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German Pages 136 [138] Year 2019
Neben Pyramiden hat das antike Ägypten auch eine weitzurückreichende christliche Tradition zu bieten: das koptische Christentum und seine ganz eigenen, bis heute praktizierten ursprünglichen Bräuche. Auf der Basis von Papyri, archäologischen Funden und nicht zuletzt mithilfe der phantastischen Fotografien von Jo Bischof nimmt uns dieses Buch mit auf eine Expedition in das Land des Nils, die uns die facettenreiche Geschichte der Christen Ägyptens vor Augen führt. 136 Seiten mit 106 Farb- und 6 s/w-Abbildungen
DAS KOP TISCHE ÄGYP TEN – Schätze im Schatten der Pharaonen
Siegfried G. Richter mit Fotos von Jo Bischof
DAS KOPTISCHE ÄGYPTEN Schätze im Schatten der Pharaonen
ISBN 978-3-8053-5211-6
www.zabern.de
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DAS KOPTISCHE ÄGYPTEN SCHÄTZE IM SCHATTEN DER PHARAONEN Siegfried G. Richter mit Fotos von Jo Bischof
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DAS KOPTISCHE ÄGYPTEN SCHÄTZE IM SCHATTEN DER PHARAONEN Siegfried G. Richter mit Fotos von Jo Bischof
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136 Seiten mit 106 Farb- und 6 s/w-Abbildungen
Titelbild: Ruinen des Jeremiasklosters in Sakkara. Umschlag Rückseite: Blick auf die Märtyrerkirche der Menasstadt. Frontispiz: Begegnung mit Ägypten.
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Der Verlag Philipp von Zabern ist ein Imprint der wbg.
© 2019 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Gestaltung: Melanie Jungels, TYPOREICH – Layout- und Satzwerkstatt, Nierstein Herstellungsbetreuung: Ilka Schmidt, wbg, Darmstadt Redaktion: Eva Pasch, Holger Kieburg, wbg, Darmstadt Repros: Helmut Ludwig, Layout l Satz l Bild, Gensingen Druck: Livonia
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Buchhandelsausgabe: 978-3-8053-5211-6 ANTIKE WELT-Sonderheft: 978-3-8053-5212-3
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
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Inhalt 7 Vorwort
78 Das Antoniuskloster
11 Einleitung
84 Das Jeremiaskloster in Sakkara
15 Das bekannte Ägypten – Land der Pyramiden, Mumien und Hieroglyphen
89 Auch heute wird noch gefeiert – Das Kloster von Durunka
21 Weltstadt Alexandrien – Sklavin und Rivalin Roms
92 Schenute der Große und das Weiße Kloster von Sohag
32 Ägyptische Götter und die neue Religion
98 Die koptische Sprache
40 Die spätantike, byzantinische oder koptische Epoche Ägyptens
103 Die gnostische Bibliothek von Nag Hammadi
46 Das unbekannte Ägypten – Die Wiege des Mönchtums
112 Die Religion des Lichtes
56 Ein Bischof erzählt vom Abenteuer Mönch 64 Die Menasstadt – Von Wundern, Pilgern und Märtyrerfesten 73 Die Klöster – Himmelreiche auf Erden
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120 Die Kopten in Ägypten 130 131 133 136 136
Zeittafel Zitate Weitere Leseempfehlungen Bildnachweis Adressen des Autors und des Fotografen
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Vorwort
Koptische Zentren ab dem 4. Jh. n.Chr. Mittelmeer
Alexandria
Totes Meer
Wadi Natrun
Abu Mina
Menasstadt
Terenutis Gisa Saqqara
Großer Bittersee
Babylon
Alt-Kairo
Nil
Oase Fayum Moeris-See
Atribis
Krokodilopolis Arsinoe
Medinet el-Fajum
Antoniuskloster
Herakleopolis Ahnas Oase Baharija
Behnasa
Abu Fano Hermupolis Magna Aschmunein
Akoris
ÄGYPTEN
Antinooupolis
Schech Abade
Deir Abu Hennes Tuna el Gebel Daschlut ARABISCHE Lykopolis Assiut WÜSTE
LIBYSCHE WÜSTE
Oase Dachla
Panopolis Rotes Kloster Achmim Weißes Kloster Faw Qibli Pbow Tentyra Nag Hammadi Deir El Bahari Theben West Dendara Theben Hermonthis Armant
Oase Kharga
El Bagawat
50
100
150 km
Myos Hormos
Rotes Meer
Luxor
Latopolis Esna
Apollonopolis Edfu Magna
Deir Anba Hadra 0
Katharinenkloster
Nil
Oase Farafra
Pauluskloster
Karara
Oxyrhynchos
Sinai
Simeonskloster
Erster Katarakt
Syene Philae
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Vorwort
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as vorliegende Buch blickt auf eine lange Werdegeschichte zurück. Im Rahmen der Ausstellung «Sammler, Pilger, Wegbereiter. Die Sammlung des Prinzen Johann Georg zu Sachsen» im Landesmuseum Mainz hielten meine Frau Dr. Suzana Hodak und ich im Frühjahr 2005 einen Vortrag mit dem Titel «Der Prinz und der Nil: Von Mumien, Mönchen und ägyptischem Kaffee». Unter den Zuhörern befand sich der Fotograf Jo Bischof, der insbesondere von der illustrierten Vielfalt des koptischen Kulturerbes begeistert war. Wie sich herausstellte, hatte er bereits mehrere Reisen nach Ägypten unternommen und dabei ein reges Interesse vor allem an der koptischen Bevölkerung des Landes und ihrem Alltag gefunden. Als Ergebnis hatte er bereits zu diesem Zeitpunkt ein ansehnliches Bildarchiv zusammengestellt. Der Prinz hatte Gleichgesinnte zusammengeführt, die sich fortan durch ihre Faszination für Ägypten, seine Spätantike und
die koptische Bevölkerung verbunden fanden. Relativ schnell entwickelte sich der Plan, ein gemeinsames Buch zu verfassen. Zu dessen Werdeprozess gehörte auch eine Reise nach Ägypten, während der vor allem jene Orte aufgesucht wurden, die in der Regel nur einem kleinen Kreis von Fachleuten gegenwärtig sind. Ungeachtet der Arbeit an anderen Projekten und weiteren beruflichen Verpflichtungen konnte die Vision letztlich in die Realität umgesetzt werden. Die Aufnahmen von Jo Bischof entstanden zwischen 2003 und 2011. Beide, sowohl der Fotograf als auch der Autor, sind der festen Überzeugung, dass in Ägypten Kapitel der (Kultur-)Geschichte geschrieben wurden, die zumeist, wenn überhaupt, nur einer Randnotiz als würdig erachtet werden. Das vorliegende Buch will einen Beitrag leisten ihren tatsächlichen Stellenwert darzulegen. S.G. Richter
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Das Pauluskloster (Vordergrund) im Wüstengebirge am Roten Meer.
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Einleitung
Das Tal der Könige.
Blick auf die Ruinen der Menasstadt. Im Hintergrund das moderne Menaskloster.
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Einleitung
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elcher Ägyptenreisende verirrt sich schon in die Menasstadt? Wer kennt überhaupt diese Ruinen, die weniger als 50 km von Alexandrien entfernt liegen? Sie zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe wie das Tal der Könige mit dem Grab des Tutanchamun. Die Menasstadt war eines der größten Pilgerzentren der Spätantike. Es war das Lourdes der alten Welt, wie es so schön auf einer Tafel des Koptischen Museums in Kairo heißt. Die Menschen in den ersten christlichen Jahrhunderten pilgerten von weit her zum Sanatorium des heiligen Menas, um in der Nähe seines Grabes gesegnet zu werden und zu gesunden. Leider führen moderne Bewässerungsmaßnahmen zu einem dramatischen Anstieg des Grundwasserspiegels. Die Mauern saugen sich voll, der Boden gibt nach, die Grüfte stürzen ein. Die Ruinen mehrerer Kirchen, Thermen und Herbergen für die Pilger, Prachtstraßen – mehr noch: das in der antiken Welt einzigartige Sanatorium für den Heilschlaf – dürften dem Untergang geweiht sein. Die Menasstadt ist nur ein Beispiel für die vielen Schätze Ägyptens, die im Schatten der glorreichen Zeit der Pharaonen stehen. Etwa drei Jahrhunderte nach dem Tod Kleopatras und noch über die Eroberung durch arabisch-islamische Herrscher im 7. Jh. hinaus erblühte in Ägypten eine Kultur, die ihre Traditionen bis in die heutige Zeit bewahrt. In dieser Zeitspanne wurden alte Traditionen verlassen oder transformiert und trotz politischer Abhängigkeit von den damaligen Weltmächten erstaunliche Leistungen erbracht. Viele bedeutende Quellen zum frühen Christentum und seinen Widersachern stammen aus Ägypten. Diverse Museen in der ganzen Welt – unter ihnen auch das Koptische Museum in Kairo – halten vielfältige archäologische Hinterlassenschaften und spannende Lektüre bereit. Privatbriefe, Urkunden, Bittgesuche, magische Texte, gnostische Texte, manichäische Texte, ganze Archive voller Rechtsstreitigkeiten sind dort zu
finden. Einzigartige Bibliotheken von Religionen und Sekten, die mit dem Christentum konkurrierten, sind nur in ägyptischer, also koptischer Sprache im Original überliefert. Diese Schriften wurden aber nicht nur dort, sondern in der gesamten Alten Welt, soweit sie verbunden war (also das heutige Europa, Nordafrika und Asien) gelesen. Zudem stammen insgesamt, das Griechische eingeschlossen, aus dem Land am Nil weit über 90 % aller Papyrusfunde der Alten Welt. Ohne die immens bedeutenden Papyrusfunde neutestamentlicher Handschriften und der späte-
Eingangstor zum Koptischen Museum, dem Hort koptischer Kunst und vieler Handschriften.
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ren Überlieferung auf Pergament wäre z. B. unsere Kenntnis der frühen Geschichte des Neuen Testamentes, nach wie vor eines der bedeutendsten Bücher der Menschheitsgeschichte, noch auf einem ganz anderen Stand verblieben. In den ersten Jahrhunderten nach der Zeitenwende treten alte und neue Religionen in einen Wettstreit, der den Fortgang der Geschichte bis heute mitbestimmt. Dabei hatte das frühe Christentum nicht gar so viel mit der westlichen, bürgerlichen Form zu tun, wie man meinen mag. Von den vielen Möglichkeiten, die in ihm lagen, setzte sich eine mit der Macht verbundene institutionalisierte Richtung durch. In Ägypten selbst bewahrte es bis heute einen mentalen Kern, der – abgeschieden von der Bühne der Weltgeschichte – aus der Zeit der ersten Jahrhunderte stammt. Die Fortsetzung von Traditionslinien zeigt auch die koptische Sprache, die heute noch im Gottesdienst der ägyptischen Kirche lebendig ist. Als letzte Stufe der alten ägyptischen Sprache der Hieroglyphen überdauerte sie die Jahrhunderte ähnlich dem Lateinischen im westlichen Zweig des Christentums. Im modernen Sprachgebrauch wird die Bezeichnung Kopte oder koptisch für die Mitglieder der orthodoxen Kirche Ägyptens verwandt. Dabei handelt es sich aber um eine moderne Einengung seiner ursprünglichen
Bedeutung, die äußerst spannend ist. Aus einer alten ägyptischen Bezeichnung für das berühmte Heiligtum «Haus des Ptah» (hutka-ptah) von Memphis entstand aus der Lautfolge ka-pt im Griechischen der nuancierte Ausdruck gypt und daraus die Bezeichnung ai-gypt-os als Landesbezeichnung für Ägypten. Durch den Wegfall der ersten und letzten Silbe des griechischen Wortes (es bleibt wiederum «gypt») entstand die Bildung qbt. Dies ist der Name, den die arabischmuslimischen Eroberer der einheimischen ägyptischen Bevölkerung gaben, der Bevölkerung also, für die (u. a.) die koptische Sprache die Muttersprache war. Unschwer ist in dieser Bezeichnung qbt die spätere sprachliche Bildung kopt zu erkennen – eine multilinguale Wortbildung, die dem abendländischen Ohr so fremd klingende Worte wie Kopte, koptische Kirche oder Koptologie (von «Koptologinnen» und «Koptologen» ganz zu schweigen) bescherte. Zur Zeit der Eroberung im 7. Jh. war Ägypten ein christliches Land, und so verwundert es nicht, dass der Begriff im Verlauf der Islamisierung (im 7. Jh. waren mit Sicherheit über 95 % der ägyptischen Bevölkerung Christen) als Bezeichnung für die christlichen Ägypter verwandt wurde. In der ursprünglichen Bedeutung, so soll hier festgehalten werden, waren die einheimischen Ägypter (a priori egal
Nach koptischer Tradition soll Bubastis im Delta eine der Stationen der Heiligen Familie gewesen sein: Jesus soll hier einen Brunnen gebaut haben.
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welchen Glaubens) Kopten und erst im Laufe der Geschichte ergab sich eine Bedeutungsverengung auf die Anhänger der koptisch-orthodoxen Kirche der Moderne. Da das Erbe der Spätantike gerecht zugeteilt werden soll, wird hier in inzwischen angefochtener wissenschaftlicher Tradition von einer koptischen Zeit Ägyptens, einer koptischen Kunst, koptischer Architektur etc. gesprochen. Niemand weiß genau, wie viele Christen es heute in Ägypten gibt. Die Schätzungen schwanken von den 6 bis 7 % einer Volkszählung von 1996, die einem Sammelband der Amerikanischen Universität Kairo über die arabische Gesellschaft zu entnehmen sind, bis zu 12 bis 15 % in anderen Quellen wie dem Fischer Weltalmanach von 2006 und den etwa 20 %, die die Kopten beanspruchen. Kenntnisse über die Kopten und deren Geschichte, wie die heutigen Anhänger der ägyptischen Kirche genannt werden, die sich 451 vom Rest des Christentums abspaltete, werden im Allgemeinen eher vernachlässigt. Ist sie doch nur eine Minderheit in einem orientalischen Land.
Doch Ägypten zählte zu den ersten Ländern der Welt, die christianisiert wurden. Schenkt man dem Neuen Testament Glauben, so hielt sich dort während ihrer Flucht vor Herodes die Heilige Familie auf. Der Reisende durch das heutige Ägypten gelangt an viele Orte, an denen der einstigen Anwesenheit Jesu gedacht wird. Auch aus diesem Grunde sind die koptischen Christen stolz auf ihr Ägypten, dass durch die Anwesenheit des leiblichen Erlösers gesegnet wurde. Der Evangelist Markus höchstpersönlich soll die frohe Botschaft gebracht haben. Historisch ist beides nicht nachweisbar, die Legende vom Evangelisten ist das erste Mal im 4. Jh. n. Chr. beim Kirchenhistoriker Eusebius belegt. In Alexandrien, einer der ersten multikulturellen Großstädte der Welt, begegnete das Christentum der Philosophie. Die Gründung einer christlichen Schule Ende des 2. Jhs. n. Chr. war eine Pionierleistung, die mit den Namen berühmter Theologen wie Clemens Alexandrinus und Origenes verbunden ist. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich die Tradition, in der die christliche Minder-
Blick auf die die imposanten Tempelruinen von Bubastis.
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heit Ägyptens steht, als ein gewaltiges Erbe – denn das Christentum entstand nicht nur im Morgenland, sondern wurde dort in seinen ersten Jahrhunderten entscheidend geprägt. Die Entstehung des Mönchtums gehört zu den größten kulturellen Leistungen, die das Land am Nil der Welt schenkte. In der Mitte des 5. Jhs. spaltete sich das Christentum aufgrund von Machtspielen in verschiedene Richtungen auf. Anfangs nur einer unter vielen, begann im Zentrum der damaligen Weltpolitik der Aufstieg des römischen Patriarchen zum Papst. Die alexandrinischen Patriarchen, zunächst große Gegenspieler, befanden sich nach der arabischen Eroberung Ägyptens auf dem Weg in die weltpolitische Bedeutungslosigkeit. Das Heute kann nur verständlich werden, wenn man mit dem Verstehen des Gestern beginnt. Der so grundverschiedene Weg der beiden Schwestern hat tiefe Spuren in ihrer Mentalität hinterlassen. Die Christen Ägyptens wurden weder durch Macht und Reichtum, noch durch die Versuchungen westlicher Leistungsgesellschaften verführt – Kopten glauben tief daran, dass Jesus durch seine Anwesenheit ihr Land auf besondere Weise segnete.
Neben dem Griechischen hat kaum eine andere Sprache mehr Evangelien und frühe christliche Schriften bewahrt als das Koptische. Neben den bekannten kanonischen Evangelien des 1. Jhs. n. Chr. entstanden ab dem 2. Jh. n. Chr. mehr als 60 oder 70 weitere, von denen oftmals nur die koptische Übersetzung die Jahrhunderte überdauerte. Hinzu treten Schriften wie Apokalypsen, apokryphe Briefe, Weisheitsliteratur usw., die einen tiefen Einblick in die Welt des frühen Christentums gestatten. Am bekanntesten ist vielleicht das Thomasevangelium aus dem 2. Jh. n. Chr., das mit seinen Jesusworten auch heute noch den Leser fasziniert und in einigen nordamerikanischen Kirchen den Evangelien des Neuen Testamentes als ebenbürtig betrachtet wird. Die christliche Tradition Ägyptens reicht in die heutige Zeit und hat vielleicht eine Ursprünglichkeit bewahrt, wie sie an anderen Orten weitgehend verloren gegangen ist. Auch die religiösen Bräuche und Feste, der echte Glaube an Wunder und die Demut der ägyptischen Christen gehören zum unbeachteten Teil Ägyptens, dem sich dieses Buch zu widmen wagt.
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Skorpiongöttin Selket.
Das bekannte Ägypten – Land der Pyramiden, Mumien und Hieroglyphen
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er kennt sie nicht, die Pyramiden Ägyptens, allen voran die drei großen auf dem Pyramidenfeld von Gizeh? Die mächtigen Bauwerke gelten neben den Mumien als Wahrzeichen Ägyptens schlechthin – Zeugen einer Zeit, in der der Orient kultureller Vorreiter der Menschheit war und ein großes Erbe hinterließ. Das ex oriente lux ist längst sprichwörtlich geworden. Etwa zeitgleich zu Mesopotamien wurde hier die Schrift erfunden. Die Kunst erreichte ihre ersten Höhepunkte. Und vor allem entwickelten die Ägypter das politische Know-how, einen großen Staat zu verwalten und zu organisieren. Für die Archäologie günstige Umstände wie Wüstensand, Fels und Steinbauten bewahrten zudem viele der Schätze, seien es
Tempel, Statuen, Malereien oder Papyri. Die Berühmtheit dieser Kultur währt nun schon über zweieinhalbtausend Jahre. Denn schon die ersten «europäischen» Besucher bestaunten eine Kultur, die ungleich älter war als ihre eigene. Herodot, der im 5. Jh. v. Chr. das Wissen der Griechen um die alten Völker niederschrieb, bemerkte nicht nur, dass es nirgends sonst so viele bedeutende Bauwerke gebe, sondern dass sogar die Rechenkünste der Ägypter den griechischen überlegen seien. Spätestens von dieser Zeit an wuchs Ägyptens Ruf, Ursprungsland vieler Mysterien und Götter, auch der Wahrsagerei und der Zauberei zu sein. Selbst das mächtige Rom war nicht nur von den Obelisken fasziniert, die zur Zierde seiner Plätze abgebaut
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Eine klassische Schreiberstatue aus dem Alten Ägypten erfährt Aufmerksamkeit von einer Koptin und zwei muslimischen Frauen. Ägyptisches Museum Kairo: Die Götter und Pharaonen üben nach wie vor einen heimlichen Reiz aus.
und verschifft wurden, sondern auch von den mächtigen Gottheiten. So wurde die Göttin Isis zur Schutzherrin seiner Schifffahrt. Aber auch heute noch wird unser Leben von ägyptischen Erfindungen geprägt. So geht z. B. die Einteilung des Kalenders in 12 Monate mit 30 und 5 zusätzlichen Tagen auf die alten Ägypter zurück. Julius Caesar blieb bei seiner Übernahme nur die Einführung des Schaltjahres, Tribut des Zahlensystems an den nicht ganz passenden Jahreslauf der Sonne. Nichts Anderes fand im Prinzip bei der gregorianischen Kalenderreform statt, so dass man mit gleichem Recht auch von unserem ägyptischen Kalender sprechen könnte. Und unser Monat August heißt so, weil in diesem Monat Antonius, der Geliebte der Kleopatra, von Octavian besiegt und Alexandrien eingenommen wurde. Denn nachdem Octavian den Ehrennamen Augustus erhalten hatte, wurde der Monat, in dem dieses historische Ereignis stattfand, mit dem gleichen Namen benannt. So nah kann Vergangenheit sein. Was die Pyramiden von Gizeh anbelangt, zählte sie bereits Antipatros von Sidon, im 2. Jh. v. Chr. ein berühmter Dichter von Epigrammen, zu den sieben Weltwundern. Zudem besaß Ägypten mit dem Leuchtturm auf der Insel Pharos gleich zwei von ihnen. Im Laufe der Zeit änderte sich zwar diese Liste, doch das Land am Nil behielt seine Ausnahmestellung. Ob die hängenden Gärten zu Babylon, die Götterstatue des Zeus in Olympia, der Artemistempel in Ephesus oder die anderen: Sie verbindet, dass sie nur in Nachrichten und spärlichen Überresten der Nachwelt erhalten blieben. Die Pyramiden sind die einzigen dieser Meisterleistungen von Bauleuten und Künstlern, die nahezu in voller Größe bewundert werden können. Und um die Überlegenheit altägyptischer Kultur vollkommen zu machen: Sie sind auch noch die ältesten unter ihnen. Vor allem lässt sich aus diesen sichtbaren Wahrzeichen vieles erschließen, was heute unsichtbar ist. Ein für die damalige Zeit einmaliger Aufwand an Mensch und Material muss zu völlig neuen Infrastrukturen geführt haben. Es musste geplant, kommuniziert und organisiert werden, um die Arbeitsmittel herbeizuschaffen, die verschiedenen Arbeitsab-
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Alltag an den Pyramiden.
Die Djoserpyramide mit einem riesigen Komplex an Scheinbauten für den dahingegangenen Pharao.
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Jedes Kind kennt ihn, den in seiner Zeit relativ unbedeutenden Pharao Tutanchamun. Jo Bischof war wohl einer der letzten, der ohne viel Umwege ganz nahe an ihn herankam.
läufe aufeinander abzustimmen, die Leute zu versorgen und alles unter einer Zielsetzung möglichst pünktlich zum Abschluss zu bringen. Der Begriff der Pyramidenzeit für das Alte Reich trägt diesen Fakten Rechnung. In dieser Zeitepoche, die sich vom 28. oder 27. bis zum 22. Jh. v. Chr. erstreckte, wurden die ersten und größten dieser Bauwerke erstellt. Um sich die zeitlichen Dimensionen besser vorstellen zu können, in denen wir uns mit diesen Angaben befinden, möge man sich einmal deutlich vor Augen halten, dass wir heute im 21. Jh. n. Chr. leben. Einer der bekanntlich ältesten monumentalen Steinbauten der Welt ist die Stufenpyramide des Königs Djoser in Sakkara – entstanden im 27. Jh. v. Chr. Nur wenige hundert Meter entfernt liegt die Pyramide des Unas, die die älteste bekannte Sammlung religiöser Texte auf den Wänden ihrer Grabkammer überliefert. Sie ist um rund 300 Jahre jünger und datiert in das 24. Jh. v. Chr. Im Totenreich der Wüste «symbolisierten» die Pyramiden wahrscheinlich Himmelsaufstieg und geistige Verwandlung, verhießen, in Stein gehauen, das Weiterleben nach dem
Tode. Als Grabmal der Pharaonen bilden sie bis heute das Zeugnis für einen urtümlichen Glauben, in dem der Körper erhalten werden musste, damit der Mensch weiterexistieren konnte. Die zeitliche Ausdehnung dieser Kultur wird dem in den Kategorien der nachchristlichen Zeit denkenden Menschen vielleicht leichter vorstellbar, wenn die Ausläufer der pharaonischen Zeit noch nach der Zeitenwende in Betracht gezogen werden. Die Göttin Isis wurde spätestens seit der 5. Dynastie verehrt, das bedeutet etwa seit dem 26. oder 25. Jh. v. Chr. Ihr letzter Kult ist südlich der ägyptischen Grenze gegen Mitte des 6. Jhs. belegt. Damit brachte es die majestätische Himmelsgöttin, Gottesmutter und Listenreiche auf mehr als drei Jahrtausende der Verehrung, bevor sie auch von ihrer letzten bekannten Bastion vertrieben wurde, dem Tempel von Dendûr in Nubien, etwa 77 km südlich von Assuan. Eine koptische Inschrift auf einer Türzarge – das älteste Dokument, das die offizielle Annahme der christlichen Religion am Königshof bestätigt – belegt, dass ihr letzter bekannter Kult der Einrichtung einer christlichen Kirche weichen musste. Der von
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Ihre Lebendigkeit und Aktualität ist noch immer verblüffend.
der neuen Religion verehrte Gottessohn hatte zu diesem Zeitpunkt erst eine Geschichte von 500 Jahren hinter sich, im Gegensatz zu seiner Konkurrentin besaß er jedoch bessere Zukunftsaussichten. Die pharaonische Kultur wurde aber Jahrhunderte vorher schon entscheidenden kulturellen Einflüssen ausgesetzt, die selbst in die tiefsten Gründe menschlichen Lebens wie der Sprache und Religion drangen. Der Eroberung durch Alexander den Großen folgt die Eingliederung als Provinz in das Römische Reich. Nach der Reichsteilung wird das Land Byzanz, der Hauptstadt des Oströmischen Reiches, zugeordnet.
Nachpharaonische Zeit bis zur islamischarabischen Eroberung Ptolemäischhellenistische Zeit Römische Zeit Spätantike, byzantinische oder koptische Zeit
332–30 v. Chr. 30 v.–284 n. Chr. 284–646 n. Chr.
Das Wissen um das Ägypten der pharaonischen Zeit ist unserem kulturellen Gedächtnis tief eingeprägt. Wird man sich zudem bewusst, dass von dorther, verbunden mit dem eigentümlichen Pharao Echnaton oder Achenaten, einige der ältesten monotheisti-
schen Gedanken der Menschheit stammen, so nähert man sich der geistesgeschichtlichen Bedeutung des pharaonischen Ägypten. Die Kenntnis selbst von Details gehört zur Allgemeinbildung und zum Schulwissen. Wenig beachtet wird, dass kulturwandelnde Impulse der nachpharaonischen Zeit Ägyptens über die Mittelmeerwelt als Zwischenstation eine weltweite Wirkung entfachten. Dass das halbe Jahrtausend nach Christi Geburt, auf dem die lebendige christliche Tradition des Landes gründet, von den heutigen Reisenden vernachlässigt wird, mag viele Gründe haben. Einer ist sicherlich, dass die materiellen Hinterlassenschaften im Verhältnis zu den pharaonischen als dürftig erscheinen. In der Tat gibt es mehr und besser erhaltene Relikte aus der Zeit vor Null, ein Umstand, der auch archäologischen Sünden zuzuschreiben ist. An der Erforschung von «nur» 1500 Jahre alten Relikten besaßen Ägyptologen eher ein Nebeninteresse. Spätantike Baustrukturen wurden einfach abgetragen und dies meistens ohne brauchbare Fundaufnahmen und Pläne. Von einer Verfallszeit war die Rede, mit der sich zu befassen es sich nicht lohnte. Zu Recht sagte Goethe, dass man nur sieht, was man weiß. In den Jahrhunderten nach der Zeitenwende brodelte es in der Mittelmeerwelt: Völ-
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ker bekämpften sich, Religionen mischten sich und die damals kulturell führenden Gebiete der Welt befanden sich im Umbruch. In Ägypten näherte sich die alte pharaonische Kultur unaufhaltsam ihrem Ende. Die Veränderung brachte Innovation und damit Fortschritt, aber auf oberster Ebene kämpften die intellektuellen Lehrer der verschiedenen Richtungen um die Wahrheit. Heidnische Philosophen, Manichäer, Gnostiker und zahlreiche «innerkirchliche» Gruppen boten sich gegenseitig polemische Schriften, öffentliche Diskussionen und Machtworte, die auch zu blutigen Auseinandersetzungen führen konnten. Kein anderes Land hat so viele gnostische und manichäische Originalschriften bewahrt wie Ägypten, was vielleicht auch an seiner seit alters her berühmten religiösen Kreativität und Vielfalt liegen könnte. Aber letztlich gelangte das Christentum in den Stürmen der Ereignisse zum Durchbruch. Wären andere Sieger aus den religiösen, immer mit politischen Kämpfen verbundenen Auseinandersetzungen hervorgegangen, hätte die Weltgeschichte einen völlig anderen Verlauf genommen.
So begann im 5. Jh. der Patriarch von Rom seine Karriere, die ihn zum Papst für eine weltumspannende römisch-katholische Kirche werden ließ. Das Patriarchat von Alexandrien hatte den großen Machtkampf verloren und die ägyptischen Christen gingen fernab vom Weltgeschehen ihre eigenen Wege. Im Schatten der Pyramiden, in der Kühle alter Felsgräber, hinter den Mauern der Klöster, vor allem aber in den gläubigen Männern und Frauen fand christliches Leben eine Bleibe, die die Zeiten überdauerte. So hatten sich in prominenter Stellung am Aufweg zur Unaspyramide und in Sichtweite des Djoserbezirks im 6. Jh. Mönche angesiedelt. Die Pyramide des Djoser konnte den Besuchern als Wegweiser dienen, auf dem direkten Weg zum Kloster zu gelangen. Laut den Legenden, die sich um das Kloster ranken, soll es auf einen Mönch namens Jeremias zurückgehen. Der Ort, an dem er für die Menschen betete, liegt noch heute, von einer Inschrift gekennzeichnet, unter dem Sand von Sakkara. Aufgegeben in der Zeit um das 9. Jh., zeugen heute nur noch unbeachtete Ruinen von diesem Kloster.
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Weltstadt Alexandrien – Sklavin und Rivalin Roms
Skyline des heutigen Alexandrien.
Weltstadt Alexandrien – Sklavin und Rivalin Roms
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lexandrien war fast 1000 Jahre lang Ägyptens Hauptstadt und eine der großen Metropolen ihrer Zeit. Auf ägyptischem Boden erbaut und von griechischer Kultur geprägt, verband sie Orient und Okzident. In antiken Dokumenten findet sich die Bezeichnung Alexandreia ad Aegyptum (Alexandrien bei Ägypten), was zeigt, dass in ausländischen Augen eine deutliche Trennlinie zum restlichen Ägypten gezogen wurde. Ihre bewegte Geschichte zeigt die Stärken und Schwächen multikultureller Metropolen, die der Welt schon immer ihren Stempel aufgedrückt haben. In den Jahren 334 bis 323 v. Chr. eroberte der aus Makedonien stammende Alexander der Große das gesamte Persische Reich und drang tief nach Asien vor. Dies veränderte nicht nur die politische, sondern auch die kulturelle Landschaft. Der Grundstein
für die Epoche des Hellenismus war gelegt: die Zeit, in der griechische Sprache und Kultur begannen, den östlichen Mittelmeerraum zu dominieren. Damit leistete der Schüler des Aristoteles einen elementaren Beitrag zur Verbreitung der griechischen Philosophie. Deren Methode rationalen Denkens wiederum bildet die Grundlage der Wissenschaft und damit unseres Weltbildes und unserer modernen Gesellschaften. Die Eroberungszüge legten aber auch den Grundstein dafür, dass die Schriften des Neuen Testaments in der Weltsprache Griechisch geschrieben wurden und nicht in einem der in Palästina gesprochenen aramäischen Dialekte. Hätte es nicht das sog. Koine-Griechisch (koine = gemeinschaftlich) gegeben, das den östlichen Mittelmeerraum vereinte, hätten sich christliche
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Weltstadt Alexandrien – Sklavin und Rivalin Roms
Der Blick auf die Corniche von Alexandrien lässt auch heute noch den Flair der alten Weltstadt spüren.
