Das Spanieninteresse im deutschen Sprachraum: Beiträge zur Geschichte der Hispanistik vor 1900 9783964562173


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German Pages 212 [226] Year 2019

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Inhalt
Vorwort
Kaspar von Barth (1587-1658) und die Frühgeschichte der Hispanistik in Deutschland
Die Beschäftigung mit den spanischen Humanisten im Deutschland des 19. Jahrhunderts
Ein Wegbereiter der Hispanistik: Friedrich Johann Justin Bertuch
Miguel Servet en Alemania. Resultados de la investigación y proceso de la recepción hasta 1900
Bouterweks Urteile. Zur Literaturgeschichtsschreibung zwischen Rationalismus und Romantik
Die hispanistischen Forschungsschwerpunkte Victor Aimé Hubers
Das theologisch-konfessionelle Interesse an Spanien im 19. Jahrhundert
Die Studien von Hermann Baumgarten über das Spanien des 18. und 19. Jahrhunderts
Johann Georg Keil und die deutsche Calderón-Philologie im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts
"Eine wahre Ehrensache für uns Katholiken": Franz Lorinser (1821-1893), traductor y comentarista de los autos sacramentales de Calderón
Johannes Fastenrath und Mexiko. Themen und Folgen der Briefe (1881ff.) von Otto Engelbert Freiherr von Brackel (1830-1903)
Hugo Schuchardts hispanistische Arbeiten
Bettinellis und Tiraboschis Kritik an der spanischen Literatur als Problem des Selbstverständnisses der italienischen Kultur und die Einschätzung der italienischen und spanischen Literatur durch Herder und Friedrich Schlegel
Personenindex
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Das Spanieninteresse im deutschen Sprachraum: Beiträge zur Geschichte der Hispanistik vor 1900
 9783964562173

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Manfred Tietz (Hrsg.) Das Spanieninteresse im deutschen Sprachraum

Editionen der Iberoamericana Reihe III Monographien und Aufsätze Herausgegeben von Walther L. Bernecker, Frauke Gewecke, Jürgen M. Meisel, Klaus Meyer-Minnemann Band 27

Manfred Tietz (Hrsg.)

Das Spanieninteresse im deutschen Sprachraum Beiträge zur Geschichte der Hispanistik vor 1900

Vervuert Verlag • Frankfurt am Main

1989

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Das Spanieninteresse im deutschen Sprachraum : Beiträge zur Geschichte der Hispanistik vor 1900 / Manfred Tietz (Hrsg.) Frankfurt am Main : Vervuert, 1989 (Editionen der Iberoamericana : Reihe 3, Monographien und Aufsätze ; Bd. 27) ISBN 3-89354-827-0 NE: Tietz, Manfred [Hrsg.]; Editionen der Iberoamericana

© Vervuert Verlag, Frankfurt am Main 1989 Alle Rechte vorbehalten Printed in West-Germany

INHALT

Manfred Tietz Vorwort Dietrich B r i e s e m e i s t e r Kaspar von Barth (1587-1658) und die Frühgeschichte der Hispanistik in Deutschland

1

Christoph Strosetzki Die Beschäftigung mit den spanischen Humanisten im Deutschland des 19. Jahrhunderts

22

Jochen Heymann Ein Wegbereiter der Hispanistik: Friedrich Johann Justin Bertuch (1747-1822)

34

A n g e l San M i g u e l Miguel Servet en Alemania. Resultados de la investigación y proceso de la recepción hasta 1900

50

L u d w i g Schräder Bouterweks Urteile. Zur Literaturgeschichtsschreibung zwischen Rationalismus und Romantik

60

Christoph Rodiek Die hispanistischen Forschungsschwerpunkte Victor Aimé Hubers

79

Manfred Tietz Das theologisch-konfessionelle Interesse an Spanien im 19. Jahrhundert . . .

93

Francisco Sánchez B l a n c o Die Studien von Hermann Baumgarten über das Spanien des 18. und 19. Jahrhunderts

104

Harald W e n t z l a f f - E g g e b e r t Johann Georg Keil und die deutsche CalderónPhilologie im ersten Drittel des 19.Jahrhunderts

118

Pere J u a n i T o u s "Eine wahre Ehrensache für uns Katholiken": Franz Lorinser (1821-1893), traductor y comentarista de los autos sacramentales de Calderón

131

Titus Heydenreich Johannes Fastenrath und Mexiko. Themen und Folgen der Briefe (1881ff.) von Otto Engelbert Freiherr von Brackel (1830-1903)

149

Ingrid N e u m a n n - H o l z s c h u h Hugo Schuchardts hispanistische Arbeiten

170

Volker Kapp Bettineiiis und Tiraboschis Kritik an der spanischen Literatur als Problem des Selbstverständnisses der italienischen Kultur und die Einschätzung der italienischen und spanischen Literatur durch Herder und Friedrich Schlegel

187

Personenindex

200

Vorwort Trotz einiger recht beachtlicher Ansätze aus f r ü h e r e r u n d j ü n g s t e r Zeit h a t die Geschichte der Hispanistik noch keine umfassendere Darstellung g e f u n d e n . Ein Werk wie T h o m a s F i n k e n s t a e d t s Kleine Geschichte der Anglistik in Deutschland (Eine E i n f ü h r u n g . D a r m s t a d t 1983), das auch die wichtigen Aspekte der Institutionengeschichte berücksichtigt, ohne die jeweiligen geistes- u n d ideologiegeschichtlichen Voraussetzungen des Fachs zu vernachlässigen, läßt diesen Mangel u m s o deutlicher werden. Freilich ist die Zeit f ü r eine solche Kleine Geschickte der Hispanistik in Deutschland noch nicht reif. Es fehlt allenthalben an den notwendigen Vorarbeiten u n d monographischen Studien zu einzelnen R e p r ä s e n t a n t e n u n d Gegenstandsbereichen des Fachs. Dieser Sachverhalt h a t auch d a m i t zu t u n , d a ß die deutschsprachige Hispanistik anders als die Anglistik bis auf den heutigen Tag keine akademische Einzeldisziplin ist, sondern seit ihren universitären A n f ä n g e n stets eng mit dem übergreifenden Fach Romanistik v e r b u n d e n gewesen ist. Die Reflexion d a r ü b e r , ob es sich bei der R o m a n i s t i k zumindest in der heutigen wissenschaftstheoretischen u n d -organisatorischen Situation u m ein "unmögliches Fach" h a n d e l t , h a t jedoch in v e r s t ä r k t e m Maß das Interesse auf die Fachgeschichte gelenkt, mit der sich einzelne Sektionen der R o m a n i s t e n t a g e in Siegen (1985) u n d Freiburg (1987) sowie das ges a m t e P r o g r a m m der P l e n a r v o r t r ä g e des Hispanistentages 1989 ( P r i m e r E n c u e n t r o franco-alemán de Hispanistas) in Mainz befaßt h a b e n . Die hier veröffentlichten Beiträge sind in d e m größeren K o n t e x t des Siegener Romanistentages e n t s t a n d e n . Sie versuchen, an einzelnen Beispielen aufzuzeigen, w a n n u n d u n t e r welchen politischen u n d geistesgeschichtlichen Bedingungen im deutschen Sprachbereich i m Zuge des Barock ein zunächst noch wenig spezifisches Spanieninteresse e n t s t a n d e n ist, wie dieses sich seit d e m Beginn des 19. J a h r h u n d e r t s allmählich in eine wissenschaftliche, wenn auch nicht unpolitische oder gar ideologiefreie Disziplin wandelte u n d wie diese ihrerseits schließlich im Verlauf der Institutionalisierung der einzelnen Philologien seit der M i t t e des vorigen J a h r h u n d e r t s in das universitäre Fach Romanistik integriert wurde. Dies ist u m 1900 der Fall. D a n a c h beginnt eine neue P h a s e der Hispanistik in D e u t s c h l a n d . Die vorliegenden zwölf Beiträge können selbstverständlich die noch ausstehende Geschichte der deutschsprachigen Hispanistik vor 1900 nicht ersetzen. Sie m a c h e n ihr Fehlen jedoch noch einmal bewußt u n d zeigen zugleich, daß eine solche Geschichte sich nicht d a r a u f beschränken darf, die Historie einer isolierten philologischen Disziplin zu sein. D a f ü r ist die E i n b i n d u n g des f r ü h e n Spanieninteresses in die Bereiche der Kirchen- u n d Kunstgeschichte, der Frage u m Wert u n d Unwert der Aufklärungsepoche, der seinerzeitigen zwischenstaatlichen Polemiken, der interkonfessionellen Streitigkeiten u n d der Kulturpolitik i m sich als N a t i o n a l s t a a t formierenden Deutschland viel zu deutlich. Andererseits scheinen gewisse G r u n d a u s r i c h t u n g e n eben dieses f r ü h e n Spanieninteresses bis weit ins 20. J a h r h u n d e r t hinein gewirkt zu h a b e n : so vor allem die starke Ausrichtung auf das Spanien des Siglo de Oro, seine D e u t u n g als d e m Modell einer völlig religiös g e p r ä g t e n , katholischen K u l t u r und die Verwendung dieser in aller Regel konservativen Spaniensicht in der zeit-

genössischen politischen Diskussion in Deutschland. Diese Sicht der Dinge h a t t e eine eher geringe Berücksichtigung des jeweiligen Gegenwartsspaniens durch die etablierte Hispanistik zur Folge, auch dies eine gewisse K o n s t a n t e in u n s e r e m Fach. Dergleichen sicher interessante Verallgemeinerungen dürfen jedoch nicht vergessen lassen, d a ß die Geschichte der Hispanistik gerade in d e m f ü r ihre K o n s t i t u i e r u n g so wichtigen 19. J a h r h u n d e r t noch in vielerlei Hinsicht eine terra incognita ist. Ihre gründliche Erforschung wird nicht möglich sein ohne eine systematische M u s t e r u n g der seinerzeitigen hispanistischen Bibliotheksbestände, die Auswertung von Werk u n d Nachlaß einzelner Wissenschaftler, Ubersetzer u n d Spanienliebhaber sowie das gründliche S t u d i u m der offiziellen Beziehungen zwischen den damaligen einzelnen S t a a t e n u n d der hispanischen Welt.

M a n f r e d Tietz

Bochum

Nota: Eine Z u s a m m e n f a s s u n g der Beiträge dieses Bandes ist u n t e r d e m Titel "Geschichte der deutschen Hispanistik vor 1900" erschienen in d e m von Fritz Nies u n d Reinhold R. G r i m m herausgegebenen B a n d Ein > unmögliches Fach < : Bilanz und Perpektiven der Romanistik. T ü b i n g e n : Narr Verlag 1988, 131-144. Mein besonderer D a n k f ü r die Erledigung der redaktionellen Arbeit u n d die Erstellung des Computerschriftsatzes gilt Frau B a r b a r a Bernsen u n d Herrn Holger Lautz.

Kaspar von B a r t h (1587-1658) und die Frühgeschichte der Hispanistik in Deutschland Dietrich

Briesemeister Berlin

Aus den Anfängen des spanischen Sprachunterrichts und der hispanistischen Studien in Deutschland ist wenig bekannt. Mehr Beachtung fanden dagegen die deutschen Ubersetzungen aus d e m Spanischen, deren Auftakt die beiden Celestina-Fassungen von Christoph Wirsung (1520/1534) bilden; ihre Zahl steigt langsam, aber stetig an bis zum Höhepunkt in der Barockzeit. Sprachlehre u n d die dazugehörigen Hilfsmittel (Wörterbücher, Sprachführer, G r a m m a t i k e n ) , spanische Landeskunde u n d literarische Ubersetzertätigkeit entwickeln sich in gegenseitiger Abhängigkeit im Verlauf des 16. J a h r h u n d e r t s . Schon der Lizenziat Villalón erkannte in der Vorrede zu seiner Gramatica Castellana (Antwerpen 1558) zutreffend, daß das Spanische unter Kaiser Karl V. internationale Geltung gewonnen h a t t e und damit Nebrijas Losungsanspruch von der "lengua c o m p a ñ e r a del imperio" vollends eingelöst wurde. Allerdings d ü r f t e es kaum den Tatsachen entsprechen, vielmehr dem Zweckoptimismus u n d der Werbungsabsicht zuzuschreiben sein, wenn der Philologe feststellte, es seien "todas las gentes inclinadas a esta dichosa lengua y que les aplaze mucho y se precian de hablar en ella. El Flamenco, el Italiano, Ingles, Francés. Y aun en Alemania se huelgan de la h a b l a r " 1 . Die in zahlreichen Spielarten bis ins 17. J a h r h u n d e r t überlieferte Anekdote von Karl V., er bete zu Gott a u f s p a n i s c h wegen der Erhabenheit dieser Sprache, verhandle mit F ü r s t e n italienisch wegen der imponierenden Beredsamkeit, unterhalte sich mit den Frauen französisch wegen der Eleganz u n d rede die Feinde (oder Hunde) deutsch an wegen des schreckeinflößenden Tones, spiegelt sowohl eine Wertung im Rangstreit der europäischen Nationalsprachen als auch eine bestimmte Funktionsverteilung in Bildung und Gesellschaft wider. Das geflügelte Wort "Spanien ist der Mund Europas" 2 läßt sich zwar positiv wie negativ (das Spanische als Haupt- und Weltsprache bzw. der Spanier als Rodomont, fanfarrón) auf seine Sprache deuten, beruht jedoch insofern auf einem Mißverständnis von lateinisch os = M u n d , Gesicht, als allegorische Kartenbilder des späteren 16. J a h r h u n d e r t s Europa in Gestalt einer edlen Frau darstellen mit Hispania als gekröntem H a u p t , die das schöne Gesicht der Neuen Welt zuwendet. Der Anstoß zur näheren Beschäftigung mit der spanischen Sprache ging zunächst nicht von Philologen oder gar Literaten aus. Praktische Interessen und Notwen1 Faksimileausgabe Madrid 1967; auch in La Viñaza, Biblioteca histórica de la filología castellana, Madrid 1893, S. 483. A. R o l d a n Pérez, "Motivaciones para el estudio del español en las gramáticas del siglo XVI", in: Revista de Filología Española 58(1976), S.201-226. 2 Karl Friedrich W . Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon ,Bd,4, Leipzig 1876, S,647; vgl, auch S,650: "Hispanus p a u c a scribit, Germanus multa scribit, Italus bene scribit m u l t a , Anglus bene scribit, Gallus medius scribit" oder "Hispanus loquitur, Italus delirat, Gallus cantat, Anglus flet, Germanus aululat". Uber die Sprachanekdoten u m Karl V. vgl. Harald Weinrich, Wege der Sprachkultur, Stuttgart 1985.

1

Dietrich

Briesemeister

digkeiten (Handel, Diplomatie, Reiseverkehr, Krieg) b e s t i m m t e n den Wunsch, die Sprache zu erlernen. Auf den Nutzen weisen d a h e r auch die im 16. J a h r h u n d e r t von den Niederlanden, später von Köln, Basel und S t r a ß b u r g aus in zahlreichen Auflagen verbreiteten mehrsprachigen W ö r t e r b ü c h e r hin, die schon seit 1520 das Spanische berücksichtigen. Sie e n t h a l t e n m a n c h m a l in Dialogform eine E i n f ü h r u n g in die Sprache des Alltags, einen Abriß der G r a m m a t i k sowie Briefmuster u n d Vertragsformulare. Die gelehrte Literatur befaßt sich nicht n ä h e r mit der Volkssprache, sondern beschränkt sich auf stereotype Urteile, die aus d e m N a t i o n a l c h a r a k t e r s c h e m a abgeleitet w u r d e n (etwa die "ruhe sprach" bei Sebastian Münzer, f ü r gravis) oder n i m m t gefühlsmäßig b e s t i m m t e Wertungen vor. "Sie h a b e n eine schwer sprach, ettwas auf die italienische sich neigende, doch männischer u n n d t prechtig, h a b e n viel wort von den moren oder A r a b e r e n , d a r i n n die Castilianer, weil auch deß königs hoff in Castilien zu M a d r i d ist, für andere g e r ü m b t werden", notiert der Basler Arzt T h o m a s P l a t t e r in seinem Reisetagebuch 1599 ganz im Sinn der geläufigen Vorstellung von der spanischen Sprache. 3 U m 1600 setzt eine regere Beschäftigung mit Spanien, seiner Geschichte und seiner Sprache ein i m R a h m e n des späthumanistischen polyhistorischen Wissenschaftsverständnisses. Geographie, Geschichte, L a n d e s k u n d e u n d Litterärgeschichte werden dabei m i t e i n a n d e r verbunden. Es herrscht durchaus nicht m e h r ausschließlich ein antiquarisches Interesse für spanische Geschichte, lateinische Auetores, antike Münzen oder Inschriften vor, sondern angesichts der machtpolitischen Rivalitäten unter den großen N a t i o n a l s t a a t e n u n d der konfessionellen Spaltung schärft sich auch der Blick für die neue Zeit. Reiseberichte vermitteln eine eher realistische Landeskenntnis. Das c o m m e r c i u m l i t e r a r u m wächst. S t a n d e n zunächst bislang Italien und Frankreich im Vordergrund, so wird nun zunehmend auch Spanien als literarische Provinz i m europäischen Z u s a m m e n h a n g entdeckt. Valerius Andreas brachte 1607 in Mainz das erste bio-bibliographische Repertor i u m für die spanische Gelehrtenwelt heraus (Catalogus clarorum Hispaniae scriptorum). Die volkssprachlichen Dichter und Schriftsteller sind darin mit ihren Werken jedoch noch nicht verzeichnet. Wie schon in der A b h a n d l u n g Pro adserenda hispanorum eruditione des Alfonso García de M a t a m o r o s (1553), so beherrscht auch diese Kompilation eine apologetische Absicht: die Verteidigung spanischer K u l t u r gegen ihre Verleumder u n d Verächter im Ausland. Andreas Schott ergänzte in der Hispaniae Bibliotheca seu de academiis ac bibliothecis ( F r a n k f u r t 1608) diese Art gelehrter L a n d e s k u n d e mit einem Schriftstellerverzeichnis ( B a n d 2), das neben den lateinischen Dichtern auch Frauen und vulgares poetae a u f f ü h r t ( M e n a , Garcilaso, Ercilla, Teresa de Jesús). Es ist das b e d e u t e n d s t e Nachschlagewerk zur spanischen ( u n d portugiesischen) "Litterärgeschichte" vor Nicolás Antonio (1672/1696). A n d r e a s Schott vereinigte a u ß e r d e m alles, was humanistischer Forschung seinerzeit an Quellen u n d Materialien f ü r Spanien zu Gebot s t a n d , in den vier Foliobänden der Hispania illustrata ( F r a n k f u r t 1603-1608). Dieses i m p o s a n t e lateinische Sammelwerk ist die Frucht eines langjährigen Forschungsaufenthaltes in Spanien u n d eine einzige Laus Hispa3 Beschreibung der Reisen durch Frankreich, Spanien, England und die Niederlande 15951600 Hrsg. Rut Keiser, Basel 1968, S.382

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Kaspar

von Barth

(1587-1658)

niae. Spanien war f ü r den gebürtigen Niederländer, der mit G e l e h r t e n wie Antonio Agustín, Covarrubias, M a r i a n a , R i b a d e n e y r a , G a r c i a de Loaysa in V e r b i n d u n g s t a n d , zur zweiten Heimat geworden. Sein H a n d b u c h - es ist die erste Spanienenzyklopädie ü b e r h a u p t - hat die Beschäftigung mit der Iberischen Halbinsel w ä h r e n d der Barockzeit nachhaltig geprägt. Neben Geschichtsschreibung u n d L a n d e s k u n d e ist ein wachsendes Interesse an der Sprache zu verzeichnen. Spanien gehört zwar nicht zu den üblichen Zielen der Cavalierstouren und Bildungsreisen, aber Spanisch wird neben Französisch u n d Italienisch häufiger an R i t t e r a k a d e m i e n , Adelsschulen und Universitäten gelehrt. M a n bezeichnete die neueren Sprachen als "exoticae linguae" (exoticae linguae p o p u l a r e s ) o d e r als "linguae peregrinae". In M a r b u r g , Gießen u n d Kassel w u r d e n in den ersten J a h r e n des 17. J a h r h u n d e r t s Professuren f ü r die neueren F r e m d s p r a c h e n eingerichtet. Auch die Hof- oder Sprachmeister 4 spielten eine große Rolle b e i m A u f b a u des f r e m d s p r a c h lichen Unterrichts. Wie der T h e m e n b e r e i c h Spanien i m Schulbetrieb bei der Adelserziehung behandelt wurde, davon geben die i m Laufe des 17. J a h r h u n d e r t s häufig aufgelegten Consultationes des T ü b i n g e r Professors T h o m a s Lansius eine Vorstellung. Die 1613 als rhetorische R e d e ü b u n g d u r c h g e f ü h r t e consultatio de p r i n c i p a t u inter nationes f ü h r t im dialektischen F ü r u n d Wider das g e s a m t e Wissen ü b e r Spanien vor als Entscheidungshilfe für fürstliche K a b i n e t t s b e r a t u n g e n . " S p r a c h m e i s t e r " waren es auch, die zuerst die z u m Erlernen des Spanischen b e n ö t i g t e n L e h r b ü c h e r verfaßten oder selbst verlegten. Einer der Geschäftstüchtigsten dieser Zunft war der Baske J u a n Angel de S u m a r á n , d e m der Münchener S t a d t r a t 1612 die E r l a u b n i s erteilte, Spanisch, Italienisch und Französisch zu "docieren" als "tanz- u n d s p r a c h m a i s t e r " . Der J u g e n d jeglichen Standes bot er zunächst sein Tyrocinium gallicum, italicum et germanicum ( M ü n c h e n 1617) an, u m "in kurtzer zeit mit wenig gelte" auf der G r u n d lage des Lateins m o d e r n e Fremdsprachen zu erlernen. Vier J a h r e s p ä t e r verlegte er in München auf eigene Kosten Das newe Sprachbuch, d e m "jungen t e u t s c h e n Adel" gewidmet, mit dessen Hilfe m a n "die Vollkommenheit der vier f ü r n e m b s t e n Sprachen, die m a n in E u r o p a pflegt zu reden, gar leichtlich erraichen kan" (erweiterte Auflage 1623). Zu den H a u p t s p r a c h e n zählt n u n schon selbstverständlich das Spanische, "gar eine schöne vnt grauitetische S p r a c h " . Im gleichen J a h r , als in Ingolstadt sein Thesaurus linguarum zweimal erscheint (1626), verbietet i h m die Universität, den Titel Ordinarius zu f ü h r e n , den er sich zugelegt h a t t e , u m die B e d e u t u n g seiner Lehrtätigkeit zu steigern. Der Erfolg seiner beiden vorausgehenden Lehrbücher e r m u t i g t e S u m a r á n zu einer Neuauflage des T h e s a u r u s mit W i d m u n g an den spanischen Botschafter in Deutschland. Gegenüber d e m D i p l o m a t e n beklagt der Professor einerseits das mangelnde Interesse seiner Landsleute an f r e m d e n Sprachen - "cosa m u y indigna de vna Nación t a n n o m b r a d a en estos siglos" - u n d hebt d e m g e g e n ü b e r den Nutzen von Fremdsprachenkenntnissen f ü r Kaufleute, Reisende, D i p l o m a t e n , Gelehrte und Soldaten hervor. F l a m e n u n d Deutsche seien besonders begierig, f r e m d e Länder zu 4 Ludwig Fertig, Die Hofmeister. Ein Beitrag zur Geschichte des Lehrerstandes und der bürgerlichen Intelligenz, Stuttgart 1980. Nachweise für Spanischunterricht in Linguarum recentium anuales. Der Unterricht in den modernen europäischen Fremdsprachen im deutschsprachigen Raum. Bd. 1, 1500-1700. Bearb. Konrad Schröder, Augsburg 1980

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Dietrich

Brieaemeister

b e r e i s e n u n d die S i t t e n a n d e r e r Völker k e n n e n z u l e r n e n ; " d a r u m b sihet m a n a u c h vnt e r i h n e n d e r L ä n d e r v n d d e r S p r a c h e n e r f a h r n e r e als v n t e r d e n a n d e r n N a t i o n e n i n n d e r g a n t z e n W e l t " . A m E n d e des S p r a c h f ü h r e r s s t e h t ein m e h r s p r a c h i g e r n o m e n c l á t o r , in d e m a u c h e t w a e i n h u n d e r t s p r i c h w ö r t l i c h e R e d e n s a r t e n verzeichnet w e r d e n . E i n e n u m f a s s e n d e n Tesoro Vniversal de lenguas o d e r " g r a n d e V o c a b u l a r i o E s p a ñ o l , F r a n c é s , I t a l i a n o , L a t i n o y A l e m á n " stellte S u m a r á n z w a r in Aussicht, e r s c h i e n e n ist d a s Lexikon j e d o c h n i c h t . W a h r s c h e i n l i c h h a t S u m a r á n die Schwiergkeiten eines solchen U n t e r n e h m e n s nicht richtig e i n g e s c h ä t z t . Der M a r k t war i n t e r n a t i o n a l m i t C o v a r r u b i a s Tesoro de la lengua castellana (1611), G i r o l a m o V i t t o r i s Tesoro de las tres lenguas francesa, italiana, y española (1606-1616), O u d i n s seit 1607 h ä u f i g aufg e l e g t e m Thresor sowie d e r B e a r b e i t u n g d e r Janua linguarum ( S t r a ß b u r g 1624) des Jesuiten William Barth gut bestückt mit Wörterbüchern5. N e b e n Lexika u n d G e s p r ä c h s b ü c h l e i n f ü r d e n U n t e r r i c h t s t e h e n G r a m m a t i k e n des S p a n i s c h e n , die seit d e m s p ä t e n 1 6 . J a h r h u n d e r t i m A u s l a n d g e d r u c k t w e r d e n . Als Vorbild f ü r eine R e i h e s p ä t e r e r D a r s t e l l u n g e n h a t die zuerst 1597 erschienene G r a m m a t i k von C é s a r O u d i n , Grammaire et observations de la langve Espagnolle eine l a n g e W i r k u n g g e h a b t . In d e m A u g e n b l i c k , d a sich die f r a n z ö s i s c h - s p a n i s c h e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n z u s p i t z e n , w i r f t d e r F r e m d s p r a c h e n s e k r e t ä r des f r a n z ö s i s c h e n Königs sein W e r k auf d e n M a r k t , u m "enseigner la l a n g u e d e nos e n n e m i s " n a c h d e m bis in die G e g e n w a r t h i n e i n b e f o l g t e n P r i n z i p " k n o w y o u r e n n e m y " . Diese G r a m m a t i k erschien 1607 in K ö l n in l a t e i n i s c h e r F a s s u n g , " u t ó m n i b u s E u r o p a e n a t i o n i b u s usui possit esse". D a ß die G r a m m a t i k einer m o d e r n e n F r e m d s p r a c h e auf lateinisch hera u s k o m m e n k o n n t e , ist i m 17. J a h r h u n d e r t keine Seltenheit. S u m a r á n e r k l ä r t d e n a l l g e m e i n g ü l t i g e n G r u n d s a t z f ü r d e n S p r a c h u n t e r r i c h t der Zeit: "der einen a n d e r n d i e S p r a c h e will l e h r e n u n d u n t e r w e i s e n , erstlich soll [...] die lateinische S p r a c h e k ö n n e n , d a n n die S p r a c h e des L a n d e s , i n d e m er l e h r t " . D a s Lateinische gibt die i n t e r n a t i o n a l g e b r ä u c h l i c h e T r ä g e r s p r a c h e a b . F ü r die B e s c h r e i b u n g des A u f b a u s e i n e r m o d e r n e n F r e m d s p r a c h e liefert die lateinische G r a m m a t i k weit ü b e r d a s 17. J a h r h u n d e r t hinaus das Muster. N e b e n S t r a ß b u r g war K ö l n eines d e r wichtigsten Verlagszentren f ü r F r e m d s p r a c h e n g r a m m a t i k e n auf l a t e i n i s c h . N a c h d e m Michel P o t i e r d ' E s t a i n hier eine f r a n z ö s i sche Schule a u f g e m a c h t h a t t e , g a b er 1603 in K ö l n a u c h eine Grammatica Gallica h e r a u s 6 . D a d u r c h offensichtlich a n g e r e g t , veröffentlichte sein K o n k u r r e n t Heinrich D o e r g a n g k i m J a h r d a r a u f die Institutiones in linguam gallicam, admodum fáciles, 5 Einen Einblick in eine zeitgenössische Sammlung von Wörterbüchern und Grammatiken vermittelt Hans-Jürgen Niederehe, "Die spanische Sprache im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert. Die Bestände der Herzog August Bibliothek" in: Frühe spanische Drucke und Malerbücher spanischer Künstler. Austeilungskatalog der Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel 1985, S.43-54 8 vgl. A. Streuber, "Französische Grammatik und französischer Unterricht in Frankreich und Deutschland während des 16. Jahrhunderts" in: Zeitschrift für französische Sprache und Literatur, 74 (1964), S. 342-361; 75 (1965), S.31-50; S.247-273; 77 (1967), S.235-267; 78 (1968), S.69-101; 79 (1969), S.172-191; S.328-348. Die Grammatik des Joannes Serreius (1598) erlebte allein bis 1629 neun weitere Auflagen (u.a. Köln 1621.) Bonaventura Vulcanus, ein in Basel ansässiger Niederländer, plante eine Grammatica hispamcae linguae et dialogus

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Kaspar von Barth

(1587-1658)

quales antehac nunquam visae u n d mit der gleichen Titelfassung auch eine italienische Sprachlehre. Hier interessieren jedoch aus der Zeit des j u n g e n B a r t h u n d seiner Beschäftigung mit den "cosas de E s p a ñ a " die Institutiones in linguam hispanicam, admodum fáciles, quales antehac nunquam visae (Köln, im Selbstverlag 1614). Die umfangreiche Vorrede, die fast ein Viertel des Lehrbuchs a u s m a c h t , ist sehr aufschlußreich. Sie entwickelt ein gegenreformatorisches P r o g r a m m der Spanischstudien u n d der L a n d e s k u n d e als Apologie Spaniens. Doergangk b e t r e i b t eine Art idealistischer Sprachwissenschaft avant la lettre. Er versucht, Sprachgestalt u n d -entwicklung durch das zu erklären, was f ü r den Geist eines Volkes charakteristisch ist. Der Sprachgeist wird f ü r ihn z u m Spiegel des Volksgeistes u n d der K u l t u r . S p r a c h k u n d e ist Seelenkunde. Doergangks S p r a c h b e t r a c h t u n g n i m m t ihren Ausgang von d e m (ursprünglich wohl moralisch zu verstehenden) Satz: "ex lingua cognoscitur h o m o " (f. *6v). Weil die spanische Sprache Regelhaftigkeit (regularitas) u n d H a r m o n i e (convenientia) aufweise, so folgert der Sprachmeister d a r a u s , w ü r d e r n die Spanier auch gemäß den richtigen Lebensregeln und sittlichen Normen leben. Doergangk ü b e r t r ä g t Quintilians Auffassung von der Rhetorik als "sittlicher Leistung" u n d Wissenschaft des guten Redens (ars bene dicendi) auf die Sprache zurück. Die in der K u n s t l e h r e wichtige, von Moralphilosophie u n d Konvention b e s t i m m t e Schicklichkeit ( d e c o r u m ) im richtigen Sprechen wird als Q u a l i t ä t der spanischen Sprache selbst b e a n s p r u c h t . " Q u a e enim gens, quae natio tarn strenuos, tarn constantes, et tarn zelosos legum tarn d i v i n a r u m q u a m h u m a n a r u m , verae Religionis (in q u a rectitudo vere consistit) propugnatores et defensores.. .semper h a b u i t , et m o d o h a b e t , q u a m Hispanica? perfecto nulla". F ü r Doergangks theologische Linguistik sind die Spanier das erwählte Volk Gottes und Verteidiger der wahren Religion. Der glaubenseifrige Sprachmeister, der Sprachlehre zugleich auch als Seelsorge b e t r a c h t e t e , entwickelt d a r a u s n u n eine Seelenstillehre, welche die Spanier zu Gottesgerechten u n d idealen Herrenmenschen e r h e b t . Die Inquisition verteidigt er als Geschenk des Himmels. Nur Gottesfeinde können sie b e k ä m p f e n . L a n d e s k u n d e h a t bei Doergangk einen gewichtigen Beitrag zur konfessionellen Apologetik zu leisten. Kirchen- u n d Zivilrecht würden in Spanien peinlich genau gewahrt. Bilder- und Marienfrömmigkeit, Wallfahrtseifer, Gerechtigkeitssinn, G a s t f r e u n d s c h a f t , Mäßigkeit im Trinken (im Gegensatz zur T r u n k s u c h t der Deutschen), unerbittliche Strenge gegenüber J u d e n u n d Ketzern sind Vorzüge und Tugenden, welche die Spanier zu Gottes liebstem Volk machen. Wegen seines f r o m m e n Eifers für den G l a u b e n erweckte G o t t in diesem Volk so viele Heilige, Gelehrte, Helden u n d Weise als Vorbilder für alle Welt. Der Katalog dieser viri illustres (f.*****6v ss.) wird zum Ausweis f ü r Spaniens Vorrang u n t e r allen L ä n d e r n der Erde. I h m gebührt daher nach d e m Willen der Vorsehung die Herrschaft ü b e r die Erde ("possident Hispani a m b i t u m totius terrae"!), auf daß sich die Verheißung ( J o h 10,16) der einen Herde unter einem Hirten sowohl i m geistlichen als auch i m weltlichen Bereich erfülle (allerdings wohl k a u m im ursprünglichen Sinn der W o r t e Jesu). Doergangks nationalcharakterologische A r g u m e n t a t i o n zugunsten Spaniens gipde vita et moribus

htspanorum,

multum

habens festiva

( u m 1565), die a b e r n i c h t z u m D r u c k

gelangte. 5

Dietrich

Briesemeister

feit in einer Sprachtypologie der "vera, sincera, a p e r t a et s a n c t a lingua hispanica" (f. *** *** l v ) . W a h r sei die spanische Sprache, weil die Spanier die Wahrheit liebten und verteidigten. W a h r h a f t u n d offen sei sie, weil die Spanier ein offenes und rechtschaffenes Herz h ä t t e n . Einen zusätzlichen Beweis d a f ü r liefert i h m die Lautsymbolik, es gebe keine offenere u n d klarere Aussprache als die spanische, " n a m omnes litterae in ea e f f e r u n t u r et o m n i a clariora elementa ut sunt a, o et u, in ipsa d o m i n a n t u r " . Heilig schließlich sei die spanische Sprache, weil sie wie das Hebräische Sprache des Volkes G o t t e s sei u n d die Spanier mehr noch als die J u d e n die Sache Gottes verteidigten. Ursprünglich rechnen zu den heiligen Sprachen, in denen die biblischen Schriften überliefert werden, Hebräisch, Griechisch u n d Latein. Die möglichst große Ähnlichkeit, j a K o n g r u e n z mit der Sprache R o m s nachzuweisen, erschien spanischen Philologen im 16. u n d 17. J a h r h u n d e r t als der Weg, u m i m Wettstreit der Nationalsprachen die Überlegenheit des Kastilischen in der Nachfolge der römischen Weltsprache zu b e g r ü n d e n . 7 N a c h d e m Doergangk die theologisch ü b e r h ö h t e n Vorzüge der spanischen Sprache beschrieben h a t , ü b e r t r ä g t er nun seine A r g u m e n t e auf die Sprachpraxis. Wer also G o t t u n d Christus liebe, müsse auch die Spanier lieben und ehren! Gegner Spaniens werden k u r z e r h a n d zu Feinden Christi erklärt, nur die Feinde Gottes hassen auch die Spanier. Dagegen hielten die " B a r b a r a e nationes" in der Neuen Welt die Spanier bei ihrer A n k u n f t sogar für G ö t t e r u n d verdankten ihnen f ü r immer Friedensherrschaft u n d W o h l s t a n d . So ist es selbstverständlich, d a ß jeder Freund der Spanier auch ihre Sprache erlernen u n d schätzen müsse. Spanisch lernen wird gleichsam zu einer Art Gottesdienst emporgelobt u n d zu einer geistlichen Verpflichtung, schon allein wegen der "unzähligen f r o m m e n und heiligen Bücher", die es in spanischer Sprache gibt. "Appetant, prosequantur, et summo studio et diligentia, amore et feruore addiscant linguam hispanicam, venerentur eam, colant eam, loquantur eam qui linguam veram, synceram, apertam, et plenam Majestatis, et grauitatis regiae, et heroicae magnanimitatis [...] refertam verae pietatis et sanctitatis". Abschließend gibt Doergangk praktische Ratschläge z u m Sprachenlernen. Als M u s t e r a u t o r e n empfiehlt er zur Stilbildung Fray Luis de G r a n a d a , den "spanischen Cicero", und u n t e r seinen Werken insbesonders die U b e r s e t z u n g der Imitatio Christi (1594), die m a n i m m e r in der Westentasche tragen ("in sinu c i r c u m g e r a t u r " ) und so oft lesen solle, bis m a n sie auswendig beherrscht. An zweiter Stelle steht Pedro de R i b a d e n e y r a , S.J., mit der Historia ecclesiastica del scisma del Reyno de Inglaterra (1588). Doergangk empfiehlt diese Geschichte des anglikanischen Schismas offensichtlich weniger wegen ihrer sprachlich-literarischen Q u a l i t ä t , sondern als Buch der M a h n u n g ( " h i s t o r i a m a g i s t r a vitae"). Von Antonio de G u e v a r a empfiehlt 7 vgl. meinen Aufsatz über "Rodrigo de Valdés, S.J. (1609-1682) y la tradición poética "en latín congruo y puro castellano" in: Ibero-Amerikanisches Archiv 12 (1986), S. 97-122. In diesem Zusammenhang ist die Beobachtung des Nürnberger Arztes Hieronymus Münzer in seinem Reisetagebuch (1494) bemerkenswert: "Ydeoma hispanicum propinquius est latino quam ytalicum, et Hispanus facile intelligit latinum. Et ideo non curarunt hactenus latinum elimatum", im Itinerartum Hispanicum Hieronymi Monetarii (1494-1495), Hrsg. Ludwig Pfandl, in: Revue Hispamque 48 (1920), S. 1-179, hier S.132

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von Barth

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der Kölner Sprachmeister den Libro aureo de Marco Aurelio (1528) bzw. Relox de principes u n d den Menosprecio de Corte y alabanza de aldea (1539), beide Werke h a t t e n eine außergewöhnliche Verbreitung u n d Beliebtheit in Deutschland erlangt. Die Bücher dieser drei Autoren solle m a n kaufen und lesen, d a n n werde m a n nicht nur ein "politus, tersus et o p t i m u s Hispanus", sondern auch ein a n s t ä n d i g e r , in weltlichen u n d religiösen Fragen gebildeter Mensch. Nach diesen erbaulichen Lesestoffen überrascht umso m e h r der empfehlende Hinweis auf La Celestina (f. ******, 3v) trotz der W a r n u n g vor "libri a m a t o r i i " und "cantilenae lascivae". "Qui e t i a m a m o r i b u s delectantur, legant libellum cui titulus est La Celestina, hunc libellum propterea c o m m e n d o quod a Doctore in Academia celeberrima S a l m a n t i c a doctissime et politissime est conscriptus, non ut amores doceat, sed ut homines tragico illo exitu a vanos illis amoribus a b s t e r r e a t , et ut discant m a t r i m o n i a contrahere non clam, sed p a l a m coram Sacerdote" (****»*, f3v) 8 . Schon zehn J a h r e vor B a r t h vertritt der militante Katholik u n d Hispanophile Doergangk die didaktische Interpretation der Celestina (abschreckende W i r k u n g des amor insanus (amor loco), auf die Marcel Bataillon als besonders bemerkenswerte Intuition Barths hingewiesen h a t t e . Aber weder f ü r Doergangk noch f ü r den humanistischen Gelehrten gab es eine andere Möglichkeit, die Lektüre der Celestina ü b e r h a u p t zu rechtfertigen. Beide erkennen den stilistisch-literarischen Wert der ansonsten gefährlichen Liebesgeschichte an. In der Tat wurde die Celestina schon f r ü h e r als Begleitlektüre für den Sprachunterricht verwendet, wie etwa die venezianische Ausgabe der Tragicomedia von 1556 zeigt, der Alonso de Ulloas spanische G r a m m a t i k und ein erklärendes Celestina-Vokabular (von 1553) beigegeben sind. S p r a c h s t u d i u m und Lektüre bilden für Doergangk eine Einheit, jedoch bleibt es oberstes Ziel, hinzuführen "in viam salutis". Wichtiger ist es, Seelen f ü r das ewige Leben zu gewinnen als bloße Sprachfertigkeit zu entwickeln. Sprachlehre ist zugleich Seelsorge. Der eigentliche G r a m m a t i k t e i l in Doergangks Institutiones besteht aus sieben Kapiteln: Lectio, Pronuntiatio, Genera, Declinationes, Coniugationes, Syntaxis sowie Copia v e r b o r u m . In der Lautlehre werden z.B. bei der Behandlung von / h / ( " a t s c h " ) Belege f ü r die Entwicklung von /{/ > / h / gegeben oder die häufige Verwechslung von / b / u n d / v / vermerkt. Beim Gebrauch von Diminutiva rät Doergangk zu Vorsicht u n d Beachtung des " b o n u m a u t h o r u m usus". Interessant sind ferner die Versuche zu einer kontrastiven Sprachbetrachtung (lateinisch-spanisch und spanisch- italienisch sowie lateinisch-romanisch). Schließlich widmet sich Doergangk der Idiomatik, den Anredeformen u n d der Verwendung von ser-estar. Überraschend ist bei d e m P u r i s t e n und Moralisten die Berücksichtigung der Umgangs- bzw. Vulgärsprache: S. 292ff listet er Schimpfwörter, Flüche (S. 260ff) und Ersatzbezeichnungen für K r a f t a u s d r ü c k e auf. Doergangk ist der erste deutsche Verfasser einer spanischen Sprachlehre. Die 8

vgl. a xxxxxx5v zur lehrhaften Deutung: "Horrem itaque et ego hunc libellum de Celestina in manus tradere hominum, nisi scirem omnes vias rimas, et progressus quibus homines insanis illaqueantur amoribus in eo tradi, non ut imitentur, sed ut mature eas praeludent et evitent ne similem cum Celestina, et eius amatore miserandum sortiantur casum et exitum." 7

Dietrich

Briesemeister

Reihe lateinisch geschriebener G r a m m a t i k e n reicht über E. C h o p p i n ( G r a m m a t i c a triUnguis idiomate trino italico, gallico, hispanico, München 1636) ü b e r Carlos Rodriguez (1662) bis zu M a t t h i a s C r a m e r s Grammatica et syntaxis linguae hispanicae ( N ü r n b e r g 1702) u n d Ignaz Weitenauers Modus addiscendi intra brevissimum tempus linguas, Gallicam, Hispanicam, Italicam, Graecam ( F r a n k f u r t 1756) 9 . Der U m f a n g der Einleitung zu Doergangks G r a m m a t i k läßt das B e m ü h e n erkennen, d e m Sprachunterricht eine theoretische G r u n d l a g e zu geben in der f o r t a n so u m s t r i t t e n e n L a n d e s k u n d e und d e m , was später als "Bildungswerte" der spanischen Sprache u n d L i t e r a t u r bezeichnet werden sollte. Doergangk formuliert dabei schon den G e d a n k e n der Weltsprache Spanisch. Auf d e m Gebiet der Philologie vollzieht sich hier das, was E r n s t Robert C u r t i u s im Blick auf die W e i m a r e r Zeit den E i n t r i t t Spaniens in den Kreis der geistigen Großmächte genannt h a t . Deutlich werden spanische h u m a n i t a s u n d spanische K u l t u r bei Doergangk als Vorbild, als "Träger ewiger Werte" gepriesen. In einer weltanschaulich u n d politisch k r i s e n h a f t zugespitzten Situation h a t Spanien den Deutschen etwas zu sagen. Bezeichnenderweise h a t der Kölner Lehrer auf einer Wallfahrt Spanien kennengelernt. Sprachunterricht u n d Wesensschau werden von i h m erstmals in einer Weise m i t e i n a n d e r verquickt, die auf die K u l t u r k u n d e der zwanziger J a h r e vorausweist mit ähnlichen politisch-ideologischen Motivationen. Die " E r g r ü n d u n g des wahren Spaniens" geschieht mittels der Lektüre zeitgenössischer L i t e r a t u r . Die Auslandsstudien m ü ß t e n Seelenkunde werden, hieß es in der K u l t u r b e w e g u n g . Doergangk h a t t e sich i m G r u n d e begeistert jener Forderung verschrieben, die E r n s t Robert C u r t i u s z u m Idealtyp e r h e b e n sollte: " W i r brauchen nicht n u r Hispanisten. Wir b r a u c h e n vor allem Hispanophile". Der L u t h e r a n e r B a r t h unterscheidet sich von der apologetisch-doktrinären Spanien- und Sprachauffassung des Kölner Katholiken, bei aller Begeisterung f ü r das Spanische bleibt er Philologe, ohne aus der Beschäftigung mit der Sprache eine Heilslehre zu machen. G e r a d e in jenen J a h r e n , als B a r t h seine neulateinischen U b e r s e t z u n g e n spanischer Literaturwerke h e r a u s b r a c h t e , verschärfte sich auch die antispanische P r o p a g a n d a u n d Polemik in D e u t s c h l a n d , zumal w ä h r e n d des Dreißigjährigen Krieges. Zwangsläufig gerät d a m i t auch die spanische Sprache ins Zwielicht. Das Adjektiv "spanisch" n i m m t eine überwiegend negative F ä r b u n g an. Die Redewendung "das k o m m t mir spanisch vor" ist bezeichnenderweise erstmals 1620 belegt in einem F l u g b l a t t . Eine der zahlreichen Spruchweisheiten über das Spanische, das i m m e r wieder als besonders scharfsinnig, gravitätisch, kraftvoll, reich an Sprichwörtern u n d tiefsinnig charakterisiert wurde, überliefert in satirischer Verkehrung die tiefsitzende A b n e i g u n g gegenüber der Sprache jener, die die "Universalmonarchie" - die Weltherrschaft - aufzurichten gedachten. "Die spannische Sprach seye die Lieblichste vnder allen Sprachen, in masse die Schlang, da sie Evan betriegen wollte, h a b e spanisch geredt," s p o t t e t eine Flugschrift von 1618. Julius Zincgref gibt den älteren S p o t t s p r u c h wieder, d a ß G o t t , als er A d a m u n d Eva aus d e m P a r a d i e s verstieß, sein "Urtheil in dieser g r a u s a m l a u t e n d e n Sprach" (gravis!) gesprochen habe. Der T y p des Großsprechers u n d aufschneiderischen R h o d o m o n t steht schlechthin für 9 vgl. a. noch Christian H. Postel mit "De linguae Hispanicae difficultate, elegantia ac utilitate meletema" in: Nova liieraria Maris Baltici 1704, S. 218 ff, abgedruckt in Revista de Archivos, Bibliotecas y Museos 25 (1911), S. 406-421.

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Kaspar von Barth

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die S p a n i e r , die zwar wegen ihrer Redekunst b e r ü h m t waren, a b e r auch m i t ihrer übersteigerten R u h m r e d i g k e i t fremden O h r e n zusetzten. V e r t r a g s b r ü c h e , Verstellungskunst, Schönrednerei und Doppelzüngigkeit wurden etwa in F l u g s c h r i f t e n den Spaniern oft angelastet und verstärkten noch das ohnehin schon negative Erscheinungsbild. " G l e i c h wie sie änderst S c h r e i b e n , u n n d änderst lesen, als auch sagen u n d R e d e n sie änderst, als sie T h u n " , urteilt Zincgref ganz i m Gegensatz zu der a n s o n s t e n von Schulmeistern i m m e r wieder als " e i n f a c h " dargestellten spanischen A u s s p r a c h e , in der alle B u c h s t a b e n artikuliert werden. W e n n D o e r g a n g k die " v e r a , s i n c e r a , a p e r t a et s a n c t a lingua Hispanica" preist, so weisen die spanienfeindlichen P a m p h l e t e a u f die " S y n c e r a t i o n e s " der Spanier hin: " s i n c e r i r e n " und " a e q u i v o c i r e n " stehen hier als Inbegriffe heuchlerischer, betrügerischer Verhandlungsführung der S p a n i e r und ihrer Bundesgenossen. Heftige K r i t i k richten sodann die Sprachreiniger in der Sorge u m die " a l t e redliche herrliche teutsche H a u p t s p r a c h e " gegen modische F r e m d t ü m e l e i und Sprachmischung (ausländische Redewendungen, L e h n w ö r t e r ) . In der c o n t e n t i o de p r i m a t u linguarum, die in Frankreich, S p a n i e n und Italien schon i m 16. J a h r h u n d e r t ausgetragen wurde, erscheint nun auch in D e u t s c h l a n d das Spanische. C a s p a r D o r n a u erörtert im Charidemus politicus ( 1 6 1 6 ) die nicht nur akademisch-rhetorische S t r e i t frage " A n lingua G e r m a n i c a sit inferior H i s p a n i c a ? " Wenig später legt sein Schüler M a r t i n Opitz in Aristarchus, sive de contemptu linguae Teutonicae (1618) dar, daß die deutsche S p r a c h e weder der " H i s p a n o r u m m a j e s t a t i , neque I t a l o r u m decentiae neque G a l l o r u m venustae volubilitati" n a c h s t e h e 1 0 . Die A m a d i s - U b e r s e t z u n g e n führt er als Beweis für die vortreffliche Ausdruckskraft des D e u t s c h e n an. U b e r s e t z u n g e n sind Mittel zum Zweck der i m m e r feineren S p r a c h a u s b i l d u n g . Insofern stellen sie nur eine Sonderform der i m i t a t i o dar. W a s war in D e u t s c h l a n d in der Zeit, als K a s p a r von B a r t h seine spanischen S t u dien b e t r i e b , vom spanischen S c h r i f t t u m bekannt oder erreichbar? Die F r a g e läßt sich generell natürlich nicht mehr b e a n t w o r t e n . Gewisse A n h a l t s p u n k t e liefern zeitgenössische B ü c h e r s a m m l u n g e n und Bücherverzeichnisse, die Aufschluß geben ü b e r hispanophile Interessen und die Möglichkeiten des c o m m e r c i u m l i t e r a r u m . Barth selbst b e s a ß wohl eine ansehnliche P r i v a t b i b l i o t h e k , die i m Dreißigjährigen Krieg ( 1 6 3 3 ) mit seinem Wohnsitz durch Feuer vernichtet wurde. O b B a r t h ü b e r seine K o n t a k t e mit spanischen B ü c h e r n versorgt wurde und was er von seinen langen Auslandsaufenthalten in Italien, Frankreich und den Niederlanden an K e n n t n i s s e n oder B ü c h e r n nach Hause b r a c h t e , läßt sich nicht m e h r feststellen. Einige Beispiele aus der noch k a u m bekannten Bibliotheksgeschichte des frühen 17. J a h r h u n d e r t s m ü s s e n genügen zur Skizzierung eines Uberblicks ü b e r die V e r b r e i t u n g spanischer L i t e r a t u r hierzulande. E i n e genauere Vorstellung davon kann erst die Überprüfung der Frankfurter Meßkataloge und vor allem das umfassende bibliographische Verzeichnis der Ubersetzungen spanischer Werke in D e u t s c h l a n d bzw. der hier v e r a n s t a l t e t e n Ausga1 0 Zitiert nach Teutsche Poemata, Straßburg aliorumque scriptorum tomi II, Görlitz 1677, t. "Baroque Philology. The Position of German Gerhart HofFmeister (Hrsg.), German Baroque York 1983, S.72-84

1624, S. 110; Caspar Dornavius, Orationum 1, S.354-420, hier S. 406; s.a. Peter Schaeffer, in the European Family of Languages" in: Literature. The European Perspective, New

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Dietrich

Briesemeiater

ben spanischer Autoren11 vermitteln. I m protestantischen Norddeutschland, dessen intellektuellem Umkreis auch B a r t h z u z u r e c h n e n ist, t r u g d e r m i t i h m f a s t gleichaltrige Herzog A u g u s t zu B r a u n s c h w e i g L ü n e b u r g (1579-1666) in seiner R e s i d e n z in W o l f e n b ü t t e l eine f ü r j e n e Zeit a u ß e r gewöhnliche B i b l i o t h e k z u s a m m e n , d e r e n erlesener s p a n i s c h e r B u c h b e s t a n d die Bed e u t u n g d e r s p a n i s c h e n K u l t u r i m geistigen H a u s h a l t d e r E p o c h e a u c h i m p r o t e s t a n tischen R a u m s e h r g u t widerspiegelt. Auffällig ist die Vorliebe des f ü r s t l i c h e n B ü c h e r l i e b h a b e r s u n d B i b l i o t h e k a r s f ü r die C e l e s t i n a , die er in O r i g i n a l a u s g a b e n sowie in italienischer, f r a n z ö s i s c h e r , d e u t s c h e r u n d l a t e i n i s c h e r U b e r s e t z u n g b e s a ß . In d e m von i h m e n t w o r f e n e n ä l t e r e n A u f s t e l l u n g s s y s t e m f ü r d i e B ü c h e r s t e h t die Celestina in d e r G r u p p e d e r " E t h i c a " , z u s a m m e n ü b r i g e n s m i t a n d e r e n literarischen P r o s a w e r k e n in V o l k s s p r a c h e n . Auf d e m G e b i e t d e r D i c h t u n g weist die S a m m l u n g des Herzogs einen h e r v o r r a g e n d e n Q u e r s c h n i t t d u r c h die P r o d u k t i o n des 15. J a h r h u n d e r t s a u f . N e b e n J u a n d e M e n a u n d F e r n a n d o de R o j a s sind E n c i n a , Torres N a h a r r o , G a r c i l a s o de la Vega, B o s c á n , Diego d e S a n P e d r o , Gil Polo, weltliche u n d geistliche R i t t e r r o m a n e , R o m a n c e r o , E p e n d i c h t u n g (Ercilla u n d Z a p a t a ) , der S c h e l m e n r o m a n vertret e n , h i n z u k o m m e n eine eigene S a m m l u n g Vives, v e r m i s c h t e L i t e r a t u r ( e t w a M e x i a s Silva de varia lección, P é r e z d e M o y a , A n t o n i o d e T o r q u e m a d a ) , S p r i c h w ö r t e r - u n d S e n t e n z e n s a m m l u n g e n , Briefsteller, G r a m m a t i k e n u n d W ö r t e r b ü c h e r , K l a s s i k e r ü b e r s e t z u n g e n u n d G e s c h i c h t s s c h r e i b e r . A u ß e r d e m ist die g e o g r a p h i s c h e u n d p o l e m i s c h e L i t e r a t u r ü b e r S p a n i e n reichlich v e r t r e t e n . A h n l i c h r e i c h h a l t i g s o r t i e r t , wenngleich m i t a n d e r e n I n t e r e s s e n s c h w e r p u n k t e n , ist die als wertvoller G r u n d s t o c k der s p a n i s c h e n A l t b e s t ä n d e h e u t e n o c h großenteils in d e r Bayerischen S t a a t s b i b l i o t h e k in M ü n c h e n e r h a l t e n e S a m m l u n g J o h a n n J a kob F u g g e r s ( B e s t a n d s v e r z e i c h n i s von 1582 i m C o d . b a v . C a t . 110). D a n k d e r b e s o n d e r e n B e z i e h u n g e n z u r s p a n i s c h e n Welt g e l a n g es d e m F u g g e r , eine wertvolle S a m m l u n g von e t w a 240 T i t e l n a u s v e r s c h i e d e n e n S a c h g e b i e t e n z u s a m m e n z u t r a g e n . Der K u r i o s i t ä t h a l b e r sei v e r m e r k t , d a ß A r e t i n o s Coloquio de las damas (1548), d a s B a r t h ins L a t e i n i s c h e ü b e r t r u g , als einziger i n d i z i e r t e r B a n d u n t e r d e n s p a n i s c h e n B ü c h e r n a u s g e s o n d e r t w u r d e : d e r K a t a l o g e i n t r a g ist r o t . Ein E x e m p l a r dieser s p a n i schen T e i l a u s g a b e d e r Ragionamenti b e s i t z t j e d o c h Herzog A u g u s t ( a u c h h e u t e n o c h in W o l f e n b ü t t e l e r h a l t e n ) . Der reiche H i s p a n i c a - B e s t a n d der B a y e r i s c h e n S t a a t s b i b l i o t h e k fließt a u s m e h r e ren P r o v e n i e n z e n z u s a m m e n m i t jeweils eigenen c h a r a k t e r i s t i s c h e n S c h w e r p u n k t e n , e t w a a u s d e r S a m m l u n g des G r a f e n S c h a l l e n b e r g , d e n B e s t ä n d e n bayerischer Klos t e r b i b l i o t h e k e n o d e r d e r S a m m l u n g des Bischofs J o h a n n J a k o b von L a m b e r g (15611630), d i e z u m Teil n o c h e r h a l t e n ist (Verzeichnis i m C o d . b a v . C a t . 5 4 9 / 9 ) 1 2 . I m Vergleich z u r G e s c h i c h t e ist d a r i n die s c h ö n e L i t e r a t u r nicht so reich v e r t r e t e n , d o c h 11 vgl. als wichtige Vorarbeit Carlos Gilly, Spanier und der Basler Buchdruck bis 1600. Ein Querschnitt durch die spanische Geistesgeschichte aus der Sicht einer europäischen Buchdruckerstadt, Basel/Frankfurt 1985 12 Irmgard Bezzel, "Die Bibliothek des Gurker Bischofs Johann Jakob von Lamberg (15611630). Eine Bibliothek romanischsprachiger Drucke des 16. Jahrhunderts" in: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (Frankfurt) No. 89, 5.11.1968, S.219-228

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Kaspar

von Barth

(15S7-1658)

i m m e r h i n b e s a ß d e r P a s s a u e r D o m h e r r a u c h eine C e l e s t i n a - A u s g a b e ( M e d i n a 1536). Von b e s o n d e r e m Interesse ist schließlich d a s Verzeichnis d e r Bibliothek des Freisinger D o m p r o p s t e s A n t o n Weiser, der bei seinem T o d e t w a 6500 B ä n d e h i n t e r l i e ß 1 3 . D a r u n t e r b e f a n d e n sich zahlreiche literarische, historische u n d theologische W e r k e von S p a n i e r n ( a u c h in französischer oder italienischer U b e r s e t z u n g ) , z.B. A l d r e t e s Del origen y principio de la lengua castellana (1606), die Celestina u n d die Segunda Comedia de Celestina von Feliciano de Silva, La ingeniosa Helena von G e r ó n i m o de Salas B a r badillo, M o n t e m a y o r s Diana, S c h e l m e n r o m a n e , Don Quijote u n d E m b l e m b ü c h e r . In der A b t e i l u n g Geschichte sind n e b e n M a r i a n a , politischen S c h r i f t s t e l l e r n , wie G i n é s d e S e p ú l v e d a u n d C h r o n i k a u s g a b e n a u c h die b e d e u t e n d e n Q u e l l e n s a m m l u n g e n d e r Rerum Hispanicarum Scriptores aliquot ex Bibliotheca Roberti Beli ( F r a n k f u r t 1579) sowie S c h o t t s Hispaniae Bibliotheca u n d Hispania illustrata n a c h g e w i e s e n . Diese h e r r liche S a m m l u n g ist leider aufgelöst w o r d e n . Diese Beispiele a u s Nord- u n d S ü d d e u t s c h l a n d zeigen eine ü b e r r a s c h e n d e P r ä s e n z a u s g e s u c h t e r spanischer D r u c k e . N a t ü r l i c h sagt d e r e n bloßes V o r h a n d e n s e i n in einer Bibliothek nicht schon u n b e d i n g t etwas ü b e r die t a t s ä c h l i c h e L e k t ü r e , die d a z u erforderliche S p r a c h k e n n t n i s sowie die F o r t w i r k u n g a u s . A b e r d e r U m f a n g d e r B e s t ä n d e u n d die A u s w a h l k r i t e r i e n der S a m m l e r lassen e r k e n n e n , w a s bei e n t p r e c h e n d e n Interessen u n d V e r b i n d u n g e n h i e r z u l a n d e z u r V e r f ü g u n g g e s t a n d e n h a b e n m a g . K a s p a r von B a r t h (1587-1658) 1 4 v e r b i n d e n m i t d e r s p a n i s c h e n L i t e r a t u r zwei j e f ü r sich m e r k w ü r d i g e U m s t ä n d e . L ä n g s t b e v o r ü b e r h a u p t seine B e d e u t u n g f ü r die f r ü h e Geschichte d e r S p a n i s c h s t u d i e n in D e u t s c h l a n d b e k a n n t w a r , v e r s u c h t e i h n M a r t í n F e r n á n d e z de N a v a r r e t e in seiner Vida de Cervantes (1819) als Vorbild f ü r den scharfsinnigen, a b e r von einer W a h n v o r s t e l l u n g v e r f o l g t e n " g l ä s e r n e n Lizenziat e n " in der b e r ü h m t e n cervantinischen M u s t e r n o v e l l e zu identifizieren. D a f ü r a b e r , d a ß B a r t h schon in j u n g e n J a h r e n d e n Ruf eines V e r r ü c k t e n g e h a b t h ä t t e , d e r bis n a c h S p a n i e n u n d zu C e r v a n t e s g e d r u n g e n w ä r e , gibt es in seiner v e r h ä l t n i s m ä ß i g gut b e k a n n t e n B i o g r a p h i e keine A n h a l t s p u n k t e . Diese Legende ist d e n n a u c h von R . Foulché-Delbosc i m Vorwort zur f r a n z ö s i s c h e n U b e r s e t z u n g Le Licencié Vidriera ( P a r i s 1892) widerlegt w o r d e n . Der Fall des T o m á s R o d a j a e r r e g t e allerdings die A u f m e r k s a m k e i t von G a s p a r E n s , der in seinen (seit 1631 m e h r f a c h a u f g e l e g t e n u n d e r w e i t e r t e n ) Epidorpidum libri ( E p i d o r p o n b e d e u t e t " N a c h t i s c h " , u n t e r h a l t s a m e Zug a b e , ähnlich e n t r e m é s = " Z w i s c h e n g a n g " , Einlage) eine g e r a f f t e lateinische F a s s u n g Phantasio-Cratuminos sive Homo vitreus der novela e j e m p l a r b o t , o h n e freilich die A u t o r s c h a f t des C e r v a n t e s a n z u g e b e n . O b B a r t h die Novelas ejemplares k a n n t e o d e r in i h r e r B e d e u t u n g e r k a n n t e , bleibt ungewiß. E i n e D o n Q u i j o t e - A u s g a b e b e s a ß er j e d e n f a l l s . E r h a t sich a b e r zwei a n d e r e H a u p t w e r k e spanischer L i t e r a t u r v o r g e n o m m e n , u m sie in n e u l a t e i n i s c h e r U b e r s e t z u n g b e k a n n t z u m a c h e n . In der Zeit, als B a r t h n a c h z e h n j ä h r i g e n B i l d u n g s r e i s e n in der e u r o p ä i s c h e n R e s p u b l i c a L i t e r a r i a zu schreiben b e g i n n t , herrscht in D e u t s c h l a n d t r o t z des D r e i ß i g j ä h r i g e n Krieges eine rege U b e r s e t z e r t ä t i g k e i t ; vor allem D i c h t u n 13

Catalogus bibliothecae .. Antonii Velseri, Augsburg 1619 Die einzige Gesamtdarstellung über ihn von Johannes Hoffmeister, Kaspar von Leben, Werke und sein Deutscher Phoenix, Heidelberg 1931 14

Barths

11

Dietrich

Briesemeister

gen a u s d e m r o m a n i s c h e n S p r a c h r a u m w e r d e n ü b e r t r a g e n (z.B. d ' U r f e s Astree 1619, 1624, 1629, D u B a r t a s Sepmaine 1 6 2 2 / 3 1 , T a s s o s Gierusalemme liberata 1626, B a r clays Argenis e b e n f a l l s 1626, M o n t e m a y o r s Diana 1619 u n d die U b e r s e t z u n g e n des Aegidius A l b e r t i n u s , e t w a M a t e o A l e m ä n s Guzmdn de Alfarache 1615). N e b e n d e n d e u t s c h e n U b e r s e t z u n g e n sind gleichzeitig l a t e i n i s c h e F a s s u n g e n keineswegs selten angesichts d e r f o r t d a u e r n d e n Zweisprachigkeit des g e b i l d e t e n l i t e r a r i s c h e n P u b l i k u m s 1 5 . In dieser auffälligen H ä u f u n g scheinen sie j e d o c h ein K e n n z e i c h e n d e r b e s o n d e r e n kulturellen S i t u a t i o n in D e u t s c h l a n d zu sein. E s w u r d e n nicht n u r m o r a l i s c h e r b a u l i c h e Werke u n d gelehrtes S c h r i f t t u m (Historiographie16 ,Philosophie, Naturwissenschaft), s o n d e r n g e r a d e a u c h s c h ö n e L i t e r a t u r u n d G e d i c h t e auf lateinisch v e r b r e i t e t , wobei sich w i e d e r u m eine K o n z e n t r a t i o n i m e r s t e n D r i t t e l des 17. J a h r h u n d e r t s b e o b a c h t e n l ä ß t , z u m a l in d e n zwanziger J a h r e n . I t a l i e n i s c h e u n d f r a n z ö s i s c h e W e r k e sind j e d o c h wegen der g r ö ß e r e n B e k a n n t h e i t d e r b e i d e n B i l d u n g s s p r a c h e n weniger oft ü b e r s e t z t w o r d e n ( e t w a d e r T ü b i n g e r P r o f e s s o r Friedrich H e r m a n n F l a y d e r ü b e r t r u g 1615 Tassos Aminta u n d P e t r a r c a s Trionfi ins L a t e i n i s c h e ) . G u e v a r a s Epistolas familiares erschienen 1 6 1 4 / 1 6 1 5 in K ö l n in l a t e i n i s c h e r F a s s u n g von G a s p a r E n s als Epistolae ac dissertationes\ i h n e n g e h e n verschiedene l a t e i n i s c h e A u s g a b e n des Relox de principes ( m i t Libro dureo de Marco Aurelio emperador) sowie des Menosprecio de la corte y alabanca de la aldea v o r a u s . E i n n a c h h a l t i g e r E r f o l g war a u c h H u a r t e d e S a n J u a n s Scrutinium ingeniorum b e s c h i e d e n (Leipzig 1622, 1637, 1663), von J o a c h i m C a e s a r , d e m e r s t e n d e u t s c h e n Q u i j o t e - U b e r s e t z e r (1648), ins L a t e i n i s c h e g e b r a c h t n a c h sorgfältiger t e x t k r i t i s c h e r Vergleichung d e r vorliegenden f r a n z ö s i s c h e n u n d italienischen F a s s u n g e n . I m Bereich d e r s c h ö n e n L i t e r a t u r s i n d zwei l a t e i n i s c h e Lazarillo-Versionen17 ( 1 6 1 4 / 1 6 2 3 ) sowie A l e m ä n s Guzmdn de Alfarache z u n e n n e n , d e r 1623 in K ö l n u n t e r d e m T i t e l Vitae humanae proscenium, in quo sub persona Gusmani Alfaracii virtutes et vitia, fraudes, cautiones, simplicitas, nequitia, divitiae, mendicitas, bona, mala, omnia denique quae hominibus cuiuscumque aetatis aut ordini3 evenire solent aut possunt, graphice et ad vivum repraesentantur, omnis aetatis et conditionis hominum tarn instructioni quam delectationi dicata. Der u m s t ä n d l i c h e , d e n I n h a l t r e s ü m i e r e n d e u n d zugleich in einer b e s t i m m t e n Weise a u c h d e u t e n d e T i t e l ist b e z e i c h n e n d f ü r die A u f n a h m e s p a n i s c h e r L i t e r a t u r u n d die R e c h t f e r t i g u n g i h r e r 15 vgl. Max Wehrli, "Lateinisch und Deutsch in der Barockliteratur" in: Jahrbuch für Internationale Germanistik A, 2 (1976), S.134-149, und Dieter Breuer, "Besonderheiten der Zweisprachigkeit im katholischen Oberdeutschland während des 17. Jahrhunderts" in: Gegenreformation und Literatur. Beiträge zur interdisziplinären Erforschung der katholischen Reformbewegung. Hrsg. Jean-Marie Valentin, Amsterdam 1979, S.145-163 18 Schott gibt in der Widmungsvorrede an Baltasar de Stüniga im ersten Band der Hispania Illustrata einen Abriß zur Geschichte der spanischen Historiographie, die bislang im Ausland zu wenig zur Kenntnis genommen worden sei, weil sich in Spanien mehr Chronisten der Volkssprache als des gelehrten Lateins bedient hätten. 17 Charlotte Lang Brancaforte, Fridericus Berghius' Partial Latin Translation of Lazarillo de Tormes and its Relationship to the Early Lazarillo Translations in Germany, Madison 1983, sowie mein Beitrag in Umgangssprache in der Iberoromania. Festschrift Heinz Kröll, Tübingen 1984, S. 331-342 ("Hablar en buen romance und facete narrare. Die erste neulateinische Übersetzung des Lazarillo de Tormes")

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Kaspar

von Barth

(1587-1658)

Übersetzung in lateinischer Sprache. B a r t h steht mit seinen im Laufe der zwanziger J a h r e gedruckten Übersetzungen also in einem größeren zeitgenössischen Rezeptionszusammenhang. W a n n , wie u n d durch wen er mit spanischer Sprache, Geschichte u n d L i t e r a t u r in B e r ü h r u n g kam, ist nicht b e k a n n t . Der später b e r ü h m t und schrullig gewordene Gelehrte war schon als Schüler ein W u n d e r k i n d , der mit neun J a h r e n griechische E p i g r a m m e des Poliziano ins Lateinische zu bringen wußte, seinen Terenz auswendig deklamierte u n d mit zwölf eine P s a l m e n p a r a p h r a s e verfaßte; er besaß nicht nur die s t a u n e n s w e r t e G a b e , aus d e m Griechischen ins Lateinische zu übersetzen, sondern wurde s p ä t e r auch ein neulateinischer Dichter von Rang. B a r t h studierte in W i t t e n berg u n d J e n a . Der Rektor der Universität W i t t e n b e r g , J o h a n n Wanckel, b r a c h t e 1601 Guevaras Relox de principes lateinisch mit dem Titel Horologium principum heraus a u f g r u n d eigener Vergleiche mit einer französischen, italienischen u n d deutschen Fassung des Werkes und sprach begeistert von "linguae Castellanae vel argutias vel elegantias". Vielleicht h a t dieses Beispiel auf den S t u d e n t e n gewirkt oder dieser h a t die A n f a n g s g r ü n d e des Kastilischen, wie es Joachim Caesar in der Vorrede z u m Scrutinium ingeniorum beschreibt, auf einer Bildungsreise mit einer Reisebekanntschaft erlernt. Es steht nicht fest, ob B a r t h Spanien aus eigener Anschauung kannte, aber es ist auffällig, daß sich seine Ubersetzungen u n m i t t e l b a r nach Abschluß seiner Bildungsreisen 1 8 h ä u f e n . Er beherrschte das Spanische sehr gut. In Mailand ebenso wie in Leiden und Paris h a t t e er genügend Gelegenheit, mit Spaniern zu verkehren u n d an spanische Veröffentlichungen h e r a n z u k o m m e n . Außerdem s t a n d er mit Andreas Schott in Verbindung, einem der b e d e u t e n d s t e n Hispanisten der Zeit. Die unged r u c k t e und verschollene Schrift Origines Hispaniae (1624) ist möglicherweise die Frucht dieses gelehrten Austausches gewesen, der die breiten Interessen B a r t h s an den spanischen Dingen belegt. Seine erste Übersetzung ist der Pornodidascalus, seu colloquium muliebre Petri Aretini ( F r a n k f u r t 1623; Meissen 2 1660) ein Auszug aus Aretinos Ragionamenti, den Fernán Xuárez ins Spanische übersetzt h a t t e mit d e m Titel Coloquio de las damas (Sevilla 1548; 1607); es handelt sich u m die dritte G i o r n a t a des ersten Teils der Kurtisanengespräche, die B a r t h als simplex sermonis t r a n s l a t i o ins Lateinische ü b e r t r ä g t , "ut j u v e n t u s G e r m a n a pestes illas diabólicas a p u d exteros, u t i n a m non et i n t r a limites, obvias cavere possit cautius". Er folgt der spanischen Fassung, weil diese die " O b s z ö n i t ä t " des Originals abschwäche. Dieselbe A t t i t ü d e der moralischen W a r n u n g und Abschreckung soll auch die Beschäftigung mit der Celestina rechtfertigen. Er plante eine sprachliche Ü b e r a r b e i t u n g (Pornoboscodidascalus * 14v) dieser ersten Übung. Merkwürdig ist deren Kombination mit d e m aus d e m Italienischen übersetzten Bericht eines unbekannten Augenzeugen ü b e r den Sacco di R o m a (1527). Auf d e m Titelblatt des Buches steht der Hinweis " A d d i t a E x p u g n a t i o urbis R o m e ab exercitu Caroli Quinti historia paucis n o t a et in dialogo m e m o r a t a " , der lange Zeit zur irrigen Identifizierung des Werkes mit Alfonso de Valdés' Diálogo de las cosas ocurridas en Roma geführt h a t . Der Innentitel des Werkes lautet Di18

Unter den Geographie- und Reisebüchern jener Jahre sind zu nennen Ludovicus Nonius, Hispania (1607), Cyprianus Eichovius, Deliciae Hispaniae (1604), G. Ens, Deliciae apodemicae et index matorius Hispaniae (1609) und die Deliciae Lusitano- Hispanicae (1613) 13

Dietrich

Briesemeister

reptio expugnatae vrbis Romae ab exercitv Caroli Quinti. C o m p e n d i o recensita, licet fusius vix v s q u a m r e p e r i a t u r . Es handelt sich u m eine a n o n y m e Beschreibung der P l ü n d e r u n g Roms 1527 d u r c h die kaiserlichen T r u p p e n . Die F a k t e n werden n ü c h t e r n aneinandergereiht u n d keineswegs in dialogischer F o r m d a r g e b o t e n oder kommentiert. 1625 erschien das Werk mit deutscher Ubersetzung in F r a n k f u r t e r n e u t unter d e m Titel Halosis (in griechischen Lettern) Romae, sive narratio Historica [...] ex fide dignis exemplaribus Italico Hispanicoque idiomate scriptis fideli opera studioque in linguam latinam translata..., n u n als Kompilation aus verschiedenen zeitgenössischen Berichten von Italienern und Spaniern bezeichnet, die "handgreifliche Exempel der W u n d e r Gottes" aufzeigen. Noch zehn J a h r e nach B a r t h s Tod w u r d e 1668 eine weitere deutsche Übersetzung der lateinischen Fassung g e d r u c k t . Der bescheidene zeitgenössische Bericht über die schrecklichen Ereignisse erreichte d a m i t eine lange W i r k u n g wahrscheinlich i m Sinne einer antikaiserlichen u n d antipapistischen politischen Meinungsmache i m protestantischen Lager. Einige J a h r e d a n a c h w a n d t e sich B a r t h nochmals der Geschichte zu u n d fertigte die zweite lateinische Version von Philippe de C o m m y n e s Mémoires (1489-1498) unter d e m Titel Commemorationum rerum gestarumque libri octo ( F r a n k f u r t 1629), ein Werk, d a s offenbar im Zusamm e n h a n g mit der barocken Wissenschaft von der Politik als erlernbarer K u n s t auf unvermindert reges Interesse stieß mit seinen exemplarischen Analysen, vergleichenden Exkursen u n d den d a r a u s abgeleiteten Maximen für das politische Handeln aus der Schau eines aktiv a m Geschehen beteiligen Mannes. Literarisch weitaus bedeutungsvoller sind die beiden a n d e r e n e r h a l t e n e n Ubersetzungen B a r t h s aus dem Spanischen, der Celestina mit d e m barock volltönenden Titel: Pornoboscodidascalus Latinus. De lenonum, l e n a r u m , conciliatricum, servitio r u m dolis, veneficiis, machinis, p l u s q u a m diabolicis, de miseriis i u v e n u m i n c a u t o r u m qui florem aetatis amoribus inconcessis addicunt; de miserabili singulorum periculo et o m n i u m interitu. Liber plane divinus. Lingua Hispanica ab incerto a u c t o r e instar ludi conscriptus Celestinae titulo, tot vitae i n s t r u e n d a e sententiis, tot exemplis, figuris, monitis plenus, ut p a r aliquid nulla fere lingua h a b e a t . C a s p a r B a r t h i u s inter exercitia linguae castellanae cuius fere princeps stilo et sapientia hic l u d u s h a b e t u r Latio transcribebat ( F r a n k f u r t 1624) sowie G a s p a r Gil Polos Diana enamorada: Erotodidascalus, sive Nemoralium libri V ( H a n a u 1625). Die d a m i t z u s a m m e n h ä n g e n d e n lateinischen Ubersetzungen von Jorge de Montemayors Diana (Pastoralia Gerönimo Texedas Pseudofassung der Diana (Paris 1627) u n d Feliciano de Silvas Segunda comedia de Celestina, (auf die B a r t h bei einem Freiburger B u c h h ä n d l e r gestoßen war!), gelangten nicht z u m Druck, beide M a n u s k r i p t e sind verschollen. Diese Übersetzungen, die alle aus den zwanziger J a h r e n s t a m m e n d ü r f t e n , stellen schon vom U m f a n g und Schwiergkeitsgrad her eine b e w u n d e r n s w e r t e Leistung dar; d a h i n t e r steht ein umfassendes P r o g r a m m . B a r t h verfolgte den P l a n einer dreißigbändigen Bibliothek der Weltliteratur mit d e m Titel Milesische Geschichten. Milesiakä ist der Titel einer b e r ü h m t - b e r ü c h t i g t e n hellenistischen Novellensammlung, die Aristeides von Milet u m 100 v. C h r . zusammenstellte und die L. Cornelius Sisenna auch ins Lateinische übersetzte; er w u r d e z u m Sammelbegriff der abenteuerlichen, erotisch-frivolen Erzählung. Der Mantel der Belehrung u n d Abschreckung sollte die Pikanterie recht-

u

Kaspar

von Barth

(¡587-1658)

fertigen 1 9 . B a r t h beabsichtigt weniger eine Anthologie der Weltliteratur, als vielmehr ein K o m p e n d i u m aus Werken der verschiedenen europäischen Volkssprachen in der überall verständlichen Universalsprache Latein d a r z u b i e t e n : "Nobis visum fuit ad E u r o p a e n o s t r a e i d i o m a t a proficisci, et inde, c o m m u n i mortalitatis bono, egregiorum ingeniorum t r a d i t a Latino sermoni inducere, u t publice aeque ab ómnibus litteratis legantur, quae in iis peculiaria o p t i m a delitebant hactenus" (Celestina-Vorrede, f *6r). Ein Zeitgenosse B a r t h s , C a s p a r D o r n a u , rechtfertigte diese Art eklektizistischer Ubersetzung mit derselben didaktischen Absicht "ex Graecis, latinisque auctoribus, a d d o e t i a m ex Italis, Gallis, Germanis, Hispanis, apiculae instar, mellificium quodd a m congerimus" u n d die "praecepta, h i s t o r i a r u m deliciis convestita ad decoram in vita civili conversationem" d a r a u s zu gewinnen. In ähnlicher Absicht hat auch Georg Philipp Harsdörffer zahlreiche italienische, französische u n d spanische "scribenten" ausgeschrieben f ü r seine u n t e r h a l t s a m e n u n d zugleich belehrenden Gesprächsspiele. Im Gegensatz zu Harsdörffer, der seine Quellen genau verzeichnete, macht B a r t h jedoch keine n ä h e r e n Angaben, welche Werke er in seine Miiesiae narrationes aufz u n e h m e n gedachte. E r erwähnt lediglich Antonio de Eslavas Noches de invierno (1609), dessen Erzählstoffe offenbar rasche Verbreitung fanden (vgl. Pornoboscodidascalus, S.317; deutsche Ubersetzung von M. D r u m m e r 1649). B a r t h s der Celestina vorangestellte dissertatio ist die erste monographische Untersuchung, die in D e u t s c h l a n d einem Meisterwerk der spanischen Literatur gewidmet wurde. M a n kann sie daher zu Recht an den Beginn der m o d e r n e n Hispanistik hierzulande stellen. Die A b h a n d l u n g des Altphilologen stellt ein bedeutendes Zeugnis aus der Frühgeschichte der (vergleichenden) Literaturwissenschaft und Textkritik - angewandt auf ein D e n k m a l der modernen Dichtung - dar. In ihrem methodischen Ansatz, Inhalt u n d U m f a n g geht sie über das hinaus, was in den allgemein üblichen Ubersetzervorreden verhandelt wurde. Schon C h r i s t o p h W i r s u n g h a t t e seiner ü b e r a r b e i t e t e n deutschen Celestina- Ubersetzung von 1534 einen Dialog zwischen Vrbanus u n d Amusus beigegeben, in d e m beide über die exemplarische Bedeutung, die " n u t z p a r k e i t " der Tragicomedia, disputieren. Die dissertatio B a r t h s zeigt, wie intensiv er sich mit d e m Spanischen ("hispanismus hodiernus") u n d der spanischen Literatur befaßt h a t . Am Spanischen b e w u n d e r t er die Möglichkeiten rhetorisch- sprachlicher G e s t a l t u n g , die gravitas (die insbesondere auch als M e r k m a l des spanischen Nationalcharakters galt) u n d p r o p r i e t a s sowie vor allem den p a t h e t i s c h e n o r n a t u s des genus a m p l u m , für den die spanische L i t e r a t u r in reicher Fülle Beispiele biete. Darin ü b e r t r ä f e sie jede andere zeitgenössische Dichtung im Ausland. B a r t h h a t , vielleicht d u r c h Zufall oder infolge des schematischen Zwanges seiner Gegenüberstellungen, den spanischen Einfluß auf Sprache und Literatur zumal in Frankreich treffend erkannt, obschon er dessen B e d e u t u n g zweifellos ü b e r s c h ä t z t , wenn er b e h a u p t e t , "si q u a in caeteris, Gallicae praecipue, delectabilia simul et utilia talia scripta p r o d e a n t , pleraque vel inventionibus H i s p a n o r u m , vel illustrationibus d e b e a n t u r " (* 8r). Dieses Urteil ü b e r m a n g e l n d e Originalität entspringt der Absicht, die spanische Literatur als überlegenes 19

Sic animus mihi addetur proferendi infinita alia ex Italorum, Gallorum, Hispanorum, Anglorum, Graecorum, Latinorum, Germanorumque thesauris, quibus junctam cum voluptate egregia utilitatem, liberalia ingenia hauriant, Pornoboscodidascalus, *22v 15

Dietrich

Briesemeister

Modell und Quelle schlechthin darzustellen. Trefflichstes Beispiel ist die Celestina, die B a r t h , von e i n e m wahren R a u s c h der Begeisterung g e p a c k t , in der unglaublich kurzen Zeit von knapp vierzehn T a g e n übersetzte. E r n a h m sich allerdings n o c h eine Ü b e r a r b e i t u n g mit Hilfe der italienischen Fassung vor, falls es gelänge, ein E x e m p l a r davon aufzutreiben. Die Celestina ist für B a r t h ein unvergleichliches Meisterwerk, und er b e r u f t sich für diese Auffassung auch auf das " ü b e r e i n s t i m m e n d e " Urteil unter den S p a n i e r n . In D e u t s c h l a n d h a t t e Heinrich Doergangk schon 1614 trotz starker moralischer B e d e n ken auf die besonderen stilistischen Vorzüge des Werkes verwiesen und die L e k t ü r e als Hilfe b e i m E r l e r n e n der spanischen S p r a c h e empfohlen. U b e r die komplizierte Druckgeschichte ist B a r t h natürlich nicht unterrichtet, er hält die Celestina für ein zeitgenössisches Werk. Interessanterweise n i m m t er zwei Verfasser an, einen "gelehrt e n " für den ersten Akt - J u a n de M e n a oder R o d r i g o de C o t a - sowie F e r n a n d o de R o j a s , als I n t e r p o l a t o r , der die übrigen zwanzig Akte während zweier Ferienwochen geschrieben zu h a b e n sich r ü h m t . Nicht nur das T i t e l b l a t t , sondern auch die Dissert a t i o hebt die Sonderstellung der C e l e s t i n a sowohl im Blick auf die antike als auch auf die moderne L i t e r a t u r heraus: "dicendi genus tarn c o m t u m , p o l i t u m , e x a c t u m , numerosum, grave a t q u e venerabile est in suo . . . i d i o m a t e , ut pares per universa ejus s p a t i a paucos inveniri consensus ipsorum Hispanorum f a t e a t u r [.. .] a quo c e r t e longe abest quicquid G r a e c o r u m aut L a t i n o r u m m o n u m e n t o r u m ad nos p e r v e n i t " (6rv), eine für Altphilologen durchaus überraschende Wertung und in der a n d a u e r n d e n Querelle des anciens et des modernes eine eindeutige S t e l l u n g n a h m e zugunsten der Moderne. In einer großen vergleichenden Perspektive ordnet B a r t h das W e r k d e m T h e a t e r zu, er bezeichnet es als ludus, das er in Unkenntnis der verschiedenen deutschen, französischen, englischen, holländischen Versionen dem " c o m m u n i E u r o p a e t h e a t r o " - P u b l i k u m - darbieten will. E r versteht die Celestina als L e s e d r a m a (ad lectionem vocat et velut s p e c t a c u l u m , f. 19v) vor dem Hintergrund der E n t w i c k l u n g des klassischen T h e a t e r s und vor allem i m Z u s a m m e n h a n g mit der " R e n a i s s a n c e " seit d e m 15. J a h r h u n d e r t (f 4 r ) . Diese geschichtliche Perspektive und dieses historische Bewußtsein von literarischem " F o r t s c h r i t t " kennzeichnet B a r t h s W e r t s c h ä t z u n g der modernen volkssprachlichen D i c h t u n g , die Gleichrangigkeit mit der antiken erreichen und beanspruchen kann (f 3 v ) . Aus dieser späthumanistischen Sicht kann B a r t h , besser als spätere K r i t i k e r , welche die Celestina etwa als novela dialogada b e t r a c h t e t e n , die d r a m a t i s c h e T e x t u r des Werkes und seiner Figuren erkennen, die suavitas a c t i o n u m und concinnitas p e r s o n a r u m , i m m e r freilich i m R a h m e n der traditionellen F u n k t i o n s b e s t i m m u n g von L i t e r a t u r 2 0 (prodesse publice, Verbindung von sententi20 "nos figmentorum illorum utilitatem magnopere commendabilem arbitramur, qui eventus, fortunas et Consilia hominum, aequa atque iniqua, velut in scenam producunt, ut sine periculo suo quisque discere valeat quod vitandum expetendumque ordo temporum ferat", Pornoboscodidascalus Diss. p. 5v. Marcel Bataillon, La Célestine selon Fernando de RoComparée 30, 1957, S. 321-340). jas, Paris 1961, S. 251-268 (zuvor in Revue de Littérature Bärbel Becker-Cantarino, " L a Celestina en Alemania. El Pornoboscodidascalus (1624) de Kaspar B a r t h " in: 'La Celestina ' y su contorno social, ed. Manuel Criado de Val, Barcelona 1975, S. 377-382

16

Kaspar

von Barth

(1581-1658)

a r u m comitas und eruditio, von venustas u n d utilitas, stilus u n d sapientia, d o c t r i n a litteraria und e x e m p l o r u m observatio). Breiten R a u m n i m m t in der Dissertatio die Ubersetzungstheorie ein. Mit diesen Gedanken steht B a r t h in der humanistischen philologischen T r a d i t i o n . Insbesondere setzt er sich mit den lexikographischen, semantischen Schwierigkeiten auseinander, die bei der Wiedergabe der "Idiomatis Hispani popularitas" d u r c h das klassische Latein angesichts der zeitlichen Distanz, der kulturellen Unterschiede e n t s t e h e n . Er entscheidet hier p r a g m a t i s c h nach usus und experientia, nicht bloß streng nach der überlieferten Regel. Gelegentliche Auslassungen werden aus sprachlich-stilistischen Rücksichten, wegen moralischer Bedenken sowie aus theoretischen G r ü n d e n gerechtfertigt; z.B. die eindrucksvolle Schilderung der Hexenküche, die d e m Apotheker Wirsung Gelegenheit geboten h a t t e , seine Fachkenntnis in die deutsche Übersetzung einzubringen, übergeht B a r t h mit dem geradezu aufklärerischen Hinweis, d a ß der Zauber nur poetisch und die Hexenküche " u n w a h r " seien. U b e r s e t z u n g e n werden üblicherweise mit ihrer Nützlichkeit und wegen des besonderen didaktischen Wertes des übersetzten Werkes gerechtfertigt, wie eine vergleichende U n t e r s u c h u n g von Ubersetzervorreden des 16. u n d 17. J a h r h u n d e r t s zeigen könnte. Marcel Bataillon hat auf die moralisierend-didaktische Celestina-Interpretation bei B a r t h hingewiesen. Doch ist solches L i t e r a t u r v e r s t ä n d n i s keineswegs nur für B a r t h kennzeichend. Er ist nicht der Erfinder oder Wiederentdecker einer lehrhaft- abschreckenden B e d e u t u n g der Tragicomedia. Schon C h r i s t o p h W i r s u n g b e t o n t e in der Vorrede zur Übersetzung von 1520 die Notwendigkeit, "zu lernen / das so wir in e r f a r u n g noch nitt mögen erkennen / wie wir in disem wellenden mör die sieß donenden Syrenes f ü r f a r n / die List vnd Aufsetz der ungetrewen diener und die betrieglichen wort der alten hechsen vnd vnholden erlernen, dieselben fliehen vnd von unß t r e y b e n sollen". Auch im Titelblatt der zweiten Auflage (1534) steht der Hinweis, daß m a n im folgenden Werk den "spiegel mancherlay sitten v n n d aygenschafft der menschen sehen vnd lernen" könne. C a s p a r Ens " ü b e r s e t z t " M a t e o Alemäns Schelmenroman mit d e m schon erwähnten fülligen Titel in ein theatralisches Vitae humanae proscenium. Nur in dieser sinn-bildlichen B e d e u t u n g wird die novela picaresca (etwa bei Aegidius Albertinus, 1615, oder Lazarillo de Tormes z u s a m m e n mit Cervantes' Rinconete y Cortadillo 1617), in Deutschland rezipiert. Die Sorge u m die W i r k u n g der Lektüre (der Literat u r ) auf die J u g e n d k o m m t auch nicht nur bei B a r t h allein so p e n e t r a n t - p e d a n t i s c h z u m Ausdruck, sondern findet sich beispielsweise sowohl bei E n s als auch schon bei Wirsung. Ens bezieht ausdrücklich Stellung gegen jene, die meinen, m a n d ü r f e der J u g e n d nur Tugendsames zur Lektüre geben und von Lastern nie reden. "Inepti profecto censores". W i r s u n g läßt 1534 Amusus gegen U r b a n u s ü b e r Dichtung und Moral streiten; " n a c h d e m d u ein syn und begird hast / d a r n a c h werden dir alle bücher schmecken", meint U r b a n u s und trägt d a n n seine exemplarische D e u t u n g der Figuren vor, die sich von der B a r t h s fast 100 J a h r e später ü b e r h a u p t nicht unterscheidet, der das Werk der J u g e n d z u d e m als ständigen Begleiter ("consiliarius p e r p e t u u s " , f. 22v) empfiehlt. Im Z u s a m m e n h a n g mit der didaktischen I n t e r p r e t a t i o n der Celestina, wie sie sich im neuen Titel 'Pornoboscodidascalus' - pornoboskein = H u r e n halten 17

Dietrich Briesemeister oder in der etymologischen Assoziation Celestina < scelus dokumentiert, steht bei Barth auch sein Interesse an den proverbia, den Weisheitssentenzen, Lebensregeln, Aphorismen, die er natürlich mit anderen humanistischen und barocken Philologen teilt. Die Ubersetzung von Spruchweisheiten wirft besondere Schwiergkeiten auf (f. 17v), andererseits gab es bereits Vorarbeiten für eine vergleichende Sprichwörterkunde, z.B. Gabriel Meuriers häufig aufgelegten Thresor de sentences dorees (Köln 1617) mit lateinisch-spanisch-deutsch-französischem Register, Hieronymus Megiserus, Paroemiologia polyglotta (Leipzig 1605), die u. a. italienische, spanische, französische und deutsche Sprichwörter und Sentenzen zusammenstellt; oder das von Jan Gruterus herausgegebene dreiteilige Florilegium Ethico-Politicum (Frankfurt 1610-1612), das Cesar Oudins Refranes o Proverbios castellanos (Brüssel 1608) ausschreibt. Später wird vor allem Georg Philipp Harsdörffer auf spanische Lehrspruchüberlieferungen zurückgreifen (in der Ars apophthegmatica Nürnberg 1655/56). Völlig neu war schließlich, daß Barth die in der Altphilologie gebräuchlichen textkritischen Prinzipien bei einem Dichtwerk in der Volkssprache anzuwenden versuchte, obwohl er die Text- und Druckgeschichte der Celestina nicht kannte, gelangen ihm einige Emendationen, auf die Celestina-Philologen erst viel später und ohne Barth zu kennen stießen. Marcel Bataillon führt Beispiele dafür an, die Liste ließe sich durchaus erweitern. Zum ersten Mal wurde von Barth in Deutschland ein Werk der spanischen Literatur nach Art der klassischen Philologie mit einem ausführlichen Kommentar versehen, eine Auszeichnung, die im spanischen 16. Jahrhundert wohl nur Garcilasos Gedichten mit den Anotaciones (1580) des Fernando de Herrera widerfuhr. Barth bezeichnet die Celestina als "Liber plane divinus" (im Titelblatt). Auch wenn seinerzeit ähnliche hyperbolische Ausdrücke (etwa liber aureus, opus aurem, aureum scriptum für Werke Guevaras oder Huartes) beliebt waren, so beruht jedoch Barths Ausdrucksweise weniger auf werbekräftigen Konventionen als vielmehr auf einem erstaunlich treffenden Gespür für die sprachliche Qualität und literarische Bedeutung der von ihm übersetzten und kommentierten Tragicomedia. Mit der Übersetzung von Gaspar Gil Polos Diana (1625) 21 steht Barth am Anfang der verhältnismäßig späten Entwicklung des Schäferromans in Deutschland, die zunächst von Ubersetzungen angeregt wird. 1609 erschienen - ein Jahr nach Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges - d'Urfes Astree, Montemayors Diana und Guarinis Pastor fido, Opitz übertrug Barclays Argenis 1626. Mit der Ubersetzung von Gil Polos Roman liegt Barth genau im literarischen Geschmack der Zeit. Er beansprucht sogar, mit seiner lateinischen Ubersetzung das spanische Original noch zu übertreffen, das er an sich schon für ein "hervorragendes Werk" (egregia vero compositio, Vorrede f. 2v) hält. Wäre es schon vor Jahrhunderten auf griechisch oder lateinisch geschrieben worden, hätte es zweifellos bereits damals zu den Hauptwerken bukolischer Liebesliteratur gezählt. Ijn Gegensatz zum Pornoboscodidascalus stellt der Erotodidascalus die ehrbare Liebe vor (nulla prorsus obscaenitate, multa vere Venere, artificiose et suaviter) mit "exempla morum et affectuum" in einem Amatorius Lusus (f. 3v, Schäferspiel). Lobend hebt Barth die lyrischen Verseinlagen hervor, die 21

Gerhart HofFmeister, Die spanische Diana in Deutschland. Vergleichende Untersuchun-

gen zu Stilwandel und Weltbild des Schäferromans im 17. J a h r h u n d e r t , Berlin 1972 18

Kaspar

von Barth

(1587-1658)

er auch übersetzt u n d die f ü r Opitz wichtig w u r d e n . Überraschenderweise deutet B a r t h die Liebesethik der Diana enamorada als eine Art " d i v i n a r u m consideration u m " , als Vanitas- Lehre. Der Erotodidascalus soll ein F ü h r e r von der sinnlichen Liebe z u m geistlichen eros sein. Das ist ein erstes Anzeichen f ü r die später stärker hervortretende asketisch- verinnerlichte Einstellung bei B a r t h (Zodiacus vitae Christianae, Deutscher Phoenix als erstes christliches E p o s in deutscher Sprache). Die lateinische Version von Gil P o l o s ' R o m a n lag G.P. HarsdörfFer 1646 bei seiner Ubera r b e i t u n g und Erweiterung der Kuffsteinschen Fassungen von Montemayor-Alonso Pérez (1619) z u g r u n d e . Barths Kenntnis des Spanischen u n d seine Beschäftigung mit der spanischen Liter a t u r erweisen sich nicht n u r in den neulateinischen U b e r s e t z u n g e n , sondern auch in seinem gelehrten Sammelwerk Adversariorum commentariorum libri LX ( F r a n k f u r t 1648). Dieser gewichtige Foliant enthält auf etwa 1500 doppelspaltigen, eng bedruckten Seiten den E r t r a g seiner philologischen Forschungen bis 1624 u n d gewährt Einblick in die W e r k s t a t t eines Sprachwissenschaftlers der Barockzeit. Hier kann m a n die G e b u r t der romanischen Sprachwissenschaft aus d e m Geist der Klassischen Philologie beobachten. Der aus der K a u f m a n n s p r a c h e ü b e r n o m m e n e Fachausdruck 'adversaria' b e d e u t e t zunächst Rechnungs- u n d Notizbuch f ü r Geschäftsvorgänge. I m 16. u n d 17. J a h r h u n d e r t bezeichnete er die G a t t u n g der gesammelten A n m e r k u n gen, die wissenschaftlichen Lesefrüchte eines Philologen. Das Vorbild hierfür gab der italienische H u m a n i s t Angelo Poliziano (1454-1494) mit seinem Lorenzo de Medici gewidmeten Miscellanea (Venedig 1498, erste C e n t u r i a ) ; es handelt sich hierbei u m Exzerpte, T e x t a n m e r k u n g e n , Marginalien zu G r a m m a t i k u n d Wortforschung, Erörterungen antiquarischer Einzelfragen sowie u m U b e r s e t z u n g e n . Mit einer S a m m l u n g Adversaria (Paris 1564/65) w u r d e auch Adrien T u r n è b e (1512-1565), Griechischprofessor a m Collège de France, in der Gelehrtenwelt b e r ü h m t . Sein L a n d s m a n n Isaac C a s a u b o n (1559-1614) hinterließ nicht weniger als 60 handschriftliche B ä n d e Adversaria, die h e u t e auf der Bodleian Library in Oxford verwahrt werden. B a r t h steht als Schüler des W i t t e n b e r g e r Professors Friedrich T a u b m a n n (1565-1613) in dieser späthumanistischen Wissenschaftstradition, f ü r die der T h e s a u r u s , die enzyklopädische Kompilation, die ideale Darstellungsweise philologischen Wissens bildete. Seine Leistung als Ubersetzer spanischer Literatur wird erst vor d e m H i n t e r g r u n d der enormen Kleinarbeit an der spanischen Sprache deutlich, die B a r t h mit seiner großen Belesenheit u n d Akribie leistete; sie wird allerdings in ein Aufgebot lateinisch-griechischer Erudition verpackt, d u r c h deren pedantischen Wust sich der Leser heute nur schwer einen Weg zu b a h n e n vermag. Nach d e m Ausweis des (sicher nicht vollständigen) Sachregisters zu den Adversaria finden sich darin zahlreiche spanische Wortbeispiele, etymologisch- sprachgeschichtliche und phonetische sowie grammatikalische Beobachtungen, E r l ä u t e r u n g e n zu sprichwörtlichen R e d e n s a r t e n , B e m e r k u n g e n ü b e r die spanische Sprache im allgemeinen sowie Reflexionen ü b e r T e x t p r o b l e m e bei der ausgedehnten Lektüre. B a r t h , der strenge klassische Philologe u n d neulateinische Dichter, zeigt sich dabei als begeisterter Liebhaber der m o d e r n e n Volkssprache ("idiotismus hodiernus H i s p a n o r u m " , S.329), j a , er flicht sogar einmal die überraschend persönliche A n m e r k u n g ein: " m a g n a nos delectatione cepit Castilianismus hodiernus, in quo 19

Dietrich

Briesemeiéter

sane non longissimo s p a t i o temporis t a n t u m perficimus et loqui et scribere p o s s i m u s nec inepte nec adeo sinistro Genio, ut defuerint qui Hispani H i s p a n u m a r b i t r a r e n t u r " (S.2213). B a r t h hat also, wie nicht anders zu erwarten bei seinen glänzenden Geistesgaben, innerhalb kurzer Zeit die spanische Sprache erlernt und beherrschte sie in Wort und Schrift so g u t , daß ihn Spanier mit a r t i g e m K o m p l i m e n t auch für einen L a n d s m a n n halten mochten. Diese Wertschätzung 2 2 einer modernen Fremdsprache unterscheidet sich durchaus von der polemisch getrübten ablehnenden Einstellung gegenüber d e m Spanischen unter Zeitgenossen. B a r t h betrachtet d a s Spanische immer im Vergleich mit d e m Lateinischen, aus d e m es " a b s t a m m t " (descendere). Dieses Entwicklungsverhältnis wird jedoch nicht, wie häufig, als Korruption verstanden. D a s Spanische hat im Gegenteil für B a r t h eine besondere Nähe z u m Lateinischen bewahrt, die es vor den anderen romanischen Sprachen auszeichnet. E s läßt sich allerdings nicht eindeutig feststellen, ob er hier ein in der Sprachapologetik des Siglo de O r o geläufiges Argument der Spanier aufnimmt oder ob sein Urteil über d a s Verhältnis beider Sprachen eigener philologischer Erkenntnis entspringt. Auffällig ist jedenfalls, daß der Lutheraner und Altphilologe dem Spanischen unter den modernen Sprachen so entschieden den ersten R a n g einräumt eben a u s d e m G r u n d , weil es " p l u s Latinit a t i s " behalten h a b e ( S . 3 2 9 ) 2 3 . Er stützt diese A u f f a s s u n g mit d e m vergleichenden sprachhistorischen Hinweis auf die besonderen Merkmale silberner Latinität sowohl bei afrikanischen als auch hispanischen Schriftstellern in der Peripherie des Imperium R o m a n u m im Verhältnis zur sprachlichen Situation in der italischen Metropole. Die Lexikographie bietet B a r t h reichlich Beispiele zum Beweis der B e h a u p t u n g , daß "pleraque H i s p a n o r u m hodiernorum vocabula significanter L a t i n a s u n t " (S. 493), durchaus im Gegensatz zu anderen Philologenstimmen, die etwa P a u l u s Merula in seiner Coamographia (Antwerpen 1606) wiedergibt: " H i s p a n i c a lingua ex multis conflata" (S. 300). W ä h r e n d für ihn solche Mischsprache (auch religiös!) verdächtig sein muß, bietet sie B a r t h weitere Beispiele für vergleichende Betrachtungen zur Sprachentwicklung. Wenn diese auch nicht systematisch angestellt werden, sondern sich punktuell auf einzelne Erscheinungen beziehen, so treffen sie dennoch vielfach zu und bezeugen eine vertiefte Sprachkenntnis. Dabei schlägt immer wieder die Bewunderung durch für die "elegantissima lingua" des Kastilischen ( S . 494). Hinsichtlich der Schönheit der S p r a c h e - elegantia und copia sind als Bewertungskriterien der klassischen Rhetorik entnommen - betrachtet B a r t h vor allem Änderungen in der lautlichen Z u s a m m e n s e t z u n g des Wortkörpers bei der Entwicklung vom Lateinischen z u m Romanischen, den sog. barbarismus. Er geht sogar so weit, daß er d a s durch ' u s u s ' sanktionierte Endergebnis spät- oder mittellateinischer B a r b a r i s m e n in der kastilischen Volkssprache für weitaus schöner hält. Unter den phonetischen Veränderungen weist B a r t h auf den Wandel von / f / zu aspiriertem / h / in Anfangsposition 22

C h r i s t o p h B e s o l d , ein T ü b i n g e r Professor, weist in De natura

populorum

(Tübingen

1632), cap. XXII, auf die wachsende Beliebtheit des Spanischen hin und stellt eine längere Liste von deutsch-spanischen "Uberstimmungen" zusammen (Cota-Kutt, falda-Falt, flechaFlitsch, gato-K&tz, guisa-Weise, varön u. a.) 2 3 "Romanae vero linguae titulum sibi vindicant hodieque Hispani, et certe puto nullum Idiotismum i 11 i propiorem esse, nec ullus magis integra servavit verba",S. 2213 2

20

Kaspar

von Barth

(1581-1658)

hin (facere > hacer, formosus > hermoso; f a b u l a r e > hablar, f a t u m > h a d o ) . Neben oft gewagten etymologischen Deutungen u n d lexikographischen E r ö r t e r u n g e n (z.B. über villano, donzella, caballero, cada) stehen interessante syntaktische Betrachtungen, wie etwa über menester (est ministerium mihi illa re s t a t t opus esse). Welche Hilfsmittel - G r a m m a t i k e n und W ö r t e r b ü c h e r - B a r t h bei seiner Arbeit zur Verfügung standen, läßt sich nicht m e h r genau ermitteln. Unter den in seiner Bibliographie zitierten Quellen befinden sich nur wenige spanische Autoren: Nebrija, Vives, Pedro Mexia und El Pinciano. Daß aber diese Beschäftigung mit sprachlichen Fragen stets in engem Z u s a m m e n h a n g steht mit den Ubersetzungen, zeigt die Tatsache, daß B a r t h wiederholt auf Passagen seiner lateinischen Celestina-Version hinweist (z.B. 2243, 2283, 2642- 43) u n d als Textprobe sogar Gedichte aus der Diana von Gil Polo (2667s) a u f n i m m t , die d a n n im Erotodidascalus (1625) gedruckt w u r d e n . Der sprachwissenschaftliche und textkritische Aufwand kennzeichnet die übersetzerische Leistung B a r t h s und seinen Versuch, sich d e m Kastilischen mit den v e r t r a u t e n Met h o d e n der Klassischen Philologie zu nähern. Bemerkenswert ist dabei gerade i m Blick auf das wachsende sprachgeschichtliche Verständnis das Interesse B a r t h s f ü r die mittellateinische Sprache und Textüberlieferung. In Deutschland h a t der barocke Polyhistor K a s p a r von B a r t h als erster versucht, die Beschäftigung mit spanischer Sprache u n d Literatur in die Respublica Literaria seiner Zeitgenossen einzubringen. Als Philologe verfolgte er dabei methodisch einen komparatistischen Ansatz. Wenn auch bei der Beschäftigung mit der neueren spanischen Literatur ein ästhetisches Vergnügen a m Text schon durchaus wirksam ist, so überwiegen neben den Fragen philologischer Textkritik bei B a r t h s B e m ü h u n g e n um die Vermittlung spanischer Werke auf lateinisch die Gesichtspunkte des Gehaltes, des Stoffes und seiner didaktischen Bedeutsamkeit. Es wäre etwas gewagt, B a r t h als den Begründer hispanistischer Studien hierzulande zu bezeichnen, er ist jedoch ein Vorläufer, dessen begeistertem Einsatz für den "castilianismus hodiernus" wir einen wichtigen Anstoß zur gelehrten Beschäftigung mit spanischer Sprache u n d Dichtung zu verdanken h a b e n .

21

Die Beschäftigung mit den spanischen H u m a n i s t e n i m Deutschland des 19. Jahrhunderts Christoph

Strosetzki

Düsseldorf Die Renaissance ist in der Hispanistik f r ü h vernachlässigt worden. Dies im einzelnen nachzuvollziehen wäre wenig ergiebig. Daher soll im folgenden der geistige Horizont skizziert werden, der für jene wissenschaftsgeschichtliche Entwicklung verantwortlich war, die eine angemessene W ü r d i g u n g der Humanisten verhindert h a t . Es wird dabei weniger von der Beurteilung einzelner Humanisten die Rede sein. Vielmehr soll gezeigt werden, welche Konsequenzen die Betonung des Volkstümlichen in der deutschen Romantik auf die Interessengewichtung der Hispanistik h a t t e . D a sich die gelehrte Literatur des spanischen Humanismus mit der griechischen und römischen Vergangenheit befaßt, u n d als Kapitel der Geschichte der Altphilologie erscheint, ist auch das Konkurrenzverhältnis zwischen Alt- und Neuphilologie einzubeziehen. Auch soll gezeigt werden, wie sich die Bevorzugung b e s t i m m t e r literarischer Formen auf die Beurteilung der humanistischen Literatur auswirkte. Abschließend wird die Bewertung des Einflusses der Kirche auf die E n t f a l t u n g des H u m a n i s m u s vorgeführt.

