Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften: Kommentar zum praktischen Gebrauch für Juristen und Genossenschaften [7., umgearb. Aufl. Reprint 2018] 9783111574660, 9783111202600


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German Pages 728 Year 1911

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Table of contents :
Vorwort zur ersten Auflage
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Ergänzungen
Einleitung
Erster Teil
Gesetz, betreffend
Erster Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
Zweiter Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und der Genoffen
Dritter Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung
Vierter Abschnitt. Revision
Fünfter Abschnitt. Ausscheiden einzelner Genoffen
Sechster Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genoffenschast
Siebenter Abschnitt. Konkursverfahren und Lastpflicht der Genoffen
Achter Abschnitt. Besondere Bestimmungen
Neunter Abschnitt. Strafbestimmungen
Zehnter Abschnitt. Schlußbestimmungen
Übergangsbestimmungen
Gesetz
Zweiter Teil
Einleitung
Bekanntmachung, betreffend
Dritter Teil
Vorbemerkung
Genoffenschafstatistik
Sachregister
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Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften: Kommentar zum praktischen Gebrauch für Juristen und Genossenschaften [7., umgearb. Aufl. Reprint 2018]
 9783111574660, 9783111202600

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Das Reichsgesetz, betreffend die

Erwerbs- und irtschastsgenossenschasten. Kommentar zum praktischen Gebrauch für Juristen und Genossenschaften herausgegeben von

Ludolf Parisius und Dr. Hans Crüger.

Siebente, umgearbeitete Auflage bearbeitet von

Dr. Hans Crüger.

Berlin 1911. I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. S>.

Vorwort zur ersten Auflage. Nachdem ich 1868 und 1876 im Verlage von I. Guttentag zu Berlin Kommentare zum preußischen Genossenschaftsgesetze vom 27. März 1867 und zum norddeutschen Genossenschaftsgesetze vom 4. Juli 1868 heraus­ gegeben hatte, erklärte ich mich auf Ersuchen der Verlagshandlung im voraus gern bereit, auch das neue Gesetz zu kommentieren. Aber die genaue Kenntnis des Entwurfs und seiner Abweichungen vom bisherigen Gesetze ließ es mir von vornherein mehr als zweifelhaft erscheinen, ob ich einen ausführlichen, gründlichen Kommentar werde so zeitig herstellen können, daß er beim Inkrafttreten des Gesetzes fertig vorliege. Ich war deshalb erfreut, in der Person des Herrn Gerichtsassessors Dr. jur. Hans Crüger, welcher seit drei Jahren die Stelle des ersten Sekretärs der An­ waltschaft des Allgemeinen Verbandes der deutschen Erwerbs- und Wirtschafts­ genossenschaften verwaltet, einen Mitarbeiter zu gewinnen, der reiche Gelegen­ heit hatte, die Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Bedürfnisse zahlreicher und verschiedenartiger Genossenschaften kennen zu lernen. Unsere gemeinsame Arbeit wurde durch die erheblichen Veränderungen, die der Gesetzentwurf im Reichstage erfuhr, wider Erwarten erschwert. Dennoch konnte die Verlagshandlung den eigentlichen Kommentar bereits im September 1889, also vor dem Inkrafttreten des Gesetzes, versenden. Im Einverständnis mit uns versprach sie dabei, Einleitung, Sachregister und die von uns zur Vollständigkeit des Kommentars für imentbehrlich erachteten, im § 171 Abs. 2 des Gesetzes angekündigten Bekanntmachungen der Zentral­ behörden der Einzelstaaten in vier bis fünf Wochen nachzuliefern. Es war vorausgesetzt, daß diese Bekanntmachungen, die nach dem Reichsgesetz vor dem 1. Oktober 1889 zu erwarten waren, spätestens Mitte Oktober allesamt vorliegen würden. Diese Voraussetzung traf nicht zu. Insbesondere blieb Preußen mit seiner Bekanntmachung, auf deren Abdruck wir Wert zu legen hatten, im Rückstände. Inzwischen war die erste Ausgabe des im September versendeten Kommentars bereits so weit vergriffen, daß Anfang Dezember 1889 ein zweiter unveränderter Neudruck bewirkt werden mußte. Die preußische Bekanntmachung ist im Reichsanzeiger erst am Weihnachts­ abend erlassen. Die Verzögerung gestattete, im Nachtrage einige wichtige praktische Erfahrungen aus dem ersten Vierteljahre der Gültigkeitsdauer des neuen Gesetzes mitzuteilen. Charlottenburg, den 12. Januar 1890.

Ludolf Parisius.

Vorwort zur vierten Auflage. Die Bearbeitung der neuen Auflage lag mir allein ob, am 11. März 1900 hat der Tod das arbeitsreiche Leben Ludolf Parisius' zum Ab­ schluß gebracht. Parisius gehört zu den Pionieren des deutschen Genossen­ schaftswesens und hat zeitlebens einen großen Teil seiner reichen Arbeitskraft

IV

Vorwort.

in den Dienst der Genossenschaften gestellt; neben Schulze-Delitzsch hat er an der Ausgestaltung und Ausbildung der deutschen Genossenschaftsgesetzgebung und des deutschen Genossenschaftsrechts den hervorragendsten Anteil. Ein tüchtiger Jurist und tiefer Kenner des Genossenschaftswesens sowohl in der Praxis, als auch in der Theorie, war Parisius der geborene Kommentator der deutschen Genossenschaftsgesetzgebung. Ich habe an der Anordnung des Werkes nichts geändert; es ist auf Grund der inzwischen ergangenen reichhaltigen Rechtsprechung, die, wie in den früheren Auflagen stets auch kritisch gewürdigt ist, und nach den Er­ fahrungen und Beobachtungen aus der Praxis der deutschen Genossenschaften der neuen Bearbeitung unterzogen. Charlottenburg, im April 1903.

Dr. Hans Crüger.

Vorwort zur sechsten und siebenten Auflage. In dem Vorwort zur fünften Auslage führte ich aus: „Die Entwicklung des Genossenschaftswesens auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens, die Anwendung der genossenschaftlichen Organisation bei Unternehmungen, für die sie nach ihrem Charakter und ihrer gesetzlichen Regelung kaum als ge­ eignete, wirtschaftliche und rechtliche Grundlage angesehen werden kann, hat in den letzten Jahren zu einer großen Zahl von Auslegungsfragen des Genossenschaftsgesetzes und einer umfangreichen Rechtsprechung geführt." Seitdem ist die Rechtslage eine immer verwickeltere, die Rechtsprechung eine noch reichhaltigere geworden. Und sie verlangt mit Rücksicht auf die weitere Gestaltung des Genossenschaftswesens eine sorgfältige Nachprüfung, bei der stets auf die eigenartige wirtschaftliche und rechtliche Natur der Genossenschaft zurückgegangen werden muß. Das umfangreiche Material über die ver­ schiedenen Vorgänge und Beobachtungen, das der Allgemeine Verband der auf Selbsthilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften besitzt, konnte von nrir auch bei der Bearbeitung dieser Auflage verwertet werden. Bereits in der vierten Auflage habe ich eine systematische Behandlung der einzelnen Rechtsfragen bei der Auslegung des Gesetzes zugrunde gelegt, und dies ist weiter durchgeführt; desgleichen die kritische Prüfung der Bestimmungen des Gesetzes auf ihre Verwertbarkeit in der Praxis nach den vorliegenden Erfahrungen. Die zu bewältigende Fülle an Material gebot es, Kürzungen vorzunehmen, wo diese angängig waren, ohne daß der Kommentar an Vollständigkeit Einbuße erlitt. Fast durchweg sind in der siebenten Auflage die Erläuterungen, die die geschichtliche Entwicklung der Bestimmungen des Gesetzes in den früheren Auflagen behandelten, fortgelassen. So brauchte der bisherige Umfang trotz der vielfachen Ergänzungen und Vervollständigungen nicht überschritten zu werden. Charlottenburg, im Juni 1911.

Dr. Hans Crüger.

Inhaltsverzeichnis Seite Ergänzungen unter besondere Berücksichtigung der während des Druckes des Kommentars bekannt gewordenen hvchstrichterlichen Entscheidungen ... X Einleitung. I. Zur Geschichte der deutschen Genossenschaftsbewegung..................................... 1 II. Die Genössenschaftsgesetzgebung..................................................................................10 III. Der Begriff der Genossenschaft und die wichtigsten Neuerungen des Gesetzes vom 1. Mai 1889 ................................................................................................. 22 A. Die neue Ordnung der Haftpflicht der Genossen, die Zulassung der Ge­ nossenschaften mit beschränkter Haftpflicht und die Bestimmungen über den Vollzug der Haftpflicht .................................................................................. 24 1. Die Haftpflicht . ........................................................................................24 2. Der Hastvollzug............................................................................................ 29 B. Die Revision............................................................................................................ 36 C. Bildung von Genossenschaften, die aus Genossenschaften bestehen... 41

Erster Teil. Gesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften . 43 Erster Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft (§§ 1—16)....................................... 45 Zweiter Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und der Genossen (§§ 17—23) 174 Dritter Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung (§§ 24—52)..................... 201 Vierter Abschnitt. Revision (§§ 53—64)................................................................ 325 Fünfter Abschnitt. Ausscheiden einzelner Genossen (§§ 65—77)..................... 358 Sechster Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft (§§ 78—97) . 407 Siebenter Abschnitt. Konkursverfahren und Haftpflicht der Genossen (§§ 98—118) 449 Achter Abschnitt. Besondere Bestimmungen (§§ 119—145)............................. 491 I. Für Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht (§§ 119—125) . . 491 II. Für Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht (§§ 126—130) . 504 III. Für Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht (§§ 131—142) . . . 508 IV. Für die Umwandlung von Genossenschaften (§§ 143—145)..................... 525 Neunter Abschnitt. Strafbestimmungen (§§146—154)........................................ 531 Zehnter Abschnitt. Schlußbestimmungen (§§155—161)........................................ 545 Übergangsbestimmungen...........................................................................................555 Gesetz, betreffend den Geschäftsbetrieb der Konsumanstalten vom 12. August 1896

566

Zweiter Teil. Bekanntmachung, betreffend die Führung des Geuossenschaftsregisters und die Anmeldungen zu diesem Register. Vom 1. Juli 1899 ...........................................................................................................

569

VI

Inhaltsverzeichnis.

Dritter Teil. Seite

Bekanntmachungen der Zentralbehörden der Bundesstaaten. — Verordnungen der Einzelstaaten, betreffend die Führung des Genossenschaftsregisters. — Allgemeine Verfügung, betreffend die Herstellung einer Statistik der Erwerbs- und Wirtschafts­ genossenschaften ................................................................................................ 585 Vorbemerkung........................................................................................................... 586 1. Preußen........................................................................................... 588 2. Bayern.................................................................................................................... 591 3. Königreich Sachsen................................................................................................ 597 4. Württemberg...........................................................................................................601 5. Baden....................................................... 603 6. Hessen..................................................................................................................... 613 7. Mecklenburg-Schwerin........................................................................................... 618 8. Sachsen-Weimar.................................................................. 620 9. Mecklenburg-Strelitz............................................................................ 625 10. Oldenburg..............................................................................................................626 1J. Braunschweig.......................................................................................................... 631 12 Sachsen-Meiningen................................................................................................ 632 13. Sachsen-Altenburg..................................................................................................... 636 14. Sachsen-Koburg-Gotha........................................................................................... 640 15. Anhalt.................................................................................................' . . 642 16. Schwarzburg-Sondershausen.................................................................................646 17. Schwarzburg-Rudolstadt........................................................................................... 650 18. Waldeck................................... 654 19. Reuß ältere Linie............................................................................................ . 654 20. Reuß jüngere Linie.................................................. 659 21. Schaumburg-Lippe.................................................................. 613 22. Fürstentum Lippe..................................................................................................... 667 23. Lübeck.....................................................................................................................671 24. Bremen............................................................. . . . .....................675 25. Hamburg................................................................................................................675 26. Elsaß-Lothringen..................................................................................................... 676 Allgemeine Verfügung, betreffend die Herstellung einer Statistik der Erwerbs­ und Wirtschaftsgenossenschaften............................................................................ 678 Sachregister...........................................................................................................685

Abkürzungen Zahlen ohne weiteren Zusatz bedeuten die §§ dieses Gesetzes. AB.2 = Bekanntmachung, betreffend die Führung des Genoffenschaftsregisters und die Anmeldungen zu diesem Register vom 1. Juli 1899. AG.4 — Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktien­ gesellschaften vom 18. Juli 1884 — oder = Aktiengesellschaften. Begr. I1 = Begründung des I. Entwurfs. Begr. II1 = Begründung des II. Entwurfs. Birkenbihl — Birkenbihl und Maurer: Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschasten vom 1. Mai 1889. Zweite Auflage. 1898. BlfG. — Blätter für Genossenschaftswesen. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch für das Deutsche Reich vom 18. August 1898. Busch Archiv = Archiv für Theorie und Praxis des Allgemeinen deutschen Handels­ und Wechselrechts. (Herausgegeben zuerst von F. B. Busch, zuletzt von G. Busch.) Cohn = Das Handels- und Genossenschastsregister. 1901. Denkschrift zum HGB. — Entwurf eines Handelsgesetzbuchs nebst Denkschrift (I. Guttentag-Berlin). Denkschrift zum BGB. = Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (I. Guttentag-Berlin). DJZ. — Deutsche Juristenzeitung, begründet von Laband-Stenglein-Staub, heraus­ gegeben von Laband-Hamm-Heinitz. Dtsch.landw.Gen.-Presse = Deutsche landwirtschaftliche Genossenschastspresse (Darmstadt). EBGB. — Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. August 1896. EG. — Eingetragene Genossenschaft. EHGB. — Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 10. Mai 1897. Entw. I2,3 = Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nebst Begründung und Anlage. Amtliche Ausgabe. 1888. Entw. II2,3 — Entwurf eines Gesetzes usw., vorgelegt dem Reichstag am 27. No­ vember 1888 (Drucksachen des Reichstags, 7. Legislaturperiode, IV. Session 1888/1889 Nr. 28). FGG. — Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Mai 1898. GKG.2 = Gerichtskostengesetz vom 18. Juli 1878, neue Fassung vom 17. Mai 1898. GmbH. = Gesellschaft mit beschränkter Haftung. GR. — Genossenschaftsregister. Ges. von 18682,3 = Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 4. Juli 1868. 1 Die lateinischen Zahlen bezeichnen den Band, die arabischen die Seite. 2 Die beigefügte Zahl bezeichnet den Paragraphen. 3 Ist die Abkürzung in lateinischen Lettern gedruckt, so bedeutet dies, daß die Fassung des Gesetzes sich hier zuerst findet. 4 Die beigefügte Zahl bedeutet den Artikel.

VIII

Abkürzungen.

GBG.2 — Gerichlsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877, neue Fassung vom 17. Mai 1898. Goldschmidt = Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. 1882. Handelsgesellschafter = Der Handelsgesellschafter. Juristische Monatsschrift. (Leipzig.) HGB? — Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 10. Mai 1897. Herz — Novellen und Anträge zum Genossenschastsgesetz. 1883. Jessenberger = Die eingetragenen Genossenschaften. 1897. Joel = Das Gesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1. Mai l 889. Separatabdruck aus den „Annalen des Deutschen Reichs". 1890. JMBl. = Justiz-Ministerial-Blatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege. Johow = Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts. IW. = Juristische Wochenschrift. Herausgegeben von Neumann. Kaiser = Die zivilrechtliche Haftung des Vorstandes und Aufsichtsrats der Aktien­ gesellschaften und Genossenschaften. 1897. Komm.2,3 = Fassung des Gesetzes nach den Beschlüssen der VII. Kommission des Reichstags (Drucksachen des Reichstags, 7. Legislaturperiode, IV. Session 1888/1889 Nr. 132). KommBer? = Bericht derselben Kommission (dieselbe Drucksache). Kraus = Die Solidarhaft bei den Erwerbs- und Wirtschastsgenossenschaften. 1878. Leipz. Ztschr. ----- Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Versicherungsrecht, herausgegeben von Düringer-Jaeger-Könige. (Leipzig.) Liebig — Die Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht und ihre Behandlung im Konkurse. 1892. Makower — Handelsgesetzbuch. Dreizehnte Auslage. 1906. Maret = Die rechtliche Stellung des Vorstandes einer Erwerbs- und Wirtschafts­ genossenschaft. 1891. Mäscher — Das Gesetz vom 27. März 1867. 1868. Maurer = Das Reichsgesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889. 1890. Monatsschr. = Monatsschrift für Handelsrecht und Bankwesen, begründet von Hold­ heim, herausgeg. von Heilbrunn; früher: Wochenschrift für Aktienrecht und Bankwesen. Neumann Jahrbuch — Jahrbuch des Deutschen Rechtes. Herausgegeben von Dr. Hugo Neumann. Neumann Rechtspr. = Die Rechtsprechung des Reichsgerichts in Zivilsachen. Nov. (vor „Komm." u. „Begr.") — Novelle zum Gesetz vom 12. August 1896. OH. — Offene Handelsgesellschaft. OVG. — Entscheidungen des Kgl. Preuß. Oberverwaltungsgerichts. Pariflus — Die Genossenschaftsgesetze im Deutschen Reiche. 1876. Parisius-Crüger Formularbuch — Formularbuch zum Reichsgesetz, betreffend die Er­ werbs- und Wirtschastsgenossenschaften. Dritte Auflage. 1900. Parisius-Crüger GmbH. — Das Reichsgesetz betreffend die Gesellschaften mit be­ schränkter Haftung. Fünfte Auflage. 1911. Planck ---- Bürgerliches Gesetzbuch nebst Einführungsgesetz. Dritte Auflage. 1905 ff. Proebst — Das Reichsgesetz vom 1. Mai 1889 über die Erwerbs- und Wirtschafts­ genossenschaften. 1889. „Recht" = Das Recht, Rundschau für den Deutschen Juristenstand, herausgegeben von Dr. Hs. Th. Soergel (München). Rechtspr. = Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts. Herausgegeben von Mugdan und Falkmann. Nehm = Die Bilanzen der Aktiengesellschaften. 1903. Di®.1 = Entscheidungen deS Reichsgerichts in Zivilsachen. RGBl.* --- Reichsgesetzblatt.

Abkürzungen.

IX

RIA. — Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts, zusammengestellt im Reichsjustizamt. Ring --- Lehmann und Ring. Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. 1902. RKO.2 = Konkursordnung vom 10. Februar 1877, neue Fassung vom 17. Mai 1898. ROHG. = Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts. Rtg.2,3 = Fassung des Gesetzes nach den Beschlüssen des Reichstags in zweiter Lesung (Drucksachen des Reichstags, 7. Legislaturperiode, IV. Session 1888/1889 Nr. 145). Rtg. III2,3 = Fassung des Gesetzes nach den Beschlüssen des Reichstags in dritter Lesung (Drucksachen Nr. 186). Schulze — Umlageverfahren und Einzelangriff. 1888. Schulze-Delitzsch — Material zur Revision des Genossenschaftsgesetzes. 1883. Seuffert = Seufferts Archiv fürEntscheidungen der obersten Gerichlein den demschenStaaten. Sicherer — Die Genossenschaftsgesetzgebung in Deutschland. 1876. Simon — Die Bilanzen der Aktiengesellschaften. Dritte Auslage. 1899. Staub = Staubs Kommentar zum Handelsgesetzbuch. Achte Auflage bearbeitet von Könige, Stranz, Pinner. 1906/07. StrGB.2 — Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871, neue Fassung vom 26. Februar 1876. Warneyer = Das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich nebst dem Ein­ führungsgesetz erläutert durch die Rechtsprechung. Zweite Auflage. 1908. ZBlFG. = Zentralblatt für freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat sowie Zwangs­ versteigerung. Zeller — Das Reichsgesetz über die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889. Zweite Auflage. 1894. ZPO.2 ----- Reichszivilprozeßordnung am 30. Januar 1877, neue Fassung vom 17. Mai 1898. Ztschr. für AG. — Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (Zittau) — jetzt als Zeit­ schrift für Aktiengesellschaften (Leipzig).

Ergänzungen unter besonderer Berücksichtigung der während des Druckes des Kom­ mentars bekannt gewordenen höchstrichterlichen Entscheidungen. S. 50 (§ 1

Erl. 3).

Zeile 8 v.

o. muß es heißen statt „Johow 37, 17"

„Johow 37, 168". S. 61 Abs. 2 (§ 1 Erl. 5). Hierher gehört auch der Erlaß des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe v. 29. XI. 07 betreffend den Geschäftsbetrieb der gewerbsmäßigen Vermittlungsagenten für Jmmobiliarverträge.

Für die Beantwortung

der Frage, ob der Erlaß auch auf Genossenschaften Anwendung findet, dürste maß­ gebend sein die Erwägung, daß die Genossenschaft, die die Hypothekenvermiltlung auf den Kreis der Mitglieder beschränkt, den Charakter der „Gewerbsmäßigkeit" nicht be­ sitzt. Der Umstand aber, daß diese Verordnung nur von Personen spricht, scheint der An­ wendung auch auf juristische Personen nicht im Wege zu stehen, und zwar aus den gleichen Erwägungen, aus denen das S. 61 mitgeteilte Urt. des OLG. v. 25. I. 06 ausgesprochen hat, daß der GmbH. der Handel mit Losen untersagt werden könne. S. 61 (§ 1 Erl. 5), S. 168 (§ 16 Erl. 6). In der DJZ. (1911 Sp. 3l2ff.) behandelt Hachenburg die Eintragung von Änderungen des Gesellschaftsvertrages konzessionspflichtiger AG. unter Bezugnahme auf den in der DJZ. 1910 Sp. 1415 mitgeteilten Beschluß des OLG. Darmstadt v. 7. X. 10.

In diesem Beschluß wird

die Vorlage einer staatlichen Genehmigungsurkunde des Gesellschaftsvertrages für nicht erforderlich erklärt. Das OLG. Darmstadt hatte sich in Widerspruch gesetzt zu einer früheren Entsch. des KG. (Johow 11, 28). Hachenburg kommt zu dem Ergebnis, daß der Registerrichter, um die vielfachen Verwicklungen und Schwierigkeiten zu verhüten, die Eintragung vor der Genehmigung der Statutenänderung durch die Regierung ablehnen soll. Er ist aber der Ansicht, daß, falls eine Eintragung ohne Nachweis der Genehmigung der Regierung erfolgt ist, sie wirksam ist. Es sei Sache der Ver­ waltungsbehörde, ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft zu wahren. Nach der in diesem Kommentar S. 61 vertretenen Auffassung hat der Negisterrichter bei dem Fehlen aller Vorschriften für den Fall, daß die Gesellschaft der staatlichen Genehmigung bedarf, sich ausschließlich an das GG. zu halten und zu prüfen, ob nach diesem Eintragung erfolgen kann.

Dieser Auffassung entsprechend würde der Richter auch bei Statuten­

änderungen zu verfahren haben. S. 66 (8 1 Erl. 14), S. 74 (§ 5 Erl. 1).

Für die GmbH. wird in dem Be­

schluß des KG. v. 28. VI. 10 (Johow 40, 67) ausgesprochen, daß zwischen dem Ab­ schluß

des

Gesellschaftsvertrages

und

der Eintragung

der Gesellschaft nur solche

Geschäfte mit Wirkung für die spätere Gesellschaft abgeschlossen werden können, ohne die diese Gesellschaft nicht entstehen kann. S. 78 (§ 6 Erl. 1).

Das RG. hat in dem Urteil v. 25. I. 11 (75, 158) aus­

gesprochen, daß, wenn ein Mitglied seine offensichtliche Genossenpflicht verletzt, es sich die Anwendung der in der Generalversammlung beschlossenen Strafbestimmung ge-

Ergänzungen.

XI

fallen lassen muß, auch wenn es von dieser Bestimmung keine Kenntnis gehabt haben sollte. Eine besondere Verpflichtung der Genossenschaft, das Mitglied ausdrücklich da­ von in Kenntnis zu setzen, ist nicht ersichtlich. S. 82 (§ 6 Erl. 3). Vgl. Deumer „Ausländische Erwerbs- und Wirtschaftsgenoffenschaften" in der Zeitschrift für internationales Recht Bd. XX S. 353 fs. S. 95 (§ 7 Erl. 3 Zeile 8 v. u.). Das RG. hat in dem Urt. v. 8. II. 11 (BlfG. 1911 S. 338) ebenfalls erkannt, daß für rückständige Einzahlungen aus Ge­ schäftsanteil Verzugszinsen zu zahlen sind, doch soll nicht § 218 HGB. maßgebend sein, weil das GG. eine in sich geschlossene und erschöpfende Regelung seiner Materie enthält. Vielmehr ist die Einforderung maßgebend: wenn kein Zahlungstag für die Einzahlung auf Geschäftsanteil festgesetzt ist, wird die Einzahlung durch Mahnung fällig. S. 102 (§ 7 Erl. 3). In dem Urt. v. 23. III. 11 in Sachen der Oranien­ burger Vorstadt hat das KG. 22. Zivilsenat abweichend von den Entsch. v. 15. VI. 09 und 15. X. 09 erkannt, daß während des Liquidationsstadiums § 16 des Gesetzes, der für Statutenänderungen gilt, nicht anwendbar ist. In der gleichen Entscheidung freilich wird dann ausgesprochen, daß die Befugnis der Genossenschaft, den Geschäftsanteil auch insoweit einzuziehen, als er während der Liquidation fällig geworden ist und fällig wird, sich nicht bezweifeln läßt. In dein Urt. v. 5. IV. 10 hat der 11. Zivilsenat des KG. unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entsch. des 5. Zivilsenats des KG. v. 4. III. 03 (Rechtspr. 6, 502) erkannt: ein vor Eintritt des Liquidationsstadiums ge­ faßter Beschluß der Generalversammlung, durch welchen die auf den Geschäftsanteil zu leistenden Einzahlungen nach Betrag und Zeit festgesetzt sind, bindet den Genossen auch für die Zeit des Liquidationsverfahrens zur Zahlung zu der durch die General­ versammlung festgesetzten Zeit, welche die Fälligkeit der Verpflichtung herbeiführt. Das ist wieder der gleiche Standpunkt, auf Grund dessen die erwähnten Entsch. des KG. v. 15. VI. 09 und 15. X. 09 in Sachen der Oranienburger Vorstadt eine Statuten­ änderung nach der Auflösung zulassen, weil sie zum Zweck der Durchführung der Liquidation erfolgte. Kaum zwei Entscheidungen, die sich in ihren Ausführungen decken! Klare Rechtslage wird nur geschaffen, wenn man daran sesthält, daß nach der Auflösung weder eine Statutenänderung (ganz gleich zu welchem Zweck) beschlossen werden kann, noch eine Einzahlung aus Geschäftsanteil fällig wird. Der 16. Zivilsenat des KG. hat in Sachen der mehrfach erwähnten Genossen­ schaft in dem Urt. v. 29. V. 11 sich im Gegensatz zu der eben erwähnten Entsch. dem Urt. des RG. v. 7. V. 10 (73, 410; vgl. S. 95 des Kommentars) angeschlossen und die Frage, ob die Einzahlungen, welche nach der Auflösung der Genossenschaft fällig werden, auf Grund eines vor der Auslösung gefaßten Generalversammlungsbeschlusses von der Genossenschaft in Liquidation beigetrieben werden können, verneint. Hier wird ausgeführt: wenngleich die Entscheidung nur für den Konkursfall gegeben ist, so trifft seine Begründung auch für das Stadium der Liquidation zu. Zur besonderen Begründung wird noch angeführt, daß mit dem Fortfall der Möglichkeit, einen Ge­ schäftsgewinn zu erzielen, auch die Pflicht zur Leistung der Einzahlungen fortfallen müsse. Die Einzahlungen auf Geschästsanteil seien also nur für die Zwecke der ihren produktiven Geschäftsbetrieb fortsetzenden Genossenschaft bestimmt. Man sieht: ein förmliches Gewirr von Entscheidungen, die zueinander im schroffsten Widerspruch stehen. Zu klaren Verhältnissen gelangt man nur, wie oben bereits hervorgehoben ist, wenn man an dem Grundsatz festhält, daß mit der Auflösung der Genossenschaft die produktive Seite ihr Ende erreicht und folglich Einzahlungen auf Geschäftsanteil nicht mehr eingezogen, Statutenänderungen nicht mehr beschlossen werden können.

XII

Ergänzungen.

S. 112 (§ 8 Erl. 7). Das OLG. Dresden (Leipz. Ztschr. 1911 Sp. 318, BlfG. 1911 S. 302) hat bei einer Kreditgenossenschaft „unlauteren Wettbewerb" als vorliegend angesehen, die sich öffentlich erbot, auch an Nichtmitglieder Darlehen zu gewähren. Hierin soll ein Verstoß gegen die guten Sitten liegen. In den Gründen wird ausgeführt, daß eine Handlung zwar nicht notwendig zu einer sittenwidrigen dadurch wird, daß sie gegen ein Gesetzesverbot verstößt, „sie kann aber unter besonderen Verhältnissen dem Anstandsgefühl aller Billig- und Gerechtdenkenden widerstreiten, und wird es nach der Ansicht der Berufungsgerichte jedenfalls dann, wenn sie, wie hier, öffentlich geschieht, neue Zuwiderhandlungen vorbereiten soll, und die Zuwider« Handlungen aus eigensüchtigen Beweggründen (gewerbsmäßig) und zum Schaden derjenigen beabsichtigt sind, deren gleichartigem Gewerbebetrieb ein Verbot nicht ent­ gegensteht." Diese Auffassung scheint um so weniger haltbar, als das Gesetz selbst ja die Regelung des Falles in § 160 vorsieht, indem die Vorstandsmitglieder durch Ordnungsstrafe zur Einschränkung des Geschäftsbetriebes auf den Kreis der Mitglieder angehalten werden können. S. 137 (§ 10 Erl. 4) Zeile 7 v. o. sind die Worte „(Johow 18, 36)" zu streichen. In dem Beschl. v. 20. V. 10 (Johow 40, 78) hat das KG. entschieden, daß der Beschluß über die Abberufung eines Geschäftsführers vom Registergericht daraufhin nachzuprüfen ist, ob er mit der erforderlichen Stimmenmehrheit gefaßt ist. Die Ent­ scheidung stimmt überein mit Johow 34, 196, steht im Gegensatz zu Johow 34, 204. Wie in dem Kommentar (S. 137) ausgeführt ist, ist bei der Anmeldung der Vor­ standsmitglieder die „Urkunde über die Bestellung" einzureichen. Diese Urkunde muß den Wahlgang wiedergeben. Dazu gehört insbesondere auch das Stimmenverhältnis, das sich bei der Wahl ergeben hat. S. 149 (§ 14 Erl. 1). Auch für die Firma der Zweigniederlassung der Genossen­ schaft gilt, was das KG. für die Zweigniederlassung einer GmbH. erkannt hat: die Firma der Zweigniederlassung darf von der der Hauptniederlassung nicht wesentlich verschieden sein; gestattet sind aber Zusätze zu der Firma der Hauptniederlassung, die die Zweigniederlassung als Zweiggeschäft des Unternehmens kennzeichnen (Beschl. v. 1. VII. 10, Johow 40, 64). S. 149 (§ 14 Erl. 1). Über die Frage, inwieweit Filialen ausländischer Ge­ nossenschaften in Deutschland zulässig sind, vgl. Deumer „Ausländische Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften" in der Zeitschrift für Internationales Recht Bd. XX S. 364ff. S. 152 (§ 15 Erl. 1). Gegen die Unterscheidung zwischen „Erwerb" und „Ent­ stehung" der Mitgliedschaft wendet sich Deumer in dem Artikel „Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft bei einer eingetragenen Genossenschaft" (Ztschr. für das gesamte Handels- und Konkursrecht Bd. 68 S. 56). Wesentlicher Grund ist für Deumer, daß eine Mitgliedschaft nicht erworben sein kann, bevor sie entstanden ist, und daß obliga­ torische Wirkungen nur auf Grund der Willenseinigung, die durch die Zulassung der Beitrittserklärung im Sinne des § 15 zustandekommt, erwachsen. Hier dürfte nicht genügend berücksichtigt sein die durch das Gesetz gegebene Konstruktion. Die von Deumer angezogene Rechtsprechung trifft den Fall nicht; das von ihm zitierte Urt. des RG. v. 11. III. 84 (IW. 1884 S. 148) bezieht sich aus das Ges. v. 1868 und das Urt. des RG. v. 17. II. 00 (RG. 44, 139, IW. 1900 S. 299) hat eine Beitritts­ erklärung als Grundlage der Entscheidung, die den Formvorschriften des Gesetzes nicht entsprach. Das RG. in dem Urt. v. 3. 11. 97 (RG. 40, 46 ff.) hat sich wie der Kommentar auf den Standpunkt gestellt, daß ein bestimmtes Versprechen, einer Ge-

Ergänzungen.

XIII

nossenschaft beizutreten, bindend ist. Formlose mündliche Abreden würden allerdings nicht genügen, aber „ein Versprechen, das (z. B.) in einer zu Protokoll gegebenen Erklärung seinen Ausdruck finden soll und erkennbar gefunden hat". S. 157 (§15 Erl. 2). Das LG. Altona hat in Sachen der Kreditbank von 1870 in einem Beschluß vom 27. V. 11 ausgesprochen, daß die Beitrittserklärungen nicht unbedingt Familiennamen, Beruf und Wohnort zu enthallen brauchen. Das Gericht habe vielmehr nur zu prüfen, ob die Beitrittserklärung die Unterschrift des Genossen trägt. Die weiteren in Sp. 1—4 der Liste der Genossen erforderlichen Angaben könnten durch die Anmeldung des Vorstandes beschafft werden. — Erzwingen kann allerdings das Gericht nicht diese Angaben des Vorstandes, wenn es verpflichtet ist, auf Grund der Beitrittserklärung die Eintragung in die Liste der Genossen vorzunehmen. S. 161 Abs. 3 (§ 15 Erl. 6). Das KG. hat in dem Uri. v. 13. XII. 10 (BlfG. 1911 S. 398) die Eintragung einer Beitrittserklärung für unwirksam erklärt, weil der Eingetragene nur unter einer nicht erfüllten Bedingung Mitglied werden wollte. Es wird die Entscheidung damit begründet, daß der Fall der Eintragung auf Grund einer durch Mißbrauch eines unterschriebenen Blanketts hergestellten Ur­ kunde mit dem Fall der Eintragung auf Grund einer gefälschten Urkunde auf gleicher Stufe stehe, denn in allen diesen Fällen fehle der Wille des Beteiligten. Hieran ändere auch nichts die Fahrlässigkeit, die möglicherweise bei dem vorliegt, der die Beitrittserklärung unterschrieben hat. In der im Kommentar erwähnten Entsch. des RG. v. 8. V. 08 (68, 351) heißt es dagegen, daß der Aussteller der Urkunde über die Beitrittserklärung sich auf solche aus ihr nicht erkennbaren Vorbehalte gegenüber der Genossenschaft und gegenüber Dritten nicht berufen könne; denn die Wirksamkeit der urkundlich unbedingten Beitrittserklärung gegenüber der Genossenschaft und gegen­ über Dritten ist, wenn auf Grund ihrer formell ordnungsmäßigen Einreichung durch den Vorstand die Eintragung in die Liste der Genossen vollzogen ist. „nur davon abhängig, daß sie mit Wissen und Willen des Ausstellers in den Besitz des Vorstandes gelangt ist". Mit dem Hinweise darauf, daß die Beitrittserklärung mißbräuchlich benutzt ist, sucht das KG. zu beweisen, daß kein Widerspruch mit dem RG. vorliegt. Es muß zugegeben werden, daß das RG. durch den Zusatz den Vordersatz etwas ab­ geschwächt hat. Im Interesse der Rechtssicherheit und mit Rücksicht auf die Bedeutung, die der Liste der Genossen innewohnt, wird als einzig und allein zulässiger Grundsatz angesehen werden dürfen: „Der Aussteller der Urkunde über die Beitrittserklärung kann sich auf solche aus ihr nicht erkennbare Vorbehalte gegenüber der Genossenschaft und gegenüber Dritten nicht berufen." Das RG. hat sich in der Plenarentscheidung v. 16. V. 04 (57, 292 ff.) auf einen ganz anderen Standpunkt gestellt wie in der Entsch. v. 14. I. 96 (36, 105). Dies wird vom KG. übersehen; vgl. hierüber die Ausführungen S. 159 ff. des Kommentars. Das KG. kann sich nicht gleichzeitig auf diese beiden Entscheidungen stützen. Es hat sich in Widerspruch gesetzt mit der Entsch. v. 8. V. 08 (68, 351), damit aber auch mit der Plenarentscheidung v. 16. V. 04 (57, 292), denn die Entsch. v. 8. V. 08 lehnt sich an die Plenarentscheidung an, während die Entsch. v. 14. 1. 96 durch die Plenarentscheidung beseitigt ist. S. 161 (§ 15 Erl. 6), S. 169, 170 (§16 Erl. 6). Der hier zitierte Beschluß des KG. v. 28. I. 10 (RIA. 10, 210) ist ferner abgedruckt in Rechtspr. 21, 50. S. 180 (§ 17 Erl. 1). In dem ttrt. v. 14. III. 11 („Recht" Nr. 1994) hat das RG. sich auf den Standpunkt früherer Entscheidungen gestellt und ausgesprochen, daß für die vom Rechner einer Genossenschaft in Ausübung seines Amtes vereinnahmten Einlagen die Genossenschaft auch im Falle der Veruntreuung haftet. In den Gründen

XIV

Ergänzungen.

heißt es: es lägen die Voraussetzungen der außerkontraktlichen Haftung der Genossen­ schaft vor. „Ob § 831 oder § 31 DGB. in Verbindung mit § 22 BGB., § 17 Abs. 1 GG. Platz greift, kann offen bleiben, da von praktischer Bedeutung nur die in § 831 vorgesehene Zulässigkeit des Entlastungsbeweises wäre, der Beklagte aber die Führung dieses Beweises ausdrücklich abgelehnt hat. Sowohl nach dem alten wie nach dem neuen Recht erfordert die Annahme der außerkontraktlichen Haftung der Genossen­ schaft, daß der Rechner in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtungen und nicht etwa nur bei Gelegenheit

der Ausführung

dem Kläger den Schaden zugefügt hat.

Ein Zweifel kann jedoch in dieser Richtung

nicht bestehen, da der Kläger

gerade

dadurch geschädigt ist, daß der Rechner über die ihm dienstlich behändigten Beträge entgegen seinen Dienstpflichten verfügt hat." S. 180 (§ 18 Erl. 2). Das Urt. des OLG. Breslau v. 24. III. 11 in Sachen der Molkerei Wangten, e. G. m. u. H. in Konkurs, vertritt abweichend vom Kommentar die Ansicht,

daß eine statutarische Bestimmung

betreffend

die Berlustverteilung nach

Verhältnis der Milchlieferung zulässig sei, und zwar deswegen, weil „die Möglichkeit besteht, einen bestimmten Maßstab zu finden, wenn in Betracht gezogen wird, daß nach § 14 des Statuts jeder Genosse die Pflicht hat, sämtliche in seiner Wirtschaft produzierte Milch, welche nicht zum eigenen Verbrauch oder zu Fütterungszwecken bestimmt ist, täglich nach Maßgabe der Geschäftsordnung an die Genossen zu liefern". Es heißt dann weiter:

„Danach wird stets diejenige Milchmenge der Berechnung zugrunde ge­

legt werden, zu deren Einlieserung der Genosse verpflichtet war."

Die Begründung ist

nicht überzeugend. Die „Verpflichtung" der Mitglieder zur Milchlieferung nützt nichts, denn die Mitglieder können sich ja der Verpflichtung auf sehr verschiedene Weise ent­ ziehen, so daß schließlich die „Möglichkeit, einen bestimmten Maßstab zu finden, fehlt". S. 191 (§ 19 Erl. 3). Ebenso Citron in BlfG. 1911 S. 337. S. 209 (§ 24 Erl. 6). Nach Art. 18 Abs. 3 Ziff. 3 des bayrischen Beamten­ gesetzes v. 16. VIII. 08 ist für die Beamten eine dienstliche Erlaubnis, um in den Vorstand oder Aufsichtsrat einer Gesellschaft einzutreten, die nicht auf Gewinn ge­ richtet ist, nicht erforderlich. Eine Genossenschaft, deren Tätigkeit auf den Kreis der Mitglieder beschränkt ist, (BlfG. 1911 S. 88, 284). S. 240 (§ 33 Erl. 3).

gilt nicht als

eine

auf Gewinn

gerichtete Gesellschaft

Der Bewertungsgrundsatz der Ziff. 3 des § 261 HGB.

darf nicht mißverstanden werden; es dürfen die Anschaffungs- und Herstellungspreise nicht ohne Berücksichtigung der Abnutzung in der Bilanz erscheinen. Hat aber die Generalversammlung eine Bilanz mit zu geringen Abschreibungen genehmigt, so ver­ fährt sie wirtschaftlich unrichtig, sie verletzt aber keine Rechtsgrundsätze und kein Gesetz, wenn sie das Verhältnis der Abnutzung zum Anschaffungs- oder Herstellungspreis un­ richtig beurteilt. Die Rechtsprechung hat sich immer zu dem Satz bekannt, daß eine Anfechtung nur dann zuzulassen ist, wenn eine Arglist nachzuweisen ist, oder wenn die Bilanz als eine willkürliche nach kaufmännischen Grundsätzen offenbar irrtümliche er­ scheint — so RG. Urt. v. 15. X. 09 (RG. 72, 33 BlfG. 1910 S. 305). S. 253 (§ 34 Erl. 7), S. 250 (Erl. 5). Auch bei AG., wo im Fall der gesetz­ widrigen Rückzahlung der Einlagen und der Gewinnanteile an die Aktionäre diesen ein direkter Ersatzanspruch an die Mitglieder des Vorstandes und des Aussichtsrats (HGB. § 241 Abs. 4, § 249 Abs. 3) zusteht, Gesellschaft

die

Ansprüche

zu

dem

Vermögen

gehören während des Konkurses der der

Gesellschaft,

selbst

wenn

der

Konkursverwalter von der Verfolgung solcher Ansprüche absieht (RG. 17. XII. 10, IW. 1911 S. 223). .

Ergänzungen.

XV

S. 261 (§ 36 Erl. 3). Im Fall einer GmbH. hat das OLG. Cöln in dem Urt. v. 11. V. 10 (Ztschr. f. AG. 1911 Nr. 8 S. 171) ausgesprochen, daß eine Ein­ ladung des Aussichtsrats zur Aufsichtsratssitzung auch ohne Angabe der Tagesordnung gültig ist; „der Zweck der Berufung geht dahin, den Mitgliedern Gelegenheit zu geben, in der Versammlung sich über die vorliegenden Angelegenheiten zu äußern und ihre Stimme abzugeben." Diesem Zweck genügt auch die Einladung ohne Angabe der Tagesordnung. S. 276 (§ 40 Erl. 1). Vgl. Ergänzungen zu § 34 Erl. 7. S. 253. S. 278 (§ 41 Erl. 1). In dem Urt. v. 28. XII. 10 (IW. 1911 S. 224) erklärt das RG., daß der Regel nach in der unrichtigen Beurteilung der wahr­ scheinlichen Folgen einer geschäftlichen Maßnahme noch keine Fahrlässigkeit liegt. Vgl. ferner RG. Urt. v. 23. II. 11 (BlsG. 1911 S. 240), mitgeteilt bei § 146 Erl. 1, betr. die Verantwortung bei Kreditüberschreitungen. S. 291 (§ 43 Erl. 8). Die Entscheidung des KG. v. 20. V. 10 ist auch ab­ gedruckt bei Johow 40, 73. S. 296 (§ 45 Erl. 3). Das GG. enthält keine Bestimmung darüber, wer die Kosten zu tragen hat, wie sie in § 254 HGB. enthalten ist. Es wird daher von dem Grundsatz auszugehen sein, daß die Mitglieder, die mit gerichtlicher Ermächtigung die Generalversammlung einberufen, für die Genossenschaft handeln, so daß diese die Kosten der Einberufung zu tragen hat. Daneben bleibt regreßpflichtig, wer die Abhaltung der Generalversammlung schuldhasterweise verursacht hat; vgl. § 43 Erl. 6 S. 289. S. 297 (§ 45 Erl. 4). Das OLG. Jena hat in dem Beschluß v. 21. IV. 11 (BlsG. 1911 S. 413) ausgeführt, daß der Vorstand einer Genossenschaft nach § 20 Abs. 1 FGG. zur Beschwerde berechtigt ist. da durch eine Ermächtigung der Mitglieder zur Berufung einer Generalversammlung ein Eingriff in das dem Vorstand bzw. Aufsichtsrat zustehende Recht, die Generalversammlung zu berufen, stattfinde. Der Ausfassung ist jedenfalls beizutreten. S. 816 (§ 51 Erl. 1). Vgl. auch § 46. Das Ges. enthält keine Bestimmung über die Stunde, zu der die Generalversammlung abgehalten werden muß. Es ist ein Generalversammlungsbeschluß angefochten, weil die Generalversammlung zu einer späten Abendstunde abgehalten wurde, infolgedessen es auswärtigen Mitgliedern nicht mehr möglich war, unter Benutzung der Tageszugverbindungen an der General­ versammlung teilzunehmen. Wenn es auch denkbar ist, daß für die Einberufung der Generalversammlung eine Stunde gewählt wird, die so ungewöhnlich ist, daß die Ab­ haltung der Generalversammlung zu dieser Stunde nach den allgemeinen Lebens­ gewohnheiten undenkbar erscheint und daher die in dieser Generalversammlung gefaßten Beschlüsse im Wege der Anfechtung für ungültig erklärt werden können, so muß doch andererseits berücksichtigt werden, daß die Verwaltung niemals in der Lage sein wird, eine Stunde für die Generalversammlung zu wählen, die allen Mitgliedern gerecht ist. Im Gegensatz zu AG. Pflegen Genossenschaften die Generalversammlungen am Abend abzuhalten. Wenn hierdurch auswärtigen Mitgliedern der Besuch unter Umständen erschwert wird, so können doch unmöglich diese dadurch ein Anfechtungsrecht herleiten. Eine Abhaltung der Generalversammlung einer Genossenschaft während der Tagesstunden wird den städtischen Geschäftsleuten ungelegen sein. Die Wünsche aller Mitglieder können eben nicht berücksichtigt werden. S. 364 (§ 65 Erl. 4). Die Kündigung muß wie die Beitrittserklärung in deutscher Sprache abgefaßt sein, KG. 10. XII 09 (Johow 39, 133).

XVI

Ergänzungen.

S. 401 (§ 76 Anm. 5). Gegen die Zulassung einer Nachprüfung Beschluß des KG. v. 3. III. dl (Johow 40, 79; BlfG. 1911 S. 302). S. 405 (§ 77 Erl. 6). Deumer in dem Artikel „Erwerb und Verlust der Mit­ gliedschaft bei einer eingetragenen Genossenschaft" (Zeitschr. für das gesamte Handels­ und Konkursrecht Bd. 68 S. 56) vertritt die gleiche Auffassung, daß die Auflösung einer Gesellschaft auf die Beendigung der Mitgliedschaft ebenso wirkt wie der Tod auf die Mitgliedschaft einer physischen Person. S. 437 (§ 90 Abs. 3 Erl. 4ba). Vgl. Ergänzungen zu § 34 Erl. 7. S. 515 (§ 136 Erl. 1). Das RG. hat in dem Urt. v. 8. II. 11 (BlfG. 1911 S. 338, Leipz. Zeitschr. 1911 Sp. 385) an der Ansicht festgehalten, daß mehrere Geschäftsanteile gleichzeitig erworben werden können. S. 526 (§ 143 Erl. 1). Das RG. stellt in dem Urteil v. 26. IV. 10 (74, 8) den Satz auf: „Auch bei der Umwandlung einer Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung in eine solche mit unbeschränkter Nachschußpflicht oder einer von beiden in eine solche mit beschränkter Haftpflicht (§§ 143—145 des Gesetzes, betr. die Erwerbs­ und Wirtschaftsgenossenschaften) liegt in Wirklichkeit eine Auslösung der früheren Ge­ sellschaft vor, wie sich aus § 143 Abs. 1 u. 2 ergibt." Abgesehen davon, daß der Ausdruck „mit unbeschränkter Haftung" nicht korrekt ist, erscheint auch die hier ver­ tretene Auffassung unhaltbar. Läge „in Wirklichkeit eine Auflösung" vor, dann wäre die Liquidation unvermeidlich — die Umwandlung nach Maßgabe des § 143 erfolgt aber gerade ohne Liquidation.

Einleitung. I. Zur Geschichte der deutschen Genoffenschastsbewegung?) Die ersten „auf dem Prinzip der Selbsthilfe der Beteiligten be­ ruhenden deutschen Genossenschaften der deutschen Handwerker und Arbeiter" sind von dem Kreisrichter Hermann Schulze-Delitzsch, geboren am 29. August 1808, gestorben am 29. April 1883, in den Jahren 1849 und 1850 in seiner Heimatstadt Delitzsch ins Leben gerufen. Er behandelte diese „ersten rohen Anfänge" in einer 1850 veröffentlichten Schrift „Mit­ teilungen über gewerbliche und Arbeiterassoziationen". Schon drei Jahre darauf, im März 1853, beschrieb er in seinem „Assoziationsbuch für deutsche Handwerker und Arbeiter" die zwölf in Delitzsch und den Nachbarstädten Eilenburg und Bitterfeld errichteten Assoziationen, zwei Krankenkassen, zwei Vorschußvereine, zwei Konsumvereine und sechs Rohstoffassoziationen von Tischlern, Schuhmachern, Schneidern, und fügte Statuten, Formulare, An­ weisungen zur Buchführung bei. Anfangs 1854 gab Schulze bereits ein besonderes Blatt für seine Assoziationen heraus, die zunächst achtmal jährlich erscheinende Abteilung der deutschen Gewerbezeitung „Innung der Zukunft", aus der die „Blätter für Genossenschaftswesen" *2)3 hervorgegangen sind. Von seinen Assoziationen traten in den nächsten Jahren bald die Vorschußvereine in den Vordergrund. Im März 1855 widmete Schulze ihnen sein Buch „Vorschuß- und Kreditvereine als Volksbanken"?) Damals, als erst acht Vorschußvereine bestanden, wagte Schulze zu prophezeien, „daß es in nicht ferner Zeit keine Stadt in Deutschland geben werde, welche nicht ein solches Institut nachzuweisen haben würde". Aus diesen ersten Anfängen entwickelte sich die deutsche genossenschaft­ liche Bewegung. Der vorsorglichen, unermüdlichen Tätigkeit „des Vaters des deutschen Genossenschaftswesens" ist das bis 1. Oktober 1889 gültige deutsche 9 Vgl. „Hermann Schulze-Delitzsch's Schriften und „Reden". Herausgegeben von F. Thorwart (Berlin 1909ff.); Dr Hans Crüger. „Die Erwerbs- und Wirtschastsgenossenschaften in den einzelnen Ländern" (Jena 1892); derselbe, „Einführung in das deutsche Genossenschaftswesen" (Berlin 1907); Vorwort in den Jahrbüchern des All­ gemeinen deutschen Genvssenschaftsverbandes für 1901 ff. (Berlin). Ein vollständiges Literaturverzeichnis findet sich in dem von der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse herausgegebenen Jahr- und Adreßbuch der Erwerbs- und Wirtschaflsgenossenschaften im Deutschen Reich für 1906 (Berlin). 2) Jetzt im LV1II. Jahrgang (Berlin). 3) Siebente Auflage bearbeitet von Dr. Hans Crüger (Berlin 1904). Parisius-Crüger, Genosscnschaftsgesctz. 7. Aufl.

\

2

Genossenschaftsgesetz.

Genossenschaftsgesetz, das „Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 4. Juli 1868", zu verdanken. Auch aus Entstehung und Inhalt des Gesetzes vom 1. Mai 1889 hat SchulzeDelitzsch, sowie der von ihm begründete Allgemeine Verband der auf Selbst­ hilfe

beruhenden

deutschen

Erwerbs-

und

Wirtschastsgenossenschaften

einen

hervorragenden Einfluß geübt. Auf eine von Schulze und acht Leitern genossenschaftlicher Kreditvereine erlassene Einladung versammelte sich um Pfingsten 1859 zu Weimar „der erste

Vereinstag

deutscher

Vorschuß-

Selbsthilfe der Kreditbedürstigen

aus

und dem

Kreditvereine,

welche

auf

der

kleinen und mittleren Gewerbe-

stande beruhen", und beschloß, „ein Zentral-Korrespondenzbureau der deutschen Vorschuß- und Kreditvereine" zu begründen, um dessen Leitung Schulze er­ sucht wurde.

Bis Dezember 1859 hatten sich 32 Vereine beteiligt.

sam ging es damit weiter. Selbsthilfe

gegründeten

Lang­

Im Austrage des „dritten Vereinstages der auf

deutschen

Vorschuß-,

Kredit-

und Rohstoffvereine",

Halle a. S. Pfingsten 1861, erließ der dort gewählte „engere Ausschuß der deutschen Genossenschaften" einen öffentlichen Aufruf zum Beitritt. Die Zentralstelle

wurde

1861

zur „Anwaltschaft

Wirtschastsgenossenschaften" erhoben.