Der Stadtgründer bei der neu gegründeten Bibliothek.
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Missionare und Gemeinden nur viel langsamer ausbreiten können. Dies sind allerdings Folgeerscheinungen, von denen der Feldherr etwa 400 Jahre vorher kaum etwas geahnt haben dürfte. Die Eroberungen im 4. Jh. v. Chr. sind nur ein Beispiel dafür, was für einen gewichtigen Anteil militärische Operationen an der Verbreitung von Kulturgütern haben können. Die Sprachen der Sieger wurden in der Verwaltung eingesetzt und konnten auf Kosten ihrer Konkurrentinnen auch in weitere Lebensbereiche vordringen. In Ägypten wie in den anderen eroberten Ländern wurde somit eine neue Epoche eingeleitet. Was das Land am Nil anbelangt, so scheint seine Religion auf den Eroberer, ganz in der Tradition des Griechen Herodot, eine besondere Anziehungskraft ausgeübt zu haben.
Ich will nun ausführlich von Ägypten erzählen, weil es mehr wunderbare Dinge und erstaunliche Werke enthält, als alle anderen Länder … Sie sind höchst gottesfürchtig, mehr als alle anderen Völker. (Herodot [484–425 v. Chr.], nach Cicero der «Vater der Geschichte»)
Für den Griechen Herodot, der Ägypten im 5. Jh. v. Chr. bereist hatte, war es ein Land der Geheimnisse, dem er mit hohem Respekt begegnete. Er fand dort den vermeintlichen Ursprung vieler Traditionen wieder, ob es heilige Feste oder Weissagungen aus Opfertieren waren. Auch die Orakel gingen auf Ägypten zurück, sollen ihm doch thebanische Priester die Mythen ihrer Entstehung berichtet haben. Die ägyptische Oase Siwa, in der sich das Orakel des Zeus-Ammon befand, war über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Neuere Untersuchungen des Deutschen Archäologischen Institutes (DAI) in Kairo haben zudem gezeigt, dass es von griechischen Bauleuten errichtet worden war. Alexander legte in einer Karawane den etwa 600 km langen beschwerlichen Weg von der 331 v. Chr. gegründeten Stadt Alexandrien nach Siwa zurück. In den hinteren Kammern des Tempels, wohin ihm niemand folgen konnte, soll
er Dinge erfahren haben, die er allesamt mit in den Tod nahm. Die Weltoffenheit der Stadt Alexandrien machte ihm alle Ehre, war ihr Namensgeber doch der Meinung, dass die Scheidung in Völker und Nationen unsinnig sei. Ein Mensch sollte nicht nach seiner Blutsherkunft bewertet werden, also als Grieche oder Barbar, sondern nach seinem sittlichen Verhalten. Mit diesem Leitgedanken ging Alexander über seinen philosophischen Lehrer hinaus, der, wie zu der Zeit üblich, zwischen Griechen und Barbaren unterschied. Erstere waren freie, würdige Menschen, letztere Feinde oder Sklaven. Alexander verstand sich als gottgesandter «Ordner», der die Menschen in einem «Mischkrug der Freundschaft» vermengen wollte. Mit seiner Politik in den eroberten Gebieten, wo er einheimische Gruppen mit Griechen zusammenzuführen versuchte, setzte er den Gedanken in die Tat um. Der Traum vom Weltbürger, vom Kosmopoliten, für den Nationalitäten keine Rolle spielen, hatte bereits im 4. Jh. v. (!) Chr. erste Anhänger wie z. B. den Philosophen Diogenes. Dieser ist natürlich mehr für das überlieferte Wort bekannt, dass ihm nämlich Alexander, der ihm die Erfüllung all seiner Wünsche anbot, aus der Sonne gehen solle. Auch Zenon (333/2–262 v. Chr.), Begründer des Stoizismus, besaß weltumspannende Ideen für das Zusammenleben aller Menschen. Der Historiker Alexander Demandt wertete Alexanders praktischen Versuch, den Traum vom friedlichen und gleichberechtigten Zusammenleben aller Völker und Kulturen zu verwirklichen, als erste Sternstunde der Menschheit. Nach dem Tod Alexanders wurde die ägyptische Satrapie Ptolemaios übergeben, was die Geburtsstunde des Königshauses der Ptolemäer bedeutete. Diese regierten das Land bis zur römischen Eroberung im Jahr 30 v. Chr. Der Wechsel der Hauptstadt von Memphis nach dem am Meer liegenden Alexandrien in den frühen Amtsjahren Ptolemaios’ I. besaß sehr viel mehr als nur repräsentativen Charakter. Ihr Standort bildete die ideale Grundlage für einen fundamentalen Wechsel in Politik, Wirtschaft und Kultur. Die alte Königsstadt
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Memphis lag dagegen in der Nähe des heutigen Kairo, also an der Scheidegrenze zwischen dem Delta und dem sich tief nach Afrika erstreckenden Niltal. Diese Stelle, auch von großer strategischer Bedeutung, bildete das Bindeglied zwischen den beiden Landesteilen Ober- und Unterägypten. Ihre Vereinigung hatte sich in grauer Vorzeit in mythischen Bildern niedergeschlagen. An einem strategisch idealen Ort, von Sümpfen umgeben und zum Meer hin geöffnet, wurde Alexandrien im Jahr 331 v. Chr. gegründet. An die 20 Stadtgründungen in verschiedenen Ländern erhielten zwar diesen Namen, aber kein Alexandrien wurde so berühmt wie das ägyptische. Der Architekt Deinokrates von Rhodos entwarf den symmetrischen Plan der neuen Metropole, die in insgesamt fünf Stadtteile aufgeteilt war. Die bekanntesten sind das Königsviertel (Brucheion) und die Viertel, in denen Griechen (Neapolis), Ägypter (Rhakotis) und Juden wohnten. Da die administrativen Angelegenheiten über das neue Zentrum Ägyptens geregelt wurden, lag das Land selbst in vieler Hinsicht im Schatten seiner Hauptstadt. Für das Abendland wuchs Alexandrien in wirtschaftlicher und geistesgeschichtlicher Hinsicht zu immenser Bedeutung heran. Die Metropole wurde zum Schmelztiegel für Kulturen und Völkerschaften. Ihre Rolle als Bindeglied zwischen Orient und Okzident währte fast 1000 Jahre. Sie lag zwar im Morgenland, aber galt auch noch zur Zeit der arabischen Eroberung als die «große Stadt des Abendlandes». Als solche soll sie noch der Feldherr Amr ibn al-As, nachdem er sie nach 14 Monaten Belagerungszeit eingenommen hatte, bezeichnet haben. Die alte Hauptstadt Memphis war für die nördlichste Position aufgegeben worden, die je eine Regierungsstadt Ägyptens besessen hatte: eine Hafenstadt direkt am Meer. Das Land hatte damit ein Tor für Handel und Austausch gewonnen. Im 3. Jh. v. Chr. wurde der monumentale, in seinem Aussehen heute nur noch durch Münzbilder bekannte Leuchtturm der Insel Pharos gebaut. Sein Licht wies Gütern und Menschen aus der hellenisierten Welt, vom Söldner bis hin zu Philosophen und Wissenschaftlern den
Weg. Er stürzte wahrscheinlich Anfang des 14. Jhs. bei einem Erdbeben ein. Mit neuen logistischen Qualitäten ausgestattet begann für das alte Ägypten eine neue Epoche. Die Beziehungen zu anderen Nationen und Städten verdichteten sich zu einem noch nie gekannten Netzwerk. Die Ausrichtung zur jungen Welt, die sich um das mare mediterraneum etabliert hatte, führte zu einer neuen geistigen Blüte. Wichtige Faktoren für die innovativen Veränderungen waren die Fähigkeit zum gegenseitigen Austausch und der daraus resultierende Pluralismus – ein Prozess, der auf der multikulturellen Bevölkerung mehrerer Städte, vor allem natürlich Alexandriens, beruhte. Aber erst nachdem Ägypten seine letzte Königin, Kleopatra VII., verloren hatte und 30 v. Chr. dem römischen Weltreich einverleibt worden war, kamen all diese Tendenzen voll zum Zuge. Über Jahrhunderte hinweg bildete der Ort einen Schmelztiegel aus verschiedenen Völkern, Berufsgruppen, Philosophien und Religionen. Wo sonst war der Kontrast von Arm und Reich so deutlich sichtbar wie in den Straßen dieser Stadt? So deutlich sichtbar, dass in Alexandrien ein Figurentyp entwickelt wurde, der diese Armut thematisiert. Statuetten aus Ton, die im Durchschnitt etwa 30 cm groß sind, zeigen Bettler mit grotesken, abstoßenden Zügen: die Arme verrenkt und mit verzerrten Gesichtern werden sie dem Spott des Betrachters ausgesetzt. All diese Kontraste wurden unter der gesamtpolitischen Lage Alexandriens vereint, einer stolzen Stadt, die unter die Fremdherrschaft Roms und später Konstantinopels geraten war, deren am Stadtrand stationierte Legionen die Bewohner stets vor Augen hatten. Als Sitz des römischen Präfekten war die Stadt Regierungs- und Verwaltungssitz. Es gab ein eigenes Bürgerrecht und Münzprägestätten, die in der Antike eine wichtige Stadt auszeichneten. Wer offiziell anerkannter alexandrinischer Bürger war, besaß mehr Rechte und musste z. B. bestimmte Steuern nicht zahlen. Doch nur ein Teil der Bewohner besaß diese Bürgerrechte. In vollem Umfang blieben sie immer den griechischen Einwohnern vorbehalten. Die beiden anderen bedeutenden ethnischen Gruppen der Ägypter
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und Juden waren von einigen Rechten ausgeschlossen und mussten beispielsweise die Kopfsteuer entrichten, die das Römische Reich seinen Bewohnern aufgebürdet hatte. Diese demütigenden Zustände spielten nicht nur bei den jüdischen Aufständen eine Rolle. Seit Gründung der Stadt strömten immer mehr Ägypter aus dem Umland in die glückverheißende Metropole. Ein Erlass, der wahrscheinlich Kaiser Caracalla um 215 n. Chr. zuzuweisen ist, schreibt vor, all jene auszuweisen, die nicht dem Wohlstand der Stadt dienen:
Alle Ägypter, die in Alexandria sind und vor allem Bauern, die von woanders her flüchtig sind und leicht ausfindig gemacht werden können, sind überall in jeder Weise auszuweisen, nicht hingegen Schweinehändler und Flussschiffer sowie jene, die Schilf zum Beheizen der Bäder liefern. Die übrigen weise aus, die schon durch ihre Anzahl und ohne Nutzen die Stadt in Unruhe versetzen.
aus dem Hebräischen. Den Namen Septuaginta erhielt die Übersetzung nach der Legende, sie sei von 72 Übersetzern innerhalb von 72 Tagen erstellt worden. Bekannte Gewerke Alexandriens waren die Glasherstellung, die Herstellung von Papyri und die Weberei. Von Archäologen ausgegrabene, mehrräumige Werkstätten zeigen, dass es industrielle Unternehmen zur Warenproduktion gab. Der Vertrieb alexandrinischer Produkte, aber auch die Anlieferungen aus dem Landesinneren oblagen Kaufleuten und Reedern: von Nahrungsmitteln wie Gemüse, Früchten und Wein, Gewürzen und Medikamenten bis hin zu wertvollen Gesteinen wie Porphyr. Das geschäftige Treiben der Kaufleute und ihrer Begleiter, die aus dem Mittleren und
Blick in die tiefen Straßen des modernen Alexandrien.
Weitere Einwanderer kamen im Lauf der Jahrhunderte aus den griechischen und nahöstlichen Gebieten nach Alexandrien. In einer alten Tradition standen auch die jüdischen Einwohner. Seit den vom ägyptischen Pharao Ptolemaios I. geführten Eroberungszügen bestanden direkte Verbindungslinien nach Palästina. Es ist wahrscheinlich, dass Gefangene nach Alexandrien verschleppt wurden, aber auch jüdische Söldner stellten sich in ägyptische Dienste. Die Einwanderungsmöglichkeiten hingen von der wechselnden Politik der Herrscher ab. Seit dem 2. Jh. v. Chr. wurden Juden als Gruppe anerkannt, die religiöse und soziale Angelegenheiten in den eigenen Reihen regeln durften. Im Wesentlichen bewohnten sie zwei Stadtviertel, waren aber nicht daran gebunden. Dokumente belegen, dass die jüdischen Einwohner Alexandriens in verschiedensten Berufsgruppen tätig waren: vom Diensttuenden in der staatlichen Verwaltung über den Handwerker und Arbeiter bis zum Geschäftsmann. Da sie überdies Griechisch sprachen, übersetzten sie ab dem 3. Jh. v. Chr. die Bücher des Alten Testaments
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Ägyptens Stolz: Die neu gebaute Bibliothek von Alexandrien.
Fernen Osten oder den Tiefen Afrikas kommen konnten, prägte das Stadtbild. Wohlhabende Bürger mit Bildungsanspruch in Kombination mit intellektuell elitären Gelehrten bildeten einen guten Nährboden für religiöse und philosophische Gedanken. Gnostische Lehren über das Böse in der Welt, die gleichzeitig mit dem Christentum auftauchten, fanden in dieser Stadt ihre Lehrer und Übersetzer. Das auf diesem Boden gewachsene Selbstverständnis mag später einer der Gründe dafür gewesen sein, dass die machtpolitischen Auseinandersetzungen mit Rom und anderen Städten auf christlichen Konzilien unweigerlich dazu führen mussten, dass die stolzen Alexandriner lieber die Bande kappten, als auf dem ihr ureigensten Gebiet der Philosophie und Theologie kleinmütig beizugeben. Verständlich wird dies, wenn der Blick auf die gelehrte Tradition Alexandriens gelenkt wird. Ein in spätantiken religiösen Texten belesener Reisender mag bereits im Licht des Leuchtturms von Pharos ein Symbol des Geistes gesehen haben. Licht war eine Eigenschaft des Göttlichen. Der Sonnengott
wurde als sol invictus, als unbesiegbare Sonne verehrt, der Erlöser erschien als Licht und wenn sich die Christen mit dem Haupt gen Osten bestatten ließen, um die Auferstehung zu erwarten, so spricht diese Symbolik für sich. Alexandrien besaß die international größte Sammlung von niedergeschriebenem Wissen, aufbewahrt in ihrer Bibliothek, die im Zuge der Universitätsgründung um 300 v. Chr. eingerichtet worden war. Da sie die Zeiten nicht überdauerte und keine detailgetreuen Angaben überliefert sind, fehlt es an verlässlichen Einzelheiten über ihren Bestand – die Zahl der Buchrollen soll jedoch in die Hunderttausende gegangen sein. Für ihre Zerstörung waren mehrere Faktoren verantwortlich und nicht nur ein Ereignis, wie man es immer wieder liest. Es ist nicht sicher, ob und wieviel Bestände und Gebäude der Bibliothek im Rahmen der von Julius Cäsar geführten Kämpfe durch Brand zerstört wurden. Am wahrscheinlichsten scheint eine größere Zerstörung durch Königin Zenobia (aus dem im Nordosten liegenden Palmyra) zu sein, die das Regierungsviertel im 3. Jh. n. Chr. ver-
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wüstete. Auch ist nicht mehr festzustellen, wie viele Gebäude der Bibliothek im Zuge regelmäßiger Aufstände und Unruhen zu Schaden gekommen sein mögen. Es mag aber auch Geldmangel im Spiel gewesen sein, der die Restaurierung und Pflege der Papyrusrollen nicht mehr zuließ, so dass sie dem «Wurm der Zeit» erlagen. Eine der Geschichten zur Zerstörung der Bibliothek von Alexandrien schiebt dem arabischen Feldherrn Amr ibn al-As die Schuld zu, der die Stadt im 7. Jh. eroberte. Er wäre vom Kalifen Omar ibn Al-Khattab angewiesen worden, dass Bücher anderen Inhaltes als der Koran Unwahrheiten enthielten und vernichtet werden sollten. Bücher mit einem korangleichen Inhalt sollten das gleiche Schicksal erleiden, da sie nichts Neues enthielten (eine andere Version der Geschichte besagt, dass diese erhalten werden konnten). Die bedeutendste Bibliothek des Altertums, so heißt es weiter, sei in den Bädern der Stadt verheizt worden. In der Tat ist dies eine anschauliche Geschichte, die sich gut merken lässt – aber historisch nicht haltbar ist. Sie tauchte im Zeitalter der Kreuzzüge auf und präsentierte den Gegner im Licht fanatischen Zerstörungswillens, Unbildung und Intoleranz. Genauso wenig kann aber auch, wie von muslimischer Seite aus manchmal unternommen, die Zerstörung christlichen Fanatikern zugeschrieben werden, die in Alexandrien Ende des 4. Jhs. n. Chr. ihr Unwesen trieben. Eine Besonderheit alexandrinischen Gelehrtentums bestand darin, dass neben den geisteswissenschaftlichen Disziplinen verstärkt naturwissenschaftliche Studien betrieben wurden. Bereits im 3. Jh. v. Chr. berechnete Eratosthenes von Kyrene den Erdumfang der kugelförmigen Erde, indem er die Winkel des Sonneneinfalls an verschiedenen Orten mit deren Entfernung verrechnete. Wie nahe er dem realen Umfang kam, ist nicht mehr feststellbar, da die von ihm benutzte Längeneinheit (Stadion) nicht sicher definiert ist. Mit dem «Sieb des Eratosthenes» erfand er eine verblüffend einfache Methode zur Bestimmung von Primzahlen. Herophilos von Chalkedon begann als erster, systematisch Leichen für wissenschaftliche Untersuchungen zu sezieren, passend in einem Land, das sich
seit Jahrtausenden mit der Präparierung von Körpern gut auskannte. Das Ausmaß dieser Leistungen und der wissenschaftlichen Freiheit in Alexandrien wird erst richtig deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass aufgrund astronomischer Fragen und Antworten ein Galileo Galilei noch im 17. Jh. n. Chr. haarscharf dem Scheiterhaufen entging (immerhin wurde er aber am 2. November 1992 vom römisch-katholischen Papst rehabilitiert und es wurde zugegeben, dass die Kirche sich in dieser Frage geirrt hatte). Die Leistungen in der Philologie, der Disziplin mit der Liebe zum logos, dem Wort, beliefen sich nicht nur auf Untersuchungen zu einzelnen grammatischen Problemen, sondern brachten Übersetzungen prominenter Weltliteratur hervor. Es ist anzunehmen, dass in Alexandrien viele apokryphe, gnostische und manichäische Texte aus aramäischen Sprachen ins Griechische und Koptische übertragen wurden. Es entwickelte sich ein hellenistisch geprägtes Judentum, in dem versucht wurde, den eigenen Glauben zu durchdenken und als Philosophie zu festigen. Der Gelehrte Philon von Alexandrien, der im 1. Jh. n. Chr. wirkte, verfasste u. a. exegetische Werke, in denen die heiligen Schriften ausgelegt wurden, systematisch-theologische Abhandlungen und Apologien (Verteidigungsreden) für das Judentum. Die Gelehrtentradition Alexandriens floss nahtlos in christliche Kreise. Clemens von Alexandrien und Origenes leiteten im 3. Jh. n. Chr. die erste Schule der Welt für neu zum Glauben konvertierte Christen, die Katechetenschule. Origenes führte die Übersetzung des hebräischen Alten Testaments weiter und konnte mit textkritischen Methoden Verbesserungen vornehmen. Clemens schuf mit seinen Schriften Grundlagen für den Weg christlichen Glaubens in die Welt. Denn den Gläubigen stellten sich viele Detailfragen zum Umgang mit der Gesellschaft und ihrem Alltagsleben, da die Angaben im Neuen Testament auf viele neue Lebenssituationen keine Antwort gaben. Wie sollte sich ein Angehöriger christlichen Glaubens etwa zur nichtchristlichen Kunst stellen? Oder wie verhielt es sich mit dem Reichtum? Konnte ein Reicher gerettet werden?
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Beide Theologen entwickelten philosophische Gedankengebäude christlichen Glaubens. Sie begründeten die Vorrangstellung christlicher alexandrinischer Gelehrter und kamen postum in den Genuss einer Verehrung als Kirchenväter. Über Origenes wurde allerdings auch eifrig gestritten. Seine Lehren wurden zeitweise anerkannt und dann wieder verworfen und der Irrlehre bezichtigt. Liest man in seinen Werken, so staunt man über die detailgetreuen Angaben zur jenseitigen Welt der Engel und anderen Mächten. Die leibliche Auferstehung verwarf er und bevorzugte stattdessen den platonischen Aufstieg der Seelen. Eusebius von Cäsarea, der erste Kirchengeschichtsschreiber, berichtet später im 4. Jh. n. Chr. in seinem sechsten Buch von der anderen Natur des Origenes. Auf eine nicht alltägliche Art und Weise soll dieser am freiwilligen Tod gehindert worden sein:
Da erfasste auch die Seele des noch jugendlichen Origenes die Begeisterung für das Martyrium, so dass er sich geradewegs in die Gefahren begeben und in den Kampf stürzen wollte. Es hätte nun nicht viel gefehlt, und er hätte sein Leben eingebüßt, wenn nicht die göttliche, himmlische Vorsehung zum Nutzen vieler durch seine Mutter seinem Eifer entgegengetreten wäre. Zunächst bestürmte ihn die Mutter mit Worten und bat ihn, Rücksicht auf ihre mütterliche Liebe zu nehmen. Als sie aber sah, dass er auf die Nachricht von der Gefangennahme und Einkerkerung des Vaters ganz im Verlangen nach dem Martyrium aufging und sich noch leidenschaftlicher danach sehnte, versteckte sie alle seine Kleider und nötigte ihn so, zu Hause zu bleiben.
Mit Alexandrien verband sich neben seiner Rolle als geistiges Zentrum eine starke wirtschaftliche Position, deren Grundlage das fruchtbare Land und eine exzellente Infrastruktur bildeten. In zwei großen Meereshäfen konnten Schiffe anlegen, die die Verbindung zu den anderen Zentren und Ländern des Mittelmeeres gewährleisteten. Auf der Landseite sicherte ein Netz von Kanälen, die mit dem Nil verbunden waren, die Wege zum Fruchtland. Die Bewohner der ausländischen Regierungsstädte wurden zum großen Teil von den riesigen Kornmengen Ägyptens ernährt. Wurde auf diese Weise zunächst Rom versorgt, so fuhren nach der Reichsteilung im 4. Jh. n. Chr. die Transportschiffe gen Konstantinopel. Stellt man das bekannte dokumentarische Material zusammen und rechnet es hoch, so könnte Rom im 1. Jh. n. Chr. etwa ein Drittel seiner Versorgung durch Lieferungen aus Alexandrien gedeckt haben. Solche modernen Berechnungen sind schwierig und fußen auf mehr oder weniger unsicheren Annahmen. Die errechneten Zahlen bewegen sich bezüglich der Tonnen an Getreide gegen 100 000 oder auch 200 000 – was die Anzahl der für den Transport benötigten Säcke anbelangt, bewegen sich die Schätzungen in Millionenhöhe. In der Hafenstadt flammten in regelmäßigen Abständen gewaltbeladene Konflikte auf. Die folgende (unvollständige) Liste gewalttätiger Ausschreitungen und Zusammenstöße gibt nicht nur einen Überblick zu den Spannungen, sondern vermittelt auch einen Eindruck von den Ursachen, die sich im Laufe der Jahrhunderte veränderten. Dennoch soll nicht der Eindruck entstehen, dass gewalttätige Auseinandersetzungen an der Tagesordnung waren. Es gab in den Zeiten zwischen den Konflikten ein ganz normales Alltagsleben.
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Phase der Tumulte vom 1. bis 2. Jh. n. Chr. 38 Übergriffe der griechischen Alexandriner auf die Juden anlässlich eines Besuches des Königs von Judäa, Herodes Agrippa I. Juden werden aus ihren Häusern vertrieben. Viele werden getötet und Synagogen in Brand gesetzt. 41 Erneute Zusammenstöße zwischen Juden und Griechen. 66 Neuerliche Kämpfe zwischen Griechen und Juden; die Unruhen werden von dem Präfekten Tiberius Iulius Alexander blutig niedergeschlagen. Dabei sollen (nach Josephus) 50 000 Juden getötet worden sein. 1./2. Jh. (Zeit Vespasians oder Trajans) Tumult und Schlägerei mit der römischen Staatsmacht während eines Festes. 115−7 Jüdischer Aufstand in Alexandrien, Ägypten und der Kyrenaika. Die Niederschlagung bedeutet das Ende der einstigen Größe der jüdischen Gemeinde in Alexandrien. 117 Tumulte anlässlich der Auffindung eines neuen Apis-Stieres (Streitpunkt ist wahrscheinlich die Frage seines künftigen Wohn-/Verehrungsortes).
Phase der Tumulte vom 3. bis Anfang 4. Jh. n. Chr. 202 Erste Christenverfolgungen in Alexandrien. 215 Massaker des Kaisers Caracalla unter den Alexandrinern. 248 Übergriffe heidnischer Gruppen auf Christen. 249 Ein Edikt des Kaisers Decius fordert staatliche Opferbescheinigungen; danach systematische Christenverfolgung. 258 Verschärfung der Bestimmungen gegen Christen unter Valerian. 261 Kämpfe zwischen Kaiser Gallienus und dem Präfekten von Ägypten Aemilianus. 270−2 Vertreibung der römischen Truppen durch Truppen der palmyrenischen Königin Zenobia; Auftreten des alexandrinischen Geschäftsmannes Firmius als Gegenkaiser. Bei der Rückeroberung durch Kaiser Aurelian wird der Stadtteil Brucheion verwüstet. 297/8 Diokletian erobert nach mehrmonatiger Belagerung Alexandrien im Kampf gegen den in Ägypten zum Gegenkaiser ausgerufenen L. Domitius Domitianus. 303−5 Diokletianische Christenverfolgung (schwerste Verfolgung, die letzte war 312).
Phase der Tumulte vom 4. bis 5. Jh. n. Chr. 339
Gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Arianern und Anhängern des Bischofs Athanasius.
356
Sturm auf die Theonas-Kirche (Aktion der Arianer zur Verhaftung des Athanasius, der aber entkommen kann).
361
Ermordung des arianischen Bischofs Georg und zweier Beamter durch eine Menschenmenge.
391/2
Zerstörung des Serapeums und seiner Bibliothek durch Militär und Christen.
414/5
Auseinandersetzungen zwischen Christen und Juden, Vertreibung der Juden.
415
Ermordung der neuplatonischen Philosophin Hypatia durch Christen.
451
Absetzung des Bischofs Dioskoros auf dem Konzil von Chalkedon führt zu Unruhen.
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Die Diokletianssäule mit einer Weihinschrift aus dem Jahr 292 n. Chr., ca. 27 m hoch mit einem Durchmesser von 2,30−2,70 m.
Neben rein militärischen Konflikten, die sich durch die gesamte Geschichte ziehen, wie die Kämpfe zwischen dem römischen Kaiser Gallienus und dem Präfekten von Ägypten, die Auseinandersetzung mit Zenobia oder die Unterwerfung eines Gegenkaisers durch Diokletian, tauchen andere Kategorien von Konflikten in begrenzten Zeitrahmen auf. So endet die Kette an Auseinandersetzungen zwischen den alexandrinischen Bürgern (den Griechen) und den Juden nach der Niederschlagung des Aufstandes zwischen 115 und 117 n. Chr., da als Ergebnis das jüdische Viertel verwüstet, die berühmte große Synagoge geschleift und die jüdische Gemeinde derart dezimiert war, dass sie fortan keine besondere Rolle mehr in der Stadtgeschichte einnahm. Christenfeindliche Maßnahmen und Verfolgungen fanden ab dem 3. Jh. n. Chr. statt und erreichten zu Beginn des 4. Jhs. n. Chr. ihren Höhepunkt. An seinem Ende erfolgte von anderer Seite aus die Zerstörung des Serapeums, des weithin sichtbar auf einem Hügel thronenden Haupttempels Alexandriens. Somit brachte das 4. Jh. n. Chr. die entscheidende Wende im Kräfteverhältnis der Reli-
gionen. In der Folge bestimmen die mit der Macht verknüpften Christen interne und externe Auseinandersetzungen. Ursachen für dieses Konfliktpotential wurden verschiedentlich schon angedeutet. Unterschwellig, vielleicht sogar in einem regelrechten Untergrund, spielte sicherlich der Drang eine Rolle, sich aus politischer Vormundschaft zu befreien. Die Konfrontationsbereitschaft der Alexandriner wirkte sich auch auf die Kirchenpolitik aus. Alexandrinische Bischöfe wie Athanasius, die dem Kaiser oder ausländischer Machtpolitik die Stirn boten, genossen in der Bevölkerung eine große Popularität. In der Stadt selbst bildete die mangelnde Gleichberechtigung der Bevölkerungsgruppen wiederholt Anlass zu Streitigkeiten. Auch soziale Unterschiede der Bewohner Alexandriens müssen als Ursache in Betracht gezogen werden. Eine Hafenstadt in einem Land, in dem viele Menschen in Armut lebten, war Sammelpunkt vieler sozialer Gruppen und damit auch ein potentielles Pulverfass. Eine kleine griechische Oberschicht hatte die städtischen Ämter inne und war mit ih-
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ren vielen Ländereien überaus wohlhabend. Verschiedene Berufe bildeten Vereinigungen, die einen Vorstand besaßen und durch die Übernahme öffentlicher Verantwortung auch einen Machtfaktor darstellten. Die unterste Stufe auf der sozialen Leiter – unter ihnen nur noch die Sklaven – bildeten verarmte Ägypter, die nach Alexandrien gekommen waren. Bis heute suchen verarmte Menschen ihr Glück in der Stadt und bis heute finden sie es meist nicht. Archäologische Nachweise für Armutsviertel sind schwierig zu gewinnen. Dies gilt insbesondere für Alexandrien, da dort wegen der fortwährenden Besiedlung systematische Grabungen nicht möglich sind. So konnte z. B. kein einziger antiker Kirchengrundriss gesichert werden, obwohl man ab den 20er Jahren des 4. Jhs. n. Chr. mit ebenso repräsentativen Bauten wie in Rom zu rechnen hat. Schriftliche Dokumentationen über das Leben der Ärmsten sind ebenfalls nicht vorhanden. Aber es gibt Indizien wie die genannten Bettlerstatuetten oder Geschichten wie Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel aus der Bibliothek von Nag Hammadi, die den Kontrast zwischen Arm und Reich zeigen. Wenn in Rom auf dem Esquilin Gruben mit Knochen von Menschen zusammen mit
Tieren und Abfall gefunden wurden, so vermittelt dies einen Eindruck von dem, was in großen Städten Realität derer war, die keinen Weg in die Geschichtsbücher fanden. Aber selbst die Weltstadt Alexandrien blieb von weiteren Eroberungen nicht verschont. Zweimal noch musste sich diese Königin unter den antiken Städten feindlichen Mächten ergeben: 619
Eroberung Alexandriens durch die Perser.