Klemperer und seine These Eine Renaissance gäbe es in Spanien nicht, h a t t e noch 1927 V. Klemperer b e h a u p tet. Er konnte sich dabei auf Morf berufen, der 1909 Iberien als Vorkämpfer eines ungebrochenen Mittelalters sah 1 . Spanien h a b e zwar Bildungselemente aus der italienischen Renaissance ü b e r n o m m e n , jedoch nicht den Bruch mit d e m Mittelalter vollzogen. Klemperer ergänzt, Spanien h a b e durch die Auseinandersetzung mit den A r a b e r n ein außereuropäisches Sonderschicksal erlitten und könne nicht mit Staaten wie Italien verglichen werden, das sich nach einer mittelalterlichen P h a s e der Konsolidation unter der Herrschaft der Kirche patriotisch auf seine eigene antike Vergangenheit zurückbesinnen konnte. Spanien sei als europäisch-christliches Land erst 1492 geboren - zu einem Zeitpunkt also, als Italien bereits eine Wiedergeburt erleben konnte. Spaniens patriotische Rückbesinnung gelte daher der Reconquista. Ihr Resultat sei nicht die Beschäftigung mit der Antike, sondern eine neue Blüte der R o m a n z e n l i t e r a t u r gewesen 2 . Klemperer, der seine These literaturgeschichtlich zu belegen sucht, übersieht, wie sehr er wissenschaftsgeschichtlich der deutschen R o m a n t i k verpflichtet ist. Dies ist umso b e d e u t s a m e r , als seine These für die Ausklammerung des H u m a n i s m u s in der deutschen Hispanistik des f r ü h e n 20. J a h r h u n d e r t s in ähnlicher Weise verantwortlich zu sein scheint, wie die Romantik für die Ausklammerung dieses Gebietes in der 1 Heinrich Morf, Die Kultur der Gegenwart, Leipzig 1909, Teil 1, Abteil XI, I, S. 220; Victor Klemperer, "Gibt es eine spanische Renaissance?" in: Logos 16, 2, 1927, S. 129-161 2 Ebda., S. 142 ff

n

Die Beschäftigung

mit den spanischen

Humanisten

d e u t s c h e n H i s p a n i s t i k des 19. J a h r h u n d e r t s 3 . E s sei d a h e r i m f o l g e n d e n k u r z auf d e n R o m a n t i k e r Friedrich Schlegel u n d auf J o h a n n G o t t f r i e d von H e r d e r als den Wegbereiter d e r R o m a n t i k e i n g e g a n g e n .

Von Herder zur Romantik Schlegels H e r d e r , der seit 1777 bei J o a c h i m B e r t u c h S p a n i s c h l e r n t e , h a t t e die i b e r i s c h e Welt in W e i m a r e n t d e c k t , als er seine V o l k s l i e d s a m m l u n g b e a r b e i t e t e u n d G l e i m u m die Ü b e r m i t t l u n g spanischer R o m a n z e n b a t . I h n e n w i d m e t e er b e s o n d e r s a u s f ü h r l i c h e n R a u m , d a er sie f ü r d a s Zeugnis eines u r s p r ü n g l i c h e n V o l k s c h a r a k t e r s hielt, bei d e m D i c h t u n g , Volk u n d K l i m a ü b e r e i n s t i m m t e n 4 . Mit den m a u r i s c h e n R o m a n z e n t r a t e n a u c h die A r a b e r ins Blickfeld. H e r d e r sieht sie als Lehrer E u r o p a s u n d d e n m i t t e l a l t e r l i c h e n R i t t e r k u l t i m wesentlichen d u r c h arabischen Geist b e s t i m m t 5 . T a p f e r k e i t , Freiheitsliebe, E h r g e f ü h l u n d vergeistigte Religiosität seien p r ä g e n d gewesen f ü r den N a t i o n a l g e i s t d e r A r a b e r . In i h m s a h H e r d e r 1777 in seiner Schrift ü b e r die W i r k u n g d e r D i c h t u n g auf die S i t t e n der Völker n e b e n christlicher Religion u n d n o r d i s c h e m G e s c h m a c k die d r i t t e K o m p o n e n t e des mittelalterlichen Geistes. Poesie sei bei d e n A r a b e r n - wie s p ä t e r i m r i t t e r l i c h e n Leben - nicht isoliertes K u l t u r g e b i e t , s o n d e r n B e s t a n d t e i l des alltäglichen L e b e n s . W i e H e r d e r b e t r a c h t e t der R o m a n t i k e r Friedrich Schlegel in seiner f r ü h e n P h a s e L i t e r a t u r in erster Linie als Zeugnis des V o l k s c h a r a k t e r s . Seine Beispiele bezieht er j e d o c h nicht a u s der R o m a n z e n t r a d i t i o n , s o n d e r n z u n ä c h s t a u s C e r v a n t e s u n d d a n n aus C a l d e r ö n . Auch er b e t o n t die B e d e u t u n g der A r a b e r , die S p a n i e n eine eigene E n t w i c k l u n g ermöglicht h a b e n , sieht j e d o c h i m L e b e n u n d in d e n T u g e n d e n des M i t t e l a l t e r s in e r s t e r Linie d e n Einfluß d e r G o t e n . I m Sinne d e r I d e n t i t ä t s p h i l o s o p h i e n i m m t er eine u r s p r ü n g l i c h e E i n h e i t a n , die d u r c h d e n Beginn einer T r e n n u n g z e r s t ö r t w i r d , die i m z e r s t ü c k e l t e n E u r o p a eine geographische u n d geschichtliche D i m e n s i o n e r h ä l t . In d e n Vorlesungen z u r Universalgeschichte i n t e r p r e t i e r t er d a h e r die s p a n i s c h e Geschichte als E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e d e r g e r m a n i s c h e n Verfassung in S p a n i e n : Z u n ä c h s t h a b e die g e r m a n i s c h e V e r f a s s u n g d e n Geist des R ö m e r t u m s besiegt, sich t r o t z des a r a b i s c h e n Einflusses b e h a u p t e t u n d 3

Nicht nur die spanische Renaissance, sondern die gesamte spanische Literatur wird von Klemperer nicht sehr positiv beurteilt. Im Anschluß an den "Deutsch-spanischen Tag" gibt er zu bedenken, daß Frankreich bis ins 14. Jahrhundert die Führerin der Romania war und dann die Führung an Italien übergab, bis es ab Rabelais wieder den ersten Platz einnahm und nie wieder aufgab. Italien habe nur einmal die Führung des romanischen Geistes besessen, Spanien nie. Es ergebe sich also eine Rangordnung unter den romanischen Literaturen: "Die französiche steht an erster Stelle, an zweiter die italienische und die spanische an dritter." Victor Klemperer, "Die Weltstellung der spanischen Sprache und Literatur" in: Bücherei und Bildungspflege 2, H. 5/6, 1922, S. 188-122, hier S. 121 4 Herders Interesse für die Volkspoesie war der Ausgangspunkt für zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten in Deutschland. Vgl. dazu: A. E. (Esser?), "Literarische Wechselwirkungen Spaniens und Deutschlands" in: Deutsche Vierteljahrs-Schrift 1857, 2, S. 86-121, hier S.97 5 Zu Herder vgl. Wolfgang Kayser, Die iberische Welt im Denken J.G. Herders, Hamburg 1945, hier S.33 23

Christoph

Strosetzki

christliche Wertvorstellungen e r a r b e i t e t . E s folge das M i t t e l a l t e r , in dem die Verfassung zur Reife k o m m t . Auch i m siglo de oro scheint es noch präsent zu sein. Denn erst i m 18. J a h r h u n d e r t sei der römische Despotismus mit der französischen Hegemonie zurückgekehrt und h a b e den Geist der alten Verfassung aufgelöst. D a diese drei E p o c h e n nichts anderes als die Geschichte der germanischen, freiheitlichen S t ä n d e verfassung in S p a n i e n bilden, ist es nicht verwunderlich, daß die Suche nach d e m z e r s t r e u t e n Eigenen auch die A u f n a h m e und die kritische Selektion der spanischen Literatur leitet6. W i e bei Herder, verleihen also auch bei Schlegel die Auseinandersetzungen mit den A r a b e r n der spanischen Geschichte einen besonderen C h a r a k t e r . D a d u r c h h a b e S p a n i e n die größten R i t t e r t u g e n d e n entwickeln können, die sich dort auch durch die e n t f e r n t e L a g e reiner und a n h a l t e n d e r als anderswo in E u r o p a d a r s t e l l t e n 7 - eine T h e s e , die K l e m p e r e r später wiederholen sollte. D a s T y p i s c h e des M i t t e l a l t e r s ist nach Schlegel der romantische G e i s t . P h a n t a s i e h a b e nicht nur in der Dichtung, sonden auch i m wirklichen L e b e n gelegen - eine T a t s a c h e , aus der Schlegel den Vorzug des M i t t e l a l t e r s gegenüber dem klassischen A l t e r t u m mit seinem bloßen Asthetizismus und Scheinglanz der F o r m e n ableitet 8 . W e n n auch später Schlegel die P h a n t a s i e und damit das Mittelalter zugunsten einer eschatologischen Geschichtsauffassung, die nur noch die mystischen Autoren akzeptieren k o n n t e n , e n t w e r t e t , so erschienen i h m zunächst Cervantes und später C a l d e r ó n als die wichtigsten V e r t r e t e r der spanischen L i t e r a t u r . Die Poesie des Cervantes konnte er als Naturpoesie mit der griechischen vergleichen, die er mit demselben B e griffsapparat charakterisiert h a t t e wie j e n e des C e r v a n t e s 9 . Das Werk Calderöns gilt i h m 1811 als Verkörperung der R o m a n t i k schlechthin, in dem sich nicht nur Christliches und P h a n t a s i e , sondern auch Verankerung im geschichtlichen B o d e n , n a t i o n a l e r C h a r a k t e r wie naturerwachsener Ausdruck v e r e i n t e n 1 0 . M a n kann sich fragen, wie es z u m Interesse der R o m a n t i k e r an Spanien kam. Sicherlich spielt eine Rolle, daß sich auch die Philosophen des deutschen Idealismus gern auf Spanien beriefen, und Schelling, dessen System des transzendentalen Idealismus v o m Hispanisten B o u t e r w e k rezensiert wurde, Calderón als Sophokles der geteilten Welt b e z e i c h n e t , oder Hegel in seiner Ästhetik den Cid i m m e r wieder mit

6 Zu Schlegel vgl.: Ricardo Blanco Unzue, Die Aufnahme der spanischen Literatur bei Friedrich Schlegel, Frankfurt a.M., Bern 1981, hier S. 172; im Gegensatz zu Bouterwek, der mit seinem Ausspruch "somos hermanos" einer künftigen Ergänzung von deutschem Gemüt und spanischer Phantasie Ausdruck verleiht, sucht Schlegel das Echte und das südliche Feuer in einer Vergangenheit. Vgl.: Ebda., S. 169 7 Vgl. ebda., S. 180 ff 8 9

Vgl. ebda., S. 188 ff Vgl. ebda., S. 333

1 0 Vgl. ebda., S. 490; schon 1857 wird den Romantikern vorgeworfen, zu Unrecht das Drama Calderöns als spanisch-national bezeichnet zu haben. Es sei "vielmehr ein Erzeugnis Wechselwirkungen Spaniens und der Verbildung der höheren Stände" A. E., Literarische Deutschlands, a.a.O., S. 99

24

Die Beschäftigung

mit den spanischen

Humanisten

der Ilias vergleicht 1 1 . Aber auch die politische Situation m a g eine Rolle gespielt haben. Spanien u n d Deutschland waren i m Kampf gegen Napoleon geeint. Spanien u n d England erschienen als Vorbild f ü r die deutsche Befreiung. Nicht zuletzt darauf m a g es zurückzuführen sein, daß m a n in Deutschland i m m e r mehr englische Reiseberichte von Spanien rezipierte, die zumeist ein positiveres Bild zeigten, als jene französischen von Saint-Simon, Montesquieu u n d Voltaire, die die "Leyenda negra" wiederbelebt h a t t e n . Auch zur Tatsache, daß die Franzosen der Aufklärung die emanzipatorischen Ansätze der H u m a n i s t e n des 16. J a h r h u n d e r s aufgriffen, konnte m a n in Opposition treten, wenn m a n das christliche Mittelalter und seine A u s g e s t a l t u n g in Spanien thematisierte, wie es die deutschen Romantiker t a t e n .

Volkstypisches Die schon bei Herder u n d Schlegel beobachtete Betonung der Volkstümlichkeit findet sich auch in der Mitte des J a h r h u n d e r t s in den A n m e r k u n g e n von F e r d i n a n d Wolf zur spanischen Ubersetzung von Bouterweks Literaturgeschichte. In seiner Glieder u n g der spanischen Nationalliteratur unterscheidet er zwei H a u p t p e r i o d e n : die vor und die nach dem Beginn des 16. J a h r h u n d e r t s . Die erste Periode lasse sich als Mittelalter bezeichnen und sei geprägt durch die "spontane Volkspoesie" der Rom a n z e n 1 2 . In der zweiten Periode sei es die erneut auflebende Beschäftigung mit den Volksromanzen, die "die glänzende und reichste Schöpfung der Kunstpoesie dieser Perioden der spanischen Literatur ü b e r h a u p t : das N a t i o n a l d r a m a " 1 3 entstehen ließ. Die dramatische Literatur, sei es bei Lope oder Calderón, sei in naher Verbindung mit der Volkspoesie geblieben, h a b e sich deren Formen bedient u n d war selbst volkstümlich. Diese altnationale Betonung habe d a f ü r gesorgt, daß die italienischen u n d antiken Einflüsse auf die Lyrik und die " N a c h a h m u n g der humanistisch geschulten italienischen K u n s t l y r i k " 1 4 beschränkt blieben. Auch Graf Schack zeigt 1845/46 in seiner Geschichte des spanischen D r a m a s , daß das wahrhaft Große in der Poesie nur auf dem Boden der Volkstümlichkeit gedeihen kann. Schon d a m i t wendet er sich von den Humanisten der Renaissance, deren Kult des Weisen u n d Gelehrten, und vom elitären, vom Volk entfernten "philosophe" der französischen A u f k l ä r u n g a b . Mit d e m Gegensatz zwischen gelehrter und Volksliteratur will auch die Geschichte der spanischen Literatur von G. Baist in Gröbers Grundriß erklären, w a r u m in Spanien Humanismus u n d Renaissance nicht Fuß fassen konnten. Die D o m i n a n z der Kirche habe d a f ü r gesorgt, daß es keine "geistige Ablösung der Renaissance vom Mittelalter" gegeben habe, und die neuen Anregungen aus Italien a u f g e n o m m e n wor11 Vgl. W e r n e r B r ü g g e m a n n , Die Spanienberichte des 18. und 19. Jahrhunderts und ihre Bedeutung für die Formung und Wandlung des deutschen Spanienbildes, M ü n s t e r 1956 ( S p a n i s c h e F o r s c h u n g e n der Görresgesellschaft, 1, 12) S. 77, 129 12

F e r d i n a n d Woif, Studien teratur, Berlin 1859, S. 9 13 E b d a . , S. 15 14

zur Geschichte

der spanischen

und portugiesischen

Nationalli-

E b d a . , S. 17

25

Christoph

Stroaetzki

den seien, "ohne die ältere Tradition preiszugeben" 1 5 . Die Spanier jedoch, die als gelehrte Humanisten eigene Wege suchten, wie Vives, Valdes oder Servet, haben sich ins Ausland zurückziehen müssen und dachten ausländisch. Während Spanien in der Gelehrtenrepublik immer nur eine untergeordnete Stellung eingenommen habe, fanden die "Ideale der Bevölkerung" ihren adäquaten Ausdruck zunächst in der Romanze und seien dann vom Drama übernommen worden. Die beginnende hispanistische Literaturbetrachtung orientiert sich also an der romantischen Suche nach dem Volkstypischen und kann daher nicht die gelehrten Humanisten der Renaissance einbeziehen. Hinzu kommt, daß die humanistischen Autoren nach Italien blicken und die italienische nationale Vergangenheit wieder aufleben lassen, damit also etwas erneuern, das für die spanische Nation untypisch ist.

Neuphilologie - Altphilologie Die Beschäftigung mit antiken Autoren gilt als Aufgabe der Altphilologie. Daher ist auch die humanistische Auseinandersetzung mit der Antike nur schwerlich als Gegenstand der sich gerade etablierenden Neuphilologien denkbar. Sie mußte als Kapitel der Geschichte der Altphilologie gesehen werden und war kaum einer Neuphilologie zuzuordnen, die noch Schwierigkeiten hatte, sich gegenüber der traditionsreichen Altphilologie zu behaupten. Dies wird umso deutlicher, wenn man bedenkt, daß noch in Gröbers Grundriß die Wissenschaftsgeschichte als eine der Hilfsdisziplinen der Philologie betrachtet wird. Bereits Friedemann schreibt im 2. Jahrgang des Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 1847 einen Artikel mit dem Titel "Der modernen Philologie wird fortdauernde Rücksicht auf die antike empfohlen". Die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Philologien sieht er nicht zuletzt darin, daß sich Gelehrte wie C. Lachmann und M. Haupt mit beiden gleichzeitig beschäftigen 1 6 . Die Altphilologie wünscht er als notwendige Ergänzung der Neuphilologie. Er zitiert Mager, der als Vorkämpfer der modernen Philologie der klassischen den Vorrang läßt und in ihr das schönste Erbteil verkörpert sieht. Es "sei keinem", fordert er, "der sich Philologe nennen will, der Zugang zu einem anderen Volke gestattet, er habe denn seinen Weg dahin über R o m und Athen genommen." 1 7 Das klassische Altertum sei lange Zeit zugleich Quelle von Bildung und moralischer Erziehung gewesen. Seine Lehrer hatten als Kirchendiener zunächst dem theologischen Stand angehört. Daher soll sich auch die moderne Philologie zunächst an solche Nationen halten, "bei denen ein Schöner und Guter mit Nutzen für eigene Geistesund Gemüthsbildung Wohnung aufschlagen kann" 1 8 . Damit wird der pädagogische 15 Gottfried Baist, "Die spanische Litteratur" in: Grundriß Hg. G. Gröber, 2. B d . 2. Abt., Straßburg 1897, S. 447 19

1847, S. 255-274, hier S. 256 17 E b d a . , S. 257

26

Philologie,

Fr.Tr. Friedemann, "Der modernen Philologie wird fortdauernde Rücksicht auf die an-

tike empfohlen" in: Archiv für das Studium

18

der romanischen

E b d a . , S. 266

der neueren Sprachen und Literaturen,

Bd. 2,

Die Beschäftigung

mit den spanischen

Humanisten

Anspruch der Altphilologie auf die Neuphilologie ü b e r t r a g e n . Die m o d e r n e Philologie ist also auch "Lehrerin der J u g e n d " 1 9 u n d m u ß unterschiedliche Texte f ü r die jeweilige Lebens- und Altersstufe finden, h a b e aber zugleich den wissenschaftlichen Ehrgeiz, ein Volk mit seinen charakteristischen Äußerungen zu b e t r a c h t e n . Noch der "Vorschlag zu einer Enzyklopädie der m o d e r n e n Philologie", den C. Sachs elf J a h r e später in derselben Zeitschrift veröffentlichte, will die f ü r die Altphilologie gültigen Grundbegriffe auf die moderne Philologie ü b e r t r a g e n wissen. Auch Sachs umschreibt als Aufgabe der modernen Philologie, ein anschauliches Bild der modernen Völker zu geben, dabei aber zunächst die nach L i t e r a t u r u n d Wissenschaft a m meisten entwicklten zu berücksichtigen 2 0 . Auch hier wird also ein K a n o n besonders wertvoller Texte angestrebt. Dabei geht der Autor sogar so weit, d a s Spanische, das "zwar besonders in den norddeutschen S t ä d t e n vielfach im praktischen Verkehr angewandt werde", aus der Neuphilologie zu eliminieren. Denn m a n d ü r f e nicht "den zufälligen Gebrauch für merkantile Zwecke mit d e m inneren Werte u n d der welthistorischen Geltung" verwechseln 2 1 . Dem Postulat erzieherischen Wertes u n d d e m Maßstab mustergültig entwickelten Volkscharakters entsprachen die volkstümlichen Texte, die seit der Romantik zum K a n o n hispanistischer Beschäftigung w u r d e n , offenbar nicht ausreichend - ein Fehlurteil, das bei Sachs zur Ablehnung des gesamten Fachs f ü h r t . In einem 1862 vor breitem P u b l i k u m an der Universität Kiel gehaltenen Vortrag über die Geschichte u n d Aufgabe der Philologie betont Georg C u r t i u s seinerseits die hervorragende B e d e u t u n g der griechisch-römischen K u l t u r u n d ihrer Philologie, die durch ihre Wiederentdeckung im 15. J a h r h u n d e r t wichtigste G r u n d lage der gesamten neueren Bildung wurde. Dies ist i h m aber nicht ein G r u n d , die Wiederentdeckung der Antike z u m Gegenstand der Neuphilologie zu m a c h e n , sondern ein erneuter Beweis für die Notwendigkeit der vorausgehenden Beschäftigung des Neuphilologen mit der Altphilologie. Eine "Querelle des Anciens et des Modernes" deutet sich auf der Ebene der Philologien an, wenn C u r t i u s die T h e s e ablehnt, es h ä t t e n nur Griechen u n d Römer Großes vollbracht. Er b e t o n t : " J e d e s Volk entfaltet sein eigenes Wesen, das der Erforschung u n d A u f b e w a h r u n g W e r t h i s t . " 2 2 So h ä t t e n alle Philologien ein Ziel u n d eine Methode u n d wollten nichts anderes als den Z u s a m m e n h a n g der menschlichen K u l t u r zu erhalten. Die Kanonisierung u n t e r den Nationalliteraturen, wie sie Sachs v o r n a h m , ist d a m i t ü b e r w u n d e n . C u r t i u s ü b e r t r ä g t sogar auf die Neuphilologie jene Definition der Altphilologie, die nach A. Boeckh die Erkenntnis der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit u n d nach Wolf als "Altertumswissenschaft" die gesamte K u l t u r mit allen Institutionen zu erhellen h a b e . Gröber kritisiert 1888 diesen Ansatz, der in Anlehnung an die M e t h o d e der Altphilologie das geistige Leben der R o m a n e n in seinem ganzen U m f a n g erfassen will. Er 19

E b d a . , S. 270

20

C. Sachs, "Vorschlag zu einer E n c y c l o p ä d i e der m o d e r n e n P h i l o l o g i e " in: Archiv

Studium

der neueren

Sprachen

und Literaturen

21

E b d a . , S. 5 ( F u ß n o t e )

22

Georg Curtius, Über die Geschichte

für

das

, 13. Jg., 23. B d . , 1858, S. 1-8, hier S. 5

und Aufgabe

der Philologie,

Kiel 1862, S. 25 f.; er

zitiert d e n Oxforder O r i e n t a l i s t e n M a x Müller: Ziel der P h i l o l o g i e sei es "zu l e r n e n , w a s der M e n s c h ist, i n d e m sie lernt, was er g e w e s e n ist." E b d a . , S. 31

27

Christoph Strosetzki betont damit, wie wenig das Konzept der klassischen Philologie auf die Neuphilologie anwendbar ist. Aufgabe letzterer sei nämlich, "die Erscheinungen des menschlichen Geistes in der Sprache, seine Leistungen in der künstlerisch behandelten R e d e " 2 3 zu untersuchen. Damit werden Staaten-, Kultur-, Kunst- und Wissenschaftsgeschichte zu bloßen Grenzwissenschaften und die klassische Philologie wird zur Hilfswissenschaft. Obwohl sich also die romanische Philologie "auf Schritt und Tritt an die lateinische Sprache und Literatur und nicht minder an griechisches Schrifttum gewiesen s i e h t " 2 4 , könne sie eine Selbständigkeit gegenüber der klassischen Philologie beanspruchen. Natürlich kann diese Selbständigkeit am wenigsten in Grenzbereichen dokumentiert werden, die - wie z.B. die Auseinandersetzung mit den humanistischen Schriftstellern Spaniens - wohl auch deshalb eher vermieden werden. Dennoch fehlen die Namen der Humanisten in der Wissenschaftsgeschichte der Romanistik dort nicht, wo sie ihr ein höheres Prestige gegenüber der Altphilologie verleihen können. Gröber nennt Humanisten wie Stephanus, Scaliger und G. Vossius, die sich gleichzeitig mit den lateinischen und den romanischen Sprachen beschäftigt haben. Von gesteigertem Selbstbewußtsein zeugt, daß Gröber diese Tatsache als Beleg dafür bewertet, daß sich sogar die klassische Philologie der Humanisten für Gegenstände der romanischen interessiert und damit die romanische Philologie bereits in der Renaissance zu ebenbürtiger Höhe erhoben h a b e 2 5 . So erscheinen denn auch als erste Bearbeiter der spanischen Sprache die ersten spanischen Humanisten, wie der Philologe Nebrija, oder der Reformator J u a n de Valdes, der schon 1536 wie nach ihm 1606 Aldrete, den Ursprung der spanischen Sprache erforschte. Man sieht also diese Humanisten gleichzeitig als klassische Philologen und als Hispanisten.

Gattungen Im Konkurrenzkampf der Philologien treten die Humanisten daher nicht als Vertreter der Dichtung in Erscheinung. Da Romanzenliteratur und Drama im Vordergrund des Interesses standen, fand humanistische Prosa kaum Beachtung, zumal da ihr eher rhetorischer als poetischer Charakter zugeschrieben wird. Im folgenden sei daher die Beurteilung des humanistischen Schrifttums als Texttyp vorgeführt. Bouterwek hebt 1804 in seinen Ausführungen zu Perez de Oliva hervor, daß gerade in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von den spanischen Gelehrten auf eine "Scheidung der Poesie von der Beredsamkeit" 2 6 sehr viel Wert gelegt wurde. Perez de Oliva, der mit seiner Schrift über die Menschenwürde ein humanistischer Autor ist, wird also den gelehrten Autoren zugerechnet, die nach Bouterwek viel zu 2 1 G. Gröber, "Aufgabe und Gliederung der romanischen Philologie" in: Grundriß der romanischen Philologie, Hg. G. Gröber, Bd. 1, Straßburg 1888, S. 140-154, hier S. 146 2 4 Ebda., S. 149 2 5 G. Gröber, "Geschichte der romanischen Philologie" in: Grundriß der romanischen Philologie, Bd. 1, a.a.O., S. 1-139, hier S . l l 2 6 Friedrich Bouterwek, Geschichte der spanischen Poesie und Beredsamkeit, Göttingen 1804 (Geschichte der Künste und Wissenschaften, 3. Abt., 3. Bd.), S. 303

S8

Die Beschäftigung

mit den spanischen

Humanisten

wenig bekannt seien. Es lohne sich der Mühe, schreibt er, "genauere Anleitung zur Kenntnis einiger guter spanischer Prosaiker zu geben, deren Namen in der allgemeinen Geschichte der neueren Beredsamkeit kaum einmal genannt sind." 2 7 Bouterweks Aufforderung sollte noch lange ungehört bleiben. Denn die Poesie war es, die in erster Linie - auch Bouterwek - interessierte. Er sah die spanische Literatur, die die nationale Identität verkörpere, im Schauspiel. So wählte auch Adolf F. von Schack für seine Literaturgeschichte die dramatische Literatur Spaniens nicht ohne Grund. Wie Schlegel ist auch er der Meinung, daß das Volkstümliche gerade in dieser Gattung sichtbar wird 2 8 . Auch in der Literaturgeschichte des Amerikaners Ticknor, der von 1815 bis 1817 in Göttingen studiert hatte, hat die humanistische, an der Antike orientierte Literatur in den Hintergrund zu treten. Dieses Werk lag 1852, bereits drei Jahre nach seinem Erscheinen, in der von Nikolaus H. Julius bearbeiteten und ergänzten deutschen Ubersetzung vor und wurde von Prescott mit der Bemerkung angekündigt, "daß die Spanier, deren Sprache, ebensosehr wie die der Franzosen und Italiener, auf lateinischer Unterlage ruhte, sich dennoch enthielten, ihre Literatur gleich jenen Völkern auf die classischen Muster des Alterthums zu gründen, und es vorzogen, sich mehr dem romantischen Geiste der nördlichen germanischen Völker anzuschließen." 29 Dies führt Prescott auf den vorherrschenden Einfluß der gotischen Grundbestandteile ihres Charakters zurück. Ein prinzipiell konstatiertes Fehlen von imitatio und aemulatio als Prämisse ist also ein weiterer Erklärungsgrund für die Geringschätzung humanistischer Prosa. Dennoch wird bei Ticknor auf einige spanische Humanisten eingegangen. Jedoch werden sie als bloße Nachahmer der Italiener, die ihrerseits die antiken Autoren Cicero und Seneca nachgeahmt hätten, also nicht als unmittelbare, sondern mittelbare Nachahmer abgewertet. Erörtert werden z.B. Werke von F. de Villalobos, Pérez de Oliva, Morales, Cervantes de Salazar, A. de Guevara, Juan de Valdés, A. de Nebrija, Las Casas, Sepúlveda und Pedro Mexia. Die beliebte "Silva" des letzteren ahme zwar die römischen und italienischen Meister nach und habe dem Autor mehr Ruhm als irgendeinem anderen spanischen Prosaschriftsteller seiner Zeit verschafft, bleibe jedoch in gedanklicher Höhe weit hinter den Vorbildern zurück 3 0 . Trotz der genannten Autoren konstatiert Ticknor einen Mangel an guter lehrender Prosa im 16. Jahrhundert. Er erklärt ihn mit dem Hinweis auf mögliche Gefahren: 27

Ebda., S. 303 f Adolph Friedrich von Schack, Geschichte der dramatischen Literatur und Kunst in Spanien, Bd. 1, Berlin 1845; Schack will zeigen, "wie das wahrhaft Große und Originale in der Poesie nur auf dem Boden der Volksthümlichkeit gedeihen könne, wie namentlich das Drama in Geist und Form duch die Geschichte und den Charakter des jedesmaligen Volkes auf's strengste bedingt sei, und wie es, um zum ächten Nationalschauspiel zu erblühen, aus dem innersten Kerne einer Nation und im Zusammenhange mit ihren volkspoetischen Sagenkreisen und ihrer Geschichte erwachsen müsse." Ebda., S. XVII f 29 Georg Ticknor, Geschichte der schönen Literatur in Spanien, dt. mit Zusätzen von N.H. Julius, 1. Bd., Leipzig 1852, S. XIV 30 "Seine Erfindungsgabe reicht niemals aus, seinen Gegenstand auf neue und kräftige Weise zu betrachten." Ebda., S. 419 28

29

Christoph

Strosetzki

"Fast alle Schriftsteller verfielen, weil man sie daran hinderte, sich der Logik einer weisen und freisinnigen Philosophie zu bedienen, in Gelehrttuerei, indem sie, wo es nur immer möglich war, sich gern auf Gewährsmänner stützten." 3 1 Daher sei diese Prosa von zahlreichen Zitaten aus den Kirchenvätern, den scholastischen Philosophen und der Bibel durchsetzt. Aus diesem Druck erkläre es sich.auch, daß die belehrende Prosa steif und übergelehrt wurde und sich dahingeschleppt habe, während "die minder verdächtigen und unterdrückten Teile spanischer Literatur, die dramatische und lyrische Dichtung, a m höchsten s t a n d e n . " 3 2 Vor dem Hintergrund von Ticknors in Deutschland vielbeachteter Literaturgeschichte wird verständlich, daß auch in der Auswahl von Musterstücken aus den Werken spanischer Prosaisten von L. Lemcke 1855 die Humanisten Guevara und L. de Leon bewußt ausgelassen werden. Lemcke rechtfertigt dies in der Vorrede. Ihm scheine A. de Guevara "ungeachtet der Vorzüge seiner Schreibart, nicht bedeutend genug, um in einem Handbuche einen besonderen Platz einzunehmen" 3 3 . Er übergeht auch L. de Leon, "weil seine prosaischen Schriften bei allem stilistischen Wert doch nur eine untergeordnete Wichtigkeit h a b e n . " 3 4 Anders jedoch als Ticknor verurteilt er die humanistische Literatur nicht pauschal. Denn den "Diälogo de la dignidad del hombre" zählt er zu den wichtigen Werken der spanischen Literatur. Von ihm als dem ältesten "wirklich klassischen Muster didaktischer P r o s a " 3 5 druckt er Auszüge, wie auch von Texten aus Cervantes de Salazar. Auch 1867 in der Anthologie und Literaturgeschichte von H. Dohm wird Perez de Olivas Dialog als "Abhandlung, die durch ihren gediegenen Inhalt und ihre classische Sprache zu den besten spanischen Werken didaktischer Prosa gehört" 3 6 gewürdigt. Er fehlt auch nicht in der Schrift von A. Schmidt mit dem Titel "Was muß man von der spanischen Literatur wissen?" von 1900, in der zahlreiche Autoren der didaktischen Prosa des 16. Jahrhunderts aufgeführt werden. Uneingeschränkt positiv werden sie jedoch nicht bewertet. Denn es gebe kaum "einen Gegenstand, kaum ein Gebiet, über welches nicht solche, oft recht langweilige Abhandlungen geschrieben worden wären." 3 7 Als "Abhandlungen" bezeichnet, werden die humanistischen Schriften aus dem Bereich der "schönen Literatur" eliminiert. 1903 wählt R. Beer für sie sogar die

31

G e o r g T i c k n o r , a . a . O . , B d . 2, S . 3 1 4

32

E b d a . , S . 315

33

L u d w i g L e m c k e , Handbuch

der spanischen

Litteratur.

A u s w a h l von M u s t e r s t ü c k e n a u s

d e n Werken der k l a s s i s c h e n S p a n i s c h e n P r o s a i s t e n u n d Dichter von d e n ä l t e s t e n Zeiten bis a u f d i e G e g e n w a r t , mit b i o g r a p h i s c h - l i t t e r a r i s c h e n E i n l e i t u n g e n , B d .

1, L e i p z i g 1 8 5 5 , S .

VIII 34

Ebda.

35

E b d a . , S . 180

36

H. D o h m , Die spanische

National-Literatur

in ihrer geschichtlichen

Entwicklung.

Nebst

d e n L e b e n s - u n d C h a r a k t e r b i l d e r n ihrer c l a s s i s c h e n S c h r i f t s t e l l e r u n d a u s g e w ä h l t e n P r o b e n a u s den Werken d e r s e l b e n in d e u t s c h e r U e b e r t r a g u n g , B e r l i n 1867, S . 237 3T

A l b e r t S c h m i d t , Was muß man von der spanischen

lich beantwortet, 30

B e r l i n 1900, S . 103

Litteratur

wissen?

Gemeinverständ-

Die Beschäftigung

mit den spanischen

Humanisten

Gattungsbezeichnung "Fachliteratur" 3 8 . Schließlich ordnet P.A. Becker 1904 Perez de Oliva, A. de Guevara, J . de Valdes und P. Mexia den spanischen Moralisten zu. Deren "Moralliteratur" sei "ein spezifisches Erzeugnis des humanistischen Zeitalters und vielleicht der entsprechendste Ausdruck seines Geistes." 3 9 Gerade in Spanien, wo die Kirche mißtrauisch jede Äußerung selbständigen Denkens betrachte, und Autoren wie Servet und Vives so gut wie Ausländer seien, sei diese Moralliteratur "das eigentliche Gebiet, auf dem die Kunstform der Prosa ihre bewußte Ausarbeitung und Vervollkommnung fand." 4 0

Einfluß der Kirche Auf den Einfluß der Kirche, der eine freie Entfaltung des Humanismus verhindert habe, weisen viele Autoren hin. Er wurde allerdings nicht nur als Last gesehen. Nach Clarus z.B. hat die Kirche bereits im Mittelalter die klassischen Studien gepflegt und damit erst den Boden für die Renaissance geschaffen. Lange vor Klemperer hatte Clarus 1846 betont, daß sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts, während sich im übrigen Europa das Christentum längst konsolidiert hatte und unter Verfallserscheinungen litt, die spanischen Zustände trotz aller politischen Zerrissenheit "eine sichere christliche und kirchliche Positivität" 4 1 darstellten. Dort, wo allerdings das klassische Altertum in Spanien Aufnahme fand, war dies nach Clarus nur möglich, weil das Mittelalter die klassische Kultur tradiert hatte 4 2 . Wäre man wirklich im Mittelalter in Dunkelheit und Barbarei versunken, dann hätte man kaum diese Kulturschätze willkommen heißen können. Clarus widerspricht der These, die Reformatoren hätten mit den Humanisten und mit der Rückbesinnung auf die literarischen Schätze des Altertums ein Zeitalter der Dummheit und Finsternis beendet. Dagegen hält er, daß sie sich der Antike nur aus taktischen Gründen bedient haben. Dies zeige Luther, als er mit den Humanisten brach: "Sobald er durch andere Mittel seine Partei [.. .] stark wußte, fiel er vom Humanismus geradezu ab und erblickte in der classischen Gelehrsamkeit nichts mehr als ein glänzendes Laster." 4 3 Da nämlich die Schätze des Altertums durch die Kirche tradiert seien, sei "die Alterthumswissenschaft, eine durchaus katholische Disziplin, in der Kirche geboren, 38

R u d o l f B e e r , Spanische

39

Philipp August Becker, Geschichte

Literaturgeschichte,

40

Ebda.

B d . 2, Leipzig 1 9 0 3 , S. 89

der Spanischen

Literatur,

S t r a ß b u r g 1904, S. 44

41 Ludwig Clarus, Darstellung der spanischen Literatur im Mittelalter, M a i n z 1 8 4 6 , B d . 2 , S. 527; dieser christliche Geist, den Spanien in die schöne L i t e r a t u r einführte, " w i d e r s t a n d der heidnischen Werbung und m a c h t e es sich zur A u f g a b e , die göttliche W a h r h e i t und Ordnung anzudeuten und zu veranschaulichen in seinen literarischen B i l d e r n u n d G e s t a l t u n g e n . " E b d a . , S. 528 42 " S c h o n die begeisterte A n n a h m e , welche die aus den eröffneten F u n d g r u b e n des classischen Alterthumes geförderte A u s b e u t e so allgemein fand, setzt eine schon ansehnlich vorgeschrittene Geistesbildung voraus." E b d a . , S. 5 3 4 43

E b d a . , S . 535

31

Christoph

Strosetzki

aufgesäugt und immer aufs Großartigste unterstützt." 4 4 Wenn Clarus selbst durch ausführliche Erörterung der mittelalterlichen didaktischen Literatur belegt, wie intensiv man bereits im Mittelalter um das Studium der Antike bemüht war, dann erscheint der Humanismus nicht als Renaissance, sondern als eine unter vielen Etappen, die sich kontinuierlich aneiander anschließen. Kontinuität seit dem Mittelalter sieht der Oberlehrer Paul Förster in der Aufgabe der Inquisition, über deren Bedeutung er 1890 eine Abhandlung im Jahresbericht der königlichen Realschule zu Berlin veröffentlicht. Trotz inquisitorischer Aktivität habe es jedoch auch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht an scharfer Kritik der Geistlichkeit gemangelt. Für Förster ist diese Kritik nichts anderes als die Kehrseite von inniger Frömmigkeit, bei der auch "der Humanismus in Spanien gute Aufnahme finden"45 konnte. "Aber er zeigt sich uns hier nicht in seiner heiteren, spielenden, rein verstandesmäßigen Art; er stellt den Geist in den Dienst sittlicher, reformatorischer Gedanken." 4 6 Da sich der Spanier nicht auf den Standpunkt des ironisch lächelnden Humanisten zurückziehen könne, finde man "in Spanien im Ausgange des 15. Jahrhunderts parallel der deutschen eine spanische Reformation." 4 7 Deren Ansätze der Erasmusrezeption bei Vives oder Valdés seien von der Inquisition bis 1570 vollständig niedergeworfen worden. Damit habe Spanien nicht nur theologische Ketzer, sondern auch ausgezeichnete Schriftsteller verloren 4 8 . Der Verfall der Wissenschaften und guten Sitten seien die Folge gewesen. Die Bedeutung der Reformatoren aber, darauf weist Förster hin, sei seit kurzem durch die Arbeiten von Wiffen und Boehmer gut übersehbar. Der spanische Humanismus zeigt sich also immer religiös, sei es, daß er wie bei Vives im Einklang mit der offiziellen Theologie erscheint, sei es, daß er wie bei Valdés den Weg zur Reformation und zur Heterodoxie einschlägt. Diese reformatorische Dimension der spanischen Humanisten war es, die das Interesse des Engländers Wiffen und des Straßburger Theologen und Romanisten Boehmer hervorgerufen hat. Boehmer setzte Wiffens Werk fort und veröffentlichte ab 1874 Biographien und Schriften der spanischen Reformer zur Zeit von Erasmus unter Benutzung der Wiffenschen Manuskripte 4 9 . Er konnte dabei auf die "Historia de los protestantes españoles" von Adolfo de Castro von 1851 und die "Historia de los heterodoxos españoles" (1877-82) von M. Menéndez Pelayo zurückgreifen. Die Bedeutung des Erasmus in Spanien hatte Boehmer bereits 1862 in einem Artikel über spanische Ubersetzungen des Erasmus lange vor Bataillon - hervorgehoben 50 . Spanische Schriftsteller wie Valdés interessier44

Ebda.

Paul Förster, "Der Einfluß der Inquisition auf das geistige Leben und die Litteratur der Spanier" in: Jahresbericht der Königlichen Realschule zu Berlin. Realgymnasium, Berlin 1890, S. 11 45

46

Ebda.

47

E b d a . , S. 13

48

E b d a . , S. 22

Edward Boehmer, Spanish Reformers of two centunes from 1520. Writings, Straßburg/London, 1. B d . 1874 (Bibliotheca Wiffeniana) 49

50

32

Edward Boehmer, " E r a s m u s in Spanien" in: Jahrbuch

für romanische

Their und

Lives

and

englische

Die Beschäftigung

mit den spanischen

Humanisten

t e n also n i c h t , i n s o f e r n sie als H u m a n i s t e n ein n e u e s V e r h ä l t n i s z u r A n t i k e g e w a n n e n , s o n d e r n i n s o f e r n sie R e f o r m i d e e n in d i e c h r i s t l i c h e K i r c h e b r a c h t e n . A u c h b e i d i e s e m theologischen Ansatz wird weitgehend die B e t r a c h t u n g der humanistischen Auseinandersetzung der W ü r d i g u n g einer neuen christlichen Religiosität geopfert.

A b s c h l i e ß e n d u n d z u s a m m e n f a s s e n d l ä ß t sich f e s t h a l t e n , d a ß K l e m p e r e r s T h e s e G e d a n k e n e l e m e n t e a u f g r i f f , d i e sich b e r e i t s bei H e r d e r u n d Schlegel f a n d e n . D a z u g e h ö r e n die B e t o n u n g des a r a b i s c h e n E i n f l u s s e s auf m i t t e l a l t e r l i c h e L i t e r a t u r u n d R i t t e r k u l t , e b e n s o wie die S u c h e n a c h j e n e r D i c h t u n g , die A u s d r u c k d e s Volkschar a k t e r s i s t . E s h a t sich n u n g e z e i g t , d a ß die r o m a n t i s c h e P e r s p e k t i v e d i e A u s w a h l d e r s p a n i s c h e n L i t e r a t u r i m 19. J a h r h u n d e r t so b e e i n f l u ß t h a t , d a ß d e r Blick f ü r die g e l e h r t e h u m a n i s t i s c h e L i t e r a t u r , die i m Falle S p a n i e n s j a n u r e i n e f r e m d e , r ö m i s c h italienische L i t e r a t u r erschlossen h ä t t e , verlorenging. Hinzu kam, d a ß f ü r die neup h i l o l o g i s c h e H i s p a n i s t i k , die sich g e g e n ü b e r d e r A l t p h i l o l o g i e p r o f i l i e r e n w o l l t e , d i e B e s c h ä f t i g u n g m i t d e n s p a n i s c h e n H u m a n i s t e n kein g e e i g n e t e s Feld d a r s t e l l t , d a d e r H u m a n i s m u s als K a p i t e l d e r A l t p h i l o l o g i e v e r s t a n d e n w u r d e , u n d sich k a u m e i g n e t e , die S e l b s t ä n d i g k e i t d e r N e u - g e g e n ü b e r d e r A l t p h i l o l o g i e f e s t z u s c h r e i b e n . D e r e n Met h o d e der Kanonbildung ü b e r n a h m e n zunächst auch die Neuphilologien nicht nur für ihre eigenen Literaturen, sondern auch für ihren K o n k u r r e n z k a m p f u n t e r e i n a n d e r . Hier w u r d e n die H u m a n i s t e n vor a l l e m d o r t z i t i e r t , w o sie d a s h o h e N i v e a u d e r N e u philologie b e r e i t s in d e r R e n a i s s a n c e d o k u m e n t i e r t e n . In d e r s p a n i s c h e n D i c h t u n g selbst j e d o c h e r s c h e i n t die i m i t a t i o d e r A n t i k e w e d e r c h a r a k t e r i s t i s c h , n o c h wesentlich. Die T e x t e d e r H u m a n i s t e n , d i e d e r R h e t o r i k u n d nicht d e r P o e s i e z u g e o r d n e t w u r d e n , w i r k t e n wenig originell u n d z u d e m n o c h m i t R ü c k s i c h t auf die I n q u i s i t i o n m i t Z i t a t e n ü b e r l a d e n . M a n g r e n z t e sie a u s d e m e i g e n t l i c h L i t e r a r i s c h e n a u s u n d o r d n e t e sie d e r Fach- o d e r M o r a l l i t e r a t u r z u . Die D o m i n a n z d e r K i r c h e e r s c h i e n n i c h t u n b e d i n g t als H i n d e r n i s f ü r h u m a n i s t i s c h e S t u d i e n . I m G e g e n t e i l , sie h a t t e n a c h C l a r u s seit d e m M i t t e l a l t e r d i e A l t e r t u m s w i s s e n s c h a f t als k a t h o l i s c h e Disziplin t r a d i e r t . D e r H u m a n i s m u s e r s c h e i n t so als K o n t i n u i t ä t u n d nicht als R e n a i s s a n c e . W e n n n u n a u c h R e f o r m a t i o n u n d H u m a n i s m u s als w e i t g e h e n d v o n e i a n d e r g e t r e n n t e S t r ö m u n g e n g e l t e n , d a n n w a r es d e m t h e o l o g i s c h i n t e r e s s i e r t e n B ö h m e r m ö g l i c h , z a h l r e i c h e H u m a n i s t e n in t h e o l o g i s c h e r P e r s p e k t i v e als R e f o r m a t o r e n v o r z u s t e l l e n , o h n e d e r e n h u m a n i s t i s c h e A r b e i t zu w ü r d i g e n . Diese G e d e n k e n g ä n g e , d i e K l e m p e r e r w o h l k a n n t e , b i l d e n n a t ü r l i c h w e d e r ein kohärentes Ganzes, noch eine kontinuierliche Entwicklung. Obwohl mit unterschiedlichen I n t e n t i o n e n v o n u n t e r s c h i e d l i c h e n P o s i t i o n e n a u s g e h e n d , z e i c h n e n sie d e n n o c h e i n e n H o r i z o n t a b , a u s d e m e r k l ä r b a r w i r d , w a r u m eine u n v o r e i n g e n o m m e n e u n d vorurteilsfreie B e t r a c h t u n g der spanischen H u m a n i s t e n nicht möglich war.

Literatur,

Bd. 4, 1862, S. 158-165 33

Ein Wegbereiter der Hispanistik: Friedrich Johann Justin B e r t u c h (1747-1822) Jochen

Heymann

A m 20. März 1778 berichtete der Weimarische Kirchensuperintendent J o h a n n Gottfried Herder seinem Freund Hamann vom Fortgang der Arbeit an den Volksliedern: "Auch habe ich im Anfange des Winters aus Noth mich u m etwas Spanisches bewerben müssen, und einige Stunden mit Bertuch (der selbst nicht viel kann) gelesen." 1 Dieser Bertuch h a t t e seit 1775 die erste vollständige, direkt aus dem Spanischen angefertigte Quijote - Ubersetzung veröffentlicht, doch das vermochte Herder nicht gnädiger zu stimmen: "Das Buch kenne ich nicht, als von einem Bogen, den ich noch in Bückeburg gelesen, und auf dem es mir unerträglich ward." 2 Immerhin reichten die vermeintlich geringen Kenntnisse Bertuchs zu diesem Unternehmen, und versetzten Herder in die Lage, das gleiche mit einigen Romanzen Göngoras zu t u n 3 . Dessen Skepsis steht stellvertretend für einen Aspekt des Unbehagens, Unverständnisses oder auch offenen Abneigung Bertuch gegenüber von Seiten seiner weit berühmteren und literarisch bedeutenderen Zeitgenossen Goethe, Schiller oder Herder selbst. Diese Geringschätzung mag dazu beigetragen haben, daß Bertuchs Verdienste, die nicht im literarisch-schöpferischen Bereich liegen, etwas in den Hintergrund geraten sind. Friedrich J o h a n n Justin Bertuch (1747-1822) ist in erster Linie als Unternehmer und Verleger bekannt, der, wohlbewandert im Literatur- und Feuilletonbetrieb seiner Zeit, zu Vermögen und Einfluß auf dem Gebiet des Verlagswesens gelangte. In Weimar geboren, besuchte er dort das Gymnasium, studierte 1765-1769 Theologie u n d Jurisprudenz in Jena, brach das Studium ab und wurde Erzieher der Kinder des Freiherrn Ludwig Heinrich Bachoff von Echt (1725-1792) 4 . 1773 wurde er Mitarbeiter Wielands a m Teutschen Merkur als Beiträger und Geschäftsführer, schrieb (mäßige) eigene Werke und fertigte Übersetzungen an 5 . Um 1775 wurde er zum Chatullier des Herzogs Karl August von Sachsen- Weimar-Eisenach ernannt, nur wenige Monate vor Goethes Berufung zum Gesellschafter, später Geheimrat des Herzogs 6 .

1

Herder an Hamann, 20.3.1778, in: O t t o Hoffmann (Hg.), Herders Hamann, Berlin 1889, S. 133-136, hier S. 135. 2 5

an Joh.

Georg

Herder an Hamann, August 1777, loc. cit. S. 127-133, hier S. 131.

J.G. Herder, Volkslieder, B u c h Nr. 4, 22. 4

Briefe

2. Teil, Leipzig (b. Weygand) 1779; 2. Buch Nr. 17, 18, 19; 3.

Albrecht von Heinemann, Ein Kaufmann der Goethe-Zeit. Friedrich Johann Justin Bertuchs Leben und Werk, Weimar 1955, S. 15 ff. 5 Die Zusammenarbeit wurde bereits 1772 verabredet. Wieland nahm Bertuch das Versprechen ab, ihm Spanisch zu lehren. Wieland an Bertuch, 9.-15.12.1772 und Antwort 22. 12.1772, Chr. M. Wieland, Briefe, Bd. V: Briefe der Weimarer Zeit (21.9.1772-31.12.1777), bearb. von Hans Werner Seiffert, Berlin 1983, Nr. 38 und 41, S. 32-34 bzw. 35f. 6 W i l h e l m Feldmann, Johann Justin Bertuch. Ein Beitrag zur Geschichte der Goethe-Zeit, 34

Friedrich Johann

Justin

Bertuch

Bereits in dieser Zeit zeigt Goethes Korrespondenz, daß das Verhältnis m e h r von Duldung als Verständnis für den späteren Verleger geprägt war; 7 die Wurzel m a n cher späterer Konflikte ist denn auch in dieser Zeit zu suchen. 1780 gab B e r t u c h das Magazin der spanischen und portugiesischen Literatur heraus, u n d g r ü n d e t e 1785 die Allgemeine Literatur-Zeitung, der weitere Zeitschriften in seinem I n d u s t r i e - C o m p t o i r - später Landes- Industriecomptoir - folgten 8 . Unter den vielen T i t e l n können nur wenige erwähnt werden: Journal des Luxus und der Moden, London und Paris, Oppositionsblatt, Allgemeine Geographische Ephemeriden. Ein Zeichen der Hochachtung, die Bertuch in Verlegerkreisen genoß, ist seine B e r u f u n g 1814 z u m Vertreter des deutschen Buchhandels vor dem Wiener Kongreß, die wegen Krankheit sein Sohn Carl per procura a n t r a t . Der Satz in der Schlußakte, wonach die künftige B u n d e s v e r s a m m l u n g geeignete M a ß n a h m e n treffen sollte, u m den Nachdruck zu u n t e r b i n d e n u n d die Pressefreiheit zu fördern, ist auf Bertuchs B e m ü h u n g e n z u r ü c k z u f ü h r e n 9 . Diese kurzen biographischen A n m e r k u n g e n können keinen Eindruck von der Fülle der Veröffentlichungen geben, die unter Bertuchs F e d e r f ü h r u n g oder auf dessen Anregung hin e n t s t a n d e n . Sie sind noch nicht vollständig bibliographisch erfaßt, 1 0 ebenso wie eine erschöpfende Auswertung seines handschriftlichen Nachlasses noch f e h l t 1 1 . In jedem Fall n i m m t darin seine Beschäftigung mit der spanischen L i t e r a t u r einen q u a n t i t a tiv bescheidenen Platz ein, der nichtsdestoweniger von B e d e u t u n g ist, wenn es u m die Untersuchung der Grundlagen geht, die nach 1800 den s p r u g h a f t e n Anstieg der Bemühungen u m das spanischsprachige S c h r i f t t u m mit ermöglicht h a b e n . Den entscheidenden Anstoß erhielt Bertuch w ä h r e n d seiner Tätigkeit bei Bachoff von Echt. Dieser war 1758-1760 Dänischer G e s a n d t e r a m Hof von Madrid geweSaarbrücken 1902, S.7, und J . W . Goethe, Werke, Hamburger A u s g a b e Bd. 14, München 5 1976, Heinz Nicolai, "Zeittafel", S. 368-521, hier S. 390fF. 7 Interessant vor allem die abgedruckten Briefe in "Einundvierzig Briefe von G o e t h e nebst 2 Briefen der Frau R a t h und 1 Brief von K . P h . Moritz", mitgeteilt von W . Arndt, K. Bartsch, L. Geiger, R. Köhler, G. v. Loeper, F. Muncker in Goethe-Jahrbuch II, 1881, S. 237-315, bes. Nr. 10-12, letzteres mit Konzept der Antwort Bertuchs. S. ferner L. Geiger, "Goethes Briefe an Bertuch", Goethe-Jahrbuch IV, 1883, S. 197-229. 8

Gegründet 1790. Feldmann, loc. cit. S. 24.

9

Ibid. S. 40f., und Heinemann, loc. cit. S. 122ff.

10 Das betrifft besonders die Produktion des Industriecomptoirs; die persönliche Bibliographie am besten bei Meusel, Das gelehrte Teutschland oder Lezikon der jetzt lebenden ieutschen Schriftsteller, angefangen von Georg Christoph Hamberger, fortgesetzt von Joh. Georg Meusel, fünfte vermehrte Auflage, Lemgo 1796ff., Bd. 1, 1796, S. 268-270, und Feldmann, loc. cit. S. 107-111; wichtige Hinweise auch in Ilse-Marie B a r t h , Literarisches Weimar, Stuttgart 1971 (Slg. Metzler 93), S. 102, und bei F. Fink. "Friedrich J u s t i n Bertuch, der Schöpfer des Landesindustriecomptoirs", Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 97, Nr. 9, 1930, S. 32f. 11 Verf. bemüht sich um eine umfassende Auswertung des hispanistischen Materials. Als Bertuch-Froriep-Archiv, beinhaltend private und geschäftliche Unterlagen sowie Hss. zu Übersetzungen seit den 50er Jahren geordnet, befindlich im Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar. S. Bestandsverzeichnis des Goethe- und Schiller-Archivs, bearb. von Karl-Heinz Hahn, Weimar 1961, S. 52-67.

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sen, 1 2 und hatte eine bedeutende Bibliothek zusammengetragen, deren Grundstock aus Familienbesitz stammen dürfte. Von 1737 ist ein Auktionskatalog der Bibliotheca Bachoviana erhalten, 1 3 worin ein reicher Bestand spanischer Titel - im Original oder Ubersetzung - aufgeführt wird; manche Titel betreffen Werke, die Bertuch oder dessen Mitarbeiter erwähnen oder bearbeiten. Bei Bachoff lernte er Spanisch, las unter anderem den Quijote und fertigte einige Ubersetzungen an, darunter Prosaübertragungen von Esteban Manuel de Villegas im Teutschen Merkur (1774), 1 4 oder die 1773 anonym erschienene Ubersetzung von Isias Fray Gerundio de Campazas1*. Diese ist Bertuchs einzige Übersetzung aus zweiter Hand, und dafür sind die Umstände der Editionsgeschichte von Isias Roman eher verantwortlich als sprachliches Unvermögen, was der Ubersetzer im "Vorbericht" zu klären bemüht ist. Das erlaubt es, einen praktischen Fall von Literaturvermittlung zu verfolgen. Die ersten Nachrichten über den Roman gelangten nach Deutschland durch Edward Clarkes Letters on the Spanish Nation,16 ergänzt durch ausführlichere Angaben in Giuseppe Barettis Journey from London to Genoa 1 7 . Auf diesem Wege ist denn auch die Kenntnis von den Auseinandersetzungen um den Inhalt des Romans in Spanien und der Polemik nach Deutschland gelangt, die 1760 zum Verbot führte, und aus der die Anatomia del cuerpo de Fray Gerundio de Campazas18 als vorliegend erwähnt wird. Die Vermittlung war also gänzlich indirekt; so weiß der Ubersetzer von dem Verbot 1758 der zweiten Auflage des ersten Bandes zu berichten, ebenso wie von der darauffolgenden öffentlichen Diskussion 19 . Unerwähnt bleibt aber das Verbot von Werk und Polemik von 12 Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648), B d . II (1716-1763), hgg. von Friedrich Hausmann, Zürich 1950, S. 45. Zur Familie Bachoffs s. Zedlers Universal-Lexicon [ . . . ] , Halle und Leipzig B d . III, 1733 Sp. 59f., und Supplement II, ibid. 1751, Sp. 1163- 1165. 13 Bibliotheca Bachoviana sive catalogus librorum quos magno studio et svmptv collegit vir perillustribus [ . . . ] Io. Frid. L. B . Bachoven ab Echt [ . . . ] , Gotha 1737. Angaben über fehlende B ä n d e , lose Einbände, Formate u. dgl. beweisen, daß die Bibliothek tatsächlich vorhanden war. 14 Der teutsche Merkur, 5. B d . , 1774, 2. S t . , S. 237-256. 15 Geschichte des berühmten Predigers Bruder Gerundio von Campazas, sonst Gerundio Zotes, Leipzig 1773, 2 Bde. (2. Aufl. 1777), nach der englischen Ubersetzung Barettis, London 1772. An Bertuchs Urheberschaft für die Übersetzung bestehen keine Zweifel. S. Meusel, loc. cit., B d . I, S. 269, und Werner Brüggemann, Spanisches Theater und deutsche Romantik, I, Münster 1964 (Spanische Forschungen der Görres-Gesellschaft, II, 8), S. 156. 16 Edward Clarke, Letters concerning the Spanish Nation: Written at Madrid during the Years 1760, and 1761, London 1763 (Palau 55297); dt. Übers. Lemgo 1765 (Palau 55299). In der dt. Ausgabe S. 215-218 zum Gerundio mit kurzen Textauszügen. 17 Spain Giuseppe B a r e t t i , A Journey from London to Genoa through England, Portugal, and France, London 1770, 2 Bde. (Palau 24161). Engl, im Original. Wichtige Auszüge in: Giuseppe B a r e t t i , Opere, a cura di Franco Fido, Milano 1967, S. 647-687. 18 Anatomía del cuerpo de Fray Gerundio y Apología de su Alma. Hacíala un apasionado del Author, Madrid 1759. Am Ende: "se hallará en Bayona, en casa de M. Hotsch comerciante" (Palau 11791). 19 Gerundio, B d . I, Vorbericht S. I I I - X , hier S. Vf.

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Johann

Justin

Bertuch

1760 2 0 . D e n n o c h h a t der Ü b e r s e t z e r n a c h e i g e n e m B e k u n d e n v e r s u c h t , die englische Ü b e r t r a g u n g mit allen i h m zugänglichen originalsprachlichen Teilen zu vergleichen, u m einen E i n d r u c k ihrer Verläßlichkeit zu g e w i n n e n , die er schließlich als a u s r e i c h e n d e r k e n n t , auch d o r t , wo eine B e a r b e i t u n g v o r g e n o m m e n w u r d e , in j e n e n Teilen also, in d e n e n die literarischen V e r m i t t l e r V e r ä n d e r u n g e n a m Original v o r n e h m e n , u m es einer g e l t e n d e n literarischen N o r m a n z u p a s s e n . Nach gleichen P r i n z i p i e n , allerdings direkt a u s d e m spanischen O r i g i n a l ü b e r t r u g B e r t u c h d e n vollständigen Quijote ins D e u t s c h e , d e r a b 1775 zu e r s c h e i n e n beg a n n 2 1 . Zwei scheinbar widersprüchliche V e r f a h r e n g e b e n sich in dieser U b e r s e t z u n g die H a n d . Einerseits sind B e r t u c h s B e m ü h u n g e n b e k a n n t , die richtige B e d e u t u n g u n d geeignete Ü b e r t r a g u n g von R e f r a n e s zu erreichen d a n k eines G e w ä h r s m a n n e s , eines Dieners aus d e m Bachoffschen H a u s h a l t , der n a c h l a n g j ä h r i g e m A u f e n t h a l t in S p a n i e n sprachliche u n d " l a n d e s k u n d l i c h e " K o m p e t e n z a u f w i e s 2 2 . A n d e r e r s e i t s a b e r scheut sich B e r t u c h nicht, z u g u n s t e n der B e s c h l e u n i g u n g des Erzählflusses u n d d e r Stringenz der H a n d l u n g Sätze zu k ü r z e n , o d e r E p i s o d e n , K a p i t e l u n d Novellen zu s t r e i c h e n 2 3 . Der W i d e r s p r u c h löst sich auf, w e n n m a n b e i d e A s p e k t e als E r g e b n i s eines i n t e r p r e t a t o r i s c h e n u n d klassifizierenden Vorgangs ansieht - des E r g e b n i s s e s D o n Q u i j o t e = komischer R o m a n - , d e m eine n o r m a t i v e P o e t i k u n d eine sich d a r aus e r g e b e n d e n U b e r s e t z u n g s t h e o r i e u n d - p r a x i s z u g r u n d e liegen, die nicht n u r die äußere G e s t a l t des gelungenen literarischen Werkes festlegen, s o n d e r n d a r ü b e r hinaus e r l a u b e n , ältere, im K e r n wertvolle Werke so zu v e r ä n d e r n , d a ß die E r g e b n i s s e des I n t e r p r e t a t i o n s p r o z e s s e s g e m ä ß d e n g e l t e n d e n Regeln u n m i t t e l b a r a u s d e m T e x t h e r v o r g e h e n 2 4 . I m Lichte dieses V e r f a h r e n s r e c h t f e r t i g e n sich sowohl d a s B e m ü h e n u m sprachliche A n g e m e s s e n h e i t als das der radikalen S t r e i c h u n g i m m e r d a n n , w e n n beide e i n e m gleichen Ziel dienen. Sowohl der Vorbericht des Gerundio, als a u c h die E i n l e i t u n g z u m Quijote - die in d e n biographischen Teilen d e m Werk von M a y ä n s y Siscar e n t n o m m e n i s t 2 5 - e n t h a l t e n Ä u ß e r u n g e n in d i e s e m Sinne; d a n a c h b e t r e f f e n die Streichungen Stellen, die als " S ü n d e n der Zeit" o d e r als landesspezifische N o t w e n 20

Zum Ablauf s. Obras escogidas del P. José Francisco de Isla, eingel. v. Pedro Felipe Monlau, Madrid 1945 (BAE XV), S. XXVIIf. Bertuchs Angaben in Francisco Aguilar Pinal, Bibliografia fundamental de la literatura espanola Siglo XVIII, Madrid 1976 (Temas, 7) S. 172, und bei Philipp Ward, The Oxford Companion to Spanish Literature, Oxford 1978, S. 218b und 279b. 21 Die Geschickte des weisen Junkers Don Quijote von la Mancha, Leipzig 1775-1778. 22 Feldmann, loc. cit. S. 72f., und Heinemann, loc. cit. S. 26f. 23 Einzelheiten bei Bettina Kronacher, Bertuchs Quijote- Ubersetzung mit einem Vergleich der ihr nächstfolgenden von Tieck und Soltau, Masch. Phil. Diss. München 1924. 24 S. Thomas Huber, Studien zur Theorie des Ubersetzens im Zeitalter der deutschen Aufklärung 1730-1770, Meisenheim/Glan 1968 (Deutsche Studien, 7), und Helmut Knuffmann, "Das deutsche Ubersetzungswesen des 18. Jahrhunderts im Spiegel von Übersetzerund Herausgebervorreden", Archiv für Geschichte des Buchwesens IX, 1967-69, Sp. 491-572, ferner Brüggemann, loc. cit. S. 138ff. 25 Gregorio Mayäns y Siscar, Vida de Miguel de Cervantes Saavedra, Briga-Real [Valencia/1737], auch London 1737, Madrid 1777 und im Don Quijote, Den Haag 1744, Palau 158879-158884. 37

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Heymann

digkeit - etwa bei der im Gerundio g e ü b t e n Kritik eines portugiesischen Predigers angesehen werden, u n d d a r u m für ein nichtspanisches P u b l i k u m unverständlich und den G r u n d q u a l i t ä t e n des Werkes im Ganzes abträglich sind, weshalb die Streichung völlig gerechtfertigt w i r d 2 6 . Den Einstieg ins Verlagsgeschäft h a t t e Bertuch schon 1774 ins Auge gefaßt, getrieben unter a n d e r e m von der Sorge u m den Nachdruck. In diesem J a h r verfaßte er eine Denkschrift "Gedanken ü b e r den B u c h h a n d e l " , die auch eine Antwort eines anonym gebliebenen Buchhändlers f a n d 2 7 . Diese Denkschrift vermag zu zeigen, wie schnell Bertuch die G r u n d l a g e n des Buch- und Verlagshandels vom Sitz im Teutschen Merkur aus gelernt h a t t e - er war gerade erst ein J a h r Mitarbeiter Wielands - , u n d gibt wertvolle Hinweise über die Richtlinien, die für seine verlegerischen Erfolge ausschlaggebend sein sollten. Der volkswirtschaftliche Nutzen eines Verlagsunternehmens in Weimar wird ebenso dargelegt wie die Überlegungen u m eine allgemeine Anhebung der inhaltlichen Qualität von Druckerzeugnissen, die durch den Selbstverlag von Gelehrten eher erreicht werden könne als durch die B e t r e u u n g durch reine Verleger. Bei alledem wird doch nicht vergessen, eine genaue Kalkulation von Kosten und Gewinn aufzustellen. Daß es sich u m mehr als einen theoretischen P l a n gehandelt h a t , zeigt die a n o n y m e Antwort, die Bertuch offenbar auf Anfrage hin ü b e r Risiken, Usancen und a b s a t z b e d i n g e n d e Faktoren berichtet. Der Beginn des zuerst als Compagniegeschäft geplanten U n t e r n e h m e n s ist anzusetzen mit der verantwortlichen Herausgabe des Magazins der spanischen und portgiesischen Literatur, das zwar nur in drei N u m m e r n zwischen 1780 und 1782 erschien, aber eine weit größere Bedeutung h a t t e , als seine Kurzlebigkeit nahelegen würde. Das liegt nicht nur d a r a n , daß es sich u m das erste deutsche Fachblatt zur spanischen u n d portugiesischen Literatur handelt. Es ist auch s y m p t o m a t i s c h , daß das Magazin mit 1500 E x e m p l a r e n pro N u m m e r erschien 2 8 und ein voller finanzieller Erfolg wurde. Das kann nichts anderes heißen, als daß es auf ein starkes Interesse stieß, das gewiß zum Teil einer modisch bedingten - und d a r u m unberechenbaren - Spanienbegeisterung e n t s p r a n g , 2 9 aber eben auch aus der steigenden Nachfrage f ü r I n f o r m a t i o n e n , wie die Z u n a h m e der Anzahl der erscheinenden Periodika im Z e i t r a u m von 1750 bis 1790 eindrucksvoll u n t e r m a u e r t 3 0 . Bereits der Titel erhob einen A n s p r u c h , der d e m 18. J a h r h u n d e r t sicher nicht entging. "Magazin" meinte nämlich - englischen Vorbildern folgend nicht nur eine Zeitschriftenform, die verschiedenartige Beiträge unterschiedlichen Inhalts vereinigte, sonden verband damit einen Anspruch auf fachliches Niveau, wobei die Verbindung der inhaltlichen Seite mit der u n t e r h a l t e n d e n , abwechslungsreichen

26 27

Gerundio

,Vorbericht S. V l l l f .

Beide erstmals abgedruckt von A. Plott im Archiv 1962, Sp. 1797-1810. 28 29

für

Geschichte

des Buchwesens

VII,

Feldmann, loc. cit. S. 75, Zitat aus Wieland an Merck, 16.4.1780.

Hermann T i e m a n n , Das spanische Schrifttum in Deutschland von der Renaissance bis zur Romantik, Hamburg 1936 (Ibero-Amerikanische Studien, 6), S. 116ff. 30 Joachim Kirchner, Die Grundlagen des deutschen Zeitschriftenwesens, 1. Teil: Bibliographische und buchhandelsgeschichtliche Untersuchungen, Leipzig 1928, S. 323. 38

Friedrich Johann Justin

Bertuch

Form erst die optimale Vermittlung gewährleistete 3 1 . So heißt es im Vorwort zwar, "Suche [...] weder P l a n noch chronologische oder wissenschaftliche O r d n u n g drinn, lieber Leser", 3 2 aber an gleicher Stelle wird deutlich, daß die Planlosigkeit von einer G r u n d i d e e regiert wird: "Die Spanische Literatur [...] ist uns so fremd, so u n b e k a n n t , daß wir sogar Vorurtheile dawider h a b e n . Wir halten sie f ü r trocken u n d steif, wie ihr altes H o f = C e r e m o n i e l u n d ihre G a l a = T r a c h t u n t e r Kaiser Carl VI. Dieß Vorurtheil kann aber nicht anders untergraben u n d ausgerottet werden als duch P r o b e n u n d Tatsachen."33 Bertuch gab das Magazin zusammen mit Siegmund von Seckendorf! (1744-1785) u n d Friedrich von Zanthier heraus, 3 4 und plante es von Anfang an als Ergebnis der Z u s a m m e n a r b e i t mehrerer Beiträger, mitbedingt durch die Tatsache, d a ß sie auf die B e s t ä n d e spanischer Literatur in fremden Bibliotheken angewiesen waren 3 5 . Aus diesem G r u n d ist es nicht möglich, eine einheitliche Arbeitsweise auszumachen, zumal Bertuch - darin ganz im Gegensatz zu Wieland 3 6 - keine Eingriffe in die Beiträge seiner Mitarbeiter vornahm. Der erste Band enthielt, jeweils in deutscher Ubersetzung, Volksromanzen, Auszüge aus Clavijos Pensador, Quevedos Sueno del Juicio Final, Lopes Gatomaquia, Cervantes' Retablo de las maravillas, Fragmente aus Gines Perez de Hita Historia de los bandos de Zegries y Abencerrajes - auch als Guerras civiles de Granada bekannt - , " P r o b e n " aus Camöes und eine Biographie mit Werksverzeichnis von Lope de Vega. Camöes und Perez de Hita wurden von Seckendorff übersetzt; 3 7 ein bibliographischer Nachweis liegt zwar nur für die Guerras Civiles de Granada vor, doch legen die Sigle S.v.S. f ü r die P r o b e n und seine mit vollem N a m e n unterschriebene Ubersetzung des ersten Gesangs der Lusiada im zweiten B a n d des Magazins die A n n a h m e nahe, auch im ersten Band h a b e Seckendorff Camöes übersetzt. F ü r die weiteren Beiträge des ersten Bandes kann m a n wohl v e r m u t e n , daß Bertuch selbst die Ubersetzung von Cervantes u n d der Volksromanzen schrieb. Im ersten P u n k t kann seine Beschäftigung mit dem Quijote als Indiz gelten, u n d ähnliches kann für die R o m a n z e n geltend gemacht werden; 1782 publizierte er eine zweibändige S a m m l u n g Altspanischer Romanzen,38 während der Ubersetzer im Magazin als Quelle den Cancionero de Romances aus Antwerpen von 1568 (b. Philipp Nucius) n e n n t , 3 9 31

W i l m o n t Haacke, "Das 'Magazin' - ein unentdeckter Zeitschriftentypus", Archiv

Geschichte

des Buchwesens

32

Magazin

I, 1780, "Ein Wort dem Leser", S. III-VII, hier S. V.

33

Ibid. S. IVf. Mit "Carl VI." dürfte Karl V. gemeint sein.

für

XI, 1970-71, Sp. 429-448.

34 Feldmann, loc. cit. S. 75, und J. G. Gruber, "Bertuch", Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, hgg. v. J.S. Ersch u. J.G. Gruber, 1. Section Bd. 9, Leipzig 1822, S. 245-247, hier S. 246b Anm. 35

Magazin

I, 1780, S. V und VII.

36

Der Merkur ist voller Fußnoten und Nachworten Wielands mit rezensierenden und kritischen Anmerkungen zu den einzelnen Beiträgen. 37 J.G. Meusel, Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen Leipzig 1802 ff., Bd. 13, 1813, S. 4. 38

Leipzig 1782.

39

Magazin

teutschen

Schriftsteller,

I, 1780, S. 2f.

39

Jochen

Heymann

eine Vorlage, die auch f ü r eine größere S a m m l u n g ausreichend M a t e r i a l bereitstellen w ü r d e . Von den a n d e r e n M i t a r b e i t e r n k o m m t a m ehesten SeckendorfF in Frage, d a j a die Guerras civiles de Granada bekanntlich eine Reihe von " r o m a n c e s moriscos" enth a l t e n , 4 0 a u s deren Zyklus einige Texte i m Magazin wiedergegeben werden, wobei erst der Vergleich ergeben w ü r d e , o b sie h i e r a u s oder einer a n d e r e n S a m m l u n g e n t n o m m e n w u r d e n . In j e d e m Fall ist der Ubersetzer des Retablo de las maravillas verschieden von d e m Verfasser der Lope-Biographie, d e n n die Einleitung des " e n t r e m é s " greift T h e s e n von Blas Antonio Nasarre auf, H e r a u s g e b e r der v e r w e n d e t e n Originalausg a b e , 4 1 wonach Cervantes sein T h e a t e r als subtile Satire über Lopes u n d C a l d e r ó n s (!) Exzesse konzipiert h a b e . Der L o p e - B i o g r a p h ist hingegen voll des Lobes, ganz i m Ton der spanischen u n d italienischen F u n e r a l b ä n d e , die in r a d i k a l e m G e g e n s a t z zu N a s a r r e s t e h e n 4 2 . Diese Diskrepanz wäre einer einzigen P e r s o n m i t Sicherheit aufgefallen. A n h a n d dieser Biographie kann m a n i m übrigen die S e k u n d ä r l i t e r a t u r identifizieren, die den M i t a r b e i t e r n des Magazins im Bedarfsfall zugänglich war, d a sie a m Schluß zitiert w u r d e . Vor allem Nicolás A n t o n i o u n d J . A . Diezes U b e r s e t zung der Orígenes de la poesía castellana von Velázquez sind herangezogen w o r d e n , d a n e b e n Luzáns Poética u n d M a y á n s Biographie von C e r v a n t e s 4 3 . Der zweite B a n d enthielt n e b e n d e m bereits g e n a n n t e n ersten G e s a n g der Lusiada nur den Buscón in der U b e r s e t z u n g des W e i m a r i s c h e n Bibliotheksekretärs E r n s t August Schmid. In diesem Z u s a m m e n h a n g e r w ä h n t W i e l a n d in e i n e m Brief a n Merck, ein " L o h n ü b e r s e t z e r " h a b e die "Geschichte des G r a n T a c a ñ o " i m zweiten u n d die Gatomaquia im ersten B a n d ü b e r s e t z t 4 4 . D e m n a c h wäre Schmid auch hier t ä t i g gewesen, allerdings fehlt d a f ü r der e n d g ü l t i g e bibliographische Beweis 4 5 . D e r d r i t t e B a n d schließlich u m f a ß t n u r T h e a t e r s t ü c k e : Lopes La fuerza lastimosa, La cueva de Salamanca von Cervantes, Ferreiras Ines de Castro u n d Bristo, ein weiteres Ines de Castro von Dos Reis Q u i t a , u n d schließlich F r a g m e n t e aus der portugiesischen Geschichte u n d L i t e r a t u r . Die drei portugiesischen Stücke w u r d e n von Friedrich Wilhelm von Zanthier - u n t e r der Sigle H. v. Z. - ü b e r t r a g e n , 4 6 e h e m a l i g e r Offizier in portugiesischen Diensten, mit k u r z e n N a c h w o r t e n von B e r t u c h selbst. Die " F r a g m e n t e " sind von Seckendorff, u n d die Ü b e r t r a g u n g Lopes von Friedrich J u l i u s Heinrich Reichsgraf von Soden (1754- 1831), der schon die Novelas Ejemplares und 40

Ward, loc. cit. S. 457.

41

Miguel de Cervantes, Ocho

comedias

y entremeses,

eds.

por B l a s A n t o n i o N a s a r r e ,

M a d r i d 1749. 42

Juan Perez de Montalbän, Fama posthvma

Fehx

de Vega y Carpio

aber die Essechie

[...]

Poetiche

a la vida y muerte

del Doctor Frey Lope

, M a d r i d 1636 ( P a l a u 2 2 1 6 6 4 ) ist offenbar b e n u t z t w o r d e n , nicht

inmorte

del Signor

K e n n t n i s aus N i c o l a s A n t o n i o s Bibliotheca

Lope de Vega [.../' , Venedig 1636, deren

Hispana

Nova,

M a d r i d 1696 s t a m m t .

In der

b e n u t z t e n z w e i t e n A u f l a g e , M a d r i d 1783-1788 in B d . II, S. 76. 43

Magazin I, 1780, S. 360.

44

W i e l a n d a n Merck, 1 6 . 4 . 1 7 8 0 , zitiert nach F e l d m a n n , loc. cit. S. 75.

45 M e u s e l , Das gelehrte Teutschland, VII, L e m g o 1798, S. 199f., führt die Gatomaquia u n t e r d e n Ü b e r s e t z u n g e n a n , wohl aber den Buscon. 46

40

Meusel, loc. cit. B d . V I I I , 1800, S. 664f.

nicht

Friedrich

Johann

Justin

Bertuch

Persiles y Sigismundo, übersetzt h a t t e 4 7 . Es ist nicht unmöglich, d a ß Soden die Lope-Biographie im ersten M a j a z m - B a n d verfaßte; weil aber das Nachwort zur Fuerza lastimosa von Bertuch geschrieben wurde, fehlt ein Vergleichstext. W e n n nicht, so h a t ihn die Arbeit an Lope beeinflußt, denn nach 1800 blieb er überzeugter "lopista" i n m i t t e n der Calderón-Begeisterung, veröffentlichte 1817 einen Beitrag in der Zeitung für die elegante Welt und übersetzte einige Comedias, die er mit einer längeren Einleitung 1820 publizierte 4 8 . Die A n k n ü p f u n g s p u n k t e mit d e m Magazin ergeben sich aus der gemeinsamen S e k u n d ä r l i t e r a t u r und der 25-bändigen Lope-Bibliographie, die in beiden Fällen im wesentlichen aus Nicolás Antonios Bibliotheca Hispana Nova s t a m m t 4 9 . D a r ü b e r hinaus hat sich Soden in seinen eigenen Werken maßgeblich von spanischen Vorlagen oder deren deutschen Ubersetzungen inspirieren lassen. I m Nachwort zur Fuerza lastimosa ü b e r t r u g Bertuch den " R o m a n c e del conde Alarcos", der vielleicht zur Quelle für Friedrich Schlegels Alarcos (1802) w u r d e 5 0 . O b Lope in diesem Fall tatsächlich den R o m a n c e als Vorlage b e n u t z t e , ist hier nicht von Belang, doch die Herstellung eines Z u s a m m e n h a n g s a u f g r u n d inhaltlicher Parallelen bezeugt ein kritisches B e m ü h e n , K o n s t a n t e n u n d Entwicklungen in der spanischen Literatur zumindest a n z u d e u t e n . Gleiches gilt f ü r Seckendorffs hundertseitigen Anm e r k u n g s a p p a r a t zum ersten Gesang der Lusiada, oder Schmids B e m ü h u n g e n u m eine richtige Einordnung des Buscón, die a n h a n d von sechs verschiedenen Originalausgaben und einer scharf kritisierten französischen Ubersetzung vorweggenommen wird. Auf diese Weise erfolgt die E i n o r d n u n g unter die Picaresca, mit d e m Hinweis auf Unterschiede zum Lazarillo, dessen Ubersetzung für die Zukunft versprochen wird51. Der Kreis der Mitarbeiter a m Magazin kam d u r c h persönliche Bekanntschaften zusammen; Seckendorff h a t t e seit den siebziger J a h r e n des 18. J a h r h u n d e r t s a m Teutschen Merkur mit Musiktexten und kleinen Kompositionen mitgewirkt, u n d war ein eifriges Mitglied des gesellschaftlichen Lebens in Weimar, gemeinsam mit Bertuch ein gerngesehener Gast in verschiedenen Zirkeln u n d Gesellschaften 5 2 . Möglicherweise waren beide aber bereits aus Bachoffs Haus m i t e i n a n d e r bekannt; es war i m m e r h i n ein Seckendorff gewesen, der den älteren B r u d e r Bachoffs, J o h a n n Heinrich, 1732

47

Loc. cit. Bd. VII, 1798, S. 528-531.

48

Tiemann, loc. cit. S. 190, ferner die A n g a b e n in ders., Lope de Vega in Deutschland, Hamburg 1939 (Mitteilungen aus der Bibliothek der Hansestadt Hamburg, N . F . 5), u n d J.J.A. Bertrand, "Bertuch y su grupo", Clavileno 5, 1950, S. 9-14, hier S. 12f. Zu Sodens literarischem Werk s. die nicht in allen P u n k t e n zuverlässige Arbeit von O t t o H a c h t m a n n , Graf Julius Heinrich von Soden als Dramatiker, G ö t t i n g e n 1902. 49 In der hier benutzten 2. Aufl. Bd. II S. 76- 79. Bd. I von Lopes Werken im Magazin 1699 statt 1609 angegeben (Druckfehler!). Die Diskrepanzen um Bd. 24 und 24a bedürfen noch der Klärung. 50 Brüggemann, loc. cit. S. 158, weist d a r a u f h i n . 51 52

Magazin

II, 1780, S. 4.

Reiches Material bei Ilse-Marie Barth, Literarisches ler, 93).

IVcimar,

Stuttgart 1971 (Slg. Metz-

41

Jochen

Heymann

zum Eintritt in dänische Dienste bewogen hatte 5 3 . Soden lernte wie Herder Spanisch bei Bertuch; den Kontakt könnte ebenfalls Seckendorff hergestellt haben, denn vor Sodens Erhebung in den Grafenstand gehörte er wie jener zur Reichsritterschaft, und weil im Bambergischen ansässig - Seckendorff stammte aus dem Ansbachischen - hatten beide eine gemeinsame Ständevertretung im Fränkischen Reichskreis 54 . Darüber hinaus waren beide teilweise zur gleichen Zeit diplomatische Vertreter a m Fränkischen Reichskreis, Soden für Brandenburg-Ansbach von 1781 bis 1791, Seckendorff für Preußen von Februar bis April 1785 55 . Bertuchs Beziehungen beschränkten sich indes nicht auf unmittelbare Mitarbeiter. Abgesehen von der umfangreichen Korrespondenz in seinem Archiv ist das auch an der Widmung einer weiteren Ubersetzung der 1788 erschienenen Fabeln Iriartes ersichtlich - von denen er enige schon 1784 im Teutschen Merkur vorgestellt hatte - 5 6 , die an Fausto de Elhuyar gerichtet ist. Zum Zeitpunkt des Erscheinens war dieser unterwegs nach Mexiko, soeben durch köngliches Dekret zum "Director General de Minería de Nueva España" ernannt. Elhuyar war 1778 bis 1781 und später 1786/87 in der Bergakademie Freiberg gewesen, bei seinem zweiten Besuch zusätzlich in Wien, im Auftrag des Marineministeriums unter dem Mantel der "Sociedad Vascongada de Amigos del País" in geheimer Mission; 57 es ist unklar, wie der Bergingenieur und de Verleger miteinander bekannt wurden. Eine mögliche Verbindung könnte Abraham Gottlieb Werner, Professor in Freiberg und Lehrer Elhuyars, hergestellt haben, denn er wurde ab 1785 Bertuchs Mitarbeiter 58 für Bergbau und Mineralogie in der Allgemeinen Literatur-Zeitung . Die ALZ - wie sie bald abgekürzt wurde - , obwohl allgemeines Rezensionsorgan und darum nur am Rande mit spanischen Publikationen beschäftigt, ist nichtdestoweniger von zentraler Bedeutung für das Verständnis der Stellung Bertuchs im deutschen Literaturbetrieb am Ende des 18. Jahrhunderts. Von Anfang an hielt er sich aus der Leitung des Unternehmens zurück, und übertrug sie an Christian Gottfried Schütz (1747-1832), Professor in Jena, wurde aber immer als "spiritus rector" der Zeitschrift angesehen. Die ALZ erreichte bald die Stellung der einstmals so wichtigen Allgemeinen Deutschen Bibliothek von Friedrich Nicolai, und wurde mit einer Auflage von etwa 2000 Exemplaren pro Nummer und einem Mitarbeiterstab 53

K. Laursen, "Bachoff von Echt", Dansk Biografisk Leksikon I, Kopenhagen 1979, S. 342. Zur Reichsverfassung s. Fritz Härtung, Deutsche Verfassungsgeschichte , Stuttgart 9 1969, bes. S. 42ff. 55 Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder [...], III, (1764-1815), hgg. von Otto Friedrich Winkler, Graz-Köln 1965, S. 324. Soden war 1792 bis 1796 noch einmal preußischer u. teilw. auch Sachsen-Meiningischer Vertreter am Fränkischen Kreis. Ibid. S. 324 u. 385. 56 Teutscher Merkur 1784, Nr. 2, S. 86-93. 57 Einzelheiten bei Arthur Witaker, "The Elhuyar Mining Missions and the Enlightenment", Hispanic American Historical Review 31, 1951, S. 557-585. 58 Walter Schönfuß, Das erste Jahrzehnt der Allgemeinen Literatur-Zeitung, Dresden 1914, S. 41. Die folgenden Ausführungen aus dieser Arbeit. Im Goethe und Schiller-Archiv Weimar sind zwei Briefe Elhuyars erhalten. Freundliche Mitteilung von Frau Dr. Wollkopf, Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der DDR, vom 14.11.85. 54

4*

Friedrich Johann

Justin

Bertuch

von über hundert Personen z u m f ü h r e n d e n Rezensionsorgan der Zeit. Alle Beiträge erschienen anonym, so daß die Feststellung einzelner Verfasser n u r archivalisch erfolgen kann. Aus Briefmaterial ist bekant, daß Bertuch m e h r e r e Beiträge lieferte. I m Z u s a m m e n h a n g mit der ALZ e n t s t a n d e n weitere persönliche Verbindungen u n d Fehden mit den Weimarer Genies u n d deren Parteigängern. K a n t s Rezensionen von Herders Ideen zur Philosophie der Geschchte der Menschheit, deren erster Teil schon a m 6. J a n u a r 1785 erschein, legte den S t a n d p u n k t der Zeitung i m Streit zwischen Aufklärern u m Kant und den neuen Philosophen ebenso fest, wie sie den endgültigen Bruch zwischen Bertuch u n d Herder b e d e u t e t e 5 9 . Der Ruf der ALZ war aber offenbar so groß, daß kein geringerer als August Wilhelm Schlegel Schiller u m Verm i t t l u n g b a t , u m in den Kreis der Mitarbeiter aufgenommen zu werden - was auch gelang 6 0 . Die Zusammenarbeit zerbrach erst 1804, als wegen der B e r u f u n g Schützens nach Halle der Erscheinungsort der ALZ d o r t h i n verlegt werden sollte, was den Wid e r s t a n d und Zorn Goethes u n d Schlegels weckte, die d a r a u f h i n ein K o n k u r r e n z b l a t t , die Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung g r ü n d e t e n , deren Anlage u n d Grundgedanken ganz anders geartet waren als jene der ALZ61. Es ist müßig zu spekulieren, welche Anregungen Schlegel von der Zusammenarbeit mit d e m W e i m a r e r Hispanistenkreis erhielt. Unzweifelhaft aber h a t die ALZ dazu beigetragen, das allgemeine Interesse für Spanien, Portugal u n d Lateinamerika zu erhöhen. Die Zeitung erschien mit dem Ziel, durch die Vielzahl der Mitarbeiter ein möglichst hohes Maß an Unparteilichkeit zu erreichen. Daß "[...] ein Freund seinem Freunde einen Panegyrikus halte" sollte ebenso vermieden werden, wie daß "[...] gewisse Sekten, Religionspartheyen, Gesellschaften beständig Recht oder Unrecht gegeben, gewisse Schriftsteller, ohne G r ü n d e a n z u f ü h r e n , immer gelobt, oder immer getadelt werden." D a r ü b e r hinaus wurde angestrebt, jedes in den Leipziger Meßkatalogen angezeigte Buch zu besprechen 6 2 . Die erheblichen Probleme eines solchen Unterfangens sind hier nicht zu besprechen, aber es fällt auf, daß Bücher aus und über Spanien, P o r t u g a l u n d Lateinamerika im Verhältnis häufiger mit längeren Rezensionen b e d a c h t werden, als sie in den Meßkatalogen gegenüber deutsch, französischen, englischen o d e r sogar italienischen Erscheinungen vertreten sind. Diese Tatsache erhält u m s o m e h r Gewicht, als zu bedenken ist, daß der S t a n d der literarischen Vermittlung des Spanischen u m diese Zeit in Deutschland nicht sehr hoch w a r 6 3 . Die Durchsicht von Rezensionsorga59 Kant verriß Herders Werk, bat aber später u m E n t b i n d u n g aus der Rezension wegen Arbeitsüberlastung. Schönfuß, loc. cit. S. 48f. 60 Schlegel an Schiller, 13. 10. 1795, und Antwort 29. 10. 1795, in: August Wilhelm und Friedrich Schlegel im Briefwechsel mit Schiller und Goethe, hgg. v. Josef Körner und Ernst Wienecke, Leipzig, 1926, S. 12-15. 61 Der Ablauf teilweise in loc. cit., Nr. 125f., S. 138-143, ferner in allen Einzelheiten in Goethes Briefe an Eichstädt, hgg. von W. Freiherr v. B i e d e r m a n n , Berlin 1872, in der Einleitung dargelegt. S. a. Paul H o c k s / P e t e r Schmidt, Literarische und politische Zeitschriften 1789-1805, Stuttgart 1975 (Slg. Metzler 121), S. 30f. 62 ALZ 1, 2. 1. 1875, Vorbericht des Herausgebers, S. 1-3, hier S. 2f. 63 Ein vorzüglicher Uberblick mit reichen bibliographischen A n g a b e n von D . Briesemeister, "Die Rezeption der spanischen Literatur in Deutschland im 18. Jahrhundert", in: Das

43

Jochen

Heymann

nen u n d M e ß k a t a l o g e n zeigt, d a ß h a u p t s ä c h l i c h Reisebeschreibungen a u s d e m Englischen oder Französischen angeboten wurden, w ä h r e n d literarische Titel i m Original o d e r U b e r s e t z u n g , o d e r g a r s p r a c h d i d a k t i s c h e M i t t e l , fast völlig fehlen.

Kommen-

t a r l o s z u m V e r g l e i c h sei g e s a g t , d a ß z w i s c h e n 1 7 8 6 u n d 1 7 8 9 d i e M e ß k a t a l o g e italienisch-deutsche W ö r t e r b ü c h e r 6 4 , nicht weniger als vier G r a m m a t i k e n 6 5 -

zwei neben

etlichen C h r e s t o m a t i e n u n d Formularbüchern - u n d eine vielbändige S a m m l u n g Originaltexten italienischer Klassiker verzeichnen66. deutschen

von

Dies alles verlegt i n n e r h a l b des

Sprachraums.

I m h i s p a n i s t i s c h e n B e r e i c h ist k a u m V e r g l e i c h b a r e s zu lediglih W o l f g a n g J ä g e r s

Vermischte

Aufsätze

finden.

in Spanischer

A u s dieser Zeit sind

Prose

zu n e n n e n 6 7 ,

i m W e s e n t l i c h e n a u s Ü b u n g s d i a l o g e n b e s t e h e n - n u r d a s l e t z t e S t ü c k ist d i e del curioso

impertinente

die

Novela

- . Ansonsten galt wohl weiterhin der inzwischen antiquierte

S o b r i n o 6 8 , u n d e i n i g e n i c h t m i n d e r v e r a l t e t e T i t e l a u s d e m f r ü h e n 18.

Jahrhundert69.

In diese empfindliche Lücke stieß B e r t u c h mit e i n e m n e u e n Werk, seine letzte h i s p a n i s t i s c h e P u b l i k a t i o n : E i n Manual

de la Lengua

Espanola70,

rein

eine Anthologie, die

nicht als E i n z e l s t ü c k k o n z i p i e r t w u r d e , s o n d e r n Teil eines g r ö ß e r e n P r o j e k t e s zu Unterrichtsmaterialien der spanischen Sprache war. Den Anfang hatte Bertuchs Freund G o t t l i e b B a r t h ( 1 7 3 8 - 1 7 9 4 ) m i t e i n e r Kurzgefaßten

Spanischen

Grammatik

gemacht,

die 1787 eine zweite u n d 1797 eine d r i t t e , von T e u c h e r e r w e i t e r t e Auflage e r f u h r 7 1 .

achtzehnte

Jahrhundert.

M i t t e i l u n g e n der D e u t s c h e n G e s e l l s c h a f t für die E r f o r s c h u n g des

a c h t z e h n t e n J a h r h u n d e r t s , 8, H . 2 , W o l f e n b ü t t e l 1984, S. 173-197. 64

Nuovo

Dizionario

italiano-tedesco,

c o m p o s t o sul D i z i o n a r i o d e l l ' A c a d e m i a della C r u s c a e

su quello d e l l ' A b a t e A l b e r t i , Leipzig 1786; G. R o m a n i , Dizionario italiano, 65

italiano-tedesco

e

tedesco-

n e u e A u f l a g e v. W o l f g a n g Jäger, N ü r n b e r g 1786.

T . R e n o a l d i , Grammatic

apprendre

la langue

Vollständige

italiana

italienne

Toskanische

avec

[•••], S t r a ß b o u r g 1786; C a l v i , Methode grande

Sprachlehre

für

facilite, Teutsche

Göttingen

nouvelle

1788; J o s e p h d e

pour

Valentis

n a c h A n l e i t u n g des Corticelli [...], 2.

Aufl. Leipzig 1788. 66

La sublime

67

Vermischte

erter

und

scuola

italiana,

Aufsätze

Redensarten

Serie I u n d I I , ed. di G. V a l e n t i , Berlin u n d S t r a l s u n d 1786flF.

in spanischer zur

Übung für

Prose

mit

Anfaenger,

66

Fco. S o b r i n o , Nouvelle

69

N e b e n d e n von B r i e s e m e i s t e r , loc.

grammaire

Espagnolle cit.

beygefügter

Erklaerung

70 71

[...]

Gramatica

en forma

Wo-

[...], B r ü s s e l 1697 u. öfter.

S. 175 e r w ä h n t e n T i t e l n e t w a a u c h j e n e des

J u a n S o t o m a y o r , S p r a c h m e i s t e r a n der U n i v e r s i t ä t Leipzig: Llave castellana

der schweren

Frankfurt u n d Leipzig 1779.

de dialogos,

capital

[...]

de la

lengua

L e i p z i g 1706.

Leipzig 1790.

M e u s e l , Lexikon der [...] verstorbenen teutschen Schriftsteller, I, 1802, S. 182f. E i n e falsche Schreibweise B e r t u c h s i m Vorwort des Manual, " B a r h r d " , ist in der F o r s c h u n g übern o m m e n w o r d e n u n d hat gelegentlich z u G l e i c h s e t z u n g e n mit Carl Friedrich B a h r d t g e f ü h r t , v o n d e m zwei Briefe i m B e r t u c h - A r c h i v e n t h a l t e n s i n d . Sie betreffen B a h r d t s Versuch, die d e u t s c h e n F r e i m a u r e r l o g e n unter seiner " D e u t s c h e n U n i o n " zu vereinigen, zu w e l c h e m Zweck er A n f r a g e n a n alle L o g e n v o r s i t z e n d e n richtete. B e r t u c h , V o r s t a n d der W e i m a r e r Loge " A m a l i a " , l e h n t e strikt a b . S. B a i d u r Schyra, Carl Friedrich Bahrdt, sein Leben und Werk, seine Bedeutung. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte im 18. Jahrhundert, Masch. Phil. D i s s . L e i p z i g 1 9 6 2 , S. 364ff.

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Friedrich Johann Justin

Bertuch

Entsprechend dem Hauptarbeitsfeld B a r t h s war sie f ü r den Selbstunterricht gedacht und ging von der lateinischen G r a m m a t i k aus. Bertuchs Manual war das zweite Werk in dieser Reihe, die mit sehr praktischen Hintergedanken ins Leben gerufen worden war: "[...] seitdem nemlich verschiedene Provinzen Deutschlands [...] mit ihren Fabrikaten nach Spanien einen beträchtlichen Activ-Handel treiben, mit Spanischen Handelshäusern correspondiren müssen, und also auch auf ihren Comptoiren Leute nöthig h a b e n , die Spanisch verstehen" 7 2 . In der Tat h a t t e n sich die Beziehungen zwischen Deutschland und der Iberischen Halbinsel bis 1790 d a n k günstiger U n s t ä n d e erheblich intensiviert. Die wirtschaftliche Entwicklung in Amerika und Spanien h a t t e zu einer erhöhten verfügbaren Geldmenge und zu einem Anstieg der gewerblichen P r o d u k t i o n g e f ü h r t , und gleichzeitig suchte Preußen, das u m diese Zeit sich z u m politischen u n d wirtschaftlichen Zentrum im Osten Deutschlands entwickelt h a t t e , geeignete A b s a t z m ä r k t e für schlesische Leinwand. Da die preußische Politik darauf bedacht war, das europäische Gleichgewicht zu halten u n d den französischen Einfluß e i n z u d ä m m e n , kam es nach längeren Verhandlungen 1782 schließlich zur A u f n a h m e diplomatischer Beziehungen zwischen Preußen u n d Spanien 7 3 . Ein Handelsvertrag kam nur wegen des Widerstandes der atlantischen S t a a t e n nicht zustande, doch hinderte das die deutschen Kaufleute keineswegs d a r a n , sich verstärkt in den spanischen Amerikahäfen niederzulassen. Dieser politische Hintergrund, der schon 1784/85 f ü r die große Beachtung der Cavanilles-Schrift gegen Massons Spanien-Aufsatz in der Encyclopédie Méthodique gesorgt h a t t e 7 4 , bereitete f ü r weitere Bemühungen u m die Verbreitung des Spanischen einen günstigen Boden. Bertuch versprach im Vorwort des Manual, diesem "ersten B a n d " bald ein W ö r t e r b u c h auf der Grundlage des Diccionario de autoridades folgen zu lassen, was 1795 von Ernst August Schmid erfüllt wurde - und der 1805 einen weiteren Band mit neuen Textauszügen folgen ließ Bertuch schrieb das kurze Vorwort zu dem W ö r t e r b u c h , worin deutlich zu erkennen ist, daß dies der vorläufige Schlußpunkt seines P r o j e k t e s war, und auch, daß er sich der nicht n u r wirtschaftlichen Tragweite der U n t e r n e h m u n g bewußt war: "[...] da Anfänger nun eine spanisch-deutsche G r a m m a t i k , ein H a n d b u c h u n d ein W ö r t e r b u c h , folglich den ganzen Apparat Spanisch zu lernen h a b e n , sich dieß interessante S t u d i u m in Deutschland bald schneller verbreiten w e r d e " 7 5 . ( S p e r r u n g im Original). Den Grundstock des Manual bilden die spanischen Originale der f r ü h e r e n Uberset72

Manual,

Vorwort S. III-VIII, hier S. IVf.

73

S. Wilhelm von den Driesch, Die ausländischen Kaufleute während des 18. Jahrhunderts in Spanien und ihre Beteiligung am Kolonialhandel, Köln-Wien 1972 (Forschungen zur inIII, S. 340 ternationalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3), S. 424ff. und Repertorium bzw. 439. 74 Brüggemann, loc. cit. S. 86 u. 164; Tiemann, Das spanische Schrifttum, S. 124ff.; J. J. A. Bertrand, "M. Masson", Bulletin Hispanique 24, 1922, S. 120-124, u. J. Sarrailh, L'Espagne éclairée de la seconde moitié du XVIIle siècle, Paris 1964, S. 340 u. 380. 75 E. A. Schmid, Diccionario Español y Alemán. Oder Wörterbuch der Spanischen Sprache für die Deutschen, Spanisch-Deutsch. Vorrede von F. J. Bertuch, Leipzig 1795, III-VII, hier S. VII.

45

Jochen

Heymann

zungen Bertuchs und der Beiträge im Magazin. Darüber hinaus schloß die Sammlung weitere Texte ein, die möglicherweise bereits in den zur Ubersetzung benutzten Ausgaben enthalten waren, oder seit 1780 neu erworben worden waren. D a Bertuch im Vorwort verspricht, das Magazin bei geeigneter Gelegenheit neu aufleben zu lassen, ist es möglich, daß hier Textvorlagen geliefert wurden, die später in deutscher Fassung veröffentlicht werden sollten. Der Inhalt der sehr umfangreichen Anthologie kann nicht vollständig wiedergegeben werden. Sie ist in einen prosaischen und einen poetischen Teil gegliedert, unter Ausschluß von dramatischen Texten. Betrachtet man hierzu die Ubersetzungen im Magazin, so kann angenommen werden, daß die Übernahme von einzelnen Teilen grundsätzlich verworfen wurde; die Erklärung ist darin zu suchen, daß spanisches Theater als reicher Fundus für Stoffe und "plots" betrachtet wurde 7 6 , deren Exposition in Bruchstücken nur unvollkommen oder gar nicht möglich war. Der prosaische Teil enthält nicht nur literarische Fiktion, sondern in starkem Maße historische, theoretische und landeskundliche Texte. So finden Andrés González B a r c i a 7 7 , Luzáns Poética - in der Ausgabe von 1737 - oder Beiträge aus dem Pensador Eingang, daneben aber auch an die tausend Refranes und etliche "Burlas y chistes". Im poetischen Teil sind Romanzen von Góngora und Quevedo, Gedichte der Brüder Argensola, Esteban Manuel de Villegas, Boscán, Garcilaso und sämtliche Fabeln Iriartes neben dem zweiten Gesang der Araucana enthalten, zum Schluß Espinéis Ubersetzung der Ars poética des Horaz. Die Auswahl der Autoren und die Beschaffenheit der Texte erlaubt es, die von Bertuch herangezogenen Vorlagen zu identifizieren. So ergibt die Aufnahme von Baltasar de Alcázar, daß entweder die Flores de poetas ilustres von Pedro de Espinosa, Valladolid 1605 7 8 , wo auch Góngora und Quevedo enthalten sind, oder der neunbändige Parnaso Español von Lopez de Sedaño - dessen dritter Band bereits im Magazin erwähnt wird 7 9 - verwendet wurde. Die abgedruckten Kapitel aus dem Gerundio, beide aus dem zweiten Teil, machen es wahrscheinlich, daß Bertuch die Madrider Ausgabe von 1787 benutzte - oder, weniger zwingend, jene von 1770 - . Die Übernahme Boscáns und eine fehlende Textvariante in Vers 210 der ersten Ekloge von Garcilaso beweisen, daß eine die editio princips folgende Ausgabe verwendet wurde, vielleicht die in der U B Göttingen befindliche aus Lissabon von 1543, oder die in der Bibliotheca Bachoviana nachgewiesene aus Antwerpen von 1597 8 0 . Uber den kritischen Textvergleich können weitere, hier nicht 76

B r i e s e m e i s t e r , loe. cit. S . 1 7 9 .

G r ü n d u n g s m i t g l i e d der R e a l A c a d e m i a E s p a ñ o l a ; Diez E c h a r r i & R o c a F r a n q u e s a , Historia de la literatura española e hispanoamericana, M a d r i d 1 9 7 2 , S . 620 u. 6 2 4 . B e r t u c h zieht B a r c i a s Historiadores primitivos de las Indias occidentales [...], 3 vols., M a d r i d 1749 (Patau 105051) heran. 77

78 W a r d , loc. cit. S. 12 u n d 1 9 1 b . V g l . hispánica, B d . V, M a d r i d 1973, S. 62b.

79

Magazin

J . S i m ó n D i a z , Bibliografía

de la

literatura

I, 1780, S . 3 4 8 u . 360.

Die A u s g a b e n des B r ó c e n s e u n d H e r r e r a s v e r b i n d e n d u r c h eine V a r i a n t e V v . 209f. zu e i n e m z u s a m m e n h ä n g e n d e n S a t z g e f ü g e , im G e g e n s a t z zur e d i t i o p r i n c e p s . D i e von B e r t u c h ü b e r n o m m e n e F o r m findet sich a u c h in d e n A u s g a b e n von T a m a y o de V a r g a s , M a d r i d 1765, wieder. A l l e r d i n g s i m p l i z i e r t d e r G e b r a u c h einer dieser b e i d e n A u s g a b e n d i e p a r a l l e l e 80

46

Friedrich

Johann

Justin

Bertuch

berücksichtigte Beiträge nach ihren Vorlagen hin identifiziert werden, womit Bertuchs Bibliothek zumindest in Teilen rekonstruiert werden kann. Der Inhalt des Manual offenbart die Grundgedanken der Arbeit, die sich gemäß der Teilung in Prosa und Lyrik nach zwei Seiten hin orientiert. Der Kern besteht aus einem aufklärerischen Konzept, der im horazischen "delectare et prodesse" formuliert ist. Unter dem leitenden Gedanken der Nützlichkeit soll die angenehme Form für die Vermittlung dienen, wie bereits im Magazin festzustellen war. Folgerichtig vermittelt der prosaische Teil in erster Linie landeskundliche Information, die darauf abzielt, das Land historisch, gedanklich und charakterologisch näherzubringen. Die Übernahme von Refranes und kursierenden Witzen zielt eindeutig in diese Richtung, wobei "charakterologisch" nicht als Schachbrettmuster - wie noch bei Gundling zu finden - 8 1 ,sondern fein nuanciert verstanden werden soll. Die Zufälligkeiten der Vermittlungslage erlauben es nicht, anhand des poetischen Teils einen Kanon zu erstellen, zumal die dramatische Literatur fehlt, obwohl sich durchaus Koinzidenzen mit kritischen Betrachtern der spanischen Literatur feststellen lassen; in Barettis erwähntem Werk werden Boscän, Garcilaso, Göngora, Quevedo, Ercilla und Lope de Vega erwähnt 8 2 , und auch Iriarte hatte mehrmals zumindest Garcilaso als Vorbild aufgeführt 8 3 . Es liegt also nahe, zumindest Baretti einige Bedeutung für die getroffene Auswahl zuzumessen, aus der durchaus Hinweise auf die Kriterien der Kanonbildung herausgelesen werden können, etwa das Ubergewicht Villegas - Anakreontik - und Iriartes - Fabeln - vor Quevedo und Göngora, oder die starke Präsenz Garcilasos mit der streng nach antik-klassischem Muster gestalteten ersten Ekloge und die Ode ad florem Gnidi - die übrigens schon Barth in seiner Grammatik als Textbeispiel wiedergegeben hatte - , die alle auf streng klassizistische Maßstäbe deuten. Die aktiven Vermittlungsbemühungen Bertuchs stehen in ihrer Grundüberlegung gleichsam am Schwebepunkt zwischen zwei wissenschaftlichen Epochen. Sie folgen insoweit überlieferten Kriterien, als sie auf der Basis einer streng normativen Poetik entstehen, die eine optimale, vorbildhafte literarische Form vordefiniert, nämlich jene des klassischen Altertums. Die Originalität von Literatur kann demnach nur in der Handlung bestehen, wie Gottsched in der Critischen Dichtkunst ausführte 8 4 , und nicht in geographischen, nationalen, formalen oder historischen Besonderheiten. Das praktische Ergebnis dieses Ausgangspunktes ist die starke Präsenz von Garcilaso im Manual - als Beispiel für die Form - und die Berücksichtigung Lopes und Cervantes' Verwendung einer Boscán-Ausgabe, da beide Herausgeber nur die Werke Garcilasos publizierten, wobei zu beachten ist, daß im 18. J h . keine Boscán-Ausgabe nachzuweisen war. S. Palau B d . II, " B o s c á n " und die Ed. von Elias L. Rivers von Garcilasos Obras completas con comentario, Madrid 1981, S. 36 u. 284, wo die einzelnen Varianten genannt werden. 81 Nicolaus Hieronimus Gundling, Ausführlicher Discours über den ietzigen Zustand der Europäischen Staaten, 1 1706, 2. Aufl. Frankfurt und Leipzig 1733, und dazu Briesemeister, loe. cit. S. 173f. 82

B a r e t t i , loc. cit. S. 663ff. u. 679.

Nach Russell P. Sebold, Einleitung zu T . de Iriarte, El señorito malcriada, Madrid 1978 (Clásicos Castalia, 83), S. 44f. 83

84

mimado.

La

señorita

T h . Huber, loc. cit. K a p . I.