Auf

dem

der

deutschen

Vereinstage

Erwerbs-

und

zu Potsdam,

Pfingsten 1862, als sich ohne Zutun des Anwaltes besondere Verbände für das Königreich Sachsen und

für den Mittelrhein gebildet hatten, ward auf

Schutzes Antrag die Bildung von Landes- und Provinzial-Unterverbänden angeraten und für dieselben ein Statutenentwurf genehmigt. Schon die folgenden Vereinstage zu Görlitz und Mainz vollendeten die Organisation. In Mainz 1864

nahm der sechste Allgemeine Vereinstag

..das Organische

Statut des Allgemeinen Verbandes der auf Selbsthilfe beruhen­ den deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften" an. Die Grundzüge dieser Organisation sind folgende: Tie Geschäfte des Allgemeinen Verbandes

führt der gewählte Anwalt — von Schulzes Tode

bis 1896 der Rechtsanwalt a. D. Friedrich Schenck, von 1896 ab Dr. Hans Crüger mit förmlich eingerichtetem Bureau. Die dem Verbände beigetretenen Vereine beschicken durch Abgeordnete einen jährlich stattfindenden Allgemeinen Genossenschaftstag, der als oberste Instanz die gemeinsamen Interessen über­ wacht,

deren Wahrnehmung bei der Gesetzgebung,

ebenso wie die Erteilung

von Ratschlägen und Gutachten an die einzelnen Vereine bei ihrer Organisation und bei allen einschlagenden geschäftlichen Vorkommnissen dem Anwalt über­ tragen ist.

Als Zwischenglieder zwischen den Zentralorganen und den einzelnen

Vereinen sind Unter- oder Provinzial- oder engere Landesverbände gebildet, welche die Vereine einzelner deutscher Länder, Provinzen oder gewisser Klassen der Genossenschaften umfassen und die Wahrnehmung von deren Sonder­ interessen, haben.

sowie

die Vermittlung

mit den Zentralstellen zu ihrer Aufgabe

Sie führen (als Revisionsverbände) vor allem seit dem Gesetz von

1889 die Revision durch.

Die von ihnen gewählten Vorstände bilden als

Gesamtausschuß ein Organ,

dessen Tätigkeit ebenso wie die des

(seit 1891

gebildeten, vom Allgemeinen Genossenschaftstage aus den Verbandsdirektoren und deren Stellvertretern gewählten^ siebengliedrigen engeren Ausschusses der Unterstützung des Anwalts dient.

Der Verband beruht auf der Dezentrali­

sation und hat keine Aufgaben kaufmännischer Natur.

Einleitung.

3

Die Jahresberichte über die auf Selbsthilfe gegründeten deutschen Erwerbs- und Wirtschastsgenossenschaften sind aus den bescheidensten An­ fängen zu einem großen statistischen Werk angewachsen?) Seit 1897 er­ scheinen sie als „Jahrbuch des Allgemeinen Verbandes der auf Selbsthilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften". Über die Allgemeinen Genossenschaftstage werden im Auftrage des Verbandes Berichte vom Anwalt veröffentlicht?) Als zweiter größerer Verband entstand der (Raiffeisensche) Anwalt­ schaftsverband zu Neuwied— später genannt Generalverband ländlicher Genossenschaften für Deutschland. Friedrich Wilhelm jRciiffeisen3) (geb. 30. März 1818 zu Hamm a. Sieg im Kreise Altenkirchen, gestorben am 11. März 1888 zu Heddesdorf) hat als Bürgermeister der Bürgermeisterei Flammersfeld im Dezember 1849 den gemeinnützigen und wohltätigen Zwecken gewidmeten „Flammersfelder Hilfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirte" und sodann, als er Bürgermeister von Heddesdorf geworden war, im Mai 1854 den „Heddesdorfer Wohltätigkeitsverein" ins Leben gerufen, der neben dem Zweck, das Geldbedürfnis der Mitglieder zu befriedigen, „auch die Aufgabe hatte, für die Erziehung verwahrloster Kinder zu sorgen, arbeitslosen Einwohnern, besonders entlassenen Sträflingen Beschäftigung zu geben und eine Volksbibliothek zu errichten". Da diese „verschiedenen Geschäftszweige in ein und derselben Genossenschaft sich direkt nicht vereinigen ließen", erfolgte im Jahre 1864 die Umwandlung des Vereins in den „Heddcsdorfer Darlehnskassen­ verein", der auf Raiffeisens Veranlassung im Mai 1865 den Anschluß an den Schulze-Delitzschschen Anwaltschaftsverband beschloß. Die erste genossen­ schaftliche Gründung Raiffeisens war nach Schulzeschem Muster gebildet. Der beschlossene Anschluß kam nicht zur Ausführung. Raiffeisen hatte sich in­ zwischen für die Annahme der besonderen Eigentümlichkeiten des Anhausener Vereins (daß die Mitglieder weder Eintrittsgeld noch Einlagen zahlen, auch keinen Anteil am Gewinn haben) entschlossen. Ter Anhausener Verein wurde für das Raiffeisensche System vorbildlich. „In dem zufälligen Anschluß 0 Die ersten Jahresberichte „über die deutschen Vorsckmßvereine" für die Jahre 1854, 1855, 1856, lö57 und 1858 sind in dem Sammelwerk: „Die Entwicklung des Genossenschaftswesens in Deutschland" von Schulze Delitzsch 1870 wieder abgedruckt. Als besonderes Buch erschien zuerst der Jahresbericht für 1859 „über die auf dem Prinzip der Selbsthilfe der Beteiligten beruhenden deutschen Genossenschaften der Hand­ werker und Arbeiter"; 1860 lautete der Titel „über die auf Selbsthilfe gegründeten deutschen Erwerbs- und Wirtschastsgenossenschaften des kleinen Gewerbsstcmdes", 1861 ebenso, nur zuletzt „des kleinen und mittleren Gewerbsstandes", von 1862 bis 1888 ebenso unter Fortfall der letzten Worte. Die Jahresberichte bis 1881 sind von Schulze-Delitzsch, der für 1882 von Dr. F. Schneider als stellvertretendem Genoffenschaftsanwalt. die folgenden bis 1895 von F. Schenck, Anwalt des Allgemeinen deutschen Genossenschaftsverbandes, herausgegeben. Seit 1896 ist Herausgeber der zeitige Anwalt Dr. Hans Crüger. Die Jahresberichte (seit 1897 „Jahrbuch") erscheinen im Verlage von I. Guttentag-Berlin. 2) I. Guttentag-Berlin: „Die ersten fünfzig Vereins- und Genoffenschaftstage". Herausgegeben von Dr. Hans Crüger (Berlin 191«»). 3) „F. W. Raiffeisen in seinem Leben, Denken und Wirken" von Prof. Dr. Martin Faßbender (Berlm 1902).

4

Genossenschaftsgesetz.

an die Dorfgemeinde und in dem durch die Verhältnisse bedingten Aus­ schluß der Geschäftsanteile in Anhausen, also in gegebenen Zuständen und nicht in einer klar durchdachten Theorie haben wir den Ausgangspunkt und die Grundelemente der Entwicklung der ländlichen Genossenschaften zu erblicken." (Faßbender S. 194.) In Anlehnung an die 1876 begründete Aktiengesellschaft „Landwirt­ schaftliche Zentral-Darlehnskasse für Deutschland^") wurde von Raiffeisen ein Zentralkassenverband und daneben am 26. Juni 1877 der Anwaltschafts­ verband mit dem Sitze in Neuwied gebildet. Bis zum Jahre 1900 war die Organisation die folgende: Der Direktor der Zentral-Darlehnskasse fungierte zugleich als Anwalt, der Aufsichtsrat zugleich als Anwaltschaftsrat. Zu letzterem gehörten auch die Direktoren der Verbände, nicht auch der Unter­ verbände, die nur einen Kreis zu umfassen pflegten. Der Anwalt vermittelte auch den gemeinschaftlichen Bezug der notwendigsten Wirtschaftsbedürfnisse und den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte. Der Generalanwaltschafts­ verband war Revisionsverband. Neben der Generalanwaltschaft und der Landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft bestand ein drittes von Raiffeisen gegründetes Verbandsinstitut, die kaufmännische Firma Raiffeisen & Co. in Neuwied. Diese hatte noch die Druckerei und den Verlag des monatlich er­ scheinenden Vereinsblattes „Landwirtschafts-Genossenschafts-Blatt (Organ für Darlehnskassen-, Winzer-, Konsum- usw. Vereine)", ferner die Generalagentur einer Lebensversicherungsbank und betrieb den kaufmännischen Teil der mit den gemeinschaftlichen Bezügen verknüpften Geschäfte. Der Gewinn „dient zur Durchführung der Organisation der Vereine und zur Sicherung der Zu­ kunft der ständigen Mitarbeiter". Zur Erleichterung des Verkehrs wurden seit 1895 von der Neuwieder Zentralstelle Filialen in den größeren Städten errichtet, so in Kassel, Erfurt und Königsberg?) Zum Nachfolger Raiffeisens wurde 1888 sein Stellvertreter Theodor Crem er gewählt. Dieser blieb Direktor der Zentralkasse und Inhaber der Firma Raiffeisen & Co., als der Sohn von F. W. Raiffeisen, Rudolf Raiffeisen, am 10. September 1889 zum Generalanwalt gewählt wurde. Nachdem derselbe dieses Amt nieder­ gelegt (28. November 1892), wurde Th. Cremer wieder Generalanwalt. Sein Stellvertreter war seit Januar 1894 Dr. jur. Josef Strauven in Neuwied. Cremer legte bald sein Amt nieder, und im Jahre 1900 wurde der frühere Direktor des Westpreußischen Verbandes, Gutsbesitzer Heller, mit dem Titel „Generaldirektor" zum Anwalt gewählt. Bald erfolgten weitgehende Änderungen in der Organisation des Verbandes, ohne daß man sich jedoch entschließen konnte, eine wirkliche Dezentralisation durchzuführen. Die Firma Raiffeisen & Co. ging zum Teil in Liquidation und blieb nur bestehen zum Betrieb ihrer Druckerei und zur Bewirtschaftung ihres umfang­ reichen Besitzes an Grundstücken und Häusern — sie besaß auch Forderungen an die Düngerfabrik Unitas. Die Landwirtschaftliche Zentral-Darlehnskasse für Deutschland, die solange nur dem Geldverkehr gedient hatte, übernahm das von Raiffeisen & Co. betriebene Warengeschäft und die Düngerfabrik. — Den Vorstand der Zentral-Dahrlehnskasse bildeten der Generaldirektor und *) Vgl. über ihre Entstehung § 9 Ic. 2) BlsG. 1895 S. 77, 1899 S. 102 ff.

Einleitung. sämtliche Verbandsdirektoren, die zugleich Filialdirektoren waren. Der Auf­ sichtsrat bestand aus 30 Mitgliedern. Jede Filiale hatte einen Beirat, der aus dem Verbandsdirektor, seinem Stellvertreter und den Aufsichtsratsmitgliedern desselben Bezirks bestand. Für den Geldverkehr der dem Generalverbande angeschlossenen Betriebsgenossenschaften, „Genossenschaften, welche nicht Kreditgenossenschaften nach Raiffeisenschen Grundsätzen sind", wurden, da sie nur die Warengeschäfte mit der Zentral-Darlehnskasse machen dürfen, aber nicht Aktionäre werden können, Landesgenossenschaften als eingetragene Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht für die einzelnen Filialbezirke gebildet. An der Spitze dieser Kassen stand der Verbands- bzw. Filialdirektor des betreffenden Bezirks. Aus den Rechnungen des Verbandes geht hervor, daß derselbe vom preußischen Staat erhebliche Zuschüsse erhielt. Der Verband selbst wurde wie folgt organisiert: Die Verwaltung wurde in die Hände des Vorstandes, des Aufsichtsrates und des Generalverbandstages gelegt, der Vorstand wurde aus dem Generaldirektor und den Verbandsdirektoren der Landwirtschaftlichen Zentral-Darlehnskasse für Deutschland zusammengesetzt. Das sind die Personen, die an der Spitze der Filialen der Kasse stehen; zum Aufsichtsrat wurden bestellt die Mitglieder des Aufsichtsrates der Land­ wirtschaftlichen Zentral-Darlehnskasse. Der Generalverband blieb Revisions­ verband. Im Jahre 1904 starb Heller, sein Nachfolger wurde Caspers. Im Jahre 1910 trat Caspers zurück, an seine Stelle kam Justizrat Dietrich. Der Sitz des Verbandes und der Zentral-Darlehnskasse wurde nach Berlin verlegt. Die Organisation der Kasse erfuhr Änderungen wesent­ licher Natur. Zunächst wurde die schon im Jahre 1909 beschlossene Abtr ennung des Warengeschäfts (für dessen Betrieb in den einzelnen Be­ zirken selbständige Gesellschaften gegründet werden) infolge der schlechten Erfahrungen, die bei der Verbindung von Waren- und Kreditgeschäft gemacht worden waren, durchgeführt. Sodann fand eine wesentliche Vereinfachung der Zusammensetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates statt. Die Zentral­ kasse hat nunmehr einen aus mehreren jedoch nicht mehr als drei Personen bestehenden Vorstand. Die Personen, die bisher in den Filialbezirken als Vorstandsmitglieder gewirkt haben, treten in den Stand bevollmächtigter Filialdirektoren zurück. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder wurde wesent­ lich herabgesetzt. Er besteht aus je zwei Mitgliedern, welche den einzelnen Verbandsbezirken der Organisation des Generalverbandes entnommen und dann in der erforderlichen doppelten Anzahl der Generalversammlung vor­ geschlagen werden. Die großen Verluste in Straßburg und Eltville und die verlustbringenden finanziellen Beteiligungen der Zentral-Darlehnskasse haben wohl einen entscheidenden Einfluß auf die Reorganisation ausgeübt. Die oben erwähnten staatlichen finanziellen Unterstützungen sind seit Jahren wahr­ scheinlich infolge der Vorgänge zurückgezogen. Im Gegensatz zu dem Schulze-Delitzschschen Verband sucht der Raiffeisensche im weitesten Umfange den ihm angeschlossenen Genossenschaften Geschäfte kaufmännischer Natur zu bieten. Es hängt dies eng zusammen mit der Eigenart der Raiffeisenschen Darlehnskassenvereine. Die weitgehenden Organisationsänderungen können überraschen, wenn man bedenkt, daß der Neuwieder Verband seine Selbständigkeit bereits vor Jahren aufgegeben hat.

6

Genossenschaftsgesetz.

Im Jahre 1905 erfolgte die Auflösung des Neuwieder Verbandes und die Vereinigung mit dem Reichsverband?) Die letzte Rechnung des Neu­ wieder Verbandes hatte einen Fehlbetrag von ca. 80000 Mk. ergeben. Bald darauf wurden große Verluste der Landwirtschaftlichen Zentral-Darlehnskasse bekannt, die allein eine Forderung an den Verband in Höhe von 215000 Mk. abschreiben mußte; der Gesamtverlust, der zur Abschreibung kam, belief sich auf eine Million Mark?) Seitdem sind immer neue kritische Situationen entstanden. Zusammenbrüche einzelner Genossenschaften haben die Landwirt­ schaftliche Zentral-Darlehnskasse in Mitleidenschaft gezogen, selbst für Regreß­ ansprüche von Genossenschaften an den Neuwieder Verband wegen mangelhaft durchgeführter Verbandsrevision hat sie eintreten müssen. Der dritte Verband, der eben erwähnte Reichsverband, ist der „Allge­ meine Verband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften". Nach dem Vorgang des Landwirtschaftlichen Zentralvereins für Rhein­ preußen nahmen sich die landwirtschaftlichen Zentralstellen im Großherzogtum Hessen und im Großherzogtum Baden der Verbreitung landwirtschaftlicher Genossenschaften (Darlehnskassenvereine und Konsumvereine) mit Erfolg an. In Hessen entstand noch in den 70er Jahren ein Verband landwirtschaft­ licher Konsumvereine, die die Einkäufe durch die Zentralstelle besorgen ließen. Daneben entstand ein Verband südwestdeutscher landwirtschaftlicher Kreditgenossenschaften, der auch badische Vereine umfaßte. Diese bildeten sodann einen selbständigen Verband. Ein solcher ward auch für die noch weit zahlreicheren Konsumvereine gegründet. Im Jahre 1881 machte sich bei den Begründern der genannten Verbände, dem als Ökonomierat verstorbenen früheren (bis 1879) stellvertretenden Anwalt des Neuwieder Verbandes, Dr. Weidenhammer, dem damaligen Polizeirat Haas-Darmstadt und dem Ökonomierat Märklin, das Streben nach Trennung von Neuwied be­ merkbar. Das Motiv bildete unter anderem der Umstand, daß Raiffeisen „fortgesetzt und in erhöhtem Maße seinen Genossenschaften einen christlich­ religiösen Charakter zu geben versucht."^) In demselben Jahre erschienen die Genannten auf dem Genossenschaftstage des Allgemeinen deutschen Genossen*) Vgl. hierüber BlfG. 1904 S. 501; 1905 S. 8, 74, 86, 122, 270, 440, 448. 2) Vgl. hierüber BlfG. 1905 S. 355, 366, 393, 410. 439. 3) Aus einem vom 8. Januar 1881 datierten Briefe des ersteren an SchulzeDelitzsch. Vgl. Dr. Crüger „Christentum und Genossenschaft" BlsG. 1896 S. 183 und Ludolf Parisius „Tatsächliches von dem Wettbewerb bei Gründung von ländlichen Darlehnskassen" a. a. O. S. 189. Die Veröffentlichung des Briefes sowie die beiden Aufsätze wurden hervorgerufen durch eine Schrift des Pastors W. Bo de: „Die Ver­ handlungen des 28. Kongresses für Innere Mission in Posen über die Genossenschafts­ frage". In einer durch den Kongreß angenommenen These hieß es: „In den Raiffeisenschen Darlehnskassenvereinen nach Organisation Friedrich Wilhelm Raiffeisens begrüßen wir ein echt christliches Werk, in welchem praktische Sozialresorm auf christlicher Grundlage zur Tat und Wahrheit wird . . Pastor Bode hatte in bezug hierauf behauptet: „In den Thesen, sowie in dem Referate forderte lediglich die Zuspitzung auf Neuwied zum Widerspruch heraus. Alles übrige könnte gerade so gut von einem Vertreter des Offenbacher Verbandes geschrieben sein: „Ein Beweis ,in flagranti*, daß die Differenzen beider Systeme lediglich auf geschäftstechnischem Gebiete liegen und daß nichts ungerechtfertigter ist, als wenn man dem Allgemeinen Verbände zu Offenbach das Recht bestreitet, sich Raiffeisensch zu nennen." In jenem Briefe Weiden-

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schaftsverbandes zu Kassel, der Ende August stattfand, und forderten hier Schulzes Ratschläge. Zum Allgemeinen Verbände gehörten bereits seit ihrem Bestehen (1871) eine Reihe oft- und westpreußischer landwirtschaftlicher Konsumvereine und Molkereigenossenschaften (letztere die ersten in Deutsch­ land). Im August 1876 hatten sie sich auf dem Genossenschaftstage in Danzig zu einem Unterverbande unter dem Vorsitz von Stöckel-Insterburg vereinigt?) Die Erörterungen, welche zwischen den Vertretern des landwirt­ schaftlichen Genossenschaftswesens aus Deutschlands äußerstem Südwesten und äußerstem Nordosten in Kassel und sodann ein Jahr darauf bei Gelegenheit des Genossenschaftstages zu Darmstadt gepflogen wurden, namentlich aber eine spätere Besprechung zwischen Schulze-Delitzsch, Stöckel-Insterburg und Haas-Darmstadt hatten zur Folge, daß die letzteren beiden am 6. Juli 1883 die Vereinigung der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften begründeten. Sie gaben damit dem Drängen Schulzes nach, der „seine volle Überzeugung dahin aussprach, daß dieses besondere Zusammentreten für die weitere Entwicklung des Genossenschaftswesens auf landwirtschaftlichem Gebiete unbedingt erforderlich sei, und daß er von dieser Vereinigung eine ersprießliche Zusammenarbeit auf dem gesamten genossenschaftlichen Felde erhoffe". Die Organisation der Vereinigung entsprach zunächst der des Allgemeinen Ver­ bandes, wurde dann im Jahre 1900 infolge der Einfügung der Zentral­ genossenschaften dahin geändert, daß der „Gesamt-Ausschuß" aus den Direktoren der Landesverbände und aus Vertretern von Zentralgenossenschaften und Zentralgeschäftsstellen besteht, und ein „Verwaltungsrat" eingesetzt ist. General­ anwalt ist Haas-Darmstadt.^) Bereits in den Jahren 1900 und 1901 wurde der Versuch gemacht, die beiden Verbände (Neichsverband und Neuwieder Verband) zu vereinigen;^) vor dem Münchener Vereinstage brachten die Organe der beiden Verbände einen gemeinschaftlichen Aufruf, doch die Vereinigung kam nicht zustande. Erst im Jahre 1905 erfolgte sie4) ohne förmliche Auflösung des ersteren, die auch Hammers lautete es vorher: „Sie entschuldigen, wenn ich im Einvernehmen mit den Herren Haas und Märklin die Bitte an Sie richte, in Zukunft bei Erwähnungen unserer Vereinbarungen möglichst zu vermeiden, uns als Vertreter Raiffeisenscher Ge­ nossenschaften zu bezeichnen. Wir legen Wert darauf, daß es bekannt werde, daß wir mit Herrn Raiffeisen in keinerlei Beziehung mehr stehen . . Und nun nach der Vereinigung des Reichsverbandes mit dem Neuwieder Verbände hat gleich der erste Vereinstag (Straßburg 1905) im Widerspruch zu der Haltung von 1881 beschlossen: „sittliche und religiöse Triebfedern waren es, die in den Gründern unseres Genossen­ schaftswesens gearbeitet haben und zur Bildung desselben nötigten." 9 Vgl. Bericht des Verbandsdirektor Stöckel-Insterburg über den 18. Verbands­ tag 25./26. August 1889. Stöckel legt Zeugnis ab von der Fürsorge und liebevollen Teilnahme, welche Schulze-Delitzsch den ersten Anfängen des landwirtschaftlichen Ge­ nossenschaftswesens entgegenbrachte. Schulze war „von der ungeheuren Bedeutung des Genossenschaftswesens für die Landwirtschaft überzeugt und sah die große Ausdehnung desselben klar vorher". Auf seinen dringenden Wunsch wurde der selbständige Unter­ verband landwirtschaftlicher Genossenschaften Ost- und Westpreußens begründet. a) Jahrbücher des Verbandes erscheinen im Verlage des Reichsverbandes in Darmstadt. 3) Vgl. BlfG. 1901 S. 342. 4) Vgl. BlsG. 1904 S. 501; 1905 S. 8, 74, 86, 122, 270, 440, 448.

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Genossenschaftsgesetz.

wohl nach der Organisation gar nicht durchführbar ist. Der Neuwieder Ver­ band führt, wenigstens nach dem Programm, seine Genossenschaften dem Reichsverbande zu, verlangt von seinen Unterverbänden Verschmelzung mit denen des Reichsverbandes, verzichtet auf die Vertretung nach außen — bleibt aber gleichwohl zur Wahrnehmung bedeutungsvoller Aufgaben bestehen, ihm liegt insbesondere ob, die Anordnungen zu geben für die Durchführung der Verbandsrevision in den nun zu Revisionsverbänden umgestalteten Unter­ verbänden. In den Kreisen des Neuwieder Verbandes erwartet man tat­ sächlich den entscheidenden Einfluß auf die Richtung im Reichsverbande zu erlangen. Die Vereinigung macht sich nach außen wenig bemerkbar, und der Neuwieder Verband blieb auch bei Überwindung der vielfachen seit der Ver­ einigung hervorgetretenen Schwierigkeiten auf sich angewiesen. Nachstehend teilen wir die wichtigsten Bestimmungen des Einigungs-Programms mit: § 1. Die im Bereiche des Generalverbandes zu Neuwied auf Grund des § 24 seiner Satzungen bestehenden Verbände werden — unbeschadet des Weiterbestehens des Generalverbandes, solange dieses Weiterbestehen zur Wahrung der in § 4 seines Statuts niedergelegten Grundsätze und zur Sicherung der einheitlichen Revision durch den Generalverband zweckmäßig erscheint und unbeschadet der ferneren Zugehörigkeit seiner Genossenschaften zum Generalverbande — zu selbständigen Landes- und Provinzial­ verbänden mit eigenem Statut und Revisionsrechte umgestaltet. § 2. Die nach § 1 neu errichteten Landes- und Provinzalverbände schließen sich mit den daraus sich ergebenden Rechten und Pflichten dem Reichsverbande, der infolgedessen die Vertretung der allgemeinen Interessen des gesamten deutschen länd­ lichen Genossenschaftswesens nach außen übernimmt, auf Grund der §§ 4, 5 und 8 der Satzung desselben an. § 3. Im Bereich des Generalverbandes werden demgemäß, den dermaligen Filialbezirken entsprechend, neue selbständige Landes- und Provinzialverbände gebildet 1. für Ostpreußen, 5. für Brandenburg, 9. für Nassau. Westpreußen, 6. „ Thüringen, 10. „ rechtsrheinisch Bayern, Posen, 7. „ Kurhesjen, 11. „ Rheinpsalz, Schlesien, 8. „ Rheinpreußen, 12. „ Elsaß-Lothringen. Falls den dermaligen Filialbezirken Genossenschaften in anderen Provinzen und Ländern bereits zugehören, treten dieselben in die vorbezeichneten Verbände mit ein. § 4. Jeder dieser Verbände entsendet seinen Verbandsdirektor, in dessen Ver­ hinderung seinen Stellvertreter, als stimmberechtigtes Mitglied in den Gesamtausschuß des Reichsverbandes. § 5. Die Zentral-Darlehnskasse in Neuwied erwirbt auf Grund des § 5 Abs. 2 Ziff. 1 der Satzung des Reichsoerbandes die unmittelbare Mitgliedschaft und entsendet einen Vertreter in den Gesamtausschuß. § 9. Zwischen den in Zukunft nebeneinander bestehenden Verbänden und ihren Zentralgeschäftsstellen in ein und derselben Provinz oder Landesteil ist ein Über­ einkommen nach Art des in der Rheinpfalz geschlossenen zu treffen. Insbesondere sind Verabredungen zu treffen über die Gewährleistung des beider­ seitigen Besitzstandes an Genossenschaften und über die Neugründung von Genossen­ schaften. Nicht minder ist eine Übereinstimmung hinsichtlich der Jahresbeiträge und der Geschäftsbedingungen anzustreben. Es ist außerdem wünschenswert, daß die provinziellen.und Landesverbände in ein und demselben Bezirk alsbald die Initiative zur Lösung der Frage des Zusammen­ schlusses ergreifen.

Mit einer dem Reichsverband der landwirtschaftlichen Genossenschaften nachgebildeten Organisation hat sich int Jahre 1903 der Zentralverband

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deutscher Konsumvereine (Hamburg) gebildet. Die Gründung dieses Verbandes schloß sich äußerlich an den Beschluß des Allgemeinen Genossen­ schaftstages des Allgemeinen deutschen Genossenschaftsverbandes zu Kreuz­ nach (1902) an, durch den eine größere Anzahl Konsumvereine aus diesem Verbände ausgeschlossen wurde, weil die von denselben verfolgte wirtschaftspolitische Richtung sich in scharfen Gegensatz stellte zu der wirtschastspolitischen Aufgabe, die der Allgemeine deutsche Genossenschafts­ verband nach seiner Geschichte und nach der Zusammensetzung seiner Mit­ glieder verfolgt. Das ganze Deutsche Reich umfassen ferner noch: der im Jahre 1903 begründete Hauptverband deutscher gewerblicher Genossen­ schaften und der aus dem Niedersächsischen Verband hervorgegangene Ver­ band deutscher Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften zu Hannover. Statistische Tabellen über die geschäftliche Tätigkeit der verschiedenen Genossenschaftsarten enthalten die Jahrbücher des Allgemeinen Deutschen Genossenschaftsverbandes (I. Guttentag, Berlin), als Material dient die von den einzelnen Verbänden aufgenommene Statistik. Wir glauben uns hier mit dieser Verweisung begnügen zu sollen. Die früheren Auflagen ent­ halten eine Reihe statistischer Tabellen über die Einzelgenossenschaften, Zentralgenossenschaften und geschäftlichen Ergebnisse. Unter- dem 1. Mai 1896 erging eine allgemeine Verfügung des preußischen Justizministers betreffend die Herstellung einer Statistik nebst den dazu gehörigen Formularen. Die Preußische Zentral-Genossenschafts-Kasse gab danach zunächst ein Kataster der im Königreich Preußen vorhandenen eingetragenen Genossenschaften heraus; in weiteren „Mitteilungen" wurden die Angaben des Katasters statistisch ergänzt. Am 1. Oktober 1901 wurde der statistischen Abteilung der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse in der Person des Geheimen Regierungsrates Professor Dr. Petersilie ein geschulter Leiter gegeben, der in der Zeitschrift des Königlich Preußischen Statistischen Bureaus (1901) „Mitteilungen zur deutschen Genossenschaftsstatistik" ver­ öffentlichte, die sich an die bereits herausgegebenen beiden Hefte „Mit­ teilungen" inhaltlich anschlossen, und in denen das spätere statistische Material verarbeitet war. Nach dem Stande vom 31. Dezember 1902 wurde ein neues vervollständigtes Kataster herausgegeben, das nicht nur die in Preußen, sondern auch die in den übrigen Bundesstaaten Deutschlands bestehenden Genossenschaften enthält. In Bayern, Württemberg, Hessen werden ähnliche Aufnahmen durchgeführt wie in Preußen. Die betreffenden Verfügungen gelangen im dritten Teil des Kommentars zum Abdruck. Seit Januar 1904 gibt die Preußische Zentral-Genossenschafts-Kasse ein Jahr- und Adreßbuch der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften im Deutschen Reich heraus, das im Jahre 1908 — aus Rücksichten auf Kostenersparnis — zum letzten Male erschienen ist. Die früheren Auflagen enthielten eine summarische Darstellung der Ent­ wicklung der wirtschaftlichen Grundsätze der wichtigsten Genossenschaftsarten. Auf Vollständigkeit konnten die Darlegungen an dieser Stelle natürlich nicht Anspruch erheben. Es kann auf sie jetzt an dieser Stelle verzichtet werden, nachdem in der „Einführung in das deutsche Genossenschaftswesen" (von

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Genossenschaftsgesetz.

Dr. Hans Crüger, Berlin 1907) die Geschichte der einzelnen Genossenschafts­ arten und ihrer Organisation eingehende Besprechung erfahren hat?)

II. Die Genofsenschaftsgesetzgebung. Schulze-Delitzsch hatte bei Gründung der ersten Genossenschaften die Frage der rechtlichen Form derselben mit besonderer Vorsicht behandelt, um auf der einen Seite jede Einmischung des Staates und der Behörden von ihnen fernzuhalten, auf der anderen Seite nach Möglichkeit den Mangel der Rechtspersönlichkeit im Verkehr mit Dritten zu ersetzen. Die ersten Genossenschaften, die in Preußen im Gebiete des Allgemeinen Landrechts ihren Sitz hatten, konnte er nur als erlaubte Privatgesellschaften organisieren, jenen Mangel aber strebte er durch zum Teil künstliche Einrichtungen un­ schädlich zu machen. Zur Beseitigung indessen „eines Zustandes, der in jeder Weise mißlich, mancherlei Gefahren und unnütze Kosten und Weit­ läufigkeiten zur Folge hatte," suchte er Abhilfe von der Gesetzgebung. Die Änderung des preußischen Gesellschaftsrechts durch Einführung des All­ gemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs bewog ihn, am 10. März 1863 im 0 Im übrigen ist zu vergleichen die Handbibliothek für das deutsche Genossenschaftswesen. (I. Guttentag, Berlin.) Herausgegeben von Dr. Hans Crüger, Anmalt des Allgemeinen Verbandes der auf Selbsthilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, e. V. 1. Band: Vorschuß- und Kreditvereine als Volksbanken. Praktische Anweisung zu deren Einrichtung und Gründung von Schulze-Delitzsch. 7. Auflage. Neu bearbeitet von Anwalt Dr. Hans Crüger. 1904. 2. Band: Die Buchführung für Vorschuß- und Kreditvereine. Praktische Anweisung zur Einrichtung und Führung der Bücher für Kreditgenossen­ schaften aller Art. Von Verbandsrevisor Albert Vollborn in FriedenauBerlin. 1900. 3. Band: Handbuch für Konsumvereine. Praktische Anweisung zu deren Ein­ richtung und Gründung von G Oppermann und H. Häntschke. 3. um­ gearbeitete Auslage, von Dr. Fritz Schneider. 1904. 4. Band: Taschenbuch für Baugenossenschaften, Bau- und Sparvereine. Eine Anweisung für deren Gründung und Einrichtung von Wohlgemuth, weil. Direktor des Verbandes der Baugenossenschaften Deutschlands. Nach dessen Tode vollendet und bearbeitet von Dr. Fritz Schneider, zurzeit Revisor des Verbandes der Baugenossenschaften Deutschlands u. a. V., nebst einer Anleitung zur Buchführung von E. Sy ring. 1899. 6. Band: Anleitung zur Gründung von Handwerkergenossenschaften. Nebst Statuten, Geschäftsanweisungen und Formularen für den Verkehr mit dem Registergericht. Von Anwalt Dr. Hans Crüger. 1900. 8. Band: Musterformulare für den Geschäftsverkehr der Erwerbs- und Wirtschafts­ genossenschaften. 1907. 9. Band: Einführung in das deutsche Genossenschaftswesen von Dr. Hans Crüger. 1907. 10. Band: Rechtsbuch für Genossenschaften von Dr. Scholz und Amtsrichter Donath. 1908.

Einleitung.

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Abgeordnetenhause, dessen Mitglied er 1861 geworden war, zugleich als Anwalt und im Auftrage des Allgemeinen Vereinstages einen ausführlichen Gesetzentwurf einzubringen, nach welchem im Anschluß an die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften als besondere Art der Gesellschaften durch Eintragung in ein vom Handels­ richter als Teil des Handelsregisters zu führendes Genossenschaftsregister die gleiche rechtliche Stellung wie die Handelsgesellschaften erwerben konnten. Dieser in einer Kommission des Abgeordnetenhauses beratene und verbesserte Entwurf wurde die Grundlage des in der Landtagssession von 1866—1867 endlich zustande gebrachten preußischen Gesetzes, „betreffend die privat­ rechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 27. März 1867", eingeführt in die neuen Provinzen Hannover, HessenNassau und Schleswig-Holstein durch Verordnungen vom 12. Juli, 12. August und 22. September 1867. Mit dem preußischen Gesetze bis auf einige Schlußparagraphen über­ einstimmend, wurden schon am 20. Juni 1867 im Herzogtum SachsenMeiningen und am 8. März 1868 im Großherzogtum Sachsen-Weimar Genossenschaftsgesetze erlassen. Daß in süddeutschen Staaten und im König­ reich Sachsen auf anderen Grundlagen Genossenschaftsgesetze entworfen wurden, veranlaßte Schulze schon am 16. April 1868 als Mitglied des Norddeutschen Reichstages zu beantragen, das preußische Genossenschaftsgesetz mit einigen Änderungen und Ergänzungen zu einem norddeutschen Bundesgesetz zu erGenossenschaftliche Zeit- und Streitfragen. Begründet von Ludolf Parisius und Dr. Hans Crüger. Fortgeführt von Dr. Hans Crüger. Heft 1: Kreditgenossenschaften nach Schulze-Delitzsch. Von Ludolf Pari­ sius. Zweite umgearbeitete Auflage. 1898. 60 Pf. Heft 2: Rohstosfgenossenschaften der Handwerker und Anleitung zur Buch­ führung einer Rohstoffgenossenschaft. Von Dr. Hans Crüger und H. Jäger. 1896. 1 M. Heft 3: Umsatzsteuer und Konsumvereine. Von Dr. Johannes Wernicke. 1*98. 60 Pf. Heft 4: Schulze-Delitzsch und Alwin Soergel. Beiträge zur Geschichte der deutschen Genossenschaftsbewegung. Von Ludolf Parisius. 1899. 1,25 M. Heft 5: Die internationalen Genossenschafts-Kongresse in Paris int Jahre 1900. Von Anwalt Dr. Hans Crüger. 1901. 2.50 M. Heft 6: Die Untersuchung der Nabrungs- und Genußmittel. Nach Vor­ trägen auf den Unterverbandstagen bearbeitet zum Gebrauche für KonsumVereine Von Nahrungsmittelchemiker Willy Meyer. 1902. 60 Pf. Heft 7: Vorträge zum Bürgerlichen Gesetzbuch und Handelsgesetzbuch, gehalten auf den Allgemeinen Genossenschaftstagen der Deutschen Erwerbs­ und Wirtschaftsgenossenschaften. Von Justizrat A. Geb hart. 1903. 1 M. Heft 8: Kritische Bemerkungen zu Entwickelungstendenzen im deutschen Genossenschaftswesen. Von Anwalt Dr. Hans Crüger. 1909. 1 M. Heft 9: Die ersten fünfzig Vereins- und Genossenschaftstage des All­ gemeinen Verbandes der auf Selbsthilfe beruhenden Deutschen Erwerbs­ und Wirtschaftsgenossenschaften. e. V. Herausgegeben von dem Anwalt Dr. Hans Crüger. 1910. 2,25 M. Heft 10: Grundlehren und Erfahrungen der Handwerkergenossenschaften. Zusammengestellt auf Grund der Verhandlungen der Allgemeinen Genossen­ schaftstage. Von Anwalt Dr. Hans Crüger. 1910. 1,75 M.

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Genossenschaftsgesetz.

heben. In einer Kommission von 21 Mitgliedern in zwei Sitzungen vor­ beraten, wurde der Gesetzentwurf vom Reichstag am 23. Mai und sodann mit vielen vom Bundesrat befürworteten Änderungsvorschlägen der von ihm mit der Begutachtung betrauten, gerade in Berlin tagenden Kommission zur Ausarbeitung einer Zivilprozeßordnung, in der letzten Sitzung der Session am 20. Juni 1868 unverändert angenommen. Das „Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 4. Juli 1868" ist in Nr. 42 des Bundesgesetzblattes des Norddeutschen Bundes, ausgegeben zu Berlin den 15. Juli 1868, publiziert und im Norddeutschen Bunde laut § 73 am 1. Januar 1869 in Kraft getreten. Dasselbe fand in vier Norddeutschen Staaten, außer in Preußen, SachsenMeiningen und Sachsen-Weimar, auch noch im Königreich Sachsen, wo die Vollziehung am 15. Juni und die Verkündigung im sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 27. Juni 1868 erfolgt war, besondere Genossenschafts­ gesetze vor, an deren Stelle es zu treten hatte?) In Bayern wurde ein Genossenschaftsgesetz am 29. April 1869 voll­ zogen, welches am 28. Mai im Königreich Bayern diesseits des Rheins und am 10. Juni 1869 in der Rheinpfalz in Kraft trat. Ein hessisches Gesetz vom 4. August 1864 führte das norddeutsche Genossenschastsgesetz mit einzelnen durch die Verschiedenheit des Geltungsgebietes erforderlichen Änderungen in die nicht zum Norddeutschen Bunde gehörenden Teile des Großherzogtums ein. In Baden erschien das Genossenschaftsgesetz vom 11. Februar 1870. In Württemberg steckte man noch in den Vor­ arbeiten, als der Krieg ausbrach. Die Versailler Verträge bewirkten, daß das Gesetz vom 4. Juli 1868 als Reichsgesetz in Baden, Südhessen und Württemberg am 1. Januar 1871 eingeführt und dadurch das badische und hessische Gesetz aufgehoben wurden. In Elsaß-Lothringen ferner ist das Genossenschaftsgesetz zufolge Gesetz vom 11. Juli 1872 am 1. Oktober 1872, in Bayern zufolge Gesetz vom 23. Juni 1873 am 1. August 1873 in Kraft getreten?) Die Art und Weise, wie das Genossenschaftsgesetz für eine neue und noch wenig entwickelte Form des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs gewisser­ maßen durch den Begründer und noch dazu in großer Hast geschaffen wurde, erklärt es zur Genüge, daß sich das Bedürfnis einer Revision des Gesetzes bald geltend machte. Bereits im Herbst 1876 stellte Schulze-Delitzsch int Reichstage den Antrag auf eine Revision, indem er den Entwurf einer Novelle mit Motiven vorlegte (Nr. 40 der Drucksachen). Derselbe wurde 0 Die Geschichte der Entstehung des norddeutschen Genossenschaftsgesetzes vom 4. Juli 1868 und seiner Einführung in die übrigen deutschen Staaten ist ausführlich behandelt von Parisius: „Die Genossenschaftsgesetze im Deutschen Reich" (1876). Ein­ leitung Abschn. III S. 85—109. In diesem Kommentar sind auch die Einführungs­ gesetze, die Ausführungsverordnungen und dos dem deutschen Reichsgesetze nachgebildete österreichische Genossenschaftsgesetz vom 9. April 1873 nebst Ausführungsverordnung abgedruckt (S. 403—563). 2) Vgl. über die bayerische Genossenschaftsgesetzgebung namentlich v. Sicherer: „Die Genossenschaftsgesetzgebung in Deutschland". Kommentar zum Reichsgesetze usw. unter Berücksichtigung des bayerischen Genossenschaftsgesetzes (Erlangen 1872) S. 72 bis 86, 319—324.

Einleitung.

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1876 in einer Kommission durchberaten, ohne daß er zur Berichterstattung kam. Im neugewählten Reichstage von 1877 erneuerte Schulze seinen An­ trag am 12. März. Sein verbesserter Entwurf (Nr. 41 der Drucksachen) kam am 16. April 1877 zur ersten Beratung. Auf Schutzes Begründung erklärte der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Friedberg, daß bei der vom Bundesrat beschlossenen Reform des Aktiengesetzes voraussichtlich auch das Genossenschaftsgesetz in den Kreis der Revision gezogen werden müsse. Zugleich versprach er, sich bei den vorbereitenden Arbeiten zur Reformgesetz­ gebung den Rat genossenschaftlicher Praktiker zu erbitten. Schulze zog hierauf seinen Antrag zurück. In der Session von 1878 aber wiederholte er den­ selben, beschränkte ihn jedoch auf einzelne besonders dringlich erscheinende Punkte (Drucksachen Nr. 11). Auf den Bericht der mit der Vorberatung be­ auftragten Kommission beschloß in der Sitzung vom 11. März 1878 der Reichstag : in Erwägung, daß das Bedürfnis zu einer Revision des Gesetzes überhaupt, insbesondere aber in der Richtung anzuerkennen sei, den Beginn der Mitgliedschaft beitretender Genossenschafter, das Rechtsverhältnis aus­ scheidender Genossenschafter und den zulässigen Zeitpunkt des sogenannten Umlageverfahrens festzustellen, — den Reichskanzler aufzufordern, den Entwurf einer Novelle zum Ge­ nossenschaftsgesetz, in welcher die in dem Antrage des Abgeordneten SchulzeDelitzsch angeregten Punkte ihre Erledigung fänden, mit tunlichster Be­ schleunigung ausarbeiten zu lassen (Stenograph. Berichte 1878 S. 442). Ebenso beschloß der Bundesrat am 27. Februar 1879, den Reichs­ kanzler zu ersuchen, im Anschluß an die Revision der Aktiengesetzgebung und unter Berücksichtigung der in der vorerwähnten Reichstagsresolution hervorgehobenen Punkte den Entwurf einer Novelle zum Genossenschaftsgesetz dem Bundesrat vorzulegen. Zum letzten Male brachte Schulze-Delitzsch seinen nun mehrfach ab­ geänderten Entwurf am 28. April 1881 im Reichsrag ein. Am folgenden Tage wurden zwei von sämtlichen Mitgliedern der deutschkonservativen Partei unterstützte Anträge des Freiherrn von Mirbach und des sächsischen Hof­ rats Ackermann zur Revision des Genossenschaftsgesetzes gestellt (Drucksachen des Reichstags 1881 Nr. 107, 108, 109). Der letztere Antrag beschränkte sich auf die Hervorhebung einzelner Grundsätze, die für die Revision des Ge­ nossenschaftsgesetzes berücksichtigenswert erschienen und namentlich die Organi­ sation, die Beaufsichtigung und den Geschäftsbetrieb der Genossenschaften zum Gegenstände hatten, wogegen der Antrag von Mirbach die Zulassung von Genossenschaften mit beschränkter Haft neben den bisherigen Genossen­ schaften mit unbeschränkter Haft bezweckte. Die drei Anträge wurden vom Reichstage einer Kommission überwiesen. Da der im Oktober 1879 in das Amt getretene Staatssekretär des Reichsjustizamts, Dr. von Schelling, bei der ersten Beratung am 18. Mai 1881 erklärt hatte, zu einer Spezialberatung sei die Reichsregierung nicht imstande, eine präzisierte Stellung einzunehmen, beschloß die Kommission schon in ihrer ersten Sitzung, zu beantragen, alle drei Anträge dem Reichskanzler als Material für die in Angriff genommene Revision des Genossenschaftsgesetzes zu überweisen und ihn um tunlichste Beschleunigung zu ersuchen. Eine zweite Beratung im Plenum des Reichs­ tages hat nicht stattgefunden.

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Vergeblich wartete Schulze-Delitzsch im Winter 1881/1882 darauf, zu Vorarbeiten zu einer Genossenschaftsnovelle zugezogen zu werden. Sein dringender Wunsch, bei der Revision des Genossenschaftsgesetzes noch mit­ zuwirken, ging nicht in Erfüllung. Lediglich des Genossenschastsgesetzes halber hatte er 1881 trotz schwerer körperlicher Leiden wieder eine Wahl zum Reichstage angenommen. Zum letzten Male kam am 8. Dezember 1882 eine Interpellation Schutzes wegen der Genossenschaftsnovelle zur Verhand­ lung. Der Staatssekretär des Reichsjustizamts, Dr. von Schelling, erklärte in seiner Antwort: die ursprüngliche Absicht, die Umbildung des Genossen­ schaftsrechts in der Form einer Novelle zu bewirken, sei aufgegeben und der Erlaß eines neuen Genossenschaftsgesetzes für notwendig befunden. Nun­ mehr erkannte Schulze-Delitzsch, daß auf seine „persönliche Beteiligung" bei der Revision „mit irgendwelcher Sicherheit nicht gerechnet werden könnte". Er schrieb deshalb in den letzten Monaten vor seinem am 29. April 1883 erfolgten Tode mit dem Aufgebot aller Kräfte das Büchlein: „Material zur Revision des Genossenschaftsgesetzes. Nach dem neuesten Stand der Frage geordnet" (Leipzig 1883). Es verpflichte ihn, so schrieb er, „die von ihm bei der Genossenschaftsgesetzgebung, wie bei der Revision ergriffene Initiative, ja seine ganze Stellung in der Genossenschaftsbewegung, dem Jnlande wie dem Auslande gegenüber", wie sie ihn auch „befähigen, das reiche Material, das sich durch seine Arbeiten und Anträge bei ihm gesammelt, gesichtet, in geordneter Reihenfolge den Genossenschaften zu übermachen". Nach früheren Erklärungen der Reichsregierung sollte die Reform des Aktienrechts der Reform des Genossenschaftsrechts vorangehen. Das Reichsgesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktien­ gesellschaften, ist am 18. Juli 1884 erlassen. Durch dasselbe wurde eine Umänderung des früher ausgearbeiteten Genossenschaftsgesetzentwurfs bedingt. Endlich im August 1887 konnte der Nachfolger Schutzes in der Anwaltschaft des Genossenschaftsverbandes, Neichstagsabgeordneter Schenck, auf dem All­ gemeinen Vereinstage in Plauen mitteilen, daß nach der ihm aus dem Reichs­ justizamt gewordenen Eröffnung in diesem der Entwurf des Genossenschafts­ gesetzes fertiggestellt sei und vor der Beschlußfassung des Bundesrats einer Sachverständigenkonferenz zur Begutachtung vorgelegt werden sollte. Die Konferenz hat unter Vorsitz des Staatssekretärs von Schelling, unter Teilnahme des Direktors im Reichsjustizamt, des Wirklichen Geheimen Rats Hanauer und der vortragenden Räte Geh. Oberregierungsrat Dr. Hägens und Geh. Oberregierungsrat Dr. Hoffmann vom 15. bis 19. November 1887 beraten?) Die Anregungen der Konferenz sind zum großen Teil berücksichtigt. *) Als Sachverständige waren zugezogen Vertreter aus verschiedenen genossen­ schaftlichen Verbänden:

aus dem Allgemeinen deutschen Genossenschaftsverbande der

Anwalt Schenck und die Verbandsdirektoren Hopf-Insterburg,

Proebst-München,

Schwanitz-Jlmenau, Glackemeyer-Hannover, ferner vr. ineck. Kirch artz-Unkel an Stelle des damals erkrankten F. W. Raiffeisen, Vorsitzender des Anwaltschastsrates der

ländlichen

(Raiffeisenschen)

Genossenschaften.

Haas-Darmstadt,

Vorsitzender

des Verbandes der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften. Reichstagsabgeordneter Leemann-Heilbronn,

Vorsteher

des

Verbandes

landwirtschaftlicher

Kleditgenossen-

schaften im Königreich Württemberg, sodann Reichstagsabg. Freiherr von Mirbach-

Einleitung.

15

Die Thronrede born 24. November 1887 hatte zwar dem Reichstage die Vorlegung des Genossenschaftsgesetzentwurfs angekündigt, allein es kam nicht dazu. Der Bundesrat beschloß in dankenswerter Weise zunächst die Veröffentlichung des Entwurfs^ und ermöglichte dadurch den in erster Reihe beteiligten Erwerbs- und Wntschaftsgenossenschaften, ihn in ihren Verbänden zu beraten und über die von ihnen vorzuschlagenden Änderungen zu beschließen. Im Herbst 1888 ist der Entwurf vom Bundesrat beraten und mit einigen Abänderungen angenommen worden. Derselbe ist am 27. November 1888 dem Reichstage zur Beschlußfassung vorgelegt?) Der Reichstag beschloß nach der ersten Beratung in der 14. Sitzung vom 13. Dezember 1888, den Gesetzentwurf einer Kommission von 28 Mitgliedern zur Beratung zu überweisen. Diese hat die Vorberatung in 23 Sitzungen in zwei Lesungen vollendet und am 18. März 1889 schriftlichen Bericht er­ stattet (Drucksachen Nr. 132). Auf Grund desselben hat der Reichstag die zweite Beratung in der 45. und 46. Sitzung vom 23. und 26. März vor­ genommen (Zusammenstellung nach den Beschlüssen, Nr. 145 der Drucksachen). Nach der dritten Beratung in der 52. Sitzung vom 4. April 1889 (Zu­ sammenstellung nach den Beschlüssen, Nr. 186 der Drucksachen) ist die Vor­ lage in der Schlußabstimmung angenommen. Der Bundesrat hat den Be­ schlüssen des Reichstags am 11. April zugestimmt und der Kaiser das Gesetz am 1. Mai vollzogen (RGBl. Nr. 11, ausgegeben den 10. Mai 1889, S. 55— 93). Die nach § 171 Abs. 1 einem Erlaß des Bundesrats vorbehaltenen, „zur Ausführung der Vorschriften über das Genossenschastsregister und die Anmeldungen zu demselben erforderlichen Bestimmungen" sind vom Reichs­ kanzler am 11. Juli 1889 bekannt gemacht (RGBl. Nr. 15, S. 149—164); an ihre Stelle ist getreten die Bekanntmachung betreffend die Führung des Genossenschoftsregisters und die Anmeldung zu diesem Register vom 1. Juli 1899 (RGBl. Nr. 28, S. 347 ff.). — Die Bekanntmachungen, welche nach § 171 (jetzt 161) Abs. 2 die Zentralbehörden der einzelnen Bundesstaaten zu erlassen haben, sind im dritten Teil abgedruckt. Änderungen des Gesetzes vom 1. Mai 1889 brachte das Reichs­ gesetz vom 12. August 1896 lRGBI. S. 695ff.). Es werden eine Reihe von Strafbestimmungen zur Befolgung des Verbotes für die KonsumVereine, Waren an Nicbtmitglieder zu verkaufen, vorgesehen. Ferner werden einige Bestimmungen eingefügt, die der Eigenart der Raiffeisenschen Vereine Rechnung tragen. Von den durch den Art. 10 des EHGB. vom 10. Mai 1897 herbei­ geführten Änderungen des Genossenschaftsgesetzes half die eine einem großen Mangel desselben ab. Sie ermöglicht die Nichtigkeitserklärung (Borquitten und die Professoren der Reckte Goldschmidt-Berlin und von SichererMüncken. Zugegen waren noch Kommissare des Reichsamls des Innern und der preußischen Ministerien für Landwirtschaft, für Handel und Gewerbe, für Justiz. 9 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirlschaftsgenossensckaften nebst Begründung und Ar läge. Amtliche Ausgabe (Berlin 1888). In den Noten ist er als Entw. I und seine Motive als Begr. I bezeichnet. 2) Drucksachen des Reichetags 7. Legislaturperiode IV. Session 1888/89 Nr. 28. In den Noten ist er als Entw. 11 und Begr. II bezeichnet.

(Senossenschaftsgesetz.

16 der

Genossenschaft

im Falle der Eintragung

wesentlicher Statutbestimmungen die Fälle

angegeben,

in

denen

im die

nichtiger oder des Fehlens

Genossenschaftsregister.

Ferner

Möglichkeit der Heilung

werden

dieser Mängel

durch Beschluß der Generalversammlung zugelassen wird. Dem Kommentar dem 14. Juni 1898 des

oben

liegt

in

genannten

zugrunde die

Nr. 25

Einführungsgesetzes

Genossenschaftsgesetzes,

die

durch

den Reichskanzler unter

des RGBl. lS. 810 ff.)

vom

gemäß

veröffentlichte

1. Januar 1900

Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs, gilt.

