209 67 13MB
German Pages 361 [364] Year 1978
Das Mittelrheinische Passionsspiel der St. Galler Handschrift 919
Das Mittelrheinische Passionsspiel der St. Galler Handschrift 919 Neu herausgegeben von
Rudolf Schützeichel Mit Beiträgen von Rolf Bergmann • Irmgard Frank • Hugo Stopp und einem vollständigen Faksimile
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1978
Gedruckt
mit Unterstützung
der VG
Wissenschaft
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek [Das Sankt Galler Passionsspiel] Das mittelrheimsche Passionsspiel der St. Galler Handschrift 919 / neu hrsg. von Rudolf Schützeichel. Mit Beitr. von Rolf Bergmann . . . u. e. vollst. Faks. — i . Aufl. Tübingen : Niemeyer, 1978. I S B N 3-484-10296-9 N E : Schützeichel, Rudolf [Hrsg.] ; Bergmann, Rolf [Mitarb.] ; Das mittelrheinische Passionsspiel der Sankt Galler Handschrift 9 1 9
I S B N 3-484-10296-9 © M a x Niemeyer Verlag Tübingen 1978 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es audi nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany Satz und Druck: Bücherdruck Wenzlaff, Kempten. Einband: Heinr. Koch, Tübingen
JOSEF QUINT gewidmet 28. März 1898
f 14. Dezember 1976
INHALT
Vorwort
i
A. Abkürzungen
9
B. Literatur C. Einleitung
n 29
I.
Überlieferung 1. Der Codex Sangallensis 9 1 9 2. Deutsdisprachige Eintragungen 3. Die Vita des Call Kemli 4. Das eingebundene Heft
31 31 37 44 49
II.
Textanordnung 1. Anordnung der Verse 2. Eintragung der Bühnenanweisungen 3. Markierung der Redeeinsätze
52 53 J3
I I I . Sdirift 1. Der paläographisdie Befund 2. Indizien für eine Abschrift 3. Datierung der Vorlage
JJ JJ j6 60
I V . Abbreviaturen 1. Suspension 2. Kontraktion 3. Spezifische Abkürzungszeichen 4. Hochgestellte Buchstaben 5. Kombination verschiedener Abkürzungstypen 6. Römische Ziffern
61 61
V.
Metrik 1. Auftakt 2. Versinneres 3. Kadenz 4. Reim
V I . Edition 1. Bisherige Ausgaben 2. Editionsprinzipien D . Text
73 74 77 79 89 89 91 97
E. Lokalisierung von Hugo Stopp I.
67 68 70 71
Die Graphien
iJ9 161
VIII
IL
Inhalt 1. Haupttonvokalismus a. Entsprechungen mittelhochdeutscher Kürzen (§§ 1 - 2 ) . . b. Entsprechungen mittelhodideutscher Längen (§§ 3-4) . . c. Entsprechungen mittelhochdeutscher Diphthonge (§§ 5-6) 2. Nebentonvokalismus a. Entsprechungen von mittelhochdeutsch e (§§ 7-8) . . . b. Entsprechungen anderer mittelhochdeutscher Vokale (§ 9) 3. Konsonantismus a. Entsprechungen voralthochdeutscher Tenues (§§ l o - i i ) b. Entsprechungen voralthochdeutscher Medien (§§ 1 2 - 1 3 ) c. Entsprechungen voralthochdeutscher Frikative (§§ 1 4 - 1 5 ) d. Entsprechungen voralthochdeutscher Nasale, Liquide und Halbvokale (§§ 1 6 - 1 7 )
i6i 161 162 163 164 164 165 166 166 167 168
Zeitlich-räumliche Einordnung
170
1. Ausschluß des Oberdeutschen und des Ostmitteldeutschen (§18) • 2. Einordnung in das Westmitteldeutsdie a. Graphien (§ 19. Haupttonvokalismus. Entsprechungen mittelhochdeutscher Kürzen - § 20. Haupttonvokalismus. Entsprediungen mittelhochdeutscher Längen — § 2 1 . Haupttonvokalismus. Entsprechungen mittelhochdeutscher Diphthonge - § 22. Nebentonvokalismus - § 23. Entsprechungen voralthochdeutscher Tenues - § 24. Entsprechungen voralthochdeutscher Medien - § 25. Entsprechungen voralthochdeutscher Frikative - § 26. Entsprechungen voralthochdeutscher Nasale, Liquide und Halbvokale) b. Lautsystem und Schreibsystem (§ 27. Allgemeines - § 28. Haupttonvokale - § 29. Konsonanten) c. Flexionsmorphologie (§ 30. Zur Substantivflexion - § 3 1 . Zur Präsensflexion — § 32. Zu den Präterito-Präsentien und den Entsprechungen von mhd. wellen - § 33. Die Entsprechungen von mhd. gän/stan, gen/sten - § 34. Verbum substantivum und Entsprechungen von mhd. tuon § 3 5. Kontrahierte Verben) d. Nähere Eingrenzung des Herkunflsgebietes (§ 36. [Ausschluß des RibuarisAen] - § 37. [Ausschluß des Moselfränkischen] - § 38. [Zuweisung zum Gebiet um Worms und Mainz]) F. Interpretation von Rolf Bergmann 1.
Der Inhalt des Spiels 1. Prolog des Augustinus (V. 1 - 1 6 ) 2. Hochzeit zu Kana (V. 17-42) 3. Johannes der Täufer und die Juden (V. 43-93) 4. Taufe Jesu (V. 9 4 - 1 1 7 ) j . Versuchung (V. 1 1 8 - 1 6 1 )
169
170 173
173 195
199
210 217
. . . .
219 219 220 221 221 222
Inhalt 6. Erster Auftritt von Maria Magdalena und Marta (V. 162 bis 1 8 1 ) 7. Berufung des Petrus und Andreas (V. 1 8 2 - 1 9 1 ) . . . . 8. Zweiter Auftritt von Maria Magdalena und Marta (V. 192 bis 2 1 1 ) 9. Die Ehebrecherin (V. 212-239) 10. Maria Magdalenas Bekehrung (V. 240-261) 1 1 . Gastmahl des Symon leprosus und Salbung Jesu durch Maria Magdalena (V. 262-315) 12. Heilung des Blindgeborenen und Verhör des Blindgeborenen durch die Hohenpriester (V. 316-449) 13. Tod und Auferweckung des Lazarus (V. 450-547) . . . 14. Beratung der Juden (V. 548-568) 15. Einzug in Jerusalem und Vorbereitung des Abendmahls (V. 569-598) 16. Abendmahl, Verrat des Judas und Fußwaschung (V. 599 bis 687) 17. Gebet auf dem ölberg, Gefangennahme Jesu und Heilung des Malchus (V. 688-758) 18. Johannes und Maria (V. 759-795) 19. Verhör Jesu durch Annas und Verleugnung des Petrus (V. 796-8 51) 20. Tod des Judas (V. 852-869) 2 1 . Jesus vor Pylatus, Geißelung, Jesus vor Herodes, Aussöhnung des Pylatus und Herodes, Traum der Frau des Pylatus, Verurteilung Jesu durdi Pylatus (V. 870-1075) . . 22. Kreuzigung und Tod Jesu (V. 1 0 7 6 - 1 1 7 6 ) 23. Das Zeugnis des Centurio (V. 1 1 7 7 - 1 1 8 3 ) 24. Die Marienklage (BA. 1183a) 25. Die Heilung des Longinus (V. 1 1 8 4 - 1 1 9 8 ) 26. Kreuzabnahme und Begräbnis Jesu (V. 1 1 9 9 - 1 2 3 0 ) . . . 27. Bestellung der Grabwache (V. 1 2 3 1 - 1 2 6 2 ) 28. Auferstehung (BA. i262b-d) 29. Höllenfahrt (V. 1263-1289) 30. Die drei Marien am Grab (V. 1 2 9 0 - 1 3 3 1 ) 3 1 . Ersdieinung Jesu als Gärtner (V. 1 3 3 2 - 1 3 4 3 ) 32. Die Marien und die Jünger (V. 1344—1347) II.
Die Darstellung des Heilsgeschehens 1. Bühnenanweisungen und Evangelienbericht 2. Die Darstellung der Judasreue im Mittelrheinischen Passionsspiel und im Alsfelder Passionsspiel 3. Die Bezeichnung der Szenengrenze 4. Die Mittel der Geschehensgliederung innerhalb der Lazarusszene 5. Individualisierung und Charakterisierung der Jünger und der Juden
III. Der Sinn des Spiels
IX
222 223 223 224 225 225 226 227 228 228 229 230 231 232
232 234 235 235 236 236 237 237 238 238 239 239 240 240 243 250 253 254 258
X
Inhalt
G. Glossar von Irmgard Frank I. Wörterverzeidinis II. Namenverzeichnis I I I . Reimwörterverzeidinis
263 265
H . Register
3i9
I. Faksimile
3^9
3°9
VORWORT
I. Die Beschäftigung mit dem Mittelrheinischen Passionsspiel der St. Galler Handschrift 919, bislang meist St. Galler Passionsspiel genannt', reicht viele Jahre bis in meine Kölner Zeit zurück, als ich den Text - wie später wiederholt in Groningen, Bonn und Münster - zum Gegenstand von Seminarübungen mit Studenten der Germanistik machte und umfassende sprachliche Analysen durdiführte. Schon damals erwies sich eine Neuausgabe als dringende Notwendigkeit. Sie wurde auch in Angriff genommen^ und allmählich weitergeführt. Eine vorbereitende Studie' erschien in einer Festschrift für Helmut de Boor, der neben vielem andern auch die Erforschung der Grundlagen des mittelalterlichen Spiels entscheidend gefördert hat^. II. Indessen hatte Hugo Stopp in seiner Saarbrückener Dissertation®, zu der erste Anregungen aus einer Seminarübung von Josef Quint stammten und die von Hugo Moser betreut und gefördert wurde®, den sehr beachtenswerten Versuch unternommen, die St. Galler Handschrift des Mittelrheinischen Passionsspiels paläographisch genauer zu datieren. Er hat weiterhin die bis dahin vorliegenden Editionen kritisch beurteilt und schließlich das Spiel in seiner überlieferten Spradiform zeitlich und räumlich eingeordnet. Bei allen Ausgaben konnte er zeigen, daß der Text in vielen Fällen nicht dem Lautstand der Handschrift entspricht, daß die Editionen philologisch entweder fast unbrauchbar sind oder 1 Zur Benennung R . Sdiützeidiel, Mediaevalia litteraria, S. J 3 i . 2 Sieh R . Schützeichel, ZDPh. 85 (1966) S. 460. 3 R . Schützeichel, Zum Mittelrheinischen Passionsspiel der St. Galler Handschrift 919, Mediaevalia litteraria, S. 531-539. ^ Sieh zum Beispiel H . de Boor, Die Textgeschichte der lateinischen Osterfeiern, neben anderen Arbelten H . de Boors zu diesem Themenbereich. 5 H . Stopp, Untersuchungen zum St. Galler Passionsspiel; dazu R . Schützeichel, ZDPh. 85 (1966) S. 458-460. ® H. Stopp, Untersuchungen, S. V I .
2
Vorwort
nur mit vielen Vorbehalten benutzt werden dürfen. Die vorgeschlagenen Lokalisierungen, entweder in moselfränkisches Gebiet oder in die Wetterau oder gar in das Ribuarische, wurden als nicht gerechtfertigt erwiesen, vielmehr ein rheinhessisches Gebiet mit großer Gewißheit als Herkunftsraum ermittelt, was in die gleiche Richtung führte, die früher H. Rueff' eingeschlagen hatte. Die Dissertation konnte äußerer Umstände wegen seinerzeit nur stark gekürzt photomechanisch vervielfältigt werden. Das Verfahren ließ dem Verfasser keine Möglichkeit der Korrektur, und es bedingte, daß die Arbeit nicht im Buchhandel ersdiien. In der hier nun vorgelegten neuen Ausgabe des Spiels werden wenigstens in komprimierter Form Teile jener Arbeit wiedergegeben, soweit es die zeitlich-räumliche Einordnung des Textes betrifft, und es werden dabei Ergänzungen gebracht, die durch die Forschungen zur Spradigeschidite des Westmitteldeutschen in der Zwischenzeit möglich und nötig geworden sind. Die Lokalisierung des Spiels und die Beurteilung der einzelnen sprachlichen Erscheinungen können aufgrund dieser Forsdiungen wie auch weiterer inzwischen erschienener Fachliteratur mit um so größerer Sicherheit erfolgen. Abschnitt I enthält eine knappe Beschreibung der Graphien des Spiels, bezogen auf die mittelhochdeutschen Vokale und die voralthochdeutschen Konsonanten. Die einzelnen Entsprechungen werden durch Beispiele illustriert, und dort, wo es nötig erscheint, ist auch die Häufigkeit der Graphien angedeutet. In Abschnitt II werden nach Aussdieiden des Oberdeutschen und des Ostmitteldeutschen als Herkunftsräume der überlieferten Sprache des Spiels die graphisch/lautlidien Phänomene des Textes in sonstiger westmitteldeutscher Schriftlichkeit vor allem des späteren und ausgehenden Mittelalters nachgewiesen, zugleich für Haupttonvokale und Konsonanten Phonemsysteme und Graphemsysteme aufgestellt. Dies geschieht in einer Weise, die sich von entsprechenden anderen bisher gegebenen Darstellungen mehr oder weniger unterscheidet, ohne daß eine Auseinandersetzung mit soldien anderen Arbeiten an dieser Stelle zu erfolgen brauchte, da das Verfahren aufgrund der Darlegungen in dem Beitrag selbst hinreichend deutlich wird. Es folgen wichtige Nachweise für die flexionsmorphologischen Erscheinungen des Spiels in der sonstigen westmitteldeutschen Überlieferung und Schritt für Sdhritt die räumliche Einordnung der Sprache des Spiels in die Schriftlichkeit seines Jahrhunderts. Der Beitrag von Hugo Stopp, der sich in der Erforschung des Frühneuhochdeutschen durch seine Arbeit an der Grammatik des Früh7 A D A . 38 (1919) S. 66-70.
Vorwort
2
neuhochdeutschen®, seine Mitwirkung an einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt >Frühneuhochdeutsch< ® und durch eine Reihe von Einzeluntersuchungen " längst einen N a m e n gemacht hat, dürfte auch über die Anliegen dieser Ausgabe hinaus von Belang sein. III. Rolf Bergmann folgte in den sechziger Jahren einer Anregung, eine in seine Kölner Studienzeit zurückreichende Beschäftigung mit dem D r a m a des Mittelalters mit weiteren Zielen wiederaufzunehmen, und er legte der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster Studien zu den deutschen Passionsspielen des 13. und 14. Jahrhunderts" als Habilitationsschrift vor, in denen das Mittelrheinisdie Passionsspiel der St. Galler Handsdirift 919 natürlich einen wichtigen Platz einnahm. Die fundamentale Bedeutung dieser Studien'^, die weiteren Publikationen aus der Feder des gleichen A u 8 H . M o s e r - H . S t o p p - K . O . Sauerbeck, Grammatik des Frühneuhochdeutschen. Beiträge zur Laut- und Formenlehre. I. i . T e i l : Vokalismus der Nebensilben I, bearbeitet v o n K . O . Sauerbedc; H . M o s e r - H . Stopp, Grammatik des Frühneuhochdeutschen. Beiträge zur Laut- und Formenlehre. L 2. Teil: Vokalismus der Nebensilben II (Die Entsprechungen von mhd. unbetontem e), unter Benutzung der Sammlung von K . O . Sauerbeck und weiteren Materials bearbeitet von H . S t o p p ; H . M o s e r - H . Stopp, Grammatik des Frühneuhodideutschen. Beiträge zur Laut- und Formenlehre. 1. 3.Teil: Vokalismus der Nebensilben III (Die Entsprechungen nichthaupttoniger mhd. Vokale außer e), bearbeitet v o n H . S t o p p ; sieh dazu beispielsweise J. Schildt, D L Z . 96 (1975) Sp. 464-466; C . Minis, Z D P h . 95 (1976) S. 138-142; H . B a c h , B N F . N F . 11 (1976) S. 232f. 0 Sieh H . Stopp, Schreibsprachwandel, S. 28-31 (mit weiteren Literaturangaben). 10 H . Stopp, Zur Herausbildung der neuhochdeutschen N o r m in rheinfränkischer Schriftlichkeit des 14. bis 17. Jahrhunderts, R h V B . 38 (1974) S. 62-75; H . S t o p p , Zur Lokalisierung alter, besonders spätmittelhochdeutscher, literarisdier Texte, W W . 14 (1964) S. 10J-120; H . Stopp, Veränderungen im System der Substantivflexion vom Althochdeutschen bis zum Neuhochdeutschen, Studien zur deutschen Literatur und Sprache des Mittelalters. Festschrift für H u g o Moser, S. 324-344; H . Stopp, gewesen-gesin-gewest. Zur Behandlung v o n Einzelphänomenen in einer frühneuhochdeutschen Flexionsmorphologie, Z D P h . 96 (1977) Sonderheft Sprache, S. 1 - 3 4 ; H . Stopp, Z u einem morphographemischen Wechsel im Frühneuhochdeutsdien, Sprachwissenschaft i (1976) S. 468-479; s. auch H . Stopp, Besprediung v o n Das Luzerner Osterspiel, herausgegeben von H . Wyss. Das Künzelsauer Fronleichnamspiel, herausgegeben v o n P. K . Liebenow, Z D P h . 90 (1971) S. 463-465. 11 R. Bergmann, Studien zu Entstehung und Geschichte der deutschen Passionsspiele des 13. und 14. Jahrhunderts. 12 Sieh zum Beispiel H . Linke, A D A . 85 (1974) S. 19-26; R. Wisniewski, B N F . N F . IG (1975) S. 203-205; C . Minis, M L JB. 9 (1973) S. 283f.; W. F. Midiael, J E G P h . 72 (1973) S. 68-70; W . F . M i c h a e l , DVSch. 47 (1973) 8.36«-; R . R u d o l f , Eras-
^
Vorwort
tors zum mittelalterlichen S p i e l " und seine Befassung mit dem Forsdiungsprojekt eines Katalogs der deutschsprachigen geistlichen Spiele des Mittelalters, das von der Kommission für deutsche Literatur des Mittelalters der Bayerischen Akademie der Wissenschaften getragen und v o n der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wird, wiesen auf ihn als einen kompetenten Wissenschaftler, der imstande und bereit war, eine Interpretation des Spiels zu dieser Ausgabe beizusteuern. Die umfangreiche Literatur zum Mittelrheinischen Passionsspiel enthält keine eigentliche Interpretation oder auch nur einen A n satz zur Integration der vielfältigen Einzelbeobachtungen, selbst nicht in der Monographie von E. Wolter'^. Das Mittelrheinische Passionsspiel kann aber als einziges vollständiges Spiel des 14. Jahrhunderts" im Hinblick auf seinen Inhalt und dessen Darstellung sowie auf die damit intendierte religiöse Aussage besondere Beachtung beanspruchen. In der Interpretation steht als Teil I zunächst ein Szenenkommentar, in dem der Inhalt des Spiels möglichst genau bestimmt wird, so daß Auswahl, Anordnung und Ausgestaltung des biblischen Geschehens und damit die Individualität gerade dieses Spiels sichtbar werden. Teil II der Interpretation behandelt die Frage, wie der teils biblische, teils nichtbiblische Inhalt dargestellt wird, so daß die Personen, Orte und Handlungen dem Zuschauer unter Berücksichtigung seines V o r w i s sens in der v o m Bearbeiter intendierten Weise verständlich werden. Schließlich untersucht Teil III, durch welche Aussagen oder andere Mittel dem Zuschauer der aktuelle Sinn des Passionsgeschehens und seiner Wiederholung im Spiel erschlossen wird. D a die Handschrift offenmus 24 (1972) Sp. 86off.; J. Janota, Germanistik 14 (1973) S. 824f.; R. M . K u l l y , W W . 25 (1975) S. 2 7 i f . ; in vielem unsachgemäß K . K . Polheim, Zeitschrift für Volkskunde 68 (1972) I. S. 25ifif.; B.Thoran, R h V B . 37 (1973) S. 477f. R. Bergmann, Z u r Überlieferung der mittelalterlichen geistlichen Spiele, Festschrift Matthias Zender, II, S. 900-909; R . B e r g m a n n , Die Prophetenszene der Frankfurter Dirigierrolle, Z D P h . 94 (197J) Sonderheft: Mittelalterliches deutsches Drama, S. 22-29; R-Bergmann, St. Galler (mittelrheinisches) Passionsspiel, V L . 2. A . (im Druck); R. Bergmann, Himmelgartner Passionsspielfragmente, V L . 2. A . (im Druck); R . B e r g m a n n , Kreuzensteiner Passionsspielfragmente, V L . 2. A . (im Druck); R.Bergmann, Maastrichter (ribuarisches) Passionsspiel, V L . 2. A . (im Druck); R. Bergmann, Osnabrücker Passionsspielfragmente, V L . 2 . A . (im Druck); R . Bergmann, Besprechung v o n Das Künzelsauer Fronleichnamspiel, herausgegeben von P. K . Liebenow, LB. 62 (1973) S. l o i f . ; R . B e r g m a n n , Spiele, Mittelalterliche geistlidie, Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, i.A. (im Druck). Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu (beispielsweise S. i 6 i f . eine bloße A u f z ä h lung von Requisiten). 15 R . B e r g m a n n , Studien, S. 22-2J (zur Passionsspielüberlieferung des 14. Jahrhunderts und zur Frage ihrer Vollständigkeit).
Vorwort
5
sichtlich nicht unmittelbar für die Verwendung bei einer Aufführung bestimmt w a r ' " , ist damit zu rechnen, daß die Bühnenanweisungen nicht alle f ü r eine Aufführung erforderlichen Angaben enthalten. Auch die Frage der Lokalisierung der Aufführung des Spiels innerhalb einer Kirche " oder außerhalb einer K i r c h e m u ß offen bleiben. Die Rekonstruktion einer Bühne steht hier aber auch nicht zur Debatte. Das Problem wird jedoch wiederholt gestreift, da die Überlieferungsumstände nicht unberücksichtigt bleiben können. Die Interpretation von Rolf Bergmann ist ein notwendiger Beitrag zu dieser Ausgabe und zum Verständnis des mittelalterlichen Passionsspiels überhaupt.
IV. Für alles ist der überlieferte Text die entscheidende Grundlage, so daß zur Feststellung und Sicherung der Lesarten das Nötige getan werden mußte. Die Stiftsbibliothek zu St. Gallen übersandte die Handschrift seinerzeit an die Universitätsbibliothek Basel, wo Hugo Stopp sie einsehen konnte. Sie fertigte ihm auch eine Fotokopie an, die sich inzwischen im Besitz der Universitätsbibliothek Saarbrücken befindet. Die Fürstlich-Fürstenbergische Hofbibliothek zu Donaueschingen sdhickte die Abschrift des Ildefons von A r x zur Einsichtnahme durdi Hugo Stopp nach Saarbrücken'®. Hugo Stopp teilte seine Beobachtungen an der St. Galler Handschrift im ersten Teil seiner Untersuchungen ^^ mit, führte insbesondere in einem Variantenapparat zahlreiche Abweidiungen der bisherigen Herausgeber von der Handschrift auf und brachte auch sonst schon viele Klärungen im einzelnen. Inzwischen hatte mir die Stiftsbibliothek zu St. Gallen einen Mikrofilm des Passionsspiels zur Verfügung gestellt, die Fürstlich-Fürstenbergische Hofbibliothek zu Donaueschingen einen Mikrofilm der Abschrift des Ildefons von Arx^^. Zuletzt übersandte mir die Stiftsbibliothek zu St. Gallen noch einen Mikrofilm der übrigen Handschrift 919 R . B e r g m a n n , Studien, S. 1 5 - 2 2 ; R . B e r g m a n n , Festsdirift Matthias Zender, II, S. 9 0 0 - 9 0 9 . 1 ' E . W o l t e r , D a s St. Galler Spiel v o m Leben Jesu, S. i j j ; J.Petersen, Z D A . 59 ( 1 9 2 2 ) S. 9 6 ; H . Brinkmann, Studien zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, II, S. 2 2 1 . 18 H . Kindermann, Theatergeschichte Europas, I, S. 2 5 5 . H . Stopp, Untersuchungen, S. V . 20 S. 6 - 2 7 . 21 S. 1 0 - 1 5 ; vollständige Liste im Originalmanuskript der Dissertation, S. 3 5 - 5 6 . 22 R . Schützeichel, Mediaevalia litteraria, S. 5 3 1 - 5 3 9 .