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Eroberung Alexandriens durch die Araber.
Kann die persische Eroberung von 619 als ein Intermezzo in der Geschichte bezeichnet werden, so beendete die arabische Eroberung von 643 die ägyptische Spätantike und leitete eine neue Epoche ein. Das internationale Bezugsystem Alexandriens und Ägyptens wandelte sich aufs Neue. Wie die Gründung der Stadt und die damit verbundene Öffnung zur Mittelmeerwelt, so zeigte nun die Verlagerung der Hauptstadt nach Kairo in der Nähe des alten Memphis die Ausrichtung der neuen Herrscher.
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Das auf den Wänden der Tempel und Gräber allgegenwärtige Anchzeichen.
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rangen schon spätestens seit der Ptolemäerzeit mit der Sprache, aber auch mit der Kunst starke griechische Einflüsse nach Ägypten, so vervielfältigte sich dieser Prozess ab der Zeitenwende. Das Lateinische, neue Religionen wie die christliche und künstlerische Techniken wie die der Porträtmalerei fanden ihren Weg nach Ägypten. Doch führte der Austausch auch in die andere Richtung. Die neue Welt stand mit Respekt vor der älteren ägyptischen Kultur und nahm sogar einige der alten Götter in das eigene Pantheon auf. Je nach Kaiser wechselte zwar das Verhältnis zur ägyptischen Religion, insgesamt kann jedoch von einer durchgehenden Wertschätzung gesprochen werden. Die ägyptischen Götter traten im 1. und 2. Jh. n. Chr. ihren Weg nach Rom an, zu einer Zeit also, als auch die Verbreitung der christlichen Bücher begann. Vor allem Sera-
pis, der an Zeus erinnernde bärtige Stadtgott Alexandriens, und Isis, die Zauberreiche und Gottesmutter, Schutzherrin der mittelmeerischen Schifffahrt, erlangten große Berühmtheit. In der römischen Welt sind mindestens 44 Heiligtümer archäologisch nachgewiesen, in denen Isis und/oder Serapis verehrt wurden. In Rom allein befanden sich mehrere ihnen gewidmete Tempel, unter denen wohl die Stätten auf dem Marsfeld, in Regio III und auf dem Aventin als bekannteste gelten dürfen. Noch um 394 n. Chr. wurde in der Hauptstadt des bereits von christlicher Hand regierten Weltreiches ein Isisfest gefeiert. Die Gunst der Herrscher gegenüber orientalischen Kulten schwankte von Zeit zu Zeit – eine schmerzliche Erfahrung, die auch das Christentum und der Manichäismus als missionierende Kirchen östlichen Ursprunges machen mussten. So wurden – eine Tat unter vielen – unter Kai-
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ser Tiberius in der ersten Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. ein römischer Isistempel zerstört und seine Priester ans Kreuz geschlagen. Spätere Kaiser wie Commodus, der gegen Ende des 2. Jhs. n. Chr. regierte, zeichneten sich dagegen durch ein großes Wohlwollen gegenüber den ägyptischen Göttern aus. Ägypten ist seit dieser Zeit aus dem Stadtbild Roms nicht mehr wegzudenken. Noch heute kann man 13 Obelisken zählen, die die Plätze schmücken, ein Grund warum die «heilige Stadt» auch Stadt der Obelisken genannt wird. Einst für sol invictus, die unbesiegbare Sonne, errichtet, zieren heute Kreuze ihre Spitzen. Ob ihr Fest zur Wintersonnenwende, an dem auch der persische Gott Mithras seinen Geburtstag feierte, als christliches Weihnachtsfest übernommen wurde oder doch nicht, wird in der Forschung neu diskutiert. Aber die ägyptischen Götter erhielten nicht nur standesgemäße Tempel, sondern drangen auch in das individuelle Leben ein. So war es in der Zeit vom 1. bis 4. Jh. n. Chr. beliebt, Siegelringe mit Gemmen zu tragen. Die kleinen geschliffenen Halbedelsteine wurden mit verschiedenen Bildern, wie z. B. Gottheiten, versehen. Die Kombination aus Steinart und Bild konnte zudem mit einem Zauberspruch ergänzt werden und versprach magische Wirkungen: Schutz vor Übel, Heilung von Krankheit, Glück etc. Wie beliebt die orientalischen Gottheiten waren, bezeugt bereits der Universalgelehrte Plinius der Ältere, der beim Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. sein Leben verlor:
Nun jedoch beginnen auch Männer Harpokrates und andere ägyptische Gottheiten an den Fingern zu tragen.
Die Vielfältigkeit der religiösen Welt in den ersten christlichen Jahrhunderten drückte sich in Bildern, kultischen Gewohnheiten und vielen Bereichen des Alltagslebens aus. Dies führte allerdings auch zu Abgrenzungen. Denn ein Christ sollte keine Gemme mit dem Bild eines ägyptischen oder eines anderen Gottes tragen – durfte sich aber an zu dieser Zeit noch religiös unbesetzten Motiven
erfreuen, z. B. einem Schiff, einem Anker, einer Taube oder einem Hirten. Der Kirchenvater Clemens von Alexandrien war es, der als erster solche Regeln für Christen im Umgang mit Bildern aufstellte und so der christlichen Kunst ihren Weg bereitete. So wird auch in der Kunst die religiöse Wende sichtbar, die sich mit dem Aufeinandertreffen der alten und neuen Religion vollzog, wobei die eine bereits tausende Jahre hinter sich, die andere sie noch vor sich hatte. Die alte pharaonische Religion mit Amun, Isis, Osiris und all den anderen ist heute eine Religion, die uns eher fremd erscheint. Die Tradition ihrer lebendigen Verehrung ist abgebrochen und damit sind auch die mit ihr verknüpften menschlichen Erfahrungsbereiche verloren. Was uns davon zufällig überliefert ist, steht in keinem Verhältnis zu den religiösen Realitäten, die stattgefunden haben müssen, seien es die Erlebnisse des Einzelnen oder die Dynamiken einer Gruppe. Faktum ist aber, dass es eine Überschneidung von weit über 100 Jahren mit heute noch lebendig tradierten religiösen Erfahrungswelten gab, also eine Zeit, in der sich befreundete Nachbarn darüber unterhalten konnten, ob nicht doch Isis verehrungswürdiger als Jesus, Heilige oder Maria sei. In dieser Epoche befinden wir uns im Übrigen noch vor der Christianisierung weiter Bereiche des europäischen Kontinents. In Ägypten selbst scheint sich die Verehrung der alten Götter in provinziellen Gebieten und im Süden des Landes am längsten gehalten zu haben. Die letzten Belege für aktive Priesterschaften, verbunden mit der Pflege der hieroglyphischen Sprache, finden sich in Inschriften auf der Insel Philae, nahe der Grenze nach Nubien: Die letzte datierte hieroglyphische Inschrift stammt aus dem Jahr
394 n. Chr.
Die letzte demotische Inschrift stammt aus dem Jahr
452 n. Chr.
Der Isiskult von Philae wurde geschlossen zwischen den Jahren
535/7 n. Chr.
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nach dem Worte Gottes, Joseph, Exarch von Talmis, und als wir das Kreuz von Theodor, Bischof von Philae, empfingen, war ich es, Abraham, der geringste Priester, der das Kreuz an dem Tage errichtete, an dem die Fundamente dieser Kirche gelegt wurden, am 27. Tobe, I(ndiktionsjahr) 7, im Beisein von Schai, dem Eunuchen, und Papnoute, dem «Stepharis» (?) und Epiphanios, dem domesticus (?) und Sirma, dem Kurier. Ein jeder, der dies Geschriebene lesen wird, möge so gut sein und ein Gebet für mich sprechen. Amen.
Granitstatue eines Pavian als Gestalt des Gottes Thot aus dem Tempel von Hermopolis Magna. Auch dem Mondgott Thot war in Verbindung mit dem griechischen Gott Hermes und später als Hermes Trismegistos ein langes Nachleben beschieden.
Beinahe pünktlich zum 500. Todesjahr Jesu Christi wurde also der letzte heidnische Kult aus dem christlich gewordenen Römischen Reich geworfen. Die Zeit der Isis erhielt noch ein Nachspiel im Königreich Nobadia in Nubien, dem südlichen Nachbarland. Wie bereits erwähnt, befand sich dort der kleine Tempel von Dendûr. Auf der Zarge einer Seitentür steht eine unscheinbare koptische Inschrift, die die Umwandlung des der Isis und dem Osiris von Philae geweihten Tempels in eine christliche Kirche dokumentiert. Sie stammt mit aller Wahrscheinlichkeit aus dem Jahr 546. Dass die Umwandlung auf Geheiß des nobadischen Königs selbst und unter Teilnahme von Honoratioren des Hofstaates stattfand, legt nahe, dass der dortige Isiskult tatsächlich bis zu diesem Datum fortbestand. Denn nur dies kann das Aufgebot rechtfertigen, das für den kleinen Tempel herangezogen wurde. Der König höchstpersönlich nebst dem zuständigen Befehlshaber des Verwaltungsbezirkes gaben den Befehl zur Kirchweihe. Nicht weniger als vier Hofbeamte wohnten diesem Todesstoß für die altehrwürdige Göttin bei:
Nach dem [Will]en Gottes und auf Befehl des Königs Eirpanome und des Eifrigen
Heute befindet sich der Tempel mit dem letzten datierten Zeugnis ägyptischen Kultes im Metropolitan Museum in New York – als Dankesgabe der ägyptischen Regierung für die Beteiligung amerikanischer Institute an der archäologischen Rettungskampagne anlässlich des Hochdammbaues bei Assuan. Auch der gebildete Besucher ahnt meist nichts von der historischen Dimension, die ihm diese unscheinbare Inschrift vermitteln könnte. In anderen Gebieten Ägyptens sind noch Auseinandersetzungen mit letzten heidnischen Gruppierungen im 5. Jh. nachgewiesen. Der Klosterabt Schenute veranstaltete in Mittelägypten regelrechte Raubzüge, in denen er die Überbleibsel heidnischer Idole zu vernichten trachtete. In Alexandrien finden die großen gewaltsamen Auseinandersetzungen, in denen das Christentum bereits die Oberhand innehatte, gegen Ende des 4. Jhs. n. Chr. statt. Dennoch sind eine ganze Reihe von Nachrichten über heidnische Gelehrte, aber auch Kulte in der Umgebung Alexandriens (Menuthis, Kanopus) aus dem 5. Jh. bekannt. Für die Christen waren die alten Götter Dämonen, die in ihren Tempeln hausten und vertrieben werden mussten. Die koptische Literatur bietet eine ganze Reihe von spannenden Erzählungen über den Kampf von Priestern und Mönchen gegen diese bösen Kräfte. So wird erzählt, wie der Mönch Moses von Abydos dem Treiben eines bösen Dämons mit Namen Bes – für den alten
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Glauben war er Schutzgott – ein Ende setzen will. Vorübergehende soll er geschlagen sowie taub und stumm gemacht haben. Mit einigen Mitbrüdern ging Moses abends in den Tempel, um den Dämon mit Gebeten hinauszutreiben. Trotz unglaublichen Tumultes und Stiergeschrei muss dies gelungen sein, da der Dämon heute nicht mehr anzutreffen ist. Immerhin sind Moses von Abydos und ein dortiger Bes-Tempel historisch belegt. Waren die großen alten Götter also nur noch niedere und dazu noch gefährliche Schattengestalten, so vererbte die Göttin Isis offensichtlich einen ikonographischen Typus, der vor allem in Ägypten gut bezeugt ist. Viele Mythen rankten sich um die Himmelsgöttin, und eine der bekanntesten altägyptischen Geschichten ist wohl jene um Horus, der von seinem auf einer Bahre liegenden Vater Osiris und der in Falkengestalt über ihm schwebenden Isis gezeugt wurde. Es war der letzte Akt des Osiris, bevor er zum Totengott mit leichenhaft grünem Teint avancierte. Für das Christentum bedeutsam ist die seit dem Mittleren Reich in der ägyptischen Kunst beliebte Darstellung der sitzenden Isis, die dem Horuskind auf ihrem Schoß die Brust reicht. Denn daraus wurde der Typus der Maria lactans abgeleitet, die dem auf ihrem Schoße sitzenden Jesusknäblein ihre Milch gibt. Ob Maria mit dieser Darstellung inhaltlich religiöse Dinge seitens der heidnischen Göttin weitergegeben wurden, sei dahingestellt. Eine wunderbare Darstellung war es jedenfalls, um weltabgewandten Gnostikern vor Augen zu führen, dass der Gottessohn doch von einer fleischlichen Frau als richtiger Mensch geboren wurde. Den gnostischen Häretikern muss diese Vorstellung zuwider gewesen sein, da für sie Körper und Materie etwas substanziell Böses waren – und Göttliches zu göttlich, um damit in so enge Berührung kommen zu dürfen. Deutlich zeigt sich auch, dass die koptische Kunst nicht nur Bildsprache von führenden Kunstzentren wie Rom übernommen hat, sondern auch zu eigenständigen Schöpfungen fähig war. Ein weiteres Beispiel bietet die Übernahme des altägyptischen Anch-Zeichens mit der Bedeutung «Leben». Nicht nur
ñ Darstellung der Maria lactans aus dem Jeremiaskloster von Sakkara.
Im pharaonischen Ägypten wohlbekannt: Thronende Isis lactans (Langener, Kat.-Nr. 102).
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als Hieroglyphe verwandt, sondern hundertfach auf den Reliefs der Tempelwände dargestellt, inspirierte es die christlichen Künstler zur Weitertradierung. Das Anch-Zeichen konnte auf Grabsteinen stellvertretend und bedeutungsgleich für das christliche Kreuz stehen, das Kreuz, das nicht nur Mühsal und Leiden bedeutete, sondern auch Hoffnung auf das ewige Leben. Es findet sich neben anderen Zeichen wie dem Chi-Rho in der Buchmalerei, auf Grabsteinen, Textilien oder sogar als Lesezeichen. Doch solche survivals dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dem Christentum etwas wirklich Neues Ägypten betrat. Der Gründe sind viele, doch soll hier ein Wort des Ägyptologen Jan Assmann bemüht werden:
Christentum und Gnosis dagegen konnten mit vollkommen neuen Sinnangeboten aufwarten, die eine starke Faszinationskraft gerade auf jene Schichten ausüben mussten, die sich von der priesterlichen Elitekultur des hellenistischen Ägyptens stärker als je zuvor ausgeschlossen fühlten.
Das Christentum war für alle da: Bettler, Alte, Kranke, Menschen aus allen Ständen und ab dem 4. Jh. n. Chr. auch für die ersten christlichen Kaiser, die nicht mehr Tieropfer vor ihren Schlachten darbringen mussten, wie es einst üblich war, sondern ihre Kriege nun im Namen des Herrn führen konnten. In dieser prinzipiellen Offenheit gegenüber allen sozialen Schichten lag eine große Stärke. Standen früher priesterliche Eliten über den einfachen Menschen, war philosophische Bildungskultur der kleinen Schicht von Reichen vorbehalten, so schrieb nun ein gebildeter Bischof wie Athanasius von Alexandrien über den einfachen jungen Mann Antonius, der ihnen allen nur durch seinen Glauben ebenbürtig sein sollte. Doch was waren die historischen Anfänge? Es ist anzunehmen, dass christlicher Glaube vereinzelt bereits im 1. Jh. n. Chr. aus den östlichen Nachbarländern nach Ägypten gelangte. Als Kirchengründer wird von
der koptischen Kirche der Evangelist Markus verehrt. Der Kirchenhistoriker Eusebius berichtet im 4. Jh. n. Chr., dass man in Ägypten erzähle, der Evangelist selbst sei dort gewesen. Eine Legende über das Martyrium des Markus in Alexandrien ist noch später zu datieren, so dass ein sicherer historischer Nachweis fehlt. Eine frühe Erwähnung von Ägypten findet sich in der Apostelgeschichte 18,24, wo es heißt, dass ein Jude mit Namen Apollos nach Ephesus kam. Dieser sollte aus Alexandrien stammen und bereits in der heiligen Schrift bewandert gewesen sein. Die Annahme, dass die jüdischen Gemeinden in Alexandrien den Ausgangspunkt für die Christianisierung boten, ist auch ohne diese Angabe naheliegend. Als sicherer Beleg für das Christentum können die berühmten Funde neutestamentlicher Papyri gelten, die die Lektüre christlicher Schriften belegen. Die Datierung dieser Stücke erfolgt nach paläographischen Gesichtspunkten, was eine gewisse Ungenauigkeit mit sich bringt. Womöglich sind einige bereits dem 2. Jh. n. Chr. zuzuordnen. Berühmtes Beispiel ist der früher um 125 n. Chr. datierte Papyrus Nr. 52 aus der John Rylands Library, Manchester, der einige Verse des Johannesevangeliums enthält. Mit Demetrius ist zwischen 188/89 und 231 n. Chr. der erste Patriarch Alexandriens nachgewiesen. In diese Zeit fällt das Wirken der bereits genannten Clemens Alexandrinus und Origines in der ersten christlichen Schule (sog. Katechetenschule) oder vielleicht besser Universität, in der die Teilnehmer unter christlichen Gesichtspunkten Bildung erhielten. Um 320 n. Chr. sollen sich dann, jedenfalls nach dem Kirchengeschichtsschreiber Socrates, bereits 100 Bischöfe zu einer Synode in Alexandrien zusammengefunden haben. Für die Institutionalisierung des Christentums, also die Heranbildung einer verbindlichen Kirchenhierarchie, die Festlegung bestimmter Glaubensansichten und die Herausbildung des neutestamentlichen Kanons war das 4. Jh. n. Chr. am bedeutsamsten. Zwar ist es schwierig, mit verlässlichen oder gar genauen Zahlen aufzuwarten (selbst wenn antike Texte welche nennen, heißt dies noch lange nicht, dass sie stimmen müssen), doch
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gilt die Faustregel, dass zu Anfang des Jahrhunderts noch die Heiden und gegen Ende des Jahrhunderts die Christen in der Überzahl waren. Was die Machtverhältnisse angeht, sind diese historisch sicher. Es begann im ersten Jahrzehnt mit der Christenverfolgung durch Kaiser Diokletian. Der Reformpolitiker hatte die Konsequenz aus den schlechten römischen Erfahrungen gezogen und die Herrschaftskompetenzen in dem viel zu großen Reich aufgeteilt. Im gleichen Maße versuchte er auf religionspolitischem Gebiet für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Sein Weg war die Ablehnung der neuen Religionen: Die Manichäer standen sowieso in Verdacht mit den persischen Erzfeinden zusammenzuarbeiten, da ihr Begründer selbst Perser war, so dass antimanichäische Verordnungen in Kraft traten. Die Christen schienen ebenfalls die althergebrachten Kulte zu stören und wurden gleichermaßen mit Edikten belegt.
Sie sollten nun ihre Gesinnung zeigen, indem sie dem Kaiser ein Opfer darbringen mussten – und dies brachte Komplikationen. Zwar bildete die Anpassung an die Umwelt für die wachsende Gemeinschaft keine weltbewegenden Probleme, aber es gab in dem monotheistischen Glauben per definitionem ein Unterlassungsgebot: Christen durften keinen anderen Gott außer den eigenen Einen verehren. Im Römischen Reich aber war der Kaiser gottgleich. Seine Untertanen brachten ihm Opfer dar, abzulegen vor den Bildern und Statuen, die im Reich verteilt waren. Das Kaiseropfer bildete eine staatstragende Einrichtung, eine Verweigerung galt deshalb als Gefahr. Eine Zwickmühle für den Gläubigen. Je nach politischer Lage konnte ein Nein ernste Konsequenzen für das eigene Leben bedeuten. Ob selbst der Tod in Kauf genommen werden musste, wurde unter den Christen kontrovers diskutiert – wer ihn in Kauf
Koptische Textilien bieten eine Fülle an Motiven und Ornamenten: hier eine ornamentale Purpurwirkerei in Sternform. Bei der Weltausstellung im Jahr 1900 in Paris gab es sogar einen Palais du costume, in dem die in den ägyptischen Grabungen gefundene Mode zur Schau gestellt wurde. In der Folge davon wurden Musterbücher zur Nachahmung angefertigt. (S. Hodak. Die koptischen Textilien im museum kunst palast Düsseldorf. Teil 2. Wiesbaden 2010, Kat.-Nr. 230).
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Links: «Der heilige Apa Nûb». Der Märtyrer ist hier auf einer typischen koptischen Ikone mit goldenem Hintergrund dargestellt. Aufnahme aus der ihm gewidmeten Kirche in Samannûd im Delta, dem Ort, wo Reliquien von ihm aufbewahrt werden.
Rechts: Die Märtyrer spielen in der koptischen Kirche eine überragende Rolle, was auch vom Kanon der Ikone abweichende lebendige Kompositionen zeigen.
nahm, mutierte zum Helden. Damit war der Stand des christlichen Märtyrers geboren, einer zutiefst friedlichen Person, die im Namen des Glauben Qual und Tod in die Augen sah. Dass sie auf Gottes Hilfe hoffen konnten, hörten sie nicht nur aus der Schrift, sondern zeigten ihnen auch Bilder, deren Einfluss und Kraft im Medienzeitalter nicht weiter erklärt werden muss. So die Geschichte von den drei Jünglingen aus dem Alten Testament, die es verweigert haben sollten, ein von König Nebukadnezar errichtetes Standbild anzubeten – von einem Engel wurden sie vor dem ihnen zugedachten Feuertod errettet. Diese Botschaft schlug sich ikonographisch im Bild von den drei Jünglingen im Feuerofen nieder und gehörte überall zum Kanon der christlichen Kunst, ob in den Katakomben Roms oder dem Antoniuskloster am Roten Meer. Gerade in Ägypten, wo es seit pharaonischer Zeit bekannt war, dass die Unversehrtheit des Körpers für das Weiterleben so wichtig war und man in christlicher Zeit die Mumifizierung der Verstorbenen weiter pflegte, nahm die Verehrung außergewöhn-
licher Toter (und das waren neben den heiligen Männern, die in die Wüste gegangen waren und es zu Ruhm gebracht hatten, gerade die Märtyrer) exzessive Züge an. So kritisierten alsbald die Kirchenführer diverse Bräuche, wie etwa Bischof Athanasius von Alexandrien in seinem 41. Osterfestbrief vom Jahr 369 n. Chr., in dem er gegen die Praktiken der Anhänger des Meletius von Lykopolis angeht:
Denn die Körper der Märtyrer, die ehrenvoll gekämpft haben, bergen sie nicht in der Erde, sondern sie machen sich daran, sie auf Bahren und Holzbretter zu legen, damit die, die es wünschen, sie anschauen. Sie tun das zwar dem Anschein nach zu Ehren der Märtyrer, in Wirklichkeit aber ist die Sache eine Schande.
Die Verfolgungen hinterließen einen so gewaltigen Eindruck in Ägypten, dass sogar eine neue Zeitrechnung eingeführt wurde: Die «Ära der Märtyrer» beginnt mit dem
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Jahr des Regierungsantritts Diokletians, also mit dem 29./30. August 284 n. Chr. und wird in der koptischen Kirche, die sich nach wie vor als Kirche der Märtyrer begreift, weiter tradiert. So entspricht das Jahr 2019 nach Christus, heute auch aus Neutralitätsgründen gegenüber anderen Religionen common era genannt, dem Jahr 1735/36 nach der diokletianischen Zeitrechnung bzw. der Märtyrerära. Unter politischen und globalen Gesichtspunkten betrachtet, brachte der Sieg Konstantins im Jahre 312 n. Chr. den entscheiden-
den Umschwung. An der Milvischen Brücke vor Rom besiegte er unter dem Zeichen des in einer Vision erschienenen Kreuzes den Mitkaiser Maxentius. Das Christentum, bis dahin eine östliche Erlösersekte mit organisierten und weit verzweigten Gruppen, schlug den Weg zu einer repräsentativen Staats- und Machtreligion ein. Nun litt seinerseits das Heidentum unter den Drangsalen der Neumächtigen wie es nicht nur die Konflikte in der Weltstadt Alexandrien gegen Ende des 4. Jhs. n. Chr. zeigen.
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Syrisches Kloster, Wadi Natrun
Die spätantike, byzantinische oder koptische Epoche Ägyptens
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iese besondere Epoche Ägyptens, die mit dem Regierungsantritt Diokletians (284 n. Chr.) beginnt, erstreckt sich bis zur arabisch-islamischen Eroberung des Landes im 7. Jh. und wird als spätantike Zeit dieses Landes bezeichnet. Der von Historikern gebrauchte Begriff der Spätantike schwankt zwar je nach politischer und kultureller Entwicklung eines Gebietes, lässt sich aber im Falle Ägyptens recht sinnig festlegen. Da Ägypten der östlichen Reichshälfte mit seiner Hauptstadt Byzanz zugeordnet wurde, wird auch von der byzantinischen Zeit gesprochen. Diese Epoche wird aber auch aus guten Gründen als koptische Epoche bezeichnet, die je nach Definition noch über die Eroberung hinausreicht und dann mit der koptischen Sprache als lingua franca Ägyptens bis in das 9. Jh. reicht. Über Bezeichnungen und
Ausdehnungen kann man diskutieren, doch was sind die Merkmale dieser Zeitspanne, die dazu berechtigen, von einer «besonderen Epoche» zu sprechen? Hier ist vor allem der Rückgang der altägyptischen Kultur zu nennen. Ihre Religion mit den vielförmigen Göttinnen, Göttern, tier- und jenseitsgestaltigen Wesenheiten, deren Wirken in den Mythen so detailliert ausgeformt war wie die Sprache der Hieroglyphen mit ihren letztlich in die Tausende gehenden Zeichen – nach 3000 Jahren stolzer Geschichte hielten sie dem neuen Druck nicht mehr stand. Den Gedanken und Vorstellungen des damals noch sehr pluralistischen Christentums waren die in Ägypten entstandenen Mythen nicht gewachsen. Sie wurden von der Einfachheit eines einzigen Gottes und auch eines Alphabetes mit we-
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niger als 30 Schriftzeichen verdrängt. Diese Transformation des sog. Demotischen, der letzten Sprachstufe der alten Hieroglyphensprache, bedeutete, dass die alte Grammatik mit neuen Buchstaben geschrieben wurde: mit dem griechischen Alphabet und einigen Zusatzbuchstaben, die aus dem demotischen Alphabet entwickelt wurden. Die daraus entstandene koptische Sprachstufe des Ägyptischen ist noch heute im Gottesdienst der koptischen Kirche im Gebrauch. Damals aber wurde das Koptische von allen Ägyptern, egal ob Christ oder Nichtchrist, benutzt. Neben dem ökonomischen Vorteil der Kürze erlaubte das neue Alphabet einen genaueren Ausdruck gesprochener Sprache, da nun auch Vokale schriftlich ausgedrückt werden konnten. Dies war nicht nur für die neuen heiligen Schriften, die unverfälscht tradiert werden sollten, sondern auch für die Magie wichtig, da nur die richtige Aussprache der Formeln die Wirksamkeit des Zaubers garantierte – und der böse Nachbar endlich erkrankte oder noch besser in einen Brunnen fiel. Die ältesten schriftlichen Zeugnisse des Koptischen lassen sich in das 3. Jh. n. Chr. zurückverfolgen. Es war bereits die Rede davon, dass Worte wie koptisch oder Kopte in den Medien in erster Linie mit der heutigen orthodoxen Kirche Ägyptens zusammengebracht werden. Aber eben diese Gemeinschaft ist die direkte Erbin der weltoffenen christlichen Zeit Ägyptens, die so vehemente Impulse setzte. Die neue Epoche in Ägypten wurde auch durch eine multikulturelle Gesellschaft geprägt und dies sowohl in ethnischer, religiöser als auch sprachlicher Hinsicht. Neben den einheimischen Ägyptern lebten in den großen Städten und in ganzen Landstrichen griechische Zuwanderer, die sich über Alexandrien hinaus vor allem in den oberägyptischen Zentren niedergelassen hatten – in Städten mit so schönen Namen wie Lykopolis («Wolfsstadt», oder «Stadt der Wölfe»), die für ihre philosophischen Schulen und Gelehrten (wie den Neuplatoniker Alexander von Lykopolis) berühmt waren. Außerdem lebten in den über das Land verteilten Militärlagern schon lange römische Soldaten mit ihrer Gefolgschaft, die so auch die lateinische Sprache nach Ägypten gebracht hatten.
Wenn die koptische Sprache einen hohen Anteil an griechischen Lehnwörtern enthält, so spiegelt dies den Einfluss der hellenistischen Mittelmeerwelt auf Ägypten. Gleichzeitig ist sie aber auch die letzte Sprachstufe der ägyptischen Sprache, so wie auch die koptische Kunst mit ihren ägyptischen Wurzeln stark von der römisch-byzantinischen Ikonographie – mit anderen Worten international – geprägt wurde. Die koptische Sprache hat in mehreren Bereichen Gut der Geistesgeschichte bewahrt, das sonst verschollen wäre. Neben dem Lateinischen und Syrischen zählt sie zu den ersten und wichtigsten Übersetzungen des Neuen Testamentes. Die Originale dieser 27 Schriften sind nicht erhalten, was dem Christentum seitens anderer Religionen – vom Manichäismus bis zum Islam – die vernichtende Kritik einbrachte, die ursprüngliche Lehre Jesu gar nicht zu kennen. Seither ist die Rekonstruktion des Ausgangstextes Aufgabe von Generationen an Schriftgelehrten. Das Koptische bewahrte Varianten der frühen Zeit, die sonst verschollen wären und spielt deswegen in der neutestamentlichen Textforschung, einer Paradedisziplin deutscher Gründlichkeit, eine unverzichtbare Rolle. Die den kulturellen Fortschritt und die Verbreitung des Christentums so fördernde Lebensform des Mönchtums, die in Ägypten in das Licht der Geschichte trat, hinterließ ihre ältesten Dokumente in koptischer Sprache. In ihr sind nicht nur die Briefe des ersten berühmt gewordenen Einsiedlers An-
Das Fortleben der Magie führt bis in die Moderne: Besuch des Fotografen Jo Bischof bei einem bekannten Zauberer in Kairo.
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Tempel von Deir el Bahari: Das auf einer der Terrassen gebaute koptische Kloster wurde von den Ausgräbern wie wertloser Bauschutt entfernt – neben wenigen Fotos wurde als Plan nur eine kleine Strichzeichnung angefertigt. Ägypten, das fruchtbare Land.