Art. 13

Fassung

an,

des

dem Tage

des

Die frühere Fassung ergibt

sich aus den Anmerkungen. Die genossenschaftliche Organisation ist in die verschiedenartigsten Wirt­ schaftsbetriebe eingedrungen, vielfach hat daher die Gesetzgebung sich veranlaßt gesehen, sich mit den Genossenschaften zu beschäftigen. a) Nach

dem

Geschäftsbetrieb

Hypothekenbankgesetz

der

Hypothekenbanken

vom

13. Juli

nach Maßgabe

des

1899

ist

der

Gesetzes

in

der

Form der eingetragenen Genossenschaft verboten. b) Nach dem Gesetz betr. Privatversicherung

vom

12. Mai 1901

dürfen Personenvereinigungen, welche die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsätze

der

Gegenseitigkeit

betreiben

sicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gesetzes tun.

wollen,

dieses

nur

als

Ver­

nach Maßgabe des Privatversicherungs­

Zum Betriebe der verschiedenen Arten der Lebensversicherungen

sowie zum Betriebe der Unfall-, Haft-, Feuer- oder Hagelversicherung dürfen außer Versicherungsvereinen

auf Gegenseitigkeit

nur

Aktiengesellschaften

zu­

gelassen werden. Als Lebensversicherung im Sinne des Gesetzes gilt auch die Jnvaliditäts-, Alters-, Witwen-, Waisen-, Aussteuer- und Militärdienstversicherung. c) Nach dem Gesetz vom

25. Oktober 1867

von Reedereigenossenschaften

und

durch die Schiffe der Genossenschaft

ist

die Führung

unter

den

zulässig

die Bildung

der Landesflagge

im Gesetz angegebenen Ver­

ordnungen. d) Nach dem Gesetz über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 kann

die

Erlaubnis

zur

Beförderung

von

Auswanderern

an

eingetragene

Genossenschaften erteilt werden, die ihren Sitz im Reichsgebiet haben. e) Die

Novelle

6. August 1896

betr.

erklärte

die

Abänderung

§ 41a Abs.

1

der

Satz 2,

Gewerbeordnung § 105b

Abs. 3,

vom § 33

Abs. 6 und 7 (Bestimmungen betr. offenen Laden und Konzession für Klein­ handel mit Spirituosen) auf die Konsumvereine für anwendbar.

In den ersten Jahren der genossenschaftlichen Bewegung hatten sich die Genossenschaften öfters über die aus Übelwollen gegen die Personen oder aus

bureaukratischem

Mißtrauen

entsprungenen Versuche

zu beklagen,

ihre

Wirksamkeit zu hemmen oder nach bestimmten Richtungen hin einzuzwängen. Eingedenk dieser Erfahrungen haben Schulze-Delitzsch und seine Freunde jede ihnen angebotene Förderung oder Unterstützung des Staates stets grundsätzlich abgelehnt.

Als die preußische Regierung im August 1865 eine aus Arbeit­

gebern und Arbeitern zusammengesetzte Kommission unter anderm die Frage

Einleitung.

17

beraten ließ, was geschehen könne, „um die auf Selbsthilfe beruhenden Ge­ nossenschaften (Vorschuß- und Kreditvereine, Vereine zur Beschaffung von Rohstoffen, Konsumvereine, Produktivassoziationen) zu fördern", — SchulzeDelitzsch war nicht zugezogen — erklärte der in Stettin tagende siebente Allgemeine Vereinstag auf Antrag von Parisius: einzige Förderung, welche die Genossenschaften von der preußischen wie von jeder anderen Staats­ regierung beanspruchen, sei, daß sie sich aller Versuche, die Genossenschaften der polizeilichen Kontrolle zu unterstellen, fernerhin enthalten und dem von Schulze 1863 im Abgeordnetenhause eingebrachten Genossenschafts-Gesetz­ entwürfe zustimmen, — der letzte Satz der Resolution lautet: „Alle Versuche der Staatsregierungen, die auf Selbsthilfe beruhenden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften im allgemeinen oder innerhalb einer einzelnen Berufsklasse durch positive Ein­ mischung fördern zu wollen, müssen als ihnen schädlich zurück­ gewiesen werden." Andere Verbände haben sich zu positiven Förderungen und Unter­ stützungen seitens der Regierungen von vornherein weniger ablehnend ver­ halten, sondern sie erbeten und bekommen, dafür aber freilich auch bedeutende Konzessionen machen müssen und einen Teil ihrer Selbständigkeit eingebüßt. Die Grundsätze Schutzes über Ablehnung von Staatshilfe für das Genossenschaftswesen und über die hieraus folgende Unabhängigkeit der genossenschaftlichen Entwicklung von staatlichen Einflüssen wurden Jahr­ zehnte hindurch im großen und ganzen auch in Partikulargesetzgebungen anerkannt. Erst im letzten Jahrzehnt ist ein entschiedener Bruch mit jenen Grundsätzen vollzogen?) Entsprechend Anregungen aus landwirtschaftlichen Kreisen ging die preußische Regierung 1895 zu einer staatlichen Unter­ stützung des Genossenschaftswesens über. Das preußische Gesetz betreffend die Errichtung einer Zentralanstalt zur Förderung des genossenschaftlichen Personalkredites vom 31. Juli 1895 (GS. S. 31 Off.) bestimmt: § 1. Zur Förderung des Personalkredites (§ 2), insbesondere des genossenschaft­ lichen Personalkredites, wird unter dem Namen „Preußische Zentral-Genossenschasts-Kasse" eine Anstalt mit dem Sitze in Berlin errichtet. Die Anstalt besitzt die Eigenschaft einer juristischen Person, sie steht unter Auf­ sicht und Leitung des Staates. § 2. Die Anstalt ist befugt, folgende Geschäfte zu betreiben: 1. zinsbare Darlehne zu gewähren an a) solche Vereinigungen und Verbandskassen eingetragener Erwerbs- und Wirtschaflsgenossenschaflen (Neichsgesetz vom 1. Mai 1889 — ReichsGesetzblatt S. 55 —), welche unter ihrem Namen vor Gericht klagen und verklagt werden können, b) die für die Föiderung des Personalkredites bestimmten landschaftlichen (ritterschastlichen) Darlehnskassen, c) die von den Provinzen (Landeskommunalverbänden) errichteten gleichartigen Institute; 2. von den unter 1 gedachten Vereinigungen usw. Gelder verzinslich anzunehmen. *) Vgl. Dr. Hans Crüger, „Einführung in das deutsche Genossenschaftswesen" S. 153 ff.: Der Staat und die Genossenschaften. Paristus-Cruger, Genossc-nlchaftsgesctz. 7. Aufl.

18

Genossenschaftsgesetz.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben (1 und 2) ist die Anstalt außetdem befugt: 3. sonstige Gelder im Depositen- und Scheckverkehr anzunehmen; 4. Spareinlagen anzunehmen; 5. Kassenbestände im Wechsel-, Lombard- und Effektengeschäft nutzbar zu machen; 6. Wechsel zu verkaufen und zu akzeptieren; 7. Darlehne aufzunehmen; 8. für Rechnung der unter 1 bezeichneten Vereinigungen usw. und der zu denselben gehörigen Genossenschaften sowie derjenigen Personen, von denen sie Gelder tut Depositen- und Scheckverkehr oder Spareinlagen oder Darlehne erhalten hat, Effekten zu kaufen und zu verkaufen Der Geschäftskreis der Anstalt kann durch Königliche Vetotdnung über die in 1 genannten Vereinigungen hinaus durch die Hereinbeziehung bestimmter Arten von öffentlichen Sparkassen erweitert werden. § 3. Der Staat gewährt der Anstatt für die Dauer ihres Bestehens als Grund­ kapital eine Einlage von 5 Millionen Matk in Zprozentigen Schuldverschreibungen nach dem Nennwerte.

Weitere Bestimmungen des Gesetzes besagen: Die in § 2 genannten Genossenschaften können sich nach näherer Bestimmung der Aufsichtsbehörde an der Anstalt mit Vermögenseinlagen beteiligen. Diese Vorschrift hat eine eigenartige Anwendung gefunden, es haben sich Verbandskassen mit Kapital­ beträgen an der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse beteiligt, die weit über das eigene Vermögen hinausgehen und daher nur durch Inanspruchnahme des Kredits gedeckt werden, während bei der Preußischen Zentral-GenossenschaftsKasse natürlich kein Bedürfnis vorhanden ist, auf diese Weise ihr Kapital zu vergrößern. Von dem Reingewinn der Anstalt bei Jahresabschluß wird zunächst die eine Hälfte zur Bildung eines Reservefonds, die andere zur Verzinsung der Einlagen bis zu 3 vom Hundert, ein etwaiger Überrest ebenfalls dem Reservefonds zugeführt. Sobald der Reservefonds ein Viertel der Einlagen beträgt, werden die Einlagen bis zu 4 vom Hundert verzinst, und der Überschuß an den Reservefonds abgeführt. Der Finanzminister als Aufsichts­ behörde erläßt die Geschäftsanweisungen für das aus drei auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern bestehende Direktorium und die Dienstinstruktionen für die Beamten der Anstalt. Dem Direktorium liegt die Verwaltung der Anstalt sowie deren Vertretung nach außen ob. Die Beschlüsse des Direktoriums erfolgen nach Stimmenmehrheit; das Direktorium ist an die Weisungen der Aufsichtsbehörde gebunden. Dem Direktorium steht als Beirat bei den Geschäften der Anstalt ein Ausschuß zur Seite, der unter Vorsitz des Direktors der Anstalt mindestens einmal jährlich zusammentritt. Die in § 3 dieses Gesetzes genannte staatliche Einlage wurde bisher durch drei Gesetze erhöht: 1. das Gesetz vom 8. Juni 1896 (GS. S. 123f.) besagt im § 1: Die der Preußischen ZtMral-Genossenschafts-Kasse für die Dauer ihres Bestehens vom Staat als Grundkapital gewährte Einlage (§ 3 Gesetz vom 31 Juli 1895) wird auf 20 Millionen Mark erhöht. Das Erhöhungskapltal ist in bar oder in Schuldverschreibungen zum Kurswert zu überweisen.

Bezüglich des Reinertrages bestimmt dieses Gesetz, daß zunächst 1/b zur Bildung eines Reservefonds, 4/B zur Verzinsung der Einlagen bis zu 3 °/a

Einleitung.

19

verwendet, ein etwaiger Überschuß ebenfalls dem Reservefonds zugeführt werden sollte. 2. § 1 des Gesetzes vom 20. April 1898 (GS. S. 67 f.) lautet: Die der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse für die Dauer ihres Bestehens vom Staate als Grundkapital gewährte Einlage wird auf 50 Millionen Mark erhöht. Das Erhöhungskapital von .10 Millionen Mark ist bar oder in Schuldver­ schreibungen zum Kurswert zu überwerfen. Die Überweisung erfolgt in Höhe von 20 Millionen Mark alsbald; für den Restbetrag von 10 Millionen Mark bestimmt der Finanzminister den Zeitpunkt der Überweisung.

3. Durch Gesetz vom 13. Juli 1909 (GS. S. 640) ist das Grundkapital auf 75 Millionen Mk. erhöht. Die Verteilung des Reingewinnes wurde wiederum abgeändert. Nach der Begründung ergibt sich die Notwendigkeit der Erhöhung des Grundkapitals aus der geschäftlichen Lage der Kasse, ferner aber soll die Erhöhung auch die Mittel bieten für neue Aufgaben, die den Ge­ nossenschaften gestellt werden und deren Verfolgung zu ihrer Jlliquidität führen muß; die Preußische Zentral-Genossenschafts-Kasse soll in bestimmten Fällen die Sorge für die Aufrechterhaltung der Liquidität übernehmen; vgl. hierüber Stenographischen Bericht Sp. 1641 ff., 4640 ff. Getreu seinen Grundsätzen nahm der Schulze-Delitzschsche Verband gegen­ über diesen Gesetzen eine ablehnende Haltung ein. Auf dem Genossenschafts­ tage zu Augsburg 1895 nahm er auf Antrag des Anwalts Schenck eine Resolution einstimmig an, wonach den Genossenschaften des Allgemeinen Verbandes widerraten wurde, Zentralkassen zu dem Zwecke zu errichten, um mit der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse in Geschäftsverbindung zu treten. Von den anderen Verbänden hatte noch der Vereinstag ländlicher (Raiffeisenscher) Genossenschaften zu Kassel 1895 eine Resolution gefaßt, daß die „Raiffeisenschen Vereine gegenüber den Absichten der preußischen Regierung hinsichtlich Schaffung einer staatlichen Zentralkasse zur Regelung des Personalkredites für Landwirtschaft und Handwerk eine abwartende Haltung" beobachten?) Bereits im Juli 1897 aber betrug der von der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse beanspruchte Kredit 2400000 Mk?) Der Vereinstag des Allgemeinen Verbandes der deutschen landwirt­ schaftlichen Genossenschaften (Darmstadt) nahm 1895 zu Neustadt a/H. und 1896 zu Stettin Resolutionen des Anwaltes an, welche den Genossen­ schaften die geschäftliche Inanspruchnahme der Preußischen Zentral-Genossenschasts-Kasse empfahlen?) Auch wurde Ausdehnung des Geschäftsverkehrs derselben auf außerpreußische Zentralgenossenschaften erstrebt?) Auf dem Vereinstage zu Karlsruhe 1898 jedoch war die Stimmung gegenüber der „Preußenkasse" teilweise umgeschlagen. Es wurde von mehreren Seiten die Rückkehr zur „reinen Selbsthilfe" und die Bildung einer Reichsgenossenschaftskasse empfohlen. Letztere ist im Frühjahr 1902 als 1) 2) 3) 4)

Landwirtschaftliches Genossenschafts-Blatt vom 20. Juni 1895 S. 62. A. a O. vom 7. Juli 1896 S. 52. Haas, Jahrbuch für 1895 S. 44, für 1896 S. 46. Haas, Jahrbuch für 1897 S. 94.

20

Genossenschaftsgesetz.

e. G. m. b. H. begründet, sie entstand durch einfache Statutenänderung aus einer Bezugsgenossenschaft. Zweck derselben ist: a) der Betrieb eines Großhandelsgeschäfts zum Zweck: 1. des gemeinschaftlichen Einkaufs von Verbrauchsstoffen und Gegen­ ständen des landwirtschaftlichen Betriebes; 2. des gemeinschaftlichen Verkaufs landwirtschaftlicher Erzeugnisse; b) der Betrieb eines Speditionsgeschäfts zu diesem Behufe; c) der Betrieb eines Kredit- und Bankgeschäfts. Zwischen der Reichsgenossenschaftskasse und der Preußischen ZentralGenossenschafts-Kasse kam es bald zu einem Konflikt, der Ende 1904 damit ausging, daß erstere auf jeden Geld- und Kreditverkehr mit preußischen Verbandskassen zugunsten der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse ver­ zichtete, dafür erhielt sie eine Kapitalbeteiligung zugesagt, die ihr eigenes Ver­ mögen weit überstieg! Das Abkommen erhielt die Bezeichnung „Interessen­ gemeinschaft"?) Im Jahre 1907 trat an die Stelle der landwirtschaftlichen Reichsgenossenschaftsbank e. G. m. b. H. die Reichsgenossenschaftsbank Aktien­ gesellschaft zu Darmstadt mit einem Grundkapital von 5 Millionen Mark und Zweigniederlassungen in Frankfurt a/M. und Hamburg. Gegenstand des Unternehmens ist: 1. der Betrieb eines Großhandelsgeschäfts; 2. der Betrieb eines Bank-, Wechsel- und Kommissionsgeschäfts. Eine Interessengemeinschaft schloß die Preußische Zentral-Genossenschafts-Kasse auch später mit der Land­ wirtschaftlichen Zentral-Darlehnskasse zu Neuwied ab, als diese sich zur Deckung von Verlusten gezwungen sah, die Reserven abzuschreiben?) In Preußen wurden ferner durch die Gesetze vom 3. Juni 1896 und vom 8. Juni 1897 für die Errichtung landwirtschaftlicher Getreide­ lagerhäuser 3 und 2 Millionen Mark bewilligt. Diese staatlichen Lager­ häuser wurden an Kornhausgenossenschaften vermietet?) Die Versuche sind nicht geglückt, und in einer im Frühjahr 1902 abgehaltenen Konferenz der Kornhallsgenossenschaften hat der Vertreter des preußischen Landwirtschafts­ ministers erklärt, daß die Regierung für fernere Versuche nicht beabsichtige, weiteren Kredit zur Verfügung zu stellen?) Die Resultate waren vielfach so wenig befriedigend, daß die Kornhäuser an die Zentral-Darlehnskasse zu Neuwied verpachtet wurden! Die Kasse hat, wie der Geschäftsbericht für 1904 ergab, recht schlimme Erfahrungen gemacht und sich entschlossen, keinen weiteren Geschäftsverkehr mit Kornhausgenossenschaften zu pflegen. Bayern, Hessen, Baden haben gleichfalls sich an der Gründung von Kornhaus­ genossenschaften beteiligt. Die Entwicklung ist hier jedoch eine vom Norden Deutschlands verschiedene. Der Betrieb liegt meist in den Händen der Dar­ lehnskassenvereine. 5*)62 3 4 In Bayern war bereits durch Gesetz vom 11. Juni 1894 der im ') BlfG. 1904 S. 541. 2) MfG. 1905 S. 411. 3) Crüger „Getreide-Absatzgenossenschaften" (Heft 136 der „Volkswirtschaftlichen Zeitfragen" Berlin, 1896). 4) BlfG. 1902 S. 309; 1904 S. 13, .55, 78, 441; 1905 S. 120, 121, 236, 422, 435. 6) Leonhard, Kornhäuser und Getreidehandel (München, 1906).

Einleitung.

21

wesentlicheil für die Vereine des Landesverbandes landwirtschaftlicher Darlehnskassen bestimmten landwirtschaftlichen bayrischen Zentral-Darlehnskasse e. G. m. b. H. ein unverzinslicher Betriebsvorschuß von 100000 Mark gewährt worden. Sodann wurde eine staatliche Subvention von 2 Millionen Mark zu 3 o/o gewährt, die bald auf beinahe 4 Millionen Mark erhöht wurde. Es sind im ganzen für diese Kasse 4 bis 5 Millionen Mark aufgewendet. Ferner wurde durch Gesetz vom 17. Juni 1896 die Bayrische Land­ wirtschaftsbank e. G. m. b. H. gegründet; die staatliche Einlage betrug 2 Millionen Mark, wovon 1 Million unverzinslich, außerdem erhielt die Bank einen staatlichen nicht rückzahlbaren Spesenzuschuß von 60 000 Mark, die staatliche Einlage stieg um weitere 2 Millionen Mark, zu 3 °/0 verzins­ lich, die Genossenschaft hat das Recht der Pfandbriefausgabe. Ihre Gründung ist um so auffälliger, als das Hypothekenbankgesetz von 1899 den Geschäfts­ betrieb in der Form der Genossenschaft verbietet. Mit erheblicher staatlicher Subvention wurde im Jahre 1903 die Bayrische Zentralhandwerkergenossen­ schaftskasse e. G. m. b. H. für das Handwerk gegründet; im Jahre 1907 wurden die vom Staate zur Verfügung gestellten Gelder auf 1 Million Mark erhöht, verzinsbar mit 3°/0. In Sachsen wurde bereits 1891 in Dresden die Landesgenossenschafts­ kasse mit einer staatlichen Einlage von 2 Millionen Mark gegründet, zum Zweck der billigen Kreditgewährung an die Genossenschaftsverbände mit juristischer Persönlichkeit. Im Jahre 1899/1900 wurden vom Staat weitere 3 Millionen Mark zur Verfügung gestellt, von denen 3/6 für landwirtschaft­ liche und 2/f> für gewerbliche Genossenschaften bestimmt sein sollten. Die der Landwirtschaft zur Verfügung gestellten Mittel wurden von der „Landwirt­ schaftlichen Zentralgenossenschaft" aufgenommen, aus der sich 1897 die Landes­ genossenschaftskasse für das Königreich Sachsen e. G. m. b. H. entwickelte. Die den Handwerkergenossenschaften zur Verfügung gestellten Kapitalien unterzu­ bringen war schwer wegen der Garantien, die die Regierung forderte. Über die Bedingungen der Kreditgewährung vgl. BlfG. 1902 S. 356; 1904 S. 209, 427; 1905 S. 137; 1906 S. 563ff.; sie kamen auf eine vollständige Be­ vormundung der Genossenschaften heraus, die es sich gefallen lassen sollten, daß den Sitzungen des Vorstandes und Aufsichtsrats, den Generalversamm­ lungen ein Regierungskommissar beiwohnte. Genossenschaften kamen unter solchen Bedingungen nicht zustande. Endlich im Jahre 1905 konnte mit einigen wenigen Genossenschaften der Landesverband der Handwerkergenossen­ schaften im Königreich Sachsen begründet werden, dessen Aufgabe es vor allem war, eine Zentralgenossenschaftskasse zu errichten, die auch noch im gleichen Jahre entstand. Bereits in der zweiten Generalversammlung beklagten sich die Mitglieder über unzureichende Staatshilfe. Auch in Württemberg sind erhebliche Mittel gewährt. So hat die Zentralkasse der landwirtschaftlichen Genossenschaften e. G. nt. b. H. 2 Millionen Mark zu 3 bis 3*/2 °/0 Zinsen erhalten. Förderung in ähnlicher Art erfuhren die landwirtschaftlichen Genossenschaften in Baden. Auch das Handwerker­ genossenschaftswesen hat nicht unbedeutende Vergünstigungen erhalten. Für die Förderung des Handwerks besteht im Großherzogtum Hessen eine be­ sondere Gesellschaft, die „Genossenschaftliche Aktiengesellschaft", deren Zweck im wesentlichen darin beruht, den Handwerkern zu günstigen Bedingungen

22

Genossenschaftsgesetz.

Maschinen zu verkaufen. Die Gesellschaft ist auch gleichzeitig Beratungs­ stelle. Absicht ist, ihr auch das Gebiet der Beschaffung von Rohmaterialien zu überweisen?)

III. Der Begriff der Genossenschaft und die wichtigsten Neuerungen des Gesetzes vom 1. Mai 1889. Der Begriff der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, welche das Gesetz vom 1. Mai 1889 behandelt, ist im § 1 bis auf eine geringfügige Abweichung ebenso bestimmt, wie int Gesetz vom 4. Juli 1868. Das preußische Genossenschaftsgesetz vom 27. März 1867 beabsichtigte, einer bereits vorhandenen, in der Gesetzgebung nicht berücksichtigten Klasse von Gesellschaften Rechtsfähigkeit zu verleihen, und das norddeutsche Genossen­ schaftsgesetz vom 4. Juli 1868 bezweckte, dieses preußische Gesetz auf das ganze, einer gemeinsamen Gesetzgebung zugängliche norddeutsche Bundesgebiet auszudehnen. Die Gesellschaften, für die und auf deren Betrieb die deutschen Genossenschaftsgesetze erlassen wurden, waren untereinander sehr verschieden. Aber ihre Verschiedenheiten kamen wenig in Betracht, denn nicht auf die durch bestehende Genossenschaften repräsentierten Arten der Gesellschaften wurde das Gesetz beschränkt, sondern einer jeden Gesellschaft, die unter den im Gesetz aufgestellten Begriff der Genossenschaft fällt und den Erfordernissen des Gesetzes genügt, wurde es gestattet, die Rechte zu erwerben, welche das Genossenschaftsgesetz verleiht. Schulze-Delitzsch hatte seine Schöpfungen anfänglich „Assoziationen der Handwerker und Arbeiter" oder der „Arbeiter und des Kleingewerbes" benannt, erst auf Anregung des zweiten Kongresses deutscher Volkswirte (1859) erhielten sie den Namen „Genossenschaften". Die deutsche Bezeichnung hat sich unter den Vereinen selbst schnell als technische eingebürgert. Doch kehrte sich weder der allgemeine Sprachgebrauch noch die spätere Gesetzgebung daran, indem sie auch auf andere Vereinigungen den Namen anwendeten. In dem ersten Entwürfe zu einem Genossenschaftsgesetz hatte Schulze die Begriffsbestimmung dahin gefaßt: „Diejenigen Vereine, welche die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels genossenschaftlichen Geschäfts­ betriebes bezwecken und wegen der unbeschränkten Zahl, sowie des stetigen Wechsels ihrer Teilnehmer nicht für geschlossene Sozietäten im Sinne der Gesetze erachtet werden können." Der zweite Vereinstag der Vorschuß- und Kreditvereine (Gotha 1860) genehmigte bei Beratung jenes Entwurfs diese Bezeichnung als erschöpfend und zweckmäßig. Sie ging auch über in den Gesetzentwurf „über die privat­ rechtliche Stellung der auf Selbsthilfe beruhenden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften", den Schulze eint 10. März 1863 dem preußischen Abge­ ordnetenhaus vorlegte. Aber bei der Kommissionsberatung wurden zahlreiche 0 Vgl. hierüber Crüger, „Einführung in das deutsche Genossenschaftswesen" (S 181 ff.). Eine ähnliche Gesellschaft ist für die Rheinprovinz 1909 gegründet mit dem Sitz in Köln a. Rh.

Einleitung.

23

Abänderungsanträge gestellt. Man fand, daß vom „genossenschaftlichen Ge­ schäftsbetrieb" in einer Definition der Genossenschaft nicht geredet werden dürfe, und setzte dafür „gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb auf dem Wege der Selbsthilfe". Ein Antrag, neben dem Erwerb und der Wirtschaft der Mit­ glieder noch den Kredit als Gegenstand der bezweckten Förderung einzufügen, fand trotz Widerspruchs des Antragstellers und des zum Referenten bestellten Abgeordneten Parisius Annahme. Ebenso ein Antrag des letzteren, eine all­ seitig als eigentümlich anerkannte Eigenschaft der bestehenden Genossenschaften durch die Worte „bei nicht geschlossener Mitgliederzahl" zu kennzeichnen. So entstand in der Kommission die Definition: „Vereine, welche bei nicht geschlossener Mitgliederzahl die Förderung des Kredits, des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes auf dem Wege der Selbsthilfe bezwecken (Genossenschaften)." In dem von der preußischen Staatsregierung 1866 und 1867 dem Landtage vorgelegten Entwürfe ist die Definition im wesentlichen beibehalten. Nur die Worte „auf dem Wege der Selbsthilfe" blieben fort. „Die im § 1 enthaltene Definition der Genossenstbaft", hieß es in den Motiven, „schließt durch das darin aufgenommene Merkmal, wonach die Förderung des Kredits usw. der Bereinsmitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb bezweckt werden muß, diejenigen Vereine, welche den Charakter von Wohl­ tätigkeitsinstituten an sich tragen (Unterstützungstassen usw.) von der Kategorie der Genossenschaften aus, ohne das; es zu diesem Zweck noch der juristisch jedenfalls unklaren Bezeichnung der Genossenschaft, als auf , Selbsthilfe* be­ ruhend, bedarf." Bei den Beratungen im preußischen Landtage von 1866 und 1867 und in den Kommissionen desselben sind Versuche, die Definition abzuändern, nicht mehr gemacht worden. Die Definition des preußischen Genossenschafts­ gesetzes ist sodann in buchstäblicher Übereinstimmung in das norddeutsche Genossenschaftsgesetz übergegangen. Nach ihr findet eine Beschränkung der Genossenschaft auf bestimmte Volksklassen, wie „den kleineren und mittleren Gewerbestand", nicht statt. Auch in Ansehung des Gegenstandes des Unter­ nehmens ist völlige Freiheit gelassen; alles was sich zum Gegenstand einer geschäftlichen Erwerbstätigkeit eignet, kann auch den Gegenstand eines genossen­ schaftlichen Unternehmens bilden; über Beschränkung vgl. S. 15. Der Entwurf des neuen Genossenschaftsgesetzes behielt in dem unver­ ändert angenommenen Eingang des § 1 die bisherige Begriffsbestimmung der Genossenschaften bet, nur wurden die überflüssigen Worte „des Kredits" aus zutreffenden Gründen gestrichen. Eine Erweiterung des Begriffs hat also das neue Gesetz den Genossen­ schaften nicht gebracht. Der Entwurf desselben wurde, wie der Anwalt Schenck im Reichstage in der ersten Beratung hervorhob, in den genossen­ schaftlichen Kreisen freudig begrüßt, weil er Berechtigung, Bedeutung und Leistungen der deutschen Genossenschaftsbewegung in vollem Maße anerkannte, weil er bestrebt war, den wirklichen Bedürfnissen der Genossenschaften zu genügen und in der Tat eine Fortbildung des Genossenschaftsrechts enthielt. Tie von Schulze-Delitzsch gestellten Anträge und die Wünsche der Genossen­ schaften waren in großer Zahl berücksichtigt. Viele Bestimmungen wurden

24

Genossenschaftsgesetz.

als wesentliche Verbesserungen des Gesetzes vom 4. Juli 1868 auch von denen gewürdigt, die wie der Allgemeine Vereinstag zu Erfurt (1888) da­ neben eine Reihe von Bestimmungen als nicht vereinbar mit dem Wesen und der rechtlichen Stellung der Genossenschaften, ja als schädlich für ihre gedeihliche Fortentwicklung bezeichneten. Rechtliche und wirtschaftliche Natur der Genossenschaft sind bestimmend für die Anwendungsmöglichkeit der genossenschaftlichen Organisation?) Der Reichstag hat sich bei der Mehrzahl der streitigen Bestimmungen auf die Seite des Entwurfs gestellt, er hat mehrere wesentliche Verbesserungen desselben, aber auch einzelne Änderungen vorgenommen, die nicht als Ver­ besserungen anerkannt werden können. Wir wollen an dieser Stelle die drei wichtigsten Neuerungen des Gesetzes besprechen.

A. Die neue Ordnung der Haftpflicht der Genossen: die Zu­ lassung der Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht und die Bestimmungen über den Vollzug der Haftpflicht. 1. Die Haftpflicht?)

Schulze-Delitzsch wählte für die ersten Erwerbs- und Wirtschafts­ genossenschaften: Rohstoffassoziationen, die unbeschränkte Haftpflicht der Mit­ glieder, für den ersten Vorschußverein die beschränkte Haftpflicht. Der Vor­ schußverein in Eilenburg wurde von Dr. Bernhardt auf der unbeschränkten Haftpflicht errichtet, die sich so gut bewährte, daß Schulze-Delitzsch auch den Delitzschscher Vorschußverein entsprechend umgestaltete. Neuere Forschungen haben dies ergeben, entgegen der früheren Auffassung, daß auch der erste Schulze-Delitzschsche Vorschußverein bereits die unbeschränkte Haftpflicht be­ saß. Diese Haftart wurde nun ausschließlich benutzt. „Die Mitglieder waren in direkter, solidarischer und unbeschränkter, sogar prinzipaler Weise den Gläubigern verhaftet. Jeder einzelne Genosse konnte statt der Ge­ nossenschaft selbst sofort von den Gläubigern derselben in Anspruch genommen werden" (Begr. I. 46). Ein Vermögen der Genossenschaft, oder gar die Rechtspersönlichkeit derselben, wurde von der Rechtsprechung damals in der Regel nicht anerkannt. An diesem Rechtszustande änderte auch die Ein­ führung des Handelsgesetzbuchs nichts, denn dasselbe hatte die Ge­ nossenschaften unberücksichtigt gelassen, und die Form der offenen Handels­ gesellschaft eignete sich für dieselbe wegen ihres wechselnden Mitglieder­ bestandes nicht. Mit der Genossenschaftsgesetzgebung der Jahre 1867 und 1868 erlangten die Genossenschaften Rechtspersönlichkeit, sofern sie sich „unter das Gesetz stellten"; die allein zulässige Haftbasis blieb die unbeschränkte Solidarhaft mit der infolge des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit notwendig ge­ wordenen Abschwächung, daß der Gläubiger nur wegen des im Genossen2) Crüger, „Einführung in das deutsche Genossenschaftswesen" S. 26 ff., 352ff. 2) Vgl. Crüger, „Die Zulassung der Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht durch das Genossenschaftsgesetz vom 1. Mai 1889", in dem Archiv für öffentliches Recht (Freiburg i. Br. und Leipzig) 1894 E. 389—455; ferner die Aussätze in BlfG. 1892 Nr. 41, 1893 Nr. 13 und 15.

Einleitung.

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schastskonkurse erlittenen Ausfalls einen Genossen in Anspruch nehmen konnte, die Mitgliedschaft also aus einer Prinzipalen zu einer subsidiären bürgschaftsähnlichen Haftpflicht umgestaltet war (vgl. Vorbemerkung zu § 105). Hiervon abweichend war die Haftpflicht der Genossen in zwei deutschen Landesgesetzen geregelt, die kurz vor und nach dem Bundesgesetz erlassen waren. In dem sächsischen Gesetz vom 15. Mai 1868 war den Genossen­ schaften die Befugnis gegeben, in dem Statut die Art der Haftung der Mitglieder zu bestimmen, insbesondere die unbeschränkte oder direkte Hast auszuschließen. Durch das Gesetz vom 25. März 1874 wurden aber die auf die Genossenschaften bezüglichen Bestimmungen des Gesetzes aufgehoben. Das bayerische Genossenschaftsgesetz vom 29. April 1869 ließ neben den Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht, den eingetragenen Genossen­ schaften, die sogenannten „registrierten Gesellschaften mit beschränkter Haft­ pflicht" zu. Bei ihnen haften die Mitglieder nur mit einer bestimmten Einlage und wiederkehrenden Beiträgen bis zu einer bestimmten Höhe. Der Geschäftsanteil des ausgeschiedenen Mitgliedes „und das sonst demselben auf Grund des Gesellschaftsvertrages gebührende Guthaben" werden ihm erst nach Erlöschen der zweijährigen Haftung ausbezahlt?) Durch Gesetz vom 23. Juni 1873 ist das Gesetz außer Kraft getreten, an dem Fort­ bestand der in sehr geringer Zahl vorhandenen registrierten Gesellschaften mit beschränkter Haftpflicht (etwa 12 zurzeit) wurde jedoch hierdurch nichts geändert, und es ist dies auch durch das Gesetz vom 1. Mai 1889 nicht geschehen. In Deutschland gelangte das Prinzip der unbeschränkten Solidarhaft in der Gesetzgebung zur ausschließlichen Herrschaft, — nicht aber in irgend­ einem außerdeutschen Staate (Begr. I 48ff., II 34ff.). In England, wo bis 1862 die unbeschränkte Haftpflicht galt, wurde durch Gesetz vom 7. August 1862 die auf den Geschäftsanteil beschränkte Haftpflicht eingeführt. In Frankreich lassen die von den societes a Capital variable handelnden §§ 38—65 des Gesetzes vom 24. Juli 1867 in der Fassung des Ab­ änderungsgesetzes vom 1. August 1893 den Genossenschaften freie Wahl, Regel wurde in den Städten die auf den Geschäftsanteil beschränkte Haft­ pflicht, auf dem Lande die unbeschränkte Haftpflicht. Es gelten für die landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften zwei Spezialgesetze: Das Gesetz vom 5. November 1894 für die landwirtschaftlichen Darlehnskassen (caisses locales) und das Gesetz vom 31. März 1899 für die Provinzial- bzw. Zentralkassen (caisses regionales). Das italienische Gesetz vom 2.April 1882 hat die gleichen Grundsätze wie das französische. Es bildeten sich in Italien nur die ländlichen Darlehnskassen mit unbeschränkter Haftpflicht. Das belgische Gesetz vom 18. Mai 1873 geht prinzipaliter von der unbeschränkten Solidarhaft aus, überläßt es aber den Genossenschaften, im Statut eine andere Hastform zu bestimmen. Das gleiche ist der Fall nach dem portu­ giesischen Gesetze vom 2. Juli 1867, dem niederländischen Gesetze vom 17. November 1867, dem schweizerischen Bundesgesetze vom 14. Juni 1881. Das österreichische Gesetz vom 9. April 1873 sieht Genossenschaften mit unbeschränkter wie mit beschränkter Haftpflicht vor; bei

*) Art. 73—75 des Gesetzes vom 29. April, abgedruckt bei Parisius a. a. O. S. 429. Daselbst sind auch das sächsische und das österreichische Gesetz abgedruckt.

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Genossenschaftsgesetz.

letzterer haften die Mitglieder außer mit den Geschäftsguthaben noch persönlich mit einem statutarisch festgesetzten Betrage, der nicht niedriger als der Geschäftsanteil angenommen werden darf. In Deutschland fanden nach Erlaß des norddeutschen Gesetzes vom 4. Juli 1868 Schulze und seine genossenschaftlichen Freunde zunächst ihre Hauptaufgabe darin, die in Norddeutschland erzielte Rechtseinheit auch auf Süddeutschland auszudehnen und gleichzeitig die bestehenden Genossenschaften Norddeutschlands zu veranlassen, sich dem Gesetze zu unterstellen. Schwierig­ keiten erhoben vielfach die Konsumvereine, die, wenn sie nur gegen bar ver­ kauften, außer den ihnen überreichlich zufließenden freiwilligen Spareinlagen der Mitglieder, keines fremden Kapitals bedurften. Doch versöhnten sie sich mit der für sie bei redlicher Geschäftsführung ungefährlichen Solidarhaft, da sie als ein geringes Opfer erschien gegenüber dem großen Vorteil der Er­ langung der zum Ankauf eines eigenen Grundstücks und zur Prozeßführung kaum entbehrlichen Rechtspersönlichkeit. Etwas nachhaltiger war der Widerstand der beiden damals abseits der Schulzeschen Vereinigung stehenden Konsumvereinsverbände irrt Geltungs­ bereich des sächsischen und des bayrischen Gesetzes, beziehungsweise außerhalb des Bereichs des norddeutschen Gesetzes, des sächsischen und des süd­ deutschen Verbandes?) Verstärkt wurden die Schwierigkeiten durch einen Beschluß des deutschen Juristentages vom August 1869. Auf einen Antrag von Professor Goldschmidt erklärte er zwar für wünschenswert, daß für die Verpflichtungen der Genossenschaft jeder einzelne Genosse solidarisch und mit seinem ganzen Vermögen einstehe, es stehe jedoch prinzipiell der Bildung von Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht und freiem Austritt der Genossen nichts entgegen, sofern dafür Sorge getragen werde, daß dem Genossenschafts­ gläubiger ein jederzeit bestimmtes und bekanntes Minimumkapital haftet. Der Krieg von 1870/1871 brachte mit der deutschen Einigung auch das gemeinsame deutsche Genossenschaftsrecht durch Ausdehnung des norddeutschen Gesetzes vom 4. Juli 1868 auf Süddeutschland. Vom 1. August 1873 an konnten sich in Deutschland nur Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht bilden. In den nächsten Jahren befestigte sich in- und außerhalb der genossenschaftlichen Kreise die Meinung, daß die unbeschränkte Solidarhaft die notwendige und ausschließliche Grundlage der Erwerbs- und Wirtschafts­ genossenschaften sein müsse. Erst sehr allmählich vollzog sich ein Umschwung in den Anschauungen. Es wirkten dahin vornehmlich die Zusammenbrüche großer Kreditgenossen­ schaften, bei denen die Mitglieder aus der Solidarhaft in Anspruch genommen wurden. Zwar war, wie noch der Allgemeine Vereinstag in Stuttgart (1879) erklärte, aus den bei einzelnen Genossenschaften vorgekommenen schweren Un­ fällen kein Grund zur Änderung der Überzeugung herzuleiten, „da diese Un­ fälle lediglich durch Vernachlässigung der im Gesetz selbst gegen die Gefahren *) Über die Beschlüsse dieser Verbände vom Mai 1869 und deren Bedeutung sind richtigstellende Mitteilungen S. 270 und 277 der BlfG. 1886 in dem Aussatze von Parisius: Zur Frage der Zulassung von Genossenschaften mit beschränkter Haft Nr. 44—48 zu finden. Vgl. ferner Parisius in Nr. 39—42 BlsG. 1886: „Der deutsche Juristentag und die beschränkte Haft der Mitglieder eingetragener Genossen­ schaften".

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der Solidarhaft gegebenen Schutzmittel, sowie durch ein den ersten Grund­ sätzen geordneter Geschäftsführung widersprechendes Gebühren und Nicht­ beachtung aller Warnungen und Ratschläge entstanden", allein durch Resolu­ tionen läßt sich das Mißtrauen nicht beseitigen. In der Tat haben Zu­ sammenbrüche „in einzelnen Fällen den Charakter wahrer Kalamitäten für die davon betroffenen Bezirke angenommen, Vertrauen und Sicherheit im gewerblichen Verkehr untergraben und denselben ernstlich geschädigt. Nicht bloß der Umfang der vom Einzelnen zu tragenden Verluste, sondern nament­ lich die Unbestimmtheit und Unübersehbarkeit derselben und die andauernde Besorgnis, aus der Zahl der Genossen von den Gläubigern allein heraus­ gerissen zu werden, haben hierbei verderblich gewirkt. Die weniger Gewissen­ haften begannen durch Scheingeschäste und betrügliche Vermögensübertragungen sich der bevorstehenden Inanspruchnahme zu entziehen, und schließlich unter­ lagen auch die Pflichtbewußteren, nunmehr doppelt gefährdet, nicht selten der Versuchung zu ähnlichen Manipulationen" (Begr. I 55, II 38). Daß solche Mißstände Wohlhabende von der Beteiligung an Genossen­ schaften abschrecken mußten, ist nicht zu verwundern. Da nun in der Tat auch ganze Klassen von Genossenschaften (Konsumvereine, Werkgenossenschaften, Magazinvereine) nur wenig Kredit bedurften, und da ferner sich durch die allmähliche Beteiligung der Landwirtschaft an der genossenschaftlichen Bewegung neue Bahnen für dieselben eröffneten, so war es nicht gerechtfertigt, dagegen zu opponieren, wenn neben den Genossenschaften mit unbeschränkter Solidar­ haft auch Genossenschaften mit beschränkter Solidarhaft in Nachahmung des österreichischen Gesetzes zugelassen wurden Schon auf dem Vereinstage zu Altona (im August 1880) hatte SchulzeDelitzsch einen Ausspruch beantragt, wonach es unter Umständen für zulässig zu erachten, daß „neben den nach wie vor nur auf der unbeschränkten Solidar­ haft beruhenden Genossenschaften noch eine zweite Klasse ebenfalls mit solidarer persönlicher, aber durch eine bestimmte Summe für jeden einzelnen Genossen begrenzter Haft zugelassen werden könne". Als nun am 29. April 1881 Freiherr v. Mirbach im Reichstag einen von sämtlichen Mitgliedern der deutschkonservativen Fraktion unterstützten Antrag einbrachte, welcher eine den Bestimmungen des österreichischen Gesetzes nachgebildete Zusatznovelle betreffend Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht enthielt, trat Schulze dem An­ trage keineswegs entgegen, sondern veranlaßte den Antragsteller, daran einige notwendige Verbesserungen vorzunehmen, namentlich eine dem Wesen und Zweck der Genossenschaften widerstreitende Bestimmung, wonach die Haftbeträge deponiert werden sollten, zu beseitigen. Schulze besprach in seiner letzten Schrift „Material zur Revision des Genossenschaftsgesetzes" (1883) den Antrag Mirbach. Stets habe er auf das entschiedenste bekämpft die Beschränkung der Hast auf die Geschäftsanteile, welche die Genossenschafter jederzeit beim Austritt zurückziehen könnten, so daß überhaupt die Gläubiger das Nachsehen hätten. Dem werde entschieden auf dem Wege der beschränkten Garantiehaft vorgebeugt, für welche zuerst Professor Goldschmidt auf dem deutschen Juristentage zu Heidelberg (Ende August 1869) aufgetreten sei. Und so handle es sich für ihn nicht um das Aufgeben einer alten Gegnerschaft. „So entschieden wir in den 50er und 60er Jahren bei Beginn der Bewegung durch die wirtschaftliche

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und Vermögenslage der Beteiligten an die unbeschränkte Hast gebunden waren und von der Gesetzgebung nichts anderes zu erwarten stand, so ent­ schieden drängt die ganze Entwicklung der letzten Jahre zur Zulassung der beschränkten Haft als einer gewissen Konsequenz hin." Im einzelnen trat Schulze den vom Professor Goldschmidt in seiner Ende 1881 erschienenen Schrift für das Gesetz formulierten Hauptpunkten bei. Äußere Unterscheidbarkeit der neuen Genossenschaften, Publizität des Haftungsbetrages, Haftung jedes Genossen mit einer dem Geschäftsanteil mindestens gleichkommenden Garantiesumme, subsidiäre Gestaltung der gesetz­ lichen Garantiehaft, Garantiehaft als modifiziert solidare Haftbarkeit, Unzu­ lässigkeit der Kündigung der Geschäftsanteile waren die wesentlichsten Erforder­ nisse, welche Goldschmidt und mit ihm Schulze-Delitzsch an die Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht stellten. Das neue Gesetz ist diesen Anforderungen durchweg nachgekommen. Nach demselben gelten im allgemeinen die gleichen Bestimmungen für Genossen­ schaften mit unbeschränkter und beschränkter Haftpflicht. Es enthalten nur die §§ 119—123 Sonderbestimmungen für die erstere und §§ 131—142 solche für die letztere Gattung. Bei den Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht ist die Haftung nicht bloß auf das Geschäftsguthaben beschränkt, sondern der Genosse hat darüber hinaus noch mit der „Haftsumme" für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft einzustehen. Diese Haftsumme muß durch das Statut bestimmt werden und darf nicht niedriger als der Geschäftsanteil sein (§ 131). Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Genossenschaftsarten liegt also darin, daß bei der „unbeschränkten Haftpflicht" der Genosse eventuell persönlich mit seinem ganzen Vermögen für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften muß, während bei der Genossenschaft mit „beschränkter Haftpflicht" diese persön­ liche Haftpflicht eine begrenzte ist. Besonderheiten der Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht sind hauptsächlich, daß a) das Statut den Erwerb mehrerer Geschäftsanteile gestatten darf (§ 134), wobei sich aber die persönliche Haftung mit dem Erwerb jedes weiteren Geschäftsanteils auf das der Zahl der Geschäftsanteile entsprechende Vielfache der Haftsumme erhöht (§ 135); b) das Konkursverfahren auch bei bestehender Genossenschaft außer dem Falle der Zahlungsunfähigkeit in dem Falle der Überschuldung stattfindet, sofern diese ein Viertel des Betrages der Haftsummen aller Genossen über­ steigt (§ 140). Die Folgen der Zulassung der Genossenschaften mit beschränkter Haft­ pflicht sind für die Genossenschaftsbewegung ganz außerordentliche gewesen. Nicht zu verkennen ist, daß die Zulassung von Genossenschaften mit be­ schränkter Haftpflicht für die Entwicklung solcher Genossenschaften, welche der unbeschränkten Haftpflicht der Mitglieder für die Befriedigung des Kredit­ bedürfnisses der Genossenschaft entbehren können, von großer Bedeutung ge­ worden ist und wesentlich zu deren Ausbreitung und Entwicklung beigetragen hat, so z. B. für Konsumvereine und Baugenossenschaften; andererseits hat die Zulassung dieser Haftart zu Gründungen der allerzweifelhastestev Natur geführt, es sind Genossenschaften mit lächerlich geringen Geschäftsanteilen und

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Haftsummen begründet, die nach dem Statut die weitgehendsten wirtschaft­ lichen Aufgaben verfolgen, daneben sind Genossenschaften gebildet mit kleinsten Geschäftsanteilen und außerordentlich großer Haftsumme, die offensichtlich im umgekehrten Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Mitglieder steht. Würde da jemand die zulässige Höchstzahl der Geschäftsanteile übernehmen, so würde seine Haftsumme sich vielleicht auf eine volle Million Mark berechnen. Die statistischen Veröffentlichungen über Geschäftsanteile und Haftsummen bieten hierüber wichtiges Material?) Es ist heute, da die Möglichkeit besteht, sich der Genossenschaft mit be­ schränkter Haftpflicht zu bedienen, natürlich schwieriger für Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht, Mitglieder zu gewinnen, als zu der Zeit, in der dies die einzig zulässige Haftart war. Die Versuchung ist groß, auch dort zur beschränkten Haftpflicht zu greifen, wo eine breite Kreditbasis der Genossenschaft notwendig ist. Bei jenen Genossenschaften, wie z. B. den Kreditgenossenschaften, die auf einen großen Kredit angewiesen sind, ist die unbeschränkte Haftpflicht noch immer bei weitem die bevorzugte Haftart. Von 17092 Kreditgenossenschaften entfallen 15007 auf die unbeschränkte Haftpflicht (und Nachschußpflicht) und 2085 auf die beschränkte Haftpflicht. Dies wird ge­ flissentlich übersehen, wo man schon auf die Existenz einer Genossenschaft glaubt Gewicht legen zu müssen. Versagt dann diese Kreditbasis, so kommen die „Genossenschafter" zu dem Schluß, daß die „Selbsthilfe" keinen gang­ baren Weg darstelle, während doch tatsächlich nur eine falsche Kreditgrund­ lage gewählt ist. Jedenfalls zeigt die Gestaltung des Genossenschaftswesens, wie richtig Schulze-Delitzsch gehandelt hat, als er für die ersten Jahrzehnte der Genossenschaftsbewegung an der alleinigen Zulassung der unbeschränkten Haftpflicht festhielt. Nur auf dieser Grundlage war die einheitliche starke Gestaltung des Genossenschaftswesens möglich, die das Fundament für das heutige Genossenschastsgebäude abgegeben hat. Man mag heute mit Genug­ tuung hinweisen auf den Bestand von 30000 Genossenschaften, nicht immer ist die Gründung Beweis für die Betätigung genossenschaftlichen Sinns und Denkens, denn wenn die Mitglieder nur eine unbedeutende Haft zu übernehmen haben, Einrichtungskosten und Betriebsgelder vom Staate hergegeben werden, dann ist es leicht, Genossen­ schaften zu gründen. Das letzte Jahrzehnt stellt eine Hochflut auf dem Gebiete des Genossenschaftswesens dar (vgl. die Vorworte in den Jahr­ büchern des Allgemeinen deutschen Genossenschaftsverbandes für 1901 u. ff.), beeinflußt durch die staatliche Förderung, die zur Gründung von Tausenden von Genossenschaften geführt hat- und beeinflußt ferner durch übertriebene Zentralisationsbestrebungen; der innere Wert dieser Gründungen ist in der Regel ein sehr geringer.

2. Der Hastvollzug. Die Vorschriften des Gesetzes vom 4. Juli 1868 über den Haftvollzug, die Geltendmachung der Haftpflicht (vgl. die Darstellung der geschichtlichen Entwicklung derselben in der Vorbemerkung zu § 105) hatten sich „als der x) Verhandlungen des Allgemeinen Genossenschaftstages, Bad Nauheim (1910) „Mitteilungen" S. 186 ff.

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Verbesserung dringend bedürftig erwiesen. Die für die Verwirklichung der Haftpflicht gegebenen Formen und Mittel genügten weder, um die Interessen der Gläubiger, noch um diejenigen der Genossen zu wahren" (Begr. II S. 40), Bis zur Vorlegung des neuen Entwurfs fanden die auch vom Professor Goldschmidt gebilligten Vorschläge Schutzes allseitige Zustimmung der Ge­ nossenschaften. Schulze wollte zunächst das Vorverfahren des § 48 zur Abwendung des Konkurses durch Einführung eines durch die Liquidatoren zu bewirkenden Umlageversahrens behufs Verteilung der von einzelnen Ge­ nossen zur Deckung des Fehlbetrags eingezahlten Beträge vervollständigen und sodann der Generalversammlung das Recht geben, in jeder Lage des Konkurses ein Umlageverfahren zur völligen oder teilweisen Deckung der Ausfälle der Gläubiger zu beschließen. Ein entsprechender Antrag ist in der Reichstagskommission abgelehnt (vgl. Vorbemerkung zu § 98). Bei diesen und anderen von ihm vorgeschlagenen Verbesserungen des Umlageverfahrens hielt Schulze-Delitzsch für unbedenklich, den Gläubigern, deren Befriedigung gesichert sei, das Vorgehen gegen den Einzelnen, den Einzelangriff, zu entziehen. Auf den Fortfall des Einzelangriffs legte Schulze großen Wert zur Beseitigung „der unsäglichen Härten und Verwirrungen", die entstehen, wenn „der einzelne Herausgegriffene seinerseits auf Hunderte, ja Tausende von Regreßprozessen zu anteiliger Wiedereinziehung des für alle gemachten Verlags angewiesen ist". Die Schwierigkeiten, welche bei Beseitigung des Einzelangriffs sich für die Haftpflicht der ausgeschiedenen Mitglieder ergeben, die für alle bis zu ihrem Ausscheiden von der Genossenschaft eingegangenen Verbindlichkeiten bis zum Ablauf der Verjährung gleich den übrigen Genossen haftbar sind, kamen bei Schulze weniger in Betracht, weil er annahm, daß die ausgeschiedenen Genossen schon nach dem Gesetze von 1868 wegen der bei ihrem Ausscheiden vorhandenen Schulden am Umlageverfahren gleich den übrigen zu beteiligen seien, ohne einen Rückgriff an die Genossenschaft oder die Genossen zu haben?) Der neue Entwurf brachte für Genossenschaften mit unbeschränkter und mit beschränkter Haftpflicht das gleiche Verfahren in Vorschlag. In der Be­ gründung (II, S. 40) heißt es: „Der Hauptmangel des jetzigen Gesetzes liegt in dem Zeitpunkt, in welchem das sogenannte Umlageversahren eingUeitet wird Dasselbe tritt erst am Ende des Kon­ kurses, „wenn der Swlußverteilungcplan feststeht", also säst gleichzeitig mit der Zu­ lassung des direkten Einzelangriffs ein. und während der ganzen Dauer des Konkurs­ verfahrens geschieht nichts zur Deckung des Deffzits, nichts, um dem Zugriff der Gläubiger zuvorzukommen. Das neue Gesetz hat vor allem dafür zu sorgen, daß das zur Aufbringung der erforderlichen Beiträge dienende Verfuhren unverzüglich nach der Eröffnung des Konkurses beginne. In diesem Zeitpunkt ist zwar der schließliche Ausfall der Gläubiger und daher der Betrag, welchen jtber Genosse nach­ zuschießen hat, noch nicht genau zu übersehen. Aber als Grundlage für das auszu­ bringende Defizit kann zunächst die Bilanz des Konkursverwalters dienen, und es kann aus Grund einer vorläufigen Berechnung (Vorschubberechnung) von den Mitgliedern

0 Gegen die entgegengesetzte Ansicht von v. Sicherer und Parisius schrieb er den Aufsatz: Die Heranziehung ausgeschiedener Genossenschafter zur Deckung der Schulden einer eingetragenen Genossenschaft in „Streitfragen im deutschen Genoffenschaftsrecht" (Leipzig 1880), S. 28—42. Das Reichsgericht trat ihm aber nicht bei.