6
Vorwort
einschließlich Deckel, was wegen einiger Fragen notwendig geworden war, außerdem Fotokopien einzelner Seiten. Rolf Bergmann hat einen vollständigen Vergleich des Textes von E. Hartl mit dem Mikrofilm vorgenommen und dabei unabhängig von anderen zahlreiche Korrekturen angebracht und viele Stellen als zum mindesten fraglich erkannt. Überdies förderte er die Lösung verschiedener Einzelprobleme in seinem schon genannten Buch^^ oder in sonstigen Hinweisen während einer nie unterbrochenen Zusammenarbeit. Tatkräftige Unterstützung erfuhr ich sodann durch die Wissensdiaflliche Assistentin, Frau D r . Irmgard Frank, die den Text im Mikrofilm wiederholt gelesen, ihn aber auch im Jahre 1974 an Ort und Stelle in der Stiflsbibliothek zu St. Gallen durchgesehen und mancherlei zur Bereinigung von Unklarheiten beigetragen hat, abgesehen von vielen sonstigen, oft mühevollen und langwierigen tedinischen Hilfen im Zusammenhang der Entstehung dieser Edition, bei der Durchsicht des Codex Sangallensis 919, bei paläographischen, metrischen und sonstigen Aufstellungen und Einzelprüfungen und bei den Korrekturen. Sie stellte zudem im Anschluß an ein Oberseminar eigenverantwortlich ein vollständiges Glossar des Mittelrheinischen Passionsspiels her, das in diese Ausgabe aufgenommen ist. Die hilfreidi von den verschiedenen Bibliotheken zur Verfügung gestellten Mikrofilme und Kopien haben mir selbst die vorbereitenden Arbeiten zu dieser Ausgabe, die ich in den vergangenen Jahren vor allem wegen mancher Widrigkeiten im Universitätsleben immer wieder unterbrechen mußte, erheblich erleichtert. Wichtig w a r aber insbesondere die mir in der Stiftsbibliothek zu St. Gallen wiederholt gewährte Möglichkeit, das Passionsspiel an Ort und Stelle vollständig durchzusehen, wovon ich zuletzt im Sommer des Jahres 1975 und im Sommer des Jahres 1976 Gebrauch gemacht habe. Auch mit H i l f e von vortrefflichem Vergrößerungsgerät konnten an der Handschrift selbst notwendige Überprüfungen vorgenommen und wichtige Klärungen erreicht werden. Die Stiflsbibliothek zu St. Gallen zeigte sich in allem sehr hilfsbereit, nidit zuletzt durch ihren Leiter, Professor Dr. Johannes Duft, der auch anhand der entsprechenden Codices sich und mich noch einmal vergewisserte, daß die Hand des Gall Kemli für das Mittelrheinische Passionsspiel auszuschließen ist^®. Er gab sodann die Genehmi23 D a s Benediktbeurer Passionsspiel. D a s St. Galler Passionsspiel. N a c h den H a n d schriften herausgegeben. R . Bergmann, Studien, passim. 25 Sieh dazu weiter unten C . I. I I I .
Vorwort
7
gung zur Publikation des ganzen Spiels im Faksimile. Ebenso hilfsbereit erwies sich der Leiter der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich, Dr. A. Schönherr, der mir neben anderem auch die Durchsidit ehemals St. Galler Handschriften gestattete, die im Zusammenhang dieser Ausgabe hätten wichtig sein können. Der Leiter des Hauptstaatsardiivs Düsseldorf, Leitender Staatsarchivdirektor Dr. W. Janssen, hat mir in verschiedenen paläographischen Fragen wiederholt durch ausführliche sdiriftliche und mündliche Auskünfte geholfen. V. Abkürzungen und Zitierweise sind in diesem Band möglichst einheitlich gehalten. Das Verzeichnis der Abkürzungen (A) enthält insbesondere Zeitschriftensiglen. Gängige Abkürzungen, wie sie auch sonst in Grammatiken üblich sind, werden nicht eigens aufgeführt; soweit sie im Glossar (G) verwandt werden, sind sie in den Vorbemerkungen zu den einzelnen Verzeichnissen angegeben. Das Verzeichnis der Literatur (B) erfaßt das in allen Teilen Herangezogene vollständig. Die Einleitung (C) bringt insbesondere eine Beschreibung der Handschrift und der Überlieferungslage insgesamt, der handschriftlichen Textanordnung, der Schrift, ihrer Beurteilung, Datierung und Datierung der Vorlage, der Abbreviaturen, der Metrik mit Einschluß des Reims, der bisherigen Ausgaben und der Editionsprinzipien. Der Text (D) ist möglidbst handschriftgetreu und mit einem knapp gehaltenen Apparat ausgestattet, der nur auf die handschriftliche Überlieferung Bezug nimmt, nicht auf frühere Darbietungen des Textes. Unmittelbar auf den Text folgt der Beitrag von Hugo Stopp zur Lokalisierung (E), dann die Interpretation (F) von Rolf Bergmann. Das Glossar (G) von Irmgard Frank bringt die Wortansätze, gegebenenfalls in ihren Varianten, die selbstverständlich aufgrund des überlieferten Befunds dieses Literaturdenkmals gewonnen sind, die Wortbestimmungen in knapper Form und die im Rahmen einer zusammenhängenden Übersetzung des ganzen Textes festgestellten Bedeutungen^®, dazu die Stellenangaben, außerdem ein Namenverzeichnis und ein vollständiges Verzeichnis der Reimwörter mit allen ihren Vorkommen. Ein Register (H) erschließt das Ganze noch zusätzlich. Das Faksimile (I) bringt alle Seiten des Codex Sangallensis 919, die das Mittelrheinische Passions28 Zu Varianten, Wertansätzen, Bestimmungen, Bedeutungen und alphabetisdber Anordnung s. R. Sdhützeichel, Althochdeutsches Wörterbuch, S. VII, X X V XXXV.
g
Vorwort
spiel tragen, in Originalgröße. Kolumnentitel im ganzen Buch sollen die Benutzung erleiditern. Alle Teile sind von mir durchgesehen und in redaktioneller Hinsicht überarbeitet worden. Das Buch sei einem Altmeister der germanistischen Edition gewidmet, der den hier Beteiligten vor Jahren wichtige Anstöße gegeben hat. Münster in Westfalen am zj. September J9J6
Rudolf
Schützeichel
A.
ABKÜRZUNGEN
A. AASF. AD. ADA. AGDSpD. AMRhKG. BA. BNF. DLZ. DVSdi.
=
EG. GR. GRM. JEGPh. LB. MGH. ML JB. MP. NDJB. NF. PBB.
=
RhVB. V. VL. WW. ZDA. ZDM. ZDPh. ZMF.
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Auflage Annales Academiae Scientiarum Fennicae Archiv für Diplomatik Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur Archiv für die Geschichte deutscher Sprache und Diditung Ardbiv für mittelrheinische Kirchengeschichte Bühnenanweisung Beiträge zur Namenforschung Deutsche Literaturzeitung Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Etudes Germaniques The Germanic Review Germanisch-Romanische Monatsschrift The Journal of English and Germanic Philology Leuvense Bijdragen Monumenta Germaniae historica Mittellateinisches Jahrbuch Mittelrheinisches Passionsspiel Niederdeutsches Jahrbuch Neue Folge H . P a u l - W . Braune, Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Rheinisdie Vierteljahrsblätter Vers W. S t a m m l e r - K . Langosch, Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon Wirkendes Wort Zeitsdirifl für deutsches Altertum und deutsche Literatur Zeitschrift für deutsche Mundarten Zeitschrift für deutsche Philologie Zeitschrift für Mundartforsdiung
B.
LITERATUR
H. Alt, Theater und Kirdie in ihrem gegenseitigen Verhältniß historisch dargestellt, 1846 K. Arens,
D i e Sprache in den deutschen Drucken Johannes Sdiöffers, Dissertation
Marburg 1917 W, Arndt,
D i e Personennamen der deutschen Schauspiele des Mittelalters, Germa-
nistische Abhandlungen 23, 1904 A. Bach, Germanistisch-historische Studien. Gesammelte Abhandlungen. D e m A u t o r zum Goldenen Doktorjubiläum am 27. Februar 1964. Herausgegeben v o n H. M. Heinrichs und R. Schützeichel, —
1964
Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim. (Meister Zilies von Seine?), Rheinisches Archiv 11, 1930
H.Bach,
Besprechung von H. Moser-H.
Stopp,
Grammatik des Frühneuhochdeut-
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Wandlungen
der bühnenmäßigen Wirkungsmittel,
entwicklungsmäßig
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12
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122 123 124 125
Sieh auch weiter unten, C. II. Textanordnung. Sieh weiter oben, C. I. 3. Die Vita des Gall Kemli. Ms. 543, Donaueschingen, S. 2 1 8 ; R . Schützeichel, Mediaevalia litteraria, S. 539. E. Lokalisierung.
j 2
Einleitung
II.
TEXTANORDNUNG
Auf dem oberen Rand der Seite 197, der ersten des in den Codex eingebundenen Heftes, stehen ein Anfangsgebet (assit principio sancta maria meo) danach die ersten beiden Bühnenanweisungen (Omnibus personis decenter ornatis cantent angeli. Quo finita dicat augustinus:}, dann der Text, der sich in den ersten Versen klar als Beginn des Spiels ausweist (i Höre, heiige cristenheit, 2 dir wirt noch hude vorgeleit, ... 10 Die rede s[al begjinnen, . . . ) . Der Text ist bis auf Seite 2 1 7 , der vorletzten Seite des eingebundenen Heftes, fortlaufend eingetragen. E r wird nach der letzten Bühnenanweisung (lesus vadat ad paradysum) in der vorletzten und letzten Zeile der Seite ausdrücklich abgeschlossen; Et sie finiatur ludus prenotatus. Irgendwelche Anzeichen f ü r eine Lüdse sind nicht vorhanden. Der so überlieferte Text ist als vollständig anzusehen. I. Anordnung der Verse Der Text ist am Anfang prinzipiell so angeordnet, daß je zwei Verse in einer Zeile stehen. Kommt der Schreiber mit der Zeile nicht aus, trägt er den Rest des zweiten Verses über oder unter der Zeile nach, wobei er die Zugehörigkeit des Übergeschriebenen beziehungsweise des Untergeschriebenen durch eine Schleife kennzeichnet. Ist eine Zeile wegen eines Neueinsatzes des Dialogs nur mit einem Vers gefüllt, bleibt der Rest entweder frei oder nimmt die nächste Bühnenanweisung auf. Dieses Prinzip ist erstmals auf Seite 201 unterbrochen, w o in den Zeilen 6f. und 7f. Teile der Verse 3 1 7 und 3 1 9 jeweils in zwei verschiedenen Zeilen stehen. Dies findet sich mit zunehmender Häufigkeit auf allen folgenden Seiten: S. 203 und 204 je 2mal, S. 205 und 206 je 5mal, S. 207 9mal, S. 208 und 209 je jmal, S. 2 1 0 4mal, S. 2 1 1 6mal, S . 2 1 2 4mal, S . 2 1 3 2mal, S . 2 1 4 9mal, S . 2 1 5 i i m a l , S . 2 1 6 und 2 1 7 je i4mal. Auf den Seiten 2 1 4 bis 2 1 7 ist der Text nahezu fortlaufend, wie Prosa, geschrieben. Zwischen den einzelnen Versen stehen gewöhnlich waagerechte Striche ( - ) als Trennungsstriche, die praktisch auch für alle anderen Satzzeichen eintreten. In einigen Fällen fehlen diese Striche jedoch, sei es, daß am Ende der Zeile (wie etwa nach Vers 18 und 20) bei normaler Eintragung der Platz fehlt oder sei es, daß durch Eintragung über 120 M a n vergleiche R . Bergmann, Studien, S. 2 3 .
Eintragung der Bühnenanweisungen
j j
oder unter einer Zeile (wie zum Beispiel bei Vers 2 und 8) der Platz an entsprechender Stelle verlorengegangen ist. 2. Eintragung der Bühnenanweisungen Die Bühnenanweisungen stehen teilweise im Text, zum Beispiel 28a, 28b, 34a, 34b, 52a, 56a, 60a, 62a, 64a, 79a, 93a, 93b, l o i a , 107a, 107b, i i i a , i i i b , i i i c , i i i d , n i e , 123a, 123b, 123c, 133a, 133b, 139a, 139b, 143a, 143b, 147a, 147b, i 6 i a , i6ih, 161C, i 6 i d , 167a, i 8 i a , i 8 i b , 1 8 I C , 187a, 187b, 191a, 191b (und so weiter), teilweise auf dem Rand, zum Beispiel auf dem Innenrand 20a, 22a, 36a, 42a, 42b, 1 5 1 a , i 7 j a , 197a, 203a, 2 i i a , 2 i i b , 331a, 339a, 347a, 353a, 363a, 367a, 375a (und so weiter), auf dem Außenrand 85a, 89a, 99a, 103a, 1 1 7 a , 1 1 7 b , 127a, r27b, 239a, 243a, 249a, 257a, 261a, 265a, 267a, 275a, 301a, 377a, 379a, 383a (und öfter). Teils im Text, teils auf dem Innenrand finden sich die zusammengehörigen Bühnenanweisungen i6a, i6b, und zwar i6a auf dem Rand, i6b im Text; das gleiche gilt für die Bühnenanweisung 349a. Solche Fälle könnten darauf hindeuten, daß Bühnenanweisungen auf dem Rand möglicherweise erst nachträglich eingetragen wurden. In einigen Fällen beginnt die Bühnenanweisung mit einem Großbuchstaben, zum Beispiel Oa, i i i a , 123a, 143a (und öfter). 3. Markierung der Redeeinsätze Die Redeeinsätze werden auf unterschiedliche Weise markiert: a. Der Schreiber beginnt nach der Bühnenanweisung mit einer neuen Zeile, zum Beispiel Vers 1 1 2 , 124, 140, 182 (und öfter). b. Häufiger, aber bei weitem nicht immer, deutet er den Redeeinsatz graphisch durdi Großbuchstaben an, so etwa Vers i, 17, 2 1 , 29, 3 5> 43> 65, 75> 80, 90, 94, 128, 144, 162 (und so weiter). c. Recht oft, wenn auch nicht in allen denkbaren Fällen, wird ein Kapitelzeichen ^^^ verwandt, das zum Teil Szenenanfänge, wie etwa bei 162, 192, 212, 450 (und so weiter), zum Teil aber auch einfach einen neuen Redeeinsatz bezeidinet, wie bei 343a, 368, 387a, 392, 398, 404, 418 (und so weiter). Diese Kapitelzeichen stehen anfangs meistens auf dem Rande und nur gelegentlich im Text wie etwa auf Seite 201 der Handschrift, vor 127 B. Bischoff, Deutsche Philologie im A u f r i ß , I, Sp. 4 3 9 .
Einleitung
Vers 368, auf Seite 206 in 708b, auf Seite 209 v o r 851a, auf Seite 210 v o r 919a, auf Seite 211 vor 966a. A b Seite 212 stehen sie dagegen vorwiegend im T e x t und nur noch selten auf dem R a n d ; im T e x t : Seite 212 über der Zeile bei 1046a, ferner v o r 1050a, 1055a, 1073a, 1075b, 1084; Seite 213 v o r 1103a, 1107a, 1144a; Seite 214 vor i i 6 8 a , 1176a, 1198a; Seite 215 v o r 1230a, 1246a, 1254a, 1260a; Seite 216 v o r 1270a, 1279a, 1285a, 1289a, 1303a; Seite 2 1 7 v o r 1321a, 1331a, 1335a, 1339a, 1343a, 1347a; auf dem R a n d : Seite 212 v o r 1067a, 1075a, 1083a; Seite 213 v o r 1130a, i i 6 o a ; Seite 214 v o r 1174a, i i 8 8 a , i 2 i o a ; Seite 215 v o r 1262a; Seite 217 v o r 1317a, 1323a. A u f fällig ist die doppelte A n w e n d u n g des Zeichens v o r 1075a und 1075b, wobei das erste auf dem Rand, das zweite im T e x t steht. Im allgemeinen hat das Kapitelzeichen die Form T ~ , wobei der Querstrich kürzer oder länger ist. So ist er in einigen Fällen, in denen das Zeichen im T e x t steht, über ein oder z w e i nachfolgende Wörter hin in die Länge gezogen, zum Beispiel v o r 1050a ""j ludei, vor 1055a S tue, v o r 1 1 3 1 a
I tc aliis.
Varianten ergeben sidh aus ungenauer Zeichnung, die zu folgenden Formen führt: T " v o r 586b, Abstrich, nämlich
" ^ v o r 726a,
"^pvor 851a, auch ohne
v o r 530.
A u f f ä l l i g sind die schräg liegenden Z e i c h e n < \ / v o r 696 auf dem R a n d und
v o r h\e = Herre in 708b im Text. Sie haben in diesem
T e x t keine weiteren Parallelen. d. Stehen die Bühnenanweisungen auf dem Rand, wird der Redeeinsatz auch sehr oft dadurch angedeutet, daß am Zeilenanfang z w i schen zwei Zeilen ein kürzerer waagerechter Strich gezogen ist; damit wird gleichzeitig die Bühnenanweisung an ihre Stelle verwiesen, beispielsweise bei i6a, 20a (und öfter). e. Gelegentlich steht ein solcher Strich zwischen Zeilenanfängen auch dann, wenn die Bühnenanweisung im T e x t steht, wie zum Beispiel Seite 199 der Handsdirifl zwischen Vers 161 und der Bühnenanweisung i 6 i a . f. Einige Redeeinsätze werden mehrfach bezeichnet, und z w a r zweifach, nämlich durch Großbuchstaben und Kapitelzeidien beispielsweise Vers 753, dreifach, nämlich durch Großbuchstaben, Kapitelzeidien und Stridi zwischen den Zeilen zum Beispiel Vers 162. g. Daneben bleiben Redeeinsätze audi völlig unbezeichnet, zum Beispiel 134, 292, 296 (und öfter).
55 III. S C H R I F T
I. Der paläographisdbie Befund Die Schrift ist als ausgeprägte spätmittelalterliche Gesdiäftsschrift aufzufassen und muß nach den Kriterien beurteilt werden, die f ü r diesen Schrifttyp insbesondere von W. Heinemeyer entwickelt und dargestellt worden sind. Die zweite Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, f ü r die eine schräge Rechtslage kennzeichnend ist, kommt mit Sicherheit nicht in Frage, da hier ein senkrechter unregelmäßiger Gesamtduktus vorliegt. Damit entfällt auch die Möglichkeit, daß die Handschrift von dem Sammler Call Kemli geschrieben sein könnte^®', obwohl sie in einem Sammelband überliefert ist, der aus seinem Besitz stammt Das erbringt im übrigen auch ein näherer Vergleich der Hände Das fünfzehnte Jahrhundert ist überhaupt nicht in Betracht zu ziehen, vielmehr weisen einzelne Buchstabenformen sehr deutlich auf das vierzehnte Jahrhundert hin. Dazu gehören vor allem das sogenannte doppelstöckige a ( colligert = colligerunt (554a); dni = domina (1020a); dnk —domine (497a); ftö =/^^c^o (337a); gtä = gloria (jöSd); gle = glorie (1270b); irat = intrat (353a); iolus = iohannis (60a); lolis = Johannis (1230a); iolüs = iohannis (107a); ioliem = iohannem (52a); iolim = iohannem (93a); lolTs = Iohannis (42b); n f a = nostra (1339c); oTs = omnes (624a); s ^ = spiritum (i 176a). Bei i o h | = iohannis (99a) wurde offensichtlich rundes s aus langem f korrigiert. g. Gelegentlidi wird die ausgelassene Wortmitte durch nach links oben gebogenen Strich bezeichnet: gl^e = glorie (1264a). h. Nicht selten finden sich zwei Auslassungen in einem Wort, wobei wiederum Abkürzungsstriche der genannten Art verwandt werden, so im deutschen Text: sFe = sancte ( 1 3 ) ; im lateinischen Text: a^Ü = angeli (i6a); ägÜ = angeli ( i r i d ) ; ägli = angeli (42a; hier ist nicht klar leserlich, ob durch das l ein Strich gezogen ist oder nicht); dcö = dicto (644a); dilcs = dilectus ( n i e ) ; discipPs = discipulos (700a); düs = dominus (845a); lamtacö = lamentacio ( 1 1 8 3 a ) ; locöin = locionem (658a); mgr = magister (221b); noie = nomine (996a); pccuit = peccavit (327a); pcco = peccato (227b); respic'es = respiciens ( i i 6 o a ) ; rndes = respondens (64a); P r i d e s = Respondens (391a); scs = sanctus ( i 6 i b ) ; scid^s = scindens (825a); sil^r = similiter veies = veniens (93a). Vermutlich fehlerhaft geschrieben ist smam = sentenciam (1067a), wofür snam zu erwarten wäre i. A b und zu werden auch mehr als zwei Auslassungen im Wort vorgenommen, was wiederum durch verschiedene Kontraktionsstriche angedeutet wird, so im deutschen Text: irPm = ierusalem (581); im lateinischen Text: äg4s = angelus ( 1 3 2 j a ) ; ägPs = angelus (291a); bndcs = benedictus (568c); bndci = henedicti (1285b). 161 A. Cappelli, Dizionario, S. 103, 105; P. A . G r u n , Sdilüssel, S. 73. A. Cappelli, Dizionario, S. 355.
Spezifische Abkürzungszeidien
3. Spezifische Abkürzungszeichen Die umgekehrte Sigle 9 hat die Bedeutung con-, zum Beispiel in = condempnavit (233b). Andere Zeidien mit fester Bedeutung kommen relativ häufig vor: = -iif, zum Beispiel in reced^J — recedat {zjxa.)-, = cum, zum Beispiel in c'0 = (191b); J! = ser-, zum Beispiel in ^u? = servus (383a); ir- = -ur-, zum Beispiel in s ' ^ a t = surgat (29 j a ) ; ^ = -US, zum Beispiel in man? = manus (89a); & = -ut, zum Beispiel in capSc = caput (107a). c. Für r wird manchmal das hochgestellte Zeichen ^ verwendet'®^: h l o d = herodes (939b); h^o = herodes (947a). d. "Wesentlich häufiger steht dieses Zeichen jedoch f ü r -er-, und z w a r im deutschen Text zum Beispiel in: der (25); im lateinisdien Text: decet^ = decenter (Oa). e. Die Buchstabenfolge -er wird im deutschen Text auch durch das Zeichen ^ zum Ausdruck gebracht: gud^ = güder (57). f. Das Zeichen ^ hat außer dem Wert -er den von -ir-, und z w a r ausschließlidi im deutschen Text"®: v^lorn = virlorn (296). g. Ebenfalls nur im deutschen Text steht dieses Zeichen ^ sodann f ü r - o r - " ® : v^baz = vorbaz (293). h. N u r im lateinischen Text steht f ü r die Buchstabenfolge -ro ein besonderes Zeichen, und z w a r in = pro, zum Beispiel i n ^ c e d a t = procedat (i6b). i. Zu den spezifischen Abkürzungszeichen zählen die bereits öfters a. ?dpb. P
103 A.Cappeln, Dizlonario, S. X X I I I f f . ; P . A . G r u n , Schlüssel, S. 12S.; B. Bisdioff, Deutsdie Philologie im Aufriß, I, Sp. 43 5ff.; s. auch H . Foerster, Abriß der lateinischen Paläographie, S. i i ^ S . 164P. A. Grun, Schlüssel, S. 1 7 ; B. Bischoff, Deutsche Philologie im Aufriß, I, Sp. 436. los Man vergleiche P . A . G r u n , Schlüssel, S. 18. - Zur sprachlichen Begründung sieh unten E. Lokalisierung. Man vergleiche P . A . G r u n , Schlüssel, S. 18. - Zur sprachlichen Begründung sieh unten, C. V I . 2. c. Auflösung von Abbreviaturen.
68
Einleitung
erwähnten P u n k t e ; erinnert sei an Fälle wie d- = dicat (99a) u n d so weiter. j. Mehrere "Wörter zeigen Abkürzung durch Zeichen, die wohl auf ehemalige P u n k t e zurückzuführen s i n d ' " : - b s = -bus, zum Beispiel in capitib3 = capitibus (89a); -3 = -m, zum Beispiel in m s ä s = mensam (267a); = -^«e, zum Beispiel vsg3 = usque (123b); q i = quia (887d). k. Die bei den oben erwähnten Suspensionen und Kontraktionen verwendeten Striche gehören natürlich ebenfalls zu den spezifischen Abkürzungszeichen. 1. Eigens erwähnt werden soll der Nasalstrich über Vokalen f ü r m und w^'®, der im deutschen wie im lateinischen Text sehr oft a u f t r i t t ; im deutschen Text beispielsweise f ü r m in ä = am (129); f ü r n in sine = sinnen (9); im lateinischen Text f ü r m in cenä = cenam (22a); f ü r n in O m i b s = Omnibus (Oa). m. Ein waagerechter Strich steht häufig in spezifischer Verbindung mit Konsonanten, so im deutschen Text: p = par- in padyse = p a r a dyse(ii35); im lateinischen Text: p = par-, zum Beispiel in p a n t i b s = parantibus (598a); nur im lateinisdien Text erscheinen:"^ = haec (305a); p = pre, zum Beispiel in apphedes = apprehendens (143a); quem (708c). n. Abwandlungen eines senkrechten Striches beziehungsweise eines Schrägstriches zeigen sich in den bereits erwähnten Formen f ü r respondere, ferner in: ^ = antiphonam (64a); op = antiphonam (515b); h ' = hoc (644b); quod (123c); r n i = responsorium (93b).