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tonius mit dem Ehrentitel Vater aller Mönche erhalten, sondern auch die von Pachom, dem Erfinder der Klöster. Die ersten Mönchsregeln der Welt wurden in koptischer Sprache verfasst und dann durch Übersetzungen rezipiert und weiterentwickelt. Überdies wurden nicht nur christliche Schriften wie die der Kirchenväter oder verschiedene Predigten (Homilien) übersetzt und produziert, sondern auch magische, alchemistische, gnostische und manichäische Texte sowie Romane und wissenschaftliche Werke (wobei von den beiden letzteren Genres der Befund zugegebenermaßen dürftig ist). Dass die koptische Zeit Ägyptens im öffentlichen Bewusstsein so wenig beachtet wird, hat im Westen und im Osten unterschiedliche Gründe. Im Westen liegt es zu einem großen Teil an einer Forschungsgeschichte, die auf die altägyptische Kultur, die alten pharaonischen Denkmäler ausgerichtet war und nicht auf die christliche Zeit Ägyptens, die gegenüber den alten Monumenten (und von der Machtwarte abendländischer Christenheit aus betrachtet) unbedeutend erschien. Im Prinzip stand man damit sogar in der Tradition der griechischen Philosophie, die das alte Ägypten als Ursprung vieler Wissenschaften und Künste verehrte. So verwundert es nicht, dass seit Beginn der Ägyptologie, markiert durch die wissenschaftliche Begleitung napoleonischer Feldzüge, die koptische Kultur nicht nur vernachlässigt, sondern großräumig beseitigt wurde. Archäologische Strukturen, nicht nur Häuser, Siedlungen, sondern sogar ganze Klöster, die sehr viel Aufschluss über das spätantike Leben in Ägypten hätten geben können, wurden als wertloser Schutt betrachtet und beiseite geräumt. Dabei handelt es sich um ein Phänomen, das nicht nur aus dem Orient bekannt ist. In Deutschland wurden z. B. an vielen Orten, wo man an die vermeintlich wichtigeren Hinterlassenschaften der römischen Kultur gelangen wollte, mittelalterliche Schichten ohne detaillierte Untersuchungen abgetragen. Aber auch aus anderen Gründen erhielten die Begriffe koptisch, Kopte oder koptische Kultur einen negativen Beiklang. Seit der Ptolemäerzeit wurde der Einfluss griechischer Kultur immer stärker, eine Entwicklung, die sich
in der Spätantike fortsetzte. Und so wird selbst noch in der jüngeren Forschung ein Kontrast zwischen dem griechischen Stadtbürger und dem koptischen Bauern entworfen, um das Ungleichgewicht der Kulturen zu demonstrieren: der eine reich, gebildet und mächtig, der andere arm, dumm und ohnmächtig. Neben dem Umstand, dass Schwarzweißmalerei selten die Wirklichkeit abbildet, werden bei einer solchen Gegenüberstellung viele Dinge nicht bedacht und gegeneinander abgewogen. Dass z. B. ein griechischer Bürger einer Stadt in Mittelägypten hinsichtlich Kultur und Bildung im klassischen Sinne auf einem höheren Niveau leben konnte als dies einer ägyptischen Bäuerin oder einem Bauern möglich war, ist nun einmal soziale Realität, die man aber den Ärmeren nicht arrogant anlasten sollte. Ganz im Gegenteil konnten Städte wie Rom oder Byzanz nur durch den Fleiß dieser geschmähten ägyptischen Bevölkerung den Hunger ihrer Bürger stillen. Dass es aber auch koptisch sprechende gebildete Ägypter gab, ist sicher belegt. So wurden anspruchsvolle griechische und syrische Texte in die koptische Sprache übersetzt. Dies zeugt davon, dass nicht nur die griechischen Bürger einer Bildungsschicht zuzuordnen waren. Bekannt ist ebenfalls, dass in vielen Klöstern Lesen und Schreiben gelehrt wurde. Schulübungen legen darüber ein reges Zeugnis ab. Die Nutzung des griechischen Alphabetes bedeutete einen großen Fortschritt, da das Schreiben mit einer begrenzten Anzahl von Buchstaben, die nicht nur Konsonanten, sondern auch Vokale ausdrücken konnten, bei geringerer Lernzeit genauere und effektivere Ausdrucksmöglichkeiten bot. Auch die Kunstproduktion Ägyptens, ob auf dem Gebiet der Ornamentik oder der ikonographischen Typen, wurde stark durch den Einfluss der mittelmeerischen Zentren wie Rom oder Konstantinopel geprägt. Die neuen christlichen Bildtypen lassen sich in alle Provinzen des römisch-byzantinischen Reiches verfolgen, weisen aber dort die Eigenheiten der landesüblichen Kunstproduktion auf. Im multikulturellen Ägypten schlug sich die ganze Vielfalt der Zeit in den Kunstgattungen nieder. Sie beinhalten neben neutralen Bildthemen, wie etwa Motiven der
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Nillandschaft mit Enten oder Fischen, auch Szenen der griechisch-römischen Mythologie wie die Taten des Herakles. Aussagekräftiges Relikt aus der alten pharaonischen Zeichenwelt ist das Anch-Zeichen, das zu einem christlichen Kreuz umgedeutet wurde. Als christliche Themen erscheinen Bilder zum Alten und Neuen Testament, die immer wieder auch von den christlichen apokryphen Schriften beeinflusst sind. Auch die typisch ägyptischen Darstellungen von der das Jesuskind stillenden Gottesmutter Maria gehen, wie bereits oben ausgeführt, auf die das Horuskind stillende Gottesmutter Isis zurück. Dass diese verschiedenen Bilderwelten sich nicht ausschlossen, sondern gemeinsam von den Menschen wahrgenommen wurden, zeigt der Fund eines Behanges mit Figuren aus der griechischen Mythologie (sog. Dionysos-Behang), der sich heute in der AbeggStiftung in der Schweiz befindet. Es handelt sich um einen 7 m breiten Wandbehang, der durch Arkaden getrennte lebensgroße Figuren der Mythologie zeigt – unter ihnen Dionysos, der für seine wilden Gelage mit Wein, Weib und Gesang bis in die heutige Zeit wohlbekannt ist. Zum wirklichen Nachdenken regt aber an, dass der Behang gemeinsam mit einer Marienseide gefunden wurde, die bekannte Szenen aus dem Leben der Jungfrau zeigt: die Verkündigung der Geburt durch einen Engel in der Version einer nicht neutestamentlichen, also apokryphen Schrift, die Geburt Jesu sowie einige weitere Szenen. Doch dieser sogar religionsübergreifenden Möglichkeit von Einigkeit steht innerkirchliche Uneinigkeit gegenüber. Im 4. und 5. Jh. fanden bitter geführte Auseinandersetzungen um das Verhältnis der zwei Naturen des Gottmenschen Jesus statt. Es entwickelten sich unterschiedliche Meinungen in der Christologie, der Lehre über den Gottessohn. Bereits vor dem Konzil von Chalkedon (451 n. Chr.) hatten sich in den Gelehrtenstuben von Antiochia, Alexandrien und Rom verschiedene theologische Schulen gebildet. Der Gebrauch unterschiedlicher Terminologien öffnete die Türen für Missverständnisse. Die Diskussion der durchaus komplizierten Gedanken und Dogmen soll der spezifischen Fachliteratur überlassen bleiben. Aber man sollte sich die-
ses Kernproblems bewusst sein, dessentwegen das Christentum keine Einheit bildet. Auf dem Konzil von Chalkedon wurde unter besonderer Beteiligung des römischen Bischofs Leo des Großen die «unvermischte und ungetrennte Einheit» der beiden Naturen in dem einen Gottmenschen Jesus festgestellt. Der alexandrinische Bischof Dioskoros sprach stattdessen wie einer seiner Vorgänger (Kyrill) von der einen «Natur des Gott-Logos, die Fleisch angenommen hat.» Das Schicksal des koptischen Christentums ist eng mit diesem Konzil verbunden. Die kirchlichen Synoden waren zu Orten machtpolitischer Streitigkeiten geworden. Die Anhänger und Gegner der Beschlüsse von Chalkedon trennten sich und in der Folge entstanden eigene orientalische Kirchen wie die koptisch-orthodoxe und die syrisch-orthodoxe Kirche. Sie wurden als Monophysiten bezeichnet (monos = einzig, allein, physis = Natur), also solche, die nur eine Natur in Jesus anerkennen – im Gegensatz dazu werden die Anderen Diophysiten (dio = zwei) oder Melkiten (von syr. malka «Kaiser») genannt. Die Monophysiten werden heute treffender als Miaphysiten (mia = eins) bezeichnet. Mehrheitliche Meinung ist heute, dass es sich bei den Unterschieden um Missverständnisse handelte, da die Begriffe der «Natur» und der «Person» Christi verschieden definiert waren. Die christologischen Auseinandersetzungen beruhten zu einem großen Teil auf Machtstreitigkeiten der großen Bischofssitze, der Patriarchate. Ausgerechnet der faszinierende Kern der christlichen Botschaft, die Menschwerdung Gottes, führte also zu zahlreichen Spaltungen innerhalb der christlichen Glaubensgemeinschaften und damit zur Trennung der anfangs so wesensbestimmenden orientalischen Christengemeinschaften von den später weltpolitisch viel bedeutenderen abendländischen. Diese Separation darf man sich nicht als geographischen Schnitt vorstellen. In den nordafrikanischen und kleinasiatischen Ländern befanden sich seit der Spaltung jeweils Bischöfe und Anhänger beider Richtungen. In Alexandrien gab es einen Patriarchen der Reichskirche und einen der miaphysitischen Kirche. Nach der arabischen Eroberung im
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7. Jh. kam der byzantinische Einfluss auf Ägypten zum Erliegen und die ägyptische Kirche ging vollends ihre eigenen Wege. Soweit also der historische Rahmen, in dem sich die Trennung großer Teile der Christen des Morgenlandes von denen des Abendlandes vollzog. Ab 1971 fanden Treffen zwischen den orientalisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche statt. Dabei wurde eine Einheit im christologischen Glauben gefunden und nicht-theologische Faktoren wie na-
tionale, kulturelle, politische und kirchenpolitische Gründe für die Trennung im 5. Jh. verantwortlich gemacht. 1973 einigten sich Papst Paul VI. und Papst Schenouda III. auf eine Glaubensübereinstimmung hinsichtlich der Christologie. Die Bezeichnung «Monophysiten» soll auf Wunsch der ägyptischen Kirche durch «Miaphysiten» ersetzt werden, da der neue Begriff die Einheit des Wesens Jesu ausdrückt und der erstere die «falsche» Auffassung, dass er nur eine «einzige» Natur besessen habe.
Verkündigungsszene mit dem Engel Gabriel und Maria. Malerei im Syrischen Kloster des Wadi Natrun, die nach einem Brand unter einer jüngeren Bemalung wiederentdeckt wurde.
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Der Mönch Abuna Fanus, Pauluskloster.
Das unbekannte Ägypten – Die Wiege des Mönchtums Bei der Gestaltung der Spätantike haben die Mönche Ägyptens eine bleibendere Rolle gespielt als Konstantin. (Peter Brown, Die letzten Heiden. Eine kleine Geschichte der Spätantike. Frankfurt 1995, S. 105)
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as christliche Mönchtum ist keine rein ägyptische Erfindung, da es sich etwa zeitgleich in Syrien entwickelte, erhielt aber seine entscheidenden Prägungen in den Wüsten am Nil. In den 20er Jahren des 4. Jhs. n. Chr. entstand dort das koinobitische Mönchtum, eine organisierte, an eine gemeinsame Regel gebundene Lebensform, die sich bald mit Klostermauern schützte. Die Entwicklung dieser neuen Lebensform ist in mancher Hinsicht in seiner Nachwirkung bedeutender als der Bau von Pyramiden.
Dies zeigt bereits ein Blick in das mittelalterliche Europa, wo die Klöster kulturelle Zentren bildeten. Die neue Lebensform war vom Abendland übernommen und weitergeführt worden. In den verschiedensten Bereichen – ob Handwerk, Medizin oder Schulwesen – brachten sie kulturellen Fortschritt mit sich, der gleichzeitig die Überlegenheit der neuen Religion demonstrierte. Die Menschen in den Klöstern wandten ihr überlegenes Wissen bei der Bewirtschaftung von Ländereien an, kannten sich mit den Wirkungen
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von Heilkräutern aus und unterhielten Skriptorien und Bibliotheken, die nicht nur die Heilige Schrift, sondern auch andere Schriften vervielfältigten und archivierten. Ebenso bei der Eroberung der Neuen Welt jenseits des Atlantischen Ozeans spielten die abendländischen Orden eine gewichtige Rolle. Nicht erst hier zeigte sich aber auch die dunkle Seite einer mächtigen Institution, die ein ums andere Mal im Fahrwasser weltlicher und politischer Machenschaften agierte. Im 21. Jh. gehören die großen Zeiten westlichen Mönchtums der Vergangenheit an. In einer Kultur, in der es unpopulär ist, Mönch zu sein, schwindet ihre Zahl. Im Gegensatz dazu blüht das ägyptische Mönchtum fast so wie zu Zeiten des mächtigen Patriarchen Athanasius. Beim Besuch heutiger ägyptischer Klöster erfährt man, dass nur eine Auswahl der Bewerber aufgenommen werden kann. Dem wachsenden Druck der islamischen Umwelt ausgesetzt, scheint es fast so, als würde sich dort die Minderheit der Christen auf ihre alten Stärken besinnen. Die Wurzeln des Mönchtums liegen in einer Zeit, in der das Christentum noch nicht Staatsreligion war, sondern stattdessen Verfolgungen erlitt, die sich tief in das Gedächtnis der ägyptischen Kirche einbrannten. Zahlen aus der Antike sind grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen, so dass unsicher ist, wie viele Verweigerer des Kaiseropfers wirklich mit ihrem Leben bezahlen mussten. Es ist auch keine allgemeingültige Aussage darüber möglich, wie akut die Gefahr einer religiösen Verfolgung oder des Martyriums für den Einzelnen war. Viele Berichte und Schriften zeigen aber, dass man sich dieser Gefahr sehr bewusst war, sich damit auseinandersetzte und diese somit für das eigene Leben Realität besaß. Dass mit der christlichen Weltanschauung über bloße Theorie hinaus pragmatisch existentielle Fragen verbunden waren, ist eine der Voraussetzungen dafür, dass sich junge Männer und Frauen (letztere nach den Quellen in deutlicher Minderheit, was aber auf die damalige soziale Situation der Frau rückzuführen ist) vom normalen Leben abwandten, und in der menschenfeindlichen, den alten Ägyptern als Totenreich geltenden Wüste leben konnten. Die mentalen Voraussetzungen
für eine solche Bewegung waren vorhanden. Gedanken über Entbehrung und Abkehr von der Welt als Lebensziele sind reichlich belegt. Zahlreiche Schriften des 2. und 3. Jhs. n. Chr. werben für ein asketisches Ideal, mit dem die Tore der Himmel weit aufgestoßen werden sollten. Nach dem Buch des Thomas aus der Bibliothek von Nag Hammadi soll Jesus selbst gesagt haben, dass der Mensch wachen und beten soll, damit er «der Fessel der Bitterkeit des Lebens» entkomme. Die Ruhe des ewigen Lebens wird er nur dann erlangen, wenn er sich aus «den Mühen und den Leidenschaften des Körpers» befreit. Als das Christentum nach der konstantinischen Wende, die das Ende der Verfolgungen bedeutete, langsam aber sicher in die Stellung einer Reichsreligion gelangte, existierte das Mönchtum bereits und entwickelte sich unter den neuen Bedingungen weiter. Für die Anfangszeit und die Vorläufer seiner Geschichte gibt es verschiedene Theorien und Spekulationen. So soll Johannes der Täufer nach den Evangelien in einem Gewand aus Kamelhaaren in der Wüste gelebt und nur Heuschrecken und wilden Honig gegessen haben. Jesus sprach davon, dass man sich um das tägliche Brot nicht sorgen solle, da ja sogar die Vögel des Himmels vom Herrn ernährt würden. Derartige Stellen zeigen, dass Menschen, die umherzogen, predigten und kaum materielle Güter besaßen, bereits zu Beginn des Christentums (oder vor dem Christentum?) bekannt waren. Gedanken und Lebensformen, die der Welt den Rücken kehren, sind auch zu anderen Zeiten und an anderen Orten belegt. Man denke nur an einige griechische Philosophen oder indische Asketen. Selbst in der zweiten Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. ist das christliche Mönchtum historisch noch schwer zu fassen - nur wenige Hinweise blieben aus dem Dunkel der Jahrhunderte erhalten. Spätestens ab der Mitte des 3. Jhs. n. Chr. muss es aber definitiv Menschen gegeben haben, die aus religiösen Motiven ihr Leben änderten. Sie lebten abseits von ihren Gemeinden, außerhalb der Städte und Dörfer oder sogar in der Wüste am Rande des Fruchtlandes – später noch tiefer in der «inneren Wüste». Der Begriff «Einsiedler» ist treffend und irreführend zugleich, die Rahmenbedingun-
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Deir el Muharraq: ein Kloster unter dem blauen Himmel Mittelägyptens.
Im Gebiet des Antoniusklosters in der Nähe des Roten Meeres: ein Einsiedler auf dem Weg in seine Eremitage.
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gen, unter denen ein solches Leben geführt werden konnte, waren etwa die Folgenden: Es gab solche, die wirklich ganz alleine lebten, mehr oder weniger oft trafen sie sich aber zum Austausch mit anderen. Andere lebten in lockeren Gruppen zusammen, ihre Behausungen befanden sich mal näher zusammen und mal weiter auseinander in Ruf- oder Sichtweite. Weitere scharten sich um berühmt gewordene Einsiedler und gründeten regelrechte Siedlungen aus Eremitagen. Wenn sich Menschen in der Zeit vor den großen Klostergründungen von ihrem materiellen Besitz trennten und in die Wüste gingen, um dort ein gottgefälliges Leben zu führen, mussten sie eine hohe Motivation haben. Die Zeitgenossen, nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt im Fruchtland lebend, fragten sich, wie man dort überleben oder gar leben konnte. Aus Spaß nimmt man keine Einsamkeit und Einöde, Skorpione und Schlangen, Hunger und Durst auf sich. Mönche wurden auch als Athleten bezeichnet, denn sie übten sich darin, besser zu werden, so wie es die Sportler taten. Es ging allerdings nicht um körperliche Ertüchtigung, sondern geistige Zucht wie den Kampf gegen die Sexualität oder das Lernen der Geisteshaltung Demut. Unzweifelhaft genossen diese Anstrengungen und die Lebensweise der Mönche und Einsiedler die Anerkennung der im normalen soziokulturellen Rahmen lebenden Menschen. Was aber bewegte Tausende von Menschen dazu, ihr bisheriges Leben, ihre Familien und ihr Heim aufzugeben? Was brachte sie dazu, die Einsamkeit und die Entbehrungen der Wüste auf sich zu nehmen? Im Laufe der Forschungsgeschichte zum Mönchtum haben sich folgende Hauptgründe herauskristallisiert. • Mönche wollten so vollkommen wie möglich ein heiliges Leben im Namen Gottes leben, besaßen also christlich-religiöse Motive, wie z. B. die Nachfolge Christi. • Die Armut war so groß, dass einige die Last, eine Familie zu ernähren, nicht auf sich nehmen wollten oder konnten. • Menschen flüchteten vor dem Druck der Steuern. • Das Leben als Mönch im Kloster war eine Alternative zu einem herkömmlichen Le-
ben – ein Armer konnte so z. B. Bildung und soziale Absicherung erlangen. • Weitere Gründe religiöser Natur wie die Bekämpfung von Dämonen in der Wüste und die damit verbundene Heiligung der Welt. • Während der Verfolgungen unter Kaiser Decius (249–251 n. Chr.) mussten viele Christen in die Wüste fliehen und blieben länger dort. In der Zeit vor Gründung der ersten Klöster war das Angebot eines besseren Lebensstandards noch nicht relevant. Familiäre und mitmenschliche Bindungen hinter sich lassend, wartete ein von Ungeziefer begleitetes, der Kälte der Nacht und der Hitze des Tages ausgesetztes Leben in Einfachheit. Grundlage, solch ein Leben im Namen des Herrn in Kauf zu nehmen, musste wohl so etwas wie eine stabile mentale Lebenseinstellung sein. Diese basierte auf dem spätantiken Weltbild, in dem die göttlichen Kräfte, ob Engel oder Dämonen für die Menschen Realität waren und ihm in einem Maße nahestanden, welches in einer durch die Naturwissenschaften geprägten, säkularisierten Gesellschaft nicht mehr vorstellbar ist. Gott sprach zu den Menschen in Träumen, schickte ihnen Visionen und Zeichen, selbst Kaiser glaubten mit in den Wolken erschienenen Zeichen siegen zu können. Visionen und die damit verbundene Beziehung zum Göttlichen gehörten in den Gemütern der Spätantike zum Alltag. In vielen Quellen kann man die Geschichten göttlichen Wunderwirkens nachlesen. Christ zu sein und Christus nachzufolgen war mehr als nur ein Wort. Das Leben in der Minderheit und das Bewusstsein der Verfolgungen, verbunden mit der Sorge, dass das Einstehen für den eigenen Glauben zum Verhängnis werden konnte, dürfte eine Art existentialistischer Daseinshaltung nach sich gezogen haben. Eine Haltung, die die Bereitschaft zu etwas Außergewöhnlichem wie Mönchsein ermöglichte. Das eigentlich koinobitische Mönchtum, also das gemeinschaftliche Mönchtum unter einer Klosterregel und in einem abgegrenzten Bezirk (den sprichwörtlichen Klostermauern) wurde in den 20er Jahren des 4. Jhs. n. Chr. entwickelt. Nach den Berichten und auch
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Felsen und Höhlen bieten Schutz vor der Hitze des Tages – das Leben dieses Mönches ist inzwischen auch in den «sozialen» Medien dokumentiert.
nach den archäologischen Zeugnissen folgten der ersten Klostergründung schnell weitere nach, was darauf schließen lässt, dass sich die Lebensweise bereits etabliert hatte. Die verschiedenen Themen der ersten Klosterregeln lassen auf Erfahrungen schließen, die zuvor bereits gesammelt wurden. Die alte Form, allein oder in Siedlungen von Eremitagen wie z. B. der Kellia (nördlich des Wadi Natrun) zu leben, blieb parallel zum Klosterleben bestehen – Einsiedler in der Nähe von Klöstern gibt es bis heute. Ein Mönch trachtete nach Vervollkommnung, um sein Leben noch besser im Sinne Christi zu führen. Die Lebensweise wurde wie ein Handwerk oder eine Kunst geübt. Beten, Andacht und Meditation hören sich harmlos an. Doch wer sie in den Mittelpunkt stellt und nicht von Wünschen und Trieben beiseitedrängen lassen will, benötigt Disziplin, Fleiß und Willen. Es ist charakteristisch, wenn der Asket (das griechische Wort askesis kann die Übung, aber auch die Lebensweise des Asketen bezeichnen) schon in den frühen Texten als Athlet bezeichnet wird. Beide übten täglich, um ihren Körper zu stählen und ihre Ziele zu erreichen: Der eine für den vergänglichen Kranz, der ihm nach einem siegreichen Wettkampf auf das Haupt gesetzt wurde, der andere für den unvergänglichen, der ihm bei Vollendung seines Lebenskampfes winkte.
In der Gesellschaft war das Mönchtum im 4. Jh. n. Chr. als fester Bestandteil der Gesellschaft akzeptiert. Für den normal lebenden Gläubigen stand ein Asket den heiligen und göttlichen Dingen näher als er selbst, eine Sichtweise, die in der antiken Tradition des gottähnlichen Menschen steht. Als solche galten Persönlichkeiten, die eine geistig vorbildliche, mit hoher Bildung verbundene Lebensweise pflegten. Beispiele sind große Philosophen wie Sokrates oder Plotin, der im 3. Jh. n. Chr. die einflussreiche Philosophierichtung des Neuplatonismus begründete. Peter Brown, der in Dublin geborene irische Historiker und Experte für die Geschichte der Spätantike, zeigte in mehreren Arbeiten, wie der Ruf, ein «heiliger Mann» zu sein, das Prestige des Anachoreten (griechisch anachoreo = das Land verlassen) prägte. Die heiligen Männer wurden als Fürsprecher geschätzt, Wunderheiler befanden sich unter ihnen und Dämonen konnten ihnen nichts anhaben. In den Augen vieler Menschen und sicherlich nicht nur der gläubigen Christen führten sie ein außergewöhnliches Leben. In einigen Texten findet sich für die Wüste die Bezeichnung «Stadt der Engel», da die Männer Gottes dort ein engelgleiches Leben führen sollten. Von Menschen, die Gott näherstanden, hatte man viel Positives zu erwarten: Die Kranken hofften auf Heilung, die Unfruchtbaren auf Kinder und die Zweifelnden suchten Antwort auf ihre Fragen. Ein Hauch des Geheimnisvollen umgab das Leben der Eremiten. Es entstand eine Art von volkstümlichen Legenden, die von schier unglaublichen Erlebnissen und Wundern berichteten, die sich in der Wüste ereignen sollten: In der Einsamkeit verstorbene Einsiedler, deren Arme bei der ersten Berührung des hockenden Leichnams abfallen und sich in Staub auflösen – in gleißendem Licht erscheinende Engel, die den Menschen ungewollt Furcht einflößen – Heiler, die mit bloßen Händen die Leber aus dem Leib operieren und die herausgeholten Würmer in einen Lappen wickeln – der Teufel, der in eine Nonne fährt und einen (armen) Mönch verführt – eine Dattelpalme, die umfällt, als der, den sie über Jahre ernährte, stirbt. Dies alles und noch viel mehr erzählen koptische Ge-
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schichten aus der Thebais in Oberägypten, in deren Erzählrahmen sich ein Mann in die Wüste begibt, um zu erfahren, wie die Einsiedler leben. Auch die Erzählungen zum Leben des Onnophrius, dessen Nacktheit nur durch sein langes Haar bedeckt wurde, sind sehr lesenswert. Sein Ruhm ist auch außerhalb Ägyptens mit Bildern und ihm gewidmeten Kapellen bezeugt. Doch ebenso geheimnisvoll dürften die archäologisch nachweisbaren Fakten aus dem klösterlichen Leben gewirkt haben. Allein die Bibliotheken und Skriptorien, in denen alte Schriften bewahrt und vervielfältigt wurden, gingen weit über den durchschnittlichen Erfahrungshorizont hinaus. Dass die Buchkultur von Beginn an mit dem Klosterwesen verbunden war, verwundert nicht, da die Kenntnis der heiligen Schriften Grundlage des Glaubens bildete. Beim Eintritt in die ersten Klöster, so steht es in den pachomianischen Regeln, verlangte man sowohl das Auswendiglernen von Stücken aus der Heiligen Schrift als auch das Erlernen des Lesens:
Regel 139: Wer als Neuling in das Kloster eingetreten ist, soll zuerst in dem unterwiesen werden, was er [als Mönch] zu beachten hat, und wenn er nach der Unterweisung sich mit allem einverstanden erklärt hat, soll man ihm zwanzig Psalmen oder zwei Apostelbriefe oder ein [entsprechendes] Stück der übrigen [Heiligen] Schrift aufgeben [zum Auswendiglernen]. Und wenn er des Lesens unkundig ist, soll er zur ersten, dritten und sechsten Stunde zu einem befähigten Lehrer gehen, der ihm zugewiesen wurde, und soll mit größtem Eifer und mit allem Dank [als Schüler] vor ihm stehen. Später soll man ihm die Buchstaben, Silben, Tätigkeitswörter und Hauptwörter aufschreiben, und so soll er angehalten werden, auch wenn er nicht mag, lesen zu lernen.
Regel 140: Und grundsätzlich soll es niemanden im Kloster geben, der nicht lesen lernt und etwas von der [Heiligen] Schrift auswendig weiß – zumindest das Neue Testament und den Psalter.
Da allein der Psalter bekanntlich aus 150 teils recht langen Liedern besteht, war für Beschäftigung gesorgt. Da nicht nur während der Gottesdienste, sondern zu allen Gelegenheiten, ob bei der Arbeit oder auf einer Bootsfahrt, munter psalmodiert wurde, war durch die andauernde Wiederholung der Lernerfolg vorprogrammiert. In einer Umwelt mit 90, 95 oder mehr Prozent Analphabeten klingen solche Regeln nahezu revolutionär. Wie groß die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit war, wie konsequent also die Bedingungen von den Oberen eingefordert wurden, ist nicht bekannt – sicherlich müssen die Abstriche gemacht werden, die die Ideologie und Theorie der Realität und Praxis stets zu zollen hat. All diese Überlegungen zu spirituellen und kulturellen Dingen zeigen nur die Motivseite
Wurden den Mönchen der Spätantike heilige Kräfte zugewiesen und ihnen höchster Respekt gezollt, so ist dies in Ägypten bis heute tradiert worden: Abuna Fanus im Pauluskloster erteilt seinen Segen.
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der Medaille, ebenso wichtig ist aber die Zahl. Mönchtum war als Glied der Gesellschaft nicht zuletzt deshalb anerkannt, weil es neben den überirdischen Perspektiven schlicht und einfach eine Lebensalternative bot, die im sozialen Vergleich mit einer hohen Lebensqualität aufwarten konnte. Es ist nicht ganz so einfach, sichere Aussagen über das Leben und die Verhältnisse der «einfachen» Menschen zu treffen. Vor allem statistische Angaben können nur mit äußerster Vorsicht bewertet werden, da von der ursprünglich vorhandenen Vielzahl an Informationen nur ein Bruchteil den Weg in unsere Zeit gefunden hat. Und damit ist bei allen Untersuchungen stets «der Zufall der Überlieferung» mit einzukalkulieren. Nach den zur Verfügung stehenden Informationen kann man aber davon ausgehen, dass der größte Teil der Bevölkerung ein karges Leben fristete. So bescherte der Tag einem Lohnarbeiter viel Arbeit und wenig Verdienst. Bereits die Deckung der Grundbedürfnisse, also die Kosten für Wohnung, Kleidung und Grundnahrungsmittel stellte viele Haushalte vor größte Probleme. Zahlen zur wirtschaftlichen Situation sind durch Verkaufsurkunden, Lohnnachweise, Quittungen usw. überliefert, die der Sand und das günstige Klima Ägyptens bewahrt haben. Obwohl nur eine win-
zige Auslese erhalten ist, besitzen die Informationen eine klare Tendenz. Es ist möglich, anhand dieses Materials ein anschauliches Bild von der Höhe damaliger Löhne und den durchschnittlichen Preisen von Produkten (inklusive der Schwankungen) zu gewinnen. So gab es im 3. Jh. n. Chr. Landarbeiter, die vier Drachmen pro Tag verdienten, eine einfache Tunika kostete 44 Drachmen. Dies bedeutete also theoretisch elf volle Tage Arbeit. Vom Lohn mussten aber tagtäglich nicht nur die eigenen Bedürfnisse gedeckt, sondern auch die nicht arbeitenden Mitglieder des Haushalts mitversorgt werden. Standen die Preise schlecht, so musste hart gearbeitet werden, um das Existenzminimum zu verdienen, also die Grundnahrungsmittel Weizen, Wein und Öl zu kaufen (Wein war Alltagsgetränk). In den darauffolgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten sah es ökonomisch ähnlich aus. Bei der genannten Tunika handelt es sich wohlbemerkt nicht um ein Luxusgut, sondern um Alltagskleidung, die allein als Sonnenschutz unentbehrlich war. Es verwundert daher nicht, dass viele der gefundenen koptischen Textilien antike Flickspuren aufweisen. Die Kleidung musste so lange wie möglich getragen werden. Aber welche politisch-wirtschaftliche Erfindung kann die Nöte des kleinen Mannes
Tunika mit quadratischen Zierfeldern (clavi) und Zierstreifen, die zumeist von den «Ausgräbern» ausgeschnitten und als Einzelstücke verkauft oder weitergegeben wurden (S. Hodak. Die koptischen Textilien im museum kunst palast Düsseldorf. Teil 2. Wiesbaden 2010, Kat.-Nr. 1.)