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die Einziehung der Beiträge, erforderlichenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung, er­ folgen. Auch sind schon in diesem Stadium des Verfahrens die uneinbringlichen Bei­ träge unter die zahlungsfähigen Genossen zu verteilen und von ihnen beizutreiben. Sobald dann feststeht, welche Gläubiger im Konkurse berücksichtigt werden, und welchen Betrag der Ausfall erreicht, den sie erleiden, muß durch eine definitive Berechnung (Nachschutzberechnung) der endgültige Betrag der von den Genossen zu leistenden Nachschüsse festgestellt, und ferner unverzüglich aus den vorgeschossenen und eventuell noch weiter einzuziehenden Beträgen die Befriedigung der Gläubiger herbeigeführt werden. Um den Gläubigern die ihnen zuzubilligende Einwirkung auf die Feststellung und Einziehung der von den Genossen zu leistenden Vertrage zu sichern, darf das Verfahren nicht wie bisher dem Vorstände, unabhängig vom Konkursverwalter, sondern must dem letzteren übertragen werden, unter der Beaufsichtigung des Konkursgerichts und Mitwirkung der Gläubiger in den durch die Konkursordnung gegebenen Schranken."

Die Nachschußpflicht wurde „als eine selbständige Verbindlichkeit der Genossen gegenüber der Genossenschaft und demnach der Anspruch auf die Nachschüsse als ein Bestandteil des Vermögens derselben behandelt, der aller­ dings in seiner Entstehung durch den Eintritt des Konkurses bedingt und in seinem Umfang durch dessen Ausgang begrenzt erscheint". Das Nachschußverfahren wurde nun ein selbständiger und besonders geordneter Teil des Konkursverfahrens. Der direkte Angriff des Gläubigers gegen den einzelnen Genossen wurde aufrechterhalten, aber erst in einem Zeitpunkt zugelassen, zu welchem bei ordnungsmäßiger Durchführung des Vorschuß- und Nachschußverfahrens die Befriedigung der Gläubiger in der Hauptsache erfolgt sein muß. Der Ge­ nosse, der einen Gläubiger befriedigen mußte, tritt sofort in dessen Rechte, braucht keinerlei Regreßprozesse anzustellen, sondern macht seine Rechte in dem bis zu seiner vollen Befriedigung durchzuführenden Nachschußverfahren geltend. Der Einzelangriff wurde für notwendig erachtet, weil die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß auch ein verbessertes Nachschußverfahren zur Befriedigung der Gläubiger nicht führt, obgleich leistungsfähige Genossen vor­ handen sind; falls eine Anzahl derselben es versteht, sich ihrer Beilrags­ pflicht zu entziehen, müsse dem einzelnen Gläubiger die Wahrung seiner Rechte selbst in die Hand gegeben werden, außerdem sei es nur in dieser Farm möglich, die subsidiäre Heranziehung der ausgeschiedenen Genossen zur Zahlung älterer Genossenschaftsschulden richtig durchzuführen, da für sie im Nachschußverfahren kein Platz sei. Nach der Veröffentlichung des Entwurfs entstand unter den Genossen­ schaften über die Frage der Beibehaltung oder des gänzlichen Fortfalls des Einzelangriffs eine lebhafte Bewegung/) die schließlich in Petitionen, Auf­ sätzen, Broschüren zum Ausdruck gelangte. In den Verhandlungen der Reichstagskommission nahmen die ErSchulze-Delitzsch, „Material zur Revision" usw. S. 98 ff., 38ff.; Goldschmidt, „Erwerbs- und Wir'schaftsgenossenschaften" 2).

Diesen Ausführungen trugen nun neue Anträge Rechnung. Allein dieselben wurden in der ersten Lesung der Kommissionen mit 13 gegen 12 Stimmen abgelehnt. Vor der zweiten Lesung aber kam ein Kompromiß zwischen Kommissionsmitgliedern aus vier politischen Parteien zustande, dessen Ergebnis die Abänderungsanträge (Nr. 47 der Kommissionsdrucksachen) der Abgg. Dr. v. Cuny, vr. Enneceerus, Gamp, Hegel, Freiherr v. Huene, v. Massow vom 5. März 1889 darstellen. Für diese Abänderungsanträge war von vornherein eine große Mehrheit gesichert. Die Kommission schloß sich nun dem Grundgedanken der in der ersten Lesung gestellten Ver­ mittlungsanträge an, nahm int § 2 eine dritte Genossenschaftsart „die ein­ getragene Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschubpflicht" auf und fügte mit Bezug hierauf der zweiten Unterabteilung des Abschnitt 8 „Besondere Bestimmungen für Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht" ein. Für diese Genossenschaftsart gibt es keinen Einzelangrifs mehr. Der Kommissionsbericht erläutert ausführlich Art und Umfang der Heranziehung der ausgeschiedenen Genossen (S. 54): „Durch die nach § 71 des Entwurfs vorgeschriebene Auseinandersetzung des ausgeschiedenen Genossen mit der Genossenschaft tft der ausgeschiedene Genosse der Genossenschaft und den in derselben verbliebenen Genossen gegenüber seiner Verpflichtung zur Tilgung der Schulden der Genossenschaft beizutragen, an und für sich nachgekommen. Wenn dessenungeachtet die Kommission bei den Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschubpflicht die ausgeschiedenen Genossen im § 122 der Nachschubpflicht unter­ worfen hat, so ließ sich dies durch die gleichzeitige Bestimmung im § 124 rechtfertigen, nach welcher den Ausgeschiedenen die von ihnen geleisteten Beiträge aus den Nach­ schüssen der in der Genossenschaft verbliebenen Genossen zu erstatten sind. Nur mit diesem Vorbehalt und nur subsidiär erscheine die Heranziehung der Ausgeschiedenen seitens der Genossenschaft zulässig; aber so beschrankt rechtfertige sie sich, weil die nach verhältnismäßig kurzer Zeit eingetretene Konkurseröffnung die Annahme begründe, daß

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die Auseinandersetzung auf Grund der Bilanz unzureichend gewesen sei. Bezüglich des Umfangs einer Heranziehung des Ausgeschiedenen zur Nachschubpflicht waren in der Kommission zwei Wege vorgeschlagen worden: nach dem einen sollten die aus­ geschiedenen Genossen, sofern sie in den letzten zwei Jahren vor der Eröffnung des Konkursverfahrens ausgeschieden waren, alsdann aber nur wegen der bis zu dem Zeitpunkte ihres Ausscheidens von der Genossenschaft eingegangenen Ver­ bindlichkeiten, der Nachschubpflicht unterliegen; der andere Vorschlag unterwirft ihr da­ gegen nur diejenigen ausgeschiedenen Genossen, deren Ausscheiden innerhalb der Letzten 18 Monate vor der Konkurseröffnung erfolgt ist, diese aber ohne Unter­ scheidung, ob die Verbindlichkeiten vor oder nach dem Ausscheiden ent­ standen sind. Der erstere Weg ist scheinbar billiger, aber wegen der oft schwierigen Unterscheidung zwischen alten und neuen Schulden und der damit verknüpften Streitigkeiten weniger gangbar; der zweite Weg empfiehlt sich durch seine Folgerichtig­ keit, da die Genossen bet der neuen Form in keinerlei Beziehung zu den Gläubigern stehen, namentlich aber durch feine Einfachheit und leichte praktische Durchführbarkeit. Die Kommission gab dem letzteren Wege den Vorzug, indem sie zugleich erwog, dab der Vorteil, welcher betn Ausgeschiedenen aus der Beschränkung seiner Haftpflicht auf die vor seinem Ausscheiden eingegangenen Verbindlichkeiten erwächst, dadurch wieder an Wert verliere, dab er eine Einwirkung auf den Fortbestand der alten Schulden oder eine Veränderung in dem Schuldenstande nicht habe, ihm auch die gesamte Ver­ schlechterung, welche die Aktivmasse nach seinem Austritt erleidet, zur Last falle."

In der zweiten Beratung des Reichstags (25. März 1889) fand über § 2 und die neue dritte Art der Genossenschaften eine eingehende Erörterung statt. Es lag ein Antrag der Abgg. Schenck, Baumbach und Genossen auf Beseitigung der Bestimmungen über die Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht vor?) Allein das in der Kommission geschlossene Kompromiß wurde im Plenum von den beteiligten Parteien (den Deutschkonservativen, der deutschen Reichspartei, dem Zentrum und den Nationalliberalen) aufrechterhalten und die Einfügung der dritten Art Genossenschaften mit großer Mehrheit beschlossen. Zwischen der nunmehr gesetzlich eingeführten dritten Art Genossenschaft und der Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht ist während ihres Be­ stehens, abgesehen von der Verschiedenheit der Firmen und der Beitritts­ erklärung, gar kein Unterschied, ebensowenig nach der Auflösung, ausgenommen wenn diese durch Eröffnung des Konkurses erfolgt. Aber auch der Verlauf *) Stenographische Berichte S. 1020—1035. Der Abg. Anwalt Schenck be­ gründete den Antrag auf Beseitigung der betreffenden Bestimmungen. Niemand habe eine Ahnung gehabt, daß ein Bedürfnis zu einer dritten Art Genossenschaft vorhanden fei. Die Bezeichnung entspreche dem Wesen dieser Genossenschaften nicht. Die G. mit unbeschr. Nachschußpflicht sei ebenfalls eine G. mit unbeschr. Haftbarkeit der Genossen, und die G. mit unbeschr. Haftpflicht sei ebenso eine G. mit unbeschr. Nachschußpflicht, wie die neue Genossenschaft. Diese sei offenbar der Absicht entsprungen, die Be­ unruhigung zu beseitigen und den Forderungen derjenigen G. zu entsprechen, welche die Beseitigung des Einzelangriffs gewollt haben. Diese aber würden nicht zufrieden­ gestellt. Schenck wandte sich sodann gegen die Bestimmung, daß die Ausscheidenden noch 18 Monate lang für alle nach ihrem Ausscheiden eingegangenen Forderungen zu haften haben. Außer Schenck sprach in gleichem Sinne der Abg. Baumbach. Die Vertretung der Kommissionsbeschlüsse übernahmen als Gegner des Einzelangriffs Enneceerus, v. Buol-Berenberg, Gamp, v.'Cuuy, v. Rheinbaben, während ihre Be­ teiligung am Kompromiß gewissermaßen entschuldigten die Abgg. Hegel, v. Huene, Graf Mirbach. ParislUs-Crüger, Genosscnschastsgesetz. 7 Au fl.

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des Konkurses bietet bis zur Aufstellung der Nachschußberechnung keinerlei Abweichung. Nur in dem einzigen Falle, daß im Konkurse drei Monate nach der für vollstreckbar erklärten Nachschußberechnung die Konkursgläubiger noch nicht vollständig befriedigt sein sollten, tritt ein verschiedenes Verfahren ein. Für diesen Fall darf in der Genossenschaft mit unbeschränkter Haft­ pflicht ein jeder Gläubiger wegen des noch nicht getilgten Restes seiner Forderung sofort einen einzelnen Genossen im gewöhnlichen Prozesse direkt angreifen, sowie nach weiteren drei Monaten (sechs Monate nach der Vollstreckbarkeitserklärung der Nachschußberechnung) auch jeden in den letzten zwei Jahren ausgeschiedenen Genossen, soweit es sich um eine bis zu dessen Ausscheiden eingegangene Verbindlichkeit der Genossenschaft handelt. Dahingegen muß in der Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht auf Grund einer aufzustellenden besonderen Berechnung von den innerhalb der letzten achtzehn Monate vor der Eröffnung des Konkurses ausgeschiedenen Genossen die gesamte Restforderung aller Gläubiger, gleichviel ob die Ver­ bindlichkeit vor oder nach dem Ausscheiden der einzelnen eingegangen ist, im Umlageversahren beigetrieben werden. In beiden Arten Genossenschaften geht daneben die Einziehung der Nachschüsse von den in der Genossenschaft verbliebenen Genossen auf Grund der Nachschußberechnung ohne Aufenthalt unverändert fort, und erhalten die ausgeschiedenen Genossen die von ihnen gezahlten Beträge aus den Nachschüssen erstattet. Gegen die rechtliche Konstruktion dieser Genossenschaftsart läßt sich nichts einwenden. Die Haftpflicht ist bei ihr eine rein indirekte, „die bloße Deckungspflicht" (Goldschmidt a. a. O. S. 41) geworden. Die „Umwandlung" einer Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht in eine solche mit un­ beschränkter Nachschußpflicht kann sich nur auf dem Wege des § 137 des Gesetzes vollziehen, also unter den für den Fall, daß die Genossenschaft ihre Haftpflicht herabgemindert, zur Sicherung der Gläubiger gegebenen Kautelen. Auch die Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht beruht auf der unbeschränkten Haftpflicht. Der Genosse hat mit seinem ganzen Vermögen für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft einzutreten, die Ver­ schiedenheit der Art der Geltendmachung dieser Haftpflicht wirkt aber geradezu bestimmend rückwärts auf den Umfang derselben, so daß die unbeschränkte Haftpflicht bei den beiden Genossenschaftsarten dadurch eine ungleichwertige wird. Die Erfahrung hat ergeben, daß die eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht keinen Einfluß auf die Entwicklung des deutschen Genossenschaftswesens geübt hat. Auf den Vereinstagen in Königsberg (Allg. Verband)/) Frankfurt (Neuwieder Verband), Hildes­ heim (Darmstädter Verband) ist ihr von den genossenschaftlichen Praktikern, *) Die Petition der Genossenschaften gegen den Einzelangriff war von den Vereinsdirektvren Matthies - Stralsund und Werner-Berlin und dem Verbands­ direktor Morgenstern-Breslau ausgegangen. Diese erklärten bei der Besprechung des Genossenschaftsgesetzes in Königsberg am 27. August 4889 die Genossenschaft mit un­ beschrankter Nachschubpflicht in der gegenwärtigen Form für unbrauchbar. Im Laufe der Debatte konstatierte Parisius die allgemeine Übereinstimmung in der Be­ urteilung dieser Genossenschaft, wie sie im neuen Gesetz konstruiert ist: auch die Gegner des Fortbestandes des Einzelangriffs hielten sie für völlig ungeeignet und widerrieten deshalb den Übergang zu dieser Haftform.

Einleitung.

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auch von denen, die sich lebhaft für Beseitigung des Einzelangriffs interessiert hatten, die Lebensfähigkeit abgesprochen. Wenn Birkenbihl in seiner Be­ arbeitung des Maurerschen Kommentars S. 47 die Zulassung der dritten Genossenschastsform, „für eine glückliche Lösung derzeitiger Schwierigkeiten" hält und der Ansicht ist, daß sie auch fernerhin zu einer segensreichen Weiterentwicklung des Genossenschaftswesens die geeignete Handhabe bieten wird, so läßt er die Erfahrungen völlig unberücksichtigt. Über die Voraussetzung des Einzelangriffs bei den Genossen­ schaften mit unbeschränkter Haftpflicht gegen die ausgeschiedenen Genossen vgl. § 125 (für Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht § 141), über die Haftpflicht der ausgeschiedenen Genossen bei den Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht § 128.-------Auch die Natur der persönlichen Haftpflicht hat unter dem jetzigen Gesetze einen zum Teil anderen Charakter erhalten. Vor der Genossenschaftsgesetzgebung war die persönliche Haftpflicht die Folge der dem sog. „Vorstande" der Genossenschaft erteilten Voll­ macht. Unter dem Gesetze vom 4. Juli 1868 hatte sie einen bürgschafts­ artigen Charakter angenommen, sie war „eine im Wesen der Genossen­ schaft begründete gesetzliche Garantieverpflichtung nach Art der Schadlosbürg­ schaft"; vgl. bei Goldschmidt a. a. O. S. 60 die zutreffende Widerlegung anderer Konstruktionen. Das Umlageverfahren hatte auf die Beurteilung der rechtlichen Seite der persönlichen Haftpflicht keinen Einfluß, denn, wenn es auch den Zweck hatte, die Gläubiger zu befriedigen, so war es doch wesentlich nur eine Regelung der Regreßrechte der Genossen unter­ einander. Begründet ist die persönliche Haftpflicht auch nach dem neuen Gesetze in dem Wesen der Genossenschaft, deren Kredit anders als der der Kapital­ gesellschaften zunächst regelmäßig nicht auf einem Kapitalsonds, sondern auf der persönlichen Haftpflicht der Mitglieder beruht. Jeder, welcher der Genossenschaft beitritt, übernimmt mit diesem Beitritt die Haftung für deren Verbindlichkeiten. Während nun aber diese Haftpflicht nach dem Gesetze von 1868 nur den Gläubigern gegenüber galt, besteht sie infolge der veränderten Kon­ struktion des Nachschußversahrens auch der Genossenschaft und bei der Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht sogar nur der Genossen­ schaft gegenüber.*) Soweit die persönliche Haftpflicht in den Nachschüssen bzw. in der Zubuße bei dem Ausscheiden zum Ausdruck kommt, fehlt ihr der bürgschaftsartige Charakter, denn diese Verpflichtung hat einen selbst­ ständigen Charakter, und sie besteht nicht den Gläubigern gegenüber, wenn sie auch zu deren Befriedigung schließlich dienen soll. Auch dies letztere braucht nicht immer der Fall zu sein, wie z. B. bei der Leistung des aus­ geschiedenen Genossen. Daß die persönliche Haftpflicht gewissermaßen auch zu dem Genossenschaftsvermögen zu rechnen ist, folgt auch aus der Vorschrift in § 140, nach welcher zur Feststellung der Überschuldung die Haftsummen in Betracht zu ziehen sind. Es ist zu unterscheiden: 0 Über die abweichende Ansicht Maurers, betreffend die Konstruktion der Nach­ schußpflicht, vgl. §§ 73, 105.

36

Genossenschaftsgesetz.

a) die Haftung der Genossenschaft gegenüber, b) dem Gläubiger gegenüber. Die erste ist bei allen drei Genossenschaftsarten vorhanden, sie ist nur in ihrem Umfange verschieden: bei den Genossenschaften „mit unbeschränkter Haftpflicht" und bei denen „mit unbeschränkter Nachschußpflicht" unbeschränkt, — bei den Genossenschaften „mit beschränkter Haftpflicht" durch die Haft­ summe beschränkt. Die Nachschußpflicht ist in diesen Fällen nichts anderes, als die jedem Genossen obliegende gesetzliche Verpflichtung, Beiträge an die Genossenschaft zu leisten, sie hat keinen anderen Charakter wie die Verpflichtung, Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zu machen, nur daß sie erst subsidiär eintritt und daß sie von bestimmten Voraussetzungen abhängt: vom Aus­ scheiden und vom Konkurs. Bei den Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht hat der Genosse nur diese Nachschußpflicht, er tritt zu den Gläubigern der Genossen­ schaft durch den Beitritt in keine rechtliche Beziehung, dafür muß er aber auch die Haftung für diejenigen Verbindlichkeiten übernehmen, die noch inner­ halb 18 Monaten nach seinem Austritt eingegangen sind, falls in dieser Zeit der Konkurs über die Genossenschaft eröffnet ist. Bei den Genossenschaften mit unbeschränkter und beschränkter Haftpflicht übernimmt der Genosse, wenn es innerhalb zweier Jahre nach seinem Aus­ scheiden zum Konkurse kommt, für die vis zu seinem Austritt eingegangenen Verpflichtungen noch eine weitere subsidiäre Garantiehaft dem Gläubiger gegenüber. Bei den Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht ist diese Garantiehaft durch die Haftsumme begrenzt. Diese Garantiehaft, gleich­ falls im Gesetze begründet, hat den bürgschaftsartigen Charakter behalten, der ihr nach dem Gesetze von 1868 innewohnte, sie hat infolge des umgestalteten Nachschußverfahrens aber einen weit ausgeprägteren subsidiären Charakter bekommen (§§ 122, 125, 141). Über die Folgen der Auflösung der Genossenschaft bei allen drei Arten vgl. § 75, § 128.

B. Die Revision. Der vierte Abschnitt des Gesetzes (§§ 53—64) von der Revision ist völlig neu. In der allgemeinen Begründung des Entwurfs (I S. 70, II S. 48) ist ausgeführt, daß die Gesetzgebung den Vorschlägen, welche dem Staat oder den Gemeinden durch Übertragung einer dauernden Auf­ sichtsführung einen unmittelbaren Einfluß auf den Geschäftsbetrieb der Genossenschaften zuweisen wollen, nicht werde folgen können. Für eine dauernde Beaufsichtigung des Geschäftsbetriebes der Genossenschaften durch staatliche oder kommunale Behörden fehle es ebenso sehr an einem Bedürfnis wie an einer genügenden Grundlage. Die Zwecke der Genossenschaften seien rein privatrechtliche, ihre Zahl so beträchtlich und die Gegenstände ihres Geschäftsbetriebes so verschiedenartig, daß eine wirksame Staats- oder Kommunalaufsicht tatsächlich nicht durchführbar sein würde. Man hielt aber eine andere Kontrolle, als die der Aufsichtsrat bietet, für ein Bedürfnis, und gelangte in Anlehnung an die im Allgemeinen Verbände durch SchulzeDelitzsch eingeführte und auch nach seinem Tode sorgfältig fortentwickelte Institution der Verbandsrevision zu den Vorschlägen des vierten Abschnittes.

Einleitung.

37

Frühzeitig hatte sich in vielen Kreditvereinen das Bedürfnis nach einer Prüfung der Einrichtungen und Geschäftsführung durch einen dem Verein nicht angehörigen Sachverständigen herausgestellt. Den Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrates fehlte bei allem guten Willen oft die nötige Kenntnis der Gesetze und einer richtigen genossenschaftlichen und kauf­ männischen Geschäftsführung. Man wünschte Revisoren als Lehrmeister. Im Verband der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom Mittel­ rhein wurde der Verbandsdirektor (Schenck) schon im Jahre 1864 aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß er zu jeder Zeit in der Lage sei, den Vereinen des Verbandes auf deren Verlangen einen sachverständigen Revisor zur Verfügung zu stellen. Aber von seiner Bereitwilligkeit wurde nachher wenig Gebrauch gemacht. Auf dem Genossenschaftstage zu- Bremen (1874) erklärte sich Schulze gegen eine Beschickung der Vereine durch Kontrollbeamte der Unterverbände, dagegen riet er den Verbandsdirektoren, wenn sich ein Verein freiwillig an sie wende, weil ihm seine Bücher in Unordnung gekommen seien, ihm dann nach Kräften durch eine Revision zu helfen. Dergleichen Ansuchen gelangten öfters an die Anwaltschaft, die aber schon der Kosten halber unmöglich für ganz Deutschland Bücherrevisoren beschaffen könne usw. 1878 veranlaßte Schulze einen ausdrücklichen Beschluß des Genossenschafts­ tages zu Eisenach, den Unterverbandsdirektoren dringend zu empfehlen, sach­ verständige, im kaufmännischen Rechnungswesen erfahrene und mit der genossen­ schaftlichen Organisation vertraute Männer zum Behufe von Geschäftsrevisionen und Inventuren auf Anrufen der einbezirkten Vereine . . . bereitzuhalten und die Vornahme solcher Revisionen zu fördern. Dieser Beschluß hatte in einigen Verbänden zur weiteren Ausbildung des Revisionswesens Anstoß gegeben. Die Einrichtung bürgerte sich aber doch nur langsam ein. In­ folge der Aufnahme, die der Antrag der Abgg. Ackermann und Genossen im Reichstage fand, fürchtete man, es könnten durch das neue Gesetz amtliche Revisionen der Genossenschaften angeordnet werden. Der Genossenschaftstag in Cassel (1881) beschloß deshalb: „In Erwägung, daß die Einrichtung regelmäßiger Revisionen in den Verbands­ vereinen, allgemein durchgeführt, eine wünschenswerte Vervollständigung und organische Weiterentwicklung der Verbandseinrichtungen darstellt und zugleich geeignet ist, gesetz­ geberischen Versuchen, die Genossenschaften der Kontrolle staatlicher oder kommunaler Behörden zu unterstellen, entgegenzuwirken; daß es daher den allgemeinen Interessen entspricht, diese Einrichtung in allen Verbänden zur Durchführung zu bringen, erklärt es der Allgemeine Vereinstag für Pflicht der Unterverbände, für die Einrichtung regelmäßig wiederkehrender Revisionen der einzelnen Vereine Sorge zu tragen."

Jetzt ward die Frage der Verbandsrevision ein Gegenstand der Be­ ratung sämtlicher Unterverbandstage. Auf dem nächstjährigen Genossen­ schaftstage (1882 Darmstadt) wurde allen dem Allgemeinen Verbände an­ gehörigen Genossenschaften empfohlen, die erforderlichen Schritte zu tun, um sich die Vorteile der verbandsmäßig organisierten Revisionseinrichtung zu sichern?) *) Über die Entwicklung der Verbandsrevision im Allgemeinen Verbände vor Erlaß des neuen Gesetzes vgl. die Aufsätze in BlsG. 1384 Nr. 26, 28, 85, 49; 1887 Nr. 50-53; 1888 Nr. 1.

Genossenschaflsgesetz.

38

Seit dieser Zeit hatten sich die Unterverbandstage und die Genossen­ schaftstage fast ausnahmslos mit dem inneren Ausbau der verbandsmäßig organisierten Revisionseinrichtung beschäftigt. In den meisten Unterverbänden wurde die Revision für eine obligatorische Einrichtung des Verbandes erklärt: die Genossenschaften wurden verpflichtet, alle drei Jahre durch einen vom Unterverbande angestellten, mit dem Genossenschaftswesen vertrauten prak­ tischen Genossenschafter (Revisor) ihre gesamte geschäftliche Tätigkeit prüfen zu lassen. Der Revisor hatte sein Augenmerk besonders darauf zu richten, ob die Bestimmungen der Gesetze überall beachtet sind, und ob die Geschäfts­ führung den Vorschriften des Statuts und den auf Genossenschafts- und Verbandstagen aufgestellten Grundsätzen entspricht. Nach vollendeter Revision hatte er den Befund in gemeinschaftlicher Sitzung mit Vorstand und Auf­ sichtsrat zu besprechen und sodann einen schriftlichen Bericht an die Ge­ nossenschaft zu erstatten und eine Abschrift desselben dem Verbandsdirektor einzusenden. Der Genossenschaftstag zu Plauen (1887) hat die wichtigsten Grund­ sätze für die Ausbildung der Revision in einem Beschluß zusammengefaßt, der in der Vorbemerkung zu §§ 53 ff. wörtlich abgedruckt ist. Für das in Aussicht stehende Genossenschaftsgesetz schloß sich der Ge­ nossenschaftstag dem Vorschlage Schulzes in der letzten Redaktion der Novelle (Vorbemerkung zu §§ 53ff.) nicht an.1) Auch andere genossenschaftliche Verbände, namentlich der Anwaltschafts­ verband in Neuwied, der Allgemeine Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften des Deutschen Reiches, der Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften in Württemberg und der polnische Verband hatten die Ver­ bandsrevision, mehr oder weniger nach dem Muster des Allgemeinen Ver­ bandes, bei ihren Genossenschaften eingeführt und gehandhabt. Der Entwurf des Reichsjustizamtes hielt es für zweckmäßig, sich an die im Allgemeinen Verbände bestehenden Einrichtungen anzulehnen. Das Recht zur selbständigen Ausübung der Revisionskontrolle wurde den Verbänden, nur wenn sie gewisse Garantien bieten, zugestanden. Sie sollten cs aber nur nach Prüfung durch die Behörde durch staatliche Verleihung erhalten. Auch *) In

der

Schrift

„Material

Schulze-Delitzsch zur Begründung

zur

Revision

des

seines Antrages eine

Genossenschaftsgesetzes"

hat

besondere Abhandlung über

die Revisorenftage beigefügt und in derselben auch die Bestimmungen des englischen Genossenschaftsgesetzes (Industrial and Provident Societis Act) von 1876 über die Zwangsrevision dargestellt.

Die genannte Akte vom 11. August 1876, welche die Akte

vom 7. August 1862 zum Zweck der Vorbeugung gegen leichtsinnige Geschäftsführung abänderte, führte regelmäßige Geschäftsrevisionen ein.

Das Gesetz bestimmt, daß

eine jede Genossenschaft a)

wenigstens

einmal

im

Jahre

ihre

Rechnungen

der

Revision,

entweder

durch einen der nach diesem Gesetz bestellten öffentlichen Revisoren, oder durch

zwei oder mehrere nach

den Bestimmungen des Statuts bestellte

Personen unterwerfen muß, denen alle Bücher und Rechnungen zugängig sein müssen, und welche die Einnahmen und Ausgaben,

Fonds

und Bestände der Gesellschaft zu

prüfen, mit den Rechnungen und Belegen zu vergleichen und entweder als von ihnen richtig, gehörig belegt und in Übereinstimmung mit dem Gesetz befunden zu unter­ zeichnen, oder der Gesellschaft besonders Bericht zu erstatten haben: inwieweit sie etwas unrichtig, nicht belegt, oder nicht in Übereinstimmung mit dem Gesetz befunden haben;

Einleitung.

39

wurden die Voraussetzungen bestimmt, unter denen ihnen das Recht zur Be­ stellung des Revisors entzogen werden kann. Den keinem solchen Verbände un­ gehörigen Genossenschaften sollte der Revisor durch den Richter bestellt werden. Über das Verhalten der Genossenschaftstage und des Bundesrats zu diesen Bestimmungen des Entwurfes siehe Vorbemerkung zu §§ 53 ff. In der Reichstagskommission waren die Ansichten sehr geteilt. In Vertretung des Beschlusses des Genossenschaftstages in Erfurt waren Anträge gestellt, zu deren Begründung ausgeführt wurde: Die bisher erzielten Erfolge seien nur möglich gewesen, weil die Revision aus der Selbstbestimmung und der freien Entschließung der Genossenschaften hervorgegangen sei. Die Zwangsrevision sei ungerechtfertigt, weil die Genossen­ schaften freiwillige Vereinigungen von Privatpersonen seien; sie sei auch gefährlich, weil sie das Bewußtsein der Selbstverantwortlichkeit für das Gedeihen der Genossenschaft bei den Mitgliedern schwäche; die Zwangs­ revision sei auch kaum durchführbar; da die Mehrzahl der bestehenden Ge­ nossenschaften keinem Verbände angehören, werde der vom Registerrichter für die jedesmalige Revision besonders zu bestellende Revisor die Regel bilden. Woher wolle aber jeder Registerrichter Verständnis dafür haben, welche Be­ fähigung bei einem Revisor zur Vornahme einer ordnungsmäßigen Revision erforderlich sei, und woher wolle er ausreichend befähigte Revisoren nehmen? — Die Anträge wurden gegen zwei Stimmen abgelehnt. Von anderer Seite wurde beantragt, die Verbände ganz aus dem Gesetz zu streichen und die Revisionsbestellung ausnahmslos dem Richter zu übertragen. Diejenigen Kommissionsmitglieder endlich, die auf dem Boden der Regierungsvorlage standen, teilten sich wiederum in zwei Gruppen, von welchen die eine den Verbänden eine größere Selbständigkeit einräumen, die andere dagegen den Einfluß der Behörden auf die Handhabung der Revision verstärken wollte (KommBer. S. 25—30). Das Schlußergebnis der Kommissionsberatung war durch das vor der zweiten Lesung geschlossene Kompromiß beeinflußt. Der Abschnitt IV wurde in der jetzigen Fassung angenommen unter Beseitigung der vom Bundesrat hineingebrachten Polizeimaßregeln; vgl. KommBer. S. 25—30, §§ 59, 61 Erläuterungen. b) einmal in jedem Jahre vor dem 1. Juni dem Registrar (dem Leiter der Kontrollstelle zur Eintragung der Genossenschaften in das amtliche Genossenschafts­ register) einen allgemeinen Ausweis (Jahresbericht) über die Einnahmen und Aus­ gaben, Fonds und Bestände nach dem Revisionsbefunde zu übersenden, dieser Aus­ weis muß die Ausgaben in bezug aus die verschiedenen Zwecke der Gesellschaft getrennt aufführen, bis zum 31. Dezember einschließlich reichen und konstatieren, ob die Revision von einem nach diesem Gesetz bestellten öffentlichen Revisor vorgenommen und von welchem, wenn dieselbe von anderen Personen vollzogen wurde, den Namen, den Wohnort, den Beruf oder das Gewerbe dieser Personen, und auf welche Art sie bestellt wurden, angeben, sowie ein Exemplar des Revisionsberichts beifügen. Die Wahl zwischen den beiden Klassen von Revisoren steht lediglich der Ge­ nossenschaft zu. Die öffentlichen Revisoren, die äußerst selten benutzt werden, ernennt das Schatzamt, welches eine Liste derselben und der ihnen zukommenden Honorare veröffentlicht. Die im englischen Gesetze von 1876 vorgeschriebene Zwangsrevision ist grundverschieden von der deutschen. Sie ist wesentlich kalkulatorisch. Der Grund hierfür liegt in dem Mangel eines Kontrollorgans in der Genossenschaft, in dem Fehlen des bei uns jetzt obligatorischen Aufsichtsrates.

40

Genossenschastsgesetz.

Eine umfassende Untersuchung über die Wirkung der Zwangsrevisioir begegnet den größten Schwierigkeiten. Völlig versagt hat jedenfalls di^ gerichtliche Revision. Ein unfähiger Revisor kann Einrichtungen oder Maßnahmen veranlassen, die dem Interesse der Genossenschaft widersprechen oder wohl gar gemeinschädlich sind. Außer den revidierten Vereinen erfährt niemand etwas davon. Der Vorstand seinerseits braucht sich, sofern er den durch Ordnungsstrafen zu erzwingenden Verpflichtungen im § 63 Abs. 2 nachkommt, um die Erinnerungen des Revisors nicht zu kümmern, selbst wenn sie ihm grobe Gesetzesverletzungen nachweisen. Nach den zu unserer Kenntnis gelangten „Berichten", die gerichtlich bestellte Revisoren erstattet haben, muß angenommen werden, daß vielfach die Revision sich auf eine oberflächliche rein kalkulatorische Revision der Bücher beschränkt — also Revisionen vor­ genommen sind, die nicht dem Genossenschastsgesetz entsprechen. Von den Konkursen der Genossenschaften entfällt ein großer Anteil auf die Genossen­ schaften, die von dem durch das Gericht bestellten Revisor revidiert werden. Auch die Verbandsrevision hat den Zusammenbruch von Genossenschaften nicht verhindern können. Ohne weiteres selbstverständlich erscheint es, daß auch die Verbandsrevision nicht immer eine den oft sehr schwierigen Verhältnissen entsprechende Revision verbürgt. Dazu aber kommt, daß der Revisionsverband keine Zwangsmaßregeln besitzt, um renitente Genossenschaften zu zwingen, die vorhandenen Mißstände zu beseitigen. Gegen die Einführung derartiger Zwangsmaßregeln sprechen die gewichtigsten Bedenken. Die Verantwortung muß bei den Organen der revidierten Genossenschaft bleiben. Vgl. hierüber mein auf dem Allgemeinen Genossenschaststage zu Cassel (1906 Mitteilungen S. 299 ff.) erstattetes Referat. Nach diesem kam der Genossenschaftstag zu folgendem Beschluß: „Die durch §§ 53 und 55 des Genossenschaftsgesetzes vorgeschriebene „Ver­ bandsrevision" Hai lediglich den Zweck, die Organe der Genossenschaft in der Ver­ vollkommnung der geschäftlichen Einrichtungen und der Beseitigung von Mißständen zu unterstützen. Die Erfüllung der Aufgabe kann nicht gesichert werden durch Ein­ führung von Zwangsmaßregeln in die Organisation, sondern nur durch Hebung des Verständnisses der Organe der Genossenschaft für die Zwecke der Revision. Die in den Beschlüssen des Allgemeinen Vereinstages zu Plauen (1887), der Allgemeinen Genossenschaftstage zu Gotha (1894), zu Augsburg (1895), zu BadenBaden (1901) festgelegten Nevisionsgrundsätze sind auch den heutigen Verhältnissen entsprechend. Der Allgemeine Genossenschaftstag empfiehlt deshalb den Revisions­ verbänden wie den Genossenschaften deren strengste Beachtung."

Nach dem Genossenschaftsgesetz sollen die Staatsbehörden darüber wachen, daß der Revisionsverband der ihm obliegenden Pflicht der Revision genüge (§ 60). Sie sind berechtigt, in die Generalversammlung des Verbandes (Verbandstag) einen Vertreter zu senden (§ 55 jetzt 59), „dessen Aufgabe es ist, von den Verhandlungen Kenntnis zu nehmen, zu dem Zweck, um der höheren Verwaltungsbehörde Bericht zu erstatten, damit diese sich ein Urteil darüber bilden könne, ob der Verband der Revisionspflicht ordentlich nach­ komme"?) Die Staatsbehörden sollen ferner bei den keinem Revisionsverbande *) Stenographischer Bericht über die Sitzung vom 26. März 1889 S. 1079. — Es sei dringend notwendig, sagt mit Recht Proebst S. 209, daß „nur sachverständige und urteilsfähige Männer zu solcher Vertretung gewählt werden". In der Praxis wird dem erfahrungsgemäß nicht immer entsprochen.

Einleitung.

41

angehörenden Genossenschaften darüber wachen, daß das Gericht einen brauch­ baren Revisor bestelle (§ 61). Auch soll der Reichskanzler ermächtigt sein, allgemeine Anweisungen zu erlassen, nach denen die Revisionsberichte anzu­ fertigen sind (§ 64). Ein Nutzen dieser Bestimmungen hat sich bisher nicht gezeigt. Mit Einverständnis der höheren Verwaltungsbehörde sind oft recht ungeeignete, nicht sachverständige Personen zu Revisoren bestellt (§ 53, § 61). Eine Anweisung des Reichskanzlers über die Anfertigung von Revisions­ berichten ist nicht erlassen worden; ihre Herstellung würde auch schwierig sein, da ja die Reichs- und Landesbehörden von den erstatteten Berichten der Revisoren nichts zu sehen bekommen.

C. Bildung von Genossenschaften, die aus Genossenschaften bestehen. Das Gesetz von 1868 hatte keine Bestimmung darüber getroffen, ob Genossenschaften, Handelsgesellschaften, Korporationen usw. Mitglieder ein­ getragener Genossenschaften werden können. Die Meinungen darüber, ob dies zulässig sei, waren geteilt, vgl. die Erläuterungen zu § 9. SchulzeDelitzsch vertrat in seinem Entwurf zur Novelle von 1877 die Ansicht: „Eingetragene Genossenschaften können einer anderen eingetragenen Genossen­ schaft nicht beitreten." Das Genossenschaftsgesetz ist der Auffassung SchulzeDelitzschs nicht beigetreten, es können nach dem Gesetz von 1889 Genossen­ schaften Mitglieder einer anderen Genossenschaft werden. Die wirtschaftliche Entwicklung und die Gestaltung des Genossenschaftswesens scheint die Zu­ lassung einer solchen Bestimmung zu fordern, schwerlich haben die Gesetz­ geber vorausgeahnt, welchen Einfluß diese Vorschrift auf die Entwicklung des Genossenschaftswesens ausüben würde. Die Zentralisationsbestrebungen im Genossenschaftswesen sind ihr Erfolg. Gegen die Bildung von Zentral­ kassen Raiffeisenscher Darlehnskassen ist gewiß nichts einzuwenden, wenn man die eigenartige Organisation dieser Kassen zugrunde legt; diese Kassen bedürfen der Zentralkassen, um überhaupt einige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erlangen. Weniger geeignet erschien die Bildung von Zentralkassen für die Schulze-Delitzschschen Genossenschaften, wenn auch bei diesen unter Umständen die Verhältnisse derartige sein können, daß eine Zentralkasse am Platze ist, obgleich in der Regel die Schulze-Delitzschsche Kreditgenossenschaft durch direkten Verkehr mit der Großbank ihr Bankkreditbedürfnis leichter und billiger befriedigen wird als auf dem Umwege über die Verbandskasse. Nicht immer aber ist die Bildung von Verbandskassen das Ergebnis des Kredit­ bedürfnisses angeschlossener Genossenschaften gewesen, sondern zuweilen ist auch der umgekehrte Weg eingeschlagen. Dabei war von Einfluß die Gründung der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse, die nach dem Gesetz Kredit nur an die Verbandskassen von Genossenschaften gewähren soll. Um nun den billigen Kredit der Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse zu erhalten, wurde zuweilen in erster Reihe die Bildung einer Verbandskasse ins Auge gefaßt, die dann die Mitglieder zu suchen hatte. Nach dem Gesetz genügen nur sieben Mitglieder zur Bildung einer Genossenschaft, das Gesetz kennt nicht den Begriff „Zentralgenossenschaft"; es ist in der Praxis außerordentlich schwierig, die Zentralgenossenschaft zu trennen von der Einzelgenossenschaft,

42

Genossenschaftsgesetz.

denn die Firma deckt sich nicht immer mit dem Gegenstand des Geschäfts­ betriebes. Eine Genossenschaft, der vielleicht zwei, drei Genossenschaften als Mitglieder angehören, nennt sich Zentralgenossenschaft. Die Gestaltung inner­ halb des Genossenschaftswesens ist von Jahr zu Jahr komplizierter geworden. Daß der Gewerbetreibende, der Landwirt, verschiedenen Genossenschaften sich anschloß und anschließt, liegt in der Natur der Verhältnisse. Nach oben hin aber gehört die Genossenschaft wieder verschiedenen Verbandskassen und Verbandsgenossenschaften an, und die Verbandskasse und Verbandsgenossen­ schaft ist wieder Mitglied anderer genossenschaftlicher Organisationen. So ist denn zuweilen ein völliger Wirrwarr entstanden. In dem Vorwort des Jahrbuchs des Allgemeinen Verbandes für 1901 wird mit Recht dazu bemerkt: „Keineswegs ist eine Vereinigung von Genossenschaften zu gemeinschaftlichen Zwecken ohne weiteres zu bekämpfen. Im Gegenteil: die Bildung von Genossen­ schaften, die aus Genossenschaften bestehen, kann im höchsten Grade erwünscht sein, und als das Genossenschaftsgesetz von 1889 die Bildung solcher Genossenschaften zuließ, erhob sich in den Kreisen der Genossenschaften auch keinerlei Widerspruch dagegen; es wurde vielmehr mit Recht anerkannt, daß derartige Zentralgenossenschaften einen durchaus günstigen Einfluß auf die Entwicklung des Genossenschaftswesens gewinnen könnten — daß sie zuweilen die notwendige Ergänzung der Einzelgenossenschaften sein würden. Dabei war freilich vorausgesetzt, daß diese Gestaltungen sich in dem Rahmen halten würden, der der genossenschaftlichen Tätigkeit durch die gesetzliche und wirtschaft­ liche Natur der Genossenschaft gesteckt ist. Wohin es führt, wenn die Grenze nicht eingehalten wird, das hatten bereits frühere Vorkommnisse auf dem Gebiete des Ge­ nossenschaftswesens gezeigt. Heute besteht in einzelnen Gebieten ein Gewirr von Zentralgenossenschaften und Zentralgesellschaften, in dem sich weder die beteiligten Mit­ glieder noch die Gläubiger zurechtfinden können."

Die Verhältnisse haben sich nach dieser Richtung hin noch weiter ver­ schlechtert?) Selbstverständlich war eine solche Entwicklung von Zentralgenossen­ schaften nur möglich bei der Zulassung von Genossenschaften mit be­ schränkter Haftpflicht, denn bei der ausschließlichen Geltung der un­ beschränkten Haftpflicht wären Mitglieder für solche Unternehmungen, für solche Rattenkönige von Genossenschaften, nicht zu gewinnen gewesen. Die Zukunft wird zeigen, ob die Vorteile der Zulassung von Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht nicht recht teuer erkauft sind, indem die Zulassung der beschränkten Haftpflicht zum Teil zu Genossenschaften geführt hat, die recht bedenkliche wirtschaftliche Experimente darstellen und deren Zusammenbruch ganze Reihen von Genossenschaften in Mitleidenschaft zieht. Für eine nähere Begründung dieser Anschauungen ist hier nicht Raum und geeigneter Platz; doch diese Andeutungen und Hinweise, die bereits in der vierten Auflage enthalten waren, schienen notwendig; die in ihnen liegenden Behauptungen haben in der Praxis in den letzten Jahren weiter ihre Bestätigung gefunden?) *) Vgl. „Mitteilungen" über den Allgemeinen Genossenschaststag zu Bad Nau­ heim S. 186 ff. 2) Crüger, „Einführung in das deutsche Genossenschaftswesen" S. 136ff., 165ff.

Erster Teil. Gesetz, betreffend

die Erwerbs- und Wirthschastsgenossenschasten. In der Fassung des nach Maßgabe des Artikels 13 des Einführungs­ gesetzes zum Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 festgestellten Textes (RGBl. 1898 Nr. 25 S. 810—845, ausgegeben am 14. Juni 1898).

Gesetz, betreffend

die Erwerbs- und Wirthschastsgenoffenschaften. £Dir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung -es Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Das Gesetz ist in Nr. 11 des NGBl., ausgegeben zu Berlin den 10. Mai 1889 (S. 55—93), publiziert und nach § 172 am 1. Oktober 1889 in Kraft getreten. Das GG. vom 4. Juli 1868 hatte die Überschrift: „Gesetz betreffend die privatrechtliche Stel­ lung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenoff'enschaften". Einen Hinweis auf die rein privatrechtliche Stellung der Genossenschaften auch in das neue Gesetz aufzunehmen, wurde in der Kommission angeregt, indessen nahm man davon Abstand, weil das Gesetz es zwar grundsätzlich nur mit der privatrechtlichen Stellung der Genossenschaften zu tun habe, aber gleichwohl für einzelne Bestimmungen das öffentliche Interesse maßgebend sei. „Der Privatverkehr ist der Boden, in welchem die Genossenschaft wurzelt, womit es jedoch keineswegs im Widerspruch steht, daß die Gesetzgebung in Anbetracht der weiten Volkskreise, welche in den Wirkungskreis der Genossenschaften hineingezogen werden, sowie mit Rücksicht auf die den Genossenschaften eingeräumte gesetzlich gesicherte Stellung die Wohltat der letzteren an diejenigen Bedingungen knüpft, welche im öffentlichen Interesse wünschenswert erscheinen" (KommBer. 3). Durch Art. 13 EHGB. ist der Reichskanzler ermächtigt, den Text des Gesetzes betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, wie er sich aus den in den Artikeln des EHGB. vorgesehenen Änderungen ergibt, durch das RGBl, bekannt zu machen. Das RGBl. Nr. 25, ausgegeben am 14. Juni 1898, enthält die Bekanntmachung des Textes verschiedener Reichsgesetze in der vom 1. Januar 1900 an geltenden Fassung vom 20. Mai 1898. Lehmann in seinem Lehrbuch des Handelsrechts behauptet, daß seitdem das GG. näher dem BGB. als dem HGB. stehe. Gerade das Gegenteil ist der Fall, nachdem insbesondere auch eine Reihe Bestimmungen aus dem HGB. in das BGB. übernommen sind. Es zeigt sich sogar durchweg das Streben, das Genossen­ schaftsgesetz dem Aktiengesetz anzupassen, soweit dies bei der besonderen Rechtsnatur der Genossenschaft möglich ist, denn die EG. bildet eine durchaus eigen­ artige Rechtsform, die im wesentlichen nur in der Organisation mit der Aktiengesellschaft übereinstimmt, mit Bezug hierauf aber stimmen die Bestimmungen der Gesetze oft fast wörtlich überein. In der Bekanntmachung des Textes fehlt die Einleitung des Ge­ setzes: „Wir Wilhelm usw. usw." Da die Bekanntmachung des Textes nur redaktionelle Bedeutung hat, ist dem Fortlassen der einleitenden Worte keine Bedeutung beizulegen. Die Bekanntmachung des Textes enthält noch eine weitere Änderung. Die Novelle zum GG. vom 12. August 1896 hat in der Reichstagskommission folgende

Genossenschaftsgesetz.

46

Bezeichnung erhalten: Gesetz betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs­ und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889 sowie den Geschäftsbetrieb von Konsum an st alten; dieser Zusatz ist in der Bekanntmachung fortgelassen, und ent­ sprechend ist auch Art 2 des Gesetzes vom 12. August 1896 nicht aufgenommen, so daß ein besonderes Gesetz betreffend. den Geschäftsbetrieb von Konsumanstalten vom 12. August 1896 (RGBl. Nr. 29 S. 695 ff.) übriggeblieben ist. Dies Gesetz ist im An­ schluß an das GG. mitgeteilt.

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft. §. 1. Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Erwerbes oder der Wirthschaft ihrer Mitglieder mittelst gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes bezwecken (Genossenschaften), namentlich: V Vorschuß- und Kreditvereine, 2. Rohstoffvereine, 3. Vereine zum gemeinschaftlichen Verkaufe landwirthschaftlicher oder gewerblicher Erzeugnisse (Absatzgenossenschaften, Magazin­ vereine), 4. Vereine zur Herstellung von Gegenständen und zum Verkaufe derselben auf gemeinschaftliche Rechnung (Produktivgenossen­ schaften), 5. Vereine zum gemeinschaftlichen Einkäufe von Lebens- oder Wirthschaftsbedürfnissen im Großen und Ablaß im Kleinen (Konsumvereine), 6. Vereine zur Beschaffung von Gegenständen des landwirthschaftlichen oder gewerblichen Betriebes und zur Benutzung derselben auf gemeinschaftliche Rechnung, 7. Vereine zur Herstellung von Wohnungen, erwerben die Rechte einer „eingetragenen Genossenschaft" nach Maß­ gabe dieses Gesetzes. Gef. von 1868 § 1, Entw. I, II, Komm., Rtg. 1. Erläuterungen zu § 1.

1. Gefellfchaften. Der Ausdruck „Gesellschaft" ist gewählt, weil vor der Eintragung nur eine nach dem BGB. zu beurteilende Vereinigung vorhanden ist. Ein Antrag in der Kommission, das Wort „Gesellschaft" entsprechend der Österreichischen Gesetzgebung durch „Verein" zu ersetzen, wurde zurückgezogen, nachdem die Regierungsvertreter erklärt halten, daß sich der Ausdruck „Gesellschaft" auf privatrechtlichem Gebiet (vgl. Erl. zur Einleitung des Gesetzes) bewegt, während der Ausdruck „Verein" Vorzugs-

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§ 1.

47

weise auf dem öffentlichen Gebiet liegt (Komm.Ber. 3). In dem Text des Para­ graphen ist gleichwohl das Wort „Verein" gebraucht, wie dies auch in der Praxis vielfach Anwendung findet; vgl. für die Ausdrucksweise BGB. §§ 21 ff., 705 ff. Über die Bcgriffsbestimmung im § 1 des Gesetzes vom 4. VII. 68, der wörtlich mit § 1 des preußischen GG. vom 27. III. 67 übereinstimmt, vgl. Einleitung S 22. „Die Bezeichnung des wirtschaftlichen Zweckes der Genossenschaften ist ohne wesentliche Änderung aus dem früheren Gesetz übernommen. Nur ist, in Überein­ stimmung mit der Überschrift des Gesetzes, die Förderung des Kredits der Genossen unter den Zwecken der Genossenschaft nicht besonders ausgeführt; denn die Kredit­ gewährung darf einen Gegenstand des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebes nur insoweit bilden, als sie zur Förderung der Erwerbstäiigkett oder Wirtschaft der Genossen dient; sie ist also schon von diesen beiden Hauptzwecken der Genossenschaft umfaßt und zu­ gleich begrenzt" (Begr. II59).

Die Definition trifft nur die „Genossenschaften" im

Sinne dieses Gesetzes, ihre drei wesentlichen Merkmale sind: 1. nicht geschlossene Mitgliederzahl, 2. Förderung des „Erwerbes

oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder".

3. gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb.

2. Nicht geschlossene Mitgliederzahl. Der stets mögliche Wechsel in dem Bestände und in der Zahl der haftbaren Mitglieder, das Erfordernis der „nicht geschlossenen Milgliederzahl" (vgl. Erl. 5 am Schluß betr. den Einfluß auf die „Öffentlichkeit") ist die charakteristische Besonderheit der Genossenschaft.

Sie unterscheidet sich dadurch von den Handelsgesellschaften.

Bei

den Handelsgesellschaften ist entweder der Zutritt eines neuen Mitgliedes von der Einwilligung aller bisherigen Mitglieder abhängig, oder es ist. wie bei der Aktien­ gesellschaft, die Mitgliederzahl eine durch die Zahl der Aktien in gewisser Weise ge­ schlossene, so daß neue Mitglieder nur an Stelle Ausscheidender eintreten.

Das Statut

darf die Mitgliederzahl nicht ein für allemal festsetzen. Zulässig freilich ist eine Be­ schränkung der Mitgliederzahl nach oben oder unten, denn die Mitgliederzahl ist dabei nicht „geschlossen".