4. Hochgestellte Buchstaben a. Häufig werden zum Zwecke der Abkürzung Vokale hochgestellt, gelegentlich auch Konsonanten. Die hochgestellten Vokale bezeichnen in der überwiegenden Anzahl der Fälle die Verbindung r plus entsprechenden Vokal; so steht hochgestelltes a f ü r ra, und zwar im deutschen Text: sp'^ch = sprach (816); im lateinischen Text: sup"' = supra (369a). 187 A. Cappeln, Dlzionario, S. XXXI ff.; P.A.Grun, Schlüssel, S. ^ f . 168 A.Cappeln, Dizionario, S. XXIXf.; P.A.Grun, Schlüssel, S. ijf. 16« A. Cappeln, Dizionario, S. XLIff.; P.A.Grun, Sdilüssel, S. igff.
Hochgestellte Buchstaben
69
b. Hochgestelltes i steht f ü r ri und /r; im deutschen Text: p's
=
im lateinischen Text: p'ncipio = principio (Eingangsgebet); p'us = prius (369b); c'igstätes = circumstantes (343a). c. Hochgestelltes o steht für ro; im deutschen Text: g°z = groz (294); im lateinischen Text: lat" = latronem (j^ih). d. Hochgestelltes « steht für r«; im deutschen Text c''ge =
crvge
(32); im lateinischen Text: t'^'dat = trudat (1275a). e. Hochgestelltes e f ü r re kommt nur im lateinisdien Text vor: f^muit = tremuit {1161c). f. Abgesehen von diesen Verbindungen mit r stehen einzelne hochgestellte Vokale auch für andere Buchstaben. Hochgestelltes a steht (nach o) für na-, pso''' = persona ( i i i b ) . g. Nach q steht hochgestelltes a f ü r ua: ^ p i q ^ t = appropinquat (1309b). ^ . i . h. Ebenso steht hochgestelltes i mch g oder q für uh fl> = qu-i (738b); q'd = quid (554b)j q's = quis (74a); sang'ne = sanguinem (85id). i. Hochgestelltes i steht vereinzelt f ü r ic, hochgestelltes 0 f ü r oc: h' = hic (497a); h" = hoc (568a). j. Bei den Konsonanten tritt neben die bereits erwähnten Fälle, in denen der auslautende Konsonant unmittelbar hinter dem Anfangsbuchstaben des Wortes hochgestellt ist, insbesondere hochgestelltes t f ü r it^'"': em't = emittet ( 1 1 7 6 a ) . Der in der Lesung nicht völlig sichere Fall f° ( 1 3 3 a ) ist vermutlich als secum aufzulösen. k. Gelegentlich werden auslautender Vokal und Konsonant hochgestellt, unter Auslassung eines Budistabens in der Wortmitte: icip^' = incipiat (321a); sy™ = symon (261a). 1. Einen Sonderfall unter den hochgestellten Vokalen stellt das hochgestellte o in g° = ergo (851c) dar'^^
170 A . C a p p e l l i , Dizionario, S. X L I V ; P . A . G r u n , Sdilüssel, S. zof. i''! M a n vergleiche A . C a p p e l l i , Dizionario, S. 1 4 8 ; P . A . G r u n , Schlüssel, S. 2 1 .
70
Einleitung
5. Kombination verschiedener Abkürzungstypen Sehr häufig werden in einem "Wort unterschiedliche Abkürzungs"weisen verwendet a. Suspension und Kontraktion treten gemeinsam auf: äna = annas (803a); lamtabi'l-= lamentabiliter (yzSh); mag-}-= magdalena {izzoa); pecuia = pecuniam (854a); rn = respondens (474a), respondet (79a); spög = spongiam (1170a); tep- = temptabis (139a). b. Ebenso häufig erfolgt die A b k ü r z u n g durch Suspension und Verwendung spezifischer Abkürzungszeichen: yfn. — respondeant (923a), respondet (575a); h i o = herodes (947a); h l o d = herodes (939b); p 9 t = postea (665a); v^ = versum (291b). c. Ferner treten Suspension und hochgestellter V o k a l zusammen in einem W o r t auf: f''ns = transeat (695b); t'pu = tripudians (239a); sc'pt = scriptum (665 a); lat° = latronem (752b). d. Sehr oft tritt Kontraktion in Verbindung mit spezifischen A b kürzungszeichen auf: ag? = augustinus (397a); expgefcä = expergefacta (1008b); ivei? = invenimus (187a); ioSg = iohannem ( j 6 a ) ; It%i = herum ( i 6 a ) ; it-^m = iterum (42a); rnsas = mensam (267a); pu^m = puerum (1183b); r n d s = respondet (20a); rnjj = responsorinm (93b). e. Kontraktion und hochgestellter Buchstabe erscheinen beispielsweise in: rnd' = respondet (249a); seq-V = sequatur (1183a). f. Des öfteren werden spezifische Abkürzungszeichen mit hochgestellten Buchstaben kombiniert: eg®^ = egressus (845b); em'ts = emittet (1176a); ipo®t = imponat (107a); icip-''' = incipiat (321a); Ing®^ = Ingressus (887b); m'tat«?-' = mittatur ( i i i a ) ; m't3 = mittet (305a); pso''^ = persona ( i i i b ) ; sang'ne = sanguinem (85id). g. Gelegentlich werden, mehrere spezifische Abkürzungszeichen in einem W o r t verwendet, und z w a r zunächst soldie mit fester Bedeutung: l^s5> = leprosus {z6iz); j^uo^ = servorum (}4a). h. Daneben steht die mehrfache Verwendung verschiedener A b k ü r zungsstriche: apphedes = apprehendens (143a); y^des = respondens ( 1 5 1 a ) ; yfnd^s = respondens (716a); rnj? = responsorium (93b); J;uü = servum (465a). i. Zeichen mit fester Bedeutung und Abkürzungsstrich treten zusammen in einem W o r t auf: spuät = conspmnt (829a); decet^ = 172 A . Cappeln, Dizionario, passim; P . A . G r u n , Schlüssel, S. 25ff.; s. auch B. Bischoff, Deutsche Philologie im A u f r i ß , I, Sp. 4}6f.
Kombination verschiedener Abkürzungstypen
-j i
decenter (Oa); pantibs = parantihus (598a); /u? = servus (383a); spöjp = sponsus (i6b). j. Schließlich treten audi Dreierkombinationen der verschiedenen Abkürzungsweisen auf, und zwar zunächst Abkürzung durch Suspension, Kontraktion und spezifische Abkürzungszeichen: ci = cetera, in: CiCc^ = et cetera (187b); 2dp- = condempnavit (233b); in; 6o}L, 8 4 o f . art:wart; 6 1 i f . sang:dang; 6 3 i f . brot:dot; 6 3 j f . blut:gut; 6 5 i f . nit:zit; i^zzf. mir:ir; 666{. nath:math; 6 8 2 f . swert:wert; 7 i 3 f . 7 3 9 f . , i i 9 9 f dich:mich; jiii. sin:lin; Ji^i. han:gan; y^yf-, 749^- man:an; 7 4 i f . , 8 8 6 f . an:kan; 7 4 3 f . war:var; 7 4 j f . ste:'we; 8 o 2 f . vro:so; 8 5 2 f . wan: han; 87of., 898f., 9i4f., 942f., 989f., i025f., i203f. man:kan; Syzf. han:an; S^if. reth:kneth; 9 0 0 f . dot:not; 9 o 8 f . pin:min; 9 1 8 f . si:bi; 9 3 o f . her:er; 9 3 8 f . , i i 5 3 f . sin:din; 9 4 6 f . vrist:bist; iar:war; i o 2 i f . dang:lang; lo^^f. draum:gaum; i o 6 4 f . gut:blut; r o 6 8 f . kan: man; 1072L in:hin; i o 8 o f . ir:mir; i i o o f . güt:mut; i i o 6 f . , i i j i f . han: stan; i i i 9 f . frist:ist; i i 2 i f . stat:hat; iiiji. sin:pin; i i j 9 f . zit:lit; II67{. war:dar; iiyii. drang:dang; i i 8 4 f . sper:ger; 1191L blut:gut; i 2 i 3 f . vihspil; 1 2 1 j f . gar:bar; i 2 4 i f . güt:hü.t; i 2 5 3 f . golt:solt; izG^L stoz:groz; iz^Sf. gan:lan; i}oo{. gan:han; i}i6{. bloz:groz. Einsilbige W o r t f o r m e n
im R e i m
mit
präfigierten
(zweisilbigen)
leit:gemeit; 2 6 8 f . leit:bereit; 2 7 4 f . hin:gewin; zxji. vffenbar:war; sicherlich:rich; 747f. sicherlich: mich; 838f. sicherlich:dich; 9$6{. lobelich:dich; ioi9f. vrian:kan; loiyi. bodelin:min; iozj{.kneppelin:din; loSii. menscheit:leit; io66f. kindelin:sin; ii33f. 'warheit:leit; ii49f. ojfenbar:war. Namen werden entsprechend behandelt: 534f. lazare:e; 997L barraban:man. In diese Gruppe gehört auch 934f. rehter:ere (bei Annahme der Apokope von -e). Einsilbige Wortformen reimen mit nebentonigen Endsilben: 5/f. dich:werlich; yii. gar:offenbar; lySf. ich:vnminnenclich; 2y6f. min: Sünderin; 28of. leit:barmherzekeit; 35of. glich:sicherlich; j i / f . ich: sicherlich; 8i8f. eyt:warheit; 842f. mich:sicherlich. Namen werden entsprechend behandelt: 9 9 j f . man:barraban; 95of. was:panthias. Nebentonige Endsilben mehrsilbiger Wortformen reimen mit betonten Silben mehrsilbiger Wortformen: i f . cristenheit:vorgeleit; io6f. gerehtekeit:geseit; i^Sf. frazheit:bereit; j,io{. driueldekeit:geseit; 79of. bosheit:bereit; 958f., i 2 6 i f . Sicherheit:bereit; i i 3 9 f . wirdekeit:bereit; i294f. gewanheit:bereit. D a z u stellt sich der Reim nebentoniger Endsilben mit dem zweiten Glied eines Kompositums: 89of. sicherlich:kunigrich; i342f. vffenbar: vorwar.
84
Einleitung
Ebenso reimt das zweite Glied eines Kompositums mit nebentoniger Endsilbe einer mehrsilbigen "Wortform: yzöi., 888f. vorwar:oßenbar; 378f. vor zvar.-offenbar; l o S i f . herzeleit.-arbeit. Hierhin gehört auch 42i{. vffenbare (bei Annahme der Apokope des -e) war war. g. Zweisilbige Reime zwisdien nebentonigen Silben und haupttonigen Silben begegnen gelegentlidi: wundereretere; 71 i f . sicherliche:intwiche; y^Gi. wundere[re]dere; 834f. prophete:[dede]. Dabei kann auch das zweite Glied eines Kompositums im Reim stehen: 444f. willediche:himelriche. Der zweisilbige Reim haupttoniger Silbe mit nebentoniger Silbe erscheint 86f. riche.sicherliche. h. Halbreime sind relativ häufig, und zwar konsonantische wie vokalische. Konsonantische Halbreime (unreine Reime) mit unterschiedlicher Vokalqualität liegen vor beim Reim a:o, und zwar: ^zf. sahwol; 597f. wohsal; 864f. sal:vol; weiterhin beim Reim u(u):o, und zwar: ySzL stunt:kont; ^zzi. irsturbenrworbe; iz6i{. dur:hervor; in umgekehrter Reihenfolge: 46of. zoth:suht; schließlich in folgenden Fällen: i24f. alleene:steine; wafet:rufet. Konsonantische Halbreime mit unterschiedlicher Vokalquantität liegen vor beim Reim a:ä, und zwar: 346f. man:wan; 362^ dan:gan; 454f. man:vf stan; 548f. man:gan; C^yi. irkant:begant; 6pof. dan:bestan; ^zSf. man:gedan; l o r i f . man:han; i233f. mannrstan; i 2 4 j f . mandrlan; weiterhin beim Reim i:i, und zwar: 733f. in.sin; lo^^i. dich:rich; i i 3 i f . mich:rich; in umgekehrter Reihenfolge: i i 9 7 f . himelrich.-ich; i}z8{. sin:hin; sodann beim Reim o:ö, und zwar: 868f., i i 2 5 f . goi;noi; in umgekehrter Reihenfolge: 475f., ioo5f., ii82f., i205f. dot: got; 76^ f., 8z6{. not:got; schließlich beim Reim e:e (zugleich mit Assonanz): 23of. geschen.-anegesehen; 3i8f. geschen.-gesehen. In einigen Fällen liegen nur graphische Abweidiungen, aber keine konsonantischen Halbreime vor, und zwar bei u:u (und umgekehrt): i74f., i92f. mut:gut; 26of. güt:mut; 44of. sun:dun; du:nü; 70jf. suze:vnmuze; 763^ sun:dun; j^zi. gesunt:stunt; 854f. blüt:gut; ^ozi. ruden:muden; ^^zi. gruz:vuz; loyCi. gude-.müde; iz^/f. pänt.stunt; i29of. gut:mut; i334f. stunt:kunt. Einige dieser Fälle haben, wie weiter oben sdion gezeigt, Parallelen mit übereinstimmender Schreibweise des u(u).
Reim
85
Vokalische Halbreime (Assonanzen) kommen in einigen Fällen vor: i82f. komment:sollent; 2i4f. sprachen:brahten; 266{. gewern:begert; 609L plegendeben; S/^f. gedang:hant; i i 8 o f . vndergangen:manger. Bei einer Reihe vokalischer Halbreime besteht die Differenz in einem inlautenden oder auslautenden w: 45 f. nahet:gahent; 4p{. lazen: straze; Sif. wege:plegen; 204f. swester:gestern; 2iof. rocken:zocke; 258f. kereiheren; ^jSi. side:virmiden; 61 j f . gesaget:gedagent; y86{. mere:keren; i}i6{. nit:sehint. i284f. iar-.waren zeigt eine Differenz -en, ähnlich dem weiter oben schon genannten Reim 23of. gesehen:anegesehen; 318f. geschen.-gesehen. Eine Besonderheit liegt in Reimen mit einem überschüssigen -e vor, das aber beim Vortrag apokopiert werden konnte: 228f. meyne:stein; 234f. virsteinemein; 2}6{. virsteine:allein; 6S6{. lug:gnuge. i. Reicher Reim ersdieint in einigen Fällen, zum Beispiel: i02f. irlan: dir han; i i o f . inbern:vngern; zi6{. anegesprochen.-gebrochen; zyof. geschen.-anegesehen; 248f. irstandrlan; 2p6f. virlorn:virborn; 3i8f. geschen.-gesehen; $2oL gesehen.-geschehen; ^ziL irsturbedrworbe (zugleich unreiner Reim); 6i${. vorgesaget.-gedagent; 6iy{. begeret: geweret; 759f. begangen-.gevangen; yjzf. gelan.-began; ySif. gevangen: gegangen; 79of. nie bosheitde bereit; ^zif. geslagen.-gedagen; i249f. bit hude.-bit gude. ]. Rührender Reim tritt auf in: i98f. leit.-virleit; zS^i. gewert.-wert; 761 f. herzeleit.-leit. k. Identischer Reim begegnet einmal: 798f. gewesentgewesen. 1. Gebrochener Reim erscheint an einer Stelle: i},iSi. Mich dunket, der stein si abe.-geleit von dem grabe. m. Waisen finden sich nur an zwei Stellen: 1095 daz mir daz spil beginne (in der Mitte von insgesamt acht Zeilen mit gehäuftem Reim; sieh weiter unten unter n.); 1179 daz er vorwar was godes sün (in dem Bekenntnis des Centurio als Waise besonders hervorgehobene Aussage). n. Gehäufter Reim begegnet nicht selten, und zwar offensichtlidi als bewußt angewandtes und auf verschiedene Weise variiertes Kunstmittel. Sieh auch weiter unten unter o. Einige (etwas längere) Reden sind durch einen einzigen Reim (teil-
86
Einleitung
weise mit Halbreim) gebunden (wobei nur aus einem gereimten Verspaar bestehende Reden außer acht gelassen sind): 495ff. offenbar:vor war:dar; 753ff. sere:wer:vffenbere:lere; Szöff. not:got:dot:gehot (mit Längen und Kürzen im Kreuzreim); 9y}S. man:han:lan:kan:an:dan: kan (mit umarmendem Reim der ersten vier Verse: a:ä:ä:a, dazu einer Abfolge der letzten vier Reimwörter, die wie umarmender Reim wirkt); i09iff. reine .-gemeine :alleine.-gemeine .-beginne :steine:gescheine: w[ey]ne:kleine (mit einer "Waise in der Mitte, wie weiter oben schon gesagt; 1092 gemeine und 1094 gemeine sind nur lautlidi, nicht semantisch identisch). Dreireim begegnet insbesondere am Ende einer Rede: //ff. genant: erkant-.gesant; 468ff. min:sin:pin; j j i f f . dot:not:got (mit unreinem Reim); 573ff. irkant.-gesant.-heilant; 584ff. osterzit:nit:wit; 698ff. pin: din:sin (man vergleiche oben 468ff.); / / i f f . wan:gelan:began (hier folgen noch zwei Verse, die mit dem sonstigen Inhalt der Rede des Augustinus aber nichts zu tun haben); 986ff. irlost:not:drost (mit Assonanz); i053ff. wan:lan:han; io88ff. lere:vnere:swere; iii4ff. gan:han:irlan; ii86ff. dorchstechen:hrechen:rechen; iijy^. gewalt:alt:gevalt. Vierfacher Reim steht mitten in einer Rede: 3ff. schopper.-offenbere: lere.sere (mit unreinem Reim); 1233 fF. man:irstan:vnderdan:gan (mit unreinem Reim). Vierfacher Reim begegnet auch am Ende einer Rede: i3ff. Johanne.manne.-iordane.-virstan (im ganzen unreiner Reim; da mit Apokope des -e in iordane, wie weiter oben schon ausgeführt, zu rechnen ist, könnten die Verse auch wie zwei Reimpaare aufgefaßt werden); 25ff. hat:stat:hat:rat (Abfolge der Reimwörter wie beim Kreuzreim); 298ff. han:wan:man:gedan (mit unreinem Reim); io29ff. sere:kere:ere:swere; i3o6ff. man:han:man:an (Abfolge der Reimwörter wie beim Kreuzreim). Zweimal findet sich fünffacher Reim am Ende einer Rede: 661S. han:gedan:lan:vnderdan:han (mit Zentrierung der Reimwörter: a:h: c:b:a); 9sSS. sicherheit:bereit:gemeit:geleit:eit. Gehäufter Reim begegnet auch am Anfang einer Rede: 98off. begerent:ge'weret:begert:vnwert (Assonanz und grammatischer Reim). Gehäufter Reim verbindet in etlichen Fällen zwei aufeinanderfolgende Reden miteinander: io2f. irlan:dir han (Johannes zu Christus) und i04f. iohan-.man (Christus); 264f. gewert:wert (Symon der Aussätzige zu Jesus) und 266f. gewern:begert (Jesus; Assonanz); 274f. hin: gewin (Marta) und min:sunderin (Maria zu Jesus; unreiner Reim); 475f. dot:got (unreiner Reim, am Schluß einer Rede), verbun-
Reim
87
den mit 477f. not:dot (Beginn der folgenden Rede; die Anordnung der Reimwörter wirkt wie umarmender Reim: a:b:c:a)-, 87off. man: kan:han:an (unreiner Reim; vierzeilige Rede des Rufus an Pilatus), durdi unreinen Reim verbunden mit 8y4i. gedan:stan (zweizeilige Antwort des Pilatus); 91 zf. han:vnderstan (Redesdiluß), durch unreinen Reim verbunden mit 9i4f. man:kan (Beginn der folgenden Rede); 965^ pert:'wert (Ende der Worte des Pilatus an Panthias), verbunden mit 967f. gewert:begert (Beginn der Rede des Herodes, die sich dann an Jesus richtet); i i 9 7 f . himelrichdch (Longinus; unreiner Reim) und I i99f. dich.-mich (Joseph zu Pilatus). o. Wiederholung von Reimpaaren in unmittelbar aufeinanderfolgenden Versen (was gehäuftem Reim gleichkommt) verbindet verschiedene Reden verschiedener oder gleicher Personen: 2 i f . sun:dun (Maria zum Bräutigam) und 2}{. sun:dun (Maria zu Jesus); 5i4f. mir:dir (Marta zu Maria) und 5i6f. mir (Jesus).-t/jr (Maria zu Jesus); 8o8f. vorwar.-vffenhar (Rufus zu Annas) und S i e f , vorwar:vffenbar (neuer Redebeginn des Rufus). Die Wiederholung erfolgt zweimal mit Umkehrung des Reimpaares: 59f. elyas:daz (zwei Juden zu Johannes) und 6 i f . daz:elyas (Antwort des Johannes; Anordnung der Reimwörter wie beim umarmenden Reim); ebenso 995f. man:barraban (Pylatus) und 997f. barraban:man (Rufus). In mehreren Fällen wird im nachfolgenden Reimpaar nur eines der beiden Reimwörter wiederholt, was in der Anordnung der Reimwörter wie Kreuzreim oder wie umarmender Reim wirkt: 63f. vristxrist (die Abgesandten zu Johannes) und 6${. cristnst (Johannes); ii6{. steine: eine (Rufus zu Jesus) und 2 2 8 f . meyne:stein (Jesus); 234f. virsteine (Jesus zur Ehebrecherin) :nein (Antwort der Frau; wahrscheinlich mit Apokope des -e, wie weiter oben schon erläutert) und 236f. virsteine: allein (Jesus zur Frau); 342f. blint:sint (der Blindgeborene) und 244f. kint:blint (ein Jude); 4o6f. bist:ist (Annas zum Blindgeborenen) und 4 o 8 f . ist:frist (der Blindgeborene); 475f. dot:got (Jesus zu dem Knecht; unreiner Reim) und 474f. not:dot (Marta); 12^pf. Sicherheit:dreit (ein Soldat zu Caiphas) und 1261 f. Sicherheit:bereit (Antwort des Caiphas; man vergleiche weiter oben 958ff.). p. Reimbrechung in der Form, daß das Reimpaar durch verschiedene Sätze geteilt ist, begegnet beispielsweise: I 2 2 f . , 234f., 44of., 524f., 686f., 7 i 5 f . , 7 2 i f . , 786f., 79of., 792f., 822f., 854f., 878f., 99if.,
88
Einleitung
loipf.,
ii39f.,
ii95f.,
i2oif.,
i205f.,
izz^f.^^". D u r c h
gehäuften
R e i m gebundene V e r s e e r f a h r e n R e i m b r e d i u n g in denjenigen F ä l l e n , in denen die V e r s e sich auf verschiedene Sprecher und/oder R e d e n verteilen, w i e weiter oben unter n. u n d o. schon dargelegt w o r d e n ist. q. E n j a m b e m e n t
findet
hat, zum Beispiel: ySf.,
sidh häufiger, als E . W o l t e r ^ "
angegeben
S/f., io6f., i/zf., zo/f., 258f., s i / f . ,
5 9 5 f . , 6 i i f . , 6 2 o f . , 6 8 o f . , yoiL,
73jf., 9 j i f . , 993^, loiof.,
io3of., i i i ^ f . , ii49f., i23if., i233f., i25of., i324f.