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und der kleinen Frau besser nachvollziehen lassen als die Drangsal der Steuer? Die Steuer war so wichtig, dass sie selbst in die Zeitrechnung eindrang! Die römische Verwaltung fasste die jährlichen Steuererhebungen in Zyklen zu 15 Jahren zusammen. Nach dem Jahr 15 begann man die Durchzählung der Jahre wieder mit Eins. Diese als Indiktionsjahr bezeichnete Jahresangabe wurde eine Alternative zur Jahreszählung nach Kaisern und fand nicht nur in Dokumenten, sondern auch auf Grabsteinen oder in anderen Inschriften Verwendung – oftmals sogar als alleinige Angabe des Jahres, so dass die Steuerzählung in den Köpfen offenbar präsenter war. Da man heute an eine durchgehende kalendarische Zählweise gewöhnt ist, erscheint die Durchrechnung mit einem relativ kurzen Zyklus von 15 Jahren fremdartig. Im pharaonischen Ägypten und im Römischen Reich war man dies aber gewohnt, da mit jedem neuen Pharao oder Kaiser die Jahreszählung mit Eins neu einsetzte. Unter römischer und später byzantinischer Verwaltung konnte der Steuerdruck für die Bevölkerung zu einer existenzbedrohlichen Größe heranwachsen. Die Bezeichnung Ägyptens als «Kornkammer des Römischen Reiches» war zum einen stolzer Titel für ein fruchtbares und fleißiges Land, zum anderen Fluch für die ausgebeutete Bevölkerung. Die «Stimme der kleinen Leute» ist auf zahlreichen Ostraka (Bruchstücke von Steinen oder Gefäßscherben, die mit Tinte beschrieben werden konnten) erhalten geblieben. Ein eindrückliches Beispiel führt uns mit dem Kalksteinostrakon Nr. 4326 aus dem Koptischen Museum Kairo in das 7. Jh. Verfasst wurde das Stück in der Zeit der persischen Eroberung und Besetzung Ägyptens (618/19– 629), also rund zwei Jahrzehnte vor der Besitznahme durch die arabisch-islamischen Invasoren. Es handelt sich um den Brief einer Witwe an einen Geistlichen. Wahrscheinlich wurde das Bittschreiben nicht von der Witwe, sondern in deren Namen von einem Schreibkundigen verfasst. Aus der koptischen Sprache übersetzt, lässt sich in ihm Folgendes lesen (Punkte stehen für nicht richtig erhaltene oder nicht sicher übersetzbare Textstellen; eckige Klammern bedeuten, dass verlorener Text er-
gänzt werden konnte; runde Klammern zeigen Ergänzungen, die dem Textverständnis dienen):
Als erstes küsse ich den süßen, heiligen Fuß Deiner wahren, frommen Väterlichkeit, die für uns vor Gott Fürsprecher ist. Und Du bist es (auch), der Gott für das ganze Volk bittet. Und Gott setzte Dich zum wahren Hohepriester ein, damit Du für das ganze Volk vor Gott bittest. Und Du bist unser Schutzherr, der vor Gott und den Menschen für uns spricht. Ich bin die armseligste Unglückliche unter den Menschen auf der Erde, beladen mit … und Schmerz und Trauer und bestürzt über meinen Mann, der gestorben ist und meinen So[hn, den die] Perser geschlagen haben … und über meine Haustiere, die die Perser fortgenommen haben. Deine heilige Väterlichkeit bitte ich jetzt, nach dem Dorfschulzen von Djême mit Hamos zu schicken und sie herzubringen und zu bitten, dass sie mich in meinem Haus lassen und ich nicht in die Fremde muß. Denn man sagte: «Hüte Du das Feld.» Ein Sohn, den ich hatte, wurde betrübt und ging fort. Und das andere Paar Haustiere, das von den Persern übriggeblieben war – der Geldleiher kam, nahm es fort und verkaufte es für seine Leihgabe, die ich für die Steuer genommen hatte. Üb Erbarmen mit mir, und ich verbleibe fest in meinem Hause. Gib es meinem väterlichen, heiligen H[errn, dem Bischof] Pesente von dieser armseligen Unglücklichen, der Frau des seligen Pesente.
Ob der Geistliche, an den dies Schreiben gerichtet ist, der Witwe Glauben schenkte und ihr helfen konnte, wissen wir nicht. Weder ein Antwortschreiben noch andere schriftliche Nachrichten sind über diesen Fall erhalten geblieben. Aus den Zeilen lassen sich ein halbes Dutzend an menschlichen Nöten entnehmen, die zeigen, was einer Frau alles widerfahren konnte: 1. Der Mann ist gestorben. 2. Ein (oder der) Sohn wurde von einem Perser geschlagen, vielleicht sogar erschlagen.
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3. Einige Haustiere wurden von Persern fortgenommen (wahrscheinlich zur Versorgung der Truppen). 4. Es droht der Rauswurf aus dem Haus. 5. Ein (oder der) Sohn verließ die Frau. 6. Ein Geldleiher nimmt ihr ein übrig gebliebenes Paar Haustiere fort, um es für ein nicht zurückgezahltes Darlehen zu verkaufen, das die Frau aufgenommen hatte, um ihre Steuern bezahlen zu können. Die Frau suchte Hilfe bei einem hohen Geistlichen. Einen Rechtsanwalt hätte sie sich nicht leisten können. Im römisch-byzantinischen Reich gab es natürlich eine Rechtsprechung und diese entfaltet bis heute ihre Wirkungsmacht auf deutsches und europäisches Recht. In Werken wie dem berühmten Codex Justinianus aus dem 6. Jh. mussten sogar die bis dato erlassenen Gesetze erst einmal geordnet und zusammengetragen werden – so viele erdachte Regelungen gab es bereits. Recht erhielt nur, wer Geld und Referenzen besaß. Hatte man diese nicht, so war man der Willkür lokaler Rechtsprechung ausgeliefert. Die Fürsprache und der Einsatz von Geistlichen, die auch selbst richterliche Funktionen erfüllten, konnten somit die letzte Rettung bedeuten. Das Christentum war dafür bekannt, sich gerade um die schwachen Gemeindeglieder, die sprichwörtlich gewordenen Witwen und Waisen zu kümmern. Das Volk machte davon Gebrauch, und entsprechend wird das Ansehen der Geistlichen hoch gewesen sein. Gerade Bischöfe hatten neben ihren offiziellen Befugnissen einen guten Namen und konnten ihren Einfluss in vielerlei Hinsicht geltend machen. Ein anderer Versuch Gerechtigkeit zu erlangen, konnte die Opfer in den Bereich der Magie führen. Auf einem zerfetzten, ebenfalls in koptischer Sprache verfassten Papyrus kann man lesen, wie eine andere Witwe mit ihrem Leid umging. Sie wendet sich nicht erst an einen Mittler, sondern gleich an den Herrn selbst: Er ist es nämlich, der ihre Rache vollziehen soll. Der Text ist nicht vollständig erhalten, was in der Übersetzung die Punkte und Ergänzungen in Klammern anzeigen, aber er spricht dennoch für sich:
Ich armes, verwitwetes Weib [und] «meine» verwaisten Kinder, während meine angezündete … in ihrer Hand ist, durch die neun …, wir alle in einem einzigen Seufzer, wir beschwören den Vater und den Sohn und den heiligen Geist und die wesensgleiche Dreifaltigkeit, dass er [mich] erhöre [und mir] eilends Recht [schaffe] gegen diesen Menschen, der mich vergewaltigt!
Es folgt eine Art Lobgesang auf den allmächtigen Gott, in dem sich zeigt, dass der Autor (der Magier, der diesen Text für seine Klientin geschrieben hatte) durchaus bibelfest war, da er das Alte und Neue Testament kannte. Er weiß, dass Stephanus der erste Märtyrer war, Lot aus Sodom herausgeführt wurde, Daniel in eine Löwengrube geworfen ward usw. Wirklich fromm sind die Wünsche der Witwe allerdings nicht:
Ich beschwöre dich bei der Stimme, die du ausgestoßen hast: schaffe mir eilends Recht gegen Schenute, den Sohn der Pamin! Schlage ihn, wie du geschlagen hast in dem Lager der Assyrer 185 000 in einer einzigen Nacht! Bring über ihn heißes Fieber und kaltes Fieber und Gelbsucht-Krankheit.
Zum Schluss wird noch Hilfe aus dem Totenreich in Anspruch genommen: Eine Mumie, unter die dieser Rachepapyrus gelegt wurde, soll noch nach ihrem Begräbnis (natürlich gemeinsam mit den in der Nachbarschaft bestatteten konservierten Leibern) die Flüche rezitieren, «bis Gott Gehör schenkt und uns eilends Recht [schafft]! Amen.» Falls jener Schenute von diesem Szenario erfahren hat und nicht gerade ein Stoiker war, wird ihm angst und bange geworden sein – eine gute Voraussetzung, die eigenen Abwehrkräfte zu schwächen und der Magie einen weiteren Erfolg zu überlassen! Die Frau hätte sich nicht einem Magier anvertrauen und Magie einsetzen müssen, wenn es erfolgversprechendere Wege für sie gegeben hätte.
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Es ließen sich viele Beispiele anführen, die die Bedrängnisse zeigen, in denen die Menschen lebten. Diese Verhältnisse sind nicht der alleinige Grund für die Bedeutung religiöser Praktiken in dieser Zeit, aber trugen sicherlich zu ihrer besonderen sozialen Stellung bei. Zu den Widerwärtigkeiten, die ein normales Leben prägen konnten, bildete das wirtschaftlich kräftige Mönchtum eine echte Alternative. Denn der Schritt zu durchorganisierten Gemeinschaften brachte immense Vorteile nicht nur für die christliche Kirche als Ganzes, sondern auch für den Einzelnen. Man konnte den Lebensunterhalt verdienen, ohne von einer Tätigkeit aufgerieben zu werden. Versichert hatte man sich auch sozialer Fürsorge durch eine starke Gemeinschaft bei Krankheit oder im Alter. Die ersten Klöster wuchsen rasch zu wirtschaftlicher Macht he-
ran – ein Ergebnis, das sich einstellen kann, wenn für ein gemeinschaftliches Ziel gearbeitet wird. Der im Jahr 2012 verstorbene koptische Patriarch Schenuda III. soll einmal über das berühmte Makariuskloster im Wadi Natrun (mit derzeit über hundert Mönchen) gesagt haben, dass es eher einer Fabrik als einem Kloster gleiche. Vor diesem Hintergrund erst konnte das Mönchtum zu einem Kulturträger heranreifen, der die Möglichkeit eröffnete, sich solchen Annehmlichkeiten wie dem Lesen geistvoller Bücher hinzugeben. Doch bevor dies geschah, soll es einen Einsiedler gegeben haben, der zum Vorbild seiner Nachfolger wurde, und darüber erzählt eine in jeder Hinsicht spannende Quelle aus dem 4. Jh. n. Chr., geschrieben von einem der bedeutendsten Bischöfe in der Geschichte des Christentums.
Gebet einer Frau mit ihrem Kind im Baramuskloster (Wadi Natrun) bei den Reliquien des Isidorus und Apa Moses.
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Koptische Mönche im Pauluskloster.
Ein Bischof erzählt vom Abenteuer Mönch «Ohne die Gottestrunkenen in der Wüste hätten die religiös ambivalenten Massen auf der Schwelle zwischen der heidnischen und christlichen Welt schwerlich begreifen können, was es heißt als menschliches Wesen die Entsprechung zwischen der seelischen und absoluten Eins anzustreben.» (Peter Sloterdijk, Weltfremdheit, Frankfurt 1993, 103)
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ie Lebensgeschichte des Antonius, postulierter Vater aller Mönche, wurde von Bischof Athanasius, dem vielleicht bedeutendsten Patriarchen der Metropole Alexandrien, geschrieben. Bereits die Tatsache, dass er in seiner 45-jährigen Amtszeit (328–373 n. Chr.) fünfmal verbannt wurde, deutet seine kirchenpolitisch gewichtige Position an. In entscheidendem Maße trug dieser Mann zur Institutionalisierung des Christentums bei und
handelte entsprechend gegen jene, die nicht seiner als rechtgläubig deklarierten Meinung entsprachen. Im Jahr 367 n. Chr. nannte er in seinem 39. Osterfestbrief als erster den heute gültigen Kanon der 27 Bücher des Neuen Testamentes und setzte sie von anderen Schriften, den apokryphen, ab. Bis auf die Didache, den Hirten des Hermas und einige alttestamentliche Apokryphen galten sie nun nicht mehr als erstrangige Zeugnisse der ur-
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sprünglichen christlichen Lehre. Einer der wichtigsten Trends aber, den er setzte, war die Hochschätzung des einfachen, konsequent gläubigen Mannes, dessen christlichem Glauben sich selbst hochausgebildete Philosophen, die geistige Elite Griechenlands und Roms, beugen sollten. Das hinterlassene schriftliche Werk und seine kirchenpolitischen Erfolge machten Athanasius zu einem sagenumwobenen Mann. So wurde erzählt, dass er Alexandrien vor einer drohenden Sturmflut errettete, indem er mit der Bibel bewaffnet ans Meer schritt und den Wellen Einhalt gebot. Man kann dies als Symbol werten, denn Tatsache ist, dass er in der religiös tumultartigen Zeit des 4. Jhs. n. Chr. wie ein Fels in der Brandung die offizielle Kirche nicht nur verteidigte, sondern auch ihre Entwicklung maßgeblich mitbestimmte. In innerkirchlichen Fragen bezog er gegen den auf Arius zurückgehenden Arianismus – dieser vertrat, dass Jesus nicht wesenseins mit Gottvater, sondern von ihm erschaffen sei – kompromisslos Stellung. Wie alle alexandrinischen Patriarchen dieser Zeit war Athanasius Repräsentationsfigur des Christentums gegenüber den zu Beginn des 4. Jhs. n. Chr. noch zahlenmäßig überlegenen Nichtchristen. So musste er als Oberhaupt der alexandrinischen Kirche auch vor Julian dem Abtrünnigen fliehen. Dieser war im Jahr 360 n. Chr. römischer Kaiser geworden und wollte die alten Religionen wiedereinsetzen. Er ließ Kirchen schließen und förderte stattdessen die alten Tempelkulte. Nach der Überlieferung soll Athanasius gesagt haben, dass dieser Versuch nur eine dunkle Wolke am Himmel wäre. Und er sollte Recht behalten. Auf einem Feldzug gegen die Perser fiel Julian Apostata in einem Scharmützel. Einer späteren christlichen Legende nach war es ein Engel, der ihm die tödliche Lanze in den Körper bohrte. Man könnte meinen, dass nur ungläubige Historiker auf den Gedanken kommen könnten, dass der Engel vielleicht eher ein christlicher römischer Soldat war. Dies schloss aber bereits der christliche Historiker Sozomenos in der ersten Hälfte des 5. Jhs. n. Chr. nicht aus. Aus dem Bericht eines gewissen Libanius, der ein Vertrauter des Kaisers war, folgert er:
Libanius deutet mit diesen Worten an, ein Christ sei Julians Mörder gewesen, und vielleicht hat er recht. Ist es doch nicht abwegig, wenn es einem Soldaten damals in den Sinn kam, dass die Griechen und alle Menschen bis heute die Tyrannenmörder des Altertums preisen, weil sie sich entschlossen, für die Freiheit aller den Tod auf sich zu nehmen, und Bürgern, Verwandten oder Freunden bereitwillig halfen. Man würde ihn auch kaum tadeln mögen, wenn er sich um Gottes und der von ihm gebilligten Religion willen mannhaft benommen hat.
Um seinen Führer ärmer geworden, brach das römische Heer sein Unternehmen ab, und der letzte heidnische Kaiser war Geschichte. Seine Bemühungen, die alten Götter auf ihren Thron zu setzen, blieben vergebens. Der letzte, in der Kirchengeschichte des Philostorgios überlieferte Spruch, den das Orakel von Delphi dem jungen Kaiser zukommen ließ, ist wohl eine christliche Erfindung, trifft aber in poetischer Weise die Situation:
Sagt dem Kaiser: Zu Boden gestürzt ist die kunstvolle Halle. Phoebus hat nicht mehr seine Kammer noch den prophezeienden Lorbeer noch den schwatzenden Quell; versiegt ist auch das schwatzende Wasser.
In diesem religionspolitisch stürmischen und wechselhaften Jahrhundert entstand die Geschichte vom stillen und einsamen Kampf des Vaters aller Mönche. Athanasius erzählt, dass ein junger Ägypter namens Antonius im 3. Jh. n. Chr. – seine Eltern waren kurz zuvor gestorben – zum Gottesdienst ging. Der 18- bis 20-Jährige hatte zwar die Hinterlassenschaften und die Sorge für seine Schwester übernommen, aber seine Gedanken hingen den Aposteln und Gläubigen nach, die laut der heiligen Schriften all ihren Besitz abgegeben hatten. Während er dem Gottesdienst beiwohnte, hinterließ das Wort aus Matthäus 19,21 nachhaltige Wirkungen:
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Wenn du vollkommen werden willst, wohlan, verkaufe all deine Habe, gib den Erlös den Armen, komm und folge mir nach, und du wirst einen Schatz im Himmel haben.
Konsequent verschenkte er daraufhin seinen Grundbesitz und verkaufte alles andere. Aus Sorge um das Wohl der Schwester wurde zunächst zwar Geld zurückgelegt, aber ein weiterer Gottesdienst und ein weiteres Wort aus selbigem Evangelium machten auch die letzten Bedenken zunichte:
Sorget euch nicht um das Morgen.
Zu dieser Zeit gab es bereits Christen, die enthaltsam lebten und freiwilligen Verzicht auf Annehmlichkeiten übten. Sie lebten teils außerhalb der Ortschaften, aber doch in der Nähe ihrer Häuser, um im Gebet der Welt fern und Gott nah zu sein. Der junge Mann gesellte sich ihnen hinzu, während die Schwester in die Obhut von Jungfrauen übergeben wurde. Der Eifer ließ Antonius nicht ruhen, sondern trieb ihn zu anderen asketisch lebenden Männern, stets darauf bedacht, durch Vorbilder Neues zu lernen, sei es Standhaftigkeit im Fasten oder Menschlichkeit und Friedfertigkeit im Umgang. Er ernährte sich durch den Erlös aus Handarbeit, Überschuss wurde den Armen vermacht. Durch Zweifel, Erinnerungen an seine Schwester oder etwa Gedanken an gutes Essen ließ er sich nicht beirren. Auch Träume und Phantasien über Frauen brachten ihn nicht von seinem Entschluss ab, ein tadelloses und vollkommenes Leben zu führen. In mentalen Kämpfen halfen ihm Vorstellungen an die höllischen Qualen des Feuers, um Freuden des Augenblicks zu widerstehen. Hier ging es um die Ewigkeit. Athanasius schrieb in dieser ersten Geschichte über einen christlichen Mönch Leitgedanken nieder, die bis heute – über 1600 Jahre – Fortbestand haben sollten. Hinter der Abkehr von materiellen Gütern steckt ein konsequentes Handeln: Wenn es Gott
wirklich gibt, dann brauche ich nichts mit dieser Welt anzufangen – und da es ihm so besser gefällt, lohnt es sich zu verzichten. Doch lassen wir die zwangsläufigen Versuchungen sprechen, denen Antonius ausgesetzt war:
Der Teufel aber, voll Hass und Neid gegen das Gute, konnte es nicht ertragen, einen so standhaften Vorsatz in einem so jungen Menschen zu sehen. Was er schon früher ausgeführt hatte, das versuchte er auch gegen diesen. Zuerst machte er sich daran, ihn der Askese abspenstig zu machen, indem er die Erinnerung an seinen Besitz in ihm wachrief, die Sorge für seine Schwester, den Verkehr mit seiner Verwandtschaft, Geldgier und Ehrgeiz, die mannigfache Lust des Gaumens und all die anderen Freuden des Lebens, indem er ihm endlich vorstellte, wie rau die Tugendübung sei und wie groß die Anstrengung dabei; er wies ihn hin auf die Schwachheit des Leibes und die Länge der Zeit. Mit einem Worte, er erregte einen gewaltigen Sturm von Gedanken in seinem Innern, da er ihn von seinem guten Vorsatz abbringen wollte. Als aber der böse Feind seine Schwäche gegenüber dem festen Entschluss des Antonius sah, ja als er merkte, wie er niedergerungen wurde durch seine Festigkeit, zur Flucht gezwungen durch seinen starken Glauben und niedergeworfen durch sein beständiges Gebet, da setzte er sein Vertrauen auf die Waffen «am Nabel seines Bauches», und voll Stolz darauf – denn es sind seine ersten Fallstricke für Jünglinge – stürmte er heran gegen ihn, den Jüngling; er bedrängte ihn nachts und setzte ihm am Tage so zu, dass auch die, welche den Antonius sahen, den Zweikampf zwischen ihm und dem Teufel bemerkten. Der Teufel gab ihm schmutzige Gedanken ein, Antonius verscheuchte sie durch sein Gebet; jener stachelte ihn an, er aber, gleichsam errötend, schirmte seinen Leib durch den Glauben, durch Gebet und Fasten. Der arme Teufel ließ sich sogar herbei, ihm nachts als Weib zu erscheinen und alles Mögliche nachzumachen, nur um den Antonius zu verführen.
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Die plastische Beschreibung beruht auf psychologischen Erfahrungen. Innerer Zweifel, das Hadern mit einst gefassten Entschlüssen und die Macht der Sexualität gehören über die Jahrtausende hinweg zum menschlichen Erfahrungspotential nicht nur von Mönchen. Die spätantike Welt sah als Ursache solcher Gedanken und Gefühle aber nicht in der menschlichen Persönlichkeit angelegte Verhaltensmuster oder Ventile für verdrängte Wünsche (was auch immer neueste psychologische Theorien dazu anmerken mögen), sondern das Wirken von überirdischen Mächten. In den Weltanschauungen und Religionen dieser Zeit – das Christentum tief in ihnen eingebettet – gab es noch eine echte geistige Realität. Diese geistige, nicht etwa als fernliegende jenseitige, sondern diesseitig und real empfundene Welt war (einfach ausgedrückt) mit göttlichen guten und dämonischen bösen Wesenheiten gefüllt. Dies gab Anlass zur Hoffnung auf der einen, bildete aber den Quell steter Ängste und Sorgen auf der anderen Seite. Diese tägliche, stündliche und minütliche Angst ist durch eine immens große
Zahl an Übel abwehrenden Bildern, Sprüchen, Zeichen und Gebeten bezeugt. Man trug sie in Gemmen geschnitzt auf Siegelringen, auf einem gefalteten Papyrus um den Hals oder legte sie auf Stein geritzt unter die Schwelle des Hauses. Auch Lieder und Gebete zur Todesstunde, in denen inständig gebeten wird, die Seele vor den Dämonen zu schützen, zeugen von dem tief sitzenden Glauben, dass die Dämonen ringsherum die Welt unsicher machen – nicht nur lebens-, sondern auch seelengefährlich. Und so nimmt es nicht wunder, wenn sie für so ziemlich alles verantwortlich gemacht werden konnten, was einem einfachen Menschen missfiel: Woher kam denn nun ein eitler und hochmütiger Gedanke, z. B. besser sein zu wollen als andere Asketen? Oder warum nur war man während des Gebetes eingeschlafen? Böse Dämonen mussten am Werke sein und bildeten so das Erklärungsmodell für sonst unerklärliche Fehltritte. Und folgerichtig stammten nach dem Weltbild der (oder zumindest vieler) Christen erotische Phantasien und Gedanken vom Teufel oder von Dämonen. Den Mönch und Asketen wollten sie da-
Der Ort Koma oder Qiman al-‘arûs im Fayyum war laut Sozomenos Geburtsort des Antonius. Verschiedene Stellen werden in lokaler Tradition mit dem Einsiedler verbunden.
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Alte Felsgräber und Höhlen wurden häufig von Eremiten wiederbewohnt, boten sie doch Schutz und Kühle, aber auch ganze Kirchen wurden darin eingebaut wie hier bei Deir Abu Hennes.
ran hindern, auf dieser Welt ein vollkommenes Dasein zu führen. Athanasius schildert eindrücklich, wie enthaltsames Leben tägliche und nächtliche Herausforderung bedeutet. So verwundert es nicht, dass Antonius nach einer ersten Phase des Sieges über seine Leidenschaften – der Teufel selbst erschien ihm in der Gestalt eines kleinen schwarzen Knaben und gestand seine Niederlage ein – einen noch strengeren Lebenswandel beginnt: hartes Nachtlager, Essen nur nach Sonnenuntergang, spärliches Mahl, durchwachte Nächte. Antonius soll einer der ersten gewesen sein, der die Nähe der Ortschaften verließ. Er zog zu den Totenstätten, die für die alten Ägypter im Totenreich lagen, und nächtigte in einem alten Grab. Ein ungeheures Unterfangen, über das Athanasius da berichten konnte, glaubten doch die Christen, dass die alten Götter, und das Land war voll mit ihnen, als Dämonen in Tempeln und der Wüste hausten. Was sich dort in der Stille düsterer und muffiger Kammern, umgeben von Bildern der alten Götter, zugetragen haben soll, wird von Athanasius detailliert berichtet. In der
ersten Nacht war Antonius von den Dämonen zusammengeschlagen worden, da sie fürchteten, dass auch die Wüste mit der Askese gefüllt werden könne und damit Gott gehöre. Als er dennoch zurückkommt, raufen sie sich noch einmal zusammen:
Es war, als ob die Dämonen die vier Mauern des kleinen Baues durchbrechen und eindringen wollten; dazu verwandelten sie sich in die Gestalten von wilden Tieren und Schlangen; und gar bald erfüllte sich der Platz mit Erscheinungen von Löwen, Bären, Leoparden, Stieren und Nattern, Apisschlangen, Skorpionen und Wölfen. Jedes von diesen Untieren bewegte sich nach seiner besonderen Art: Der Löwe brüllte, als wollte er anspringen, der Stier schien mit den Hörnern zu stoßen, die Schlange ringelte sich, aber sie kam nicht, der Wolf stürmte los, blieb aber wie festgebannt; der Lärm aller dieser Erscheinungen zugleich war wirklich schrecklich und ihre Wut grimmig. Antonius, von ihnen zerpeitscht und zerstochen, fühlte zwar heftigen körperlichen Schmerz, aber ohne Zittern und wachsam in
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seiner Seele lag er da; er seufzte infolge seiner leiblichen Pein, aber klaren Geistes und voll Hohn rief er: «Wenn ihr Macht hättet, genügte es, wenn auch nur einer von euch käme. Aber da der Herr euch die Kraft genommen hat, versucht ihr durch eure Menge vielleicht Furcht einzuflößen.»
Auf diese Weise beteuerte der Streiter gegen die dämonischen Kräfte, inzwischen schon an die 35 Jahre alt, seinen Glauben an den Herrn – und göttliche Hilfe ward ihm zuteil:
Der Herr aber vergaß auch da nicht seines Ringens, sondern kam zu seinem Beistand. Denn als Antonius aufblickte, sah er das Dach geöffnet, und ein Lichtstrahl kam auf ihn herab. Die Dämonen wurden plötzlich unsichtbar, die Pein in seinem Körper hörte sogleich auf, und das Haus war wieder unbeschädigt wie zuvor.
Antonius rückt noch weiter in die Wüste vor, lässt sich in einer alten Behausung nieder und bleibt 20 Jahre allein dort wohnen. Nur selten erhält er Besuch. Andere folgen seinem charismatischen Beispiel und leben wie er als Einsiedler in der Wüste. Antonius zieht sich immer wieder aufs Neue vor den anderen zurück. Während einer Christenverfolgung treibt ihn zwar der Wunsch nach dem Martyrium in die Stadt Alexandrien, aber bald schon bricht er wieder auf, um die Ferne zu suchen, wo er Gott nähersteht als den Menschen. Wenn Gottes Stimme zu ihm sprach, so wird erzählt, antwortete er wie selbstverständlich. In der ersten Zeit ernährten ihn Gaben von Reisenden, später war er Selbstversorger mit eigenem Anbau. Von Anwohnern wurde berichtet, dass in den Nächten des Öfteren Lärm zu hören war und sich wilde Tiere an der Wohnstätte tummelten – nicht zu reden von den tückischen giftigen Schlangen und Skorpionen. Wie durch ein Wunder taten sie ihm nichts, kämpfte doch Antonius sogar auf den Knien liegend gegen die Anfechtungen der Dämonen.
Neben der Vita des Antonius gibt es eine ganze Reihe weiterer Erzählungen, die über den Kampf in der Wüste berichten. Schlechte Gedanken sind es zunächst, die den Mönch von seinem Weg abbringen wollen. Alsdann kommen die Tagträumereien von wilden Tieren, Schlangen und Frauen. Vollkommen allein an einem stillen Ort findet er sich plötzlich von lärmenden Kriegerhorden umgeben oder es erscheint in dunkelster Nacht eine helle Gestalt. Das Kreuzzeichen war dabei ein wirksames und schützendes Mittel gegen Böses. Am furchteinflößendsten galt die Gestalt des Dämonenfürsten selbst: mit Augen wie der Anblick des Morgensterns und einem Antlitz von Rauch und Feuerbränden umgeben. Ihre Entlarvung als Trugbilder und der Glaube, dass Christus den Teufel bezwang, Gebet, Fasten und strenge Disziplin halfen dem Mönch, sich der Anfechtungen zu erwehren. Die überlieferten Visionen von Menschen, die allein in der Stille der Wüste verharrten, sind durchaus nachvollziehbar: Plötzlich hört ein Einsiedler Geräusche, als singe jemand den zuvor geübten Psalm oder lese aus der tagsüber fleißig rezitierten Heiligen Schrift. In der Nacht wird man wach oder kann gar nächtelang überhaupt nicht mehr schlafen – eine Quälerei, die sicher so manchen Nachfolger wieder nach Hause getrieben hat. Solche Erlebnisse wurden auf die Dämonen zurückgeführt, die sogar als Mönche erschienen und falsche Ratschläge gaben, zum Beispiel dieses und jenes zu essen und anderes zu meiden. Das Bedrohliche an diesen bösen Wesen war ihre Allgegenwärtigkeit, so, als würden sie in der Luft herumschweben und auch durch verschlossene Pforten dringen können. Um das Wirken des Antonius ranken sich auch Wundergeschichten über Heilungen und Dämonenaustreibungen, was nicht wunder nimmt. Die Evangelien bezeugen viele solcher Taten, die der Gottessohn selbst vollbrachte, die Apostelgeschichte berichtet Gleiches über seine Nachfolger, und die Mediengewalt der frühen christlichen Schriften trug die Botschaft bis in die letzten Details in die Herzen der Gläubigen. Wunder zu wirken war Wahrzeichen all jener, die formvollendet ihr Leben der Nachfolge Christi gewidmet hatten. Wie eng diese sich dem naturwissenschaftlichen
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Weltbild entziehende Mentalität mit dem alten Christentum verknüpft war, drückte der bereits genannte Peter Brown trefflich aus:
Wieviel vernünftige sozial- und kulturgeschichtliche Gründe der Historiker auch für die Ausbreitung der christlichen Kirche finden mag, es bleibt bei den soeben geschilderten Umständen eine Tatsache, dass in der gesamten christlichen Literatur, vom Neuen Testament angefangen, die christlichen Missionare vor allem dadurch vorankommen, dass sie durch Teufelsaustreibungen und Heilungswunder den Bankrott der unsichtbaren Feinde der Menschen, der Dämonen, erweisen.