Es kann eine Genossenschaft durch Ablehnung aller Aus­

nahmeanträge (unter der Voraussetzung der Berechtigung hierzu), in Ansehung des Eintritts neuer Mitglieder, tatsächlich geschlossen gehalten werden, die Mil­ gliederzahl wird aber dadurch nicht geschlossen, weil der Austritt durch Aufkündigung und durch den Tod nicht gehindert werden kann (§§ 65, 66, 77). Das

Statut kann die Aufnahme neuer Mitglieder von

den verschiedensten

Bedingungen abhängig machen, z. B. von der Zahlung eines Eintrittsgeldes (RG. 62, 308), von dem Beschluß des Vorstandes oder des Aufsichtsrats oder der Generalversammlung, ja sogar von der Einwilligung aller Genossen usw.; es kann die Genossenschaft auf bestimmte Klassen von Personen, z. B. auf Beamte, auf Meister eines und desselben Handwerks, auf Grundbesitzer beschränken (vgl. jedoch die nach­ stehend besprochene Entscheidung RG. 47, 76ff.).

Fortfall der Qualifikation zum

Erwerb der Mitgliedschaft bei dem Mitgliede führt nicht das Ende der Mitgliedschaft herbei, da andere als die durch das Gesetz für die Beendigung der Mitgliedschaft vor­ gesehenen Gründe durch das Statut nicht eingeführt werden können. Aushilfe bietet § 68. Niemand hat im allgemeinen einen Anspruch auf Erwerb der Mitglied­ schaft (§ 15 Erl. 1), es ist in der Regel unmöglich, eine Genossenschaft zu zwingen, Personen, die ihr nicht gefallen, aufzunehmen (Birkenbihl Maurer S. 30, Joel S. 445, Jessenberger S. 64), es sei denn, daß nach dem Zweck der Genossenschaft ein un­ bedingtes Recht der Abweisung nicht zulässig ist (RG. 47, 76ff.).

In dem zur

Entscheidung des RG. gelangten Falle hatte die Gemeinde in Verbindung mit einer

Genossenschaftsgesetz.

48

Genossenschaft ein Schlachthaus errichtet, das Schlachthaus war als ein öffentliches anzusehen.

„Da die Genossenschaft das Schlachthaus auf ihre Kosten gebaut hat und,

da die Unkosten des laufenden Betriebes von ihr getragen werden, andererseits aber auch

die Gebühren in

ihre Kaffe fließen,

so

ergibt sich, daß der Grundsatz der

Paritat der Metzger in der Benutzung des Schlachthauses als gewahrt gelten kann, wenn ihnen der Eintritt in die Genossenschaft und damit die Befreiung von den außerordentlichen Gebühren der Nichtgenossen offensteht.

Dieser Zusammenhang

ergibt, daß die Beitrittsmöglichkeit für alle G.er Metzger ein wesentlicher Punkt

für

denn ohne

die Organisation der

Genossenschaft gewesen ist und noch ist;

die freie Beitrittsmöglichkeit würde die Einführung eines Schlacht­

hauszwangs, worauf es den Behörden vor allem ankommen mußte, der notwendigen gesetzlichen

Unterlagen

entbehrt haben.

Diese freie Beitrittsmöglichkeit kann

aber nur als wirklich vorhanden gelten, wenn die Bestimmung des Statuts, daß den G er Metzgern der Beitritt „nicht untersagt werden kann", wörtlich genommen wird, d h. im Sinne eines diesen Personen eingeräumten Rechtes auf Aufnahme in die Genossenschaft

Wenn das GG. von der Zulassung des Beitretenden durch die

Organe der Genossenschaft ausgeht, so steht nichts im Wege, daß in bezug auf diese Zulassung eine vertragsmäßige Gebundenheit der

Genossenschaft besteht, wie

sie stets durch einen auf Aufnahme gerichteten Vorvertrag beschafft sein könnte.

Ein

Vertrag ähnlichen Inhalts muß hier aus dem Rechtsverhältnisse zwischen der Genossen­ schaft und der Stadtgemeinde unmittelbar abgeleitet werden."

(RG. a. a. O.).

Des weiteren wird dargelegt, daß Bestimmungen des Statuts, wie z B das Erfordernis des Besitzes der bürgerlichen Ehrenrechte für das Mitglied mit solchen Vorverträgen unvereinbar sein können (?); unerheblich sei es, wenn der sich um die Mitgliedschaft Bewerbende sein Geschäft in einer Weise betreibt, die nach dem Statut nicht zulässig ist.

Dabei kommt das RG. zu folgendem Grundsatz. „Die Beklagte meint, weil der

Kläger in Rechtsbeziehungen stehe, die, wenn

er Genosse wäre,

aus der Genossenschaft zur Folge haben müßten, so nahme

verweigern.

seinen Ausschluß

könne sie ihm die Auf­

Ob dieser Standpunkt unter andern Umständen als berechtigt

anzuerkennen sein möchte, kann dahingestellt bleiben, nach dem Statut der Beklagten ist er jedenfalls unberechtigt. Ausschluß

von

Mitgliedern

Denn nach der

außen ist

die

Beschlußfassung über den

Genossenschaftsversammlung

vorbehalten,

während

über die Aufnahme der Vorstand und Aussichtsrat allein entscheiden können."

Hieraus

muß dann jedenfalls gefolgert werden, daß das aufgenommene Mitglied den Geschäfts­ betrieb nach Maßgabe des Statuts zu betreiben hat, wobei wieder nicht ausgeschlossen ist, daß gewisse im Statut enthaltene Beschränkungen als Verstöße gegen die Gewerbe­ ordnung ungültig sind, in welchem Falle nach Maßgabe dieser gegen die Genossenschaft vorgegangen werden könnte.

Wie unter Umständen die Beitrittsmöglichkeit ein

wesentlicher Punkt für die Organisation der Genossenschaft ist, kann das gleiche ent­ sprechend der Fall sein für die Ausschließungsbefugnis, und die Genossenschaft kann selbst aus den gleichen Gründen, wie sie gezwungen wird, jemand aufzunehmen, gezwungen werden, von dem Recht auf Ausschließung nach § 68 abzusehen.

Es mag

dies zu Härten führen, aber erkennt man die Möglichkeit an, daß eine Genossenschaft gezwungen wird, jemanden aufzunehmen, muß man

auch

die

Konsequenz

für

die

Ausschließung ziehen. Von Wichtigkeit und in der Beantwortung nicht zweifellos ist die Frage, in­ wieweit

Personen

Genossenschaft

gezwungen

beizutreten,

werden

welche

sich

können, durch

der

eingetragenen

besondere

Erklärung

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

hierzu bereit erklärt haben.

§ 1.

49

Das RG. (30, 95ff) schließt sich den Grundsätzen

an, Won denen die Rechtsprechung des ROHG. bei Beurteilung der vor Errichtung des Statmts einer Aktiengesellschaft erfolgten Aktienzeichnungen ausgegangen ist.

Ein Ver­

sprechen, der Genossenschaft beizutreten, ist nur rechtswirksam, wenn die wesentlichen Grundlagen des

Statuts

bereits

feststehen,

insbesondere

muß das Beteiligungs-

versprrechen im Sinne des GG. für hinlänglich bestimmt zu erachten sein. RG.

Ebenso

40.

46. Der Verpflichtung zum Beitritt steht eine Gegenleistungspflicht, deren Nicht-

eifülTumj in Frage kommen kann, nicht gegenüber (§45 Erl. 1 und Vorbemerkung zu § 15). Vgl. auch Joel S. 472, Birkenbihl-Maurer S. 118, Jessenberger S. 61. Über einen Fall des Beitrittszwanges § 13 Erl. 3. Nach dem BGB. wird der Grundsatz der Formfreiheit zur Anwendung kommen (§§ 145ff). Erschwerungen des Austritts sind nur im Rahmen des § 65 zulässig. 3. Die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft (ihrer Mitglieder). Der Zweck der Genossenschaft muß gerichtet sein „auf Förderung des Erwerbes oder 'der Wirtschaft der Mitglieder" und muß erreicht werden „mittels gemeinschaft­ lichen Geschäftsbetriebes" (vgl. Erl. 5, Einleitung S. 22). Förderung des „Erwerbes" ist nicht immer, wie Birkenbihl-Maurer S. 31 (ebenso Joel S. 445) annehmen, Ver­ mehrung der Einnahme. Z. B. die Rohstoffgenossenschaft ist auf Förderung des Erwerbes gerichtet, sie soll aber die Ausgaben verringern; dagegen besteht allerdings Förderung der „Wirtschaft" immer in einer Verringerung der Ausgaben. lichstem kommt dies im Konsumverein zum Ausdruck.

Am deut­

Nicht jede Genossenschaft, die

auf Förderung des Erwerbes ihrer Mitglieder gerichtet ist, ist daher auch eine Erwierbsgesellschaft, weil sie ihrerseits auf Erwerb, d. h. aus Erzielung von Gewinn (Erl. 5) gerichtet ist; betriebes ab. Die Genossenschaft

dies hängt vielmehr

von

der

Art

verfolgt wirtschaftliche Zwecke durch

des

Geschäfts­

wirtschaftliche

Mittel; die wirtschaftlichen Zwecke sollen dem Interesse der Mitglieder (Erl. 4) dienen, und das wirtschaftliche Mittel ist gemeinschaftlicher Betrieb eines Geschäfts (Erl. 5). Der Zweck der Genossenschaft muß unmittelbar auf Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft der Mitglieder gerichter sein. Zulässig ist natürlich auch die Verbindung und Förderung von Erwerb und Wirtschaft (Rohstoff- und Konsumverein).

Daraus folgt, daß Vereine, die zwar gleichfalls ihre Mitglieder erwerbsfähiger

machen wollen, aber nicht durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb und unmittelbare Ein­ wirkung auf deren Erwerb oder Wirtschaft, sondern auf idealen Wegen, keine EG. sein können. So die Bildungsvereine. Ein Bildungsverein, der für seine Mitglieder eine Darlehnskasse unterhält,

wird dadurch

nicht

eintragungsfähig; wohl aber die

Darlehnskasse, wenn sie eine selbständige Gesellschaft geworden ist, gleichviel ob sie nur Mitglieder des Bildungsvereins oder auch andere aufnimmt (a. A. Joel S. 445 und die dort Zitierten).

Wie mit den Bildungsvereinen, verhält es sich mit den Uni er­

haltn ngsgesellschaften.

Ein Kasino kann nebenbei für die Mitglieder Lebens­

bedürfnisse oder Wein im großen einkaufen und in kleinen Posten verkaufen, — es wird dadurch noch kein eintragungssähiger Konsumverein.

Anders aber liegt die Sache,

wenn ein Kasino einen selbständigen Konsumverein begründet, oder wenn ein ein­ getragener Konsumverein für seine Mitglieder regelmäßige Unierhaltungsabende ein­ richtet.

Das KG. (Johow 18, 27) sucht nach

Genossenschaftswesens

festzustellen,

der geschichtlichen Entwicklung

des

„daß nur solche Vereinigungen dem Gesetz ent­

sprechen, die ihr Geschäft grundsätzlich mit ihren Mitgliedern betreiben und auf diese Parisrus-Cruger, Genossenschaftsgesetz

7 Aufl.

4

50

Genossenschaftsgesetz.

unmittelbare Art deren Erwerb oder Wirtschaft fördern. Eine Vrreinigung. die lediglich darauf gerichtet ist, durch den Geschäftsbetrieb mit Nichtmitgliedern den Mit­ gliedern Gewinn zuzuführen, erfüllt nicht die gesetzlichen Bedingungen des § 1. Sie wird bei erfolgreicher Tätigkeit die Einnahmen der Mitglieder vermehren, aber sie kann die Mitglieder nicht, wie der § 1 des Gesetzes dies voraussetzt, kurch Gefchäftsschlüsse in ihrem eigentümlichen Erwerbsberuf oder in ihrer Wirtschaft fördern." Das KG. (Johow 37, 17, ebenso unter Berufung auf 18, 2?) hat zweifel­ los ganz recht, wenn es sich aus den KommBer. des Pr. Abg.-H. von 1866 (Druck­ sachen Nr. 60 S. 25) beruft, wo es heißt: „Der innerste Kern der Verschiedenheit (von der offenen Handelsgesellschaft) tritt aber bei den allermeisten Genossenschaften in dem Endziele des Geschäftsbetriebes hervor. Der Genossenschafter bezweckt nicht, durch seine Teilnahme sich unmittelbar einen Gelvinn zu verschaffen, welcher einen Teil seines Einkommens bildet, sondern er sucht... zu den Hilfsmitteln für seinen Geschäfts­ betrieb ... zu gelangen." Das KG. übersieht aber, daß in den KommBer. die Rede ist von den „allermeisten" Genossenschaften, also es gibt auch andere Genossenschaften. Und ferner: Das Deklarationsgesetz von 1871 hat ausdrücklich die Zulassung des Geschäfts­ verkehrs mit Nichtmilgliedern anerkannt und damit ausgesprochen, daß auch der „Erwerb" der Mitglieder noch in anderer Weise gefördert werden kann als „durch wechselseitige Ausgleichung". Dieser Auffassung entspricht letzt § 8. Das Prinzip, daß die Genossenschaften ihre Geschäftstätigkeit im Interesse der Mitglieder ausüben sollen, sagt überdies auch nichts für die Art, wie der Erwerb gefördert werden soll. Wäre die Ansicht des KG. richtig, müßte das Negistergericht von Fall zu Fall Untersuchungen darüber anstellen, in welcher Weise die Genossenschaft auf die Förderung des Erwerbes ihrer Mitglieder gerichtet ist. Die Konsequenzen sind unhaltbar, zumal bei der immer mannigfaltigeren Entwicklung des Genossenschaftswesens. Das Gesetz gibt in § 1 gar keine Handhabe für die Annahme, daß die Geschäftsabschlüsse der Genossenschaft die Mit­ glieder „in ihrem eigentümlichen Erwerbsberus" berühren müssen, das Gesetz wülde auch sonst die Gründung von Produklivgenossenschaften z. B. meist unmöglich machen. Gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb der Mitglieder zur Förderung ihres Erwerbes besagt nicht durch Geschäfte, die den Erwerbsberuf der Mitglieder betreffen. Die Förderung des Erwerbes der Mitglieder bezwecken alle Erwerbsgesellschaften, gleichviel, was der Gegenstand des Unternehmens ist. Gesellschaften, welche euie Turnhalle, ein Gesellschaftshaus bauen, um aus der Vermietung, oder ein Kranken­ haus, eine Kaltwasserheilanstalt herstellen, um aus dem geschäftlichen Betriebe Gewinn für die Mitglieder zu ziehen, können sich zu diesem Zwecke als EG. konstituieren, desgleichen Gesellschaften zur Verwaltung von Grundstücken, zur Verwertung von Sälen usw.: wohingegen eine Religionsgesellschaft, die sich ihr Gotteshaus, ein Turn­ verein, der sich seine Turnhalle zum eigenen Gebrauch baut, ebensowenig eintragungs­ fähig ist, wie ein Verein, der in wohltätiger oder gemeinnütziger Absicht ent Kranken­ haus oder eine Heilanstalt irgendwelcher Art gründet und unterhält oder auf andere Weise Wohltätigkeit übt. Die Grenzen sind natürlich flüssig und wird alles von der Auslegung des Statuts abhängen, und in der Regel wird die Gesellschaft zur ein­ tragungsfähigen Genossenschaft gestaltet werden können. Der Prüfung des Gerichts unterliegt nur die Fassung des Statuts und der sich hieraus ergebende Gegenstand des Unternehmens. Es erstreckt sich auch die Prüfung nicht darauf, ob der Geschäfts­ betrieb dem Gegenstand des Unternehmens entsprechen wird. Es kann der Fall ein­ treten, daß die Bestimmung des Statuts Ziel und Zweck der Genossenschaft nur scheinbar angibt in der erkennbaren Absicht, eine rein formale Anwendung des Gesetzes zu.

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

ermöglichen (2G. Berlin Urteil vom 18. III. 07,

§ 1.

BlfG. 1907

51

S. 258).

Ob

eine

solche Genosseischaft gegenüber Maßnahmen des Gerichts oder der Behörde gesichert ist?

§ 81 ist nicht anwendbar.

Platz greifen, denn Ebenfalls

kam

Auch das Nichiigkeitsverfahren (§§ 94ff) wird nicht

der statutarische Gegenstand des Unternehmens ist nicht nichtig.

HGB. § 37 nicht

angewandt werden,

denn

dem im Statrt angegebenen Gegenstand des Unternehmens.

die Firma entspricht

Es kann nur zivilrecht­

liche Veranlwirtung von Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft gegenüber in Betracht komnen, wenn sie entgegen dem „Gegenstand des Unternehmens" handeln, sie werden abcr meist durch Beschlüsse der Generalversammlung oder das Verhalten der Mitglieder gedeckt sein. Entscheidend für die „Tendenz

Eintragungsfähigkeit ist nach dem gesamten Statut die

der Genossenschaft"

(Johow 14, 52).

Birkenbihl-Maurer S. 32,

Joel S. 445, Jessenberger S. 18, v. Sicherer S. 145, 151, wollen für die Unter­ ordnung unter das Gesetz den überwiegenden Zweck der Genossenschaft entscheiden lassen.

Insoweit damit die „Tendenz der Genossenschaft" gemeint ist, ist es richtig,

die Genossenschaft kann aber nur einen bestimmten Zweck haben, etwaige Nebenauf­ gaben dürfen den Zweck nicht verändern. Über Ausübung von Rechten dmch die Genossenschaft, Zutritt zu anderen Gesellschaften § 17 Erl. 1. Unbedenklich

erscheint es,

daß eine EG. den

durch rein

geschäftliche Zwecke

zusammengeführten Mitgliedern Nebenleistungen gewahrt (Unterhaltung, Bildung, Unterstützung m Not und Unglück, Zuwendungen an die Hinterbliebenen verstorbener Mitglieder u. dgl.), die außerhalb der gesetzlich zulässigen Gesellschaftszwecke liegen, aber in Gesellschaften jeder Art vorkommen können (ebenso Proebst S. 261, Birkenbihl-Maurer S. 32, 318);

denn natürlich sind Genossenschaften hierbei nicht

schlechter gestellt als andere Erwerbs- und Wirtschafts-Gesellschaften.

Auch für die

Beurteilung der Zulässigkeil der Nebenleistungen ist entscheidend die „Tendenz der Genossenschaft".

Nur wenn diese Zuwendungen den Charakter der Genossenschaft

wesentlich beeinflussen würden, wenn nach ihrem Umfange angenommen werden müßte, daß der Zweck der Genossenschaft sich aus diesen Nebenleistungen und nicht aus dem im Statut bezeichneten Gegenstände des Unternehmens ergibt, könnte gegen die Ge­ nossenschaft das Auflösungsverfahren auf Grund des § 81 eingeleitet werden (vgl. auch § 149).

Die Möglichkeit, daß eine Bestimmung des Statuts seitens der Ge­

nossenschaft mißbraucht werden kann, berechtigt das Gericht noch nicht, die Eintragung abzulehnen.

Daß die Genossenschaft an sich berechtigt ist, Teile des Reingewinns zu

Zwecken zu verwenden, die nicht direkt den Mitgliedern gleichmäßig zugute kommen, ergibt sich schon daraus, daß die Novelle von 1896 es zuläßt, daß die Ver­ teilung des Reingewinns

ausgeschlossen wird,

daß Stiftungs-Fonds

zu Zwecken gebildet werden, die gänzlich außerhalb des Rahmens der Genossenschaft liegen, vgl. hierzu auch die Verhandlungen in der Reichslags­ kommission über die Novelle 1896 (Erl zu § 20), wo die Erweiterung der Fassung des § 20 ausdrücklich mit der Erwägung begründet ist,

daß

Genossenschaften die

Förderung idealer Zwecke neben den wirtschaftlichen gesichert werden soll.

Beschlüsse

über derartige Zuwendungen, wenn dieselben nach dem Statut nicht statthaft sind, können von den Mitgliedern angefochten werden. Die Mitglieder sind ihrerseits in der Verfügung über ihre Dividende unbeschränkt. Vgl. ferner §§ 19, 48 mit Bezug auf Bewilligung von Liberalitäten und Schenkungen aus dem Reingewinn. — Schenkungen durch den Vorstand § 26 Erl. 2.

Genossenschaftsgesetz.

52

4. Förderung der Mitglieder. Unzulässig ist es, zwei Kategorien von Mitgliedern mit verschiede­ nen Rechten zu schaffen.

Das gilt auch für die Pflichten, wobei aber zu berück­

sichtigen ist, daß sich verschiedene Pflichten aus der verschiedenen Inanspruchnahme der Genossenschaften ergeben können (§ 7 Erl. 3).

Das RG. (62, 311) läßt es unent­

schieden, ob im Statut zwei Klassen von Mitgliedern mit verschiedenen Rechten und Pflichten vorgesehen werden können und stellt den Grundsatz der gleichmäßigen Be­ handlung nur für Statutenänderungen auf.

Der Widerspruch mit dem an die Spitze

gestellten Grundsatz ist wohl nur ein scheinbarer, denn das RG. hat nur im Auge den Fall, daß nicht alle Mitglieder sich an dem Gegenstand des Unternehmens beteiligen können.

So auch RG. 38,16.

Eine solche Unierscheidung ist selbstverständlich zulässig

und liegt im Wesen verschiedener Genossenschaftsarten sogar begründet.

Warum sollten

nicht Mitglieder einer Molkereigenossenschaft auch Besitzer werden, die noch gar nicht in der Lage sind, Milch Produktivgenossenschasten

zu liefern? Vorkommen.

Am bäufigsten wird die Unterscheidung bei Aber

auch

z. B.

bei Kreditgenossenschaften.

Dem Wesen der Genossenschaft aber würde es widersprechen, durch das Statut grund­ sätzlich bestimmte Mitglieder von dem Gebrauch der genossenschaftlichen Einrichtung auszuschließen, denn das wäre unvereinbar mit „Förderung von Erwerb und Wirt­ schaft der Mitglieder".

Zulässig ist es, die Mitglieder an gewissen Einrichtungen nur

unter bestimmten Voraussetzungen teilnehmen zu lassen, z. B. bei der Baugenossenschaft den Erwerb eines Hauses an die Bedingung zu knüpfen, daß ein Minimalguthaben eingezahlt ist,

oder daß Vereinswohnungen nur an „minderbegüterte Familien" ver­

mietet werden sollen.

So auch KG. in dem Beschl v. 14. III. 07 (BlsG. 1909 S. 715):

„Die satzungsgemäße Ausnahme wohlhabender Mitglieder namentlich auch von Korpora­ tionen steht mit dem Vereinszweck nicht in Widerspruch, sie ist für den Verein erwünscht und notwendig, um ihm die nötigen Mittel und den nötigen Kredit zu verschaffen." Dem RG. (62, 308) ist darin beizutreten,

daß bei Abänderungen der statuta­

rischen Rechte der Mitglieder alle Genossen gleich behandelt werden müssen und daß gegenüber dem später beigetretenen Genossen der Inhalt der Satzungen zur Zeit seines Beitritts gilt.

Aber nicht so bedingungslos ist dies zutreffend. Die Bestimmungen

über Gewinnverteilung und Verteilung des Vereinsvermögens können z. B. durch Statutenänderung geändert werden (§ 43 Erl. 1).

Unzulässig ist selbstverständlich durch

Generalversammlungsbeschluß die Rechtslage einzelner Genossen zu ändern, wenn das Statut nicht solche Verschiedenheiten zuläßt (RG. 38, 16).

Vgl. über Sonderrechte,

Individualrechte § 43 Erl. 1; über vermögensrechtliche Pflichten § 19 Erl. 2. Während das Gericht ein Statut zu beanstanden hätte, das verschiedene Klassen von Mitgliedern schafft, kann das Gericht die Eintragung nicht deswegen beanstanden, weil nach seiner Ansicht nicht alle die Mitgliedschaft erwerben können, auf die sich das Statut bezieht; vgl. RG. 62, 311, wo der Fall behandelt ist, daß Personen zu Genossen aufgenommen werden, die nach den Bestimmungen über Bildung des Geschäftsanteils keinen Geschäftsanteil haben können — ein Fall, der eigentlich nicht denkbar ist, daß bis zum 10. Teile des Geschäftsanteils die Bildung durch Statut für alle Mitglieder in gleicher Weise vorgesehen werden muß. Die Gesellschaft muß die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder bezwecken.

Darüber, was unter Geschäftsbetrieb mit Mchtmitgliedern

im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist vgl. Erl. 5. Förderung der eigenen Mitglieder gehen.

Der Geschäftsbetrieb muß auf

Es ist Tatfrage, ob dies der Fall ist.

Wenn eine Anzahl Fabrikbesitzer sich vereinigen und mit ihrem Kapital einen Laden

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§ 1.

53

(eine Konsumanstalt) errichten, um ihren Arbeitern die Lebensbedürfnisse gut und billig zu verschaffen, ohne einen anderen Gewinn als mäßige Verzinsung des Anlage­ kapitals zu beabsichtigen, so ist diese Gesellschaft nicht eintragungsfähig, weil die Gesellschastsmitglieder nicht die eigene Wirtschaft und den eigenen Erwerb, sondern die Wirtschaft des Arbeiters zu fördern bezwecken.

Ganz ebenso verhält es sich mit den

sogenannten gemeinnützigen Baugesellschaften (nicht zu verwechseln mit den sog. gemeinnützigen Baugenossenschaften) und mit den Volksküchen.

Die Mitglieder des

Vereins sind nicht die, welche das preiswürdige Essen verzehren und dadurch sparen, sondern Personen aus besseren Gesellschaftskreisen.

Der Vereinszweck ist Förderung

der Wirtschaft anderer Personen, und die Mitglieder streben nicht nach Förderung ihres Erwerbes durch die Volksküche.

In Breslau und Halle sind Landarbeiter­

heime als Genossenschaften eingetragen, obgleich sich Großgrundbesitzer vereinigt hatten, um Arbeiterheime zu gründen; die Ursache für die Wahl der Genossenschaft war offen­ bar, durch Anschluß an eine Verbandskasse billigen Kredit zu erhalten, diesen konnte man aber nur für die Genossenschaft erlangen. Aber hier kann schließlich noch auf eine Förderung des „Erwerbes der Mitglieder" geschlossen werden, da die Beschaffung von Arbeiterwohnungen den Mitgliedern der Genossenschaft, den Großgrundbesitzern in ihrem Erwerbsinteresse förderlich ist.

Daß Förderung des Erwerbs der Mitglieder

den Erwerb im weitesten Sinne versteht, ist m Erl. 3 dargelegt. Zweifelhaft war es, weil die Genossenschaft Erwerb und Wirtschaft der Mit­ glieder fördern soll, ob Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit die Form der eingetragenen Genossenschaften wählen durften.

Schulze-Delitzsch war

nicht der Ansicht. Da sich die Zahl der als Genossenschaften eingetragenen Versicherungs­ gesellschaften mehrte, beantragte er in seiner Novelle von 1876 einen Zusatz zu Z 1: „Ausgeschlossen sind Versicherungsgesellschaften jeder Art." In der Neichstagskommission 1876 wurde mehrfach, namentlich auch seitens der Vertreter des Bundesrats, der Ansicht Schulzes von der Unzulässigkeit der Eintragung von Versicherungsgesellschaften wider­ sprochen, aber sein Antrag angenommen. Schulze hat denselben bei jeder Ergänzung oder Änderung seiner Novelle aufrechterhalten, aber in der Begründung nur den zweiten Punkt aufgeführt?) In der Begründung des neuen Gesetzes ist die Ablehnung des Vorschlages Schulzes motiviert: „Unter den Zwecken des § 1 findet an sich auch die gegenseitige Versicherung gegen Schaden eine Stelle; denn die allgemeinen Voraussetzungen des Gesetzes sind mit diesem Gegenstände des Unternehmens voll­ kommen vereinbar. . . Die Frage der Gesellschaftsform für Versicherungsvereine wird nur im Zusammenhang einer gesetzlichen Regelung des Versicherungswesens zu lösen sein, und es wäre bedenklich, ohne Rücksicht hierauf eine Assoziationsart, die für be­ schränktere Versicherungszwecke wohl anwendbar sein kann, gänzlich auszu­ schließen" (Begr. I 87).

In der Reichstagskommission wurde die Frage nicht erörtert.

Es war also, wie früher, bei jeder Versicherungsgesellschaft, die sich zur Eintragung meldete, zu prüfen, ob sie den Vorschriften des Gesetzes entspricht. zwischen durch das Gesetz vom 12. V. 01 gelöst.

Die Frage ist in­

Vgl. die geschichtliche Darstellung

der Frage in den früheren Auflagen. Die Neubegründung von Versicherungsunternehmungen ist in der Form der EG. ausgeschlossen, das Gesetz bezieht sich auf Lebensversicherungen, Unfall-, Haftpflicht-, Waisen-, Aussteuer- und Militärdienstversicherungen, gleicbviel ob auf Kapital oder Renten.

Die bestehenden EG., welche Versicherungsgeschäfte betreiben, unterstehen auch

*) Vgl. Schulze-Delitzsch S. 17.

54

Genossenschaftsgesetz.

fernerhin dem Genossenschaftsgesetz, wobei das Privatversicherungsgesetz nach Maßgabe des § 102 desselben zur Anwendung kommt.

Würde gleichwohl eine EG. für den

Betrieb von Versicherungsgeschäften eingetragen sein, so könnte gegen die Genossenschaft nicht im Wege der Auflösung nach § 81 vorgegangen werden, sondern nur mit dem Nlchtigkeitsverfahren

(§§ 94ff., FGG. §§ 147,

142).

Ein

Versicherungsunter­

nehmen, das seinen Mitgliedern Unterstützung gewährt, ohne ihnen einen Rechts­ anspruch darauf einzuräumen.mithin den Vorschriften des Privatversicherungs­ gesetzes nicht unterliegt, kann die Form der EG. annehmen.

Erforderlich ist nur, daß

die Genossenschaft im Statut jeden Rechtsanspruch der Mitglieder auf Entschädi­ gung ausschließt,

ohne Bedeutung

dagegen ist.

ob tatsächlich die Mitglieder bei

normalem Verlauf der Dinge die Entschädigung in vollem Umfange erwarten dürfen (Johow 32, 164, BlfG. 1906 S 147). 5. Gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb, Gewerbebetrieb.

Beschrän­

kungen durch Gewerbeordnung und andere Gesetze. Vgl.

Erl

3.

Die

Begriffsbestimmung

betriebs" ist verschieden ausgelegt.

„mittels

liche Betrieb eines Geschäfts und nicht, wie v meinschaftlicher Abschluß von Rechtsgeschäften". schäftlichen"

Charakter haben.

Es

gemeinschaftlichen

Geschäfts­

Es ist darunter zu verstehen der gemeinschaft­ Sicherer (S. 150) annimmt, „ge­

Das Unternehmen muß einen „ge­

soll keine Wohltätigkeitsanstalt

„gemeinnützig" hindert aber nicht die Eintragung.

sein.

Der Zusatz

Das Wort „gemeinschaftlich"

paßt nicht recht in die Rechtsnatur der EG., die Rechtspersönlichkeit hat, denn die Geschäfte der Genossenschaft werden nicht durch die Mitglieder „gemeinschaftlich", son­ dern durch die gesetzliche Vertretung, den Vorstand, geführt.

Das Wort „Geschäfts­

betrieb" setzt eine dauernde, in sich geschlossene Tätigkeit voraus, ein „Unternehmen" (8 6 Erl. 4), nach dem sich auch die Bezeichnung der Firma zu richten hat (§ 3 Abs. 1). Ebenso Joel S. 446 gegen Sicherer.

Wäre die Auslegung Sicherers richtig, so könnte

sich eine Genossenschaft auch für einen bestimmten Fall zum Abschluß von einzelnen Rechtsgeschäften bilden; dies aber widerspricht nicht allein dem Worte „Geschäftsbetrieb", sondern auch

der Voraussetzung des § 3, daß die Genossenschaft ein „Unternehmen"

zum Gegenstände produkten-

und

haben soll.

Warenbörse"

Mit Recht ist abgelehnt,

da

daher

die Eintragung einer „Landes­

dieselbe nur den Mitgliedern für den

Abschluß ihrer Geschäfte dient, aber nicht die Förderung des Erwerbes im Wege des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes (Busch, Archiv 24, 287) bezweckt. zulässig

und

die Eintragung

ausschließen würde

daher

Un­

auch eine Bestimmung des

Statuts, nach welcher der Geschäftsbetrieb einem Dritten übertragen wird oder unter gewissen Voraussetzungen ruhen soll.

Für die Beurteilung der Eintragungs­

fähigkeit ist maßgebend der Inhalt des Statuts. RG. 3,128. genossenschaft

Für Aktiengesellschaften vgl. dagegen

Es ist Birkenbihl-Maurer (S. 34) darin beizustimmen, daß eine Molkerei­ nicht

eintragungsfähig

sein würde,

welche

sich darauf beschränkt, die

Milchlieferung ihrer Genossen zu verpachten; freilich müßte sich dies aus dem Statut ergeben, denn eine bestehende Genossenschaft kann nicht behindert werden, den Betrieb abzugeben, das Gesetz wenigstens bietet keine Handhabe gegen eine Genossenschaft einzu­ schreiten, die ihren Geschäftsbetrieb abgibt oder sonst einstellt, wenn sie nur die gesetz­ lichen Pflichten einer Genossenschaft erfüllt, z. B. § 33 beobachtet.

Die Ausführungen in

der 4. Auflage stehen hiermit nicht im Widerspruch, was ausdrücklich festgestellt sein mag.

Die in den letzten Jahren als sog. Buch lassen begründeten Verbandskassen

von Kreditgenossenschaften bestehen ebenfalls nicht zu Recht, da von einem Geschäfts­ betrieb

bei ihnen

wohl

keine

Rede

sein

kann,

sie

sind

höchstens

Filialen

der

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§ 1.

55

Preußischen Zentral-Genossenschafts-Kasse. Das Statut wird freilich in der R-egel keine Auskunft darüber geben, ob die Genossenschaft der Be­ griffsbestimmung genügt. Das OLG. Naumburg hat (Beschl. v. 3. I. 03, BlfG. 1905 S. 314) den gemein­ schaftlichen Geschäftsbetrieb bei einem Markenkonsumverein als vorhanden angenommen, „denn es verschaffen die Vorstandsmitglieder durch diese Tätigkeit den Mitgliedern ihres Vereins für bestimmte Bedürfnisse eine billigere Einkaufsquelle, üben somit dadurch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb aus, welcher die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft der Mitglieder zum Zwecke hat." In den Motiven des preußischen Regierungsentwurfs vom 2. Februar 1866 (Drucksachen, Herrenhaus Nr. 10 S. 25) zu § 1 wird von diesen Vereinen gesagt, daß sie „nicht hierher gehören, weil bei denselben ein gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb ihrer Mitglieder überhaupt nicht stattfindet". Zweifellos zulässig ist das Lieferantengeschäft der KonsumVereine. Es kann nur auf eine blinde Agitation gegen die Konsumvereine zurück­ geführt werden, wenn der Versuch gemacht ist, auf Grund der §§ 1, 149 die Un­ zulässigkeit des Abschlusses von Lieferantenverträgen seitens der Konsumvereine zu be­ haupten, oder die Ausgabe von Lieferantenmarken als „unlauteren Wettbewerb" zu verfolgen, vgl. BlfG. 1910 S. 119, 459. Die Genossenschaft hat die allgemein für den Gewerbebetrieb oder bestimmte Gewerbe geltenden reichs-und landesgesetzlichen Vorschriften zu befolgen, wobei allerdings in jedem Falle zu prüfen ist, ob der Ge­ schäftsbetrieb auch als Gewerbe zu betrachten ist. Das ist bei distribu­ tiven Genossenschaften der Fall, wenn der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft über den Kreis der Mitglieder hinausgeht — bei den produktiven Ge­ nossenschaften kommen die allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätze zur Anwendung. Was bei einer EG. unter einem Geschäftsbetrieb mit Nichtmitgliedern zu verstehen ist, kann nicht zweifelhaft sein, wenn man den Geschäftsbetrieb in seine Einzelheiten zer­ legt. Der Geschäftsbetrieb der Genossenschaften zerfällt in zwei Teile: erstens müssen sie Geschäfte betreiben, um imstande zu sein, Erwerb und Wirtschaft ihrer Mitglieder zu fördern, also z. B. Vorschußvereine sich Geld verschaffen, Rohstoff­ vereine, Konsumvereine Waren einkaufen, Produktivgenossenschaften Waren verkaufen, Werkgenossenschaften Geräte anschaffen usw. Diese Geschäfte bilden stets nur Mittel zum Zweck. Zweitens aber geht ihr Geschäftsbetrieb auf Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder, sie machen ihre Tätigkeit für die Mitglieder nutzbar, also z. B. Vorschubvereine leihen diesen Geld, Rohstoffoereine, Konsumvereine geben an diese Waren ab, Produktivgenossenschaften, im eigentlichen Sinne, lassen von diesen Waren herstellen, Werkgenossenschaften verleihen an diese die Geräte. Unstreitig kann der erste Teil des Geschäftsbetriebes auf Mitglieder nicht beschränkt werden, derselbe muß der Genossenschaft auch mit Nichtmitgliedern gestattet sein, soll sie überhaupt bestehen können (Begr. 175, II 51). Anders verhalt es sich mit dem zweiten Teil: die Genossenschaft kann selbstverständlich ihre Zwecke erfüllen, auch ohne daß sie Nicht­ milglieder an denselben teilnehmen läßt. Vgl. über die gesetzlichen Beschrän­ kungen § 8. Eine besondere Erläuterung erfordert die Ausdehnung des Geschäftsbetriebes aus Nichtmitglieder bei Produktivgenossenschaften. Es sind zu diesem Zweck die drei Arten solcher Genossenschaften zu unterscheiden: 1. Genossenschaften, bei denen sich Genossen desselben Gewerbes ev. unter Zuziehung von Kapitalisten usw. zusammentun, um gemeinschaftlich Waren anzufertigen bzw. zu verarbeiten; Zweck der Genossenschaft

Genossenschaftsgesetz.

56

ist Besserung des Erwerbes der arbeitenden (produzierenden) Mitglieder. eine Ausdehnung

des Geschäftsbetriebes

auf Nichtmitglieder noch

nicht

Hier liegt vor,

wenn,

was nicht zu vermeiden ist, vorübergehend zur Aushilfe fremde Arbeitskräfte im Be­ triebe eingestellt werden (vgl. Proebst S. 52).

2. Genossenschaften, zu denen sich eine

Anzahl Personen vereinigen, um für den eigenen Gebrauch Waren herzustellen; dahin gehören in der Regel Bäckereigenossenschaften, bei denen Gegenstand des Unternehmens ist, die Mitglieder mit gutem Brot zu versorgen.

Nach der Definition des Gesetzes

sind dies Produktivgenossenschasten, wirtschaftlich stehen sie den Konsumvereinen gleich (Erl. 10).

Bei ihnen liegt eine Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Nichtmitglieder

dann vor, wenn die Ware auch an Nichtmilglieder verkauft wird. der Produktion

betreibt,

zwerg Produktivgenossenschaft (Erl. 11). Konsumvereine Produktion

liegt,

Inwieweit in einzelnen Geschäftszweigen der

ist Tatfrage.

3. Kommen

schaften, die allerdings auf Produktion gerichtet sind, Aktiengesellschaften

von

einer Beschränkung

in Betracht Genossen­

bei denen

aber nur die äußere Form des Geschäftsbetriebes abgibt. bei

Ein Konsumverein,

z. B. eine Bäckerei hat, wird dadurch für diesen Geschäfts­

die „Genossenschaft"

Hier kann ebensowenig wie

des Betriebes

auf Mitglieder

oder

Ausdehnung auf Nichtmitglieder die Rede sein, § 8 Ziffer 5 muß deswegen bei solchen Genossenschaften

außer

Sicherheit feststellen, Bon

Anwendung

zu

welcher

landwirtschaftlichen

solche in Betracht,

bleiben.

der

Zuweilen

drei Arten

läßt

sich

freilich nicht mit

die Produktivgenossenschaft gehört.

Produktivgenossenschaften

kommen hauptsächlich

die sich auf einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb beziehen,

Milch, Obstverwertung usw.

Eine

Ausdehnung

des

Geschäftsbetriebes

wie

auf Nicht­

mitglieder liegt bei denselben vor, wenn sie zu verarbeitende Rohstoffe auch von Nicht­ milgliedern annehmen. Die Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Nichtmitglieder ist vor allem von allgemein rechtlicher Bedeutung, weil durch dieselbe der Geschäftsbetrieb der

distributiven

Genossenschaften

Magazingenossenschaften)

den

(Kredit-,

Charakter

Rohstoff-,

Konsum-, Werk-,

des Gewerbebetriebes bekommen,

Bau-, denn

diese Ausdehnung hat zur Folge, daß die Genossenschaft Gewinn erzielen will, was bei den distributiven Genossenschaften

dann

nicht

der Fall ist, wenn sie ihren

Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränken, da ihre Tendenz dann nicht auf Erzielung von Gewinn, sondern von Ersparnissen für die Mitglieder gerichtet ist (Johow 21, 75).

Auf solche Genossenschaften kommen daher auch die für Gewerbe­

treibende geltenden Bestimmungen ausdrücklich

für

anwendbar

nur

erklären,

insoweit

zur Anwendung, als die Gesetze sie

während die mit Nichtmltgliedern arbeitenden

distributiven Genossenschaften den Gewerbetreibenden gleich zu behandeln sind. Es ist in der Rechtsprechung fast allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz, daß der Geschäftsbetrieb einer distributiven Genossenschaft, den Kreis der Mitglieder beschränkt,

sobald

sich

derselbe auf

kein Gewerbe ist, da er nicht auf

Gewinn gerichtet ist, folgltch auch nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliegt (vgl. § 17 Erl. 1; RG. Strafsachen 5, 112; Reger Entsch. II S. 5; Pony Verwaltungsrecht II S. 170; Johow 9, 191, 11, 218; 21, 77; OVG. 2,33, 9,282, 11,54, 16,86, 22,315; Urteil vom 26. X. 91, mitgeteilt in BlfG. 1892 S. 9; RG. 38, 20). Das KG. erklärt (Johow 21, 75) in Übereinstimmung mit der GerichtsPraxis und der Rechtswissenschaft: es „gehört zur Gewerbemäßigkeit eines Geschäfts­ betriebes, daß die Absicht besteht, aus der einen Komplex von Geschäften umfassenden Tätigkeit eine dauernde Einnahmequelle zu machen"; und die Absicht wird bei einem Konsumverein, der nur an Mitglieder Waren abgeben will, verneint.

Es heißt dort

Erster Abschnitt. mit

Bezug auf die von

Errichtung der Genossenschaft.

57

§ 1.

einem solchen Konsumverein zur Verteilung

kommenden

Div irden den, daß „diese sich nicht als eine den Mitgliedern aus einem Handel zufließemde Einnahme, sondern als Rückzahlung eines Teils des von ihnen für die Warem entrichteten Preises darstellt".

Eine Ausnahmestellung in dieser Rechtsprechung

nehmen nur die Kgl. Sächsischen Gerichte ein, welche in dem Geschäftsbetrieb jeder Genossenschaft einen Gewerbebetrieb

sehen,

sächlichen Verhältnissen im Widerspruch.

diese Annahme steht aber mit den tat­

Auch in den Motiven zu dem Gesetzentwurf

betr. die Bekämpfung des Mißbrauchs geistiger Getränke ist anerkannt:

„Rach dem

bestehenden Rechte unterliegen nur Vereine, welche den Gewerbebetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hinaus erstrecken, den Vorschriften der Gewerbeordnung" (Motive zu § 22 des Entwurfs, in der ersten und zweiten Beilage des Reichsanzeigers Nr. 200 vom 26. August 189 l mitgeteilt). Durch

die Novelle

zur

Vgl. über den „Kundengewinn" § 19 Erl. 2. Gewerbeordnung

vom

6. VIII. 96

sind

die Be­

stimmungen über die Sonntagsruhe (§ 41a, vgl. früher in betreff der Anwendung der Vorschriften vom

über

20. V. 93,

die Sonntagsruhe das Urteil des OLG. zu Braunschweig

BlfG. 1893 S. 394,

das

Ministerialresknpt

vom

11. III. 93,

BlfG. 1894 S. 146) ausdrücklich auch auf die Vereine für anwendbar erklärt, die ihren Geschäftsbetrieb nur auf den Kreis der Mitglieder beschränken.

So unterwerfen auch

die neuen Gewerbesteuergesetze die Genossenschaften der Gewerbesteuerpflicht, ohne Rücksicht auf die Ausdehnung des Geschäftsbetriebes über den Kreis der Mit­ glieder hinaus. Zum Teil auch sind die Konsumvereine dadurch unter die für die Gewerbetreibenden gellenden Bestimmungen gebracht, daß ihr Geschäftsverkehr als „öffentlicher Verkehr" betrachtet wurde, vgl. OVG. vom 15. X. 90, BlfG. 1891 S. 89 (vgl. S. 61). Die Rechtsprechung jedoch schwankt, so hat das OLG. Hamm (BlfG. 1905 S. 545) die Bestimmungen des Margarinegesetzes auf einen KonsumVerein, der Waren nur an Mitglieder abgibt, für nicht anwendbar erklärt. Das Gesetz betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung vom 30. VI. 00 hat den Ab­ schnitt VI (Gehilfen, Lehrlinge otnb Arbeiter in offenen Verkaufsstellen) §§ 139 ff. ein­ gefügt betreffend die Ruhezeit, Mittagspausen und den Lad enschluß. § 139m bestimmt: „Die Bestimmungen der §§ 139 c bis 139i finden auf den Geschäftsbetrieb der Konsum- und anderer Vereine entsprechende Anwendung". abgesehen

von

dem Ladenschluß,

Hieraus ergeben sich,

der Beschäftigung der Angestellten, wichtige Be­

stimmungen für die Aufnahme der Inventur.

Die Mitwirkung der Gehilfen

und Arbeiter bei der Inventur ist nicht zu entbehren, und für die Konsumvereine eignet sich zur Inventur kaum ein anderer Tag wie der Sonntag.

Die Gewerbe­

ordnung sieht nur eine Ausnahme vor und bestimmt im § 105 c, daß die Vorschriften aus § 105b über die Beschäftigung von Gehilfen und Arbeitern an Sonn- und Feier­ tagen keine Anwendung finden sollen, „für einen Sonntag zur Durchführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur". Gesetzlich vorgeschrieben ist aber nur die für die Aufstellung der Bilanz erforderliche Inventur. Über das dann aufzustellende Ver­ zeichnis der Arbeiter vgl. § 105 c.

Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sind für

die von ihnen selbst zu besorgenden Arbeiten bei der Inventur durch die Bestimmungen der Gewerbeordnung nickt eingeschränkt, vgl. § 31 Erl. 3.

Für die Sonntagsruhe

gilt, daß mit Eintritt der festgesetzten Stunde auch die Beschäftigung aushört (§ 105b); anders für die Ruhezeit (§ 139e).

Für Frau und Tochter eines Lagerhalters, die

im Geschäft behilflich sind, finden die Bestimmungen über die ununterbrochene lOstündige Ruhezeit (§ 139 c der Gewerbeordnung) keine Anwendung, da dieselben nicht zu den Gesellen, Gehilfen und Lehrlingen gehören, für die das Gesetz die Einhaltung der

Genossenschaftsgesetz.

58

Ruhezeit vorschreibt (BlfG. 1901 S. 370), es sei denn, daß nach dem AnstellungsVertrag, der mit dem Lagerhalter abgeschlossen ist, anzunehmen ist, daß Frau und Tochter des Lagerhalters im Dienst der Genossenschaft stehen. Unrichtigerweise ist zuweilen der Versuch gemacht, den § 15 a der Gewerbeordnung, betreffend die Anbringung von Firmenschildern an der Außenseite der Geschäfts­ lokale, auf Genossenschaften anzuwenden;

EG. sind in § 15a der Gewerbeordnung

nicht aufgeführt, und da auch sonst eine gesetzliche Bestimmung nicht besteht, wonach die EG.

ihre Firma

an

der Außenseite

der Geschäftslokale

könnten höchstens Polizeiverordnungen in Betracht kommen.

anzubringen

haben,

so

Es ist aber zweifelhaft,

ob, nachdem nun durch § 15a der Gewerbeordnung die Materie geregelt ist, noch die Entscheidung

des

KG. vom 15. III

Polizeiverordnungen

für

rechtsgültig

94

aufrechterhalten

erklärt

sind,

die

werden

bestimmen,

kann, daß

durch

die

an jedem

offenen Geschäftslokale der Name des Inhabers oder die Bezeichnung seiner ein­ getragenen Firma anzubringen sei (BlfG. 1899 S. 517). Für Konsumvereine ist von Bedeutung, daß § 16 der Gewerbeordnung betreffend die Errichtung von Schlächtereien dann nicht auf sie Anwendung findet, wenn das in den Behausungen des Lieferanten geschlachtete Vieh in den Räumen des Vereins lediglich zum Verkauf hergerichtet wird (BlfG. 1901 S. 179).

Vgl. im übrigen für

den Fleischhandel das Reichsgesetz vom 3. VI. 00, dessen Vorschriften auch von den Konsumvereinen zu beobachten sind. In betreff der Maß- und Gewichtsordnung haben das OVG. (Entsch. 20, 426, BlfB. 1891 S. 89), der Erlaß des württembergischen Ministers des Innern vom 25. VI. 91, der Erlaß

der preußischen Minister

des Innern

und

für Handel und

Gewerbe vom 21. I. 91 die Konsumvereine tatsächlich der Maß- und Gewichtsordnung unterstellt; in betreff des Begriffs „offener Laden" vgl. OVG. Staatssteuersachen 11, 398, 12, 259; BlfG. 1893 S. 266, 1900 S. 188, 1902 S. 280, § 8 Erl. 11. Über den Begriff „öffentlich" Erl. 5 am Ende. Nach der neuen Maß- und Gewichts­ ordnung vom 30. V. 08 § 22 sind alle Konsumvereine derselben unterstellt. Das Reichsversicherungsamt hat entschieden, daß der Geschäftsbetrieb eines KonsumVereins nicht als ein mit dem Handelsgewerbe verbundener Lagerbetrieb zu betrachten, daher nicht als versicherungspflichtig zur Lagereiberussgenossenschaft gehöre (BlfG. 1902 S. 258). Über die Stellung der Genossenschaften zu Handels- und Handwerkskammern, zu Gewerbe - und Kaufmannsgerichten BlfG. 1898 S. 121; 1905 S. 454ff., 461 ff. Über den Geschäftsbetrieb einer Molkereigenossenschaft hat sich das KG. (DJZ. 1901 S. 74) dahin ausgesprochen: daß die Genossenschaft dienendes Glied und Bestandteil der einzelnen Landwirtschaften bleibt; ihre Erzeugnisse bleiben Erzeugnisse der Landwirtschaft. werbeordnung.

So gelangt das KG. zur Nichtanwendung des § 148 Nr. 7 Ge­

Vgl. auch Johow 7, 287.

Jedenfalls kann hier aber nur an solche

Molkereigenossenschaften gedacht werden, die sich auf Vertrieb und Bearbeitung der von ihren Mitgliedern eingelieferten Milch beschränken. RG. gestellt (RG. Strafsachen 22, 288).

Anders hat sich zu der Frage das

Das RG. hat Genossenschaftsmolkereien, die

als EG. konstituiert sind, selbst dann unter die Gewerbeordnung gestellt, wenn sie aus­ schließlich an Mitglieder verkaufen, „denn eine solche Rechtspersönlichkeit ist ein von den einzelnen Mitgliedern verschiedenes Nechtsobjekt; als eine Einheit, eine Gesamtheit ist sie die Trägerin der Rechte und Pflichten.

Ein Gewerbe der in Rede stehenden

Art wird von ihr — von ihrem Vertreter — als Mitgliedern als ein Nebengewerbe betrieben."

ein

selbständiges,

nicht

von den

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§ 1.

59

Über die Beschäftigung von Arbeiterinnen in Meiereien und Betrieben zur Sterilisierung von Milch ist die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 17. VII. 95 (RGBl. S. 420) ergangen. Nach dem Hypothekenbankgesetz vom 13. VII. 99 (§2) ist EG. der Betrieb eines Unternehmens der int § 1 Absatz 1 bezeichneten Art untersagt.

§ 1 Absatz 1

bestimmt: „Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens in der hypothekarischen Beleihung von Grundstücken und der Ausgabe von Schuldverschreibungen auf Grund der erworbenen Hypotheken besteht (Hypothekenbanken), bedürfen zur Ausübung ihres Geschäftsbetriebes der Genehmigung des Bundesrats."