210 Sieh auch E. Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 77. 211 Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 77.
jSif., i024f.,
89 VI.
EDITION
I. Bisherige Ausgaben Das Mittelrheinische Passionsspiel ist, wie weiter oben dargelegt, allein im C o d e x Sangallensis 919 in einem mit eingebundenen H e f t überliefert, das C a l l Kemli v o m Mittelrhein mitgebracht haben wird. Das Manuskript 543 der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen enthält eine Abschrift des Spiels^'', die Ildefons v o n Arx^'* um die Wende v o m 18. zum 19. Jahrhundert angefertigt hatte. Diese Abschrift ist weder überlieferungsgeschichtlich von Belang noch könnte sie auf der Ebene einer Edition gesehen werden, wiewohl Ildefons von A r x in seinem Vorbericht schon Beobachtungen mitgeteilt hat, die für alle Fragen der Datierung und Lokalisierung dieses D e n k mals im folgenden hätten wegweisend sein können. Eine erste Ausgabe veranstaltete F.J. M o n e ^ " um die Mitte des 19. Jahrhunderts (a. 1846) im Rahmen seiner mehr sammlerischen Beschäftigung mit Texten des Mittelalters. Es handelt sich um nicht mehr als um einen bloßen Abdruck des Textes, so wie er ihn nun einmal gelesen hatte, und ohne nennenswertes kritisches Beiwerk. Seine V o r schläge zur Lokalisierung waren ungenügend abgesichert und konnten späteren Überprüfungen nicht standhalten. Gleidiwohl muß anerkannt werden, daß seine Ansichten wenigstens nicht absolut fehlgingen, da er weder das Alemannische noch das Ribuarische in Betracht gezogen hatte. J. Klapper^'®, der das St. Galler Spiel von der Kindheit Jesu untersudite, teilte eine Liste v o n Irrtümern und Fehllesungen mit. Die Notwendigkeit einer neuen Ausgabe w a r spätestens damit offenkundig geworden. Eine breit angelegte Untersuchung des Spiels mit einer kritischen Ausgabe legte a. 1912 E. Wolter^" vor. Die K r i t i k b e f a ß t e sich, bei 212 C . I. I. Der C o d e x Sangallensis 919. 4. Das eingebundene Heft. 213 K . A.Baradk, Die Handschriften der Fünstlidi-Fürstenbergisdien Hofbibliothek zu Donaueschingen, S. 372. 214 J. Boke, Z D A . 32 (1888) S. 5; R. Sdiützeichel, Mediaevalia litteraria, S. 538. 21s Abgedruckt bei R. Schützeichel, Mediaevalia litteraria, S. J38f. 218 Schauspiele des Mittelalters, I, S. 4 9 - 1 3 2 ; T e x t S. 72-128. 217 Sieh insbesondere H . S t o p p , Untersuchungen, S. i i 2 f f . , außerdem weiter unten, E. Lokalisierung von H . Stopp. II. 2. d. § 37. [Ausschluß des Moselfränkischen]. 218 Das St. Galler Spiel von der Kindheit Jesu, S. 127-129. 219 Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu. 220 Sieh K . Reuschel, Zeitsdirifl für den deutschen Unterricht 27 (1913) S. 903f.; H . Rueff, A D A . 38 (1919) S. 66-70.
po
Einleitung
einigen textkritischen Einwänden, im wesentlichen mit dem Lokalisierungsversuch von E. W o l t e r w ä h r e n d der Sammelbericht von N . C. Brooks ^^^ die wichtige Ausgabe nicht einmal bemerkte. E. Wolters editorisches Vorgehen und seine textkritischen Entscheidungen erhielten nicht die ihnen eigentlich gebührende Beleuchtung. So konnte es dahin kommen, daß die im ganzen gute Ausgabe keine wirklich entsprechende Würdigung fand. Es wurde weder die im Vergleich deutlich werdende Qualität bemerkt nodi die Fehler und Schwächen vor dem Hintergrund klarer editorischer Prinzipien aufgewiesen. Im ganzen muß die Leistung des Wolterschen Werkes mehr oder weniger in Vergessenheit geraten oder doch im Bewußtsein der Fachwelt in den Hintergrund getreten sein. Jedenfalls unternahm E. Hartl^^^ a. 1 9 5 2 eine neue Ausgabe, und zwar ausdrücklich aufgrund der Handschrift, wobei er das von E.Wolter schon Erreichte kaum berücksichtigt haben kann, da er sonst vor dem einen oder andern Fehler bewahrt geblieben wäre. Möglicherweise hat er die früheren Editionen, insbesondere die von E. Wolter, nicht wirklich genau verglichen Die Kritik, soweit sie sich in Rezensionen äußerte, blieb verhalten und verstummte, womöglich wegen des frühen Todes des Herausgebers, rasch, wiewohl einiges durchaus kritisch bemerkt wurde Frühere groß angelegte Ausgaben mittelalterlicher Spiele von E. Hartl waren beispielsweise von W. Emrich^^" schärfer beleuchtet worden. Wirklich kritisch zur Hartischen Ausgabe in der Altdeutschen Textbibliothek, wenn auch knapp und lapidar, zudem an entlegener Stelle und infolgedessen weithin unbemerkt, äußerte sich hingegen W. Betz^^^ wobei er insbesondere die Lokalisierungsthese E. Hartls energisdi in Zweifel zog. Die breiteren, weiter oben im Vorwort schon einmal erwähnten Arbeiten von H . Stopp haben die Unzulänglichkeit der Hartlschen Ausgabe vollends sichtbar gemacht. 221 Dazu insbesondere H . Stopp, Untersuchungen, S. H 2 f f . , außerdem weiter unten, E. Lokalisierung von H . Stopp. I L 2. d. § 38. [Zuweisung zum Gebiet um Worms und Mainz]. 222 J E G P h . 13 (1914) S. 6 1 0 - 6 1 2 . 223 Das Benediktbeurer Passionsspiel. Das St. Galler Passionsspiel. 224 Sieh audi H . Stopp, Untersuchungen, S. 18ff. 225 J . M. Clark, The Modern Language Review 47 (1952) S. 619; W.F.Michael, G R . 28 (1953) S. i 5 7 f . ; F. Mosse, E G . 8 (1953) S. 285. 22s A D A . 60 (1941) S. 1 1 4 - 1 2 3 . 227 Schwarzbold's Philologisdie Handkartei; sieh R. Schützeichel, Mediaevalia litteraria, S. 534f. 228 Untersuchungen, S. i8ff., i i 2 f f . und öfter; sieh auch weiter unten, E.Lokalisierung von H . Stopp. I L Zeitlich-räumliche Einordnung.
Editionsprinzipien
^ I
Die Unzulänglichkeiten bestehen in der Fehlbeurteilung der Lokalisierung und der Datierung des handschriftlich Überlieferten, in einer ganzen Reihe von Fehllesungen im deutschen Text wie in den lateinischen Bühnenanweisungen und in der unsadigemäßen Behandlung der Bühnenanweisungen durch Ergänzung der angesprochenen Gesänge ohne auch nur annähernd gesicherte Grundlage, während eine solche Ergänzung in Wahrheit ohne zusätzliche Anhaltspunkte nicht möglich ist, wenn die Texte dann einigermaßen verläßlich sein sollen Das Ungenügen an der Hartischen Ausgabe und an ihren Vorläufern und die schon weiter oben im Vorwort skizzierten Entwicklungen führten zu einer neuen Edition, wie sie hier vorgelegt wird.
2. Editionsprinzipien Grundlage der Edition ist die handschriftliche Überlieferung nach dem Prinzip der auch in anderen Zusammenhängen zu beachtenden historischen Treue Die Hervorkehrung der Abweichung von bisherigen Ausgaben und die Auseinandersetzung mit anderen Entscheidungen in der Textherstellung brauchten nicht im Vordergrund zu stehen. Entscheidend w a r die Auseinandersetzung mit der handschriftlidien Überlieferung selbst, der deswegen auch sdhon in der Einleitung genügend Raum geboten werden mußte. D a nur eine einzige Überlieferung zu Gebote steht, entfielen alle Fragen, die sich sonst um ein Handsdiriftenstemma oder dergleichen gerankt hätten. Es blieb aber das auch bei singulärer Überlieferung nicht weniger wichtige Problem der Textbehandlung, auf das zuletzt noch K . Stackmann besonders hingewiesen hat, nämlich daß die kritische Auseinandersetzung mit dem Text >wieder an den Anfang und ans Ende aller Besdiäftigung mit der alten Literatur< rücke. Auch J . Quint w a r es bei seinen umfangreichen Editionen zunächst um die 229 Z u r K r i t i k an E . Hartls Ergänzungen der lateinischen Gesänge sieh G . Seewald, Die Marienklage im mittellateinischen Schrifttum und in den germanischen Literaturen des Mittelalters, S. 53, Anmerkung, insbesondere aber R . B e r g m a n n , Studien, S. zöf. 23® M a n vergleiche R . Schützeichel, Historische Treue bei historischer Wort- und N a menforschung, Festschrift f ü r K a r l Bischoff zum 70. Geburtstag, S. z i y f f . 231 Mittelalterliche Texte als A u f g a b e , Festschrift f ü r J o s t Trier zum 70. Geburtstag, S. 24off., insbesondere S. 267. Sieh f ü r das mittelalterliche Spiel W. F. M i chael, Problems in Editing Medieval Dramas, G R . 24 (1949) S. l o S f f . 232 Die Überlieferung der Deutschen Predigten Meister Eckharts, S. X V f f .
Einleitung
Herstellung des kritisdien Textes aufgrund der Überlieferung zu tun, was nichts anderes heißt, als daß er sich an die Überlieferung gebunden fühlte und zunächst einmal für die Sicherung der Lesarten Sorge zu tragen hatte. In der Konsequenz mußte dies zu einer behutsamen Behandlung des Überlieferten führen. Eingriffe waren tunlichst zu vermeiden, was nicht etwa heißen kann, daß alle Abkürzungen, Besonderheiten der Schriflzeichen, Verschreibungen und sonstigen Irrtümer in der Niederschrift, wie sie schon weiter oben^^® skizziert worden sind, Eingang in den edierten Text hätten finden müssen. Vielmehr war ein kritischer Text herzustellen, der die abgekürzten Schreibweisen überwand, darüber hinaus die Fehler und Versehen als solche erkannte und bereinigte, das historisdi Sichere aber gerade nicht antastete. Es versteht sich fast von selbst, daß bei einem solchen Unternehmen sowohl Lokalisierung und Datierung im Hinblick auf mögliche Laute und Formen und möglichen Wortschatz eine Rolle spielten als auch die mit genauer Übersetzung und intensivem Quellenstudium verbundene Interpretation Bei der Textgestaltung waren im einzelnen die folgenden Regelungen notwendig: a. Textanordnung. Die Verse stehen untereinander und sind auf diese Weise gegeneinander abgesetzt. Sie werden dementsprechend fortlaufend von I (Höre, heiige cristenheit,} bis 1347 (von dem dode irstanden ist.) gezählt. Diese Textanordnung basiert insofern auf dem Verfahren der Handschrift^®®, als dort intendiert, wenn audi nicht voll durchgehalten ist, daß jeweils zwei, in der Regel paarweise gereimte Verse in einer Zeile eingetragen sind, worin sich ein sicheres Gefühl des Absdireibers für die zugrunde liegende Verskunst ebenso zeigt wie das Bestreben, den auf den Blättern zur Verfügung stehenden Raum auszunutzen. Die Seitenzahlen der Handschrift stehen jeweils rechts neben der ersten Eintragung der betreffenden handschriftlichen Seite, sei es neben dem Eingangsgebet, einer Bühnenanweisung oder einem Vers des deutschen Textes. Die Szenen sind gemäß den von R. Bergmann weiter unten im Rahmen der Interpretation (F) getroffenen Feststellungen nach römischen 233 C. III. Sdirift. 2. Indizien für eine Abschrift. IV. Abbreviaturen. 234 Sieh weiter oben, Vorwort; weiter unten, E. Lokalisierung von H . Stopp, F. Interpretation von R. Bergmann. 235 Sieh dazu weiter oben, C. II. Textanordnung, i. Anordnung der Verse.
Editionsprinzipien
^ j
Ziffern gezählt, die jeweils zu Szenenbeginn rechts in eckigen Klammern stehen. Das Eingangsgebet (assit principio sancta maria meo) und die Schlußzeile (et sie finiatur ludus prenotatus) sind in Versalien gesetzt und damit von den ebenfalls lateinischen Bühnenanweisungen abgehoben. Die Bühnenanweisungen sind an jeweils entsprechender Stelle zwischen die Verse eingeschoben und auch durch die Kursive vom deutschen Text des Spiels unterschieden. Die Zählung der Bühnenanweisungen erfolgt zeilenweise nach gedachten Kleinbuchstaben (a, b und so weiter), und zwar nach der Zeilenaufteilung in dieser Ausgabe, bezogen auf die Zahl des jeweils vorangehenden deutschen Verses (zum Beispiel Oa, Ob; 36a; 1262a, b, c, d, e, f). Die Handschrift hat demgegenüber manchmal nur eine ungefähre Plazierung der Bühnenanweisungen und schon gar keine übersichtliche Anordnung Durch die Anordnung der Verse und Bühnenanweisungen wird Übersichtlichkeit des Ganzen erzielt, wobei die Versangaben im Kolumnentitel die Orientierung noch zusätzlich erleichtern. Damit entfernt sich die Edition sehr stark von dem Bild, das die Handschrift bietet, was nur natürlich ist, aber auch von dem Gesamtcharakter des Überlieferungsbefundes, da dieser gerade nicht den Eindrudt erweckt, als ob die Niederschrifl als unmittelbares Textbuch für eine Aufführung gedadht gewesen sei^'^. Dessen wird man sich wohl bewußt bleiben müssen. b. Interpunktion. Zur Erhöhung der Lesbarkeit wird die Interpunktion im deutschen Text nach modernem Gebrauch geregelt, was insbesondere f ü r die Kommasetzung gilt. Unzweifelhafte Hauptsätze werden durch einfachen Punkt oder durch Fragezeidhen abgegrenzt. Dabei wird zugleich das grammatische Prinzip der Schreibung insoweit angewandt, als der Satzbeginn durch Großbuchstaben markiert wird, und zwar auch gegen die Handschrift^'®. Ausrufungszeichen, Strichpunkt und Doppelpunkt werden im deutschen Text weithin vermieden, um die Eingriffe durch interpretierende Interpunktion so gering wie möglich zu halten. In den lateinischen Bühnenanweisungen wird so gut wie keine Interpunktion durchgeführt. Hauptsätze beginnen auch gegen die Hand236 Sieh weiter oben, C. II. 2. Eintragung der Bühnenanweisungen. 237 Sieh weiter oben, C. III. 2. Indizien für eine Abschrift. 238 Sieh weiter oben, C. II. 3. Markierung der Redeeinsätze.
Einleitung
Schrift mit Großbuchstaben. Direkte Rede ist in einfache Häkchen gesetzt (zum Beispiel 1230b >Ecce quomodo mor[i]tur iustusSilete
Dimissa sunU et dicat:
295
Alle dine sunde sin dir virgeben. Bezzer vorbaz din leben. Wan dine minne ist also groz, daz ich noch nie vant din genoz.
Tunc surgat maria [et] fundat unguentum super caput eius Tunc iudeus dicat:
300
War vmme ist dise salbe virlorn? Ez wer bezer, ez were virborn. Man moehte sie virkaufet han vme druhundert pennige sunder wan. Do bide man mangem arm man mohte vil wole han gedan. Tunc respondet lesus:
305
Ir hant armer lüde vil beide nü vnd alle zil. Den dunt ir gut, wan ir wollent. Vil schiere ir mich vir Uesen sollent.
281 barmherzekeit] -keit über -ze-, mit Schleife heruntergeholt. 294 dine] über n Nasalstrich getilgt. 299 sunder wan] wan unter sunder, mit Schleife heraufgeholt.
304 wollent] w- über durdigestrichenem s. 305 virliesen sollent] sollent unter -liesen, mit Schleife heraufgeholt.
Mittelrheinisches Passionsspiel 306-327
112
Et cantet >Mittet hec mulier< vel >Amen dicoFides et enim< et cetera: Wuzent, daz des wibes glaube groz hat sie gemäht von sunden bloz. Maria, du sah han auch minen sein. Vnd gang in din hus wider hein. Respondet 310
201
maria:
Der vnvirscheiden driueldekeit si vmer gnade vnd ere geseit. Dicat
symon:
Meister, gnade sagen ich dir, daz du gezen hast bit mir. Respondet 315
lesus:
Symon, danken ich dir sol, daz du mirs hast geboden wol. >Silete< Augustinus:
320
Swigent mit zuhten an dirre stunt, so wollen wir vdi machen kunt ein zeichen, daz selten ist gesehen, lesus machet einen blinden gesehen, der selbe blinde geborn wart. D a z geschach von gotlicher art. Tunc incipiat cecus [et]
325
[XII]
dicat:
Wer wil sich hude irbarmen vber einen blinden armen, der nie gesach den lihten dag? D o von ich wol sprechen mag. Blint man arm ist vorwar, beide stille vnd offenbar.
309a Respondet marid] etwas höher auf dem Innenrand über einem Klecks. 3 1 1 a symon] -y- oder -i-, verwischt.
3 1 3 hit mir] mir unter -t, mit Schleife heraufgeholt.
Mittelrheinisches Passionsspiel 3 2 8 - 3 4 9
Tunc petrus ad Christum >Rabbi, quis
330
113
peccavitc
Meister, wie ist diz geschehen, daz dirre man nit sal gesehen? Weder ist sin vatter sdiuldig dar an, oder hat er selbe missedan? Respondet lesus >Neque hicc
335
Wuzent, daz des vatter dat an ime keine schulde hat. So hat er audi nit gedan, dar vmme er solle zu buze stan. Ez geschach dar vmme sunder, daz got an ime schüfe wunder.
Tunc lesus ex[s]puens in terram et luto facto et posito super oculos eius dicens: N u ganc inweg zu dirre stunt. Wasche daz abe, vnd wis gesunt. Qui lavans se dicat: 340
Groz wunder ist mir geschehen. Wan ich bin worden gesehen, swie ich worde geborn blint, als ir wole wüzende sint.
Tunc dicat unus iudeus ad ludeos 345
circumstantes:
Wenent ir, ob dirre si daz kint, daz do wart geborn blint, ader ist er einem ander man? D o zu sprechent vwern wan. Respondet phariseus salman: Ich gehen dir die warheit, ez ist der selbe, vf minen eyt.
329 gesehen] -hen über -je-,mit Schleife heruntergeholt. 3 3 1 a >Neque hicIlle homo qui lesus dicitur< et dicat:
360
Der mensche, der lesus ist genant, der leite mir bit siner hant die speicholter vf die äugen min. Do von wart mir gnade schin, daz ich gesehen den claren dag, der mir vor gar virborgen lag.
herum salman phariseus apprehendens eum et dicat: Du rehter drugener, wol dan, du müst vor vnsern meister gan. Quo cum perduxerit eum, dicat: 365
Dirre man hat vns viriehen, lesus habe in [ge]machet gesehen, vnd er doch were geborn blint. Die rede wunderliche sint. Tunc surgat cayp[h]as dicens ad eum: Were du blint vnd bist worden gesehen, sage, wie ist dir geschehen?
349a Alter Meier] alter auf dem Rand, abgesetzt von Meier in der Zeile. 3 5 1 «c^erKcfc] -c^ unter-/i-, mit Schleife heraufgeholt. 358 speicholter] -i- über der Zeile nach-
getragen. 363 meister gan] gan unter meister, Schleife heraufgeholt. 369 geschehen] -hen unter -he-, Schleife heraufgeholt.
mit mit
Mittelrheinisches Passionsspiel 370-3 87
11 j
Respondens cecus cantet >Ille homo< ut supra et dicat >Der mensche< ut prius herum cayphas 370
Der mensche ist nit von gode, der wider godes gebode dir nach diner sage half an eime vierdage. Respondet
375
dicat:
alter meier
iudeus:
So zwiueln ich dar an sunder, dut ein sunder solich wunder. Tunc annas ad cecum dicat: "Waz wilt du abir von deme iehen, der dich gemathe sehen? Respondens
cecus:
202
E r ist ein prophete vor war. D a r vor han ich in offenbar. herum annas ad servum suum: 380
Ich gleuben der rede nit, die dirre von ime selber gith. R u f e sime vatter her zu stunt. Der dut vns die warheit kont. Servus
385
clamet:
Samuel, kom her zu hant. Vnser herre hat nach dir gesant, daz du im selber salt viriehen, wie din sun si worden gesehen. Quo veniente dicat
369b ut prius] prius unter ut, mit Schleife heraufgeholt. 372 dir] der dir. 375a Tunc annas ad cecum dicat] auf dem Innenrand; unter cecum und über dicat ein nicht mehr lesbares Wort durchgestrichen.
cayphas:
381 git/i] -h felhaft. 383 warheit Schleife 385 dir] -igen.
verwischt, aber nicht zweikont] kont unter -heit, mit heraufgeholt. über der Zeile nachgetra-
116
Mittelrheinisdies Passionsspiel 3 8 8 - 4 1 1
390
Sage vns vor war, ist dirre din kint, von dem du sprichest, er worde blint, wie abir ime si geschehen, daz er worden ist gesehen. Respondens Samuel:
395
Ich weiz wol, er ist min kint. Daz wart geborn also blint. Wie abir ime si geschehen, daz er worden ist gesehen, der vrage er selbe antworten sol. Wan er hat daz alter wol. herum
400
augustinus:
Wuszent, daz dorch anders nit dirre man zwiuelidie gith, wanne dorch der grozen vohte not, die ime der iuden drauwen gebot. Er hede sie ez wol bescheiden baz, wan daz sie Christo drugen haz. herum annas dicat ad cecum:
405
Gib gode lob vnd ere hude vnd vmer mere, daz du gesehen worden bist. Wir wüzen, daz lesus ein sunder ist. Respondet
410
cecus:
Ich inweiz, ob lesus ein sunder ist. Einez weiz ich wol in dirre frist, daz ich bit vohten virswigen sol. Idi was e blint vnd gesehen nu wol. herum
391 gesehen] danach der vrage er selber entWorten sol wan er hat da2 alter wol (entspricht 396, 397), durchgestrichen. 401 gebot] -bot unter ge-, mit Schleife heraufgeholt. 403 a herum annas dicat ad cecum] zwei Zeilen zu hoch auf dem linken
annas: Rand, durch Strich heruntergeholt. 404 loh"] danach -e in einem Klecks, wohl getilgt. 407 sunder ist] ist über sunder, mit Schleife heruntergeholt. 4 1 1 nu wol] wol unter nu, mit Schleife heraufgeholt,
Mittelrheinisches Passionsspiel 4 1 2 - 4 3 7
117
N u sage vns, daz ist vnser gir, wie er habe gedan dir. Respondet
41 j
Ich han vch ez gesaget e. War nach vraget ir mich me? Wollent ir it v f der erden sine iungern werden? Respondet
420
cecus:
annas:
Sprich, du sist sin vnderdan. So wollen wir moyses lere han, bit dem got selbe geredet hat. So enwussen wir nit, wannen dirre ga[t].
Respondens cecus cantet >A seculo non esU et cetera et dicat:
425
430
D a z ist ein wunder vffenbare, daz ir nit wuzen konnent vor war, wanne er si bekommen, der mir hat abe genomme[n] mine anegeborne blintheit. Ich weiz auch w o l bit warheit, daz got nit höret die sunder. So sint auch daz gar vromde mer, daz ein blinde wart gesehen. D a z wunder ist nit me gesdbehen. Die craft er muz von gode han, mit der er hat daz wunder gedan. Respondet
43 j
annas:
Pudi, du must sin virlorn. W a n du bist in godes zorn v n d wilt vns doch alle leren. Des müst du von vns keren.
421 nit, wannen dirre za[t]'\ dirre ga unter nit wannen, m i t S d i l e i f e heraufgeholt. 425 genomme[n]] genommem. 426 anegeborne] -eh- über der Z e i l e
nachgetragen. 431 geschehen] -hen unter -sehe-, Schleife h e r a u f g e h o l t . 435 godes] g - a u s verbessert.
mit
11 8
Mittelrheinisches Passionsspiel 438-463
Vnd wis von vns geschalten, wilt du din leben behalten. Q«o recedente dicat lesus: 440
Du sah gleuben an godes sun. Respondet cecus: Wer ist er, herre? Daz wil ich dün. herum lesus: Daz bin ich, des gleube mir. Wan er kallet selbe zu dir.
Tunc cecus procidens ad pedes lesu dicat: 445
Herre, ich gleuben willecliche, daz du bist von himelriche, vnser herre, godes kint, dem alle engel dinstber sint. Du mohtes anders nit han so groz wunder an mir gedan. herum augustinus:
450
455
[XIII]
Wollent ir nü gestillen, so wolten wir doch bit willen sagen vnd kunt dün, wie lesus, der megde sun, lazarum, den guden man, det von dem dode vf stan, der stankes in dem grabe plag, wan er vier dage dinne lac. Do mide irwarb er vorbaz vf sich der vbeln iuden haz. Lazarus dicat ad Mariam:
460
Höre, maria, dorch dine zoth. Ich wene wol, ich habe die suht, von der ich liden groze not. Ich vohte, ez si der grimme dot.
441 ich dun\ dun unter ich, mit Schleife heraufgeholt. 442 Daz] lesus daz.
203
449 groz] Punkt über gr-, o. Bedeutung, 461 habe die suht] suht unter -he die, mit Schleife heraufgeholt.
Mittelrheinisdies Passionsspiel 464-486
465
11^
Idodi wer ich gar wol gesunt, wer lesus hie zu dirre stunt. Tunc marta dicat ad servum:
470
Gemelin, vil lieber kneth, du min gebot, so dust du reth. Sage lesu, dem meister min, daz lazarus, der vront sin, von suhten lide groze pin. Respondens
servus:
Viel liebe frauwe, so mir got, vil gerne ich leisten vwer gebot. Tunc servus veniat ad lesum dicens: Maria vnd martha dunt dir kunt, daz lazarus si vngesunt. Respondens lesus dicat: 475
Der sichedage bringet nit den dot. Doch wirt do von gelobet got. Tunc lazarus fingat se mortuum Dicat marta:
480
V w e der iemerlichen not. Mir ist min lieber bruder dot. Daz clagen ich hude vnd vmer me. Owe, mir dut sin dot gar we. We mir, ich bin ein armez wip. Er was mir lieber dan min lip. Item Maria:
485
Owe, vil lieber bruder min, sal ich vorbaz eine sin, daz dut mir hude vnd vmer we. Mir gesdiadi nie so leide me.
467 du reth] dureth. 476 gelobet got] got unter -lobet, Schleife heraufgeholt.
mit
486 leide me] me unter Schleife heraufgeholt.
leide,
mit
120
Mittelrheinisdies Passionsspiel 4 8 7 - 5 0 9
Tunc lesus ad discipulos cantet >Lazams, amicus nosterc
490
Ich sagen vdi an dirre vrist, daz lazarus dot ist. N u wol of, gen wir dohin mit ein ander vnd wecken in. [Dicat
discipulus]:
Die wisen arzede alle lesen, daz der siehe si genesen, so er slafen möge wol. Nieman den sieben wecken sol. Respondet 495
lesus:
Ir sollent wüszen offenbar, lazarus ist dot vor war. N u wol of, vnd gen wir dar.