47

Jochen

Heymann

im Magazin - für die Originalität der Handlungen - . Darüber hinaus ist zu beachten, daß die Systematik der Wissenschaft, zumal der Geisteswissenschaft, noch nicht nach historisch-philologischen Kriterien aufgebaut ist, sondern im wesentlichen der klassischen Aufteilung in Jurisprudenz, Theologie, Medizin und Philosophie - mit ihren zugehörigen Unterteilungen - folgt. Die nationale Einordnung von Titeln und Autoren spielt, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. Das heißt, daß eine Reihe einflußreicher spanischer Autoren, die heute unter "Literatur" zu finden wären, im 18. Jahrhundert unter "Theologie", "Staatsphilosophie" oder "Erbauungsschriften" zu suchen sind; darum blieben Fray Luis de Granada, Antonio de Guevara und Gracián, aber durchaus auch etliche Werke von Quevedo, von einer literarischen Auswahl ausgeschlossen. Das bestätigt eine Durchsicht der deutschen Acta eruditorum oder des französischen Journal des Sgavans, aber auch ein Blick in die Aufteilung des Bachoffschen Bibliothekskatalogs. Diese Ausgangslage ist aber am Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr absolut gültig. Es zeigen sich durchaus Verselbständigungen in einzelnen Bereichen, etwa in der Geschichtsschreibung. Einzelne Sparten lösen sich allmählich aus dem tradierten System heraus, und das findet abermals im Bachoffschen Katalog in Bezeichnungen wie "Libri poetici & musici" 8 5 Ausdruck. Dieser Vorgang ist im Laufe des Jahrhunderts naturgemäß weiter fortgeschritten, und schlägt sich allenthalben in Publikationen nieder 86 . Ein mögliches Maß für die Verselbständigung kann die Spezialisierung von Periodika darstellen. Auch das Unternehmen "Magazin" gehört insoweit dazu, als es eine Selbständigkeit der spanischen Literatur anerkennt und bewußt pflegt, selbst wenn das Primat der sprachlichen Form noch nicht etabliert ist. Es ist denkbar, daß die spanisch-französische Polemik um die "España negra" indirekt dazu beigetragen hat, die Eigenständigkeit des Spanischen herauszustellen, und daß deren kritische Überprüfung in Deutschland gerade um den Masson-Aufsatz und Deninas und Cavanilles' Antwort zu einer tieferen Beschäftigung geführt hat, die ohne eingehende Bestandsaufnahme und beginnende Analyse nicht verfaßt werden konnte. Bertuch kann gewiß noch nicht als Philologe betrachtet werden, und auch auf seine Mitarbeiter trifft das, auf die Hispanistik bezogen, nur bedingt zu. Aber das Material, das sie alle zur Verfügung gestellt haben, ist die Basis für die philologische Hispanistik des frühen 19. Jahrhunderts, und das haben die neuen Hispanisten durchaus anerkannt und Bertuch als Anlaufstation angesehen 87 . So könnte man, angesichts von 85 Diese Bezeichnung spiegelt die Unkenntnis und die Verlegenheit des Bearbeiters wieder, der darunter etwa La Celestina oder den Guzmdn de Alfarache einreiht. 86 S. als Uberblick über die wissenschaftliche Entwicklung die von R . Vierhaus herausgegebenen Aufsätze in Wissenschaften im Zeitalter der Aufklärung, Festschrift Vandenhoeck & Rupprecht 1735-1985, Göttingen 1985; weitere, in diesem Zusammenhang belangreiche Wandlungen bei P. 0 . Kristeller, "Das moderne System der K ü n s t e " , in: Humanismus und Renaissance II. Philosophie, Bildung und Kunst, München 1976 (Humanistische Bibliothek I, 22), S. 164-206. 87 J o h . Georg Keil an Bertuch, 9. 2. 1819 und 1. 3. 1819, bittet Bertuch um dessen Vera Tassis-Ausgabe Calderöns zur Kollationierung für die kritische Gesamtausgabe, und quittiert den Empfang. Ungedruckter Brief aus dem Bertuch-Nachlaß im Goethe- und

48

Friedrich

Johann

Justin

Bertuch

Bertuchs Leistungen und deren sicherlich vergänglichen Wertes sagen - in Umkehrung der mittelalterlichen Erkenntnis - er sei der Zwerg, auf dessen Schultern Riesen ruhen.

Schiller-Archiv Weimar, freundlich mitgeteilt von Harald Wentzlaff-Eggebert. in d e s s e n A u f s a t z in d i e s e m B a n d .

Einzelheiten

Miguel Servet en Alemania. Resultados de la investigación y proceso de la recepción hasta 1900 Angel

San

Miguel

Miguel Servet constituye una de las aportacioness más originales de la España del Renacimiento al pensamiento y a la ciencia europeos de su tiempo. Su radio de influencia se extiende bien pronto a una buena parte del Antiguo Continente: desde Transilvania y Polonia hasta Italia y Suiza, Francia y Alemania. Aunque por el carácter de su obra Servet - teólogo, filósofo, erudito y médico - no pertenezca por derecho propio al campo literario, tal vez no resulte superfluo, tampoco a los hispanistas, asomarse a la influencia ejercida por su recia personalidad así como por las trágicas circunstancias de su muerte. De hecho, para ceñirnos al tema anunciado, las relaciones, en vida, de Servet con Alemania y la recepción posterior de su obra en dicho país han sido lo suficientemente intensas como para poder pensar que no es su conocimiento sino su ignorancia lo que debería constituir un lujo. A esto debe añadirse que el tema de Servet en la literatura - al que se aludirá al final - tal vez merezca una atención que, precisamente en los gremios dedicados a las letras, no se le ha dado hasta el presente. Entramos así en el asunto central de esta ponencia. En el mes de febrero de 1530 - trece años después de la proclamación de las tesis de Lutero - fue coronado Emperador en Bolonia Carlos I de España y V de Alemania. En el amplio séquito que acompañaba al monarca más poderoso de su tiempo se encontraba un joven aragonés de unos 19 años de edad. Su nombre era Miguel Servet; su misión la de servir de paje al confesor de su majestad, es decir, al "clerigus oscensis" Juan de Quintana, tal vez canónigo regular de San Agustín y con probable asiento en el monasterio de Montearagón 1 . La impresión que el magno acontecimiento de la coronación imperial produjo en el espíritu rebelde del joven aragonés y que él dejó estampada años más tarde en su "Christianismi restitutio", por su tono de repulsa podía haber salido perfectamente de la pluma de Lutero o de Melanchthon; en palabras de A. Alcalá constituye "la experiencia religiosa más importante, volcánica," 2 del joven Servet: "Con mis propios ojos" - escribe Servet - "he visto cómo le llevaban [al Papa] con toda pompa a hombros de los príncipes, mientras hacía con la mano la señal de la cruz; adorado a lo largo de las calles por el pueblo arrodillado de modo, que los que habían podido besar sus pies o sus sandalias se consideraban más felices que los demás y proclamaban que habían obtenido numerosas indulgencias, gracias a las cuales les serían reducidos largos años de penas en el infierno. ¡Oh, la más miserable de todas las bestias" - exclama Servet sin poder contenerse - , "la más descarada de las rameras!" 3 1

Véase Angel Alcalá, Servet en su tiempo y en el nuesto: el nuevo florecer del servetismo, Instituto de Estudios Sijenenses "Miguel Servet", Villanueva de Sijena 1978, pág. 45. 2

Op. cit., pág. 46.

3

Roland H. Bainton, Servet,

50

el hereje perseguido,

Madrid 1973, pág. 37. El presente

Miguel

Servet

en

Alemania

Hay, pues, m o t i v o s suficientes p a r a p e n s a r que f u e r o n sus í n t i m a s convicciones, es decir sus p r o f u n d a s disidencias con el c a m p o católico, las q u e le i n d u j e r o n a a b a n d o n a r la comitiva imperial y p e d i r asilo e n t r e los críticos del P a p a d o y d e l a iglesia r o m a n a . E s así como Miguel Servet, algunos meses t r a s la c o r o n a c i ó n d e C a r l o s V , se e n c u e n t r a en Basilea d o n d e e n t r a en c o n t a c t o con el a l m a de la r e f o r m a p r o t e s t a n t e en d i c h a c i u d a d : el a l e m á n O e c o l a m p a d ( E c o l a m p a d i o ) . Servet, q u e p o s i b l e m e n t e y a d e s d e sus a ñ o s de e s t u d i a n t e en T o u l o u s e h a b í a t e n i d o relaciones con el p r o t e s t a n t i s m o , se dirige a h o r a al p a s t o r a l e m á n n o sólo p a r a a p r e n d e r d e él, sino - y s o b r e t o d o - p a r a discutir con él sobre u n t e m a que, en el f u t u r o , i m p r e g n a r í a s u p e n s a m i e n t o teológico-filosófico: el d o g m a d e la T r i n i d a d de Dios. P e s e a s u s veinte a ñ o s , p a r e c e que el m u c h a c h o a r a g o n é s d e f e n d i ó su p o s t u r a h e t e r o d o x a 4 con t a n t a p r o f u s i ó n de a r g u m e n t o s , t a n t a inteligencia y t a n t o c o r a j e que i n q u i e t ó a t o d o s los p a l a d i n e s de la r e f o r m a en Basilea. Del p r o p i o O e c o l a m p a d se c o n s e r v a u n a c a r t a d i r i g i d a a Servet, en la cual, e n t r e o t r a s cosas, se p u e d e leer lo siguiente: " T e q u e j a s d e q u e soy d e m a s i a d o d u r o , p e r o t e n g o b u e n a s razones. P r e t e n d e s q u e la Iglesia d e C r i s t o h a c e m u c h o t i e m p o que se h a s e p a r a d o de los f u n d a m e n t o s d e l a fe [...]. H a s p r e s e n t a d o u n a profesión d e fe que a c a s o a p r u e b e el simple y el i n g e n u o , p e r o yo a b o m i n o d e t u s s u b t e r f u g i o s . " 5 U n a s e g u n d a c a r t a e r a ya m á s á s p e r a y c o m e n z a b a del m o d o siguiente: " A Servet, el español que niega que C r i s t o es c o n s u b s t a n c i a l Hijo d e D i o s . . . " 6 . E n vista d e h a b e r t o p a d o con u n m u r o d e i n c o m p r e n s i ó n , e n m a y o d e 1531 Servet, convencido d e la v e r a c i d a d d e sus ideas, dirige sus p a s o s a l a c i u d a d d e E s t r a s b u r g o , que t e n í a f a m a de ser u n a de las m e n o s i n t o l e r a n t e s d e n t r o d e las iglesias r e f o r m a d a s . D e s t a c a b a n allí c o m o p r e b o s t e s d e la r e f o r m a M a r t i n B u t z e r ( B u c e r i o ) y W o l f g a n g F a b r i t i u s C a p i t o . B u t z e r e r a p á r r o c o d e la iglesia d e S a n A u r e l i a n o y h a b í a intercedido por Servet a n t e O e c o l a m p a d 7 , el s e g u n d o - C a p i t o - h a b í a d e f e n d i d o a los a n a b a p t i s t a s , i n s t a n d o a sus colegas r e f o r m a d o s a d e s c u b r i r , t a m b i é n en ellos, "el d o n de D i o s " 8 . E n E s t r a s b u r g o Servet p o d í a sentirse " e n el s e n o d e u n a m b i e n t e d e a l u m b r a d o s " 9 : allí se e n c o n t r a b a n , p o r ejemplo, d i s i d e n t e s c o m o S e b a s t i a n F r a n k , K a s p a r Schwenckfeld y a n a b a p t i s t s como Melchor H o f f m a n n , con los q u e , al p a r e c e r , m a n t u v o relaciones el joven e i n q u i e t o a r a g o n é s 1 0 . A p e s a r d e q u e las conversaciones de Servet con B u t z e r y C a p i t o t a m p o c o d i e r o n r e s u l t a d o s positivos, el a r a g o n é s aprovechó su e s t a n c i a e n Alsacia p a r a p u b l i c a r sus estudio, al ser un trabajo fundamentalmente de resumen y recopilación, se limita a dejar las citas de Servet tal y como aparecen en los análisis anunciados. 4 Barón Fernández en su libro Miguel Servet. Su vida y su obra, Madrid 1970 y A. Alcalá en su trabajo ya mencionado, pág. 35, ponen en duda el antitrinitarismo que tradicionalmente viene atribuyéndose a Servet. 5 Roland H. Bainton, op. cit., pág. 66. 6 Roland H. Bainton, op. cit., pág. 66. 7 Roland H. Bainton, op. cit., pág. 68. 8 Roland H. Bainton, op. cit., pág. 68 9 Roland H. Bainton, op. cit., pág. 69. 10 Para otras relaciones de Servet con los anabaptistas véase también A. Alcalá op. cit-, pág. 63, nota 63. 51

Angel

San

Miguel

primicias teológicas en " D e Trinitatis erroribus libri s e p t e m " ; la o b r a se publicó en 1531 en la ciudad a l e m a n a de Hagenau, a unos 30 kilómetros de E s t r a s b u r g o . Más cauto que Servet, el impresor omitió t a n t o su propio n o m b r e como el lugar de la impresión. Las causas de ello eran evidentes y los hechos v e n d r í a n bien pronto a darle la razón. El libro, en el que Servet expone sus ideas heréticas sobre la Trinidad y que f u e m u y a l a b a d o por algunos sectores disidentes 1 1 , fue condenado c o m ú n m e n t e n o sólo por el nuncio apostólico del Vaticano en R a t i s b o n a , sino también por los reformadores p r o t e s t a n t e s de E s t r a s b u r g o y h a s t a por el propio E r a s m o de R o t t e r d a m . C o n c r e t a m e n t e en E s t r a s b u r g o la o b r a fue prohibida i n m e d i a t a m e n t e tras su aparición. El propio Butzer no d u d a r í a en afirmar p ú b l i c a m e n t e que Servet "merecía se le a r r a n c a s e n las e n t r a ñ a s y se le descuartizase" 1 2 . Viéndose perseguido de los católicos, que m i e n t r a s t a n t o h a b í a n iniciado u n proceso inquisitorial contra él, e incomprendido de los p r o t e s t a n t e s , Servet escribe u n a p a t é t i c a c a r t a a Oecolampad, en la que aboga por au propia causa y por la l i b e r t a d religiosa, a r g u y e n d o en los términos siguientes: "Si hay que condenar a t o d o el que yerre en un p u n t o p a r t i c u l a r , entonces habría que q u e m a r a todos los mortales u n millar de veces. Los apóstoles y el propio Lutero" - sigue diciendo Servet - "se h a n e q u i v o c a d o . . . " , y agrega: "si yo he t o m a d o la p a l a b r a , p o r la razón que sea, ha sido p a r a p r o c l a m a r que me parece grave m a t a r a los h o m b r e s b a j o pretexto de que se e q u i v o c a n . " 1 3 Los primeros contactos de Servet con la Alemania de la R e f o r m a concluyen en 1532 con su nueva o b r a t i t u l a d a "Dialogorum de T r i n i t a t e libri d ú o " , en cuyo prólogo Servet se r e t r a c t a de lo e x p u e s t o en el libro anterior " n o p o r q u e sea erróneo o falso, sino por i n c o m p l e t o . . ," 1 4 En realidad su segundo libro venía a c o r r o b o r a r las tesis del anterior. El resultado no se dejó esperar: ante los peligros que le h a b í a n acarreado sus dos primeras tentativas publicitarias en tierras g e r m a n a s y su p r o f u n d a decepción de los protestantes, Servet, que se hallaba en plena j u v e n t u d , dedidió a b a n d o n a r Estrasburgo, cambiar de n o m b r e p a r a no ser reconocido y dedicarse a o t r a profesión menos c o m p r o m e t e d o r a . El mismo confiesa años m á s t a r d e su desengaño en las siguientes d r a m á t i c a s p a l a b r a s : " C u a n d o era joven, de unos veinte años, me movió cierto impulso divino a t r a t a r este asunto, no h a b i é n d o m e e n s e ñ a d o nadie. C u a n d o empecé, era tal la ceguera del m u n d o que procuré aquí y allá ser a r r e b a t a d o por la muerte. Aterrorizado y h a b i é n d o m e exilado, me escondí d u r a n t e años e n t r e e x t r a n j e r o s en dolida tristeza de espíritu. Sabiéndome joven, i m p o t e n t e y sin pulido estilo, casi a b a n d o n é mi causa por no sentirme suficientemente f u e r t e [...], suspiré por huir al m a r o a u n a d a las Nuevas Islas." 1 5 H. Tollin resume los contactos de Servet con los reformadores alemanes del m o d o siguiente: "Servet ist nach einander an alie R e f o r m a t o r e n getreten, u m sie zu ersuchen, seine A u f g a b e in die H a n d zu n e h m e n und i m Ñ a m e n Jesu d u r c h z u f ü h r e n . [ . . . ] 11 12 13 14

52

Roland H. Bainton, op. cit., pág. 73. José Barón Fernández, op. cit., pág. 44. José Barón Fernández, op. cit., pág. 54. José Barón Fernández, op. cit., pág. 54. Roland H. Bainton, op. cit., pág. 86.

Miguel Servet en

Alemania

Sobald sie seine Tendenz erforscht, waren sie aus Freunden Feinde geworden." 1 6 Empeñados como estaban en sentar los fundamentos doctrinales sobre los que construir la unidad protestante, los reformadores no vieron en Servet sino al hispano anárquico, al energúmeno - como diría Ortega de Unamuno. En consecuencia su táctica fue "la de desprestigiarle a él como persona y también la de restar interés a su obra. (...) Servet - sigue diciendo Sánchez-Blanco - "fue declarando demente y con ello se evitó tener que explicar los argumentos en los que apoyaba sus afirmaciones." 1 7 Tras su profunda decepción con el protestantismo alemán, Servet no huyó al Nuevo Mundo - como parece haber sido su intención - , pero su vocación teológica, al menos de momento, se vio truncada de raíz. Amparado bajo un nuevo nombre, Michael Villanovanus, Servet pasa a ejercer las más diversas actividades en distintos lugares de Francia. Aunque dada la nueva situación, sus relaciones con Alemania son durante los años siguientes menos estrechas que hasta el presente, conviene no olvidarlas del todo. Por encargo de los hermanos Trechsel, Michael Villanovanus publica en Lyon (1525) una nueva edición de la Geografía de Ptolomeo, en cuyo prólogo afirma sin que se haya constatado positivamente su veracidad - conocer la lengua alemana. Mucho menos para vengar sus experiencias con los reformadores que siguiendo una costumbre muy del gusto de su época, Servet describe diferentes regiones del Imperio en los términos siguientes: "Hungría produce ganado; Baviera cerdos, Franconia, cebollas, nabos y regaliz; Suabia, prostitutas; Bohemia herejes; Baviera también ladrones; Suiza verdugos y pastores; Westfalia, mentirosos y toda Alemania, glotones y borrachos." 1 8 Una curiosa anécdota viene a recordarnos que el libro tampoco pasó inadvertido en la Alemania del siglo XVI: la comparación entre franceses y españoles estampada en él por Servet - y no menos sui generis que la descripción de Alemania - fue copiada más tarde por el cosmógrafo alemán Sebastian Münster. Cuando el portugués Damian de Goes salió a la palestra refutando los juicios del alemán en torno a franceses y españoles, Münster se limitó a contestar que no eran de su propia cosecha, sino de Michael Villanovanus 1 9 . Un año después de haber editado la Geografía de Ptolomeo, Servet publica un opúsculo titulado In Leonardum Fuchsium Apología, defensio apologética pro Symphoriano Campegio (Lyon 1536), mezclándose así en una discusión profesional, si bien no exenta de teología, y en la cual Servet pone de manifiesto su desacuerdo con el profesor de Tubinga (L. Fuchs), que poco antes se había pasado a las líneas protestantes. Seguramente recordando sus experiencias en Basilea y Estrasburgo y, al mismo tiempo, tal vez para encubrir su pasado, Servet no solo parece contemporizar con el nuevo ambiente católico en que vive, sino que polemiza abiertamente contra los protestantes: "Tales son los evangelistas de nuestra época, que no hay nada que 16

" M i g u e l S e r v e t u n d M a r t i n B u t z e r " in: Magazin

für

die Literatur

des Auslandes,

10.

J u n i 1876, p á g . 3 3 4 . 17 El pensamiento filosófico de Miguel Servet, I n s t i t u t o de E s t u d i o s S i j e n e n s e s " M i g u e l S e r v e t " , V i l l a n u e v a d e S i j e n a 1978, p á g . 17. V é a n s e t a m b i é n las e x p l i c a c i o n e s d e A . A l c a l á , o p . cit. p á g s . 43-44. 18

R o l a n d H . B a i n t o n , o p . cit., p á g . 101.

19

J o s é B a r ó n F e r n á n d e z , o p . cit., p á g . 80-81.

53

Angel San Miguel

comprendan menos que la mansedumbre cristiana." 2 0 Las relaciones entabladas en París entre Servet y el médico alemán Günther von Andernach se presentan, por el contrario, sin el menor reflejo de sombra. La admiración fue mutua: si Servet, en su nueva obra SyropoTum universa vatio (1537), menciona a su admirado profesor como un gran médico "digno de alabanza" 2 1 ,von Andernach, a su vez, calificará a su ayudante Vilanovanus de hombre versado "en cualquier rama de las letras", así como de gran conocedor "de la doctrina galénica" 2 2 . Menos anecdótico y más sorprendente resulta el singular hecho de que nadie en toda Europa - tampoco en Alemania - advirtiera por entonces el gran descubrimiento del aragonés en el campo de la medicina: el de la circulación pulmonar de la sangre. Pero la sorpresa se desvanece en gran medida si se tiene en cuenta, primero, que dicho descubrimiento iba inmerso en un libro teológico ( C h r i s t i a n i s m i restitutio, 1553) y segundo, que precisamente por eso la obra fue prohibida a raíz de su publicación. Tampoco en Alemania le estaba reservada mejor suerte. Servet, consciente de la importancia fundamental de los protestantes alemanes promotores de la reforma, se preocupó de que la obra fuera enviada a Frankfurt, pero los fardos de libros que llegaron allí fueron destruidos, ya que Calvino, que conocía previamente la existencia de la obra a través del propio Servet, se había anticipado, previniendo a los pastores protestantes de Frankfurt "ante la existencia en su ciudad de un libro lleno de blasfemias y errores" 2 3 . Estos son, en líneas generales, los puntos mencionados por los servetistas en torno a las relaciones, en vida, de Servet con Alemania. Después de su muerte violenta ocurrida en Ginebra (año 1553) por intervención directa de Calvino, la memoria y la obra de Servet siguieron existiendo b a j o el signo de la persecución. Huellas del servetismo existente en Centroeuropa a fines del siglo X V I 2 4 se rastrean, por exemplo, en el famoso episodio de los estudiantes polacos en la universidad de Tubinga, a quienes se hizo causa judicial por haberse encontrado entre ellos un ejemplar de la Christianismi restitutio, la obra prohibida del aragonés. Por otro lado, la bibliografía recogida por Heinrich von Allwoerden en 1727 demuestra que el pensamiento servetiano siguió despertando interés, también en Alemania, a lo largo de todo el siglo X V I I : "Saeculo X V I I , " - comenta von Allwoerden - "plures etiam in consignandis Serveti rebus occupati fuerunt." 2 5 Ello no es de extrañar, si se tiene en cuenta el clamor que se produjo en torno a la hoguera de Champel y que en palabras de B . Fernández se extendió "desde Suiza a Lituania y desde Alemania a I t a l i a . " 2 6 Fue entonces cuando Sebastián Castalion escribió su famosa obra De haereticis, an sind persequendi? (1554) en la que planteaba un problema fundamental a todo el Occi20 21 22 23 24 25

José Barón Fernández, op. cit., pág. 85. José Barón Fernández, op. cit., pág. 92. José Barón Fernández, op. cit., pág. 99- 100. José Barón Fernández, op. cit., pág. 152. Véase Francisco Sánchez Blanco, op. cit., pág. 7-8.

Heinrich von Allwoerden, Historia Michaelis Serveti, Helmstedt 1727-28, "Proemium"

III. 28

54

¿;

José Barón Fernández, op. cit., pág. 283.

Miguel Servet

en

Alemania

dente y en especial al cristianismo renacentista centroeuropeo. Aunque la protesta no dejó de tener sus huellas en Alemania - la obra de Castalion se tradujo bien pronto también al alemán 2 7 - la oficialidad protestante no se dejó disuadir. Así para Melanchthon la muerte aplicada a Servet por medio de Calvino fue "ein frommes und für alle Zeiten denkwürdiges Beispiel." 2 8 El interés de los alemanes por la persona y la obra de Miguel Servet lejos de extinguirse a lo largo del siglo XVIII ganó considerablemente en importancia, sufriendo al mismo tiempo un cambio fundamental. El proceso de secularización, iniciado o fuertemente impulsado por el siglo de las luces y de la razón, así como la distancia histórica de los trágicos sucesos de 1553 condujeron a un replanteamiento del asunto "Servet" desde premisas más objetivas. Precisamente la oleada de protestas en favor de la tolerancia religiosa surgida con motivo de la muerte de Servet se veía ahora refrendada por una nueva filosofía y una nueva manera de ver el mundo que contaba cada día con más adeptos. No sólo de las ideas sino también de los hombres que las encarnaban se benefició la recepción servetiana en Alemania. Aunque el interés por Servet siguió enraizado sobre todo en círculos allegados al protestantismo - los católicos aprovecharon el tema polémicamente - se advierte que dichos círculos dejan de ser exclusivamente clericales o teológicos. En este sentido es necesario destacar el descubrimiento del Servet médico, geógrafo y hombre de ciencia realizado por el siglo X V I I I y que conduce directamente a la rehabilitación histórica del pensador aragonés. El sacrificio de Servet, en el que se vieron implicados una buena parte de los calvinistas, empezaba a resultar sospechoso. Se imponía un examen de conciencia en torno al caso "Servet". Premisa fundamental del cambio de clima operado en Alemania en relación a Servet fue sin duda alguna el prestigio que el aragonés consiguió a raíz del trabajo del inglés Wotton (1694) que atribuía al aragonés la gloria de la primera descripción impresa de la circulación menor de la sangre. A raíz de ello Leibnitz confesaba que sentía "compassion du malheur de Servet", pasando a ser - en palabras de A. Alcalá - "el hombre que rehabilitó el nombre der Servet en el mundo científico y erudito, ya en el siglo X V I I I " 2 9 . El "Großes Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste", publicado en Leipzig y Halle en 1743 informa de un coloquio celebrado en Halle en 1712, en el cual unos seguían justificando aún el proceso de que fue objeto Servet en Ginebra mientras otros lo condenaban ya abiertamente: "Ueberhaupt wird dieses Verfahren mit Mich. Serveto von einigen als in einem Gespräch, welches zu Halle 1712 bekannt worden, gemißbilliget, von andern, als von Prof. Maude jedoch mit einigem Zurückhält für recht gesprochen." 30 La figura clave de la rehabilitación de Miguel Servet en la Alemania del siglo XVIII - y una de las más eficaces en toda Europa - fue, sin embargo, el historador protes27

Véase A. Alcalá, op. cit., pág. 32, n o t a 41.

Leo S t e r n , Philipp Berlin 1963, pág. 33. 28

Melanchthon

29

A. Alcalá, op. cit., pág. 30.

30

Tomo 37. pág. 4 5 6 - 4 5 7 .

- Humanist

- Reformator

- Praeceptor

Germaniae,

55

Angel San Miguel t a n t e J o h a n n Lorenz von M o s h e i m . Von M o s h e i m , q u e h a b í a dirigido la m e n c i o n a d a tesis d o c t o r a l de von A l l w o e r d e n 3 1 , en su a m p l i o e s t u d i o del a ñ o 1748 " A n d e r w e i t iger Versuch einer v o l l s t ä n d i g e n u n d u n p a r t h e y i s c h e n K e t z e r g e s c h i c h t e " 3 2 - al q u e siguió o t r o en 1750 3 3 - llega a la conclusión de que C a l v i n o y el C o n s e j o d e Gineb r a "die P f l i c h t e n d e r Gerechtigkeit u n d d e r Liebe, die wir d e n I r r e n d e n schuldig sind, ü b e r t r e t e n u n d m i t U n v e r s t a n d geeifert h a b e n " 3 4 . P a r a él, Servet es, d e s d e luego, u n hereje y u n s o ñ a d o r ("ein T r ä u m e r " ) , p e r o C a l v i n o es u n asesino ("ein T o t s c h l ä g e r " ) 3 5 . Von M o s h e i m , que escribe su libro sin la pasión de los panegirist a s , t r a s e x h u m a r e i n t e g r a r en su o b r a n u m e r o s o s d o c u m e n t o s desconocidos h a s t a e n t o n c e s en t o r n o a la violenta m u e r t e del a r a g o n é s , a f i r m a r o t u n d a m e n t e : "Die alte E n t s c h u l d i g u n g , d a ß Servet ein f r e c h e r G o t t e s l ä s t e r e r u n d U n g l ä u b i g e r gewesen sei, d e m die Gerechtigkeit d a s L e b e n nicht h a b e schenken k ö n n e n , ist u n b r a u c h b a r g e w o r d e n . . . " 3 6 Su t e n d e n c i a a la o b j e t i v i d a d h i s t ó r i c a le p r o h i b e t o m a r simple y l l a n a m e n t e p a r t i d o p o r Servet, c o m o p r u e b a n las siguientes p a l a b r a s : " J e m e h r ich Servets W e r k e lese, je weniger zweifle ich, d a ß er nicht gelinder mit d e m P a p s t e u n d allen seine K a r d i n ä l e n w ü r d e g e h a n d e l t h a b e n , als m a n m i t i h m zu G e n e v e g e h a n d e l t h a t , w e n n sie d a s Glück in seine G e w a l t geliefert h ä t t e . " 3 7 Sin e m b a r g o , y a p e s a r de e s t e severo juicio h i p o t é t i c o , n o p u e d e c a b e r d u d a d e que los t r a b a j o s d e von M o s h e i m t u v i e r o n el m é r i t o d e r e h a b i l i t a r a Miguel Servet c o m o p e r s o n a , d e p o n e r d e relieve m u c h o m á s c l a r a m e n t e que h a s t a e n t o n c e s sus a c t i v i d a d e s e r u d i t a s y científicas y d e d e j a r r e s u e l t o el p r o b l e m a d e que el hereje a r a g o n é s f u e a n t e t o d o y sobre t o d o la v í c t i m a p e r s o n a l de Calvino. P o r o t r o l a d o , el h i s t o r i a d o r a l e m á n se p r e o c u p ó m á s s e r i a m e n t e que n a d i e h a s t a él de e x p o n e r las tesis d o c t r i n a l e s m á s i m p o r t a n t e s del h e r e s i a r c a e s p a ñ o l , a p e s a r de c o n s i d e r a r a éste de " M u s t e r d e r U n o r d n u n g " 3 8 . P o s i b l e m e n t e f u e la l e c t u r a de la d o c u m e n t a d í s i m a o b r a de von M o s h e i m la que movió a Lessing a r e c o r d a r en 1774 "wie vieles ü b e r d e n S e r v e t u s g e s c h r i e b e n w o r d e n u n d von D e u t s c h e n geschrieben w o r d e n " 3 9 . Y no es a v e n t u r a d o p e n s a r que f u e el i m p u l s o d a d o a los estudios servetianos p o r von M o s h e i m el que m o t i v ó , t o d a v í a d e n t r o del siglo X V I I I , u n a nueva i m p r e s i ó n c o m p l e t a y c u i d a d o s a m e n t e p r e p a r a d a d e la " C h r i s t i a n i s m i r e s t i t u t i o " , e d i t a d a en N ü r n b e r g 31

Véase nota 25. Helmstedt 1748. 33 Neue Nachrichten von dem berühmten spanischen Arzte Michael Serveto, der zu Geneve ist verbrannt worden, Helmstedt 1750 34 J.L. von Mosheim, Versuch..., pág. 22. Por los mismos años, concretamente a partir de 1755, "el tema de Servet se va a convertir en algo obsesivo para Voltaire" (Véase José A. Ferrer Benimeli, Voltaire, Servet y la tolerancia, Instituto de Estudios Sijenenses "Miguel Servet", Villanueva de Sijena 1980, pág. 16.) 35 J.L. von Mosheim, Versuch..., pág. 28. 36 J.L. von Mosheim, Versuch. .., pág. 13. 37 J.L. von Mosheim, Versuch..., pág. 370. 38 J.L. von Mosheim, Versuch..., pág. 316. 39 Lessing, "Von Adam Neusern einige authentische Nachrichten", in Lessing, Werke, Hrsg. Leopold Zscharnack, Tomo XVII, Berlin 1925, pág. 242. 32

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Miguel

Servet

en

Alemania

p o r C h r i s t o p h G o t t l i e b von M u r r en 1790 ( n u e v a m e n t e r e e d i t a d a en F r a n k f u r t a. M . en 1966 4 0 ). El t e m a " S e r v e t " o c u p ó de n u e v o i n t e n s a m e n t e a los teólogos p r o t e s t a n t e s alem a n e s del siglo X I X , c o m o p o r e j e m p l o Trechsel (1839) 4 1 y Heberle ( 1 8 4 0 ) 4 2 . T r a s los vientos d e l i b e r t a d religiosa d e la ilustración, los e s t u d i o s d e von M o s h e i m y el l i b e r a l i s m o creciente decimonónico, los defensores de C a l v i n o n o sólo se veían provocados, sino que p o c o a p o c o se s e n t í a n a c o r r a l a d o s . Así lo revelan las siguientes p a l a b r a s de P a u l H e n r y " D r . in Theologie u n d S e m i n a r - I n s p e k t o r zu B e r l i n " e s t a m p a d a s en su libro Das Leben Johann Calvins (1844): " E s m ö c h t e n vielleicht m e h r e r e F r e u n d e C a l v i n s diese Zeit" (el de las relacionen con Servet) "gänzlich a u s seiner Geschichte auslöschen wollen o d e r auf den G e d a n k e n k o m m e n , ein L e b e n C a l v i n s o h n e die Servetische Angelegenheit i m Einzelnen zu v e r f o l g e n . " 4 3 E s t a s i t u a c i ó n hizo que los a c é r r i m o s p a n e g i r i s t a s de C a l v i n o se v i e r a n f o r z a d o s a r e c u r r i r u n a y o t r a vez al a r g u m e n t o histórico, es decir, a justificar la m u e r t e de Servet t e n i e n d o en c u e n t a lo que el p r o p i o P a u l H e n r y l l a m a el " S t a n d p u n k t jenes Z e i t a l t e r s " 4 4 . La r e h a b i l i t a c i ó n de Servet en A l e m a n i a llegaría a su p u n t o c u l m i n a n t e en la seg u n d a m i t a d del siglo X I X . Ello se debió m e n o s al d r a m a d e A r n o l d Hesse: Serveto. Trauerspiel in 5 Akten (1866) c u y a difusión al p a r e c e r f u e e s c a s a 4 5 , que a los t r a b a j o s d e e s t u d i o y v u l g a r i z a c i ó n del p a s t o r p r o t e s t a n t e de M a g d e b u r g Henri Tollin, quien dedicó a la p e r s o n a y a la o b r a del aragonés, a p a r t i r de los a ñ o s 70, m á s de 30 e s t u d i o s d i s t i n t o s , en los que p o n e de relieve n o sólo nuevos a s p e c t o s de la v i d a y la l a b o r de Servet, sino t a m b i é n u n e n t u s i a s m o sin límites p o r el p e n s a d o r y h o m b r e de ciencia y el c r e y e n t e c r i s t i a n o 4 6 . Tollin a f i r m a que el d e s t i n o d e Servet se constit u y e en " M a ß s t a b f ü r die E n t a r t u n g des bibelfesten P r o t e s t a n t i s m u s von 1521 in d e n 40 Francisco Sánchez Blanco, Michael Servets Kritik an der Trinitätslehre: Philosophische Implikationen und historische Auswirkungen, Frankfurt a. M. 1977, pág. 139. (Quisiera aquí expresar mi agradecimiento a Sánchez Blanco por haberme ayudado generosamente a completar la bibliografía en torno a Servet y su obra.) 41 F. Trechsel, Die protestantischen Antitrinitarier vor Faustus Sozinus, I: Michael Servet und seine Vorgänger, Heidelberg 1839. 42 Heberle, "Michael Servet's Trinitätslehre und Christologie" in: Tübinger Zeitschrift für Theologie 2, 1840, pág. 3-36. 43 Paul Henry, Das Leben Johann Calvins, Hamburg 1844, pág. 98. 44 Paul Henry, op. cit., pág. 98. 45 Así se deduce indirectamente de la dificultad de hallar el texto de su "Trauerspiel" y de identificar al autor. El texto me fue servido en fotocopia, tras una odisea de pesquisas, por el "Germanisches Nationalmuseum" de Nürnberg; al autor aún no he logrado identificarle. Una primera lectura de su drama, realizada con demasiada urgencia, me produjo una impresión favorable. 46 Por los mismos años, otro alemán - católico - Franz Lorinser se había entregado con el mismo fervor que Tollin a Servet, a la obra de Calderón y en concreto a sus autos sacramentales. Véase la ponencia de P. Juan-Tous sobre el tema en este mismo libro, págs. xx-xx. En breve aparecerá también una contribución mía al mismo tema: "Calderón, paradigma en la Alemania del siglo XIX", in: Actas del congreso de Salamanca, diciembre 1985.

57

Angel San Miguel

ketzerfresserischen Bekenntnis-Protestantismus von 1553" 47 . El pastor de Magdeburg no vacila en asegurar: "Mit Servet beginnt eine dritte Reformation neben der Luthers und des Conzils von Trident: die Reformation des freien Bibelgedankens, die Reformation des christusfrohen Gewissens, die Reformation der gotterfüllten Menschlichkeit." 48 Al morir en aras de sus creencias y sus profundas convicciones religiosas, Servet se convierte para Tollin en un auténtico mártir: "Um der Wahrheit willen opfert der Spanier Freundschaft, Ehre, Einfluß, Vortheil und Glück" 4 9 , reafirma Tollin con, su retórica de predicador. La única culpa del gran español Servet, cuya nacionalidad destaca Tollin más que nadie hasta él, fue la de haberse adelantado a su tiempo, pues para el pastor de Magdeburg, el noble hispano, el médico, el teólogo, profeta y mártir aragonés "gehört dem 19. Jahrhundert." 5 0 Un entusiasmo parecido por Servet lo comparte en los últimos años del siglo XIX otro famoso protestante alemán: Adolf von Harnack. Tras acentuar - de acuerdo con Tollin - la profunda religiosidad ("tiefe Frömmigkeit") de Servet, Harnack no vacila en ver al aragonés como una de las auténticas lumbreras de su época. En este sentido escribe: "In ihm (Servet) ist das Beste von alledem vereinigt, was im 16. Jahrhundert zur Reife gekommen war, wenn man von der evangelischen Reformation absieht. Servede (sie) ist gleich bedeutend als empirischer Forscher, als kritischer Denker, als speculativer Philosoph und als christlicher Reformer im besten Sinn des Worts." 5 1 Harnack se admira de que precisamente España pudiera producir un hombre de la categoría de Servet: "Es ist eine Paradoxie der Geschichte, dass Spanien - das Land, welches von den Ideen der neuen Zeit im 16. Jahrhundert am wenigsten berührt gewesen, und in dem der Katholicismus am frühesten restaurirt worden ist - diesen einzigen Mann hervorgebracht hat." 5 2 La sorpresa de Harnack hubiera sido probablemente menor si hubiera podido conocer un libro como el de Erasmo en España de M. Bataillon, pero aún así no duda en poner a Servet a la altura de G. Bruno, de Sebastian Frank y del propio Erasmo: "Es ist eine ganz einseitige, ja sträflich abstráete Betrachtung Luther's, die in ihm den Mann der neuen Zeit, den Helden eines heraufsteigenden Zeitalters oder den Schöpfer des modernen Geistes feiert. Will man solche Helden erblicken, so muss man zu Erasmus und Genossen oder zu Männern wie Denk, Franck, Servede und Bruno gehen." 5 3 Como se advierte en este somero recuento de la recepción de Miguel Servet en Alemania, Menéndez y Pelayo estaba en lo cierto cuando ya en su Historia de los 4T H. Tollin, "Charakterbild Michael Servet's" in: Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, hgg. von Rudolf Virchow und Fr. von Holzendorf, XI. Serie, Heft 241-264, Berlin 1876, pág. 7. 48 H. Tollin, "Charakterbild...", pág. 8. 49 50 51

H. Tollin, "Charakterbild...", pág. 32 y 37. H. Tollin, "Charakterbild...", pág. 39. Lehrbuch

der Dogmengeschichte,

fünfte, photomechanisch gedruckte Auflage, Tübingen

1932, Tomo III, pág. 775. 52 5J

58

A. von Harnack, op. cit., pág. 775. A. von Harnack, op. cit., pág. 8100-811.

Miguel Servet en Alemania

heterodoxos... afirmaba que, aunque se había escrito mucho y muy concienzudamente sobre Miguel Servet, "muy poco o casi nada de ello se debe a los católicos." 54 Ello es válido también para Alemania. Dentro de esta discusión fundamentalmente protestante, el tema Servet se presenta en Alemania como una especie de permanente examen de conciencia en el que se van reflejando los cambios sustanciales en el devenir histórico- cultural de Centroeuropa a lo largo de tres siglos y medio. Desde un punto de vista más estrictamente literario, el tema Servet - no mencionado por E. Frenzel en su Stoffe der Weltliteratur (1963) - está esperando un trabajo en el que se analicen obras como el ya mencionado drama de Arnold Hesse (1866), Michael Servetus. Ein Trauerspiel de Richard Paasch (Berlín 1902), Michael Servet; biographisches Drama (Basilea 1947) de Hellfried von Schroetter, La muerte en ¡OÍ labios de José de Echegaray (1880), la tragedia en tres actos titulada Miguel Servet de Germán González de Zavala y Joaquín López Aristegui (1915), inspirada en el libro de Pompeyo Gener Pasión a muerte de M. Servet (1909) 55 , la "tragedia compleja" de Alfonso Sastre La sangre y la ceniza (1965) 56 o Passion et mort de Michel Servet, chronique historique et dramatique de Georges Haldas (1975) y, bajo otro aspecto, también por ejemplo Aquelarre de Carlos Rojas (1970) 5T . Estas y otras obras literarias sobre el tema Servet 5 8 , que tal vez descubra quien se dedique sistemáticamente a su investigación, son una muestra suficiente y una prueba de que el "caso" Servet no puede ni debe seguir siendo ajeno a las preocupaciones des hispanismo (alemán).

54

Tomo III, pág. 312. Debo esta información al dramaturgo español Alfonso Sastre en carta del 20 de nov. de 1985. En el Diccionario de literatura española de G. Bleiberg y J. Marías se dice asimismo que P. Gener "compuso el drama Miguel Servet (1906)." 56 Sobre esta obra de Sastre véase mi trabajo: "M. Servet y G. Galilei. Un diálogo correctivo de Alfonso Sastre con Bertolt Brecht" in: Romanische Literaturbeziehungen im 19. und 20. Jahrhundert. Festschrift für Franz Rauhut zum 85. Geburtstag. Hgg. von A. San Miguel, R. Schwaderer und M. Tietz, Tübingen 1985, págs. 267-277. 57 Agradezco esta información a Sabine Horl. 58 Véase A. Alcalá, op. cit. pág. 24, nota 29. 55

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B o u t e r w e k s Urteile. Zur Literaturgeschichtsschreibung zwischen Rationalismus und Romantik Ludwig

Schräder

Düsseldorf I. Friedrich Bouterwek (1766-1828) aus Oker am Harz gab 1788 den Beruf des Advokaten auf, den er nach seinem Jurastudium kurze Zeit in Hannover ausgeübt hatte, um Schriftsteller zu werden und eine akademische Laufbahn als Philosoph zu betreiben. 1792 begann er in Göttingen über Kant zu lesen, 1797 erhielt er dort eine Professur. Die hier anzusprechenden kunst- und literarkritischen Schriften sind nur ein geringer Teil von Bouterweks halb vergessenem Œuvre, das außer philosophischen Arbeiten, namentlich zu dem von ihm entwickelten Virtualismus, auch dramatische und erzählende Werke, Dialoge und Gedichte umfaßt. Wir werfen im folgenden einen Blick auf Bouterweks Spanische Literaturgeschichte mit Vorrede, die 1804 im Rahmen seiner insgesamt zwölf Bände umfassenden Geschichte der Poesie und Beredsamkeit seit dem. Ende des dreizehnten Jahrhunderts erschien; wir werfen einen Blick auf die "Vorrede" und die "Allgemeine Einleitung" (beides 1801) dieses monumentalen Werkes 1 , das Gustav Struck in seiner sonst unentbehrlichen Monographie über Bouterwek wohl zu Unrecht als "ungünstig und hemmend [...] für den philosophischen Forscher und Gelehrten" und als "außerhalb seiner Lebensaufgabe" liegend bezeichnet hat 2 - die lebenslangen belletristischen Interessen Bouterweks sind ja ganz offensichtlich. Wir ziehen schließlich Bouterweks Aesthetik heran, die erstmals 1806, dann 1815, in dritter Auflage 1824-1825 herauskam 3 . Bei unseren Überlegungen sind die beiden Termini Rationalismus und Romantik nur als idealtypische Extreme zu verstehen; es wird nicht darauf ankommen, Bouterwek völlig von der rationalistischaufklärerischen Seite zu trennen, aber er ist wohl nicht nur von dort her zu sehen 4 : 1 Friedrich Bouterwek, Geschichte der Poesie und Beredsamkeit seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts, 12 Bde., Göttingen 1801-1819 (Geschichte der Künste und Wissenschaften seit der Wiederherstellung derselben bis an das Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Von einer Gesellschaft gelehrter Männer ausgearbeitet. 3. Abt.). Der vollständige Titel der Einleitung lautet: "Allgemeine Einleitung in die Geschichte der neueren Poesie und Beredsamkeit". 2 Gustav Struck, Friedrich Bouterwek. Sein Leben, seine Schriften und seine philosophischen Lehren. (Gekrönte Preisschrift.) Diss. Rostock 1919, S. 53. 3 Friedrich Bouterwek, Aesthetik, Leipzig 1806; Göttingen 2 1815; Göttingen 3 1824-1825 (Nachdruck Bruxelles 1969). 4 Vgl. H. W. J. im Artikel "Geschichte der Poesie und Beredsamkeit" in Kindlers Literaturlexikon, Bd. 3, Zürich 1967, S. 674 mit starker Betonung des Aufklärerischen, aber auch der Bemerkung, Bouterwek zolle mit der Relativierung der Gattungsgrenzen und der Grenzen zwischen Poesie und Rhetorik "vielleicht ungewollt, dem Programm der herrschenden Theoretiker dieser Jahre Tribut".

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Bouterweks

Urteile

"Deutsches G e m ü t h und spanische Phantasie in kräftiger Vereinigung, was könnten die nicht hervorbringen!" so schreibt er einmal - Rationalismus? 5 II. Allerdings ist einzuräumen, daß die Zeitgenossen Bouterwek, damals sehr bekannt und hoch geschätzt 6 , eher sahen wie er sich selbst: in einer Opposition zu den Romantikern. Allen voran taten es die Romantiker selbst, etwa die Gebrüder Schlegel. August Wilhelm Schlegel mokiert sich über Bouterweks Abriß akademischer Vorlesungen über die Philosophie der Schreibart in deutscher Prose, die "wie eine philosophische Theorie des Schuhmachens" klinge 7 , und namentlich über seine "lächerliche, pedantische Vornehmigkeit" im Zusammenhang mit D a n t e 8 . Es ist richtig, daß Bouterwek kein Verständnis für manieristische Züge aufbrachte (wir kommen darauf zurück) und Dantes poetischen Qualitäten skeptisch gegenüberstand, aber Schlegel unterschlägt, daß sich Bouterweks Urteil über Dante eben nicht in der Kritik an dessen "anstößigem Barock" erschöpft. An derselben Stelle der "Allgemeinen Einleitung" gesteht Bouterwek dem Autor der Göttlichen Komödie ausdrücklich "Genie" zu und eine Führungsrolle in "einer vielbedeutenden Umwandlung der allgemeinen Denkart" 9 . Er liegt im Grundsätzlichen gar nicht so weit von A . W . Schlegel entfernt (oder dieser von i h m 1 0 ) , wenn er, in drastischer Relativierung des Humanismus, eine 5 Geschichte der Poesie und Beredsamkeit, Bd. 3: Geschichte der spanischen Poesie und Beredsamkeit, 1804, "Vorrede", S. VHIf. 6 Vgl. Struck, a.a.O., S. 45ff. (negatives Urteil Schillers, wohl wegen Bouterweks Roman Graf Donamar, Interesse Goethes; Freundschaft mit Jacobi); S. 57 mit Hinweis auf Jean Pauls Lob für die Geschichte der Poesie und Beredsamkeit. 7 August Wilhelm Schlegel, Die Kunstlehre ( = Berliner Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst I, 1801-1802), Stuttgart 1963 (Kritische Schrißen und Briefe. Herausgegeben von Edgar Lohner, Bd. 2. - Sprache und Literatur. 5), S. 14 (Schlegel erwähnt Bouterwek mit ungenauem Titel); vgl. Lohners Anmerkung a.a.O., S. 317, und die Liste der Werke Bouterweks bei Struck, a.a.O., S. 301. 8 August Wilhelm Schlegel, Geschichte der romantischen Literatur ( = Berliner Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst III, 1802-1803), Stuttgart 1965 (Kritische Schriften und Briefe. Herausgegeben von Edgar Lohner, Bd. 4. - Sprache und Literatur. 20), S. 172. 9 Geschichte der Poesie und Beredsamkeit, Bd. 1, 1801, "Allgemeine Einleitung", S. 6: "Mag die barocke Ausstaffirung der katholisch-christlichen Theorie von der Hölle, dem Fegefeuer und dem Himmel mit Blumen des Heidenthums in Dante's g ö t t l i c h e r C o m ö d i e dem Kritiker noch so anstößig seyn; dem Geschichtsforscher ist sie ein erfreulicher Beweis einer vielbedeutenden Umwandlung der allgemeinen Denkart"; Petrarca übertraf Dante "an Geschmack, wie dieser ihn vielleicht an Genie". Vgl. "Vorrede", ebda., S. V: "Was neuere Denk- und Sinnesart zu heissen verdient, entwickelt sich in der Redekunst nicht eher als mit D a n t e . Mit ihm und folglich mit der Geschichte der i t a l i e n i s c h e n Poesie und Beredsamkeit fängt dieses Buch an". Was Bouterwek unter "anstößig" versteht, ist etwa seinen Bemerkungen über das Paradiso zu entnehmen: Geschichte der Poesie und Beredsamkeit, Bd. 2, 1802, S. 106. 10 Zeitlich sehr nahe beieinander liegen die eben zitierten Schriften Bouterweks mit August Wilhelm Schlegels Berliner Vorlesungen (oben Anm. 7 und 8); bereits 1791 aller-

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Ludwig Schräder von der griechischen und römischen essentiell verschiedene "neuere Poesie" postuliert: sie basiert auf Christentum und Ritterwesen - "Die neuere Poesie ist eine Tochter der romantischen Liebe" und D a n t e ist eines der wichtigsten Beispiele 1 1 . Weniger scharf Friedrich Schlegel, der immerhin den Wert von Bouterweks spanischer Literaturgeschichte als Informationsquelle anerkennt 1 2 . Aber a u c h andere Äußerungen über Bouterwek reflektieren direkt oder indirekt eine Opposition zu den romantischen Theoretikern, so die ausführliche, viele Ergänzungen enthaltende Besprechung, die Ferdinand Wolf 1859 der spanischen Ausgabe von Bouterweks Literaturgeschichte widmet, unter anderem mit d e m Vorwurf, Bouterwek habe den Cid verkannt, "wie er überhaupt die ältesten Denkmäler der castilischen Poesie mit sichtbarer Abneigung und beinahe oberflächlicher Flüchtigkeit behandelt" 1 3 . Zitiert sei in diesem Zusammenhang ferner die Erinnerung Heinrich Heines in der Harzreise. Göttinger Professoren werden darin bekanntlich nicht eben zimperlich behandelt, aber Bouterwek erscheint als sympathisch und als Rationalist: In diesen philosophischen Betrachtungen und Privatgefühlen überraschte mich der Besuch des Hofrath B., der kurz vorher ebenfalls nach Goslar gekommen war. Zu keiner Stunde h ä t t e ich die wohlwollende Gemüthlichkeit dieses Mannes tiefer empfinden können. Ich verehre ihn wegen seines ausgezeichneten, erfolgreichen Scharfsinns; noch mehr aber wegen seiner Bescheidenheit. Ich fand ihn ungemein heiter, frisch und rüstig. Daß er letzteres ist, bewies er jüngst durch sein neues Werk: "Die Religion der Vernunft", ein Buch, das die Razionalisten so sehr entzückt, die Mystiker ärgert, und das große Publikum in Bewegung setzt. Ich selbst bin zwar in diesem Augenblick Mystiker, meiner Gesundheit wegen, indem ich, nach der Vorschrift meines Arztes, alle Anreizungen zum Denken vermeiden soll. Doch verkenne ich nicht den unschätzbaren Werth der razionalistischen Bemühungen eines Paulus, Gurlitt, Krug, Eichhorn, Bouterwek, Wegscheider usw. 1 4 .

dings war Schlegels Aufsatz "Dante. Über die Göttliche Komödie" erschienen, u n d zwar in Bürgers Akademie der schönen Redekünste, an der wiederum Bouterwek 1790 mit mehreren Beiträgen beteiligt war (vgl. Struck, a.a.O. S. 28ff.). 11 "Allgemeine Einleitung", a.a.O., S. 26 und 29. 12 Nach Werner Brüggemann, Spanisches Theater und deutsche Romantik, Bd. 1, Münster 1964 (Spanische Forschungen der Görresgesellschaft. II, 8), S. 209, mit Hinweis auf briefliche Äußerungen, u. a. an August Wilhelm Schlegel vom 24. 7. [1806] (Brüggemann: 1807), bei Josef Körner (Hrsg.), Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkrets, Bd. 1, Brünn-Wien-Leipzig 1936, S. 351. Vgl. überhaupt die Ausführungen Brüggemanns über Bouterwek und seine relative Nähe oder Ferne zur Romantik hinsichtlich des Dramas, a.a.O., S. 204ff. 13 Ferdinand Wolf, Studien zur Geschichte der spanischen und portugiesischen Nationalliteratur, Berlin 1859, S. 29. 14 Heinrich Heine, " Zu 'Die Harzreise'. Bruchstücke < 2. Bouterwek > " , in Briefe aus Berlin. Uber Polen. Reisebilder I/II (Prosa), bearbeitet von Jost Hermand, Hamburg 1973 (Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke. Hgg. von Manfred Windfuhr, Bd. 6), S. 227. 62

Bouterweks

Urteile

in. Bouterweks Geschichte der spanischen Poesie und Beredsamkeit erschien schon im dritten B a n d e des Gesamtwerkes, nach dem italienischen, vor dem portugiesischen, französischen, englischen und deutschen Teil. Vielleicht hängt diese Reihenfolge mit dem von Bouterwek selbst so bezeichneten "Hispanisiren", der "neuesten Mode in der deutschen P o e s i e " 1 5 , zusammen. In jedem Falle stand Bouterwek bei der spanischen Literatur vor größeren Schwierigkeiten als bei anderen Gebieten 1 6 : es gab weniger Vorarbeiten. Die schon erwähnte, 1 8 2 9 in Madrid erschienene spanische Übersetzung und Bearbeitung spricht für Nachholbedarf auch in Spanien selbst. Wolf, in diesem Punkte sehr anerkennend, nennt Bouterweks Werk " n o c h immer das einzige", "welches sich über das Gesammtgebiet der schönen Literatur Spaniens verbreitet, und er [Bouterwek] diente und dient noch allen unseren Literaturhistorikern in diesem Bereiche"17. W i r wollen zunächst versuchen, an einigen Beispielen Urteile Bouterweks über die spanische Literatur zusammenzustellen. W i r müssen auswählen; auch nicht annäherungsweise kann ein Résumé der über 600 Druckseiten angestrebt werden. - Wolf hat übrigens nicht ganz unrecht, wenn er eine gewisse Vernachlässigung des Mittelalters moniert. Zwar handelt Bouterwek im E r s t e n Buch auf etwas über 100 Aesthetik, 1806, S. 334. Namentlich dem französischen; hierüber Peter Brockmeier, Darstellungen der französischen Literaturgeschichte von Claude Fauchet bis Laharpe, Berlin 1963 (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Schriftenreihe der Arbeitsgruppe zur Geschichte der deutschen und französischen Aufklärung. 17) und " L a Storia della poesia e della retorica francese (1806-1807) di Friedrich Bouterwek e la sua polemica contro i critici francesi del settecento", in: Annali di Ca'Foscari 1962, S. lff. 15

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1 7 Wolf, a.a.O., S. 2. Auf eine in London 1823 erschienene englische Übersetzung macht aufmerksam Henry W. Sullivan, Calderon in the German Lands and the Low Countries: his reception and influence, 1654-1980, Cambridge usw. 1983 (Cambridge Iberian and Latin American Studies), S. 458, Anm. 40; vgl. S. 165: Bouterweks spanische Literaturgeschichte bei ihrem Erscheinen "by far the best account of Spanish literature that had ever been written, anywhere". - Wolf nimmt a.a.O., S. 5, Bouterwek in Schutz gegen die, "die mit der uns Deutschen eigenen Verkleinerungssucht des Heimischen den wohlerworbenen Ruhm unseres Landsmannes durch hämische Aufmutzung kleiner Versehen zu schmälern suchen, und das Andenken eines unserer würdigsten und ausgezeichnetsten Gelehrten, der leider für das Vaterland und die Wissenschaft zu früh starb, durch gedankenlos nachgeschriebene und mit eben so frecher Unbescheidenheit als greller Unwissenheit vorgebrachte Beschuldigungen besudeln. Vielmehr freue man sich aufrichtig der ehrenden Anerkennung, die seinem Verdienste in d e m Lande selbst wurde, dessen Literatur er so geistreich und geschmackvoll darstellte [usw.]" - man war wenig bange im Ausdruck. Bouterwek selbst spricht in der "Vorrede" zur Geschichte der spanischen Poesie und Beredsamkeit, S. Illff., über seine Vorläufer und seine Dokumentationsprobleme; es heißt u. a.: "Aber um die Geschichte der spanischen Beredsamkeit in ihrem ganzen Umfange zu erzählen, mußte ein völlig unbearbeitetes Feld urbar gemacht werden. Kaum ein Paar nothdürftige Winke, die hier weiter führen können, findet man bei einigen spanischen Litteratoren" (S. V I ) . Vgl. auch Geschichte, S. 28.

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Seiten über die Zeit "Vom Ende des dreizehnten bis in die ersten Decennien des sechzehnten Jahrhunderts", man gewinnt aber den Eindruck, daß sein Herz eher der frühen Neuzeit, dem Siglo de Oro, gehört, dem er sich im Zweiten Buch weit ausführlicher zuwendet und das auch wir in den Mittelpunkt stellen wollen. (Das Dritte Buch handelt "Von der zweiten Hälfte des siebzehnten bis gegen E n d e des achtzehnten Jahrhunderts" und sieht die spanische Literaturgeschichte dieses Zeitraumes wesentlich unter dem Gesichtspunkt des "Absterbens der alten spanischen Poesie und Beredsamkeit und der Einführung des französischen Styls [ . . . ] " - so der Titel des zweiten Kapitels.) Ohne daß jetzt eine Apologie gegenüber Wolf beabsichtigt ist, seien gleichwohl einige Punkte aus dem Mittelalter-Teil festgehalten: Nach Bouterwek nahm "die ganze Cultur der Spanier von ihrer ersten Entstehung an einen p o e t i s c h e n N a t i o n a l s c h w u n g " , und zwar im Zusammenhang mit dem "beständigen Conflict mit den A r a b e r n " . Gemeint ist, daß die Spanier, "an Orientalismen aller Art gewöhnt", den " U n t e r s c h i e d z w i s c h e n Poesie u n d P r o s a " übersahen. Man schmückt, so Bouterwek, historisch Beglaubigtes poetisch aus und erzählt umgekehrt "eine erdichtete Geschichte wie eine wahre". " S o entstanden die h i s t o r i s c h e R o m a n z e und der R i t t e r r o m a n aus einer und derselben Verwirrung der Grenzen der epischen und der historischen Darstellung" (S. 4 7 ) 1 8 . Klingt hier Kritik an der Gattungsmischung deutlich an - in seiner Aeathetik unternimmt Bouterwek eine umfängliche Gattungspoetik - , so hat doch das Wort "poetisch" offenbar einen positiven Klang: Bouterwek begeistert sich sogleich für den Amadis, eines der Beispiele: "Wer auch der Verfasser des A m a d i s v o n G a l l i e n gewesen seyn mag; sein Genie lebt in seiner Erfindung. [...] Sein [des Werkes] Einfluß auf die Nationalliteratur mußte desto größer seyn. Denn gerade damals, als es mit der ganzen Gewalt der Neuheit wirkte, entwickelte sich der poetische Geist der Nation in seiner ersten Kraft. Und welches Buch hätte die spanischen Edeln mehr bezaubern können, als der Amadis von Gallien? Die ungeheure Mißhandlung der wahren Geschichte und Geographie in diesem Buche störte die Leser nicht, die von Geschichte und Geographie wenig wußten". Es ist dann die Rede von einem besonderen "epischen Colorit", das sich "mit der pathetischen Darstellung des romantischen Heroismus" vereinigt (S. 48f.). Die vorher beanstandete Mischung der Sphären schadet demnach der Bewertung nicht, weil das Beobachtete " z u s e i n e r Z e i t " (S. 49) mit einem verbreiteten Geschmack korrespondierte. Dieses gilt auch für moralische Probleme, das heißt Bouterwek weiß auch Heikles zu verteidigen: Er spricht vom "moralischen Gepräge der Erfindung und Ausführung", das im Amadis "wundersam mit einer eignen Art von schön umschleiertem Libertinismus" zusammenfließe, "in dem sich aber ohne Zweifel der spanische Rittergeist ganz besonders gefiel. Denn während die wohl gesinnten Ritter [.. .] unverbrüchliche Treue als das höchste Gesetz des R i t t e r t h u m s 18 Geschichte der spanischen Poesie und Beredsamkeit, auch im folgenden nur mit Seitenzahlen zitiert; Sperrungen im Original (auch in den sonst zitierten Werken Bouterweks).

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[...] üben, leben sie ohne Bedenken mit ihren geliebten D a m e n vor der Vermählung, nach der geheimen Verlöbniß, in zärtlichen S t u n d e n wie M a n n u n d F r a u " (ebda.). Auf diese etwas verschämte Darlegung folgen d a n n Formulierungen wie: " w a h r h a f t großes G e m ä h i d e " , "ohne ängstliche Beschränkung des Lohnes der Liebe, aber auch ohne irgend einen beleidigend unsittlichen Zug", "Schwärmerei", " ü b e r die N a t u r hinaus exaltirt, aber doch [...] auch den gesunden Geschmack ergötzend" (ebda.). Schon eine einfache Stilanalyse fördert Folgendes zu Tage: auf der einen Seite stehen Kriterien wie G a t t u n g s t r e n n u n g u n d s a u b e r e Moral, auf der a n d e r e n Seite wird ihre d a u e r n d e Ü b e r t r e t u n g wohl nicht z u m P r o g r a m m e r h o b e n , aber mit d e m Zeitgeist einerseits u n d d e m "Genie" des u n b e k a n n t e n Schöpfers andererseits so intensiv entschuldigt, daß wieder von "gesundem Geschmack" gesprochen werden darf. Danach ist es kein W i d e r s p r u c h , wenn Bouterwek an anderer Stelle d e m C h a r a k t e r der spanischen Nation besonderen " m o r a l i s c h e n E r n s t " (S. 104, S. 106) zuschreiben möchte. Im ganzen freilich vermißt Bouterwek ein "überwiegendes Genie", das die spanische Literatur des Zeitraumes "zu einer höheren Vollkommenheit gesteigert" h ä t t e . Es herrschte nämlich "ästhetische Demokratie" (S. 143). Bouterweks zweite u n d H a u p t e p o c h e der spanischen Literatur wird durch die B e r ü h r u n g und Auseinandersetzung mit Italien eröffnet. Bouterwek widmet längere A u s f ü h r u n g e n nicht nur d e m außenpolitischen R a h m e n dieser Bewegungen, sondern auch den merkwürdig geringen Folgen der Inquisition und des "immer verderblicher wirkenden D e s p o t i s m u s d e r s p a n i s c h e n R e g i e r u n g " f ü r die Literatur (S. 154). Zwar h a b e sich, so Bouterwek, der "poetische Geist der N a t i o n " unter diesen Beschränkungen "nicht zur höchsten Reife des Geschmacks" erheben können (S. 150). Die Inquisition sei a b e r , auch wenn es heute v e r w u n d e r t , von den auf ihr reines C h r i s t e n t u m stolzen Spaniern akzeptiert worden (S. 151), u n d d a m i t erkläre es sich, d a ß "die Entwickelung des poetischen Geistes der Nation d u r c h den kirchlichen Glaubenszwang so wenig g e h e m m t wurde. [...] W ä h r e n d der Herzog von Alba in den Niederlanden mit d e m Henkerbeile regierte, schrieb Cervantes in Spanien seinen Donquixote, u n d Lope de Vega, der selbst bei der Inquisition angestellt war, seine Lustspiele" (S. 152). Bouterwek hebt den spezifisch nationalen C h a r a k t e r der spanischen L i t e r a t u r , namentlich des T h e a t e r s , hervor: " D e m N a t i o n a l g e i s t e allein verdankt die spanische Poesie ihren höchsten Flor" (S. 155). Und er betont die b e s t i m m e n d e Rolle des P u b l i k u m s wie auch den U m s t a n d , d a ß die Poesie "auf das innigste in alle Verhältnisse des g e s e l l s c h a f t l i c h e n L e b e n s verwebt" war, sowohl hinsichtlich der A u t o r e n wie hinsichtlich der T h e m e n ("altritterliche Galanterie", Stierkampf, " r o m a n t i s c h e I n t r i g u e n " , S. 156f.). Zunächst zu Cervantes. E b e n h a t t e es noch geheißen, die höchste Reife des Geschmackes sei in Spanien nicht erreicht worden, n u n liest m a n ü b e r den Don Quijote, er sei mit seiner "glücklichen Haltung des Tons zwischen der reinen Poesie u n d der Prose" das " e r s t e c l a s s i s c h e M u s t e r d e s n e u e r e n R o m a n s " , und zwar aus Geschmacksgründen: " D u r c h Cervantes ist zuerst der echte R i t t e r r o m a n aus einem zweideutigen Erzeugnisse des Genies u n d der Geschmacklosigkeit der mittleren J a h r h u n d e r t e zu einem echten R o m a n aus der neueren Welt umgebildet worden." Der "neuere Geschmack" nämlich verlangt "eine gewisse, 65

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den Griechen und Römern in ihrer guten Zeit unbekannte Mischung der Poesie mit der Prose in der Erzählung erdichteter Begebenheiten" (S. 340). Hier ist offensichtlich wiederum ein, in diesem Falle enthusiastisch formuliertes, Zugeständnis des allgemeinen, überzeitlichen Geschmackes an den historisch bestimmten gemacht worden. Uberschreitungen eines gedachten Kanons, der eigentlich die Trennung von "Poesie" und "Prosa" vorsieht, werden legitimiert. Weitere wichtige Termini hängen eng mit dieser Grundposition zusammen: Don Quijote liegt eine "genialische I d e e " zugrunde, eben die "eines heroischen Phantasten, der das Ritterthum wiederherstellen will"; die "Phantasie" des Autors, eines "lange geübten Menschenbeobachters von kerngesundem Verstände" mit dem "Blick des Genies", sein "Darstellungstalent" und seine "Kühnheit" führen dazu, daß er "das heterogen Scheinende in der Ausführung zusammen mischen wird, um eben dadurch die ganze Fülle der Idee zu erschöpfen, von der er begeistert wurde". Seine Sprache "giebt diesem komischen Romane etwas Imposantes, das sonst nur den ernsthafteren Kunstwerken eigen [...] ist" (S. 335ff.) Ahnlich wie Bouterwek anläßlich des Amadis nach Bestätigung vieler "unklassischer" Freiheiten schließlich doch den "gesunden Geschmack" wieder bemüht, so möchte er auch bei Don Quijote, um es so zu formulieren, nicht zu weit gehen. Er betont Unvollkommenheiten (S. 337); vor allem spricht er am Schluß seines CervantesKapitels von wichtigen rationalen Instanzen, die allem Vorherigen übergeordnet sind und denen Cervantes gehorcht habe: E i n kritischer T a c t , der ein treuerer Wegweiser, als alle Regeln ist, aber auch das Genie verläßt, wo es sich selbst vergißt, sicherte die P h a n t a s i e des Cervantes von allen Verirrungen gemeiner Köpfe; und sein muthwilliger W i t z stand immer unter der Herrschaft des solidesten Verstandes (S. 3 6 0 ) .

Auch in diesem Falle sollte man nicht so sehr von Widersprüchen reden als von einer durch Bouterwek nach der Lage seiner Zeit gar nicht zu bewältigenden Spannung zwischen der Priorität des eher Irrationalistischen und derjenigen des eher Rationalistischen. Sie ist nicht zuletzt dort interessant, wo er die "Regeln" ablehnt. Er wird es ausführlicher im Dritten Buch der spanischen Literaturgeschichte anläßlich der französisch-neoaristotelischen Einflüsse und in seiner französischen Literaturgeschichte tun. Für unseren Zusammenhang möge seine Darstellung Lope de Vegas und Calderöns genügen, die mutatis mutandis kaum anders dastehen als Cervantes: Lope ist "monstruo de naturaleza". Bouterwek nimmt das Wort auf: Er, Lope, "kannte alle Regeln der antiken Poesie; aber es ergötzte ihn, Dichtungen und Verse so, wie sie ihm einfielen, aus seiner Feder strömen zu lassen, und des lauten Beifalls gewiß zu seyn". Es wimmelt von Inkorrektheiten in seinen Werken, gleichwohl lebt in ihnen "ein poetischer Geist, den keine methodische Kunst erreichen kann". Gleichzeitig ist er typisch spanisch, und Lopes Vorzüge wie seine Fehler sind nur zu verstehen "in ihrem Zusammenhange", das heißt in Kenntnis anderer, früherer Dramatiker (S. 362ff.). Was gemeint ist, führt Bouterwek an Hand der Comedia als einer ausgesprochenen Mischgattung aus: "Es ist der C l a s s e n n a h m e für mehrere Arten von Schauspielen, deren einige nach den bei uns üblichen Begriffen [!] weder Lustspiele, noch Trauerspiele sind". Ursprung der Comedia sind nach Bouterwek Novellen, "in welchen Landesgeschichten und Stadtgeschichten romantisch 66

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poetisirt und von einer kühnen und regellosen P h a n t a s i e mit i n t e r e s s a n t e n Erfindungen verschmolzen wurden, ohne alle Absonderung des Scherzes von d e m E r n s t e , oder der Lust von der T r a u e r " . Dieser S a m m e l c h a r a k t e r erstreckt sich a u f das P e r s o n a l - " F ü r s t e n und P o t e n t a t e n sind in einer spanischen C o m ö d i e , wie in einer echten Novelle, eben so gut a m rechten O r t e , wie S t a l l k n e c h t e und süße H e r r e n " - , er erstreckt sich auf die " s e l t s a m s t e n Mischungen des Feierlichen und L ä c h e r l i c h e n " , des Geistlichen und des Weltlichen ( S . 366ff.). E s fällt geradezu, anläßlich der religiösen Stücke, in schöner Deutlichkeit der Ausdruck vom " a b e n t e u e r l i c h e n Q u o d l i b e t " Frömmigkeit und Theologie "in wilder Mischung mit der widersinnigsten P h a n t a sterei, und diese wieder veredelt durch die kühnsten Züge wahrer P o e s i e " - , wobei das "heterogene Mancherlei sich doch in poetischen F ä d e n zu einer A r t von E i n h e i t zusammenschlingt" ( S . 3 8 4 f . ) . W i c h t i g e s K r i t e r i u m für die L e g i t i m a t i o n des " n a c h den bei uns ü b l i c h e n " , also rationalistisch-klassizistischen Begriffen nicht F a ß b a r e n , halb paradox Auszudrückenden ist neben dem Genie des Hervorbringers wiederum ein Zeit-, nämlich ein P u b l i k u m s b e z u g . M a n g l a u b t , die oben b e r ü h r t e S p a n n u n g zu spüren, wenn Bouterwek schreibt: Ob nicht eine Nation, die sich mit solchen Comödien b e g n ü g t , sich selbst um die reinste und vollendete Evolution des dramatischen Geistes betrügt, ist eine andere Frage. Aber als eine b e s o n d r e G a t t u n g von Schauspielen kann die spanische Comödie in allen ihren Modificationen vor der wahren Kritik bestehen. Auch in diesen M o d i f i c a t i o n e n hat Lope de Vega den Nationalgeschmack größten Theils fixirt (S. 368f.). E b e n s o kann "der feinere C a l d e r ó n " ( S . 4 4 2 ) , m i t seiner a u f m e r k s a m e r e n B e o b a c h t u n g der weiblichen Psychologie und der "fast unglaublichen S u b t i l i t ä t der Verwickelungen in seinen Intriguenspielen" (S. 5 0 6 ) , nicht nach den " G r u n d s ä t z e n des f r a n z ö s i s c h e n T h e a t e r s " ( S . 5 0 9 ) beurteilt werden, und er ist wie L o p e nur für den mit Spanien V e r t r a u t e n genießbar ( S . 5 0 6 ) . D e r " a n d e r s gebildete G e i s t " , den nach " e d l e r e r Mannigfaltigkeit v e r l a n g t " , kann von C a l d e r ó n s Intrigenstücken auf die Dauer nicht befriedigt werden, meint B o u t e r w e k freilich auch ( S . 5 0 8 ) , und er b e a n s t a n d e t , daß Calderón "seine P h a n t a s i e und seinen W i t z zügellos spielen, und sie in einem lyrischen kühnen Schwünge ['kühn' war C e r v a n t e s , ' a b e n t e u e r l i c h ' Lope] weit über die Natur hinaus ['Uber die Natur hinaus e x a l t i r t ' war schon die Schwärmerei im Amadis] schweifen" läßt ( S . 5 1 0 ) . Die "faden W i t z e l e i e n der B e d i e n t e n " - oder gar " e k e l h a f t e E r e i g n i s s e " ( S . 5 1 2 ) vermag er nicht zu entschuldigen. W i e in den übrigen Fällen erfolgt a b e r sogleich eine E i n s c h r ä n k u n g des T a d e l s und eine wohlbegründete Legitimierung. Zeit- und P u b l i k u m s b e z u g ist w i e d e r u m K r i t e rium, neben dem " G e i s t e der wahren P o e s i e " : " S e i n e m P u b l i k u m schien sogar die ungeheuerste und raffinirteste M e t a p h e r n s p r a c h e in der M a n i e r der italienischen Marinisten bei solchen Veranlassungen nicht unnatürlich; und für ihn selbst h a t t e sie dann einen Reiz, dem er die Befriedigung eines besonneneren G e s c h m a c k s a u f o p f e r t e " ( S . 5 1 0 ) . J e d o c h : " M a n wird für die Beleidigungen, die sich ein gebildeter G e s c h m a c k gefallen lassen muß [ . . . ] , so reichlich entschädigt, daß die K r i t i k gar nicht der W a g schale bedarf, um zu entscheiden, o b der Fehler, oder der S c h ö n h e i t e n , m e h r s i n d " ( S . 67

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513). Bouterwek exemplifiziert das an El Principe constante, wo "Schwärmerei" in höchst positiver Bedeutung erscheint: " [ . . . ] die romantische Schwärmerei [Muleys] [...]; und die noch zartere Schwärmerei dieser Prinzessin, bilden ein so herrliches, vom Geiste der wahren Poesie durchdrungenes Ganzes, daß man in einer so kurzen Anzeige des Stücks [...] die mancherlei Fehler, die sich nicht wegläugnen lassen, nicht einmal nennen muß" (S. 520). Zu den "mancherlei Fehlern" gehört eindeutig nicht die Handlungsführung, vielmehr räumt Bouterwek dem spanischen Dramatiker ausdrücklich nicht-aristotelische Freiheiten ein: In diesem Trauerspiele [ . . . ] glänzt das ganze Genie Calderon's. Die aristotelischen Einheiten des Ortes und der Zeit verschwinden hier vor der Einheit einer heroischen Handlung, die Calderón, ohne den spanischen Nationalstyl der heroischen Comödie zu verläugnen, im Geiste des reinsten Pathos darstellt (S. 518f.). Die zitierten Beispiele für Bouterweks Urteilsweise dürfen als repräsentativ gelten. Kriterien wie die hier vorgeführten, vor allem die oft berufene Mischung des Unterschiedlichen, begegnen durchgängig, so auch beim Schelmenroman. Guzmán de Alfarache etwa wird bescheinigt: " S o niedrig der Stoff, und so burlesk die Behandlung desselben in diesem komischen Romane ist, so viel Verstand blickt aus dem Ganzen hervor" (S. 453). Marcos de Obregón ist " e r n s t h a f t , aber doch m u n t e r " , "eben nicht hinreißend, aber doch unterhaltend", "ein wenig geschwätzig, aber doch natürlich" (S. 451f.). Es gibt jedoch, wie nicht zu verschweigen ist, auch Passagen, an denen Bouterwek keine Zugeständnisse macht. Dies gilt zum Beispiel für die Chronikliteratur, für die er die "nöthige Absonderung von der romantischen Erzählung" postuliert, Ubergänge also nicht duldet. Sein Muster ist Antonio de Solis und dessen Historia de la conquista de México, ein Autor, dessen "Solidität des Geschmacks" es ihm erlaubt, "seine poetischen Ansichten von den prosaischen [zu] trennen" (S.534). Als weiteres Beispiel sei Góngora genannt. Bouterwek rühmt knapp seine " n a i v e n L i e d e r im altspanischen Styl" als "zum Theil meisterhaft, und voll echt poetischen Naturgefühls" (S. 434), um dann auf das heftigste über die manieristischen Werke Góngoras herzuziehen. Die Bemühung um Legitimation auch des Merkwürdigen, nicht Kodifizierten, die Bouterwek sonst überall zeigt, macht vor Góngoras Manierismus halt. Zwar besitzt Góngora, im Gegensatz zu seinen Nachahmern, " W i t z " (S. 438), aber das rettet ihn nicht vor Ausdrücken wie "Sprachpfuscherei", "Machwerke", "durchaus ungenießbare Fiction voll mythologischer Parade-Bilder in der Umhüllungeines phantastischen Phrasenpomps", "verunglückter K o p f ' (S. 435ff., S. 438 Anm. o ) 1 9 . 1 9 Zu Bouterweks Urteilen über Göngora und, darüber hinaus, zu dem auch von uns dargestellten "Zwiespalt", in dem sich Bouterwek offensichtlich befand, vgl. Walter Pabst, Luis de Göngora im Spiegel der deutschen Dichtung und Kritik (17. bis 20. Jahrhundert), Heidelberg 1967 (Beiträge zur neueren Literaturgeschichte. 111,1): es ist mehr als eine Pointe, daß Bouterwek gleichzeitig mit den oben zitierten Urteilen Nachdichtungen aus Göngora vorlegte (Pabst, S. 77f.; S. 159).

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Bouterweks Urteile IV. Wir glauben, daß einiges Licht auf den nicht ganz einheitlichen B e f u n d fällt, wenn wir den theoretischen R a h m e n mit berücksichtigen, in d e m Bouterweks spanische Literaturgeschichte steht. Auch wenn die zitierten Urteile bis zu einem gewissen Grade f ü r sich selbst sprechen, läßt sich die Bedeutung einiger Termini noch deutlicher fassen. Wir b e h a u p t e n dabei nicht, daß zwischen der Literaturgeschichte u n d den jetzt zu b e t r a c h t e n d e n reiner theoretischen Werken eine bruchlose Einheit b e s t ü n d e . - Besonders wichtig erscheinen die folgenden P u n k t e : Wir sahen, daß Bouterwek Übergänge, j a F u s i o n e n z w i s c h e n den G a t t u n g e n akzeptiert oder zu akzeptieren sich b e m ü h t . Er h a n d e l t hierüber auch in der "Vorrede" z u m Gesamtwerk, wenn er seine nationalgeschichtliche und gleichzeitig komparatistische Darstellung begründet u n d es deutlich a b l e h n t , eine "Tabelle von G a t t u n g e n und A r t e n " aufzustellen. Sein Ziel ist, so verführerisch eine " s y n c h r o n i s t i s c h e Bearbeitung der Fortschritte des ästhetischen Geistes und Geschmacks in den verschiedenen Sprachen des neueren E u r o p a " auch wäre, "die Geschichte der schönen L i t t e r a t u r jeder Nation, die hier in Betracht k o m m t , ununterbrochen bis zu Ende zu erzählen", einschließlich des "natürlichen Uebergangs von einer L i t t e r a t u r zur a n d e r n " . Zugrunde liegt ein Fortschrittsmodell, d e m nach Bouterwek Gattungsunterscheidungen nur bedingt dienen - soweit er sie hier ü b e r h a u p t voraussetzen will. Wenn "die Hand der Kritik" nämlich "sie e r n s t h a f t b e r ü h r t " , d a n n fallen mehrere "der Fächer, in die wir Schriften von poetischem u n d rhetorischem W e r t h nach gangbaren Classentiteln einschieben", "ohnehin in einander". Bouterwek gibt G a t tungsunterschiede damit nicht vollends auf, sieht aber G a t t u n g e n in einem d y n a m i schen Verhältnis zueinander: "Und wo die G a t t u n g e n durch das Wesen der Poesie und Beredsamkeit wirklich geschieden sind, wirkten doch auf den Dichter u n d prosaisch beredten Schriftsteller nicht bloß die Werke älterer Dichter u n d Schriftsteller aus demselben Fache, in welches wir seine Arbeit stellen. Mancher f o r t s t r e b e n d e Geist lehnt sich an denjenigen am stärksten an, der i h m nicht eben a m nächsten verwandt ist; und manche Geistes werke von verschiedenen Classentiteln sind einander n ä h e r verwandt, als viele gleich b e n a n n t e " (Geschichte der Poesie und Beredsamkeit, Bd. 1, S. VI ff.). Der Grundgedanke, daß es "Classen" gibt, daß sie aber nicht in reiner F o r m zu erscheinen h a b e n , begegnet danach auch in Bouterweks Aesthetik, wo - wir spielten schon darauf an - eine d a n n sehr detaillierte Ubersicht ü b e r solche "Classen" mit folgender Bemerkung eingeleitet wird: Aufgabe der Poetik sei es, "die Grenzlinien zwischen den Dichtungsarten so zu ziehen, wie die allgemeinen Gesetze des Denkens und Empfindens es verlangen". Dies, "wenn gleich keine Theorie die P h a n t a s i e des Dichters hindern darf, auch die Dichtungsarten ineinander zu mischen, wo das gebildete Gefühl nichts dagegen h a t " (Aesthetik, Bd. 2, 3 1825, S. 65f.). "Schriften von poetischem u n d rhetorischem W e r t " : so lautete die W e n d u n g in Bouterweks "Vorrede". Der Begriff P o e s i e wird, wenn wir recht sehen, nicht vollkommen konsequent verwendet. Zunächst denkt der A u t o r bei "Poesie" an die metrische Dichtung, er benutzt das Wort also im engeren Sinne. Bouterwek schreibt 69

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etwa: "Die erste Poesie in neueuropäischen Sprachen ist die 'fröhliche K u n s t ' (gaya ciencia) der T r o u b a d o u r s , u n d die erste Prose nach d e m Aussterben der lateinischen Volkssprache die romantische in den R i t t e r g e s c h i c h t e n aus der letzten Hälfte des dreizehnten und der ersten des vierzehnten J a h r h u n d e r t s " . Kurz darauf a b e r , n a c h d e m diese Zeit auch als " M o r g e n d ä m m e r u n g der neueren R e d e k u n s t " bezeichnet wurde, heißt es, der "Geist des Mittelalters" sei "der Geist der Poesie der T r o u b a d o u r s u n d des R i t t e r r o m a n s " ("Vorrede", Bd. 1, S. V). Solche Wendungen d e u t e n auf einen weiteren Sinn von "Poesie", wie er auch in der "Allgemeinen Einleitung" zu finden ist, u n d zwar im Z u s a m m e n h a n g mit Bouterweks Periodisierung. Bouterwek entwirft j a eine Theorie der christlich-ritterlich geprägten "neueren Poesie u n d Beredsamkeit". Der Renaissance-Einschnitt wird deutlich gesehen, gilt aber als geringfügiger d e n n der Hauptunterschied zwischen griechisch-römischer u n d christlicher Welt. Zur "Wiedergeburt des Geschmacks u n d der gesunden Vernunft" war, so zeigt in Italien "die Periode, wo K ü n s t e u n d Wissenschaften wieder a u f l e b t e n " , eine b e s t i m m t e "Liberalität der christlich-religiösen Denkart" notwendig. Sie war möglich, weil das C h r i s t e n t u m nicht ernstlich bedroht war. "Die P ä b s t e konnten ohne alle Gefahr einer ästhetischen Freidenkerey zusehen, gegen welche die Vorsteher der Kirche in den älteren Zeiten gewaltig eiferten. Die Vermischung altgriechischer, also heidnischer Vorstellungen mit den christlichen h a t t e aufgehört, bedenklich zu seyn, sobald es d a m i t nur nicht ernstlich gemeint war. [...] Das j u n g e Dichtergenie konnte u n g e s t r a f t heidnisch schwärmen, wenn es n u r nicht a u f h ö r t e , christlich zu g l a u b e n " ("Allgemeine Einleitung", Bd. 1, S. 5). Bouterwek betont immer wieder die Verschiedenheit der christlichen von der heidnischen Sphäre, u n d er verwendet "Poesie" in einem Formen und G a t t u n g e n übergreifenden Sinne. Die "ganze Religion der Griechen" nämlich war "im G r u n d e nichts anderes als Poesie", und deshalb "war auch die griechische Poesie nie ohne mythischen Schmuck und ohne ästhetisch religiöse E m p f i n d u n g " . Auch der von christlicher Orthodoxie nicht b e d r ä n g t e m o d e r n e Gelehrte kann sich nur mit Mühe vorstellen, "was der Grieche bei seiner Poesie f ü h l t e " . Der Verlust ist in der "Poesie", das heißt in der schönen L i t e r a t u r , größer als in der bildenden K u n s t : ein lyrischer Dichter kann im G r u n d e nicht wie P i n d a r eine griechische Gottheit anrufen, und auch der neueren "erzählenden und d r a m a t i s c h e n Poesie" sind hier Grenzen gesetzt (ebda., S. 7ff.). Auch für die christliche Literatur verwendet Bouterwek "Poesie" in sehr weitem Sinne. F ü r sie ist prägend eine "den griechischen Künstlern unbekannte Begeisterung für moralische Ideen", ferner, d a das C h r i s t e n t u m der Phantasie nicht genug Stoff lieferte, eine "orientalische Geisterwelt, die der Grieche nicht b r a u c h t e " , schließlich, als "die Seele der neueren Poesie", eine den Griechen unbekannte ritterliche, lange nachwirkende Auffassung der Frau (ebda., S. 12, S. 16, S. 20)., Bouterwek läßt die "romantische Liebe" nicht aus dem Süden, sondern aus d e m älteren Deutschland und seinen "kalten W ä l d e r n " s t a m m e n , wo schon vor dem Chris t e n t u m "dem a n d e r n Geschlechte eine ganz besondre Heiligkeit" zugetraut wurde. Bouterwek n i m m t an, daß die Völkerwanderung das R i t t e r t u m hervorgebracht h a t . "Deutsche waren es, die den Theil des römischen Reichs eroberten, wo in der Folge der Rittergeist einheimisch w u r d e " . Das C h r i s t e n t u m "begünstigte, wo nicht die ger70

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manische Verehrung, doch die bürgerliche E m a n c i p a t i o n der W e i b e r in ganz E u r o p a " , und so "war es die neue, ursprünglich germanische u n d durch die D e u t s c h e n in den cultivirtesten L ä n d e r n E u r o p a ' s eingeführte Denkart ü b e r das gegenseitige V e r h ä l t n i ß beider Geschlechter, was mit dem R i t t e r t u m eine neue Poesie erweckte, deren Geist i m Rittergeiste bis auf die gegenwärtigen Zeiten ähnlich geblieben ist u n d die neuere Poesie überhaupt von der griechischen und römischen scheidet" ( S . 2 2 , S. 2 4 , S . 2 6 ) 2 0 . D a m i t ist der K o n t e x t für " r o m a n t i s c h " erhellt (sieht m a n von den zeitgenössischen " R o m a n t i k e r n " a b ) : der Terminus gehört z u m R i t t e r t u m u n d seiner literarischen Darstellung, er wird also etymologisch verwendet - m a n vergleiche die B e merkungen über B o i a r d o , Pulci und Ariost, die "der romantischen L i e b e " einen zu kräftigen " S c h w u n g in's Ungeheure" geben ( e b d a . S . 2 9 ) - , bezeichnet a b e r gleichzeitig ein zentrales Element der "neueren P o e s i e " . Umfaßt " P o e s i e " also auch Nicht-Metrisches - dies war schon aus d e m günstigen Urteil über die Mischung von Poesie und " P r o s a " i m Don Quijote zu schließen - , so gibt es auf der anderen Seite Überlappungen mit der " B e r e d s a m k e i t " . F ü r die o b e n in den Vordergrund gestellte Hauptepoche der spanischen L i t e r a t u r erklärt B o u t e r wek in der Literaturgeschichte: " D i e genaue Verbindung, in welcher w ä h r e n d des sechzehnten und siebzehnten J a h r h u n d e r t s die spanische B e r e d s a m k e i t mit der Poesie s t a n d , macht eine Trennung der Geschichte beider e n t b e h r l i c h " ( S . 158). Hier klingt an, daß auch " B e r e d s a m k e i t " oder "rhetorische C u l t u r " offenbar als Oberbegriffe fungieren können. M a n vergleiche eine Passage, die auf die B e t r a c h tung des D r a m a t i k e r s Montalvan folgt: " W ä h r e n d in allen diesen, theils heterogenen, theils harmonirenden Formen die Poesie im Zeitalter des Cervantes und L o p e de Vega nächst der Religion die größte Angelegenheit des spanischen P u b l i c u m s war, m u ß t e zwar die s c h ö n e P r o s e noch nicht ganz in den S c h a t t e n zurücktreten [ . . . ] . A b e r i m Ganzen neigte sich die rhetorische C u l t u r der Spanier, die so früh angefangen h a t t e , sichtbar z u m U n t e r g a n g e " ( S . 450f.). Hier ist auf die Aesthetik zu verweisen, in der B o u t e r w e k die R h e t o r i k "in einer n e u e r e n B e d e u t u n g " als " T h e o r i e d e r s c h ö n e n P r o s e , die oratorische mit eingeschlosssen", definiert und " P r o s e " einmal als Gegenteil des Verses und einmal als Gegenteil "der P o e s i e , der einzigen schönen R e d e k u n s t " auffaßt (Aesthetik B d . 2, 3 1 8 2 5 , S. 13f.). " S c h ö n e " P r o s a , "eine gewisse p r o s a i s c h e S c h ö n h e i t " ( e b d a . ) anzuerkennen scheint hier, i m rein theoretischen B e r e i c h , freilich Mühe zu kosten. Bouterwek räumt ein, es sei kaum genau zu entscheiden, " o b ein Gedanke, oder ein Gefühl, poetisch, oder nur prosaisch, heißen soll? [ . . . ] I m Einzelnen ist also oft nicht möglich, zu erkennen, o b ein Gedanke, oder ein Gefühl, an sich schon für poetisch gelten k a n n " ( e b d a . S. 3 7 ) . Es wiederholt sich der Eindruck, den Bouterweks G a t t u n g s p o e t i k h i n t e r l ä ß t : er arbeitet nicht etwa ungenau und läßt Widersprüche einfach stehen. E r erkennt vielmehr an - und hat diese Erkenntnis in den Urteilen seiner Literaturgeschichte vor2 0 Vgl. noch S. 32: "Die Poesie rückte der sokratischen Philosophie des Lebens immer näher, bis es zuletzt gar das Ansehen gewann, als ob moralische Belehrung und romantische Unterhaltung Eins und Dasselbe wären, und als ob man der praktischen Wahrheit keinen größeren Dienst thun könnte, als, sie in einen Roman einzukleiden".

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weggenommen - , daß Texte der Neuzeit sich nur schwer einer einzigen Kategorie, und sei sie noch so sauber definierbar, zuordnen lassen. Bouterwek drückt sich, sieht man einmal von vielen emphatischen Urteilen über bestimmte Werke - Dort Quijote usw. - ab, nicht ohne Skepsis über jene "neuere Poesie und Beredsamkeit" aus. Die Mischung sonst zu trennender Züge, die er überall feststellt, ist ihm nicht immer geheuer. Aber er gibt schließlich dem "neueren Genie" den Vorzug: wenn die neuere Literatur zwar "in ihren vereinzelten Werken die griechische Wahrheit, Natur, Leichtigkeit, classische Abründung und reine Schönheit nicht erreicht; so möchte sie doch wohl im Ganzen an ästhetischer Gedankenfülle und Mannigfaltigkeit des Stoffs die griechischen Werke der Redekunst übertreffen" ("Allgemeine Einleitung", Bd. 1, S. 40). Diese Haltung wird deutlich auch an Bouterweks Auseinandersetzung mit zwei eng zusammengehörenden Problemkreisen: N e o a r i s t o t e l i s m u s und A u t o n o m i e d e r K u n s t . Bei der Besprechung des spanischen Dramas klang schon an, daß Bouterwek das bewußte Abgehen von starren Einheitsregeln positiv bewertet. In der "Allgemeinen Einleitung" und in der Aesthetik hat er ebenfalls hierzu Stellung genommen und sich mit historischen Argumenten gegen ein falsches, schulmäßiges Verständnis der aristotelischen Poetik ausgesprochen. Es habe, als die neuen europäischen Literaturen entstanden, lange gedauert, bis sich eine adäquate Kritik herausgebildet hatte. Die Kritik mußte die Musen von dem Schlamme einer barbarischen Gelehrsamkeit säubern, aus dem sie sich nicht ohne Mühe wieder an's Licht gearbeitet h a t t e n . [ . . . ] Aristoteles wurde der Gesetzgeber unter den Dichtern, wie er es unter den Philosophen und Theologen war. Als ob dieser seltene Geist, der als Selbstdenker vielleicht von keinem übertroffen ist, vom Schicksal zum Unglücksstifter ausersehen wäre, um die Köpfe zu verdrehen, die er aufklären wollte, unterdrückte seine treffliche Poetik die poetische Geistesfreiheit und verderbte den Geschmack. [ . . . ) Man dachte nicht daran, daß man die wahren Schönheiten der alten Dichterwerke aus sich selbst verstehen muß, ehe man den Aristoteles verstehen kann, der sie bei allen seinen Vorschriften im Sinne hat. Man hielt sich an den Buchstaben der aristotelischen Poetik. Ohne zu fragen, ob nicht eben dieser Aristoteles, wenn er wieder aufstände, für die neueren Nationen eine ganz andere Poetik schreiben würde, commentirte und interpretirte man seine ästhetischen Bemerkungen wie Gesetze des Corpus Juris ("Allgemeine Einleitung", B d . 1, S. 38f.).

Auch die Aesthetik legitimiert die Unterschiede in Schönheiten und Komposition zwischen der griechischen und der "romantischen" Tragödie und beklagt, namentlich an der französischen Tragödie, daß man sich mit "falsch verstandenen Aussprüchen des Aristoteles brüstet" (Bd. 2, J 1825, S. 248f.). Damit liegt die Frage nahe, wie Bouterwek zum Mimesis^Prinzip steht und allgemein zur Stellung von Kunst und Literatur, genauer: wie nahe kommt er der romantischen Autonomisierung der Kunst? Bouterwek hat sich hierzu an vielen Stellen geäußert. Er ist dabei subjektiv kein Freund der Romantiker und ihrer Ideen. In der "Allgemeinen Einleitung" bemängelt er die Vermischung von Dichtung und Gelehrsamkeit und postuliert ein eigenes Reich der Kunst, doch ist dies noch nichts Aufregendes. Kunst und Wissenschaft haben 72

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die Veredelung des Menschen gemeinschaftlich besorgt [ . . . ] . Wenn aber die Kunst in die Fußtapsen der Wissenschaft trat und mit einem Apparat von gelehrten Kenntnissen glänzen wolte, so betrog sie sich selbst um das Verdienst, das sie allein sich erwerben konnte. [ . . . ] sah [der Dichter] Kenntnisse für ästhetische Ideen, Unterricht für die besondre Art von Bildung des Geistes an, durch die sich der Künstler einen ernsthaften Einfluß auf die Welt erwirbt; so verwirrte er seine und seines Publicums Vorstellungen und arbeitete gegen die Gesetze der Natur und des menschlichen Geistes ("Allgemeine Einleitung", Bd. 1, S. 34). Die Kunst ist also ein eigener Bereich neben, nicht über anderen. Mit den "ästhetischen Ideen" ist wohl die kantische Herkunft des Gedankens a n g e d e u t e t 2 1 . Dieser Standpunkt gilt im Prinzip auch für die Aesthetik, oder besser gesagt: Bouterwek bemüht sich, ihn durchzuhalten. In Wirklichkeit herrscht auch in der Aesthetik der oft berufene, uneingestandene Spannungszustand. E r ist unter anderem d a r a n zu beobachten, daß Bouterwek geändert h a t , namentlich von der ersten ( 1 8 0 6 ) zur zweiten Auflage ( 1 8 1 5 ) 2 2 . E r hat sich dabei von der Idee der Mimesis entfernt, u m stattdessen ein Konkurrenzverhältnis zur N a t u r zu fordern: Der " K u n s t w e r t h " steigt, wenn "die Phantasie des Künstlers sich in einer reichen E r f i n d u n g offenbart" und wenn "der denkende Geist [ . . . ] auch in der Kunst als H e r r d e r N a t u r erscheint. Also nicht Nachahmung der Natur, wie m a n das W o r t gewöhnlich versteht, noch weniger Nachahmung der schönen Natur, sondern ä s t h e t i s c h e r W e t t e i f e r mit d e r N a t u r ist das P r i n c i p und h ö c h s t e Gesetz der schönen K u n s t " (Aesthetik, B d . 1, 3 1 8 2 4 , S. 1 9 2 ) . Bouterwek möchte dabei "irgend einen T y p u s d e r N a t ü r l i c h k e i t " nicht aufgegeben wissen, so "wie der Mensch, als Mensch, den T y p u s oder die Urform der Natürlichkeit seiner eigenen G a t t u n g in sich t r ä g t . Nichts anderes, als Uebereinstimmung mit einer solchen Urform ist es, was wir in der K u n s t , wie im Leben, das Natürliche nennen" (ebda., S. 1 9 3 ) . Ließe sich hieraus doch eine Rückbindung an das Nachahmungsprinzip ablesen, so widerspricht d e m kurz darauf der Gedanke von der "neuen W e l t " , die die Kunst hervorbringt: Schaffend erscheint die Natur; und s c h ö p f e r i s c h soll die Kunst erscheinen. Eine neue Welt soll sie hervorbringen, die von einer gewissen Seite der wirklichen ähnlich, von einer andern oft sehr verschieden von ihr ist. Als eine zweite Natur, nur 21 Immanuel K a n t , Kritik der Urteilskraß I, 1, 2, §49, in: Werke. Hgg. von Wilhelm Weischedel, Bd. 5, Darmstadt 1966, S. 413ff. 2 2 Hierzu bereits Struck, a.a.O., S. 290ff. - Die oben folgenden Gedanken fast identisch in der zweiten Auflage (Teil 1, S. 200ff.) und in der dritten. Demgegenüber die erste: "Das höchste Gesetz der schönen Kunst ist ä s t h e t i s c h e N a c h a h m u n g d e r N a t u r " (S. 203); die Kunst "kann im ästhetischen Sinne eine n e u e W e l t erschaffen", aber die Phantasie bleibt an die Natur gebunden, sofern nicht eine "artistische Fratze" entstehen soll (S. 205ff.); dem "Künstler bleibt nur die Wahl zwischen einer solchen W e l t ohne N a t u r [in der kein 'Typus der Natürlichkeit' mehr gesucht wird], und der ästhetischen Nachahmung der Natur" (S. 209); die " ä s t h e t i s c h e E r f i n d u n g soll, als eine zweite Natur, das Reich der Wirklichkeit erweitern. Aber sie soll es nie anders erweitern, als nach einem Typus der Natürlichkeit" (S. 211).

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nicht den natürlichen Gesetzen allein gehorchend, sondern auch der höheren Bestimmung des Menschen eingedenk, soll die schöne Kunst die Grenzen der Natürlichkeit erweitern (ebda., S. 196). Eine merkwürdige Position nehmen in solchen Zusammenhängen die Ausdrücke " U n e n d l i c h e s " und " P h a n t a s i e " ein. Es führt nämlich nach Bouterwek jener Wetteifer zur " i d e a l e n Schönheit, wenn die Phantasie des Künstlers den Gesetzen des Schönen gemäß sich zur Idee des Unendlichen erhebt". Das "Gepräge des Unendlichen" stammt ausschließlich aus der "begeisterten Phantasie der Küjistler", die das Unendliche symbolisch andeuten, dabei die "trübe", "verworrene Symbolik" vermeidend, und "das Ueberirdische selbst mit dem Irdischen, das Natürliche mit dem Uebernatürlichen in einer lebendigen Darstellung" ausgleichen (ebda., S. 196f.) 2 3 . Solche Wendungen erstaunen, weil Bouterwek an anderer Stelle skeptischer urteilt, etwa wenn er beim Vergleich des griechischen mit dem "romantischen" Geist dem letzten bescheinigt, daß er "sich lieber im Gefühle des Unendlichen" verliere (ebda., S. 222). Schärfer 1819 im elften Bande der Geschichte der Poesie und Beredsamkeit, wo er mit dem "Unendlichkeitsprincip", in die Ästhetik übertragen, und mit der "Unendlichkeitswissenschaft" der Romantiker ins Gericht geht (Bd. 11, S. 528ff.). Man könnte sagen: Bouterwek erkennt eine "freiere", unregelmäßig scheinende Schönheit an, Produkt der Phantasie, fühlt sich aber verpflichtet, sie in ein leicht pejoratives Licht zu setzen: "Soll die freiere Schönheit entstehen, so muß das Ganze immer sich a u f l ö s e n z u w o l l e n scheinen, und doch immer ein Ganzes bleiben. In der romantischen Kunst aber löset es sich nicht selten wirklich auf, und wird eben dadurch entweder u n g e h e u e r , oder es hört wenigstens auf, schön zu seyn. Ueberhaupt trägt die freiere Schönheit, im Gegensatze mit der symmetrischen, mehr das Gepräge der P h a n t a s i e ; denn die Phantasie ist das Vermögen der freien Bildung. Aber eben deßwegen wird auch der romantische Geschmack so leicht p h a n t a s t i s c h (Aesthetik, Bd. 1, 3 1824, S. 117). Auch dann, wenn er die "Willkür einer kühnen Phantasie über den ordnenden Kunstverstand" beklagt (ebda., S. 223), gewinnt das Normativ-Rationalistische die Oberhand. Besonders instruktiv ist in diesem Zusammenhang die Formulierung: "Alle c o n v u l s i v i s c h e H e f t i g k e i t ist widrig" (ebda., S. 127) - frühes Gegenstück zu einer berühmten Formel von André Breton. V. Eine Positionsbestimmung kann nach allem Gesagten nicht darin bestehen, Bouterwek nur als "Spätaufklärer" oder nur als "Frühromantiker", jeweils mit kleinen Schönheitsfehlern, hinzustellen. Unsere These bleibt, daß sich in Bouterweks literarhistorischen und literarkritischen Schriften eine charakteristische Spannung bemerkbar macht, die er selbst 1819, am Ende seiner Literaturgeschichte, so beschrieben hat: "Im Streite mit der neuen Unendlichkeitslehre und der überfließenden Romantik entwickelte sich die Aesthetik des Verfassers dieser Geschichte der Poesie und 2 3 Zum "Unendlichen" vgl. August Wilhelm Schlegel, Die Kunstlehre, a.a.O., S. 62, über Kants Kritik der Urteilskraft: er vermißt bei Kant die "Beziehung aufs Unendliche".

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Bouterweks Urteile B e r e d s a m k e i t " . U n d er d r ü c k t die B e f ü r c h t u n g a u s , d e r E i n d r u c k k ö n n e e n t s t e h e n , " d a ß er a u s W i d e r w i l l e n gegen alle P h a n t a s t e r e i u n d V e r z e r r u n g nicht g a n z gerecht gegen die B e s t r e b u n g e n d e r n e u e n K u n s t u n d W i s s e n s c h a f t g e w e s e n " sei ( B d . 11, 1819, S. 532). E r schreibt dies, n a c h d e m er sich auf K a n t s " G e s c h m a c k s p r i n c i p " b e r u f e n u n d k n a p p - i r o n i s c h m i t d e r R o m a n t i k u n d d e n B r ü d e r n Schlegel a b g e r e c h n e t h a t - Friedrich h a b e "seine U e b e r e i l u n g e n d u r c h m e h r e r e s c h ä t z b a r e W e r k e wieder g u t g e m a c h t " , von A u g u s t W i l h e l m heißt es, d a ß "in dessen k r i t i s c h e n S c h r i f t e n a b e r a u c h m e h r e r e g u t e G e d a n k e n sich f i n d e n " ( e b d a . , S. 531f.). D a s S e l b s t v e r s t ä n d n i s ist d a m i t ähnlich klar a b g e s t e c k t wie d a s d e r b e i d e n Gen a n n t e n , w e n n sie ü b e r B o u t e r w e k u r t e i l e n . W i r h a b e n a b e r b e r e i t s a n g e d e u t e t , d a ß auf solche Selbst-Lokalisierungen nicht i m m e r Verlaß sein m u ß . K e i n Zweifel z u n ä c h s t , d a ß B o u t e r w e k von d e r K a n t ' s c h e n Ä s t h e t i k a u s g e h t u n d i h r in wesentlichen P u n k t e n n a h e b l e i b t , so in Hinsicht auf die E i n b i l d u n g s k r a f t u n d i h r e L e i s t u n g - u n d gleichzeitig i h r e B e g r e n z u n g in d e r A b l e h n u n g des M a n i e r i e r t e n . Bei K a n t ist die E i n b i l d u n g s k r a f t "sehr m ä c h t i g in S c h a f f u n g gleichsam einer a n d e r e n N a t u r , a u s d e m Stoffe, d e n i h r die wirkliche g i b t " . Von d e r N a t u r w e r d e "zwar Stoff geliehen, dieser a b e r von u n s zu e t w a s g a n z a n d e r e m , n ä m l i c h d e m , w a s die N a t u r ü b e r t r i f f t , v e r a r b e i t e t " 2 4 . D a s G e n i e h a t P r i v i l e g i e n : " [ . . . ] eine gewisse K ü h n h e i t i m A u s d r u c k e u n d ü b e r h a u p t m a n c h e A b w e i c h u n g von d e r g e m e i n e n Regel s t e h t d e m s e l b e n wohl a n , ist a b e r keineswegs n a c h a h m u n g s w ü r d i g , s o n d e r n bleibt i m m e r a n sich ein Fehler, d e n m a n wegzuschaffen s u c h e n m u ß , f ü r welchen a b e r d a s G e n i e gleichsam privilegiert ist, d a d a s U n n a c h a h m l i c h e seines G e i s t e s s c h w u n g e s d u r c h ä n g s t l i c h e B e h u t s a m k e i t leiden w ü r d e . D a s M a n i e r i e r e n ist eine a n d e r e Art d e r N a c h ä f f u n g , n ä m l i c h d e r bloßen E i g e n t ü m l i c h k e i t (Originalität) ü b e r h a u p t , u m sich j a von N a c h a h m e r n so weit wie m ö g l i c h zu e n t f e r n e n , o h n e d o c h d a s T a l e n t zu b e s i t z e n , d a b e i zugleich m u s t e r h a f t z u s e i n " 2 5 . Die O r i e n t i e r u n g a n solchen K r i t e r i e n war bei B o u t e r w e k vielfach zu b e o b a c h t e n . Wahrscheinlich liegt es a m laut f o r m u l i e r t e n S e l b s t v e r s t ä n d n i s b e i d e r L a g e r , d a ß i h r e P o s i t i o n e n als sehr e n t f e r n t v o n e i n a n d e r g e s e h e n u n d A f f i n i t ä t e n ü b e r s e h e n w e r d e n , so die r a t i o n a l i s t i s c h e n E l e m e n t e i m Geniebegriff A u g u s t W i l h e l m Schlegels, d e r kein Delirium, s o n d e r n " g e ü b t e K u n s t , reiflich ü b e r l e g t e u n d w ü r d i g e A b s i c h t e n " u n d dergleichen v e r l a n g t 2 6 . U m g e k e h r t sind B o u t e r w e k s U r t e i l e nicht d u r c h w e g von K a n t h e r zu v e r s t e h e n . E s gibt e b e n a n vielen Stellen, b e w u ß t o d e r u n b e w u ß t , enge B e r ü h r u n gen m i t r o m a n t i s c h e n P o s i t i o n e n . Die P r i o r i t ä t s f r a g e erscheint u n s d a b e i s e k u n d ä r , a u c h schwer ü b e r a l l zu b e a n t w o r t e n . Diese N ä h e , w e n n m a n so will: d a s partielle, zögernde Verlassen d e r A u s g a n g s p o s i t i o n ist vor allem i m relativistisch-historischen Denken B o u t e r w e k s u n d bei einer R e i h e wichtiger ä s t h e t i s c h e r Urteile zu b e o b a c h t e n . Zu d e n h i s t o r i s c h e n P u n k t e n g e h ö r t n a t ü r l i c h die prinzipielle S c h e i d u n g zwischen 24

Kant, a.a.O., S. 414; Kursivierungen, auf Lesarten bezüglich, werden nicht wiedergegeben. Ebda., S. 419f. 26 August Wilhelm Schlegel, Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur. Zweiter Teil ( = Wiener Vorlesungen, 1808), Stuttgart 1967 (Kritische Schriften und Briefe. Hgg. von Edgar Lohner, Bd. 6 - Sprache und Literatur. 38), S. 126. 25

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Ludwig Schräder der antiken und, wie etwa August Wilhelm Schlegel in den Berliner Vorlesungen 1 8 0 2 / 1 8 0 3 sagt, einer "romantischen, d. h. eigentümlich modernen, nicht nach den Mustern des Altertums gebildeten [...] P o e s i e " 2 7 . Bouterwek beanstandet zwar, daß man so weit gehe, "zu behaupten, die romantische Kunst des europäischen Mittelalters sey in ihrer Art eben so c l a s s i s c h als die griechische" ( B d . 11, 1819, S. 531), zwar spielt bei ihm das Mittelalter die geringere Rolle, aber in der grundsätzlichen Periodisierung ist er nicht weit von Schlegel entfernt. Hierzu ist auch an Bouterweks Darstellung des Rittertums und der Rolle der Deutschen in ihm zu erinnern. Man ist versucht, an mehr als Affinitäten zu denken, wenn man in Schlegels Berliner Vorlesungen liest: Aus der Kombination der kernigten und redlichen Tapferkeit des deutschen Nordens mit dem Christentum, diesem religiösen orientalischen Idealismus ging der ritterliche Geist hervor, eine mehr als glänzende, wahrhaft entzückende, und bisher in der Geschichte beispiellose Erscheinung 28 . Bouterweks "Allgemeine Einleitung" mit seiner Schilderung des Rittertums war kurz zuvor (1801) erschienen. Ubereinstimmungen liegen auch im Bemühen um die Beziehung zwischen Text und Zeitgeist. Bouterwek betont deutlich, "daß gerade die Künstler, die am sichersten für die Ewigkeit arbeiteten, die Eigentümlichkeit ihres Geistes am innigsten mit dem Geiste ihres Zeitalters vereinigten" ("Allgemeine Einleitung", B d . 1, S. 2). Man vergleiche Schlegel: "Zur historischen Kunstkritik gehört es [...] auch, daß man den anders woher bekannten Geist des Zeitalters auf den Charakter des Gedichtes beziehe oder ihn daraus errate, da oft eben in der Kunst und Poesie die lebendigste Darstellung davon aufbehalten i s t " 2 9 . Gewichtiger noch erscheinen die Affinitäten im Bereich der literarischen Kriterien. Bei aller Verschiedenheit der Ausgangspunkte ist es wohl doch kein Zufall, daß in beiden Lagern Autoren wie Cervantes oder Calderón eine besondere Rolle spielen: an ihnen kann das "Romantische" im weitesten Sinne, die Mischung des Heterogenen als Ausweis der Moderne, das Nicht-Aristotelische exemplifiziert werden. Dabei ist ein systematischer Unterschied zwischen der romantischen Universalpoesie mit ihrer hohen hierarchischen Stellung und Bouterweks zurückhaltenderem Poesie-Begriff de iure bestehen geblieben. De facto ist man sich aber ziemlich nahe gekommen. Denken wir noch einmal an Bouterweks Don Quijote-Interpretation und an die "Mischung der Poesie mit der Prose" und stellen ihr Äußerungen von Friedrich Schlegel gegenüber, der 1799 - bei hier also klarer Priorität - die Tieck'sche Ubersetzung lobt, weil sie erstmals die "Poesie" des Don Quijote wiedergebe: "Die bisher in Deutschland gangbare Übersetzung des DON Q U I X O T E war ganz spaßhaft zu lesen, nur fehlte - die 2 7 August Wilhelm Schlegel, Geschichte der romantischen Literatur, a.a.O., S. 14. Vgl. natürlich Friedrich Schlegel, Athenäum-Fragmente, 1798, über die romantische Poesie als "progressive Universalpoesie" in: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Hgg. von Ernst Behler (u.a.), Bd. 2. Hgg. und eingeleitet von Hans Eichner, München-Paderborn-WienZürich 1967, Fragment 116, S. 182. 2 8 August Wilhelm Schlegel, Geschichte der romantischen Literatur, a.a.O., S. 83. 2 9 August Wilhelm Schlegel, ebda., S. 17.