Auf die bei dem Inkrafttreten des Gesetzes in das Genossenschasts-

register EG. findet, sofern sie vor dem 1. Mai 1889 gemäß den Bestimmungen ihrer Satzungen die int § 1 Absatz 1 bezeichneten Geschäfte betrieben haben, die Vorschrift des § 2 keine Anwendung (§ 45 des Hypothekenbankgesetzes). Solche Genossenschaften sind nunmehr dem Hypothekenbankgesetz unterstellt. Über die Folgen des Verstoßes vgl. unten S. 61. Über Versicherungsgesellschaften vgl. Erl. 4. „Vereinigungen zu dem Zweck, ein Gut zu kaufen, zu bewirtschaften, zu parzellieren, ländliche Wirtschaften zu errichten," können sich in der Form von Genossenschaften bilden, wie dies der Kommissar des Bundesrats int Reichstage am 4. IV. 89 (StBer. S. 1291) auf Befragen ausdrücklich bestätigte. Solche Ackerbau-Genossenschaften, namentlich zu dem Zwecke, durch Überlassung der Parzellen an die Mitglieder diese zu Landbesitzern zu machen, erfordern einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Auch eine Gesellschaft zur Kolonisation kann sehr wohl den Voraussetzungen des § 1 ent­ sprechen; a. A. Birkenbihl-Maurer S. 318 mit Rücksicht darauf, daß es zweifelhaft ist, ob sie dem Gemeinwohl schaden oder nützen, der Tatbestand des § 81 kann hierbei aber schwerlich gegeben sein, da es bei der Kolonisation an der gesetzwidrigen Handlung fehlt; ebenso ist auch der daselbst angeführte Grund nicht stichhaltig, daß eine Gesell­ schaft zur Kolonisation „keinen der int §1 angeführten Zwecke verfolgt"; die Kolonisa­ tion soll den Erwerb der Mitglieder fördern Nach § 3 des Gesetzes über das Auswanderungswesen vom 9. VI. 97 soll EG. die Erlaubnis zu dem Geschäftsbetriebe der Beförderungen von Auswanderern nach außerdeutschen Ländern in der Regel nur erteilt werden, wenn sie im Reichsgebiete ihren Sitz haben. Zulässig ist die Bildung von Reedereigenossenschaften nach dem Gesetz, betreffend das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe vom 22. VI. 99; zur Führung der Neichsflagge sind die Kauffahrteischiffe nur dann berechtigt, wenn sie im ausschließ­ lichen Eigentum von Reichsangehörigen stehen.

Den Reichsangehörigen werden gleich-

geachtet EG., wenn sie im Inland ihren Sitz haben, vgl. Proebst S. 98, BirkenbihlMaurer S. 37, 128. Über Genossenschaften für Fischereibetrieb BlfG. 1900 S. 463. Die Zulässigkeit des Vertriebes von Arzneimitteln im Wege der Genossen­ schaft ist wegen der Vorschrift in § 367 Nr. 3 StGB, bestritten; während das Sächsische OLG. in einem Beschl. vom 26. XI. 89 es verneint, bejaht das KG. die Zulässigkeit (Johow 5, 39),

da die

„angeschafften Mittel gemeinsames Eigentum der Mitglieder

sind" und die Verteilung daher nicht unter § 367 Nr. 3 StGB, falle — die Mit­ glieder seien nicht im Sinne des Gesetzes andere. nicht zutreffend.

Diese Begründung ist jedenfalls

Da die Genossenschaft Rechtspersönlichkeit besitzt und ihr Vermögen

vollständig getrennt von den Mitgliedern ist, stehen auch die von ihr beschafften Waren

60

Genossenschaflsgesetz.

nicht im Miteigentum der Mitglieder; die Begründung mag für nicht EG. zutreffen. Richtig ist aber, daß das Verhältnis der Mitglieder zur Genossenschaft sich wesentlich anders zu dieser gestaltet, wie sonst die Beziehungen zwischen Gesellschaften und Dritten, da die Genossenschaft der Förderung von Erwerb und Wirtschaft ihrer Mitglieder dient (vgl. auch § 6 Erl. 1), und von diesem Gesichtspunkte aus kann die Anwendung des § 367 Nr. 3 StGB, auf Genossenschaften, die für ihre Mitglieder Arzneien beschaffen, ausgeschlossen

erscheinen.

Das OVG.

(25, 326 ff.)

erachtet

es

für

zulässig,

durch

Bildung einer Genossenschaft für die Mitglieder ärztliche Hilfe und Medikamente zu beschaffen,

da dies materielle Güter seien, die auf genossenschaftlichem Wege den

Mitgliedern billiger verschafft werden und Ersparung von Ausgaben Förderung der Wirtschaft sei (vgl. auch NOHG. 20, 347).

Stellt der geschäftliche Verkehr zwischen

Mitglied und Genossenschaft ein Gewerbe dar, wenn die Mitglieder der Genossen­ schaft ihre Produkte zur Verarbeitung abgeben, z. B. bei der Molkereigenossenschaft, der Winzergenossenschaft? Es ist dies z. B. wichtig für die Frage, ob die durch das Wein­ gesetz vorgesehene Buchführungspflicht auch für die Mitglieder einer Winzergenossenschaft gilt.

Die Frage dürfte zu verneinen sein, denn es handelt sich bei der Lieferung der

Trauben um eine statutarisch sich aus dem Zweck der Genossenschaft ergebende Pflicht. Die Mitglieder verzichten zugunsten der Genossenschaft auf Verarbeitung und Vertrieb der Trauben. Anders liegt es aber z. B. bei einer Magazingenossenschafr. Die Lieferungen der Waren der Mitglieder an die Genossenschaft fallen in deren Gewerbebetrieb.

Ent­

scheidend wird sein, ob der Gewerbetreibende durch die Mitgliedschaft bei der Genossen­ schaft die selbständige Verwendung der von ihm hergestellten Produkte vollständig oder wesentlich

zugunsten

der

Genossenschaft

ausgibt.

Vgl. über

die

Anwendung

einer

Körordnung Johow 7, 288 für nicht eingetragene Genossenschaften, in Verbindung mit Johow 5, 39 dürsten die gleichen Grundsätze auch für EG. gelten. Nicht geeignet

soll die

Genossenschaft

für

den Betrieb

solcher

Gewerbe

fein, die nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung bei dem Gewerbe­ treibenden eine bestimmte persönliche Qualifikation voraussetzen (OVG.9, 286 ff., RG. 13, 147); Birkenbihl-Maurer S. 37 wollen nur den Betrieb von solchen Unternehmungen ausgeschlossen wissen, die eine bestimmte technische Befähigung vor­ aussetzen (§§ 29—31 Gewerbeordnung), und auch

dies ist zutreffend.

In der Praxis ist

an Genossenschaften zuweilen die Konzession zum Kleinhandel mit Spirituosen

erteilt, und es ist nicht einzusehen, weswegen die Leitung einer Genossenschaft nicht die gleiche Garantie für eine physische Person.

die Einhaltung

einer bestimmten Ordnung

bieten

soll wie

Um so mehr ist dies anzunehmen, nachdem durch das Gesetz,

betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung vom 6. VIII. 96, die Kon­ zessionspflicht für den Kleinhandel mit Spirituosen (§ 33) auf Konsumueteilte ausgedehnt ist.

Ist anerkannt, daß der Konsumverein der Konzession

bedarf, so ist die selbstverständliche Folge, daß sie ihm erteilt werden kann.

So auch

OVG. vom 25. I. 06 in Sachen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BlfG. 1907 S. 267), und für Genossenschaften Entscheidung des Bezirksausschusses zu Oppeln vom 14. IX. 97 (BlfG. 1897 S. 502). des Innern ist ein

anderer.

Der Standpunkt des Preußischen Ministeriums

Der preußische Minister des Innern hat nach Erlaß

des Gesetzes betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung vom 6 VIII. 96 verfügt, daß nicht den Konsumvereinen als solchen, sondern nur physischen Personen, dem Ge­ schäftsführer oder dem Lagerhalter des Vereins, die Konzession erteilt werden soll. Aus den gleichen Gründen würde dann auch § 35 Gewerbeordnung aus Genossen­ schaften anwendbar sein, d. h. unter der Voraussetzung,

daß er auch für juristische

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§ 1.

61

Personen gilt. Auf den hier vertretenen Standpunkt, daß die Konzession an Ge­ nossenschaften erteilt werden kann, hat sich auch das OVG. in dem Urt. vom 11. VII. 10. BlfG. 1910 S 735 gestellt Für eine GmbH. hat das OVG. in dem Urt. vom 25. I. 06 (PreußVerwBl. 1906 S. 107) ausgesprochen, daß ihr der Handel mit Losen untersagt werden könne. Gleiches wird auch für die Genossenschaft gelten. Bei Zuwiderhandlung gegen Vorschriften der Gewerbeordnung kann gegen die Genossenschaft nur nach Maßgabe der Gewerbeordnung vorgegangen werden. § 81 kann keine Anwendung finden, denn ein Verstoß gegen die Gewerbeordnung ist keine das Gemeinwohl gefährdende Handlung. § 94 (Nichtigkeit) FGG. § 147 sind anwendbar, wenn der Gegenstand des Unternehmens mit dem GG. unvereinbar ist oder wenn andere Gesetze den Betrieb in der Form der EG. verbieten (S. 59); eine EG., die entgegen zwingenden gesetzlichen Vorschriften begründet ist, ist nichtig, es liegt dann ein Verstoß gegen § 6 Ziff. 2 vor (§ 95). Das Nlchtigkeitsverfahren aber ist jedenfalls nur dann möglich, wenn das Statut inhaltlich den unzulässigen Gegenstand des Unternehmens enthält. Hingewiesen mag auch auf § 37 HGB. werden, der anzuwenden wäre, wenn die Genossenschaft eine Firma gebraucht, zu deren Führung sie nicht berechtigt ist (§ 3 Erl. 1). Von § 37 HGB. führt auch wieder der Weg zu § 94 (Nichtigkeitsverfahren), wenn das Statut gegen § 6 Ziff. 1 verstößt. In solchen Fällen könnte auch gegebenenfalls § 81 angewandt werden. Das Gesetz enthält keine Bestimmung, daß in dem Falle, wenn der Betrieb konzessionspflichtig ist, die Konzessionsurkunde vor der Ein­ tragung beizubringen und diese von derselben abhängig zu machen ist. Das Aktiengesetz fordert im HGB. § 195 Abs 2 u. 6, das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschr. H. in § 8, daß der Anmeldung des Gesellschaftsvertrages in dem Falle, daß der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung bedarf, die Ge­ nehmigungsurkunde beizufügen ist. Eine analoge Anwendung dieser Gesetze kann nicht in Betracht kommen. Es ist im Gegenteil aus dem Fehlen der betreffenden Vor­ schriften für Genossenschaften ihre Nichtanwendbarkeit zu schließen. Der Registerrichter hat sich ausschließlich an das GG. zu halten und zu prüfen, ob nach diesem die Ein­ tragung erfolgen kann, bejahendenfalls hat er dieselbe vorzunehmen. Sache der Genossenschaft ist es dann, falls das Unternehmen konzessionspflichtig ist, die Kon­ zession einzuholen, widrigenfalls nach der Gewerbeordnung gegen sie vorgegangen wird. Wird der EG. die Konzession nicht erteilt, so bleibt ihr nichts übrig als zu liquidieren, über das zu beobachtende Verfahren und die von den Behörden zu er­ greifenden Maßnahmen vgl. BlfG. 1892 S. 173. Das KG. hat sich in dem in BlfG 1907 S. 98 mitgeteilten Falle mit der Frage beschäftigt, inwieweit das Geschaftslokal einer Genossenschaft als öffentlicher Ort zu betrachten ist. Es handelte sich um die Anwendung des § 9 des preuß. Paß­ gesetzes vom 12. V. 51 betr. Anschlagzettel an öffentlichen Orten Das KG. kommt zu dem Ergebnis: „Bei einem Verein, einer Wirtschaftsgenossenschaft, könne aller­ dings zwischen den Mitgliedern ein so enger Zusammenschluß vorhanden sein, daß die sich darin abspielenden Vorgänge aus dem Rahmen der Öffentlichkeit herausträten. Ob das im Einzelfalle anzunehmen sei, müsse aber an der Hand der Zwecke des Vereins oder der Genossenschaft, ihrer Zusammensetzung und der Zahl ihrer Mitglieder geprüft werden. Die Annahme, daß jede Wirtschaftsgenoffenschaft unter allen Um­ ständen einen geschlossenen Personenkreis darstelle, sei rechtsirrig (vgl. RG. in Straf­ sachen 21, 254, 22, 241). Es werde naher zu prüfen sein, ob die Verkaufsstelle

Genossenschaftsgesetz.

62

wirklich nur den Mitgliedern der Genossenschaft zugänglich gewesen sei oder ob nicht, wie das bei

solchen Vereinigungen

üblich

zu sein pflege,

auch Angehörige und Be­

auftragte der Mitglieder Zutritt zu den Räumen gehabt hätten." Zu bestreiten ist nicht, daß die vom KG. dem Begriff der Öffentlichkeit gegebene Definition der Recht­ sprechung des NG.

entspricht.

Die Anwendung

dieser Rechtsprechung

auf Genossen­

schaften ist nicht geeignet, deren Bewegungsfreiheit zu lähmen, denn alle Mitteilungen, welche in den Nahmen des Genossenschaftsbetriebes fallen, als:

Ankündigungen von

Generalversammlungen, Waren- und Preisanzeigen, Zinsfußbekanntmachungen, sowie überhaupt

sämtliche

Z 9 a. a. O.

für

gewerblichen

Verkehr

bestimmte Nachrichten

für den Anschlag an öffentlichen Orten freigegeben,

sind

durch

und Mitteilungen

anderer Art, welche mit dem Genossenschaftsbetrieb in keinerlei Zusammenhang stehen, insbesondere solche politischen und religiösen Inhalts, ihren Mitgliedern durch Aushang im Geschäftslokal bekannt zu machen, haben die Genossenschaften keine Veranlassung; gegen Ankündigungen von Wohltätigkeitsveranstaltungen und Ähnlichem wird die Behörde nicht einschreiten. 6. Zweck. Es ist unnötig, den Zweck der Genossenschaft im Statut aufzuführen; der § 6 schreibt nichts davon vor, des Unternehmens"

verlangt dahingegen,

enthalten

zustimmend Cohn S. 330;

a. A

müsse.

daß das Statut „den Gegenstand

Beides

ist

an

sich

anscheinend das KG. (Johow

14,

nicht

identisch,

46 ff.), dem ent­

gegenzuhalten ist, daß der Zweck der EG. im 8 1 Abs. 1 für alle Genossenschaften in gleicher Weise bestimmt ist; wie dieser Zweck erreicht werden soll, ergibt sich aus dem „Gegenstand des Unternehmens", dessen Ausführung dann gewissermaßen Mittel zum Zweck ist; mit der Ansicht des KG. übereinstimmend Birkenbihl-Maurer S. 30. 7. namentlich. Die „namentliche" Aufzahlung preußischen Gesetz.

einzelner Genossenschaftsarten

stammt aus dem

Die genannten Arten sollten, wie es im KommBer. des preuß. Abg.-

Hauses (Drucksachen Nr

55 S. 15) heißt, „nur erläuternde Beispiele sein, aber nicht

die Reihe positiv abschließen".

Solches ist in der Kommission des Reichstags wieder­

holt hervorgehoben (KommBer. 4).

Die Gruppierung nach Genossenschaftsarten wird

von Jahr zu Jahr für die Statistik schwieriger

Ost stimmen nicht Firma und Gegen­

stand des Unternehmens miteinander überein; der Gegenstand des Unternehmens wird nicht selten so vielseitig gefaßt, daß die Genossenschaft in alle denkbaren Gruppen fallt, andererseits aber steht dies bloß auf dem Papier nur dem bescheidensten Geschäftszweige zu;

und

die Genossenschaft wendet sich

Genossenschaften

nennen sich Verbands­

kassen, die vielleicht nur ein, zwei Genossenschaften unter ihren Mitgliedern haben. 8. Zu 2.

Rohfloffvereine.

Ges. von 1868 und Entw. I u. II hatten hier „2. Rohstoff- und Magazin­ vereine".

Rohstoffvereine sind Genossenschaften, welche die zum Betriebe des Gewerbes

der Mitglieder erforderlichen Rohstoffe, Werkzeuge, Maschinen, Gerate gemeinschaftlich einkaufen. 9. Zu 3.

Absatzgenossenschaften.

Das Gesetz von 1868

nannte

diese Genossenschaftsart nicht besonders,

führte nur unter 2. „Rohstoff- und Magazinvereine" auf. wurden

von

der Kommission aufgenommen

den Landwirten schaftlichen

öfters

Erzeugnisse

entstandenen Vereine unmittelbar

Magazinvereine sielen sie nicht,

weil

an bei

die den

sondern

Die Absatzgenossenschaften

mit Rücksicht

auf die neuerdings unter

zum Zweck

des Absatzes der landwirt­

Konsumenten.

Unter

den

Begriff

letzteren vorausgesetzt würde,

der

daß die

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§ 1.

63

Verkaussgegenstände bis zur Veräußerung in einem gemeinschaftlichen Verkaufslokal aufgespeichert werden, was jedenfalls bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften nicht zutreffe (KommBer 4). „Landwirtschaftliche" oder „Handwerks"-Genossenschaften im Sinne des preußischen Handelskammergesetzes sind nur solche Genossenschaften, die „bestimmungsmäßig" dem einen oder dem anderen Gewerbe dienen (OVG. 1. X. 03, BlfG. 1904 S. 100). 10. Zu 4. Herstellung. Über die Mängel der Begriffsbestimmung im Gesetz von 1868 — „Anfertigung" statt „Herstellung" — vgl. Parisius S. 169. Wenngleich nunmehr die Winzervereine, Hopfenbaugenossenschaften und Molkereigenossenschaften als Produktivgenossenschaften ausdrücklich anerkannt sind (Begr. II 54), so fallen eine genossenschaftliche Färberei, in der nur Gegenstände für andere gefärbt, also bearbeitet weiden, und eine ge­ nossenschaftliche Mühle, in der nur Lohnmüllerei betrieben, also das von Mahlgästen zugeführte Getreide gegen Lohn vermahlen wird, auch jetzt noch nicht unter den Begriff der Produktivgenossenschaft, da man von ihnen nicht wohl sagen kann, daß sie die hergestellten Gegenstände auf gemeinschaftliche Rechnung zu verkaufen bezwecken; a. A. Maurer S. 37 (dagegen hat Birkenbihl-Maurer S. 40 der hier vertretenen Ansicht sich angeschlossen), Proebst S. 16. Der Verkauf der Produkte ist ein wesentliches Merkmal der Produktivgenossenschaft. Ohne den Verkauf, wenn es sich nur um Zurichtung von Stoffen für ein Gewerbe handelt, liegt eine Werkgenossenschaft vor. Allerdings gehört es nach der gesetzlichen Definition nicht zum Wesen der Produktivgenossenschast, daß in derselben ausschließlich die Interessen der Produzenten wahrgenommen werden, vielmehr fallen darunter auch Genossenschaften der Konsumenten (Erl. 11) zur billigen Herstellung gewisser Produkte, z. B. Bäckereien. Eine Genossenschaft, in der jeder Genosse das Recht hat, nach einer bestehenden und beschlossenen Reihenfolge zu seinem Bedarf die Maschinen, die Betriebsstätte zu benutzen, also „ein Verkauf der hergestellten Gegenstände auf gemeinschaftliche Rechnung" nicht stattfindet, ist keine Produktiv-, sondern eine Werkgenossenschaft. Über die drei Arten von Produktivgenossenschaften vgl. oben Erl. 5 S. 55. 11. Zu 5. Konsumvereine. Im Gesetz von 1868 lautet, entsprechend dem Entwürfe der preußischen Ab­ geordnetenhauskommission von 1863, die Ziff. 4: „Vereine zum gemeinschaftlichen Einkauf von Lebensbedürfnissen im großen und Ablaß in kleineren Partien an ihre Mitglieder (Konsumvereine)". Im Entwurf „ist neben dem Einkauf von Lebens­ bedürfnissen auch die Anschaffung von Wirtschastsbedürfnissen erwähnt, um damit zugleich die zur gemeinsamen Beschaffung von Saatgut, Kunstdünger, Vieh­ futter u. dergl m. bestimmten landwirtschaftlichen Konsumvereine zu umfassen" (Begr. II 59). Diese Genossenschaften gehören aber nicht zu den Konsumvereinen, sondern zu den Rohstoffgenossenschaften, luetl sie die Beschaffung der Rohstoffe für ihr landwirtschaftliches Gewerbe in erster Linie zum Gegenstand des Unternehmens haben. Da diese Genossenschaften, trotz des Namens, in der Tat Rohstoffvereine sind, fielen sie nicht unter das Verbot des § 8 Abs. 4 in der Fassung des Gesetzes vom 1. V. 89; durch die Novelle von 1896 wurde auch für den Verkauf der land­ wirtschaftlichen Konsumvereine eine gewisse Beschränkung getroffen (§ 8 Abs. 4), die in ihrer Fassung im wesentlichen auf Gleichstellung der beiden Genvssenschaftsarten herauskommt — freilich nur unter dem Gesichtspunkt der „Konkurrenz". Der Entwurf hat hier die Worte „an ihre Mitglieder" und in Ziff. 7 (Bau-

64

Genossenschastsgesetz.

genossenschaften)

die Worte „für ihre Mitglieder" gestrichen,

weil das Prinzip,

„daß

die Vereine ihre Geschäftstätigkeit im Interesse der Genossen auszuüben Laben",,

für

alle Arten von Genossenschaften gilt und im allgemeinen schon ans der Definition im Eingänge

des § 1 folgt.

„Die Voraussetzungen und Schranken

einer Ausdehnung

des Geschäftsbetriebes auf Nichtmitglieder sind im Gesetze besonders zu regeln" (§ 8, Begr. II 59).

Wie jene Worte

Abgeordnetenhauses

von 1863

Regierungsentwurf,

in

auf

in

einen Beschluß der Kommission des preußischen

deren Entwurf und

das preußische und

von

deutsche Gesetz

da

in

den preußischen

übergegangen sind,

vgl.

Parisius S. 167. Bei Konsumvereinen handelt

es

sich um die Befriedigung Haus wirtschaftlicher

Bedürfnisse, bei Nohstoffvereinen um Beschaffung der Mittel für den Betrieb eines Gewerbes,

daher

letzteren zu zahlen.

sind

auch

die Einkaufsgenossenschaften von Händlern

Nicht richtig ist,

daß

es

bei Nohstoffvereinen sich

Waren handelt, die noch der Bearbeitung bedürfen, um

ein

denn

zum Verkauf und Gebrauch

zu

den Rohstoffvereinen

Werkzeuge führt.

Nach

fertiges

würde

auch

jenem Unterschiede

zu

den

stets um

dagegen bei Konsumvereinen

Fabrikat (Birkenbihl-Maurer S. 39),

eine

Genossenschaft

würden

gehören,

die

allein

die Emkaufsvereine der Händler

zu den Konsumvereinen zu zählen sein, was nach der gesetzlichen Definition nicht an­ gängig ist.

Der Unterschied zwischen Konsum- und Rohstoffvereinen ist wichtig wegen

der Bestimmungen des Gesetzes über den Verkauf an Nichtmitglieder. des Konsumvereins

ändert

es nichts,

wenn

er

An dem Wesen

mit Geschäftsleuten Lieferanten­

verträge abschließt, nach denen die Lieferanten sich verpflichten, bei dem Verkauf von Waren

an

die Mitglieder

vereine sogar

gewissen Rabatt

zu

gewähren;

für eintragungsfähig (Erl. 5) erklärt,

EG. gestaltet sein,

Lieferantenvertrage abzuschließen.

so

sind Markenkonsum-

muß

um

so mehr es der

Selbst aber wenn ersteres nicht

richtig wäre, bleibt letzteres statthaft (OLG. Naumburg 3.1. 03, BlfG. 1905 S. 314). Mit Recht ist von einem Amtsgericht (BlfG. 1899 S. 65) der Beschluß einer Innung,

daß die Mitglieder nicht Waren

ungültig erklärt.

an Konsumvereine abgeben dürfen, für

„Das Gericht geht von der Ansicht aus, daß der Jnnungsbeschluß

nicht nur statutenwidrig ist, sondern auch gegen die Gewerbeordnung verstößt, indem er die Gewerbesreiheit der Mitglieder der Innung in einer dadurch

unter

Mitgliedes

Umstanden

lahmgelegt

der

werden

gesamte kann.

Geschäftsbetrieb

Weise einschränkt,

des

einen

daß

oder

anderen

Die Klage mußte daher abgewiesen

werden,

ohne daß es noch eines Beweises der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der von Klägerin behaupteten Tatsachen bedurft hätte, da dem Beschlusse der zivilrechtliche Schutz zu versagen ist." Unter die Konsumvereine sind auch „homöopathische Vereine" zu zählen, die bezwecken, ihren Mitgliedern Arzneimittel u. dgl. zu verschaffen (Erl. 5 S. 60). Schwierigkeiten können auch entstehen bei Bestimmung der Grenze zwischen Konsumverein und Produktivgenossenschaft, wenn beides in einem Geschäfts­ betriebe sich vereinigt findet, so z. B. bei Konsumvereinen mit Bäckereibetrieb (vgl. Erl. 5 Erl. 10, § 8 Erl. li). für

den

Produktionszweig

Die Unterscheidung ist insofern von Wichtigkeit, als des

Konsumvereins

Geschäftsbetriebes (§ 8) keine Anwendung findet. OLG.

Posen

9.

X. 97 (BlfG.

1897

S.

die

Beschränkung des

Zutreffend wird von dem

468 ff.) ausgeführt:

Der

Begriff

der

Konsumvereine ist im § 1 Ziff. 5 fest umgrenzt; es sind Vereine zu gemeinschaftlichem Einkäufe von Lebens- oder Wirtschaftsbedürfniffen im großen und Ablaß im kleinen. Ihr charakteristisches Merkmal besteht im gemeinschaftlichen Einkäufe, und nur für

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft. § 1.

65

diese Art von Genossenschaften ist, wie der Hinweis im § 8 Abs. 4 auf Z 1 Nr. 5 klar erkennen laßt, das Verbot des Verkaufs von Waren an Ntchtmitglieder gegeben. Es ist sodann darauf Hinzuwelsen, daß die sogenannten uneigentlichen Produktiv­ genossenschaften, bei denen also nicht Genossen desselben Gewerbes sich zusammentun, um gemeinschaftlich Waren anzufertigen oder zu verarbeiten, sondern Kapitalisten zusammentreten, um in nicht geschlossener Mitgliederzahl mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes industrielle Produktion zu treiben, sich häufig in Verbindung mit Konsumvereinen finden. Begriffsmäßig ist die Bäckerei der Posener Beamtenvereinigung eine solche uneigentliche Pr o duktlvgenossenschaft, deren charakteristisches Merkmal nach der Begriffsbestimmung im § 1 Ziff. 4 im Verkaufe der hergestellten Gegenstände auf gemeinschaftliche Rechnung besteht. Es gibt keine gesetzliche Bestim­ mung, die die Verbindung einer solchen Produktivgenossenschaft mit einem KonsumVerein verhindert (vgl. das BlfG. 1907 S. 579 mitgeteilte Gutachten der Handelskammer Chemnitz), und es unterliegt fernem Bedenken, daß nach dem GG. das Verbot der Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Nichtmitglieder bei dem Vorliegen einer solchen Verbindung sich lediglich auf die Geschäfte erstreckt, die die Genossenschaft als KonsumVerein macht, nicht auch auf die, welche in den Bereich der Produktivgenossenschaft fallen. Dies entspricht auch der Absicht des Verbots, das zugunsten des Kaufmanns­ standes, nicht etwa zugunsten der Produzenten die unliebsame Konkurrenz der KonsumVereine einschränken sollte (vgl. Maurer S. 78). Es fragt sich, ob an dieser Rechts­ lage durch die Novelle vom 12. VIII. 96 etwas geändert ist. Dies ist zu verneinen. Die Vorschrift im Art. 1 Ziff. 1 entspricht der des § 8 Abs. 4; der Hinweis auf § l Ziff. 5 läßt keinen Zweifel, daß die Beschränkung des Verkaufs an die Mitglieder auch jetzt nur für die eigentlichen Konsumvereine gelten sollte. Im Art. 1 Ziff. 7 ist die Strafandrohung für Übertretung des § 8 Abs. 4 eingefügt. Art. 2 ist in der Kommission eingefügt. Die Verhandlungen in der Kommission und die Beratungen im Reichstage lassen erkennen, daß es auch im Art. 2 lediglich auf die Einschränkung des den Konsumvereinen eigentümlichen Geschäftsbetriebes, nämlich: gemeinschaftlicher Ein­ kauf von Lebens- oder Wirtschaftsbedürfmssen im großen und Ablaß int kleinen, abgesehen ist, und geben nicht den geringsten Anhalt dafür, daß auch Vereinigungen, die als Produktivgenossenschaften zu charakterisieren sind, unter die Vorschrift des Art. 2 fallen sollen (§ 8 Erl. 10). Es spricht schon die Ent­ stehungsgeschichte der Novelle dafür, daß Vereinigungen der im Art. 2 gedachten Art nur in ihrer Eigenschaft als „Konsumvereine" den für letztere gegebenen Einschränkungen unterworfen sein sollen, und es kaun nicht als die Absicht des Gesetzgebers hingestellt werden, diese Vereinigungen in ihrem gesamten Geschäftsbetriebe, also auch in der Produktion und in dem Verkaufe der hergestellten Gegenstände, auf ihre Mitglieder beschränken zu wollen. Ebenso in einer eingehenden Begründung das AG. Leipzig (Beschl. vom 19. IV. 00, BlfG. 1901 S. 97), a. A. das sächsische OLG. 26. III. 03 (Konsumgen. Rundschau 1903 S. 438). Über den Einfluß der Verbindung auf die Firma § 3 Erl. 2. 12. Zu § 6. Werkgenossenschaften. Im Entw. I ist diese neue Nummer „hinzugefügt, in welcher die sogenannten Werkgenossenschaften zur gemeinschaftlichen Anschaffung und Benutzung land­ wirtschaftlicher oder gewerblicher Maschinen und Werkzeuge, sowie die Vereine zum Halten von Zuchttieren u. dgl. berücksichtigt werden" (Begr. II 59). Unter die Werkgenossenschaften könnten auch die „Kojengenossenschaften" fallen auf den Inseln Föhr, Sylt (vgl. Kuntze, „Die Kojengenoffenschaft und das GeschoßPari sius-Crltgcr, Genosscnschaftsgesetz

7 Stuss

5

66

Genossenschaftsgesetz.

eigentum" Leipzig 1888): „auf planmäßiger und dauernder Anlage beruhende Fangstätten zur Erlangung von Wildenten".

Die Koje (Fangställe) steht im Eigentum

der „Genossenschaft" und wird von dieser unterhalten, die gefangenen Enten werden nach festgestellten Regeln unter die Genossen verteilt. 13.

Zu 7.

Baugenossenschaften.

Der Geschäftsbetrieb

soll

grundsätzlich

gerichtet sein auf die

Herstellung

von

Wohnungen für die Mitglieder der Genossenschaft, doch ist Ausdehnung auf Nicht­ mitglieder zulässig (§ 8 Ziff. 5).

Daß der Zusatz „gemeinnützig" für die Eintragungs­

fähigkeit unerheblich ist, Erl. 5. — Daß die statutarische Beschränkung der Wohnungs­ beschaffung für „minderbemittelte Familien" die Aufnahme wohlhabender Mitglieder nicht ausschließt, Erl. 4 S. 52. — Über den Fall einer Baugenossenschaft zur Förderung des „Erwerbs" der Mitglieder, Erl. 4 S. 53. Die Baugenossenschaft kann dadurch, daß sie in der Vermietung an Nichtmitglieder ihre Hauptaufgabe sieht, den Charakter der uneigentlichen Produktivgenossenschaft (im

weitesten Sinne Erl. 11 und 5 S. 56) annehmen (Virkenbihl-Maurer S. 43). Zwei

schieden:

Arten

von

Baugenossenschaften

werden

im

allgemeinen

unter­

solche, die Häuser ihren Mitgliedern zu Cigentumserwerb zur Verfügung

stellen und solche, die sich auf die Beschaffung von Mietwohnungen beschränken, letztere Genossenschaften gelten vielfach als solche, die den Mitgliedern gemeinschaftliches Eigen­ tum an den Häusern schaffen; eine solche Auffassung widerspricht der rechtlichen Kon­ struktion der Baugenossenschaften, denn die Häuser stehen nicht un gemeinschaftlichen Eigentum der Mitglieder, sondern im Eigentum der Genossenschaft.

Eine dritte Art

von Baugenossenschaften bilden jene, bei denen es sich um Herstellung eines Hauses für bestimmte Zwecke (z. B. Geselligkeit) handelt.

Das sind die uneigentlichen Bau­

genossenschaften; über deren Eintragungsfähigkeit oben Erl. 3. 14. Erwerb der Rechte. Über Erwerb der „Rechte einer EG." und die Unmöglichkeit, auf diese Rechte wieder zu verzichten, vgl. § 5 Erl

1, § 13.

Es hängt von dem freien Willen der

Genossenschaft ab, ob sie die Rechte einer eingetragenen erwerben will. Es besteht kein Zwang zur Eintragung, anders nach dem Österreichischen GG. Eine

nicht

EG.,

die

nach

ihrem

Statut

keiner

der

vier

Gesellschaftsformen

des II. Buches des HGB. unterstellt werden kann, unterliegt auch nicht den Bestim­ mungen des HGB., sie untersteht dem bürgerlichen Recht (§ 5 Erl. 1), und es finden daher auch die Vorschriften des HGB. über die Firmenführung Anwendung (Beschl.

des

ebenso Joel S. 450).

Sächsischen

OLG. vom 28. VI. 90,

auf

dieselbe

keine

BlsG. 1890 S. 381,

Zur Eintragung in das Handelsregister ist die nicht

eingetragene Genossenschaft nur dann

wenn ihr

Geschäftsbetrieb

das Merkmal der Gewerbemäßigkeit hat (Johow 21, 75;

BlfG. 1904 S. 12

betr. einen

Antrag

nossenschaft

in

handensein

der

Mitglieder

das

Handelsregister); verneint

in bei

Halberstadl der

gleichen

einem

auf

Eintragung

Entscheidung

Konsumverein,

der

einer

ist nur

Ge­

das

Vor­

an

seine

abgibt.

staatliche

gewährt werden

Handelskammer

Merkmale

Waren

Durch

der

verpflichtet,

Verleihung

kann

Genossenschaften

(§ 22 BGB., vgl. Art. 86 EBGB.).

Rechtspersönlichkeit nicht Hiergegen ist

vielfach

in

Schleswig-Holstein verstoßen, wo Molkereigenossenschasten Rechtspersönlichkeit verliehen ist, weil angeblich das GG. S. 509).

Lehmann in

Konzessionierung

für diese Genossenschaftsart nickt paßt (vgl. BlsG. 1899

seinem

entstehen.

Lehrbuch (§ 105) läßt Genossenschaften

Das erscheint-unvereinbar mit BGB. § 22.

auch

durch

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§ 2.

67

§. a. Die Genossenschaften können errichtet werden: V dergestalt, daß die einzelnen Mitglieder (Genossen) für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft dieser sowie unmittelbar den Gläubigern derselben mit ihrem ganzen Vermögen haften (eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht); 2. dergestalt, daß die Genossen zwar mit ihrem ganzen Vermögen, aber nicht unmittelbar den Gläubigern der Genossenschaft ver­ haftet, vielmehr nur verpflichtet sind, der letzteren die zur Be­ friedigung der Gläubiger erforderlichen Nachschüsse zu leisten (eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschuß­ pflicht); 3. dergestalt, daß die Haftpflicht der Genossen für die Verbind­ lichkeiten der Genossenschaft sowohl dieser wie unmittelbar den Gläubigern gegenüber im Voraus auf eine bestimmte Summe beschränkt ist (eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht). Ges. von 1868 § 12, Entw. I, II, Komm. Rtg. 2. Begr. I 4b—57, 88, Begr. II 32—40, 60 KommBer. 5. StBer.: Beratung I 14. Sitzg. 13 Dez. 18h8, 273—294; Beratung II 45. Sitzg. 23. März, 1021—1035, 46. Sitzg. 26 März 1889, 1089; Beratung III 52. Sitzg. 4. April 1889, 1288. Erläuterungen zu § 2. 1. § 2 behandelt den Umfang der Haftpflicht, die §§ 109, 115, 122, 128, 141 den Vollzug, die Geltendmachung der Haftpflicht. Haftumfang und Hastvollzug sind eng miteinander verbunden, der letztere kann auf den ersteren einen geradezu bestimmenden Einfluß ausüben. Vgl. Einleitung S. 24 Dem Gläubiger haftet in erster Reibe stets die Genossenschaft und bei der unbeschränkten Nachschubpflicht sogar ausschließlich (unrichtig bei Richter S. 25, daß der Gläubiger sich bei e G m. u. H., ohne erst an die Genossenschaft hallen zu müssen, einen Genossen herausgreifen kann, § 122 besagt das Gegenteil). Die Genossenschaft kann nur eine dieser drei Haftarten wählen (§ 7 Erl. 1). 2. Für alle drei Arten „eingetragener" Erwerbs- und Wirischaftsgenossenschasten gellen der erste bis siebente Abschnitt (§§ 1—118) und der neunte Abschnitt (§§ 146 bis 151) des Gesetzes. Der achte Ablchnitt enthält die besonderen Bestimmungen a) für Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht: §§ 119—125; b) für Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschutzpslicht: §§ 126—130; c) für Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht: §§ 131 — 142; d) für die Umwandlung von Genossenschaften: §§ 143—145. 3. Genossen. Das Ges. vom 4. VII. 68 bezeichnete die Mitglieder der Genossenschaft mit dem im preußischen Regierungsentwurf von 1866 neugebildeten Ausdruck „Genossen5*

68

Genossenschaftsgesetz.

schafter".

Das Ges. vom 1. V. 89 hat entsprechend den Vorschlägen des Regierungs­

entwurfs ohne weitere Begründung den Ausdruck beseitigt und durch Genossen ersetzt.

§• Die Firma der Genossenschaft muß vom Gegenstände des Unter­ nehmens entlehnt sein und entsprechend der im §. 2 vorgesehenen Art der Genossenschaft

die daselbst

bestimmte

zusätzliche Bezeichnung ent­

halten. Der Name von Genossen oder anderen Personen darf in die Firma nicht aufgenommen werden.

Jede neue Firma muß sich von allen an

demselben Orte oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden Firmen eingetragener Genossenschaften deutlich unterscheiden. Ges. von 1868 § 2 Abs. 2, 3, Entw. I, II, Komm. Rtg. 3. Begr I 88, II 60, KommBer. 5.

Erläuterungen zu § 3. 1. Absatz I.

Die Firma.

In betreff der Firma, „des Namens, unter dem ein Kaufmann im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt" (§ 17 HGB.) ist die Genossenschaft im wesentlichen

der Aktiengesellschaft

gleichgestellt.

Der Genossenschaft ist ausnahmslos,

der Aktiengesellschaft in der Regel eine reine Sachfirma vorgeschrieben und die Auf­ nahme von Personennamen

verboten; nur unter Einhaltung der Bestimmungen

dieses Paragraphen könnte auch die EG. die bisherige Firma eines bestehenden Handels­ geschäfts sorttühren (Dgl. DJZ. 1904 S. 684, HGB. §§ 20, 22) und

besonders ist

daran festzuhalten, daß die EG. nur eine Firma haben darf, so daß die Genossenschaft das Geschäft nicht getrennt unter der bisherigen Firma neben ihrer eigenen Firma fortführen darf (Johow 14, 33 ff.), ebenso Birkenbihl-Maurer S. 48; vgl. für Aktien­ gesellschaften die abweichende Ansicht in der Monatsschrift 1896 S. 245, die Praxis der Gerichte schwankt (ZtschrfdgesAkt.

1896

3. 116, 161).

Die

Führung

ver­

schiedener Firmen würde für die Genossenschaft schon unvereinbar sein wegen der besonderen Regelung der Haftpflicht statutarische Bestimmung

der Mitglieder.

nicht zulässig,

nach

der

Es

erscheint

daher

auch

der Vorstand berechtigt

eine

wird, bei

Erwerbung von Handelsgeschäften mit Firmenrecht für die Genossenschaft diese Firma zu führen lvgl. aber Keyßner in der Zeitschrift für Handelsrecht 21, 420).

Eine EG.

kann nicht die Firma eines Einzelkaufmanns, dessen Handelsgeschäft sie mit der Firma erworben hat, neben ihrer bisherigen Firma fortführen, da eine Genossen­ schaft nicht mehrere Firmen haben darf.

Damit steht natürlich nicht im Widerspruch,

daß die Genossenschaft Stammeinlagen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung er­ werben darf (§ 17 Erl. 1).

Die im HGB. für die Firmensührung aufgestellten Grund­

sätze gelten auch für die Genossenschaft, da diese nach § 17 Kaufmannseigenschaft hat. So hat u. a. auch die Genossenschaft HGB. § 18 zu beobachten: es darf die Firma nicht

geeignet sein,

herbeizuführen";

„eine Täuschung

über die Art

unzulässig ist hiernach

„Art oder der Umfang des Geschäftes"

oder

den Umfang des Geschäfts

die Bezeichnung „Zentrale", nicht entspricht.

wenn

dem die

Wohl aber kann sich jede

Kreditgenossenschaft als „Bank" bezeichnen nach Ansicht des KG. (Rechtspr. 14, 339), da der Betrieb in Firma der EG.

durch einen Zusatz die Firma der Genossenschaft

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§ 3.

69

klarstellen muß und bei den allbekannten Zielen der Genossenschaft durch diesen Zusatz vermieden wird, daß die beteiligten Kreise unter dergleichen „Bank"-Unternehmungen auf breiter kapitalistischer Basis verstehen". Ist die Firma trotz ihrer Nichtigkeit in das Register eingetragen, so kann das Registergericht die Genossenschaft von Amtswegen löschen, vgl. für das Verfahren § 147, § 142 FGG.; auch ist Klage nach § 94 des Ges. möglich; ist die Eintragung der Nichtigkeit erfolgt, so ist weiter nach § 97 des Ges. zu verfahren. Gegen die Vorstandsmitglieder könnte auch nach § 37 HGB., § 140 FGG. weg en Führung einer ihnen nicht zustehenden Firma eingeschritten werden (vgl. auch Monats­ schrift 1894 S. 391). Dieser letztere Weg ist dann zu wählen, wenn die Firma zwar nicht nichtig ist, aber gegen die Grundsätze der Firmenwahrheit (HGB. § 18) verstößt. Die Grenze zwischen Nichtigkeit und Unzulässigkeit ist flüssig. Nichtigkeit liegt jeden­ falls vor, wenn der „Zusatz" fehlt oder falsch ist. Ob und inwieweit sich aus sonstigen Verstößen gegen die Grundsätze des § 3 Nichtigkeit ergibt, ist Tatsrage. (§ 1 Erl. 5 S. 61.) So kann auch ein Verstoß gegen HGB. § 18 einen Verstoß gegen die Vor­ schrift enthalten, daß die Firma vom Gegenstände des Unternehmens entlehnt sein muß und Nichtigkeit der Firma zur Folge haben. Es muß ein klarer unzweifelhafter Verstoß vorliegen (KG. 29. X. 08, Ztschr f. d. gef. Akt. 1909 S. 14). Zulässig ist fremdsprachliche (z. B. polnische) Bezeichnung der Firma, nur der Zusatz muß deutsch sein; das KG. läßt sich in dem Bescht. vom 3. XI. 99 (BlfG. 1900 S. 24) unter Bezugnahme aus Johow 8, 23 dahin aus) „Das Bedenken, daß auch der Richter in die Lage versetzt werden müsse, ohne fremde Hilfe zu Prüfen, ob die Firma dem Gegenstand des Unternehmens entspreche oder nicht, ist unbegründet. Der Richter ist hierbei nicht in einer anderen Lage, wie in sonstigen Fällen, in denen er die Bedeutung von Worten nichtdeutscher Sprache beurteilen muß. Er kann nur fordern, daß ihm die Worte in gehörig zuverlässiger Weise übersetzt werden." Der Hinweis darauf, daß die Geschäftssprache der Behörden, die deutsche, und der schriftliche Verkehr mit den Behörden nur in deutscher Sprache stattfinde, wird damit zurück­ gewiesen, daß diese Bestimmungen sich lediglich auf den Inhalt der Mitteilungen be­ ziehen, die an die Behörden gelangen; des weiteren heißt es: „Auch bei der Beratung des neuen HGB. vom 10. V. 97 ging man davon aus, daß nach geltendem Rechte die Bezeichnung der Firma in nichtdeutscher Sprache zulässig sei. Ein in der Reichs­ tagskommission gestellter Antrag, die deutsche Sprache für die Firma zwingend zu be­ stimmen, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt, nachdem auf die praktischen Schwierig­ keiten der Abgrenzung zwischen deulschen und nichtdeutschen Worten, sowie auf die Bedürfnisse der Zweigniederlassungen außerdeutscher Firmen hingewiesen und geltend gemacht war, daß es dem Nationalgefühl des Kaufmannsstandes überlassen bleiben müsse, die Wahl ausländischer Namen für deutsche Firmen auszuschließen." Ebenso KG. Beschl. vom 26. III. 09, BlfG. 1909 S. 430. 2. Vom Gegenstände des Unternehmens entlehnt. Über „Gegenstand des Unternehmens" § 1 Erl. 3 u. 5; § 6 Erl. 4. Es gibt nicht viele Bestimmungen des Gesetzes, gegen die so oft verstoßen wird, wie die Vorschrift in § 3 Abs. 1. Das M. (Beschl. vom 3. X. 98, BlfG. 1901 S. 76) hat mit Recht betont, daß es genügt, wenn die Firma dem hauptsächlichen Zweck der Genossenschaft angepaßt ist. Aber Zweck und Gegenstand des Unternehmens ist freilich nicht dasselbe. Im übrigen ist der Auffassung beizutreten. Ebenso Jo­ how 30, 145. Eine Genossenschaft, die gleichzeitig Konsum- und Produktivgenossenschaft ist, wird nach dem Wortlaut des Gesetzes beides in der Firma zum Ausdruck bringen

Genossenschaftsgesetz.

70

müssen; dabei kommt es nicht darauf an,

wie tatsächlich der Gegenstand des Unter­

nehmens gehandhabt wird, sondern maßgebend ist die Bestimmung des Statuts.

Da

aber die Produktion in der Regel nur Nebenbeirieb des Konsumvereins ist, genügt es in solchem Fall,

wenn

letzterer Gegenstand

des Unternehmens ftt der Firma zum

Ausdruck gelangt. Das KG. (Johow 37, 172) hält das bloße Wort „Bank" als Firma nicht für ausreichend, da dasselbe keinen Namen im Sinne von HGB. § 17 darstelle, dagegen genüge z. B. „Volksbank".

Das KG. übersieht, daß § 3 Abs. 1

des allgemeinen Firmenbegriffs enthält,

die Genossenschaftsfirma

eine Erweiterung soll mit erkennen

lassen, welche Geschäfte die Genossenschaft betreibt (Citron in der DJZ. 1909 S. 1203). Nicht jede Änderung oder Erweiterung des Gegenstandes des Unternehmens macht eine Änderung der Firma erforderlich; Maurer S. 48. nach sich.

ebenso

Birkenbihl-

Grundsätzliche Änderung des Gegenstandes zieht Änderung der Firma

Im Gesetz ist nicht vorgeschrieben, daß für den Fall der Abänderung des

Gegenstandes des Unternehmens auch eine entsprechende Abänderung der Firma statt­ finden müsse (AG. Leipzig Beschl. vom 19. IV. 00, BlfG. 1901 S. 97). 3. Art der Genossenschaft. Die im Reichstage nach den letzten Vorschlagen seiner Kommission beschlossene Fassung des ersten Absatzes ist keine glückliche.

Sie gestaltet die Deutung, daß unter

der „zusätzlichen Bezeichnung" zur Firma der verschiedenen Arten Genossenschaften nur die Worte „mit unbeschränkter Haftpflicht", „mit unbeschränkter Nachschußpfllcht" und „mit beschrankter Haftpflicht" zu verstehen, somit das Wort „eingetragene" überflüssig sei und

z. B.

„Vorschußverein zu 3E Genossenschaft mit

unbeschränkter Haftpflicht"

firmiert werden dürfe.

Aus der Entstehungsgeschichte des Satzes ergibt sich die Un­

richtigkeit der Deutung.

Weil es nach dem Gesetze von 1868 nur EG. mit unbeschränkter

Haftpflicht gab, kam die Haftpflicht in der Firma ntcht zum Ausdruck.

Infolge der

Zulassung von drei Haftformen muß nun auch die Firma diejenige Haftform erkennen lassen, mit der die Genossenschaft besteht. 4. Die Bezeichnung „eingetragene Genossenschaft" findet sich bereits im preußischen Gesetz. wendig (Erl. 1 Abs. 2).

Für den Zusatz ist die deutsche Sprache not­

In der Kommission des Abgeordnetenhauses von 1863 wurde

auf Antrag von Parisius der Zusatz „Einregtstrierte Genossenschast" beschlossen.

Die

Anregung dazu bot die englische Vorschrift, daß in dem Namen jeder Gesellschaft mit beschränkter Haftung das letzte Wort „limited“ lauten muß.

Der Ministerialentwurf

von 1866 schlug den Zusatz „Anerkannte Genossenschaft" vor, welchen die Kommission des Abgeordnetenhauses durch „EG." ersetzte.

Bei den Kommissionsberatungen des

Allgemeinen Deutsch. HGB. wurde von einer Seite empfohlen, „die Aufnahme der Bezeichnung als Aktiengesellschaft in die Firma der Aktiengesellschaft selbst vorzuschreiben". Man hielt aber zur Vermeidung von Täuschungen es für das geeignetste,

durch den

Namen das Wesen der Aktiengesellschaft (welches darin bestehe, daß keine Person mit ihrem Vermögen, sondern nur das Aktienkapital hafte) deutlich zu bezeichnen.

Durch

die Aufnahme der zusätzlichen Bezeichnung „EG." in die Firma der Genossenschaft soll umgekehrt die unter dem Gesetz stehende Genossenschaft als eine aus vielen solidarisch haftenden Personen zusammengesetzte rechtsfähige Gesellschaft dem Publikum gewisser­ maßen empfohlen werden. 5. Zusätzliche Bezeichnung. Die Firma muß

die zusätzliche Bezeichnung „EG. mit unbeschränkter Haft­

pflicht" usw. je nach der Haftpflicht der Genossen enthalten,

und zwar in deutscher

Erster Abschnitt. Sprache (Erl. 4).

Errichtung der Genossenschaft.

§ 3.

71

Der Zusatz bildet einen Bestandteil der Firma, er ist deshalb ge­

eignet zu? Unterscheidung der Firma von der gleichen Firma einer anderen Gesellschafts­ form: so» das KG. (26, 215) für AG. und G

m. b. H.; dabei wird betont, daß es

gleichgültig sei, wenn im Handelsverkehr der Zusatz nicht gemacht wird.

Es wäre

wohl ervvüllscht, wenn das Firmenrecht eine präzisere Anwendung erfahren möchte. Man ßncmqt sich nur die Ähnlichkeit des Zusatzes „EG. mit beschränkter Haftpflicht" und „Gesellschaft mit beschränkter Haftung" zu vergegenwärtigen, um zu erkennen, wie bedenklich he Schlußfolgerung des Kammergerichts aus dem Umstande ist, daß der Zusatz etn Bestandteil der Firma ist.

Vgl. auch Birkenbihl-Maurer S. 50.

Zu weit

ist andrerseits das AG. Siegburg (BlfG. 1903 S. 218) gegangen, wenn es Geschäfts­ leuten untersagt, das Wort „Konsum" in die Firma aufzunehmen, da dies zur Ver­ wechslung mit „Konsumverein" führen könnte. Aus der Fassung ergibt sich, daß der Zusatz nicht durch Einschiebung anderer Worte verändert werden darf; er muß den Schluß der Firma bilden.

Eine Firma

z. B. tone „Eingetragene Diskonto- und Spargenossenschaft mit unbeschrankter Haft­ pflicht" würde gegen das Gesetz verstoßen, ebenso eine Firma, bei welcher hinter dem Zusatz noch andere Worte folgen, wie z. B. die Übersetzung der Firma in eine andere Sprache.

Tie zusätzliche Bezeichnung darf nicht abgekürzt werden (ebenso Birkenbihl-

Maurer S. 49, a. A Proedst S. 31; Dtsch landw. Gen. Presse 1906 S. 474, 1907 S. 114; Johow 36, 127, OLG. Hamburg Beschl. vom 28. VII. 09, Leipziger Ztschr. 1910 Sp 83;

das NG. hat

in

dem Beschl. vom 28. VII. 09,

Leipziger Ztschr.

1910 Sp. 83, aus formalen Gründen eine Entscheidung abgelehnt). Während das KG. die Abkürzung zuläßt, wenn es sich um einen gewöhnlichen formlosen Verkehr handelt und sie z B. ablehnt für den Wechsel, laßt das OLG. Hamburg auch im letzteren Falle die Abkürzung zu. Beide Gerichte erklären aber ausdrücklich, daß ein „derogatorisches Gewohnheitsrecht" gegenüber dem Gesetz nicht anzuerkennen sei. Gerichte sind der Ansicht, daß im Verkehr „jedermann" die Abkürzung kennt. aber doch sehr zweifelhaft,

wenn man bedenkt,

Die

Das ist

wie gleichartig G. m. b. H. und

c. G. m. b. H. erscheinen und um welche verschiedenartigen Gesellschaften es sich dabei handelt. Für den gewöhnlichen Verkehr ist die Abkürzung unerheblich, schon mit Bezug auf § 26 des Gesetzes. § 25 Abs. 2 hat jedenfalls in Verbindung mit § 2 zwingende Bedeutung in den Fällen, in denen bezüglich der schriftlichen Einreichungen des Vor­ standes ordnungsmäßige Zeichnung besonders vorgeschrieben ist z. B. AV. § 7 (KG. Beschl. vom 13. XII. 06, BlfG. 1907 S. 190).

Nach dem Wortlaut des § 2 er­

scheint der Gebrauch des abgekürzten Zusatzes unzulässig, und zwingende Bestimmungen des Gesetzes kann der Verkehr nicht außer Kraft setzen.