Zu Beginn seiner Geschichte schreibt Athanasius, dass er über das Leben des Antonius berichte, um vom Ruhm des ägyptischen Mönchtums zu künden. Brüder in fernen Landen hätten ihn darum gebeten, und sie sollten sich an ihm ein Vorbild nehmen. Während seiner Verbannungen gelangte Bischof Athanasius auch in die nördlich der Alpen gelegene Stadt Augusta Treverorum, das heutige Trier. So ist es gut möglich, dass die Vita des Antonius für sie bestimmt war. Wie stark der Bericht des alexandrinischen Bischofs von der Realität eines jungen Ägypters namens Antonius abweicht, der in die Einsamkeit der Wüste und deren verfallene Behausungen verliebt war, kann mit den zur Verfügung stehenden Fakten nicht historisch kritisch entschieden werden. Briefe und überlieferte Worte bezeugen sein Leben als Asket. Das literarische Leben des Einsiedlers entspricht aber auch sicherlich dem Ideal des
Athanasius. Wie auch immer der historische Antonius gelebt haben und was auch immer ihm widerfahren sein mag, in der Biographie stoßen wir auf das Wissen über und die Vorstellungen vom Leben des Antonius wie sie Athanasius vermitteln wollte. Sollte hier der Wunsch nach dem Ideal eines ausschließlich Gott geweihten Tages eine Rolle gespielt haben? Ein Leben, welches dem Bischof einer der größten Metropolen ihrer Zeit, bestimmt durch religiöse und politische Machtkämpfe, verwehrt war? Das Ideal eines Lebens fernab von den Menschen, die die Ruhe der Einkehr, die Stille des Gebetes und die Melodie des immerwährenden Psalmengesanges nur störten? Ideale der Weltabgewandtheit und Demut hätten der frühen, sich etablierenden Kirche auch gefährlich werden können. Athanasius stellte mit der Vita ein asketisches Ideal auf, gelebt von einem Asketen, der zudem unverbrüchlich auf der Seite des mächtigen Bischofs stand. Denn nach der Vita soll Antonius auch zweimal in Alexandrien gewesen sein und gegen Häresien wie den Arianismus gepredigt haben. Die stereotype Antwort des Antonius auf weltliche Störungen, sich nämlich immer ferner von den Menschen niederzulassen, war dem Bischof verwehrt, wollte er sich nicht vor der ihm aufgebürdeten Verantwortung drücken. Will man den Kontrast zu verstehen suchen, der zwischen der Welt des Bischofs und der Welt der Wüste lag, so sollte man sich die Stadt vor Augen führen, die als das New York der Antike bezeichnet werden kann, und sich dann die monotone Stille der Felshöhlen zu vergegenwärtigen suchen, in denen die ersten Einsiedler ungestört nach Gott forschten.
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Nach lokaler Tradition der Eingang zur Höhle, die Antonius einst bewohnte.
Heute führt eine Treppe zu seiner Wohnstatt im Wüstengebirge.
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Blick in das nördliche Seitenschiff (rechts im Bild) der Märtyrerkirche von Ost nach West.
Die Menasstadt – Von Wundern, Pilgern und Märtyrerfesten
D
as gewaltige Römische Reich, das sich über die gesamten Mittelmeeranrainer erstreckte, wurde durch einen Kaiser zusammengehalten, der göttliche Verehrung verlangte. Über die Provinzen waren Stätten mit Herrscherbildnissen verteilt, vor denen die Untertanen ein Opfer darbringen mussten. Eines der imposantesten Zeugnisse findet sich im Luxortempel, der seit Kaiser Diokletian als römisches Militärlager diente: ein mit prächtigen überlebensgroßen Malereien ausgestatteter Raum für den Herrscherkult. Nachdem der Soldat die Ehrfurcht einflößende Hypostylhalle durchquert hatte, musste er einige Stufen emporschreiten und fand sich von Pferden und Soldaten flankiert. Ein Zug, der sich auf die von Säulen eingerahmte Apsis richtete. Dort waren die vier Herrscher des Reiches, die Tetrarchen, zu
sehen, allesamt mit einem Nimbus ausgestattet, dem um das Haupt gemalten Kreis, den später die christlichen Künstler ihren Heiligen als Schein gaben. Hier zollte man den Tetrarchen – zwei Herrscher für den Osten und zwei für den Westen – Ehre und Gebet. Ein erhabenes und Ehrfurcht einflößendes Erlebnis. Für die Christen hieß eine solch verpflichtende Handlung aber, entweder das Gebot zu brechen, keine anderen Götter außer dem einen zu verehren, oder ein «staatliches» Verbrechen zu begehen, das mit Bestrafungen und im Extremfall mit dem Tod geahndet werden konnte. Die Frage, wie man sich zu verhalten habe, wurde auf höchster Ebene diskutiert und führte zu unterschiedlichen Meinungen. Für die einen Autoritäten war das Martyrium die einzige erlaubte Antwort,
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Die Menasstadt – Von Wundern, Pilgern und Märtyrerfesten
während andere einen milderen Kurs vertraten. Denjenigen aber, die als sog. Blutzeugen standhaft geblieben waren und ihren Glauben mit dem irdischen Tod bezahlt hatten, wurde im Glaubensspektrum eine besondere Rolle zuteil. Bevorzugt, so glaubte man, wurden ihre Seele aufgenommen, und diese besondere Nähe zu Gott machte sie zu Fürsprechern und Helfern für die Gläubigen. Vom 4. Jh. n. Chr. an wuchs unter den Christen die Verehrung der Märtyrer und ihrer heilenden Kräfte stetig an. Ein Kult wurde entwickelt, der sich in der gesamten damaligen christlichen Welt verbreitete. Gräber mutierten zu heiligen und heilenden Orten, Kirchen wurden mit den körperlichen Relikten der Märtyrer ausgestattet und ihrem Andenken gewidmet. Durch die Nähe der körperlichen Überbleibsel, am besten aber durch den direkten oder indirekten Kontakt, konnte die heilige Kraft auf den Gläubigen übergehen. Natürlich bemühte sich die kirchliche Obrigkeit, sich diese Entwicklung zu Nutze zu machen. Um die Menschen von dem Heilungskult der Isis in Menuthis, einige Kilometer östlich von Alexandrien, abzubringen, verlegte der Patriarch Kyrill im 5. Jh. die Gebeine zweier Märtyrer in das dortige Mönchskloster. Heidnische Philosophen, die sich mit der Ausbreitung dieses neuen Brauches konfrontiert sahen, schrieben ihre letzten ohnmächtigen Kommentare, so wie Eunapios von Sardis:
Diese Mönche haben sie auch in Kanopos angesiedelt und das Menschengeschlecht dazu verpflichtet, anstelle der nur im Geist wahrnehmbaren Götter den Kult von Sklaven zu verrichten. Sie brachten nämlich die Knochen und die Schädel von Menschen zusammen, die wegen vieler Vergehen verurteilt worden waren, welche das staatliche Gericht bestraft hatte, und erhoben sie zu Göttern und wälzten sich vor ihren Grabmälern im Staub und glaubten, bessere Menschen zu werden, wenn sie sich bei den Gräbern schmutzig machten. Diese Leute wurden Märtyrer genannt und Diakone und Gesandte, welche die Gebete zu den Göttern brächten, und dabei waren sie Sklaven …
Ebenfalls nicht weit von Alexandrien, etwa 43 km südwestlich gelegen, befindet sich eines der bedeutendsten christlichen Pilgerzentren der alten Welt: die Menasstadt. Der etwa 18 km vom Mittelmeer entfernte Komplex stand aller Wahrscheinlichkeit nach unter der Leitung der in der Hauptstadt ansässigen Reichskirche. Da in Alexandrien wegen der kontinuierlichen Besiedlung und der damit verbundenen Überbauung Kirchen fast nur aus schriftlichen Nachrichten bekannt sind, lassen sich von der Architektur der Menasstadt aus auch Rückschlüsse auf die Bauten der Hauptstadt ziehen. Beiden Orten gemeinsam ist ihr internationaler Charakter: Alexandrien besaß seit ihrer Gründung Weltruhm, aber auch die ägyptischen Pilgerflaschen aus der Menasstadt fanden ihren Weg bis jenseits der Alpen. Was den Legenden nach als Ort mit überraschenden Wunderheilungen begann, wuchs im 6. Jh. zum «Lourdes der Antike» heran, wie es als trefflicher moderner Vergleich auf den Tafeln des Koptischen Museums in Kairo zu lesen ist. Nach seinem Untergang verloren sich die Spuren des Ortes im Wüstensand, und obwohl er in schriftlichen Überlieferungen fortlebte, ließ die Entdeckung seiner Ruinen bis in den Anfang des 20. Jhs. hinein auf sich warten. Am 7. Juli 1905 näherte sich endlich eine Karawane unter Leitung des deutschen Archäologen C. M. Kaufmann einigen Schutthügeln in der libyschen Wüste. Durch die beschwerliche Reise krank geworden, ließ sich der Leiter bei einer Rast mit Kognakaufschlägen behandeln, während sein Gefährte J. C. Ewald Falls die antiken Überbleibsel erkundete. Unter den Scherben fand er Fragmente von Menasampullen, kleinen Pilgerflaschen, die den Heiligen zwischen zwei Kamelen zeigen. «Karl, es ist das Menasheiligtum», waren seine ersten Worte, als er in das Lager zurückkehrte und er behielt recht. In zeitgenössischen Berichten wurde die Wiederentdeckung eines der größten christlichen Heiligtümer der Antike überschwänglich gefeiert. Mit diesem Ereignis begann die nunmehr bereits über 100 Jahre währende archäologische Erforschung dieser Stätte. Ab dem Jahr 1961
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Der Marmor des Menas. Die gefärbte Erde sieht zwar hübsch aus, ist aber auf den steigenden Wasserspiegel rückführbar, der das größte christliche Pilgerzentrum der Spätantike zerstören wird.
führte das Deutsche Archäologische Institut Kairo (zu Beginn in Zusammenarbeit mit dem Koptischen Museum) jährliche Grabungskampagnen durch, die seit 1969 unter der Leitung des Archäologen Peter Grossmann standen. Die Aufnahme der zentralen Kultbauten erbrachte einige architektonische Überraschungen und legte einen Komplex frei, der in nichts den großen antiken Stätten der alten Welt nachsteht. Die Menasstadt gehört folgerichtig zum UNESCO-Weltkulturerbe, steht aber bereits seit dem Jahr 2001 auf der Roten Liste der gefährdeten Stätten. Durch Bewässerungsmaßnahmen in der Umgebung stieg der Grundwasserspiegel so stark an, dass die Ruinenstätte massiv vom Einsturz bedroht ist. Wo in den 80er Jahren des 20. Jhs. noch trockener Wüstenboden lag, der keinen Grashalm trug, breiten sich im 21. Jh. Wasserlachen aus. Das nun schon fast zwei
Jahrzehnte lang andauernde Ignorieren dieser Gefahr wird sicher seine Früchte tragen – und dies im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Vegetation ist auf dem Vormarsch. Wie es die Regel ist, blieben die archäologischen Informationen über die Anfänge des Heiligtums lückenhaft, doch berichten Legenden über den Ursprung. Menas soll als Soldat außerhalb Ägyptens in der römischen Armee gedient haben. Als gläubiger Christ verweigerte er das kultische Opfer vor dem Bild des Kaisers und wurde hingerichtet. Mit einem Schiff wurde sein Leichnam an die ägyptische Küste überführt. Die Kamele, die ihn durch die Wüste zurück transportieren sollten, verweigerten in der Nähe eines kleinen Dorfes den Dienst, so dass man den Leichnam an dieser Stelle vergraben musste. Auf diese Szene geht das Bild auf den Pilgerflaschen zurück, das den betenden Heiligen von zwei Kamelen flankiert zeigt. Die Haltung zeigt den antiken und frühchristlichen Brauch, mit erhobenen Armen zu beten und wird Oranshaltung genannt (vom lat. orare = beten). Entsprechend heißt dieser ikonographische Typus Orante. Alsbald geschahen wundersame Dinge. Die heilsame Wirkung des Ortes wurde zufällig durch ein krankes Schaf entdeckt, das in der Nähe des Grabes wieder gesundete. Dem Öl einer Lampe, die beim Grabe hing, wurden heilende Kräfte zugesprochen und so wuchsen Geschichten wie Ranken um das Heiligtum. Nach einer späteren Legende soll sogar die leprakranke Tochter eines Kaisers aus Konstantinopel hier Heilung erfahren haben. Bei einem solch monumentalen Imagewachstum von einem Schaf bis hin zu einer unheilbar kranken Kaisertochter ist sicherlich Skepsis angebracht. Fakt ist allein, dass sich diese Mythen um einen realen Ort drehten. Ob sich dort Spontanheilungen zugetragen haben, bleibt dahingestellt – die wohltuende Wirkung einer solchen Einrichtung auf den trostsuchenden Gläubigen kann aber mit Gewissheit angenommen werden. Die internationale Verbreitung der Legenden ist beeindruckend: Sie sind in griechischer, lateinischer, arabischer, koptischer, nubischer, äthiopischer, syrischer, armenischer und inzwischen in vielen modernen Sprachen überliefert.
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Bei allem Zweifel an ihrem Wahrheitsgehalt – Legenden sollte man niemals unterschätzen. Ist ihre Wirkung auf die Mentalität ohnehin unbestreitbar, so kann sogar der historische Gehalt verblüffend sein. Das schönste Beispiel aus Ägypten bietet die Heiligengeschichte des Mönches Apa Bane, dessen Heimatkloster Abu Fana in Mittelägypten liegt. «Bane» heißt übersetzt «Palme» und der Name ist Programm. Der in seiner Zeit berühmte Mönch soll immer gestanden und nie geschlafen haben. Selbst wenn man spät in seine Zelle kam, so schlief er nicht, sondern stand dort höchstens mit dem Bauch über eine Mauer gelehnt. Doch nicht nur ohne Bett kam der Heilige aus, sondern fastete stetig und konnte so wochenlang mit minimaler Nahrung auskommen. Vorbild und Legende schon zu Lebzeiten, konnte sich jeder von seinen harten asketischen Übungen überzeugen. Der Zeitgenosse westlicher Prägung natürlich, der weiß wie wichtig Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und regelmäßiger Sex sind, der weiß, dass es ohne Erfüllung dieser Grundbedürfnisse nicht geht und der Wille des Menschen sowieso schwach und wankelmütig ist, dieser also wird den Mären alter Zeit nichts abgewinnen können. Skepsis gegen Legendenbildung ist erlaubt, aber es gibt auch die Archäologie. Der in Castrop-Rauxel geborene Wiener Kunstwissenschaftler Helmut Buschhausen (1937–2014) entdeckte bei seinen Grabungen unter dem Boden einer Kirche im genannten Kloster von Abu Fana die Mumie eines etwa 40 Jahre alt gewordenen Mannes. Sie war an prominenter Stelle bestattet und fein präpariert, so dass sie nur dem berühmten Heiligen gehören konnte. Die Wirbelsäule zeigte prägnante krankhafte Deformationen, u. a. knöcherne Verbindungen zwischen den Gelenken, was eine starke Bewegungseinschränkung zur Folge gehabt haben musste. Rückführbar ist der Befund an der Mumie auf die Krankheit Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew), einer rheumatischen, schmerzhaft chronischen Erkrankung, die Symptome wie Schmerz, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit und ein tiefes Missbehagen sich hinzulegen, mit sich führt. Dieser Krankheitsbefund beweist tatsächlich, dass der Heilige körpergetrieben
asketisch lebte und die Legende eindeutig historische Beobachtungen enthält. Ein wenig wohlwollende Übertreibung im Dienste der Ideologie mag bei der literarischen Ausschmückung sicherlich eingeflossen sein, was zu dem Schluss führt, dass Legenden und ihre Qualität manchmal gar nicht so weit entfernt von Berichten anderer Gattungen sind. So kann die physische Erkrankung eines Einzelnen zum Glücksfall für die Wissenschaft avancieren. In der Menasstadt wurde eine unterirdische Begräbnisstätte entdeckt, die als Grab des Märtyrers verehrt wurde und das Zentrum des Heiligtums bildet. Im ursprünglichen Zustand führte ein senkrechter Zugangsschacht in einen Raum, von dem aus drei Galerien (Flure) mit Bestattungskammern betreten werden konnten. Eine solche unterirdische Grabanlage wird als Hypogäum bezeichnet (vom griech. hypo = unter und gea = Erde). Eine erste oberirdische Bauanlage aus dem letzten Viertel des 4. Jhs. n. Chr., die später mehrere Umbauten erfuhr und direkt über dem Grab angelegt wurde, gilt als das erste archäologisch nachweisbare Zeugnis der Verehrung des heiligen Menas an dieser Stelle. Es handelte sich wahrscheinlich um einen Kenotaph, also eine Nachbildung eines Grabes, das zur oberirdischen Verehrung diente, spätere Baureste deuten auf ein Mausoleum, das an dieser Stelle gebaut wurde. Es folgte in der ersten Hälfte des 5. Jhs. der Bau der sog. Gruft- oder Märtyrerkirche, die insgesamt fünfmal umgebaut wurde. Die dreischiffige Basilika mit etwa 27 m Länge und 15 m Breite wurde zunächst zu einer fünfschiffigen erweitert. Im Westen der Gruftkirche wurde ein Baptisterium errichtet, in dessen Taufbecken Menschen in den christlichen Glauben aufgenommen werden konnten. Im Osten wurde im 5. Jh. eine kreuzförmige, große Basilika mit ca. 35 m Länge angebaut. Der wachsende Pilgerzustrom führte die kirchlichen Autoritäten dazu, selbst diesen stattlichen Bau noch einmal zu verbreitern. Parallel dazu wurde die unterirdische Grabanlage verändert. In der Blütezeit des Heiligtums ermöglichten zwei breite Treppengänge flüssigen Zugang auch größerer Menschenmengen zum Grab des Heiligen.
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Die Menasstadt – Von Wundern, Pilgern und Märtyrerfesten
Zentrale Baugruppe der Menasstadt im 6. Jh. (Plan nach P. Grossmann). 1 Gruftkirche (Märtyrerkirche) 2 Große Basilika 3 Baptisterium 4 halbkreisförmiger Anbau 5 Pilgerhof
Im 6. Jh. erfolgte der Umbau der Gruftkirche in die exklusivere Form eines Zentralbaus. Die äußeren Mauern blieben stehen, aber die Säulenstellungen wurden dergestalt variiert, dass sie sich in Form von vier Konchen um das Märtyrergrab im Mittelpunkt säumten. Nach der Zerstörung durch die persische Eroberung Ägyptens (619) wurde im 8. Jh. die Gruftkirche als fünfschiffige Basilika und das daran anschließende Baptisterium neu aufgebaut, während die Große Basilika in Trümmern blieb. Der Gesamtkomplex von Großer Basilika, Märtyrerkirche und Baptisterium erstreckte sich über eine Länge von 100 m, was als Kultarrangement keinen Vergleich scheuen muss, wenn man bedenkt, dass die von Konstantin erbaute Petrusbasilika in Rom als einer der renommiertesten frühen christlichen Bauten ca. 120 m als Länge aufwies. Einige bekannte christliche Pilger, die das Heilige Land besucht hatten, kamen auf dem Rückweg in die Menasstadt. Ein Hafen ermöglichte den Besuch über das Mittelmeer, und der oströmische Kaiser Zenon, der von 474 bis 491 an der Macht war, soll sogar Soldaten zum Schutz der Gläubigen stationiert haben. Legenden berichten davon, dass überfallene
Besucher vom heiligen Menas selbst beschützt worden sein sollen. Der Aufbau des Heiligtums gleicht anderen antiken Pilgerstätten, in denen der Gottbesuchende mit einer Prunkarchitektur auf die Erhabenheit und Heiligkeit des Ortes eingestimmt wurde. Nach Passieren der Stadttore führte den Pilger eine säulenflankierte Prachtstraße – wahrscheinlich von Devotionalienläden gesäumt, wo man wohl die Menasfläschchen und andere Dinge kaufen konnte – in einen Hof im Norden der Märtyrerkirche. Dort konnten sich Gruppen finden und sich die Menge in die Kirchen verteilen. Pilgerherbergen gewährten den von weither gereisten Gläubigen Unterkunft und zwei Bäder dienten der Säuberung nach langer Reise. Dass es sich um getrennte Frauenund Männerbäder handelte, zeigten diverse Utensilien wie Kämme oder Schmuckstücke, die sich in den Abflüssen eines der beiden gefunden hatten. Heilige und Märtyrer besitzen in den christlichen Kirchen festgesetzte Gedenktage, an denen auch spezielle Feste veranstaltet werden. Bei den Märtyrern der koptischen Kirche wird der Todestag zelebriert, da dieser Tag den entscheidenden Schritt in ein ande-
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res Leben darstellt. Die Volksfeste zu Ehren eines Heiligen werden im modernen Ägypten Mudil genannt und sowohl von den Kopten als auch den Muslimen für ihre jeweiligen Heroen begangen. Die Feste ähneln sich so sehr, dass auch Gläubige der anderen Seite daran teilnehmen – es gibt gutes Essen, die Cafés sind überfüllt, Devotionalien werden verkauft, Clowns, Schießbuden und Schaukeln sorgen für den nötigen Rummel, religiöser Gesang erfüllt die Luft und bunte Lampen erhellen die Nacht. Dass seit den 1970er Jah-
ren die koptische Kirche durch radikale Islamisten immer wieder Massenmorden ausgesetzt ist, lässt die Zahl ihrer Märtyrer steigen, so dass immer wieder neue Mudils begründet werden. Manche radikalen Strömungen im Islam versuchen die heutige Tradition der Mudils übrigens zu unterbinden. Da religiöse Feste dieser Art aber bereits im pharaonischen Ägypten zu Ehren der alten Götter praktiziert wurden und die Städte mit buntem Treiben füllten, werden diese Traditionen aber sicher überdauern.
Die Ruinen der Großen Basilika – Blick in den Innenraum.
Grabungsfoto der zentralen Baugruppe mit dem Baptisterium vorne, der Märtyrerkirche und hinten der großen Basilika. Zu dieser Zeit (1905–1907) lag der Ort noch in trockener Steinwüste.
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Auch das in den 60er Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts erbaute Menaskloster zeugt in manchen Stunden noch vom alten Geist dieses Ortes.
Auch in der Spätantike besaßen diese Feierlichkeiten nach den Quellen eine überaus weltliche Seite, so dass teils Mönchen und Nonnen die Teilnahme verboten wurde. Schenute, der schreibgewandte Klosterabt des 5. und 6. Jhs. aus Mittelägypten, verbot seinen Mönchen generell an Märtyrerfesten teilzunehmen. Die Rede ist sogar von Prostitution und Mord, die sich dort abgespielt haben sollen. Die Gelage an Märtyrerfesten, wo man bis in den Abend gesungen und getrunken haben soll, sind aber nicht nur in Ägypten, sondern auch in anderen Teilen des Reiches bezeugt, wie Aussagen der Kirchenväter Ambrosius aus Mailand und Augustinus aus Nordafrika belegen. Dass neben dem üblichen Pilgerbetrieb insbesondere die Feste in der Menasstadt richtiggehende Massenveranstaltungen gewesen sein müssen, legen die Ausmaße der Anlage nahe. Der Pilgerhof, der sich an der nördlichen Längsseite des Komplexes aus Baptisterium, Gruftkirche und Großer Basilika erstreckte, bot mit seinen ca. 90 m Länge und seinen drei Toren Platz für mehrere Hundert Menschen. Dass es auch in der Gegenwart des Menas dann und wann zu Exzessen gekommen sein
könnte, lässt sich aus einer Verordnung der islamischen Obrigkeit schließen, die die Feste eine Zeitlang verbot. Es ist bei dieser Interpretation natürlich zu bedenken, dass eine größere Ansammlung der christlichen Bevölkerung auch den Argwohn der Machthaber erwecken konnte, so dass man nach Vorwänden für Verbote suchte. Für das 9. Jh. ist belegt, dass alle Einkünfte eines Festtages den islamischen Herrschern übergeben werden mussten. Die Infrastruktur des Betriebes wies sogar eigens für Pilger bereitgestellte Fremdenherbergen auf, welche einen längeren Aufenthalt in der Nähe des heiligen Ortes möglich machten. Besondere Aufmerksamkeit verdient aber eine Einrichtung, die auf alte ägyptische Traditionen zurückgeht. Ein halbkreisförmiger Anbau an der südlichen Seite der Gruftkirche weist etwa 20 um einen gepflasterten Hof liegende Räume auf. Türen führen zur Märtyrerkirche und zur Großen Basilika. Hier konnten sich Gläubige fern vom Menschentrubel des Hofes auf der gegenüberliegenden Seite in der Nähe des Märtyrers aufhalten und übernachten. Da die Räume durch ihre halbkreisförmige Auslegung allesamt auf das Grab des Heiligen in-
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mitten der Kirche ausgerichtet sind, besteht trotz des Fehlens schriftlicher Quellen kein Zweifel, dass sich hier Kranke oder nach Hilfe Suchende Heil in der Nähe des Märtyrers erhofften. Es handelt sich hierbei um die einzige bekannte Anlage, die architektonisch zweckbestimmt in dieser Form angelegt wurde. Es ist anzunehmen, dass beim Aufenthalt der Gläubigen in dieser Anlage der Heilschlaf, die sog. Inkubation, eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Rolle gespielt haben dürfte. Diese Praxis ist auch über die Grenzen Ägyptens hinaus bezeugt. In der byzantinischen Reichshauptstadt Konstantinopel wurde zu diesem Zweck die Kirche von St. Kosmas und Damian (zwei heilig gesprochene Ärzte) aufgesucht. Die Gläubigen erwarteten gottgesandte Träume und vor allem Heilung von ihren Krankheiten, ein religiöser Brauch, der weit in die vorchristliche Zeit zurückreicht. In Ägypten ist spätestens seit dem Neuen Reich belegt, dass heilige Orte aufgesucht wurden, um einen Heilschlaf abzuhalten. Im Tempel von Dendera (Ptolemäerzeit) befindet sich im Tempelbereich ein Raumkomplex mit Zellen, die um einen Hof angeordnet sind und der Behandlung von Kranken dienten (das sog. Sanatorium). Eine weitere alte ägyptische Tradition, die an zumindest einigen christlichen Märtyrerschreinen weiterlebte, ist die bekannte Praxis der Orakelbefragung, wie Funde von Zetteln mit Weissagungen belegen. Der christliche Brauch des Heilschlafs allgemein ist auch in schriftlichen Quellen belegt. Eine schöne Erzählung liegt in Form einer Räubergeschichte vor, die als Teil eines Enkomiums von Konstantin, Bischof von Assiut im 6. Jh., überliefert ist. Der Text wird in der Pierpont Morgan Library, New York, unter der Nummer 587 aufbewahrt und ist in koptischer Sprache überliefert. Es wird erzählt, dass drei Männer aus einem Dorf in Mittelägypten von einer Märtyrerkirche zur nächsten ziehen, um sie auszurauben. Um an die wertvollen Kirchenschätze zu kommen, die Silbertableaus, goldene Kreuze oder anderen für den Gottesdienst bestimmte Utensilien beherbergen konnten, wandten sie einen ausgeklügelten Trick an:
Sie wanderten nach Norden, bis sie den [Schrein des Apa Claudius] erreichten, und als sie die Stoa des Heiligtums betreten hatten, sprachen sie mit dem Vorsteher: «Sei so gut und öffne die Pforte, so dass wir hineingehen können und uns niederlegen können mit diesem kranken Menschen, denn er ist unser Bruder. Vielleicht schenkt ihm der Gerechte die Heilung.» Einer von ihnen gab vor krank zu sein und der Verwalter öffnete ihnen die Pforte und sie gaben ihm den goldenen Becher, den sie [aus dem Heiligtum des Apa] Viktor [genommen hatten]. Sie sagten: «Wir sind von einem fernen Stück Land in der Provinz von Pemdje gekommen. Wir haben von dem Ruf dieses Heiligtums gehört und haben diesen Becher unter Mühen angefertigt und ihn zu diesem Heiligtum mitgebracht. Vielleicht erreicht uns sein Erbarmen, denn wir haben seinen Ruf in unserer Provinz gehört. Der Verwalter aber gewährte ihnen Gastfreundschaft und sie richteten ihr Augenmerk auf die Gegenstände des Heiligtums, auf welche Weise sie sie nämlich rauben könnten. Als es aber Nacht wurde, erhoben sie sich und plünderten das Heiligtum.»
Die Tat bleibt nicht ungesühnt: Nachdem sie den Schrein des Märtyrers Apa Claudius ausgeraubt haben, erscheint dieser selbst auf einem Pferd und nimmt die Diebe gefangen. Auf die Allmacht der Märtyrer ist also Verlass – zugleich ist es eine Warnung für etwaige Nachahmungstäter. Solche frommen Geschichten beinhalten häufig Einzelheiten aus dem täglichen Leben, die durch den Erzähler wie selbstverständlich in den Verlauf aufgenommen wurden und für den Historiker von hohem Informationsgehalt sein können. Die bereitgestellten Räumlichkeiten in der Menasstadt zeigen, dass es sich nicht nur um einen mehr oder weniger geduldeten Volksbrauch handelte, sondern offizielle Autoritäten der Reichskirche mit diesen Praktiken einverstanden waren und sie förderten. Eine einhellige Meinung war indes nicht vorhanden. Bischöfe wie Athanasius von Alexandrien und der Klosterabt Schenute hatten derartige Bräuche kritisiert.