Quo veniente marta cantet >Domine, si fuisses hic
Domine, si hic fuisses< ut supra lesus turbatus dicat: Wo ist er begraben? Daz sagent mir. Respondet maria: Herre, kom dan, wir zeugens dir. Tunc dicat malchus:
520
Horent, ir iuden alle, wie vch min rat gevalle. Der einen blinden machet gesehen, wie mohte dem daz leit ie geschehen, daz sin lieber front irsturbe, die wil ez ime so groz leit irworbe? Tunc dicat lesus: Grifent an, hebent vf den stein zu stunt. Respondet
525
[marta]:
Nein, herre, er stinket als ein hunt. Wan ez ist hude der virde dag, daz er in dem grabe lag. Respondet lesus:
513a [marta] ria vadat
vadat ad [mariam]'\
5 1 5 rufet dir] dir über Schleife heruntergeholt.
515a [maria]]
ma-
517 zeugens dir] dir unter zeugens, mit
mit
5 1 8 w t f e « ] z - a u s a verbessert. 5 2 4 a [marta]] maria.
at martam.
marta.
Schleife heraufgeholt. rufet,
122
Mittelrheinisdies Passionsspiel 528-549
Gleubest du der rede min, godes gnade wirt dir wole sdiin. Tollatur lapis Deinde dicat lesus: 530
Ich sagen dir, vatter, gnaden vil, daz du mich hörest alle zil. Daz rede ich, daz nü werde irkant, daz du mich selbe hast gesant.
Deinde cantet lesus >Lazare, veni foras< et dicat: 535
Vil lieber vront min, lazare, stant v f , vnd labe also e.
204
Tunc surgat lazarus Post hoc dicat lesus: Grifent in an bit handen. Losent in von sinen banden. Tunc apostoli absolvant eum avertentes facies suas propter fetorem Deinde currat malchus ad ludeos dicens:
540
545
Horent, ir herren, wunder groz. Lazarus was vnser genoz. Den sach ich sicherlichen dot. Der selbe, als ime lesus gebot, erstunt an dem Vierden dage. Bit warheit ich daz sage. Daz bringet die werlet gar in den sin, daz sie gleubent alle an in. Die rede bedrahten in korzer frist. Sie gleubent alle, daz er si crist. herum >Silete< Augustinus:
[XIV]
Nü horent, vrauwen vnd man, ez wil nu an den ernest gan. 544 den sin] sin unter den, mit Schleife heraufgeholt.
546 bedrahten]
-d- aus -t- verbessert,
Mittelrheinisches Passionsspiel 5 50-5 70
550
123
Die luden gent zu rade, wie sie nü vil gedrade lesum geben in den dot. Ein cristenmensdie bedrahte die not, die durich vns hat geliden got. Et cantet angelus >Colligerunt
Quid facimus< et cetera: 555
560
Radent, ir Herren, wie sollen wir dün? Ir sehent wol, marien sün dut groze zeichen also vil. Beiden wir it langer zil, daz volg gleubet an in gar. Werdent die romer daz gewar, sie virdribent vns von dem land. Do von werden wir gesant.
Respondens cayphas cantet >Expedit nohis< [et] dicat:
565
Ir herren, horent minen rat, daz beide nüz vnd warheit hat. Ez ist weger, einer sterbe, dan alle die werlet virderbe. Respondet malchus: Herre bischof, ir hant wisen mut. Der rat danket mich vil gut. Post hoc ascendat [lesus] asinum
[XV]
Q«o veniente occurrant pueri cum palmis cantando >Osanna, benedictus< et prosternant vestimenta sua Item >Gloria, laus< et cetera et dicant: 570
lesus, du wunderere, wir sagen dir lob vnd ere.
553 die not\ not über die, mit Schleife heruntergeholt. 554 durich] -i- über der Zeile nachgetragen. 555 wir dun] dun unter wir, mit Schleife heraufgeholt. 561 land] danach -e in einem Klecks, wohl getilgt.
562 werden wir %esant\ werden werden wir gesant = geschant, vielleicht verschrieben. 568 vil gKt] gut unter vil, mit Schleife heraufgeholt. 570 dir lob vnd ere] vnd ere unter dir loh, mit Schleife heraufgeholt,
124
Mittelrheinisdies Passionsspiel 5 7 1 - 5 9 4
575
Du maht der luden kunig sin wol, der Israel irlosen sol. Vns ist die warheit wol irkant, daz dich got selbe hat her gesant. Du bist der werlete heilant. Respondet
petrus:
Meister, sage vns, wo wilt du, daz wir dir bereiden nü daz osterlamp nach der iuden side? Die gewanheit were [nit] gut virmiden. Respondet 580
585
lesus:
Ir sollent min gebot nit lan. Ir sollent zu ierusalem nü gan. D o vindent ir einen ein crugelin dragen bit wazzer. Dem sollent ir sagen, der meister wil dise osterzit bi dir sin ane nit. So wiset er vch einen reuender wit. Post hoc petrus vadat
Euntibus occurrat hämo cum amphora cui petrus:
590
Der meister hat dir heizen sagen, daz er wolle in disen dagen daz osterlamb bi dir zeren. Des Salt du nit weren. Ovge vns ein hus, daz wir sin beiden vnd do wir ime die spise bereiden. Respondet
vir:
Ir herren, die rede ist mir nit leit. Ich wil ez vmer sin gemeit. ge5ant\ -sunt unter ge-, mit Schleife heraufgeholt. 579 virmideri] -miden unter vir-, mit Schleife heraufgeholt. 583 dem sollent ir sagen] ir sagen unter dem sollent, mit Schleife heraufgeholt. 574
586b cui\ c- aus q- verbessert. 5 9 2 die spise bereiden] bereiden über die spise, mit Schleife heruntergeholt. 594 gemeit] -eit unter gern-, mit Schleife heraufgeholt,
Mittelrheinisdies Passionsspiel 595-620
595
125
Dan ich wil vch schauwen lan ein hus, do er gemach sal han. Et ducens eos ad locum
dicat:
Hie sdiafFent vwern willen wol. Dar zu ich vch helfen sal. Tunc Ulis parantibus mensam Jesus veniat cum aliis discipulis et sedeant Iterum
>Sil[e]te
Mandatum novum< et dicat: 645
Ich wil vch geben ein nuwe gebot, daz ir nit bredient dorch keine not. Ir sollent ein ander lieb han, rehte als ich vch han gedan.
Tunc precingens se linteo et apprehensa pelvi cum aqua lavet pedes singulorum et cum pervenerit ad petrum cantet petrus >Non lavabis< et dicat: 650
Herre, meister, ez sal nit sin, daz du waschest die vüze min.
Respondens
lesus cantet >Si non lavero et dicat:
t[e]
Domine, non tantum pedes< et dicat: Herre, die rede sal nit sin. Wasche nit alleine die vüze min. Wasche mir daz heubet vnd auch die hant, e ich so dure worde gepant. Post locionem
642 pennige geben'] nadi durchgestrichen; geben genden Zeile. 644a recedat] recedant.
pennige ge in der f o l -
resedeant 648a linteo et apprehensa] et über der Zeile nachgetragen, 650a t[e]] tibi. 656 min] i aus n verbessert.
128
Mittelrheinisches Passionsspiel 6 5 9-6 8 3
[lesus] cantet >Scitis, quid
660
665
fecerimc
Ir sprechent meister vnd herre zu mir. Dar an nit vbel redet ir. Sit ich v w e r vüze gewaschen han, daz han ich dar vme gedan, daz ir nit vorbaz sollent lan, ir wesent inander vnderdan. D i z zeichen sollent ir von mir han.
206
Postea cantet lesus >Scnptum est enimc
670
Ir werdent alle dirre nath von mir flihende bit math. Wan ir hant gehöret w o l sagen, so der hirte wirt geslagen, so werdent die schefelin viriaget. Doch si vch vor gesaget, ich zu galylea vor vch gen, so ich von dem dode ersten. Respondet
675
petrus:
Solt ich den dot dar vmme liden, meister, so wil ich virmiden, daz ich din virleukene nit, w a z mir dar vmme geschit. Respondet lesus petro:
680
Peter, du sah sicher sin, daz du dristunt virleukenst min, e der hane zu mitternath hat gecrewet, als sin gewanheit stat. herum
lesus:
Wer vnder vch nit habe ein swert, der sal virkaufen balde sin wert. 658b cantet >Scitis, quid fecerimTristis est< et dicat:
695
Ir dri, ich clagen vch mine not. Mine sele ist drurig biz an den dot. Nu sollent ir beden vnd wachen, wollent ir dem diuel widersachen.
herum lesus cantet >Pater, si possibile est, transeatf et dicat:
700
Herre, vatter vnd got, ist ez nit wider din gebot, so vberhebe mich dirre pin. Yedoch irge der wille din. Des wil ich gehorsam sin.
Tunc veniat ad discipulos et inveniat eos dormientes Cantet >Una hora< et dicat: Mohtent ir nit wachen eine stunt 693 den dotl dot unter den, mit Schleife heraufgeholt.
700a dormientes] s verbessert.
langes -s aus rundem
1^0
Mittelrheinisdies Passionsspiel 702-719
705
bit mir? N u spradi doch vwer munt, ir wollent liden dordi mich not, ob ez wer der grimme dot. N u slafent ir vil suze. So hat ludas vnmüze, wie er mich gebe der ludesheit. N u slafent. Mir nahet min arbeit.
Deinde vadat ad priorem locum orans >Et pater< et cetera et dicat ut prius >Herre, vatter< et cetera Tunc ludas ad choortem sibi traditam cantet >Quem osculatus fuero< et cetera et dicat: 710
N u horent mich, ir stolzen knaben, den [ich] küssen, den sullent ir haben. Vnd vürent in sicherliche, daz er vch it intwiche.
Et ludas veniat ad Christum >Ave, ave,
rabhic
Meister vnd herre, got gruze dich. But mir dinen munt, vnd küsse mich. Q«o osculato dicat lesus ad 715
ludeos:
Wen sudient ir luden zu dirre stunt? Respondeant
ludei:
Wir sudien lesum, daz si dir kunt. Respondens
lesus:
Suchent ir lesum, daz bin ich. Ir hant in vunden sicherlich.
207
Tunc omnes cadent in terram Tunc ludeus rufus surgat dicens: Sehent, wie ist vns geschehen. 702 Nu sprach doch vwer munt] doch vwer munt über nu sprach, mit Schleife heruntergeholt. 707 wie er] wie aus wieer verbessert. 708c ludas] -s über a.
710 sullent ir haben] haben unter sullent ir, mit Schleife heraufgeholt. 7 1 7 Suchent ir lesum] auf dem oberen Rand der Seite 207 wiederholt. 718b surgat] g aus u verbessert.
Mittelrheinisdies Passionsspiel 720-740
720
131
I d i m u z b i t g a n z e r w a r h e l d e iehen, w i r V a l i e n , als w i r d r u n k e n sin. W o l o f . E z ist schände, d a z w i r hie lin.
Iterum lesus ad eos >Wen suchent ir< ut supra Respondeant ut prius lesus:
725
Ich sagen vch rehte als e, ir dorfent midi nit suchen me. "Wollent ir midi gevangen han, so lazent mine iungern gan.
Tunc apprehendant lesum et petrus cum gladio abscindat aurem [malcho] qui clamet lamentabiliter:
730
Owe, shanden vnd sdiaden, bit den bin idi wol beladen. Idi han hie virlorn min ore. Dar vmme heizet man midi ein dore. Der groze spot dut mir vil we. Dodi müwet midi der sdiade me. lesus ad petrum dicat:
735
Peter, du din swert wider in. Wan du salt des sidier sin, wer radie wil erwerben bit swerten, der wil virderben. lesus ad ludeos: Furent mir her den wunden man. Sin ore seczen idi ime wider an. Et ducant eum ad lesum Qui lesu:
740
Meister, idi biden didi, daz du wolles heilen midi.
726 lungern gan] gan über iungern, mit Schleife heruntergeholt. 736 bit] h- aus Ansatz von m- verbes-
j^i
sert. wider an] an unter Schleife heraufgeholt.
wider,
mit
1^2
Mittelrheinisches Passionsspiel 7 4 1 - 7 5 9
Jesus respondet dicens: Din ore seczen idi dir wider an, als ich wol meisterliche kan. ludeus dicat socio suo:
745
Geselle, lieber vront, nim war, wie ez vmme min or var. Zuch hin, merke, ob ez vaste ste. Wan ez dut mir altzu we. Socius trahat aurem dicens: Din ore stet dir vast sicherlich, geselle, also dunket mich. herum ludeus ad lesum:
750
lesus ist ein vil guder man. Er kan wol seczen oren an. Als lebe ich, des bin ich gemeit, ich gedun ime nummer kein leit. Tunc discipuli fugiunt
Et lesus cantet >Tamquam ad latronemc
755
Ir komment zu mir gewapent sere, rehte als ich ein morder wer. Doch brediget ich vdi vffenbere in dem tempel mange lere. Respondet rufus ludeus: Du müst vor vnsern meister gan, wie vil du gudes habes gedan. Et ducant eum ad annam herum >Silete< Augustinus:
[XVIII]
Wir han hie vor begangen, 747 sicherlich] -d> unter -eher-, mit Schleife heraufgeholt. 758 habes gedari] gedan über habes.
mit Schleife heruntergeholt. 758b Iterurn] I- aus i- verbessert.
Mittelrheinisdies Passionsspiel 7 6 0 - 7 8 7
760
765
770
775
wie lesus worde gevangen. Nu merkent, wie groz herzeleit maria, die reine maget, leit, do sie irn lieben sun die luden sach vbel dun. Do nach get sancte peters not, wie er virswure bit eiden got. Lant vch gen zu herzen vnsers herren smerzen, den er bit willen geliden hat vor vnser aller missedat. Wuzent auch vor die warheit sunder wan, die ewangelisten haben gelan. Der wollen wir ein deil began. Wer vns virirret die mere, der müze haben swere.
j j j
208
Cappellanus dicat >Amen< Petrus lesum a longe [sequatur] Johannis ad mariam dicat:
780
785
Maria, mutter reine, ich kom nu alleine vnd sagen dir vbel mere, die vns sint alzü swere. Die luden hant den meister min, lesum, den lieben sun din, gebunden vnd gevangen. Ich inweiz, war sie sint gegangen, wan ich vil kume dannen indran, do in die vende griffen an. Tunc maria plangens: Owe der iemerlichen mere. Nu inweiz ich, war keren.
770 vor vnser aller missedat] aller missedat unter der letzten Zeile, am Anfang einer zusätzlichen, weiter nidit ausgefüllten Zeile. 7 7 1 auch] auch auch; erstes auch ver-
waschen, letzter Buchstabe kaum noch lesbar. 773 began] -gan unter be-, mit Schleife heraufgeholt. 777 ich kom] ich links über kom.
I
Mittelrheinisches Passionsspiel 788-810
790
795
do ich gesehe minen lieben sun. Owe, waz wollent sie ime dün? Nu gedet er doch nie bosheit. Er was in allen ie bereit, wie er ire sieben mehte gesunt. Ir vrauwen, gent bit mir zu stunt, daz ich sehe, wie ez ime erge. "Wan mir gescah nie so leide me. Etsequantur Annas querat a Christo:
[XIX]
lesus, du wundere [re], sage vns von diner lere. Respondet lesus:
800
Mine lere ist offenbar gewesen. Vrage, di do sint gewesen. Die dunt dir wol die rede kunt, daz ich sie lerte alle stunt. Tunc rufus dat ei alapam dicens: Daz du nummer werdes vro. Wie entwortes du eime vorsten so? Annas dicat ad ludeos:
805
Weiz vwer keiner [ein] missedat, die dirre man begangen hat? Die sal er vns hie sagen, daz wir sie von ime clagen. Respondet rufus: Ich wil bezügen hie vorwar, daz er geredet hat vfFenbar.
Et cantet >Solvite templum hoc< et dicat: 810
Ich wil bezügen hie vorwar,
789 ime dun] dun übet ime, mit Schleife heruntergeholt. 792 er ire sieben] ire über der Zeile nachgetragen.
795 gescah] a über der Zeile nachgetragen. 799 gewesen] -wesen über ge-, mit Schleife heruntergeholt.
Mittelrheinisches Passionsspiel 8 1 1 - 8 j 3
j j j
daz er geredet hat vffenbar, daz man den tempel breche nider. So wolt er in machen wider in drin dagen ganz als e. Noch danne sprach er rede me. E r sprach, er were godes sün. N u wartent, waz wollent ir herzu dun?
815
Tunc annas ad lesum:
820
Ich fragen dich vf dinen eyt, sage mir die rehte warheit. Bist du des waren godes kint, dem himel vnd erde vnderdan sint? Respondet
825
lesus:
lo, als du nü hast viriehen. Dar vmme sollent ir gesehen des menschen kint bit grozer gewalt rehten vber iung vnd alt.
Tunc annas scindens vestimenta sua dicat: Waz düt vns nü gezuge not. Wan dirre mensche schiltet got. D a r vmme er liden sal den dot, als vns moyses e gebot. Tunc ludei conspuant in faciem eius Dicat ancilla 830
petro:
Du math wol lesu iunger sin. D a z nemen ich vf die druwe min. Respondet
petrus:
209
Du dust mir vnreht. Wan ich wart noch nie sin kneth. herum ancilla dicat ad petrum ut prius 819 warheit] -t unter -ei-, mit Sdileife heraufgeholt. 824 grozer gewalt} -t über -l-, gewalunter grozer, mit Schleife heraufgeholt.
827 schiltet gof] got unter schiltet, mit Schleife heraufgeholt. 831 druwe min] min unter druwe. 832 du dust] -vor dust senkrechter Strich, Versdireibung.
Mktelrheinisdies Passionsspiel 8 3 4 - 8 J 4
Respondet ut prius Tunc ruf US percuciens faciem Christi 835
Bist du ein wise prophete, so rat, wer dir [daz dede]. Din dorheit dich nü melde. Dine wisheit ist zu velde. Tunc dicat servus pontificis
840
petro:
Du bist ir einer sicherlich. Bi diner sprach irkennen ich dich. Du bist von gaHles art. Ich sach dich, do er gevangen wart. Respondet
845
dicat:
petrus:
Her naher io, waz zihent ir mich? Ich gesach in nie sicherlich. Wollent ir des nemen minen eyt, darzü bin ich algereit.
Tunc cantet gallus et dominus respicet petrum qui egressus fleat amare Tunc cayphas dicat:
850
Wollent ir bit mir dar nach streben, wie wir ime nemen sin leben, so vürent in vil gedrade zu dem rehter pylate vnd dunt ime vwer clage kunt. So reht er vdi zu stunt.
Deinde ducant lesum ad pylatum anna et chaypha remanentibus donec ludas supendatur Veniat ergo ludas ad eos dicens >Peccavi tradens sanguinem iustumc
[XX]
Ich han gesundet ane wan, daz ich lesum virraden han. Vnschuldig ist sin blut. 835 [daz dede]] dedede, 841 wart] -t über r.
-e verkleckst.
845b amare] tragen.
r über der Zeile nadige-
Mittelrheinisdies Passionsspiel 855-877
137
Hic proiciat pecuniam: 855
Nu sent, nement wider vwer gut. Wan ich wil hinegahen und wil midi selber hahen. Respondet annas:
860
Dine rede get vns nit an. Hast du vbel oder wol gedan, daz wirst du hie nach wol gewar. Wik dü an die wit, so var. Et suspendatur herum augustinus:
865
Bi luda si vdi kunt gedan, wie ir sollent ruwen han. Kein sunder dar an virzwiueln sal, got ist grozer gnaden vol. Hede er sich nit irhangen, godes gnade hede in inphangen. Merket bit zuhten nü dorch got, ez get erst an die rehte not. Tunc rufus dicat ad pylatum:
870
[XXI]
Pylate, wir bringen einen man, der wol bit zaubernisse kan. Dar vmme, wilt du gerehte han, so du ime den dot an. Tunc dicat pylatus:
875
Waz hat er vbels gedan, daz er sal zu buze stan? Respondens rufus dicat: Sin vbel werg, sin vbel gedang vns dar zu getwungen hant,
860 wirst] r über der Zeile nachgetragen. 864 virzwiueln] -w- aus Ansatz von e verbessert. 867 inphangen] a mit Nasalstridi für
-an- etwas höhergestellt. 869 rehte not] not unter rehte, Schleife heraufgeholt. 873 ime] i- aus q verbessert.
mit
Mittelrheinisches Passionsspiel 878-901
daz wir in haben herbrath. Wir hedens anders nit gedath. Respondet 880
pylatus:
Ir sollent midi baz virnemen lan, war an er habe missedan. Respondet
885
rufus:
Er hat virboden vberal, daz nieman dem keyser sal vorbaz sine sture geben. Dar vmme hat er virwirket sin leben. Er nimmet sich auch des riches an. Den keiser also smehen kan.
Tunc pylatus apprehendens eum ducat ad pretorium et duo angeli cantent responsorium >Ingressus pylatus< usque >tu es rex Iudeorum< quod cantet pylatus herum cantet lesus >Tu dicis, quia rex sum< Et dicat pylatus: Bist du der iuden kunig vorwar, des viriehe mir offenbar. lesus: 890
895
IG, du sah wuzsen sicherlich, daz ich han ein kunigrich. Stunde daz nach der werlete reth, so hede ich mine kneth, daz du min hedes keine gewalt. Doch hat er Sunden manigvalt, der mich hat gegeben dir, pylate, des geleube mir.
Tunc pylatus revertens ad ludeos
900
210
dicat:
Wuzent, daz ich an disem man keine sache vinden kan, vme die er solle liden den dot. Doch bringen ich in [in] soliche not
886 richesl r- aus p verbessert. 891 kunigrich] kunig rieh.
901 soliche not] not über soliche, mit Schleife heruntergeholt.
Mittelrheinisdies Passionsspiel 9 0 2 - 9 2 1
jy^
bit geisein vnd bit rüden, nit me sollent ir ime müden. Tunc pylatus ad milites: 905
N u dar, ir frechen helde, sint ir des müdes beide, so slahent in also sere, daz er nit habe mere virnommen solich pin. Daz dunt dordi den willen min. Rufus:
910
Wüzent vf mine ludesheit, ich gelonen vch wol der arbeit. Ir sollent zwenzig marg han, wollent irn bit flize vnderstan. Respondet unus militum:
915
Er ist ein virzaget man, der silber nit virdinen kan. Wirt vns daz silber gegeben, ich wene, ez koste sin leben.
Tunc exuant cum milites et ligant eum ad statuam et flagellant Postea vestient eum purpura et imponent ei coronam spineam et flexis genibus clament >Ave, rex Iudeorum< Et percucient caput eius arundine et dicant: Der iuden kunig gegruzet si. Dem wanet swache ere bi. Tunc pylatus ducat [eum] foras et cantent duo angeli >Exivit ergo Iesus< et cetera Tunc dicat pilatus: 920
N u sehent vwern kunig an. Den vinden ich kein schult han.
9 1 0 mine'\ überschüssiger Nasalstridi auf e.
9 1 8 gegruzet i i ] si unter gegruzet, Schleife heraufgeholt.
mit
Mittelrheinisches Passionsspiel 922-941
So ist er auch gar sere geslagen. Dar vmme mohtent ir wol gedagen. Respondeant ludei >Regem non habemus< Et dicat rufus: 925
Dem keiser biden wir ere. Keines kunges viriehen [wir] mere. herum
pylatus:
Waz dun wir danne disme man, der nie keine sunde hat gedan? Respondeant ludei >Crucifige, crucifige eum< Et dicat rufus:
930
Du Salt in cruzigen alzu hant. Wan er hat diz groze lant virirret von galylea biz her. Sicherlich, daz arnet er. Respondet
935
pylatus:
Sit er von galylea ist, so vurent in in dirre frist zu des landes rehter. Do bide irbiedent ir ime ere. Der ist vdi allen wol bekant. Merodes ist er genant. Respondet rufus: Als lieb, als wir dir sin, wirt irvüllet daz gebot din. Tunc veniunt ad herodem Dicat herodes:
940
Willekomme, ir herren alle. Sagent mir, waz vch gevalle.
923 wol gedagen] geda-l-gen zweizeilig unter wol, mit Sdileife heraufgeholt. 927a ludei] e über z. 930 virirret] zweites i mit folgendem r
verkleckst. 934 des] langes -s aus rundem 5 verbessert. 937 genant] -«ant unter ge-, mit Schleife heraufgeholt.