Das Registergericht hat nicht

das Recht, der Genossenschaft, die ihre Firma oder den Zusatz abkürzt, zur Unterlassung der Abkürzung zu veranlassen. 6. Alle vor dem 1. Oktober 1889 bestehenden EG. mußten den Zusatz „mit unbeschränkter Haftpflicht" annehmen (§ 155 in der alten Fassung des Gesetzes). 7. Absatz II. Der Name von Genossen oder anderen Personen darf in die Firma nicht aufgenommen werden. Gegen diese Bestimmung, entlehnt von der gleichen für Aktiengesellschaften er­ lassenen Bestimmung des Art. 18 des alten HGB. (in § 20 des neuen HGB. ist die Bestimmung nicht übernommen, die Aufnahme von Personennamen in die Firma der Aktiengesellschaft ist danach statthaft), wird, soweit es die Namen von Mitgliedern anlangt, selten gefehlt.

Schwieriger ist die Bestimmung anzuwenden in Ansehung der

72

Genossenschastsgesetz.

Namen von „anderen Personen". Der Zweck der Bestimmung ist, irrige Auf­ fassungen über die Mitgliedschaft oder die Hast „anderer Personen" zu verhindern. Es kann sich also nur um solche Personen handeln, deren Mitgliedschaft möglich ist. In dieser Beziehung war die Firma: „Erwerbs-und Wirtschaftsvereinigung der barm­ herzigen Brüder vom Heiligen Johannes von Gott, Ging. Genoss." zu Trier zulässig — unrichtig war sie nur, insofern sich der Gegenstand des Unternehmens nicht erkennen ließ. Mit Recht wurde zu Lebzeiten von Schulze-Delitzsch einem „Konsumverein SchulzeDelitzsch" die Eintragung versagt und erst ausgeführt, als die Firma in „KonsumVerein nach Schulze-Delitzsch" geändert wurde. Heute würde der Eintragung eines „Konsumvereins Schulze-Delitzsch" nichts im Wege stehen. Der Name einer lebenden Person kann nur dann in die Firma aufgenommen werden, wenn sich aus der Art der Verbindung des Namens mit den übrigen die Bezeichnung des Gegenstandes enthaltenden Worten der Firma ergibt, daß von der Mitgliedschaft der betreffenden Person keine Rede sein kann. 8. An demselben Orte oder in derselben Gemeinde bereits be­ stehende Firmen EG. Die Vorschrift des zweiten Satzes des Abs. 2 ist dem Art. 20 des alten HGB. (§ 80 des neuen HGB.) nachgebildet. Nötig war sie nicht, darin hatte der erste Entwurf recht. Über die Bedeutung des Zusatzes Erl. 5. Werden zwei Gemeinden zusammengelegt und dadurch erlangen zwei Genossenschasten (nun in derselben Ge­ meinde) die gleiche Firma, so hat keine derselben ein Recht, daß die andere die Firma ändere (vgl. Johow 16, 11).

§.

*■ Die Zahl der Genossen muß mindestens sieben betragen. Entw. I, II, Komm., Rtg. 4.

Begr. 188, II 60, KommBer. 5.

Erläuterungen zu § 4. In der Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses von 1863 war vor­ geschlagen, eine Mindestzahl der Mitglieder festzustellen. Auch die Regierung hatte sich mit der Frage beschäftigt: „Da die Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung der Ge­ nossenschaftsrechte zum Teil darin ihren Grund hat, daß der Geschäftsverkehr der Genossenschaften durch die große Anzahl ihrer Mitglieder sehr erschwert zu werden pflegt, so ist die Frage entstanden, ob die Geltung dieses Gesetzes nicht überhaupt auf solche Vereinigungen zu beschränken sei, bei denen eine größere Anzahl von Teilnehmern wirklich vorhanden ist. Dies würde die Feststellung einer zur Bildung anerkannter Genossenschaften erforderlichen Minimalzahl von Mitgliedern notwendig gemacht haben. Für die Abmessung solcher Zahl läßt sich aber kein allgemein zutreffender Maßstab treffen." In der Kommission von 1863 wurden für und gegen die Feststellung einer Mindestzahl (man schwankte zwischen 10 und 21) andere Gründe vorgebracht. Man hoffte dadurch zu verhindern, daß sich einige wenige Personen als Genossenschaft ein­ tragen ließen, um das Vertrauen, welches die Genossenschaften zu genießen pflegten, zur Täuschung Unerfahrener auszubeuten. Im Hinblick auf die Produklivgenossenschaften, die der gesetzlichen Regelung am meisten bedürfen, aber oft mit sehr geringer Milgliederzahl beginnen, verwarf die Kommission die betreffenden Anträge. Dtese Rücksicht blieb maßgebend bei Erlaß des preußischen Gesetzes und des deutschen Gesetzes von 1868, nach welchem freilich der Vorstand nur aus einer Person bestehen und der Aufsichtsrat ganz fehlen durfte. In

Erster Abschnitt.

Errichtung der Genossenschaft.

§§ 4, 5.

73

den ersten Novellen von 1876 und 1877 hatte Schulze-Delitzsch auf Grund der in­ zwischen gemachten Erfahrungen die Beteiligung von sieben Personen verlangt; die Reichstagskommission von 1877 billigte dies. In der Novelle von 1881 verlangte Schulze eine Mindestzahl von zehn Mitgliedern, weil es für eine lebensfähige genossen­ schaftliche Organisation angemessen sei, daß neben zwei Personen des Vorstandes und drei Personen des Aufsichtsrates noch fünf andere Mitglieder für die Generalversamm­ lung übrig blieben. — Das vorliegende Gesetz hat sieben als Mindestzahl gewählt. In der Begründung des Entwurfs (188 und II 60) heißt es: „Für Vereinigungen einer ganz geringen Zahl von Personen genügt die gewöhnliche Form der Gesellschaft und ist die Erlangung juristischer, gegenüber den Mitgliedern selbständiger Persönlich­ keit, insbesondere aber die korporative Verfassung der Genossenschaft ungeeignet. Ein richtiges Funktionieren des Verwaltungsorganismus wird dadurch unmöglich, und es entstehen leicht unrichtige Vorstellungen über die Leistungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit einer solchen Assoziation. Der Entwurf bestimmt daher, nach dem Vorgang des eng­ lischen, belgischen und schweizerischen Genossenschaflsrechts, die Mindestzahl der Mit­ glieder auf sieben. Wenn wenigstens fünf Personen zur Besetzung der Stellen im Vorstand und Aussichtsrat für nötig zu erachten sind, so kann die Zahl wohl kaum niedriger gegriffen werden" (vgl. auch Schulze-Delitzsch S. 17; Herz Mitglieder hasten solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen. „Solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen" haften den Gläubigern direkt jetzt nut die Mitglieder einer Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht. Panstus-Crüger, Genosscnschaftsgesetz. 7. Aust.

Weggefallen 32

498

Genossenschaftsgesetz.

ist die besondere Vorschrift des Ges. von 1868, daß diese Haftung auch dann eintreten soll, wenn es nicht zum Konkurse kommen kann, da jetzt auch der Konkurs zu eröffnen ist, wenn eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse nicht vorhanden ist (§ 100 Abs. 3), vgl. für G. m. b. H. §§ 131, 145, für G. m. u. N. § 128. 5. Bei der Schlußverteilung berücksichtigte Forderungen. Nach dem Ges. von 1868 bzw. § 197 RKO. (alte Fassung) war der direkte Angriff nur wegen der im Konkurse „festgestellten Forderungen" zulässig. Das Gesetz stellt für die Geltendmachung im direkten Angriff die Voraussetzungen auf, welche für die Beteiligung an der Befriedigung aus der Nachschubmasse maßgebend sind; wie in § 105 müssen die Forderungen bei der Schlußverteilung nur berücksichtigt sein (§ 105 Erl. 2). Hieraus ergibt sich, daß kein Zinsanspruch geltend gemacht werden kann, auch nicht etwa für die Zeit nach der Berücksichtigung bei der Schlußverteilung. In betreff streitig gebliebener Forderungen vgl. Erl. 13. Die Garantie­ hast ist nur ein weiteres Sicherungsmittel neben der Nachschußpflicht für Voraus­ setzungen und Umfang des Anspruchs der Gläubiger; aus der direkten Haftpflicht gelten daher die gleichen Grundsätze wie für die Befriedigung aus den Nachschüssen (Begr. II 127). 6. Absatz II. Nach Ablauf von drei Monaten. Der der Sachverständigenkonferenz vorgelegte Entwurf des Reichsjustizamts schlug als Zeitpunkt für die Zulassung des Einzelangriffs einen Monat „seit dem Tage, an welchem die Nachschubberechnung auf der Gerichtsschreiberei niedergelegt ist", vor. In der Begründung war gesagt: wenn auch mit der Eröffnung des Einzelangriffs die mit vollstreckbarem Schuldtitel versehenen Gläubiger sich die wohlhabenderen Ge­ nossen aussuchen, so können die letzteren doch noch im Nachschubverfahren zur Deckung der übrigen Gläubiger, die nicht so rasch zugreifen konnten, herangezogen werden. Nach Ablauf der Frist von einem Monat müsse in der Regel und in der Haupt­ sache durch ordnungsmäßige Durchführung des Vorschuß- und Nachschußverfahrens meistens die Befriedigung der Gläubiger schon erfolgt oder doch die Einziehung der Mittel dazu erledigt sein, sofern die nachschußpflichtigen Genossen zur Aufbringung derselben überhaupt imstande sind . . . (Manuskript des der Sachverständigenkonferenz vorgelegten Entwurfs S. 49, wieder­ holt zum großen Teil in Begr. II 42.) In dem veröffentlichten Regierungsentwurfe ist aus der einmonatlichen Frist eine zweimonatliche geworden. In der Begr. II 128 heißt es: „Es darf der Einzelangriff nicht früher zugelassen werden, als zu einem Zeitpunkt, in welchem bei ordnungsmäßigem Sachbetriebe das Nachschubverfahren im wesentlichen erledigt sein muß. Der Entwurf be­ stimmt hierfür das Ende des zweiten Monats nach der Niederlegung der voll­ streckbar erklärten Nachschubberechnung auf der Gerichtsschreiberei (§ 102 [109] Abs. 2). Dies muß genügen. Erwägt man, daß auf Grund der Nachschubberechnung der Regel nach nur noch ein verhältnismäßig unbedeutender Restbetrag zur Deckung des Ausfalls der Gläubiger zu erheben sein wird, da in der Hauptsache die hierzu erforderlichen Beiträge schon während der Dauer des Konkursverfahrens auf Grund der Vorschubberechnung und der Zusätze derselben eingezogen sein müssen, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß die weiter gewährte Frist von zwei Monaten vollkommen ausreicht, um die noch erforderlichen Nachschüsse beizu­ treiben." Die Kommission verlängerte diese Frist auf drei Monate und gegen die Ausgeschiedenen (§ 125) auf sechs Monate, „um den subsidiären Charakter des Einzel­ angriffs praktisch eine erhöhte Geltung zu verschaffen" (KommBer. 57).

Achter Abschnitt.

Besondere Bestimmungen.

§ 122.

499

In der Fassung des Ges. von 1889 schließt Abs. 2 mit den Worten: „ohne daß den letzteren die Einrede der Teilung zusteht". „Diese Vorschrift wird durch das BGB., welches die Einrede der Teilung den Gesamtschuldnern überhaupt nicht gewährt, entbehrlich und ist deshalb zu streichen" (Denkschrift zum HGB. S. 314). 7. Beginn der Frist. Die Regierungsvorlage ließ die Frist mit der Niederlegung der vollstreckbaren Nachschubberechnung auf der Gerichtsschreiberei beginnen, in der Kommission ist dies geändert, weil dies „eine innere, den Beteiligten nur durch Einsicht der Akten bekannt werdende Angelegenheit des Gerichts ist, während der Vollstreckbarkeitsbeschluß öffent­ lich verkündet wird" (KommBer. 57). Über die Berechnung der Frist BGB. §§ 188, 193. 8. Die einzelnen Genossen. Es können beliebig viele Genossen gleichzeitig in Anspruch genommen werden. Zu den Genossen gehören auch die Ausgeschiedenen innerhalb der Haftfrist (§ 125). 9. Absatz III. Einwendungen gegen festgestellte Forderungen. Der Vorstand und die Liquidatoren müssen die festgestellte (wegen der be­ strittenen vgl. Erl. 11) Forderung bestritten haben, soll dem in Anspruch genommenen Genossen ein Bestreitungsrecht zustehen (ebenso § 197 RKO. [alter Fassung! für daS bisherige Recht); selbstverständlich bezieht sich dies nur auf den Bestand der Forderung, nicht auf die individuelle Haftpflicht des einzelnen Genossen; einen dieserhalb be­ treffenden Einwand zu erheben, kann dem Genossen nicht genommen werden (Begr. II 130). Insbesondere kann der Einwand der Ungültigkeit der Mitgliedschaft erhoben werden (vgl. § 15 Erl. 6, § 111 Erl. 2). 10. Klage. Der Gläubiger muß wie nach dem bisherigen Recht klagen, es handelt sich nicht um festgestellte Forderungen, welche auf Grund der Tabellen und der Nachschubberechnung im Wege der Zwangsvollstreckung beizutreiben sind (vgl. oben Erl. 3). „Die sofortige Zwangsvollstreckung würde die direkte Haftpflicht . . . ohne zwingenden Grund verschärfen und in den Vordergrund drängen" (Begr. II 128). 11. Absatz IV. Beseitigung des Widerspruchs. Der Gläubiger muß auch den Widerspruch beseitigen, um aus den Nachschüssen Befriedigung zu erlangen (§ 115 Abs. 2). Beklagte ist die Genossenschaft, vertreten durch den Vorstand bzw. die Liquidatoren (vgl. § 115). Der Gläubiger ist aber auch berechtigt, ohne vorhergehende Klage gegen die Genossenschaft auf Beseitigung des Widerspruchs zunächst die Genossen direkt in Anspruch zu nehmen, er kann dann aber nur ein Urteil gegen den oder die in Anspruch genommenen Genossen erlangen, er erhält auch bei obsiegendem Urteil nicht das Recht, Befriedigung aus den Nach­ schüssen zu verlangen oder sich anderen Genossen gegenüber auf dieses Urteil zu be­ rufen. Der Gläubiger kann ferner auch die Genossenschaft und den oder die Genossen gleichzeitig verklagen (Begr. II129). Auch in diesen Fällen müssen immer die Voraus­ setzungen des Einzelangriffs selbstverständlich vorliegen. Die Klage gegen die Genossen­ schaft geht darauf, den Widerspruch für unbegründet zu erklären, gegen die Genossen würde der Antrag auch in den hier erwähnten Fällen auf Zahlung gehen. 12. Wirkung des gegen die Genossenschaft ergangenen Urteils. Das Urteil wirkt für und gegen alle, auch die ausgeschiedenen noch haftpflichtigen Genossen, weil der Vorstand bzw. die Liquidatoren „den Widerspruch als Organ der einzelnen Genossen und in deren Interesse erhebt" (Begr. II 129). In betreff der Einwendungen aus der individuellen Haftpflicht der einzelnen Genossen vgl. Erl. 9.

500

Genossenschaftsgesetz.

13. Absatz V. Verurteilung wegen streitiger Forderungen. Klage gegen die einzelnen Genossen auf Grund des Einzelangriffs kann auch erhoben werden aus einer streitigen, d. h. einer im Prozeß befangenen Forderung (§ 115), es darf aber vor der Feststellung derselben keine Verurteilung des Genossen erfolgen, denn wenn der Widerspruch des Konkursverwalters oder eines Gläubigers demnächst rechtskräftig für begründet befunden würde, würde sie auch den in Anspruch genommenen Genossen gegenüber hinfällig werden (Begr. II 65). Die Prozesse gegen den bestreitenden Verwalter bzw. Gläubiger und den Genossen können nebenhergehen, der Genosse ist, bis die Feststellung erfolgt ist, unbeschränkt in der Bestreitung der Forderung, auch wenn dieselbe im Prüfungstermin durch den Vorstand bzw. die Liquidatoren unbestritten geblieben ist (Begr. II125). Joßl S. 671 weist darauf hin, daß infolge dieser Vorschrift auch dem Konkursgläubiger, welcher einen vollstreckbaren Titel hat, dessen Forderung aber gleichwohl bestritten ist, das Recht zustehen muß, auf Beseitigung des Widerspruchs Klage zu erheben, da die Forderung im Konkurs „fest­ gestellt" sein muß; für seine Befriedigung aus der Konkurs- und Nachschußmasse würde die Klage nicht erforderlich sein.

§.

123.

Die Klage der Gläubiger gegen die einzelnen Genossen verjährt, sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungs­ frist gesetzlich eintritt, in zwei Jahren seit Ablauf der im §. \22 Ab­ satz 2 bestimmten Frist. Die Verjährung zu Gunsten eines Genossen wird durch Rechts­ handlungen unterbrochen, welche gegen die Genossenschaft oder von derselben vorgenommen werden; sie wird nicht unterbrochen durch Rechtshandlungen, welche gegen einen anderen Genossen oder von demselben vorgenommen werden.

Ges. von 1868 §§ 63, 64, 65, Eutw. I 111, II 112, Komm. 112, Rtg. 117. EHGB. Art. 10 XIII. Begr. I 197—199, II 130, KommBer. 57. Erläuterungen zu § 123.

1. Verjährung der Ansprüche aus der direkten Haftpflicht. „Die Bestimmungen dieses Paragraphen beziehen sich nur auf die Verjährung der aus der direkten Haftpflicht der Genossen hervorgehenden Ansprüche. Für die Nachschubpflicht erscheint die Einführung einer besonderen Verjährung weder not­ wendig noch zweckdienlich, da durch eine solche die Gläubiger, um sich nicht die Be­ friedigung entgehen zu lassen, unter Umständen zur Geltendmachung des Einzelangriffs auch da genötigt sein würden, wo aus sonstigen Gründen eine Veranlassung hierzu nicht vorläge" (Begr. II 130). 2. Absatz I. Dauer und Beginn der Verjährung. „Für die direkte Haftpflicht sieht der Entwurf in Übereinstimmung mit dem bisherigen Gesetze (§§ 63, 64) eine zweijährige Verjährung vor. Im einzelnen ge­ stalten sich jedoch die Vorschriften über dieselbe im Entwurf wesentlich einfacher." Die Verjährung beginnt in Übereinstimmung mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen mit dem Zeitpunkte, in welchem die Klage aus der direkten Haftpflicht erhoben werden kann

Achter Abschnitt. Besondere Bestimmungen. §§ 123, 124.

501

(§ 122 Abs. 2). Daher ist aber auch anzunehmen, daß die zweijährige Frist gegen die Ausgeschiedenen (§ 125) erst sechs Monate nach der Vollstreckbarkeitserklärung beginnt (Birkenbihl-Maurer S. 391). Betagte Forderungen gelten als fällig, da die Befriedigung der Gläubiger in dem Umfang und in der Art nur beansprucht werden kann, wie im Konkurse, und nach § 65 RKO. betagte Forderungen als fällig gellen; aus diesem Grunde ist § 63 Abs. 2 des Ges. von 1868 hinsichtlich solcher Forderungen nicht aufgenommen (Begr. II 131). Die Verjährung bewirkt Verlust des Rechts, den Anspruch durch Klage oder im Wege der Einrede gellend zu machen. 3. Absatz II. Unterbrechung der Verjährung. Die Unterbrechung der Verjährung ist wie in dem bisherigen Recht geordnet. Die Verjährung wird unterdrücken durch jede Rechtshandlung gegen oder von der Konkursmasse, zu der auch die Nachschubmasse gehört. Klagen gegen die Genossenschaft während des Konkurses kommen in den Fällen der §§ 115 Abs. 2 und 122 Abs. 4 vor. Unter „Rechtshandlungen" sind solche zu verstehen, welche nach dem geltenden Zivilrecht zur Unterbrechung geeignet sind (IW. 1889 S. 70); BGB. §§ 208 ff. Für früheres Recht vgl. RG. 10, 44. 4. Das Ges. von 1889 enthielt einen dritten Absatz: „Die Verjährung läuft auch gegen Minderjährige und bevormundete Personen, sowie gegen juristische Personen, denen gesetzlich die Rechte der Minderjährigen zu­ stehen, ohne Zulassung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, jedoch mit Vor­ behalt des Rückgriffs gegen die Vormünder und Verwalter." Die Vorschrift entsprach dem Art. 149 HGB. in alter Fassung und ist wie dieser mit dem Inkrafttreten deBGB. ohne Bedeutung geworden (Denkschrift zum HGB. S. 314, EHGB. Art. 10 XIII).

§• 184. Soweit Genossen in Gemäßheit des §. \22 Konkursgläubiger befriedigen, treten sie in die Rechte der letzteren gegen die Genossen­ schaft ein. Entw. I 112, II 113, Komm. 113, Rtg 118. Begr. I 200, II 131. Erläuterungen zu § 124.

1. Rückgriff und Umfang desselben. „Das Recht des Rückgriffs, welches dem von einem Gläubiger in Anspruch ge­ nommenen Genossen gegenüber der Genossenschaft eingeräumt wird, steht in Einklang mit den Grundsätzen, welche nach den in Deutschland geltenden Rechtssystemen in bezug auf den Regreß des Bürgen gegen den Hauptschuldner anerkannt sind" (Begr. II 131). Hat der Genosse im Nachschußverfahren die auf ihn entfallenden Beiträge vollständig geleistet, so kann er vollen — und nicht nur anteilsweisen — Ersatz dessen, was er an den Gläubiger bezahlt hat, verlangen; ist dies nicht der Fall, so werden gegen ihn die auf ihn fallenden noch nicht berichtigten Nachschüsse aufgerechnet. Voraussetzung des Regresses ist Befriedigung und nicht schon Verurteilung zur Zahlung; die Grundsätze des Urt. des RG. v. 28. I. 91 (IW. 1891 S. 135) finden hier daher keine Anwendung. 2. Genossenschaft. Nur an die Genossenschaft kann er Regreß nehmen, nicht an die Genossen, also nur im Wege des Nachschubverfahrens, nicht des Einzelangriffs (vgl. Begr. II 131,

502

Genossenschaftsgesetz.

§§ 105 Abs. 4,130 Abs. 2). Die Ausgleichung der den einzelnen Genossen obliegenden und von ihnen bewirkten Leistungen kann nur im Nachschubverfahren erfolgen, welches bis zur vollständigen Befriedigung des Genossen fortzusetzen ist (vgl. § 122 Erl. 2). Der Genosse hat auch die Klage aus § 111. 3. Genossen. § 124 bezieht sich nur auf den Fall, daß ein Genosse infolge der Inanspruch­ nahme nach § 122 an Stelle eines Gläubigers getreten ist; hat er die Forderung durch Zession erworben, so tritt er in alle Rechte des Gläubigers gegen die Genossenschaft und die Genossen; Birkenbihl-Maurer S. 394 suchen nachzuweisen, daß der Wortlaut des Gesetzes der Begründung nicht entspricht, daß ein Genosse, der einen Gläubiger befriedigt, alle der Forderung innewohnenden Rechte ausüben kann. Ihnen ist dahin zuzustimmen, daß nach der juristischen Konstruktion — bei den Ausgeschiedenen wegen der Auseinandersetzung, bei den aktiven Genossen wegen des zwischen ihnen bestehenden Korrealschuldverhältnisses — ein solches Recht der Genossen bestehen könnte, jedoch scheint der Wortlaut des Gesetzes die Beschränkung des Rechtes genügend deutlich zum Ausdruck gebracht zu haben (§ 122 Erl. 2). Ein in Anspruch genommener ausgeschiedener Genosse hat seinen Regreß gleichfalls bei der Genossenschaft im Nachschußverfahren zu suchen, erlangt er hier nicht seine Befriedigung, so bestimmt sich sein Recht, von den übrigen aus­ geschiedenen Genossen Ersatz zu verlangen, resp. der Umfang dieses Ersatzes nach den Landesgesetzen (Begr. II 132), vgl. jetzt BGB. § 426. Die Ausgeschiedenen sind Korrealschuldner.

§. 135. Die Bestimmungen der §§. {22 bis \2\ finden auf die in den letzten zwei Jahren vor der Eröffnung des Aonkursverfahrens aus der Genossenschaft ausgeschiedenen Genossen (§§. 70, 76, welche nicht schon in Gemäßheit des §. 75 der Haftpflicht unterliegen, wegen der bis zu dem Zeitpunkte ihres Ausscheidens von der Genossenschaft ein­ gegangenen Verbindlichkeiten mit der Maßgabe Anwendung, daß der Anspruch der Gläubiger erst nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Termine, in welchem die Nachschußberechnung (§. 1 \ -f) für voll­ streckbar erklärt ist, erhoben werden kann. Dieser Anspruch erstreckt sich, wenn im Falle des Todes eines Genossen dessen Ausscheiden nach dem int §. 77 Absatz s bezeichneten Zeitpunkte eingetragen ist, auf die bis zum Tage der Eintragung von der Genossenschaft eingegangenen Verbindlichkeiten, sofern nicht der Erbe beweist, daß bei ihrer Eingehung dem Gläubiger der Tod des Genossen bekannt war. Ges. von 1868 §§ 39, 63, Entw. I 71, 72, II 72, 73, Komm. 113a, Rtg. 119. Begr. I 154, II 102, KommBer. 40, 57.

ErlSutrrungrn zu § 125. 1. Der § 125 ist von der Kommission an Stelle der gestrichenen §§ 74, 75 Abs. 3 aufgenommen. Die Bestimmungen mußten infolge der Einfügung der Genossenschaften

Achter Abschnitt.

Besondere Bestimmungen.

§ 125.

503

mit unbeschränkter Nachschubpflicht aus dem allgemeinen Teil herausgenommen werden; sie gelten für Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht und mit beschränkter Haft­ pflicht (§ 141). § 123 regelt die Verjährung des Anspruchs aus der direkten Haft gegen alle Genossen, § 125 regelt die Haftfrist für die ausgeschiedenen Genossen gegenüber den Gläubigern. 2. Absatz I. Frist und nicht Verjährung der Haftpflicht. Die ausgeschiedenen Genossen wurden nach § 39 des Ges. von 1868 von der Haftung für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft befreit durch den Ablauf einer zweijährigen Verjährung; die Verjährung begann mit dem Tage, da das Ausscheiden dem Registergericht angezeigt war. Die Folge dieser Vorschrift war, daß die Ver­ jährung entgegen allen Rechtsgrundsätzen lange vor der Möglichkeit der Klageerhebung selbst zu laufen begann. Andererseits aber wurde die „Verjährung schon in diesem Stadium durch jede gegen die Genossenschaft selbst gerichtete und zur Unterbrechung an sich geeignete Rechtshandlung auch gegenüber den ausgeschiedenen Genossen unter­ brochen. Berücksichtigt man aber, daß nach den meisten Rechtssystemen schon die regelmäßigen Zins- und Abschlagszahlungen, sowie alle Arten von AnerkennungsHandlungen zur Unterbrechung der Verjährung genügen, so liegt auf der Hand, daß hierdurch der Zweck der kurzen Verjährungsfrist fast ganz vereitelt wurde" (Begr. II 102), so daß tatsächlich die ausgeschiedenen Genossen in den meisten Fällen erst mit der Tilgung der betreffenden Verbindlichkeit befreit wurden. Den Mängeln einer solchen Einrichtung hilft das Gesetz dadurch ab, daß es an Stelle der zwei­ jährigen Verjährung eine zweijährige Frist setzt, und diese Frist allein mit der Konkurseröffnung über die Genossenschaft unterbrechen läßt. Der Rechtszustand ist für die Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht und beschränkter Haftpflicht (§ 141 — in betreff der Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht vgl. § 128 —) folgender: Das Ausscheiden erfolgt — abgesehen von dem Fall des § 76 — unter der Resolutivbedingung, daß nicht innerhalb sechs Monaten nach demselben die Ge­ nossenschaft aufgelöst wird (§ 75), tritt dieser Fall ein, so gilt das Ausscheiden als nicht erfolgt. Andernfalls — im Falle des § 76 stets — bleiben die Ausge­ schiedenen noch während einer zweijährigen Haftsrist den Gläubigern direkt haftbar, falls in dieser Zeit der Konkurs über die Genossenschaft eröffnet wird; z. B. der Konkurs ist am 1. Mai 1910 eröffnet; dann gilt der Austritt der zu Ende 1909 Ausgeschiedenen als nicht erfolgt, diese sind zum Nachschußversahren heranzuziehen und hasten außerdem den Gläubigern für alle bis zum Konkurs seitens der Genossen­ schaft eingegangenen Verbindlichkeiten direkt (in Gemäßheit des § 122, § 141). Ferner hasten die zu Ende 1908 Ausgeschiedenen, und zwar nur nach § 122 im Wege des Einzelangriffs, an dem Nachschußversahren nehmen sie nicht teil. Die zu Ende 1907 ausgeschiedenen Genossen sind durch Ablauf der Hastsrist Ende 1909 frei geworden. Ist der Konkurs im September 1910 eröffnet, also nach Ablauf der sechsmonatigen Frist (§ 75), so haften auch infolgedessen die Ende 1909 Ausgeschiedenen nur nach § 122 im Wege des Einzelangriffs, und ferner hasten in gleicher Weise die zu Ende 1908 Ausgeschiedenen. Es ist bei diesen Beispielen davon ausgegangen, daß das Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr abschließt; ist die Geschäftsperiode nicht gleich dem Kalenderjahr, schließt sie mit einem andern Termin ab oder ist sie kürzer, so ändert sich dementsprechend die Fristberechnung. Für die infolge Übertragung des Geschäfts­ guthabens ausgeschiedenen Mitglieder ist die Haftfrist von dem Tage der Eintragung des Ausscheidens ab zu rechnen. Ist innerhalb der sechsmonatigen Frist nach dem Ausscheiden die Genossenschaft ausgelöst oder innerhalb der zweijährigen Haftfrist

Genossenschaftsgesetz.

504

Konkurs eröffnet, so greift für die Verjährung des Anspruchs aus der direkten Haft^Pflicht die Verjährungsfrist des § 123 Abs. 1 Platz. Übergangsbestimmung in § 162 in der Fassung des Gesetzes von 1889. 3. Verbindlichkeiten. Der Ausgeschiedene kann nur für diejenigen Verbindlichkeiten der Genossenschaft von den Gläubigern in Anspruch genommen werden, welche bis zu seinem Ausscheiden eingegangen sind; ob dies der Fall ist, wird in einzelnen Fällen Tatfrage sein, deren Entscheidung sehr schwierig ist. Verbindlichkeiten aus der Beendigung schwebender Verbindlichkeiten sollen nicht dahin gehören (RG. 12, 57), vgl. ferner RG. 18, 264, betreffend die Haftpflicht für Kontokorrentschulden. Anders bei Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht vgl. § 128. 4. Sechs Monate. In der Regierungsvorlage war für alle Genossen der gleiche Zeitpunkt be­ stimmt. Die in der Genossenschaft verbliebenen Genossen können nach dem Gesetz von den Gläubigern nach Ablauf von drei Monaten seit dem Termin, in welchem die Nachschubberechnung für vollstreckbar erklärt ist, in Anspruch genommen werden (§ 122). Diese Frist ist für die Ausgeschiedenen auf sechs Monate ausgedehnt, um die Subsidiarität der Haftung der Ausgeschiedenen gegenüber derjenigen der aktiven Genossen hervortreten zu lassen (KommBer. 57). 5. Absatz II. Haftung der Erben verstorbener Mitglieder Die Beendigung der Mitgliedschaft durch Tod ist der einzige Fall, der unab­ hängig von der Eintragung in die Mitgliederliste ist (§ 77). Die Eintragung ist dennoch nicht ohne Bedeutung. Der Erbe soll, wenn die Beendigung der Mitglied­ schaft erst nach Schluß des Geschäftsjahres eingetragen ist, in welchem der Tod er­ folgte, wegen der bis zur Eintragung von der Genossenschaft eingegangenen Ver­ bindlichkeiten dem Gläubiger haften müssen, wenn er. der Erbe, nicht beweist, daß bei ihrer Eingehung dem Gläubiger der Tod des Genossen bekannt war. Es wird hier der allgemein für handelsrechtliche Eintragungen geltende Grundsatz über die Wirkung derselben Dritten gegenüber zur Geltung gebracht. In § 129 der Regierungs­ vorlage waren die Mitglieder des Vorstandes mit Strafe bedroht, wenn sie es unter­ ließen, die Anzeige von dem Tode des Genossen dem Gerichte einzureichen. Diese Strafvorschrift ist in der Kommission beseitigt (vgl. § 77 Erl. 7).

II. Für Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht. Über die Geschichte dieser Genossenschaftsart und ihre Bedeutung vgl. Einl. S. 31 ff.

§• 1*6. Die Bestimmungen des §. U9 über die Beschränkung der Be­ theiligung auf einen Geschäftsantheil und des Z. über die Berufung der Generalversammlung im Falle der Ueberschuldung finden auf die Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht Anwendung. Komm. 113b, Rtg. 120, KommBer. 58. Vgl. die Erläuterungen zu §§ 119, 121.

Achter Abschnitt. Besondere Bestimmungen. §§ 126—128.

505

§. 127. Die Beitrittserklärungen (§. \5) müssen die ausdrückliche Bemerkung enthalten, daß die einzelnen Genossen mit ihrem ganzen Vermögen ver­ pflichtet sind, der Genossenschaft die zur Befriedigung der Gläubiger der­ selben erforderlichen Nachschüsse nach Maßgabe des Gesetzes zu leisten. Komm. 113c, Rtg. 121, AV. § 29. Erläuterungen zu § 127.

1. Über Mängel der Form vgl. § 120 Erl. 2. 2. Auch hier dürfte das Formular der Beitrittserklärung bei Proebst, welches die Kenntnis des Inhalts der Statuten mit der Bestimmung, daß die einzelnen Ge­ nossen usw. (wie im § 127), bezeugt, nicht ohne Bedenken sein (vgl. § 120 Erl. 3).

§.

138.

Ist im Falle der (Eröffnung des Konkursverfahrens nach Ablauf von drei Monaten feit dem Termine, in welchem die Nachschußberechnung (§. s sH) für vollstreckbar erklärt ist, die Befriedigung oder Sicherstellung der im §. 105 Absatz 1 bezeichneten Konkursgläubiger noch nicht bewirkt, so sind die hierzu erforderlichen Beiträge von den innerhalb der letzten achtzehn Monate vor der (Eröffnung des Konkursverfahrens aus­ geschiedenen Genossen, welche nicht schon in Gemäßheit des §. 75 oder des §. 76 Absatz H der Nachschußpflicht unterliegen, nach Maßgabe des §. f05 zur Konkursmasse zu leisten. Komm. 113 d, Rtg. 122. Erläuterungen zn § 128.

1. Im allgemeinen. Vgl. Einleitung S. 33 ff. Bei den Genossenschaften mit unbeschränkter und be­ schränkter Haftpflicht hat der Gläubiger das Recht, insoweit er nach Ablauf von drei Monaten seit dem Termin, in welchem die Nachschubberechnung für vollstreckbar erklärt ist, nicht befriedigt ist, alle Genossen, d. h. die zur Zeit der Auflösung der Genossenschaft angehörigen Mitglieder, und außerdem nach Ablauf von sechs Monaten die innerhalb zwei Jahre vor Eröffnung des Konkurses Ausgeschiedenen im Wege des Einzelangriffs in Anspruch zu nehmen. Bei der Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschubpflicht ist ihm dies Recht nicht gewährt, sondern es müssen nach dem erst gedachten Zeitpunkt die innerhalb achtzehn Monaten vor der Eröffnung des Konkurs­ verfahrens Ausgeschiedenen im Wege eines besonderen Nachschubverfahrens die Beträge aufbringen, welche in diesem Zeitpunkt noch zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich sind. Die Genossen stehen „bei der neuen Form in keinerlei Beziehung zu l.den Gläubigern" (KommBer. 54), es ist die bürgschaftsartige, sogenannte Garantiehaft bei ihr in Wegfall gekommen. Für die Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschubpflicht gellen die allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes.

506

Genossenschaftsgesetz. 2. Die in der Genossenschaft verbliebenen Genossen. Das Nachschußverfahren der in der Genossenschaft verbliebenen Genossen wird

nicht durch das Nachschubverfahren gegen die Ausgeschiedenen aufgehalten (§ 130). 3. Die Ausgeschiedenen. Falls die

Genossenschaft innerhalb sechs Monaten nach dem Ausscheiden auf­

gelöst wird, ist das Ausscheiden reszindiert, und die Ausgeschiedenen sind für alle auch in diesem Zeitraum von der Genossenschaft eingegangenen Verbindlichkeiten gleich den in der Genossenschaft verbliebenen Genossen und mit diesen zusammen im Nachschub­ verfahren heranzuziehen. Für die durch Übertragung des Geschäftsguthabens Ausgeschiedenen gilt die Sonderbestimmung des § 76 Abs. 4;

Joel S. 680 nimmt

an, daß der Konkursverwalter auf die subsidiäre Nachschubforderung aus § 76 Abs. 4 verzichten und die Ausgeschiedenen nach § 128 heranziehen kann, dies ist im Gesetz nicht begründet (wie hier auch Birkenbihl-Maurer S. 400).

Die Haftpflicht der Erben

kann bei dieser Haftart möglicherweise eine begrenztere sein als bei den anderen Haftarten (§ 125 Abs. 2). Nach § 73, welcher auch auf diese Genossenschaftsart Anwendung findet, hat zwischen den Ausgeschiedenen und der Genossenschaft eine Auseinandersetzung statt­ zufinden, durch welche die Mitgliedschaftsverbindungen zwischen beiden Teilen gelöst werden.

Trotzdem (so auch Birkenbihl-Maurer S. 400) wird der Ausgeschiedene nun

bei den Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht im Falle des Konkurses nochmals zur Deckung der Verbindlichkeiten der Genossenschaft herangezogen.

Während

bei den andern beiden Genossenschaftsarien der Austritt unter der Resolutivbedingung erfolgt, daß sich nicht innerhalb sechs Monaten die Genossenschaft auflöst, ist bei den Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht das Ausscheiden außer an diese Resolutivbedingung

noch an

die

fernere

gebunden, daß nicht innerhalb achtzehn

Monaten nach dem Ausscheiden Konkurs über die Genossenschaft eröffnet wird, und nicht in dem Konkurse nach Ablauf von drei Monaten seit dem Termine, in welchem die Nachschubberechnung

für vollstreckbar

erklärt

ist,

die Befriedigung oder Sicher­

stellung der im § 105 Abs. 1 bezeichneten Konkursgläubiger bewirkt ist.

Auch in

diesem Falle tritt Reszission des Ausscheidens ein, und der Ausgeschiedene muß für diejenigen Verbindlichkeiten haften, welche innerhalb dieses Zeitraums von der Ge­ nossenschaft eingegangen sind.

Die Rechtfertigung für diese Ordnung soll nach dem

KommBer. 54 in der „Bestimmung in § 130, nach welcher den Ausgeschiedenen die von ihnen geleisteten Beiträge aus den Nachschüssen der in der Genossenschaft ver­ bliebenen Genossen zu erstatten sind", und in der „Annahme ... daß die Auseinander­ setzung auf Grund der Bilanz unzureichend gewesen sei", liegen.

Die Annahme freilich

trifft nicht zu, da sich die Haftpflicht auch noch auf Verbindlichkeiten erstreckt, welche nach jener Auseinandersetzung eingegangen sind. 4. Die Frist. Die Ausgeschiedenen sollen zum Nachschußversahren herangezogen werden können, wenn innerhalb achtzehn Monaten nach ihrem Ausscheiden der Konkurs eröffnet ist; diese Frist kann eine sehr verschiedene Wirkung haben; z. B. der Konkurs wird im Mai 1910 eröffnet, so ist zunächst das Ausscheiden der am 31. Dezember 1909 Ausgetretenen reszindiert, welche gleich

den in der Genossenschaft Verbliebenen zum

Nachschußverfahren heranzuziehen sind, und ferner das Ausscheiden der am 31. De­ zember 1908 Ausgetretenen, welche zum besonderen Nachschubverfahren zu veranlagen sind: es haften also zwei Jahrgänge.

Wird dagegen der Konkurs im zweiten Semester

1910 eröffnet, so sind nur die zum 31. Dezember 1909 Ausgetretenen zum besonderen

Achter Abschnitt.

Besondere Bestimmungen.

§§ 129, 130.

507

Nachschubverfahren heranzuziehen, die zum 31. Dezember 1908 Ausgetretenen sind wegen Ablaufs der achtzehnmonatigen Frist frei geworden. Ob diese Verschiedenartigkeit beabsichtigt war, ist aus den Kommissionsverhandlungen nicht zu ersehen. 5. Konkursmasse. Auch das Nachschubverfahren gegen die Ausgeschiedenen ist ein Teil des Konkursverfahrens, und kommen daher die Bestimmungen der Konkursordnung auf dieses Verfahren in dem gleichen Umfang zur Anwendung, wie auf das Nachschuß­ verfahren der §§ 105 ff., ebenso sind die Bestimmungen des § 105 auf dasselbe an­ zuwenden: die Konkursgläubiger haben keine weiteren Rechte, als sie ihnen dort gegeben sind.

§. 139. Der Konkursverwalter hat ohne Verzug eine Berechnung über die Beitragspflicht der Ausgeschiedenen aufzustellen. 3« der Berechnung sind dieselben namentlich zu bezeichnen und auf sie die Beiträge zu vertheilen, soweit nicht das Unvermögen Einzelner zur Leistung von Beiträgen vorauszusehen ist. Im Uebrigen finden die Vorschriften in §. s06 Absatz 3, §§. (0? bis 109, m bis {|3 und U5 entsprechende Anwendung. Komm. 113e, Rtg. 123. Erläuterungen zu § 129.

Dgl. die im Abs. 3 angezogenen Paragraphen mit den Erläuterungen. § 110 findet keine Anwendung. Die Ausfälle der ersten Umlage werden nur dann eine Zusatzberechnung erfordern, wenn sie höher find, als die inzwischen durch die fortgesetzte Einziehung der Nachschüsse eingegangenen Beträge.

§. 130. Durch die Bestimmungen der §§. J28, \2 ist damit die Fiktion geschaffen, daß von den zur Anmeldung berufenen Personem he erforderlichen handelsregisterlichen Erklärungen in der gesetzlichen Form abgegeben verden; der Registerrichter muß also auf Grund der Urteile die Eintragung der in toern Formeln enthaltenen Tatsachen bewirken, wenn auch zur Zeit der Antragstellung die Genossenschaft keine Vertreter neu bestellt hat. — KG. 15. IV. 10. Für GmbH. l(„Secht" 1910 Nr. 1831). 3. Wsatz II. Anmeldungen und Einreichungen bei dem Gericht der Zweigmie)erlassung. Nmch dem Ges. von 1868 § 7 ist nur die Errichtung einer Zweigniederlassung und jede: Statutenänderung bei dem Gericht der Zweigniederlassung anzumelden. Der Zweck dees Registers der Zweigniederlassung aber ist, Auskunft zu geben über die Rechtsveuhätnisse der Genossenschaft, das Gesetz verlangt daher, daß a) Statutenänderungen — Z 16 — dahin gehört auch Umwandlung von einer Hlftart in die andere usw., b) Ärderungen in der Zusammensetzung des Vorstandes — § 28, c) Bekanntmachungen der Bilanz und des Mitgliederstandes — § 33 Abs. 2, d) Urgültigkeitserklärung eines eingetragenen Generalversammlungsbeschlusses — § 51 Abs. 5, e) Bescheinigung des Revisors über Ausführung der Revision — § 63 Abs. 2, f) Bestellung der Liquidatoren — § 84, g) Zeichnung der Liquidatoren — § 85 Abs. 2 durch beet Borstand oder die Liquidatoren auch zu dem Gericht der Zweigniederlassung anzumelden sind. Außerdem ist durch das Gericht der Hauptniederlassung in den beiden Fällen des § 158 der Zweigniederlassung Nachricht zu geben. Die Anmeldung zu dem Gericht der Zweigniederlassung erfordert den Nachweis, daß bei Dem Hauptregister die Eintragung erfolgt ist (Johow 14, 242).

§. 158. Von der Eintragung eines beitretenden Genossen, der Eintragung oder Vormerkung des Austritts, der Ausschließung oder des Todes von Genossen, sowie von der Eintragung weiterer Geschäftsantheile in die Liste der Genossen hat das Gericht (§. sO) dem Gerichte einer jeden Zweigniederlassung zur Berichtigung der dort geführten Liste Mittheilung zu machen. Imgleichen ist die Eintragung der Auflösung einer Genossenschaft, sowie der Eröffnung des Aonkursverfahrens zu dem Genossenschafts­ register einer jeden Zweigniederlassung mitzutheilen. Entw. I 134, II 135, Komm. 135, Rtg. 149. AB. §§ 19, 20, 25, 27, 28. Begr. I 218, II 143.

Erläuterungen |u § 158. Regelmäßig hat der Vorstand alle Anmeldungen und Anzeigen zu dem GR. sowohl bei dem Gericht der Haupt- wie bei dem der Zweigniederlaffung zu erstatten (§ 157, HGB. § 13); hiervon werden zwei Ausnahmen in § 158 gemacht:

Genossenschaftsgesetz.

550

1. Anmeldungen ^behufs Berichtigung der Liste der Genossen sind nur bei dem Gericht der Hauptniederlassung zu machen. Der Grund hierfür liegt in der Vermeidung von Verschiedenheiten in den beiden Listen, der Notwendigkeit der Prüfung der Originalurkunden und endlich in dem Umstande, daß Eintragungen auch auf Ver­ langen einzelner Genossen vorzunehmen sind (§ 71). 2. Anmeldungen über Auflösung der Genossenschaft. Die Eintragung erfolgt nur im Falle der freiwilligen Auflösung (§ 78) und des Zeitablaufs (§ 79) auf Antrag, in den anderen Fällen (Herabsinken der Anzahl der Mitglieder unter sieben, Auflösung durch die Verwaltungsbehörde bzw. das Verwaltungsgericht, Konkurs) von Gericht zu Gericht; um „allzu"viele Verschiedenheiten zu vermeiden", ist daher daS gleiche auch für die Fälle der §§ 78, 79 angeordnet. Das Gericht der Hauptniederlassung hat von der vorgenommenen Eintragung dem Gericht der Zweigniederlassung Mitteilung zu machen. Das Gericht der Zweig­ niederlassung hat nicht noch einmal die Genossenschaft von den Eintragungen zu be­ nachrichtigen. Nur wenn eine besondere Anmeldung zu dem Gericht der Zweig­ niederlassung erfolgt, ist auch eine besondere Benachrichtigung erforderlich.

Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. § 187. „Der § 150 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschafien vom 1. Mai 1889 (RGBl. S. 55) wird aufgehoben." § 187 bezieht sich auf den § 150 alter Fassung, der auf den jetzigen § 158 folgte und lautete: „Gegen die Entscheidung über Anträge auf Eintragung in das Genossen­ schaftsregister oder die Liste der Genossen oder auf Vormerkung in der letzteren finden die Rechtsmittel statt, welche gegen die Entscheidung über Eintragungen in das Handelsregister zulässig sind."

§.

159.

Gebühren für die Verhandlung und Entscheidung erster Instanz über die in vorstehendem Paragraphen bezeichneten Anträge, sowie für die Eintragungen und Vormerkungen werden nicht erhoben. Die Er­ hebung von Auslagen findet nach §§. 79, 80 und 80 b des Gerichtskostengesetzes statt. Gef. von 1868 § 69, Entw. I 135, II 136, Komm. 136, Rtg. 151. II 143.

Begr. I 218,

I. Jur Geschichte des § 159. Der „vorstehende" Paragraph ist fortgefallen, die Bestimmung bezieht sich nun auf die Vorschriften, die an Stelle des §150 alter Fassung getreten sind — doch nur dem Wortlaut nach, denn dem Sinne nach gilt die Gebührenfreiheit für alle sich auf die Eintragungen beziehenden Verhandlungen, vgl. die Verfügung des preußischen Justizministers vom 29. V. 95, BlsG. 1895 S. 510. Gebührenfreiheit. § 69 des Ges. von 1868 lautete: „Die Eintragungen in das GR. erfolgen kostenfrei". Diese Vorschrift stimmte mit dem ersten Satze des § 57

Zehnter Abschnitt.

Schlußbestimmungen.

§ 159.

551

des preuß. Ges. überein. Die Motive des Regierungsentwurfs zu diesem Paragraphen lauteten: „Zur Förderung der Genossenschaften ist den Eintragungen in das GR. Kostenfreiheit zugestanden". Die Kommission des Abgeordnetenhauses war nicht ohne Bedenken in bettest der Kostenfreiheit. Es heißt darüber in dem Bericht (Drucks. Nr. 55 S. 22): „Weder der Antragsteller, noch die Kommission, ist gesinnt, irgendein Borrecht für die Genossenschaft zu beanspruchen. Da sie jedoch mit der Prüfung des ehemaligen Regierungsentwurfs sich befaßten, so hielten sie sich nicht gezwungen, die für die Ein­ tragungen angebotene Kostenfreiheit abzulehnen. Es liegt im öffentlichen Interesse, die Genossenschaften zu ermuntern, wenn sie einmal die übrigen Erfordernisse erfüllen, daß sie durch Eintragung sich unter die Herrschaft dieses Gesetze- stellen. Unzweifel­ haft werden die Genossenschaften ihren eigenen Vorteil zu würdigen wissen. Wenn aber die Königliche Staatsregierung durch Kostenfreiheit den Antrieb vermehren und ihre Teilnahme für die Entwicklung des Genossenschaftswesens ausdrücken will, so darf die Landesvertretung dem beistimmen, ohne das fiskalische Interesse strenger wahren zu müssen als die Staatsregierung. In England ist den Genossenschaften durchweg Freiheit von Stempel und Kosten gewährt. Nur darf aus der kleinen Gunst kein Einmischungsrecht hergeleitet werden; gegen einen solchen Preis verzichten die Genossenschaften gern auf jede Bevorzugung." — Über den Umfang der Kostenfreiheit traten in den einzelnen Staaten schon in den Ausführungsverordnungen sehr verschiedene Anschauungen hervor. Noch schwankender war die Auslegung der Gerichte. Während manche Amtsgerichte — besonders im Königreich Sachsen — die Gebührenfreiheit möglichst einschränkend auslegten, wurde sie von oberen Gerichten öfters in weitem Umfange ausgedehnt. Durch Beschl. z. B. vom 14. VI. 88 (BlfG. 1889 S. 54) hat das Sächsische OLG. ausgeführt, daß lediglich die baren Auslagen, welche dem Ge­ richte erwachsen, zu ersetzen, daß aber die Schreib- und Bestellgebühren sowie die Botenlöhne mit in die Gesetzesbestimmung einzubeziehen sind, da damit ebenfalls nur eine dem Gericht obliegende Tätigkeit vergütet wird, barer Aufwand aber nicht darunter begriffen ist, vgl. ferner die einleitende Bemerkung. II. Erläuterungen zu § 159. 1. Gebühren für die Verhandlung und Entscheidung erster Instanz. „Die Gebührenfreiheit für die Eintragungen in das GR. ist austechterhalten und zugleich dahin erläutert, daß auch für die Verhandlungen und Entscheidungen, die sich auf die Eintragungen beziehen, Gebühren nicht in Ansatz zu bringen sind. Es entspricht dies dem nach den ergangenen Ausführungsverordnungen in dem größten Teil der Bundesstaaten bestehenden Rechtszustand. Dagegen fehlt es an einem Grund, die Gebührenfreiheit auch auf die Beschwerdeinstanz auszudehnen; für die höheren Instanzen müssen vielmehr die im § 159 bezeichneten landesrechtlichen Vorschriften auch in betteff der Gebührenordnung Platz greifen. Die Erhebung der Auslagen ist im Entwurf für alle Instanzen einheitlich nach den Grundsätzen des Gerichtskostengesetzes geregelt" (Begr. II 143). § 159 bezieht sich nach dem Wortlaut nicht auf Bescheinigungen über erfolgte Eintragungen, es sollen die Worte „Anträge, Eintragungen und Vormerkungen" in dieser präzisen Form gewählt sein. um eine extensive Interpretation auszuschließen. Doch sind die Bundes­ staaten natürlich unbehindert, die weitgehendste Gebührenfreiheit zu bewilligen. Über Gebühren für Bestellung des Revisors § 61 Erl. 51 Vgl. die Zusammenstellung in BlfG. 1900 S. 428, 1905 S. 496, bett. Gebühren für Bescheinigungen aus dem GR.

552

Genossenschaftsgesetz.

§.

160.

Die Mitglieder des Vorstandes sind von dem Gerichte (§. sO) zur Befolgung der im §. 8 Absatz 2, §. sH, §§. 28, 30, §. 6s Absatz 2, §. 63, §. 78 Absatz 2, §. 79 Absatz 2 enthaltenen Vorschriften durch Ordnungsstrafen anzuhalten; die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. 3n gleicher Weise sind die Mit­ glieder des Vorstandes und die Liquidatoren zur Befolgung der im §. 33 Absatz 2, §. \7, §. 8 Absatz 2, §. 5* Absatz 4 und 5, §. 8% §. 85 Absatz 2, §. 89, §. H57 Absatz 2 enthaltenen Vorschriften anzu­ halten. Rücksichtlich des Verfahrens sind die Vorschriften maßgebend, welche zur Erzwingung der im Handelsgesetzbuch angeordneten An­ meldungen zum Handelsregister gelten. Ges. von 1868 § 66, Entw. 1136, II137, Komm. 137, Rtg. 152, EHGB. Art. XVI. Begr. I 219, II144, KommBer. 64.