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Der Eindruck großer Betriebsamkeit wird auch durch eine spezielle Anlage gestützt, die in pragmatischer Art und Weise die Gläubigen mit dem heiligen Öl bedienen konnte. In den verschiedenen Umbauphasen der Märtyrerbasilika ist ab dem 5. Jh. eine Phase nachweisbar, in der sich ein Altar auf einer Marmorplatte befand und mit einem viersäuligen Ciborium bekrönt war. Die Marmorplatte weist in der Nähe der Altarstandspuren ein kreisrundes Loch mit einem Durchmesser von ca. 5 cm auf, über das in späterer Zeit ein ebenfalls durchbohrtes Kapitell gesetzt wurde. Darunter befand sich eine Grube, deren östlicher Teil mit einem Verschlussstein abgetrennt war. Es befanden sich dahinter eine Amphore und ein Mischkrug (Krater), der unterhalb des Loches der Marmorplatte stand. In der Grube befanden sich außerdem zwei opus sectile-Felder aus Porphyr- und Marmorstücken, von denen eines in der Mitte ein Staurogramm bildet, eine Zusammensetzung der griechischen Buchstaben Tau (T) und Rho (R) zu einem Monogramm, das für S«T»AU«R»OS, griechisch für Kreuz, steht. Gefunden wurden aber auch Münzen und Glasstücke, die durch die Öffnung geworfen wurden bzw. hineingefallen sein müssen. Ätzspuren an der Marmorplatte weisen darauf hin, dass durch die Öffnung Öl gegossen wurde, was auch an den oberen, von Flüssigkeit durchtränkten Lehmschichten der Grube sichtbar ist. Der Mischkrug wies eine Öl-Weihrauch-Kruste auf und war zu zwei Dritteln mit Münzen gefüllt, die jüngeren obenliegend (die jüngste ist um 494 n. Chr. zu datieren). Die Anlage diente offensichtlich dazu, Spendengaben der Pilger aufzunehmen und Öl aufzubewahren, das in Verbindung mit dem Märtyrer-
grab Heilkraft erlangen sollte (die Amphora diente in einer früheren Phase dem gleichen Zweck). Ähnliche Gewinnungsanlagen von heiligem Öl sind auch in Griechenland, z. B. in Lesbos, nachgewiesen. Das Pilgerzentrum entwickelte sich bis zum Beginn des 7. Jhs. zu einer Stadt mit Mauern, Wohngebäuden, Weinpressen und anderen Einrichtungen. Im Umkreis wurden weitere Kirchen gebaut, Siedlungen errichtet und Friedhöfe angelegt. Als die Perser 619 Ägypten eroberten, wurde der Komplex in Brand gesteckt und war für viele Jahre weitestgehend unbesiedelt. Die vom römischbyzantinischen Reich gesteuerte Kirche verlor ihre Macht in Ägypten nach der arabischen Eroberung in der Mitte des 7. Jhs. Die Menasstadt wurde von der ägyptischen Kirche übernommen und die Märtyrerkirche im 8. Jh. als fünfschiffige Basilika neu erbaut. Die Spuren aktiver Nutzung verlieren sich zwischen dem 9. und 11. Jh. Heute steht in der Nähe ein neues Kloster, das die Tradition des alten Pilgerheiligtums fortsetzt. Wie die anderen modernen Klöster bildet es ein soziales Zentrum für die Christen Ägyptens, in dem Paare ihre Hochzeit feiern, Kinder spielen dürfen und am Wochenende so richtig was los ist. Die Ruinen der Menasstadt sind dennoch weiterhin gefährdet. Obwohl als UNESCO-Weltkulturerbe eingestuft, führten Bewässerungsmaßnahmen dazu, dass der Grundwasserspiegel dramatisch anstieg und die Bauten von schnellem Verfall bedroht sind. Der Wüstensand kann die einstmals prächtige Stadt nicht mehr schützen. So ist die Menasstadt mit ihrer kulturellen Geschichte ein Beispiel dafür, dass nicht nur ein Mensch zur falschen Zeit am falschen Ort sein kann.
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Syrisches Kloster im Wadi Natrun.
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in nicht gläubiger Stadtmensch würde nur von einer langweiligen Einöde sprechen. Für Eremiten und Mönche ermöglichte die Einöde, die von der Grenze des schmalen Fruchtlandes nur einen Schritt entfernt war, ein engelgleiches Leben bereits hier auf Erden. Sie lebten zwar in ständiger Prüfung, doch reichten ihnen, wie die Geschichten aus der Wüste berichten, oftmals die Engel das Brot zur Eucharistie und sie wurden nicht selten durch wunderhafte Begebenheiten ernährt. Wie hätten die Einsiedler auch sonst überleben können? Nach Gründung der Gemeinschaften musste man zumindest dazu keine Wunder mehr bemühen. Und trotz der nun aufgestellten Hierarchien herrschte eine Gleichstellung in vielen Lebensbereichen, ob die Kleidung oder die Speise betreffend. Der Theologe und Orien-
talist Johannes Leipoldt schrieb 1903 in seiner Pionierarbeit über Schenute von Atripe, den Abt des Weißen Klosters: «Die Forderung nach Gleichheit war im Weißen Kloster so streng durchgeführt, dass jeder Sozialdemokrat seine helle Freude daran gehabt hätte.» Wer war nun der Mann, der das koinobitische (griechisch koinos bedeutet «gemeinschaftlich») christliche Mönchtum «erfand»? Ein Mönchtum, das in einer Klostergemeinschaft hinter Mauern lebt und für alle verbindliche Regeln befolgt. Es war ein Mann namens Pachom, was «Der Falke» oder «Der Adler» bedeutet. Auf einer Statue aus Dendera (1. Jh. v. oder n. Chr.) wurde der griechische Name Hierax (Falke) mit dem ägyptischen Pachom wiedergegeben, so dass in dieser Tradition die Bedeutung «Der Falke» naheliegt. Allerdings ist das koptische achom
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(P ist der bestimmte Artikel) in den bekannten Texten ab dem 4. Jh. n. Chr. nur in der Bedeutung Adler belegt, so dass auch dieser Raubvogel im Hintergrund geschwebt haben mag, als der Erfinder des Klosterwesens die rigorosen Regeln verfasste, deren Spitzfindigkeit und Schärfe fortan den mönchischen Alltag prägten. Ein paar Beispiele aus den 144 Regeln sollten genügen, um einen Eindruck zu geben.
Regel 5: Wenn aber zur Nachtzeit das Zeichen ertönt ist, dann stell dich nicht an den Ofen, der zur Erwärmung des Leibes und zur Abwehr der Kälte üblicherweise angezündet wird. Auch sollst du nicht müßig in der Collecta dasitzen, sondern mit flinker Hand Seile für das Mattengeflecht herstellen; Ausnahme bildet natürlich die körperliche Schwächlichkeit, der ein Aussetzen [mit der Arbeit] gestattet wird.
Der Qasr (Fluchtturm) in der Mitte des Paulusklosters.
Regel 7: Niemand soll den anderen, während dieser beim Seildrehen oder Beten ist, anschauen; vielmehr sollen seine Augen fest auf das eigene Werk gerichtet sein.
Regel 8: Dies sind die lebensspendenden Gebote, die uns von den Alten überkommen sind. Wenn es vorkommen sollte, dass einer während des Psallierens oder Betens oder während der Lesung schwatzt oder lacht, dann soll er sogleich den Gürtel lösen und mit gebeugtem Nacken und mit nach unten angelegten Händen vor dem Altar stehen und vom Klosteroberen ausgescholten werden. Das gleiche soll er bei der Zusammenkunft der Brüder tun, wenn sie sich zum Essen versammeln.
Regel 84: Niemandem soll es freistehen, aufs Feld hinauszugehen oder im Kloster umherzuwandeln oder aus dem Bereich der Klostermauer nach draußen zu gehen, wenn er nicht [zuvor] den Hausobern gefragt und dieser die Erlaubnis gegeben hat.
Regel 85: Man soll dafür sorgen, dass niemand Worte von einem Haus in ein anderes, oder von Kloster zu Kloster, vom Kloster aufs Feld oder vom Feld ins Kloster trägt.
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Der gemeinsame Gottesdienst ist bis heute die Mitte klösterlichen Lebens – Aufnahme aus dem Anba Bischoi Kloster im Wadi Natrun.
Regel 86: Wenn einer zu Fuß oder zu Schiff eine Reise gemacht oder draußen eine Arbeit erledigt hat, soll er im Kloster nicht von den Dingen reden, die er dort gesehen hat.
Regel 95: Niemand soll zusammen mit einem anderen auf der Matte schlafen. Niemand soll die Hand eines anderen halten; vielmehr soll jeder im Stehen oder Gehen oder Sitzen eine Elle Abstand vom anderen wahren.
Regel 100: Niemand soll, wenn er zur Collecta oder zum Essen geht, einen Kodex ungebunden liegen lassen.
Pachom, der im Jahr 346 n. Chr. starb, war laut seiner Biographie, die in mehreren Sprachen und Fassungen vorliegt, als Soldat eingezogen worden und soll von Christen einige Gaben erhalten haben, die das Überleben leichter machten. Von der erfahrenen Barmherzigkeit beeindruckt wechselte der gebürtige Heide zum christlichen Glauben und zog sich in ein einsames Leben zurück. Bei dem Einsiedler Palamon, der einen guten Ruf genoss, lernte er vom asketischen Leben, das sich um Gebet und Leibeszucht drehte, und gründete dann die ersten Klos-
tergemeinschaften. Deren Regeln bilden das erste sichere Zeugnis koptischer Originalliteratur – später wurden sie ins Griechische, Äthiopische und Lateinische übersetzt. Im Abendland führte etwa zwei Jahrhunderte später Benedikt von Nursia diesen Ansatz einer neuen Lebensform weiter und schrieb ebenfalls Ordensregeln, die viele Nachfolger fanden. Die ersten pachomianischen Klostergründungen fallen in die 20er Jahre des 4. Jhs. n. Chr. Ein erstes Kloster wurde in Tabennesi, ein weiteres in Pebow gegründet, südlich der größeren Stadt Panopolis liegend. Insgesamt wurden zu seinen Lebzeiten neun Männer- und zwei Frauenklöster gegründet. Die Gemeinschaften wuchsen zu einer wirtschaftlichen Größe heran. Gegenüber dem älteren Eremitentum gab es für die Anhänger immense Vorteile: Die Gemeinschaft sicherte die Versorgung der Kranken und Alten, es war für eine regelmäßige und gute Ernährung gesorgt, Lesen und Schreiben wurden vermittelt und nicht zuletzt wurde lebendiger sozialer Austausch ermöglicht, dem auf manchen Ebenen – wie den Regeln zu entnehmen – Einschränkungen gesetzt werden mussten. Im realhistorischen Rahmen bot die Verwirklichung des eigenen Glaubens verbunden mit selbst geschaffener Lebensqualität eine gute Basis dafür, dass diese Idee über Ägypten hi-
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Mit Gründung von Gemeinschaften konnte sich das Mönchtum weltweit zum Kulturträger entwickeln – Mönch im Kloster Deir el Muharraq.
naus viele Nachahmer fand – ganz im Sinne des mächtigen Athanasius. Was die historischen Einzelheiten des organisierten Mönchtums in der Pionierzeit betrifft, wird man unwillkürlich an die Anfänge der Geschichte Ägyptens erinnert, wo sich die historisch belegbaren Fakten im Rückgang irgendwann verlieren und nur noch mythische Könige fassbar sind. Ganz ähnlich muten die christlichen Legenden an, die von den Männern erzählen, die nach Pachom Klöster gegründet haben. Zurückgezogen in der Wüste lebend soll ihr Ruf so groß geworden sein, dass sich andere um sie versammelten, die von ihrer Spiritualität, Weisheit und Askese angezogen wurden (vielleicht auch von ihren klug dünkenden Antworten, die irgendwie gerade «in» waren). Solche sich bildenden Kolonien von Eremiten konnten Keimzellen für Klöster werden, so wie es auch für die etwa 140 km von Alexandria entfernten Klöster des Wadi Natrun bezeugt ist. Dort soll sich ein gewisser Makarius, der für seine Weisheit berühmt war, niedergelassen haben. Gemeinsame Kirchen wurden erst Jahrzehnte nach den ersten nachzuweisenden Unterkünften gebaut. Das
nach ihm benannte Makariuskloster sollte sich zu einem der berühmtesten und bedeutendsten Klöster Ägyptens entwickeln, da mehrere Patriarchen aus ihm hervorgingen und die Nähe zu Alexandrien Einflussmöglichkeiten auf die Kirchenpolitik boten. Genaue Informationen und Datierungen über die frühe Geschichte oder gar Gründung der ägyptischen Klöster sind auch deshalb meist nicht bekannt, weil keine professionellen archäologischen Grabungen vorliegen. Die historische Faustregel lautet: Die Anfänge der koptischen Klöster liegen wie die des Mönchtums in einer von Legenden umwobenen, historisch gesehen dunklen Phase. Nach den ersten pachomianischen Klöstern kam es im 5. und 6. Jh. zu weiteren großen Klostergründungen. Von der Blütezeit des Mönchtums kann bis in das 7. Jh. hinein gesprochen werden. Nach der arabischen Eroberung Mitte des 7. Jhs. wurde die nichtmuslimische Bevölkerung mit der Kopfsteuer belastet. In den Folgejahrhunderten fielen viele Klöster wüst. Doch gleichzeitig konnten andere ihre Rolle als christliche und kulturelle Zentren wahren. Es entwickelte sich so-
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gar bis etwa zum 14. Jh. eine regelrechte neue Blütezeit, was z. B. an der Produktion von Pergamenthandschriften zu sehen ist. Aus Berichten europäischer Reisender ab dem 17. Jh. (und früher) erfahren wir, dass die wenigen bestehenden Gemeinschaften sehr zusammengeschrumpft waren. General Andréossy, Mitglied der napoleonischen Expedition, berichtet, dass in den Wadi-NatrunKlöstern im Jahr 1799 noch ganze 59 Mönche lebten. Die Klöster waren ein Anziehungspunkt, da sie in ihren großen Bibliotheken viele alte Handschriften bewahrt hatten, die emsig für die europäischen Sammlungen eingekauft wurden. Heute steht der Koptologe vor der Aufgabe, die Manuskripte und Bibliotheken zu rekonstruieren. Auch Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen, Spross des Wettiner Königshauses und Bruder des letzten Königs von Sachsen, bereiste den Orient und besuchte zwischen den Jahren 1910 und 1930 Ägypten ganze fünfmal – lesenswert niedergelegt in drei schmalen Büchern mit dem Titel Streifzüge durch die Kirchen und Klöster Ägyptens. Aus der berühmten Bibliothek des Makariusklosters berichtet er:
Wir fanden in einem Einband einige Blätter aus Pergament aus einer koptischen Handschrift des X. oder XI. Jahrhunderts. Auf Vorschlag von Morkos-Bey riss ich sie heraus und nahm sie mit.
Eine der vielen Sünden der Europäer. Aber immerhin gab es dort seinem Geschmack nach auch den besten Kaffee im gesamten Orient.
Im späteren 20. Jh. lebten die ägyptischen Klöster durch die Initiative des Patriarchen Kyrill VI. (1959–1971) neu auf und wurden zu einer bedeutenden Bewegung. In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts lebten im Makariuskloster über 100 Mönche, unter ihnen eine stattliche Anzahl von gut ausgebildeten Männern wie Ärzten (im Jahr 1988 sollen es laut mündlicher Auskunft eines Mönches vier gewesen sein). Es können hier nur, in Nachfolge des christophilen Prinzen, Streiflichter gesetzt werden, doch, wenn man an die Ursprünge des Mönchtums denkt und einen Gang durch wenigstens einiger dieser Klöster wagen möchte, so liegt der Beginn sicher im Antonius- und Pauluskloster am Roten Meer. In der «innersten Wüste» liegend und den ersten berühmten Einsiedlern des Christentums gewidmet, wurde für sie – bislang vergeblich – die Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe beantragt. Bereits zu dieser Liste gehörig ist unter Ägyptens Klöstern nur das berühmte Katharinenkloster im Sinai aus dem 6. Jh.
Bücher als Objekt der Begierde: hier eine koptischarabische Bilingue aus dem Kloster Deir el Muharraq.
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Vor dem Kloster erstreckt sich eine weite Wüstenlandschaft.
Das Antoniuskloster
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us der Lebensbeschreibung des Athanasius erfahren wir, dass Antonius von 251 bis 356 n. Chr. lebte und sich an mehreren Orten aufhielt. Darunter befand sich auch ein Berg in der Wüste am Roten Meer. In den Apophtegmata Patrum, den Sprüchen der Wüstenväter, einer literarischen Sammlung von Anekdoten und Aussagen, die unter den Einsiedlern ausgetauscht worden sein sollen, wird eine Höhle erwähnt, die Antonius dort bewohnt haben soll. Es wird auch berichtet, dass es in manchen Mönchskolonien so voll und unruhig gewesen sei, dass einige zum «Berg des Antonius» gingen, um dort die Einsamkeit wiederzufinden. Für abendländische Ohren klingt es ungewöhnlich, wenn sich Menschen, auch wenn sie unbedingt in Einsamkeit leben wollten, Höhlen als Domizil aussuchten. Aber selbst in Sichtweite des Fruchtlandes sind die Temperaturen in einem Großteil des Jahres so hoch, dass der Aufenthalt in einer Höhle die beste Zuflucht vor der Hitze der Sonne bietet.
Dies kann man nicht nur bei einer Wanderung durch die Wüstengebirge am eigenen Leibe erfahren, sondern wird auch durch antike Quellen bestätigt. Eine wunderschöne Anekdote, wenn auch das noch heißere südliche Nachbarland Nubien betreffend, stammt aus der Feder des Johannes von Ephesus, der in seiner Kirchengeschichte über den ersten Missionar Julianus berichtet:
Der selige Julianus blieb eine Zeit von zwei Jahren bei ihnen, in großer Not wegen der Hitze, indem er erzählte, dass er von der dritten bis zehnten Stunde, (nur) mit einem Schurz bekleidet und sonst nackt, mit dem ganzen Volk des Landes in mit Wasser gefüllte Höhlen eintrat und dasaß, indem sich nichts außerhalb des Wassers befand als seine Nasenlöcher allein.
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Das Antoniuskloster
Den «idealen» Einsiedler können wir sowieso nicht kennen, auch wenn es ihn sicherlich gegeben hat. Selbst Antonius war als «Ein»-Siedler nicht ganz allein. So ist es verständlich, dass der berühmteste unter ihnen Schüler hatte, die sich ebenfalls auf dem Berg am Roten Meer niederließen. Selbst Namen und Details aus ihrem Leben sind von einigen schriftlichen Quellen überliefert worden, so z. B., dass einer der Schüler von Angreifern getötet wurde. Derartige Angaben sind historisch ernst zu nehmen, da viele Berichte von Überfällen auf Mönche überliefert sind. Als nichtbewaffnete und vom Prinzip her friedliebende Menschen waren sie leichte Beute bei Überfällen verschiedenster Beduinenstämme oder räuberischer Gruppen. Größere Klöster lohnten sich als Ziel, da es dort Vorräte an Nahrungsmitteln und viele andere brauchbare Dinge gab. In christlichen Kirchen war gar mit Kirchenschätzen zu rechnen – silbernen Kelchen, Bucheinbänden oder anderen Utensilien. Orte, an denen verstorbene Berühmtheiten gewohnt hatten, wurden von den frommen Nachfahren verehrt. So hören wir von einem gewissen Hilarion, der den besagten Ort am Roten Meer besucht haben soll und dem von zwei dort lebenden Mönchen die Plätze gezeigt wurden, an denen der sagenumwobene Antonius geruht, gebetet und gegessen haben soll. Dass sich an diesem Ort ein Kloster mit einer offiziellen Organisation gebildet hat, ist erst um 614 nachweisbar, da aus diesem Jahr Kontakte zur syrischen Kirche bezeugt sind, die unter einem griechisch-orthodoxen Abt namens Athanasius aufgenommen wurden. Das eigentliche Kloster, so wie es heute bekannt ist, kann also erst 250 Jahre nach dem Tod des Antonius sicher nachgewiesen werden, obwohl es natürlich früher gegründet worden sein kann. Wie man sich den Übergang von einer Mönchskolonie in eine striktere Form der Gemeinschaft vorzustellen hat, ist in ihren Einzelheiten nicht mehr nachzuvollziehen. Ob die Anachoretengrotte, die heute als diejenige des Antonius gilt, wirklich von ihm bewohnt wurde, hängt von der Zuverlässigkeit einer sehr, sehr langen mündlichen Überlieferung ab.
Wie an vielen christlichen Stätten Ägyptens wurden auch im Antoniuskloster noch keine Grabungskampagnen unter wissenschaftlicher Leitung durchgeführt. Inoffizielle Untersuchungen wollen Strukturen gefunden haben, die in das 6. Jh. zurückreichen. Eine gesicherte Datierung ist aber für die Malereien in der Klosterkirche belegt. Eine originale Inschrift berichtet, dass der hauptverantwortliche Maler Theodor hieß und dass die Malereien, wie sie heute noch zu sehen sind, im Jahr 1232/33 entstanden. Darunter wurden Reste von zwei älteren Malschichten gefunden, die wahrscheinlich noch vor das 13. Jh. datiert werden können. Das Bildprogramm aus insgesamt über 100 Darstellungen von Reitern, Mönchen, Heiligen und Gestalten aus dem Neuen und Alten Testament erweist sich als genial durchdacht und führt den Gläubigen von der Erde in die himmlische Welt. Personen werden geehrt, Geschichten erzählt und Engel lobpreisen den Herrn. Im Eingangsbereich sind die Wände von großformatigen Reiterheiligen bedeckt. Nach den Legenden sind sie nicht nur gegen böse Menschen, sondern auch gegen Dämonen siegreiche Streiter. Der Christ betritt also geschützten Raum. Auch auf apotropäischen, also übelabwehrenden Amuletten wurden Reiter dargestellt, wie sie mit einer Lanze hoch vom Pferde Schlangen und Dämonen als personifiziertes Böses durchbohren. Zauberformeln auf der Rückseite taten ihr Übriges. Die geschützte Schwelle zur profanen Welt hinter sich lassend führt der Weg in das ei-
Das Refektorium im Antoniuskloster.
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Das Antoniuskloster
Eingangstor des Antoniusklosters.
Türme wurden als Wohngebäude, aber auch als Fluchtorte bei Überfällen genutzt.
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Das Antoniuskloster
Wehrhafte Reiterheilige im Kampf gegen das Böse. Vor dem Eingang zum Allerheiligsten befinden sich links Maria mit Jesus und rechts Antonius und Paulus, denen nach der Legende beim Treffen ein Rabe ein Brot brachte.
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Das Antoniuskloster
Wie im Antoniuskloster zeigt der Eingangsbereich des Paulusklosters Reiterheilige.
gentliche Schiff der Kirche, überkuppelt wie der davorliegende, gleich große Eingangsbereich. Die Innenlaibungen des Bogens, der die beiden Räume trennt, zeigen Pachom und Schenute – der eine Begründer des international bedeutenden koinobitischen Mönchtums, der andere respektabler Klosterabt und Vielschreiber geistlicher Texte in koptischer Sprache. Die Verfasser des Bildprogramms einer koptischen Kirche im 13. Jh. waren sich der Tatsache bewusst, hier neben Antonius die berühmtesten Vertreter koptischen Mönch- und Christentums vor sich zu haben. Den Bogen durchquerend wird der Gläubige auf dem Weg zum Allerheiligsten von gemalten Arkaden flankiert, in denen Eremiten und Mönche zu sehen sind, die damit ihren Platz in der stolzen Geschichte ägyptischer Pioniere gefunden haben. Unter ihnen auch Makarius der Große, dem sich ein Engel zuneigt, der ihm nicht nur einmal erschienen sein soll. Steht man vor dem Eingangsbereich zum Allerheiligsten so sind links Maria mit dem Jesuskind und rechts die Eremiten Antonius und Paulus dargestellt. Zwischen ihnen
fliegt der Rabe heran, der ihnen ein ganzes Brot bringt (zurückgehend auf die schöne Geschichte, dass Paulus an jedem Tag von einem Raben ein halbes Brot erhielt und an dem Tag, an dem Antonius ihn besuchte, ein ganzes). Im Sanktuarium und im Hurus (ein dem Sanktuarium vorgelagerter Raum, der typisch ist für den ägyptischen Kirchbau ab dem 7. Jh.) finden sich Darstellungen aus der Heiligen Schrift. Ganz im Osten in der Apsis findet sich in der unteren Zone die thronende Gottesmutter Maria und darüber der ebenso thronende Jesus. Lässt man den Blick zur Kuppel schweifen, sieht man ein von frohlockenden Engeln umgebenes Brustbild Jesu, Darstellung des immerwährenden himmlischen Gottesdienstes. Lassen sich hier über den Mauerrand eines kleinen koptischen Klosters am Roten Meer hinaus interessante Erkenntnisse gewinnen? Die ruhige Betrachtung erinnert in diesem Fall an eine nicht so populäre Geschichte des Alten Testamentes. Buchreligionen können auf ein großes Repertoire an Geschichten zurückgreifen, die sie verbreiten möchten. Bereits die Ausblendung der einen und
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die Hervorhebung der anderen Geschichte ist Programm. So stehen sich an den Wänden des Haikal, dem Allerheiligsten mit dem Altar, in den Eckfeldern eines Bogens zwei Dar-
stellungen von Opfern nahezu antithetisch gegenüber, die – vom Menschen aus betrachtet – zwei ganz verschiedene Facetten des christlichen Gottes zeigen.
Links das bekannte Opfer Abrahams aus dem Buch Genesis 22,1−19. Der im Habitus eines hinzurichtenden Gefangenen kniende Sohn Isaak: der Altar mit brennender Flamme vor ihm, Hände auf dem Rücken gefesselt, am Haarschopf gezogen, das Messer des eigenen Vaters an der Kehle. Die Hand Gottes am linken oberen Rand des Bildes – sie steht für Gott, den die Künstler abzubilden vermieden – zeigt seinen Willen, dass der Sohn doch nicht sterben muss, da ihm Abraham gehorsam war. Nur den am Baum angebundenen Widder ereilt sein Schicksal.
Rechts das nicht so bekannte Opfer Jephtahs aus Richter 11,30−40. Die im Habitus einer hinzurichtenden Gefangenen kniende Tochter (Name nicht genannt): der Altar mit brennender Flamme vor ihr, Hände auf dem Rücken gefesselt, am Haarschopf gezogen, das Messer des eigenen Vaters an der Kehle. Keine Hand Gottes am rechten oberen Rand des Bildes – die vom Vater so geliebte Tochter dieser Geschichte musste wegen eines unpräzisen Gelübdes sterben. Der Erzählung nach hatte sie Verständnis und gab sich ihrem Schicksal hin.
Kommt es bei der ersten Geschichte zu einem Happy End mit einem faden Nachgeschmack, so schmeckt die zweite ziemlich bitter. Sie fordert zum Nachdenken heraus. Es gibt sicherlich viele kluge Erklärungen, Interpretationen und Predigten dazu, aber der Sinn von Heiligen Büchern sollte es ja sein, für sich selbst zu sprechen. Entspricht der Vater, der gehorsam sein Kind opfert, einem väterlichen Ideal? Ist es Zufall, dass das kleine Mädchen keinen Namen trägt und sie sterben muss, während der Sohn in der Parallelgeschichte weiterleben darf?
Übrigens: Das Pauluskloster liegt nicht weit vom Antoniuskloster entfernt ebenso wie dieses in einer wüsten Gegend – in frühen Zeiten weit abgeschieden von der übrigen ägyptischen Menschheit. Beide können sie dort nur existieren, weil sich in ihren Mauern Wasserquellen befinden. Die eine Quelle ließ mehr Wasser als die andere hervorquellen, dafür schmeckte die andere umso köstlicher. So zumindest in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts und da die Klöster schon ein paar Jahrhunderte mehr Sand auf ihren Mauern ertragen haben, wird es wohl noch immer so sein.
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Die Ruinen des Klosters im Wüstensand, vorn sind die vier Säulenbasen der genannten Kapelle zu sehen.
Das Jeremiaskloster in Sakkara
A
m Rande des pharaonischen Gräberfeldes von Sakkara, um die 400 m südöstlich der Stufenpyramide des Djoser, des wahrscheinlich von jedem Ägyptenreisenden fotografierten mächtigen Bauwerkes, liegen die bereits anfangs erwähnten Ruinen des Jeremiasklosters. Um es zu besichtigen, lässt man die Pyramide des Unas, die in ihrer Grabkammer mit den Pyramidentexten das älteste religiöse Textkorpus der Menschheit bewahrt, rechts liegen und schreitet ihren Aufweg hinunter. Nach ca. 200 m muss sich der Kundige (Touristenströme gibt es hier nicht) nach rechts wenden, kleinere Sandberge und einen Zaun überwinden, dem Ghaffir sein Bakschisch zollen und schauen, ob die Hunderudel friedlich sind. Das Betreten des Areals und der Anblick der Ruinen weckt nicht nur Neugier, mehr über diesen Ort zu erfahren, sondern bietet nebenbei wunderschöne Ausblicke auf das Fruchtland und die Pyramiden von Dahschur.
Je nach Grad der Versandung sind vom Kloster Teile der Grundmauern, Steinböden, Säulen und Basen sichtbar, anhand derer sich mit einem Plan die Kirche und andere Räumlichkeiten identifizieren lassen. Die spirituellen Geheimnisse liegen unter dem Sand und sind nur dem bekannt, der die über 100 Jahre alten Grabungspublikationen studiert hat. Die Kampagnen wurden zwischen 1905 und 1914 vom britischen Ägyptologen James Edward Quibbel durchgeführt und in drei dicken Bänden publiziert. Ab den 1970er Jahren fanden unter der Leitung von Peter Grossmann vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) Nachuntersuchungen statt, die weitere Erkenntnisgewinne erbrachten. Selbst ein flüchtiger Blick auf den Grundriss gibt preis, dass es sich um keine geplante Anlage handelte, sondern dass eine organisch gewachsene Ansiedlung vorliegt. Nach der Chronik des Johannes von Nikiu (aus der ersten Hälfte des 7. Jhs.) lebte der Klostergründer Jeremias
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Das Jeremiaskloster in Sakkara
in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. in der Gegend von Memphis. Eine Gründung des Klosters ist um 500 anzunehmen. Die ältesten archäologischen Spuren im heute bekannten Arreal datieren in das 6./7. Jh., aufgegeben wurde der Ort wahrscheinlich noch vor dem 13. Jh.
Viele Inschriften und vor allem Grabsteine, die akribisch in einer Dissertation aus Münster von Cäcilia Wietheger (heute Fluck) gesammelt wurden, geben ungewöhnliche Einblicke in den Alltag. Man schaue nur auf diese Auswahl (!) an Berufen und Tätigkeiten, die in Sakkara schriftlich überliefert sind:
Arzt, Bäcker, Baumeister, Baumfäller, Der zum Aufenthaltsort der Alten gehört, (= Angestellter des Altenheims) Der zur Diakonie gehört, Der den Dünger lädt, Der zur Kirche gehört, Der zum Krankenhaus gehört, Der zur Ölpresse gehört, Der den Ofen mit Brot füllt, Der zum Refektorium gehört, Der zum Tor gehört, Drogist, Dungaufseher, Futterverkäufer, Fleischer, Gärtner, Getreideschäler, Kantor, Landvermesser,
Lehrer, Maler, Mundschenk, Schalenverkäufer, Psalmist, Schmied, Schuster, Schreiber, Sekretär, Steinmetz, Tischler, Töpfer, Vater (= Vorsteher) der Bäckerei, Vater des Krankenhauses, Vater des Refektoriums, Vater des Salzhauses, Vater der Wäscherei, Vater des Wohnhauses, Vorleser, Wächter, Walker, Weber, Weihrauchhändler
Der Aufweg zur Unaspyramide als Weg zum Jeremiaskloster.
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Steinerne Basen und Säulen vor Mauern aus Lehmziegeln.
Blick vom Kloster auf die Djoserpyramide.