Mittelrheinisches Passionsspiel 942-967
141
Respondens rufus:
945
Herre, do bringen wir dir einen man, der alle die werlet virleiden kan. Der ist von dime lande. Pylatum duhte schände, rehte[n] vber in zu dirre vrist. [Wan] du hie geweitig bist. Dicat herodes:
Sit er mir die ere hat gedan, so sal er mine hulde han, 950 wie vent ich ime biz her was. Vil edel herre panthias, gent, sagent pilato minen gruz, vnd nigent ime an sinen vuz vme die houeliche dat, 9 j 5 die er gein mir begangen hat. Panthias vadat ad pylatum dicens:
960
Pylate, rehter lobelich, der kunig herodes gruzet dich. Druwe, stede, Sicherheit sal dir von ime sin bereit. Er ist der eren so gemeit, die du hude an in hast geleit. Daz sagen idi dir vf minen eit. Respondet
965
211
pilatus:
Herre, ir sint ein guder bode. Ir sollent han zu bodenbrode hundert mark vnd ein vil gut pert. Nodi danne sint ir bezers wert. Tunc dicat herodes: Ich hoffen, ich werde nu gewert.
943 virleiden kan] -en kan über virleid-, mit Schleife heruntergeholt. 946 rehte[n]] rehter. 947 [wan] von. 947a Dicat] -t über a. 949 mine] überschüssiger Nasalstrich
auf e. 963 guder bode] bode unter guder. 964 -brode] -d- verkleckst. 966 bezers] langes -s aus rundem s verbessert.
Mittelrheinisches Passionsspiel 968-989
970
des ich lange han begert, daz ich lesum, maren sun, ein zeichen sehe vor mir dün. N u du ez dordi den willen min. Laz mir ein zeichen werden schin. Jesus taceat Tunc dicat herodes:
975
Er mag wol sin ein doreht man, sit ich gewalt vber in nü han, daz er mich nit wil wüzen lan, ob er zeichen machen kan. N ü dünt ime ein wiz cleit an. Vnd vurent in wider dan. Der dore ich also spotten kan.
Tunc induatur alba et ducatur ad pylatum Maria vero sequatur Semper et iohannis tristes herum >Silete< Augustinus: 980
985
Idi wil vdi vragen, ob irs begerent, war vme der kunig nit wart geweret, daz er so lange hat begert. Do was er lihte der gnaden vnwert. Ez mohte auch ander sache wesen. Er hede lesum lan genesen, so hede sine martel nit irlost die menscheit von der hellen not, dar an lit aller der werlete drost. Pylatus: Ir clagent vil von disme man.
973 Er mag wol sin ein doreht man'] Er mag aus ir mogent verbessert; man unter doreht, mit Schleife heraufgeholt. 974 in] über getilgtem vch. 975 er mich nit wil] er aus ir verbessert; wil aus wollent verbessert. 976 ob] ober, mit übersdiüssigem Ab-
kürzungszeichen für -er. 984 sache wesen] wesen unter sache, mit Schleife heraufgeholt, 986 irlost] -st rechts über o. 987 die] -i- aus e verbessert. 988 werlete drost] -ost unter werlete dr-, mit Schleife heraufgeholt.
Mittelrheinisdies Passionsspiel 9 9 0 - 1 0 1 8
990
995
an dem ich doch nit vinden kan, dar vme er solle sterben. So spulgent ir auch irwerben nu zu vwern ostern alle iar vmme einen gevangen. Daz ist war. Wollent ir, ich lazen vch disen man, oder den schaher barraban. Respondet rufus nomine
1000
i^y
ludeorum:
Du solt lazen barraban vnd Salt vns henken disen man gar hohe von der erden, daz wir sin ledig werden. Tunc pylatus
dicat:
So lazent mich doch baz virstan, waz vch lesus habe gedan. Respondet
1005
cayphas:
Waz sollen wir dir sagen me, wan daz wir haben ein e, nach der er liden sal den dot. Wan er hat gesmehet got. Dar vmbe sal er sterben, mögen wir daz irwerben.
Hic dyabolus susurrat uxori pylati
dormienti
Tunc uxor pylati expergefacta a sompno dicat ad puellam suam: IoIo
loi 5
Ich wil dir sagen mere, mir ist gedreumet swere von lesu, dem guden man. Mohte ich nu einen boden han, den wolte ich schiere senden, daz er mir solte enden, daz min herre in keine not viele dorch des mannes dot. Respondet
puella:
Vrauwe, ist ez vwer wille, so rufen ich her vil stille
Mittelrheinisches Passionsspiel 1019-1046
1020
vwerm knethe vrian. Vil wol er daz gesagen kan. Respondet
1025
domina:
Stolze dirne, habe dang. Nu mache die rede nit lang. Inbut ime bit dem bodelin, daz er dorch den willen min lesum, den vil guden man, laze schaffen, waz er kan. Puella ad nuncium:
1030
Vrian, gudes kneppelin, lauf balde zu dem herren din. Sprich, mine vrauwe bide in sere, daz er sich nit vaste kere an lesum, dorch godes ere. Wan sin dot ist ir gar swere. Servus dicat: luncfrauwe, die rede ist mir wol kunt. Ich wil laufen alzüstunt.
Tunc servus vertens se ad pylatum dicat: 1035
Herre, mine frauwe heizet vch sagen, daz ir lesum wollent gedagen. Wan sie lidet groze not in irme slafe vme sinen dot. Respondet rufus:
1040
1045
Herre, des alten wibes draüm sah du nit nemen grozen gaüm. Du sah ez vor die warheit han, lestu lesum dir ingan, der keyser zornet es wider dich. Wan [er] redet an daz rieh. Swer sich des kunnigriches nimme[t] an, des keysers vnfruntschaft muz er han.
1019 vwerm] v- links über w.
212
Mittelrheinisches Passionsspiel 1 0 4 7 - 1 0 7 3
Respondet
1050
pylatus:
Wollent ir nit do von wenken, ich solle vwern kunig irhenken, dez hant ir vmmer schände, swo man ez saget in dem lande. ludet cantent >Regem non habemus< Et dicat
1055
kayphas:
Wir han anders kunges nit, als vnser zunge hie virgith, wan des keysers sunder wan. Do von Salt du disen henken lan, wilt du des keysers hulde han. Tunc dicat
1060
Sit ir Bit vbeleme müde Stent nach dis mannes blöde, wie ir ime gewinnent daz leben an, vnschuldig wil ich sin dar an. Dar vmme waschen ich die hende min. Daz sal mir ein vrkunde sin gein gode vnd aller mensdieit, daz mir sin dot ist harte leit. Respondeant
1065
pylatus:
ludei:
Die rede dunket vns gar gut. Vber vns so müze kommen sin blüt vnd vber vnser kindelin. Dar an sah du vnschuldig sin.
Tunc pylatus proferat sentenciam dicens:
1070
Ich sprechen ein ordeil, als ich kan, vber lesum, den guden man. Vrteil sal nit wenken. A n d a z cruze sal man in henken v n d zwen Schacher auch bi in. I r rehter, vürent sie dort hin.
1 0 6 7 a sentenciam] smam statt snam. 1068 als] langes -s aus r u n d e m s v e r bessert.
1 0 7 1 cruze] -z- aus c verbessert. 1 0 7 2 Schacher] zweites c aus A n s a t z v o n h verbessert.
Mittelrheinisches Passionsspiel 1 0 7 4 - 1 0 9 9
Tunc rujus iudeus dicat: 1075
Pylate, du kanst rehten wol. Die ludesheit dir ez danken sol. Tunc milites apprehendentes eum herum augustinus:
1080
[XXII]
Nu merke iegeliche vrauwe gude, wie marien were zu müde, do sie horte vnd sadi irs lieben kindes vngemadi. Sie leit bit ime, er leit bit ir. Ir sollent des gleuben mir, daz ime det wirs ir herzeieit danne sin selbes arbeit.
Tunc milites imponentes crucem Christo ducent eum ad locum ubi debet crucifigi et duos latrones secum et dicat rujus: 1085
1090
Stig v f , man muz didb henken. Des math du nit intwenken. Du hast vns leides vil gedan, daz wir didi hie ingelten lan. Du brediete dine lere vil dicke vf vnser vnere. Daz sagen ich dir zu swere. Tunc dicat unus miles:
1095
Drütgeselle reine, wir han disen rog gemeine. Den hede ich gerne alleine. Die rede idi so gemeine, daz mir daz spil beginne >rudel vf dem steineMemento mei, domine< et dicat: Herre, irbarme dich vber mich, so du kummest in dines vatter rieh. Respondet
113 5
Du Salt bi mir vor warheit noch hude vnd vmmer ane leit in dem paradyse sin, bi mir vnd bi dem vatter min.
Tunc dicat [pylatus]
1140
lesus:
ad unum militem:
Bit dirre scrift dun ich irkant, wie sin name wäre genant vnd auch sine wirdekeit. N u sah du dar zu sin bereit, daz du sie nach dem willen min steckes zu den heubten sin. Respondet
miles:
Pylate, herre, samir got, ich irvullen gerne din gebot. Quo facto dicat annas ad 1145
1150
Herre, al[s]e werlich müz ich leben, die dauel ist gescriben vneben. Nit scribe, daz er kuneg were. Wan daz ist vns gar swere. Scribe, daz er iehe offenbar, er were vnser kunig, daz was nit war. Respondet
114J
al[s]e'\ alle.
pylatum:
pylatus: 1149
iehe']
-e über fe nachgetragen.
Mittelrheinisdies Passionsspiel 1 1 5 i - i 174
j ^^
Waz ich nü gescriben han, bi warheit, daz müz also stan. Tunc dicat annas:
1155
1160
Sit daz nu nit mac anders sin, so si doch daz der wille din, daz wir ime vnd sinen genozen ir gebeine zustozen, daz sie it wider vnser e an dem galgen hangen me, wan vns die österliche zit also nahe ane lit.
Tunc lesus respiciens mariam dicat ad eam: Maria, liebe mutter min, Johannes sal din sun sin. Vnd du, Johannes guder, habe sie vor dine müder. Tunc cantet lesus >Hely, hely< et cetera
214
Et tunc dicat rufus ludeus: 1165
Warta, wie er wafet vnd helya rufet. Nü nement allesamt war, ob er zu ime komme dar. Tunc lesus >Sicio< et dicat:
1170
Ach hude vnd vmer mere, wie durstet mich so sere.
Tunc rufus porri[g]ens ei spongiam dicat: N ü dring, daz ist vnser drang. Du sagest mir ez nummer dang. Ez ist mirre vnd galle. Smacke, wie ez dir gevalle. 1 1 5 3 anders] langes -s aus rundem 5 verbessert. ii6oa ad] verkleckst. 1 1 6 3 du] danadi Abkürzung für lesus durchgestrichen.
1164b Et] danach Abkürzung für dicat durchgestrichen. 1165 wajet] a über der Zeile nadigetragen. 1 1 7 3 mirre] verkleckst.
Mittelrheinisdies Passionsspiel 1 1 7 5 - 1 1 9 3
150
Quod cum lesus gustasset dicat >Consumatum est< et cantet >In manus tms< et cetera et dicat: 1175
Vatter, ez si dir irkant, mine sele geben ich in din hant. Tunc inclinato capite emittet
spiritum
Tunc centurio >VereEcce quomodo mor[i]tur iustus< Tunc recedant
1240
'mm
omnes
Cayphas ad pylatum dicat:
1235
215
[XXVII]
Herre pylate, gib vns rat vme eine not, die vns ane gat. Wan wir horten disen man sprechen, daz er solte irstan. N u vohten wir sin vnderdan, daz sie bi nath do hine gan vnd in von dannen dragen, vnd danne die lüde sagen, er si von dem dode irstanden, vns zu grozen schänden. D a r vme salt du dorch vnser gut dem grabe schaffen starke hüt.
1 2 1 9 erzyerten] kurzer senkrechter Strich über w, ohne Bedeutung. 1 2 2 1 O w e ] undeutlich, vielleicht vwe. 1 2 2 3 mich'] c aus i verbessert. 1 2 2 9 We] daz we. 1 2 3 0 we] w- aus Ansatz eines anderen Buchstabens verbessert. 1 2 3 0 a Io[seph] sepeliat] lohannis; sepeHat über einem durdigestrichenen
unlesbaren Wort. 1 2 3 0 b mor[i]tur] moretur. 1 2 3 0 c recedant] unter einem durchgestrichenen unlesbaren "Wort, mit Schleife heraufgeholt. 1 2 3 4 solte] -te verkleckst. 1 2 4 2 dem] kurzer senkrechter Stridi über m, ohne Bedeutung.
Mittelrheinisdies Passionsspiel 1 2 4 3 - 1 2 6 4
Respondet
1245
i j j
pylatus:
Ich wil vdi raden als ich sol. Hudent vnd habent wol, wie ir behaltent disen doden man. Der sorge wil ich mich irlan. Tunc cayphas ad milites:
1250
Ir stolzen ritter wole gemeit, wollent ir nu sin bereit, daz ir sin plegent bit hude, des ich vch bit gude gelone, als ich solte. Were ieman, der daz wolte, silber pennige vnd golt, des geben wir ime riehen seit. Tunc dicat unus miles:
1255
1260
Wir haben alle solichen mut, daz wir gerne dun dorch gut. Wik du vns geben hundert pünt, so gen wir dir zu dirre stunt vnd huden sin bit Sicherheit, daz in nieman dannen dreit. Respondet
cayphas:
N u hudent sin bit Sicherheit. Die pennige sollint ir han bereit. Tunc milites vadant ad sepulcrum cantantes aliquid Tunc duo angeli gladiis percucient eos cantantes >7erra tremuit et quievit
Resurrexi< et cetera Deinde vadat ad infernum portans crucem cantans >Tollite portas< et dicat: Ir hellen vursten, dünt of die dür. Vnd gebent mir mine knethe hervor. 124J wie ir] wieir. 1246a cayphas] h über der Zeile nadi-
getragen. 1256 gerne] ger- verkleckst.
[XXIX]
Mittelrheinisches Passionsspiel 1265-1289
Respondet lucifer >QHis est iste rex gloriec 1265
1270
Wer ist der, der do bozet vnd an die dore stozet? Ich bin gewesen v[un]f dusent iar in dirre helle vürste vorwar, daz ich gehörte keinen stoz an dise dore so rehte groz.
Respondet angelus qui precedet lesum >Dominus virtutum ipse est rex gloriec Dunt v f , der herre ist kommen, von dem vch wirt benommen vwer manigveltige gewalt, der ist gewesen alzü alt. Tunc dicat 1275
lucifer:
V w e der vbelen mere, die sint vns alzü swere. Wir haden vor groze gewalt beide vber iung vnd vber alt. Die wirt vns hude hie gevalt.
Tnnc Christus pede trudat ianuam et apperiatur Et adam cum ceteris cantent >Advenisti< et dicat: 1280
1285
Herre, du bist kommen her. Wir din gebeident han bit ger in dirre vinstere mange stunt. N u ist vns dine helfe worden kunt, des wir binne wol vünfdusent iar vil gemerlichen waren.
Tunc lesus apprehende[n]s adam manu cantet >Venite, benedictic Wol v f , ir sollent ane swere vorbaz leben vmer mere bi mir vnd bi dem vatter min. Do sollent ir bit vreuden sin. 1284 binne wol] binne über wol.
216
Mittelrheinisches Passionsspiel 1 2 9 0 - 1 3 1 7
Tunc deducat eos ad Quo cum pervenerint
i j ^
paradysum
cantent >Sanctus, sanctus, sanctus
Media vita< cum appropinquant
N u drahtent vnd gebent rat, w a n ez vns kummerlichen stat, wie w i r von dem grabe den stein gelegen abe. Wan w i r sin dru cranke w i p , die nit hant starken lip. D o von sin wir methe bloz, so ist der stein swer v n d groz.
217 monumento:
Ij6
Mittelrheinisches Passionsspiel 1 3 1 8 - 1 3 3 6
Tunc dicat maria
iacobi:
Midi dunket, der stein si abe geleit von dem grabe. Tunc dicat maria 1320
salome:
Indruwen, mich dunket auch also. Were ez war, des were ich fro.
Tunc cantet angelus >0 tremule
mulieresc
Ir drurigen vrauwen, sagent mir, in disme grabe, wen suchent ir? Tunc respondentes
>Iesum nazarenum
Et dicat maria 1325
magdalena:
Wir suchen hie in dirre vrist lesum, der do gecruziget ist.
Respondet
1330
crucifixum
Non est hic, quem queritis< [et] dicat:
Den ir suchen, der ist hie nit, als v w e r äugen selbe sehint. Gent, vnd sagent den iungern sin, daz sie gen hin zu galylea alzü stunt. D o wirt er in allen kunt.
Tunc aliis euntibus remaneat maria magdalena
plorans
Tunc lesus in specie ortulani dicat ad eam >Mulier, quid ploras< et dicat:
1335
Sage mir, vrauwe, mere, w a z weines du so sere? Wen suches du zu dirre stunt? D a z Salt du mir machen künt.
Respondet maria >Quia tulerunt dominum meum< et dicat >Domine, si tu sustulisti eum, dicito mihi< et dicat: Ich inweiz, w a r min herre ist kommen 1336 Ich] I aus i verbessert.
[XXXI]
Mittelrheinisdies Passionsspiel 1 3 3 7 - 1 3 4 7
i^j
vnd wo er lit in disen stunden. D a z Salt du mir nü sagen,
so wil ich in dannen dragen. T«nc lesKS dicat >Mana< Quo audito procidens ad pedes eius cantet >Iesu, nostra redemptio< Et dicat lesus: 1340
Nit inrure mich. Ez sal nit sin. Gang Balde zu den iungern min. Vnd sage in allen vffenbar, daz ich irstanden si vorwar.
Tunc maria iacohi et Salome venient ad discipulos
[XXXII]
Dicat maria iacohi: 1345
Wir sagen vch gemeine vnd dir, Peter, eine, daz vnser herre lesus crist von dem dode irstanden ist.
Tunc veniens maria magdalena cantet petrus >Dic nobis, maria, quid vidisti in via< Respondet maria >Sepulcrum Christi< Tunc apostoli >Scimus Christum surrexisse< lesus vadat ad
ET
SIC
FINIATUR
paradysum
LUDUS
et sie finiatur ludus prenotatus] et verkledtst; et sie finiatur Indus im letzten Drittel der vorletzten Zeile;
PRENOTATUS
pr-enot-at-us füllt die erste Hälfte der letzten Zeile der Seite 2 1 7 .
E.
LOKALISIERUNG VON H U G O STOPP
I. D I E G R A P H I E N
Im folgenden wird die Graphie v in den Typen vher, vn- (Präfix), vch und so weiter nicht durchgehend eigens neben u , u erwähnt. Für genauere Prequenzangaben aller Belege sieh unten, G . Glossar von I. Frank.
I. Haupttonvokalismus a. Entsprechungen mittelhodideutscher Kürzen § I.
Normalschreibungen
mhd.
a
MP.
a
§ 2. Beispiele und I.
a
0 e 0 3- e a 4- e 5- i iy e 2.
ie u, ä 6. 0 a V 7- 0 ce
e
e e
ä
i i
0
ö
u
ä
0
Besonderheiten
zum Beispiel in aller 3; auch langer (Komp.) 558, banden 536 neben henden 1309; gewanheit 579, wanet 919 in sol neben sal, s. § 32 zum Beispiel in gewenken 246 in schopper 3, vromde 429; virbornen 197; in wollen(-), s. § 32 zum Beispiel in sper 1184 in labe 535 zum Beispiel in pert 9 6 j zum Beispiel in vil 14 {pilato 952) in galylea 930, Pylatum 945 und so weiter) vor ht, zum Beispiel rehten 82j - aber geschit:plith 108; in I. Sing. T y p (ich) sprechen 66 und so weiter, s. § 31, a. 2 in ieme 350 in wuzen 423 und so weiter, s. § 32 zum Beispiel in gode 48; in von 141 und so weiter; auch in solich(-) 375 und so weiter in ader 346, sonst oder in vffenbare 422 und so weiter neben offenbar 72, 1149, offenbere 4 zum Beispiel in gotlicher 321, 603, mohte 301 nur in mcehte 298
Lokalisierung
I62 u, u o
9. u,u o
zum Beispiel in luden 401, näz 564 vor Nasal, r, ht(th), g, zum Beispiel kont 383, korzer 52, zoth 460, dogende 287 - aber suht 461, druncken 40, kunt: stunt 55, stunt 382, sun 134, (kommen:) stunden 1337 in 0/ 722, 1263 neben vf 1271, 1286 in sollen, s. § 32 zum Beispiel in irfullet 107, irvullet 939 vor (Nasal), r, ht, g, zum Beispiel {kommen 515), (virbornen 197), vorbaz 78, zohten 212, virlore 254, irworbe 523, vohte 463, möge 493 - aber {kummet 242), irsturbe 522, zählen 616, dur (:hervor) 1263
b. Entsprechungen mittelhochdeutscher Längen 5 3-
Normalschreibungen
mhd.
a
MP.
a
e
t e
i
6
ce 0
«
iu u
§ 4. Beispiele und Besonderheiten I. a
e ei o o u u u
zum Beispiel in rat 28; in (gach:) nach 42 und so weiter; über die Entsprechungen von mhd. gänigen, stan/sten s. § 33 in do, io, swo: 80, 822, 638 und so weiter zum Beispiel in g e t S i ; für ehe insentS^geschen:(-)gesehen 230, 318 neben häufigem gesehen: geschehenliehenlspehen zum Beispiel in gebe 707 zum Beispiel in spise 592; {diuel[-'] 120 und so weiter); für ibe, ige, ihe in git 39, lit 1337, geschit 108 und so weiter (man vergleiche brediete 1088) in vent (mhd. viant) 950, vende 78 j in gescheine 1097 (? s. § 20, Nr. 4.) zum Beispiel in brot 631 zum Beispiel in vrolich 164 zum Beispiel in hus 591; weitere Belege: 18, 116, 309, 596, 693, 784, 1284, 1322 in drutgeselle 1091 {Nu 179, w« 189 und so weiter) zum Beispiel in hude 2, gezuge 826, druwe 831; weitere Belege: 24, 36, 40, 184, 186, 299, 302, 405, 479, 485, 526, 600, 863, 928, 958, 961, 1071, 1229, 1279 in hude 322, irzugen 213, bezugen 808, 810, dru 1314, frünt 60, vnfruntschaft 1046, but 150, inhut 1023
Haupttonvokalismus o ie
163
in vront 469, front 522, vronden 1298 in N o m . Sing. Fem., N o m . A k k . Plur. Neutr. die 80, 69 und so weiter
c. Entsprechungen mittelhochdeutscher Diphthonge § ß.
Normalschreibungen
mhd.
ei
ou
öu
ie
MP.
ei
au
eu
ie, i
§ 6. Beispiele und 1. ei ey e ee 2. au au ov V o a 3. eu [ei e au 4. ie,i ei V, u 5. u, ü a 6. u, u
uo
üe
.«
»1
Besonderheiten
zum Beispiel in stein 524; für ege z u m Beispiel in vorgeleit 2; f ü r ege in sein (:hein) 308; [in vreide 193, freiden 248] seltener, zum Beispiel meyne 228 in bereden 82, zwenzig 912; megen (mhd. meien) 242 in alleene 124 (aber aleine 129 und so weiter) zum Beispiel in äugen 94; auch in frauwe 223, zaubernisse 871 in draum:gaum 1040 in ovge 591 (aber zeugen 145 und so weiter) in 198, 283, 477 in Owe 480, 483, 1221 in awe 252 z u m Beispiel in freuden 164, freude 166, deufen 49 in vreide 193, freiden 248] in gelebet 507 in drauwen 401 z u m Beispiel in lieber 21, Uber 60; i auch in di 799 N o m . Plur. Mask. {diuel[-] 120 und so weiter) in leiber 3 j in vmer, nummer 74, 139 und so weiter z u m Beispiel in guder 57, dün 22 mwafet 116'j zum Beispiel in ruret 30, buzes 127
164
Lokalisierung
2. Nebentonvokalismus a. Entsprechungen von mittelhochdeutsch e §j.
Übersicht
mhd.
Apok.
Synk.
he-, ge-
er^WH
er-
MP.
+
±
e
i
i, e
6
7
8
9
10
mhd.
ver-
ze(r)-
-e(-)
-ec(-)
-echeit
MP.
i, 0
u
e
i[e]
e, i
II
12
13
14
mhd.