Erläuterungen zu § 160. Der § 160 entspricht mit den durch die Abänderung der betreffenden Gesetzes­ stellen notwendig gewordenen veränderten Bezugnahmen dem § 66 des Ges. von 1868. 1. Absatz I. Strafvorschrift. § 14 HGB. bestimmt in Übereinstimmung mit § 78 BGB., daß die einzelne Ordnungsstrafe den Betrag von 300 Mk. nicht übersteigen soll, nach dem Gesetz von 1889 konnten die Ordnungsstrafen bis 600 Mk. gehen, sie ist durch EHGB. Art. 4, XVI. entsprechend ermäßigt. Das Gesetz von 1889 enthielt noch in Absatz 1 den Hinweis auf §§ 16 Abs. 3, 133 Abs. 2, 143 Abs. 3, die Hinweise sind in der Kommission zum HGB. (Bericht 140) gestrichen, da kein Grund bestehe, bei Genossenschaften auch diejenige Anmeldung zu erzwingen, von welcher die Rechtswirksamkeit eines Beschlusses abhänge. In der Kommission (zum Gesetz von 1889) war folgender Zusatz beantragt: „Der Richter soll damit nicht beauftragt sein, den Vorstand von Amts wegen durch Ordnungsstrafen zur Eintragung der Beschlüsse der Generalversammlung in das Protokollbuch anzuhalten". Der Antrag wurde mit Rücksicht auf die Erklärung des Regierungsvertreters zu § 47 abgelehnt. 2. Absatz II. Das Verfahren. Nur gegen die Vorstandsmitglieder als solche und nicht gegen den Vorstand kann sich das Verfahren richten. Nur das Gericht der Hauptniederlassung ist für die Androhung und Festsetzung der Ordnungsstrafen zuständig, auch in betreff derjenigen Anmeldungen, Einreichungen und Anzeigen, die zu den Gerichten der Zweigniederlassung zu geschehen haben. Das Zwangsverfahren, durch welches die Beteiligten zu Anmeldungen zum Handelsregister behufs Berichtigung desselben anzuhalten sind, bildet ein Offizial­ verfahren, kein Parteiverfahren, die Registerbehörde verfährt dabei von Amts wegen, ist an Anträge nicht gebunden und hat nur das öffentliche Interesse wahrzu­ nehmen. — Handelt es sich jedoch um Erzwingung der Befolgung einer Anordnung, welche nur im Interesse einzelner Berechtigter gegeben ist, und deren Be-

Zehnter Abschnitt.

Schlußbestimmungen.

§ 160.

553

obachtung diese Berechtigten zwar verlangen können oder auch müssen, um ein Ein­ schreiten des Gerichts zu rechtfertigen, so muß dem Antragsberechtigten auch die Be­ fugnis zustehen, gegen die Versagung des Schutzes seiner Privatrechte im Rechts­ mittelweg anzukämpfen (Johow 13, 10). Es handelte sich um das Verlangen eines Genossen, auf seine Kosten Abschrift der Bilanz zu verlangen (§ 48 Abs. 2), und ist ausgesprochen, daß gegen die Entscheidung, durch welche der Antrag eines Genossen abgelehnt ist, die Mitglieder des Vorstandes durch Ordnungsstrafen zur Erteilung einer Abschrift der Bilanz usw. anzuhalten, dem betreffenden Genossen die Beschwerde zusteht. Das Verfahren bei Verhängung der Ordnungsstrafen ist nun einheitlich durch §§ 132ff. FGG. geregelt, so daß für die in Betracht kommenden Fälle eine anders­ geartete Behandlung der Sache ausgeschlossen ist (KG. Beschluß v. 22. X. 09, BlfG. 1910 S. 106), Voraussetzung für die Androhung der Ordnungs­ strafe ist. daß das Gericht in glaubhafter Weise von der Nichtbefolgung einer gesetzlichen Anordnung Kenntnis erhält. Ist dieser Fall eingetreten, so hat das Gericht den Vorstandsmitgliedern unter Androhung der Ordnungsstrafe aufzugeben, die gesetzliche Anordnung zu befolgen. Vgl. für früheres Recht ebenso Beschl. des KG. v. 28. IV. 90, BlfG. 1890 S. 248 ff. Der Richter darf sein Aussichtsrecht über die EG. nur im Rahmen des § J60 ausüben und ist nur in den daselbst benannten Fällen berechtigt, die Ausführung gesetzlicher Obliegenheiten zu erzwingen. Dabei hat es sein Bewenden, das Gericht hat keine weitergehenden Rechte; es ist nicht befugt, den Vorstand zur Ver­ meidung von Verstößen gegen das Gesetz, unter eine fortwährende Aufsicht und Kon­ trolle zu nehmen Sv kann das Gericht z. B. nicht ohne weiteres verlangen, daß der Vorstand ihm das von ihm zu führende Verzeichnis der Genossen (§ 30) zur Prüfung vorlegt, ob dasselbe mit der gerichtlichen Mitgliederliste in Übereinstimmung steht; es müßte zuvor Kenntnis davon erhalten haben, daß dies nicht der Fall ist und hätte dann erst unter Androhung einer Ordnungsstrafe den Vorstand dazu anzu­ halten. Noch weniger ist der Richter berechtigt, eine regelmäßige Vorlage des Ver­ zeichnisses der Genossen von dem Vorstande zu verlangen (Beschl. des KG. a. a. O.). Nicht berechtigt ist das Gericht, die Vorlage der Tagesordnung zu verlangen, um festzu­ stellen, ob der Bericht über die Revision auf derselben steht (BlsG. 1903 S. 189). Wo der Vorstand dem Gerichte gegenüber zu regelmäßigen Nachweisungen verpflichtet ist, hat das Gesetz es ausdrücklich vorgeschrieben; hier muß das Gericht ohne Antrag einschreiten und zu rechter Zeit die Einreichung der erforderlichen Schriftstücke durch Ordnungsstrafen erzwingen. Es kommen dabei nur folgende Fälle in Betracht. I. Kontrolle über Veröffentlichung der Bilanzen. a) Nach § 33 hat der Vorstand jeder Genossenschaft binnen sechs Monaten nach Ablauf jeden Geschäftsjahres die Bilanz, die Zahl der im Lause des Jahres ein­ getretenen oder ausgeschiedenen, sowie die Zahl der am Jahresschlüsse der Genossen­ schaft angehörigen Genossen zu veröffentlichen. Nach § 139 hat der Vorstand der Ge­ nossenschaft mit beschränkter Haftpflicht außerdem den Gesamtbetrag, um welchen sich im Laufe des Jahres die Geschäftsguthaben, sowie die Haftsummen vermehrt oder vermindert haben, und den Betrag der Haftsumme zu veröffentlichen, für welche am Jahresschluß alle Genossen zusammen auszukommen haben. Die Bekanntmachung ist zum GR. einzureichen. b) Nach § 89 haben die Liquidatoren sofort bei Beginn der Liquidation eine Bilanz aufzustellen und zu veröffentlichen und die Bekanntmachung zum GR. einzureichen.

Genossenschaftsgesetz.

554

Der Richter wird sich die Genossenschaftsakten regelmäßig sechs Monate nach Ablauf jeder Geschäftsperiode vorlegen lassen, um, falls eine Bekanntmachung zu a) noch nicht eingereicht ist, deren Einreichung durch Ordnungsstrafen zu erzwingen. Wegen deS Falls zu b) wird er bei der Eintragung der Auflösung der Genossenschaft die Vorlegung der Akten in geeigneter Frist verfügen. II. Bestellung des Revisors und Einreichung der Revisionsbescheinigung. 1. Jede keinem Revisionsverbande angehörende Genossenschaft hat die Bestellung des Revisors rechtzeitig zu beantragen — spätestens etwa zwei Monate vor Ablauf des zweiten Jahres (§ 63), damit nach der Bestellung noch ausreichende Zeit zur Aus­ führung der Revision bleibt. Der Richter wird sich die Akten spätestens zwei Monate vor Ablauf jenes Jahres vorlegen lassen müssen, um den Antrag, falls er ausblieb, durch Ordnungsstrafen zu erzwingen. 2. Der Vorstand jeder Genossenschaft hat die Bescheinigung des Revisors über die stattgehabte Revision zu dem GR. einzureichen. Der Richter wird sich deshalb die Akten jedesmal nach Ablauf des zweiten Jahres vorlegen lassen müssen. Unter das Aufsichtsrecht des Richters gehört auch das Recht, die Genossenschaft von Amts wegen aufzulösen, wenn die Zahl der Genossen weniger als sieben beträgt (§ 80). Hier erhält das Gericht durch die zur Liste der Genossen gestellten Anträge des Vorstandes von dem Herabsinken der Milgliederzahl so ausreichende Kenntnis, daß es von Amts wegen vorgehen kann. Der Registerrichter kann den Vorstand durch Ordnungsstrafen nicht zur Stellung des Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens anhalten. Vorstandsmitglieder und Liquidatoren, welche die rechtzeitige Stellung des Antrages auf Konkurseröffnung den Bestimmungen der §§ 98, 99, 140 GG. zuwider unterlassen, machen sich aber kriminell strafbar (§ 148 Abs. 2 a. a. £).), und sind außerdem der Genossenschaft für alle nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung geleisteten Zahlungen ersatzpflichtig (§§ 99 Abs. 2, 148 a. a. £).).

§• Wl. Die zur Ausführung der Vorschriften über das Genossenschaftsregister und die Anmeldungen zu demselben erforderlichen Bestimmungen werden von dem Bundesralh erlassen. Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung Staatsbehörde (§. 4?) und höhere Verwaltungsbehörde (§§. 58, 5Y, 6\, 8\) zu verstehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundesstaates be­ kannt gemacht. Entw I 155, II 156, Komm. 156, Rtg. 171.

Begr. I 232, II 152.

Erläuterungen zu § 161. 1. Absatz I. Ausführungsvorschriften. „Die Bekanntmachung, betreffend die Führung des GR. und die Anmeldungen zu demselben" vom 11. Juli 1889 (RGBl. Nr. 15 vom 22. Juli 1889), ersetzt durch die „Bekanntmachung, betreffend die Führung des GR. und die Anmeldungen zu diesem Register" vom 1. Juli 1899 (RGBl. Nr. 28 vom 12. Juli 1899). Mit dem § 72 des Ges. von 1666, der die Regierungen der einzelnen Bundesstaaten beauf­ tragte, die näheren Bestimmungen behufs Ausführung des Gesetzes im Verordnungs-

Übergangsbestimmungen.

§ 153.

555

Wege zu erlassen, hatte das Reich sehr böse Erfahrungen gemacht. Vgl. Parisius S. 100, 399—402, 409—461. Mit Recht ist daher diesmal den Regierungen der Einzelstaaten der gleiche Auftrag nicht erteilt. Da diese Bekanntmachung auf Grund einer durch § 161 GG. ausdrücklich dem Bundesrat erteilten Ermächtigung er­ gangen ist, sich infolgedessen nicht als bloße Verwaltungsverfügung, sondern als RechtSverordnung darstellt, ist deren Verletzung als Gesetzesverletzung im Sinne des § 27 FGG. anzusehen (KG. Beschl. v. 13. XII. 06, BlfG. 1907 S. 190). 2. Absatz II. Bekanntmachungen der Zentralbehörden der Bundesstaaten. Die Bekanntmachungen werden im dritten Teile dieses Buches veröffentlicht.

Übergangsbestimmungen. Durch Art. 13 EHGB. ist der „Reichskanzler ermächtig, die Texte des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften .. . wie sie sich aus den in den Artikeln 10 .. . vorgesehenen Änderungen ergeben, durch das RGBl, bekannt zu machen. Hierbei sind die in den bezeichneten Gesetzen enthaltenen Verweisungen auf Vorschriften des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches durch Verweisungen auf die nach Artikel 3 des gegenwärtigen Gesetzes an die Stelle jener Vorschriften tretenden neuen Vorschriften zu ersetzen." Der Reichskanzler hat sich in der hierauf erfolgten Bekanntmachung des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nicht beschränkt, er hat auch die Bestimmungen der Novelle von 1896 in das Gesetz eingefügt und die Paragraphenzahlen entsprechend geändert, er hat fortgelassen den § 150 des Gesetzes (in der Fassung von 1889), der durch § 187 des FGG. aufgehoben ist (S. 550), er hat nicht aufgenommen den Art. 2 der Novelle von 1896 und endlich hat er fortgelassen die Übergangsbestimmungen, die das Gesetz von 1889 enthält, ohne daß dies irgendwo begründet ist. Was die ersten Punkte anlangt, so handelt es sich um redaktionelle Änderungen, deren Zulässigkeit ja zweifelhaft sein kann und zu deren Vornahme keine gesetzliche Ermächtigung vorliegt, die aber an sich rechtlich bedeutungslos sind — sind nun aber die „Übergangsbestimmungen" durch die Nichtaufnahme in die nach Maßgabe des Art. 13 EHGB. erfolgte Bekannt­ machung aufgehoben? Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß dies nicht der Fall ist, sie bestehen fo.rt ebenso wie die Überschrift des Gesetzes von 1889 und dessen Schlußsatz. Die Übergangsbestimmungen haben auch noch keineswegs ihre tatsächliche Bedeutung verloren. Wir lassen daher nachstehend die „Übergangsbestimmungen" des Gesetzes vom 1. Mai 1889 folgen, es sind die §§ 153 bis 170, § 172. Der § 171 hat die Ordnungsnummer § 161 in der Bekanntmachung des Gesetzes erhalten. Wegen der eingehenden Erläuterungen zu den einzelnen Vorschriften nehmen wir auf die zweite Äuflage Bezug.

§. 153. Das Gesetz, betreffend die 'privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, vom 4. Juli 1868 ('Bundes-Gesetzbl. S. 415) mit der Deklaration vom 19. Mai 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 101), sowie die Vorschriften in §§. 195 bis 197 der Konkursordnung und im §. 3 Absatz 4 des Einführungsgesetzes zu derselben werden aufgehoben. Un­ berührt bleibt die Vorschrift im §. 6 des letzten'en Gesetzes.

Genossenschaftsgesetz.

556

Wo in anderen Gesetzen auf die Bestimmungen des Gesetzes vom 4. Juli 1868 Bezug genommen ist, treten an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes. Entw. I 137, II 138, Komm. 138, Rlg. 153. Begr. I 220, IE 145.

Erläuterungen zu § 153. 1. Im allgemeinen. Aufgehobene Bestimmungen. Die §§ 153 bis 170 enthalten die Übergangsbestimmungen für die nach dem Ges. vom 4. VII. 68 eingetragenen EG. § 175 NKO. ist durch § 91 (jetzt 98) des ©es.; § 196 a. a. O. durch §§ 95 (jetzt 102), 109 (jetzt 116); § 197 a. a. Q durch §§ 98 (jetzt 105), 116 (jetzt 122), § 3 Abs. 4 ERKO. durch § 118 (jetzt 121) Abs. 2 ersetzt. 2. Absatz I. Das bayerische Gesetz vom 29. April 1869. § 6 des ERKO. erklärt die Vorschriften der RKO. über Korkurseröffnung für Aktiengesellschaften, über das Verbot des Zwangsvergleichs für EG. und über Bestrafung der Vorstandsmitglieder und der Liquidatoren für ewsprechend an­ wendbar auf die registrierten Gesellschaften des bayerischen Ges. vom 29. IV. 69, im übrigen kam aus diese Gesellschaften das genannte Gesetz zur Amvrndung. Das Gesetz ändert hierin nichts. „Die Haftungsgrundsätze des bayerischen'Gesetzes sind zu verschieden von den Bestimmungen der §§ 125 (131) bis 136 (142) des Ge­ setzes, als daß jene Gesellschaften ohne weiteres zu Genossenschaften nit beschränkter Haftpflicht im Sinne des neuen Gesetzes erklärt werden können. Bei der geringen Zahl der in Betracht kommenden Institute erscheint es auch unbedeiülich, dieselben nach ihrem bisherigen Spezialrecht fortbestehen zu lassen, sofern sie nicht freiwillig den Bestimmungen des neuen Gesetzes sich unterwerfen" (Begr. II 145). §.

154.

Auf die in Gemässheit des Gesetzes vom 4. Juli 1868 eingetragenen Genossenschaften findet das gegenwärtige Gesetz mit den in den nach* folgenden Paragraphen enthaltenen Massgaben Anwendung. Entw. 1 138, II139, Komm. 139, Rtg 154. Begr. I 220, II144. AB. §§ 36 — 39 (in der Fassung vom 11. VII. 89 „Anlegung und Berichtigung der Liste für bestehende Genossenschaften").

Erläuterungen zu § 154. I. Notwendige Abänderungen des Statuts bestehender Genossen­ schaften. Als Neuerungen kamen hauptsächlich in Betracht: 1. Zu der Firma war die gesetzliche Bezeichnung „eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht" aufzunehmen (§ 155). 2. In das Statut waren Bestimmungen aufzunehmen: a) über die Beurkundung des Beschlusses der Generalversammlung und über den Borsitz in derselben (§ 6 Nr. 3); b) über den Betrag, bis zu welchem sich die einzelnen Genossen mit Einlagen beteiligen können (Geschäftsanteil) und über die Einzahlungen, zu welchen jeder Genosse verpflichtet ist (§ 7 Nr. 2); c) über die Bildung des Reservefonds (§ 7 Nr. 4); d) über die Dauer des Geschäftsjahres, falls dasselbe auf kürzere Zeit als auf ein Jahr bemessen ist oder nicht dem Kalenderjahr entspricht (§ 8 Nr. 2); e) über Erwerb und Fortdauer der Mitgliedschaft, falls dieselbe an den Wohnsitz innerhalb eines bestimmten Bezirkes geknüpft ist (§ 8 Nr. 2); f) über die Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Nichtmitglieder, falls eine solche zugelassen ist (§ 8 Nr. 4).

Übergangsbestimmungen.

§ 154.

557

3. Die Beitrittserklärungen müssen die Bemerkung enthalten, daß die einzelnen Genossen „für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft dieser sowie unmittelbar den Gläubigern derselben nach Maßgabe des Gesetzes mit ihrem ganzen Vermögen hasten" (§ 113 sjetzt 120]). 4. Zu dem Vorstande sind mindestens zwei Mitglieder zu bestellen (§ 24 Abs. 2), zur Zeichnung für die Genossenschaft dürfen nicht weniger als zwei Vorstandsmitglieder bestimmt werden (§ 25). 5. Der Vorstand hat ein Verzeichnis der Genossen zu führen (§§ 30,152 sjetzt 160]). 6. Ein Aufsichtsrat aus mindestens 3 Personen muß bestellt werden (§§ 9, 34 sjetzt 36], 158 satter Fassung]). 7. Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte zum gesamten Geschäftsbetriebe dürfen nicht bestellt werden (§ 40 sjetzt 42] Abs. 2). 8. Jeder Genosse hat in der Generalversammlung eine einzige Stimme (§ 41 sjetzt 43] Abs. 2). 9. Das Ausscheiden von Genossen findet nur zum Schluß des Geschäftsjahres statt (§§ 63, 64, 65, 66, 75 sjetzt 65, 66, 68, 77]); die Kündigung muß auf mindestens 3 Monate und höchstens 2 Jahre angesetzt sein (§ 63 sjetzt 65] Abs. 2). — Das Geschäftsguthaben ist innerhalb 6 Monate nach dem Ausscheiden auszuzahlen (§ 71 sjetzt 73]). 10. Die Übertragung des Geschäftsguthabens muß im Statut verboten sein, falls dieselben nicht statthaft sein soll (§ 74 sjetzt 76]). 11. Der Beschluß auf Auflösung sowie eine jede Statutenänderung bedürfen einer Mehrheit von drei Vierteilen (§§ 76 sjetzt 78], 16). 12. Ein Genosse darf nicht auf mehr als einen Geschäftsanteil beteiligt sein (§ 112 sjetzt 119]). — Diejenigen Genossen, welche beim Inkrafttreten des Gesetzes mehr als einen Geschäftsanteil besitzen, werden hiervon nicht betroffen (§ 163 satter Fassung]); haben sie auf einen weiteren Geschäftsanteil Einzahlungen in diesem Zeit­ punkte gemacht, so können sie den angefangenen Geschäftsanteil noch ganz erwerben (vgl. unten). 13. Für das Geschäftsguthaben dürfen Zinsen von bestimmter Höhe nicht ver­ gütet werden (§ 21 Abs. 1). 14. Das Geschäftsguthaben darf während der Mitgliedschaft weder ausgezahlt, noch im geschäftlichen Betriebe zum Pfande genommen werden (§ 22 Abs. 2). II. Übergangsbestimmungen. a) Die Einführung eines zweigliedrigen Vorstandes und Einsetzung eines Aufsichtsrats mußte bis zum 1. April 1890 erfolgt sein. b) Die Vorschrift in Nr. 3 § 8 Abs. 1 über das Geschäftsjahr fand vom 1. Jan. 1890 ab Anwendung. c) Das Verbot der Ausdehnung des in Darlehnsgewährung bestehenden Geschäfts­ betriebes auf Nichtmitglieder trat für Vorschußvereine erst am 1. Oktober 1891 in Kraft. d) Bis in dem Statut die int § 7 Nr. 4 vorgesehene Bestimmung über die Bildung des Reservefonds getroffen ist, ist zu derselben mindestens der zehnte Teil des jährlichen,. Reingewinns zu verwenden (§ 156 alter Fassung). e) Ferner enthalten Übergangsbestimmungen noch die §§ 159 und 160 (alter Fassung) in betreff des Ausschlusses eines Mitgliedes wegen Zugehörigkeit zu einer gleichartigen Genossenschaft und in betreff der Auflösung einer Genossen­ schaft wegen Herabsinken der Mindestzahl der Mitglieder unter sieben. f) Alle bestehenden EG. mußten die nach dem neuen Gesetze für die Genossen­ schaften mit unbeschränkter Haftpflicht gegebenen Bestimmungen annehmen. III. Nicht eingetragene Genossenschaften. Die Stellung der nicht EG. wurde durch das neue Gesetz nicht berührt, die­ selben können sich nur freiwillig demselben unterwerfen. Das Gesetz findet als regel­ mäßige Form die'EG. vor, sein Verhältnis zu dieser regelt es. Die nicht EG. werden von dem Gesetze nicht erwähnt. Das Ges. von 1868 bestimmte m § 71: In dem Vermögensstande einer schon bestehenden Genossenschaft wird durch deren Eintragung in das GR. nichts geändert. Auf nicht EG. kommen die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zur Anwendung.

558

Genossenschaftsgesetz.

In den Motiven der Zivilprozeßkommission, welche den Paragraphen gestrichen wissen wollte, heißt es: „Diese Vorschrift soll, wie es scheint, der rückwirkenden Kraft des Gesetzes ent­ gegentreten. Allein bei einem Gesetze, wie das vorliegende, ist eine derartige Be­ stimmung, wenn sie etwas mehrerer sein soll, als was sich ganz von selbst versieht, bedenklich. Die Genossenschaften können die Einwirkung des Gesetzes dadurch ver­ hindern, daß sie die Genossenschaft nicht eintragen lassen. Daß aber die Eintragung, wenn sie erfolgt, an den vermögensrechtlichen Verhältnissen der Genossenschaft nichts ändere, kann so unbedingt nicht gesagt, es muß die gehörige Unterscheidung zwischen den verschiedenen möglichen Fällen und die Lösung der dabei entstehenden Fragen der Rechtsprechung überlassen werden. Außerdem könnte die Fassung zu dem Irrtum verleiten, als erkenne das Gesetz die bestehenden Genossenschaften, auch abgesehen von deren Eintragung, als selbständige Rechtssubjekte an." Dieser Bedenken wegen wurde im bayerischen Gesetz der ganze § 71 und im badischen Gesetz der Absatz 1 gestrichen. In den Motiven der Regierungsvorlage zu dem letzteren Gesetz heißt es: „Stimmen die Statuten bestehender Genossenschaften mit den Vorschriften des Gesetzes nicht überein, so müssen diese Genossenschaften, bevor sie sich unter das Gesetz stellen, Statutenänderungen vornehmen und unter Umständen das alte Geschäft liquidieren." Die Praxis hat die Frage, ob die Mitglieder einer nach den Landesgesetzen be­ stehenden Genossenschaft an einen Beschluß derselben, sich unter das GG. zu stellen, gebunden seien, nicht gleichmäßig entschieden. Das ROHG. (22, 104) entschied in einem Falle, in welchem sich in Hessen eine nach dem Landesgesetz bestehende Genossenschaft unter das für Südhessen erlassene GG. vom 4. VIII. 69, bzw. das später an dessen Stelle getretene Reichsgesetz vom 4. VII. 68 stellte: „schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen müßte in einer derartigen Umwandlung eine Fort­ setzung der ursprünglichen Genossenschaft erblickt werden; ganz unbedenklich sei dies nach den angeführten Gesetzen, denn durch die Eintragung würden die bestehenden Genossenschaften nur mit erweiterten Rechten ausgestattet". Das Reichsgericht ferner folgert in dem Urt. v. 1. VII. 86 (BlfG. 1886 S. 321 ff.) aus § 71 des Ges. von 1868: „daß Genossenschaften, welche schon vor dem Gesetze bestanden, sobald sie sich dem Gesetze unterwerfen und die Rechte einer EG. erwerben, hiermit regelmäßig nur eine Statutenänderung vollziehen". Dagegen nun heißt es in dem Urt. des RG. v. 11. X. 84 (15, 77 ff.), nachdem der oben mitgeteilten Entscheidung des ROHG. beigetreten ist: „Aber allerdings darf dabei nicht außer acht gelassen werden, daß jemand, der einem zurzeit noch keineswegs zu einer EG. bestimmt gewesenen Vereine beigetreten ist, nicht gegen seinen Willen durch Umwandlung des Vereins zum Mitglieds einer EG. gemacht werden kann, daß es ihm daher wenigstens freistehen muß, nachdem er von dieser Umwandlung erfahren hat, durch Kundgebung seines entgegengesetzten Willens die letztere Mitglied­ schaft auszuschließen." In dem Übergang einer Gesellschaftsform zu einer anderen nach „allgemeinen Rechtsgrundsätzen" eine „Fortsetzung" der bestehenden Genossenschaft zu sehen, kann nicht für richtig erachtet werden. Wer sich einer Aktiengesellschaft anschließt, kann nicht für verbunden erachtet werden, der offenen Handelsgesellschaft anzugehören, in welche sich jene umwandeln will; wählt eine Gesellschaft eine neue Form, so hört sie auf, in der bisherigen Form zu bestehen und konstituiert sich neu unter der neuen Gesellschaftsform. Selbst eine offene Handelsgesellschaft könnte nicht mit rechtsverbindlicher Kraft für die widerstrebenden Mitglieder ihre Umwandlung in eine EG. beschließen. Jede Gesellschaft, welche eine neue Gesellschaftsform wählt, muß sich auflösen, und die Mitglieder müssen eine neue Gesellschaft gründen (v. Sicherer S. 135 ausgenommen der Übergang von der Aktiengesellschaft zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach dem Gesetz vom 20. IV. 92). Was nun das jetzige Gesetz anlangt, so kommt noch dazu, daß dasselbe verlangt, daß die Mitglieder entweder das Statut (bis zur Anmeldung) unterschrieben oder eine schriftliche Beitrittserklärung ausgestellt haben, für welche zum Teil sogar bestimmte Formerfordernisse aufgestellt sind, die Genossenschaft, welche ihre Eintragung beschließt, also regelmäßig gar nicht in der Lage wäre, die erforderlichen Beitrittserklärungen dem Gericht einzureichen. Das in § 164 (alter Fassung) für die Berichtigung der Mitgliederliste vorgesehene Verfahren bezieht sich nur auf solche Genossenschaften,

Übergangsbestimmungen,

§§ 155—157-

559

welche umtei dem Ges. vom 4. VII. 68 beim Inkrafttreten des Gesetzes bestanden haben. Mach ihrer Eintragung aber auf Ausstellung formgerechter Beitrittserklärungen zu klagen'., it die Genossenschaft nicht imstande, weil keins ihrer früheren Mitglieder verpflichten is, die Umwandlung mitzumachen, es sei denn, es hätte sich vorher dazu verpflichten. Mt der Eintragung entsteht eine neue Gesellschaft, welche nicht ipso jure die Rechtsnchfolgerin ihrer Vorgängerin ist. Hat sie deren Aktiven und Passiven übernommen, so liegt hierin nur eine Art der Liquidation. Ebenso Joel S. 709, wohl auch Poebst S. 78.

§- 155. Die Genossenschaften haben in die Firma die zusätzliche Bezeichnung: „eingetrageie Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht“ aufzunehmen. Zur Anmidung dieses Zusatzes ist der Vorstand von dem Gerichte (§§. 10, 14) durch Ordnungsstrafen in Gemässheit des §. 152 (jetzt 160J anzuhalten. Entw. I 139, II 140, Komm. 140, Rtg. 155. Begr. I 221, II 144, KommBer. 65, AB. 88 6, 18 (Fassung von 1889).

§. 156. Solange in dem Statut einer Genossenschaft die im §. 7 Nr. 4 vor­ gesehene Bestimmung über die Bildung eines Reservefonds nicht getroffen ist, hat die Genossenschaft von dem nach Inkrafttreten des Gesetzes be­ ginnenden Geschäftsjahre an zur Bildung des Reservefonds mindestens den zehnten Theil des jährlichen Reingewinns zu verwenden. Entw. 1 140, II 141, Komm. 141, Rtg. 156.

Begr. I 221, II 145.

Grtautrrurlgm zu § 79. Das Statut, in welchem die Bestimmung des 8 7 Nr. 4 über die Bildung eines Reservefonds noch fehlt, muß entsprechend ergänzt werden. „Ein unmittelbarer Zwang hierzu kann nicht geübt werden, weil die Ergänzung des Statuts nur durch einen Beschluß der Generalversammlung vorzunehmen ist. Der 8 156 trifft deshalb eine subsidiäre Bestimmung" (Begr. II145). Vgl. jetzt 88 94 ff. des Ges. Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, welche dieser Bestimmung zuwiderhandeln und, ohne die auf­ gegebene Zuwendung zum Reservefonds zu machen, Gewinn verteilen, machen sich der Genossenschaft schadensersatzpflichtig (SS 34 Abs. 2; 41 Abs. 2).

§. 157. Die Vorschrift der Nr. 3 im §. 8 Absatz 1 über das Geschäftsjahr findet nach Ablauf von drei Monaten seit dem Inkrafttreten des Gesetzes Anwendung. Eine Genossenschaft, deren Statut die Ausdehnung des Geschäfts betriebes durch Gewährung von Darlehen an Personen gestattet, welche nicht Mitglieder der Genossenschaft sind, unterliegt dem Verbote des §, 8 Absatz 2 nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Inkrafttreten des Gesetzes. Entw. I 141, II 142, Komm. 142, Rtg. 157, Rtg. III 157. StBer. vom 4. April 1889 S. 1201.

Begr. I 222, II 145.

560

Genoffenschaftsgesetz.

§- 158. Auf den Vorstand findet die Bestimmung im §. 24 Absatz 2 über die Mindestzahl der Mitglieder, auf den Aufsichtsrath finden die Be­ stimmungen im §. 9, §. 34 (jetzt 36J Absatz 1 nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Inkrafttreten des Gesetzes Anwendung. Das Gleiche gilt von der Bestimmung im §. 81 (jetzt 83) Absatz 2 über die Zahl der Liquidatoren. Enlw. I 142, II 143, Komm. 143, Ntg. 158.

Begr. I 222, II 146, KommBer. 65.

§. 159. Die Bestimmung des §. 66 (jetzt 68) über die Ausschliessung von Genossen wegen der Mitgliedschaft in einer gleichartigen Genossenschaft findet, soweit der Beitritt zu dieser vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt ist, keine Anwendung. Entw. I 143, II 144, Komm. 144, Rtg. 159.

Begr. I 223, II 146.

§. MO. Auf eine Genossenschaft, welche bei dem Inkrafttreten des Gesetzes weniger als sieben Mitglieder hat, findet der §. 78 (jetzt 80) solange keine Anwendung, als nicht diese Mitgliederzahl erreicht wird. Entw. I 144, II 145, Komm. 145, Rtg. 160.

Begr. I 223, II 146.

§. 1G1. Die Haftpflicht der Genossen bestimmt sich nach den Vorschriften in §§. 52 bis 65 des Gesetzes vom 4. Juli 1868 und im §. 197 der Konkursordnung, sofern vor dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Gesetzes der Vertheilungsplan zur Erklärung der Vollstreckbarkeit eingereicht oder ohne Einreichung eines solchen das Konkursverfahren aufgehoben war. Entw. I 145, II 146, Komm. 146, Rtg. 161.

Begr. I 224 ff., II 146 ff.

§- 1G2. Ausser den Fällen des vorhergehenden Paragraphen kommen rück­ sichtlich der Haftpflicht der Genossen, welche vor dem Tage des Inkraft­ tretens des Gesetzes aus der Genossenschaft ausgeschieden und noch nicht durch Verjährung der Klage befreit sind, die Vorschriften des gegen­ wärtigen Gesetzes mit der Massgabe zur Anwendung, dass mit dem be­ zeichneten Tage die zweijährige Frist des §. 119 (jetzt 125) Absatz 1 beginnt, und dass die im zweiten Absatz desselben Paragraphen bestimmte Ausdehnung der Haftpflicht nicht eintritt. Entw. I 146, II 147, Komm. 147, Rtg. 162.

Begr. I 227 ff., II 147—149.

Übergangsbestimmungen.

§§ 158—164.

561

§.

Die Bestimmung im §. 112 (jetzt 119) findet nicht Anwendung7 insoweit beim Inkrafttreten des Gesetzes ein Genosse auf mehr als einen Geschäftsantheil betheiligt ist. Entw. I 147, II 148, Komm. 148, Rtg. 163.

Begr. I 228, II 149.

Erläuterungen zu § 163. Die Begr. II 149 sagt hierüber folgendes: „Sind zur Zeit des Inkrafttretens des neuen Gesetzes bei einer Genossenschaft die Mitglieder oder ein Teil derselben auf mehr als einen Geschäftsanteil be­ teiligt, so würde die unbedingte Anwendung des § 112 (jetzt 119) die Folge haben, daß entweder eine teilweise Zurückzahlung der Guthaben gestaltet oder eine allgemeine Erhöhung des Geschäftsanteils vorgenommen werden mutzte. Weder zu der einen noch zu der anderen Matzregel liegt ein ausreichender Grund vor. Es erscheint zweck­ mäßiger, in einem solchen Falle es bei dem tatsächlich vorhandenen Zustande be­ wenden zu lassen Zwar darf eine weitere Beteiligung auf neue Geschäftsanteile auch bei solchen Genossenschaften nicht mehr gestattet sein; die begonnene Bildung der Gut­ haben aber mutz bis zur vollen Erreichung der betreffenden Geschäftsanteile fortgesetzt werden können. Sofern eine Genossenschaft, bei welcher die Voraussetzungen des § 164 (Fällung von 1889) vorliegen, sich demnächst in eine Genossenschaft mit be­ schrankter Haftpflicht umwandelt. sind die auf die mehrfache Beteiligung und deren Eintragung in bte Liste bezüglichen Vorschriften der §§ 128 bis 131 (jetzt 134 bis 137) wie bet jeder anderen Genossenschaft zu beobachten."

Vorbemerkung zu §§ 164 bis 169. Die §§ 164 bis 169 bezwecken, durch ein Berichtigungsverfahren die von den Gerichten geführten Mitgliederlisten zu einer ähnlichen Bedeutung zu erheben, wie sie den nach den §§ 15 und 66 (jetzt 68) des Gesetzes geführten Listen innewohnt. Zu­ nächst hatte der Vorstand — und er war durch Ordnungsstrafen hierzu anzuhalten — daiür zu sorgen, daß die von dem Gerichte geführten Mitgliederlisten vorläufig be­ richtigt wurden; er hatte dieselben mit dem Mitgliederverzeichnis der Genossenschaft zu vergleichen und dem Gericht eine Zusammenstellung der Berichtigungen einzureichen. Hierher gehörten etwaige Irrtümer in den Listen und Veränderungen in dem Mit­ gliederbestände, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vorgekommen waren. Denn die berichtigte Liste soll dem wirklichen Mitgliederbestände am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes entsprechen. Auch die Kündigungen und Ausschließungen, welche vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt waren, jedoch erst auf einen späteren Zeitpunkt galten, waren mitzuteilen (§ 164 Abs. 2). Der Vorstand konnte auch eine Liste in Gemäßheit des § 36 AB. (Fassung von 1889) einreichen. Auf Grund der von dem Vorstand richtiggestellten Liste hatte das Gericht das Aufgebot zu erlassen (§§ 165, 166 ^Fassung von 1889]).

§■ 16*.

Der Vorstand hat dem Gerichte (§. 10) binnen einem Monate nach dem Tage des Inkrafttretens des Gesetzes anzuzeigen, welche Personen ausser den in der gerichtlichen Mitgliederliste (§§. 4, 25 Absatz 2 des Gesetzes vom 4.' Juli 1868) aufgeführten bis zu dem bezeichneten Tage Mitglieder der Genossenschaft geworden sind, und welche von den in der Liste aufgeführten Personen an diesem Tage der Genossenschaft nicht angehört haben. Parisius-Crüger, Genossenschaftsgesctz. 7. Aufl.

36

562

Genossenschaftsgesetz.

Zugleich sind die Mitglieder, welche nach dem Inkrafttreten des Gesetzes in Folge vorher geschehener Aufkündigung oder Ausschliessung ausscheiden, und der Tag ihres Ausscheidens zu bezeichnen. Zur Befolgung dieser Vorschriften ist der Vorstand durch Ordnungs­ strafen in Gemässheit des §. 152 (jetzt 160) anzuhalten. Entw. I 148, II 149, Komm. 149, Ntg. 164. Begr. I 228 bis 232, II 149 ff. AB. § 36 (Fassung von 1889).

Erläuterungen zu § 164. Die materielle Wirkung der Gründe des Ausscheidens richtet sich nach dem Ges. von 1868. Es bleibt daher z B. für eine Kündigung, die unter der Herrschaft des früheren Gesetzes ordnungsmäßig erfolgt ist, aber erst in der Zeit nach dem Inkraft­ treten dieses Gesetzes ihre Wirkung äußern soll, das ältere Recht maßgebend (Begr II 150); deswegen hat der Vorstand die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgten, aber erst nach demselben wirkenden Kündigungen und Ausschließungen dem Gericht zur Eintragung mitzuteilen, und es kommen in diesem Falle die §§ 63 (jetzt 62) ff. nicht zur Anwendung. Die bisher geführten Listen bilden die Grundlage, diese Listen sind nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 165 ff. zu berichtigen.

§■

1&5.

Das Gericht hat die Liste nach den in vorstehendem Paragraphen bezeichneten Angaben zu berichtigen. Es hat mittelst öffentlicher Bekanntmachung eine allgemeine Auf­ forderung zu erlassen y inhalts deren die in der Liste aufgeführten Personen> welche behaupten, dass sie am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes nicht Mitglieder der Genossenschaft gewesen sind oder dass ihr Ausscheiden nicht richtig in die Liste eingetragen ist, sowie die in derselben nicht auf­ geführten Personen, welche behaupten, dass sie an dem bezeichneten Tage Mitglieder der Genossenschaft geicesen sind, ihren Widerspruch gegen die Liste bis zum Ablauf einer Ausschlussfrist von einem Monate schriftlich oder zum Protokoll des Gerichtsschreibers zu erklären haben. Entw. I 149, II 150, Komm. 150, Rtg. 165. Begr. I 228 dis 232, II 149 bis 152. AV. §§ 36 bis 38 (Fassung von 1889).

Erläuterungen zu § 165. Anlegung und Berichtigung der Liste ist in §§ 36 bis 39 AV. (Fassung von 1889) geregelt. 1. Das Aufgebot. Das Aufgebot richtet sich a) an diejenigen, welche behaupten, unrichligerweise als Mitglieder in der Liste aufgeführt zu sein, sei es. weil sie überhaupt nie Mitglieder geworden, oder schon vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgeschieden sein wollen; b) an diejenigen, welche zwar richtig eingetragen sind, aber auf Grund einer vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgten Kündigung das demnachstige Aus­ scheiden beanspruchen, oder umgekehrt die Richtigkeit einer dahin gehenden Eintragung bestreiten; c) an diejenigen, welche nicht in der Liste aufgeführt sind, aber Mitglieder zu sein behaupten (Begr. II 150;.

Übergangsbestimmungen.

§§ 164—167.

563

2. Keine namentliche Aufführung der Mitglieder. Eine namentliche Aufführung der Mitglieder in dem Aufgebote ist der hohen Kosten wegen, die dadurch verursacht wurden, nicht erfordert. Das gerichtliche Auf­ gebot hat lediglich den Hinweis auf § 168 Abs. 2 zu enthalten ohne Angabe des Inhalts der angeführten Gesetzesstellen. 3. Folgen des Aufgebots. Das Aufgebot hat zu Folge, daß nach Ablauf der einmonatigen Ausschlußftist (168) der Inhalt der Liste für die Mitgliedschaft am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes und für das Ausscheiden infolge vorher geschehener Aufkündigung oder Ausschließung maßgebend ist, und daß Einwendungen gegen die Liste nur vor­ behalten bleiben, falls sie binnen der einmonatigen Ausschlußftist erhoben oder bei unverschuldeter Verhinderung binnen eines Monats nach Beseitigung des Hindernisses angemeldet sind (Begr. II 151). „Daraus folgt aber nicht, daß die Mitgliedschaft einer Person, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gestorben und nach den früher geltenden Bestimmungen ausgeschieden war, gleichwohl aber in der berichtigten Liste aufgeführt ist. deshalb nunmehr durch den Erben fortgesetzt wird. Denn die Endigung der Mitgliedschaft im Falle des Todes ist auch nach dem neuen Gesetz (§ 75 jetzt 77) von der Eintragung des Ausscheidens unabhängig und es muß berücksichtigt werden, daß . . . der Gesetzgeber den Inhalt der Liste offenbar nur insoweit für maßgebend hat erklären wollen, als er diesem Inhalte nach den sonstigen Vorschriften des Gesetzes, entscheidende Bedeutung beimißt" (Beschl. des KG. v. 1. XII. 90, BlfG. 1891 S. 46 f, Johow 11, 41). Die Eintragung des früheren Ausscheidens macht das in § 33 Abs 2 AB. (Fassung von 1889) vorgesehene Berichtigungsverfahren nicht notwendig (KG. a. o. O.). Die rechtzeitigen Widersprüche sind in der Liste zu vermerken und dem Vorstande mitzuteilen. Der Widerspruch ist von Amts wegen zu löschen, falls nicht binnen zwei Jahren seit der Eintragung ein Anerkenntnis oder ein Urteil oder eine die vorläufige Aufrechterhaltung des Widerspruchs anordnende einstweilige Verfügung des Prozeßgerichts eingereicht ist. Die Liste stellt den Mitgliederbestand für den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes fest, sie besagt nichts darüber, ob jemand bis zu dem Zeitpunkt Mitglied gewesen ist, und welche Verbindlichkeiten aus diesem Rechtsverhältnis entstanden sind; es haften daher diejenigen, welche bis zum Inkrafttreten des Gesetzes der Genossen­ schaft angehört haben, wenngleich sie bei Berichtigung der Liste in diese nicht auf­ genommen sind und auch ihre nachträgliche Aufnahme nicht bewirken, den Gläubigern in demselben Umfange, als wenn sie mit dem Inkrafttreten des Gesetzes ausgeschieden wären (Begr. II 151). Späteren Gläubigern also sind sie nicht verhaftet. Diejenigen, welche in die Lifte aufgenommen sind und ihre Einwendungen nicht in Gemäßheit des § 168 gewahrt haben, können nur nach den Vorschriften des Gesetzes ausscheiden.

§. 16 6. Die Bekanntmachung erfolgt durch einmalige Einrückung in die für die Bekanntmachungen der Genossenschaft bestimmten Blätter. Die Kosten der Bekanntmachungen werden von der Genossenschaft getragen. Entw. I 150, II151, Komm. 151, Rtg. 166. Begr. I 228 bis 232, II149 bis 152. In Abs. 2 müßte es „Bekanntmachung" heißen.

§- *67.

,

Die Ausschlussjrist beginnt mit dem Tage an welchem das letzte der die Bekanntmachung enthaltenden Blätter erschienen ist. Entw. I 151, II152, Komm. 152, Rtg. 167. Begr. I 228 bis 232, II149 bis 152. 36*

564

Genossenschaflsgesetz.

§■

*««•

Nach Ablauf der Ausschlussfrist ist für die Mitgliedschaft am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes und für das Ausscheiden in Folge vorher geschehener Aufkündigung oder Ausschliessung {§. 164 Absatz 2) der Inhalt der Liste massgebend. Einwendungen gegen die Liste bleiben den im §. 165 Absatz 2 bezeichneten Personen vorbehalten, sofern sie in Geniässheit desselben den Widerspruch erklärt haben oder hieran ohne ihr Verschulden verhindert waren und binnen einem Monate nach Beseitigung des Hindernisses den Widerspruch schriftlich oder zum Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt haben. Auf diese Rechtsfolgen ist in der im §. 165 vorgeschriebenen Be­ kanntmachung hinzuweisen. Entw. I 152, II153, Komm. 153, Rtg. 168. Begr. I 228 bis 232, II149 bis 152, AB. §§ 37, 38, 39 (Fassung von 1889).

Erläuterungen zu § 168. 1. Absatz I. Bedeutung der Liste. Die berichtigte Mitgliederliste stellt den Mitgliederbestand der Genossenschaft zu dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes fest, es ist dies eine Folge des Auf­ gebots. Da aber nicht vorausgesetzt werden kann, daß infolge des Aufgebots etwaige Unrichtigkeiten der Liste unter allen Umständen zur Kenntnis der Beteiligten kommen, läßt das Gesetz Einwendungen gegen dieselbe noch unter der zweifachen Voraussetzung des Abs. 2 zu Ist ein Mitglied vor dem 1. Oktober 1889 ausgeschieden, aber in der Liste stehen geblieben, ist dieselbe auch demnächst nicht berichtigt und ist gegen ein solches Mitglied daS Präjudiz des § 168 eingetreten, so besteht seine Ausscheidung nicht zu Recht, und es ist so Mitglied geblieben, wie es Mitglied vor seinem Ausicheiden war. Es ist nicht ein abstraktes Mitglied ohne Recht und Verbindlichkeit geworden Und dem­ entsprechend wird eine Person, gegen welche das Präjudiz des § 168 eintritt, obschon ihr Beitritt vorher juristisch ungültig war, nur so Mitglied, wie sie nach den tatsäch­ lichen Vorgängen Mitglied werden wollte (RG. 33, 53). 2. Absatz II. Einwendungen. Einwendungen können gegen die Liste erhoben werden, wenn sie den betreffenden Personen entweder a) in Gemäßheit des § 165 Abs. 2 vorbehalten sind, oder b) wenn die Betreffenden an dem rechtzeitigen Widerspruch ohne ihr Ver­ schulden verhindert waren und den Widerspruch binnen eines Monats nach Be­ seitigung des Hindernisses erklärt haben. Mangelnde Kenntnis der Liste ist. als ein Hindernis für Geltendmachung des Widerspruchs betrachtet (RG. 40, 156). Über die Eintragung des Widerspruchs s. § 38 AV. (Fassung von 1889). Weigert sich der Gerichtsschreiber, das Protokoll aufzunehmen, so muß schriftlich Widerspruch eingelegt werden (RG 40, 157). Die im Absatz 2 gewährte Frist hat zwar „einige Ähnlichkeit mit der gemein­ rechtlichen Restitution, deckt sich aber nicht mit derselben, welche 1z B.) Bevormundeten mit Rücksicht auf deren besondere Verhältnisse gegen die Wirkungen des Aufgebots­ verfahrens überhaupt gewährt wird" (RG. Urt. v. 22.1. 97, IW. 1897 S. 138). 3. Klage des Widersprechenden. Erkennt der Vorstand den Widerspruch nicht als begründet an, so muß der Widersprechende im Wege des Prozesses seine Einwendungen geltend machen (§ 169, innerhalb einer zweijährigen Frist). Im Prozesse hat der Widersprechende nachzu-

Übergangsbestimmungen.

§§ 168—170.

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weisen, daß die Voraussetzungen des gültigen Widerspruchs vorhanden sind. Be­ richtigung des Widerspruchs §38 AB. (Fassung von 1889). 4. Keine Einwendungen der Genossenschaft und älterer Gläubiger gegen die Liste. Für die Genossenschaft ist ein Recht, die Mitgliederliste anzufechten, nicht vor­ gesehen, da die Berichtigung derselben nach der Angabe des Vorstandes erfolgt; den älteren Gläubigern ist ein solches Recht nicht gegeben, da ihre Ansprüche durch die Liste nie beeinträchtigt werden (Begr. II 151, vgl. § 165)

§- i69. Das Gericht hat die in Gemassheit des §,165 Absatz 2 und §. 168 Absatz 2 erklärten Widersprüche in der Liste zu vermerken und dem Vorstände der Genossenschaft zur Erklärung mitzutheilen. Soweit der Vorstand die Widersprüche in beglaubigter Form als be­ gründet anerkennt oder zur Anerkennung rechtskräftig verurtheilt wird, ist die Liste zu berichtigen. Wird das Anerkenntnis oder Urtheil oder eine die vorläufige Aufrechterhaltung des Widerspruchs anordnende einstweilige Verfügung des Prozessgerichts nicht binnen zwei Jahren seit Eintragung des Widerspruchs dem Gerichte (§. 10) eingereicht, so ist derselbe als nicht erfolgt anzusehen und von Amtswegen zu löschen. Entw. I 153, II154, Komm. 154, Rtg. 169. Begr. I 231, II152, VA. §§ 7, 8, 36 bis 39 (Fassung von 1889).

Erläuterungen zu § 169. In der Begründung (II 152) heißt es: „Aus den innerhalb der Ausschlußfrist oder in Gemäßheit des § 168 Absatz 2 nachträglich in der Liste vermerkten Widersprüchen ergibt sich zunächst nur, daß die Mitgliedschaft der betreffenden Personen bestritten ist. Es ist aber wünschenswert, daß diese Vermerke binnen angemessener Frist durch die Eintragung des wirklichen Sachverhälmisses ersetzt werden. Nach § 169 sind deshalb die rechtzeitig oder nach­ träglich angemeldeten Widersprüche dem Vorstand zur Erklärung mitzuteilen. Falls dieser persönlich zum Gerichtsprorokoll oder sonst in beglaubigter Form den Wider­ spruch als begründet anerkennt, so ist der betreffende Genosse endgültig als Mitglied einzutragen beziehungsweise zu löschen. Erkennt dagegen der Vorstand den Wider­ spruch nicht als begründet an, so muß von dem Widersprechenden verlangt werden, daß er seine Einwendungen gegen die Listen im Prozeßwege verfolge. Der § 169 Absatz 2 gewährt ihm hierzu eine zweijährige Frist. Wenn innerhalb derselben der Widerspruch durch rechtskräftiges Urteil für begründet erklärt wird, so gilt das gleiche wie im Falle des Anerkenntnisses durch den Vorstand; wird dagegen bis zum Ablauf der Frist weder ein Urteil dieses Inhalts, nodj ein Anerkenntnis des Vorstandes vor­ gelegt und auch nicht durch einstweilige Verfügung des Prozeßgerichts die vorläufige Aufrechterhaltung des Widerspruchs angeordnet, so soll der letztere als nicht erfolgt gelten und von Amts wegen in der Liste gelöscht werden. Daß auf Antrag die Löschung auch schon vorher erfolgen kann, wenn der Widerspruch zurückgenommen oder durch rechtskräftiges Urteil für unbegründet erklärt wird, versteht sich von selbst."

§. 170. Das Gericht hat von den zufolge §. 165 Absatz 1, §. 169 vor­ genommenen Eintragungen dem Gerichte einer jeden Zweigniederlassung zur Berichtigung der dort geführten IAste Mittheilung zu machen.

Genossenschaftsgesetz.

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Auf die Eintragungen finden die Vorschriften in §§. 150, 151 ent­ sprechende Anwendung. Entw. I 154, II155, Rtg. 170. Begr. I 232, II152, AB. § 25 (Fassung von 1889).

Erläuterung zu § 170. Die Vorschrift in Absatz 1 über die Mitteilung „von den im Berichtigungs­ verfahren in die Liste eingetragenen Änderungen und Vermerken" an das Gericht der Zweigniederlassung entspricht der Vorschrift des 8 149 (158) Abs. 1. Die Bestimmung des Absatz 2 betrifft die Gebührenfreiheit und die Rechtsmittel in jenem Verfahren. § 150 ist durch § 187 FGG. aufgehoben, § 151 hat die Ordnungsnummer 159.

§. 171. § 171 hat jetzt die Ordnungsnummer 161.

§- 172. Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1889 in Kraft. Entw. II. 157, Komm. 157, Rtg. 172.

Jur Geschichte des § 172. Der Entwurf II vom 22. XI. 88 schlug den 1. Juli 1V89 vor. Es wurde noch in der zweiten Lesung der Reichstagskommission (lernt Bericht vom 18. III. 89) ein Antrag (des Anwalts Schenck) auf Herausrückung des Termins auf den 1. Oktober 1889, da man den Genossenschaften Zeit lassen müsse, sich auf das Gesetz vorzubereiten, mit 11 gegen 10 Stimmen abgelehnt. Die Mehrheit hielt hierzu die Zeit bis 1. Juli für ausreichend. Die Änderung wurde, als die einzige Abweichung von den Kompromißbeschlüssen der Kommission, in der zweiten Beratung des Reichstags (26. Mai) angenommen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem ^kaiserlichen Insiegel. Gegeben Berlin, den V ZTtm J889.

(L. S.)

Wilhelm. Fürst von Bismarck.

Gesetz vom 12. August 1896.

Artikel 3 lautet:

Artikel 3. Dieses Gesetz tritt am

1.

Januar 1897 in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem ^kaiserlichen Insiegel. Gegeben lvilhelmshöhe, den \2. August \89