76

Bouterweks

Urteile

Poesie, sowohl die in Versen als die der P r o s a " 3 0 . Er kommt mehrfach auf den Punkt zurück - wie j a überhaupt sein Postulat ist: "Die romantische Poesie [...] will, und soll auch Poesie und Prosa, [...] Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen" 3 1 . - Was Calderón angeht, so legt Bouterwek den Akzent zweifellos weniger auf das Religiöse, als es etwa August Wilhelm Schlegel tut, und bei aller Wärme ist sein Ton distanzierter als der immer leicht schwärmerische Schlegels, aber in anderen Grundpositionen herrscht Ubereinstimmung. Auch Schlegel nimmt eine besondere Art von Einheit der Handlung bei Calderón an, er bescheinigt ihm "die sinnreiche Kühnheit ausschweifender Erfindungen", die "immer in gleichem Verhältnis mit dem erhöhten Farbenzauber der Poesie" stehe, er sieht ihn unter dem Zeichen der Mischung, und er handelt von den "höheren Forderungen, wozu Calderón sein Theaterpublikum gewöhnte" 3 2 . Wer auf Beeinflussungen hinauswill, muß möglicherweise eine Wechselwirkung annehmen: August Wilhelm Schlegels Aufsatz "Uber das spanische T h e a t e r " , in dem sich einiges hiervon zuerst findet, erschien 1803, also vor Bouterweks spanischer Literaturgeschichte, die

Vorlesungen

über

dramatische

Kunst

und

Literatur,

die hinsichtlich Calderóns jenen Artikel fortführen, kamen erst 1809, also danach, heraus. Sie enthalten ein Beispiel aus Calderón, das auch Bouterwek zitiert hatte. Es m a g abschließend dazu dienen, den erwähnten höheren systematischen Ort der Poesie bei Schlegel und nochmals Bouterweks Probleme zu verdeutlichen. Gemeint sind die beiden Sonette im Príncipe Constante, die Fernando und Fénix austauschen und in denen die Blumen mit den Sternen in Beziehung gesetzt werden. Bouterwek spricht von "lieblichen Schwärmereien", und er gibt die Sonette in vollem Wortlaut wieder: sie seien "mit Edlen ihren Fehlern schön, und so ganz in Calderon's Manier ausgeführt, daß sie hier in der Beispielsammlung a m rechten Ort stehen". D a s zweite findet er "freilich ein wenig überpoetisch" ( B d . 3, S. 521f. und Anmerkung). Schlegel braucht sich nicht erst einen Stoß zu geben, denn für ihn steht Derartiges in einem metaphysisch-religiösen Zusammenhang: E s ist A d a m s erstes Erwachen, g e p a a r t mit einer B e r e d s a m k e i t und G e w a n d t h e i t des 30 Friedrich Schlegel, Athenäum. Notizen, 1799, a . a . O . , S. 281, vgl. S. 283. V g l . R i c a r d o B l a n c o Unzué, Die Aufnahme der spanischen Literatur bei Friedrich Schlegel, F r a n k f u r t a. M . - B e r n 1981 ( E u r o p ä i s c h e Hochschulschriften. 1,430), S.264ÍF. - Friedrich Schlegel ferner über Don Quijote u . a . im Gespräch -über die Poesie, 1800, a . a . O . , S . 299 u.ö. - Don Quijote in Deutschland: Harri Meier, " Z u r Entwicklung der europäischen Q u i j o t e - D e u t u n g " in: Romanische Forschungen 54 (1940), S. 227ff.; Werner B r ü g g e m a n n , Cervantes und die Figur des Don Quijote in Kunstanschauung und Dichtung der deutschen Romantik, M ü n s t e r 1958 (Spanische Forschungen der Görresgesellschaft. II, 7); Gerhart Hoffmeister, Spanien und Deutschland. Geschichte und Dokumentation der literarischen Beziehungen, Berlin 1976 ( G r u n d l a g e n der R o m a n i s t i k . 9), S. 94fF. und S. 123fF. 31

Friedrich Schlegel, Athenäum-Fragment

116, 1798, a . a . O .

A u g u s t Wilhelm Schlegel, Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur. Zweiter Teil, a . a . O . , S. 60 und S. 255; " Ü b e r d a s spanische T h e a t e r " in: Europa I, 2 ( 1 8 0 3 ) , S . 7 7 . Vgl. L . S., " D a n t e und Calderón bei A u g u s t Wilhelm Schlegel", in: Italia Viva. Studien zur Sprache und Literatur Italiens. Festschrift für Hans Ludwig Scheel. H g g . von Willi H i r d t und R e i n h a r d Klesczewski, T ü b i n g e n 1983, S. 381ff. 32

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Ludwig Schräder Ausdrucks, mit einer Durchdringung der geheimsten Naturbeziehungen, wie nur hohe Geistesbildung u n d reife Beschaulichkeit sie verschaffen kann. Wenn er [Calderön] das Entfernteste, das Größte u n d Kleinste, Sterne und Blumen zusammenstellt, so ist der Sinn aller seiner M e t a p h e r n der gegenseitige Zug der erschaffnen Dinge zueinander wegen ihres gemeinschaftlichen Ursprungs, und diese entzückende Harmonie und Eintracht des Weltalls ist ihm wieder nur ein Widerschein der ewigen alles umfassenden Liebe 3 3 .

33 August Wilhelm Schlegel, a.a.O., S. 266. - Zur deutschen u n d deutschsprachigen Calderón-Rezeption vgl. im übrigen: Sebastian Neumeister, Katalog der Ausstellung Calderön in Deutschland. Don Pedro Calderón de la Barca in seiner Zeit, im Spiegel der Kritik und auf dem Theater 1681-1981, Berlin, Ibero-Amerikanisches Institut Preußischer Kulturbesitz, 10. 12. 1981 - 30. 1. 1982; Blanca Ruiz Barrionuevo, "Calderón en B a m b e r g " , in: Calderón. Actas del Congreso Internacional sobre Calderón y el teatro español del Siglo de Oro (Madrid, 8-13 de junio de 1981). Publicadas b a j o la dirección de Luciano García Lorenzo, Bd. 3, Madrid 1983 (Anejos de la Revista Segismundo. 6), S. 1435ff.; Gustav Siebenmann, " 'El gran teatro del m u n d o ' en Einsiedeln. Historia y presencia de u n a tradición popular", ebda., S. 1441ff.; Siegfried Sudhof, "Die Rezeption Calderóns in der frühen R o m a n t i k " , in: Pedro Calderón de la Barca. Vorträge anläßlich der Jahrestagung der Görresgesellschaft 1978. Hgg. von Theodor Berchem und Siegfried Sudhof, Berlin 1983, S. 48ff.; Sullivan, a.a.O., S. 165f. über Bouterwek u n d sein Calderón-Bild: Calderóns gegenüber Lope feinere weibliche Psychologie, sein Antiklerikalismus anläßlich der autos; M a n f r e d Tietz, " S t i m m e n zu Calderón in Spanien und Deutschland", in: Calderón. 1600-1681. Bamberger Vorträge zum 300. Todesjahr, Bamberg 1983 (Bamberger Hochschulschriften. 10.), S. 47ff.

78

Die hispanistischen Forschungsschwerpunkte Victor A i m é H u b e r s Christoph

Rodiek

Bonn Als i m F r ü h j a h r 1820 G e n e r a l Riego p u t s c h t , die V e r f a s s u n g von 1812 p r o k l a m i e r t u n d d a m i t d a s ' t r i e n i o l i b e r a l ' einleitet, will ein j u n g e r G ö t t i n g e r M e d i z i n s t u d e n t n a c h S p a n i e n eilen, u m d o r t gegen d e n A b s o l u t i s m u s zu k ä m p f e n . V i e r z e h n J a h r e s p ä t e r ist V i c t o r A i m é H u b e r 1 - von i h m ist hier die R e d e - ordentlicher P r o f e s s o r d e r n e u e r e n Geschichte u n d d e r a b e n d l ä n d i s c h e n S p r a c h e n in R o s t o c k u n d erweist sich in einer Schrift ü b e r die d e u t s c h e n U n i v e r s i t ä t e n (vgl. u.) als b e i n a h e schon r e a k t i o n ä r e r K o n s e r v a t i v e r . Diese E n t w i c k l u n g v o m liberalen R a t i o n a l i s t e n z u m christlich- konservativen R o m a n t i k e r ist n u n n i c h t s Ungewöhnliches. Weniger alltäglich ist d a g e g e n d a s S p e k t r u m d e r H u b e r s c h e n T ä t i g k e i t s f e l d e r , d a s Medizin, R e i s e j o u r n a l i s m u s , R o m a n i s t i k / A n g l i s t i k , Geschichte, politische Publizistik u n d - vor allem - sozialpolitische Theorie umfaßt. 1. Der a k a d e m i s c h e W e r d e g a n g Bereits w ä h r e n d seines M e d i z i n s t u d i u m s (1816-1820) interessieren H u b e r vor all e m historische u n d philologische G e g e n s t ä n d e . In der G ö t t i n g e r Universitätsbibliot h e k e n t d e c k t er eine S a m m l u n g alter R o m a n z e n , Texte C a i d e r o n s u n d eine i h n b e s o n d e r s fesselnde B e s c h r e i b u n g M a d r i d s von 1663. I m m e r h i n bleibt i h m n e b e n d e r intensiven B e s c h ä f t i g u n g m i t f r e m d e n S p r a c h e n sowie der vergleichenden A n a lyse schottischer B a l l a d e n u n d spanischer R o m a n z e n noch g e n ü g e n d Zeit, sein Fachs t u d i u m abzuschließen: 1820 p r o m o v i e r t er in W ü r z b u r g m i t einer D i s s e r t a t i o n in vergleichender A n a t o m i e ü b e r d e n S c h n a b e l b a u des G r ü n s p e c h t s (De l i n g u a et osse hyoideo pici viridis. Diss. a n a t o m . c o m p a r . , S t u t t g a r t 1821 ) 2 . H u b e r s ' W a n d e r j a h r e ' b e g i n n e n m i t einer - v o m S t u t t g a r t e r Verleger C o t t a finanzierten - d r e i j ä h r i g e n Reise, die i h n v o r n e h m l i c h auf die iberische Halbinsel f ü h r t u n d in d e n Skizzen aus Spanien (3 Bde., 1828-1833) detailliert dargestellt w i r d . Als er fünf J a h r e n a c h der P r o m o tion d a s medizinische S t a a t s e x a m e n ablegen will, verfaßt er - u m sich noch e i n m a l in die u n g e l i e b t e M a t e r i e e i n z u a r b e i t e n - die U n t e r s u c h u n g Bemerkungen über die Geschichte und Behandlung der venerischen Krankheiten ( S t u t t g a r t 1825). H u b e r b e s t e h t die P r ü f u n g j e d o c h nicht, a r b e i t e t v o r ü b e r g e h e n d als A u s l a n d s k o r r e s p o n d e n t f ü r C o t t a u n d findet 1828 eine A n s t e l l u n g a n der B r e m e r Handelsschule. F ü r d e n 1 Huber (1800, Stuttgart - 1869, Wernigerode) ist Enkel der Professoren Michael Huber (Leipzig) und des berühmten Altphilologen Christian Gottlob Heyne (Göttingen). Seine Mutter, Therese Huber, Witwe Georg Forsters, leitet lange Jahre das Cottasche Morgenblatt für gebildete Stände und ist als Autorin und Intellektuelle weit mehr als nur - so Goethe (Jubiläumsausgabe, XXX: Annalen, 203) - die "höchst schätzenswerte Gattin" Ludwig Ferd. Hubers. 2 Obwohl Huber Doktor der M e d i z i n ist, kündigt er seine Berliner Antrittsvorlesung als "Philosophiae Doctor" an. Der Titel eines Dr. phil. wird ihm indes erst 1865 von der Universität Wien zuerkannt: honoris causa (vgl. hierzu Rudolf Elvers, Victor Aimé Huber. Sein Werden und Wirken, 2 Bde., Bremen 1872-1874; hier: Bd. II, S. 430).

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Christoph

Rodiek

S p r a c h u n t e r r i c h t , d e n er hier erteilt, konzipiert er sein spanisches L e s e b u c h Teatro pequeño de elocuencia y poesía castellana*. E n d e 1832 erreicht ihn ein Ruf a n die U n i v e r s i t ä t R o s t o c k , wo er 1833-1836 als O r d i n a r i u s f ü r n e u e r e Geschichte u n d a b e n d l ä n d i s c h e S p r a c h e n l e h r t 4 . A u c h n o c h in d e r Abgeschiedenheit d e r mecklenburgischen P r o v i n z publiziert er - z . T . in einer eigenen Zeitschrift - ü b e r F r a g e n der Tagespolitik. I m Z u s a m m e n h a n g m i t Auseina n d e r s e t z u n g e n u m die k o r p o r a t i v e S e l b s t ä n d i g k e i t der U n i v e r s i t ä t e n v e r f a ß t H u b e r eine Schrift ü b e r die d e u t s c h e n Hochschulen u n d i h r V e r h ä l t n i s z u m S t a a t 5 , in d e r seine politischen Vorstellungen der 30er u n d 40er J a h r e auf einen N e n n e r g e b r a c h t sind: Nicht I n d i v i d u e n , s o n d e r n ' O r g a n i s m e n ' bilden H u b e r zufolge d e n S t a a t . Der n a t ü r l i c h e O r g a n i s a t i o n s t r i e b sei ein Gesetz sozialer F o r m a t i o n u n d wirke sich, falls m a n ihn h e m m e , politisch zerstörerisch a u s . Zwar bilde der M o n a r c h d a s ' H a u p t ' des organisch gegliederten Volkes, doch k o m m e es i h m keineswegs zu, d a s n a t i o n a l e L e b e n t o t a l zu a b s o r b i e r e n . Vielmehr sei d e r S t a a a t s o r g a n i s m u s in seinen lokalen O r g a n e n - also a u c h d e n U n i v e r s i t ä t e n - von u n t e n h e r , d . h . ' k o r p o r a t i v ' , zu r e g e n e r i e r e n . In diesem Sinne p l ä d i e r t H u b e r f ü r eine relativ s e l b s t ä n d i g e K ö r p e r s c h a f t , in die nicht n u r die O r d i n a r i e n , s o n d e r n a u c h die ü b r i g e n L e h r e n d e n sowie die S t u d e n t e n fest integriert w e r d e n s o l l t e n 6 . Nicht zuletzt wegen dieser - in d e r E p o c h e des V o r m ä r z e m i n e n t a k t u e l l e n - Schrift wird H u b e r 1834 a n die U n i v e r s i t ä t M a r b u r g b e r u f e n . D a ß er, n a c h z w e i j ä h r i g e m Zögern, d e n Ruf schließlich a n n i m m t , liegt vor a l l e m a n der T a t s a c h e , d a ß von d e n 60 S t u d e n t e n , die i m S o m m e r s e m e s t e r 1833 a n d e r R o s t o c k e r A l m a m a t e r e i n g e s c h r i e b e n sind, sich k a u m j e m a n d in seinen H ö r s a a l v e r l ä u f t . Seinem Schwiegervater, d e m B r e m e r S e n a t o r Klugkist, gibt er h i e r ü b e r detailliert A u s k u n f t (Brief v o m 19. 7. 1835): Wenn ich Ihnen seither von meinen Vorlesungen nichts geschrieben habe, so hat das 3 Teatro pequeño de elocuencia y poesia castellana con breves noticias biográficas y literarias. Spanisches Lesebuch. Auswahl aus der classischen Litteratur der Spanier in Prosa und in Versen nebst kurzen biografischen und litterarischen Nachrichten und einem vollständigen Wörterbuch. Zum Gebrauch für Schulen und zum Privatunterricht, Bremen 1832. 4 Uber die näheren Umstände dieses Vorgangs teilt Elvers (Bd. II, S. 20) nichts mit. Huber hatte sich zu diesem Zeitpunkt zweifellos bereits einen Namen gemacht - nicht zuletzt mit journalistischen Arbeiten. An einschlägigen Publikationen dürften der Rostocker Philosophischen Fakultät vorgelegen haben: Sammlung spanischer Romanzen aus der früheren Zeit (Aarau 1821), Skizzen aus Spanien (Göttingen u. Bremen 1828-33), Geschichte des Cid (Bremen 1829), Spanisches Lesebuch (Bremen 1832). Elvers (Bd. II, S. 14) verweist darüber hinaus auf eine bei Brockhaus erschienene Jovellanos-Kurzbiographie (1831). Auch zwei erst 1833 im Druck vorliegende Werke Hubers mögen bei der Berufung bereits eine Rolle gespielt haben: Handbuch der englischen Poesie (Bremen 1833) und Die neuromantische Poesie in Frankreich und ihr Verhältnis zu der geistigen Entwicklung des französischen Volkes (Leipzig 1833). 5 Einige Zweifel und Bemerkungen gegen einige Ansichten über die teutschen Universitäten, deren Verfall und Reform, Hamburg 1834. 4 Vgl. hierzu Ingwer Paulsen, Viktor Aimé Huber als Sozialpolitiker, Berlin 2 1956 ( = Friedewalder Beiträge zur sozialen Frage, 7), S. 28-34.

SO

Victor

Aimé

Huber

s e i n e n s e h r g u t e n G r u n d d a r i n , d a ß ich k e i n e z u S t a n d e g e b r a c h t h a b e . V i e r S t u n d e n Englisch mit 3 bis 4 Scholaren, eigentlich privatissime, n u r d a ß d a f ü r nichts bezahlt wird, sind k a u m zu r e c h n e n .

[ . . . ] Ich h a t t e Geschichte von E u r o p a v o m E n d e des

f ü n f z e h n t e n J a h r h u n d e r t s bis z u m W e s t p h ä l i s c h e n F r i e d e n u n d G e s c h i c h t e d e r P o e s i e d e r r o m a n i s c h e n V ö l k e r a n g e k ü n d i g t , - d a z u h a t sich a b e r a u c h n i c h t e i n L i e b h a b e r g e f u n d e n , wie d e n n ü b e r h a u p t w e d e r in d i e s e m , n o c h i m v o r i g e n S e m e s t e r i r g e n d ein historisches o d e r litterar-historisches Collegium [ . . . ] zu S t a n d e g e k o m m e n ist. K e i n e Z u h ö r e r h a b e n ist die R e g e l , u n d es g i l t , a l s sei es so in d e r O r d n u n g .

[...]

(Elvers,

B d . I I , S. 36f.)

Marburg hat 1836 rund 300 Studenten, und Huber hat hier geringere Probleme mit seiner Hörerschaft. Für eine Vorlesung über spanische Geschichte seit dem Befreiungskampf reicht das 80 Personen fassende Auditorium gar nicht aus. Auch seine Kollegs über Shakespeare, Dante, Moreto, Byron, neueste französische Poesie usw. werden besser frequentiert als vergleichbare Rostocker Veranstaltungen. Allerdings sind auch in Marburg die Bücherbestände so unbefriedigend, daß Forschungsarbeit oft nur in der Göttinger Bibliothek möglich ist. Neben seiner akademischen Tätigkeit ist Huber auch in Marburg stets politisch aktiv: 1839 vertritt er die Universität in der kurhessischen Ständevertretung zu Kassel, 1841 veröffentlicht er die Broschüre Ueber die Elemente, die Möglichkeit oder Nothwendigkeit einer conservativen Partei in Deutschland. Sein gleichzeitig entwickeltes Projekt, eine konservative Zeitschrift zu gründen, stößt in Berlin - bei der Krone nahestehenden Kreisen - auf allergrößtes Interesse. Man sucht eine "offiziöse Feder" zur Verteidigung der Regierungspolitik und beruft Huber gegen ein Gehalt von 1800 Talern zum ordentlichen Professor der neueren Philologie, Litteratur und Litterärgeschichte an die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität 1 . In hispanistischer Hinsicht könnte Huber als Nachfolger des 1831 verstorbenen Extraordinarius Valentin Schmidt gelten. Ein regierungsinterner Ministerialerlaß vom Mai 1843 macht jedoch deutlich, wie wenig es bei dieser Berufung um akademische Belange geht. Der geheime Regierungsrat Eilers schreibt an den Geheimrat von Sydow: E w . H o c h w o h l g e b o r e n d a r f ich j e d o c h b e i d i e s e r G e l e g e n h e i t n i c h t v o r e n t h a l t e n , d a ß es n i c h t a l l e i n d a s I n t e r e s s e a n d e r n e u e r e n P h i l o l o g i e b e i d e r h i e s i g e n U n i v e r s i t ä t i s t , welches u n s d i e B e r u f u n g d e s P r o f e s s o r H u b e r w ü n s c h e n l ä ß t , s o n d e r n v o r z ü g l i c h a u c h sein T a l e n t f ü r A u f f a s s u n g u n d D a r s t e l l u n g v e r s c h i e d e n e r R i c h t u n g e n a u f d e m G e b i e t der Verfassungs- u n d S t a a t e n p o l i t i k . Die von i h m gelieferten publicistischen A u f s ä t z e b e w e i s e n , d a ß er d e n C h a r a k t e r u n s e r e r Zeit i m A l l g e m e i n e n r i c h t i g a u f g e f a ß t h a t . [ . . . ] D a r a n l ä ß t sich m i t G r u n d d i e H o f f n u n g k n ü p f e n , d a ß e r , d u r c h U m gang mit praktischen u n d wissenschaftlichen S t a a t s m ä n n e r n höheren S t a n d p u n k t e s g e l ä u t e r t , vielleicht e i n e n g r ö ß e r e n W e r t h a u f e i n e t ü c h t i g e u n d u n m i t t e l b a r in d a s Leben der deutschen Nation eingreifende politisch-litterarische Wirksamkeit wird, als a u f die F ö r d e r u n g der n e u e r e n Philologie.

legen

F ü r d i e s e n Fall w i r d er s e i n e r

a k a d e m i s c h e n T h ä t i g k e i t ein b e l i e b i g e s M a ß s e t z e n k ö n n e n , u n d ich w ü r d e n i c h t s d a g e g e n e i n z u w e n d e n h a b e n , v i e l m e h r es g e r n s e h e n , w e n n er, u m s e i n e Zeit u n d 7

Vgl.

Berlin,

hierzu Max Lenz, Geschichte

der königlichen

Friedrich-Wilhelms-Universität

zu

B d . I I . 2 , H a l l e 1918, S. 58-61.

81

Christoph

Rodiek

Kräfte der größeren Aufgabe zu widmen, seine Vorlesungen bei der Universität auf ein Publikum beschränken wollte. (Elvers, Bd. II, S. 119f.) Hubers B e r u f u n g wird als politischer Akt sofort heftig kritisiert, bei seiner feierlichen Antrittsvorlesung fehlen praktisch alle Kollegen der philosophischen F a k u l t ä t . " D i e Zeit der stillen, gelehrten Arbeit und der unbefangenen akademischen T h ä t i g keit" ist für ihn vorüber (Elvers, B d . I I , S. 1 2 3 ) . Nach 1 8 4 4 veröffentlicht Huber kaum mehr philologische Arbeiten und widmet sich zunehmend der sozialpolitischen P u b l i z i s t i k 8 . E r selbst charakterisiert die ersten B e r l i n e r J a h r e rückblickend mit den Worten: Es war eine unendlich schwere Zeit bis zur gänzlichen Schlaflosigkeit [ . . . ] Aber noch schlimmer oder vielmehr noch besser war es, daß ich wirklich völlig an mir selbst innerlich verzweifelte. (Elvers, Bd. II, S. 129). Hubers staatlich finanzierte Zeitschrift erscheint von 1 8 4 5 bis zur Märzrevolution unter d e m T i t e l Janus. Jahrbücher deutscher Bildung, Gesinnung und That. Neben V e r a n s t a l t u n g e n zur englischen und romanischen Literaturgeschichte hält er von 1849 an ein Kolleg " U e b e r die socialen Fragen, insbesondere ueber P r o l e t a r i a t und Pauperismus und dessen H e i l m i t t e l " . 1851 stellt er ein Entlassungsgesuch, zieht sich im folgenden J a h r nach Wernigerode in den Harz zurück und befaßt sich bis zu seinem T o d e ( 1 8 6 9 ) mit T h e m e n wie Arbeiterassoziationen, Handwerkerbünde, Genossenschaften, gemeinnützige B a u g e s e l l s c h a f t e n 9 , innere Mission u n d K o l o n i s a t i o n usw. 2. Die B e r l i n e r Antrittsvorlesung Verbleibt H u b e r m i t Vorlesungen wie " G e s c h i c h t e der Poesie der romanischen V ö l k e r " oder " G e s c h i c h t e des spanischen D r a m a s " noch durchaus i m B e r e i c h des von Literarhistorikern wie Friedrich B o u t e r w e k E r r e i c h t e n , so geht er i m B e r e i c h der F o r s c h u n g d a r ü b e r hinaus und verfeinert das I n s t r u m e n t a r i u m der sich etablierenden Neuphilologie mit der Untersuchung speziellerer literarischer P h ä n o m e n e 1 0 . Sein besonderes Augenmerk gilt der 'Volksliteratur'. Sowohl die B e r l i n e r A n t r i t t s vorlesung über die R o m a n z e n als auch die spanische Einleitung zur A u s g a b e der Cid-Chronik von 1512 sind ursprünglich als Unterkapitel zu einer umfassenden Geschichte der populären Poesie in Spanien gedacht (vgl. Elvers, B d . II, S. 6 1 ) . D e r C i d - S t o f f erscheint i h m besonders geeignet, den Entwicklungsprozeß von S a g e , Volkslied, Chronik u n d F o r m e n der K u n s t p o e s i e als ' O r g a n i s m u s ' darzustellen: 8 Über Huber als Sozialpolitiker existiert eine umfangreiche Spezialliteratur. Vgl. hierzu Paulsen: V.A. Huber, S. 217. 9 1849 gründet Huber die Zeitschrift Concordia. Blätter der Berliner gemeinnützigen Baugesellschaft. 1 0 Vgl. Karl Voretzsch, "Die spanische Sprache und Literatur in der deutschen Romanistik der Frühzeit" in: Estudios eruditos in memoriam de Adolfo Bonilla y San Martin (18751926), II, Madrid 1930, S. 319-358; hier: S. 339: "Die philologische Methode hatte sich zunächst nur in der Sprachwissenschaft durchgesetzt, auf den anderen Gebieten mußte sie zunächst auf dem Wege der Einzelforschung zur Durchführung und Anerkennung gebracht werden."

82

Victor

Aimé

Huber

La historia nos h a d e j a d o , por decirlo asi, u n e s q u e l e t o d e d i m e n s i o n e s y e s t r u c t u r a heroicas, al que la t r a d i c i ó n [poética] h a v e n i d o a restaurar los m u s l o s , arterias, nervios, color y a u n casi calor v i t a l . 1 1

Die Antrittsvorlesung "De primitiva cantilenarum p o p u l a r i u m e p i c a r u m (vulgo romances) a p u d hispanos f o r m a " (1844) 1 2 fußt auf einer ausgesprochen spekulativen heuristischen Hypothese: Zur E r m i t t l u n g der ursprünglichen Gestalt der spanischen Romanze glaubt Huber, zwischen wirklich volkstümlichen u n d schon nicht mehr ganz originären Formen unterscheiden zu sollen. Die u n t e r B e r u f u n g auf Herder b e n u t z t e Dichotomie ' K u n s t - versus Volkspoesie' (vgl. S. 3) spezifiziert er i m Hinblick auf die Romanzen als "discrimen inter cantilenas vere ut ita d i c a m p o p u l a r e s [...] et c a r m i n a histrionum vel j o c u l a t o r u m " (S. 12). Dem Begriff 'ursprünglicher' Volkstümlichkeit genügen Huber zufolge weder G r i m m s Konzept eines sechzehnsilbigen Romanzenverses 1 3 noch die herkömmliche Vorstellung vom i n t e r m i t t i e r e n d assonierenden Achtsilber: Das spanische Volk bevorzuge k u r z e Verse, andererseits widerspreche aber eine intermittierende Assonanz dem Prinzip "urspünglicher Einfachheit" (S. 15): Quae cum ita sint formam illam primitivam e ratione generali et rei natura talem fuisse arbitror, quae nec nimio syllabarum numero, nec intermittentis assonantiae artificio a simplicitate primitiva et natura abhorreat. Des Rätsels Lösung sieht Huber darin, die Geschichte der spanischen R o m a n z e mit einem durchgängig assonierenden Achtsilber (S. 15: versum octo s y l l a b a r u m c u m assonantia consecutiva) beginnen zu lassen. Als Beleg zitiert er zwei Passagen aus der gerade in Paris entdeckten Crónica rimada14 sowie die R o m a n z e Tres cortes armara el Rey (vgl. S. 15f. und S. 26f.). Der nächste Schritt der Entwicklung - so vermutet H u b e r - besteht nun darin, daß die "histriones" gelehrte Dichtungsformen der Kirche n a c h a h m e n 1 5 u n d zu diesem Zweck zwei Kurzverse zu einem Langvers kombinieren. I n d e m sie ein Versmaß verwenden, mit dem auch M a r t y r i u m und W u n d e r t a t e n von Heiligen besungen werden, geben sie den Taten ihrer weltlichen Helden gleichsam einen Anflug von Heiligkeit (S. 11 V . A . Huber (ed.): Chronica del Famoso Cavallero Cid Ruydiez Campeador. Nueva edición con u n a i n t r o d u c c i ó n historico- literaria, M a r b u r g 1 8 4 4 , S. X V I I I . N B : H u b e r b e n u t z t eine e t w a s a b w e i c h e n d e s p a n i s c h e O r t h o g r a p h i e u n d setzt e i n e n A k z e n t nur d o r t , " d o n d e sin él se equivocarían d o s p a l a b r a s d e s e n t i d o y p r o n u n c i a c i ó n d i f e r e n t e s " ( C h r o n i c a del Cid, S. LXXXIX). 12 Der v o l l s t ä n d i g e T i t e l der ' o r a t i o aditialis' lautet: D e p r i m i t i v a c a n t i l e n a r u m p o p u l a r i u m e p i c a r u m ( v u l g o r o m a n c e s ) a p u d h i s p a n o s f o r m a a d professoris ordinarii l o c u m in F a c ú l t a t e p h i l o s o p h i c a U n i v e r s i t a t i s litterariae Berolinensis rite c a p e s s e n d u m scripsit V . A . H u b e r , p h i l o s o p h i a e D o c t o r et professor publicus O r d i n a r i u s , B e r o l i n i M D C C C X L I V . 13

J a k o b G r i m m , Silva

de romances

viejos,

W i e n 1815.

14

Es handelt sich u m die Verse 2 9 4 - 3 0 1 u n d 1158-1164 des v o n R. M e n é n d e z P i d a l u n t e r d e m T i t e l Rodrigo y el rey Fernando hg. T e x t e s (in: Reliquias de la poesía épica española, M a d r i d 1951, S. 2 5 7 - 2 8 9 ) . - D i e s e Crónica rimada war 1844 n o c h nicht publiziert. H u b e r h a t t e offensichtlich durch V e r m i t t l u n g Wolfs v o m M a n u s k r i p t K e n n t n i s e r h a l t e n . 15 Huber führt als Beispiel e i n e n aus S e c h z e h n s i l b e r n b e s t e h e n d e n H y m n u s A u g u s t i n s a n (S. 18: c a n t i l e n a c o n t r a D o n a t i s t a s ) .

83

Christoph 19: s a n c t i t a t i s o d o r e m ) .

Rodiek

T a t s ä c h l i c h s i n d j a Karl d e m G r o ß e n u n d d e m C i d s c h o n

bald nach ihrem Tode W u n d e r zugeschrieben worden. D e r n e u e n t s t a n d e n e S e c h z e h n s i l b e r - m i t E n d - u n d B i n n e n a s s o n a n z - ist n u n freilich i n H u b e r s M o d e l l e i n e k u r z l e b i g e U b e r g a n g s f o r m :

Die Assonanz des ersten

H e m i s t i c h i o n s e r w e i s e s i c h als i n s t a b i l u n d t e n d i e r e zur S c h w u n d s t u f e , a u c h w e r d e die r e g e l m ä ß i g e S i l b e n z a h l d e s als z u l a n g e m p f u n d e n e n V e r s e s o f t nicht b e a c h t e t . A l s B e i s p i e l für d i e s e s D u r c h g a n g s s t a d i u m der R o m a n z e n e v o l u t i o n n e n n t H u b e r d a s Poema

de Mio

Cid (PMC),

i n d e m er e i n e " q u a s i - e p i s c h e V e r s c h m e l z u n g " 1 6 m e h r e r e r

j u g l a r e s k e r R o m a n z e n 1 7 e r b l i c k t (S. 19): Q u a e q u i d e m o m n i a l u c u l e n t i s s i m e a p p a r e n t in p o e m a t e illo de gestis Roderici Didaci vel Cidii, q u o d s u b finem saeculi d u o d e c i m i c o m p o s i t u m fuisse c o n s t a t . I p s a a u t e m e i u s d e m et in s y l l a b a r u m n u m e r o i r r e g u l a r i t a t e et in a s s o n a n t i i s i m p u r i t a t e et a n o m a l í a , eo a p e r t i u s n a t u r a et f o r m a ut i t a d i c a m t r a n s i t o r i a v e r s u m inter a n t i q u i o r e m o c t o s y l l a b a r u m c u m a s s o n a n t i a consecutiva et v e r s u m a l e x a n d r i n u m 1 8 e a d e m a s s o n a n t i a e specie i n s t r u c t u m d e m o n s t r a t u r . U b e r d e n sich nicht b e w ä h r e n d e n , weil d e m " V o l k s g e i s t " 1 9 w i d e r s t r e b e n d e n Sechz e h n s i l b e r t r i u m p h i e r e s c h l i e ß l i c h e r n e u t der A c h t s i l b e r .

D i e B e s o n d e r h e i t der n u n

e r r e i c h t e n ' s e k u n d ä r e n ' R o m a n z e b e s t e h e d a r i n , d a ß die u n g e r a d e n Verse keine A s s o n a n z m e h r a u f w i e s e n ( v g l . S. 2 2 ) . D a ß H u b e r m i t d i e s e r T h e o r i e e i n e n Irrweg der F o r s c h u n g b e s c h r e i t e t , ist für die Z e i t g e n o s s e n z u n ä c h t k e i n e s w e g s k l a r 2 0 . Z w a r w i d e r s p r i c h t s e i n e A u f f a s s u n g d e n A r g u m e n t e n e i n e s J a k o b G r i m m o d e r Friedrich D i e z 2 1 - a u s h e u t i g e r Sicht fällt sie 16 Diese F o r m u l i e r u n g g e b r a u c h t H u b e r in seiner Rezension zu Primavera y flor de Romances (Berlin 1856) von F e r d . Wolf u n d K o n r a d H o f m a n n . In: Göttingische gelehrte Anzeigen 1857, 1. B a n d , 40.-46. S t ü c k , S. 393-463; hier: S. 422. 17 Zwischen R o m a n z e u n d C a n t a r u n t e r s c h e i d e t H u b e r nicht (vgl. z.B. die E i n l e i t u n g zur Chronica del Cid, S. X X I I I f . ) . 18 Mit ' A l e x a n d r i n e r n ' bezeichnet H u b e r (S. 5) 14 o d e r 16 Silben u m f a s s e n d e Langzeilen. - Vgl. zu den A u s d r ü c k e n ' R e d o n d i l i e ' u n d ' A l e x a n d r i n e r ' a u c h Friedrich B o u t e r w e k , Geschichte der Poesie und Beredsamkeit seit dem Ende des 13. Jahrhunderts, B d . 3, G ö t t i n g e n 1804, S. 19ff. u. S. 29. 19 Vgl. die E i n l e i t u n g zur Chronica del Cid, S. X X X V I I : " O p o n i é n d o s e pues el genio y g u s t o p o p u l a r a estos versos de diez y seis silabas, y m a n t e n i éndose la p o p u l a r i d a d de las redondillas, n o h a b i a m a s q u e d e s h a c e r lo q u e se h a b í a hecho y volver a p o n e r dos redondillos p o r u n a l e j a n d r i n o . " 20 Das Urteil M e n é n d e z P i d a i s , der H u b e r s A n s a t z u n v e r b l ü m t als ' U n s i n n ' c h a r a k t e r i s i e r t , zeigt vielleicht doch zu wenig V e r s t ä n d n i s f ü r die r o m a n t i s c h e n B e m ü h u n g e n u m ' u r s p r ü n g liche' Volkspoesie: " E l único c o m e n t a r i o q u e o c u r r e a n t e t a l c ú m u l o de suposiciones d i s p a r a t a d a s es que u n a teoría que necesita b u s c a r t a n d e s c a b e l l a d a p r u e b a , t a n d e s e n f a d a d a m e n t e n u l a , y que la e s t i m a ' e v i d e n t e ' , e s t á j u z g a d a p o r sí m i s m a . " ( R o m a n c e r o hispánico. Hispano-portugués, a m e r i c a n o y sefardí. Teoría e h i s t o r i a , I, M a d r i d 1953, S. 95). 21 Friedrich Diez, ( A l t s p a n i s c h e Romanzen, besonders vom Cid und Kaiser Karls Paladinen, Berlin 1821, S. 201) c h a r a k t e r i s i e r t die R o m a n z e n v e r s e als " l a n g e Verse mit e i n e m E i n s c h n i t t " u n d b e g r ü ß t es a u s d r ü c k l i c h , d a ß G r i m m in seiner R o m a n z e n a u s w a h l (Silva de

84

Victor Aimé Huber hinter den bereits erreichten K e n n t n i s s t a n d zurück doch findet Hubers K o n s t r u k tion auch von durchaus k o m p e t e n t e r Seite Beifall. Adolf E b e r t etwa nennt Huber einen ' B a h n b r e c h e r ' , der "die ganze große literar- und kulturgeschichtliche B e d e u t u n g der spanischen R o m a n z e , die ihre ästhetische selbst ü b e r r a g t , an das Licht g e b r a c h t " h a b e 2 2 . Ferdinand Wolf, der durch seinen umfänglichen Forschungsbericht " U e b e r die R o m a n z e n p o e s i e der Spanier" als exzellenter K e n n e r des Gegenstandes ausgewiesen ist, hält die Frage, o b der ursprüngliche Romanzenvers in Lang- oder Kurzzeilen abgefaßt sei, noch 1 8 5 9 für nicht definitiv e n t s c h e i d b a r 2 3 . E r selbst plädiert für Hubers Kurzverstheorie mit dem A r g u m e n t , es h a b e in Spanien aus historischen G r ü n d e n nie einen "ursprünglichen, rein epischen Volksgesang" ( S . 4 0 6 ) gegeben, weshalb für die E n t s t e h u n g a u t o c h t h o n e r epischer Langzeilen kein Anlaß b e s t a n d e n h a b e (vgl. S. 4 1 9 ) . Die beiden erhaltenen Cid- E p e n , das PMC und die Cronica rimada, seien lediglich 'verunglückte Versuche', die F o r m der C h a n s o n s de geste künstlich einzuführen. Lyrisch-epische Volkslieder dagegen h a b e es in Spanien gegeben, und deren M e t r u m sei nun einmal die 'achtsilbige R e d o n d i l i e ' 2 4 (vgl. S. 4 2 0 ) . Ihre i n t e r m i t t i e r e n d e Assonanz weiche zwar von den typischen Formen der Volkspoesie a b , sei a b e r von Huber " p l a u s i b e l " erklärt worden ( S . 4 2 6 ) 2 5 . 3. Die Geschichte

des

Cid

Ist Hubers R o m a n z e n s p e k u l a t i o n heute lediglich wissenschaftshistorisch von Interesse, so kann seine bereits 1829 publizierte Geschichte des Cid26 noch i m m e r als K o r r e k t i v zu b e s t i m m t e n einseitigen Cid-Bildern des 19. und 20. J a h r h u n d e r t s dienen. Hubers Werk ist hierzu deshalb geeignet, weil es der " C i d o f o b i a " - ein Schlüsselbegriff Menendez Pidais, den vor ihm bereits Huber auf b e s t i m m t e Forschungspositionen a n w e n d e t 2 7 - nicht verdächtig ist. Die Geschichte der Cid-Historiographie ist u.a. eine solche der E n t d e c k u n g von Q u e l l e n t e x t e n . Eins der wichtigsten D o k u m e n t e über den spanischen Nationalhelden, die Historia Rodend, wird gegen 1785 von Manuel Risco in Leon entdeckt und 1792 - z u s a m m e n mit einer V i t a des Helden - p u b l i z i e r t 2 8 . Das in D e u t s c h l a n d durch romances viejos, Wien 1815) die assonierende Langzeile auch im Druckbild wiederhergestellt hat. 2 2 Adolf Ebert, "Literarische Wechselwirkungen Spaniens und Deutschlands" in: Deutsche Vierteljahrs-Schrift Nr. 78 (1857), S. 86-121; hier: S. 116. 23 Ferdinand Wolf, "Ueber die Romanzenpoesie der Spanier" in: Studien zur Geschichte der spanischen und portugiesischen Nationaltiteratur, Berlin 1859, S. 303-554; hier: S. 404f. 2 4 Unter 'Redondilien' (versos redondillos) versteht Wolf "die bekannten sechs- und achtsylbigen trochäischen Rhythmen" ("Ueber die Romanzenpoesie", S. 411). 25 Wolf weicht von Hubers Ansicht insofern ab, als er nicht "einreimige Tiraden achtsylbiger Redondilien, sondern kurze Reimpaare (parejas) oder vierzeilige einreimige RedondilienStrophen (cuartetas) für die primitive Romanzenform" hält (S. 431). 2 6 V.A. Huber, Geschichte des Cid Ruy Diaz Campeador von Bivar. Nach den Quellen bearbeitet, Bremen 1829. 27 Huber richtet den Vorwurf der "cidofobia" vor allem gegen den von ihm ansonsten sehr geschätzten J . von Aschbach (vgl. die Einleitung zur Chronica del Cid, S. X.). 2 8 Manuel Risco, La Castilla y el mds famoso castellano, Madrid 1792.

85

Christoph

Rodiek

Herders R o m a n z e n b e a r b e i t u n g geförderte romantische Interesse a m Cid als einer literarischen Figur wird schon bald auf den historischen Rodrigo Díaz ausgedehnt. J o h a n n e s von Müller veröffentlicht 1805 eine k n a p p e Cid-Biographie 2 9 , die gleichsam ein Verschnitt der Historia Roderici (HR) mit dem seit 1779 wieder verfügbaren PMC ist. Als Huber seine Geschichte des Cid herausgibt, steht ein weiterer sensationeller Fund in Sachen Cid-Quellen noch bevor: Reinhard Dozy entdeckt 1844 in G o t h a einen Text Ibn Bassams, der das wissenschaftliche Cid-Bild bis zu Menéndez Pidais grundlegender Revision (1929) prägen wird. Huber idealisiert den C a m p e a d o r nicht - er nennt ihn einen "ritterlichen Abent h e u e r " , der nichts Bleibendes geschaffen h a b e (S. IV) - , er stellt ihn a b e r auch nicht einseitig aus arabischer Sicht dar. U m die Zuverlässigkeit der HR, die er mit Recht als wichtigste Quelle einschätzt, zu ü b e r p r ü f e n , zieht Huber eine Fülle anderer Dokumente h e r a n 3 0 . Zu jenen literarischen Texten, die wegen ihres zweifelhaften historischen Wertes nicht berücksichtigt werden sollten, rechnet er - neben d e m PMC - auch die "Crónica General" u n d die "Crónica P a r t i c u l a r " 3 1 . Hubers Umgang mit seiner Hauptquelle sei a m Beispiel der Schlacht bei Tévar (1090) durch einen Vergleich mit Menéndez Pidais La España del Cid (1929) 3 2 verdeutlicht. In der HR wird die Episode folgendermaßen wiedergegeben 3 3 : Alfagib, der Maurenkönig von Lérida, Tortosa und Denia, sucht einen Bundesgenossen gegen den Cid. Gegen eine hohe Geldsumme ist der Graf von Barcelona bereit, eine Streitmacht zusammenzustellen, u n d Rodericus u n d Berengarius stehen sich alsbald in den Bergen von Morella (vgl. S. 944: Iber) kampfbereit gegenüber. Vor der Schlacht schreibt der Graf dem Cid einen ausführlichen Herausforderungsbrief, der in den Sätzen gipfelt (S. 945): Si a u t e m exieris ad nos in piano et separaberis te a monte tuo, eris ipse Rodericus quem dicunt bellatorem et Campeatorem. Si a u t e m hoc f a c t u m nolueris, eris talis qualem dicunt in uulgo castellani aleuoso, et in uulgo francorum bauzador et fraudator. 29 Johann von Müller, Von dem Cid. Nach den Quellen. ( B e n u t z t e Ausgabe: Herders sämtliche Werke. Zur schönen Literatur und Kunst. Fünfter Theil. Der Cid. Mit einer historischen Einleitung durch J.v.M., Stuttgart 1827, S. 5-66). - Müller erkennt nicht den fiktionalen Charakter des Mocedades-Motivkreises (vgl. S. 22f.). Einen Großteil des "Cantar del destierro" schaltet er sehr ungeschickt - nach der Begegnung Rodrigos u n d Alfonsos bei Granada (1091) - in die HR ein (vgl. S. 45ff.). 30 Huber nennt u.a. folgende Quellen, aus denen er im kritischen Apparat (S. 94-230) seines Werkes ausgiebig zitiert: "Gesta Roderici Campidocti" und "Genealogía del Cid Ruy Diaz". In: Risco, La Castilla y el más famoso Castellano; Lucas Tudensis, Chronicon Mundi; Rodericus Toletanus, De rebus Hispaniae; P. de Sandoval, Historia de los reyes de Castilla; F. de Berganza, Antigüedades de España; J.A. Conde, Historia de la dominación de los árabes en España. 31 Der Ausdruck wird im heute üblichen Sinne ("Cid-Chronik von 1512") verwendet. Hubers Terminologie vgl. Einleitung zur Cid-Chronik, S. XLVI. 32 33

Benutzte Ausgabe: La España

Zu

del Cid, Madrid 7 1 9 6 9 , 2 Bde.

Benutzte Ausgabe: Historia Roderici. In: R a m ó n Menéndez Pidal, La España del Cid, II, S. 921-971. Die untersuchte Passage beginnt S. 943 (Zeile 1) u n d endet 949 (Zeile 28).

se

Victor

Aimé

Huber

R o d e r i c u s a n t w o r t e t m i t e i n e m n o c h l ä n g e r e n S c h r e i b e n , in d e m er die Beleidigungen als Lügen zurückweist u n d B e r e n g a r i u s d a m i t d r o h t , er werde es ü b e r a l l b e k a n n t m a c h e n , falls er sich j e t z t nicht z u r Schlacht stelle (S. 947). Der eigentliche K a m p f wird viel weniger a u s f ü h r l i c h b e s c h r i e b e n : R o d e r i c u s fällt v o m P f e r d , verletzt sich d a b e i , seine L e u t e j e d o c h besiegen d a s Heer des K a t a l a n e n . B e r e n g a r i u s u n d zahlreiche seiner L e u t e w e r d e n g e f a n g e n g e n o m m e n , die B e u t e ist u n e r m e ß l i c h , u n d gegen ein Lösegeld, d a s i h n e n s p ä t e r z . T . erlassen wird, w e r d e n die G e f a n g e n e n schließlich freigelassen. H u b e r s t r a f f t u n d k ü r z t seine Vorlage, ü b e r s e t z t j e d o c h die b e i d e n H e r a u s f o r d e r u n g s b r i e f e in voller L ä n g e . A u c h die B e h a n d l u n g des g e f a n g e n e n B e r e n g a r i u s gibt er a n n ä h e r n d wörtlich wieder (S. 69f.): Als nun der Graf mit den angesehensten Gefangenen vor den Cid 3 4 in sein Zelt gebracht wurde, und mit demüthigen Worten den schwer gereitzten, verwundeten Sieger zu besänftigen suchte, vermochte der Cid nicht sogleich allen Zorn zu unterdrücken, sondern ließ jene hart an und gebot sie in einem besonderen Zelt streng zu bewachen, doch mit Speise und Trank reichlich zu versehen. I m e n t s p r e c h e n d e n A b s c h n i t t (S. 168-170) des kritischen A n h a n g s n e n n t H u b e r die Quellen, mit d e r e n Hilfe er O r t ( I b e r = T e b a r ) u n d D a t u m (1090) d e r Schlacht e r m i t t e l t h a t . E r n e n n t die G r ü n d e , die f ü r die d o k u m e n t a r i s c h e E c h t h e i t der beid e n Briefe s p r e c h e n u n d e r l ä u t e r t die g e n a u e B e d e u t u n g der A u s d r ü c k e 'alevoso', ' b a u z a t o r ' , 'aleve' u n d ' b a u z i a ' . Vergleicht m a n H u b e r s D a r s t e l l u n g d e r T é b a r - E p i s o d e m i t d e m e n t s p r e c h e n d e n K a p i t e l (XI,1) von La España del Cid, so zeigt sich folgendes: Auch M e n é n d e z P i d a l r e s ü m i e r t die HR, wobei er - wie H u b e r - oft wörtlich ü b e r s e t z t . A u c h er hält die Briefe f ü r a u t h e n t i s c h , gibt sie allerdings in g e k ü r z t e r F o r m wieder. In zwei A n h ä n g e n e r ö r t e r t er - ä h n l i c h wie H u b e r - d e n O r t der Schlacht (S. 757-759), u n t e r s u c h t die A r g u m e n t e z u g u n s t e n d e r E c h t h e i t d e r b e i d e n H e r a u s f o r d e r u n g s b r i e f e u n d klärt e b e n j e n e T e r m i n i , die a u c h H u b e r u n t e r s u c h t h a t (S. 864f.). M e n é n d e z P i d a l erweitert j e d o c h die D a r s t e l l u n g d e r HR u m Zusätze, die sich bei H u b e r nicht finden: Die m e i s t e n dieser E i n s c h ü b e s t a m m e n a u s d e r Primera Crónica General u n d d e m PMC. Es w e r d e n d a b e i folgende I n f o r m a t i o n e n v e r m i t t e l t : Der Kriegslist d e r K a t a l a n e n (sie schleichen sich d e r HR zufolge n a c h t s auf d e n Berg des G e g n e r s ) w i r d eine des Cid entgegengesetzt ( R o d r i g o t ä u s c h t d e r Crónica Particular zufolge F l u c h t p l ä n e vor). Nach der Schlacht w i r d in großer Ausführlichkeit die b e r ü h m t e E p i s o d e des PMC (vv.1028-1084) zitiert, in d e r d e r Graf von B a r c e l o n a sich weigert zu essen, R o d r i g o i h m die Freiheit v e r s p r i c h t , falls er N a h r u n g zu sich n e h m e , u n d d e r K a t a l a n e schließlich voller H o c h a c h t u n g v o m Cid scheidet. Hinzu k o m m e n bei M e n é n d e z P i d a l a b e r a u c h zahlreiche t e n d e n z i ö s e K o m m e n t a r e : - * D e n G e g n e r n des Cid ( B e r e n g u e r , M o s t a i n u n d A l h a y i b ) wird H a b g i e r u n t e r s t e l l t 3 5 , ihr kriegerisches U n t e r n e h m e n wird als K o m p l o t t u n d böse M a c h e n s c h a f t 34

Huber übersetzt hier ungenau, denn der Name 'Mio Cid' wird weder in frühen christlichen Quellen (z.B. 'Carmen Campidoctoris', 'Historia Roderici') noch in arabischen Texten verwendet. 35 Vgl. La España del Cid, S. 376: "haciéndole [Berenguer] renunciar a las rentas que codi87

Christoph

Rodiek

bezeichnet 3 6 , w ä h r e n d es in der HR einfach heißt: Alfagib wollte Sancho Ramírez, Berenguer u n d Ermengol gegen Rodrigo kämpfen lassen, u m ihn aus seinem Königreich zu vertreiben 3 7 . - * D i e Antwort des Cid auf Berenguers Herausforderungsschreiben gibt Menéndez Pidal nur auszugsweise wieder u n d faßt das meiste in eigenen Worten z u s a m m e n . E r b e h a u p t e t hierbei, der Cid h a b e sich des Grafen ständiges Auf-Gott-Berufen bei irdischen Streitigkeiten verbeten (La España del Cid, S. 380). Tatsächlich hat Rodericus gegen den Vorwurf des Berengarius, er zerstöre Kirchen und glaube eher an Vogelzeichen als an den einigen G o t t , nichts vorzubringen. - * I n der Schlachtbeschreibung geht Menéndez Pidal zwar nicht so weit wie die Crónica Particular, die anstelle des Cid einfach den katalanischen Grafen vom Pferd fallen und kampfunfähig liegen bleiben l ä ß t 3 8 , doch würdigt er die Leistung der Kampfgenossen Rodrigos sehr viel weniger, als dies in der lateinischen Quelle der Fall ist. Bei Menéndez Pidal (S. 383) heißt es: "No obstante, su gente siguió peleando h a s t a completar la victoria iniciada." Im Original (HR) dagegen wird der Sachverhalt folgendermaßen beschrieben (S. 948): " V e r u m p t a m e n milites a bello non destiterunt, ymo robustis animis pugnaverunt, doñee et comitem et o m n e m exercitum s u u m deuicerunt atque viriliter superaverunt." - * D i e schließlich in aller Ausführlichkeit auf Neuspanisch dargebotene Episode des PMC39 dient vollends der Verherrlichung Rodrigos. Menéndez Pidal beendet sie mit einem Lob der Großmut des Cid, die er weit über die König G u n t h e r s i m Nibelungenlied stellt (vgl. S. 385). La España del Cid ist genau ein J a h r h u n d e r t jünger als Hubers Geschichte des Cid; der Überlegenheit an Gelehrsamkeit entspricht jedoch nicht durchweg eine solche der M e t h o d e 4 0 . So kommt beispielsweise Huber bei der E r ö r t e r u n g der G r ü n d e c i a b a de la tierra valenciana"; S. 377: "los d o s [Mostain y A l h a y i b ] codiciosos de Valencia". 36

La España

del Cid,

S. 376: " e m p e z ó [Alhayib] a urdir u n a gran conjura c o n t r a el ca-

s t e l l a n o a fin de echarle de aquellas tierras; s u p o [Rodrigo] de cierto los m a n e j o s que é s t e [Alhayib] se traía"; S. 378: "los m a n e j o s de Berenguer". 37

Historia

Roderici,

S. 943:

" I b i d e m uero certa relatione a u d i u i t , q u o d A l f a g i b Leride et Tortoxe c o n d u c e r e t e m p t a b a t S a n t i u m regem a r a g o n e n s i u m , et B e r e n g a r i u m c o m i t e m b a r c i n o n e n s i u m , et E r m e n g a l d u m , c o m i t e m u r g e l e n s e m , contra illum, ut posset e u m eiieere et expeliere de terra s u a et ó m n i b u s finibus 38

regni sui."

Vgl.

Chronica

del Cid, S. 161: "E el Cid salió c o n t r a el C o n d e , e firieronse sin p i e d a d

u n o s con otros u n a grand piega, e fue derribado el C o n d e del cavallo e n tierra." 39

Der Dichter des PMC

wird als Historiker ("historiador a su m o d o " ) für die des Latei-

n i s c h e n nicht k u n d i g e n Laien b e z e i c h n e t (La

España

del Cid, S. 383; vgl. a u c h S. 385: "El

' P o e m a ' a p o y a a la historia en sus p o r m e n o r e s " . ) A u c h bei der Ü b e r t r a g u n g des PMC

verändert M e n é n d e z P i d a l den W o r t l a u t t e n d e n z i ö s .

So l a u t e t z. B. Vers 1023 ("pues que tales m a l c a r a d o s me vengieron de b a t a l l a " ) bei i h m (La España 40

del Cid, S. 383): "pues que t a n a v i l t a d a m e n t e m e hallo vencido en b a t a l l a . "

Letztlich kann m a n den Vorwurf, den M e n é n d e z P i d a l an D o z y richtet, a u c h g e g e n i h n

selbst w e n d e n (La España

del Cid, S. 25):

"Como Dozy llevó el acopio de materiales históricos a un grado de riqueza y de crítica que 88

Victor Aimé

Huber

für die erste Verbannung Rodrigos - nach Abwägung der b e k a n n t e n Hypothesen zu dem Ergebnis, daß eine endgültige Antwort nicht zu geben sei 4 1 . Menéndez Pidal g i b t eine Antwort, die z u d e m ausgesprochen plausibel klingt: Alfonso sei 1079 nicht g e g e n Alkadir gezogen, sondern h a b e dem tributpflichtigen M a u r e n gegen seine aufmüpfigen ' F u n d a m e n t a l i s t e n ' Schützenhilfe geleistet. Rodrigos s p o n t a n e r Rachefeldzug gegen Toledo h a b e das Risiko dieser U n t e r n e h m u n g in unerträglicher Weise erhöht. Letztendlich a r g u m e n t i e r t Menéndez Pidal jedoch auch in diesem Fall mit einem Ideologem, das er in seiner A b h a n d l u n g Los españolea en la historia als Invariante des spanischen Nationalcharakters bezeichnet: Der Neid d e m hervorragenden Individuum gegenüber, "la invidencia", sei einer der Schlüssel z u m Verständnis der spanischen Geschichte im allgemeinen und der des Cid i m b e s o n d e r e n 4 2 . Nun ist Huber zwar noch weit entfernt von der E r k e n n t n i s , daß der Cid als 'personaje mozárabe' u n d Grenzgänger mit eigenen Interessen ein immenses Hindernis der christlichen Reconquista w a r 4 3 . Er trennt jedoch zwischen der historischen u n d der literarischen Gestalt und vermeidet den Fehler, den Cid zu fiktionalisieren, wie es vor ihm J o h a n n e s von Müller und nach i h m Menéndez P i d a l g e t a n h a b e n 4 4 . D a die internationale Hispanistik (vgl. z.B. Smith oder Ubieto A r t e t a ) heute dazu neigt, das Poema auf den Anfang des 13. J a h r h u n d e r t s (ca. 1207) zu datieren, ist Menéndez Pidais historiographisches K o n z e p t , den "verismo" des E p o s auf die "coetaneidad" zu g r ü n d e n 4 5 , hinfällig geworden. Daß Huber Irrwege der Cid-Forschung, die 1829 längst offenstanden, nicht betreten h a t , ist ein nicht geringes Verdienst seines Cidnadie antes h a b í a a l c a n z a d o , c o n s i g u i ó e n j u s t i c i a que su v i d a del Cid f u e s e a d m i r a d a c o m o u n m o d e l o de e s m e r a d a e r u d i c i ó n . N a d i e creyó necesario rehacer el e s t u d i o d e las f u e n t e s , y el relato c o n s t r u i d o por el o r i e n t a l i s t a h o l a n d é s fue u m v e r s a l m e n t e a c e p t a d o . " 41 Im kritischen A p p a r a t z u m e n t s p r e c h e n d e n K a p i t e l ä h n e l n sich die B ü c h e r H u b e r s u n d M e n é n d e z P i d a i s wieder erstaunlich: B e i d e erörtern - mit Hilfe l a n g e r Z i t a t e a u s d e m Fuero viejo de Castilla - d e n rechtlichen H i n t e r g r u n d der V e r b a n n u n g . 42

R. M e n é n d e z P i d a l , Los españoles " B e n e v o l e n c i a e invidencia".

en la historia,

M a d r i d 2 1 9 7 1 ; vgl. vor a l l e m S. 71-74:

43

R o d r i g o vereitelt 1092 die E r o b e r u n g Valencias durch A l f o n s o V I . D i e R ü c k e r o b e r u n g Saragossas ( 1 1 1 8 ) gelingt erst n a c h d e m T o d e des Cid. V g l . hierzu J o s é C a m ó n Aznar: "El Cid p e r s o n a j e m o z á r a b e " in: Revista de estudios políticos 1 9 4 7 , S. 109-141; hier: S. 125-128 u. S. 138. V g l . a u c h A. U b i e t o / J . R e g l á / J . M . J o v e r / C . Seco, Introducción a la historia de España, B a r c e l o n a 8 1 9 7 1 , S. 155f. 44 Zu den p o l i t i s c h e n Zielen des v e r m e i n t l i c h 'historischen' C i d vgl. z . B . Müller, S. 43: " D o n R o d r i g o aber, g e t r e u d e m P l a n e , das R e i c h Valencia der N a t i o n u n d R e l i g i o n z u g e w i n n e n , lag vor der S t a d t Liria"; d e s g l e i c h e n La España del Cid, S. 349: "El Cid recobra el L e v a n t e para Alfonso". - D i e 'Jura d e S a n t a G a d e a ' wird h e u t e ü b e r w i e g e n d als p o e t i s c h e F i k t i o n a n g e s e h e n (vgl. z. B . Colin S m i t h ( H r s g . ) , Poema de Mio Cid, M a d r i d 1978, S. 30). Zwar hält Huber - mit Hinweis auf d e n T o l e d a n o und d e n T u d e n s e (S. 128f.) - d e n V o r g a n g für historisch, w i d m e t i h m j e d o c h nur drei Sätze. M e n é n d e z P i d a l d a g e g e n führt a u s f ü h r l i c h e 'Belege' a u s der Crónica General u n d d e m Romancero an (La España del Cid, S. 1 9 5 - 1 9 8 u. S. 711f.). 45 Vgl. La España del Cid, S. 49: "El verismo r e b o s a por t o d a s p a r t e s e n el Poema, de la c o e t a n e i d a d . "

efecto

89

Christoph

Rodiek

Buches 4 6 . 4. Die Einleitung zur Cid-Chronik Die dritte größere Arbeit, in der Huber sich mit dem spanischen Mittelalter auseinandersetzt, ist die umfängliche "Introducción" zur Cid-Chronik von 1512 4 7 . In den ersten beiden Abschnitten dieser ausdrücklich an ein spanisches Publikum gerichteten Abhandlung (vgl. S. Vf.) resümiert Huber zunächst die wichtigsten Thesen und Ergebnisse der Berliner Antrittsvorlesung (1844) und des Vorworts zur Geschichte des Cid (1829). Im dritten Abschnitt entwickelt er hinsichtlich möglicher Abhängigkeiten zwischen Cid-Chronik und Crónica General folgende Hypothese: Eine verlorene (lateinische ?) Crónica Particular sei zur Herstellung des vierten Teils der Crónica General verwendet worden. So lasse sich einerseits erklären, weshalb dem Cid in der alfonsinischen Chronik mehr Raum gewidmet werde als mehreren Königen zusammen und weshalb andererseits in der Chronica del Cid so viele Querverweise auf die General zu finden seien. Hinsichtlich der mysteriösen Gestalt des Abenalfange (Crónica General. Abenalfarax) ist Huber der Auffassung, der später auf den Namen Gil Díaz getaufte Maure sei tatsächlich der Verfasser zweier Abschnitte der Chronik: der Darstellung Valencias sowie des legendenhaften Todes des Cid. Im vierten und letzten Teil seiner "Introducción" unternimmt Huber den Versuch einer Klassifikation des Cid-Romanzero. Neben den - volkstümlichen und somit besonders wertvollen - alten Romanzen des 12.-14. Jahrhunderts gebe es die Gruppe der aus dem Material der Chroniken zusammengefügten Romanzen (Hauptvertreter: Sepúlveda) und schließlich die Gruppe der von Autoren des Siglo de Oro verfaßten Kunstromanzen (vgl. S. L X X I I I ff.). Friedrich Diez, der Hubers Arbeit in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik (Berlin 1845) 4 8 rezensiert, erhebt vor allem gegen die Hypothese einer "forma primitiva del romance castellano" (Huber, "Introducción", S. X X X V ) Bedenken: In dem Versuch, die vorgebliche 'Ur-Romanze' Tres cortes armara el Rey mit durchgängiger - also nicht alternierender - Assonanz zu lesen, entdeckt der Bonner Romanist prosodische und linguistische Irrtümer (vgl. S. 160f.). Von wenigen anderen Einwänden abgesehen, beurteilt Diez Hubers Untersuchung jedoch als wissenschaftliche Leistung von Rang: Diese Einleitung bietet so viele Ansichten und Resultate, sie behandelt so viele streitige und räthselhafte Punkte, dass die Geschichte der spanischen Poesie in ihren Anfängen dadurch fast eine neue Gestalt gewinnt. (S. 154)

Auch aus heutiger Sicht ist Hubers "Introducción", ist vor allem die Neuerschließung der für die Forschung praktisch unzugänglichen Cid-Chronik überwiegend positiv zu beurteilen. Natürlich ist die neuere Hispanistik auch in Details, die Diez 46

Vgl. hierzu auch La España

del Cid, S. 21f.

Chronica del Famoso Cavallero Cid Ruydiez Campeador. Nueva edición con una introducción historico-literaria por D . V . A . Huber, Marburg 1844. 47

48 Erstveröffentlichung in: Jahrbücher für wissenschaftliche Ausgabe: Friedrich Diez' kleinere Arbeiten und Recensionen. Breymann, München 1883, S. 153-167.

90

Kritik, Berlin 1845. Benutzte Herausgegeben von Hermann

Victor Aimé

Huber

n i c h t moniert h a t , über Hubers K e n n t n i s s t a n d hinausgelangt. So steht beispielsweise heute fest, daß die Cid-Chronik als Teil der Crónica de Castilla u n d diese wiederum als Auszug der Crónica General anzusehen ist. Hubers H y p o t h e s e einer verlorenen Urfassung hat sich als ebenso verfehlt erwiesen wie die K o n s t r u k t i o n einer ' U r - R o m a n z e ' . Auch die Bemerkungen ü b e r die Figur des Ibn al-Faray sind mittlerweile präzisiert worden. Diego C a t a l á n 4 9 etwa h a t gezeigt, d a ß ein Mönch des Klosters C a r d e ñ a - der sog. Pseudo-Abenalfarax - einen bereits in der Crónica General verwerteten Text des Ibn 'Alqama z u m Ausgangspunkt einer legendenhaft ausgestalteten Cid-Vita gemacht h a t . U m Pilger ans C i d - G r a b zu locken - so vermochte bereits P.E. Russell 5 0 zu zeigen - kam d e m Verfasser der hypothetischen 'Estoria del Cid' ein arabischer G e w ä h r s m a n n f ü r die W u n d e r , die sich vor u n d nach dem Tode des Cid in Valencia ereignet h a b e n sollen, sehr gelegen. 5. Huber als Neuphilologe Daß Huber in Rostock, Marburg und Berlin nicht schlechterdings Hispanistik l e h r t 5 1 , ist mit der universitären Fächergliederung des 19. J a h r h u n d e r t s zu erklären. Auch Friedrich Diez wird 1830 nicht etwa Ordinarius der Romanistik, sondern Professor für Geschichte der mittleren u n d neueren Literatur u n d lehrt zugleich Althochdeutsch und Gotisch, j a er ist ü b e r h a u p t der erste, der in Bonn ein Seminar ü b e r Waither von der Vogel weide hält. Die einzelnen Disziplinen der künftigen Neuphilologie 5 2 sind noch nicht voneinander g e t r e n n t , und ihre Vertreter empfinden sich auch als durchaus zusammengehörig im Emanzipationskampf gegen die 'eigentliche' Philologie: die klassische 5 3 . 49 "Poesía y novela en la Historiografía Castellana de los Siglos XII y X I V " in: Mélanges offerts à Rita Lejeune, Professeur à l'Université de Liège, vol. I, G e m b l o u x 1969, S. 423-441; hier: S. 431. 50

"San Pedro de Cardeña and the Heroic History of the Cid" in: Medium (1958), S. 57-79; hier: S. 62f.

AEvum

27

51 Wenn Gerhard Rohlfs (Einführung in das Studium der romanischen Philologie. Allgemeine Romanistik, französische und provenzalische Philologie, Heidelberg 1966, S. 11) b e h a u p t e t , Huber habe in Marburg eine Professur für romanische Sprachen i n n e g e h a b t , so ist dies ungenau. Spezielle Lehrstühle für Anglistik, Romanistik oder gar Hispanistik g a b es noch nicht. Huber war in Marburg Professor der abendländischen Literatur. D a er in seinen Lehrveranstaltungen Moreto ebenso wie Shakespeare oder Dante behandelte, ist es nur folgerichtig, wenn Huber in einem B u c h über die E n t s t e h u n g der Anglistik als Universitätsfach ausführlich berücksichtigt wird (vgl. Konrad Schröder, Die Entwicklung des Englischunterrichts an deutschsprachigen Universitäten bis zum Jahre 1850, Ratingen 1969, S. 239-241 u. passim). 52

Zur Aufwertung der sich allmählich konstituierenden Fächer Germanistik, R o m a n i s t i k , Anglistik usw., die allein schon in der Verwendung des Ausdrucks 'Neuere Philologie' statt 'Neuere Sprachen' besteht, vgl. Heinrich Schneegans, "Die Anfänge der Romanistik a n der Universität Bonn" in: Studium und Unterricht der romanischen Philologie, Heidelberg 1912, S. 58-91; hier: S. 90. 53 Für Bayern lassen sich vier Etappen in der Entwicklung der universitären R o m a n i s t i k unterscheiden: eine erste Periode (bis 1850), in der Lektoren und 'Sprachmeister' die neueren Sprachen unterrichten; eine zweite (50er - 70er Jahre), in der Professuren gegründet

91

Christoph Rodiek I m Falle H u b e r s ist es freilich so, d a ß die n i c h t - h i s p a n i s t i s c h e n A k t i v i t ä t e n schließlich ü b e r h a n d n e h m e n u n d i h n d e m a k a d e m i s c h e n Bereich e n t f r e m d e n . Gleichzeitig g e b e n sie seiner L e h r t ä t i g k e i t a b e r ein ü b e r r a s c h e n d m o d e r n e s G e p r ä g e . W ä h r e n d sein e r zahlreichen l ä n g e r e n A u s l a n d s a u f e n t h a l t e i m westlichen E u r o p a t r i f f t H u b e r nicht n u r G e l e h r t e u n d Persönlichkeiten des öffentlichen L e b e n s wie A l e x a n d e r von H u m boldt, Benjamin Constant, J o h n Lockhart oder den Conde de Toreno, i h m wird dabei a u c h klar, d a ß a u s H a n d b ü c h e r n e r w o r b e n e S p r a c h k e n n t n i s s e nicht a u s r e i c h e n 5 4 . Als er wenige J a h r e s p ä t e r als O r d i n a r i u s a u c h S p r a c h e n u n t e r r i c h t e t , v e r f ü g t er ü b e r eine d a m a l s u n g e w ö h n l i c h e V e r t r a u t h e i t m i t d e m realiter g e s p r o c h e n e n S p a n i s c h e n 5 5 , Italienischen, Französischen, Englischen u n d P o r t u g i e s i s c h e n . H u b e r s I n t e r e s s e gilt zugleich i m m e r a u c h d e n politisch-sozialen Z u s t ä n d e n d e r von i h m b e s u c h t e n L ä n d e r . Seine Vorlesung ü b e r s p a n i s c h e Zeitgeschichte e t w a ließe sich h e u t e u n t e r ' L a n d e s k u n d e ' s u b s u m i e r e n . W i e g u t H u b e r die a u s l ä n d i s c h e n V e r h ä l t n i s s e k e n n t , zeigt a u c h die T a t s a c h e , d a ß seine Skizzen aus Spanien in m e h r e r e F r e m d s p r a c h e n ü b e r setzt w e r d e n u n d die z w e i b ä n d i g e A b h a n d l u n g ü b e r Die englischen Universitäten im zeitgenössischen E n g l a n d eine A r t S t a n d a r d w e r k w i r d 5 6 . B e d e n k t m a n , d a ß u m 1900 die A u f g a b e n der neuphilologischen F ä c h e r d e r g e s t a l t u m d e f i n i e r t w e r d e n , d a ß d e r möglichst auf eigener A n s c h a u u n g b e r u h e n d e n - K e n n t n i s des k u l t u r e l l e n K o n t e x t e s d e r jeweiligen S p r a c h e u n d L i t e r a t u r b e s o n d e r e s Gewicht beigelegt w i r d 5 7 , so k a n n V.A. H u b e r hierin als Vorläufer u n d A n r e g e r gelten.

werden, die der romanischen Philologie in Kombination mit jeweils anderen Fächern (z.B. Germanistik) gewidmet sind; eine dritte Periode (70er - 90er Jahre), in der Romanistik und Anglistik in einem Ordinariat vereint sind; eine vierte Periode schließlich, in der romanische und englische Philologie voneinander getrennt und Sprachlektorate eingerichtet werden (vgl. Schneegans, "Die Anfänge des Unterrichts in den romanischen Sprachen in Bayern", in: Studium und Unterricht, S. 40-52; hier: S. 40). 54 Vgl. hierzu den Anfang der Skizzen aus Spanien. 55 Hubers Schriftspanisch hebt sich wohltuend von dem J. Grimms ab. 56 Vgl. Paulsen, V.A. Huber als Sozialpolitiker, S. 41. 57 Vgl. Schneegans, "Die Ideale der neueren Philologie" in: Studium und Unterricht, S. 1-10.

92

Das theologisch-konfessionelle Interesse an Spanien im 19. Jahrhundert Manfred

Tietz

Bochum Die Tatsache, daß das deutsche Spanienbild bis in unsere Zeit hinein entscheidend von der deutschen und französischen Romantik geprägt worden ist, bedarf keiner besonderen Darstellung. Dabei darf aber nicht in Vergessenheit geraten, in welch hohem Maß der romantischen Spanienbegeisterung eine intensive Auseinandersetzung mit Spanien seit der zweiten Hälfte des 18. J a h r h u n d e r t s vorausgegangen ist. Gerhart Hoffmeister spricht daher zu recht von der "Wiederentdeckung Spaniens in der Aufklärung" 1 . Diese - jedoch ihrerseits keineswegs völlig unvermittelt einsetzende Wiederentdeckung ist zwar mitbestimmt von der ideologisch geprägten Distribution in der Geographie der Aufklärung, in der den Ländern des Fortschritts (England und Frankreich) vor allem ein Land der Reaktion, des Aberglaubens und des Rückstandes, nämlich Spanien, gegenübergestellt wird. Doch erscheint Spanien in der zweiten Hälfte des 18. J a h r h u n d e r t s vor allem in Deutschland keineswegs nur in negativer Funktion. Seine zunächst nur im Hinblick auf die 'Regelpoetik' als freier empfundene Literatur wurde dem dominierenden französischen Klassizismus entgegengestellt und dient etwa Lessing dazu, der deutschen Literatur im Rückgriff nicht nur auf England, sondern auch auf Spanien die Möglichkeiten einer eigenen Identität aufzuweisen. Diese positive Sicht Spaniens hat ihren Ausdruck gefunden in einer Reihe von Reiseberichten, von Ubersetzungen sowie einer nüchternen und sachbezogenen Auseinandersetzung mit Spanien, mit seiner Sprache und K u l t u r , die, wie zum Beispiel Werke von Tychsen, Wagener, Bertuch oder Bouterwek belegen, statt zu polemisieren, Wissen und Hilfen zur Spanienkenntnis vermitteln wollten 2 . Bei den Gebildeten der Zeit fand diese informative Spanienbeschäftigung durchaus ein umfassenderes Echo, wie Bertuchs auch ökonomischer Erfolg mit Veröffentlichungen zu spanischen Gegenständen belegt, darunter sein allerdings nur kurzlebiges Magazin der spanisch-portugiesischen Literatur (1780/82). Eine neue Qualität erlangt die deutsche Beschäftigung mit Spanien jedoch in der Zeit der antinapoleonischen Befreiungskriege. Der Widerstand der Spanier gegen die Franzosen wurde, wie Rainer Wohlfeil überzeugend dargelegt hat, nicht nur für die Gebildeten, sondern auch für breitere, durch Zeitung, Flugschriften und Predigt recht massiv beeinflußbare Volksschichten ein Symbol der Freiheit, schien doch die in der Form der guerilla geführte Guerra de la Independencia das Ideal des nationalen Volkskrieges vorwegzunehmen und als erfolgreich zu erweisen 3 . Das hier an keinerlei 1

Spanien und Deutschland. gen, Berlin 1976, S. 86-87.

Geschichte und D o k u m e n t a t i o n der literarischen Beziehun-

2 Zu diesem - noch nicht wirklich aufgearbeiteten - K o m p l e x cf. jetzt die Ausführungen von Dietrich Briesemeister: "La recepción de la literatura española en A l e m a n i a en el siglo XVIII" in: Nueva revista de filología hispánica 33, 1984, S. 285-310. 3

Spanien

und die deutsche

Erhebung

1808-1810,

W i e s b a d e n 1965, S. 267.

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politische Grenzen gebundene Interesse an Spanien erlahmte allerdings mit der einsetzenden R e s t a u r a t i o n im deutschen liberalen B ü r g e r t u m erheblich, das sich a n d e r e n Idealbildern zuwandte, so den Freiheitskämpfern in Griechenland u n d Polen. Diese Neuorientierung verhinderte jedoch keineswegs, daß die liberale Allgemeine Zeitung j a h r z e h n t e l a n g (1798-1914) sehr ausführlich u n d immer wieder an erster Stelle über Spanien berichtete 4 . Sie verhinderte auch nicht, daß der Liberale H e r m a n n B a u m garten sich intensiv mit den i h m geistesverwandten Strömungen und Gestalten in Spanien beschäftigte u n d so eines der überzeugendsten Beispiele d a f ü r bietet, wie sich die zunächst weitgehend politische und religiöse Spanienbegeisterung der beiden ersten J a h r z e h n t e des 19. J a h r h u n d e r t s in eine wissenschaftliche Auseinandersetzung verwandelte 5 . Von entscheidender B e d e u t u n g f ü r die Folgezeit wurde es, daß sich der deutsche Katholizismus, der sich im Zuge der R e s t a u r a t i o n seiner politischen und kulturellen Lage bewußt wurde und nach einer Identität gegenüber d e m dominierenden deutschen P r o t e s t a n t i s m u s suchte 6 , in sehr starkem Maße dem katholischen Spanien, seinen politischen u n d kulturellen Leistungen zuwandte und dieses Land in einer spezifischen Weise nicht nur als politisches, sondern auch als philosophisches und literarisches Vorbild propagierte. F ü r die entstehende Hispanistik ist dabei von größter Wichtigkeit, daß dieses zunächst ideologisch-politisch bedingte Spanieninteresse im Laufe der Zeit zu einer mehr oder minder wissenschaftlichen Beschäftigung mit Spanien wurde. Das gilt im übrigen auch für die protestantische Seite, die sich zwar auch polemisch mit Molinos oder Servet befaßte, die aber dennoch etwa in der Gestalt des P r o t e s t a n t e n Schack, die erste systematische Geschichte des spanischen Theaters (1845-48) hervorbrachte, die sogar der konfessionell gänzlich konträr eingestellte Menendez Pelayo l o b t 7 . Auch Ludwig Clarus (1804-1869) war noch P r o t e s t a n t (er konvertierte 1855), 4

Das Bild, das die AZ dabei von Spanien entwirft, zeigt dieses jedoch keineswegs als das schlechthin katholische Land, wie es in Deutschland später von interessierter Seite aus propagiert werden sollte. So heißt es a m 31.1.1829, Spanien seufzte unter Ferdinand VII. "unmächtig einer bessern Zeit entgegen". A m 1.4.1829 wird berichtet, daß Mönche besonders in Andalusien häufig im Konkubinat leben, wo es "sehr gewöhnlich" sei, "eine Frau mit d e m N a m e n dessen zu nennen, mit dem sie in einer solchen (sc. außerehelichen) Verbindung lebt, z. B. Frau Priorin, Frau Canonissin u.s.w.". Ebendort wird auch über den "Mangel an Achtung vor den Dienern des Altars und dem a b n e h m e n d e n Besuche der Kirchen und der heiligen Sakramente" berichtet. 5 Cf. den Beitrag von Francisco Sánchez Blanco in diesem Band. Zu Fragen der deutschen Hispanistik im 19. Jahrhundert insgesamt haben neuerdings Dietrich Briesemeister ("Entre irracionalismo y ciencia: los estudios hispánicos en Alemania durante el siglo X I X " ) und Hans Hinterhäuser ("La hispanística alemana y el siglo XIX") in dem von Angel A n t ó n Andrés betreuten Sonderheft zum Hispanismo alemán der Zeitschrift Arbor 119, 1984 Stellung bezogen (S. 105-122 und 135-142). 6 In seiner aufschlußreichen Arbeit (Politischer Katholizismus im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt/M. 1986, es 1246, N F 264) hat Karl-Egon Lonne das Bestreben der deutschen Katholiken nach einer kulturellen Identität - etwa im Kulturkampf - verschiedentlich hervorgehoben. 7

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Hoffmeister, Spanien

und Deutschland,

S. 161.

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Interesse

an

Spanien

als er aus religiös-politischen Grundmotiven heraus seine Darstellung der spanischen Literatur im Mittelalter verfaßte ( 1 8 4 6 ) 8 , die der Katholik Görres mit einem lobenden Vorwort versah 9 . Ohne ins Detail zu gehen, soll nun im folgenden anhand dreier Zeitschriften (Der Katholik, 1821-1918, den Historisch-Politischen Blättern, 1831-1902, und den Stimmen aus Maria Laach, 1871ff.) die katholisch bestimmte Spanienbeschäftigung im 19. Jahrhundert eher punktuell und ohne Anspruch auf Vollständigkeit charakterisiert werden. Das Spanienbild dieser und anderer deutscher Zeitungen des 19. Jahrhunderts bedarf insgesamt noch genauer Erforschung. Die 1821 gegründete Zeitschrift Der Katholik, an der der zum katholischen Glauben zurückgekehrte Görres bis 1827 mitarbeitete, zeigt bereits im Untertitel ( E i n e religiöse Zeitschrift zur Belehrung und Warnung, hg. von Andreas Raeß und Nikolaus Weis. H. 1 Januar 1821. Mainz: Simon Müller'sche Buchhandlung; ab Bd. 4 1822 Straßburg: Le Roux), daß ihr Anliegen nicht die bloße Information ist. Sie polemisiert gegen Konstitutionalismus, Volkssouveränität, Sozialismus (H. 1 warnt vor der Zeitschrift Der Armenfreund) und tritt ein für religiösen Integralismus (daher polemisiert sie auch gegeil die sogenannte Mischehe), für ein katholisches Schulwesen, die Rückkehr der Jesuiten, eine Rückbesinnung auf die kulturellen und politischen Leistungen des Katholizismus in Abgrenzung gegenüber dem in diesen Fragen herrschenden Monopolanspruch des deutschen Protestantismus, eine Verteidigung des Papsttums und des Ultramontanismus ( " W i r sind Römlinge, und schämen uns dessen nicht." 1 0 In diesen geistig-politischen Kontext wird die durchaus kontinuierliche Berücksichtigung des zeitgenössischen Spaniens eingefügt. Die Phase des trienio liberal (1820-23) bietet mit seinen antikirchlichen Maßnahmen Anlaß, intensive Kritik an den evidenten Folgen aufgeklärten, französischen Denkens zu üben. Hauptinformant für die spanischen Dinge ist (neben der französischen katholischen Publizistik) Johann Baptist Pfeilschifter (1793-1874). Dieser Journalist, der "eine streng conservative und noch strenger katholische Richtung v e r t r a t " 1 1 , kannte Spanien aus eigener Anschauung. Er verfügte über gute historische Kenntnisse und verbreitete in der Zeitschrift Der Staatsmann, die im Katholiken zustimmend zitiert wird, eine stark religiöse Sicht Spaniens, die scharf mit den spanischen Aufklärern und den Liberalen von Cadiz und ihren revolutionären Gefolgsleuten unter Ferdinand VII. ins Gericht 8 Clarus (eigentlich Wilhelm Gustav Werner Volk) gab aus intensivem religiösem Interesse und großer Begeisterung für die spanische Mystik u.a. die Werke von Santa Teresa, Diego de Estella und María de Agreda in deutschen Ubersetzungen heraus. Seine fünfbändige Ausgabe der Schriften Teresas erschien 1867-70 in 2. Auflage. Er ist auch als Übersetzer der Spanien als traditionell katholisches Land verherrlichenden Romanautorin Fernán Caballero hervorgetreten (2 Bde, Paderborn 1860-64). 9 In dem Vorwort, das den spanischen Charakter aus der Vorstellung der Blutsmischung (!) zu erklären versucht, weist Görres nicht ganz zu unrecht daraufhin, "wieviel die confessionelle Beschränktheit des (sc. protestantischen) Nordens sich an Spanien versündigt hat". Bd. 1, S. V. 1 0 2. Jg., Bd. 3, H. 1 (1822), S. 1. 11 ADB, Bd. 25, S. 657f.

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geht. Dies ist besonders der Fall in seinen Denkwürdigkeiten aus der spanischen Revolution (Aschaffenburg 1836), die den deutschen Katholiken das konstitutionelle Spanien als warnendes Beispiel vor Augen h a l t e n 1 2 . Der ehemalige Sekretär der Inquisition Llórente erscheint im Katholiken als unwissender Lügner, der (ein Wink für die deutschen F ü r s t e n ) es als Aufklärer an Loyalität gegenüber seinem Dienstherrn, der Inquisition, fehlen ließ. Von Jovellanos heißt es (in einer von der Forschung bislang nicht ü b e r p r ü f t e n These), sein asturianisches I n s t i t u t h a b e "der Revolution eine ansehnliche Zahl von eifrigen M i t a r b e i t e r n geliefert" 1 3 . Insgesamt erscheint Spanien in dieser Zeitschrift in seiner Gegenwart u n d seiner u n m i t t e l b a r e n Vergangenheit seit Carlos IV. als das negative Beispiel einer durch die Aufklärung verdorbenen, gegen die gottgewollte Obrigkeit rebellierenden Nation. Die Frage nach den sozialen Ursachen der spanischen Revolution wird nicht gestellt. Doch h a t dieses negative und vielleicht in der katholischen Publizistik zunächst nicht erwartete, aus der politischen Aktualität aber erklärliche Bild von einem der Aufklärung verschriebenen Spanien auch eine positive Kehrseite: im Rückgriff auf die Guerra de la Independencia erscheint auch im Katholik die These, das spanische Volk sei lediglich von einer liberalen, französierten Oberschicht ü b e r f r e m d e t . Es selbst sei im G r u n d e weiter zutiefst d e m katholischen G l a u b e n verbunden und stehe treu zu seinen gebildeten guten Priestern 1 4 und t a p f e r e n Bischöfen. Gewisse M a ß n a h m e n des Regimes von Fernando VII. werden, wie etwa die Wiederzulassung der Jesuiten, den Deutschen als positive Alternative vorgeschlagen. Ihre absolute Loyalität gegenüber dem S t a a t , die sie in dem Verzicht auf jeden W i d e r s t a n d bei ihrer Vertreibung 1767 aus Spanien u n d aus Paraguay zeigten, wird mit deutlich politischer Absicht hervorgehoben 1 5 . Die im Katholik bereits deutliche T h e s e von der Existenz zweier Spanien, einer negativen, revolutionären, französisch infiltrierten d ü n n e n Oberschicht gegenüber der breiten Masse des Volks, das seinem Glauben u n d d a m i t d e m - als eigentlich b e h a u p teten - spanischen Wesen treu bleibt, wird in den Historisch-Politischen Blättern für das katholische Deutschland (1831-1902), die im Besitz der Familie Görres waren, zum durchgehenden Leitmotiv. In seiner überaus deutlichen, polemischen Sprache verteidigt das Blatt die katholische Kirche als staats- u n d k u l t u r t r a g e n d e Macht, wie sie sich nach Meinung der Herausgeber in der Vergangenheit b e w ä h r t hat und sich für das zukünftige, erst noch zu gestaltende 'deutsche Reich' aus der Perspektive der 50er und 60er J a h r e anbietet. Zur Beweisführung wird dabei immer wieder auf das jetzt als Modell verstandene Spanien der Gegenwart in sehr ausführlicher und auffälliger Weise rekurriert. Dies geschieht im übrigen auch in einer ständigen Polemik gegen die protestantische Spaniensicht und gegen die Auffassungen, wie 12

Pfeilschifter polemisiert umfassend gegen das Spanien der Aufklärung, das er als "Sklaven Frankreichs" abqualifiziert (Vorwort, S. IV). Seine ideologischen Gegner in der Spanienberichterstattung sind Fr. Bucholz, Ernst Münch und E. Venturini, besonders dessen Spaniens neueste Geschichte ( A l t o n a 1821). Sein Verdienst ist es jedoch, seinem Werk eine umfangreiche D o k u m e n t e n s a m m l u n g über das zeitgenössische Spanien beigegeben zu haben. 13 Jg. 4, Bd. 3, S. 12. 14

Jg. 3, B d . 3 (1823), S. 217ff.

15

Jg. 6, Bd. 20, Beilage 5, S. LH.

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Spanien

sie in der liberalen Allgemeinen Zeitung vertreten werden. B e d e u t s a m f ü r die Konstitution der zukünftigen akademischen Hispanistik ist dabei das Wissen, das ü b e r Spanien, über das Land, seine gegenwärtige Situation u n d seine Geschichte in den Historisch-politischen Blättern dargeboten wird. Es ist dies sowohl in der laufenden B e r i c h t e r s t a t t u n g als auch ganz besonders in einer Reihe von G r u n d s a t z a r t i k e l n selbst i m Vergleich zur Spanienberichterstattung unserer Tage recht außergewöhnlich hoch. Interessant ist dabei die ständige Klage, daß es trotz aller B e m ü h u n g e n in Deutschland an wirklichen Spanienkennern fehlt. Diese Bemerkung bedarf allerdings der genaueren U b e r p r ü f u n g , hat m a n doch den Eindruck, daß die Zeitschrift aufg r u n d ihrer eindeutig konservativ-katholischen Tendenz das Spanienwissen politisch Andersdenkender als grundsätzlich inkompetent ansieht. F ü r den heutigen Leser, der eventuell an d e m von der deutschsprachigen Hispanistik auf ein idealisiertes Siglo de Oro ausgerichteten positiven Bild von einem religiös monolithischen Spanien orientiert ist, enthält das Spanienbild der Historischpolitischen Blätter zunächst durchaus überraschende Elemente. Es ist dieses Spanienbild vor allem u n d in erster Linie gegenwartsbezogen. So wird ausführlich ü b e r das Spanien der Karlistenkriege berichtet. Die Tendenz der Zeitschrift ist klar, wenn dabei sehr eindringlich die Schuldzuweisungen für diesen mit äußerster Grausamkeit g e f ü h r t e n Krieg ausschließlich an die cristinos erfolgt, während die G r e u e l t a t e n der carlistas als verständliche und entschuldbare Racheakte eines stolzen, tiefgekränkten Gegners, gedeutet und anderslautende Anklagen - etwa gegen die "karlistischen Schlächter" in der englischen Presse 1 6 , die i m m e r h i n referiert wird - e m p ö r t zurückgewiesen werden. Uberraschend ist zunächst auch das tiefe Mitleid, das in der Zeitung immer wieder hinsichtlich des "unglücklichen Spanien" zum Ausdruck k o m m t . Aus der Vielzahl der spanienbezüglichen Texte ergibt sich insgesamt das folgende Bild, das Spanien zum historischen Modell u n d Beispiel f ü r den verhängnisvollen Verlauf der j ü n g s t e n Geschichte u n d zum trotz allem möglichen Exempel für das k o m m e n d e - katholisch m i t b e s t i m m t e - Deutschland m a c h t . 1. Spaniens - ü b e r h a u p t nicht geleugnete, j a geradezu lustvoll beschriebene Misere in der ersten Hälfte des 19. J a h r h u n d e r t s ist, wie immer wieder betont wird, das Ergebnis der "Segnungen vorgeblicher A u f k l ä r u n g u n d sogenannter konstitutioneller Gleichheit" 1 1 . D.h. das Spanien der Zeit ist in seiner ganzen Zerrissenheit und in seinem Elend das Resultat einer die Religion verachtenden A u f k l ä r u n g 1 8 . Vor ihr kann - wie das spanische Modell nach Meinung der Historisch-politischen Blätter belegt - gar nicht genug gewarnt werden. 2. Das spanische Volk aber ist dieser A u f k l ä r u n g gegenüber immer f r e m d und der traditionellen Religion stets verbunden gewesen. Wenn diese im Land z.Z. nicht mehr vorherrscht, so ist dies aussschließlich die Schuld der Führungseliten, die sich vom fanzösisch-englischen Aufklärungsdenken h a b e n verführen lassen u n d den wah16

3 (1839), S. 614.

17

3 (1839), S. 617.

18 Die HPB stehen auch der Herrschaft Ferdinands VII. negativ gegenüber, von der es heißt, sie habe "wie kaum eine frühere so unsägliches Unheil über Spanien gebracht." B d . 3, S. 298.

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ren Charakter Spaniens, zu dem die religiöse Komponente gehört, verraten haben. Ganz im Sinne der Verschwörertheorien der Aufklärungsgegner, wie sie etwa Barruel in die Welt setzte, wird hier die Auffassung vertreten, die Enzyklopädisten - und in Spanien speziell Aranda - hätten sich zusammen mit den - jetzt überall gewitterten - Freimaurern zum Ziel gesetzt, das katholische Spanien zu vernichten 1 9 . Daß beim Eintreten für diese These auch vor ganz konkreter Geschichtsklitterung nicht zurückgeschreckt wird, mag folgendes Zitat belegen: "Peter Olavides (sie) hatte, um die Einheit des Glaubens in jenem Land zu brechen, auf Aranda's Veranlassung protestantische (!) Colonisten aus Deutschland und der Schweiz nach Spanien kommen lassen, und die allerdings unerhörte Frechheit gehabt, förmliche Veranstaltungen zu treffen, daß ihnen der Trost und das Heil des katholischen Glaubens nicht gebracht werden konnte" 2 0 . Daß diese Deutung des Kolonisierungsversuchs von Olavide und seines Scheiterns aufgrund eines systematischen Intervenierens der Inquisition dem historischen Sachverhalt in keiner Weise gerecht wird, bedarf angesichts der ideologischen Tendenz der Historisch-politischen Blätter kaum noch des ausdrücklichen Hinweises. Wenn Spanien sich tatsächlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in einer fast ausweglosen Situation befand, so war dies - aus heutiger Sicht - nicht die Folge seiner allzu intensiven Teilhabe an der europäischen Aufklärungsbewegung, sondern die Folge einer mangelhaften, durch die Ereignisse der französischen Revolution und der napoleonischen Kriege überstürzt abgebrochenen Auseinandersetzung mit dem neuen Denken. Nicht der 'finstere Katholizismus', so wird in einem Grundsatzartikel konstruiert, hat Spaniens Volk ruiniert, sondern der Einfluß des konstitutionellen, am Vorbild Englands orientierten, vom Geist der Aufklärung getragenen Protestantismus 2 1 . 3. Ist so das gegenwärtige, von der Aufklärung und der aus ihr erwachsenen Verfassung von Cadiz ruinierte, seiner religiösen Identität verlustig gegangene Spanien für Deutschland und seine Katholiken vor allem ein negatives Modell, so vermag es jedoch auch in früheren Perioden seiner Geschichte ein positives Vorbild zu liefern. Es ist dies nicht nur das kämpferische Christentum der Reconquista (die den deutschen Katholiken als ein wohl unerreichbares Modell suggeriert wird), sondern vor allem das Herrschaftssystem unter den Reyes Catölicos 22 ; eine Monarchie, die die Regionalgewalten, die "alten Nationalfreiheiten", respektierte, "die modernconstitutionelle Kopfzahl-Repräsentation" und den Regalismus, die Vorherrschaft des Staats gegenüber der Religion, noch nicht kannte 2 3 . Das ständische, konfessionelle, antikonstitutionelle, regionalistische Spanien der Habsburger wird so den deutschen Katholiken als mögliches Modell für das zu schaffende Deutschland dargestellt - zu19 Die aus der antirevolutionären französischen Publizistik übernommenen Thesen hat Javier Herrero für Spanien ausführlich dargestellt: Los origines del pensamiento reaccionario español, Madrid: Edicusa 2 1973. 20 HPB, Bd. 5 (1840), S. 47. 21 HPB, 5 (1840), S. 750. 22 Cf. den aufschlußreichen Artikel "Altspanien, Neuspanien, katholisches Spanien, liberales Spanien" in: HPB, Bd. 34 (1854), v.a. S. 744-772. 21 HPB, Bd. 34 (1854), S. 753.

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Spanien

mindest so wie es sich die dominierenden ultramontanen Kreise vorstellten, deren Auffassungen im übrigen zunächst im Umkreis der hier j a auch besprochenen Zeitschrift Der Katholik formuliert worden waren 24 . Aus heutiger Sicht auffallend ist dabei, daß in den Historisch-politschen Blättern nocht nicht konkret das Spanien Philipps II. oder Calderöns als nachzuahmendes Vorbild propagiert wird. Noch ist es ganz das von ideologisch bedingten Bürgerkriegen zerrissene, abschreckende Gegenwartsspanien, an dem die deutschen (und im übrigen die europäischen) Katholiken sich Orientierung zu verschaffen versuchten, denn es lassen sich "leider an dem edlen, aber tief unglücklichen Spanien die lehrreichsten Studien anstellen" 2 5 . Spanien ist für die Deutschen noch kein positives Gegenbild, sondern ein negatives Beispiel, das e contrario lehrt, wohin die Vernachlässigung der Religion und der Flirt mit dem modernen Denken führt. Für den vorliegenden Zusammenhang maßgeblich ist jedoch, daß der deutschsprachige Leser durch die ihre ideologische Tendenz keineswegs verleugnenden Zeitschriften wie Der Katholik oder die Historisch-politschen Blätter eine große Fülle von Spanieninformationen erhielt, die sich, zumal auch gegenteilige Stimmen durchaus genannt werden, zu einem umfassenden Wissen über Spanien kumulierten. Besonders deutlich wird dies an der Gestalt des Benediktiners Pius Gams (1816-1892), der - gleichfalls in den Historischpolitischen Blättern schreibend - das katholische Interesse an Spanien im Zusammenhang mit den ideologischen Kämpfen in Deutschland sehr klar formuliert hat und bei dem dieser ideologisch-polemische Ansatz sich schießlich in einem monumentalen wissenschaftlichen Werk konkretisierte. Bemerkenswert - und weiterer Nachforschung bedürftig - ist zunächst seine Feststellung, in Deutschland, das gerade eine Art Spanienboom erlebt, beschäftigten sich zu seiner Zeit noch immer mehr Protestanten als Katholiken mit Spanien, wobei jenen das Land natürlich als Modell zum Nachweis für den negativen Einfluß des Katholizismus auf den Staat, die Politik und besonders auch die Kultur diente. Für die seiner Meinung nach unzureichende katholische Beschäftigung mit Spanien führt er im übrigen das tatsächlich höchst sonderbare Buch des hispanophilen Priesters Alban Stolz an, dessen Werk Spanisches für die gebildete Welt ( 4 1859, Freiburg: Herder) ein bloßes Kuriositätenkabinett auf erstaunlich niedrigem Niveau ist. Gams selbst bekennt sich dann mit aller nur wünschenswerten Offenheit zur ideologisch-politischen Grundlage seines Spanieninteresses, wenn er von den deutschen Katholiken sagt: Wir sehen in den Spaniern natürliche Bundesgenossen gegen das voltairische, gegen das demokratische und imperialistische Frankreich [...] in dessen Geschichte sich das göttliche Walten und das menschliche Wirken so wunderbar zu einem Ganzen vereinigen.26 Ahnlich wie für die Historisch-politischen Blätter insgesamt zeigt auch für Gams das Beispiel Spaniens in der Vergangenheit, wohin ein Land gelangen kann, wenn 2 4 T h o m a s Nipperdey, Deutsche M ü n c h e n 1983, S. 410fF. 25

HPB,

Geschichte

1800-1866.

Bürgerwelt und starker

Staat,

14 ( 1 8 4 4 ) , S. 215.

HPB, 56 ( 1 8 6 4 ) , S. 137. Der Artikel, dem das Zitat entnommen ist, trägt den T i t e l " U n s e r Interesse an S p a n i e n " ( S . 1 3 4 - 1 4 1 ) . 26

99

Manfred Tietz es sich im Gleichklang mit der katholischen Kirche befindet, und in der Gegenwart, wohin es führt, wenn ein Land sich d e m verhängnisvollen, v o m Papst seiner Zeit ausdrücklich verurteilen Denken der Moderne öffnet. Gams hat aber dieses vielleicht doch zumindest 'fragwürdige' grundsätzliche Spanieninteresse in eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit d e m Gegenstand Spanien überführt. Er ist der Verfasser einer fünfbändigen Kirchengeschichte von Spanien, die zwischen 1862 und 1879 in Regensburg bei Manz erschien 2 7 . Dabei handelt es sich, wie der Reprint von Graz 1956 bezeugen m a g , u m eine insgesamt respektable wissenschaftliche Leistung, die auf sorgfältiger Archivarbeit beruht und nur im Buch 24 ( S p a n i e n unter den Bourbonen und unter der Herrschaß der Revolution (1700-1879) zu einem Pamphlet entartet, den selbst der bereits genannte, sonst wohlwollende Rezensent der Historisch-politischen Blätter als besonderen Fall ansah 2 8 . Von einem analogen primär wissenschaftlichen B e m ü h e n getragen ist - u m ein weiteres Beispiel zu nennen - auch die Rezeption der Werke von Jaime Balmes in Deutschland, die vor allem von Lorinser initiiert wurde. Wie das Vorwort zur Ubersetzung des Lehrbuchs der Ethik (1852) zeigt, ist das zeitgenössische Spanien hier für das deutsche katholische Denken nicht nur ein polemischer Spiegel, sondern ein im Zuge der Neuscholastik wegweisender (und wohl überschätzter) geistiger Führer. Lorinser stellt nämlich fest: Wenn der hochwürdigste Episkopat Deutschlands, dem der Uebersetzer seine Arbeit ehrerbietigst zu Füßen legt, die Ueberzeugung gewänne, daß Balmes der Mann, der, vollkommen rein und unbefleckt in seiner Orthodoxie, durch seine philosophischen Arbeiten den gegewärtigen Bedürfnissen der Kirche entspricht, und sich ebenso durch seine Klarheit und Präzision, wie durch seine Tiefe und Gründlichkeit, durch seine schwungvolle Begeisterung und das tiefe katholische Gefühl, das seine Gedanken durchweht, vorzüglich dazu eignet, den angehenden Theologen als philosophischen Lehrer gegeben zu werden, um sowohl der babylonischen Begriffsverwirrung und Unklarheit, als der einseitigen, kalten, herz- und gemüthlosen, nur zu sehr zum Vernunftshochmuth hinleitenden Richtung zu steuern, - dann würde sich der Übersetzer der freudigen Hoffnung hingeben dürfen, zur Ehre Gottes und zum Heile der katholischen Kirche ein, wenn auch unbedeutendes, Scherflein beigetragen zu h a b e n . 2 9 27 Selbstverständlich wurde das Werk umfassend in den HPB besprochen: 87 (1881), S. 37-49. Zutreffend ist trotz manchen tendenziösen Lobs die Feststellung des Rezensenten: "Der Herr Verfasser ist der erste deutsche Gelehrte, welcher eine vollständige Geschichte der spanischen Kirche aufgrund umfassender Quellenstudien und mit Beherrschung der gesammten einschlägigen spanischen Literatur, welche bis zum J a h r e 1879 an's Licht getreten, geschrieben hat." (S. 49). 28 HPB, 87 (1881), S. 38. 29 Lehrbuch der Ethik. Aus dem Spanischen übersetzt von Dr. Franz Lorinser, Spiritual des Priesterseminars in Breslau, Regensburg: Verlag von Georg Joseph Manz 1852, Vorwort des Übersetzers, S. Vf. Von Balmes erschienen auch Brief an einen Zweifler (Übersetzer Franz Lorinser), Regensburg: Manz 2 1856 und Protestantismus und Katholizismus in ihren Beziehungen zur europäischen Civilisation (Übersetzer Theodor Haas), 2 Bde, Regensburg: Manz 1888.

100

Das theologisch-konfessionelle

Interesse

an

Spanien

Vor allem das Verlagshaus Manz in Regensburg 3 0 , später dann auch Schöningh in Paderborn und ganz besonders Herder in Freiburg wurden der Ort, wo Übersetzungen spanischer religiöser Literatur des Siglo de Oro - von Fray Luis de Granada über Santa Teresa, Diego de Estella bis hin zu María de Agreda - dem katholischen Laien angeboten wurden. Auch hier hat der religiös polemische Grundansatz im Laufe der Zeit, wenn auch in deutlicher Abkehr von den Ereignissen der Tagespolitik, zu einem bedeutenden Zuwachs an Wissen über Spanien und zu Kontakten mit seiner Kultur geführt. Selbst die - im einzelnen noch zu beschreibende - Geschichte der Rezeption der Werke Fernán Caballeros hat in diesem Kontext ihren Ausgangspunkt. Eindrucksvoll belegt das die sehr ausführliche Rezension, die die Historischpolitischen Blätter31 den ersten der insgesamt 17 Bände einer Gesamtausgabe der Werke der spanischen Autorin in den Übertragungen von Lemcke, Ferdinand Wolf und Clarus widmen. Gegenüber der "französischen und englischen Giftmischerei", deren sozialistisch-emanzipatorische Romane "für den deutschen Geist und das deutsche Herz" verhängnisvoll sind, werden die Romane Fernán Caballeros "den deutschen Familien (als) eine Lektüre geboten, die interessant, fesselnd, j a sogar oft bezaubernd ist, ohne schädlich zu seyri"i2. Auch der Verlag Brockhaus folgte diesem konservativen Spanientrend, als er 1860 seine spanisch-sprachige Colección de autores españoles in Leipzig nicht etwa mit dem Don Quijote eröffnet, sondern mit zwei Bänden von Fernán Caballero (Clemencia und La Gaviota)31. Noch fast 20 Jahre später, 1877, schreibt der Jesuit P.W. Kreiten von den Erzählungen Fernán Caballeros, sie seien zu "deutschen Volksbüchern" geworden. Damit sind wir bei der letzten, hier nur noch am Rande zu erwähnenden Zeitschrift angelangt, den seit 1871 von den Jesuiten bei Herder herausgegebenen Stimmen aus Maria-Laach. Katholische Blätter, die seit 1915 bis in die Gegenwart den Titel Stimmen der Zeit tragen 3 4 . Auch in dieser mitten im theologischen und konfessionellen Streit, j a im Zentrum auch des Kulturkampfes stehenden Monatsschrift ist Spanien - zunächst wiederum aus polemisch-ideologischer Absicht - präsent. Die Stimmen aus Maria Laach befassen sich jedoch weniger mit Spanien als poltischem Faktor der Gegenwart, an dem sich der verhängnisvolle Einfluß des Denkens der 30

E i n e Geschichte des Spanienanteils a m katholischen Verlagswesen in Deutschland steht F ü r das H a u s M a n z liegt ein - allerdings nicht vollständiges - Verzeichnis vor

noch aus.