-ent
-er
0
-eht
MP.
e, i
e, i
e, i
e
§ 8. Beispiele und
Besonderheiten
Apokope ist - audi außerhalb der Position nach Vokal + Liquid {alter Subst. Dat. Sing., diuel Gen. Plur.; meist wol A d v . - aber wole 1 1 7 , 3 0 1 , 343, 529; zu -erel-er s. § 9. 2) - gelegentlich eingetreten, zum Beispiel in kom i. Sing. Präs. Ind., sprach Subst. Dat. Sing., helf Subst. Dat. Sing., hut Subst. A k k . Sing.; das A d verb steht ohne -e in offenbar (:vorwar) 889 und oft bei -lieh (neben -liehe, -liehen)', s. die Aufzählung bei E.Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 4-6 Synkope ist im Vor- und Naditon teilweise eingetreten: vortonig in g - < g e - vor l und n: gleube(-), glich, glucke, gnade aber auch gelebet, geleuben, weiter in gezen Part. Prät.; nachtonig zum Beispiel in heilge(-), disme, vromde, mange(-), anegeborne, virlorn:virborn, kunges, megde, andern, ubeln, wirt, virleit, irs — aber auch disem, schiltet, nimet, lidet; in der Enklise: dadens und so weiter, in der Proklise; zwar 97 (sonst nur zu, zu: 5 und so weiter); s. die Aufzählung bei E.Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 4
Nebenton vokalismus 3. e 4. i
2um Beispiel bekant 44, vorgeleit 2 zum Beispiel inkommet 31, inhast 653 (Neg.-Part.), inknuppen 69, inphahen 84, intwiche 712, indran 784; in inweg 338 zum Beispiel 107 (meist) zum Beispiel erzeuge 281 in virnommen 270, virirret 930; meist Abbreviatur 16 und so weiter in vorreder 630, vorgith 128 m zur gangen i m , zustozen 1156 zum Beispiel in hude 2, brudegemer 24, eJe/ 951, /«iew 116, zeichen 4, wuzende 343, sezzes 42, alles 37, korzer 52, werlete 988 zum Beispiel in vnwirdig 71, drurigen 1322; über Synkope in heilge(~) s. o. Nr. 2 in vnminnenclich 179; innencliche 280, kuneg 1147 in -ekeit, -ekeide: gerehtekeit 106 und so weiter in heilikeit 613 zum Beispiel in wuzent 332 in sollint 1262, sehint 1327 zum Beispiel in korzer 5 2 in II 16 als Svarabhakti in werlet(-) 988 und so weiter, analogisdi in viriehe 889, scribe 1147 (Imp.) in durich in doreht 973
5. i e 6. i 0 7. u 8. e
9. i e 10. e
12. e 13. e 1 14. e
b. Entsprechungen anderer mittelhochdeutscher Vokale § 9.
I. Mittelhochdeutsche
Kürzen
mhd. a:
a zum Beispiel in (iohan [;wjan] 104) (gesant:) heilant 575; -schafl: vnfruntschafl 1046; -man: zum Beispiel nieman 143, ieman 234 mhd. i: i in zaubernisse 871; solich(-) 375, 202 und so weiter 0 in welhem 631 mhd. o: o in speicholter 358, prophete 378 und so weiter e in brudegemer 24 mhd. ulü". u in vrkunde 1061 o in antworten 396 2. Mittelhochdeutsche mhd. a: mhd.«:
Längen
a zum Beispiel in sathan {:lan) 140; in vjfenbare 422 e in arzede 491 e in schopper 3 und so weiter; in wunderere 569 {:ere) und so weiter; in ojfenbere 4 und so weiter; in dinstber 447
Lokalisierung
i66 mhd. t:
mhd. iw.
i im Diminutivsuffix -elin: riemelin 69 und so weiter; in -lich(-)\ werlich 58 und so weiter; in {min:) sunderin i j j e in doren 177, vronden 1298 e (Adj.), zum Beispiel alte 177
3. Mittelhochdeutsche
Diphthonge
mhd. ei\
ei zum Beispiel in arbeit 9 1 1 ; in -heit, -heide: cristenheit 1 und so weiter; in -keit, -keide, s. § 8., Nr. 10 i in inander 664 mhd. o«: a 'morlab 1208 e in brutlefie 18 mhd. ie: e in herzU 817
3. Konsonantismus a. Entsprechungen voralthodideutscher Tenues § 10. Normalschreib fingen I vorahd.
P
MP.
§11.
b
Beispiele und
1. p {b pp / ff 2. t d tt z
5
t
P f
t
d
z
cz
k
1
k g
ch
Besonderheiten
zum Beispiel in spil 1 2 1 4 ; punt 1257 {pylate 1 1 4 3 , 1199), plegen 83 {prophete 378); schimpes 244 m brediget j^'i,brediete in schopper 3, inknuppen 69 zum Beispiel in rufet 5 1 5 ; of,vf 722, 1286; helfe 220, werfe 229 zum Beispiel in gnjJ^en 785 zum Beispiel in steine i 2 j , suht 461, scrifl 128; tröstet 2 6 1 ; in sat 614; in bit 620 {pylate 1 1 4 3 , 1 1 9 9 ; sathan 140) bei dr-: zum Beispiel drost 988 in bitterlichen 112.6 zum Beispiel in zocke 2 1 1 ; stolzen 163, korzer 546; wuzen 423, fiize 9 1 3 , ezen 263; nuz $64; liez 255, daz 36, diz 37, waz 639, ez 78 in alles 37 und so weiter
Konsonantismus zz,sz,ss,zs cz tz 3. k S
ck ch
z u m Beispiel in bezzer wuzsen 890
167
293, ivuszent
398, enwussen
421,
z u m Beispiel in geseczet 1 5 6 in altzu 7 4 6 z u m Beispiel in küssen 7 1 0 ; gewenken 246; merkent 230; mark 965 z u m Beispiel in dang {:sang/lang) 612, 1 0 2 1 ; gedang {:hant) 876; volg 559, marg 9 1 2 p r ä l i q u i d z u m Beispiel in clagen 807, cristenheit 1 {cruzigen 9 2 8 ) ; in werc 145, iuncfrauwe 1033 z u m Beispiel in wecken 490; in druncken 40 z u m Beispiel in Schacher 1072, virsuchte 1 2 2 ; gebrochen 223; ertrich 7 in schaher 996
b. Entsprechungen voralthochdeutscher Medien § 12.
Normalschreibungen
b
vorahd.
MP.
§ i j . Beispiele 1. b
und
b
d
p
d
g. t
g
c
Besonderheiten
t
z u m Beispiel in biden 1 7 , gegeben 1 3 1 ; blinde 430, brudegemer 24, breste 30; osterlamb 589, gib 28 z u m Beispiel in osterlamp 578, wip 162 in kneppelin 1027, knappen 195 z u m Beispiel in dun 1 3 5 , guder 57, sidenivirmiden 37, (guder:) müder 1 1 6 4 ; goi^ei 1 3 4 ; druncken 40; biden 17, / « i e n 1 8 4 ; ordeil 1068; driueldekeit 3 1 0 ; indran 784 z u m Beispiel in werke 3 {werlet 505, werlete 145), alte 1 7 7 ,
tt
manigveltige 1 2 7 3 ; warten 108, hirte 669; entworte(-) siten 1 1 8 5 ; vrteil 1 0 7 0 ; lant 37, g o t 143 in mutter 29, 7 7 6 , 1 1 6 1 ; vatter 1 1 5 , 330, 332, 530, 696
p pp 2. d
3. g c k
803; in
z u m Beispiel in gegeben 131, gegruzet 9 1 8 ; gang 210, mag 3 2 5 ; zeugen 145; drurigen 1322, vnwirdig 71 z u m Beispiel in ganc 239, w a c 1 1 5 3 , willecliche 444 in virleukene 6j6, virleukenst
i68
Lokalisierung
c. Entsprechungen voralthochdeutscher Frikative § 14.
Normalschreihungen
vorahd. MP.
1
2
/
P
f.v
§ I}. Beispiele und I. /
i.
ph d t
3- s
55 z
4. ch h
0
d
\
s t
s
i i
X 2
ch
h
0
Besonderheiten
in flize 156, flihende 667; oft in fr-: zum Beispiel frauwe 2 1 5 ; in dorfent 724, darf 352, vünfdusent 1284; in fl-, zum Beispiel brutlefie 18, crafl 432; z u m Beispiel in fullent 32, irfullet 107, /»rera 144; s. audi § 25, N r . i in vledig 162, vlehen 262; oft in f r - : zum Beispiel vrauwe 234; zum Beispiel in vaste 745, 287, vil 14, f o / g 559, manigveltige 1273, vischen i 8 j , vuze 607; s. auch § 2 j , N r . i zum Beispiel in diuels 120, zwiueln 352, reuender 586; in «dite 1098, driueldekeit 310; s. auch § 25, N r . i für ent+f- in inphahen 84, inphangen {ph in prophete 378) z u m Beispiel in dir 1, du 41; vinden^ii, erde 821, vierden 542, balde 274 zum Beispiel in wart i j {hastu 38); in getwungen 877 zum Beispiel in sän 2 1 ; spil 1214, steine 125; intervokalisdi in dise 20, Wesen 186 und so weiter; z u m Beispiel in pris 123, (daz:) elyas (:daz) 59, 62 z u m Beispiel in küssen 710 auslautend zum Beispiel in dez 102, 612, 6i8, 1049, ez 402 Für sk steht schi zum Beispiel in schopper 3, dische 34, menschen 130, schrifl 142, menscheit 987; shc in wüshc 606; sh in shanden 727; 5 in gesant 562, mensheide 605, immer in iudesheit 707 und so weiter; sc meist in scrifl 128 und so weiter, in gescah 795, gescriben 1146 nur auslautend, zum Beispiel in dorch 8, noch:doch 31, geschach 336 zum Beispiel in heiige i ; meist v o r t\ gerehtekeit 106, zuhten 118, vnreht 832 und so weiter in weset 72; in ammet 638; vereinzelt v o r t, immer v o r th: geschit (:plith) 108, mathe 11, kneth:reth 1 1 2 ; immer in nit(h), it (hier meist t)
Konsonantismus
169
d. E n t s p r e c h u n g e n voralthodbdeutscher N a s a l e , Liquide und Halbvokale § 16.
Nortnalschreihttngen 1
2
vorahd.
m
n
MP.
m
n
§ i j . Beispiele und
r
l 0
l
r
a
0
w
i 0
i
S
Besonderheiten
zum Beispiel in vmer 282, vme 70, namen 9 1 ; in mit 4 und so
weiter (etwa in einem Siebentel der Fälle) mm n b 2. n nn
0
3- I II 4. r rr
0 l
5. w m
0
6. i
S
w
zum Beispiel in kommen 92, nummer 1 3 9 , vmme 674, stimme 80; in ammet 638 in {sein:) kein 309 (in der Handschrift hei)
in bit 6 und so weiter (etwa in sedis Siebentel der Fälle) zum Beispiel in dinen 2 2 2 ; spin 2 1 0 zum Beispiel in vnminnenclich 1 7 9 , minne 294 in pennige 299 und so weiter, kunig 981 und so weiter; wille 6 1 7 , beginne 1095 (?); mach (Inf.) 1 1 2 0 (Versdireibung); man vergleiche (swester:) gestern 205, geze 620 zum Beispiel in aleine 129, 149 zum Beispiel in alleene 1 2 4 ; in solle 24 und so weiter zum Beispiel in ruret 3 0 ; werke 3, werlet 505, werlete 1 4 5 ; in virbornen i^y zum Beispiel in dirre 24 v o r ht: vohte(-) 400, 4 1 0 , 463, 1 1 2 5 , 1 2 3 5 in gemartelt 8, martel 986 zum Beispiel in wirt 2, Werlte 3, vwer 47, swere 166, fraitwe 223 {ewangelisten jji) in mir 1095 (?) in jraue 229, vr 644 zum Beispiel in iehen ij6, iemerlichen 4 7 7 in gehen 348, gemerlichen 1 2 8 5 , megen 242 in gecrewet 6 8 1 , muwet 7 3 2
170
Lokalisierung
II. Z E I T L I C H - R Ä U M L I C H E
EINORDNUNG
I. Ausschluß des Oberdeutschen und des Ostmitteldeutsdien § 18. I n den Sdireibungen des Mittelrheinisdien Passionsspiels reflektiert sidi folgende spezifische D u r d i f ü h r u n g der Z w e i t e n Lautversdiiebung: 1 . D i e Entsprediungen der voralthodideutsdien Tenues (§§ l o f . ) ersdieinen postvokalisdi ( = vorahd. Vp und so weiter) als Frikativsdireibungen: intervokalisdi als f ( f ) ; z(z), sz, ss, zs; (c)h; auslautend als / ; z, s; ch - mit Ausnahme v o n t in bit. In sonstiger Position, das heißt anlautend, postkonsonantisdi und in früherer Gemination, sind die Entsprediungen des Labials p- (pl-; pr-, br-), sp-, -pp-, N a s a H - ; » ( = v o r a h d . Np), L i q u i d + / ( = v o r ahd. Lp), diejenigen des Velars k-, c(l,r)-; -ck-; N a s a l + -g, L i q u i d -c, -g (zu den Entsprediungen v o n v o r a h d . sk s. § 1 5 , N r . 3). D i e Entsprediungen des Dentals sind hier als A f f r i k a t e n : anlautend p r ä v o k a l i s d i z, tz; postkonsonantisdi z; in früherer Gemination -cz-, -z- mit Ausnahme v o n t in sat (innersprachliche< Lokalisierung früherer schriftlicher Zeugnisse gelten (s. H . S t o p p , W W . 14, 1964, S. 1 0 5 - 1 2 0 ) . Es ist vielmehr der Vergleich mit anderen schrifllidien Zeugnissen der fraglichen Zeit durchzuführen, v o r allem mit solchen, welche ihrerseits >außersprachlich< lokalisiert sind, weiter aber auch mit solchen, deren innersprachlidie Lokalisierung hinlänglich gesidiert ist. D a davon ausgegangen werden muß, daß die Niederschrift des Mittelrheinischen Passionsspiels im 14. Jahrhundert erfolgte (s. R . Bergmann, Studien, S. 38f.; R . Schützeichel, Mediaevalia litteraria, S. J 3 2 f . ; R . Schützeichel, weiter oben, C.Einleitung. I I L ) , hat auch die sprachgeographische Einordnung im Hinblick auf die schreibsprachlichen Z u stände des späteren und ausgehenden Mittelalters zu erfolgen. Folgende Übersicht zeigt das Vorkommen oder Fehlen der im Mittelrheinischen Passionsspiel belegten Entsprechungen von vorahd. p in den schriftlichen Zeugnissen dieser Zeit auf hochdeutschem Boden:
P-
PP
Np
Lf
Vf
wmd.
+
+
omd.
—
-t-
+ +
obd.
—
+ + +
+ + +
—
—
[Es ist dabei von jeder Häufigkeitsangabe abgesehen; Genaueres s. in der § 23, N r . I angegebenen Literatur.] Es ist also das Oberdeutsche auszuschließen, denn die dortigen schreibsprachlichen Formen stimmen bezüglich der Vertretungen von vorahd. p im ganzen zu den angegebenen heutigen mundartlichen; die im Mittelrheinischen Passionsspiel überlieferten p-, pp, Np fehlen dort. U n d auch das Ostmitteldeutsche ist auszuschließen, denn dort steht in schriftlicher Überlieferung als Entsprechung von vorahd. p- neben pf- (ph-) allenfalls /-, nicht aber das im Mittelrheinischen Passionsspiel überlieferte p-. Die Prüfung der westmitteldeutschen Schriftlichkeit ergibt allerdings, daß f ü r vorahd. Lp auch im Ribuarischen Formen des T y p s Lf stehen (s. u. die Literatur in § 23, N r . i), was bedeutet, daß das mögliche Herkunftsgebiet des Mittelrheinischen Passionsspiels zunächst einmal um diesen R a u m auf das gesamte Westmitteldeutsche zu erweitern ist. Die genauere sprachhistorisch-sprachgeographische Einordnung der im Mittelrheinischen Passionsspiel überlieferten Phänomene wird sich deshalb im folgenden auf das Westmitteldeutsche hin orientieren. Der dem A b schnitt I zugrunde liegenden Gliederung folgend, werden zunächst die G r a phien, vor allem die nicht-gesamthochdeutsch verbreiteten, zumindest durch
\JZ
Lokalisierung
Verweise auf die Fachliteratur in der Sdiriftlidikeit dieses Gebietes nachgewiesen und in den wichtigeren Fällen auch knapp spradihistorisdi kommentiert (§§ 19-26). Die Verweise auf J. F r a n c k - R . Schützeichel, Altfränkische Grammatik, gelten insbesondere auch der dort S. 293-336 als Nachtrag zu den einzelnen Paragraphen aufgeführten Literatur, welche im allgemeinen hier nicht mehr genannt wird. Auch bei den früheren Lokalisierungen des Mittelrheinischen Passionsspiels bestand kein Zweifel, daß das Spiel in der überlieferten Form westmitteldeutsch sei. Sieh J. Mone, Schauspiele des Mittelalters I, S. 7 1 : >linker Mittelrhein zwischen Mainz, Koblenz und Trierwetterauisdi< (§§ 218, 222), >hessisch< (§ 167); M. Wilmotte, Les passions allemandes dans leur rapport avec l'ancien theätre franfais, S. 14: ribuarisch; E.Wolter, Das St.Galler Spiel vom Leben Jesu, S . 6 1 : Wetterau; H . R u e f f , A D A . 38 (1919) S. 69: Rheinhessen-Rheingau; A . D ö r rer, V L . III, Sp. 712: ein >ribuarischer Bürgerlicher< dürfte das Mittelrheinische Passionsspiel »auf Grund weit zurückreichender Vorlage eines Passionsund eines Osterspiels aus dem alemannischen Sprachgebiet zusammengefügt haben«; A . Dörrer, V L . I, Sp. i56f.: >Frankfurter Gegend«; E. Hartl, Das Benediktbeurer Passionsspiel. Das St. Galler Passionsspiel, S. 48: ribuarisdb »Als Mundart der Vorlage kommt nur das Alem. in Betracht.« (hierzu ablehnend W. Betz, Sdiwarzbold's Philologische Handkartei [s. R. Schützeichel, Mediaevalia litteraria, S. 534f.; R . Schützeichel, weiter oben, C.Einleitung. V I . I. Bisherige Ausgaben], mit Verweis auf H . R u e f f ) ; F . R a n k e , Annalen der deutschen Literatur, S. 216: Rheinhessen; s. auch R. Schützeichel, Z M F . 23 (1955) S. 216, der schon dort die >Einordnungsweise< J. Mones als fraglich, >keineswegs zwingend< bezeichnet hat. Die adäquate sprachhistorische Beurteilung der Graphien gestattet dann die Aufstellung von Phonemsystemen und Graphemsystemen zumindest für Haupttonvokale und Konsonanten des Spiels (§§ 27-29). Dies geschieht in einer Weise, die sich von entsprechenden anderen bisher gegebenen Darstellungen mehr oder weniger unterscheidet (eine Auseinandersetzung mit diesen anderen Arbeiten kann hier nicht geführt werden; das eigene Verfahren dürfte jedodi aufgrund der Darlegungen im gesamten vorliegenden Beitrag hinreichend deutlich werden). Es folgt dann die Untersuchung auch der regional gebundenen Erscheinungen der Flexionsmorphologie im Mittelrheinischen Passionsspiel auf ihr Vorkommen in westmitteldeutscher Überlieferung hin (§§30-35). Es wird schließlich möglich sein, die im Mittelrheinischen Passionsspiel überlieferte Spradie einem kleineren Teilgebiet des Westmitteldeutschen zuzuordnen (§§ 36-38).
173 2. Einordnung in das Westmitteldeutsche a. G r a p h i e n §
Haupttonvokalismus. (s. §§ if.)
Entsprechungen mittelhochdeutscher
Kürzen
1. (mhd. a) a in langer (Komp.): A. Badi, Die Werke des Verfassers der Sdiladit bei Göllheim, S.42; J.Frandc-R.Schützeidiel, Altfränkisdie Grammatik, § 1 6 5 ; H . Jeske, Der Kodex Trier, S. 75; J . Meier, Bruder Hermanns Leben der Gräfin Jolande von Vianden, S. X X I I . in gewanheit, wanet: J . F r a n d i - R . Sdiützeidiel, Altfränkisdie Grammatik, § 9 ; J.Meier, Bruder Hermanns Leben der Gräfin Jolande von Vianden, S . X X I ; W.Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 1 1 . 2. (mhd. e) o in schopper, vromde, virhornen (Labialisierung, s. audi u., Nr. 7): K.Demeter, Studien zur Kurmainzer Kanzleispradie, S. 95; V.Moser, Frühneuhodideutsdie Grammatik, L i , §66. Das o (sonst audi u) in virhornen soll nadi W. Fleisdier, Untersuchungen zur Gesdiäftsspradie des 16. Jahrhunderts in Dresden, S. 288, »wohl die Vokalabsdiattung der Form mit Metathese wiedergeben«. Es ist wohl von (md.) verbrennen auszugehen; s. audi H. Badi, Handbudi der Lutherspradie, I, S. 94; K . v. Bahder, Zur Wortwahl, S. 5 1 ; W. Besdi, Spradilandsdiaften und Spradiausgleidi, S. 99f. und Karte 1 3 ; M. Lexer, Mittelhodideutsdies Handwörterbudi, I, Sp. 397; V.Moser, Frühneuhodideutsdie Grammatik, L i , §66 Anmerkung 2; F. L. K . Weigand, Deutsdies Wörterbudi, I, Sp. 296f.; K . Weinhold, Mittelhodideutsdie Grammatik, § 50; E.Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 8f. 2.-4. (mhd. e, e, ä) e (Zusammenfall). Es wird nirgends im Mittelrheinisdien Passionsspiel eine graphisdie Untersdieidung versdiiedener e-Qualitäten siditbar, es kommt überhaupt nur ein e-Zeidien zur Verwendung. Für qualitative Gleidiheit der Entsprediungen von mhd. ä und e sowie von ^e und e spredien audi die Reime mhd. äle:e in pert:wert 965; ^e.-e in wunderere:ere 569, wundere[re]: lere 796, mere:keren 786, rehter:ere 934, mere.-sere 1332, swere: vmermere 1286 und die gehäuften Reime sere:wer:vffenhere: lere 753, sere:kere:ere:swere 1029, lere:vnere:swere 1088. Sonst reimen nur die Entsprediungen von mhd. e:e, 'e:e, e:e, ie:ie und e < 'ehe:ehe. Zum Westmitteldeutsdien s. E. Dornfeld, Untersu-
174
Lokalisierung
diungen zu Gottfried Hagens Reimdironik, § 35 a.; J. F r a n c k R. Sdiützeidiel, Altfränkische Grammatik, §§ 10, 15; V.Moser, Frühneuhodideutsche Gramatik, I. i, § § 1 7 , 7 0 , 7 6 ; E. Reinhold, Über Sprache und Heimat des hessischen "Weihnachtsspieles, S. 49f.; H . RuefF, Das rheinische Osterspiel, S. 20; H . Schwitzgebel, Kanzleisprache und Mundart in Ingelheim, S. z^f. (seit Ende des 15. Jahrhunderts auch ä für mhd. e; ä, ä für mhd. a); K . Zwierzina, Z D A . 44 (1900) S. 249-316. 3. (mhd. e) a in labe. In dieser Schreibung reflektiert sich sicher der mundartliche Wandel vor allem von mhd. e und a, der >im größten Teil< des Mitteldeutschen eingetreten ist; »die Hss. und Urk. des 14. und 15. Jhs., vor allem die des Ostens, zeigen solches a nicht gerade selten [ . . . ] , später ist es auf das häufig in wmd. (Frankfurter) Drucken durchs 16. Jh. vorkommende rachtung und das von den Schlesiern des 17. Jhs. öfter [ . . . ] gebrauchte quall Quelle beschränkt.« (V. Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. I, § 71.2, mit weiterer Literatur; s. auch O. Mausser, Mittelhochdeutsche Grammatik, S. 143; V . Midiels, Mittelhochdeutsches Elementarbuch, § 83; H . P a u l - H . M o s e r - I . Schröbler, Mittelhochdeutsche Grammatik, § 29 Anmerkung 5 [westalemannisch und westliches Ostfränkisch]; H . Ramge, Die Siedlungs- und Flurnamen, S. 378f.). 5. (mhd. i) e (Senkung). Die Entsprechungen von mhd. i, ü, u erscheinen im Mittelrheinischen Passionsspiel partiell (positionsgebunden?) gesenkt zu e, ö, (graph. o, s. u. N r . 7), o. Hierher sind wohl auch (graph.) o in vront, of, e in vent zu stellen. - Es ist nicht unbedingt nötig, in dür {-.hervor) des Mittelrheinischen Passionsspiels eine Hebung von o > « (sieh V . Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i , § 73) anzunehmen: Das tollite portas der Handschrift (i262f.) wie auch dore 1266, 1270 ließen es zu, von tür(e) auszugehen; die Senkung wäre dann auch bezeichnet in hervor (s. A.Bach, Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim, § 68; über die generelle Unsicherheit der Abgrenzung zwischen vor und für im Frühneuhochdeutschen s. jetzt H . Bach, Handbuch der Luthersprache, I, S. i32fF.). Andererseits ist auch vwe, owe des Mittelrheinischen Passionsspiels zu beachten; man vergleiche § 21, N r . 2. - Die Senkung hoher Kürzen ist in mitteldeutsdhen Mundarten und früheren schriftlichen Zeugnissen weit verbreitet, wobei die Bedingungen, auch bezüglich der Unterschiede zwischen i- und «/«-Senkung (s. u. N r . 8), noch nicht im einzelnen ausgemacht sind. Ähnliches gilt für die (genauere) Chronologie. Zum Westmitteldeutschen s. E. Christmann, Sprachbewegungen in der Pfalz, S. 82; J. F r a n c k - R . Schützeichel, A l t fränkische Grammatik, § 19; H . Froeßl, Sprachbewegungen in Rheinhessen, S. io6f.; B.Garbe, Sprachliche und dialektgeogra-
Einordnung in das Westmitteldeutsdie
ie
j 7 j
phisdie Untersuchungen, S. i32f.; J . Hoffmann, Die Wormser Gesdiäftsspradie, S. 1 5 2 ; H.Jeske, Der Kodex Trier, S.jyL; V.Moser, Frühneuhodideutsdie Grammatik, I. i , §72; H . Ramge. Die Siedlungs- und Flurnamen, S. 373ff.; H. Rueff, Das rheinische Osterspiel, S. 2 1 ; H . Schwitzgebel, Kanzleisprache und Mundart in Ingelheim, S. 1 2 4 - 1 3 4 ; E. Wülcker, PBB. 4 (1877) S. 13. Zur Hebung o > « s. J . HofFmann, Die Wormser Geschäftssprache, S. 154; R. Nebert, Zur Geschichte der Speyrer Kanzleisprache, S. 45. in ieme (Dehnung): A . Bach, Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim, §§28-37; J - F r a n c k - R . Schützeichel, Altfränkische Grammatik, § 19; B.Garbe, Sprachliche und dialektgeographische Untersuchungen, S. i 3 5 f . ; J . Hoff mann. Die Wormser Gesdiäftssprache, S. 1 5 3 ; H. Rueff, Das rheinisdie Osterspiel, S. 2 1 ; B. Schellenberger, Studien zur Kölner Schreibsprache, S. 84; E. Sievers, Oxforder Benedictinerregel, S . X X I ; E.Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 7; E. Wülcker, PBB. 4 (1877) S. 30. Nach der allgemein angenommenen Chronologie der >Dehnung in ofFener Tonsilbe< - sie »beginnt im N f r k . schon in der ahd. Sprachperiode und hat im 12. Jh. das westl. Md., im 13. Jh. das gesamte Md. erfaßt, im 14. Jh. auch das Obd.« (H. P a u l - H . M o s e r - I . Sdiröbler, Mittelhochdeutsdie Grammatik, § 23) - ist im Mittelrheinischen Passionsspiel generell, wenn auch nicht in jedem Einzelfall bestimmbar, mit entspredienden >neuen Längen< zu rechnen.