(Haupt-Katalog

der Verlagsanstalt

vorm.

G.J.

Manz

Buch-

und Kunstdruckerei

AG.

Regens-

burg, Regensburg im J u b i l ä u m s j a h r e 1 9 3 0 ) , das u.a. die Veröffentlichung deutscher A u s g a b e n von M a r í a de A g r e d a , J a i m e B a l m e s , Calderón, Diego de Estella, G a r c i a Cisneros, Luis de G r a n a d a und Luis de la P u e n t e nachweist. 31

HPB

4 6 ( 1 8 6 0 ) , S. 5 5 2 - 5 6 1 .

32

HPB

4 6 ( 1 8 6 0 ) , S. 5 5 8 .

33

A r t h u r Hübschers lesenswerte Geschichte des Brockhaus-Verlages (Hundertfünfzig

F.A.

Brockhaus.

1805

bis 1955,

Jahre

Wiesbaden 1 9 5 5 ) erwähnt diese zeittypischen Spanienakti-

v i t ä t e n des Brockhaus-Verlages nicht. 34

Ihr Ziel ist, wie das von Görres, " K a t h o l i s c h denken, katholisch reden und katholisch

leben".

Bd.

sich in B d .

10, 1 8 7 6 , S. 2 6 4 .

Kreitens ausführliche Darstellung F e r n á n Caballeros findet

13 ( 1 8 7 7 ) , S. 2 7 7 - 2 9 8 und B d .

14 ( 1 8 7 8 ) , S. 2 0 - 4 1 ; S. 1 7 4 - 1 9 2 ; S. 3 0 2 - 3 2 0 .

Obiges Zitat B d . 13 ( 1 8 7 7 ) , S. 2 7 9 .

101

Manfred

Tietz

Aufklärung demonstrieren ließe 3 5 . Spanien wird hier eher z u m Modell für die großen kulturellen Leistungen, zu d e n e n , wie die Herausgeber belegen wollen, auch der Katholizimus - u n d gerade er i m Vergleich z u m P r o t e s t a n t i s m u s - fähig ist. W e n n sich die Zeitschrift dabei überwiegend an der spanischen Vergangenheit, a m Siglo de Oro, orientieren m u ß , so ist dies zugleich ein Beleg gegen das m o d e r n e Spanien: gerade weil dieses die Kirche zu u n t e r j o c h e n versucht h a t , war es eben nicht m e h r in der Lage, jene Glanzleistungen einer katholischen K u l t u r hervorzubringen, wie dies im 16. u n d 17. J a h r h u n d e r t der Fall gewesen ist. Sorgfältig werden d a h e r schon in der f r ü h e n B ä n d e n die Calderón-Feiern von 1881 rezipiert; z u s t i m m e n d wird der brindis del Retiro zitiert, den Menéndez Pelayo auf Calderón u n d die I d e n t i t ä t Spaniens u n d seiner K u l t u r mit d e m kämpferischen Katholizismus der G e g e n r e f o r m a t i o n ausbrachte; schließlich wird in den Stimmen ein von P. Alexander B a u m g a r t e n eigens zu den Calderón-Feiern verfaßtes auto sacramental (!) veröffentlicht, in d e m Spanien als D e u t s c h l a n d s geborener Verbündeter wider den (protestantischen) Geist der M o d e r n e (den in d e m Stück Spinoza, Lessings N a t h a n u n d Goethes Faust verkörpern) erscheint 3 6 . F ü r die Grundeinstellung der Zeitschrift gegenüber Spanien u n d seiner Rolle f ü r das eher zentralistisch regierte u n d protestantisch orientierte Deutschland bezeichnend sind die Sätze, mit denen P. Pachtler seine Rezension des Quevedo-Bändchens aus der Feder des Konvertiten Reinhold B a u m s t a r k einleitet: Die spanische Literatur nimmt einen höchst ehrenwerten Platz ein, ihre Lektüre kann insbesondere dem gebildeten Katholiken nicht genug empfohlen werden. Während Italien und Spanien, und bis zu einem gewissen Grade auch Frankreich sich des hohen Glücks erfreuen, daß gerade die geschätztesten Werke ihrer Klassiker fast ganz vom katholischen Geist durchweht sind, was den atheistischen Bestrebungen in jenen Ländern ein mächtiges Hinderniß in den Weg legt, ist unsere deutsche Literatur vom negativen Geist des Protestantismus und der Skepsis durchsäuert und bringt den Katholiken im eigenen Vaterland unberechenbaren Schaden. 3 7 Er wünscht d a n n , d e m Werk B a u m s t a r k s "eine recht weite Verbreitung nicht bloß bei den Gelehrten, s o n d e r n auch in katholischen Lesevereinen" 3 8 u n d zeigt mit d e m Hinweis auf I n s t i t u t i o n e n wie den Borromäusverein ein bislang noch g a r nicht erforschtes, aber sicher wichtiges Ginfalltor f ü r die Rezeption spanischer L i t e r a t u r in Deutschland auf. Fassen wir in edler Kürze z u s a m m e n : d u r c h die theologisch- konfessionellen Auseinandersetzungen des 19. J a h r h u n d e r t s u n d a u f g r u n d des Selbstbesinnungsprozesses des deutschen Katholizismus w u r d e das katholische Spanien sowohl in seiner politischen Gegenwart als auch in seiner geistig-kulturellen Vergangenheit im intellektuel35 Als Ursache für alle Übel der Moderne aller katholischen Länder diagnostiziert P.R. Bauer s.j. in seinem Artikel "Romanismus und Germanismus" (Bd. 1, 1871, S. 96fF.) "in der Feindschaft gegen Kirche und Papst" (S. 103), was sich ebenso an Frankreich, Spanien, Portugal oder Italien exemplifizieren läßt. 36 Calderón. Festspiel zum 25. Mai 1881, in: Stimmen 20 (1881), S. 341ff. 37 Bd. 1 (1871), S 345. 38 Bd. 1 (1817), S. 346.

10t

Das theologisch-konfessionelle

Interesse

an

Spanien

len Leben D e u t s c h l a n d s zu einer s t ä n d i g p r ä s e n t e n G r ö ß e . E s h a t d e n A n s c h e i n , als o b diese P r ä s e n z i m Laufe des J a h r h u n d e r t s e h e r zu- als a b n i m m t u n d sich d e u t l i c h von der p r o t e s t a n t i s c h e n z u r katholischen Seite h i n v e r l a g e r t . E v i d e n t ist a b e r a u f j e d e n Fall, d a ß d a s z u n ä c h s t p o l e m i s c h e S p a n i e n i n t e r e s s e i m L a u f e d e r Zeit z u einer i m m e r u m f a s s e n d e r e n K e n n t n i s von d e n s p a n i s c h e n D i n g e n w u r d e , die schließlich, wie a m Fall der Kirchengeschichte von G a m s d a r g e l e g t , z u b e a c h t l i c h e n wissenschaftlichen L e i s t u n g e n f ü h r t e 3 9 . Zu u n t e r s u c h e n bleibt j e d o c h n o c h i m R a h m e n e i n e r u m f a s s e n d e n ' F r ü h g e s c h i c h t e d e r d e u t s c h s p r a c h i g e n H i s p a n i s t i k ' , wie sich a u c h dieser theologisch-konfessionelle A n s a t z i m Laufe des 19. J a h r h u n d e r t s i n h a l t l i c h u n d p e r sonell hin zur u n i v e r s i t ä r i n s t i t u t i o n a l i s i e r t e n H i s p a n i s t i k entwickelt h a t . In d i e s e m Z u s a m m e n h a n g bleibt a u c h zu ü b e r p r ü f e n , o b d e r s t a r k katholisch o r i e n t i e r t e I m puls d e r B e s c h ä f t i g u n g m i t S p a n i e n i m 19. J a h r h u n d e r t w e i t e r g e w i r k t u n d sich e t w a in der W a h l d e r F o r s c h u n g s g e g e n s t ä n d e niedergeschlagen h a t . Die f ü r d i e d e u t s c h e Hispanistik so c h a r a k t e r i s t i s c h e B e s c h ä f t i g u n g m i t d e m Siglo d e O r o , speziell m i t C a l d e r ó n , m a g hier eine ihrer W u r z e l n h a b e n . N u r d e r K u r i o s i t ä t h a l b e r sei n o c h a b schließend a n g e m e r k t , d a ß d a s katholisch-konservative S p a n i e n - " t o d a s las d e r e c h a s , los carlistas, los i n t e g r i s t a s , n u e s t r o s conservadores d i n á s t i c o s y los católicos a m a c h a m a r t i l l o " - sich in d e m a u t o r i t ä r e n d e u t s c h e n Kaiserreich - gleich o b p r o t e s t a n t i s c h e r o d e r katholischer Provenienz - w i e d e r z u e r k e n n e n g l a u b t e u n d zu B e g i n n des e r s t e n Weltkriegs mit d e n s o g e n a n n t e n " g e r m a n ó f i l o s " geschlossen f ü r D e u t s c h l a n d P a r t e i e r g r i f f 4 0 . Diese wechselseitige U m a r m u n g d e r a u t o r i t ä r - k o n s e r v a t i v e n K r ä f t e in S p a nien u n d D e u t s c h l a n d h a t a u c h i h r e wissenschaftsgeschichtlichen O p f e r g e f o r d e r t : sie w u r d e wohl vor allem mit d e m U b e r g e h e n fast aller s p a n i s c h e r liberaler T r a d i t i o n e n b e z a h l t . G e n a n n t seien hier n u r die oppositionelle L i t e r a t u r u n t e r d e n H a b s b u r g e r n , die spanische A u f k l ä r u n g sowie K u l t u r u n d L i t e r a t u r des s p a n i s c h e n A n a r c h i s m u s .

39

Genauer zu erforschen wäre in diesem Kontext auch die deutsche Literaturgeschichtsschreibung über Spanien, die - anders als dies z.Z. im deutschen Sprachraum der Fall ist seiner Zeit verschiedene spezielle spanische Literaturgeschichten hervorgebracht hat, so die genannte Darstellung von Clarus oder das von H. Dohm herausgegebene Werk Die spanische National-Literatur in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Nebst den Lebens- und Charkterbildern ihrer classischen Schriftsteller und ausgewählten Proben aus den Werken derselben in deutscher Übertragung. Berlin: Hempel 1867. (Die Classiker aller Zeiten und Nationen [...]. Dritter Theil. Die spanische National-Literatur bis zur Gegenwart). 40 Julio Caro Baroja: Introducción a una historia contemporánea del anticlericalismo español, Madrid: Istmo 1980, S. 221f. 103

Die Studien von Hermann Baumgarten über das Spanien des 18. und 19. Jahrhunderts Francisco

Sanchez-Blanco Bochum

Der Widerstand, den Spanien den Napoleonischen Truppen entgegensetzte, h a t t e eine tiefgehende und nachhaltige Wirkung auf die europäische Presse und Diplomatie 1 . Militärische und ideologische G r ü n d e dieser Vorgänge sorgten mit dafür, daß an die Stelle der Schauermärchen über die dunklen Machenschaften der Inquisition und die Grausamkeit der Conquistadores ein aktualisiertes Bild Spaniens t r a t . Der Aufstand eines Volkes gegen eine fremde Ubermacht schien das durch die Inhumanität und das obskure Denken der Kirche geprägte Bild zu revidieren und erweckte in den Augen derjenigen, die das gottlose Frankreich der Revolution oder das des Imperialismus ablehnten, eine zwar noch zwiespältige, aber überaus sympathische Vorstellung von Spanien, das bis dahin als Beispiel für die Verkörperung der Antiaufklärung galt. Schon im 17. und 18. J a h r h u n d e r t h a t t e n Reisende das alte Spanien wohlwollend im Gegensatz zu einer durch Materialismus und Luxus entfremdeten Zivilisation beschrieben. Sie hatten sich faszinieren lassen von den armen, aber natürlichen, mit der Aura einer noch vorhandenen Vergangenheit umgebenen Gestalten, die sich in einer exotischen Landschaft u m versteinerte Hidalgos bewegten 2 . In den Jahren nach der französischen Revolution verdrängte das politische Interesse die rein ästhetische Sicht der unbekümmert Reisenden. Die meisten Autoren des deutschen Sprachraums, die das T h e m a Spanien aufgriffen, waren nun Soldaten, die in irgendeiner Form am Befreiungskrieg der Iberer gegen Napoleon teilgenommen h a t t e n 3 . Ihre Veröffentlichungen enthielten geschichtliche und strategische Überlegungen, die sich hauptsächlich an den politisch interessierten Leser oder an jene 1 Rainer Wohlfeil hat dieses P h ä n o m e n in seinem Buch Spanien 1808-1814, Wiesbaden 1965, analysiert.

und die deutsche

Erhebung

2 Vgl. Werner B r u g g e m a n n , "Die Spanienberichte des 18. und 19. Jahrhunderts und ihre B e d e u t u n g für die Formung u n d Wandlung des deutschen Spanienbildes" in: Spanische Forschungen der Görresgesellschaft, erste Reihe: Gesammelte Aufsätze zur Kulturgeschichte Spaniens, Bd. 12, Münster 1956, S. 1-146; Hans Juretschke, "Die Anfänge der modernen deutschen Historiographie über Spanien (1750-1850)" in: Homenaje a Johannes Vincke, B d . 2, Madrid 1962-1963, S. 867-923. 3 Einige Beispiele: Ludwig von Grolmann, Tagebuch eines deutschen Offiziers über seinen Feldzug in Spanien im Jahre 1808, Nürnberg 1814; Franz Xaver Riegel, Der siebenjährige Kampf auf der Pyrenäischen Halbinsel von Jahr 1807 bis 1814, Rastatt 1815; H. Staff, Der Befreiungskrieg der Katalonier in den Jahren 1808 bis 1814• Mit einer Charte und zwey Plänen, Breslau 1821. Besondere Erwähnung verdient das Buch des preußischen Offiziers Heinrich von Brant, Uber Spanien, in besonderer Hinsicht auf einen etwaigen Krieg, Berlin 1823, in d e m die Gründe für den Guerrillakrieg gegen Napoleon untersucht werden und eine Strategie ausgearbeitet wird, u m eine Wiederholung zu vermeiden, falls erneut ausländische Truppen intervenieren sollten.

104

Die Studien

von Hermann

Baumgarten

Kreise richteten, die a u f g r u n d der Besetzung der Gebiete a m Rhein durch Napoleon der Politik des französischen Kaisers m e h r oder weniger unschlüssig g e g e n ü b e r s t a n den. Doch diese angestrebte O b j e k t i v i t ä t ließ sich letztendlich ebensowenig realisieren wie der Versuch, sich ein rein ästhetisches, d.h. von politischen K o n n o t a t i o n e n freies Bild vom Ausland zu machen, denn die Beschäftigung mit einem f r e m d e n Land - in diesem Fall Spanien - beinhaltet an erster Stelle immer auch eine Auseinandersetzung mit sich selbst. So erregten in den ersten J a h r z e h n t e n des vorigen J a h r h u n d e r t s in Deutschland Fragen zur Laizisation der politischen u n d wirtschaftlichen S t r u k t u r e n und zur historischen u n d kulturellen Zusammengehörigkeit der einzelnen Kleinstaaten die G e m ü t e r . Die Ereignisse in Spanien boten sich dabei als Vergleich für die Probleme an, die sich den Deutschen nach der Niederlage gegen Napoleon stellten, denn in irgendeiner Form entdeckte m a n gemeinsame S t r u k t u r e n , deren Beurteilung eine für die Zukunft u n a b d i n g b a r e Aufgabe darstellte. Rein kulturelle G e s i c h t s p u n k t e spielten hierbei selbst in akademischen Kreisen keine Rolle. So war der Rückgriff auf das spanische Mittelalter und das Goldene Zeitalter (Siglo de Oro) nicht das Ergebnis einer romantischen Verklärung, sondern erfolgte im R a h m e n der D e b a t t e n ü b e r die Legitimität oder Illegitimität des Nouveau Régime. Das romantische Bild Spaniens, das in Deutschland das der Aufklärung ersetzte, w u r d e also eindeutig von der Politik bestimmt. Obwohl es trivial erscheinen m a g , muß betont werden, d a ß sich die innenpolitische Situation Deutschlands in der verdienstvollen deutschen Hispanistik des vorigen J a h r h u n d e r t s widerspiegelte u n d zwischen beiden Bereichen eine enge wechselseitige Beeinflussung b e s t a n d . Am Anfang s t a n d Spanien stellvertretend f ü r eine K u l t u r , die nicht bereit war, sich dem imperialistisch gewordenen französischen Zivilisationsverständnis unterzuordnen und die eigene I d e n t i t ä t aufzugeben. Zwar waren die gebildeten Kreise in Zeiten des Friedens durchaus bereit, sich dem vorgegebenen Kosmopolitismus anzugleichen, als aber unter dem Deckmantel des Fortschritts rohe Gewalt ausgeübt wurde, entzog auch diese Gesellschaftsschicht den Eindringlingen ihre U n t e r s t ü t z u n g u n d bildete stattdessen gemeinsame Sache mit denjenigen ihrer Landsleute, die noch alten religiösen oder philosophischen Traditionen anhingen. Sowohl die Aufklärungsgegner als auch deren Anhänger machten folglich den B e s a t z u n g s t r u p pen aus Frankreich klar, daß die 'civilisation' kein f ü r jedes Volk allgemeingültiges Ziel sein mußte. Die so gewonnene Einheit wurde ideologisch durch den Begriff des Nationalismus u n t e r m a u e r t , der nicht nur den Spaniern, sondern auch den Deutschen dazu diente, den Ansprüchen des gemeinsamen Nachbarn Einhalt zu gebieten. Eine Diskussion über die politische Verfassung der Nation konnte aber erst s t a t t f i n d e n , als die Bedrohung nicht mehr als u n m i t t e l b a r e m p f u n d e n wurde. In dieser P h a s e , die Spanien und Deutschland fast gleichzeitig durchliefen, w a n d t e sich die d e u t s c h e konservative Partei d e m Idealbild des 'Siglo de O r o ' zu als einer Zeit, in der die soziale Hierarchie und die geistige Autorität eine stabile O r d n u n g gebildet h a t t e n , w ä h r e n d auf der anderen Seite die progressiven K r ä f t e Deutschlands b e o b a c h t e t e n , wie das spanische Volk ohne den Monarchen das historische Schicksal in die eigenen H ä n d e n a h m und sich demokratisch ein Gesetz gab. 105

Francisco

Sánchez-Blanco

Der Begriff Volksgeist war nun in aller Munde. Er stand zu Anfang sowohl für einen restaurativen als auch für einen liberalen Diskurs. Später allerdings, als es um die zeitgenössische Uberwindung der Strukturen des Ancien Régime in Spanien ging, zogen es die Politiker vor, von der spanischen Revolution zu reden, in der sich der Volksaufstand und die demokratische Gesinnung vereinigt hatten, und die somit zum Inbegriff der Wunschvorstellung der Erneuerer in Deutschland werden konnte. Die Verfassung von Cadiz (1812) wurde sofort in andere europäische Sprachen übersetzt; sie galt bei gleichgesinnten Bewegungen in Deutschland und Italien als Manifest gegen den Absolutismus. Betrachtet man die Zeugnisse aus der damaligen Zeit 4 , so erscheint die Einschätzung des liberalen Historikers Hermann Baumgarten, der in Spanien den Keim für die revolutionären Umtriebe in Europa und Lateinamerika im frühen 19. Jahrhundert sah 5 , nicht übertrieben. Auch Arnold Rüge 6 erinnerte sich viele Jahre später an die große Anteilnahme, mit der in seiner Jugend die Siege und Niederlagen der spanischen Liberalen verfolgt wurden. Für die nationalistisch eingestimmten deutschen Revolutionäre konnte Frankreich kein Vorbild sein, da 1823 gerade durch die französische Intervention die spanische Revolution niedergeschlagen und das Ancien Regime wiedereingesetzt wurde. Der in Spanien offen ausgetragene Konflikt mit den traditionellen Kräften aber blieb frei von den negativen Begleiterscheinungen der französischen Revolution, weil die Liberalen bald Opfer der Reaktion wurden. Mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges zwischen den Anhängern des absolutistischen Thronprätendenten Carlos und denen der liberalen Regentin Maria Cristina erreichte der paradigmatische Charakter der Auseinandersetzung in Spanien einen neuen Höhepunkt. Diese beiden Parteien standen stellvertretend für die politischen Optionen jener Zeit: eine hierarchisch strukturierte Gesellschaft, wie sie Adel und Klerus anstrebten, oder ein säkularisierter Staat, mit gleichen Rechten und Pflichten für alle Bürger. Von diesen politischen Implikationen war das Bild Spaniens in Deutschland am Vorabend der Versammlung in der Paulskirche (1848) geprägt. Dafür sorgten nicht zuletzt auch die Schriften des an der Seite der Absolutisten kämpfenden preußischen Militärs 7 und die der Akademiker und Journalisten, die ihre Sympathie für das alte 4 über die Revolutionstage in Madrid im Jahr 1820, V g l . H e i n r i c h M e i s e l , Denkschrift L e i p z i g 1 8 2 0 ; D o m i n i q u e G . F . D e P r a d t , Die neueste Revolution in Spanien und ihre Folgen, L e i p z i g 1820; K a r l H e i n r i c h L u d w i g P o e l i t z , Die Constitutionen der europäischen Staaten, L e i p z i g 1 8 2 0 ; C l e m e n s W . Fr. v. H ü g e l , Spanien und die Revolution, L e i p z i g 1821; K a r l L u d w i g von H a l l e r , Uber die spanischen Cortes 1820, s p a n i s c h e U b e r s e t z u n g , M a d r i d 1923. O b w o h l d i e A n h ä n g e r d e s A b s o l u t i s m u s , d i e d e m r a d i k a l e n D e m o k r a t i s m u s der V e r f a s s u n g von 1 8 1 2 a b l e h n e n d g e g e n ü b e r s t a n d e n , die M e h r z a h l b i l d e t e n , g a b es a u c h V e r t e i d i g e r der der alten und der neuen l i b e r a l e n R e f o r m e n wie d e n Schweizer E r n s t M ü n c h , Die Schicksale Kortes von Spanien, S t u t t g a r t 1 8 2 4 , u n d d e n preußischen O b e r s t A n d r e a s D . B . S c h e p e l e r , Geschichte der Revolution Spaniens, 3 B d e . , B e r l i n 1826- 1827. 5

V g l . Geschichte

Spaniens

6

V g l . A u s früher

Zeit, B e r l i n 1 8 6 2 , B d . 2, S . 310ff.

7

Vgl.

106

zur Zeit der französischen

A . W i c h m a n n , Bilder

aus

dem spanischen

Revolution, Bürgerkriege

B e r l i n 1861, S . 586.

[...]

während

des

Som-

Die Studien

von Hermann

Baumgarten

Spanien mit seinem Repräsentativsystem nicht verhehlten 8 . Mit gespannter Aufmerksamkeit beobachtete man die wechselnde Fortüne der kämpfenden Parteien in Spanien angesichts der Hindernisse im eigenen Land, die auch hier dem Prozeß der deutschen Einigung unter einer Verfassung und in einem Staat im Wege standen. Erst in einer späteren Phase lassen sich auch Spuren der leidenschaftlich diskutierten konfessionellen Frage im Spanienbild der Deutschen feststellen. Darin wurden weder die vom Materialismus unberührte Einstellung der Spanier zur Moral noch ihr Volksbewußtsein als Modell hingestellt, sondern der Katholizismus, der alle Erscheinungen des spanischen Lebens prägte. Dies nutzten die Verteidiger einer katholischen Zivilisation, um deren Überlegenheit mit allen ihren festlichen und lebensfrohen Zügen zu zeigen. Dagegen sahen die protestantischen Autoren gerade darin die Ursache für die materielle und geistige Misere, in der das Land seit Jahrhunderten verharrte. Während die deutschen Katholiken das idealisierte Bild eines mit sich und mit Gott zufriedenen Volkes zeichneten, das in der Lage war, seinen Gefühlen in einer Form freien Lauf zu lassen, um die sie die Protestanten in ihrem Inneren beneideten, exemplifizierten diese Protestanten anhand der neuesten historischen Entwicklung Spaniens die Unfähigkeit des katholischen Denkens und der katholischen Moral, sich mit den Gedanken des Staates und den zugrundeliegenden ethischen Prinzipien auseinanderzusetzen und zu einer Ubereinkunft zu kommen.

Hermann B a u m g a r t e n ( 1 8 2 5 - 1 8 9 3 ) und die politischen Ideen seiner Zeit Mit dem Ausklingen der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als gerade die konfessionelle Frage eine zentrale Rolle einzunehmen begann, erschienen die ersten mers

1837,

H a m b u r g 1838; G . von R o s e n , Bilder

aus Spanien

und der Fremdenlegion,

Kiel

1 8 4 3 - 1 8 4 4 ; Adolf L o n i n g , Das Spanische Volk in seinen Ständen, Sitten und Gebräuchen, mit Episoden aus dem Carlisten Erbfolgekriege, Hannover 1844; B a r o n W i l h e l m von R a h den, Cabrera. Erinnerungen aus dem spanischen Bürgerkrieg 1833-1840, Frankfurt a . M . 1840; Ders., Wanderungen eines alten Soldaten: Aus Spaniens Bürgerkrieg 1833-1840, Berihr Kampf lin 1851; August von G o e b e n , Vier Jahre Spanien. Die Karlisten, ihre Erhebung, und ihr Untergang, Hannover 1 8 4 1 ; das Interesse des preußischen Militärs an Spanien wird insbesondere durch das B u c h des Professors der Akademie Preußischer K a d e t t e n Albrecht T . E . R o o n b e s t ä t i g t : Die iberische Halbinsel: Eine Monographie aus dem Gesichtspunkte des Militärs, B e r l i n 1839; ein historiographisch wichtiges Werk ist das B u c h von Alexander Flegler, Spanien und Deutschland in geschichtlicher Vergleichung, W i n t e r t h u r 1845. 8 Vertreter der konservativen Linie, die sich nicht mit dem Absolutismus identifizierten, waren Adolf v. Schack, Geschichte der dramatischen Kunst in Spanien, Berlin 1 8 4 5 - 1 8 4 6 , und Ludwig Clarus, Darstellung der spanischen Literatur des Mittelalters, Mainz 1846. Weiterhin ist V i c t o r A. Huber, Skizzen aus Spanien, G ö t t i n g e n 1828- 1833, zu n e n n e n , der eine S y n t h e s e des alten und des neuen Spaniens auf der Basis der christlichen Idee der Freiheit a n d e u t e t . Die B e w u n d e r u n g für das traditionelle Spanien ging nicht einher mit der Forderung nach Verteidigung der politischen und sozialen S t r u k t u r e n des Antiguo R é g i m e n , obwohl eine gewisse Nostalgie für eine E p o c h e , die nicht vom Materialismus des bürgerlichen Merkantilismus angesteckt war, nicht zu übersehen ist.

107

Francisco

Sánchez-Blanco

Studien von H e r m a n n B a u m g a r t e n ü b e r die neuere Geschichte S p a n i e n s 9 . Als Sohn eines evangelischen P a s t o r s , der seinem geistlichen Dienst in einem kleinen O r t in der N ä h e von Braunschweig nachging, w i d m e t e sich B a u m g a r t e n z u n ä c h s t auch d e m S t u d i u m der Theologie, n a h m aber bald K o n t a k t mit den Kreisen der J u n g h e g e l i a n e r auf u n d schloß sich andererseits auch der radikal-nationalistischen B u r s c h e n s c h a f t s bewegung a n . In dieser Zeit bewies er seine a n sozialer V e r a n t w o r t u n g o r i e n t i e r t e Grundeinstellung. E r w u r d e z u m W o r t f ü h r e r studentischer Forderungen u n d m u ß t e sich anschließend die repressiven M a ß n a h m e n der akademischen Obrigkeit gefallen lassen. In Halle, wo er die Möglichkeit h a t t e , sein S t u d i u m fortzusetzen, traf er den Historiker M a x Dunker, d u r c h den sein intellektuelles Interesse in eine neue R i c h t u n g gelenkt w u r d e . Aus d e m väterlichen H a u s war B a u m g a r t e n mit einer Religiosität v e r t r a u t , die an ein Glück des Menschen g l a u b t , das nur durch eine Reform des Gemeinschaftswesens erreicht werden kann. Ein individuelles Heil war in seinem aufgeklärten P r o t e s t a n t i s m u s nicht vorstellbar. D a r a u s resultierte sein H a n g z u m politischen Aktivismus u n d sein Interesse an der Analyse sozialer Z u s a m m e n h ä n g e . 1848, i m J a h r der Revolutionen u n d der verfassungsgebenden V e r s a m m l u n g in der F r a n k f u r t e r Paulskirche, war er bereits R e d a k t e u r der Deutschen Reichszeitung , eines Blattes mit liberal-konservativer Tendenz, das von E d u a r d Vieweg h e r a u s g e g e b e n wurde. In diese Zeit fällt auch der Beginn einer innigen u n d ideologischen Freundschaft mit Georg G o t t f r i e d Gervinus, einem jener sieben Göttinger Professoren, die 1837 aus politischen G r ü n d e n ihren Lehrstuhl verlassen m u ß t e n , u n d der n u n der wichtigste geistige F ü h r e r einer politischen P a r t e i wurde, die sich die Verwirklichung des liberalen S t a a t e s u n d der deutschen Einigung ohne revolutionären Radikalismus z u m Ziel gesetzt h a t t e . Derselbe Gervinus, der b e f ü r c h t e t e , d a ß der Katholizismus ein Hindernis für die nationale Einigung sei, h a t t e eine Art religiöses P r o g r a m m entworfen mit der Absicht, d a s antimaterialistische Potential des Katholizismus sowie dessen antirevolutionären C h a r a k t e r f ü r die G r ü n d u n g des k ü n f t i g e n d e u t s c h e n Staates zu gewinnen, in d e m d a m i t die konservativen K r ä f t e vorherrschen w ü r d e n 1 0 . Dieser Appell mit d e m N a m e n 'Mission der deutschen Katholiken' aus d e m J a h r 1846 f o r d e r t e die Katholiken auf, ihre a b l e h n e n d e H a l t u n g gegenüber den aus R o m k o m m e n d e n politischen Leitlinien aufzugeben. Gervinus sah im Katholizismus das notwendige Gegengewicht einer z u m Radikalismus tendierenden R e f o r m a t i o n , d e n n die Pflege der Tradition, die in der katholischen Kirchen den Vorrang h a t t e , ü b t e in der von Revolutionen geschüttelten Zeit auf viele konservative P r o t e s t a n t e n , die d e m i m m e r stärker werdenden Sozialismus und Atheismus Einhalt gebieten wollten, eine starke Anziehung aus. 1860 ü b e r n a h m B a u m g a r t e n die Leitung der Sternzeitung , eines h a l b a m t l i c h e n Blattes der Preußischen Regierung. Zwei J a h r e zuvor war er schon f ü r die preußische 9

E i n e Liste seiner V e r ö f f e n t l i c h u n g e n e n t h ä l t A d o l f M. Birke (Hrsg.), Hermann

Baum-

garten: Der deutsche Liberalismus, Frankfurt a. M. 1974, S. 179-186. 10

Dies berichtet B a u m g a r t e n in seiner e r s t e n nicht ausschließlich j o u r n a l i s t i s c h e n P u b l i -

kation: Gervinus und seine politischen 1 8 5 3 , S. 36.

108

Uberzeugungen.

Ein biographischer Beitrag, Leipzig

Die Studien

von Hermann

Baumgarten

Sache eingetreten durch seine M i t a r b e i t an der G r ü n d u n g der Süddeutschen Zeitung, die im vorwiegend katholischen Süden die Idee der deutschen Einigung propagieren und den Vorurteilen gegen den P r o t e s t a n t i s m u s aus d e m Norden entgegenwirken sollte. In Berlin begann B ä u m g a r t e n n u n seine Forschungen zur Geschichte Spaniens, auf die sein Mentor ihn a u f m e r k s a m gemacht h a t t e . Die zugrundeliegende These oder Frage lautete: Der kulturelle Fortschritt eines Landes, d.h. seine Zivilisation, hängt ab von der Weiterentwicklung der politischen I n s t i t u t i o n e n . Auf den Fall Spanien ü b e r t r a g e n b e d e u t e t e dies, zu untersuchen, ob u n d in welcher Form eine solche Entwicklung in einem katholischen Land vor sich gehen konnte. W ä h r e n d seine erste politische u n d journalistische Tätigkeit vom nationalistischen, aber dennoch demokratischen Denken von Gervinus geprägt war, akzeptierte B a u m g a r t e n später die Monarchie, weil er in P r e u ß e n , abgesehen von den Anstrengungen zur Durchsetzung eines deutschen Staates, eine ausgewogene M e n t a l i t ä t f a n d , die sowohl den Materialismus der französischen Revolutionäre wie auch die reaktionären Tendenzen des katholischen Österreichs vermied. Er schloß sich der nationalliberalen Partei an, die ganz entschieden die Politik Bismarcks zur Bildung eines geeinten deutschen Reiches u n t e r einem preußischen Monarchen u n t e r s t ü t z t e . Als die endgültige Einigung z u m Greifen n a h e war, formulierte B a u m g a r t e n eine These, die später im t o t a l i t ä r e n Sinne mißverstanden werden sollte. Vor dem Hint e r g r u n d des Richtungsstreites der einzelnen Parteien sprach er von der P r i o r i t ä t der Pflicht der Heimat gegenüber, weil nur der S t a a t , nicht aber die P a r t e i die Freiheit garantieren könne. Diese an sich logische Stellungnahme wurde als Beweis d a f ü r gewertet, daß der deutsche Liberalismus im G r u n d e seines Wesens n u r national und nicht pluralistisch war. Was aber B a u m g a r t e n selbst betrifft, so blieb er stets ein Dem o k r a t , der sich, als der preußische Nationalismus b e g a n n , alles andere zu übertönen, von Heinrich v. Treitschke u n d seiner Partei t r e n n t e . Seine akademische L a u f b a h n war eng mit seinen politischen Absichten verknüpft. Zwischen 1861 und 1872 lehrte er Allgemeine Geschichte u n d Geschichte der deutschen Literatur in Karlsruhe. Dabei verfolgte er das Ziel, die E n t s t e h u n g des modernen Staatsgedankens mit all seinen ethischen u n d kulturellen Implikationen zu erhellen. Nicht zuletzt aus diesem G r u n d e veröffentlichte er gerade w ä h r e n d dieser J a h r e die meisten seiner historischen Arbeiten über Spanien. Nach Karlsruhe ü b e r n a h m B a u m g a r t e n einen Lehrstuhl in S t r a ß b u r g , wo er Forschungen zur Spaltung des deutschen Reiches im 16. J a h r h u n d e r t durch die Glaubensfrage und die spätere Entwicklung der R e f o r m a t i o n betrieb. Dabei spielte Spanien lediglich eine u n t e r g e o r d n e t e Rolle. Als erster beschäftigte B a u m g a r t e n sich mit den Voraussetzungen u n d den Nebenerscheinungen, die den Weg der Spanischen Revolution b e s t i m m t h a t t e n , denn die Geschichte Spaniens lieferte, wie m a n seinem Werk von 1866 e n t n e h m e n kann, konkrete Beispiele f ü r das Zusammenspiel sozialer K r ä f t e , die auch das Verständnis der zeitgenössischen Ereignisse in Deutschland erleichterten. Insbesondere verfolgte er sowohl die Entwicklung des Liberalismus in Spanien als auch die der dagegen wirkenden Strömungen. Nichts lag i h m ferner, als ein romantisches Bild von Spanien im 109

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ästhetischen Sinne zu zeichnen; d.h. er ließ sich bei seinen Arbeiten nicht von Emotionen oder nostalgischen Gefühlen, sondern durch ein rein intellektuelles Interesse u n d von d e m B e m ü h e n u m eine klare Kausalanalyse leiten. D a r a n änderte sich auch nichts, als er 1868, u n m i t t e l b a r vor den revolutionären Umwälzungen, Spanien einen kurzen Besuch a b s t a t t e t e , wobei sich seine Beziehung z u m wissenschaftlichen O b j e k t d u r c h Distanz, nicht aber d u r c h I d e n t i t ä t charakterisieren läßt. Aus d e m Fall Spanien, in d e m sich der Übergang von der A u f k l ä r u n g zur Revolution vollzog, konnte u n d sollte m a n seiner Meinung nach Lehren f ü r die politische Praxis in Deutschland ziehen.

B a u m g a r t e n und die deutsche Hispanistik Seine ersten, 1859 erschienenen Arbeiten ü b e r ein hispanistisches T h e m a spiegeln die Pole wider, zwischen denen seine Sicht der spanischen Geschichte anzusiedeln ist. So zieht er in einem Aufsatz eine kritische Bilanz der zerfahrenen und ungerecht h a n d e l n d e n politischen Institutionen, die die Habsburger den Spaniern hinterlassen h a t t e n 1 1 , w ä h r e n d er in einem anderen die verfassungsgebende Versammlung der spanischen P a t r i o t e n , die Cortes von 1810, in Cadiz beschreibt, in einer S t a d t also, die von den französischen T r u p p e n belagert w a r 1 2 . Diese thematische Disparität existiert aber nur bei oberflächlicher B e t r a c h t u n g . Was zeitlich gesehen durch J a h r h u n d e r t e getrennt erscheint, stellt in Wirklichkeit die beiden Alternativen d a r , zwischen denen die Spanier wählen mußten. Auf der einen Seite stand das restaurative, an konfessionellen und aristokratischen Prinzipien der Habsburgerzeit orientierte Denken; die a n d e r e Seite bildeten die Verfechter einer egalitären und freiheitlichen O r d n u n g , von der sie soziale Gerechtigkeit u n d wissenschaftlichen Fortschritt erhofften. Mit V e r s p ä t u n g verkörperten die Cortes von 1810 den Geist der Aufklärung. Sie erließen ein f ü r alle historischen Provinzen gültiges Gesetz, das jedem Bürger gleiche Rechte, u n a b h ä n g i g von S t a n d , Religion u n d G e b u r t s o r t , garantierte, schafften die Inquisition ab u n d g r ü n d e t e n die A u t o r i t ä t im N a m e n des Volkes. Dieser letzte Begriff verdient besondere Beachtung, weil er gewöhnlich mit s p o n t a n e n Handlungen oder mit folkloristischen Ausdrucksformen verwechselt wird. Im liberalen Denken des vorigen J a h r h u n d e r t s h a t t e er aber n u r wenig mit Ethographie, dagegen viel mit Ethik zu t u n . Ein Volk konstituierte sich als solches, i n d e m es sich allgemeingültige Normen f ü r ein friedliches Zusammenleben gab. B a u m g a r t e n s historisches Werk über Spanien s t a n d in krassem Gegensatz zu der zeitgenössischen Hispanistik, die auf einer a n d e r e n ideologischen Basis das spirituelle Leben und die W e l t a n s c h a u u n g der Spanier in deren Goldenem J a h r h u n d e r t b e w u n d e r t e n . In seiner Arbeit ü b e r die Habsburger-Zeit e n t z a u b e r t e er regelrecht das damalige System, i n d e m er die verheerenden Folgen für das Land und für Eur o p a aufzeichnete, nämlich die rapide u n d tiefe Dekadenz des Weltimperiums, die v o r p r o g r a m m i e r t war, als Kirche und Adel sich gegen die Reformation vereinigten. 11 "Spanien unter den Habsburgern", in: Preußische Jahrbücher, III (1859), S. 58-92; S. 123-153. 12 "Aus den spanischen Cortes von 1810", in: Historische Zeitschrift, II (1859), S. 118-175.

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Die Monarchie wurde sakralisiert u n d jede F o r m eines Repräsentativ-Systems abgelehnt. Selbst die sozialen Unterschiede erhielten eine theologische Rechtfertigung, wodurch die Immobilität der Gesellschaftsstruktur verstärkt wurde. Mit Hilfe eines enormen Repressionsapparates wurde jeglicher wissenschaftlicher u n d auch sozialer Fortschritt im Keim erstickt. Reform u n d Vernunft waren in dieser politischen S t r u k t u r , die B a u m g a r t e n den 'katholischen Despotismus' n a n n t e , von vornherein ausgeschlossen. O h n e diese Prinzipien aber mußte die Gesellschaft notwendigerweise in eine k r a n k h a f t e Lähmung verfallen, eine Dekadenzerscheinung, die sich nicht n u r nach außen zeigte, sondern ebenso die Grundlagen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens zerstörte. Durch seine Kritik an den spanischen Habsburgern erteilte B a u m g a r t e n jener nostalgisch politisierenden Hispanistik, die in der Mystik u n d in der religiösen Theatervorstellung des Siglo de O r o den höchsten Ausdruck des europäischen Geistes sehen wollte, eine klare A b f u h r . Zur Bekräftigung seines eigenen S t a n d p u n k t e s zeigte er seinen Landsleuten ein bis dahin unbekanntes Spanien, nämlich das Spanien der Reformer und Aufklärer des 18. J a h r h u n d e r t s mit ihren Reflexionen ü b e r die Ursachen des materiellen und geistigen Verfalls der einst so mächtigen Nation. Bei einem aus der Aufklärung k o m m e n d e n P r o t e s t a n t e n überrascht eine solche Sicht der spanischen Verhältnisse nicht. Die Pointe von B a u m g a r t e n s Argumentation basierte jedoch auf seiner liberal- konservativen Uberzeugung. F ü r ihn b e d e u t e t e die spanische Geschichte eine Warnung: Wenn demokratische u n d ökonomische Reformen nicht rechtzeitig durchgeführt werden, d a n n bereitet m a n d a d u r c h den Boden vor für ein zügelloses, auch vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckendes Verlangen nach Revolution, wie es sich im Denken der Menschen in der ersten Hälfte des 19. J a h r h u n d e r t s festgesetzt h a t t e . B a u m g a r t e n s liberale Einstellung ließ keinen nostalgischen Rückblick auf das Ancien Regime u n d noch weniger auf den katholischen Despotismus zu. Andererseits verbot i h m seine ethische S t a a t s a u f f a s s u n g eine Revolution zu bejahen, die zweifelhafte materialistische Ziele ins Auge gefaßt h a t t e und jedes Mittel z u m Erreichen dieser Ziele als gerechtfertigt ansah. U m aus diesem geschichtlichen Dilemma herauszukommen, v e r t r a u t e er auf das Weiterwirken der Aufklärung. Nur wenn diese, wie im Spanien des 18. J a h r h u n d e r t s , durch eine falsche Theologie und vor allem durch den Egoismus einzelner sozialer G r u p p e n besiegt werde, entstehe die Notwendigkeit eines unkontrollierten Umbruchs in der Gesellschaft 1 3 . Die spanischen Reformer unter den B o u r b o n e n lieferten seiner Meinung nach ein gutes Beispiel f ü r eine philosophische und ethische H a l t u n g , die sich a m allgemeinen Wohl orientierte. Der Klerus und ein Teil des Adels, die nur auf die E i n h a l t u n g ihrer Privilegien bedacht waren, erschienen dagegen im K o n t r a s t zu den Aufklärern geradezu wie engstirnige Egoisten. B a u m g a r t e n s K o r r e k t u r des idealisierten Bildes von Spanien, das einige deutsche, keinesfalls apolitische Literaturhistoriker propagierten, bedeutet zugleich eine Verteidigung des Liberalismus und des aufgeklärten P r o t e s t a n t i s m u s gegen die Kritik aus katholischen Kreisen, die in Deutschland die apologetischen Werke der spanischen 13

Ibid., S. 175. 111

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Antiliberalen J a i m e B a l m e s 1 4 und J u a n D o n o s o C o r t e s 1 5 edierten, in denen zwischen d e m Liberalismus, d e m P r o t e s t a n t i s m u s u n d d e m revolutionären Sozialismus keine U n t e r s c h i e d e gemacht werden. W ä h r e n d in D e u t s c h l a n d in der e r s t e n Hälfte des 19. J a h r h u n d e r t s das Spanienbild zwischen d e m volkstümlichen u n d d e m aristokratischen hin- und herpendelte, b e g a n n m a n mit Ausbruch des K u l t u r k a m p f e s , das spezifisch K a t h o l i s c h e der spanischen Zivilisation h e r a u s z u a r b e i t e n und die dadurch bedingte Lebensweise d e m in den p r o t e s t a n t i s c h e n L ä n d e r n herrschenden m o d e r n e n Materialismus gegenüberzustellen. Die A k t u a l i t ä t dieser Auseinandersetzung wurde über die nationalen G r e n z e n hinaus durch die 1 8 6 4 von P a p s t P i u s I X . v e r k ü n d e t e Enzyklika Syllabus b e s t ä t i g t . Vor diesem Hintergrund ist auch das idyllische Spanienbild von Franz Lorinser zu verstehen, einem der b e d e u t e n d s t e n M i t s t r e i t e r der katholischen Seite i m K u l t u r kampf, der die Freude, die Herzlichkeit u n d die Religiosität der Spanier als G e g e n s a t z zur n ü c h t e r n e n Sachlichkeit der m o d e r n e n Gesellschaften in anderen europäischen L ä n d e r n auffaßte und sie als Ausdruck der von Calderón de la B a r c a in den Autos S a c r a m e n t a l e s b e s c h r i e b e n e n Kosmovision d e u t e t e . Lorinser, dessen philologische Arbeit eminent politische Züge t r ä g t , b e t ä t i g t e sich infolgedessen als U b e r s e t z e r des größten katholischen D r a m a t i k e r s u n d propagierte das idealisierte Bild eines für ihn noch lebendigen Altspaniens. Die gleichen Ziele wie Lorinser verfolgten auch P i u s Bonifatius Garns, der in e i n e m A u f s a t z 1 6 ausdrücklich den Z u s a m m e n h a n g zwischen d e m Interesse an S p a n i e n und dessen archetypisch katholischem C h a r a k t e r hervorhob, und A l b a n S t o l z , der i m P r o l o g zu seinem B u c h Spanisches für die gebildete Welt, das a b 1 8 5 3 wiederholt neu aufgelegt wurde, gegen die R e n e g a t e n , F r e i m a u r e r und K o m m u n i s t e n wetterte, die in M a d r i d die politische F ü h r u n g ü b e r n o m m e n h ä t t e n und die seiner Meinung nach unmöglich den Volksgeist der S p a n i e r vertreten k o n n t e n 1 7 . 1 4 In Regensburg wurden veröffentlicht: Fundamente der Philosophie, 1855-1856; Briefe Rechtsstaat und der moderne Gesetzesstaat. Im an einen Zweifler, 1864; Der christliche Geiste von Jakob Balmes aus dessen Werk iProtestantismus und Katholizismus in ihren Beziehungen zur europäischen Civilisation' und aus den Werken anderer meist katholischer Schriftsteller zusammengestellt, 1872. 1 5 Vgl. Versuch über den Katholizismus, den Liberalismus und Sozialismus, übersetzt von Carl B . Reiching, Tübingen 1854. 16 "Wir sehen in den Spaniern natürliche Bundesgenossen gegen das voltairische, gegen das demokratische und imperialistische Frankreich. Vorzugsweise aber halten wir die Spanier für eine im ganzen gläubige und katholische Nation, und wir sind nicht abgeneigt, ihnen hierin in dem Vergleiche mit anderen Völkern den Vorrang der Katholizität zu geben", in: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, 56 (1865), Bd. 2, S. 137. 1 7 "Das Freimaurerregiment in Madrid ist ebenso durchaus das Gegentheil von dem spanischen Volke und so wenig spanisch, daß z.B. eines der ersten Geschäfte dieser Renegaten war, als sie durch ihre Missethaten die Herrschaft an sich gerissen hatten, alle Vincenzvereine im ganzen Reich zu verbieten. [. ..] Es ist also ein satanischer Geist, welcher in Madrid regiert, während der spanische Nationalgeist wahrhaft christlich ist, und zwar ganz anders als im Reich der Frömmigkeit und guten Sitte. Die Communisten sind aber nur ungeschlachte Freimaurer", in: "Vorwort zu der 7. Auflage von 1873", wiederaufgelegt in der 12. Ausgabe,

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von Hermann

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Dieses ahistorische, im Dienste eines militanten katholischen Traditionalismus stehende Verständnis von Spanien schlug in Deutschland in den letzten J a h r z e h n t e n des vorigen J a h r h u n d e r t s feste Wurzeln u n d wurde selten in Frage gestellt. Eine Ausn a h m e davon bilden die hispanistischen Studien des P r o t e s t a n t e n H e r m a n n B a u m garten, die n u n im Detail behandelt werden sollen.

Die Entdeckung des spanischen 18. Jahrhunderts Aus der Perspektive der romantischen Philologie ist es nicht schwierig, eine E r k l ä r u n g dafür zu finden, w a r u m die Erforschung des Mittelalters und der Barockzeit als Kont r a s t p r o g r a m m zur A u f k l ä r u n g vorangetrieben wurde. Nicht so selbstverständlich dagegen erscheint die Tatsache, daß ein Historiker fast im Alleingang sein Augenmerk auf die u n m i t t e l b a r e und bekanntlich wenig ruhmreiche Vergangenheit einer Nation richtete. Nicht einmal ein verspäteter Rationalist konnte davon g e t r ä u m t haben, in dieser Epoche in Spanien wesentliche Beiträge f ü r die Ziele der europäischen Aufklärung zu finden. Daher m u ß m a n davon ausgehen, daß ein für das 19. J a h r hundert spezifisches Interesse an der Reflexion über ein Land b e s t a n d , in d e m die Aufklärung kaum entscheidende Siege errungen h a t . B a u m g a r t e n s Aufmerksamkeit galt dem Verhältnis zur Revolution i m 18. J a h r hundert; Spanien besaß für ihn keine idyllische Existenz, sondern er sah darin vielmehr ein von Revolutionen u n d Bürgerkriegen geschütteltes L a n d . Schon der Titel seines Werkes Geschichte Spanien's zur Zeit der französischen Revolution. Mit einer Einleitung über die innere Entwicklung Spanien's im 18. Jahrhundert 1 8 verdeutlicht seine Absicht. In seinen Studien setzte er sich insbesondere mit den Schriften der politischen Reformer wie Melchor Rafael de Macanaz, B e r n a r d o de Ulloa, des Conde de C a m p o m a n e s und G a s p a r Melchor de Jovellanos auseinander und versuchte, d a i h m nicht an einer bloßen Aufzählung der Ereignisse gelegen war, eine E r k l ä r u n g d a f ü r zu finden, weshalb die Anregungen, Empfehlungen u n d E n t w ü r f e dieser intelligenten S t a a t s m ä n n e r unverwirklicht blieben 1 9 . Die Originalität u n d Überlegenheit der Geschichtsschreibung B a u m g a r t e n s besteht in der Hervorhebung des politischen Diskurses zwischen den Reformisten und Projektisten jener Zeit und ihren Widersachern, denn für ihn e n t b e h r t e der Ablauf der Ereignisse jedes zufälligen C h a r a k t e r s und erlangte somit eine philosophische Bed e u t u n g : die Unverträglichkeit der neuen ethischen S t a a t s a u f f a s s u n g mit dem partikularistischen Denken der Stände, die das Ancien Régime getragen h a t t e n . Welche konkreten Formen diese Unvereinbarkeit a n n a h m , wird a m Beispiel der Reformbestrebungen in Spanien nach der Einsetzung der B o u r b o n e n d y n a s t i e aufgezeigt. Die Art Freiburg i. Br. 1908, S. VHf. 18 Berlin 1861. 19 Die von ihm für seine Darstellung benutzte Sekundärliteratur beschränkt sich auf folgende Werke: Juan Sempere y Guarinos, Considérations sur les causes de la grandeur et de la décadence de la monarchie espagnole, Paris 1826; Ch. Weiss, L'Espagne depuis le règne de Philippe II, Paris 1844; Vicente Bacallar y Sana (Marquis de San Felipe), Comentarios de la guerra de España e historia de su rey Pheltpe V, Genf o. J. ; Antonio Ferrer del Río, Historia del reinado de Carlos III, Madrid 1856. 113

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und Weise, wie der Klerus und der i h m ergebene Adel argumentiert, beweist, daß sich die römisch-katholische Kirche mit ihren Machtansprüchen nicht auf den spirituellen Bereich beschränkte, sondern auch die direkte Kontrolle über die Regierung durch den Nuntius und die Beichtväter der Machthaber anstrebte. Das eigentliche Problem aber lag darin, daß sie in ihrem Diskurs auf die E i n h a l t u n g der Privilegien, den in der Tradition verankerten Sonderrechten im Steuer- und Finanzwesen, pochten und zu keinem Zeitpunkt akzeptierten, daß das allgemeine Wohl eine Veränderung dieses Status verlangen könnte. Selbst eine Beweisführung mit ökonomischen Argumenten oder eine einfache, auf Erfahrung gestützte Darstellung der ungerechten Verhältnisse konnte nichts gegen die Uberzeugung ausrichten, nach der der Besitz der Kirche von Gott gewollt und nur Gott geschuldet wird. Jegliches Gefühl einer nach gerechteren Gesetzen rufenden Humanität war ihnen fremd oder äußerte sich höchstens in Form von Almosen und privaten Wohltätigkeiten. A u f keinen Fall durften die polititschen und ökonomischen Verhältnisse, die für sie j a nicht besser sein konnten, verändert werden, denn sowohl die Vertreter der Kirche und die dem Vatikan gehorsamen Jesuiten waren sich darüber im klaren, daß eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und eine Erhöhung des Bildungsniveaus der Nation einhergehen mußte mit der Verminderung ihrer eigenen ökonomischen und politischen Macht. B a u m g a r t e n sah ganz deutlich, daß die Kernfrage nicht den Disput zwischen K ö n i g und Papst betraf, wie es durch die Kategorie des Jansenismus in den Geschichtsbüchern suggeriert wurde, sondern vielmehr die Tatsache, daß die Reformer die Logik und die konkreten Inhalte des Allgemeinwohls entwickelten und daß darin die moralische Überlegenheit über ihre frommen Kontrahenten lag. Während der Klerus und der Adel die Privilegien des Standes oder sogar individuelle oder familiäre Rechte verteidigten, dachten die Reformer im Sinne des Königreiches und nicht zuletzt im Sinne des Staates. Die Einheit in der Rechtsprechung, die auch heute noch als die größte Sünde der Bourbonen-Zeit angeprangert wird, entstand nicht aus nationalistischen, sondern aus moralischen Überlegungen. Die Bedeutung dieses Staatsdenkens hob B a u m g a r t e n vor dem Hintergrund der deutschen Einigung hervor als einen Diskurs der Vernunft, der auf den Widerstand der herrschenden Sitten und Tradition stieß. Die Laizierung des öffentlichen Lebens impliziert nicht, daß diejenigen, die sie propagierten, getarnte Atheisten oder zumindest keine gläubigen Christen waren. Der Geist der Reform war für Baumgarten selbstverständlich und von Grund auf christlich, und so verteufelte er auch nicht die Hauptfiguren der politischen Aufklärung, deren Handeln von den Prinzipien Einheit und Gleichheit bestimmt wurde. Ein Erfolg der Reform hätte die Revolution gegenstandslos gemacht. Daher trug die Verantwortung für die Rückständigkeit offensichtlich die klerikale und aristokratische Mentalität, die sich gegen die Vereinheitlichung des Rechts und gegen die Dominanz der nationalen Interessen stellte. Die zahlreichen lokalen Zollschranken, die aus dem allgemeinen Recht ausgenommenen Gebiete, die Sondergerichtsbarkeit für die einzelnen sozialen G r u p p e n wurden nicht dem aufgeklärten Despotismus geopfert, sondern aus dem ominösen Zustand der Willkür und des Partikularismus befreit. A b e r nicht nur die Naturwissenschaften und die Nationalökonomie wurden durch 114

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die Säkularisierung des Denkens berührt, sondern e b e n s o die zwischenmenschlichen Beziehungen und somit die ethischen Begriffe Pflicht u n d Verantwortung. D a b e i handelte es sich u m eine bürgerliche, eine zivile Ethik i m eigentlichen Sinne, mit dem ihr eigenen S y s t e m von Tugenden, die nicht mit d e m faktischen Verhalten einer K l a s s e zu verwechseln ist. B a u m g a r t e n operierte nicht mit marxistischen K a t e g o r i e n . In seiner Beschreibung des 18. J a h r h u n d e r t s b e m ü h t e er sich, den gegen den Liberalismus erhobenen Vorwurf zu entkräften, dieser h a b e durch die Auflösung der sozialen hierarchischen B i n d u n g e n , die die Gesellschaft des Ancien R é g i m e zusammenhielt, die Revolution u n d die anarchischen Umtriebe des 19. J a h r h u n d e r t s heraufbeschworen. Dabei würdigte B a u m g a r t e n insbesondere die individuellen T u g e n d e n u n d d a s politische Denken eines konservativen, aber integren Liberalen wie G a s p a r Melchor de J o v e l l a n o s 2 0 . Der Materialismus der französischen Revolutionäre war i h m f r e m d , denn seine Vorschläge zur Modernisierung der Gesellschaft gingen mit den Prinzipien des Christentums konform, ohne allerdings bei den Katholiken auf Z u s t i m m u n g zu stoßen. E r s t deren ablehnende Haltung ebnete den Weg für extremistische Politiker, zu denen Jovellanos keinesfalls zählte. B a u m g a r t e n s a h in den späteren B e m ü h u n g e n der spanischen ' m o d e r a d o s ' , die F i g u r Jovellanos nachträglich für ihre reaktionäre Politik zu vereinnahmen, vielmehr einen ungerechtfertigten Manipulationsversuch.

Die kritische A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit der ' S p a n i s c h e n Revolution' D a s Hauptinteresse des Historikers B a u m g a r t e n galt - wie bereits erwähnt - der unmittelbaren Vergangenheit. Die Ergebnisse seiner Forschungen sind in seinem Werk Geschichte Spaniens, vom Ausbruch der französischen Revolution bis auf unsere Tage21 zusammengefaßt. E r , der als Onkel und Geschichtsprofessor die ersten akademischen Schritte seines Neffen M a x Weber 2 2 wissenschaftlich begleitete, h a t t e schon früh die methodische Funktion der religiösen Mentalität i m politischen Entscheidungsprozeß Spaniens erkannt und in die Darstellung der Ursachen der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung voll integriert. Seine Analysen der Politik der ' m o d e r a d o s ' u n d der praktischen, nicht unbedingt dogmatischen Handlungsweise der katholischen Kirche haben Seltenheitswert. E s s t a n d für ihn außer Frage, daß d a s 19. J a h r h u n d e r t unwiderruflich die Uberwindung der S t r u k t u r des Ancien R é g i m e mit sich bringen würde u n d so war es für ihn u m s o interessanter, zu beobachten, wie sich die Karlisten und reaktionären Liberalen der Spanischen Revolution widersetzten. Gegen ihren W i d e r s t a n d b e h a u p t e t e sich d a s Prinzip der Volkssouveränität; es entstand ein von künstlichen Grenzen und Zöllen befreiter Binnenhandel; die absolute ökonomische Herrschaft über d a s an die Kirche gebundene E i g e n t u m wurde endgültig gebrochen, und d a s Bild der Gesellschaft veränderte sich. Uber den 'ewigen' Volksgeist d a g e g e n , der in der katholischen 2 0 Vgl. Hermann Baumgarten, "Don Gaspar Melchor de Jovellanos" in: Historische Zeitschrift., 10 (1863), S. 323-386. 2 1 3 Bde., Leipzig 1865-1871. 2 2 Uber die engen Beziehungen zwischen Baumgarten und Max Weber vgl. Wolfgang J . Mommsen, Max Weber und die deutsche Politik, 1890-1920, Tübingen 1974, S. 1-21.

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Geschichtsschreibung eine große Rolle spielte, erfährt m a n in der Darstellung Baumg a r t e n s nichts. Was B a u m g a r t e n an der Spanischen Revolution bemängelte, war das Fehlen einer ausgleichenden W i r k u n g der typisch bürgerlichen Moral. Die sozial anerkannten W e r t e h a t t e die Vergangenheit an die Gegenwart weitervererbt. Dazu zählten nicht der Familiensinn, der Fleiß oder die Ehrlichkeit bei Geschäften, denn all dies waren d e m Nationalcharakter der Spanier f r e m d e Eigenschaften, da unter den H a b s b u r g e r n weder die Arbeit noch die familiäre oder nationale Zusammengehörigkeit 2 3 einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert besaßen. Ehre, P r u n k u n d A b s t a m m u n g standen den Tugenden der bürgerlichen Moral gegenüber, wie sie sich in L ä n d e r n mit einer protestantischen E t h i k entwickelt h a t t e n . Zwar b e w u n d e r t e B a u m g a r t e n wie seine Zeitgenossen im katholischen Lager die f r e m d a r t i g e und sorglose Lebensauffassung der Spanier, hielt aber die Ü b e r n a h m e b e s t i m m t e r Elemente des P r o t e s t a n t i s m u s in ihre Lebensphilosophie f ü r erforderlich, ohne den sich seiner Meinung nach der S t a a t s g e d a n k e in Spanien nicht endgültig würde durchsetzen k ö n n e n 2 4 . Unter diesem Aspekt wird verständlich, w a r u m im 19. J a h r h u n d e r t die Diskussion u m den P r o t e s t a n t i s m u s auch in der politischen Auseinandersetzung eine große Rolle spielte. Dabei ging es nicht n u r u m den Versuch, die von François Guizot propagierte u n d von J a i m e Balmes u n d Donoso Cortes entschieden zurückgewiesene pauschale Überlegenheit einer Konfession ü b e r die andere nachzuweisen. B a u m g a r t e n dagegen, der jeglichen G r a b e n k a m p f vermeiden wollte, sah das notwendige Mittel, u m der ausbrechenden Revolution u n d d e m d a m i t verbundenen Klassenkampf begegnen zu können, allein in der Synthese beider Konfessionen. Der Katholizismus aber machte keinerlei Anstalten, sich den Vorstellungen der Liberalen a n z u n ä h e r n , u n d öffnete d a m i t einer vom Materialismus g e p r ä g t e n Revolution T ü r u n d Tor. Die Wunschvorstellungen von Gervinus u n d B a u m g a r t e n , beide Konfessionen k ö n n t e n sich gegenseitig ergänzen, wurde im Verlauf des K u l t u r k a m p f e s in Deutschl a n d (1871-1887) zerstört. Ein Beleg d a f ü r ist der Aufsatz B a u m g a r t e n s ü b e r Ignacio de Loyola, der in dieser s p ä t e r e n Zeit e n t s t a n d und in dem scheinbar jegliche Hoffn u n g e n auf ein Einverständnis aufgegeben ist. B a u m g a r t e n m a c h t e den Jesuiten den Vorwurf, ein Konzept einer Zivilisation (civiltà catolica) zu vertreten, das auf eine Art päpstliche T h e o k r a t i e hinauslief, denn der Bereich Erziehung u n d Familienrecht sollten d a n a c h ausschließlich Sache der Kirche sein, w ä h r e n d die sogenannten Rechte des I n d i v i d u u m s im Sinne des Liberalismus kräftig beschnitten werden sollten. Katholizismus und Liberalismus blieben also weiterhin unvereinbar. 23 24

V g l . H e r m a n n B a u m g a r t e n , Der

deutsche

Liberalismus:

Eine

Selbstkritik,

o. c.

"Soll S p a n i e n a u s d e m L a b y r i n t h der s e l t s a m s t e n M i ß b r ä u c h e u n d Verirrungen, a u s d e m es seit sechzig J a h r e n v e r g e b l i c h e i n e n A u s w e g sucht, wirklich befreit werden, so wird das k a u m a n d e r s m ö g l i c h sein als d a d u r c h , d a ß d e n ausschließlich k a t h o l i s c h e n B i l d u n g s e l e m e n t e n u n d Interessen ein g e s u n d e s p r o t e s t a n t i s c h e s Ferment zugesellt wird, welches bisher trotz aller R e v o l u t i o n e n u n d d e s p e r a t e n H e i l v e r s u c h e in d e m L a n d e gar keinen E i n g a n g gefund e n h a t . D i e Spanier w i s s e n bis a u f d e n h e u t i g e n T a g weder v o n p r o t e s t a n t i s c h e r W i s s e n s c h a f t n o c h v o n p r o t e s t a n t i s c h e r M o r a l " , " S p a n i e n u n d die kirchliche Frage" in: Preußische Jahrbücher 2 3 ( 1 8 6 9 ) , S. 6 7 6 .

116

Die Studien

von Hermann

Baumgarten

In d e n l e t z t e n J a h r e n seines Lebens, w ä h r e n d B i s m a r c k einen K o m p r o m i ß i m Kult u r k a m p f suchte, schrieb B a u m g a r t e n die Geschichte K a r l s V . 2 5 : D a r i n b e s c h ä f t i g t e er sich m i t d e r F r a g e , wie sich d e r W i d e r s t a n d gegen die R e n a i s s a n c e der e u r o p ä i s c h e n K u l t u r f o r m i e r t e , d u r c h die die A b s p a l t u n g d e r n e u e n Konfessionen a u s d e m gemeins a m e n S t a m m provoziert w u r d e . In diesem K o n t e x t w e r d e n a u c h die e r n e u t e n , a b e r e b e n f a l l s erfolglosen Versuche des Kaisers, eine A u s s ö h n u n g zwischen d e m P r o t e s t a n t i s m u s u n d d e m K a t h o l i z i s m u s h e r b e i z u f ü h r e n , b e s p r o c h e n . Einzelne L ä n d e r wie S p a n i e n u n d Italien lieferten zu dieser e u r o p ä i s c h e n Frage als N a t i o n e n n u r regionale A s p e k t e , k o n n t e n a b e r keine z e n t r a l e Rolle ü b e r n e h m e n . Z u s a m m e n f a s s e n d k a n n m a n f e s t h a l t e n , d a ß die A r t u n d Weise, wie B a u m g a r t e n die Geschichte S p a n i e n s a n g i n g , eine wenig b e a c h t e t e , a b e r a u s s c h l a g g e b e n d e P e r s p e k t i v e i n n e r h a l b der d e u t s c h e n Hispanistik a u f z e i g t . Das Bild S p a n i e n s i m d e u t s c h e n R a u m w u r d e in d e r 2. H ä l f t e des 19. J a h r h u n d e r t s e n t s c h e i d e n d von d e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g u m die E i n i g u n g u n t e r einer liberalen S t a a t s f o r m u n d d e m sich a n s c h l i e ß e n d e n K u l t u r k a m p f beeinflußt. Die nostalgischen Verfechter des Ancien R é g i m e , die sich zu einer s p ä t e r e n Zeit fast ausschließlich a u s K a t h o l i k e n r e k r u t i e r t e n , identifizierten sich m i t d e m ideologischen Ü b e r b a u d e r spanischen L i t e r a t u r des Siglo de O r o , idealisierten gleichzeitig die d a m a l i g e n Verhältnisse, die hierarchische O r d n u n g u n d d e n M e i n u n g s k o n s e n s in der s p a n i s c h e n Gesellschaft u n d leiteten schließlich a u s diesen historischen F a k t e n die positiven Züge ( F r e u d e , Religiosität, Großzügigkeit) ihres V o l k s c h a r a k t e r s a b , die s t a r k m i t der N ü c h t e r n h e i t des wissenschaftlichen u n d ö k o n o m i s c h e n D e n k e n s im p r o t e s t a n t i s c h - b ü r g e r l i c h e n E u r o p a k o n t r a s t i e r t e n . A n d e r e r s e i t s k o n n t e n sich a u c h die d e u t s c h e n P r o t e s t a n t e n des 19. J a h r h u n d e r t s d e m Z a u b e r der f r e m d a r t i g e n s p a n i s c h e n Zivilisation nicht v o l l k o m m e n entziehen. A b e r im E i n k l a n g mit ihrer meist liberalen politischen E i n s t e l l u n g d i s t a n z i e r t e n sie sich von den P r i n z i p i e n d e r H a b s b u r g e r - Z e i t u n d zeigten T e i l n a h m e u n d V e r s t ä n d n i s f ü r die noch a n d a u e r n d e s p a n i s c h e R e v o l u t i o n . U n a b h ä n g i g von d e n historischen U r s a c h e n , die sie hervorb r a c h t e n , blieb diese g r u n d l e g e n d e Typologie l a n g e Zeit in der d e u t s c h e n H i s p a n i s t i k bestehen.

25

3 Bde, Stuttgart 1885-1892. 117

Johann Georg Keil und die deutsche Calderon-Philologie im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts Harald

WentzlafF-Eggebert Bamberg

Ziemlich genau m i t d e m B e g i n n des neuen Jahrhunderts setzt in Deutschland i m Z u s a m m e n h a n g m i t der sich formierenden romantischen Schule eine heftige Begeisterung für die spanische L i t e r a t u r ein, wobei vor allem die R o m a n z e n d i c h t u n g , C e r v a n tes und das T h e a t e r des siglo de o r o in den V o r d e r g r u n d des Interesses rücken. Diese stürmische Phase deutsch-spanischer Literaturbeziehungen, die u.a. v o n

Hermann

T i e m a n n , W e r n e r B r ü g g e m a n n und v o r wenigen Jahren noch einmal umfasssend v o n H e n r y W . Sullivan dargestellt worden ist 1 , hat i m damaligen kulturellen L e b e n in verschiedener F o r m ihren Niederschlag gefunden: -

I n Ubersetzungen, von denen als frühe und wegweisende Beispiele hier nur die Don

Q u i j o i e - U b e r s e t z u n g von L u d w i g T i e c k (1799-1801), die Ü b e r t r a g u n g v o n

f ü n f Calderön-Stücken durch August W i l h e l m Schlegel (1803-1809) sowie die 1818 und 1821 erschienenen Altspanischen

Romanzen

in der Ü b e r s e t z u n g v o n

Friedrich Diez erwähnt werden sollen. -

In A u f s ä t z e n , Büchern und Vorlesungen zur spanischen L i t e r a t u r , b e g i n n e n d (1803)2,

mit August W i l h e l m Schlegels Essay " U b e r das spanische T h e a t e r " Friedrich Bouterweks

Geschichte

der spanischen

Poesie

und

Beredsamkeit

(1804) 3 sowie den Vorlesungen August W i l h e l m Schlegels ( B e r l i n 1801-1804 und W i e n 1808) und Friedrich Schlegels ( W i e n 1812) 4 . -

In A u f f ü h r u n g e n spanischer Theaterstücke und dabei speziell von c o m e d i a s Calderöns ab 1811: U n t e r Goethes Verantwortung in W e i m a r und unter E . T . A . H o f f m a n n s M i t w i r k u n g in B a m b e r g , sowie - allein bis 1820 - in Berlin, W i e n , K ö n i g s b e r g , München, S t u t t g a r t , Braunschweig, Breslau, Kassel, D a r m s t a d t , H a m b u r g , H a n n o v e r , Karlsruhe, B r e m e n , Dresden, Hanau, L e i p z i g , M a g d e -

1

H. Tiemann, Das spanische Schrifttum

Romantik,

in Deutschland.

Hamburg 1936; W . Brüggemann, Spanisches

Von der Renaissance

Theater und deutsche

Münster 1964 (Spanische Forschungen der Görresgesellschaft, 2. Sullivan, Calderön in the German lands and the Low Countries:

Reihe, Bd.

his reception and

bis zur

Romantik, 8);

H.W.

influence,

1654-1980, Cambridge 1983. 2 Erschienen in der von Friedrich Schlegel herausgegebenen Zeitschrift Europa 1 (1803), S. 72-87. 3

Zugleich der dritte Band von Bouterweks Geschichte

dem Ende des dreizehnten

Jahrhunderts,

der Poesie und Beredsamkeit

seit

Göttingen 1804 (Nachdruck 1975 im Georg Olms

Verlag, Hildesheim-New York). 4

Veröffentlicht als Uber dramatische

gel) und Geschichte

Kunst und Literatur,

der alten und neuen Literatur,

Die Anfänge der romanischen

Philologie

Heidelberg 1809 ( A . W . Schle-

Wien 1815 ( F . Schlegel). - G. Richert,

und die deutsche Romantik,

Halle 1914, ruft auf S.

11 in Erinnerung, daß Tieck an einem Buch über Cervantes und den Don Quijote

118

arbeitete.

Johann

Georg Keil

bürg, Nürnberg, Aachen, Mainz und Würzburg 5 . Eine Präsenz Calderöns auf deutschsprachigen Bühnen also, die seither kaum wieder erreicht worden sein dürfte. - In der Wirkung auf die deutschen Romantiker selbst. Zu diesen bekannten und vielfach auch bereits - vor allem von Germanisten und Komparatisten - erforschten Formen der Rezeption spanischer Literatur zur Zeit der deutschen Romantik kommt jedoch noch eine weitere hinzu, der bislang weit weniger Aufmerksamkeit geschenkt worden ist: die Herausbildung einer hispanistischen Philologie in Deutschland, die sich um kritische, kommentierte Ausgaben der spanischen Originaltexte bemühte und in ihrer Entstehung eng mit dem Namen Calderöns verknüpft ist. Einmal natürlich, weil den deutschen Romantikern Calderön - neben Cervantes - als genialster und wesensverwandtester spanischer Dichter erschien, zum anderen aber ganz einfach deshalb, weil für Calderön - anders als für Cervantes 4 besonders große editorische Probleme bestehen, da weder das Corpus seiner comedias als Ganzes exakt eingrenzbar ist, noch für die Mehrzahl der Stücke gesicherte Textfassungen überliefert sind. Zunächst allerdings wollte noch kein Verleger das Risiko auf sich nehmen, der kleinen Zahl potentieller Käufer von spanischsprachigen Texten eine Calderön-Gesamtausgabe anzubieten. So erschienen in den Jahren 1809-1810 in Bremen als erstes zwei Bände eines Teatro espanol, herausgegeben von Dr. A. Norwich. Wie es im Vorwort heißt, war das ganze Unternehmen auf etwa 12 Bände angelegt und sollte "eine vollständige Uebersicht der spanischen dramatischen Litteratur liefern" 7 . Den Ausgangspunkt bildete dabei das 1785 in Madrid erschienene 16-bändige Theatro Hespanol von Vicente Garcia de la Huerta, von dem Norwich sich allerdings distanziert, "da es theils fast nur auf Intriguenstücke sich beschränkt, und eben dadurch die weit vorzüglichere Gattung der romantisch-heroischen ausschliesst, theils viele Dichter, die eine ehrenwerte Erwähnung verdienten, ganz mit Stillschweigen übergeht." (S. VII-VIII) Damit wird Norwich allerdings nicht nur seiner Absicht gerecht, eine möglichst vielseitige, das ganze Spektrum der dramatischen Produktion Spaniens abdeckende Auswahl zu präsentieren, sondern er zollt auch dem Zeitgeschmack Tribut. Er tut dies auch dadurch, daß er - unter Mißachtung der Chronologie - die ersten beiden Bände für acht comedias Calderöns reserviert. Bezeichnend ist auch, daß nach dem plötzlichen Tod Norwichs im Vorwort zum zweiten Band die Frage gestellt 5 V g l . die A n g a b e n bei S u l l i v a n , S . 257 sowie K . R . P i e t s c h m a n n , " C a l d e r ó n a u f d e r d e u t s c h e n B ü h n e von G o e t h e bis I m m e r m a n n " in: Maske und Kothurn 3 ( 1 9 5 7 ) , S . 317339. 6 J . J . A . B e r t r a n d , Cervantes et le romantisme allemand, P a r i s 1914, S . 3 2 0 - 3 2 1 , e r w ä h n t die von L . Ideler b e s o r g t e kritische A u s g a b e des Don Quijote ( 1 8 0 4 - 1 8 0 5 ) , d i e 1807 in der Jenaer Allgemeinen Literatur-Zeitung als b e s t e n i c h t - s p a n i s c h e A u s g a b e d e s R o m a n s bezeichnet wird. D i e A u s g a b e ist in d e r U B E r l a n g e n v o r h a n d e n . D e n M i t a r b e i t e r n d e r U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k E r l a n g e n u n d i n s b e s o n d e r e H e r r n D r . H . - O . K e u n e c k e h a b e ich f ü r f r e u n d l i c h e Hilfe u n d zahlreiche Hinweise zu d a n k e n .

7 Teatro español. Dado 1809-1810, B d . I, S . V I I .

á luz por A. Norwich,

2 Bde., Bremen (Johann Georg Heyse)

119

Harald

Wentzlaff-Eggebert

wird, o b als F o r t s e t z u n g nicht d o c h - e n t g e g e n d e r u r s p r ü n g l i c h e n P l a n u n g - noch ein d r i t t e r B a n d m i t C a l d e r ó n - W e r k e n w ü n s c h e n s w e r t wäre. A m E n d e k a m es d a n n so, d a ß d e r Verleger J o h a n n G e o r g Heyse die R e i h e selbst ü b e r h a u p t nicht f o r t s e t z t e , die b e i d e n C a l d e r o n - B ä n d e j e d o c h 1819 n o c h e i n m a l in u n v e r ä n d e r t e r N e u a u f l a g e h e r a u s b r a c h t e 8 . D e f a c t o ist Norwichs Teatro español also eine erste T e i l s a m m l u n g C a l d e r ó n ' s c h e r S t ü c k e in spanischer S p r a c h e , die d a s d u r c h A u g u s t W i l h e l m Schlegel geweckte I n t e r e s s e auf die O r i g i n a l t e x t e zu lenken versucht. E n t s p r e c h e n d wird Schlegels L e i s t u n g i m Vorwort d e n n a u c h m i t h ö c h s t e m Lob b e d a c h t u n d d a r a u f hingewiesen, d a ß zwei d e r von i h m ü b e r s e t z t e n S t ü c k e - La devoción de la cruz u n d El príncipe constante - gleich i m e r s t e n B a n d e n t h a l t e n seien (S. XI). A n d e r e r s e i t s ist N o r w i c h s V e r d i e n s t g e r a d e d a r i n zu s e h e n , d a ß er nicht n u r die wenigen von d e n Romantikern bejubelten comedias ausgewählt h a t 9 . W a s die Art d e r P r ä s e n t a t i o n a n b e l a n g t , so h a t t e Norwich u r s p r ü n g l i c h eine wiss e n s c h a f t l i c h f u n d i e r t e A u s g a b e vor A u g e n . In diesem Z u s a m m e n h a n g verweist er i m Vorwort z u n ä c h s t auf seinen P l a n , d e n " e r s t e n B a n d mit einer Geschichte des spanischen T h e a t e r s zu e r ö f f n e n , d a r a u f das Leben u n d eine C h a r a c t e r i s t i k des C a l d e r o n ' s mit vorzüglicher Rücksicht auf die hier a b g e d r u c k t e n Stücke folgen zu lassen" (S. IX). I m weiteren Verlauf weist er auf die Schwächen des von i h m z u g r u n d e g e l e g t e n Textes der M a d r i d e r A u s g a b e von A p o n t e s (1760-1763) hin u n d b e t o n t , d a ß er z u m i n d e s t f ü r La vida es sueño zwei weitere A u s g a b e n sowie f ü r El príncipe constante d e n bereits 1804 in e i n e m Handbuch der spanischen Sprache a b g e d r u c k t e n Text h a b e vergleichen k ö n n e n (S. X I I ) 1 0 . An d e m V o r h a b e n , ü b e r diese A n s ä t z e h i n a u s d e n A n f o r d e r u n g e n einer kritischen A u s g a b e gerecht zu w e r d e n , ist Norwich a b e r g a n z offensichtlich d u r c h d e n W u n s c h seines Verlegers g e h i n d e r t w o r d e n , die b e i d e n e r s t e n , C a l d e r ó n g e w i d m e t e n B ä n d e u n m i t t e l b a r im A n s c h l u ß a n d a s E r s c h e i n e n des zweiten B a n d e s der Schlegel'schen Ü b e r s e t z u n g - also noch i m J a h r 1809 - h e r a u s z u b r i n g e n 1 1 . Norwich h a t t e ganz einfach nicht g e n u g Zeit zur V e r f ü g u n g , seine A u s g a b e gründlich v o r z u b e r e i t e n . E r gibt offen zu, d a ß i h m m e h r e r e ä l t e r e D i c h t e r , von d e n e n er s p ä t e r noch Stücke d r u c k e n will, " g e g e n w ä r t i g n u r d e m N a m e n n a c h b e k a n n t s i n d " (S. V I I I ) , u n d sicher 8 Die Angaben über die 2. Auflage finden sich bei H. Breymann, Die Calderón-Literatur. Eine bibliographisch-kritische Ubersicht, München und Berlin 1905, S. 47. Zur Ausgabe von Norwich insgesamt vgl. auch Sullivan, S. 199-200. 9 Der erste Band des Teatro español enthält La devoción de la cruz, La vida es sueño, El principe constante und Los empeños de un acaso; im zweiten Band finden sich La gran Cenobia, Eco y Narciso, Dicha y desdicha del nombre sowie La desdicha de la voz. 10 Es handelt sich wohl um das Handbuch der spanischen Sprache und Literatur, 2 Bde., Berlin 1801 und 1804, herausgegeben von Fr. Buchholtz. Im Vorwort zum 2. Band des Teatro español weist der nach dem Tode Norwichs für die letzten Korrekturen eingesprungene K. Giesebrecht darauf hin, daß Norwich für La gran Cenobia noch die Varianten der Ausgaben von "Apontes und Testis [sie]" und für Eco y Narciso die der Ausgaben von "Apontes Testis [sie]" und Huerta zusammengestellt, daß er aber keine dieser Lesarten einer Übernahme in den Text für wert befunden habe. 11 A u f S . XI des Vorworts zum 1. Band heißt es, daß von Schlegels Übersetzung "in voriger Messe der zweyte Theil erschienen" sei.

120

Johann

Georg Keil

war auch der eigentliche G r u n d , weshalb er seiner Auswahl keine Einleitung ü b e r Calderón voranstellt, sondern auf die A u s f ü h r u n g e n bei Bouterwek u n d auf August Wilhelm Schlegels Aufsatz von 1803 verweist, nicht der Wunsch, "die Vorrede u n d das Buch selbst nicht zu sehr anzuschwellen" (S. IX), sondern schlicht u n d einfach der zeitliche Druck, dem er seitens des Verlags ausgesetzt war, der die G u n s t der S t u n d e nutzen wollte. Aus der Sicht des Verlegers völlig zu Recht, denn schon die A n k ü n d i g u n g des Buches h a t t e - wie Norwich selbst mitteilt - geharnischte P r o t e s t e ausgelöst. Außer von einem Berliner Kritiker, den Norwich wegen seiner "grenzenlosen Unwissenheit" (S. XIII) nicht ernst zu n e h m e n bereit ist, kamen diese P r o t e s t e von den Herausgebern der Bibliotheca española, die in ihrer Reihe selbst auch spanische D r a m e n t e x t e veröffentlichen wollten (S. XIV). Nach einer öffentlichen Erwiderung, so Norwich, h a b e er d a n n aber ganz unerwartet ein Privatschreiben e r h a l t e n , in d e m einer der Herausgeber i h m zugesichert h a b e , die Bibliotheca española werde keine D r a m e n publizieren, verbunden mit dem freundlichen Angebot, er könne die Bestände verschiedener großer Bibliotheken b e n u t z e n . Verweilen wir einen Moment bei dieser Bibliotheca española. Mit ihr nennt Norwich ein U n t e r n e h m e n , das sich schon seit einigen J a h r e n u m die Verbreitung spanischer Literatur in der Originalsprache b e m ü h t e . Hier waren von 1805 bis 1806 zugleich in Chemnitz und G o t h a folgende Texte in jeweils dreibändigen Ausgaben erschienen: die Guerras civiles de Granada von Pérez de Hita, die Araucana von Ercilla und die Novelas ejemplares von Cervantes. Wer war n u n aber jener generöse Herausgeber der Bibliotheca española, der Norwich in einem Privatbrief doch noch grünes Licht f ü r sein Teatro español gab u n d i h m Zugang zu mehreren großen Bibliotheken verschaffen konnte? Das Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums 17001910 nennt als Verleger die Namen Maucke, Starke u n d Steudel in C h e m n i t z u n d Got h a . Die Universitätsbibliothek Erlangen allerdings besitzt die ersten drei Bände in einer Originalausgabe mit dem Impressum "En G o t h a por Steudel y Keil" 1 2 . W a r Joh a n n Georg Keil also selbst Mitherausgeber der Bibliotheca española u n d h a t er selbst Norwichs Bremer Unternehmen den Weg für eine erste Teilausgabe von Calderóns comedias geebnet, bevor er selbst 1820-1822 und 1827-1830 wesentlich umfangreichere und anspruchsvollere Ausgaben herausbrachte? Ich kann es nicht beweisen. Seine Lebensdaten jedoch lassen es als durchaus d e n k b a r erscheinen. J o h a n n Georg Keil wurde 1781 in G o t h a geboren, besuchte G y m n a s i e n in G o t h a und Weimar, studierte in J e n a Philologie, t r a t nach d e m S t u d i u m in die Großherzogliche Bibliothek in Weimar ein und wurde 1811 - nach nur einjähriger Probezeit - zu deren 2. Bibliothekar berufen. In Weimar w a n d t e er sich - u n t e r d e m Einfluß von Erich August Schmid, dem Verfasser des wichtigen Diccionario español y alemán (1796 u n d 1805) - mehr u n d mehr der Romanischen Philologie, u n d dabei speziell der italienischen und spanischen Literatur zu. Als sein erstes Editionsprojekt wird die Biblioteca italiana in 11 Bänden g e n a n n t , die von 1806-1812 in G o t h a u n d Chemnitz bei Maucke erscheint. Keil selbst besorgt in dieser S a m m l u n g italienischer Meisterwerke die Ausgaben von Tassos Gerusalemme liberata (2 Bde., G o t h a 12

Bibliotheca

española.

Historia

de ¡as guerras

civiles

de Granada,

3 Bde., G o t h a (Steudel

und Keil) 1805. 121

Harald

Wentzlaff-Eggebert

1806), von Dantes Divina Commedia (2 Bde., Gotha 1807) sowie die kritische Edition La vita nuova e ¡e Rime di Dante Alighieri, riscontrati coi migliori esemplari e rivedute da Giovanni Giorgio Keil, con Annotazioni, Chemnitz 1810 13 . Im selben Jahr erscheinen auch die ersten Bände eines offensichtlich als Pendant zur Biblioteca italiana konzipierten Reihenwerkes, das nun aber nicht 'Bibliotheca española' heißt, sondern Sammlung spanischer Original-Romane. Diese Begrenzung der Reihe auf die Gattung Roman könnte, so meine ich, sehr wohl die Folge einer Absprache mit Norwich zugunsten von dessen 1909 hastig gestartetem Teatro español sein. Der neuen Reihe liegt auch ein gegenüber der Bibliotheca española und der Biblioteca italiana verändertes Konzept zugrunde, da Keil jetzt den Originaltext zusammen mit einer deutschen Übersetzung anbietet. So erscheint 1810 in Gotha als Band I der Sammlung spanischer Original-Romane die Vida de Lazarillo de Tormes, por D. Diego Hurtado de Mendoza, cotejada con las mejores exemplares y corrigida por J.J. Keil. (Teutsch) Leben des Lazarillo von Tormes, übersetzt von J.G. Keil und 1812-1813 als Band II und III die Vida del gran Tacaño, Clamado Don Pablos, por D. Francisco de Quevedo Villegas, cotejada con las mejores exemplares y dada á luz por J.J. Keil. (Teutsch) Leben des Erzschelms, genannt D. Paul, übersetzt von J. G. Keil. Den Buscón hat Keil dann später noch ein zweites Mal übersetzt und als Band 10 der Bibliothek classischer Romane und Novellen des Auslandes bei F.A. Brockhaus in Leipzig veröffentlicht 14 . In der Sammlung spanischer Original-Romane ebenso wie in den Ausgaben der italienischen Klassiker hatte Keil sich durchaus bereits um textkritisch abgesicherte Editionen bemüht. Allerdings waren dies Aufgaben, deren Schwierigkeit in keinem Verhältnis stand zum Versuch einer alle damaligen Möglichkeiten der Textkritik ausschöpfenden Edition der über 100 comedias Calderóns. Diesem gewaltigen Unternehmen kann Keil sich erst widmen, als ihm, wie Camille Pitollet formuliert, ein unverhofftes Glück zuteil wird: "dio la rueda de la Fortuna una imprevista vuelta hacia él y le otorgó el don, tantas veces fatal para el sabio, de una rica mujer, en forma de la hija única del banquero Lohr" 1 5 . Keil heiratet 1814 diese Enkelin des bekannten Kupferstechers Johann Friedrich Bause, gibt seine Stelle 13

Weiter sind in der Biblioteca italiana erschienen: der Orlando innamorato Boiardos in der Bearbeitung Bernis (2 Bde., Gotha 1805-1806, unvollständig), das Decamerone Boccaccios (4 Bde., Gotha und Chemnitz 1805-1806). - Diese und die folgenden Angaben nach den beiden einzigen mir bekannten verläßlichen Quellen zu J.G. Keil: dem Eintrag in Bd. 18, 5 1821, bei Hamberger/Meusel, Das gelehrte Teutschland und C. Pitollets Aufsatz "A propósito de unas cartas inéditas de Johann-Georg Keil a N.-H. Julius", in: Revista de Archivos, Bibliotecas y Museos, Tercera época, año 13, Bd. 20 (1909), S. 332-353 und Bd. 21 (1909), S. 1-23. 14 Geschichte und Leben des Erzschelms, genannt Don Paul, von D. Francisco de Quevedo Villegas. Aus dem Spanischen übersetzt durch Johann Georg Keil. Mit einer Einleitung. Vgl. dazu Heinrich Eduard Brockhaus, Die Firma F.A. Brockhaus von der Begründung bis zum hundertjährigen Jubiläum, 1805-1905, Leipzig 1905, S. 72 und Pitollet, Bd. 20, S. 347 und Bd. 21, S. 15. - Als Band XIV der "Kulturhistorischen Liebhaberbibliothek" erschien 1904 im Magazin-Verlag Jacques Hegner (Berlin und Leipzig) Geschichte und Leben des großen Spitzbuben Paul von Segovia von Francisco Gomez de Quevedo. Nach der Ubersetzung von Johann Georg Keil herausgegeben und eingeleitet von Dr. Karl Biesendahl.

15

Iii

Pitollet, Bd. 20, S. 343.

Johann

Georg

Keil

als B i b l i o t h e k a r in W e i m a r auf u n d zieht - m i t G e l d u n d d e m E h r e n t i t e l eines H o f r a t s v e r s e h e n - n a c h Leipzig, u m sich d o r t als P r i v a t g e l e h r t e r g a n z seinen wissenschaftlichen A r b e i t e n zu w i d m e n . E r verfaßt f ü r die Leipziger Literatur-Zeitung Rezensionen, d a r u n t e r 1822 eine z u r Silva de romances viejos von J a k o b G r i m m ( W i e n 1815), z u r R o m a n z e n s a m m l u n g v o n D e p p i n g (1817) u n d zu B ö h l von F a b e r s e r s t e m B a n d seiner Floresta de rimas antiguas castellanas ( H a m b u r g 1821); er schreibt Lexikonartikel, e t w a ü b e r C a l d e r ö n (1825), Michelangelo (1825) o d e r C e r v a n t e s (1827) f ü r E r s c h u n d G r u b e r s Allgemeine Encyclopädie16; er veröffentlicht, wie schon f r ü h e r , Lehrwerke f ü r d e n g y m n a s i a l e n Italienisch- u n d S p a n i s c h u n t e r r i c h t u n d t r i t t schließlich a u c h als A u t o r von G e d i c h t e n u n d M ä r c h e n a n die Öffentlichkeit. Vor allem a b e r verfolgt er j e t z t intensiv d e n P l a n einer kritischen u n d k o m m e n t i e r t e n G e s a m t a u s g a b e d e r c o m e d i a s C a l d e r ö n s , von d e r 1820-1822 die e r s t e n drei B ä n d e bei F . A . B r o c k h a u s in Leipzig e r s c h e i n e n 1 7 . E r w i d m e t diese A u s g a b e , die i n s g e s a m t 10 Text- u n d 2 K o m m e n t a r b ä n d e u m f a s s e n soll 1 8 , k e i n e m geringeren als G o e t h e , d e r als e r s t e r d a s C a l d e r ö n ' s c h e T h e a t e r in seiner eigentlichen F o r m auf eine d e u t s c h e B ü h n e g e b r a c h t h a b e . G o e t h e b e d a n k t sich in e i n e m Brief v o m 12. April 1820 höflich f ü r die Z u s e n d u n g , die i h n a n die Zeit d e r W e i m a r e r C a l d e r ö n - A u f f ü h r u n gen u n d m a n c h e U n t e r s t ü t z u n g e r i n n e r e , die er d u r c h d e n Bibliothekar Keil e r f a h r e n h a b e . E r b e d a u e r t schließlich, d a ß er die "in so e i n l a d e n d e m A b d r u c k " vor i h m liegenden s p a n i s c h e n T e x t e o h n e Keils Hilfestellung nicht so recht w e r d e genießen k ö n n e n u n d schickt i h m als G e g e n g a b e seinen West-östlichen Divan z u 1 9 . L a u t Vorwort ist es d a s allgemeine Ziel d e r K e i l ' s c h e n A u s g a b e , d e n C a l d e r ö n L i e b h a b e r diesseits d e r P y r e n ä e n von d e n in S p a n i e n p u b l i z i e r t e n , schwer zugänglichen A u s g a b e n u n a b h ä n g i g zu m a c h e n (S. V I I I ) . Z u d e m w e r d e ein ' k o r r e k t e r ' , 'beq u e m e r ' u n d d e n B e d ü r f n i s s e n des n i c h t - s p a n i s c h e n Lesers e n t g e g e n k o m m e n d e r T e x t a n g e s t r e b t . ' B e q u e m ' bezieht sich d a b e i auf d a s T a s c h e n f o r m a t (in 12°), w ä h r e n d m i t d e n b e s o n d e r e n B e d ü r f n i s s e n des N i c h t s p a n i e r s auf die b e i d e n g e p l a n t e n K o m m e n t a r b ä n d e verwiesen w i r d . Die wichtigste u n d schwierigste A u f g a b e war f ü r Keil j e d o c h die H e r s t e l l u n g einer ' k o r r e k t e n ' , verlässlichen T e x t g r u n d l a g e : Mi primer y principal cuidado ha sido, enmendar las muchas erratas y faltas, de las quales las impresiones antecedentes abundan. Y asi, para aclarar el texto, que se ha encontrado no pocas veces trabucado y vicioso, he consultado quantas ediciones he podido adquirir, por cuyo medio era posible restablecer el verdadero sentido en muchos lugares, sin alterar 6 mudar palabra alguna. Raras veces solamente era indispensable enmendar por mi arbitrio algunos pasages faltos e ininteligibles, que no podian rectificarse por el cotejo de los exemplares tenidos ä mano. (S. VIII-IX). 16

Vgl. ibid., S. 352, Anm. 1. Las comedias de D. Pedro Calderön de la Barca, cotejadas con las mejores ediciones hasta ahora publicadas, corregidas y dadas d luz por J.J. Keil, 3 Bde., Leipzig (Brockhaus) 1820-1822. 18 Vgl. Heinrich Eduard Brockhaus, Friedrich Arnold Brockhaus. Sein Leben und Wirken, 3 Bde., Leipzig 1876, Bd. II, S. 390 sowie Keils Vorwort zu Band I, S. X. 19 Goethes Werke, Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, 32. Band, Weimar 1906, S. 234-235 sowie die Anmerkungen dazu auf S. 384. 17

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Harald

Wentzlaff.Eggebert

Schon Norwich hatte als Ziel formuliert, die vielen verderbten Textstellen nicht durch Konjekturen, sondern den Vergleich der verschiedenen überlieferten Fassungen auszumerzen. Ihm hatten jedoch für diese textkritische Arbeit, wie er selber sagt, nur in einzelnen Fällen mehrere - und dazu noch späte - Drucke zur Verfügung gestanden. Uber wesentlich bessere Hilfsmittel und vor allem auch über genügend Zeit verfügt jetzt aber der Bibliothekar und Privatgelehrte Keil und kann deshalb versprechen, daß die Kommentar bände die wichtigsten Varianten, eine kritische Würdigung der benutzten spanischen Ausgaben sowie Hinweise auf die Quellen enthalten werden, aus denen er für seine Erklärungen schwieriger Stellen geschöpft hat: El cuidadoso examen de las ediciones, que he tenido presentes, me ha dado motivo para recoger las variantes mas substanciales encontradas, cotejando los varios exemplares. Estas y algunas breves anotaciones, que puedan tal vez conducir á la mayor inteligencia de los lugares mas difíciles y obscuros, se j u n t a r á n en dos tomos aparte, y separado de la obra, por mayor comodidad de los lectores. En este apéndice hablaré mas por extenso así de las ediciones, que me han servido para la revisión del texto, como de las fuentes de que he sacado las notas, las quales presento al público extrangero como primer ensayo de ilustrar un Autor, que comienza á hacerse ménos conocido de los mismos Españoles, y que no ha hallado hasta ahora un comentador entre sus compatriotas. (S. X) In der Tat wäre Keils Ausgabe also die erste textkritische und kommentierte Edition der comedias von Calderón geworden, wären die ersten drei B ä n d e auch buchhändlerisch ein Erfolg gewesen. Heinrich Eduard Brockhaus jedoch, Enkel von Friedrich Arnold Brockhaus, weiß aus der Sicht des Verlegers über das Unternehmen folgendes zu berichten: "Die ersten 3 Bände folgten rasch hintereinander; als aber nach Erscheinen des dritten Bandes nur 150 von den 750 Exemplaren der Auflage abgesetzt waren, erklärte Brockhaus offen, daß er das Unternehmen, das z u d e m durch ein wenn auch mäßiges Honorar belastet war, nicht fortsetzen könne, und so blieb dasselbe ein Torso." 2 0 Und dies obwohl, wie er hinzufügt, 21 der 31 Dramen auch als Einzelausgaben ausgeliefert wurden 2 1 . Heinrich Eduard Brockhaus fährt fort: Brockhaus hatte das Unternehmen selbst angeregt, aber in anderer Weise, als es dann ausgeführt wurde. Er beabsichtigte eine wohlfeile Sammlung spanischer Dra20 H.E. Brockhaus (1876), Bd. II, S. 390. In den "Auszügen aus den Briefen und Copierbüchern von F.A. Brockhaus, 1811-1823" heißt es auf S. 109 in einem Eintrag des Jahres 1822: "Will [Brockhaus] Calderón nicht weiter edieren, weil er Schaden hat, wenn Keil nicht sich auf irgendeine Weise mit ihm einigt, natürlich ohne Honorar, daß er vielleicht die Kosten zur Hälfte trägt." (Diese "Auszüge" befinden sich im Staatsarchiv Leipzig, das mir die zitierte Stelle auf Anfrage mitteilte). Pitollet, Bd. 21, S. 7-9, druckt einen ausführlichen Prospekt in französischer Sprache ab, den Brockhaus 1821 - offensichtlich angesichts des schleppenden Verkaufs - zusätzlich verbreiten ließ. (Schon im Impressum des 1. Bandes war vermerkt, daß die Ausgabe auch bei Vertragsbuchhandlungen in Paris, Straßburg und London erhältlich sei.) 21 Pitollet, Bd. 21, S. 8, Anm. 2, macht darauf aufmerksam, daß laut Brockhaus-Katalog von 1872 ein halbes Jahrhundert nach Erscheinen nicht nur die dreibändige Ausgabe selbst, sondern auch noch alle Einzelausgaben der comedias des 1. und 2. Bandes sowie der ersten comedia des 3. Bandes auf Lager waren.

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Johann Georg Keil men, nicht eine vollständige kritische Ausgabe des Calderón, zu der er sich erst von Keil bestimmen ließ. Leider sollte er Recht darin behalten, daß eine solche keinen hinreichenden Absatz finden werde; dennoch hatte er den Versuch wagen wollen. Er schrieb darüber an Keil am 29. November 1820: "Wie manch andere Unternehmung habe ich auch die des Calderón einzig aus Interesse für die Wissenschaft und aus nationalem Ehrgefühl übernommen, und gewiß würde sich in ganz Deutschland und vielleicht auch im Auslande kein zweiter Unternehmer so leicht dafür gefunden haben. An Geldgewinn konnte ich dabei nirgends denken, und Jeder, der den Buchhandel kennt, wird mir beistimmen, wenn ich versichere, daß ich, Alles berechnet, vielleicht nie, und zuverlässig nicht in den ersten 10 Jahren auf die Kosten kommen werde." Auch wenn d a s U n t e r n e h m e n ein wirtschaftlicher Mißerfolg w a r u n d bei Brockh a u s nicht z u e n d e g e f ü h r t w e r d e n k o n n t e , so w a r es d o c h ein persönlicher Erfolg f ü r J o h a n n Georg Keil u n d der erste wichtige Schritt in R i c h t u n g auf eine v o l l s t ä n d i g e kritische C a l d e r o n - A u s g a b e . Dies w u r d e Keil noch 1820 in einer R e z e n s i o n bescheinigt, die u n t e r der U b e r s c h r i f t " C a l d e r o n s Schauspiele in einer O r i g i n a l a u s g a b e ! " i m Literarischen Wochenblatt erschien. D a r i n w i r d zu R e c h t h e r v o r g e h o b e n , d a ß bisher die L e k t ü r e einer C a l d e r ó n ' s c h e n comedia i m s p a n i s c h e n Original - falls m a n sich ü b e r h a u p t einen s p a n i s c h e n Text beschaffen k o n n t e - selten wirklich F r e u d e b e r e i t e t e , setzten doch "die u n z ä h l i g e n v e r d o r b e n e n , g a r keinen S i n n g e b e n d e n Stellen, wovon auch die beste A u s g a b e w i m m e l t , d e m V e r s t ä n d n i ß fast u n ü b e r w i n d l i c h e Schwierigkeiten e n t g e g e n " 2 2 . Mit der Keil'schen E d i t i o n a b e r h a b e m a n z u m e r s t e n M a l "keinen A b d r u c k , s o n d e r n eine m i t philologischer K r i t i k b e a r b e i t e t e A u s g a b e " vor sich. " E s m u ß t e n n ä m l i c h [...] so viele A u s g a b e n , als sich n u r a u f t r e i b e n ließen, verglichen werden, u m auf diese Weise die zahllosen V e r s t ü m m e l u n g e n des U r t e x t e s , d e r schon bei C a l d e r o n ' s Lebzeiten oft bis z u r U n v e r s t ä n d l i c h k e i t e n t s t e l l t war, zu verbessern u n d in viele Stellen wieder Sinn zu b r i n g e n , o h n e d o c h ein W o r t zu v e r ä n d e r n . " Allerdings sei dies t r o t z aller B e m ü h u n g e n d o c h nicht in j e d e m Fall möglich gewesen, so d a ß auch Keil " n a c h b e s t e m D a f ü r h a l t e n ganz e n t a r t e t e Verse von G r u n d a u s u m g e s t a l t e n " m u ß t e , was i h m a b e r n a c h M e i n u n g des R e z e n s e n t e n - u n d d e r k ö n n e auf eine "lange B e s c h ä f t i g u n g mit d e m S p a n i s c h e n " zurückblicken - " a u c h wirklich gelungen" sei. O h n e die L e i s t u n g Keils s c h m ä l e r n zu wollen, m a c h t einen b e i m Lesen dieser Besprechung doch die T a t s a c h e s t u t z i g , d a ß t r o t z d e r v o m R e z e n s e n t e n b e t o n t e n K o m petenz bei einem so schwierigen U n t e r f a n g e n wie einer k r i t i s c h e n C a l d e r ó n - A u s g a b e keinerlei E i n w ä n d e o d e r Verbesserungsvorschläge v o r g e t r a g e n w e r d e n . A u c h findet sich i m Text selbst der Hinweis, d a ß F . A . B r o c k h a u s , d e r Verleger d e r C a l d e r o n Ausgabe, zugleich a u c h Verleger u n d H e r a u s g e b e r des Literarischen Wochenblattes ist, das er nach d e m g e w a l t s a m e n T o d August von K o t z e b u e s der HofFmann'schen H o f b u c h h a n d l u n g in W e i m a r a b g e k a u f t h a t t e 2 3 . Wer a b e r k ö n n t e dieser R e z e n s e n t sein, der - wie i m Literarischen Wochenblatt üblich 2 4 - seinen B e i t r a g n u r m i t e i n e m 22 23 24

Literarisches Wochenblatt, Bd. VI, Nr. 18, Altenburg 1820, unpaginiert. Vgl. H.E. Brockhaus (1876), Bd. II, S. 263ff. Vgl. ibid., S. 289. 125

Harald

Wentzlaff-Eggebert

Kürzel ( " A a " ) unterzeichnet hatte? Wenn es einer der regelmäßigen Mitarbeiter der Zeitschrift war, deren Namen in der Velagsgeschichte des Brockhaus-Enkels Heinrich E d u a r d aufgeführt sind 2 5 , so kommt meines Erachtens a m ehesten Baron von der Malsburg in Frage, dessen sechsbändige deutsche Ubersetzung einer Auswahl von Calderón-Stücken gerade bei Brockhaus erschien (1819-1825). Keils erste Calderón-Ausgabe hat jedoch an anderer Stelle eine weit unverdächtigere kritische Würdigung erfahren. Friedrich Wilhelm Valentin Schmidt nämlich veröffentlichte 1822 im "Anzeige-Blatt für Wissenschaft und K u n s t " innerhalb der Nummern 17 und 19 der Wiener Jahrbücher der Literatur seinen Aufsatz "Kritische Ubersicht und Anordnung der Dramen des Calderón de la B a r c a " , in dem er gegen Ende auf neue Calderón- Editionen und Übersetzungen zu sprechen kommt 2 6 . Auch für den frisch ernannten Berliner Professor Schmidt ist dabei der an diese Ausgabe zu stellende Anspruch der, daß sie besser sein müsse als die beiden bisher einzigen Gesamtausgaben von Vera Tassis und Apontes. Dazu sei vor allem einmal nötig, daß die neun dort "ausgelassenen, unzweifelhaft ächten Dramen" mit abgedruckt würden. Sodann hätte er sich gewünscht, daß "die für die zwey letzten Bände aufgesparten Anmerkungen hinter die einzelnen Theile vertheilt worden wären, wodurch der Werth des Abdrucks des Textes bedeutend gewonnen hätte." (S. 29) Ein Wunsch, dem Keil sicher nur deshalb nicht entsprochen hatte, weil er sich von der Arbeit an den noch zu publizierenden Stücken in einzelnen Fällen Aufschluß für schwierige Stellen in bereits publizierten comedias erhoffte. Auch sollte nach Schmidts Vorstellung in den folgenden Bänden die bloß zufällige Anordnung der Stücke bei Vera Tassis und Apontes durch eine chronologische oder systematische ersetzt werden. Was schließlich den eigentlichen Anspruch Keils betrifft, einen aus dem Vergleich der Lesarten aller frühen Drucke gewonnenen und dadurch soweit wie möglich ohne Konjekturen auskommenden kritischen Text zu präsentieren, fällt Schmidt abschliessend folgendes Urteil: Was nun den A b d r u c k selbst a n g e h t , so können wir der Wahrheit gemäß zwar der Leipziger A u s g a b e d a s Zeugniß g e b e n , daß sie a n Reinheit u n d Korrektheit des Textes die zwey ersten spanischen A u s g a b e n übertrifft. Indeß ist bey der K o r r u p t i o n mehrerer D r a m e n hier noch sehr viel zu t h u n übrig. Folgende zahlreiche Verbesserungen des Textes der neuen A u s g a b e sind wir im S t a n d e a u s kritischer Vergleichung älterer A b d r ü c k e mitzutheilen. ( S . 39)

Dieses Urteil ist gerecht und es ist konstruktiv, weil es die Möglichkeit eröffnet, daß sich die beiden zweifellos bestinformierten Calderón-Philologen der damaligen Zeit bei der Vorbereitung einer vollständigen, kritischen und kommentierten Ausgabe der comedias zuarbeiten. Schmidt läßt seinem Urteil jedenfalls gleich neun Seiten mit textkritischen Bemerkungen folgen, in denen er den Keil'schen Text mit dem von Vera Tassis, Apontes, Huerta und dem der kleinen Ausgaben einzelner comedias vergleicht, die 1819 in Zwickau erschienen sind 2 7 . Der Vergleich fällt dabei fast immer zugunsten 25

Ibid., S. 288-289.

Wiener Jahrbücher 19, S. 39ff. 27 Biblioteca portátil 26

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der Literatur de clásicos

19 (1822), Nr. 17, S . 1-32, Nr. 19, S. 11-49; hier N r .

españoles,

4 B d e . , Zwickau ( G e b r . S c h u m a n n ) 1819:

La

Johann Georg Keil

Keils aus, dessen Text Schmidt allerdings mehrfach noch durch eigene Vorschläge zu verbessern vermag. Trotz positiver Aufnahme durch die Kritik hatte Keils Verleger F.A. Brockhaus jedoch wie gesagt diesen ersten Versuch einer Gesamtausgabe nach der Publikation von nur knapp einem Drittel der comedias eingestellt. Umso verwunderlicher erscheint es, daß Keil den vergleichsweise kleinen Verlag Ernst Fleischer dafür gewinnen konnte, 1827 eine ganz ähnlich konzipierte kritische Gesamtausgabe zu publizieren. Zwar ist über die zwischen Keil und Fleischer getroffenen Abmachungen wenig bekannt 2 8 , doch ist die Verlagsarbeit Fleischers offensichtlich durch zwei Besonderheiten geprägt. Dies sind zum einen durch längere Studienaufenthalte vor edlem in Paris und London erworbene gute Auslandskenntnisse und Auslandsverbindungen, die ihn dazu führten, überwiegend ausländische Klassiker zu verlegen, und da ist zum anderen eine Vorliebe für repräsentative, gut ausgestattete Bücher, da er - wie die Allgemeine Deutsche Biographie vermerkt - seine Klassiker-Ausgaben "in sehr eleganten Abdrücken auf feinem Papier herausgab und damit wol der erste war, welcher Bücher in Deutschland in dieser Ausstattung drucken ließ" 2 9 . Während Brockhaus vermutlich an dem für eine Ausgabe im Taschenformat zu hohen Preis scheiterte 3 0 , versuchte Fleischer offensichtlich Bibliotheken und Liebhaber im In- und Ausland durch eine wissenschaftlichen ebenso wie bibliophilen Ansprüchen genügende Edition anzusprechen. In einem aufwendigen Prospekt kündigt er das Projekt mit Erläuterungen in deutscher, spanischer, französischer und englischer Sprache an und verweist darauf, daß das Werk außer in edlen guten Buchhandlungen Deutschlands, der Schweiz, der Niederlande, Dänemarks, Ungarns, Polens und Rußlands auch in seinen Vertragsbuchhandlungen in London, Paris, Venedig, Upsala und Philadelphia, sowie - über Filialen der Londoner Buchhandlung Ackermann - auch in Mexiko, Kolumbien, Buenos Aires, Chile, Peru und Guatemala erhältlich sei 31 . Um die bibliophile puente de Mantible, La vida es sueño, El mágico prodigioso, El mayor monstruo los celos. In dieser Sammlung wird der Text der Ausgabe von Apontes übernommen. 28 In einem Brief vom 11. März 1827 an N.-H. Julius schreibt Keil kurz vor Erscheinen des 1. Bandes: "Manches ist freilich anders geworden, als ich gewünscht hätte; doch habe ich für nöthig gefunden, manches geschehen zu lassen, u m dem uneigennützigen Verleger den Muth nicht zu benehmen, der ihm bei einem solchen Unternehmen nur zu sehr nöthig ist." (Abgedruckt bei Pitollet, Bd. 21, S. 17-21, Zitat S. 18). 29 Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. VII, Leipzig 1878. Zitiert auch bei R.U. Fleischer, Die Buchhändlerfamilie Fleischer in der Zeit Goethes, Leipzig 1937, S. 113. Vgl. auch den dort im Anschluß (S. 113-114) abgedruckten Vermerk des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler von 1879, daß Fleischer mit seinen Klassiker-Ausgaben "den Geschmack an hübsch ausgestatteten, sauberen und correcten Ausgaben zu erwecken und die Ehre Deutschlands England und Frankreich gegenüber zu retten suchte." (S. 113) 30 Vgl. Pitollet, Bd. 21, S. 10: "No hemos de preguntar aquí si el precio fijado por Brockhaus, precio exagerado sin duda, no impidió muy principalmente la venta de una edición que, al fin y al cabo, pocos gastos le ocasionaba". 31 Eine Kopie dieses Verlagsprospektes aus dem Jahr 1828 wurde mir freundlicherweise von Herrn Gerd Schulz, Archivar beim Historischen Archiv des Börsenvereins des deutschen Buchhandels zur Verfügung gestellt. - Böhl von Faber schrieb am 8. September 1830 127

Harald Wentzlaff-Eggebert Ausstattung zu dokumentieren, fügt er einen Abdruck der vier ersten Szenen von La vida es sueño bei. Er stellt das Werk zur Subskription und verpflichtet die Käufer des ersten Bandes zur A b n a h m e aller vier - auf je 700-800 Seiten berechneten Großoktav-Bände, die dann auch tatsächlich von 1827-1830 erscheinen 3 2 . Was nicht erschien, war das i m Prospekt ebenfalls bereits angekündigte Supplementheft mit dem kritischen Apparat, von dem im Vorwort zu Band IV dann sogar als von einem selbständigen Band V die Rede ist, der außer weiteren comedias - die bislang nur d e m Titel nach bekannt waren und die aufzufinden Keil sich b e m ü h t e - noch folgendes enthalten sollte: las variantes de las diferentes impresiones, algunas notas conducentes á la perfecta inteligencia de ciertos lugares difíciles, la explicación de los principales y poco frecuentes nombres propios, no menos que de las mas obscuras alusiones, en que abundan las Comedias españolas, como igualmente las fuentes de las que sacó Calderón los planes de sus Comedias, y la fijación del tiempo, en que probablemente las escribió. 3 3 Auch wenn dieser Ausgabe also wieder der kritische Apparat fehlt, so ist sie dennoch damals nicht nur die einzig zugängliche Gesamtausgabe der comedias, sondern auch diejenige, welche den mit Abstand verläßlichsten Text bietet. Dies wird Keil auch sogleich von Friedrich Wilhelm Valentin Schmidt in einer Besprechung des ersten Bandes für die Wiener Jahrbücher der Literatur b e s t ä t i g t 3 4 . Schmidt würdigt dabei zunächst den Mut von Verleger und Herausgeber, beklagt die mangelnde Unterstützung durch spanische Kollegen bei der Beschaffung der Quellen, lobt die Schönheit der neuen - eigens für diese Ausgabe gegossenen - Schrift und das Vermeiden störender Druckfehler. "Das Wichtigste und Beste aber", so fährt er fort, "ist die eigentliche Wiederherstellung des spanischen Textes." (S. 84) Nach einer knappen Skizze der problematischen Textüberlieferung erläutert er Keils philologisches Tun folgendermaßen: Herr Keil hat aus den vorhandenen und ihm zu Gebote stehenden vielen Drucken bey Varianten diejenige Lesart ausgewählt, welche dem Sinne, Zusammenhange, dem Geiste des Dichters und seiner Schreibart in der Lebensperiode, worin das Drama fällt, die angemessenste war. Die mißliche Konjektural=Kritik hat er mit Recht ganz verworfen; obgleich auch hierbey der Reiz für den Liebhaber nicht gering ist. Denn es fehlen in manchen früheren Dramen immer noch ganze Verse, wie Reim und Assonanz lehren, und da hatte mancher seine Zeile in die Calderon'sche hineingesteckt. Dadurch aber wurde das Uebel fast unheilbar. Denn jetzt läßt sich bey Auffinden neuer Hülfsmittel (Handschriften oder noch nicht verglichene Drucke) das Fehlende mit dem Aechten ergänzen; das entschieden Verdorbene bessern.* Freut uns diese aus Spanien an N.-H. Julius, der ihm den 4. Band angekündigt hatte: "Ist das Werk erst komplet, so gelingt es mir vielleicht, einige Exemplare hier abzusetzen. . . " (Zitiert bei Pitollet, Bd. 21, S. 15, Anm. 2). 32 Las comedias de D. Pedro Calderón de la Barca, cotejadas con las mejores ediciones hasta ahora publicadas, corregidas y dadas d luz por Juan Jorge Keil, 4 Bde., Leipzig (Ernst Fleischer) 1827-1830. Mir lag das Exemplar der UB Erlangen vor. 33 Ibid., Bd. IV, S. XII. 34 Wiener Jahrbücher der Literatur 43 (Juli-September 1828), S. 84-155. 128

Johann Georg Keil Selbstbeherrschung in den wenigen Fällen, wo bis jetzt noch unverbesserliche Lücken sind: so hat ein feiner, durch vieljähriges S t u d i u m des Dichters genährter Takt den Herausgeber in der Wahl der gegebenen Varianten geleitet. Es ist zu wünschen, daß das 'spanische' P u b l i k u m in u n d außer Europa ein mit seltenem treuen Fleiß und nicht geringer Aufopferung in D e u t s c h l a n d begonnenes Werk recht u n t e r s t ü t z e n möge, damit Fortsetzung u n d Schluß bald folgen können, u n d ähnliche A u s g a b e n ähnlicher Werke sich daran schließen. (S. 85) Vor dem U n f u g , Stellen deßhalb zu ändern, weil m a n sie nicht zu erklären versteht, ist, Gottlob! dies Gebiet der Literatr noch frey.

Schmidt schließt noch den Wunsch nach einer vergleichbaren Lope-Ausgabe an und geht d a n n zu den einzelnen im ersten B a n d e n t h a l t e n e n Stücken ü b e r . In diesen philologischen u n d interpretatorischen B e t r a c h t u n g e n fehlen jedoch Hinweise auf Einzelheiten der Keil'schen Ausgabe fast völlig. Sie sind wohl auch u n a b h ä n g i g von der Rezension e n t s t a n d e n u n d Frucht der immer e r n e u t e n Beschäftigung Schmidts mit Calderön 3 5 . Doch nicht nur Schmidt als b e d e u t e n d s t e r Calderön-Philologe seiner Zeit h a t Keils Leistung gewürdigt. Auch J u a n Eugenio Hartzenbusch, der 20 J a h r e nach Keil in Spanien eine G e s a m t a u s g a b e der comedias publizierte, erweist i h m die Reverenz, wenn er im Vorwort schreibt, daß den Spaniern seit der längst vergriffenen Ausgabe von Apontes ein Werk fehle, "que tienen los alemanes, merced â la constancia, saber y exquisito gusto de Don J u a n Jorge Keil" 3 6 . Im übrigen wird durch Hartzenbuschs Ausgabe die Leistung Keils k a u m geschmälert: Auch bei Hartzenbusch fehlt ein Komm e n t a r , und was die Textgestalt a n b e l a n g t , so n i m m t er wieder zu eigenmächtigen K o n j e k t u r e n Zuflucht, während Keil sich streng an die Textüberlieferung gehalten h a t t e . So m u ß Hartzenbuschs Ausgabe sich denn auch gerade in diesem P u n k t von Alfred Morel-Fatio herbe Kritik u n d den folgenden Hinweis gefallen lassen: "II est juste de rappeler qu'ici M. Hartzenbusch venait après Keil, auquel nous devons la première révision sérieuse du t h é â t r e de C a l d e r o n . " 3 7 Keils philologischer Leistung ist von seinen Zeitgenossen und bis in unser J a h r h u n d e r t große Anerkennung gezollt w o r d e n 3 8 . U m so m e h r bleibt zu f r a g e n , w a r u m Keil, der bis 1857 gelebt h a t , den über viele J a h r e m ü h s a m z u s a m m e n g e t r a g e n e n kritischen A p p a r a t und K o m m e n t a r zu seiner Ausgabe nicht mehr publiziert h a t . Der G r u n d d a f ü r kann natürlich i m Tod seines Verlegers E r n s t Fleischer i m J a h r 1832 oder in heute nicht m e h r rekonstruierbaren biographischen Ereignissen liegen. Andererseits ist aber auch d e n k b a r , daß Keil hier d e m sich wandelnden Zeitgeist Tribut 35 Vgl. das p o s t u m von seinem Sohn aus den verschiedenen Calderón-Arbeiten Schmidts zusammengestellte Buch: Friedr. Wilh. Val. Schmidt, Die Schauspiele Calderon's, (Hg. Leopold Schmidt), Elberfeld 1857. 36 Obras de Don Pedro Calderón de la Barca. Colección más completa que todas las anteriores (Hg. J.E. Hartzenbusch), Madrid ( B A E 7, 9, 12, 14) 1848-1850 ( N e u a u f l a g e 1944), S. XX. 37 A. Morel-Fatio, "Introduction" zu: Pedro Calderón de la Barca, El mágico Heilbronn 1877, S. X X V , A n m . 1. 38

prodigioso,

Vgl. dazu Pitollet, B d . 20, S. 335 mit A n m . 2.

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Harald

Wentzlaff-Eggebert

zollte: Nicht nur war, wie Sullivan gezeigt hat, mit dem Jahr 1829 die 'Romantische Apotheose Calderöns' zuendegegangen 3 9 , sondern Johann Georg Keil selbst, der sich und sein philologisches Tun immer als wichtigen Baustein in einem streng hierarchisch gegliederten und letztlich absolutistischen Staatswesen gesehen hatte, war wohl politisch heimatlos geworden. Den heutigen Betrachter jedenfalls mutet es doch einigermaßen anachronistisch an, wenn Keil ausgerechnet im Revolutionsjahr 1830 dem vierten Band seiner Calderon-Ausgabe eine Widmung an den Großherzog Karl Friedrich von Sachsen-Weimar und Gisenach voranstellt, in der er mit folgenden Worten eine Parallele zum Mäzenatentum an den Fürstenhöfen der Medici und Este zieht: P l e n a m e n t e convencidos de su a l t a vocacion, estos P r i n c i p e s se d e d i g n a b a n e x p o n e r s e ä la equivoca gloria de las m i r a d a s del vulgo, e j e r c i t a n d o p o r si mismos diversas a r t e s y ciencias y se gloriaban en favorecer y p a t r o c i n a r de u n m o d o v e r d a d e r a m e n t e regio muchos calificados ingeniös, que se u n i a n en los rayos de este n u t r i t i v e sol y c e n t r o , y s a c a b a n del v i r t u d y e n t u s i a s m o p a r a sus t a r e a s . 4 0

39 Vgl. d a z u bei Sullivan das K a p i t e l " T h e R o m a n t i c A p o t h e o s i s of C a l d e r ó n " u n d d o r t besonders S. 169 u n d 202-205. 40

ISO

Vgl. d a z u auch P i t o l l e t , B d . 21, S. 11-12.

"Eine wahre Ehrensache für uns Katholiken": Franz Lorinser (1821-1893), traductor y comentarista de los autos sacramentales de Calderón Pere Juan i Tous Bochum

Para

Ursula

Lo primero que hizo fue limpiar unas armas [...] que, tomadas de orín y llenas de moho, luengos siglos había que estaban puestas y olvidadas en un rincón. 1 E n u n p r i n c i p i o - y é s t e h a sido el movens del p r e s e n t e e s t u d i o - F r a n z L o r i n s e r p u e d e figurársenos c o m o u n Q u i j o t e q u e , n o s a t i s f e c h o con d e s e m p o l v a r p a r a su u s o p e r s o n a l el opus d e los a u t o s s a c r a m e n t a l e s c a l d e r o n i a n o s , salió a t r a d u c i r l o s y publicarlos, sin p e r c a t a r s e - c o m o t o d a v í a le sería d a d o h a c e r l o a Alonso Q u i j a n o el B u e n o en su lecho d e m u e r t e - q u e "ya en los n i d o s d e a n t a ñ o n o h a y p á j a r o s h o g a ñ o " 2 , que y a n o e r a " s e n s a t o " r e s u c i t a r p a r a la m o d e r n i d a d d e c i m o n ó n i c a ( p o s t r o m á n t i c a y a caballo e n t r e el h e g e l i a n i s m o y el p o s i t i v i s m o ) la q u i z á s m á s t í p i c a l i t e r a t u r a del b a r r o c o . ¿Lorinser, un Q u i j o t e ? E s t a p r e g u n t a - i n t e n c i o n a d a m e n t e p r o v o c a t i v a es s u b s i d i a r i a de o t r a s m u c h a s : - ¿ E n q u é c o n t e x t o (teológico, ideológico, c u l t u r a l ) t r a n s c u r r i ó la v i d a p ú b l i c a d e Lorinser? - ¿ C u á l e s son - p a r a u n a h i s t o r i a de la h i s p a n í s t i c a a l e m a n a a n t e r i o r a 1900 - los elementos relevantes de su b i o g r a f í a i n t e l e c t u a l ? - Lorinser invirtió u n c u a r t o d e siglo d e l a b o r en t r a d u c i r y c o m e n t a r el c o n j u n t o de los a u t o s s a c r a m e n t a l e s recogidos e n la edición d e P e d r o P a n d o ( M a d r i d 1717) - 72 a u t o s - , a los que a ñ a d i ó l a " P r o t e s t a c i ó n d e la F e " , i n c l u i d a en la edición d e A p o n t e s 3 . - ¿ C u á l e s f u e r o n los m o t i v o s (estéticos y / o religiosos) q u e le i m p u l s a r o n a e m p r e n d e r u n a t a r e a q u e él m i s m o n o d u d ó en calificar d e i m p o s i b l e ? - ¿ C u á l es el valor de su t r a d u c c i ó n ( c o m p a r a d a con la d e E i c h e n d o r f f ) ? 1 Cervantes, Miguel de, El ingenioso hidalgo don Quijote de la Mancha. Edición, introducción y notas de Martín de Riquer, en: Obras Completas I, Barcelona 1962; p. 37 y s. 2 id., p. 1136. 3 Cf. Geistliche Festspiele [.../; I, p. 66 y s.

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Pere Juan

i Tous

- ¿ Q u i é n e r a su l e c t o r ideal? ¿ C u á l f u e su r e s o n a n c i a en la crítica e r u d i t a y en el p ú b l i c o lector?

La época 4 Al finalizar e s t r e p i t o s a m e n t e en las l l a n u r a s d e W a t e r l o o la e r a n a p o l e ó n i c a , se inicia p a r a los países d e l e n g u a a l e m a n a u n siglo X I X a l t a m e n t e conflictivo, en el que se van a g u d i z a n d o - sin p o d e r n u n c a solucionarse - el p r o b l e m a nacional, el religioso y el social. M i e n t r a s e s t e ú l t i m o , c o n s e c u e n c i a i n m e d i a t a d e u n a progresiva i n d u s t r i a l i zación, n o d i f e r e n c i a a A l e m a n i a del r e s t o de la E u r o p a o c c i d e n t a l , d o n d e t a m b i é n se dió - si bien con r i t m o d i f e r e n t e - u n desarrollo d e las e s t r u c t u r a s e c o n ó m i c a s h a c i a u n c a p i t a l i s m o d e t i p o m o d e r n o y u n a c o m p l e m e n t a r i a t o m a de conciencia p o r p a r t e d e u n p r o l e t a r i a d o u r b a n o c a d a vez m á s m i l i t a n t e , el p r o b l e m a n a c i o n a l y el religioso-confesional l l e g a r á n a t e n e r en los países d e l e n g u a a l e m a n a u n c a r á c t e r d e urgencia inusitado. D e j a n d o a p a r t e el p r o b l e m a n a c i o n a l , c u y a c o n c e p t u a l i z a c i ó n n a c e con el r o m a n t i cismo p a r a c r i s p a r s e luego en varias h e c a t o m b e s m u n d i a l e s y no e n c o n t r a r su solución ni s i q u i e r a e n n u e s t r o s días, m e l i m i t a r é al p r o b l e m a religioso-confesional. E s t e s u f r e en el X I X u n r e c r u d e c i m i e n t o que, en ciertos aspectos, llegará al g r a d o de conflictivid a d que y a h a b í a t e n i d o en el XVI. Si b i e n , a nivel demográfico, se dió e n t o n c e s y p o r p r i m e r a vez u n equilibrio casi e x a c t o e n t r e la p o b l a c i ó n católica y la p r o t e s t a n t e , a nivel político, e s t e equilibrio ( t o d a v í a o b s e r v a b l e en el X V I I I ) y a n o existía en 1815: Si e x c e p t u a m o s l a m o n a r q u í a de los H a b s b u r g o en A u s t r i a , vemos que en el c o n j u n t o d e los e s t a d o s a l e m a n e s c o n f i g u r a d o r e s del D e u t s c h e r B u n d t a n sólo q u e d a b a u n a d i n a s t í a católica o s t e n t a n d o el p o d e r - la de los W i t t e l s b a c h en Baviera. L a m á x i m a a c u ñ a d a p o r la Realpolitik del siglo X V I - "cuius regio, eius religio" - d i s t a b a m u c h o de ser u n a r e a l i d a d en el X I X , d o n d e t u v o l u g a r u n a s i e m p r e f o r z a d a y p o c a s veces a r m ó n i c a i n t e g r a c i ó n d e g r a n d e s sectores de p o b l a c i ó n católica e n e s t a d o s regidos por dinastías potestantes (Rheinland, Westfalen, Badén y W ü r t t e m b e r g ) . También se dió el f e n ó m e n o c o n t r a r i o : en F r a n c o n i a , en la Pfalz y en S c h w a b e n . E n los países d e d i n a s t í a p r o t e s t a n t e , y s o b r e t o d o en P r u s i a , el peso del e s t a d o e r a a b r u m a d o r . Sus p r e r r o g a t i v a s i b a n c o n v i r t i é n d o s e en sustanciales e i m p e d í a n u n libre desarrollo i n s t i t u i c i o n a l de la iglesia católica: El e s t a d o t e n í a d e r e c h o de veto en la o c u p a c i ó n de las v a c a n t e s episcopales, f u n c i ó n y d e r e c h o de supervisión en los centros d o c e n t e s etc. La iglesia c a t ó l i c a vió c o a c c i o n a d o s m u c h o s de sus privilegios y l i b e r t a d e s , n a c i e n d o así en ella u n f u e r t e s e n t i m i e n t o de opresión que iría a g u d i z á n d o s e a lo largo del siglo. El p r o c e s o d e secularización d e las e s t r u c t u r a s e s t a t a l e s f u e - lo m i s m o que en E s p a ñ a y, a u n q u e d e m a n e r a i n t e r m i t e n t e , en F r a n c i a - factor de u n a i n e s t a b i l i d a d sociopolítica q u e e n s o m b r e c e r í a t o d o el siglo. D e m o d o subsidiario, la secularización siguió p r o g r e s a n d o , si bien a r i t m o s diferentes: El c a m p o y las p e q u e ñ a s c i u d a d e s c o n t i n u a b a n siendo levíticas ( t a n t o en los e s t a d o s católicos c o m o en los p r o t e s t a n t e s ) . 4 P a r a la redacción de este capítulo nos ha sido particularmente valiosa la lectura de Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte (1800-1866), Bürgerwelt und starker Staat, Munich 1893.

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"Eine

wahre Ehrensache

für uns

Katholiken"

Allí los privilegios y funciones del clero - a nivel ético, social, pedagógico y cultural - eran todavía indiscutidas. En las zonas de confesión católica, las f o r m a s de religiosidad continuaban siendo barrocas (procesiones, liturgia dominical etc.). E n las ciudades, por el contrario (y sobre todo en los sectores burgueses y proletarios), la secularización iba consumándose a marchas forzadas. Mientras en el siglo XVIII e r a n t a n sólo reducidos núcleos de la aristocracia y de la a l t a burguesía los que h a b í a n coqueteado con formas secularizadas de u n a ética y de u n a cultura no deudoras de u n a visión del m u n d o confesional, éstas fueron desarrollándose p a u l a t i n a m e n t e en el XIX, llegando a f o r m a r p a r t e del "Zeitgeist" ciudadano. El catolicismo alemán no logró - como t a m p o c o lo hizo el p r o t e s t a n t i s m o - d a r u n a respuesta uniforme a los problemas h a s t a a h o r a esbozados: 1. P o r lo que t o c a a las relaciones con el estado, lo que implicaba siempre u n a t o m a de posición f r e n t e a Roma, la g a m a de oposiciones y fracciones iba de u n episcopalismo m i l i t a n t e a un a c a t a m i e n t o incondicional de la autoridad papal. 2. A nivel sociopolítico, las p o s t u r a s a d o p t a d a s por el estamento eclesiástico no p o d í a n ser más e n c o n t r a d a s , ya que j a l o n a b a n un espectro ideológico o c u p a d o en uno de sus extremos por une opción decididamente liberal-demócrata y nacionalista (los Deutschnationale) y, en el otro, por un u l t r a m o n t a n i s m o reaccionario deudor de u n a visión del m u n d o teocrática. 3. Respecto a la cultura y, más concretamente, al problema de la creación de u n a cultura nacional, la posición católica era t i t u b e a n t e , indecisa a la h o r a de recoger la herencia romántica, afirmadora de lo nacional, o buscar nuevas tradiciones universalistas. Por o t r a p a r t e , existía en la intelectualidad católica un m a r c a d o complejo de inferioridad motivado por la evidente riqueza de u n a larga tradición cultural protest a n t e . E n efecto: el protestantismo alemán se h a b í a m o s t r a d o capaz de crear u n " B i l d u n g s b ü r g e r t u m " cuya importancia era c u a n t i t a t i v a y cualitativamente superior a la de su variante en el sector católico por e s t a r éste todavía a p e g a d o a u n a s tradiciones reacias a participar plenamente en un desarrollo cultural de "peligroso" dinamismo secularizados Sensibilizado por u n a larga experiencia histórica, en la que el h u m a n i s m o renacentista había p r e p a r a d o el cisma protestante y la ilustración h a b í a provocado la revolución francesa, el catolicismo soñaba m a y o r i t a r i a m e n t e en la Edad Media y el Barroco, dos épocas teocráticas consideradas como modélicas. 4. Respecto al secularizado "Zeitgeist" ciudadano, f r u t o tardío de la ilustración, los católicos ilustrados - todavía mayoritarios entre los clérigos formados antes de 1840 - i n t e n t a b a n a d o p t a r una p o s t u r a m o d e r a d a y m a r c a d a m e n t e conciliadora. La opción contraria, que iría cobrando fuerza en la segunda m i t a d del siglo, a b o g a b a por u n a incondicional militancia contra este "espíritu secular" vacío de t o d a religiosidad y cuyos productos culturales eran a j e n o s a t o d a idea de transcendencia. 5. Teológicamente, las doctrinas fueron multiplicándose: racionalismo ilustrado, hermesianismo kantiano, gunterianismo hegeliano etc. Ninguna de ellas, sin e m b a r g o , logró traspasar largo tiempo el reducido á m b i t o de la discusión universitaria y fue u n a versión ciertamente modernizada de la escolástica la que, en el último c u a r t o de siglo, se haría acreedora del nihil obstat definitivo, convirtiéndose así en filosofía oficial de la iglesia. La problemática del catolicismo alemán decimonónico era, pues, pluridimensional. 133

Pere Juan i Tous

Se t r a t a b a , a n t e t o d o , d e a c l a r a r , u n i f o r m i z á n d o l a , su posición 1. f r e n t e a R o m a (cuestión é s t a q u e llevaría a u n n u e v o c i s m a con la i n s t i t u c i o n a l i z a c i ó n d e u n "Altkatholizismus" disidente, ai ser d o g m a t i z a d a l a infalibilidad del p a p a e n el p r i m e r concilio vaticano) 2. f r e n t e al e s t a d o , p o r m e r m a r éste los privilegios d e la iglesia 3. f r e n t e al "Zeitgeist" 4. f r e n t e al p r o b l e m a c u l t u r a l ( p o s i b i l i d a d y o p o r t u n i d a d ideológica de u n a c u l t u r a n a c i o n a l ) 5. f r e n t e a u n a s nuevas c o r r i e n t e s teológicas m u c h a s veces p r ó x i m a s al p r o t e s t a n t i s m o y p o c o r e s p e t u o s a s d e la t r a d i c i ó n y d e los d e n o m i n a d o s " p a d r e s de la iglesia" 6. f r e n t e a las nuevas f o r m a s d e religiosidad y d e devoción a l e n t a d a s p o r la i l u s t r a c i ó n católica, f o m e n t a d o r a d e u n p e r s o n a l i s m o s u b j e t i v i s t a c o n t r a p u e s t o a la masificación y r i t u a l i z a c i ó n b a r r o c a s etc. La posición u l t r a m o n t a n a , d e la q u e Lorinser e r a - c o m o v e r e m o s - p a r t i d a r i o , p o s t u l a b a las p r i o r i d a d e s siguientes: 1. p a p a l i s m o incondicional 2. o p o s i c i ó n a b i e r t a c o n t r a el e s t a d o 3. p o l é m i c a sin concesiones c o n t r a el "Zeitgeist" 4. t r i d e n t i s m o , t r a d i c i o n a l i s m o , neo-escolasticismo 5. u n i v e r s a l i s m o c u l t u r a l .

El católico militante 5 F r a n z Lorinser nació en Berlin (1821) y m u r i ó en Breslau en 1893. A p e s a r d e t r a n s c u r r i r casi t o d a su v i d a en P r u s i a , s i e m p r e se sintió a l e m á n del s u r , c o m o su p a d r e , que e r a de origen b á v a r o . E n sus m e m o r i a s no se c a n s a r í a d e r e p e t i r l o - con t o d a s las conotaciones n o t a n sólo caracteriológicas y s e n t i m e n t a l e s , sino t a m b i é n ideológicas que y a p o r aquel e n t o n c e s conllevaba t a l profesión d e fe g e o g r á f i c a : "Ich bin eine s ü d d e u t s c h g e a r t e t e u n d s ü d d e u t s c h e m p f i n d e n d e N a t u r . " 6 P a s ó su i n f a n c i a y adolescencia en O p p e l n , m e d i a n a c i u d a d d e la P r u s i a O r i e n t a l , d o n d e e x p e r i m e n t ó v i t a l m e n t e t o d a la conflictividad i n h e r e n t e a u n a p r o b l e m á t i c a c o n v i v e n c i a d e religiones, n a c i o n a l i d a d e s y e t n i a s . E r a hijo único, m u y q u e r i d o p o r su p a d r e ( K a r l I g n a t i u s Lorinser), al q u e s i e m p r e consideró su m e n t o r . K a r l I g n a t i u s e r a m é d i c o y p u b l i c i s t a , a m i g o d e G ö r r e s y colabor a d o r e s p o r á d i c o de las Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. Su c o m p r o m i s o con el n a c i e n t e u l t r a m o n t a n i s m o , del que e r a u n a p a s i o n a d o e inteligente defensor, le valió n o p o c o s d i s g u s t o s profesionales en P r u s i a , d o n d e ejerció t o d a su vida. No c a b e d u d a d e q u e el n a t u r a l r e s e n t i m i e n t o del p a d r e p a r a con el e s t a d o p r u s i a n o influyera d e c i s i v a m e n t e en la p o s t e r i o r a c t i t u d p o l í t i c a del hijo, siendo éste el p r i m e r o en reconocerlo e n sus m e m o r i a s . Fue t a m b i é n K a r l I g n a t i u s quien, t a n t o p o r t r a d i c i ó n f a m i l i a r c o m o p o r o p o r t u n i d a d ideológica, d e s p e r t ó en su hijo el interés p o r la c u l t u r a e s p a ñ o l a , y quien p l a n e ó con t o d o d e t a l l e su c a r r e r a eclesiástica: Le i n t r o d u j o en los cenáculos u l t r a m o n t a n o s m u n i q u e n s e s a g r u p a d o s en t o r n o a la s e ñ e r a figura i n t e l e c t u a l de G ö r r e s y le a n i m ó a que se o r d e n a r a s a c e r d o t e en R o m a , después de c u r s a r los dos ú l t i m o s a ñ o s de teología en el S e m i n a r i o R o m a n o , la " K a d e r s c h m i e d e " del u l t r a m o n t a n i s m o i n t e r n a c i o n a l . F a l t a n d o espacio p a r a r e t r a z a r d e t a l l a d a m e n t e la vita activa de L o r i n s e r , m e limit a r é a realizar cinco calas en su b i o g r a f í a i n t e l e c t u a l y p ú b l i c a . E s p e r o p o d e r así 5 Para la redacción de este capítulo nos hemos basado sobre todo en las memorias (desgraciadamente incompletas) de Lorinser y en sus libros de viaje a España. 6 i4«s meinem Leben[...], p. 2

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"Eine wahre Ehrensache

für uns

Katholiken"

ilustrar lo visceralmente esencial de su ideología u l t r a m o n t a n a y el i m p o r t a n t e papel que en ésta j u g ó E s p a ñ a y, m u y especialmente, la c u l t u r a española: - P r i m e r a cala: Lorinser, a l u m n o despierto y a quien interesan t o d a s las materias, h a s u p e r a d o como primus indiscutido las p r u e b a s de reválida de bachillerato. Su decisión de seguir la carrera eclesiástica es ya por aquel entonces inquebrantable. Ha sido un libro sobre el f u n d a d o r de la única orden que a d j u n t a a los tres votos tradicionales u n c u a r t o de obediencia incondicional al p a p a (La vie de St. Ignace de Loyola del p a d r e Bouhours s.j.) el que h a afianzado u n a vocación m u y t e m p r a n a . Llega el día de la solemne d e s p e d i d a de los bachilleres y Lorinser, como primus, debe pronunciar u n a conferencia cuyo t e m a puede él mismo elegir. Se decide por un t e m a polémico que no d u d a en t r a t a r polémicamente: "Uber den Einfluß der Kreuzzüge auf die Civilisation E u r o p a s " . Lee su conferencia en latín, lo cual ya constituye de por sí u n a t o m a de posición. R e s u l t a ser u n apasionado alegato en defensa de los privilegios del p a p a , un ejercicio retórico que él mismo caracterizará en sus memorias de discurso "mit u l t r a m o n t a n e r F ä r b u n g [...] durch u n d durch entschieden katholisch" 7 . A ciencia cierta no es ésta la mejor c a r t a de recomendación p a r a un f u t u r o seminarista de u n a diócesis d o m i n a d a por el episcopalismo. - Segunda cala: Su deseo hubiera sido estudiar en Munich, cuya facultad de teología coqueteaba con el u l t r a m o n t a n i s m o . Sin e m b a r g o , aconsejado por su p a d r e , decide cursar los dos primeros años en Breslau p a r a no dejar sola a su enfermiza m a d r e . En esta universidad, su preparación p a r a la teología, tal y como la entendían él y su p a d r e , p a r a quienes los términos "ultramont a n o " y "católico" eran sinónimos absolutos, n o p o d í a ser más desgraciada. E n sus memorias, el r e t r a t o que hace del claustro de la facultad de teología es ciertamente desolador: el u n o es gunteriano después de h a b e r sido hermesiano, el otro defensor acérrimo de un criticismo historicista de clara proveniencia protestante, u n tercero d e s c a r a d a m e n t e r a c i o n a l i s t a . . . T a m p o c o los profesores de filosofía pueden ser p a r a él u n a alternativa: quien no es de confesión p r o t e s t a n t e resulta ser cura secularizado o a p ó s t a t a . C a n s a d o y escandalizado, renuncia incluso a seguir algunos cursos obligatorios de teología, dejándose a t e s t a r el haberlo hecho regularmente en u n principio, pero no p o d e r continuar haciéndolo por no cumplir el profesor correspondiente con el credo teológico tridentino, al cual e s t a b a n t o d a v í a ligados los teólogos de la época y que rezaba: " S a c r a m scriptram, i u x t a e u m sensum, quem tenuit et tenet Sancta M a t e r Ecclesia a d m i t o nec e a m u n q u a m , nisi i u x t a u n a n i m e m consensum P a t r u m accipiam et i n t e r p r e t a b o r . " El t i e m p o así disponible, lo dedica a la lectura de Balmes, a quien descubre él por aquel entonces y quien le revela lo que t e n d r í a que ser u n a filosofía o r t o d o x a no reñida con la m o d e r n i d a d . - Tercera cala. De vuelta de Roma, donde h a b í a sido o r d e n a d o sacerdote, regresa a Munich. Aquí h a b í a cursado ya los últimos años de teología, asistiendo a d e m á s regularmente a las reuniones del g r u p o de Górres y colaborando esporádicamente en las Historisch-politische Blätter. P r e s e n t a u n a tesis sobre el "character indelebelis" de los sacramentos y en ella defiende, sin que por cierto venga mucho a cuento, la por aquel entonces controvertida tesis de la i n m a c u l a d a concepción de María. Y, por si no b a s t a r a esta profesión de fe integrista, el primer a u t o calderoniano que t r a d u c e es el de Las órdenes militares, u n a apología 7

id., p. 210. 135

Pere Juan i Tous

alegórica de la m e n c i o n a d a tesis. E s t a traducción, que Lorinser publica por s e p a r a d o en 1855, lleva el colofón siguiente: " Z u m Andenken an den 8. Dezember 1854" - fecha ésta, en que R o m a elevó a la dignidad de d o g m a la i n m a c u l a d a concepción d e M a r í a . - C u a r t a cala: P o r dos veces, en los veranos de 1854 y 1857, Lorinser v i a j a a E s p a ñ a . No consigue allí su principal propósito, que era el de recoger m a t e r i a l bibliográfico p a r a su t r a d u c c i ó n c o m e n t a d a de los a u t o s calderonianos. E n sus escritos posteriores, d e j a r á constar su dolorida sorpresa al respecto, l a m e n t á n d o s e de que este a u t o r h a y a sido o b j e t o de t a n i n j u s t o olvido en su propio país. A pesar de encontrarse con u n a situación política del t o d o explosiva (a raíz de la sublevación militar liberalizante de 1854), Lorinser se interesa m á s por el paisaje y la a r q u i t e c t u r a religiosa que por las posibles implicaciones socio-políticas de u n a crisis que, después de h a b e r t o m a d o u n cariz n e t a m e n t e revolucionario y federalista (huelga general barcelonesa de 1855), d e s e m b o c a r í a en el obligado t r i u n f o de los intereses estamentales de la oligarquía tradicional y de la g r a n burguesía (gobierno de Narvaez, h a s t a 1858). Su p o s t u r a es del t o d o d i s t a n c i a d a y, en los pocos casos en los que m u e s t r a u n c o n a t o de interés, inusitadamente moderada: E s scheint, d o c h will ich mir kein b e s t i m m t e s Urteil e r l a u b e n , da es mir nicht m ö g l i c h war, die a n g e k l a g t e Partei g r ü n d l i c h d a r ü b e r z u hören, daß ein Teil des s p a n i s c h e n Klerus sich nicht d a m i t b e g n ü g e n will, j e n e n m o r a l i s c h e n E i n f l u ß wieder zu g e w i n n e n , d e n die Religion selbst u n d seine überirdische S e n d u n g i h m g e w ä h r t , s o n d e r n i m Ernst daran d e n k t , a u c h j e n e n p o l i t i s c h e n E i n f l u ß wieder zu erwerben, der von j e h e r das Verderben der Kirche g e w e s e n u n d n a m e n t l i c h in S p a n i e n früher der Geistlichkeit e i n g e r ä u m t war, aber gewiß nicht z u m Vortheil der Kirche u n d der R e l i g i o n . 8

A nivel h u m a n o , lo que m á s le sorprende y fascina es la semejanza que él cree descubrir - m a s allá de una por n a t u r a l no menos superficial impresión de exotismo - e n t r e el carácter nacional ("Volkscharakter") español y alemán: [Spanien erscheint den m e i s t e n als] das L a n d des S o n d e r b a r e n ,

Eingenthümlichen

[ . . . ] , w o alles anders ist als a n d e r s w o , w o die Fremdartigkeit der S i t t e n u n d der N a t u r charakteristisch g e w o r d e n [ . . . ] .

U n d d e n n o c h , bei aller S o n d e r b a r k e i t , die

S p a n i e n charakterisiert, u n d die uns scheinbar d a s s e l b e zu e n t f r e m d e n g e e i g n e t ist, g e h t ein d e m d e u t s c h e n Geist u n d G e m ü t h tief verwandter Zug d u r c h dieses L a n d h i n d u r c h , der vielleicht mehr wie j e d e n A n d e r e n dort d e n D e u t s c h e n sich h e i m l i c h f ü h l e n läßt, u n d seine Vorliebe rechtfertigt, mit der er in der R e g e l , w e n n er nur einige Zeit sich dort a u f g e h a l t e n , das L a n d verläßt, w o ein gleicher I n s t i n k t

ihm

e n t g e g e n k o m m t u n d m a n den D e u t s c h e n lieber h a t wie j e d e n a n d e r e n F r e m d e n . 9

A pesar de h a b e r p o s t u l a d o él mismo esta afinidad esencial entre las dos mentalidades, no deja por ello de a d m i r a r s e de que las f o r m a s populares de religiosidad hispánica t a n t o le recuerden las de la Alemania meridional y oriental. Y m á s se adm i r a todavía - congratulándose del m e n g u a d o d i n a m i s m o secularizador observable en los grandes centros u r b a n o s - de que esta religiosidad no sea, en E s p a ñ a , privilegio exclusivo de las masas campesinas. De vuelta a Alemania publica sus Reiseskizzen (cf. bibliografía a d j u n t a ) , invirtiendo el beneficio sacado de la venta en la r e s t a u r a c i ó n 8

Reiseskízzen[..

9

id., p. 2 y ss.

136

.], p. 147.

"Eine

wahre

Ehrensache

für

uns

Katholiken"

de su iglesia parroquial. Las frases con que cierra el segundo t o m o son c i e r t a m e n t e dignas de ser recordadas: Auch ich bin des einförmigen Erzählens müde und lege die Feder mit der unwillkührlich sich mir aufdrängenden Frage nieder, ob die auf die Abfassung dieser Reiseskizzen verwandte Zeit nicht besser und nützlicher hätte angewendet werden können? Wenn auch diese Frage unter allen Umständen jedenfalls zu bejahen ist, dann tröstet mich doch einigermaßen der dem Apostel der Liebe zugeschriebene Ausspruch: "Der Bogen kann nicht immer gespannt sein", und die Hoffnung, daß, eine wenigstens ungefährliche und unschädliche Unterhaltungsschrift verfaßt zu haben, heutzutage, wo der Mangel an solchen Büchern in unserer gottentfremdeten Literatur leider nur zu fühlbar ist, wenn auch keine besonders preiswürdige, so doch eine nicht ganz zweck- und verdienstlose oder eines Geistlichen unwürdige Beschäftigung gewesen. 10 - Q u i n t a cala: Lorinser, ya canónigo, es elegido por su o b i s p o ( F ö r s t e r ) p a r a que le a c o m p a ñ e a R o i n a , donde tiene lugar el primer concilio v a t i c a n o ( 1 8 7 0 ) . C o n v e r t i d a en d o g m a la infalibilidad del papa, que Lorinser h a b í a defendido en un a p a s i o n a d o libro ( Vor dem Concil, 1 8 6 9 ) , el u l t r a m o n t a n i s m o o b t i e n e su consacración t a n t o a nivel teológico c o m o político. Si bien la c a r r e r a eclesiástica de Lorinser no pasó de u n a d o r a d a m e d i a n í a , quedando c i r c u n s c r i t a al d e c a n a t o de B r e s l a u , donde llegó a ser c a n ó n i g o c a t e d r a l i c i o , su l a b o r erudita fue de primerísimo oden. E n el c a m p o filosófico-teológico, d e s t a c a sobre todo su m a g n a o b r a Das Buch der Natur. Entwurf einer kosmologischen Theodizee, de clara influencia b a l m e s i a n a y cuya finalidad e x p l í c i t a e r a el resaltar " d i e Ubereins t i m m u n g der N a t u r p h ä n o m e n e mit der geoffenbarten W a h r h e i t einerseits so deutlich als möglich vor Augen stellen, und andererseits die Beziehungen klar zu m a c h e n , in denen die Natur zur Erkenntnis G o t t e s , seiner E i g e n s c h a f t e n und Vollkommenheit s t e h t " ' 1 . Fue precisamente e s t a simbiosis de tradición y m o d e r n i d a d , c a t o l i c i s m o y ciencia, lo que t a n t o le sedujo en la o b r a de B a l m e s : Er war einer der größten Männer, welche der katholische Clerus in der neueren Zeit aufzuweisen, [und] besaß eine so allseitige Wissenschaft, eine so tiefe Erkenntnis der Bedürfnisse unserer Zeit, eine so wahrhaft dem Leben und nicht bloß der Schule entwachsene Bildung, daß er vollkommen im Stande war, seine tiefen philosophischen Studien in lebendige Beziehung zur Wirklichkeit und zum Leben zu bringen. [ . . . ] [Seine Werke sind] gleichweit entfernt von ephemerer Neuerungssucht, wie vom starren Festhalten des Althergebrachten ohne Berücksichtigung der Bedürfnisse der Gegenwärtigen Zeit, und der wirklichen Fortschritte, welche die wahre Wissenschaft gemacht hat [. . .]. 1 2 Sus traducciones balmesianas tuvieron todas ellas un n o t a b l e é x i t o editorial y muy b u e n a acogida t a n t o por parte de la crítica c o m o por p a r t e de la j e r a r q u í a eclesiástica. E n el c a m p o de la l i t e r a t u r a hispánica, su l a b o r de t r a d u c c i ó n fue ingente, a p e s a r de casi limitarse a un solo a u t o r : Pedro Calderón de la B a r c a . 10 11 12

id. II, p. 350 (el subrayado es nuestro). Das Buch der Natur[.. .], p. VIII. Cf. su prólogo al Lehrbuch

der Logik ("Elemente der Philosophie..."; I, p. VI). 137

Pere Juan

i Tous

El calderonista Los dos criterios esenciales que aduce Lorinser para justificar su elección son ambos deudores de su ideología ultramontana: 1. Calderón es uno de los mayores autores dramáticos de la literatura universal, un escritor cuya genialidad puede ventajosamente equipararse a la de Shakespeare: "[Calderón ist] der größte Dichter, der j e auf Erden erschienen. [...] Sein Name ist wie ein räthselhafter Klang aus fernen Regionen wohl überall schon hingetönt, wo civilisierte Menschen wohnen." 1 3 Lorinser pone mucho cuidado en reiterar que el opus calderoniano está libre de toda sospecha a nivel formal, estético. Buena prueba de ello es, según él, el hecho de que fueran sobre todo autores protestantes los primeros que, en Alemania, leyeron, estudiaron, tradujeron y divulgaron su obra. Este - llamémosle - "universalismo" de Calderón no debe tan sólo entenderse como un criterio estético, sino también como un criterio ideológico-programático, ya que, como decíamos anteriormente, el esfuerzo cultural ultramontano tendía a subrayar la existencia y la necesidad de una cultura informada por el catolicismo y, por tanto, en última instancia superadora de lo nacional. 2. E s t a intencionalidad programática queda de nuevo patentizada por el segundo de los criterios aducidos por Lorinser: Según él, Calderón es un escritor esencialmente "irrecuperable" para el "Zeitgeist" decimonónico y en esta incompatibilidad radica la causa del injusto - pero comprensible - olvido en el que se le tiene en Alemania apenas dos siglos después de su muerte: [Für eine Zeit], die im Gebiete der Poesie sich fast nur mehr an niedlichen Nippsachen ergötzt, ist auch Calderón in gewissem Sinne zu tief, [ . . . ] überhaupt viel zu geistig und duftig für ein Zeitalter, das fast nur für das grob Sinnliche, Handgreifliche und Materielle Verständniß zu haben scheint. [...] Dazu kommt der Hauptgrund [...] Calderón ist zu katholisch, ist ein durch und durch vom Geiste der Kirche durchwehter Dichter [...]. Darum ist er für Viele ungenießbar, nicht bloß, weil sie von allem Katholischen mit Widerwillen sich abwenden, sondern auch deshalb, weil sie ihn nicht verstehen. 14 Profundidad vs. superficialidad, sensualidad vs. intelecto, materia vs. espíritu, secularidad vs. catolicidad: la oposición no puede ser más clara, más t a j a n t e , más definitiva. Calderón se convierte así en el negativo del "Zeitgeist" decimonónico alemán y, a la vez, en potencial arma de combate cargada de futuro ultramontano por estarlo de pasado católico. Recapitulemos: La causa movens no es, en el caso de Lorinser, de cariz primordialmente filológico, sino ideológico. Frente a la estrategia protestante que tiende a la creación de una cultura alemana diferenciada en lo nacional y portadora de una intencionalidad secular, el ultramontano Lorinser acude al "exótico" Calderón ("der Dichter unseres Glaubens und unserer Theologie"15) atraído precisamente por su catolicismo, esto es: por la universalidad y perennidad de su visión del mundo. 13 14 15

138

Geistliche Festspiele[.. id., p. 6 y s. id., p. 7.

.]; I, p. 5 (citamos por la segunda edición).

"Eine wahre Ehrensache für uns

Katholiken"

Ahora bien, ¿cuáles fueron los motivos que indujeron a Lorinser a concentrarse en la traducción de los autos calderonianos? Según nos afirma él mismo, sus criterios eran exclusivamente estéticos y no ideológicos: [Ich will den e t w a zu e r g e b e n d e n E i n w a n d von vorneherein abweisen], als handle es sich hier nur um die A n p r e i s u n g einer Sache, bei der ihr religiöser als ihr poetischer

Werth

Inhalt

viel mehr

G r u n d gewesen, sie aus d e m S t a u b e der Vergessenheit her-

vorzuziehen, um ein bloß confessionell- katholisches Interesse, um eine neue A r t von P o l e m i k , die in das G e w a n d der K u n s t sich versteckt und hinter allen dichterischen Verdiensten, die m a n vorschiebe, doch nur ihre eigenen Zwecke v e r f o l g e [ . . .]. 1 6

A pesar de ello, como tendremos ocasión de ver en los apartados siguientes, cabe dudar de la buena fe del canónigo de Breslau a la hora de justificar su interés por los autos de Calderón. Si bien es indudable que su entusiasmo por la dimensión estética de los mismos era del todo sincera, no es menos cierto que su empresa de traducción obedecía a criterios primordialmente confesionales. Para Lorinser, los autos sacramentales constituyen el género dramático en el que mejor se concretiza la entelequia de un teatro religioso 17 . En efecto: basándose en San Pablo y en San Gregorio, postula que es precisamente la diferencia específica de los autos dentro del paradigma de la literatura dramático-religiosa (es decir: su estructura alegórica), lo que hace de ellos el género más apropiado para tematizar los contenidos de la fe: [Es d a r f ] uns keineswegs b e f r e m d e n , wenn wir das religiöse D r a m a auf seinem Höhepunkte w i e d e r u m mit Moralitäten

A l l e g o r i e und S y m b o l i k

H a n d in H a n d gehen sehen.

wie in den alten Mysterien

und

[ . . . ] [Denn von] jeher hat die katholis-

che K i r c h e gelehrt, daß der mystische (allegorische, tropologische und a n a g o g i s c h e ) Sinn der heiligen Schrift [ . . . ] eine innere W a h r h e i t in sich schließe, die v o m heiligen Geiste selbst hineingelegt worden [ist].

A l l e vorbildliche, typische

Bedeutung

des alten Testamentes müßte man leugnen, den Z u s a m m e n h a n g der beiden Testamente zerreißen und d e m schaalsten R a t i o n a l i s m u s verfallen, der d e m W e s e n des Christentums d i a m e t r a l entgegengesetzt ist, w o l l t e m a n diese W a h r h e i t

verkennen.

[ . . . ] V{as liegt nun aber näher für die religiöse P o e s i e , was ist ein noch geeigneterer, herrlicherer S t o f f für diesselbe, als gerade diese S y m b o l i k und A l l e g o r i e [ . . . ] ? 1 8

Su elogio va incluso más lejos todavía, ya que no duda en denominar los autos "das sublime Epos der Theologie"19. Ahora bien, a juicio incuestionado e incuestionable de Lorinser, fue Calderón quien llevó el género a su perfección y, al hacerlo, creó "das anerkannt Beste und Großartigste, was der größte katholische Dichter der neueren Zeit geschrieben und das sich bereits längst volle Würdigung seines poetischen Werthes auch selbst bei Andersgläubigen erworben" 2 0 . De nuevo, pues, nos encontramos con los dos criterios fundamentales anteriormente comentados: valor universal, avalado incluso por los mismos protestantes, y catolicismo esencial. 16

id., p. 14 y s.

17

C f . p. 45 y ss.

18

id., p. 47 y s.

19

id., p. 12.

20

id., p. I I I y s.

139

Pere Juan i Tous

Este catolicismo - y esto lo ve claramente Lorinser - no es un catolicismo vaporoso y ahistórico. Los autos sacramentales constituyen la versión literaria de las actas tridentinas, un género nacido del espíritu contrarreformista de Trento e inseparable de él. ¿No se elogia acaso en ellos el sacramento de la eucaristía, de valor esencial para el catolicismo, y - a la vez - su diferencia específica dentro del paradigma de las confesiones cristianas? Este y no otro es el motivo por el cual, según afirma una y otra vez Lorinser, j a m á s les será dado a los protestantes - por cultos y bien intencionados que éstos sean - apreciar en profundidad la "belleza" formal y teológica de los autos sacramentales. Ni siquiera les concede que sean capaces de llegar a una verdadera comprensión filológica de los mismos. Véase, por ejemplo, su comentario a la caracterización que Schack había hecho de los autos y que él cita in extenso: So schön und so wahr auch hier die citirten Worte eines der gründlichsten Kenner der spanischen Literatur, [ . . . ] so macht sich doch in diesen Urtheilen eine gewisse Unbestimmtheit bemerkbar, die uns noch kein klares und deutliches Bild dessen gibt, was Calderón eigentlich mit seinen Autos bezweckt, und worin der wahre Schlüssel zu ihrem Verständnis liege. [ . . . ] [Wir glauben], daß der Charakter der Autos noch weit bestimmter und positiver sich aussprechen lasse, und daß dies für den gläubigen Katholiken, den Theologen zumal, sogar leicht und von gar keinem besondern Verdienste sei, während es für den Protestanten, der doch, wie gelehrt und ästhetisch gebildet er auch sein mag, so lange er Protestant bleibt, niemals katholisch denken und fühlen wird, vielleicht unmöglich ist. Um die poetische Begeisterung, die Andacht, die erhabenen Gefühle und Ideen in ihrem Ursprünge zu begreifen, welche den kostbaren Inhalt dieser Dichtungen bilden, wird vor allem der Besitz der katholischen Idee vom Mysterium der Eucharistie erfordert. [ . . . ] [Wer dieses Mysterium] bloß mit dem kalten Verstände als kalten Begriff erfaßt, [. ..] dem werden Calderons Autos stets ein unverstandenes Räthsel bleiben, und der maße sich nicht an, im Geiste ihres Verfassers sie verstehen und mitempfinden zu können. 2 1

Igualmente significativo es que Lorinser subraye - lo que no deja de ser una clara toma der posición dentro de las querellas teológicas de su época - la rigurosa ortodoxia de los autos calderonianos, ortodoxia basada en la tradición y en los santos padres e informada por la escolástica: "Alte, kirchliche Uberlieferungen, die an das Dogma wie ein schöner Legendenkranz sich anschließen und schöne Gedanken, die hie und da ein Kirchenvater angesprochen." 2 2 Vemos pues, de nuevo, que la elección de Lorinser - en este caso de los autos - se explica sobre todo por su compromiso ultramontano: autoafirmación frente al protestantismo y frente a las corrientes teológicas potenciadoras de un catolicismo disidente. Evidentemente, Lorinser no pecaba de ingenuo: "Ohne umfangreiche Kenntniß nicht bloß der katholischen Glaubenslehre, sondern selbst der feinsten theologischen Beziehungen bleibt oft schon der bloße Wortsinn geradezu unverständlich, und das staunenswerthe theologische Wissen, welches Calderón in seinen Autos offenbart [...] setzt zuweilen sogar den Theologen von Fach in Verlegenheit." 2 3 Sin embargo, no 21

id., p. 35 y ss.

22

id., p. 37. id., p. 10.

23

¡40

"Eine wahre

Ehrensache

für uns

Katholiken"

cree como lo hiciera el protestante Schack, a quien cita continuamente apoyándose en su autoridad, que los "ellenlange Vorträge" - esos excursos teológicos larguísimos y traspasados por a veces pavorosas filigranas argumentativas - constituyan una aberración formal del género en su versión calderoniana: Daß diese, mitunter allerdings etwas langen, erklärenden Reden oft bis in die Tiefen der Theologie sich versteigen, liegt in der Natur der Sache; ob die an die scholastische Form sich anlehnenden Ausdrücke und Begriffe "eine spitzfindige Altersweisheit" seien oder nicht, darüber haben wir hier mit den Protestanten nicht zu streiten; unserer Meinung nach enthalten sie oft eine Wahrheit und Tiefe, deren Unverträglichkeit mit der Poesie wir nicht einzusehen vermögen; überall werden sie aber in einer wahrhaft dichterischen, mit den kühnsten Bildern angefüllten Sprache vorgetragen, und gewinnen, wie trocken und abstrakt sie an sich immer sein mögen, unter Calderons Feder, die stets in die Gluth der glänzendsten Phantasie getaucht ist, ein Gepräge, das sie wesentlich von abstrakter Prosa unterscheidet. 24 El canónigo de Breslau, si bien no ignora los excesos de la retórica barroca, de la que fue eximio fautor el mismo Calderón 2 5 , ve en ella un lenguaje del todo adecuado para, sin pérdida de dignidad y profundidad, transformar en literatura los complejos contenidos de la fe. Considera, además, que los autos contienen (tanto individual como conjuntamente) un discurso teológico de esmerada estructura, donde nada puede quitarse sin que se desmorrone el edificio argumentativo, que él compara - comparación significativa a muchos niveles - a una rica custodia: [Es ist] die unerläßliche Bedingung, will man anders eine richtige Vorstellung von der Bedeutung der Autos erhalten, sie nicht vereinzelt, sondern als ein großes, zusammenhängendes Ganze aufzufassen, dessen Schönheit und Harmonie erst hauptsächlich, so schön auch die einzelnen Theile an und für sich sein mögen, aus der Verbindung und Verflechtung derselben zu einer großen Strahlenkrone oder Glorie erkannt wird, welche verherrlichend das Sacrament umschwebt. Das einzelne Auto ist nur ein einziger Strahl aus dieser Krone, und thut seine volle Wirkung erst dann, wenn es mit den anderen in Verbindung tritt. 2 6 Es por este motivo, que traduce la totalidad de los autos calderonianos y lo hace con la esperanza de que sus comentarios suplirán esa en cierto modo inevitable densidad argumentativa. Calderón representa para él una edad de oro en la historia religiosa por tratarse de una época (el barroco) en que la fastuosidad litúrgica no se desdecía de la refinada pomposidad escenográfica de los autos, por tratarse de una época en la que todavía tenía plena vigencia social una literatura de denso contenido teológico y en la que todavía se daban formas masivas (que él denomina populares) de religiosidad. Y es lleno de nostalgia - una nostalgia no exenta de resentimiento contra las nuevas formas de religiosidad intimista nacidas del catolicismo ilustrado que cita al "protestante americano" George Ticknor para congratularse de la amplia aceptación social de que los autos sacramentales habían sido objeto: 24 25 26

id., p. 60 y s. Cf. p. 61. id., p. 40. 141

Pere Juan

i

Tous

[Insbesondere] in der letzten Hälfte von Calderons Leben wuchs die Zahl und die Bedeutung der Opferdarstellungen sehr, und sie wurden mit groSer Pracht und Aufwand in allen größeren Städten auf der Straße aufgeführt; so wichtig erachtete sie die Geistlichkeit und so anziehend waren sie für alle Stände geworden, sowohl für die Adeligen und Gebildeten, als für die Menge. [...] Es leidet gar keinen Zweifel, daß diese Autos eine sehr große Wirkung hervorgebracht haben. Allegorie aller Art, welche von früh an jeden Spanier angezogen hatte, genoß noch immer die nämliche Kraft, und die Ehrfurcht einflößende Pracht dieser Aufführungen mit Musik, welche in der Zeit festlicher Muße auf Kosten der Regierung und mit Genehmigung der Kirche öffentlich stattfanden, gewährten ihnen einen Einfluß auf die Volksgunst, wie ihn keine andere Art volksthümlicher Lustbarkeiten jemals erworben hat. Sie wurden im ganzen Lande gedichtet und aufgeführt, und zwar von (sie) allen Ständen, weil man an jedem Orte sich nach einer so frommen Erheiterung sehnte. 27 Como tampoco lo hiciera Ticknor, Lorinser no se extraña de que hayan sido autores españoles quienes hayan llevado el drama religioso a su perfección. La causa radica, según él, en la religiosidad inherente al carácter nacional español - carácter éste, que Lorinser mismo consideraba, no lo olvidemos, muy semejante al alemán: Daß es nur Spanien gewesen, welches ein eigentlich künstlerisches religiöses Drama geschaffen und diese Dichtungsform ebendadurch auf die höchste Stufe ihrer Vollendung gebracht hat, während alle anderen Völker bisher nur in dem weltlichen Zweige der dramatischen Poesie ihren Ruhm begründet haben, kann seine Erklärung wohl nur in dem tief religiösen Charakter dieses außerordentlichen Volkes finden, dessen dramatische Dichterheroen (Lope de Vega, Calderón) unbefriedigt von ihrem wettlichen Theaterruhme und, ihn sogar bereuend, noch in ihrem Alter in den geistlichen Stand eingetreten und ihre Muße fortan dem Heiligen und Göttlichen gewidmet.2® La "Fremdheit" calderoniana es, pues, para Lorinser, de raíz esencialmente ideológica y no caracteriológica o meramente estética. En una sociedad tan secularizada como la alemana decimonónica, la "Fremdheit" de Calderón es consecuencia directa del olvido en que ha caído todo lo religioso, del poco conocimiento que se ha llegado a tener de la propia fe. Por ello, la traducción de los autos calderonianos es una batalla contra el abominado "Zeitgeist" indiferentista y participar en ella, nos asegura Lorinser, es "eine wahre Ehrensache für uns Katholiken. [...] [Denn] wir sind von jeher diejenigen gewesen, die, wenn es sich um literarische Thätigkeit handelte, den Protestanten [...] das Feld eingeräumt haben." 2 9

El traductor Las traducciones llevadas a cabo por Lorinser son de índole muy distinta a las realizadas por su antecesor inmediato, Eichendorff. En los doce autos sacramentales que tradujo, éste había intentado "recrear" para su modernidad romántica el texto calderoniano, es decir: "modernizarlo" estilísticamente en la medida de lo necesario y 27 28 29

id., p. 19 y p. 21. id., p. 46. id., p. 12 y 7.

142

"Eine

wahre

Ehrensache

für im*

Katholiken"

" r o m a n t i z a r l o " c o n c e p t u a l m e n t e e n l a m e d i d a d e l o posible. Ni s i q u i e r a h a b í a t e n i d o r e p a r o a l g u n o e n a ñ a d i r o s u p r i m i r s i n t a g m a s e n t e r o s del original e s p a ñ o l . T a m p o c o h a b í a d u d a d o e n m o d i f i c a r l o s u s t a n c i a l m e n t e allí d o n d e le p a r e c í a o p o r t u n o , l l e g a n d o i n c l u s o a h a c e r l o en p a s a j e s d e p e l i a g u d a s i m p l i c a c i o n e s teológicas (cf. s u - m u y r o m á n t i c o - i n t e n t o d e " p r o b l e m a t i z a r " l a figura del d e m o n i o en El pintor de su deshonra)10. S i e n d o o t r o s los p r e s u p u e s t o s ideológicos d e F r a n z L o r i n s e r y t a n n u l a su " v o l u n t a d d e estilo" c o m o firme s u c r e e n c i a e n u n i s o m o r f i s m o a b s o l u t o e n t r e el l e n g u a j e c o n c e p t i s t a c a l d e r o n i a n o y el " a r g u m e n t o " m i s m o d e los a u t o s , n o d e b e e x t r a ñ a r n o s q u e el c a n ó n i g o d e B r e s l a u se p r o p u s i e r a s o m e t e r s e e n t o d o al original barroco: Die deutsche Uebersetzung mußte sich nothwendig die Aufgabe stellen, wenn sie eine befriedigende werden wollte, Metrum, Assonanz u n d Reim des Originales beizubehalten, und den Sinn so wortgetreu als möglich wiederzugeben. [...] [Nur] dort, wo es die dringendste Nothwendigkeit erforderte, ist ein ähnlich lautender Gedanke an die Stelle des Originalgedankens getreten; in den meisten Fällen hoffe ich, genau denselben Sinn, wenn auch zuweilen mit anderen Worten ausgedrückt, wiedergegeben zu haben. [...] Abgesehen von der Assonanz, welche dem Uebersetzer hier einen ähnlichen Zwang, wie der Reim auflegt, ist es namentlich die große Kürze und Präzision des Ausdruckes, welche die Uebersetzung erschwert. 5 1 Las d i v e r g e n c i a s , v o l u n t a r í a s o n o , son t a n sólo a q u é l l a s q u e se d e r i v a n i n d i s t i n t a m e n t e d e l a n o s i e m p r e s a t i s f a c t o r i a c o m p e t e n c i a lingüística d e L o r i n s e r y d e las d i f i c u l t a d e s i n h e r e n t e s a l a t r a d u c c i ó n - d i f i c u l t a d e s é s t a s en a b s o l u t o d e s d e ñ a b l e s , t r a t á n d o s e d e u n g é n e r o l i t e r a r i o c u y a finalidad p r a g m á t i c a s u b o r d i n a b a el doce re al movere, l a c o m p r e n s i ó n t e x t u a l / r a c i o n a l a la a d m i r a c i ó n v i s u a l / e m o c i o n a l 3 2 . Verbi gratia: Si esta en el Entendimiento el saber del bien, y el mal, a la Ciencia Natural es no pequeño argumento que aya de tocar tiento de su acierto, u de su error; y assi, el primer favor, la Ciencia en su mano gana, y pues la haces para H u m a n a , hazla con Tiento, Señor. 3 3 30 Cf. Don Pedro Calderón de la Barca: Geistliche Schauspiele. Übersetzt von Joseph Freiherr von Eichendorff, Stuttgart u. Tübingen 1853, tomo II, S. 82 s. 31 Geistliche Festspiele[...]; I, p. 70 y s. 32 Cf., Manfred Tietz, "Los autos sacramentales y el vulgo ignorante" in: Hacia Calderón. Sexto coloquio anglogermano. Würzburg 1981. Ponencias publicadas por H. Flasche, Wiesbaden 1983, ps. 78-87. 33 Pedro Calderón de la Barca, El pintor de su deshonra, in: Autos sacramentales alegóricos, y historiales del Phentx de ¡os poetas [...] obras posthumas que saca a luz Don J u a n Fernández de Apontes, Madrid 1759, tomo II.

143

Pere Juan t Tous Liegt's in des Verstand's Gewalt, Gut und B ö s ' zu unterscheiden, Wie könnt's Wissenschaft vermeiden, Daß es richtig sich gestalt', Zu gewähren sich'ren Halt, Nicht zu schwanken hin und her? D'rum der ersten Gunst Gewähr, Giebt die Wissenschaft der Hand. Da du menschlich es erkannt, Mach' es mit dem Malerstock, Herr! 3 4 Teólogo él m i s m o , Lorinser puso e x t r e m o cuidado en conservar el discurso teológico calderoniano en su pureza b a r r o c a y, por ende, escolástica. T a m b i é n a este nivel, pues, su t r a d u c c i ó n o b e d e c í a a fines r a d i c a l m e n t e distintos a los de Eichendorff. E s t e h a b í a t r a n s f o r m a d o , de m a n e r a h a r t o s i s t e m á t i c a , la terminología teológico-filosófica de Calderón en un v o c a b u l a r i o muy cercano al idealismo r o m á n t i c o , con lo que nolens volens q u e d a b a d e s v i r t u a d a la mayor parte del discurso teológico tridentino del que los autos e r a n p o r t a d o r e s y que c o n t i n u a b a siendo propugnado por la o r t o d o x i a decim o n ó n i c a . E l respeto de Lorinser a la subsidariedad escolástica del vocabulario e incluso de las e s t r u c t u r a s argumentativas calderonianas (cf. el uso reiterado del esq u e m a discursivo propio de la disputatio) no e r a en m o d o alguno fortuito. C o m o uno de los f a u t o r e s a l e m a n e s de la involución e s c o l á s t i c a de la teología decimonónica, Lorinser c o n t i n u a b a viendo en T o m á s de Aquino "die S o n n e der katholischen Wiss e n s c h a f t " y en la filosofía e s c o l á s t i c a "die wahre W i s s e n s c h a f t . " 3 5 Desde un p u n t o de vista m e r a m e n t e formal, los condicionamientos a n t e r i o r m e n t e a p u n t a d o s hacen que la traducción de Lorinser, si bien m u c h o más fiel al original que la de Eichendorff, resulte a menudo f a l t a de t o d a elegancia en el estilo. Verbi g r a t i a : el Mundo, talamo injusto de sus adulteras Bodas tengo de borrar, haciendo que por todo el Pais corra, en vez de sutil Pincel, la bronquedad de la broncha, dexando sus bellas luces manchadas con negras sombras. 3 6 Will die Welt, das dargebot'ne Bett so schnöden Ehebruches, Ich verwischen. Einer rohen Reinigungsbürste rauhes Wesen Statt des feinen Pinsels soll nun Ueber ihre Länder ziehen. Ihre Lichtreflexe sollen 34

Geistliche

35

"Elemente der P h i l o s o p h i e . . I . p. I X .

36

Pedro Calderón de la Barca, El pintor

144

Festspiele^

..j;

X , p. 203. de su deshonra...;

p. 387 y s.

"Eine wahre Ehrensache

für uns

Katholiken"

Schwarze Schatten düfter decken, Welche d'rüber hingezogen. 3 7 (Lorinser) Diese Welt, das schnöde Bett Deines Ehebruchs, weih' d e m Tod ich! Statt des Pinsels, der die Linien Dieses dürft'gen Reiches gezogen, Fahr' vernichtend meine Hand Uber des Gemäldes Bode, Bis alle seine schönen Lichter Rings verwischt sind und erloschen. 3 8 (Eichendorff)

En c u a n t o a los comentarios a pie de página - no t a n numerosos, vista la "oscuridad" calderoniana, como hubiera sido necesario según los mismos presupuestos de Lorinser - , se aclara en ellos el contenido teológico del p a s a j e correspondiente y, sobre todo, las alusiones bíblicas y sacramentales. Fiel a sus convicciones tradicionalistas, Lorinser pone especial cuidado en destacar la ortodoxia del texto calderoniano, señalando la conformidad de las disgresiones t r a d u c i d a s con la d o c t r i n a de los denominados Santos Padres de la Iglesia - conformidad ésta, a la que ya a t r i b u í a g r a n i m p o r t a n c i a en sus tiempos de estudiante p o r considerarla criterio inequívoco de catolicidad.

El p ú b l i c o El optimismo de Lorinser, con ser grande, no llega, sin embargo, al e x t r e m o de postular que los autos puedan ser representados con éxito en la Alemania de su t i e m p o . Incluso por lo que se refiere a los d r a m a s calderonianos que t a m b i é n t r a d u j o , su act i t u d era explícitamente reservada ya que no los destinaba p a r a el g r a n público sino, en el mejor de los casos, p a r a los "Vereine" católicos en los que t a n t a fe e ilusión h a b í a n puestos los integristas. La traducción de los autos calderonianos cobra p a r a Lorinser más bien el valor de u n a proclama, de un llamamiento. Calderón de la Barca, el más genuino representante de la m á s genuina l i t e r a t u r a del m á s genuino de los catolicismos (el barroco español) obliga a sus nuevos lectores alemanes - católicos decimonónicos - a sumirse de nuevo en el catolicismo, en sus dogmas y en sus tradiciones litúrgicas y devocionales. Siendo así, no sorprende el que Lorinser polemice contra Schack, quien h a b í a afirmado la necesidad de una "Selbstverläugnung [...], u m sich aus dem so ganz verschiedenen Ideenkreise des Tages in die W e l t a n s c h a u u n g u n d die Vorstellungsweisen zu versetzen, aus denen die ganze G a t t u n g hervorgegangen i s t " 3 9 . Su opinión es la d i a m e t r a l m e n t e opuesta: Der gläubige Katholik, dessen Weltanschauung dieselbe ist, wie die Calderons [ . . . ] fühlt sich vollkommen heimisch und orientirt in der Atmosphäre, welche Calderons Dichtungen durchweht, weil sie die seines eigenen Glaubens ist, und wenn er staunt und von B e w u n d e r u n g und Entzücken ergriffen wird, so ist es nur über die tiefe 37

Geistliche

Festspiele[...];

X, p. 239.

38

D o n Pedro Calderón de la Barca, Geistliche Schauspiele. Eichendorff, Stuttgart und T ü b i n g e n 1853; II, p. 92. 39

Geistliche

Festspiele[...];

Ubersetzt von J. Freiherr von

I, p. 31.

145

Pere Juan i Tous

Wahrheit und die unendliche Kunst, mit der Calderón dasjenige ausgesprochen, was er selbst längst als verborgene Ahnung in der Brust getragen, wovon er sich aber nie hatte träumen lassen, daß es so schön und so herrlich dargestellt werden könne. 4 0 El lector ideal es, p u e s , p a r a Lorinser, el católico a l e m á n deseoso d e a u t o a f i r m a r s e estética, c u l t u r a l y c o n f e s i o n a l m e n t e , deseoso d e r e d e s c u b r i r - " n i c h t bloß m i t d e m kalten V e r s t ä n d e " - sus p r o p i a s e i n a l t e r a b l e s señas de i d e n t i d a d .

Conclusión P a r a concluir, vuelvo a mi p r e g u n t a inicial: Q u i j o t e decimonónico?

¿Puede caracterizarse a Lorinser de

C r e o que sí - y m e explico: D e s d e el p u n t o de v i s t a e d i t o r i a l , e s t a s t r a d u c c i o n e s c o n s t i t u y e r o n u n r o t u n d o f r a c a s o y a que s u editorial d e R a t i s b o n a ( " d i e u m die katholische L i t e r a t u r h o c h v e r d i e n t e V e r l a g s b u c h h a n d l u n g G . J . M a n z " ) 4 2 t a n sólo accedió a publicar los dos p r i m e r o s t o m o s d e la p r i m e r a edición, c o r r i e n d o a c u e n t a del m i s m o Lorinser la financiación d e los 16 r e s t a n t e s y t o d a la ( " w e s e n t l i c h u m g e a r b e i t e t e " ) reedición e m p r e n d i d a u n decenio después. La reacción d e la critica f u e , p o r el c o n t r a r i o , r e s p e t u o s a m e n t e positiva, s o b r e t o d o - claro e s t á - en los sectores " b i e n p e n s a n t s " . A p e s a r d e ello, p u e d e a f i r m a r s e q u e Lorinser t a m b i é n f r a c a s ó a nivel ideológico, y a q u e n i n g ú n crítico llegó a s e g u n d a r su c a l d e r o n i s m o m i l i t a n t e y excluyente - u n c a l d e r o n i s m o que, dicho sea d e p a s o , c o n t r a s t a b a d e m a n e r a h a r t o chillona con su a d m i r a c i ó n p o r B a l m e s . Ni siquiera el a n ó n i m o r e c e n s o r d e las Historisch-politische Blätter m u n i q u e n s e s se a t r e v i ó a seguirle e n su m i l i t a n c i a , y a que se l i m i t a b a a s u b r a y a r la belleza p o é t i c a de los a u t o s y a e n c o m i a r l o s c o m o lect u r a pía, sin convertirlos e m p e r o e n el p a r a d i g m a a b s o l u t o d e la l i t e r a t u r a religiosa universal. A h o r a bien: T a n t o este f r a c a s o como la m i s m a e m p r e s a d e L o r i n s e r e r a n d e raíz esencialmente quijotesca: Q u e r í a d e m o s t r a r la p e r e n n i d a d del a u t o c a l d e r o n i a n o , la vigencia f o r m a l e ideológica del " e p o s teológico" b a r r o c o . Y f r a c a s ó , lo m i s m o que Don Q u i j o t e , p o r q u e r e r - y cito a Lukacs - "eine F o r m a u f r e c h t e r h a l t e n u n d f o r t s e t z e n [...], n a c h d e m die t r a n s z e n d e n t a l e n B e d i n g u n g e n i h r e r E x i s t e n z von d e r geschichtsphilosophischen Dialektik b e r e i t s gezeichnet w a r e n " 4 3 . Lorinser, claro e s t á , n o p o d í a conocer e s t a s u g e r e n t e i n t e r p r e t a c i ó n del m a r x i s t a h ú n g a r o , p e r o sí - p o r h a b e r sido, ya en su j u v e n t u d , u n a t e n t o lector del Quijote aquella a d v e r t e n c i a a d m o n i t o r i a con la que el Cide H a m e t e cierra la novela d e Cervantes y que va dirigida a " a q u e l o t r o escritor de r e s f r i a d o ingenio" q u e h a b í a t e n i d o la o s a d í a d e r o b a r l e su ingenioso p r o t a g o n i s t a : " Q u e d e j e r e p o s a r en la s e p u l t u r a los c a n s a d o s y y a p o d r i d o s huesos de d o n Q u i j o t e , y n o le q u i e r a [...] c o n t r a t o d o s 40

id., p 31 (nota). cf. Historisch-politische Blätter ßr das katholische Deutschland 47 (1881), S. 374ff.;cf. recension del R. P. Baumgartner en la Literarische Rundschau 11 (1881) Sp. 328. 43 Cf. Georg Lukacs, Die Theorie des Romans. Ein geschichtsphilosophischer Versuch über die Formen der großen Epik, Berlin 1 1920, Neuwied/Berlin 1971, p. 87. 42

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wahre

Ehrensache

für uns

Katholiken"

los fueros de la muerte, [hacerle] salir de la fuesa d o n d e real y v e r d a d e r a m e n t e yace tendido de largo a largo, imposibilitado de hacer tercera j o r n a d a y salida n u e v a . " 4 4 El sepulcro de los autos caderonianos ya h a b í a sido cerrado - y a doble llave por la ilustración dieciochesca. Ni la tercera j o r n a d a r o m á n t i c a (Eichendorff), ni la nueva salida u l t r a m o n t a n a (Lorinser) lograron sacarlos del m a r c o b a r r o c o d o n d e para el gran público - yacen tendidos de largo a largo, h a s t a el día de hoy.

Publicaciones de Franz Lorinser Teología, filosofía, devoción 1) De charactere sacramentali (Diss. München), O p p e l n 1844 2) Entwicklung und Fortschritt in der Kirchenlehre, Breslau 1847 3) Die sieben Worte Christi am Kreuz. Sieben Fastenpredigten, R e g e n s b u r g 1852 4) Geist und Beruf des katholischen Priesterthums. Vorträge gehalten i m ClerikalSeminar zu Breslau bei den z u m E m p f a n g e der heiligen Weihen vorbereitenden Exercitien, Regensburg 1858 5) Die Lehre von der Verwaltung des heiligen Bußsakramentes. Ein Buch der praktischen Moral, Breslau 1860 ( 2 1883) 6) Die Welt in ihrem Widerspruch gegen das Reich Jesu Christi. Sieben Fastenpredigten, Freiburg i. Br. 1861 7) Kirchenlieder und Litaneien. Z u m Gebrauch in katholischen P f a r r k i r c h e n , Breslau 1865 8) Bedeutung einer Encyclica. Eine Predigt, Breslau 1865 9) Katholische Predigten, Schaffhausen 1866-67 (3 Bde.) 10) Das heiligste Herz Jesu. Sieben Fastenpredigten u n d eine Jahresschlußpredigt, Breslau 1867 11) Vor dem Concil, Breslau 1869 12) Das Buch der Natur. Entwurf einer kosmologischen Theodicee, Regensburg 1876-1880 (7 Bde.) Prensa católica 13) Edición: Schlesisches Kirchenblatt, Breslau 1852-1863; Neues Schlesisches Kirchenblatt, Breslau 1864 14) Recensiones (in: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, München) Traducciones del español a) Filosofía 15) Jacob Balmes, Briefe an einen Zweifler, Regensburg 1852 ( 5 1894) 16) id., Lehrbuch der Elemente der Philosophie, Regensburg 1852-53 (4 tomos) 17 id., Fundamente der Philosophie, Regensburg 1855-56 (4 t o m o s ) b) Literatura 18) P e d r o Calderón de la Barca, Die geistlichen Ritterorden, R e g e n s b u r g 1855 19) Don Pedro Calderon's de la Barca Geistliche Festspiele. In d e u t s c h e r Übersetzung mit erklärendem C o m m e n t a r und einer Einleitung ü b e r die B e d e u t u n g u n d 44

Don Quijote [ . . . ] , p. 1138 (II, 74). 14 7

Pere Juan

i Tous

Werth dieser Dichtungen; Bd. I und II Regensburg 1856-57; Bd. III bis XVIII Breslau im Selbstverlag 1861-72 (2. "wesentlich umgearbeitete Ausgabe" 1882-87) 20) Calderon's größte Dramen religiösen Inhalts. Aus dem Spanischen übersetzt und mit den nöthigsten Erläuterungen versehen, Freiburg i. Br. 1875-76 (7 Bde., 2. Aufl. 1892ff.) Enthalten sind: Das Leben ein Traum, Der standhafte Prinz, Das Schisma von England, Der große Prinz von Fez, Die Jungfrau des Heiligthumes, Die Morgenröthe in Copacahana, Das Fegefeuer des hl. Patricius, Die Andacht zum Kreuz, Kreuzerhöhung, Die Sybille des Orients, Die Ketten des Teufels, Der wunderbare Zauberer, Der weibliche Josef, Die zwei Liebenden des Himmels. 21) Lope de Vega, Aus Spaniens Vergangenheit. Zwei historische Schauspiele Regensburg 1877 (Enthalten sind: König Wamba, Das Lager von Santa Fe) Traducciones del sanscrito 22) Das Bahagavad-Gita. Ubersetzt und erläutert Breslau 1869 Biogra&'a, Memorias, Libros de viaje 23) Reiseskizzen aus Spanien Regensburg 1858 25) Carl Ignatius Lorinser. Eine Selbstbiographie. Vollendet und herausgegeben von seinem Sohne Franz Lorinser Regensburg 1864 (2 Bde.) 26) Aus meinem Leben. Wahrheit und keine Dichtung Regensburg 1891

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Johannes Fastenrath und Mexiko. T h e m e n und Folgen der Briefe (1881fF.) von Otto Engelbert Freiherr von Brackel (1830-1903) Titus

Heydenreich Erlangen

E i n e Artikelserie ü b e r die O b e r a m m e r g a u e r Passionsspiele, i m April 1886 w e i t a b v o m S c h a u p l a t z der T h e m a t i k , n ä m l i c h in Mexiko verfaßt, b i e t e t d e m Leser u n t e r a n d e r e m folgenden A b s c h n i t t : El año 1870 fué más memorable aún. En medio de las representaciones sagradas [...] cayó como rayo la declaración de guerra del Emperador Napoleón III, y se efectuó en el acto la movilización del ejército bávaro, que se unió a los ejércitos de Prusia y los demás estados de la Alemania del Norte y del Sur. Entonces todo el mundo se levantó en armas, y Nuestro Señor rodeado de sus Apóstoles; Caifás, Annás y el Sanedrín de los judíos; Herodes, Pilatos y sus soldados romanos; Barrabás, Gestas y los verdugos; todos cargaron la machila y, armas al hombro, volaron a la defensa de la patria [...]. Dejando sembrado el suelo de la Francia con pequeños túmulos, adornados de pobres y rústicas cruces, b a j o las cuales duerme más de un artista dramático-religioso, volvieron diezmados a su aldea; pero luego se reorganizaron, y el año de 1871 ya cumplieron con el voto de sus padres. Zitiert seien - gleichfalls zur E i n f ü h r u n g - einige weitere, n u r wenig s p ä t e r geschriebene Sätze: Yo he tratado de dar a conocer a mi patria (Alemania), en cuanto me fuese posible, a los genios de la América hispana, estampando artículos referentes a las poesías clásicas de Don Andrés Bello [...]. He dedicado artículos a la preciosa novela americana de J u a n León Mera intitulada " C u m a n d á " [...]. He escrito en Alemania acerca de los que en el Nuevo Continente honraron a Enrique Heine - el cisne del humilde Düssel - [../..] he vertido al alemán el poema épico "Berta de Sonnenberg", debido a la galana pluma de la mexicana Isabel Prieto de Landázuri, que se ha sumergido en la poesía del Rhin e ingresado en las filas de los cantores del rio alemán por excelencia [•••]. Die Artikelserie von 1886 erschien z u n ä c h s t - i m F r ü h j a h r desselben J a h r e s - in d e m in G u a d a l a j a r a (Jalisco) g e d r u c k t e n B l a t t La República Literaria; 1890 folgt e n N a c h d r u c k e im h a u p t s t ä d t i s c h e n T a g e b l a t t El Nacional sowie als s e l b s t ä n d i g e B r o s c h ü r e in Z a c a t e c a s . Als A u t o r signierte O t t o E n g e l b e r t Freiherr von B r a c k e l 1 . 1 Othon E. de Brackel-Welda, "Apuntes históricos sobre Representaciones DramáticoPiadosas y los pasos de la Pasión de Oberammergau, dedicados a la ilustre poetisa mexicana Esther Tapia de Castellanos, por [...]", in: El Nacional, 9. Juli und 24. September 1890 (jeweils "Folletín de El Nacional"), Zitat aus Teil II. Die Broschüre: Zacatecas 1890 in 8° VI, 53 S., Titel unverändert. Unser Zitat S. 49f., das folgende ebd., S. 53.

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Titus

Heydenreich

T e x t II, d a t i e r t 28. N o v e m b e r 1891, erschien 1892 z u n ä c h s t i m k o l u m b i a n i s c h e n Woc h e n b l a t t La Pluma ( B u c a r a m a n g a ) u n d erlebte N a c h d r u c k e i m selben J a h r sowie 1912. Als A u t o r signierte J o h a n n e s F a s t e n r a t h 2 . E r g ä n z e n ließe sich, d a ß Brackel in seinem Bericht abschließend die Frage nach d e n I m p u l s e n d e r so lebendigen O b e r a m m e r g a u e r Spieltradition mit e i n e m Z i t a t des "célebre escritor y p o e t a h i s p a n o - g e r m á n i c o D. J u a n F a s t e n r a t h " b e a n t w o r t e t : Wahre, große Poesie / giebt es niemals ohne Glauben! (Jamás existe grande y verdadera poesía sin fe), u n d d a ß F a s t e n r a t h w i e d e r u m u n t e r d e n s ü d a m e r i k a n i s c h e n Z e i t u n g e n , die er mit B e i t r ä g e n beliefert h a b e , a u c h La Voz del Pacífico n e n n t , "que dirigió en C o l i m a mi c o m p a t r i o t a y a m i g o el sr. O t h ó n E n g e l b e r t o , B a r ó n de Brackel-Welda, h e r m a n o de la d i s t i n g u i d a novelista y p o e t i s a a l e m a n a , F e r d i n a n d a , B a r o n e s a de B r a c k e l " . E r s c h e i n u n g s o r t e u n d Z i t a t e werfen ein erstes Licht auf die Beziehungen der beid e n hier zu b e h a n d e l n d e n hommes de lettres sowie auf die geographisch-historische, t h e m a t i s c h e , somit freilich a u c h ideologische A u s r i c h t u n g ihrer Schriften. Beide s c h r e i b e n i m H o c h g e f ü h l eines z e i t b e d i n g t u n g e b r o c h e n e n p a t r i o t i s c h e n Stolzes, i m Geist a u c h eines spezifisch westfälischen, rheinischen, bis h e u t e u n g e b r o c h e n e n Kat h o l i z i s m u s u n d K o n s e r v a t i v i s m u s . Beide a b e r v e r s t e h e n u n d e n g a g i e r e n sich als V e r m i t t l e r zwischen zwei K u l t u r e n , der iberischen u n d der d e u t s c h e n - keine Hispan i s t e n i m b ü r o k r a t i s c h - a k a d e m i s c h e n Sinn, u n d doch nicht o h n e W i r k u n g auf die G e s c h i c h t e u n d E n t f a l t u n g u n s e r e s Fachs; der eine leidlich b e k a n n t , der a n d e r e noch w e i t g e h e n d u n e r f o r s c h t ; d e r eine als in R e m s c h e i d g e b o r e n e r , in K ö l n a u f g e w a c h s e n e r u n d ( n a c h S t u d i e n in Berlin u n d B o n n ) v o r n e h m l i c h d o r t wirkender I n d u s t r i e l l e n s o h n z e i t l e b e n s (1839- 1908) steinreich u n d a u s intellektueller Neugierde d u r c h E u r o p a reis e n d , d e r a n d e r e ein zeitlebens (1830-1903) a m E x i s t e n z m i n i m u m e n t l a n g f r i s t e n d e r , a u s b l a n k e r Not von L a n d zu L a n d g e t r i e b e n e r kleinadeliger segundón a u s W e l d a bei Paderborn. " C é l e b r e " ist d e r "escritor y p o e t a h i s p a n o - g e r m a n o " j e d o c h fast ausschließlich als K e n n e r u n d V e r m i t t l e r e u r o p ä i s c h e r , n a m e n t l i c h der spanischen K u l t u r . Eine u m f a s s e n d e M o n o g r a p h i e g e h ö r t zwar zu d e n D e s i d e r a t e n der Geschichte unseres Faches. A u t o b i o g r a p h i s c h e Artikel, Fritz Lejeunes m e t h o d i s c h ü b e r h o l t e D i s s e r t a t i o n a u s d e m f e r n e n "4. K r i e g s s e m e s t e r , 1916" 3 sowie eine von F a s t e n r a t h persönlich mit D a t e n gespeiste, von Brackel 1893 in El Nacional veröffentlichte B i o g r a p h i e r u f e n j e d o c h die wichtigsten F a k t e n ins G e d ä c h t n i s : die a b 1864 zahlreichen S p a n i e n r e i s e n , die a b 1865 in r a s c h e r Folge e r s c h e i n e n d e n u n d n a c h g e d r u c k t e n B ä n d e mit D i c h t u n g e n u n d N a c h d i c h t u n g e n , U b e r s e t z u n g e n , H u l d i g u n g e n in Vers u n d P r o s a 4 , Werke, die 2 Zitat nach J.F., "Carta Literaria. (Especial para La Pluma)" in: El Nacional, 21. Juli 1892; zum Nachdruck 1912 s. unten Anm. 45. Uber den Standort dieser und weiterer Zeitungsartikel B.s und F.s s. unten S. 904 mit Anm. 9. 3 So die Vorwort-Datierung. Fritz Lejeune, Die deutsch-spanischen Freundschaftsbestrebungen von Johannes Fastenrath, Greifswald 1916. Bibliographisch weiterführend die Arbeit von Hildegard Schmökel (1967): s. unten S. 903 mit Anm. 7. 4 Ein spanischer Romanzenstrauß (1865; 2 1867); Klänge aus Andalusien (1865; 2 1867);

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Johannes Fastenrath und Mexiko. i h m die T o r e der intellektuellen, politischen H a u t e v o l e e in M a d r i d , B a r c e l o n a , Sevilla ö f f n e t e n , a u c h A k a d e m i e - M i t g l i e d s c h a f t e n u n d a n d e r e E h r u n g e n , vor edlem a b e r die F r e u n d s c h a f t von H a r t z e n b u s c h , Zorrilla, A l a r c ó n , Valera, Echegaray, C a m p o a m o r , B a l a g u e r , C á n o v a s del Castillo u n d vieler a n d e r e r e i n t r u g e n . W e i t a u s weniger hingegen weiß m a n ü b e r "Mis relaciones con A m e r i c a " bzw. "Mes relations avec les écrivains e s p a g n o l s - a m é r i c a i n s " , wie F a s t e n r a t h zwei seiner Artikel (1891; 1907) selbst b e t i t e l t e . Diese "relaciones" sollen i m V o r d e r g r u n d d e r folgenden A b s c h n i t t e s t e h e n . Wichtig sind i m Z u s a m m e n h a n g folgende W e r k e u n d Taten: 1. Einzelne A u f s ä t z e a u s F a s t e n r a t h s a b 1872 in M a d r i d p u b l i z i e r t e m W e r k La Walhalla y las Glorias de Alemania. Der Titel w i r k t i r r e f ü h r e n d , d e n n z u r B e h a n d l u n g k o m m e n auch S u j e t s a u s Geschichte u n d L i t e r a t u r d e r iberischen W e l t 5 . 2. F a s t e n r a t h s A u g e n z e u g e n b e r i c h t e ü b e r die s p a n i s c h e n C o l u m b u s - F e i e r n (1892), 1895 als Buch erschienen 6 . 3. F a s t e n r a t h s G r ü n d u n g (1899) d e r " K ö l n e r B l u m e n s p i e l e " n a c h d e m M u s t e r der 1859 in B a r c e l o n a d u r c h Balaguer w i e d e r b e l e b t e n " J o e s floráis". Von 1900 a n b r a c h t e die schon 1893 ins Leben g e r u f e n e K ö l n e r L i t t e r a r i s c h e Gesellschaft die n a c h u n d nach insgesamt sechzehn - B ä n d e des Jahrbuchs der Kölner Blumenspiele heraus. D a r ü b e r h i n a u s bietet sich die C h a n c e , u n b e k a n n t e M a t e r i a l i e n von t h e m e n b e z o gener, a b e r auch genereller fachhistorischer B e d e u t u n g i m Folgenden e r s t m a l s h e r a n zuziehen: 1. F a s t e n r a t h s Bibliothek. Sie ging 1909 g e m ä ß letztwilliger V e r f ü g u n g in d e n Besitz d e r Kölner S t a d t b i b l i o t h e k ü b e r , wo sie - d a n u r u n z u r e i c h e n d b e k a n n t , erschlossen, g e n u t z t - bis h e u t e in m e h r als e i n e m Sinne " r u h t " 7 . 2. Gleichfalls k a u m b e k a n n t u n d somit bislang nicht a u s g e w e r t e t : 173 Briefe von O t t o E n g e l b e r t F r e i h e r r n von Brackel a n J o h a n n e s F a s t e n r a t h . Sie sind B e s t a n d t e i l Die Wunder Sevillas (1869); Hesperische Blüthen (1869); Immortellen aus Toledo (1869); Das Buch metner spanischen Freunde, 2 Bde. (1870); Granadinische Elegien (1885); Die zwölf Alfonsos von Castilien (1887) u.a. 5 Juan Fastenrath, La Walhalla y las Glorias de Alemania, 6 Bde., Madrid 1872ÍF. Eine von F.s Witwe betreute, erweiterte Auflage in 15 Bdn. (die wir im folgenden benutzten) erschien in Madrid 1910-1915 mit einem Vorwort des Dichters Marcos Rafael Blanco Belmonte (1871-1936). Uber Anlage und Inhalt ausführlich Lejeune S. 53-93, mit Titeln der wichtigsten Aufsätze S. 92f. 6 J.F., Christoph Columbus. Studien zur spanischen vierten Centenarfeier der Entdeckung Americas, Dresden-Leipzig 1895. - F. hatte, wie man weiß, auch über seine Teilnahme an den Calderon-Feiern berichtet: J . F C a l d e r ó n in Spanien. Zur Erinnerung an die Madrider Calderón-Feier von 1881 (Zweiter Theil der Festschrift Calderón de la Barca), Leipzig 1882. 7 Vgl. Hildegard Schmökel, Die iberoromanische Bibliothek des Kölner Hispanophilen Johannes Fastenrath in der Kölner Universitäts- und Stadtbibliothek. Hausarbeit, dem Bibliothekar-Lehrinstitut des Landes Nordrhein-Westfalen zur Prüfung für den höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken [...] vorgelegt von Dr. [...], Köln 1967 [Masch.] (Ein Auszug unter dem Titel: H.S., "Johannes Fastenrath, ein Freund Spaniens aus Köln. 1839-1908", in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 42, 1968, S. 189-198). 151

Titus

Heydenreich

des handschriftlichen Fastenrath-Nachlasses, der - ebenfalls t e s t a m e n t s g e m ä ß - an das Historische Archiv der S t a d t Köln ü b e r g i n g 8 . E t w a zwanzig dieser Briefe schrieb Brackel aus Mexiko. 3. Weitere Briefe Brackels, an Angehörige gerichtet, blieben im Familienarchiv der Freiherren von Brackel ( P a d e r b o r n ) e r h a l t e n . E b e n d o r t r u h t , m u t m a ß l i c h aus O t t o Engelberts eigenem Nachlaß, ein Weißbuch, ein "libro en blanco" in FolioF o r m a t , in das Brackel H u n d e r t e von Ausschnitten aus mexikanischen, zuletzt auch nordamerikanischen u n d deutschen Zeitungen, selbstverfaßte Artikel der J a h r e 1885 bis 1895, säuberlich eingeklebt h a t t e . Schon hier u n d jetzt genannt seien zwei Schlußfolgerungen, die sich aus den e r w ä h n t e n Materialien ziehen lassen: 1. F a s t e n r a t h s briefliche und publizistische Verbindung mit der Neuen Welt - die er selbst nie b e t r a t - n e h m e n vielleicht bereits 1879, nachweislich 1881 ihren Anfang; 2. an der K n ü p f u n g dieser Verbindungen h a t t e Brackel wesentlichen, wissenschaftshistorisch ungeahnt folgenreichen Anteil. Wer aber war O t t o Engelbert von Brackel-Welda? 9 Von den drei P h a s e n seines 73jährigen Lebens interessiert uns hier die mittlere u n d zugleich längste. Brackel h a t t e die Offizierslaufbahn einschlagen wollen. Er t r a t vermutlich 1854 in päpstliche Dienste, war im J u n i 1859 an der blutigen Rückeroberung Perugias (den b e r ü h m t berüchtigten "Stragi di Perugia") maßgeblich und engagiert beteiligt 1 0 , m u ß t e jedoch aus ungeklärten G r ü n d e n u m 1860/61 die Zuavenuniform abstreifen u n d geriet im F r ü h j a h r 1863 nach Mexiko. Er k ä m p f t e zunächst - als Offizier der mexikanischen Armee unter General Márquez - an der Seite der I n t e r v e n t i o n s t r u p p e n , sprang aber schon 1864 vom sinkenden Schiff des K a i s e r t u m s , tauschte das Schwert mit der Feder, blieb auch nach der K a t a s t r o p h e von Q u e r é t a r o eher nolens denn volens im Lande, durch verschiedene Berufe oder Jobs, kleine und kleinere Geschäfte, durch Zuwendungen der Schwester Ferdinande u n d zuletzt auch F a s t e n r a t h s , aber auch durch publizistische Tätigkeiten drei Dezennien u n d länger sich recht u n d schlecht über Wasser haltend: eine in nicht n u r standesbezogenem Sinne auf Abwege geratene, in Familienungnade gefallene, zeitlebens marginalisierte Existenz. Denn auch nach der Rückkehr im Herbst 1894 hielt ihn die Sippe auf Distanz: Er lebte u n d s t a r b (1903) nicht im Stammesschlößchen Welda, sondern i m nahen Kassel, weiterhin und 8

Die aus Spanien empfangenen Briefe vermacht F. "an den König von Spanien" (Lejeune, S. 4). Sie sind seither u . W . unauffindbar. Virtuelle Standorte: Biblioteca de Palacio, Archive der R A E oder R A H , Archivo de Simancas. Sie könnten zusätzliche D a t e n über spanischdeutsche Geistesbeziehungen in der 2. Hälfte des L9. Jahrhunderts vermitteln. 9 Uber die B e s t ä n d e in Paderborn sowie zu den folgenden biographischen D a t e n ausführlicher Vf.: "Ein unbekannter Zeuge der Intervention in Mexiko: E n g e l b e r t - O t t o Freiherr von Brackel-Welda (1830-1903), in: JbLA 18, 1981, S. 291-327. - Erneut danke ich Herrn R A C u n o von Brackel, der mir die hier und im Folgenden genannten Materialien aus seinem Familienarchiv zur Verfügung stellte. 10 Zwanzig engbeschriftete Seiten u.d.T. "Eine Demokratenfahrt oder ein Feldzug von 7 Tagen, und seine Folgen im Sommer 1859" (Archiv Paderborn) kontrastieren ideologisch und inhaltlich mit den zahlreichen Augenzeugenberichten aus risorgimentaler Sicht. Sie illustrieren aber auch - ungeachtet des skabrösen T h e m a s - Brackels unleugbare schriftstellerische Begabung. (Edition mit K o m m e n t a r i.V.).

152

Johanna

Fastenrath und Mexiko.

bis zuletzt in G e l d n o t , weiterhin u n d bis zuletzt mit F a s t e n r a t h k o r r e s p o n d i e r e n d . In d a s milde Licht d e r d e u t s c h e n Hispanistik h e b t i h n , a b g e s e h e n v o n d e r Verbind u n g m i t F a s t e n r a t h , die B e k a n n t s c h a f t , j a F r e u n d s c h a f t m i t zahlreichen E x p o n e n t e n der m e x i k a n i s c h e n Intelligentsia des 19. J a h r h u n d e r t s . G u i l l e r m o P r i e t o (1818- 1897), F r a n c i s c o P i m e n t e l (1832-1893), Ignacio M a n u e l A l t a m i r a n o (1834-1893), E s t h e r Tapia de C a s t e l l a n o s (1842-1879), J u s t o Sierra (1848-1912), José López Portillo y R o j a s (1850-1923), J u a n d e Dios P e z a (1852-1910), A n t o n i o Z a r a g o z a (1855-1910), M a n u e l J o s é O t h ó n (1858-1906), V i c t o r i a n o Agüeros (1854-1911), M a n u e l G u t i é r r e z N á j e r a ( 1 8 5 9 - 1 8 9 5 ) . . . : Die N a m e n , die Brackel nicht o h n e c a p t a t i o b e n e v o l e n t i a e bzw. adm i r a t i o n i s in seinen Briefen a n f ü h r t , g e h e n in die D u t z e n d e , b e k a n n t e n e b e n ( h e u t e ) u n b e k a n n t e n 1 1 . Die Vielzahl dieser V e r b i n d u n g e n e r k l ä r t sich d u r c h drei F a k t o r e n : 1. d u r c h d e n p e k u n i ä r b e d i n g t e n h ä u f i g e n Wohnsitzwechsel (Morelia, C o l i m a , C i u d a d de México, G u a d a l a j a r a , Z a c a t e c a s . . . ) ; 2. d u r c h die Mitgliedschaft in d e r " S o c i e d a d M e x i c a n a de G e o g r a f í a y E s t a d í s t i c a " , d e m b e k a n n t l i c h ä l t e s t e n u n d a n g e s e h e n s t e n wissenschaftlichen G r e m i u m i m L a n d e . A u f n a h m e findet Brackel b e r e i t s 1866, also i m v o r l e t z t e n J a h r d e r M a x i m i l i a n i s c h e n G l e i c h s c h a l t u n g der S o c i e d a d 1 2 . E r k a n n sich j e d o c h a u c h n a c h d e m Machtwechsel h a l t e n , u n d noch i m Mai 1894, wenige M o n a t e vor der H e i m f a h r t , schickt er F a s t e n r a t h u n d der Schwester zwei A b z ü g e d e r " V i s t a f o t o g r á f i c a d e u n a Sesión [...] en el a ñ o social de 1893 a 1894" (s. A b b . 1). M a n sieht d o r t d e n E d e l m a n n a u s W e l d a - ein exotischer Vogel auch in der G e w a n d u n g - i m Kreise der (soweit a n w e s e n d ) n a m h a f t e s t e n P u b l i z i s t e n , N a t u r w i s s e n s c h a f t l e r , Schriftsteller des L a n d e s . In d e n b e i g e f ü g t e n B i l d b e s c h r e i b u n g e n kennzeichnet er sich als " T e n i e n t e C o r o n e l , escritor público, o r i u n d o d e A l e m a n i a ( W e s t f a l i a ) , Socio h o n o r a r i o d e la S o c i e d a d d e H i s t o r i a N a t u r a l y del Liceo M o r e l o s " 1 3 ; 3. d u r c h die T ä t i g k e i t als J o u r n a l i s t . Als J o u r n a l i s t , als "escritor público" versucht Brackel zweimal, eigene Z e i t u n g e n zu g r ü n d e n : 1876 El Correo Germánico in der H a u p t s t a d t , 1881 La Voz del Pacífico in C o l i m a . Beide B l ä t t e r gehen n a c h wenigen M o n a t e n wieder ein. I m m e r h i n erscheint j e d o c h - i m G r ü n d u n g s j a h r 1876 u n d als "Edición del C o r r e o G e r m á n i c o " ein S a m m e l b a n d m i t A u f s ä t z e n u n t e r d e m T i t e l Ratos de ocio, u n d kein G e r i n g e r e r d e n n A l t a m i r a n o zeichnet als A u t o r d e r f r e u n d s c h a f t l i c h e n " I n t r o d u c c i ó n " 1 4 . Nach 11

Erstinformationen in den geläufigen Literaturgeschichten, u.a.: Enrique Anderson Imbert: Historia de la literatura hispanoamericana, 2 Bde., México 6 1974, Bd. 1: La Colonia. Cien años de república, und vor allem Heriberto Garcia Rivas: Historia de la literatura mexicana, 4 Bde., México 1972Í., Bd. 2 (1972): México independiente. Siglo XIX. 12 Vermutlich aufgrund eines (von Pimentel gelobten) Traktates Dos projectos sobre fundación de colonias nacionales y extranjeras en México, Morelia 1865, mit dem B. sich für Maximilians (ephemere) Siedlungspolitik zu empfehlen suchte: Näheres in Vf. (oben Anm. 9), S. 296f. und 305f. 13 Archiv Paderborn, Einlage im o.g. Libro en blanco mit einer deutschen Legende auf getrenntem Blatt. Eine ausführlichere, spanische Bildbeschreibung (jedoch ohne Photo) als Anlage in einem Brief an Fastenrath (México 17.5.1894): Historisches Archiv Köln 1032/318/20). Im Brief schlüsselt B. die Abgebildeten u.a. nach ihrer politischen Gesinnung auf, sich selbst als "konservativen Katholiken" bezeichnend. 14 Ratos de ocio. Estudios científicos, literarios y artísticos, por Othon E. Barón de Brackel153

Titus

Heydenreich

und nach freilich schreibt Brackel auch und vornehmlich für andere Blätter ... El Siglo XIX bringt 1877 Artikel in Briefform über einzelne Epochen der deutschen Literatur. Als Adressat der offenen Epístolas fungiert Manuel Gutiérrez Nájera, der spätere Wegbereiter des mexikanischen Modernismo. 1957 hat Marianne Oeste de Bopp, die langjährige Leiterin der Hemeroteca von Ciudad de México, diese Briefe neu ediert. Im ausführlichen Vorwort sowie in nachfolgenden Arbeiten über die deutschen Auswanderer im mexikanischen 19. Jahrhundert verwies sie erstmals auf die bescheidene, aber unleugbare Bedeutung von O t t o Engelbert Freiherr von Brackel 1 5 . Erst dank den oben aufgezählten Archivmaterialien wissen wir jedoch zusätzlich von Brackels Mitwirkung in der Tageszeitung El Nacional unter d e m P s e u d o n y m "Liber Varo" (für 'Freiherr'), von der ephemeren Existenz der Voz del Pacifico sowie von Brackels jahrzehntelanger Verbindung mit Johannes Fastenrath. Die Belege dieser Verbindung tragen im Historischen Archiv der Stadt Köln (im Folgenden: HAK) die Signatur 1 0 3 2 / 3 1 8 / 1 ff. Hier zunächst eine Liste der in unserem Zusammenhang besonders aufschlußreichen, weil aus Mexiko abgesandten Briefe:

Welda, Redactor en Jefe del Correo Germánico. Antiguo Catedrático del Colegio del Estado de G u a n a j u a t o , miembro de la Sociedad Mexicana de Geografía y Estadística y de la Sociedad Minera mexicana, Socio honorario de la Sociedad mexicana de Historia Natural y del Liceo Hidalgo, socio fundador de la Sociedad de Arquitectura, Arqueólogos e Ingenieros en general. Con una introducción del distinguido literato mexicano Ignacio M. Altamirano. Edición del Correo Germánico. México, Imprenta de J.M. Aguilar Ortiz 1876. [Folgt Widmung:) "Al C. General Florencio Antillon dedica esta obra de sincera gratitud Su mas humilde amigo El Autor." Dem an Antillon gerichteten Vorwort ("México, Agosto I o de 1876") ist zu entnehmen, daß die Mehrzahl der im Band aufgenommenen Texte in G u a n a j u a t o (wo A. als Gouverneur amtierte) entstanden waren. Aus Raumgründen hier nur einige Titel der von B. extrem nationalistisch und konservativ abgehandelten Sujets: "Tendencias democráticas y clericales en los países montañosos. Ensayo para un estudio geográfico histórico comparativo"; "Miguel Angel Buonarotti" (anläßlich des Jubiläums 1875 ein Plädoyer für das Studium altmexikanischer Bauwerke und für moderne Bauten in altmexikanischem Stil); "Nicolás Copérnico" (primär über die Frage von K.s Nationalität); "Un sueño arquitectónico. Fantasía gótica nocturna"; "Algo sobre volcanes"; "La cuestión de Alsacia-Lorena; "Romanticismo" (gegen Emilio Castelars Abwertung der deutschen Romantik). [Ex. u.a. in der Bibliothek der Yale University]. 15 Othon E. de Brackel-Welda: Epístolas a Manuel Gutiérrez Nájera. Prólogo y recopilación de la Dra. Marianne 0[este). de Bopp, México 1957 (Ediciones Filosofía y Letras, 18). Marianne O. de Bopp: Contribución al estudio de las letras alemanas en México, México 1961, S. 22lff., 303ff. u.ö.; dies.: "Los alemanes y sus amigos, miembros de la Sociedad de Geografía y Estadística", in: Boletín de la Sociedad Mexicana de Geografía y Estadística 94 (1963), S. 149ff., bes. S. 165ÍF., dies.: Maximiliano y los alemanes, México, Sociedad Mexicana de Geografía y Estadística 1965 (Colección de Materiales para la Historiografía de México, 3).