6. (mhd. o) o in solich(-): H . M o s e r - H . Stopp, Grammatik des Frühneuhochdeutschen, I. 3, § 16. a in ader: K.Brethauer, Z D A . 68 ( 1 9 3 1 ) S. 26; K . Demeter, Studien zur Kurmainzer Kanzleisprache, S. 50; W.Horn, PBB. 24 (1899) S. 403-405; J.Meier, Bruder Hermanns Leben der Gräfin Jolande von Vianden, S. X V I I ff.; R . Schützeichel, Mundart, Urkundensprache und Schriftsprache, S. i47f.; E. Sievers, Oxforder Benedictinerregel, S. I X ; H.Stopp, RhVB. 38 (1974) S. 62-75. V in vffenbare: J.Meier, Bruder Hermanns Leben der Gräfin Jolande von Vianden, S. X X X ; V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i, S. 134; E. Sievers, Oxforder Benedictinerregel, S. X X X ; K . Weinhold, Mittelhochdeutsche Grammatik, S. 63 (s. auch o., Nr. 5 : Hebung o > u). 7. (mhd. ö) o, ce Die Entsprechungen vom mhd. e, ä, erscheinen im Mittelrheinischen Passionsspiel als e, diejenigen von mhd. öu als eu, aber andere Umlautsbezeichnungen fehlen bis auf vereinzeltes mcehte 298. Zwar kann aus diesem Grund die Umlautung nicht in jedem Einzelfall bestimmt werden (man vergleiche V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i , §§ 59ff.), das Vorhan-
I
Lokalisierung
densein der entsprechenden vorderen gerundeten Vokale überhaupt ist jedoch nicht zu bezweifeln: Im späteren mundartlichen und geschriebenen Mitteldeutschen ist der Umlaut (beziehungsweise sein entrundeter Reflex) in noch weiterem M a ß als im Oberdeutschen eingetreten. Die weitgehende Nichtbezeidinung der Umlaute, wie sie im Mittelrheinischen Passionsspiel vorliegt, ist eine Eigenheit früher mitteldeutscher (und ostfränkischer) Schreibweise und Druckweise, die erst unter oberdeutschem Einfluß in den einzelnen Gebieten zu verschiedenen Zeiten geändert wurde. Zur Chronologie im Westmitteldeutschen s. V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i, § i 6 : »Die Umlautszeichen dringen zunächst rhfr., w o sie im Süden (Speier) schon im 14. Jh. nicht gerade selten vorkommen, gegen Ende des 15. Jhs. auch in den Norden (Mainz) vor [ . . . ] . « Weiter s. A.Bach, Germanistisch-historische Studien, S. 404-407; A.Bach, Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim, S. 42ff.; J. Franck— R. Sdiützeichel, Altfränkische Grammatik, §§ 22, 29, 33, 47; H . Froeßl, Sprachbewegungen in Rheinhessen, S. 90-97, 96/97; H . Jeske, Der Kodex Trier, S. 8of.; R. Nebert, Zur Gesdiichte der Speyrer Kanzleisprache, S. 49£F.; H . Ramge, Die Siedlungsund Flurnamen, S. 372f.; E. Reinhold, Über Sprache und Heimat des hessischen Weihnachtsspieles, S. 9S.; H . RuefF, Das rheinische Osterspiel, S. i9ff.; H . Schwitzgebel, Kanzleisprache und Mundart in Ingelheim, S. 29-31. 8.9. (mhd. u und ü) ü : K.Demeter, Studien zur Kurmainzer Kanzleisprache, S. 60; H . Froeßl, Sprachbewegungen in Rheinhessen, S . 7 4 f f . ; B.Garbe, Sprachliche und dialektgeographische Untersuchungen, S. i 4 i f . ; J. HofFmann, Die Wormser Gesdiäflssprache, S. 166; V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i, §§ 25 Anmerkung 2, 81.2; R. Nebert, Zur Geschichte der Speyrer Kanzleisprache, S. 45; H . Ruefl, Das rheinische Osterspiel, S. 26; s. auch u., § 21, N r . 4. o
(Senkung); s. auch o., N r . 5; zu virbornen s.o., § 1 9 , N r . 2. Pränasal ist die Senkung bei den gerundeten Vokalen (zumindest) auch schwäbisch und in diesem Fall in einer Reihe von Wörtern in die neuhochdeutsche Schriftsprache eingegangen; s. dazu zusammenfassend audi etwa W. Fleischer, Untersuchungen zur Geschäftssprache des 16. Jahrhunderts in Dresden, § § 4 4 , 50, 54 (mit Literatur). Zum Westmitteldeutschen s. W.Besch, Spradilandschaflen und Sprachausgleich, S. 102-104; J. F r a n c k R. Schützeichel, Altfränkische Grammatik, § 2 1 ; H . Froeßl, Sprachbewegungen in Rheinhessen, S. i02ff.; B.Garbe, Sprachliche und dialektgeographische Untersuchungen, S. i4of.; H . Jeske, Der Kodex Trier, S. 8of.; J. Metzner, Nhd. o für mhd.w; V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i, § 7 4 ; H . Schwitzgebel, Kanzleisprache und Mundart in Ingelheim, S. 13 5
Einordnung in das Westmitteldeutsche
j -jj
bis 138; H . M o s e r - H . S t o p p , Grammatik des Frühneuhochdeutsdien, I. 2, § 28 Anmerkung i. (keine Umlautsbezeichnung) s. o., N r . 7.
5 20. Haupttonvokalismus. (s- §§ 3f0
Entsprechungen mittelhochdeutscher
Längen
1. (mhd. a) 0 in swo, io, da (>VerdumpfungFreund< und frentsaf >Freundschaftzweiten Gruppe< (alem. und fränk.); s. auch die Literatur in § 20, Nr. 4. ei für ege: H . P a u l - H . M o s e r - L Schröbler, Mittelhochdeutsche Grammatik, § 70 Anmerkung 5. ey : J. Hoffmann, Die Wormser Geschäftssprache, S. 159; H . Jeske, Der Kodex Trier, S. 85; V. Moser, Historisch-grammatische Einführung, S. 83, 85; V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, L I, § 21.i; R. Nebert, Zur Geschidite der Speyrer Kanzleisprache, S. 47. e in bereden, zwenzig-, K.Demeter, Studien zur Kurmainzer Kanzleisprache, S. 62; J. Franck-R. Schützeichel, Altfränkische Grammatik, §31; H . Froeßl, Sprachbewegungen in Rheinhessen, S. 79ff.; B. Garbe, Spradilidie und dialektgeographische Untersuchungen, S. i j 3 f . ; R. Heinzel, Geschichte der Niederfränkischen Geschäftssprache, S. 376; J. Hoffmann. Die Wormser Geschäftssprache, S. i59f.; H . Jeske, Der Kodex Trier, S.8jf.; V.Michels, Mittelhochdeutsches Elementarbuch, §98; V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, L i , S. 178-180; A.Müller, Das niederrheinische Marienlob, S. i9f.; H . Ramge, Die Siedlungs- und Flurnamen, S. 368f.; E.Wüldker, PBB. 4 (1877) S. 15ff. - Zu megen s. u., § 26, Nr. 6. ee in alleene. Es handelt sich um den graphischen Reflex der mundartlichen Monophthongierung, wie er als einfadie Vokalschreibung auch in bereden vorliegt, s. o. unter e und die dort angegebene Literatur. Zur Schreibung ee s. besonders auch V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, L i, 5. 16 und 178. 2. (mhd. ou) au : A. Bach, Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim, § 86f.; K. Bartsdi, Die Erlösung, S. VII; O. Behaghel, Geschichte der deutschen Spradbe, §285.9; W. Besch, Sprachlandschaften
l8o
Lokalisierung
und Sprachausgleich, S. 83 und Karte 3; K.Demeter, Studien zur Kurmainzer Kanzleisprache, S. 60; J . F r a n c k - R . Schützeichel, Altfränkische Grammatik, § 33; B.Garbe, Sprachliche und dialektgeographische Untersuchungen, S. 162; Gh. W. M. Grein, Alsfelder Passionsspiel, S . X X I ; J.HofTmann, Die Wormser Geschäflssprache, S. 164; H . Jeske, Der Kodex Trier, S. 87; V. Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i , S. i 8 i f . , K . Nebert, Zur Gesdiichte der Speyrer Kanzleisprache, S. 48; M. Rieger, Das Leben der Heiligen Elisabeth, S. 32; H. Rueff, Das rheinisdie Osterspiel, S. 24; E. Sievers, Oxforder Benedictinerregel, S. X X ; K . Weinhold, Mittelhochdeutsdie Grammatik, §§ i 2 j , aü ov
v,o
a
127: E. Sievers, Oxforder Benedictinerregel, S. X X ; E. Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 6 1 ; s. auch § 19, Nr. 8. : s. o. unter au,. (Zu MP. zeugen vergleiche man W. Besch, Sprachlandschaflen und Sprachausgleich im 15. Jahrhundert, S. 232fr.). in vwe, owe: M. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, II, Sp. 193, setzt mhd. ouwe, owe, owe an. Es ist für das Mittelrheinische Passionsspiel wohl von einer der monophthongischen Formen auszugehen. Für den Fall, daß Kurzvokal vorlag, s. o. § 19, Nr. 5; für den Fall, daß Langvokal vorlag, s. V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, L i , § 7 8 ; R . Schützeichel, Mundart, Urkundensprache und Schriftspradie, S. 81-86 (mit weiterer Literatur). in awe: M. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, I, Sp. 106.
3. (mhd. öu) eu : A. Bach, Die Werke des Verfassers der Schladit bei Göllheim, S. 72 (nur einmal eu); K.Bartsch, Die Erlösung, S. V I I {eu)-, K.Demeter, Studien zur Kurmainzer Kanzleisprache, S. 61/62 {eu)-, J . F r a n c k - R . Schützeichel, Altfränkische Grammatik, § 35 {oi, oy; weiter die angegebene Literatur); H . Froeßl, Sprachbewegungen in Rheinhessen, S.95 {eu, oy, oi)-, B.Garbe, Sprachliche und dialektgeographische Untersuchungen, S. 1 6 1 ; Gh. W. M. Grein, Alsfelder Passionsspiel, S . X X I ; J . Hoffmann, Die Wormser Geschäflsspradie, S. i65f. (nur 3mal eu); V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, L i , §24 {eü), S. 180 {eu), S. 182; K. Nebert, Studien zur Speyrer Kanzleisprache, S. 48 {eu, oi, 6); E. Reinhold, Über Sprache und Heimat des hessischen Passionsspieles, S. 18; H . Rueff, Das rheinische Osterspiel, S. 25 (gewöhnlidi eu); K . Weinhold, Mittelhochdeutsdie Grammatik, § 128 {eu). ei
in vreide, freiden (Delabialisierung?, doch s. audi u.): H . Froeßl, Sprachbewegungen in Rheinhessen, S. 88 (Urkunde Alsheim); Gh. W. M. Grein, Alsfelder Passionsspiel, S . X X I {treimen: freude, freide, freidde und so weiter); J . Hoffmann, Die Worm-
Einordnung in das Westmitteldeutsche
181
ser Gesdiäftsspradie, S. i66; V. Moser, Frühneuhodideutsdie Grammatik, I. i, § 65; H. Rueff, Das rheinische Osterspiel, S. 25 (freiden, sonst Umlaut des ou = eu); H . Sdiwitzgebel, Kanzleisprache und Mundart in Ingelheim, S. 32ff.; F.Vogt, Salman und Morolf, S. I V (4mal freidenreich, sonst Umlaut des ou = eu); K . Weinhold, Mittelhochdeutsche Grammatik, § 128; E.Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu, S. 57. Zur früheren Vermutung »Es wäre schließlich [bei MP. vreide, freiden] auch an Vermischung mit vreidec, vreidecheit zu denken, das in der Bedeutung >munter, wohlgemut< und >Übermut, Ausgelassenheit< erscheint« (H. Stopp, Untersuchungen, S. 39) s. auch R. Bergmann, Studien, S. l o i Anmerkung 858: MP. vreide 193 »ist wohl nicht mit vreude >Freude< gleichzusetzen, da im St. Galler Passionsspiel keine Entrundung vorkommt«. Da nun in V. 247fF. dar nach kummet der iungeste dag. / Der danne bit freiden wil irstan, / der solte sich dorheit irlan das hit freiden kaum mit >ausgelassen, munter, übermütig< zu übersetzen ist, kann >zum mindesten eine Beeinflussung von dem anderen Wort vreide und entsprechende Kontamination in semantischer Hinsicht< (R. Schützeichel, brieflich) vorliegen - wozu dann auch die Singularität der ei-Schreibung gerade in freide(-) in den oben genannten Quellen passen würde (man vergleiche auch H . Bach, Handbudi der Luthersprache, I, S. 22if.). e
au
in gelebet (falls kein Schreibfehler: e < e z ? ) : W.Fleischer, Untersuchungen zur Geschäftssprache des 16. Jahrhunderts in Dresden, S. i34f.; O. Mausser, Mittelhochdeutsche Grammatik, S. 544/45; V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, 1 . 1 , § 79.II. in drauwen-, V. Moser, PBB. 51 (1927) S. 100, 108.
4. (mhd. ie) i, ie Die Entsprechungen der mittelhochdeutsch hohen Diphthonge ie, üe, uo erscheinen im Mittelrheinischen Passionsspiel als Normalschreibungen ie, i und u, ü. Sie sind monophthongisch zu werten, worauf schon die Schreibungsvariation — im Vergleich mit dem Mittelhochdeutschen und dem heutigen Lautwert selbst hinweist. Darüber hinaus deuten auf Monophthonge die Schreibungen du, nü, sun und so welter und ieme - also u für mhd. u, ie für mhd. i - und die Reime des Typs sün:dun, ge5unt:stunt und so weiter. Die sogenannte neuhochdeutsche Monophthongierung ist also in der Sprache des Mittelrheinischen Passionsspiels erwartungsgemäß durchgeführt. Ihre Chronologie sei für das Westmitteldeutsche nach R. Schützeichel, Mundart, Urkundensprache und Schriftsprache, S. 69, skizziert: »Die Erscheinung ist [ . . . ] spätestens seit dem l o . / i i . J h d . nachzuweisen, erlangt in Rheinhessen im 12. Jhd. die Herrschaft und dringt im 13. Jhd. auch in die Pfalz vor.« Zu ie, i in sonstiger westmitteldeutscher Oberlieferung s. auch etwa A. Bach, Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim, S. 65; K.Demeter,
182
Lokalisierung Studien zur Kurmainzer Kanzleisprache, S. 58fF.; H . Froeßl, Spradibewegungen in Rheinhessen, S. 74f.; J. Hoffmann, Die Wormser Geschäftssprache, S. i6off.; H . Jeske, Der Kodex Trier, S. 86, 89f.; J.Meier, Bruder Hermanns Leben der Gräfin Jolanda von Vianden, S. X X X I I ; V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i, § 8 1 . 2 ; A . M ü l l e r , Das niederrheinische Marienlob, S. 19; R. Nebert, Zur Geschichte der Speyrer Kanzleisprache, S. 47; M. Rieger, Das Leben der Heiligen Elisabeth, S. 29; E. Sievers, Oxforder Benedictinerregel, S. X X I ; F.Vogt, Salman und Morolf, S. IV. i
ei
in di: A.Bach, Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim, § 1 6 1 ; K . Weinhold, Mittelhochdeutsche Grammatik, § 484in leiber. Es ist, falls keine Verschreibung vorliegt, dafür vielleicht der Lautwert e anzunehmen, der in den nördlichen westmitteldeutschen Mundarten heute bis südlich der Mosel und der Lahnmündung gilt und in den früheren schriftlichen Zeugnissen oft als graphisdiei ei erscheint; s. J. F r a n c k - R . Schützeichel, A l t fränkische Grammatik, §§ 38, 42 und etwa A . Bach, Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim, § 82; V . Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, 1 . 1 , § 81.4; R. Schützeichel, Mundart, Urkundensprache und Schriftsprache, S. 68-75, ^^ weiterer Literatur); H . Schwitzgebel, Kanzleisprache und Mundart in Ingelheim, S. 27f. Andererseits gelten heute auf verschiedenen mitteldeutschen Gebieten steigende Diphthonge ei, ou (öü) für mhd. ie, uo, üe: s. P. Wiesinger, Phonetisch-phonologische Untersuchungen zur Vokalentwicklung in den deutschen Dialekten, 2, S. 2, 33ff., und es werden audi Belege aus früherer Zeit genannt: s. K . Arens, Die Sprache in den deutschen Drukken Johannes Schöffers, S. 43, 68, 86; K . v. Bahder, Über ein vokalisches Problem des Mitteldeutschen, S. 6ff., 11, 39f.; E. Christmann, Sprachbewegungen in der Pfalz, S. 52-57; O.Mausser, Mittelhochdeutsche Grammatik, S. 71, 88, 89; V.Moser, PBB.47 (1923) S. 366-68; V.Moser, Frühneuhodideutsche Grammatik, 1. I, § 81.3; E. Reinhold, Über Sprache und Heimat des hessischen Weihnachtsspieles, S. 15 (164 ie, 5 ei, 23 i, 23 y, 2 e); K . Weinhold, Mittelhochdeutsche Grammatik, § 136. Zu früheren Erklärungen dieser ei, ou s. R. Bruch, Das Luxemburgische im westfränkischen Kreis, S. 93fF.; Th. Frings, Sprache und Geschichte, II, S. 99f. Für die Annahme, daß in MP. leiber mit e zu rechnen ist, sprechen, von anderen Erwägungen abgesehen (s. P. Wiesinger, am angegebenen Ort), die Parallelität der Schreibungen e (ee), ei, ey für mhd. ie und o, oe, oi, oy (nicht also ou, au oder ähnlich) für mhd. uo in der mittelrheinischen Schriftlichkeit (s. B. Garbe, Sprachliche und dialektgeographische Untersuchungen, S. 64, 66 [sporadisch treten im 14. Jahrhundert auch in Frankfurt Schreibungen dieser Typen a u f ] ; R. Schützeidiel, Mundart, Urkundensprache und Schriftspradie, S. 74, 80) und
E i n o r d n u n g in das Westmitteldeutsche
v,u
i g j
auch das jüngere Alter der einigermaßen sicheren schriftlichen Belege für steigenden Diphthong (s. die oben genannte Literatur). in vm(m)er, nummer (Labialisierung j > «?, s. auch o., § 19, Nr. /f.; doch sieh auch ummer:sommer\ H . RuefF, Das rheinische Osterspiel, S. 24). Die Schreibung « (v) in diesen Wörtern ist im Mitteldeutsdien äußerst häufig, s. etwa H . Bach, Handbuch der Luthersprache, I, S. z^Sf.; W. Fleischer, Untersuchungen zur Geschäftssprache des 16. Jahrhunderts in Dresden, S. 128 Anmerkung (mit Literatur); zum Bairischen s. auch E. Schwarz, PBB. j8 (1934) S. 380. Im mitteldeutsdien Westen gilt sie vom Ribuarischen bis ins Rheinfränkische: K . Arens, Die Sprache in den deutschen Drucken Johannes Schöffers, S. 37; A . Bach, Die Werke des Verfassers der Schlacht bei Göllheim, § 83 und Karte 8; E. Dornfeld, Gottfried Hagens Reimchronik, S. 135, 150; J. F r a n c k - R . Schützeichel, Altfränkische Grammatik, §§20, 39; Th. Frings, Teuthonista 3 (1926/27) S. 107; H . Froeßl, Sprachbewegungen in Rheinhessen, S. 88; B.Garbe, Sprachliche und dialektgeographische Untersuchungen, S. 137; J. Hoffmann, Die Wormser Geschäftsspradie, S. 162; H . Jeske, Der Kodex Trier, S. 78; K . - O . Langenbucher, Studien zur Sprache des Kölner Judenschreinsbuches, S. i j i - 1 5 7 ; J.Meier, Bruder Hermanns Leben der Gräfin Jolande von Vianden, S. X X X I I f.; V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, I. i , § 66.6; E.Sievers, Oxforder Benedictinerregel, S. X X I ; F.Vogt, Salman und Morolf, S. IV.
5.6. (mhd. uo, üe) u, ü s. o. N r . 4, ie, i; weiter § 19, N r . 7f. a in wafet. Der Reim wafet:rufet 1165 könnte mhd. uo:uo (beziehungsweise «e;«e; s. H . P a u l - H . M o s e r - 1 . Schröbler, Mittelhodideutsche Gramatik, § 1 8 Anmerkung 11) entsprechen. Es könnte sich in wafet:rufet ein >grundsprachlicher< Reim wöfet: röfet reflektieren, wobei es sich um den >Typ br5der< handeln würde; s. R. Schützeichel, Mundart, Urkundensprache und Schriftsprache, S. 7J-81, mit weiterer Literatur. Die Schreibung a in wafet könnte aus der >Verdumpfung< von mhd. a erklärt werden, wie sie im Mittelrheinischen Passionsspiel nur in swo, io, do (§ 20, N r . i) belegt ist; s. dazu auch V.Moser, Frühneuhochdeutsche Grammatik, L i , § 7 8 . 1 : a für mhd. o; R. Schützeichel, Mundart, Urkundensprache und Schriftspradie, S. 82f.: uo, ue, u für mhd. o und o, oe, oi, oy, ue, u für mhd. uo. D a mit stellte der Fall eine bemerkenswerte Parallele zu dem singulären ei für mhd. ie dar (s.o., N r . 4: M P . leiber) und würde dessen Deutung als Schreibung für e weiter abstützen. Andererseits kann (worauf R. Schützeichel brieflich hinweist) in wafet auch der Reflex von gesprochenem a (ä) vorliegen; s. zu wafe(l)n, waafe(le)n, waffe(l)n (und ähnlich) »plaudern, schwät-
ig^
Lokalisierung
zen, veräditlidi sprechen< (und ähnlich) etwa K . Gönrath, Die Volkssprache der unteren Saar und der Obermosel, S. 266; H . Dittmaier-R.Schützeichel-M.Zender, Rheinisches Wörterbuch, I X , S. 180; H. Fischer-W. Pfleiderer, Schwäbisches Wörterbuch, V I , S. 3387 (weifen); J . G r i m m - W . Grimm, Deutsches Wörterbuch, X I I I , Sp. 249; E. M a r t i n - H . Lienhart, Wörterbuch der elsässisdien Mundarten, II, S. 794; F. Schön, Wörterbuch der Mundart des Saarbrüdier Landes, 5 . 2 2 2 ; A . F . C.Vilmar, Idiotikon von Kurhessen, S. 433 (Eschwege a. 1484 gewaffelt mit Worten)-, F. L. K . Weigand, Deutsches Wörterbuch, II, Sp. i i j ö f . In den Beständen des Pfälzischen Wörterbuchs finden sich (laut einer brieflichen Mitteilung W. Metzlers) für Kaiserslautern die Formen wäfa >sinnlos reden< und gdwäfs >seichtes, sinnloses Geschwätz §§ 27; 43-45; 47; H . Stopp, R h V B . 38 (1974) S. 62-75.
Entsprechungen anderer mittelhochdeutscher Vokale: 1.
Mittelhochdeutsche Kürzen: H . M o s e r - H . Stopp, Grammatik des Frühneuhochdeutschen, I.3, § § 6 - 9 : mhd.