154

Johannes

Fastenrath

1) 2) 3) 4) 5) 6)

06.01.1881 24.02.1881 15.04.1881 25.08.1881 24.08.1881 24.08.1882

Colima Colima Colima Colima Colima Colima

7) 8) 9) 10) 11) 12)

17.05.1886 18.12.1886 16.08.1889 11.04.1890 22.11.1890 23.03.1891

Guadalajara C d . d e México M e z q u i t a l del O r o Zacatecas Zacatecas Zacatecas

13) 14) 15) 16) 17) 18) 19) 20)

28.08.1891 06.06.1892 14.04.1893 29.06.1893 24.11.1893 30.12.1893 11.05.1894 17.05.1894

Zacatecas C d . de México C d . d e México C d . d e México C d . de México C d . de México C d . de México C d . de México

und

Mexiko.

[mit Anlage:] G a r i b a l d i y T e o d o r o I d e C ó r c e g a . E s t u d i o genealógico. [...] p o r O t h o n E . B a r o n d e B r a c k e l - W e l d a [...]. [Ms] [m. Anl.:]gedruckte N a m e n s l i s t e

[gedruckte Artikelserie a u s Der freund Chicago:] Gelehrter alter Bücherkram [...] von E v B .

Wahrheits-

[m. Beilagen:] 2 Post Einlieferungsscheine

[m. Anlage:] Brief von A n t o n i o Z a r a g o z a [m. Anlage:] Legende zu einer (in H A K nicht e r h a l t e n ) " V i s t a f o t o g r á f i c a " .

Den e r s t e n Brief a n d e n " h o c h v e r e h r t e n H e r r n D o k t o r " u n d " h o c h g e s c h ä t z t e n F r e u n d " schreibt Brackel - sinnigerweise " a m T a g e d e r Hlg. drei K ö n i g e " - von C o l i m a aus. Die Bögen f ü h r e n links o b e n d e n stolzen A u f d r u c k " R e d a c c i ó n d e ' L a Voz del Pacífico'". Es ist ein Vorstellungsbrief, v e r b u n d e n mit d e m Ziel, d e n einflußreichen, z u d e m notorisch b e t u c h t e n u n d großzügigen Dichter u n d J o u r n a l i s t e n als M i t a r b e i t e r d e r n e u g e g r ü n d e t e n Voz zu g e w i n n e n 1 6 . Der Versuch g e l i n g t . Schon a m 15. April k a n n Brackel d e n E m p f a n g eines Briefes a u s K ö l n v o m 26. F e b r u a r b e s t ä t i g e n , d e n D r u c k eines F a s t e n r a t h - A u f s a t z e s ü b e r d e n P u b l i z i s t e n u n d U b e r s e t zer L u d w i g B r a u n f e l s (1810-1885) m e l d e n , d e n n a c h M a d r i d A u f b r e c h e n d e n u m e i n e n Exklusivbericht ü b e r die spanischen C a l d e r ó n - F e i e r n sowie u m K o n t a k t a u f n a h m e m i t 16 HAK 1032/318/1. Keine Erwähnung der Voz del Pacífico bei Henry Lepidus: The History of Mexican Journalism, Columbia/Missouri 1928 (The University of Missouri Bulletin 29, Nr. 4, Journalism Series, 49). Im Nachruf, den mutmaßlich Fastenrath im Sechsten Jahrbuch der Kölner Blumenspiele, 1904 (Köln 1905) veröffentlichte, lesen wir: "[...] in Mexiko schrieb er in der von Ihm redigierten Voz del Pacífico den herrlichsten spanischen Artikel über den Kölner Dom." Exemplare der Voz bislang weder in der Hemeroteca von Ciudad de México noch im Zeitungsmuseum Aachen (trotz dankenswerter Suchhilfe von Herrn Prof. Dr. Helmut Siepmann, Aachen) noch anderenorts nachweisbar.

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Titus

Heydenreich

dem beim mexikanischen Botschafter Corona tätigen Schriftsteller Juan Híjar y Haro bitten u. dgl. m. 17 Ein im selben Brief formulierter Dank für einen Besuch in Welda sowie ein schon am 3.1. verfaßter, von Brackel am 24.2.1881 bestätigter Brief Fastenraths geben Raum für folgende Vermutung: Ferdinande, die Schwester, die geschätzte, hohe Auflagen erzielende Heimatschriftstellerin (1835-1905), hatte für die Korrespondenz das Terrain vorbereitet - unter Einsatz ihres über die Grenzen der westfälischen "patria chica" hinaus wirksamen Renommees 18 . Der Kontakt bleibt denn auch über den ephemeren Anlaß der rasch verstummenden Voz del Pacífico lebendig. Brackel erhält und lobt (24.8.1882) Fastenraths Calderón-Berichte und Wa/Aa//a-Bände. Seinerseits schickt er - mit Begleitschreiben in spanischer Sprache: 318/6: 24.8.1882 - die Reinschrift einer Rede über Garibaldis (angebliche) Vorfahren, die er am 27.4.1878 vor der Sociedad Mexicana gehalten habe 19 . Am 17.5.1886 dankt er von Guadalajara aus für den Erhalt der Granadinischen Elegien (Leipzig 1885) und erbittet des Verfassers Mitwirkung an der neugegründeten, von José López Portillo y Rojas und Esther Tapia de Castellanos herausgegebenen República Literaria - jenes Blattes also, in dem er wenige Wochen zuvor die (eingangs erwähnte) Artikelserie über die Passionsspiele publiziert hatte. Garcia Rivas würdigt La República Literaria in seiner Literaturgeschichte (1972) als "una de las revistas literarias más importantes del siglo XIX" 20 , zählt sie doch während der nur vier Jahre ihres Bestehens Persönlichkeiten wie Antonio Zaragoza, Juan de 17

HAK 1032/318/3. Über Híjar y Haro [1830-1897] S. García Rivas S.262. HAK 1032/318/2 (24. Februar 1881). Ferdinande (von F a s t e n r a t h im oben zitierten Artikel von 1891 gewürdigt) schrieb ihrerseits zwischen 1881 u n d 1904 mehrfach nach Köln; in F.s Nachlaß insgesamt 26 Briefe ( H A K 1032/313), die wir aus Zeitgründen noch nicht einsehen konnten. Den Kölner Blumenspielen h a t Ferdinande mehrfach beigewohnt, u n d die J a h r b ü c h e r [im Folgenden: J K B nebst B a n d , Blumenspiel- u n d Erscheinungsjahr] e n t h a l t e n Festgrüße und Gedichte aus ihrer Feder: J K B I 1899 (1900), S. 109-115; II 1900 (1901) S. 137; V 1903 (1904) S. 214. Fastenraths Sonett auf ihren Tod a m 4.1.1905 ( J K B 7 1905 [1906] S. 507) assoziiert das Schicksal des familiär geächteten Bruders mit dem der als Unverheiratete, vielleicht auch als "ferame de p i u m e " familiär Marginalisierten: [ . . . ] Es war Dir wohl als ob Dich zu sich riefe Der t o t e Bruder, der für Dich erglühte Und der wie Du von Geistesfunken sprühte: Du folgtest ihm, dass er nicht einsam schliefe. Vgl. auch Vf. (oben A n m . 9), S. 292. 18

19 HAK 1032/318/6, Anlage: "Garibaldi y Teodoro I de Córcega. E s t u d i o genealógico, dedicado a la Sociedad Geográfica Italiana de Roma, y leído en la sesión del día 27 de Abril de 1878 [ . . . ] " . Hinter der Verfasserangabe eine neue Mitgliedschaft: "Socio de n ú m e r o de la Sociedad Pestalozzi Regeneradora de la E n s e ñ a n z a . " Die Rede füllt 11 Seiten in 4°. Hier wie in zahlreichen anderen, für El Nacional geschriebenen Texten über Aspekte u n d Episoden des Risorgimento versucht der gescheiterte Zuave, seine eigene italienische Vergangenheit aufzuarbeiten. 20 Garcia Rivas, S. 217, die folgenden N a m e n ebd. I m genannten Brief ( H A K 1032/318/7, als Briefkopf erstmals Krönchen u n d Initialen " E v B " ) A n d e u t u n g e n d a r ü b e r , daß B. nach dem Tod seines älteren Bruders Georg Clemens (1828-März 1883) in der Erbnachfolge übergangen wurde u n d mit der Schwester vorübergehend nur über F a s t e n r a t h Verbindung

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Johannes

Fasienrath

und

Mexiko.

Dios Peza, Manuel Gutiérrez Nájera, J u s t o Sierra, Salvador Díaz Mirón, Vicente Riva Palacios, Manuel José O t h ó n , Luis Gonzaga U r b i n a zu ihren A u t o r e n - N a m e n , die z. T . auch Brackel in nachfolgenden Briefen aufzählen u n d zur Ubersetzung ins Deutsche empfehlen wird. I m selben J a h r erwirkt Brackel F a s t e n r a t h s E r n e n n u n g z u m "Socio honorario" der Sociedad Mexicana de Geografía y Estadística sowie z u m ausländischen Vertreter der " P r e n s a asociada de México" (Brief vom 18.12.1886 mit gedruckter Mitgliederliste als Anlage). Er zögert freilich auch nicht, den d u r c h seine Vermittlung G e e h r t e n u m diverse Gefälligkeiten zu bitten: u m Beschaffung eines Verlegers in Leipzig oder Barcelona, u m Beibringung von Druckkostenzuschüssen f ü r eine S a m m e l b a n d - N e u a u s g a b e von Zeitungsartikeln nach d e m Modell der Ratos de ocio, u m Vermittlung von "Korrespondenzen" an deutschen Zeitungen u. dgl. Eine vielversprechende journalistische Kooperation scheint sich im F r ü h j a h r 1893 a n z u b a h n e n . E i n e m Brief vom 6.6.1892 aus Ciudad de México e n t n e h m e n wir: Ein Freund, Gregorio Aldasoro, hat Brackel als mitverantwortlichen R e d a k t e u r von El Nacional kooptiert. Dem Blatt h a t t e Brackel schon seit 1890 - also wohl bald nach Zusammenbruch der República Literaria - als ständiger, freilich schlecht entlohnter Mitarbeiter gedient 2 1 . Abermals erbittet u n d erwirkt er F a s t e n r a t h s Kooperation. Zwischen April und November erhält El Nacional - Brackels d a n k b a r e n brieflichen Elogen zufolge - aus Köln nacheinander vier Aufsätze: ü b e r Charles Seasfield, ü b e r Leif Eriksen, über Peter Rosegger, über Kaiserin A u g u s t a . . ? 2 I m J u n i desselben J a h res veröffentlicht Brackel die bereits erwähnte, mit P o r t r ä t geschmückte Biographie des prominenten Landsmannes: El Sr. Doctor D. Juan Fastenrath, el célebre literato Hispano-germánico. Apuntes biográficos por Liber- Varo. Was der Titel " a p u n t e s " n e n n t , erstreckt sich realiter über drei N u m m e r n (18., 27., 28. Juni): die von "LiberVaro" erbetenen Informationen über Remscheid u n d F a s t e n r a t h s Familie (vgl. Briefe vom 14.4. und 29.6.1893) waren ganz offenkundig willig u n d reichlich erteilt worden, u n d tatsächlich erfahren wir über einige Lebensabschnitte des panegyrisch Beschriehatte. D a s S t a m m s c h l o ß W e l d a ü b e r n a h m der j ü n g e r e B r u d e r H u g o ( 1 8 3 4 - 1 9 0 7 , Regierungsrat).

Geh.

21 E b e n d o r t H i n w e i s e auf eine ( v o n F . v e r m i t t e l t e ? ) K o r r e s p o n d e n t e n t ä t i g k e i t für die Kölnische Volkszeitung, die j e d o c h scheiterte: " [ . . . ] h a b e offen g e s t a n d e n d e n T o n nicht f i n d e n k ö n n e n u n d es d e s h a l b a u f g e g e b e n . " Es f o l g e n K l a g e n ü b e r m a n g e l n d e Weltoffenheit in D e u t s c h l a n d , u n g e a c h t e t der Weltpolitik B i s m a r c k s u n d M o l t k e s . . . W o h l e r f ü h l e er sich als K o r r e s p o n d e n t für d e n (katholischen) Wahrheitsfreund, v o m u l t r a m o n t a n e n Verlag B e n z i n g e r in C i n c i n n a t i gedruckt. Etliche Artikel B . s finden sich unter d e m P s e u d o n y m "Aliquis" i m o b e n g e n a n n t e n Libro en blanco e i n g e k l e b t . Als "Aliquis" unerkannt u n d weit v o m Schuß, ergeht sich B. in S c h m ä h u n g e n über d e n L i b e r a l i s m u s u n d R e p u b l i k a n i s m u s derer, die er in M e x i k o als seine F r e u n d e rühmt: u.a. i m Artikel (in F o r t s e t z u n g e n ) "Gelehrter alter B ü c h e r k r a m u n d neue m o d e r n e W i s s e n s c h a f t l i c h k e i t in M e x i k o " v o m J a n u a r 1891 (den er a u c h d e m Brief v o m 2 3 . 3 . 1 8 9 1 an F . beilegt!), m i t T i r a d e n g e g e n R i v a P a l a c i o , A l t a m i r a n o , J u a n M a t e o s , A l f r e d o C h a v e r o , J o s é María Vigil u.a. 22 Briefe M é x i c o 14.4. ( H A K 1 0 3 2 / 3 1 8 / 1 5 ) u n d 2 4 . 1 . 1 8 9 3 ( 3 1 8 / 1 7 ) . A b d r u c k v o n "El e s c a n d i n a v o Leif Erikson" (El Nacional, 8 . 8 . 1 8 9 3 ) in J . F . : Christoph Columbus [...] (oben A n m . 6), A n h a n g S. 556ff.; E i n e Carta literaria v o n F . ü b e r R u d o l f v o n Ihering, C o n c e p c i ó n A r e n a l u.a. in: El Nacional 1 9 . 4 . 1 8 9 3 ( a u s g e s c h n i t t e n u n d eingelegt i m o.g. Libro en blanco).

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Titus

Heydenreich

b e n e n m e h r als in der s p ä t e r e n D a r s t e l l u n g von Lejeune. Sowohl in d e n persönlichen B e z i e h u n g e n der b e i d e n P u b l i z i s t e n als a u c h hinsichtlich d e r generellen H i n w e n d u n g F a s t e n r a t h s z u r N e u e n Welt m a r k i e r e n die Apuntes einen H ö h e p u n k t . D e n n z u r selben Zeit u n d wohl u n t e r d e m E i n d r u c k d e r d a n k Brackel sich b i e t e n d e n I n f o r m a t i o n s m ö g l i c h k e i t e n reifte in F a s t e n r a t h ein P l a n , d e r d e n B r i e f p a r t n e r in U b e r s e e förmlich elektrisierte: Die Z u s a m m e n s t e l l u n g einer Anthologie der mexikanischen G e g e n w a r t s l y r i k in d e u t s c h e r U b e r s e t z u n g n a c h d e m M u ster der - in d e n Apuntes gleichfalls gepriesenen - Catalanischen Troubadoure der Gegenwart (1890). W i r e r f a h r e n von diesem P l a n e r s t m a l s in Brackels Brief v o m 14.4.1893. A m selben T a g erschien in El Nacional u n t e r d e m T i t e l " E l D o c t o r D . J u a n F a s t e n r a t h y los literatos m e x i c a n o s " ein e u p h o r i s c h e r A u f r u f von " L i b e r - V a r o " : [...] nuestros poetas pueden estar seguros de que sus producciones serán vertidas magistralmente en versos alemanes [ . . . / . . . ] trabajo que [...] influirá de una manera poderosa para dar al viejo mundo y a los Estados Unidos del Norte una idea más exacta del genio y de la vida intelectual que pulsa en nuestra querida patria. Por lo mismo [...] suplicamos a nuestros distinguidos literatos e inspirados poetas, envíen directamente en paquetes

registrados

por el correo, sus obras o colecciones

de poesías, acompañándolas de breves noticias biográficas al Excmo Sr. [...] o en caso que lo prefieran, a esta Redacción [.. .] 23 Wer d e m A u f r u f folgte (direkt o d e r i n d i r e k t , o h n e oder m i t W i d m u n g ) , k ö n n t e eine g r ü n d l i c h e r e M u s t e r u n g der in K ö l n a u f b e w a h r t e n Bibliothek des "célebre lit e r a t o h i s p a n o - g e r m á n i c o " erhellen. Brackel n e n n t in den folgenden M o n a t e n e i n e Vielzahl d e r e r , die er in g e r a d e z u h e k t i s c h e r Hilfsbereitschaft p e r s ö n l i c h , in Briefen u n d G e s p r ä c h e n zur M i t w i r k u n g u n d Werklieferung a n i m i e r t h a t t e : n a t ü r l i c h den - zwischenzeitlich gleichfalls in El Nacional p u b l i z i e r e n d e n - F r e u n d López P o r tillo y R o j a s , ferner M . J . O t h ó n , Ignacio M o n t e s de O c a (1840- 1921), R a f a e l Delg a d o (1853-1914), M . G u t i é r r e z N á j e r a , T r i n i d a d Sánchez S a n t o s (1859-1913, gleich Brackel Mitglied d e r Sociedad M e x i c a n a ) , J u s t o Sierra, R a m ó n Valle (7-1901, "ein B r u d e r des exaltiert liberalen Dichters J u a n Valle" 2 4 [1838-1864]), J o a q u í n A r c a d i o P a g a z a (1839-1918), G u i l l e r m o P r i e t o , R a f a e l Cenicero y Villarreal, J o s é M a r í a R o a B a r c e n a (1837-1908), Blas Elizondo, J e s ú s Díaz de León, J o s é T o m á s de C u é l l a r

23

El Nacional, 14. April 1893 (Libro en blanco S. 149f.); in vorausgehenden Abschnitten Kurzcharakterisierung des Modells: J.F.: Catalanische Troubadoure der Gegenwart, verdeutscht und mit einer Ubersicht der catalanischen Literatur eingeleitet, Leipzig 1890. Einleitend Hinweis: F. "honrará de hoy en adelante las columnas del EL NACIONAL con sus eruditos y elegantes escritos [...]". 24 Brief an F. vom 29.6.1893, S. 2 (vgl. García Rivas S. 115f.), die weiteren Namen ebd. 158

Johannes Fastenrath und Mexiko. (1830-1894) 2 5 , Antonio Zaragoza (1855-1910, "einen der besten Dichter Mexikos" 2 6 ), Enrique Fernández Granados 2 7 und etliche andere. Angesichts der Bedeutung von Fastenraths vorausgehenden Anthologien, Ubersetzungen, Berichten für eine vertiefte Wertschätzung der spanischen Kultur in Deutschland läßt sich ahnen, welche Impulse eine "Antología de los actuales poetas mexicanos" (so Brackel i m genannten Artikel v o m 14.4.1893) der deutschen LateinamerikaRezeption verabreicht hätte. Doch der Plan blieb Plan. Eine p o s t h u m erschienene Anthologie enthält zwar u.a. die verdienstvolle, schon 1893 als "en prensa" (Brackel) angekündigte Ubersetzung des großen spätromantischen Epos Tabaré ( ' 1 8 8 6 ) von Zorrilla de San Martin, desgleichen Werke der von Fastenrath schon 1891 gerühmten Isabel Prieto de Landázuri (1833-1876), doch von d e m einstigen Mexiko-bezogenen Projekt ist nichts zu erkennen 2 8 . Vermutlich weil Brackel, der eifrige Kontaktmann und Textevermittler, sich mit El Nacional schon wenige Wochen nach Arbeitsbeginn überworfen h a t t e . . . Mit den letzten vier Briefen aus der Hauptstadt erhielt Fastenrath nicht nur belletristische Daten, sondern auch triste Details über Geldnot, Gehaltsforderungen vor Gericht, Kündigung, Pläne einer Vortragsreise durch Deutschland... Im Sommer 1894 verläßt Brackel nach einunddreißig Jahren Mexiko 2 9 und gelangt nach einem offensichtlich gescheiterten Versuch, b e i m Wahrheitsfreund - Benzingers ultramontanem Organ in Cincinnati - Fuß zu fassen, wenige Wochen später nach 25 Garcia Rivas S. 122f. " [ . . . ] der [sc. Cuéllar] seiner Zeit einer unserer beliebtesten Dichter, Schriftsteller und Erzähler war, der leider seit dem Tod seiner Frau in Schwermut versunken ist und seit Monaten schon mit dem Tode um sein armes Leben ringt. Er ist nicht nur Dichter sondern auch Maler von Talent und hat eine brillante diplomatische Laufbahn hinter sich [...]. Ein ausgezeichneter Redakteur nebenbei, dessen glänzende Feder sehr gefürchtet war. Er hat eine ganze Reihe nationaler Sittenromane geschrieben, nächstens werde ich Ihnen einige genauere Daten für Ihre Anthologie [...] senden": B. am 30.12.1893 an F., S. 1. 26 Brief 11.5.1894 (HAK 1032/318/19); als Beilage ein eigenhändiges Schreiben Z.s an B. vom 21.4.1894: " [ . . . ] Lejos de tomar a mal la remisión de mi libro al insigne señor Don J u a n Fastenrath, estoy sumamente agradecido con usted por la honra inmerecida que se sirvió dispensarme, enviando mis versos a la cultísima Alemania. [...] Por este mismo correo mando a usted, con mucho gusto, un ejemplar de mi libro con su respectiva dedicatoria. [Es folgen die erbetenen Angaben zur Person: Laufbahn als Jurist, Redakteur, Verwaltungsbeamter]. Los muchos quehaceres de mis profesiones y de mis empleos, consumiendo todo mi tiempo, me privan de consagrarme a la bella literatura. He publicado muchos trabajos en los periódicos; pero en tomos reunidos sólo he publicado mis versos. Está usted servido. Me repito su amigo afmo. y atento S.S.L.B.S.M. Antonio Zaragoza". 27 Ebd.: Ob dessen Mirtos y Margaritas bei Fastenrath eingetroffen seien? 28 Aus spanischen Landen. Dichtungen aus Mexiko und Uruguay. Nachgelassene Uebersetzungen aus dem Spanischen von Johannes Fastenrath. Berlin, Emil Ferber 1910 [Ex. u.a. in Staatsbibliothek München]. Mit biographischem Vorwort (S. III- VII) von Luise Fastenrath. Uber die (in Hamburg gestorbene) mexikanische Romantikerin, auch Übersetzerin von Schiller und Goethe s. Garcia Rivas, S. 117. 29 Zum Folgenden Vf. (oben, Anm. 9) S. 326.

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Titus Heydenreich E u r o p a . Zwei A n s i c h t s k a r t e n a u s A n t w e r p e n v o m 10. u n d 19. S e p t e m b e r 1894 a n d e n " h o c h g e s c h ä t z t e n " bzw. "lieben F r e u n d " eröffnen d e n Reigen von Brackels eur o p ä i s c h e r , a b F e b r u a r 1895 i n n e r d e u t s c h e r K o r r e s p o n d e n z mit F a s t e n r a t h : a n die h u n d e r t f ü n f z i g S c h r i f t s t ü c k e von zumeist u n g e b r o c h e n e r A u s f ü h r l i c h k e i t ( u n d gelegentlich angereichert m i t g e d r u c k t e n Beilagen), die es g r ü n d l i c h e r zu erschließen gälte, als wir es bislang v e r m o c h t e n , belägen sie d o c h , in welchem Maße d a s Iberische der Alt e n u n d N e u e n Welt die b e i d e n so h e t e r o g e n e n R h e i n l ä n d e r a u c h weiterhin v e r b a n d . A r t i k e l a u s s c h n i t t e i m g e n a n n t e n Libro en blanco d o k u m e n t i e r e n (bis E n d e M a i 1895) Brackels gelegentliche V o r t r a g s t ä t i g k e i t in d e r " A b t h e i l u n g Cassel d e r d e u t s c h e n Colonialgesellschaft", a b e r a u c h vor der bereits g e n a n n t e n , 1893 g e g r ü n d e t e n Kölner Litterarischen Gesellschaft i m G ü r z e n i c h - S a a l 3 0 . K u r z vor Brackels H e i m k e h r h a t t e sich f ü r F a s t e n r a t h eine zweite Brücke z u r Kult u r L a t e i n a m e r i k a s erschlossen. W i e bereits e r w ä h n t , n a h m er i m C o l u m b u s - J a h r 1892 auf E n l a d u n g politischer u n d wissenschaftlich-literarischer O r g a n i s a t o r e n a n allen wichtigen F e s t a k t e n , K o n g r e s s e n , A u s s t e l l u n g s e r ö f f n u n g e n teil, die zwischen Sept e m b e r u n d D e z e m b e r in La R á b i d a , Huelva, Sevilla, G r a n a d a u n d M a d r i d s t a t t f a n den. W i e in der r o m a n i s c h e n Welt üblich (weil möglich!), h a t t e n die S t a a t e n L a t e i n a merikas V e r t r e t e r e n t s a n d t , d e r e n d i p l o m a t i s c h e s Gewicht auf literarischer a u c t o r i t a s basierte. Der r e n o m m i e r t e G a s t aus Köln erhielt auf diese Weise Gelegenheit, einer Anzahl n a m h a f t e r h o m m e s de lettres persönlich zu b e g e g n e n . A u s d e n B e g e g n u n g e n entwickelten sich z u m Teil lebenslange F r e u n d s c h a f t e n . In seinen 1895 als B u c h erschienenen Berichten zitiert, ü b e r s e t z t u n d r ü h m t er C o l u m b u s - H u l d i g u n g e n in Vers u n d P r o s a von Vicente Riva Palacio (Mexiko, 1832-1896), N u m a P o m p i l i o L i o n a ( E c u a d o r , 1832-1907), R i c a r d o P a l m a ( P e r u , 1833-1919), Vicente Q u e s a d a ( A r g e n t i nien, 1830-1913), Rafael Núñez ( K o l u m b i e n , 1844-1911), J u a n Zorrilla d e S a n M a r t i n ( U r u g u a y , 1855-1931), R u b é n D a r í o ( N i c a r a g u a , 1 8 6 7 - 1 9 1 6 ) . . . Weitere N a m e n begegnen e b e n d o r t in (wohl z u n ä c h s t f ü r d e u t s c h e Z e i t u n g e n b e s t i m m t e n ) B e r i c h t e n ü b e r p o e t i s c h e P u b l i k a t i o n e n in der a d hoc-Zeitschrift El Centenario, die J u a n V a l e r a in M a d r i d b e t r e u t e , desgleichen in einer noch vor d e r Spanienreise v e r f a ß t e n Carta Europea ( J u n i 1892) f ü r ein B l a t t in Q u a y a q u i l ( E c u a d o r ) . R ü h m e n d e E r w ä h n u n g findet in der Carta u.a. "la r e d a c t o r a p r o p r i e t a r i a d e l a R e p ú b l i c a L i t e r a r i a de G u a d a l a j a r a (Mexico), la c a n t o r a d e Virginia R e i t e r , E s t h e r T a p i a d e C a s t e l l a n o s " , d e r e n B e k a n n t s c h a f t Brackel v e r m i t t e l t h a t t e , u n d die - so Brackel - in der República eine N a c h a h m u n g des G e d i c h t s " C h a r i t a s " aus d e n Granadinischen Elegien - m i t W i d m u n g a n F a s t e n r a t h - publiziert h a t t e 3 1 . 30 Eine - Fastenrath gewidmete - Broschüre mit dem Titel Auch einmal Glashausgeschichten! Eine Studie über die cubanisch- amerikanische Frage, von [...], mit einem Anhang, Cassel 1898, 78 S. (HAK 1032/318/48) deutet den Konflikt von 1898 als neuerliche Ausdehnung der protestantisch-anglikanischen Einflußsphäre auf Kosten der katholischen. 31 J.F., Christoph Columbus [...] (oben, Anm. 6), S. 585, dazu B.s Brief Guadalajara 17.5.1886. Zahlreiche Namen auch in F.s Artikel "Mes relations avec les écrivains espagnolsaméricains" in: JKB IX, 1907 (1908), S. 572-575 [Nachdruck eines zunächst in Brüssel erschienenen Textes], S. 574 über "mon ami et compatriote Othon Engelbert baron de Brackel-Welda".

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Abb. I: M i t g l i e d e r d e r S o c i e d a d M e x i c a n a d e G e o g r a f í a y E s t a d í s t i c a im " a ñ o s o c i a l " 1 8 9 3 / 1 8 9 4 ( A u f n a h m e M a i 1894) Von r e c h t s : ( s t e h e n d : ) E u s t a q u i o B u e l n a , E d u a r d o R u i z , Félix R o m e r o , A n t o n i o G a r c í a C u b a s , ( i m M a n t e l : ) O t t o E n g e l b e r t F r h . von B r a c k e l , J o s é M e n d i z a b a l , Manuel Villareal, Isidoro Rojas, (stehend:) Rafael Aguilar, M a r i a n o Sánchez Santos, Lázaro Pavia, Trinidad Sánchez Santos, Francisco Sánchez Santos, B a r n a b é Bravo, A m a d o C h i m a l p o p o c a , ( h i n t e r e R e i h e : ) M a r i a n o G u e r r e r o , ein " e s c r i b a n o a u x i l i a r " . ( P h o t o : F a m i l i e n a r c h i v v. B r a c k e l )

J o h a n n e s F a s t e n r a t h (Remscheid 1839-Köln 1908) ( P h o t o : J K B X 1908 (Köln 1909))

Johannes Fastenrath und Mexiko. Positivistische R e i h u n g e n von N a m e n u n d F a k t e n f ü h r e n j e d o c h nicht weiter. W i c h t i g e r m u ß die Frage n a c h den I n h a l t e n u n d Folgen all dieser U b e r s e e - B e z i e h u n g e n erscheinen. B e r ü c k s i c h t i g u n g verdient d a b e i a u c h , w a s ü b e r A b s i c h t e n u n d P l ä n e nicht h i n a u s g e d i e h : e t w a die Mexiko-Anthologie o d e r ein gleichfalls von Brackel e r w ä h n t e r , mit F a s t e n r a t h s Hilfe e r h o f f t e r N e u d r u c k (in Leipzig!) von E s t h e r T a p i a d e C a s t e l l a n o s ' G e d i c h t e n , eine von Brackel a n g e s t r e b t e B u c h a u s g a b e d e r Apuntes biográficos u . a . m . Effizient u n d anschaulich w i r d F a s t e n r a t h s k u l t u r e l l e s V e r m i t t l e r E t h o s in d e n g e n a n n t e n ( u n d weiteren) Cartas Europeas b z w . Cartas Literarias für Zeitungen in Mexiko, Venezuela, E c u a d o r , K o l u m b i e n 3 2 ; " c a r t a s " , in d e n e n d e u t s c h e W i s s e n s c h a f t u n d L i t e r a t u r e b e n s o e n g a g i e r t e E r w ä h n u n g finden wie k u r z zuvor in d e n f ü r spanische Leser geschriebenen Walhalla-Aufsätzen. E i n e zentrale, u n s e r e s E r a c h t e n s bislang u n t e r s c h ä t z t e B e d e u t u n g k o m m t j e n e n P r o d u k t e n l a t e i n a m e r i k a n i s c h e r A u t o r e n zu, die von F a s t e n r a t h a n g e r e g t w u r d e n bzw. o h n e die von F a s t e n r a t h g e b o t e n e publizistische I n f r a s t r u k t u r nicht e n t s t a n d e n w ä r e n . Nicht unergiebig w ä r e h i e r f ü r u.a. eine t e x t a n a l y t i s c h e u n d r e z e p t i o n s historische A u s w e r t u n g d e r von 1900 bis 1914 e r s c h i e n e n e n , i n s g e s a m t s e c h z e h n Jahrbücher der Kölner Blumenspiele, die F a s t e n r a t h in einer A u f l a g e von f ü n f h u n d e r t E x e m p l a r e n auf eigene K o s t e n herstellen ließ u n d a n F r e u n d e u n d I n s t i t u t i o n e n vieler L ä n d e r verteilte. B i s einschließlich 1909 e n t h ä l t j e d e r B a n d auf H u n d e r t e n von Seiten Berichte, F e s t r e d e n , G r u ß a d r e s s e n , P r e s s e s t i m m e n u n d vor allem G e d i c h t e a u s zahlreichen L ä n d e r n zweier K o n t i n e n t e . U n t e r a n d e r e m ergibt sich: A d hoc v e r f a ß t , z u g e s a n d t u n d i m G ü r z e n i c h , d e m A u s t r a g u n g s s a a l d e r rheinischen juegos, verlesen w u r d e n in d e n J a h r e n 1899 bis 1908 a u c h T e x t e a u s Mexiko, K o l u m b i e n , P e r u , H o n d u r a s , N i c a r a g u a , Chile, Venezuela, A r g e n t i n i e n . . . Vergleichsweise hilflos wirken die Verse des P e r u a n e r s Federico Flores G a l i n d o : El Gürzenich de gala Cual novia singular Grato perfume exhala, En la sesión triunfal [.. .] 33 . seriöser hingegen d a s S o n e t t , das Leopold Díaz (1862-1947) - parnassien, Wagn e r i a n e r , modernista, A r g e n t i n i e n s K o n s u l in Genf . . . - anläßlich d e r E r s t e n K ö l n e r Blumenspiele (1899) d e m genius loci w i d m e t : Vieja ciudad de ensueños y leyendas Colonia, que te miras en el Rhin Que abrigó el trovador bajo sus tiendas Y vió el cisne de Lohengrín: 32 Einige von ihnen als Nachdruck in Christoph Columbus [ . . . ] S. 556ff., 581ff., 595ÍF. zugänglich. Vermutlich sind es noch mehr als das bislang ermittelte halbe Dutzend. 33 JKB I 1899 (1900), S. 355, das lange Gedicht vollständig in JKB 6 1904 (1905), S. 369f., ein weiterer Text ebd. S. 370-373 aus Anlaß von F.s "natalicio". Uber Werke - mit Widmungen - "eines völlig unbekannten Autors mit dem Namen Federico Flores Galindo" in F.s Bibliothek s. H. Schmökel (oben Anm. 7), S. 65. Vgl. auch Fastenrath: "Mes relations (...]" (oben Anm. 31) S. 574.

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Titus Heydenreich Acoge del felibre las ofrendas Y vibra un himno de oro en tu clarín Noble ciudad de ensueños y leyendas, Colonia, que te miras en el Rhin! Que se alcen, al rumor de tus timbales, Los derruidos castillos medioevales Y la grandeza de tu edad feudal. Cuando iban los gallardos trovadores A lidiar por su patria y sus amores, Y su Dios, como el héroe Parsifal! F ü r die juegos von 1903 schrieb Leopold Díaz in Genf ein " S o n e t o elegiaco", u n d zwar "A l a n o b l e m e m o r i a del Rey Luis II de B a v i e r a , en el A n i v e r s a r i o 17 de su muerte": Quedó sombrío el lago, callada la ribera, El cielo taciturno, la tarde sin fulgor, Y gimieron los cisnes del Rey Luis de Baviera La partida del último divino soñador! Dobló el sauce en la onda su mustia cabellera Mecida por un viento de d u d a y de dolor, Y lloraron los cisnes su cantiga postrera Por aquel otro cisne de inefable b l a n c o r . . . Sus himnos olvidaron las pálidas ondinas Que habitan de los lagos las grutas opalinas; Lira, timpano y sistros, ahogaron su rumor: Y vióse, cual fantasma de ensueño sobrehumano, Pasar la dulce sombra del héroe Wagneriano, Del Poeta-Rey, del último divino soñador! - 3 4 Aus C a r a c a s s a n d t e J u l i o C a l c a ñ o (1840-1919) 1906 ein m i t d e r W i d m u n g " P a r a J u a n F a s t e n r a t h " versehenes S o n e t t m i t d e m T i t e l A Atejendro de Humboldt. Tu genio, entre los hombres sin segundo, Cruza mares, torrentes y turbiones, B a j a al abismo y sube a las regiones En que el dorado sol brilla fecundo. Gloria del Cosmos, tu saber profundo Forja en bronce radiantes creaciones í4

Texte in JKB II 1900 (1901), S. 203 und JKB V 1903 (1904), S. 165, mit F.s Übersetzung S. 165f. Ein weiteres Gedicht Diaz' in JKB VI 1904 (1905), S. 1T8: "A Wolfram de Eschenbach", mit Übertragung F.s ebd. Über "el Heredia de la poesía castellana" (F. de Onis) u. a. Carlos Garcia P r a d a (Hg.), Poetas Modernistas Hispanoamericanos. Antología. Madrid 2 1968, S. 81, sowie Julio Caillet Bois: Antología de la poesía hispanoamericana. Madrid 1958, S. 761: Nach poetischen und diplomatischen Erfolgen "su nombre fué olvidándose lentamente, y vivió su dilatada vejez apenas vinculado con la p o e s í a " . . . 16Í

Johannes

Fastenrath

und

Mexiko.

Donde, atónitas, miran las naciones, La grandeza y primor del Nuevo Mundo. Por eso en montes, pampas y breñales una lluvia de rosas y gladiolas Cae sobre tus huellas inmortales: Y las selvas, los vientos y las olas Cantan por tí los lazos fraternales De las gentes germanas y españolas. 3 5 Im Jahr darauf kam aus Tegucigalpa ein Gedicht, das Fastenrath nicht nur z u m Widmungsadressaten, sondern z u m Gegenstand der Panegyrik erhob. Autor war Rómulo E. Duron: A D. Juan Fastenrath, fundador de los Juegos Florales

de

Colonia.

De las nubes del Norte b a j o el velo, Viendo el sagrado Rhin que tu hogar baña, Suspiras con afán por tierra extraña Do ríe todo con el sol y el cielo. Tu pensamiento a ella emprende el vuelo Con vivo amor que el patrio amor no daña: Y uniendo así a Germania con España, Por el Arte enlazarlas es tu anhelo. Alcanzarás del triunfo la corona, Que ya son de Colonia dulce encanto Flores que hubieron cuna en Barcelona. Y al contemplar el delicado brote, A España envia Loreley su canto Y se saludan Fausto y D. Quijote! 3 6 Zu Worte k o m m e n i m Gürzenich - sofern von den Musen auch nur flüchtig geküßt auch deutsche Emigranten. So etwa "mon ami et compatriote Guillaume Junemann, resident a Concepción (Chile), qui a écrit en español une Histoire de la Littérature" 3 7 . Von Jünemann stammt ein 65 Verse langer Blumenspiel-Panegyrikos, dessen Allegorik trotz Fastenraths beigegebener Ubersetzungshilfe dunkel bleibt, aber auch - für dieselben Spiele von 1903 - eine Übertragung von Schillers Glocke. Die Anfangsverse von La campana klingen folgendermaßen: 35 JKB VIII 1906 (1907), S. 219. Vgl. auch 3KB IX 1907 (1908), S. 211: "Eloísa en el Paracleto" sowie, gleichfalls von Calcaño, die Beileidsworte in JKB XI 1909 (1909), S. 147. 36 JKB IX 1907 (1908), S. 285f.; vgl. auch JKB XIII 1911 (o.J.), S. 25. 37 "Mes relations [ . . . ] " (oben Anm. 31), S. 573. Die Literaturgeschichte wurde von uns noch nicht ermittelt. Keine Angaben über J. bei Jean-Pierre Blancpain: Les Allemands au Chili (1816-1945). Köln-Wien 1974 ( Beihefte zum JbLA. 6) und George W. Young: Germans in Chile. Immigration and Colonization, 1849-1914, New York 1974, sowie Christel Converse, "Die Deutschen in Chile" in: H a r t m u t Fröschle (Hg.), Die Deutschen in Lateinamerika. Schicksal und Leistung, Tübingen-Basel 1979, S. 301ff.

163

Titus

Heydenreich

Bien murada dentro al suelo la chapa de arcilla está. La campana haréis con celo. ¡Pronto, niños!: hoy se hará. De la sien sudor Correrá el ardor; si el maestro prez espera. Mas Dios sólo le prospera. [...]» Gewiß: Das sind Elaborate, über die m a n heute schmunzeln kann. Blättert man in den Jahrbüchern, so stimmt das Ephemere der T h e m e n , der pathetischen Berichte, das Ephemere der einzeln oder in Rudeln abphotographierten poetischen Preisträger und -trägerinnen eher nostalgisch. U n d dennoch: Die potentiellen Folgen des bewußt angestrebten Internationalismus der Kölner Blumenspiele verdienen (nostalgische!) Achtung und S y m p a t h i e . Nicht ohne Grund findet ausgerechnet der Rückwanderer Otto Engelbert von Brackel 1900 in einem "leider nur aus der Ferne", nämlich von Kassel entsandten Festgruß einfühlsame Worte: [...] Wenn nun schon vor langen Jahren der hochverehrte Herr Hofrat Fastenrath die grosse Wahrheit ausgesprochen hat, dass die feindselige Stimmung unter den Völkern der Erde sich nur auf gegenseitige Unkenntnis gründet, so halte ich es für einen der schönsten Zwecke der Blumenspiele, diese gegenseitige Unkenntnis wenigstens zu mildern, wenn es nicht gelingen sollte, diesen Stein des Anstosses aus dem Wege zu räumen [.. .]. 39 Die somit nicht nur ästhetische, sondern eben auch kulturpolitische Tragweite der Kölner Initiativen erkannten und unterstrichen Fastenraths Freunde in Übersee durch einschlägige Sujets in den (oben zitierten und weiteren) Gedichten, aber auch in auffallend zahlreichen Presseberichten aus Lima, Buenos Aires, San José (Costa Rica), Tegucigalpa, Concepción, M é r i d a . . . Oft zeichnen als Verfasser jene Literaten und Gelehrte, die Fastenrath aus den - noch nicht fernen - Tagen des Columbus-Jubiläums kannte: M. Nemesio Vargas, Ricardo Palma, Julio Calcano, N u m a Pompilio Liona 38 JKB V 1903 (1904), S. 149-161, Zitat S. 149; der Panegyrikos ebd. S. 201 ff.; s. auch S. 161: "Guillermo J ü n e m a n n (Nacido en Welver, Westfalia, el 28 de Mayo de 1855)." In JKB VI 1904 (1905), S. 243ff. J.s poetischer "Festgruss [...] in drei Sprachen" [sc. lat., span, dt.]; ebd. S. 375 über "nuestro lingüista, poeta i naturalista, el [...] clérigo" J., "capellán del hospital de Concepción [...] Ha traducido la Ilíada de Homero, la Atlántida del catalán Verdaguer i otras numerosísimas obras clásicas." (Aus einem anonymen Artikel aus El Sur (Concepción)). Weitere Verse J.s in JKB X 1908 (1909), S. 334 und 359; ebd. S. 241-243 ein Artikel desselben über die Juegos. 39 O t t o Engelbert Freiherr von Brackel, "¡Fiel y constante! Festgruss zu den II. Blumenspielen in Köln [ . . . ] " in: JKB II 1900 (1901), S. 126f. Weitere Festgrüße B.s in JKB I 1899 (1900), S. 114f. und S. 265-267; III 1901 (1902), S. 184f.; IV 1902 (1903), S. 170f. und V 1903 (1904), S. 214-220 jeweils über Juegos Florales in Buenos Aires und Mérida nach (angeblichem) Kölner Modell; in VI 1904 (1905), S.299f. Nachruf (vgl. oben Anm. 16), mit Nachruf-Abdruck aus El Tiempo (Ciudad de México).

164

Johannes

Fastenrath

und

Mexiko.

u . a . 4 0 Nicht V i c e n t e G . Q u e s a d a , A r g e n t i n i e n s C e n t e n a r - V e r t r e t e r , wohl a b e r dessen S o h n E r n e s t o , h o b in La Ilustración Sud-Americana ( B u e n o s Aires) v o m 5. F e b r u a r 1900 G r ü n d u n g s z e i t p u n k t ( " e n los m o m e n t o s m i s m o s en que la p l u t o c r a c i a avasal l a d o r a d e los y a n k e e s a c a b a de infligirla [sc. Spanien] cruelísima h u m i l l a c i ó n " ) u n d W i r k u n g s a u s s i c h t e n d e r juegos h e r v o r : [ . . . ] lo que [ . . . ] debe hacerse resaltar es el eco internacional que ha tenido aquel certámen poético [ . . . / . . . ] hasta en Sud América ha tenido repercusión la fiesta. [...] Fastenrath debe estar satisfecho: no sólo ha hecho vibrar intensamente la fibra poética de su patria, sino que ha conmovido a todos los centros intelectuales de los pueblos de lenguas romanzes, produciendo un verdadero movimiento general cosmopolita. [...] Movimiento semejante acercaría más a los pueblos que una montaña de tratados y de conferencias diplomáticas [.. .]. 41 U n d J a h r e s p ä t e r , n a c h einer persönlichen B e g e g n u n g in K a r l s b a d , u n t e r s t r i c h er in e i n e m Brief a n d e n " m u y q u e r i d o a m i g o " : [...] La colección de su A n u a r i o es cada vez más importante: es un verdadero repertorio internacional [...]. Dada la amplitud del criterio que preside a esos torneos anuales, ese movimiento intelectual interesa el mundo entero y merece Vd. calurosos plácemes por haber dado ese carácter a su creación. [.. .] 42 Derlei v e r t r a u e n s v o l l e , f r e u n d s c h a f t l i c h e W ü r d i g u n g e n lesen sich h e u t e - n a c h zwei A p o k a l y p s e n - nicht o h n e W e h m u t . D e n n ein vergleichbares kontinuierliches Aufeina n d e r z u g e h e n der i b e r o a m e r i k a n i s c h e n u n d der d e u t s c h e n K u l t u r , bei d e m L i t e r a t u r w o h l g e m e r k t nicht n u r " v e r a r b e i t e t " (gelesen, philologisch a n a l y s i e r t ) , s o n d e r n e b e n a u c h p r o d u z i e r t wird, s t r e b e n u n s e r e s Wissens erst wieder I n s t i t u t i o n e n u n d Vera n s t a l t u n g e n u n s e r e r Tage a n : d e r D A A D d u r c h Vergabe von B e r l i n - S t i p e n d i e n a n Schriftsteller L a t e i n a m e r i k a s , die F r a n k f u r t e r B u c h m e s s e 1976, d a s L a t e i n a m e r i k a g e w i d m e t e 2. Festival d e r W e l t k u l t u r e n (Berlin 1982) u. dgl. U m so wichtiger sollte es erscheinen, abschließend d e n G r ü n d e n n a c h z u g e h e n , w e s h a l b d e n L a t e i n a m e r i k a - I n i t i a t i v e n des "célebre l i t e r a t o H i s p a n o - g e r m á n i c o " , wie Brackel 1893 schrieb, eine d i r e k t e K o n t i n u i t ä t w e i t g e h e n d versagt blieb. F a s t e n r a t h s T o d i m M ä r z 1909, d e r T o d von F a s t e n r a t h s W i t w e A n f a n g 1914 reichen z u r E r k l ä r u n g nicht a u s . Es sei d e n n , m a n versteht d e n H e i m g a n g F a s t e n r a t h s u n d seiner G e n e r a t i o n a u c h als Erlöschen eines b e s t i m m t e n , m e h r oder m i n d e r " p r o b l e m l o s e n " S e l b s t v e r s t ä n d n i s s e s sowohl D e u t s c h l a n d s als auch L a t e i n a m e r i k a s noch vor A u s b r u c h des E r s t e n Weltkrieges. E r i n n e r n wir u n s a n d a s E i n g a n g s z i t a t aus Brackels Artikel ü b e r die O b e r a m m e r g a u e r Passionsspiele. Der geschilderte Vorgang u n d die F o r m d e r S c h i l d e r u n g legen Zeugnis a b f ü r ein J u n k t i m von i m p e r i a l a u s g r e i f e n d e m U l t r a m o n t a n i s m u s u n d nicht m i n d e r i m p e r i a l e r S e d a n - E u p h o r i e , d e r e n J a h r e a b 1900 gezählt w a r e n . Die T a t s a c h e 40 JKB II 1900 (1901), S. 144; III 1901 (1902), S. 262ÍF. und 290ff.; IV 1902 (1903), S. 244ÍF.; V 1903 (1904), S. 270f.; VII 1905 (1906), S. 466ff. und 477ff.; IX 1907 (1908), S. 470ff. u.ö. 41 JKB II 1900 (1901), S. 200-206, Zitat S. 203. 42 JKB IX 1907 (1908), S. 347f., Zitat S. 347.

165

Titus

Heydenreich

w i e d e r u m , d a ß Brackel f ü r seine Z e i t u n g s b e r i c h t e ü b e r d e u t s c h e Außen- u n d I n n e n politik, ü b e r d e u t s c h e n Hoch- u n d Kleinadel, d e u t s c h e n Hochklerus u n d d e u t s c h e Z e n t r u m s p o l i t i k auf Leser in G u a d a l a j a r a u n d C i u d a d de México o f f e n k u n d i g e b e n s o zählen k o n n t e wie F a s t e n r a t h in M a d r i d m i t seinen Artikeln ü b e r ( h e u t e vielfach vergessene) d e u t s c h e G e l e h r t e u n d P o e t e n - diese T a t s a c h e zeugt von einer d u r c h F r a n k r e i c h - u n d U S A - A v e r s i o n e n m i t g e t r a g e n e n G e r m a n o p h i l i e , d e r e n J a h r e in Lat e i n a m e r i k a u n d a n d e r e n o r t s a b 1900 gleichfalls gezählt w a r e n . 1876 k o n n t e A r i s t i d e s R o j a s (1826-1894), d e r venezolanische L i t e r a t , Historiker, H u m b o l d t - B e w u n d e r e r , n o c h W e r t u n g e n wie die folgende wagen: Hay países que nacen con un privilegio concedido por Dios; tal es la Alemania, que tiene aptitudes para todas las necesidades, que introduce su industria y comercio en todos los países del globo, que al civilizar enseña, que explora, difunde, fraterniza con todos los progresos y se levanta a la altura de todas las tendencias del siglo. - Sätze, die F a s t e n r a t h - m i t R o j a s b e f r e u n d e t - 1892 in e i n e m A u f s a t z ü b e r d e n d e u t s c h e n Anteil a n der Erschließung der N e u e n Welt gerne aufgreift u n d z i t i e r t 4 3 U n d zu B e g i n n der B l u m e n s p i e l e von 1903 t r i n k t José T r a j a n o M e r a , S o h n des von F a s t e n r a t h b e w u n d e r t e n Schriftstellers J u a n León de M e r a (1832-1894) u n d Gen e r a l k o n s u l E c u a d o r s in A n t w e r p e n , auf die " f r a t e r n i d a d e n t r e la r a z a l a t i n a y la r a z a teutónica"44. Hinzu t r i t t eine gewichtige T a t s a c h e : L a t e i n a m e r i k a s kulturelle E m a n z i p a t i o n hielt mit d e r politischen nicht S c h r i t t . F a s t e n r a t h s Berichte über die C o l u m b u s - F e i e r n belegen eindringlich d a s t r a n s o z e a n i s c h e W o h l v e r h a l t e n i m geistigen, n a m e n t l i c h lit e r a r i s c h e n Bereich. Sie belegen ferner einen in S p a n i e n e r s t a r k e n d e n " t i e r r a m a d r e " A n s p r u c h kurz vor d e r K a t a s t r o p h e von 1898. Die M e h r h e i t .der ü b e r s e e i s c h e n A u t o 43 J.F., "Los exploradores alemanes de la América del Sur en la época de la Conquista" in: El Centenario (Madrid) 8, 1892, Nachdruck in: Christoph Columbus [...] S. 612ff., Zitat S. 635. Die Stelle abermals in: J.F., "La América española y Alemania" (1903) in: J.F., La Walhalla [...] (oben Anm. 5), Bd. 15 (1912), S. 161ff., Zitat S. 161 (mit Quellenangabe: Aristides Rojas, Un libro en prosa, Caracas 1876). 44 Ebd., S. 167; vgl. auch JKB V 1903 (1904), S. 22, Gedichte J.T. Meras ebd. S. 205, 172f. (m. Übers. F.s) und vor allem VI 1904 (1905) ein Sonett, das die oben zitierte razasFraternisierung des Trinkspruchs zur razas-Aufhebung steigert; ein vor dem Hintergrund der Vorgänge von 1898 nicht nur poesiebezogenes Postulat:

¡No hay razas! No hay latinos ni sajones A la sombra del mágico estandarte De la Belleza; poesía y arte No reconocen lindes ni mojones. La misma fé, las mismas ilusiones A poetas y artistas de baluarte Les sirven, y es Minerva, que no Marte, Quien les procura triunfos y ovaciones.

166

Johannes Fastenrath und Mexiko.

ren schreibt spätromantisch epigonal, und Fastenrath, der Spätromantiker, rezipiert und würdigt fast nur diese. Gewiß: Auf der Londoner Tagung der "Asociación Literaria Internacional" (1879), der er als offizieller Vertreter Spaniens (!) beiwohnt, lernt er den "afamado colombiano José María Torres Caicedo" (1830-1889) kennen, der zu jenem Zeitpunkt vornehmlich in Paris lebend - seit den 50er Jahren als publizistischer Bahnbrecher eines südamerikanischen Latinitas-Bewußtseins wirkte 4 5 . Er hat Verbindung mit Modernisten wie José Santos Chocano (1875-1934), der ihm Werke mit Widmungen nach Köln schickt 46 , oder Leopoldo Díaz, der, wie sich zeigte, die Blumenspiele mit Sonetten beliefert 47 . In Madrid begegnet er 1892 Rubén Dario; er nennt ihn "contertuliano" und "amigo", zitiert und übersetzt dessen Columbus-Verse, rühmt später (1907) dessen "recherche de musique" und "nouveauté de rhythme" 4 8 . Und kein Geringerer denn José Enrique Rodó schickt 1900 dem "esclarecido hispanista don Juan Fastenrath" ein Exemplar seines Ariel, "profesión de fe de la juventud hispano- americana", wie er in der Widmung schrieb 49 . Wenig oder nichts spricht jedoch dafür, daß der "esclarecido hispanista" die innovative Bedeutung der Genannten erkannt hätte. Sowohl Brackel als auch Fastenrath blieb es erspart, den Zusammenbruch jenes Deutschtums zu erleben, mit dem sie sich in arglosem Stolz identifiziert hatten. Den Zusammenbruch, somit auch das schwindende Interesse Lateinamerikas an eben diesem Deutschtum. 1912 erschien der letzte Band der erwähnten Neuauflage von La Walhalla y las Glorias de Alemania. Die letzten Kölner Blumenspiele fanden im Frühjahr 1914 statt, doch bereits die ab 1910 publizierten Jahrbücher in ihrer Dürftigkeit in Umfang und Qualität beklemmende Belege für das Siechtum der Blumenspiele bald nach dem Tod ihres Gründers, zumal Einsendungen aus Übersee fast gänzlich unterblieben. Auch Luise Fastenrath, die das Vermittlungswerk ihres Mannes fortzusetzen suchte und 1911 von Rómulo E. Duron (Tegucigalpa) als "continuadora de los Juegos Florales de Colonia" gepriesen wurde 5 0 , starb noch vor Kriegsbeginn. 1918 stand die deutsche Lateinamerika-Rezeption vor einem Neubeginn. Doch vieles spricht dafür, daß zwischen der "alten" und der "neuen" Rezeption das Vermittlungswerk Johannes Fastenraths eine nicht unwesentliche, heute vergessene Klammer 45 J.F., "Mis relaciones con América" in: J.F., La Walhalla [ . . . ] , Bd. 15 (1912), S. 125ff., Zitat S. 125 sowie bereits 1892 in La Pluma (oben Anm. 2). Über Torres Caicedo s. Arturo Ardao, Génesis de la idea y el nombre de América Latina, Caracas 1980 (Centro de Estudios "Rómulo Gallegos"), S. 63ff. passim, über den Londoner Kongress S. 147f. - Über Fastenrath in London s. Lejeune S. 27 (dort versehentlich 1874) sowie Brackels Apuntes biográficos (oben S. 909), El Nacional, Fortsetzung vom 27.6.1893 (Libro en blanco, S. 172). 46

H. Schmökel, S. 42; beiläufige Nennung in J. F., "La América española [ . . . ] " (oben Anm. 43), S. 165. 47 H. Schmökel, S. 42. 48 J.F., Christoph Columbus [...], S. 32, 154, 463f., 478f.; ders.; "Mes relations [...]" (oben Anm. 31), S. 573. 49 Vgl. H. Schmökel, S. 42. 50 JKB XIII 1911 (o.J.), S. 25. 167

Titus

Heydenreich

b i l d e t . In seinem D i s s e r t a t i o n s v o r w o r t (1916) r ü h m t e i h n Fritz L e j e u n e als [ . . . ] Laienjünger der Romanistik, der er mit persönlichem Ehrgeiz und praktischem Eifer eine Gemeinde von seinem Geiste zu schaffen verstanden hat. Seine Bemühungen galten, in zunächst kleinem Rahmen, besonders einer Annäherung an die spanische Kulturwelt, eine Aufgabe, die in der jetzt neu heraufziehenden Zeit weitgreifende Bedeutung für deutsche Weltbeziehungen zu gewinnen scheint 51 . Lejeunes p a t r i o t i s c h v e r o r d n e t e Zuversicht findet B e s t ä t i g u n g in z u m i n d e s t chronologischer Weise d u r c h die v o n i h m g e n a n n t e n V e r b ä n d e u n d I n s t i t u t i o n e n . 1911 h a t t e er selbst - m i t U n t e r s t ü t z u n g Luise F a s t e n r a t h s - den Kölner "Círculo H i s p a n o A m e r i c a n o " m i t g e g r ü n d e t . 1912 folgte die G r ü n d u n g des " D e u t s c h - S ü d a m e r i k a nischen I n s t i t u t s " in A a c h e n , "als g e m e i n s a m e E i n r i c h t u n g d e r in d e r rheinischen Gesellschaft f ü r wissenschaftliche F o r s c h u n g z u s a m m e n g e f a ß t e n Hochschullehrer in B o n n , A a c h e n u n d K ö l n , u n d rheinisch-westfälischen I n d u s t r i e l l e n " 5 2 . A m H a u p t s i t z des d e u t s c h e n U b e r s e e - H a n d e l s folgte auf einen " H a m b u r g e r I b e r o - A m e r i k a n i s c h e n Verein" schon 1917, also noch vor d e r k r i e g s b e d i n g t verzögerten U n i v e r s i t ä t s g r ü n d u n g , d a s I b e r o - A m e r i k a n i s c h e I n s t i t u t , m i t Bibliothek, mit eigenen Zeitschriften u n d Reih e n 5 3 . W ä h r e n d die H a m b u r g e r G r ü n d u n g sich (bis h e u t e ) h a l t e n k o n n t e , z e r b r a c h d a s A a c h e n e r I n s t i t u t a n d e n Folgen von Krieg, R h e i n l a n d - B e s e t z u n g u n d I n f l a t i o n . Nicht zuletzt u n t e r d e m E i n d r u c k dieses Z u s a m m e n b r u c h s schuf O t t o Quelle in B o n n sein z u n ä c h s t p r i v a t e s , 1925 von d e r U n i v e r s i t ä t ü b e r n o m m e n e s I b e r o - A m e r i k a n i s c h e s F o r s c h u n g s i n s t i t u t 5 4 . All diese Dinge sind ebenso b e k a n n t wie die T a t s a c h e , d a ß Quelles B o n n e r G r ü n d u n g in d a s 1927 d u r c h die Preußische R e g i e r u n g beschlossene, 1930 eingeweihte Berliner I b e r o a m e r i k a n i s c h e I n s t i t u t einging, u n d d a s schon in B o n n (1925) geschaffene Ibero-Amerikanische Archiv z u m O r g a n des n u n m e h r b e d e u t e n d s t e n d e u t s c h s p r a c h i g e n F o r s c h u n g s i n s t i t u t s unseres Faches avancierte. D e n A n s t o ß zur Berliner G r ü n d u n g g a b b e k a n n t l i c h eine großzügige S c h e n k u n g . 1927 ü b e r a n t w o r t e t e E r n e s t o Q u e s a d a die von seinem Vater Vicente G. Q u e s a d a aufg e b a u t e u n d von i h m selbst w e i t e r g e f ü h r t e P r i v a t b i b l i o t h e k d e m P r e u ß i s c h e n S t a a t . U n d s p ä t e s t e n s hier gilt es, der F r e u n d s c h a f t zu g e d e n k e n , die a u c h u n d g e r a d e diese 51

Lejeune S. 1; zum Folgenden ebd., Anm 1 sowie S. 3 mit Anm. 3 Mit eigener Zeitschrift ab 1913: Mitteilungen; vgl. P. Gast, "Ursprünge der iberoamerikanischen Bewegung in Deutschland" in: IAA 4, 1930, S. lff., Zitat S. 3. 53 Vgl. Rudolf Grossmann, "Ibero-América y las Ciudades Anseáticas. Hamburgo y las relaciones culturales germano ibero-americanas" in: ñero-América y Alemania. Obra colectiva sobre las relaciones amistosas, desarme e igualdad de derechos publicada por Wilhelm Faupel, Dr. Adolf Grabowsky, M. Cruchada Ossa, Dr. Karl Heinrich Panhorst, Baron Werner v. Rheinbaben, Berlin 1933, S. 192ff. Grossmanns Beitrag ist der einzige, der die in dem Band durchgehend manifeste kulturelle Machtergreifung nicht mitvollzieht. 54 Vgl. auch zum Folgenden, P. Gast (oben Anm. 52) sowie Otto Quelle, "Das Bonner Ibero-Amerikanische Forschungsinstitut und seine Geschichte", O. Boelitz, "Aufbau und Ziele des Ibero-Amerikanischen Instituts in Berlin", Ernesto Quesada, "Die QuesadaBibliothek und das Lateinamerika-Institut", alle in: IAA 4, 1939, S. 30fF., 6fF., llff.; M. Uhde, "Ernesto Quesada" in: IAA 8, 1934/35, S. lff.; Hans-Joachim Bock, "Das Ibero- Amerikanische Institut" in: Jahrbuch der Stiftung Preußischer Kulturbesitz [I] 1962. Vermächtnis und Verpflichtung, Berlin 1963, S. 324ff. 52

168

Johannes

Faatenrath

und

Mexiko.

beiden argentinischen Gelehrten und Politiker mit Fastenrath verbunden hatte. In dem schon mehrfach genannten Artikel von 1907 erwähnt Fastenrath die "depuis les jours memorables de Huelva" (im Herbst 1892) bestehende "correspondance continuelle" mit Vicente G. Q u e s a d a 5 5 . Ernesto wiederum, der Verehrer und Apologet deutscher Kultur seit den Dresdener Gymnasiastenjahren, der Politiker, Gelehrte, Bismarck-Biograph (1898) und Publizist, hatte auf die Blumenspiel-Initiativen, namentlich auf die Zusendung der umfänglichen "Anuarios", Jahr für Jahr mit Artikeln in bonaerenser Zeitungen und mit Briefen reagiert, die ihrerseits Jahr für Jahr in nachfolgenden "Anuarios" willige Aufnahme fanden. "El rasgo característico de los juegos florales de Colonia es su internacionalismo", lesen wir a m Ende eines langen Berichts von 1901, und: Precisamente el carácter internacional de la institución f u n d a d a por Fastenrath es lo que me ha hecho desear que éste inicie con franqueza un movimiento poético, al que puedan concurrir los poetas de todos los países y que tenga así el carácter de una fiesta de la inteligencia universal. ¿Lo hará Fastenrath? [...] Lo que es indudable es que los juegos florales de Colonia tienen más repercusión en la América Latina que los mismos de Z a r a g o z a . . . [.. .] 56 Derlei Würdigungen und Postúlate, die der Angesprochene in nachfolgenden Juegos zu erfüllen suchte, illustrieren eine persönliche Sympathie, die auf der Erkenntnis gemeinsamer, philanthropisch-kulturpolitischer Anliegen basierte. Was der eine anstrebte, konnte der andere realisieren. Rückblickend trifft für beide jene (zeitbedingt emphatische) Charakterisierung zu, die der Dichter López Portillo, Brackels journalistischer Kollege und Freund, in Ciudad de México für Johannes Fastenrath formuliert hatte: Hombres como él, son a manera de puentes de oro echados sobre el abismo que divide a las naciones, a los continentes y a las razas; son los grandes obreros de la civilización y de la fraternidad de los pueblos. 5 7

55 J.F., "Mes relations [ . . . ] " (oben Anm. 31), S. 573. In anschließenden Zeilen über die Begegnung in Karlsbad und die langjährige Freundschaft mit Ernesto Q. - Briefe F.s sind im Nachlaß Q. leider nicht erhalten; vgl. Reinhard Liehr, "El Fondo Quesada en el Instituto Ibero-Americano de Berlín" in: Laiin American Research Review 18,2 (Albuquerque, N.M.) 1983, S. 125ff. Herrn Dr. Reinhard Liehr (IAI Berlin) danke ich für zusätzliche Auskünfte. 56 E.Q., "Juegos Florales en Alemania" in: La Ilustración Sud-Americana, Buenos Aires marzo de 1901, Nachdruck in JKB III 1901 (1902), S. 290ff., Zitate S. 294f. In JKB IV 1902 (1903), S. 206 dringende briefliche Warnung Q.s vor einer (geplanten) Streichung des Nachdrucks internationaler Presseberichte in den Jahrbüchern. Vgl. auch Q.s Brief (16.1.1907) in JKB IX 1907 (1908), S. 347f., ferner VIII 1906 (1907), S. 307-314 (über eine Begegnung in Wiesbaden, 1906), X 1908 (1909), S. 264f. und 625f. (Beileidsbrief an Luise F.). 57 El Nacional, 28.6.1893 (Núm. 294), als Einlage im o.g. Libro en blanco erhalten. - Nach Erhalt von JKB X, z.T. in memoriam J . F . gestaltet, schrieb Ernesto Quesada aus Buenos Aires (15.7.1909) an Luise Fastenrath: "[...] an einer recht methodischen Lebensbeschreibung fehlt es noch, mit kritischem Urteil über seine ausserordentliche Tätigkeit als Schriftsteller und, hauptsächlich, als Vermittler der Kenntnis spanischer Sachen in Deutschland. Wird wohl je jemand diese Lücke ausfüllen?" (JKB XI 1909 [1909], S. 239).

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Hugo Schuchardts hispanistische Arbeiten Ingrid

Neumann-Holzschuh Bamberg

Hugo Schuchardt (*1842 in Gotha - f 1927 in Graz) war nicht nur einer der bedeutendsten Vertreter der romanischen Sprachwissenschaft im 19. Jahrhundert, von I. Iordan (1962:83) wird er sogar als "der größte Sprachwissenschaftler seiner Zeit" bezeichnet 1 . Die Fülle und die Verschiedenartigkeit von Schuchardts Arbeiten sind einzigartig, als Beispiele seien hier lediglich seine brillante Widerlegung der Junggrammatiker, seine Studien zum Sprachursprung, zum Sprachwandel, zum Vulgärlatein, zum Baskischen oder Keltischen sowie seine romanistischen Einzeluntersuchungen zu etymologischen oder dialektologischen Problemen genannt. Kennzeichnend für das wissenschaftliche Werk Schuchardts, der sich weniger als Romanist denn als allgemeiner Sprachwissenschaftler verstand ("Romanist ist nur ein äußeres Kennzeichen; dem inneren Berufe nach ist man Sprachforscher - oder man ist es nicht." Brevier, S. 317), ist die Vielfalt und das Kaleidoskopartige seiner Arbeiten. Sein Gesamtwerk umfaßt 770 Schriften (vgl. Brevier, S. 15-50), in denen er sich zu allen sprachwissenschaftlichen Fragen seiner Zeit äußert sowie zahlreiche Untersuchungen zu den verschiedensten Einzelsprachen liefert. Für Schuchardt ist die Sprache ein ständig im Wandel begriffenes soziales Phänomen, das es von möglichst vielen Seiten zu betrachten gilt; diesem Ziel war seine ganze Arbeit gewidmet. "Man wird bei einem wohlwollenden Überblick über mein wissenschaftliches Wirken feststellen daß ich mich nicht in launenhaften Flohsprüngen ausgelebt habe; bin ich auf sehr verschiedenen Wegen gewandert, so habe ich doch das eine Endziel nie aus den Augen verloren". (Brevier, S. 431). Schuchardt, der sich mehrfach selbst als "Eigenbrötler" bezeichnete (Heinimann 1972:23), war sich des fragmentarischen Charakters seines Werkes durchaus bewußt. In einem Brief an R . J . Cuervo meinte er scherzhaft: " J e suis un vrai Donquichotte; je cours le monde, j'apprends assez de choses curieuses, et je ne sais faire rien de tout cela." (Bross 1968:140). In der Tat ist ihm seine Rastlosigkeit und Unsystematik mehrfach vorgehalten worden, zuletzt von dem amerikanischen Sprachwissenschaftler D. Bickerton, der sich zwar von dem Gesamtwerk des "intellectual butterfly" tief beeindruckt zeigt, letztlich aber meint: "He flitted from one topic to another, dropping each as the next seized his attention. He was an incurable dilettante." (in Markey (Hg.) 1979:VII) 2 . Es lag nun aber niemals in Schuchardts Absicht, ein theoretisch fundiertes Lehrgebäude zu errichten, da er, wie er selbst zugab, eine Abneigung gegen allzu straffe Systeme hatte 3 . Schuchardts Interessen waren einfach 1 Für eine allgemeine Würdigung Schuchardts vgl. I. Iordan (1962:68-84); dort auch weitere bibliographische Hinweise. 2 Vgl. auch L. Saineans Kritik an Schuchardt, Brevier, S. 436. 3 Vgl. E. Richter (1929:128): "Seine Abneigung gegen alles Systematische war daran schuld, daß er die kürzeren Einzeluntersuchungen nicht selbst auch äußerlich zu dem großen Werk ausgestaltete, das sie innerlich bilden." Vgl. auch I. Iordan (1962:69): "Denn die Arbeit dieses Sprachwissenschaftlers unterscheidet sich von der anderer in erster Linie durch

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Hugo Schuchardts

hispaniatische

Arbeiten

zu vielfältig, seine K e n n t n i s s e zu u m f a n g r e i c h , als d a ß sie sich in ein h o m o g e n e s u n d s y s t e m a t i s c h e s wissenschaftliches W e r k z u s a m m e n f a s s e n ließen. Bezüglich Schuc h a r d t s W e r k f o r m u l i e r t e M. F r i e d w a g n e r e i n m a l sehr richtig: "So sind viele A r b e i t e n schon i h r e m U m f a n g e n a c h m e h r A u s s a a t als E r n t e , m e h r A n r e g u n g als A b s c h l u ß . " (1928:260). I m f o l g e n d e n soll gezeigt w e r d e n , d a ß diese B e m e r k u n g a u c h f ü r Schuc h a r d t s h i s p a n i s t i s c h e A r b e i t e n z u t r e f f e n d ist, u n d d a ß i h m , vielleicht g e r a d e deswegen, ein e n t s p r e c h e n d e r P l a t z in d e r Geschichte d e r H i s p a n i s t i k e i n g e r ä u m t w e r d e n sollte. Die H e r a u s l ö s u n g d e r h i s p a n i s t i s c h e n B e i t r ä g e a u s S c h u c h a r d t s G e s a m t w e r k k a n n n a t ü r l i c h n u r h e u r i s t i s c h e n W e r t b e s i t z e n , f ü r S c h u c h a r d t w a r e n sie n u r ein A s p e k t seiner S p r a c h b e t r a c h t u n g , s o z u s a g e n eine d e r M a t e r i a l b a s e n , von d e n e n a u s er zu allgemeinen E r k e n n t n i s s e n ü b e r d a s P h ä n o m e n S p r a c h e g e l a n g t e . Der I b e r o r o m a n i a galt stets S c h u c h a r d t s b e s o n d e r e A u f m e r k s a m k e i t , seine h i s p a nistischen S c h r i f t e n u m f a s s e n i m m e r h i n fast 1 / 7 seines G e s a m t Werkes 4 . S c h u c h a r d t h a t d a b e i allerdings nie, wie e t w a G . B a i s t , ein s y s t e m a t i s c h e s hispanistisches O e u vre vorgelegt. Seine B e i t r ä g e b e s t e h e n fast ausschließlich a u s kleineren A u f s ä t z e n , R e z e n s i o n e n , Z e i t u n g s a r t i k e l n sowie zahlreichen B r i e f e n , die a b e r als G a n z e s b e t r a c h t e t die B r e i t e des S c h u c h a r d t s c h e n Interesses a n d e r I b e r o r o m a n i a , seine f u n d i e r t e n K e n n t n i s s e d e r s p a n i s c h e n S p r a c h e u n d K u l t u r g e s c h i c h t e u n d seinen unerschöpflichen I d e e n r e i c h t u m belegen. A. C a s t r o (1924:159) schrieb e i n m a l b e w u n d e r n d : " [ . . . ] h a y que r e p r e s e n t á r s e l o c o m o a u n a de esas p o d e r o s a s figuras del R e n a c i m i e n t o , que i b a n d e j a n d o su h u e l l a en zonas m u y a m p l i a m e n t e d i v e r s a s . " S c h u c h a r d t s B e z i e h u n gen z u m " m u n d o h i s p á n i c o " (vgl. Weiss 1981) k ö n n e n als d u r c h a u s eng bezeichnet w e r d e n . Sie b a s i e r t e n z u m einen auf i n t e n s i v e m brieflichen K o n t a k t mit einer Vielzahl h i s p a n o p h o n e r W i s s e n s c h a f t l e r , u.a. R . M e n é n d e z P i d a l , M . M e n é n d e z y Pelayo u n d R . J . C u e r v o , m i t d e m er ü b e r einen Z e i t r a u m von 29 J a h r e n hinweg k o r r e s p o n d i e r t e (vgl. Bross 1 9 6 8 ) 5 . Z u m a n d e r e n u n t e r n a h m S c h u c h a r d t a b d e n 70er J a h r e n bis 1906 m e h r e r e ( m i n d e s t e n s vier) Reisen n a c h S p a n i e n ; er b e s u c h t e d a b e i vor all e m A n d a l u s i e n , A s t u r i e n , die E x t r e m a d u r a u n d die S t a d t Valencia, f ü r die er eine b e s o n d e r e Vorliebe zu h a b e n schien 6 . S c h u c h a r d t b r a c h t e S p a n i e n schon seit seiner J u g e n d eine tiefe Z u n e i g u n g e n t g e g e n ; er h e g t e eine " g e r a d e z u k r a n k h a f t e S c h w ä r m e rei f ü r d a s M i t t e l a l t e r " (Brevier, S. 427) u n d v e r e h r t e d e n C i d , d e n er sogar in e i n e m

eine völlige Kontinuität und durch ihren fragmentarischen Charakter. [...] Niemals sprach er in irgendeiner Frage sein letztes Wort." 4 Für eine bibliographische Zusammenstellung von Schuchardts hispanistischen Schriften vgl. den sehr informativen Aufsatz von B. Weiss (1981), der mir bei der Abfassung dieses Artikels eine große Hilfe war. 5 Für eine Liste von Schuchardts Korrespondenzpartnern vgl. Weiss (1981). Schuchardt beherrschte das Spanische vorzüglich; er schrieb eine Vielzahl seiner Briefe auf Spanisch, und erst in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts, als seine Gesundheit nachließ, schrieb er auf Deutsch (vgl. Bross 1968). Zu Schuchardts hispanistischer Bibliothek vgl. Weiss (1977, 1981). 6 Vgl. Weiss (1981:22ff). "Bei meinem ersten Besuch von Valencia im Frühjahr 1879 hatte ich nur Augen für Maurisches und Ciderinnerungen." (zit. nach Weiss 1981:24-25, Fußnote 46). 171

Ingrid Neumann- Holzschuh selbstverfaßten Gedicht verherrlichte7. S c h u c h a r d t s B e s c h ä f t i g u n g m i t d e m S p a n i s c h e n m a c h t einen weiteren A s p e k t seines Schaffens d e u t l i c h . S p r a c h b e t r a c h t u n g w a r f ü r i h n in e n g s t e r Weise v e r b u n d e n m i t der K e n n t n i s des jeweiligen Volkes u n d seiner k u l t u r e l l e n E i g e n a r t e n . S c h u c h a r d t v e r s t a n d S p r a c h w i s s e n s c h a f t als einen "Zweig d e r V ö l k e r k u n d e " (Brevier, S. 119), S p r a c h e k a n n nicht von i h r e n S p r e c h e r n g e t r e n n t w e r d e n ; sie m u ß , w e n n möglich, vor O r t u n t e r s u c h t w e r d e n . " U n d i m m e r ü b t e n Volkskunst u n d V o l k s m u n d a r t a n O r t u n d Stelle [...] i h r e n f r u c h t b a r e n Z a u b e r auf m i c h a u s . " ( B r e v i e r , S. 428). Bezüglich A n d a l u s i e n n o t i e r t e er: " I n Sevilla vertiefte ich m i c h in die cantes flamencos, l e r n t e die P e t e n e r a singen u n d die Seguidilla t a n z e n . " (Brevier, S. 428). So m a n n i g f a l t i g S c h u c h a r d t s G e s a m t w e r k ist, so vielseitig sind ihrerseits die T h e m e n seiner h i s p a n i s t i s c h e n Schriften. Die folgende G l i e d e r u n g k a n n d a h e r n u r d a s Wesentliche e r f a s s e n , d a s g a n z e S p e k t r u m von S c h u c h a r d t s Interessen, wie es sich i n s b e s o n d e r e in seinen Briefen u n d Rezensionen 8 zeigt, ist wesentlich größer. Mit dieser E i n s c h r ä n k u n g lassen sich S c h u c h a r d t s h i s p a n i s t i s c h e A r b e i t e n vier K a t e g o rien z u o r d n e n : 1. dialektologische U n t e r s u c h u n g e n sowie F l a m e n c o - F o r s c h u n g , 2. A r b e i t e n zu d e n spanischen u n d p o r t u g i e s i s c h e n K r e o l s p r a c h e n , 3. e t y m o l o g i s c h e U n t e r s u c h u n g e n sowie S u b s t r a t f o r s c h u n g , 4. l i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e B e i t r ä g e z u m Siglo de Oro. 1. S c h u c h a r d t s wohl wichtigster B e i t r a g z u r H i s p a n i s t i k ist o h n e Zweifel sein 1881 in der Zeitschrift für Romanische Philologie erschienener A u f s a t z "Die C a n t e s F l a m e n c o s " , m i t d e m er nicht n u r z u m B e g r ü n d e r d e r a n d a l u s i s c h e n D i a l e k t s t u d i e n w u r d e - A. M a c h a d o y Alvarez tituliert i h n als " i l u s t r e iniciador d e los e s t u d i o s s o b r e Fonética a n d a l u z a " (vgl. Sawoff 1980:218) sondern auch der Flamenco-Forschung wichtige I m p u l s e g a b 9 . S c h u c h a r d t s B e s c h ä f t i g u n g m i t d e m A n d a l u s i s c h e n u n d d e r 7

Einst, in meinen Knabenjahren Strahlte mir der Cid als Vorbild Wahren Heldentums entgegen, Und ich weiht' ihm kind'sche Verse. Spanien schien ein Wunderland mir Eingehüllt in goldnen Nebel, Dann wards mir erfüllte Sehnsucht Endlich herrlichste Erinn'rung. (1. Strophe des Geleitgedichts der Festschrift für R. Menéndez Pidal von 1925). 8 Vgl. Weiss (1981:16-18). Schuchardt besprach u.a. Camöes-Ausgaben, Cuervos Apuntaciones críticas, verschiedene dialektologische, literaturwissenschaftliche sowie landeskundliche Untersuchungen. 9 Vgl. A. Sawoff (1980:193): "'Die Cantes Flamencos' sigue siendo una obrita clave en sus dos vertientes, t a n t o para la flamencología como para la lingüística andaluza, ambas siendo hoy campos de plena actividad investigadora. El políglota de Graz no solamente fue el primero que con su autoridad y prestigio internacional considerara el habla de la España meridional como eminentemente estudiable, sino que también fue el primero de dar a luz una detallada y buena descripción de ella que luego quedó sin superar durante más de cincuenta años." In seinem Beitrag gibt Sawoff einen sehr schönen Überblick über die Geschichte der andalusischen Dialektologie. - A. Castro (1924:160) nennt Schuchardts Aufsatz ein " t r a b a j o 172

Hugo Sckuchardts

hispanistische

Arbeiten

e t h n i s c h e n R a n d g r u p p e d e r Zigeuner p a ß t e zu seiner Vorliebe f ü r a b s e i t s d e r t r a d i t i o nellen Forschung liegende Bereiche; er war d a n n a u c h d e r e r s t e S p r a c h w i s s e n s c h a f t l e r , der das A n d a l u s i s c h e als e i g e n s t ä n d i g e n Dialekt a n s a h , d e n zu b e s c h r e i b e n es sich lohnt. S c h u c h a r d t w a r m i n d e s t e n s zweimal in A n d a l u s i e n , e i n m a l n o c h vor 1873 u n d einm a l 1879 (vgl. Weiss 1981:24). E r hielt sich vor allem in Sevilla a u f , wo er g e r n e i m C a f é Silverio v e r k e h r t e u n d d e n K o n t a k t m i t d e n E i n h e i m i s c h e n p f l e g t e 1 0 . I m J a h r 1879 publizierte er einen kleinen A u f s a t z " F o n é t i c a a n d a l u z a " , d e r j e d o c h b e s t e n falls als V o r s t u d i e f ü r die größere A b h a n d l u n g von 1881 gelten k a n n . Dieser A u f s a t z b e i n h a l t e t einen A u f r u f a n die A n d a l u s i e r , Dialektologie zu b e t r e i b e n u n d die P h o netik zur " [ . . . ] a n c h a y sólida b a s e d e t o d a la dialectología" zu m a c h e n (vgl. Sawoff 1980:194). S c h u c h a r d t s F r e u n d M a c h a d o y Alvarez alias ' D e m ó f i l o ' b e s c h w e r t e sich allerdings, d a ß S c h u c h a r d t es v e r s ä u m t h a b e , d e n A n d a l u s i e r n in dieser S t u d i e eine b r a u c h b a r e O r t h o g r a p h i e zu l i e f e r n 1 1 . N u n m a c h t S c h u c h a r d t a u c h in s e i n e m 1881 erschienenen, 73 Seiten l a n g e n A u f s a t z keinen O r t h o g r a p h i e v o r s c h l a g - diesen Beit r a g versteht er ebenfalls n u r als A n r e g u n g f ü r die A n d a l u s i e r , selbst e t w a s zu t u n (1881a:302) - , er analysiert j e d o c h d a s L a u t i n v e n t a r des A n d a l u s i s c h e n s e h r g e n a u u n d gibt vor allem einen g u t e n U b e r b l i c k ü b e r die S p r a c h e des F l a m e n c o 1 2 . Der H a u p t t e i l des A u f s a t z e s ist d e m cante flamenco g e w i d m e t , h i e r f ü r s t a n d e n i h m als Quellen i n s b e s o n d e r e die T e x t s a m m l u n g e n von A. M a c h a d o y Alvarez u n d G . Borrow zur V e r f ü g u n g . Seine A n a l y s e k o n z e n t r i e r t sich z u n ä c h s t auf die E n t s t e h u n g s geschichte des cante; in diesem Z u s a m m e n h a n g i n t e r e s s i e r t e S c h u c h a r d t b e s o n d e r s die Frage, inwieweit die a n d a l u s i s c h e Folklore von zigeunerischen E l e m e n t e n g e p r ä g t ist. I m G e g e n s a t z zu G . Borrow, d e r b e h a u p t e t , i m cante flamenco g ä b e es sichere Reste einer wirklichen u n d u r s p r ü n g l i c h e n Z i g e u n e r p o e s i e (S. 260), k o m m t S c h u c h a r d t n a c h e i n g e h e n d e r T e x t a n a l y s e zu d e m Schluß, " d a s s die C a n t e s flamencos in keiner Weise als E n t s t e l l u n g einer a l t e n , echten Z i g e u n e r p o e s i e zu b e t r a c h t e n sind, s o n d e r n i m G r u n d e als a n d a l u s i s c h e Poesie, welche z u n ä c h s t in d e r S p r a c h e eine gewisse Jit a n i s i r u n g e r f a h r e n h a t . " (S. 268). S c h u c h a r d t b e s t r e i t e t also ein Ubergewicht des zigeunerischen E l e m e n t s b e i m cante, insistiert a b e r auf d e m h y b r i d e n C h a r a k t e r sowohl des G e s a n g s als a u c h d e r fundamental para el conocimiento de la fonética del andaluz y de sus relaciones con los demás dialectos peninsulares; en España aún no hemos hecho nada análogo [...]." 10 "Pasando una temporada en la hermosísima capital de esta provincia, Sevilla me aficioné al estudio de las cosas del país y, entre ellas, su habla, cuyas particularidades pude observar con más facilidad en las poesías, y comedias impresas del estilo llamado 'flamenco'." (1879:138; diesen Hinweis verdanke ich A. Sawoff). 11 "Hugo Schuchardt", so 'Demófilo', "quien habiendo comenzado un artículo sobre fonética andaluza, nos dejó, como decirse suele, con la miel en los labios, sin proveernos de aquellos conocimientos que tan indispensables nos hubieran sido en esta ocasión, para aceptar un sistema de ortografía, adecuado al dialecto que habla la gente de esta bendita tierra." (Machado y Alvarez 1881:21). 12 Schuchardt wird später oft als einer der Begründer der "flamencología" genannt, vgl. M. Ropero Núñez (1978:22), R. Lapesa (1980:475, n.13, 507, n.41). 173

Ingrid Neumann-Holzachuh Sprache (S. 252). Der heutige Flamenco-Forscher M. Ropero Núñez nimmt übrigens in vielem Schuchardts Gedankengänge wieder auf und kommt oft zu ähnlichen Ergebnissen wie Schuchardt vor 100 Jahren (vgl. Sawoff 1980:212). Es folgen wohldokumentierte Analysen des zigeunerischen Wortschatzes sowie der einzelnen Partien des cante (ab S. 276). Schuchardts Aufsatz wird somit auch zu einer reichen Textsammlung, wie er überhaupt bei allen seinen Untersuchungen großen Wert auf ein umfangreiches Korpus legte. Am Ende seiner fast überreichen Analyse faßt Schuchardt wie zur Entschuldigung sein wissenschaftliches Credo folgendermaßen zusammen: Vielleicht scheint die Länge dieser gesammten Ausführungen nicht im Verhältnisse zum Werthe ihrer Ergebnisse zu stehen. Denselben anzupreisen kommt mir nicht zu; nur möchte ich hier das schon anderswo gethane Bekenntniss wiederholen, dass ich [ . . . ] - in der genauesten, geradezu mikroskopischen Erforschung des Gegenwärtigen die breite und sichere Grundlage aller Wissenschaft erblicke. Die Frage, ob die Zigeuner einen wesentlichen Einfluss auf die andalusische Volksdichtung ausgeübt haben, war bisher nie ernstlich geprüft worden und erforderte einen grossen Aufwand von Einzelheiten. (S. 301) 1 3 Mit seinen Bemerkungen zum andalusischen Spanisch (ab S. 302) betritt Schuchardt Neuland, und er versucht ganz bewußt, Anregungen für künftige Arbeiten zu geben. " E s ist vor Allem zu wünschen, dass das phonetische Verhalten eines einzelnen Ortes genau studirt werde [ . . . ] . " (S. 303). Wie so oft wird jedoch aus dem bescheidenen Vorhaben eine fundierte Analyse, die die Basis für alle weiteren Untersuchungen zum andalusischen Spanisch werden sollte. Schuchardt betrachtet das Andalusische bereits als Fortsetzer des Kastilischen (S. 315), er sieht, daß das Andalusische bestimmte Archaismen (wie z.B. die Aspiration des anlautenden h- ) bewahrt hat und weist auf die Parallelen zwischen dem Andalusischen und dem español vulgar von Madrid hin (S. 304). Auch die enge Verwandtschaft zwischen dem Andalusischen und dem südameYikanischen Spanisch ist für ihn eindeutig 1 4 . Schuchardt versucht in diesem Aufsatz vor allem "einen Ueberblick über die hauptsächlichsten Abweichungen des Andalusischen von der heutigen Schriftsprache zu gewinnen" (S. 3 0 6 ) 1 5 und gibt in der Tat auf wenigen Seiten einen guten Einstieg in die andalusische Lautlehre. Schuchardt beschreibt solche Phänomene wie seseo, ceceo 1 6 , yeísmo, den Ausfall des implosiven s in bestimmten Positionen - Schuchardt sah hier bereits die analoge, noch im Gang befindliche Ausdehnung dieses Lautwandels von der vorkonsonantischen Stellung zum absoluten Auslaut (S. 3 1 9 ) 1 T - , das Schwinden des intervokalischen -d- (S. 318) sowie die Besonderheit des andalusischen s. Darüber hinaus macht 1 3 Vgl. auch Brevier, S. 410: "Die paritätische Verbindung von Mikroskopie und Makroskopie bildet das Ideal der wissenschaftlichen Arbeit." 1 4 "Wiederum steht das Spanische Amerika's, was sich ja aus der Geschichte leicht begreift, dem Andalusischen am nächsten." (1881a:304). Schuchardt stützt sich vor allem auf Cuervos Apuntaciones críticas sobre el lenguaje bogotano, Bogotá 1876. 1 5 Er stützt damit seine These: "die meisten Lautveränderungen lassen deutlich erkennen, dass sie combinatorischer Natur und als solche psychologischen Ursprungs sind." (1881a:309). 1 6 Schuchardt machte sich auch bereits Gedanken über innerandalusische Isoglossen, so z.B. hinsichtlich ceceo/seseo (1881a:308-309) oder hinsichtlich des andalusischen s. 1 7 In seiner Schrift "Uber die Lautgesetze" (1885) schreibt Schuchardt: "Im Andalusischen

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Hugo Schuchardts

hiapanistische

Arbeiten

er eine Fülle interessanter Einzelbeobachtungen, die in späteren Untersuchungen oft übergangen worden sind 1 8 . Alles in allem ist dieser Aufsatz eine Fundgrube f ü r den Dialektologen u n d aus damaliger Sicht ein Meisterwerk. Daß Schuchardt seine Beobachtungen nur als einen Anfang betrachtete, zeigen seine abschließenden Worte: A b e r alle diese D i n g e , die P h o n e t i k , die M o r p h o l o g i e , d a s L e x i k o n , d i e S y n t a x des A n d a l u s i s c h e n m ü s s e n nicht nur g e l e g e n t l i c h zur S p r a c h e g e b r a u c h t , s o n d e r n z u Geg e n s t ä n d e n eines e i g e n e n S t u d i u m s e r h o b e n w e r d e n , welches sich j a a u c h a n d e r s w o zugleich mit d e m S t u d i u m der Volkslitteratur o d e r in s e i n e m G e f o l g e e n t w i c k e l t h a t . (S. 3 2 1 - 3 2 2 )

Uber andere Dialekte des Spanischen hat sich Schuchardt nicht schriftlich geäußert, wenngleich er auch lebhaft am Asturischen interessiert war, wie seine Korrespondenz mit M. Menéndez y Pelayo und seine Reise nach Nordspanien zeigen (vgl. Karl 1934:193-194) 18 . Schuchardts Interesse am lateinamerikanischen Spanisch wird vor allem in seiner Korrespondenz mit Cuervo deutlich, den er mehrfach schriftlich u m Auskünfte bat. Das Problem, das Schuchardt a m meisten beschäftigte, formulierte er einmal so: "Eine sehr wichtige ethnographisch-linguistische Frage ist diese: in welchem G r a d e und in welcher Weise, unter welchen fördernden u n d hemmenden Einwirkungen hat sich seit vier Jahrhunderten das Spanische in Amerika abgeändert, auf einem Gebiete, dessen Umfang den des einstigen römischen Reiches weit hinter sich lässt?" (1884:335). Schuchardt plante sogar eine Monographie über die Entwicklung des Spanischen außerhalb Europas, realisierte dieses Projekt jedoch nie (vgl. Bross 1968:47). Cuervo wiederum bat Schuchardt u m Mithilfe bei der Redaktion der Artikel acá u n d acabar seines Diccionario de construcción y régimen de la lengua castellana (vgl. Bross 1968:19) und zitierte Schuchardt in einer Reihe weiterer Artikel (vgl. Bross 1968:28). In seinen beiden Rezensionen von verschiedenen Werken zum lateinamerikanischen Spanisch betont Schuchardt nachdrücklich die Notwendigkeit intensiver Arbeiten in diesem R a u m (1884, 1885) 2 0 . 2. Im Zusammenhang mit Schuchardts Interesse an der weltweiten Verbreitung des Spanischen ist auch sein Artikel "Ueber das Malaiospanische der Philippinen" wird i m a l l g e m e i n e n nur v o r k o n s o n a n t i s c h e s s zu A; es scheint, wie ich [ . . . ] b e m e r k t h a b e , z u n ä c h s t i m A u s l a u t die T e n d e n z z u weiterer A n w e n d u n g a u f z u t a u c h e n (¡oh amigos n e b e n los amigos), d a n n aber a u c h no htño, si heñó v o r z u k o m m e n . " ( B r e v i e r , S. 75). 18

So z . B . die A b s c h w ä c h u n g des d zu r wie in S ü d i t a l i e n (soledades

> soleares,

S. 3 1 6 ) ,

oder die für ihn "noch rätselhafte" E r s e t z u n g v o n r vor I u n d n durch h wie in cahne

oder

der d e u t l i c h nasale Charakter des A n d a l u s i s c h e n ( 1 8 8 1 a : 3 1 8 ) . 19

Zu d i e s e m T h e m e n k r e i s gehört a u c h S c h u c h a r d t s kleiner Artikel "Zur V e r b r e i t u n g d e s

K a t a l a n i s c h e n " (in: ZRP

30, 1906, S. 3 2 9 - 3 3 2 ) , in d e m es sich aber i m w e s e n t l i c h e n nur u m

e i n e kurze A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t e i n e m B e i t r a g J. H a d w i g e r s zur k a t a l a n i s c h e n Sprachgeographie handelt. 20

V g l . Pérez H e r n á n d e z ( 1 9 8 3 : 1 3 ) : " E s t a reseña [1885] es p a r a la h i s t o r i a d e l a l i n g ü í s i t i c a

e n V e n e z u e l a d e gran t r a s c e n d e n c i a , p u e s a p a r e c e n reflejadas en ella varias p r o b l e m á t i c a s que serán d e t e r m i n a n t e s para el desarrollo de las i d e a s l i n g ü í s t i c a s m o d e r n a s , [ . . . ] . "

175

Ingrid

Neumann-Holzschuh

(1883) zu sehen, der der einzige längere Beitrag Schuchardts zu einer spanischen Kreolsprache ist. Wie so oft gab eine Rezension Schuchardts den Anstoß zu diesem A u f s a t z 2 1 . Daß Hugo Schuchardt uneingeschränkt als Vater der Kreolistik bezeichnet werden kann, daß er alle die Kreolistik heute bewegenden Probleme bereits in Umrissen erkannte, dies gilt heute als unumstritten 2 2 . Schuchardt war der erste, der die komplexe sprachliche Situation auf den Philippinen näher beschrieb, wie er ja überhaupt einer der ersten Sprachwissenschaftler war, der die in den Kolonien entstandenen Sprachen als beschreibungswürdig ansah. Bedenkt man, daß Schuchardt diese Länder nie bereist hat, sondern sein ganzes Wissen durch Korrespondenz erwarb, wird man sich seiner Leistung vollends bewußt. Leider hat Schuchardt nie ein umfassenderes Werk über die Kreolsprachen geschrieben, in dem er seine über zahlreiche Aufsätze verstreuten, z.T. genialen Gedanken systematisch darlegt. Bezüglich des Spanischen auf den Philippinen bemerkt Schuchardt folgendes: Die Volksschulen Zamboanga's sind alle spanisch. Die geringe Ausbreitung, deren sich die spanische Sprache in dem ostasiatischen Colonialreich erfreut, ist hauptsächlich dem starken numerischen Missverhältnis zwischen Spaniern und Malaien zuzuschreiben, welches sich im Laufe der Jahrhunderte nur sehr wenig verringert hat, sodann auch der früheren grundsätzlichen Abneigung der hier allmächtigen Geistlichkeit, den Eingeborenen die Kenntniss des Spanischen beizubringen, [...]. [. ..] Es wird nämlich allgemein bestätigt, dass das Spanische der farbigen Bevölkerung ein sehr verderbtes ist, [...]. (1883:112, 113) Schuchardt hat klar erkannt, daß dieses "español de cocina" [...] kein fertiges Patois [ist], wie das Portugiesische von Macao oder Malacca, es existirt in den mannigfachsten Abstufungen, mit grösserer oder geringerer Annäherung an die spanische Grammatik, mit grösserer oder geringerer Verwendung malaiischer Wörter; aber es ist doch kein immer wiederholtes individuelles Radebrechen mehr, es ist ein geläufig gesprochener Jargon, der zwischen vielen Indiem, mit Hintansetzung der angestammten Sprache, das regelmässige Unterhaltungsmittel bildet; [...]. (S. 113) Dies kommt der Kurzbeschreibung einer Kontinuumssituation gleich, wie sie erst in den 70er Jahren unseres Jahrhunderts von D. DeCamp (1971) und D. Bickerton (1973) näher untersucht wurde 2 1 . Schuchardt erwähnt nicht expressis verbis, ob es sich beim Tagalospanischen u m eine wirkliche Kreolsprache handelt - der Unterschied zwischen Pidgin- und Kreolsprachen war ihm durchaus klar (vgl. Brevier, S. 160) 21

Rez. von F. Blumentritt, Vocabular einzelner Ausdrücke und Redensarten welche dem Spanischen der philippinischen Inseln eigenthümlich sind, 1882, in: Zeitschrift für das österreichische Gymnasium 34 (1883), S. 316-319. 22 Vgl. G. Meijer/P. Muysken (1977), T.L. Markey (Hg.) (1979), G. Gilbert (1980), R. Le Page (1980). 23 Schuchardt weist diese Kontinuumssituation in den meisten kreolophonen Gebieten nach, insbesondere im asiatischen Raum: "Wo sich einmal eine kreolische Mundart fixirt hat, wird zwischen ihr und der europäischen Grundsprache, falls sie ebenda irgendwie cultivirt wird, eine Scala von Kreuzungen oder Uebergängen hervortreten." (1882b:800). Vgl. auch K. Whinnom (1956:15). 176

Hugo Schuchardts

hispaniatische

Arbeiten

- , er beschreibt das Tagalospanische als eine Variante des Kontinuums und bedauert, daß er vom Hispanotagalischen, also der dem Spanischen näheren Variante, nur unzureichende Informationen hat (S. 125). Ein Vergleich dieser "correlaten Mischsprachen" (S. 125) erschien Schuchardt höchst interessant, sind beide Varianten doch "aus denselben Factoren in entgegengesetzter Richtung erzeugte Sprachorganismen" (S. 125). Schuchardt analysiert dann mit ungeheurer Akribie die ihm zur Verfügung stehenden sprachlichen Daten zum Tagalospanischen - er arbeitet wie bei seiner Studie über das Andalusische einen Teil seines Korpus in den Aufsatz ein - , und zwar hinsichtlich Morphologie, Syntax, Wortschatz und Lautsystem. Ihn interessiert insbesondere der Grad der Sprachmischung sowie Konvergenzerscheinungen zwischen Substratsprache und europäischer Sprache. So macht zum Beispiel das Tagalospanische genau wie das Tagalog keinen Genusunterschied in der Nominalphrase (S. 131), es kennt keine Numeruskongruenz zwischen Substantiv und Déterminant (S. 131), es hat keine Kopula und keine Verbalflexion hinsichtlich Person und Genus (S. 132). Schuchardt erwähnt nicht ausdrücklich, daß fast alle diese Besonderheiten allgemeine Merkmale kreolischer Sprachen sind, wenngleich er das aufgrund seiner Kenntnisse anderer Kreolsprachen sicher gewußt hat. Schuchardt sah auch bereits, daß es nicht das Standardspanische war, mit dem die eingeborene Bevölkerung konfrontiert wurde, sondern dialektale und umgangssprachliche Varianten des Spanischen: "Abgesehen von diesen localen Zügen des Spanischen müssen auch dessen vulgäre Elemente für das Tagalospanische in Berücksichtigung gezogen werden." (S. 144). Es ist erstaunlich, daß Schuchardt anderen spanischen Kreolsprachen, so zum Beispiel dem Papiamento keinen eigenen Aufsatz widmete. Er hatte das "Curazoleüische" (1882a:895, 1883:145, Brevier, S. 176) zwar durchaus im Blick - Schuchardt wollte von Cuervo Informationen über "una depravación de la lengua castellana cual se usa en Curaçao y las adyacentes partes de Venezuela" (vgl. Bross 1968:35-38), vermutlich reichten seine Daten jedoch für eine längere Beschreibung nicht aus. Auch um das Palenquero in Kolumbien und Bolivien wußte Schuchardt bereits und befragte Cuervo brieflich dazu. Dieser schrieb ihm zwar, daß er eine solche "jerigonza" in Kolumbien nicht kenne (vgl. Bross 1968:36, 39), diese Antwort schien Schuchardt jedoch nicht zu befriedigen, denn wenig später schrieb er an Cuervo: "En fin poseo bastantes datos sobre el español de cocina que están hablando los tagalos y otros indios de Filipinas. ¿Como se explica que los indios de America no chapurreen de una manera parecida el hermoso idioma de Cervantes?" (vgl. Bross 1968:45-46, vgl. auch S. 48 , 67) 2 4 . Es würde zu weit führen, Schuchardts Beiträge zum portugiesischen Kreolisch, mit denen der Grazer Gelehrte absolute Pionierarbeit leistete, und das ihm von allen Kreolsprachen am meisten am Herzen lag, hier zu erläutern 2 5 . Schuchardt war und ist noch heute mit Sicherheit derjenige Sprachwissenschaftler, der diese Idiome in ihrer 24

Zum Palenquero vgl. N . S . de Friedmann/O. P a t i ñ o Rosselli ( 1 9 8 3 ) .

" U n t e r den kreolischen Dialecten kommt den portugiesischen insofern eine besondere B e achtung zu, als sie a m frühesten e n t s t a n d e n sind, und wiederum sind unter ihnen die negerportugiesischen die i n t e r e s s a n t e s t e n . " ( 1 8 8 2 a : 8 8 9 ) F ü r eine genaue Ubersicht über Schuchardts kreolistische Schriften vgl. G . G i l b e r t ( 1 9 8 0 ) . 25

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ganzen Vielfalt a m besten kannte; seine Beiträge sind jeweils eine Art Kurzgrammatik dieser Sprachen u n d sind zum Teil immer noch die einzigen Beschreibungen dieser Idiome. 3. "Einen vorrangigen Platz in der wissenschaftlichen Betätigung Schuchardts nehmen die etymologischen Untersuchungen ein." (Iordan 1962:73). Die 47 meist in der Zeitschrift für Romanische Philologie erschienenen Beiträge Schuchardts zu etymologischen Problemen der iberoromanischen Sprachen zeigen seine Passion f ü r wortgeschichtliche Studien; in einem Brief an L. Spitzer bemerkte Schuchardt einmal: "Sie wissen dass ich das Etymologisieren auch heute noch für einen erquicklichen Sport u n d eine gesunde Zimmergymnastik (für die Arm- und Beinmuskeln) halte." (vgl. Spitzer 1930:607). Schuchardt kam hier z.T. zu schlüssigen Ergebnissen, die als solche z u m Beispiel in das etymologische Wörterbuch von J. Corominas eingeflossen sind. Nicht alle Beiträge sind jedoch gleichermaßen überzeugend; erschwerend kommt hinzu, daß das Lesen von Schuchardts Schriften oft durch die Überfülle beeinträchtigt wird, u n d daß seine Argumentation mitunter etwas schwerfällig wirkt. Daß Schuchardts eigene etymologische Forschung oft in Zusammenhang mit der Widerlegung anderer Meinungen zu sehen ist, entspricht seiner Arbeitsweise. F ü r Schuchardt ist Etymologie "eine mehr oder weniger abgekürzte Wortgeschichte" (Brevier, S. 113), Wortgeschichte wiederum bedeutet aber zugleich auch Sachgeschichte. Mit der Auffassung, "dass Sachforschung u n d Wortforschung nicht bloss, wenn auch hilfsbereit, nebeneinander stehen, sondern dass sie sich durchdringen, sich miteinander verflechten und zu Ergebnissen zweifacher Art führen" (Brevier, S. 124) wurde Schuchardt zu einem der Begründer der Forschungsrichtung "Sachen und W ö r t e r " 2 6 . Er forderte sogar ein ethnographisches Museum f ü r jedes romanische Land, damit die sachkundlichen Studien erleichtert würden, und betonte schon 1904 die Wichtigkeit eines ethnographischen Sprachatlasses 2 7 . Mit A. Griera korrespondierte er über katalanische Fischerhütten - die barracas - , R. Menendez Pidal bat er u m Auskünfte über die spanische Fischereisprache - die Fischereiterminologie war eines seiner Steckenpferde - , Schuchardts Interesse an ethnographischen Dingen war unbegrenzt. Was Schuchardts spanische Etymologien anbelangt (für eine Liste der Beiträge vgl. Weiss 1981:12fr.), sollen hier nur einige exemplarisch vorgestellt werden. Ein, wie ich glaube, typisches Beispiel f ü r einen etymologischen Beitrag Schuchardts ist der Artikel über span. corzo 'Reh' (ZRP 23, 1899, S. 189; ZRP 29, 1905, S. 558559). Schuchardt weist eine vorrömische Etymologie zurück und zeigt, daß corzo von lat. • C U R T I U S 'kurz' herrühren muß und gibt auf die Frage warum auch gleich die Antwort: "Inwiefern kann das Reh nun als Kurztier bezeichnet werden? Weil 29 Vgl. F. Lochner v. Hüttenbach (1980) zu dem Problem "Sachen und Wörter - Wörter und Sachen". 27 In seinem Aufsatz "Zur Methodik der Wortgeschichte" (1904) schreibt Schuchardt: "Unsere romanische Sprachwissenschaft macht erfreuliche Fortschritte, aber vor allem im Feststellen und Beschreiben; das Erklären beschränkt sich immer noch zu sehr auf einzelne Erscheinungen, die Mundarten sind uns kaum mehr als geographische Begriffe - was uns not tut, ist ethnographische Vertiefung." (Brevier, S. 119).

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hispantstische

Arbeiten

es einen kurzen Schwanz hat." (1899:189). Er demonstriert unter Zuhilfenahme verschiedener romanischer und germanischer Sprichwörter - für Schuchardt ein wichtiges Arbeitsinstrument daß diese erstaunliche Etymologie, bei der die Sachgeschichte Vorrang vor der reinen Lautgeschichte hat, in der Tat fundiert ist. Corominas hat diese Etymologie in seinem Wörterbuch übernommen. Ahnlich reich dokumentierte und auch durchaus einleuchtende Wortgeschichten - kennzeichnend für Schuchardts Etymologien ist stets die gesamtromanische Vergleichsbasis - legte Schuchardt zum Beispiel für die spanischen Wörter ladilla 'Filzlaus' (ZRP 34, 1910, S. 331ff.), losa 'Steinplatte, Fliese' ( Z R P 6, 1882, S. 424), dengue 'Ziererei' ( Z R P 14, 1890, S. 175ff.) und mimar 'verhätscheln' ( Z R P 14, 1890, S. 177ff.) vor, die jeweils von Corominas in seinem Diccionario critico etimologico de la lengua castellana bestätigt wurden. Bezüglich ladilla lehnt Schuchardt einen Zusammenhang mit lat. BLATTA 'Küchenschabe' ab und weist nach, daß lat. LATUS schon sehr früh nicht nur 'breit' sondern auch 'platt' bedeutete und daher sehr wohl als Etymon für ladilla in Frage kommt, da eine Filzlaus durch ihren abgeplatteten Körper gekennzeichnet ist. Für losa lehnt Schuchardt das von G. Baist angenommene lateinische Etymon LAXA ab und postuliert ein vorrömisches Substrat wort. Ebenfalls gegen G. Baist ist Schuchardts Verteidigung des auch von W . Förster und W. Meyer-Lübke angenommenen lateinischen Etymons MATTA für span. nata 'Sahne' gerichtet (ZRP 6, 1882, S. 121). Dengue 'Ziererei' hat nach Schuchardt nichts mit lat. D E N E G A R E zu tun, wie es F. Diez glaubte, sondern leitet sich von einem lautnachahmenden Stamm dand/dind/dond ab, der eine Hin- und Herbewegung ausdrückt, und von dem z.B. auch frz. dandiner und dt. tändeln abstammen. Bezüglich mimar weist Schuchardt eindeutig nach, daß dieses Verb von lat. MIMUS 'Gebärdenspiel, Afferei' abgeleitet ist, und nicht, wie Diez annahm, von lat. MINIMUS. Schuchardts etymologische Vorschläge zu span. tomar (ZRP 14, 1890, S. 180; Schuchardt nimmt ein romanisches A-Verbum tomb- (tumb-) 'fallen, fallen machen' an), dejar (ZRP 15,1891, S. 241; Schuchardt postuliert ein nicht belegtes lat. *DAXAR E ) oder hallar (ZRP 20, 1896, S. 535-536; Schuchardt nimmt ein intransitives MIHI A F F L A T U R 'es wird mir zugeweht = ich finde' an) wurden dagegen von jüngeren Etymologen eher zurückhaltend interpretiert. Anderes wurde beispielsweise von Corominas gänzlich abgelehnt, so Schuchardts Erklärungen von span. brincar 'springen, hüpfen' (ZRP 6, 1882, S. 423-424; Schuchardt geht von einem keltischen Wort *blingim aus), zanahoria 'Karotte' (Revue int. des etudes basques 6, 1912, S. 283; Schuchardt hält griech. (TTatjwXlvoi; für das Etymon) oder madrono 'Erdbeerbaum' (ZRP 28, 1904, S. 192ff.) 2 8 . In den meisten Fällen werden Schuchardts Etymologien von Corominas jedoch zumindest diskutiert, ein Beweis für die Bedeutung, die den etymologischen Untersuchungen des Grazers beigemessen wurde. Eine umfassende 28 Einen Teil seiner Arbeiten widmete Schuchardt umstrittenen Etymologien (vgl. z . B . seine langen Erläuterungen zu span. vega ' E b e n e , Aue' und nava ' E b e n e , Senke', für die Schuchardt jeweils ein lateinisches Etymon ansetzt, ZRP 23, 1899, S. 174-200; ZRP 33 (1909), S. 462-468). E r setzte sich hier insbesondere mit G. Baist und W . Meyer-Lübke auseinander; seine in der Tat oft etwas konstruiert wirkenden Erklärungen wurden von Corominas abgelehnt.

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W ü r d i g u n g von Schuchardts etymologischem Werk steht noch aus. Ein weiterer Aspekt von Schuchardts hispanistischem Schaffen, der eigentlich von seinen etymologischen Forschungen nicht zu trennen ist, ist sein Interesse an den vorrömischen S u b s t r a t s p r a c h e n auf der iberischen Halbinsel. Schuchardt h a t mehrere etymologische Beiträge d e m Baskischen und Iberischen gewidmet, wobei es i h m insbesondere auf die genaue Erforschung der Lehnwörter in den einzelnen a m Sprachkontakt beteiligten Sprachen a n k a m 2 9 . Schuchardt stellt hier seine f u n d i e r t e Kenntnis des Baskischen u n t e r Beweis, d e m er zahlreiche Studien gewidmet h a t 3 0 . Sein Interesse a m Iberischen zeigt sich neben den etymologischen Arbeiten in einigen kleineren Untersuchungen (u.a. 1904, 1907, 1910, 1922, 1923), die sich insbesondere mit der iberischen Deklination u n d der iberischen Schrift befassen. Seine Inform a t i o n e n hinsichtlich der iberischen Epigraphik waren aber z.T. noch lückenhaft, u n d seine Schlußfolgerungen sind deshalb "mit Vorsicht zu genießen" (H. Schwerteck 1980:230). Schuchardt war übrigens wie Humboldt der Ansicht, daß das Iberische mit dem Baskischen n a h e verwandt sei (vgl. " Z u m Iberischen, Romano-baskischen, Ibero-romanischen", ZRP 23, 1899, S. 174-200), eine Auffassung, die h e u t e k a u m noch geteilt wird (vgl. K. Baldinger 1971:246). 4. Die Vielseitigkeit Schuchardts wird besonders deutlich, wenn m a n einen Blick auf sein, wenn auch sehr schmales, literaturwissenschaftliches Oeuvre wirft, das D. Kremers (1980) z u m ersten Mal in einem längeren Artikel zusammenfassend würdigt. F ü r Schuchardt war die K e n n t n i s der Literatur immer das eigentliche Erkenntnisziel des Philologen. "Sehr zu Unrecht preist m a n Sprachkenntnis als Gradmesser der Bildung; die Bildung besteht n u r in der Vertrautheit mit f r e m d e n L i t e r a t u r e n , u n d diese wird allerdings d u r c h jene vermittelt." (zitiert nach Kremers 1980:101). Wie so häufig bildeten auch in diesem Bereich Rezensionen den Anstoß für Schuchardts Beschäftigung mit verschiedenen Bereichen der romanischen Literaturwissenschaft (vgl. Weiss 1981:16fr.). Was seine Beiträge zur spanischen Literatur anbelangt - Kremers geht darauf übrigens nicht näher ein - steht eindeutig die Beschäftigung mit Calderón i m Mittelp u n k t . Schuchardt hat d e m spanischen Dichter anläßlich seines 200. Todestages 1881 zwei Artikel gewidmet, die Schuchardt als guten Calderón-Kenner zeigen, der sogar bis zu einem gewissen G r a d von d e m Calderón-Enthusiasmus des 19. J a h r h u n d e r t s angesteckt war. In dem Artikel "Zu Calderons Jubelfeier" (1881b) gibt Schuchardt einen Uberblick ü b e r die Rezeption Calderons in Deutschland im 18. und 19. J a h r h u n d e r t (S. 114ff.), i n d e m er sich vor allem auf die Aufführungen der Stücke Calderons in deutschen u n d österreichischen T h e a t e r n konzentriert 3 1 . Schuchardts Ansicht nach können m o d e r n e D r a m a t i k e r in p u n c t o Technik immer noch viel von den barocken Dichtern lernen; er gibt allerdings auch zu, daß Calderón ein schwer a u f z u f ü h r e n d e r 29

Vgl. dazu M. Höfler (1980). Vgl. dazu H. Schwerteck (1980:219): "104 Veröffentlichungen sind die Frucht seiner intensiven Arbeit auf diesem Gebiet." 31 "Kein Volk hat dem Studium der spanischen Litteratur sich mit solcher Liebe, j a Schwärmerei gewidmet wie das unsere, und gerade das altspanische Drama hat unter uns, besonders wiederum unter den Oestreichern, lebhaften Nachruhm und Anklang geerntet." (1881b:105). 30

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Hugo Schuchardts hi spams tische Arbeiten D r a m a t i k e r ist, d a seine T h e m e n f r e m d u n d f ü r d e n g e l t e n d e n P u b l i k u m s g e s c h m a c k oft veraltet erscheinen (S. 119). F ü r S c h u c h a r d t w a r C a l d e r ó n d e r Inbegriff des s p a n i schen Dichters: " J a , ich h a l t e C a l d e r ó n f ü r d e n s p a n i s c h s t e n , d e n wenigst m o d e r n e n D r a m a t i k e r , also d e n welcher eigentlich f ü r u n s a m schwierigsten zu v e r s t e h e n i s t . " (S. 108). Es ist n a c h S c h u c h a r d t feilsch, d e n ä s t h e t i s c h e n M a ß s t a b des eigenen Volkes a n einen A u t o r wie C a l d e r ó n anzulegen (S. 112), " m a n m u s s dieses S p a n i e n g e n a u k e n n e n u m die d r a m a t i s c h e n Werke die es h e r v o r b r a c h t e , richtig zu b e u r t h e i l e n . " (S. III)32. Die I n t e r p r e t a t i o n von C a l d e r ó n als " f r e m d a r t i g e r G r ö ß e " 3 3 ist a u c h ein A s p e k t des zweiten, sehr l a n g e n B e s p r e c h u n g s a u f s a t z e s von S c h u c h a r d t " N e u e s t e D e u t s c h e C a l d e r o n - L i t e r a t u r I-III" (1881c), dessen K e r n s t ü c k die S t u d i e " G o e t h e u n d C a l d e r ó n " b i l d e t 3 4 . In dieser, d e r C a l d e r ó n - F o r s c h u n g w o h l b e k a n n t e n Schrift v e r s u c h t S c h u c h a r d t , G o e t h e s V e r h ä l t n i s zu C a l d e r ó n zu skizzieren, von d e r a n f ä n g l i c h e n Begeisterung bis hin zu seiner w a c h s e n d e n Skepsis g e g e n ü b e r d e m b a r o c k e n u n d k a t h o lischen Dichter a u s S p a n i e n 3 5 . " D a s s t r e n g Konventionelle, wie es i h m hier sofort in die Augen s p r a n g , war i h m a n sich gewiss nicht z u w i d e r , n u r b e r e i t e t e es d e m V e r s t ä n d n i s s u n d d e m G e n u s s Hindernisse, i n s o f e r n es sich auf eine g a n z f r e m d a r t i g e K u l t u r g r ü n d e t e , die G o e t h e u n d d e n m e i s t e n seiner Zeitgenossen wirklich g a n z f r e m d blieb." (S. 135). So u r t e i l e n d a n n a u c h s p ä t e r e C a l d e r ó n - F o r s c h e r wie S. H a r d y 3 6 . S c h u c h a r d t f r a g t sich d a n n , wie die " l e b h a f t e u n d d a u e r h a f t e S y m p a t h i e G o e t h e s f ü r C a l d e r ó n " (S. 137) zu e r k l ä r e n sei, d a C a l d e r ó n Schiller eigentlich n ä h e r g e s t a n d e n h a b e n m ü ß t e . Die E r k l ä r u n g g l a u b t S c h u c h a r d t z u m einen d a r i n zu finden, d a ß sowohl G o e t h e als a u c h C a l d e r ó n versuchen, nicht n u r Symbolisches auf die B ü h n e zu bringen, s o n d e r n a u c h d a s d e m V e r s t a n d nicht G r e i f b a r e , d a s D ä m o n i s c h e 3 7 . Z u m a n d e r e n sah S c h u c h a r d t a b e r a u c h , d a ß G o e t h e s I n t e r e s s e a n d e m S p a n i e r vor a l l e m in dessen K u n s t s t i l , dessen t h e a t r a l i s c h e r V o l l k o m m e n h e i t l a g 3 8 . " G o e t h e h a t von jeher die h o h e B e d e u t u n g des Symbolischen f ü r d a s D r a m a g e f ü h l t , u n d dieses ist die Seite von welcher C a l d e r ó n eine b e s o n d e r e A n z i e h u n g auf i h n a u s g e ü b t h a b e n w i r d .

32 Vgl. dazu S. Hardy (1965:97): "Die allgemeine Bezüglichkeit in den Gegenständen, im Stoff und in der Form des Dramas setzt die Verstehbarkeit beim Publikum voraus. Der Dichter kann aber nur dann damit rechnen, wenn er seines Publikums gewiß sein kann, wenn er, wie im Falle Calderóns, das Bildungsgut seiner Zeit verwaltet." 33 Vgl. M. Tietz (1983) zu diesem Gedanken. 34 Schuchardt setzt sich hier sehr kritisch mit E. Dorers Schriften auseinander: E. Dorer, Die Calderón-Literatur in Deutschland. Bibliographische Ubersicht, Zürich 1877 und ders. (Hg.), Goethe und Calderón: Gedenkblätter zur Calderónfeier, Leipzig 1881. 35 Bezüglich des Standhaften Prinzen sagte Goethe einmal: "Ja, ich möchte sagen, wenn die Poesie ganz von der Welt verloren ginge, so könnte man sie aus diesem Stücke wiederherstellen.", zit. nach H. Schuchardt (1881c:126). Vgl. dazu auch Hardy (1965:33). 36 S. Hardy (1965:23): "[...] in allen Urteilen über Calderón steht dieser Zweifel an den befremdlichen Gegenständen neben einer schrankenlosen Anerkennung einer Kunst, die auch noch das - in Goethes Augen - Absurde zu verherrlichen versteht." 37 Hardy lehnt diese Interpretation ab (1965:110, 122), vgl. Sullivan (1983:190). 38 So auch Hardy (1965:114), Hoffmeister (1980:147, 150), Sullivan (1983:190).

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W e n n er b e t o n t d a s s was t h e a t r a l i s c h sein wolle, symbolisch sein m ü s s e [...], so h a t er Recht von C a l d e r o n s t h e a t r a l i s c h e r Vollkommenheit zu s p r e c h e n . [...] alle die Stücke die er, u n d z w a r m i t l o b e n d e n W o r t e n , kurz n e n n t o d e r etwas n ä h e r b e l e u c h t e t o d e r g a r a u f f ü h r e n l ä s s t , r a g e n in d a s Gebiet des W u n d e r b a r e n , D ä m o n i s c h e n , Ueberirdischen h i n e i n . . . " (S. 141-142). In d e r T a t ließ G o e t h e n u r die b ü h n e n w i r k s a m s t e n Stücke C a l d e r ó n s a u f f ü h r e n . S c h u c h a r d t sieht n a t ü r l i c h d e n W i d e r s p r u c h zwischen d e m bei C a l d e r ó n in Szene g e s e t z t e n katholischen W u n d e r (S. 143) u n d f r a g t sich, o b hier nicht G o e t h e s G e s c h m a c k m i t sich selbst in W i d e r s p r u c h g e r ä t . Hat G o e t h e , der S h a k e s p e a r e glücklich p r e i s t , d a dieser in e i n e m p r o t e s t a n t i s c h e n L a n d g e b o r e n sei, u n d d e r C a l d e r ó n b e d a u e r t , d a dieser d u r c h die Z e i t u m s t ä n d e g e z w u n g e n w a r , " " d ü s t e r e m W a h n e zu f r ö h n e n u n d d e m U n v e r s t a n d eine K u n s t v e r n u n f t zu verleihen, w e s h a l b wir d e n n m i t d e m D i c h t e r selbst in w i d e r w ä r t i g e n Zwiespalt g e r a t h e n , d a d e r Stoff beleidigt, indes die B e h a n d l u n g e n t z ü c k t " " (S. 143), C a l d e r ó n hier wirklich v e r s t a n d e n 3 9 ? S c h u c h a r d t e r k e n n t in U m r i s s e n , d a ß G o e t h e d e n s p a n i s c h e n Dicht e r in ein Netz von gesellschaftlichen K o n v e n t i o n e n e i n g e s p a n n t sah u n d i h n hier in d e r T a t m i ß v e r s t a n d , d a er d e n D o g m a t i s m u s des S p a n i e r s h e r u n t e r s p i e l t e 4 0 . "Auf welche b e s o n d e r n religiösen E l e m e n t e in C a l d e r o n s Poesie G o e t h e hinzielt, i n d e m er von d ü s t e r e m W a h n u n d U n v e r s t a n d , von a b s u r d e n u n d beleidigenden Stoffen r e d e t , d a r ü b e r s i n d wir i m U n k l a r e n . Sollten sich G e f ü h l , Ansicht, W o r t nicht vollständig bei i h m d e c k e n ? " (S. 145). S c h u c h a r d t g l a u b t e , d a ß G o e t h e , "wenn er es a u c h nicht g e r a d e z u a u s s p r a c h , doch die Gewalt des Religiösen bei C a l d e r ó n e m p f a n d u n d n u r gewisse A u s w ü c h s e dieses E l e m e n t e s missbilligte." (S. 146), was von der h e u t i g e n C a l d e r ó n - F o r s c h u n g z . T . e b e n s o gesehen w i r d 4 1 . I n s g e s a m t gesehen finden sich in diesem B e i t r a g S c h u c h a r d t s einige g u t e B e o b a c h t u n g e n , d e r g a n z e n K o m p l e x i t ä t d e r B e z i e h u n g zwischen G o e t h e u n d C a l d e r ó n k a n n u n d soll er wohl auch nicht gerecht werden. S c h u c h a r d t schließt seine B e m e r k u n g e n m i t einer K r i t i k a n J . F a s t e n r a t h 4 2 , d e m er ü b e r t r i e b e n e n E n t h u s i a s m u s u n d Ungenauigkeit der D a r s t e l l u n g v o r w i r f t , sowie mit einer W ü r d i g u n g der s p a n i s c h e n L i t e r a t u r , die f ü r ihn eine b e s o n d e r e M i s c h u n g a u s I d e a l i s m u s u n d R a t i o n a l i s m u s d a r s t e l l t . " A b e r b e i d e R i c h t u n g e n k r e u z e n sich hier nicht wie a n d e r s w o , s o n d e r n - u n d d a r i n liegt meines E r a c h t e n s d e r b e s o n d e r e W e r t h dieser L i t e r a t u r - sie g e h e n mit e i n a n d e r parallel; d a s Reale ist die E r g ä n z u n g , 39 Vgl. Hardy (1965:115): "Was ihn jedoch fesselte und ihn von Calderón als seinesgleichen sprechen ließ, war die "Kunstvernunft", die dieser selbst dem "Unverstand" zu verleihen gewußt habe, [...]." 40 Für Goethe gilt auch, was M. Tietz über deutsche Calderón-Interpreten im 19. Jahrhundert sagte: "Damit aber wird Calderón in einer für die weitere Rezeption programmatischen Weise von seinen geistigen Wurzeln und seinen inhaltlichen Aussagen getrennt und ins Ästhetisch-Unverbindliche gehoben." (1983:56). 41 So auch Sullivan (1983:192): "Goethe is not condemning Calderón's religion as such, but only superstition and the belief in miracles which, in some plays, must have struck Goethe's free-thinking spirit as irksome." 42 J. Fastenrath, Calderón de la Barca. Festgabe zur Feier seines 200jährigen Todestages (25. Mai 1881), Leipzig 1881.

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Hugo Schuchardts

hispanistische

Arbeiten

d e r Träger des Idealen; n e b e n d e m Cavalier s t e h t der Gracioso, n e b e n D o n Q u i j o t e S a n c h o P a n s a . " (1881c:3163) 4 3 . M a n wird S c h u c h a r d t sicher nicht u n t e r die großen C a l d e r ö n - F o r s c h e r des 19. J a h r h u n d e r t s r e c h n e n wollen, sein W i s s e n ü b e r d a s W e r k C a l d e r o n s u n d dessen Rez e p t i o n , seine I n t e r p r e t a t i o n der comedias lassen i h n a b e r z u m i n d e s t als einen d e r " c a l d e r o n i s t a s " der f r ü h e n d e u t s c h e n Hispanistik erscheinen. W i e so vieles a u s d e m O e u v r e S c h u c h a r d t s ist a u c h seine h i s p a n i s t i s c h e Hinterlassenschaft wenig k o h ä r e n t u n d i m G r u n d e g e n o m m e n wenig k o n k r e t . Es finden sich hier j e d o c h wie überall bei S c h u c h a r d t brillante D e n k a n s t ö ß e sowie h e r v o r r a g e n d e u n d innovative E i n z e l u n t e r s u c h u n g e n , die sein Werk so e i n z i g a r t i g m a c h e n . D a ß S c h u c h a r d t s "oft eher assoziativ als s y s t e m a t i s c h a n m u t e n d e n U n t e r s u c h u n g e n " (Schwerteck 1980:50) m a n c h m a l ein u n b e f r i e d i g e n d e s G e f ü h l h i n t e r l a s s e n , sollte allerdings auch nicht geleugnet w e r d e n . Mit seinen U n t e r s u c h u n g e n z u m A n d a l u s i s c h e n , z u m cante flamenco u n d zu d e n portugiesischen u n d s p a n i s c h e n K r e o l s p r a c h e n legte S c h u c h a r d t d e n G r u n d s t e i n f ü r die s p ä t e r e Forschung, seine e t y m o l o g i s c h e n u n d liter a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e n Artikel w u r d e n meist Stoff l e b h a f t e r wissenschaftlicher Diskussion. D a m i t g e b ü h r t S c h u c h a r d t ein P l a t z u n t e r d e n f r ü h e n d e u t s c h e n Hispanis t e n , wenngleich er sich selbst nie so v e r s t a n d e n h ä t t e . Seinen h i s p a n i s t i s c h e n Schrift e n ist zweierlei gemein: 1. sie sind Teil eines g r ö ß e r e n G e d a n k e n g e b ä u d e s , d a s die S p r a c h e als lebendiges u n d sich s t ä n d i g v e r ä n d e r n d e s M i t t e l d e r m e n s c h l i c h e n K o m m u n i k a t i o n z u m U n t e r s u c h u n g s g e g e n s t a n d h a t , u n d 2. sie h a b e n A k z e n t e gesetzt u n d die nachfolgende hispanistische Forschung b e f r u c h t e t . S c h u c h a r d t s A r b e i t s e t h o s ("Ich h a t t e einst d a s G e f ü h l als R o m a n i s t h a b e m a n a u c h eine sittliche F u n k t i o n , sei ein wenig, ein ganz klein wenig V o r a r b e i t e r des allg. [sie] V ö l k e r f r i e d e n s " 4 4 ) , sein Fleiß u n d sein u n e r m ü d l i c h e r Forschungstrieb ( " d a s w a h r e F i n d e n liegt i m w a h r e n S u c h e n " , Brevier, S. 236), seine u m f a s s e n d e , g e s a m t r o m a n i s t i s c h e Sicht d e r D i n g e u n d seine p r o f u n d e S a c h k e n n t n i s sowie seine tiefe Liebe zu d e m , was er b e o b a c h t e t e ( " N u r d a n n a r b e i t e n wir m i t Glück, wenn wir m i t Liebe a r b e i t e n " , Brevier, S. 317), sollten auch f ü r u n s h e u t e noch A n s p o r n u n d Lehre sein. LITERATURVERZEICHNIS Baldinger, K u r t (1971). La formación de los dominios lingüísticos en la península ibérica. M a d r i d , 2. Aufl. Language Bickerton, Derek (1973). " T h e N a t u r e of a Creóle C o n t i n u u m " , in: 4 9 / 3 , S. 640-669. Brevier = Spitzer, Leo (1976). Hugo Schuchardt Brevier. Ein Vademecum der allgemeinen Sprachwissenschaft. D a r m s t a d t . U n v e r ä n d e r t e r N a c h d r u c k d e r 2., e r w . Auflage, Halle (Saale) 1928. 43 Der Briefwechsel Schuchardts mit M. Menéndez y Pelayo (vgl. Karl 1934) ist ebenfalls ein Dokument für Schuchardts literaturwissenschaftliches Interesse. Er wendet sich an den spanischen Gelehrten vor allem mit Fragen bezüglich Calderón sowie des Don Juan-Motivs. 44 Aus einem am 9.2.1926 an L. Spitzer gerichteten Brief, den Schuchardt unter dem Eindruck einer ihn sehr bedrückenden Rede Mussolinis schrieb (in Spitzer 1930:615).

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Hugo Schuchardt»

hispanistiache

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Bettineiiis und Tiraboschis Kritik an der spanischen Literatur als P r o b l e m des Selbstverständnisses der italienischen Kultur und die Einschätzung der italienischen und spanischen Literatur durch Herder und Friedrich Schlegel Volker

Kapp

Erlangen I m 18. J a h r h u n d e r t lief Italien Gefahr, in kulturelle Verspätung zu geraten u n d den Anschluß an die internationale Entwicklung des Denkens u n d Schreibens zu verlieren. Seine enge B i n d u n g an die Antike wurde zum Hindernis. Die traditionelle humanistische Geisteswelt h a t t e sich bis in die Institutionen hinein überlebt, denn die Akademien, einst Keimzellen humanistischen Denkens, waren zu provinziellen Zirkeln verkommen. Eine Öffnung f ü r die neue englische und französische Literatur t a t not, eine Besinnung auf die Ursachen des kulturellen Abstiegs war unerläßlich. Das Ringen der italienischen Aufklärer u m ihr Selbstverständnis ist ein Zeichen f ü r eine kulturelle Krise. Die Schaffung der G r u n d l a g e n f ü r eine künftige K u l t u r war eine der vornehmsten Aufgaben der italienischen A u f k l ä r u n g . Dies war zunächst ein inneritalienisches P r o b l e m , das jedoch das Verhältnis zu a n d e r e n K u l t u r e n betraf und in den siebziger J a h r e n auch die Polemik u m die spanische L i t e r a t u r auslöste. W i d o Hempel h a t auf diese Auseinandersetzungen a u f m e r k s a m g e m a c h t 1 , Miguel Battlori sie mit der Geschichte des Jesuitenordens in Verbindung gebracht 2 u n d Manfred Tietz ihr Gewicht i n n e r h a l b der europäischen Aufklärungsbewegung u n t e r s u c h t 3 . Ich möchte hier die historische Konstellation skizzieren, innerhalb derer die italienischen Aufklärer eine negative A p o s t r o p h i e r u n g Spaniens f ü r wichtig halten konnten, u m d a n n die Folgen dieser Polemik für das deutsche Bild von Italien und Spanien a n h a n d von Herder u n d Friedrich Schlegel zu umreißen, deren Vorstellungen in die Anfänge der deutschen R o m a n i s t i k eingegangen sind. Der Streit u m die spanische Literatur drehte sich vordergründig u m Detailfragen der literarischen W e r t u n g , i m Tieferen jedoch u m zentrale Veränderungen innerhalb der kulturellen Konstellation E u r o p a s . Dies erkennt m a n bei Saverio Bettinelli, einem der Urheber dieses Streits. Bettinelli hat eine literarische Polemik gegen die Arcadia ausgefochten, die wesentlicher Bestandteil der Ablösung der aristokratischen durch die bürgerliche Literatur war. Seine Lettere virgiliane (1757) verurteilen die Liebesdichtung der Arcadia wegen 1

"Per la storia delle polemiche fra Bettinelli, Tiraboschi, Napoli-Signorelli e i gesuiti

spagnuoli", in: Problemi di lingua e letteratura italiana del Settecento, Wiesbaden 1965, S. 115-120. 2

La cultura hispano-italiana

3

"Zur Polemik u m die spanische Literatur im 18.

de los jesuitas expulsos, Madrid 1966.

Tiraboschi, Bettinelli und Llampilas" in: Stimmen Elwert,

Jahrhundert:

der Romania.

der Streit zwischen

Fesischriß für W. Th.

hrsg. von G. Schmidt und M. Tietz, Wiesbaden 1980, S. 429-449.

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Volker

Kapp

ihrer aristokratischen Galanterie 4 . Sie sind antipetrarkistisch, preisen jedoch Petrarcas "Originalität" 5 . Sie polemisieren gegen die in Mode gekommene englische und französische Literatur und empfehlen dafür die lateinische Dichtung: La poesia latina si legga ed intenda, affin di perfezionare l'italiana. Chi pretende riuscire eccellente p o e t a latino n a t o italiano, condannisi a comporre dentre d'un mausoleo, poiché scrive ai morti, (ebd., S. 681)

Die lateinische, nicht die englische oder französische Dichtung sei Vorbild für die Italiener, die italieniche Sprache hingegen das einzig legitime Idiom der Dichtung. Diese Unterscheidung richtet sich gegen die Humanisten, die noch im Cinquecento eine Alternative von Latein und Italienisch zugunsten des ersteren entschieden wissen wollten. Der damalige Sieg des Italienischen war allerdings eine der Ursachen dafür, daß Bettinelli nun die Antike gegen Frankreich und England ausspielt. Der Sieg des Italienischen war im Cinquecento durch das Bündnis der gelehrten Humanisten mit den aristokratischen Höfen besiegelt worden. Dies war die Voraussetzung für den Aufstieg des Italienischen zur Bildungssprachen der europäischen Höfe. Das Latein konnte sich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nur noch in der katholischen Kirche und in der gelehrten Welt halten, während die Höfe Italienisch und Spanisch als konkurrierende Sprache der Elite pflegten. Für das weitere Schicksal Europas war entscheidend, daß der aufsteigende französische Absolutismus politisch mit Spanien, kulturell mit Italien um die Vormachtstellung in Europa kämpfte und daß sein kultureller Sieg über Italien mit einer Übernahme des dortigen Modells der Hofkultur verknüpft, also wiederum ein Sieg der Vulgärsprache über das Latein war 6 . Die Aufwertung des Französischen brach endgültig die Vorherrschaft des Latein, zwang aber auch zu einer Neudefinition des Modellcharakters der Antike. Der politische Sieg Ludwigs XIV. über Spanien hat den kulturellen Stellenwert des Spanischen empfindlicher getroffen als der kulturelle Sieg über Italien. Frankreich konnte Italien eine so wichtige Domäne wie das Musikleben nicht abnehmen. Vor allem aber fehlten ihm die Altertümer, deretwegen Goethe nach Rom reiste und bei seiner Ankunft am 1. November 1786 notierte, er sei "endlich in dieser Hauptstadt der Welt angelangt" 7 . Die römischen Altertümer behielten ihr Prestige im ästhetischen und historischen Bereich, verloren aber an politischer Wirksamkeit für das neuere Italien 8 . Berurteilt man Bettineiiis obige Äußerung in dieser Perspektive, dann enthüllt sich der politische Hintergund der ästhetischen Debatte, in der die Antike als Trumpf 4 Vgl. Ulrich Schulz-Buschhaus, "Formen aristokratischer u n d bürgerlicher Literatur" in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 31 (1979), S. 450-484. 5

"II Petrarca fu originale, n a t o da sé senza esempio e senza guida" (Opere di Francesco Algarotti e di Saverio Bettinelli a cura di E. Bonora, Milano- Napoli 1969, S. 666). 8 Vgl. Marc Fumaroli, L'Age de l'éloquence. Rhétorique et 'res literaria' de la Renaissance au seuil de l'époque classique, Genève 1980, S. 528. 7 8

Poetische

Werke, Bd. IX, Stuttgart 1953, S. 327.

Vgl. Verf., "Die Antike als Darstellungsmuster weltlicher u n d geistlicher Machtansprüche des P a p s t t u m s . Von Julius II. bis Pius VI." in: Trierer Beiträge. Öffentliche Ringvorlesung Kunst und Macht, i m Druck.

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Bettineiiis und Tiraboschia Krileik gegen Frankreich ins Feld g e f ü h r t wird. D a s lateinische E r b e sollte z u r A b w e h r des I m p e r i a l i s m u s der f r a n z ö s i s c h e n K u l t u r d i e n e n . Seit d e n siebziger J a h r e n des 17. J a h r h u n d e r t s s u c h t e n die F r a n z o s e n n a c h Arg u m e n t e n , die i h r e kulturelle Hegemonie s t ü t z e n k o n n t e n . Die K l i m a - T h e o r i e ist in diesem Sinne von D o m i n i q u e B o u h o u r s e i n g e s p a n n t w o r d e n , u m die literarische Kritik a n Italien ins Anthropologische zu ü b e r s e t z e n . B o u h o u r s p r ä g t e in seinen Entretiens d'Ariste et d'Eugène (1671) ein Klischee v o m I t a l i e n e r , d a s Bettinelli in seinen Lettere inglesi (1767) f o l g e n d e r m a ß e n z u s a m m e n f a ß t : [...] che gli Italiani amano i bisticci, i concetti, gli acumi, les pointes et les jeux de mots, tutta la Francia ha questa idea del (n)ostro comporre e la tiene per verità irrefragabile, (ebd., S. 760) Dieses Klischee ist von d e n Italienern i m 18. J a h r h u n d e r t vielfach kritisiert worden. Bettinelli reagiert in der F o r t s e t z u n g des obigen Z i t a t s m i t d e r A u f f o r d e r u n g , Frankreich besser v e r s t e h e n zu lernen, u m die F r a n z o s e n w i r k s a m e r kritisieren zu k ö n n e n . M a n m ü s s e d e n Vorurteilen d u r c h W i s s e n e n t g e g e n t r e t e n . Der K o s m o politismus, zu d e m sich Bettinelli b e k e n n t 9 , s c h ä r f t also gleichzeitig d e n Blick f ü r die n a t i o n a l e n U n t e r s c h i e d e . E r bildet die G r u n d l a g e f ü r die e u r o p ä i s c h e K u l t u r , in der die n a t i o n a l e n n a c h - a n t i k e n K u l t u r e n n e b e n d e r ü b e r n a t i o n a l e n a n t i k e n K u l t u r stehen. Schon vor Bettinelli h a t t e D u Bos in seinen Réflexions critiques sur la poésie et la peinture (1719) die Vorstellung, d a ß historische, politische u n d k l i m a t i s c h e Bed i n g u n g e n die einzelnen K u l t u r e n a u s b i l d e n , zu " u n s y s t è m e c o h é r e n t " 1 0 a u s g e b a u t . W ä h r e n d der Franzose diese T h e o r i e zur D e u t u n g verschiedener K u l t u r e n e i n s e t z t e , b e n u t z t sie d e r Italiener gezielt, u m die U r s a c h e n f ü r d e n N i e d e r g a n g d e r italienischen K u l t u r zu e r g r ü n d e n . Die Geschichte l e h r t , d a ß die k l i m a t i s c h e n B e d i n g u n g e n f ü r kulturelle B l ü t e gegeben sind, sonst h ä t t e Italien in d e r R e n a i s s a n c e nicht zu den antiken Ursprüngen Europas zurückgefunden. Wie kann m a n im Settecento das Vorgehen des Q u a t t r o c e n t o r e p r o d u z i e r e n , o h n e in A n a c h r o n i s m u s zu verfallen? Bettinelli kehrt in seiner Schrift Dell'entusiasmo delle belle arti zu klassischen Ü b e r l e g u n g e n des H u m a n i s m u s zurück: Studiando l'antichità noi pur diveniamo antichi, imitandoli imitiamo la natura, e la natura imitando con loro siamo originali, (ebd., S. 823) N a t u r n a c h a h m u n g sucht der H u m a n i s m u s schon i m m e r m i t der K e n n t n i s d e r Alten zu k o p p e l n . Großes e n t s t e h t d u r c h N a c h a h m e n d e r a n t i k e n V o r b i l d e r u n d W e t t e i f e r n mit i h n e n . Dieses W e t t e i f e r n w i r d hier m i t der K a t e g o r i e des O r i g i n a len in V e r b i n d u n g g e b r a c h t , deren H e r k u n f t a u s D i d e r o t s G e n i e - Ä s t h e t i k d u r c h die 9

Vi sono delle cose proprie alle nazioni, leggi, costumi, religioni, ve ne sono che dipendon dal clima, dalle situazioni, dal governo: bastino queste a distinguere gli uni dagli altri. Ma nelle cose che ponno chiamarsi un fondo universale della natura comune a tutti perché non godiamo dei beni altrui, e non li facciam nostri propri? (ebd., S. 761f.) 10 Gonthier-Louis Fink, "De Bouhours à Herder. La théorie française des climats et sa réception outre- Rhin", in: Recherches Germaniques 15 (1985), S. 6. 189

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anschließende Betonung des Enthusiasmus klar wird 1 1 : Lo studio può dirsi ispirazione, e questa vien dallo studio, il gusto fondasi nella natura, ma la natura prevenne e sentì quasi il gusto; infine l'entusiasmo ha giudicio, e il giudicio è sempre in seno al entusiasmo, (ebd., S. 823) Bettinelli nutzt offensichtlich die neue französische Genie- Ästhetik, um altes Gedankengut des Humanismus zu aktualisieren. Doch begnügt er sich nicht damit, die Leitideen der Renaissance in aktuelle Theorien zu übersetzen. E r hat ein politisches Ziel, das seine Verehrung für Cicero erklärt. Cicero habe "la natura e le proprietà dell'entusiasmo delle bell'arti" (ebd., S. 805) begriffen und das ausgedrückt, che intesero e che sentirono le anime privilegiate, i gran poeti principalmente, ammirati perciò da tutti i secoli e le nazioni, (ebd., S. 805) Die Genie-Ästhetik mündet hier in attizistischen Ciceronianismus, gipfelt somit in der Rhetorik, die Marc Fumaroli als Basis der französischen Klassik bezeichnet h a t 1 2 . Bettinelli möchte offensichtlich zu den antiken Ursprüngen des modernen Frankreich durchstoßen, um die Hegemonie der französischen Kultur von ihren Wurzeln her zu überwinden. Die Synthese von Genie-Ästhetik und attizistischem Ciceronianismus rückt Bettinelli in die Nähe von Huartes Examen de Ingeniös para las Ciencias (1575), beschwört somit die Gefahr einer Verwechselung mit den spanischen Kritikern des Ciceronianismus und mit dem Spanien des Conceptismus herauf, gegen den sich Bettinelli bereits in den Lettere inglesi abgegrenzt hat: Quelle superbia e gravità di che sono accusati [ = gli Spagnoli] io la chiamo dignità naturale, elevatezza di pensieri, punto d'onore, mirandoli con occhio filosofico; e avendone trattati poi molti, pronti d'ingegno ad ogni cimento, fecondi d'imaginazione, ardenti alla gloria, e vendicativi, per consequenza, e sensibilissimi ad ogni ombra di disprezzo, (ebd., S. 767) Hier urteilt Bettinelli noch als Kosmopolit, der die spanische Kultur verstehen möchte. Doch distanziert er sich bereits hier vom Conceptismus, dessen verderblichen Einfluß er in Dell'entusiasmo delle belle arti anprangert mit der Behauptung, die Spanier hätten den Italienern geschadet "nel principio del 1600, perchè eravano con loro in c o m m e r c i o " 1 3 . Diesen Vorwurf hat Girolamo Tiraboschi wiederholt und damit die Empörung der Spanier provoziert. Tiraboschi ist der Verfasser einer monumentalen Storia della letteratura italiana, die als Gegenstück und Korrektiv zur französischen Literaturgeschichte der Mauriner gedacht war. Tiraboschi ist vom Hegemonialanspruch der Franzosen irritiert und von Bettinelli beeinflußt. Er radikalisiert dessen attizistischen Ciceronianismus durch humanistische Denkmuster, die eigentlich überholt schienen. So geht er von einer 1 1 Vgl. Franz- Joseph Meißner, Wortgeschichthche Untersuchungen zösisch Enthousiasme und Genie, Genève 1979, S. 228f.

im Umkreis von fran-

1 2 Fumaroli, L'Age de l'éloquence, S. 612-622 und Verf., "Rhetorik und Hofkultur" in: Germanisch-Romanische Monatsschrift NF 33 (1982), S. 335-343. 1 3 Diese Stelle fehlt in der zitierten Werkauswahl. Ich zitiere sie nach Tietz, "Zur Polemik", S. 448, Anm. 25.

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Bettineiiis und Tiraboachia Krikik k u l t u r e l l e n K o n t i n u i t ä t zwischen R o m u n d Italien a u s u n d rechnet b e d e n k e n l o s die l a t e i n i s c h e z u r italienischen L i t e r a t u r . W a r diese Z u r e c h n u n g ein Stein des A n s t o ß e s , so t r u g seine W e i g e r u n g , die S c h e i d u n g der A u f k l ä r u n g zwischen 'schöner L i t e r a t u r ' u n d d e n ü b r i g e n P r o d u k t e n der ' l i t t e r a e ' m i t z u m a c h e n , zwar zu einer A u s w e i t u n g seiner P e r s p e k t i v e a b e r a u c h z u m M i ß v e r s t ä n d n i s seiner K a t e g o r i e n bei. E r m a c h t e e b e n die R h e t o r i k z u m A n g e l p u n k t seiner A r g u m e n t a t i o n u n d sah d e s h a l b h i n t e r D u Bos' K l i m a - T h e o r i e die Vorstellungen von Cicero u n d Quintilian, auf d e n e n D u Bos a u f b a u t e 1 4 . Mit diesem m e t h o d i s c h e n R ü s t z e u g ging er a n d a s a u c h in d e r f r a n z ö s i s c h e n A u f k l ä r u n g d e b a t t i e r t e T h e m a von Aufstieg u n d Verfall d e r r ö m i s c h e n Kultur. Der zweite B a n d d e r Storia b e g i n n t mit einer Dissertazione sull'origine del decadimento delle scienze. T i r a b o s c h i analysiert d o r t i m Anschluß a n Louis Racine, vorwiegend j e d o c h i m Dialog mit D u Bos die U r s a c h e n f ü r d e n Verfall d e r römischen K u l t u r . E r e n t w i r f t ein zyklisches Geschichtsmodell, u m Cicero z u m Höheu n d W e n d e p u n k t d e r römischen L i t e r a t u r zu e r k l ä r e n : [...] quando uno sia giunto a quel segno in cui propriamente consiste il bello, chi voglia ancora avanzarsi più oltre, verrà a recader ne' difetti i quali eran comuni a coloro che non vi erano ancora giunti. Così abbiam veduto che accadde nell'eloquenza dopo la morte di Cicerone [...] I due Seneca, il retore e il filosofo, gli venner dietro, e col raffinar sempre più il ragionamento e lo stile renderono l'eloquenza sempre peggiore. 1 5 Die b e i d e n Seneca signalisieren in den A u g e n von T i r a b o s c h i d e n A n f a n g des N i e d e r g a n g s . E r u r t e i l t wie Bettinelli, i n d e m er d a s A u g u s t e i s c h e Zeitalter aus der P e r s p e k t i v e d e r f r a n z ö s i s c h e n Klassik b e w e r t e t . So findet er bereits in der A n t i k e d e n G e g e n s a t z zwischen S p a n i e n u n d Italien vorgebildet u n d kann mit Hinweis auf Bettinelli ( e b d . , S. 39) d a s K l i m a S p a n i e n s , aus d e m die b e i d e n Seneca s t a m m e n , f ü r d e n N i e d e r g a n g der r ö m i s c h e n L i t e r a t u r in der A n t i k e u n d der italienischen L i t e r a t u r in der Neuzeit v e r a n t w o r t l i c h m a c h e n . Die s p a n i s c h e L i t e r a t u r ist in der Dissertazione ein B a u s t e i n in einer Beweiskette, die f ü r d e n N i e d e r g a n g d e r italienischen L i t e r a t u r A r g u m e n t e liefern soll. Die KlimaT h e o r i e leistet d a b e i e i n e m n a t i o n a l e n Vorurteil Vorschub, wenn T i r a b o s c h i m e i n t : Questa ingegnosa nazione che sembra, direi quasi, per effetto di clima p o r t a t a naturalmente alle sottigliezze, e che perciò ha avuti tanti famosi scolastici, e si pochi celebri oratori e poeti, signoreggiavane allora una gran parte [= d'Italia nel Seicento]: i loro libri si spargevano facilmente, il loro gusto si communicava; e come sembra che i sudditi facilmente si vestano delle inclinazioni e de' costumi de' loro signori, gli Italiani divennero, per così dire, Spagnuoli. (ebd., S. 39-41) Diese Stelle h a t die E m p ö r u n g der Spanier h e r v o r g e r u f e n u n d die G e g e n d a r s t e l l u n gen von J u a n A n d r e s u n d Francisco J a v i e r Llampillas e n t s t e h e n lassen. T i r a b o s c h i s 14 Vgl. B. Munteano, Constantes dialectiques en littérature et en hisioire, Paris 1967, S. 297-374. 15 Milano 1823, S. 36f. Zu Seneca vgl. Karl Alfred Blüher, Seneca in Spanien. Untersuchungen zur Geschichte der Seneca-Rezeption in Spanien vom 13. bis 17. Jahrhundert, München 1969.

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historische A r g u m e n t a t i o n hat bei Andres zu einer historischen G e g e n a r g u m e n t a t i o n g e f ü h r t , die i m a b 1782 erscheinenden m e h r b ä n d i g e n Werk Dell'origine, de' progressi, dello stato attuale d'ogni letteratura gipfelt. Dieses Werk hat mehrere Auflagen erlebt u n d wurde ins Spanische u n d ins Französische übersetzt. Es verdient unsere besondere Aufmerksamkeit, weil es zu einer Veränderung der Einschätzung Spaniens in Deutschland beigetragen h a t , die Rückwirkungen auf die Sicht der italienischen Literatur gehabt h a t . Andrés verfolgt eine universalgeschichtliche Perspektive, wie sie über die Schlegels in die Anfänge der deutschen Romanistik eingegangen ist. Er skizziert die Geschichte der außereuropäischen Literaturen bei den Chinesen, Indern, C h a l d ä e r n usw. und macht sie zur Vorgeschichte der europäischen L i t e r a t u r , deren Anfänge er bei den Griechen bereits als ersten Höhepunkt einstuft. Die Italiener und die Griechen n e n n t er Nutznießer der Anstrengungen anderer Nationen, denn die Griechen u n d die Italiener h ä t t e n zwar das Verdienst, in der Antike bzw. in der Neuzeit die Literatur in E u r o p a zu d e m gemacht zu h a b e n , was sie ist, doch h ä t t e n sie es nicht vom Nullpunkt der Literatur aus geschafft, sondern von den Vorarbeiten der a n d e r e n profitiert. Mit dieser Akzentuierung verschiebt Andrés die Relationen zwischen antiker u n d moderner Literatur, die noch bei Tiraboschi zu einem exklusiven Zueinander von heidnischem und chistlichem R o m und von römischer und italienischer L i t e r a t u r geführt h a t t e . Andrés ist natürlich nicht der erste, der die historische Vermittlung des humanistischen Gedankens ins Auge faßt und die italienische Renaissance zur E r b i n bzw. Teilhaberin umfassenderer Bestrebungen macht. Die Renaissance der 'litterae' ereignet sich nicht in einem geschichtslosen R a u m , sie ist auch nicht allein d e m Q u a t t r o cento zuzuschreiben. Die Italiener selbst setzen Dante, P e t r a r c a und Boccaccio als Ursprung ihrer Literatur fest. Andrés nimmt sie b e i m Wort u n d läßt mit ihnen die Renaissance beginnen: Nosotros por no engolfamos en disputas sobrado largas y nada precisas, solo nos detendremos un poco en los tres padres de la literatura moderna Dante, el Petrarca y Boccaccio. 16 Hier rückt die nach-antike vulgärsprachliche Literatur an die Stelle der neulateinischen und erhält auch in der historischen Perspektive das Gewicht, das ihr inzwischen von der Literaturtheorie verliehen wird. Damit ist aber auch die Renaissance kein Vorgang innerhalb der lateinischen K u l t u r mehr, sondern eine Entwicklung von der lateinischen zur italienischen Literatur. Die noch von Tiraboschi so hoch gehaltene Kontinuität zwischen römischer u n d italienischer K u l t u r e n t p u p p t sich als ein Wechsel der Kulturen und der Sprachen, der über verschiedene Zwischenstufen verläuft. Diese Zwischenstufen unterstreicht Andrés, u m den Anteil Spaniens an der Heraufkunft der neuzeitlichen Literatur herauskehren zu können. Die italienische Dichtung ist in ihren Anfängen stark von den Provenzalen beeinflußt. Das wußten bereits die Italiener des Cinquecento, die Andrés zu Kronzeugen seiner Argumentation macht: 18

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Origen, progreso y estado actual de toda la literatura, tomo II, Madrid 1784, S. 108.

Bettinellia und Tiraboschia Krikík Mayor honor da a la poesía provenzal el haber sido madre de la italiana, como constantemente lo afirman Bembo, Equicola, Varchi, Esperoni y otros. Sería fácil acumular infinitos testimonios de gravísimos autores Italianos, los quales no d u d a n decir, que la poesía italiana es hija de la provenzal. (ebd., S. 105) Faßt man die Renaissance als ein mit d e m italienischen Trecento einsetzendes Phänomen auf und rückt man die italienischen Werke der drei großen Toskaner in den Vordergrund, dann bekommt der Einfluß der Troubadours eine zentrale Bedeutung. Die Italiener haben diesen Einfluß gekannt, sie haben ihn aber innerhalb der umfassenderen lateinischen Kultur der Zeit beurteilt und damit zu einem R a n d p h ä n o m e n erklärt. Andrés veranschlagt ihn hingegen ganz zentral, i n d e m er Dantes Huldigung an Arnauld Daniel im Purgatorio, Boccaccios Verwendung orientalischer Erzählstoffe und Petrarcas Verbindung zu den Troubadours 1 7 herausstellt. Die provenzalische Literatur bringt er mit der katalanischen in Verbindung u n d hat damit den Bezug zu Spanien hergestellt: [...] no me parece temeridad afirmar que la poesía provenzal sea de origen catalana, y que a lo menos deba pertenecer igualmente que la lengua a Cataluña y a Provenza y sea llamada catalana-provenzal. (ebd., S. 70) Andrés bemüht sich, die okzitanische Literatur für Spanien zu vereinnahmen, nachdem die französische Literaturgeschichte der Mauriner sie für Frankreich eingefordert hatte. Die Literaturgeschichte ist in diesem Feld bereits ein Kampfplatz nationalen Denkens. Es ist bezeichnend, daß die französische Ubersetzung des Werkes von Andrés, die eine Auswahlausgabe mit eigenen Ergänzungen des Übersetzers P. E. Ortolani ist, die massiven pro-spanischen Partien von Andrés entweder abschwächend übersetzt oder einfach wegläßt 1 8 . Die französiche Ubersetzung des Werkes läßt erkennen, daß die nationalistischen spanischen Tendenzen von Andrés bei der Rezeption übergangen werden konnten, weil sie an die Aufwertung des arabischen Einflusses auf die europäische Kultur geknüpft waren. Die Araber gewinnen bei Andrés an Profil, werden aber skeptisch, ja kritisch beurteilt: Pero sin embargo pienso que aun en esta parte puede de algún modo tomarse de los Arabes la restauración de la moderna literatura. No porque hayan nacido de las 17 Vgl. z.B.: "No descenderé a una individual numeración de los muchos conceptos que se quiere haya robado Petrarca a los proveníales, y solo me detendré en los famosos versos de Mosen Jordi Valenciano, que son el plagio de mayor entidad, de que se halla acusado aquel gran p o e t a . . . " (ebd., S. 112). 18 Da es mir bis zum Abschluß des Manuskriptes nicht gelungen ist, über die deutsche Fernleihe den italienischen Originaltext zu bekommen, konnte ich nur die spanische Version (Wolfenbüttel) und die französische Übersetzung (Stadtbibliothek Trier) konsultieren. Man müßte einmal den drei Versionen eine eigene Studie widmen, denn die französische weicht erheblich von der spanischen ab. Sie teilt schon im Titel die 'litterae' in "sciences" und "littérature" auf und enthält Ergänzungen des Übersetzers J . E. Ortolani (ExCommissaire du Gouvernement François pour la recherche des objets de sciences et d'arts dans les départemens réunis, et Membre de plusieurs Sociétés littéraires). Ihr Titel lautet: Histoire générale des sciences et de la littérature, Paris, Imprimerie impériale, 1805. Es ist nur der 1. Band erschienen.

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escuelas arábigas las fuentes de nuestra Eloqüencia y Poesía, no porque sus libros hayan sido los modelos de nuestros poetas y oratores, sino porque su exemplo de poetizar y escribir cosas de gusto en lengua propria y entendida de todos, pudo tal vez despertar en los Europeos de cultivar los mismos estudios, y de ganarse los aplausos de sus nacionales con avivar su imaginación, e instruir el entendimiento, escribiendo en un idioma que les era común. Esto sería bastante para tomar el origen de nuestros estudios en las buenas letras, del que los Arabes hicieron en ellas, (ebd., S. 4f.) Die arabische K u l t u r übernimmt in dieser Passage teilweise die Funktion, die zuvor allein der Antike zugestanden hätte. Sie erhält deshalb dann, wenn auch in abgeschwächter Form, eine Art Renaissance zugeschrieben, die Analogien zur italienischen. Renaissance besitzt und somit den Italienern ihre einmalige Bedeutung für das Wiedererstehen der 'litterae' in Europa streitig macht. Die Araber haben als Vermittler und Anreger gewirkt und den Europäern, wenn nicht den guten Geschmack der Antike, so doch wenigstens den Geschmack ihrer Nationalsprache gebracht. Deshalb ist es ihnen letztlich zu verdanken, wenn die Italiener durch die Vermittlung der Provenzalen und der Spanier zu den antiken Vorbildern zurückgefunden haben. Die Aufwertung des maurischen Einflusses ist deshalb so bedeutsam gewesen, weil sich damit zwischen die Antike und die Neuzeit eine historische Größe schob, die alle bisherigen Geschichtskonstruktionen hatten ausschalten wollen. Man konnte nun aus der okzitanischen Literatur Elemente ableiten, die in der griechisch-römischen Antike nicht zu finden waren: En efecto, haciendo alguna observación sobre la poesía provenzal, me parece que antes debe reconocer pro madre a la arábiga, que a la griega, o a la latina, (ebd., S. 70) Die arabische Tradition macht alle Geschichtskonstruktionen zunichte, die vom christlichen Humanismus entwickelt worden waren, um einen direkten Weg von der heidnischen Antike zum christlichen Europa zu demonstrieren. Die Entwicklung der Kultur verläuft nicht einsinnig. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, die Renaissance auf Italien zu beschränken und als direkte Anknüpfung an die durch das 'finstere Mittelalter' verschüttete Antike zu verstehen. Damit kam die Geschichtskonstruktion an ihr Ende, die Italiens Sonderstellung aus dem providentiellen Zueinander von Antike und Christentum erklären wollte. Der nationale Überschwang von Andres ließ sich beschneiden, und deshalb konnten seine Vorstellungen ins Konzept der Franzosen passen, die weiterhin die okzitanische Literatur für sich beanspruchten und nun überdies eine wirksame Waffe hatten, um die italienische Renaissance ihrer eigenen französischen Geschichte anzugliedern. Auch die deutschen P r o t e s t a n t e n übernahmen Ideen von Andres. Herder beruft sich auf ihn in seinen Humanitätibriefen, sobald er die "Bildung eines neuen Geschmacks in Europa und dessen erste Verfeinerung" 1 9 behandelt. Ganz im Sinne von Andrés bezeichnet Herder Spanien als "die glückliche Gegend, wo für Europa der erste Funke einer wiederkommenden K u l t u r schlug" (ebd., S. 39). Nicht die Italiener, sondern die Mauren stehen somit am Anfang des neuzeitlichen Europa, denn die Herrschaft 19

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Ich zitiere nach der Ausgabe Berlin-Weimar 1971, hier Bd. II, S. 34.

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und Tiraboschis

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d e r M a u r e n h a b e zu einer B l ü t e der D i c h t k u n s t u n d zur E n t w i c k l u n g d e r m a u r i s c h e n G a l a n t e r i e g e f ü h r t u n d diese b e i d e n L e i s t u n g e n h ä t t e n auf die N a c h b a r n a u s g e s t r a h l t . Dies ist die U r s a c h e , daß unter dem gleich schönen Himmmel von Valenzia, Katalonien, Aragonien und den südlichen Provinzen Frankreichs sich die sogenannte Provenzal- oder limousinische Sprache auch aus der Barbarei riß und eine frische Blüte, die provenzalische Dichtkunst, hervorbrachte, (ebd., S. 39) Die D i c h t u n g d e r T r o u b a d o u r s wird hier als historischer F a k t o r z u g u n s t e n S p a n i ens eingesetzt. Sie w i r d n u n z u m Keil, der seit d e m s p ä t e n 18. J a h r h u n d e r t zwischen die Italiener der Neuzeit u n d ihre römischen V o r f a h r e n g e s c h o b e n wird. Der ideologische C h a r a k t e r dieses A r g u m e n t s wird H e r d e r g a r nicht b e w u ß t , weil er S p a n i e n u n d Italien i m S ü d e n d e n L ä n d e r n des N o r d e n s g e g e n ü b e r s t e l l t u n d sie als N o r d l ä n d e r gleichermaßen v e r k l ä r t . H e r d e r n i m m t in d e n D i c h t u n g s f o r m e n des T r e c e n t o d a s E r b e der T r o u b a d o u r s w a h r , d e n n n a c h seiner M e i n u n g "ist die italienische S p r a c h e j e n e m R i c h t m a ß t r e u geblieben, d a s zu D a n t e , B o c c a z ' u n d P e t r a r c a s Zeiten die P r o v e n z a l p o e s i e i h r anwies" ( e b d . , S. 54). Die historische Filiation ist f ü r i h n so o f f e n k u n d i g , d a ß er g a r nicht w a h r n i m m t , wie er die Spanier in i h r e m Streit m i t d e n I t a l i e n e r n u n t e r s t ü t z t . Dieser Streit ist n u n schon ein Stück V e r g a n g e n h e i t , die b e d e u t u n g s l o s g e w o r d e n ist angesichts d e r g r u n d l e g e n d e n G e m e i n s a m k e i t e n : Der weitverhallende Wohlklang einer regelmäßigen italienischen oder spanischen Stanze, die schön verschlungene Melodie eines vollkommenen Sonetts, Madrigals oder einer vortrefflichen Kanzone [...] tönt so anmutig [...] Die Poesien so vieler lyrischen und epischen Dichter in Italien und Spanien sind gleichsam soviel hesperische Zaubergärten, wo die Bäume singen und an jedem Zweig des Baums ein Glöckchen ertönt, (ebd., S. 54) Herder n i m m t a u s d e r P e r s p e k t i v e des N o r d l ä n d e r s die von A n d r e s n o c h e h e r polemisch h e r a u s g e s t e l l t e n G e m e i n s a m k e i t e n o h n e jegliche P o l e m i k w a h r , weil die U n t e r s c h i e d e zwischen N o r d e n u n d S ü d e n s t ä r k e r wiegen als die D i v e r g e n z e n zwischen d e n K u l t u r e n des Südens. E r verherrlicht die Poesie d e r südlichen R o m a n i a als Sinnbild j e n e r arkadischen Freiheit, die er d e m G e n i u s j e n e r Völker z u s c h r e i b t . D a m i t b e k o m m t f ü r ihn H u a r t e s Examen de Ingeniös die F u n k t i o n , "die Frage n a c h d e r I r r a t i o n a l i t ä t der N a t u r " 2 0 zu b e a n t w o r t e n u n d d a s G e n i u s d e r s ü d l ä n d i s c h e n Völker zu erklären. Bettineiiis u n d T i r a b o s c h i s Polemik gegen d a s s p a n i s c h e i n g e n i u m verliert d e s h a l b f ü r ihn j e d e n Sinn. Die A n n ä h e r u n g der italienischen a n die s p a n i s c h e L i t e r a t u r b r i n g t eine Aufw e r t u n g des C o n c e p t i s t i s c h e n mit sich. H e r d e r n e n n t die italienische D i c h t u n g eine K o n v e r s a t i o n s l i t e r a t u r . Auch dieser G e d a n k e war nicht neu. E r war ein S t r e i t p u n k t , als C a s a n o v a 1760 Voltaire besuchte. C a s a n o v a b e r i c h t e t , Voltaire h a b e w ä h r e n d 20 Martin Franzbach, Lessings Huarte-Übersetzung (1752). Die Rezeption und geschichte des "Examen de Ingeniös para las Ciencias" (1575) in Deutschland, 1965, S. 134.

WirkungsHamburg

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ihrer Unterhaltungen den Italienern "la fureur des sonnets" 2 1 vorgeworfen. Er habe gekontert, daß die Franzosen diese Begabung vermissen ließen, weil ein bon mot nicht hinreiche, um ein Sonett zu schreiben. Für ihn gehört das Sonett also auch in den Umkreis urbaner Konversation. Herder hat diesen Gedanken auf seine Weise ausgedrückt, wenn er schreibt: In I t a l i e n s i n d d i e S o n e t t e eigentlich nichts a l s feinere A n r e d e n in e i n e m g e g e b e n e n T o n der G e s e l l s c h a f t ; b e i n a h e j e d e r g e b i l d e t e M e n s c h m a c h t ein S o n e t t , o h n e d a ß er d e s h a l b ein D i c h t e r zu sein sich e i n b i l d e t , ( e b d . , S . 5 5 )

Was für die französische Kultur noch Affektiertheit war, ist für Herder Ausdruck des Genius der Italiener. Die feine Lebensart, der solche Sonette zu verdanken sind, ist Folge eines Nationalcharakters, der alle italienische Poesie prägt: D i e g a n z e D i c h t k u n s t I t a l i e n s h a t e t w a s sich A n n e i g e n d e s , F r e u n d l i c h e s u n d H o l d e s , d e m die vielen weiblichen R e i m e a n g e n e h m z u H ü l f e k o m m e n u n d es d e r S e e l e s a n f t einschmeicheln, ( e b d . , S . 5 5 f )

Dieses Sanfte ist für Herder etwas Natürliches, das den Italienern gleichsam angeboren ist. Metastasios Libretti und die Schäferdichtung sind typische Hervorbringungen dieses italienischen Genius. Herder grenzt die Italiener mit genau den Merkmalen gegen die Franzosen ab, die Bettinelli und Tiraboschi im attizistischen Ciceronianismus als Hilfe gegen die Kultur Ludwigs XIV. gesucht hatten. Allerdings nimmt er die okzitanische Literatur als gemeinsamen Nenner. Während die Italiener ihrem Genius den Hang zu urbaner Konversation und ihrer Sprache den Wohlklang verdanken, müssen die Franzosen gegen ihre Natur angehen und mit einer unmusikalischen Sprache fertig werden. Daher kommen die beiden Völker von einer gemeinsamen Verwurzelung in der okzitanischen Literatur her zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen: D i e f r a n z ö s i s c h e S p r a c h e , d i e l a n g e nicht s o s a n g b a r war als d i e i t a l i e n i s c h e , h a t t e desto mehrere L u s t zu erzählen und zu repräsentieren [ . . . ] Muntere Erzähler sind d i e F r a n z o s e n von j e h e r g e w e s e n [ . . . ] R e p r ä s e n t a t i o n ist der zweite Z u g ihres ents c h i e d e n e n C h a r a k t e r s [ . . . ] E s ist zu erweisen, d a ß alles G u t e u n d M a n g e l h a f t e d e s französischen T h e a t e r s offenbar a u s R e p r ä s e n t a t i o n , aus französischer Repräsentation e r w a c h s e n sei, als e i n e m der N a t i o n u n a b l e g l i c h e n C h a r a k t e r , ( e b d . , S . 5 8 - 6 0 )

Mit Repräsentation meint Herder die Anstrengung, die eine Voraussetzung von Urbanität ist. Die französische Kultur vermag nur durch höchste Anspannung des Willens die Anmut zu erreichen, die den Italienern durch ihren Genius in die Wiege gelegt ist. Deshalb ist die italienische Literatur weniger der Gefahr des bloßen Scheins ausgesetzt als die französische. Was Europa an der französischen Kultur als zivilisatorische Zucht bewunderte, schreibt Herder den Italienern als natürliche Veranlagung zu. Damit gibt er der italienischen Kultur ein Stück von dem Prestige zurück, das Bettinelli und Tiraboschi der Kultur Ludwigs XIV. streitig machen wollten. Doch macht er damit gleichzeitig 21 Histoire de ma vie, W i e s b a d e n - P a r i s 1 9 5 0 , B d . V I , S . 2 2 8 . V g l . Verf., " X é n o p h o b i e et c o s m o p o l i t i s m e en I t a l i e a u siècle d e s l u m i è r e s " in: Cosmopolitisme, Patriotisme et Xénophobie au Siècle des Lumières, é d . p a r G . - L . F i n k , S t r a s b o u r g 1 9 8 7 , S . 57-68.

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Italien zu einer Hochburg zivilisatorischer Verfeinerung, die an die Adelskultur erinnert u n d d a m i t gegenüber der Antike abfällt, deren Gipfel für Herder nicht m e h r das hochkultivierte Augusteische Zeitalter m i t Ciceros Attizismus, sondern das ursprünglichere G r i e c h e n l a n d ist: Die lebendigste Poesie Griechenlands traf auf eine gewisse Jugendzeit des Volks und der Sprache, auf einen Frühling der Kultur und Gesinnungen, in welchem sich mehrere Künste, keine noch im Übermaß, glücklich verbanden, endlich selbst auf einen Frühling von Zeitumständen und Weltgegend, in welchem entsprießen konnte, was entsprossen ist. (ebd., S. 8) Der Wechsel von R o m nach Griechenland bringt den Italienern zugleich G e w i n n und Verlust. I m G e g e n s a t z zwischen Griechen und R ö m e r n ist nämlich der G e g e n s a t z zwischen Italienern und Franzosen vorgebildet. Griechen wie Itcdiener besitzen eine a n g e b o r e n e A n m u t , die R o m erst unter Augustus und Frankreich unter Ludwig X I V . nach e i n e m langen Prozeß der zivilisatorischen Verfeinerung erreicht h a b e n . Italien wird nach e i n e m analogen arkadischen M u s t e r wie Griechenland v e r k l ä r t 2 2 , doch ist es letztlich wiederum aus der römischen K u l t u r abgeleitet und deshalb weniger ursprünglich. D a h e r b e m ä n g e l t Herder an der italienischen Dichtung: Dagegen freilich steht die Poesie der Alten für sich selbst da, in schweigender Würde, in natürlicher Schönheit. Sie spricht und läßt sich sprechen; die italienische Poesie buhlet zwar nicht, aber sie deklamiert angenehm vor, sie konversieret. (ebd., S. 56) Die Urbane K o n v e r s a t i o n der italienischen Dichtung ist eine späte B l ü t e des attizistischen Augusteischen Zeitalters. Sie a t m e t antiken Geist, wie Herder ihn an P e t r a r c a b e w u n d e r t 2 3 . Sie ist a b e r doch nicht so ursprünglich wie die Poesie der Griechen. Italien und S p a n i e n rückten bei Herder einander näher, weil beider K u l t u r aus g e m e i n s a m e n nach-antiken Wurzeln s t a m m t . Doch k o m m t Italien wiederum m e h r auf Seiten der Antike zu stehen, weil i h m der G a n g der Geschichte die einmalige C h a n c e zuspielte, daß " v o m Orient aus [ . . . ] die vertriebenen M u s e n " 2 4 dorthin kamen. An der R e n a i s s a n c e scheiden sich später dann wieder die G e i s t e r . W ä h r e n d Herder bei aller B e w u n d e r u n g für das M i t t e l a l t e r nicht zweifeln kann, daß allein die Antike den rechten G e s c h m a c k besessen h a t , hat Friedrich Schlegel in seinem Urteil geschwankt. In seinem Essay Vom Wert des Studiums der Griechen und Römer ( 1 7 9 5 / 9 6 ) sieht er " d a s Urbild der Menschheit auf der höchsten S t u f e (in) der antiken B i l d u n g " verwirklicht, weshalb er sie als "die einzig mögliche G r u n d l a g e der ganzen m o d e r n e n B i l d u n g " 2 5 bezeichnet. In der Vorrede zu Die Griechen und Römer ( 1 7 9 7 ) vertritt 2 2 Vgl. August Buck, Die humanistische Tradition in der Romania, Bad Homburg v.d.H. 1968, S. 117-132 und Verf., "Der Zusammenhang von Poetik der Ekloge und Beurteilung der Zivilisation bei Fontenelle und Houdar de La Motte" in: Romanische Forschungen 89 (1977), S. 417-441. 23 Vgl. Humanitätsbriefe, Bd. I, S. 277ff. 24 Humanitätsbriefe, Bd. II, S. 75 25 Kritische Friedrich-SchlegelAusgabe, hrsg. von E . Behler, Bd. I, Paderborn 1979, S. 638. Diesen Essay hat Hans Robert J a u ß als "Replik auf die Querelle des Anciens et des Modernes" untersucht (Literaturgeschichte als Provokation, Frankfurt 1980, S. 85-94). Zur

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er die Ansicht, daß das Studium der Griechischen Poesie nicht bloß eine verzeihliche Liebhaberei, sondern eine Pflicht aller Liebhaber, welche das Schöne mit ächter Liebe umfassen, aller Kenner, die allgemeingültig urteilen wollen, aller Denker, welche die reinen Gesetze der Schönheit, und die ewige Natur der Kunst vollständig zu bestimmen, versuchen, sei und immer blieben werde, (ebd., I. S. 207) In a n d e r e n S c h r i f t e n z u r L i t e r a t u r t r i t t j e d o c h eine A n t i t h e s e zwischen a n t i k e r u n d r o m a n t i s c h e r L i t e r a t u r h e r v o r , die d a n n zu einer A n t i t h e s e zwischen italienischer u n d spanischer L i t e r a t u r weiterentwickelt w i r d . In seiner Geschichte der europäischen Literatur ( 1 8 0 3 / 0 4 ) d e u t e t Schlegel S p a nien u n d Italien als Beispiel f ü r die "innige V e r w e b u n g des W i t z e s m i t d e r P o e s i e " ( e b d . , X I , S. 147), die n u r in d e r r o m a n t i s c h e n , nicht a b e r in d e r griechischen u n d römischen L i t e r a t u r zu finden sei. W o er a b e r die r o m a n t i s c h e L i t e r a t u r als E r z e u g n i s sui generis w ü r d i g t , b e u r t e i l t er d e n E i n f l u ß d e r G r i e c h e n u n d R ö m e r n e g a t i v u n d kritisiert die Italiener g e r a d e wegen i h r e r e n g e n V e r b i n d u n g zur Antike. Sieht er D a n t e s G r ö ß e in " d i e s e m u n e r g r ü n d l i c h e n T i e f s i n n , d i e s e m a l l u m f a s s e n d e n p h i l o s o p h i s c h e n Geist, dieser unerschöpflichen p o e t i s c h e n E i n b i l d u n g s k r a f t , die sich in einer F ü l l e d e r a l l e r k ü h n s t e n , e r h a b e n s t e n , e i g e n t ü m l i c h s t e n Ideen e n t f a l t e t " ( e b d . , XI, S. 149), so kreidet er d e n I t a l i e n e r n ihre N a c h b i l d u n g v o n F o r m u n d Stil d e r a n t i k e n D i c h t e r als Abfall von D a n t e s Größe a n 2 6 . In seiner Vorlesung zur Geschichte der alten und neuen Literatur (1812) spricht er v o m m i ß g l ü c k t e n Versuch des C i n q u e c e n t o , die a n tike D i c h t k u n s t n a c h z u a h m e n ( e b d . , VI, 220). Der H a n g der Italiener z u r A n t i k e m u ß t e sich nachteilig a u s w i r k e n , weil die r o m a n t i s c h e Poesie i h r e n eigenen G e s e t z e n folgt. Solange es u m d e n G e g e n s a t z zwischen a n t i k e r u n d r o m a n t i s c h e r D i c h t u n g g e h t , sieht Schlegel Italien u n d S p a n i e n als E i n h e i t . S o b a l d er a b e r die r o m a n t i s c h e Poesie b e h a n d e l t , spielt er S p a n i e n gegen Italien a u s u n d o r d n e t es i h m ü b e r . Die Fragmente zur Poesie und Literatur e n t h a l t e n h i e r z u einige b e m e r k e n s w e r t e Ä u ß e r u n g e n . F r a g m e n t 814 artikuliert seine R e s e r v e n gegen die U r b a n i t ä t in d e n n a c h - a n t i k e n Literaturen: Wie Goethe von d(en) Franzosen, so manche romantische Dichter von d(en) Römern ausgegangen. Beide Nationen nur ein Beweiß, daß es große Nationen geben kann ohne Poesie, trotz aller Mühe und Einbildung, (ebd., XVI, S. 322) Schlegel sieht die V e r b i n d u n g zwischen Ciceros A t t i z i s m u s , d e m A u g u s t e i s c h e n Zeitalter u n d d e m französischen siecle classique. D a er d a s u r s p r ü n g l i c h E i n f a c h e d e r Urbanen Verfeinerung vorzieht, m u ß er V o r b e h a l t e gegen Italien g e l t e n d m a c h e n : Die spanische Poesie eigent(lich) origineller als d(ie) italiän(ische) die ganz nach d(er) latein(ischen) und provenzal(ischen) tendenziert und beide combinirt; d(ie) spanische nach d(er) Provenzal(ischen) und Arabisch(en), und nach d(er) Italiän(ischen) - aber doch auch ganz originell im Cervantes und im Schauspiel, (ebd., XVI, S. 409, Nr. 358) Korrektur von Jauß vgl. Peter K. Kapitza, Ein bürgerlicher Krieg in der gelehrten Welt. Zur Geschichte der Querelle des Anciens et des Modernes in Deutschland, München 1981. 26 Nur Guarini nimmt er von dieser Kritik aus (ebd., XI, S. 152). 198

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Die Kategorie des Originellen, die bei Bettinelli mit der humanistischen aemulatio verbunden war, kehrt sich hier gegen den H u m a n i s m u s . D a m i t zeichnet sich eine Umwertung zu L a s t e n des Italienischen a b . Die spanische Literatur ist origineller als die italienische. Sie ist 'naiver' (ebd., X V I , S . 302, Nr. 589) und 'ursprünglicher': Die spanische (Poesie) hat wildgewachsene Althertümer wie sie die italiänische nicht hat, genialische Ausartung desgl(eichen) und ist nicht im Cerv(antes) eine harmonische Vollendung wie sie doch eigent(lich) kein Italiäner hat? (ebd., XVI, S. 303, Nr. 590) Hier schließt sich der Kreis wieder. D a s Ursprüngliche, d a s ein Vorzug der Griechen war, geht den R ö m e r n und ihren italienischen Nachfahren a b . Die Spanier stehen den Griechen näher, sind aber dem klassischen Denken ferner. J e nachdem welche Vorstellung einer vom Klassischen hat, urteilt er zugunsten von Italien oder Spanien. Italien hat im 19. Jahrhundert zwar nicht mehr die enge Verbindung zu R o m , die noch die Italiener des Trecento bis z u m Seicento beflügelte. Doch steht es weiterhin auf Seiten der Antike, während Spanien eher für nach-antike Ideale wie d a s Mittelalter oder d a s C h r i s t e n t u m einstehen mußte. Deshalb war die Einschätzung der italienischen Literatur stark von der Einschätzung humanistischer G e d a n k e n und vom Selbstverständnis des H u m a n i s m u s a b h ä n g i g , während die Beurteilung der spanischen Literatur in den Sog konfessioneller Auseinandersetzungen geriet. Die italienische Literatur behielt dabei d a s ganze J a h r h u n d e r t hindurch mehr P r e s t i g e als die spanische, die jedoch zusehends an Ansehen gewann.

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Abenalfange 90 Ackermann (Londoner Buchhandlung) 127 Agreda, María de 95, 101 Agüeros, Victoriano 153 Agustín, Antonio 3 Alarcón, 151 Alberti, 44 Albertinus, Aegidius 12, 17 Alcalá, Angel 50-53, 59 Aldasoro, Gregorio 157 Aldrete 11, 28 Alemán, Mateo 12, 17, 68 Alfagib 86, 88 Alfonso 89 Algarotti, Francesco 188 Alhayib 87, 88 Allwoerden, Heinrich von 54, 56 'Alqama Ibn 91 Altamirano, Ignacio Manuel 153, 154, 157 Amadís 64, 66, 67 Andernach, Günther von 54 Anderson Imbert, Enrique 153 Andreas, Valerius 2 Andrés, Angel Antón 94 Andrés, Juan 191-195 Antillón, Florencio 154 Antonio, Nicolás 2, 40, 41 Apontes, Juan Fernández de 120, 126, 127, 129, 131 Aquin, Thomas von 144 Arcadio Pagaza, Juan 158 Aranda 98 Ardao, Arturo 167 Aretino 10, 13 Argensola 46 Ariost 71 Aristeides von Milet 14 Aristoteles 72 Arnaut Daniel 193 Arndt, W . 35 Aschbach, J. von 85 Augusta (Kaiserin) 157

SOi

Augustin 50, 83

Bacallar y Sana, Vicente (Marques de San Felipe) 113 Bachoff von Echt, Johann Heinrich 42 Bachoff von Echt, Freiherr Lud; wig Heinrich 34-36, 41 Bahrdt, Carl Friedrich 44 Bainton, Roland H. 50-53 Baist, Gottfried 25, 26, 151, 159 Balaguer, Victor 151 Baldinger, Kurt 180, 183 Balmes, Jaime 100, 101, 112, 116 135, 137, 146, 147 Barcia, Andres 46 Barclay 12, 18 Baretti, Giuseppe 36, 47 Barön Fernändez, Jose 51-53 (s.Fernändez, B.) Barruel 98 Barth, Gottlieb 44, 45, 47 Barth, Ilse-Marie 35, 41 Barth, Kaspar von 1-21 Barth, William 4 Bartsch, K . 35 Bassam Ibn 86 Bataillon, Marcel 7, 16, 17, 18, 32, 58 Battlori, Miguel 187 Bauer, P. R. 102 Baumgarten, Hermann 94, 104117 Baumgarten, P. Alexander 102 Baumgartner, R. P. 146 Baumstark, Reinhold 102 Bause, Johann Friedrich 122 Becker, Philipp August 31 Becker-Cantarino, Bärbel 16 Beer, Rudolf 30, 31 Behler, Ernst 78, 197 Bello, Andres 149 Bembo 193

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Benzinger 159 Berchem, T h e o d o r 78 Berengarius 86, 87 Berenguer 87, 88 Berganza, F. de 86 Berni, Francesco 122 B e r t r a n d , J . J . A. 41, 45, 119 Bertuch, Carl 35, 36 Bertuch, Friedrich J o h a n n J u s t i n 23, 34-49, 93 Bertuch, J o a c h i m 23 Besold, Christoph 20 Bettinelli, Saverio 187-199 Bickerton, Derek 170, 176, 183 Biedermann, W . Freiherr von 43 Biesendahl, Karl 122 Birke, Adolf M. 108 Bismarck 109, 117, 157, 169 Blancpain, Jean-Pierre 163 Blanco Belmonte, Marcos Rafael 151 Blanco Unzué, Ricardo 24, 77 Bleiberg, G e r m á n 59 Blüher, Karl Alfred 191 B l u m e n t r i t t , F. 176 Boccaccio 122, 192, 193, 195 Bock, Hans-Joachim 168 Boeckh, A. 27 Böhl von Faber, Nikolaus 123, 127 Boehmer, E d w a r d 32, 33 Boelitz, O. 168 Boiardo 71, 122 Bonilla y San M a r t i n , Adolfo 82 Bonora, E. 188 Borrow, George 173 Boscán, J u a n 10, 46, 47 Bouhours, Dominique 135, 189 Bouterwek, Friedrich 24, 25, 28, 29, 60-78, 82, 84, 93, 118, 121 Brackel-Welda, Fernandine 150, 152, 156 Brackel-Welda, Georg Clemens von 156

Brackel-Welda, Hugo von 157 Brackel-Welda, O t t o E n g e l b e r t von 149-169 B r a n t , Heinrich von 104 Braunfels, Ludwig 155 Braunschweig-Lüneburg, Herzog August zu 10 Brecht, Bertolt 59 Breton, A n d r é 74 Breuer, Dieter 12 B r e y m a n n , H e r m a n n 90, 119 Briesemeister, Dietrich 43, 44, 47, 93, 94 Brócense (d.i. Sánchez de las Brozas, Francisco) 46 Brockhaus, Friedrich Arnold 80, 122-127 B r o c k h a u s , Heinrich E d u a r d 122126 Brockmeier, P e t e r 63 Bross , Dieter 170, 171, 175, 177, 184 B r ü g g e m a n n , Werner 25, 36, 37, 41, 45, 62, 77, 104, 118 Bruno, G i o r d a n o 58 Buchholtz, Fr. 96, 120 Buck, August 197 Butzer, M a r t i n (Bucerio) 51-53 Byron 81

Caballero, Fernán 95, 101 Caesar, J o a c h i m 12, 13 Caillet Bois, Julio 162, 164 Calcaño, Julio 162 Calderón de la Barca, P e d r o 2325, 40, 41, 48, 66-68, 76-78, 79, 99, 101, 103, 118-129, 131-148, 151, 155, 156, 178, 181-183 Calvi 44 Calvin, J o h a n n (Calvino) 54-57 Camòes, 39, 172 C a m ó n Aznar, José 89 C a m p o a m o r , R a m ó n de 151

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Campomanes, Conde de 113 Cánovas del Castillo 151 Capito, Wolfgang Fabritius 51 Carlos I (Karl V) 50, 51 Carlos IV. 96 Caro Baroja, Julio 102 Casanova 195 Casaubon, Isaac 19 Castalion, Sebastián 54, 55 Castelar, Emilio, 154 Castro, Adolfo de 32 Castro, Americo, 171, 172, 184 Catalán, Diego 91 Cavanilles, Antonio José 45, 48 Cenicero y Villarreal, Rafael 158 Cervantes de Salazar 29, 30 Cervantes Saavedra, Miguel de 11, 17, 23, 24, 37, 39, 40, 48, 65, 66, 71, 72, 76, 77, 118, 119, 121, 123, 131, 146, 198, 199 Chavero, Alfredo 157 Choppin, E. 8 Cicero 29, 190, 191, 197, 198 Cid 24, 62, 80, 82, 84-90 Cisneros, García 101 Clarke, Edward 36 Clarus, Ludwig (Wilhelm Gustav Werner Volk) 31-33, 94, 95, 101, 103, 107 Clavijo 39 Columbus, Christoph 160, 164, 166, 167 Commynes, Philippe de 14 Conde, J. A. 86 Constant, Benjamin 92 Converse, Christel 163 Cornelius Sisenna, L. 14 Corominas, Juan 178, 179 Cota, Rodrigo de 16 Cotta 79 Covarrubias 3, 4 Cramer, Matthias 8 Criado de Val, Manuel 16 Cruchada Ossa, M. 168 104

Cuellar, José Tomás de 158, 159 Cuervo, R. J. 171-175, 177 Curtius, Ernst Robert 8 Curtius, Georg 27

Dante Alighieri 61, 62, 77, 81, 91, 122, 192, 193, 195, 198 Darío, Rubén 160, 167 Delgado, Rafael, 158 Denina, C. J. M. 48 Denk 58 Depping 123 De Camp, David 176, 184 De Pradt , Dominique G. F., 106 Díaz, Gil 90 Díaz, Leopoldo 161, 162, 167 Díaz, Rodrigo (=Cid) 86, 88, 89 Díaz de León, Jesús 158 Díaz Mirón, Salvador 157 Diderot 189 Diez, Friedrich 84, 90, 91, 118, 179 Diez Echarri 46 Dieze, J. A. 40 Dios Peza, Juan de 153, 157 Doergangk, Heinrich 4, 5, 6, 7, 8, 16 Dohm, H. 30, 103 Donoso Cortés, Juan 112, 116 Dorer, E. 181 Dornau, Caspar 9, 15 Dozy, Reinhard 86, 88 Driesch, S. Wilhelm von den 45 Drummer, M. 15 Du Bartas 12 Du Bos 189, 191 Dunker, Max 108 Durón, Rómulo E., 163, 167

Ebert, Adolf 85 Echegaray, José de 59, 151

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Eichendorff, J o s e p h von 131, 142146 Eichner, Hans 76 Eichovius, Cyprianus 13 Eilers 81 Elhuyar, Fausto de 42 Elizondo, Blas 158 El vers, Rudolf 79, 80, 82 Encina 10 Ens, G a s p a r 11, 12, 13, 17 Equicola 193 Erasmus von R o t t e r d a m 32, 52, 58 Ercilla y Zúñiga, Alonso de 2, 10, 46, 47, 121 Eriksen, Leif 157 Ermengol 88 Ersch, J . 39, 123 Eschenbach, W o l f r a m von 162 Eslava, Antonio de 15 Esperoni 193 Espinal, Vicente 68 Espinel 46 Espinosa, P e d r o de 46 Este 130 Estella, Diego de 95, 101

F a s t e n r a t h , Luise 159, 167, 169 F a s t e n r a t h , J o h a n n e s 149-169, 182 Faupel, Wilhelm 168 Feldmann, Wilhelm 34, 35, 37-40 Ferdinand VII. 94-97 Fernández, Barón 51-54 Fernández de Navarrete, M a r t í n 11 Fernández G r a n a d o s , Enrique 159 Ferrer Benimeli, José A. 56 Ferrer del Río, Antonio 113 Ferreira 40 Fertig, Ludwig 3 Fink, F. 35 Fink, Gonthier-Louis 189, 169

Flasche, Hans 143 Flayder, Friedrich H e r m a n n 12 Flegler, Alexander 107 Fleischer, Ernst 127-129 Fleischer, R . U. 127 Flores Galindo, Federico 161 F ö r s t e r , P a u l 32, 137 Förster, W . 179 Fontenelle 197 Förster, Georg 79 Foulche-Delbosc, R. 11 Frank, Sebastian 51, 58 Franzbach, M a r t i n 195 Frenzel, E. 59 F r i e d e m a n n , Fr. Tr. 26 F r i e d m a n n , Nina S. de 177, 184 Friedwagner, M a t t h i a s 171, 184 Fröschle, H a r t m u t 163 Fugger, J o h a n n J a k o b 10 Fuchs, L. 53 Fumaroli, M a r c 188, 190

Galilei, Galileo 59 G a m s , P i u s Bonifatius 99, 100, 103, 112 Garcia de la H u e r t a , Vicente 119, 120, 126 G a r c i a Lorenzo, Luciano 78 Garcia de Loaysa 3 G a r c i a de Matamoros, Alfonso 2 G a r c i a P r a d a , Carlos 162 G a r c i a Rivas, Heriberto 153, 156, 158, 159 Garcilaso de la Vega 2, 10, 18, 46, 47 Garibaldi 156 G a s t , P. 168 Geiger, L. 35 Gener, P o m p e y o 59 Gervinus, Georg G o t t f r i e d 108, 109, 116 Giesebrecht, K. 120 Gilbert, Glenn 176, 177, 184

S05

Personenindex

Gilly, Carlos 10 Gil Polo, G a s p a r 14, 18 Gleim 23 Goeben, August von 107 Görres 95, 96, 101, 134, 135 Goes, D a m i a n de 53 Goethe 34, 35, 43, 61, 79, 102, 118, 119, 123, 127, 159, 181, 182 188, 198 Góngora, Luis de 34, 46, 47, 68 Gonzaga Urbina, Luis 157 González de Zavala, G e r m a n 59 Gottsched 47 Grabovsky, Adolf 168 Gracián 48 G r a n a d a , Fray Luis de 6, 48, 101 Griera, A. 178 G r i m m , J a k o b 83, 84, 92, 123 Gröber, G u s t a v 25-28 G r o l m a n n , Ludwig von 104 G r o s s m a n n , Rudolf 168 G r u b e r , J . G. 39 123 G r u t e r u s , J a n 18 Guarini 18, 198 Guevara, Antonio de 6, 12, 13, 18, 29-31, 48 Guizot, François 116 Gundling, Nikolaus Hieronimus 47 G u n t h e r 88 Gutiérrez N a j e r a , Manuel 153, 154, 157, 158

Haake, Wilmont 39 Haas, T h e o d o r 100 H a c h t m a n n , O t t o 41 Hadwiger, J . 175 Hahn, Karl-Heinz 35 Haidas, Georges 59 Haller, Karl Ludwig von 106 H a m a n n 34 Hamberger, Georg C h r i s t o p h 35, 122

206

Hardy, Swana L. 181, 182, 184 Harnack, Adolf von 58 Harsdörffer, Georg P h i l i p p 15, 18, 19 H ä r t u n g , Fritz 42 Hartzenbusch, J u a n Eugenio 129, 151 H a u p t , M. 26 H a u s m a n n , Friedrich 36 Heberle 57 Hegel 24 Hegner, Jacques 122 Heine, Heinrich 62, 199 Heinemann, Albrecht von 34, 35, 37 Heinimann, S. 170, 184 Hempel, Wido 187 Henry, Paul 57 Herder, J o h a n n G o t t f r i e d 23-25, 33, 34, 42, 43, 83, 86, 187-199 H e r m a n d , Jost 62 Herrera, Fernando de 18, 46 Herrero, Javier 98 Hesse, Arnold 57, 59 Heyne, Christian G o t t l o b 79 Heyse, J o h a n n Georg 119, 120 Hijar y Haro, J u a n 156 Hinterhäuser, Hans 94 Hirdt, Willi 77 Hita, Ginés Pérez de 39, 121 Hocks, Paul 43 Höfler, Manfred 180, 184 H o f f m a n n , E . T . A . 118 HofFmann, Melchor 51 H o f f m a n n , O t t o 34 Hoffmeister, G e r h a r t 9, 11, 18, 77, 93, 94, 181, 184 H o f m a n n , K o n r a d 27 Holzendorf, Freiherr von 58 Homer 164 Horaz 46 Horl, Sabine 59 H u a r t e de San J u a n , J u a n 12, 18, 190, 195

Personenindex

Huber, Ludwig Ferdinand 79 Huber, Michael 79 Huber, S. T h . 37 Huber, T h . 47 Huber, Victor Aimé 79-92, 107 Hübscher, A r t h u r 101 Hügel, Clemens Wilhelm Freiherr von, 106 H u e r t a 120, 126 Humboldt, Alexander von 92, 162, 166, 180

Ihering, Rudolf von 157 I m m e r m a n n 119 Iordan, Iorgu, 170, 178, 184 Iriarte, Tomás de 42, 46, 47 Isla, José Francisco de 36, 37, 46

Jacobi 61 Jäger, Wolfgang 44 Jauss, Hans Robert 197, 198 Jordi, Mosen J . Valenciano (Jordi de San Jordi) 193 Jovellanos, G a s p a r Melchor de 80, 96, 113, 115 Jover, J . M. 89 J u a n i Tous, Pere 57 J ü n e m a n n , Wilhelm 163, 164 Julius, Nikolaus H. 29, 122, 127, 128 Juretschke, Hans 104

Kaiser, Wolfgang 23 K a n t , Immanuel 43, 60, 73-75 K a p p , Volker 188, 190, 196, 197 Karl, Louis 175, 183, 184 Karl der Große 86 Karl V. 1, 39 Kapitza, Peter K. 198 Keil, J o h a n n Georg 48, 118-130 Keiser, R u t 2

Keunecke H.-O., 119 Kirchner, J o a c h i m 38 Klemperer, Victor 22-24, 31, 33 Klesczewski, R e i n h a r d 77 Klugkist 80 K n u f f m a n n , Helmut 37 Köhler, R. 35 Körner, Josef 43, 62 Kopernikus, Nikolaus 154 Kotzebue, August von 125 Kreiten, Wilhelm 101 Kremers, Dieter 180, 184 Kristeller, P. O., 48 Kröll, Heinz 12 Kronacher, B e t t i n a 37

L a c h m a n n , C. 26 L a m b e r g , J o h a n n J a k o b von 10 Landázuri, Isabel P r i e t o de 149 Lang-Brancaforte, C h a r l o t t e 12 Lansius, T h o m a s 3 Lapesa, Rafael 173, 184 Las Casas, Bartolomé de 29 Laursen, K. 42 Lazarillo de Tormes 12 Leibnitz 55 Lejeune, Fritz 150-152, 157, 167, 168 Lejeune, R i t a 91 Lemcke, Ludwig 30, 101 Lenz, M a x 81 León, Luis de 30 León de Mera, J u a n 166 Le Page, R o b e r t B. 176, 184 Lepidus, Henry 155 Lessing 56, 93, 102, 195 Lichem, Klaus 184 Liehr, R e i n h a r d t 169 Llampillas, Francisco Javier 187, 191 Llórente, J u a n Antonio 106 Lochner von H ü t t e n b a c h , Fritz 178, 184

207

Personenindex

Lockhardt, J o h n 92 Lohr 122 Lonne, Karl-Egon 94 Loeper, G. V. 35 Lohner, Edgar 61, 75 Loning, Adolf 107 López Aristegui, J o a q u í n 59 López Portillo y R o j a s , José 153, 156, 158, 169 López de Sedano, 46 Lorinser, Franz 57, 100, 112, 131148 Lorinser, Carl Ignatius 148 Loyola, Ignacio de 116 Ludwig II. von Bayern 162 Ludwig XIV. 188, 196, 197 Lukács, Georg 146 Luther, M a r t i n 31, 50, 52, 58 Luzán, Ignacio de 40, 46

M a c a n a z , Melchor Rafael de 113 M a c h a d o y Alvarez, A., 172, 173, 184 Mager 26 Malsburg, Baron von der 126 M a r i a n a 3, 11 Marias, Julian 59 Markey, T . L. 170, 176, 184 Màrquez (General) 152 Masson de Morvilliers 45, 48 Mateos, J u a n 157 M a u d e 55 Maucke 121 Mayàns y Siscar, Gregorio 37, 40 Medici 130 Medici, Lorenzo de 19 Megiserus, Hieronymus 18 Meier, Harri 77 Meijer, G u u s 176, 185 Meisel, Heinrich 106 Meißner, Franz-Joseph 190 Melanchthon 50, 55 Mena, J u a n de 2, 10, 16

¿08

Mendoza, Diego H u r t a d o de 122 Menendez Pidal, R a m ö n 83-89, 171, 172, 178 Menendez y Pelayo, Marcelino 32, 58, 94, 102, 171, 175, 183 Mera, J u a n Leon 149 Merck, J o h a n n Heinrich 40 Merula, P a u l u s 20 Metastasio 196 Meurier, Gabriel 18 Meusel, J o h a n n Georg 34, 36, 39, 40, 44, 122 Mexia, P e d r o 10, 21, 29, 31 Meyer-Lübcke, Wilhelm 179 Michelangelo 123, 154 Molinos 94 Moltke 157 M o m m s e n , Wolfgang J . 115 Monlau, P e d r o Felipe 37 M o n t a l b a n , J u a n Perez de 40, 71 Montemayor, Jorge de 11, 12, 14, 18, 19 Montes de Oca, Ignacio 158 Montesquieu 25 Morales 29 Morel-Fatio, A. 129 Moreto 81, 91 Morf, Heinrich 22 Mosheim, J o h a n n Lorenz von 56, 57 Mostain 87, 88 M o t t e , Houdar de la 197 Müller, J o h a n n e s von 86, 89 M ü n s t e r , Sebastian 53 Münzer, Hieronymus 6 Münzer, Sebastian 2 Münch, Ernst 96, 106 Munker, F. 35 M u n t e a n o , B;. 191 M u r r , Christoph Gottlieb von 57 Mussolini 183 Muysken, Pieter 176, 185

Pera

Napoleon 25, 104, 149 Napoli-Signorelli 187 Nasarre, Blas Antonio 40 Nebrija, Antonio de 1, 21, 28, 29 Nemesio Vargas, M. 164 Neumeister, Sebastian 78 Nicolai, Friedrich 42 Nicolai, Heinz 35 Niederehe, Hans-Josef 4 Nipperdey, T h o m a s 99, 132 Nonius, Ludovicus 13 Norwich, A. 119-122, 124 Nucius, Philipp 40 Niiiiez, Rafael 160

Oecolampad (Ecolampadio) 51, 52 Oeste de Bopp, M a r i a n n e 154 Olavide, P a b l o 98 Onís, Federico de 162 Opitz, M a r t i n 9, 18, 19 O r t e g a y Gasset, José 53 Ortolani, P.E. 193 O t h ó n , Manuel José 153, 157, 158 Oudin, César 4, 18

Paasch, Richard 59 P a b s t , Walter 68 Pachtler, P. 102 P a l m a , Ricardo 160, 164 P a n d o y Mier, Pedro de 131 P a n h o r s t , Karl Heinrich 168 P a t i ñ o Rosselli, Carlos 177, 184 Paul, J e a n 61 Paulsen, Ingwer 80, 82, 92 Pérez, Alonso 19 Pérez de Moya 10 Pérez de Oliva 28-31 Pérez Hernández, Francisco J . 175, 185 P e t r a r c a 12, 188, 192, 193, 197

onenindex

P f a n d l , Ludwig 6 Pfeilschifter, J o h a n n B a p t i s t 95, 96 P h i l i p p II. 99 P i e t s c h m a n n , K. R. 119 Pimentel, Francisco 153 Pinciano, El 21 P i n d a r 70 Pitollet, Camille 122, 124, 127130 Pius IX. 112 Platter, Thomas 2 P l o t t , A. 38 Poelitz, Karl Heinrich Ludwig 106 Poliziano, Angelo 13, 19 Polo, Gii 10.14, 18, 19, 21 Pompilio Liona, N u m a 160, 164 Postel, Christian H. 8 Potier d ' E s t a i n , Michel 4 Prescott 29 Prieto, Guillermo 153, 158 P r i e t o de Landázuri, Isabel 159 P t o l e m à u s 53 P u e n t e , Luis de la 101 Pulci 71

Quelle, O t t o 168 Q u e s a d a , E r n e s t o 165, 168, 169 Q u e s a d a , Vicente G. 160, 165, 168 Quevedo Villegas, Francisco de 39, 46, 47, 48, 102, 122 Q u i n t a n a , J u a n de 50 Quintilian 5, 191 Q u i t a , Domingos dos Reis 40

Racine, Louis 191 Raeß, A n d r e a s 95 R a h d e n , Wilhelm von 107 Ramírez, Sancho 88 R a u h u t , Franz 59

209

Pera

Reiching, Carl B. 112 Regla, J . 89 Reiter, Virginia 160 Renoaldi, T. 44 Rheinbaben, Baron Werner von 168 Ribadeneyra, Pedro de 3, 6 Richert, G. 118 Richter, Elise 170, 185 Riegel, Franz Xaver 104 Riego y Núñez, Rafael del 79 Risco, Manuel 85, 86 Riva Palacio, Vicente 157, 160 Rivers, Elias L. 47 Roa Barcena, José María 158 Roca Franquesa 46 Rodaja, Tomás 11 Rodó, José Enrique 167 Rodericus Toletanus 86- 88, 89 Rodríguez, Carlos 8 Rohlfs, Gerhard 91 Rojas, Arístides 166 Rojas, Carlos 59 Rojas, Fernando de 7, 10, 14, 16 Roldán Pérez, A. 1 Romani, G. 44 Roon, Albrecht T. E. 107 Ropero Nuñez, Miguel 173, 174, 185 Rosegger, Peter 157 Rosen, G. von 107 Ruge, Arnold 106 Ruiz Barrionuevo, Blanca 78 Russell, P. E. 91 Russell, Sebold P. 47

Sachs, C. 27 Sachsen-Weimar-Eisenach, Herzog Karl August von 34 Sainéans, L., 170 Saint-Simon 25 Salas Barbadillo, Geronimo de 11 Sanchez-Blanco, Francisco 53, 54, 57, 94 210

onenindex

Sánchez Santos, Trinidad 158 Sandóval, P. de 86 San Gregorio 139 San Miguel, Angel 59 San Pedro, Diego de 10 Santos Chocano, José 167 Sarrailh, Jean 45 Sastre, Alfonso 59 Sawoff, Adolf 172-174, 185 Scaliger 28 Schack, Adolf Friedrich von 25, 29, 94, 107, 140, 141, 145 Schaeffer, Peter 9 Schallenberg 10 Scheel, Hans Ludwig 77 Schepeler, Andreas D.B. 106 Schiller 34, 43, 61, 159, 181 Schlegel, August Wilhelm 43, 61, 74-78, 118, 120, 121, 192, 198 Schlegel, Friedrich 23-25, 29, 41, 62, 75-77, 118, 187, 192, 197 Schmid, Ernst August 40, 41, 45, 121 Schmidt, Albert 30 Schmidt, Friedrich Wilhelm Valentin 81, 126-129 Schmidt, G. 187 Schmidt, Leopold 129 Schmidt, Peter 43 Schmökel, Hildegard 150, 151, 161, 167 Schneegans, Heinrich 91, 92 Schönfuß, Walter 42 Schott, Andreas 2, 11, 13 Schröder, Konrad 3, 91 Schroetter, Hellfried von 59 Schuchardt, Hugo 170-186 Schütz, Christian Gottfried 42, 43 Schulz, Gerd 127 Schulz-Buschhaus, Ulrich 188 Schumann, (Gebr.) 126 Schwaderer, Richard 59 Schwenckfeld, Kaspar 51 Schwerteck, H. 180, 183, 186 Schyra, S. Baidur 44

Personenindex

Seasfield, Charles 157 Seckendorff, Siegmund von 39-42 Seco, C . 89 Seiffert, Hans Werner 34 Sempere y Guarinos, J u a n 113 Seneca 29, 191 Sepúlveda, Ginés de 11, 29, 90 Serreius, J o a n n e s 4 Servet, Miguel 26, 31, 50-59, 94 Shakespeare 81, 91, 182 S i e b e n m a n n , G u s t a v 78 Sierra, J u s t o 153, 157, 158 Silva, Feliciano de 11, 14 Simon, H . J . 184 Simón Díaz, José 46 Smith, Colin 89 Sobrino 44 Soden, Friedrich, Julius, Heinrich, Reichsgraf von 41, 42 Solis, Antonio de 68 Soltau 37 Sophokles 24 Sotomayor, J u a n Sozinus, Faustus 57 Spinoza 102 Spitzer, Leo 178, 183 Staff, H. 104 Starke 121 S t e p h a n u s (d.i. Estienne) 28 Stern, Leo 55 Steudel 121 Stolz, Alban 99, 112 S t r e u b e r , A. 4 Struck, G u s t a v 60, 61, 73 Stúñiga, Baltasar de 12 Sudhof, Siegfried 78 Sullivan, Henry W . 63, 78, 118120, 130, 181, 182, 186 S u m a r á n , J u a n Angel de, 3, 4 Sydow, ( G e h e i m r a t ) von 81

T a m a y o de Vargas, Tomás 46 Tapia de Castellanos, Ester, 149, 153, 156, 160

Tassi, Vera 48, 126 Tasso, T o r q u a t o 12, 121 T a u b m a n n , Friedrich 19 Teodoro I de Córcega 156 Terenz 13 Teresa de Avila 2, 95, 101 Testis (d.i. Vera Tassis) 120 Teucher 44 Texeda, Geronimo 14 Ticknor, Georg 29, 30, 142 Tieck, Ludwig 37, 76, 118 T i e m a n n , H e r m a n n 38, 41, 45, 118 Tietz, M a n f r e d 59, 78, 143, 181, 182, 186, 187, 190 Tiraboschi, Girolamo 187-199 Tollin, Henri 52, 57, 58 Toreno, Conde de 92 T o r q u e m a d a , Antonio de 10 Torres Caicedo, José M a r i a 167 Torres N a h a r r o 10 T r a j a n o Mera, José 166 Treitschke, Heinrich v. 109 Trechsel, F . 53, 57 T u d e n s e 89 Tudensis, Lucas 86 Tychsen 93

Ubieto A r t e t a , A. 89 Uhde, M. 168 Ulloa, Alonso de 7 Ulloa, B e r n a r d o de 113 U n a m u n o , Miguel de 53 Urfé, d ' 12, 18

Valdés, Alfonso de 13 Valdés, J u a n de 26, 28, 29, 31, 32 Valenti, G. 44 Valentin, Jean-Marie 12 Valera, J u a n 151, 160 Valle, J u a n 158 Valle, R a m o n 158

211

Pera onenindex

Varchi 193 Vega Carpio, Felix Lope de 25, 39, 40, 41, 47, 48, 65-67, 71, 78, 128, 142, 148 Velazquez, J. L. 40 Venturini, E. 96 Vera Tassis y Villarroel, Juan de 48, 126 Verdaguer, Jacint 164 Vierhaus, R. 48 Vieweg, Eduard 108 Vigil, José María 157 Villalobos, F. de 29 Villalón 1 Villanovanus, Michael (d.i. Servet) 53, 54 Villegas, Esteban Manuel de 36, 46, 47 Virchow, Rudolf 58 Vittori, Girolamo 4 Vives, Luis 10, 21, 26, 31, 32 Vogelweide, Walter von der 91 Voltaire 25, 56, 195 Voretzsch, Karl 82 Vossius, G. 28 Vulcanus, Bonaventura 4

Wagener 93 Wander, Karl Friedrich W., 1 Wankel, Johann 13 Ward, Phillipp 37, 40 Weber, Max 115 Wehrli, Max 12 Weinrich, Harald 1 Weis, Nikolaus 95 Weischedel, Wilhelm 73 Weiss, Brigitta 171-173, 178, 179, 186 Weiss, Ch. 113 Weitenauer, Ignaz 8 Welser, Anton 11 Werner, Abraham Gottlieb 42

US

Whinnon, Kenneth 176, 186 Wichmann, A. 106 Wieland 34, 38, 39, 40 Wienecke, Ernst 43 Wiffen 32 Windfuhr, Manfred 62 Winkler, Otto Friedrich 42 Wirsung, Christoph 1, 15, 17 Witaker, Arthur 42 Wohlfeil, Rainer 93, 104 Wolf, Ferdinand 25, 27, 62-64, 8385, 101 Wotton 55

Xuárez, Fernán 13

Young, George W. 163

Zanthier, Friedrich Wilhelm von 39, 40 Zapata 10 Zaragoza, Antonio 153, 156, 159 Zincgraf, Julius 8.9 Zorrilla 151 Zorrilla de San Martin, Juan 159, 160 Zscharnack, Leopold 56

Hispanistik Bibliographie der Hispanistik In dar Bundesrepublik Deutschland, Österreich und dar dautschsprachlgan Schweiz Christoph Strosetzki und Titus Heydenreich. Im Auftrag des Deutschen Hispanistenverbandes. Bd. I (1978-1981) 1988, 125 S„ 29,80 DM ISBN 3-89354-704-5 Bd. II (1982-1986) 1988, 179 S„ 29,80 DM ISBN 3-89354-705-3 Walter B. Berg Grenz-Zeichen Cortázar Laban und Werk aInas argentinischen Schriftstellers der Oegenwart 1989, ca. 340 S„ 52,00 DM ISBN 3-89354-826-2 Kurt Grötsch Der Kampf u m die Integration Alrokubaner als Protagonisten und Autoren In der Literatur Kubas des 19. und 20. Jahrhunderts 1989, ca. 290 S„ ca. 36,00 DM ISBN 3-89354-821-1 Pere Juan i Tous Das gefesselte Engagement »El árbol de la ciencia« von Pfo Baraja und dar Oelst der Jahrhundertwende 1989, 671 S.,80,00 DM ISBN 3-89354-825-4 Lutz Küster Obsession der Erinnerung Das literarische Werk Jorge Sempruns 1989, 303 Seiten, 38,00 DM ISBN 3-89354-410-0

Vervuert Verlag Wielandstr. 4 0 D - 6 0 0 0 Frankfurt/M.

Josef Oehrlein Der Schauspieler im spanischen Theater des Siglo d e Oro (1600-1681) Untersuchung zu Berufsbild und Rolle In dar Gesellschaft 1984, 269 Seiten, 36,00 DM ISBN 3-89354-012-0 Angel San Miguel (Hrsg.) Calderón Fremdheit und N i h e aInes spanischen Barockdramatikers 1988, 230 Seiten, 28,00 DM zahlreiche Abbildungen ISBN 3-89354-412-7 Regine Schmolling Literatur der Sieger Der spanische Bürgerkrlegsroman Im gesellschaftlichen Kontext des frühen Franquismus (1939-1943) 1989, ca. 450 S„ ca. 56,00 DM ISBN 3-89354-823-8 Gustav Siebenmann Essays zur spanischen Literatur 1989, 327 Seiten, 34,00 DM ISBN 3-89354-413-5 Manfred Tietz (Hrsg.) Das Spanieninteresse im deutschen Sprachraum Beiträge zur Geschichte der Hispanistik vor 1900 1989. ca. 190 S„ ca. 36,00 DM ISBN 3-89354-827-0 Manfred Tietz (Hrsg.) Spanische Lyrik vom Modernismus bis zur G e g e n w a r t Elnzellnterpretatlonen Herausgegeben von Manfred Tietz in Zusammenarbeit mit Siegfried Jüttner und Hans- Joachim Lope. 1989, Ca. 460 Seiten, ca. 48,00 DM ISBN 3-89354-312-0

Neuerscheinungen Karl Kohut (Hrsg.)

spanischsprachig

Rasse, Klasse und Kultur in der Karibik

Americana eystettensla 5, 195 p„ 28,00 DM (USt 15.50) ISBN 349354-9054 Horado Riquelme

Karl Kohut. Albert Meyers (eds.)

Religiosidad popular en América Latina

Aus dem Gedächtnis des Windes

Americana eyslettensia 4, 1988, 330p., 36,00 DM (USt 20.-) ISBN 3-89354-904-8

Psychokuitureile Studien zu Latelnsmerika 191 p„ 24,80 DM (USt ISBN3-89354-040-7

Ingrid Slmson

Realidad y ficción en »Terra Nostra« de Carlos Fuentes

Editionen der Iberoamericana III. 22, 1989,245p.,36,00 (USt 20,-) ISBN 3-893S4-S22-X

13,50)

Angel San Miguel (Hrsg.) DM

deutschsprachig

Calderón

Fremdheit und Nfihe eines spsnlschen Barockdramatikers 230p.. 28,00 DM (USt 15,50) ISBN 3-89354-412-7

Reglne Schmolllng

Literatur der Sieger

Walter B. Berg

Der spanische Bürgerkriegsroman Im gesellschaftlichen Kontext dee frühen Franqulsmua (1939-1943)

Laben und Werk elnee argentinischen Schriftstellers der Gegenwart

Editionen der Iberoamericana III, 23,1989, (USt 31,-) ISBN 3-89354-823-8

Grenz-Zeichen Cortázar

Editionen der Iberoamericana III, 26, 1989, 340p„ 52,00 DM (USt 28,50) ISBN 3-89354-826-2

Walther L Bemecfcer

450p.,56,00

Gu6tav Siebenmann

Essays zur spanischen Literatur

327p„ 34,00 DM (USt ISBN 3-89354-413-5

18,50)

Manfred Uetz (Ed.)

Schmuggel

lllegelltft und Korruption im Mexiko des 19. Jahrhunderts Editionen der Iberoamericana III, 160 p.,24.80 DM (USt 13,50) ISBN 348354-824-6

24,1989,

Kurt Grätsch

Der Kampf um die Integration

Afrokubaner ala Protagonisten und Autoren In der Uteratur Kubaa dea 19. und 20. Jahrhunderte Editionen der Iberoamericana III. 21, 1989, 290p„ 36,00 DM (USt 20,-) ISBN 349354-821-1

Pere Juan 1 Tous

Spanische Lyrik vom Modernismus bis zur Gegenwart Einzelinterpretationen

Herausgegeben von Manfred Ttetz In Zusammenarbeit Siegfried JOttner und Hans- Joachim Lope. 460p„ 48,00 DM (USt 26,50) ISBN3-69354-312-0

Manfred Tletz (Ed.)

Das Spanieninteresse im deutschen Sprachraum

Beltrlge zur Geschichte der Hlspanlstik vor 1900 Editionen der Iberoamericana III, 27, 1989, 36,00 DM (USt 20,-)ISBN 3-89354-827-0

190p„

Das gefesselte Engagement

»El árbol de la ciencia« von Pfo Baroja und der Gelat der Jehrhundertwende Editionen der Iberoamericana 6 71 p.,80,00 DM(USt 53.-) ISBN 3-89354-825-4

III, 25, 1989,

Dieter Janik, Wolf Lustig (Hrsg.)

Die Spanische Eroberung Amerikas:

Akteure, Autoren, Texte Eine Anthologie von Originalzeugnissen mit Kommentaren 250p.. 24,80 DM (USt 13,50) ISBN 349534-041-5

DM

Akten der AIH Sebastian Neumelster (Ed.)

Actas del IX Congreso de la Asociació Internacional de Hispanistas 18-23 agosto 1986, Berlín

2Bde. 1664p. 178,00 DM ISBN 3-89364-828-9

Vervuert Verlag Wielandstr. 40 • D-6000 Frankfurt/M. R.F.A - West Germany

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