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Das Jeremiaskloster in Sakkara
Die Mönche hatten also spezielle ihnen zugedachte Aufgaben, teils sehr einfache, teils aber auch Berufe wie Weber oder Tischler, die eine Ausbildung benötigten. In einem in der Oase Dachla gefundenen Brief aus dem 4. Jh. n. Chr. ist sogar belegt, dass eines der Kinder eines Haushaltes in ein Kloster geschickt wurde, um das Weben von Leinen zu erlernen (so im Papyrus P.Kell.Gr. 12.21 aus der Kleinstadt Kellis). Soviel zur weltlichen Seite des Jeremiasklosters, welches bei seiner Ausgrabung aber auch Funde offenbarte, die Einblick in ein spirituelles Leben gewähren, das zwar längst unter dem Wüstensand vergraben ist, aber auch von ihm erhalten wurde. Die Böden des Klosters sind zum größten Teil mit einer dicken Schicht Sand bedeckt, zu sehen sind in situ hüfthohe aufragende Mauern und Säulenbasen. Durchschreitet man den Ort, so bleibt der Blick an vier Säulenbasen hängen, die die Ecken eines quadratischen Raumes mit einer Seitenlänge von 8 m bildeten – Überbleibsel einer Kapelle. Noch heute verrät ihr in der Sonne glänzender Marmor, dass es sich um einen besonderen Ort handelt. Die Kapelle war mit einem angrenzenden größeren rechteckigen Raum verbunden, der die Grabungsnummer 1772 N trägt. In diesem befinden sich Bodenplatten mit Inschriften, die auf die kleine Kapelle orientiert sind und in ihrer Ausführung ihresgleichen suchen. Sie tragen eingemeißelte Gebete und Fußabdrücke, die nicht sicher interpretiert werden können, da es keine Vergleichsbeispiele aus christlicher Zeit gibt – verschiedene Vorläufer finden sich nur in nichtchristlichem Ambiente. Naheliegend ist aber, dass die in Stein gehauenen Glaubensbezeugungen ständige Präsenz des Betenden gewährleisten sollten. Auf dem Plan des Ausgräbers Quibell ist die Anordnung der Platten mit Inschriften genau verzeichnet. Als Beispiel für die Inschriften, die hauptsächlich Bitten darstellen, mag das Gebet für Philotheos dienen, der als Aufseher der Mensa für das Essen zuständig war. Diese Inschrift hatte bei ihrer Entdeckung dazu geführt, den Raum fälschlicherweise für das Refektorium des Klosters zu halten.
Kalksteinplatte Nr. 193 in Raum 1772 N
Gott, habe Erbarmen mit der Seele unseres Bruders Philotheos, Vater des Refektoriums (zwei Fußabdrücke)
Eine Interpretation dieser Fußspuren mit Gebet kann nicht sicher oder eindeutig sein, da keine direkten Quellen vorhanden sind, die uns über ihre Bedeutung Auskunft geben. Sie sollten vielleicht die ständige Präsenz einer solchen Bitte ausdrücken – symbolisch für den Hingegangenen in den Boden gemeißelt, dessen Gebet somit ständig an diesem Ort wiederholt wird. Aber es gibt sicherlich auch andere Erklärungsmöglichkeiten. Das Gebet selbst ist aber eindeutig: Gott soll Erbarmen haben mit der Seele eines verstorbenen Mönches. Ein solches Gebet kann persönlich oder in einer liturgischen Ver-
Die rätselhaften Fußabdrücke von Raum 1772 N.
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sammlung gesprochen werden. Wenn es niedergeschrieben ist, z. B. auf Grabsteinen oder als Graffito auf Wänden, so erhält es einen die Zeiten überdauernden Charakter oder wird von Vorübergehenden gelesen und damit als Bitte neu belebt. Das eigentlich Bedeutsame dieses heiligen Ortes offenbart eine andere Inschrift, deren Position direkt vor der Kapelle ihre Wichtigkeit unterstreicht. Sie ist es, die das Geheimnis der vier Marmorbasen preisgibt. Die Kapelle steht an dem Ort, an dem sich der Klostergründer zum Gebet zurückzog und in der Nachfolge Jesu die Sünden von den Menschen nehmen wollte. Dies ist ein schöner, selbstloser Gedanke, der hier kommentarlos wiedergegeben werden soll:
Kalksteinplatte Nr. 188 im Raum 1772 N
Vater, Sohn, [hei]liger Geist, Apa Jeremias, Apa Enoch, Ama Sibylla, unser [Va]ter Petros, unser Vater Pa[u]los, unser Vater Johannes. Dies ist der Ort, an [dem] unser väterlicher Herr Apa Jeremias sich niederwarf, damit er die Sünden des Volkes der ganzen Welt dort trage. Möge [sein] heiliger Segen auf uns herabkommen. Amen, Amen, so geschehe es.
Aber das mönchische Leben im Jeremiaskloster besaß neben dieser spirituellen auch noch eine andere Seite. Eine Inschriftentafel aus dem 7. oder 8. Jh., die in einem Raum bei einer Toranlage gefunden wurde, zeugt von den feierlichen Glanzpunkten jeden Jahres. Fein säuberlich eingemeißelt erfährt man darin, wieviel Wein für welche Festtage des Klosters, an denen lokale oder überregionale Heilige verehrt wurden, bestimmt war. Bereits in der römischen Zeit war in Ägypten Wein das übliche Getränk und somit wurden auch Weinlieferungen und Quittungen in vielen Klöstern gefunden. Die verwandten Maßangaben auf dem Stein sind nicht sicher zu definieren, aber die relativen Angaben der Liste sind informativ: So steht als Mengenangabe normalerweise ein Alpha für eine Eins oder ein Beta für eine Zwei. An den Festtagen des Klostergründers (namentlich nicht genannt, sondern nur als Apa bezeichnet) und des Apa Enoch, der der Lokalheilige war, steht ein Epsilon, was der Mengenangabe Fünf entspricht und damit verrät, dass an diesen besonderen Festtagen die fünffache Menge des Üblichen getrunken wurde. Vor allem der dritte Festtag, an dem die fünffache Menge Wein getrunken wurde, dürfte seine Wirkung nicht verfehlt haben, da es sich um das Fest zum Ende des Fastens handelte. Es ist für den Archäologen faszinierend, wie steinerne Relikte 1500 Jahre vergangenen Lebens in seiner Vorstellung neu entstehen lassen.
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Bild Mariens mit dem Jesuskind als Mittelpunkt der Prozession.
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nter den christlichen Heiligtümern am Nil, die wie auf einer Perlenkette aufgereiht Ägypten von Nord nach Süd durchziehen, liegen viele den Legenden nach auf der Route, die einst die heilige Familie auf der Flucht vor Herodes zurückgelegt haben soll. Historisch ist dies nicht belegbar – am zeitnächsten zu diesem Geschehen steht eine Passage im Evangelium nach Matthäus (2,13–19), ansonsten berichten nur sehr viel spätere Geschichten davon. Dennoch ist diese Reise der Heiligen Familie für die ägyptische Kirche eine zentrale Glaubensbasis. Danach gefragt, warum Ägypten ein so besonderes und anziehendes Land sei, antwortete Bischof Damian aus dem koptischen Kloster in Höxter-Brenkhausen einmal: «Weil die Heilige Familie dort war.» Unter diesen Orten ist der bekannteste Deir el-Durunka, etwa 10 km südwestlich der Bezirkshauptstadt Assiut, dem Lykopolis der spätantik-christlichen Zeit, gelegen. Unter
den dort ansässigen Klöstern und christlichen heiligen Stätten ist das Kloster Deir al-Adra, das Kloster der Jungfrau Maria mit der großen Höhle, das berühmteste. Jährlich im August machen sich Autokolonnen mit hunderttausenden Pilgern auf, die am großen Fest zu Ehren der Jungfrau Maria teilhaben wollen. Es erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei Wochen! Immer wieder soll es hier, aber auch an anderen Orten des Landes, zu Marienerscheinungen kommen. Worte reichen nicht, um den Glauben und den Enthusiasmus der Pilger auszudrücken, so dass hier vor allem die Bilder sprechen sollen. Entstanden sind sie bei Besuchen des Fotografen in den ersten Jahren des 21. Jhs. Mehrfach zog es ihn an den in Mittelägypten gelegenen Ort, er lebte dort und beteiligte sich an den Feiern. Der von ihm zusammengestellte Bilderspaziergang bietet einen Einblick in die lebendige Welt orientalischen Christentums.
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Ankunft der Pilger.
Pilgermagnet Grotte – legendenhafte Station der heiligen Familie.
Um die Prozession …
… scharen sich Gläubiger jeden Alters.
Mit vielen Bildern wird Maria verehrt.
Der Zug scheint unendlich.
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Auch heute wird noch gefeiert – Das Kloster von Durunka
Begeisterung bis zur Ekstase.
Wie ein Heiliger verehrt: Anba Mikhael.
Taufen während des Festes …
… ein Gruppenevent.
Mudil am Fuße des Klosters.
Das Fest ist zu Ende.
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Verbaute Spolien im christlichen Mauerwerk.
Schenute der Große und das Weiße Kloster von Sohag Welcher Ort wird an jenem Tag nicht ins Wanken geraten? Sind es Berge und Felsen und Hügel? Sind es Orte im Osten und Orte im Westen? Ist es das Meer und die ganze bewohnte Erde mit allem, was auf ihr ist? Denn es ist der Tag, da sie untergehen, und die Tore der Himmel sich für alle Gerechten der Erde öffnen. (Auszug aus «Gepriesen sei Gott»)
D
er Klosterabt Schenute von Atripe ist der bedeutendste Autor der koptischen Sprache. Seine Predigten sind wortgewaltig und in einer anspruchsvollen Sprache niedergelegt. Die Lebensdaten lassen sich nur aus verschiedenen Hinweisen rekonstruieren und sind umstritten. Nach einer seiner Lebensbeschreibungen soll er 118 Jahre alt geworden sein, eine Angabe, die aus Erfahrungsgründen mit Skepsis zu genießen ist – er gehörte dann in der Tat in den Kreis der ältesten be-
kannten Menschen. Ohne hier ins Detail zu gehen, lag seine aktive Zeit jedenfalls in der zweiten Hälfte des 4. und der ersten Hälfte des 5. Jhs. Schenute, dessen Persönlichkeit höchster Respekt gebührt, war ein Vielredner und Vielschreiber, der an die 200 Werke hinterlassen hat. Es handelt sich dabei um Homilien (Predigten), Traktate, Katechesen (Schriften zur Unterweisung im christlichen Glauben), Briefe usw., die in zwei großen Sammlungen
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überliefert worden sind, die einst in der Bibliothek des Weißen Klosters bewahrt wurden: die Kanones und die Logoi, aus neun bzw. acht Bänden bestehend. Über 30 weitere Werke sind nicht in diese Zusammenstellung aufgenommen worden. Neben Ermahnungen in den Predigten und theologischen Gedanken lassen sich auch viele soziologische Kenntnisse entnehmen. Er berichtet über die Anbetung der Sonne seitens der Manichäer oder anderer Gruppen, wendet sich vehement gegen Eltern, die ihre Kinder Freiern überlassen oder richtet sein Wort an anwesende Flüchtlinge aus Nubien. Bereits Johannes Leipoldt schrieb in seiner Geschichte der Koptischen Literatur von 1907: «Keiner verfügte über einen reicheren Wortschatz, über lebhaftere Bilder, über eindrucksvollere Redewendungen. Keiner machte die Sprache so genau zum Spiegel des augenblicklichen Gefühls wie Schenute.» Seit diesem Zeitpunkt gilt Schenute als Klassiker der koptischen Literatur. Über seinen Nachfolger Besa als Klosterabt – bis heute fällt der Schatten großer Persönlichkeiten oder Väter auf ihre Nachfolger oder Söhne – urteilt er: «Besas Sprache hat nur die eine Eigenart, dass sie keine Eigenart hat.» Die Handschriften wurden von verschiedenen Händlern angekauft und verkauft, zur Vergrößerung des Geldbeutels wurden sie geteilt und zerrissen und finden sich heutzutage christlich gesprochen in der Diaspora, also der Zerstreuung. Eine Gesamtausgabe gibt es noch nicht, aber es konnten inzwischen die in Sammlungen und Museen dreier Erdteile lagernden Codices rekonstruiert werden. Dabei konnten in einer mühsamen Detektivarbeit die Reste von rund hundert alten Büchern mit insgesamt ca. 1900 Blättern rekonstruiert werden. Das ökonomische Interesse der Händler besiegelte das Schicksal vieler Bibliotheken und Bücher. Von den Auswirkungen der preissteigernden Praxis zeugen aber vor allem die alttestamentlichen und neutestamentlichen Papyri und Pergamente, z. B. die Handschrift mit dem wissenschaftlichen Sigel «SMR sa 35L». Ihre Fragmente, einst in Ägypten ein vollständiges Lektionar, aus dem in den Gottesdiensten einer Kirche vor-
gelesen wurde, liegen heute in zehn (!) Museen über die Welt verteilt. Sie befinden sich in Cambridge, London, Louvain, Moskau, Neapel, Oxford, Paris (dort in zwei Sammlungen), Washington und Wien. Inzwischen sind durch geduldige Arbeit tausende von Fragmenten und Seiten virtuell wieder zusammengefügt worden. Obwohl sie räumlich noch immer auf die verschiedenen Sammlungen verteilt sind, kann man inzwischen viele Fragmente zusammenstellen, die einstmals ein ganzes Buch bildeten. Das Weiße Kloster war von Pigol, einem Onkel Schenutes, auf der Westseite des Nils nahe dem antiken Ort Atripe in der Nähe der Stadt Panopolis (Achmim) gegründet worden. Da auch eine neue Klosterregel entworfen wurde, besaß die Neugründung einen ganz eigenen monastischen Charakter. Schenute selbst soll nach einer späteren Vita bereits im frühen Alter von neun Jahren Mönch geworden sein (auch hier ist es natürlich möglich, dass es sich um eine idealbiographische Angabe handelt) und nach dem Tod des Onkels dessen Amt als Klosterabt übernommen haben. Die heute noch erhaltene berühmte Klosterkirche und neue Grabungen zeigen, dass das Kloster eine imposante Größe besessen haben muss. Eine arabische Quelle zum Leben Schenutes berichtet, dass 2200 Mönche und 1800 Nonnen in den dort lebenden Gemeinschaften wohnten. Insgesamt waren es sehr strenge
Im wiederbelebten Kloster des Schenute wird der Gründer mit vielen neuen Bildern in Ehren gehalten.
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Regeln, denen sich die Bewohner unterworfen haben. Beim Eintritt musste der Besitz abgegeben werden:
Jedem, der unter uns dauernd aushält, sei es Mann oder Frau, gehören alle Dinge, die uns zusammen gehören. Wer aber seine Geduld zu irgend einer Zeit verleugnet und uns verlässt oder wegen seiner bösen Werke, die er unter uns vollbrachte, ausgestoßen wird, hat an nichts davon Anteil.
Der in seinen Predigten mahnende und drohende Schenute, der seine Hörer mit rhetorischen Fragen und direkter Anrede einzufangen suchte, soll sich regelmäßig in die Einsamkeit des Wüstengebirges zurückgezogen haben. Zu seinen Mönchen und Nonnen soll er sehr streng gewesen sein und auch vor der Prügelstrafe nicht zurückgeschreckt haben. Es ist wahrscheinlich, dass seine Reden direkt von einem Sekretär mitgeschrieben wurden, da sie teilweise sehr authentische Eindrücke von herumfliegenden Vögeln oder bestimmten Zuhörern geben. Obwohl über sein Werk bereits eine ganze Reihe von Gelehrten gearbeitet haben, ist seine Auswertung noch lange nicht abgeschlossen, sondern steckt in vielen Bereichen noch in den Kinderschuhen. So wurden auch aufgrund des Veröffentlichungsstandes die Zitate aus anderen Schriften, vor allem dem Alten und Neuen Testament, noch nicht zusammengetragen und der biblischen Textkritik dienlich gemacht. Auch die vielen Hinweise auf lokale und soziale Begebenheiten sind längst noch nicht vollends ausgewertet. In den überlieferten Werken liegen allerdings aufgrund des Genres keine sachlich zusammengestellten Fakten vor, eindeutige Zuweisungen von Datumsangaben fehlen, oftmals sogar die konkreten Namen von genannten Personen. Auch werden in mehreren seiner Werke Heiden thematisiert, vor denen nicht nur gewarnt, sondern auch über Auseinandersetzungen mit ihnen berichtet wird. So erfährt man, dass er den Tempel von Atripe zerstören ließ. Da die heidnische Religion Idole, also Abbilder von Gottheiten, auch in Privathäusern verehrte, waren diese Ziel von
regelrechten Raubzügen unter seiner Leitung, auf denen die letzten heidnischen Kultstätten der Umgebung der Garaus gemacht wurde. Schenute genoss bereits zu Lebzeiten ein hohes Ansehen, wie z. B. Besuche auch von nichtchristlichen Persönlichkeiten zeigen. Dies lag sicherlich nicht nur an seinen Predigten und Schriften, sondern auch an der Größe und damit verbundenen regionalen Bedeutung des Klosterverbandes. Auch wenn die Regeln streng waren, so blieben ägyptische Klöster zu keiner Zeit isolierte Lebensgemeinschaften, sondern bildeten einen gewichtigen Teil der Gesellschaft. Nach kriegerischen Einfällen im Süden des Landes soll eine starke Fluchtbewegung entstanden sein und vom Weißen Kloster wurden nicht weniger als 20 000 Flüchtlinge aufgenommen. Auch wenn antike Zahlenangaben stets kritisch betrachtet werden müssen, so drücken sie doch die Sichtweise von außen auf die Gemeinschaft aus. Die ersten Kirchenbauten Ägyptens können in das 4. und 5. Jh. datiert werden. Bis auf zwei sog. Zentralbauten, die sich beide in der Menasstadt befinden, wurde der im ganzen Reich verbreitete Typ der Basilika gebaut. Der Bautypus stammt von der römischen Marktbasilika ab und zeichnet sich durch eine meist dreischiffige Anlage aus, deren Mittelschiff breiter ist als die Seitenschiffe. Die Orientierung geht nach Osten, wo das Sanktuarium liegt. In Ägypten wurde der sog. westliche Umgang entwickelt, d. h., dass im Westen noch zwei Säulen zur Abgrenzung des Mittelschiffes vom Eingangsbereich eingefügt wurden. Die große Kirche von Sohag wurde im 5. Jh. erbaut und misst ca. 35 m in der Breite und 75 m in der Länge. Es handelt sich um eine Emporenkirche, der im Süden eine weitere Raumgruppe beigefügt wurde. Eines ihrer Kennzeichen ist das dreiteilige Sanktuarium mit seinen mehrgeschossigen Arkaden und den beeindruckenden ornamentalen Steinmetzarbeiten. Im Hauptschiff sind noch die Reste der Kanzel erhalten, von der aus Schenute seine Predigten schmetterte. Heute liegen die Schiffe als begehbarer Hof offen und nur noch das ursprüngliche Sanktuarium dient als Kirche. Solche Verkleinerungen gab
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Tor des neu gegründeten Klosters, im Hintergrund die Große Basilika, die die Zeiten überdauert hat. Blick in die Große Basilika des Weißen Klosters. Als Kirche dient heute nur noch das ehemalige Sanktuarium. Die Treppe zur Kanzel ist noch zu sehen, von der aus Schenute seine gewaltigen Predigten hielt.
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Eingangstor zum Roten Kloster. Die Stille des Gebetes (Rotes Kloster).
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es an verschiedenen Orten (so auch in der Menasstadt): Einstmals prächtige Kirchenbauten wurden im Laufe des Rückganges der christlichen Bevölkerung dahingehend genutzt, dass die ehemaligen Sanktuarien, die nur der Begehung durch Priester vorbehalten waren, als neue Kirche dienten. Die Basilika ist auch heute noch so imposant, dass der bereits erwähnte Johannes Leipoldt, der die erste wissenschaftliche Arbeit über Schenute verfasste, so beeindruckt von dem monumentalen Bau war, dass er die Basilika, also die Kirche des Klosters, für das Kloster selbst hielt! Die glatten geböschten Wände und die Hohlkehle erinnern an die Pracht der alten ägyptischen Tempel. Der Verbau von Spolien, d. h. Raubstücken aus anderen Bauten, erregte in der wissenschaftlichen Diskussion Aufsehen, da vertreten wurde, dass die in den Mauern sichtbaren Hieroglyphen als Zeichen des christlichen Sieges gedient hätten. Die Verwendung von Baumaterialien aus Vorgängerbauten ist aber ein seit der pharaonischen Zeit praktizierter Brauch. Ende der 1990er Jahre wurde hier ein neues Kloster gegründet – vorher gab es lange Jahre nur die in der wüsten Einöde liegende kleine Kirche im ehemaligen Sanktuarium, die auf den Besucher den Eindruck eines romantischen antiken Denkmals hinterließ. Das Ein-
gangstor des neu abgesteckten Areals steht direkt in der Nähe der großen antiken Kirche, die durch diese Neugründung wieder zum Zentrum religiösen Lebens geworden ist. Seit etlichen Jahren finden in dem Gebiet Ausgrabungen der Yale University statt, über deren Fortschritt eine Internetseite eingehend informiert. Erste Pläne der alten Klosteranlage, die archäologisch noch lange nicht erschlossen ist, wurden bereits publiziert. In der Kirche des in der Nähe liegenden sog. Roten Klosters konnten im Rahmen von Restaurierungsarbeiten ehemals fast unsichtbare Malereien wieder sichtbar gemacht werden. Hierzu zählt ein, wenn auch später zu datierendes Wandbild Schenutes. Die qualitätvolle Malerei diente bereits als Vorlage für moderne Ikonen. Da es noch immer keine richtige Kunstgeschichte zur koptischen Wandmalerei gibt, könnte die Publikation einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Schließung wenigstens einiger Lücken in der Stilkunde sein. Dieser geschichtsträchtige Ort bot vom 1. bis zum 5. Februar 2006 einem der in zweijährigem Abstand gehaltenen Kongresse Domizil, auf denen international bekannte Wissenschaftler Fakten über die koptische Kultur zusammentragen und von deren Bedeutung später noch die Rede sein wird.
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Liturgisches Buch.
Die koptische Sprache
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ie koptische Sprache ist die letzte Sprachstufe der alten mit Hieroglyphen geschriebenen ägyptischen Sprache. Diese tauchte mit ersten Schriftzeugnissen bereits über 3000 Jahre vor Christus auf. Als gesprochene Sprache Ägyptens wurde das Koptische etwa ab dem 9. Jh. vom Arabischen immer weiter verdrängt. Heute wird einer ihrer Dialekte – das Bohairische – neben dem Arabischen noch immer in der koptischen Liturgie verwandt, was dem Gebrauch des Lateinischen in der katholischen Kirche vergleichbar ist. Es gibt immer wieder Bestrebungen, die Sprache zu reaktivieren, wie dem Ägyptenbesucher in comicartigen Einführungsbüchern verdeutlicht wird, die sich hier und da an den Verkaufsständen von Kirchen finden. Aufgrund dieser Jahrtausende alten Geschichte ist die ägyptische Sprache «unter den bekannten Sprachen der Welt noch vor dem Chinesischen diejenige mit der längsten Geltungsdauer in ihrem Sprachgebiet», wie es
Friedrich Junge im Lexikon der Ägyptologie so schön formulierte. Als Sprachstufen werden Altägyptisch, Mittelägyptisch, Neuägyptisch, Demotisch, Ptolemäisch und als letztes Koptisch unterschieden. Wir bewegen uns also mit dieser Sprache in einer Dimension, die die in Hieroglyphen geschriebenen ersten Pyramidentexte der Unaspyramide, dem ältesten religiösen Textkorpus der Menschheit, bis zu dem aus dem Griechischen übersetzten Neuen Testament umfasst. Nach der Zeitenwende entstand eine vielfältige religiöse Literatur, ganz abgesehen von den immens wichtigen Übersetzungen. Eine der letzten Dichtungen in der klassischen koptischen Sprache – dem Sahidischen – liegt mit dem Triadon vor, einem von einem Mönch im 14. Jh. verfassten frommen Lehrgedicht. Was aber ist das Charakteristische an der Sprachstufe des Koptischen? Das Koptische ist ägyptische Sprache mit griechischen Buchstaben geschrieben, was eine kühne Synthese
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bedeutet. Das Griechische zählt bekanntlich zu den indogermanischen Sprachen, während das Ägyptische zur Gruppe der «afroasiatischen» oder «hamito-semitischen» Sprachen zählt, Sprachen wie das Ugaritische, Hebräische, Aramäisch/Syrische oder andere von Äthiopien bis Marokko gesprochene Sprachen wie die «libysch-berberischen Sprachen». Die ersten Versuche, griechische Buchstaben zu benutzen sind bereits in den ersten vorchristlichen Jahrhunderten vereinzelt zu fassen und läuten die grundlegende Veränderung ein, die alten aus dem Hieroglyphenalphabet stammenden Zeichen zu ersetzen. Da mit den griechischen Buchstaben nicht alle Laute abgedeckt werden konnten, wurde das Repertoire je nach Dialekt durch sechs oder mehr Zusatzzeichen aus der älteren Sprachstufe des Demotischen ergänzt. Gründe dafür können viele genannt werden. Vor allem aber erlaubte das neu kreierte Alphabet die Schreibung der Vokale, was für die genaue Übersetzung heiliger Schriften aus dem Griechischen (Neues Testament, Septuaginta), aber auch für die richtige Intonierung von Zaubertexten wichtig war. Wurden die letzten demotischen und hieroglyphischen Texte von Priestern auf der Insel Philae verfasst, kulturelle Bastion der alten Religion, so standen die Verfechter der neuen Religion an der Wiege der koptischen Sprachstufe. Ein
Phänomen, das gut bekannt ist, denkt man nur an die ersten Schriftzeugnisse des Althochdeutschen, wo ebenfalls die christlichreligiösen Texte überwiegen. Der starke Einfluss griechischer Kultur und die praktische Überlegenheit eines Alphabetes mit weniger als 30 zu lernenden Zeichen gegenüber vormals Hunderten werden ebenso gewichtige Gründe für die Metamorphose geliefert haben. Was könnte den Wandel Ägyptens zu einer multikulturellen Gesellschaft trefflicher ausdrücken? Schriftzeugnisse in koptischer Sprache werfen nach wie vor viele ungelöste Fragen auf. Allein der Umstand, dass es sich bei diesen Texten vielfach um Übersetzungsliteratur (meist aus dem Griechischen) handelt, hält die Frage wach, wie koptische Literatur überhaupt zu definieren ist. Da es in einer ganzen Reihe von Einzelfällen nicht sicher bestimmbar ist, ob Originalliteratur oder eine Übersetzung vorliegt, ist das Kriterium, nur ursprünglich in koptischer Sprache verfasste Werke als koptische Literatur zu bezeichnen, mit vielen Mängeln behaftet. Ein pragmatischer Ansatz ist es deshalb, zur koptischen Literatur zunächst einmal alles zu zählen, was in koptischer Sprache niedergeschrieben wurde und sich dabei grundsätzlich der Tatsache bewusst zu sein, ein kulturell vielfältiges Phänomen vor sich zu haben. Koptische
Lesung in koptischer und arabischer Sprache.
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In alter monastischer Tradition: Klosterbibliothek von Deir el Muharraq. Auch Totenklagen nahmen im 8. Jh. poetische Züge an. So beginnt der Grabstein der Febronia, aufbewahrt in Deir Abu Hennes: «Das ganze Leben für den Menschen ist aber wie Rauch und alle Sorgen dieses Lebens sind wie ein Schatten, der sich neigt …» (s. M. Cramer, Die Totenklage bei den Kopten, Wien, Leipzig 1941, S. 6).
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Literatur hat viele Originalwerke verfasst und mit seiner Übersetzungsliteratur geistesgeschichtliche Schätze bewahrt. Unter den gefundenen Texten gibt es so manche Kleinode, die teilweise in moderne Sprachen übersetzt wurden, auch als Objekt diverser Kommentierungen dienten, aber in ihrem Gehalt und ihrer Bedeutung lange noch nicht vollends verstanden und erfasst wurden. Schlagendes Beispiel sind koptische manichäische Schriften, die tief in das Innere dieser ehemaligen Weltreligion blicken lassen. Könnte man beim Neuen Testament nahezu von einer «Abgrasung» sprechen – wahrscheinlich gibt es inzwischen für jeden Vers mindestens zwei Doktorarbeiten (und man kommt immer wieder zu neuen Erkenntnissen!) – kann man sich dort wie ein Siedler in der neuen Welt fühlen, der den Stacheldraht nur deshalb benötigt, um seine eigenen Gedanken und Forschungen nicht zu weitschweifig in neue Entdeckungen zu verstricken. Bereits in der zweiten Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. soll ein gewisser Hierakas Kommentare, Schriften und Psalmen in griechischer und koptischer Sprache verfasst haben, erhalten ist aber keines seiner Werke. So berichtet jedenfalls der Kirchenvater Epiphanius in seinem Buch Panarion, dem «Arzneikasten». Mit dem Titel ist gemeint, dass das Buch ein gutes Mittel gegen die Häresien ist und abweichende Gedanken und Irrglauben entlarvt. Als weiteres frühes Zeugnis können die Antoniusbriefe angeführt werden, die auch in Koptisch überliefert sind. Die Frage, ob nicht doch ein griechisches Original vorliegt, ist noch nicht endgültig geklärt. Als ältestes sicheres Zeugnis koptischer Originalliteratur zählen nach wie vor die bekannten pachomianischen Klosterregeln (4. Jh. n. Chr.). Nur sehr wenige koptische Handschriften können mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in das 3. Jh. n. Chr. datiert werden, aber bereits aus dem 4. Jh. n. Chr. stammen wesentlich mehr. Eine Übersetzungstätigkeit ist ab dem 3. Jh. n. Chr. vorauszusetzen, unter ihnen Übersetzungen der Bibel, patristischer Texte sowie gnostischer und manichäischer Werke. Ebenso sind auf diese Weise viele apokryphe Texte überliefert, also Werke wie die Apostelakten, in denen spannend und
phantasiereich von den Reiseabenteuern der Apostel erzählt wird. Die Werke enthalten romanhafte Elemente und sind von vielfachen Wundern erfüllt. In den Akten des Paulus und der Thekla etwa liest man über die Begegnung des Paulus mit einem sprechenden Löwen und der freudigen Wiederbegegnung in einer Arena, wo Paulus eigentlich dem Tode geweiht sein soll. Unter die Übersetzungen fallen aber auch Werke wie der Hirt des Hermas, ein Buch, das lange zum neutestamentlichen Kanon gezählt wurde und Zeuge für eine frühchristliche Mentalität ist, in der neben strengen ethischen Prinzipien symbolträchtige Visionen und Offenbarungen eine große Rolle spielen. Einen breiten Raum nimmt im originalem Schaffen die hagiographische Literatur ein, unter die Märtyrergeschichten, Heiligenlegenden, Mönchsgeschichten und ähnliche Literaturgattungen fallen. Oftmals sind von diesen Geschichten mehrere Versionen und auch Übersetzungen in arabischer Sprache vorhanden. Neben anonymen Werken sind auch koptische Autoren namentlich bekannt, zuvorderst Schenute, dessen Œuvre im letzten Kapitel vorgestellt wurde. Weitere Autoren dieser Zeit, um nur einige zu nennen, wären der Klostervorsteher Moses von Abydos (um 500), also der, in dessen Vita von der mutigen Reinigung des Bestempels berichtet wird, und der etliche Briefe hinterlassen hat. Dann Bischof Pesyntheus von Koptos, der sein Bischofsamt von 607 bis 632 innehatte und während der persischen Eroberung Ägyptens in das thebanische Westgebirge fliehen musste. Die in mehreren Fassungen bewahrte Vita, weitere schriftliche Reminiszenzen, Klosterbenennungen bis hin zu Lampen, die seinen Namen tragen, zeugen von seiner Berühmtheit auch in der Nachwelt. Neben der historisch bedeutenden Korrespondenz ist unter seinen Werken ein Enkomium auf den Einsiedler Onnophrius überliefert, also den Mann, der nur durch sein Haar bekleidet in der Wüste lebte. Als drittes Beispiel für die literarische Produktivität mag Rufus von Shotep, ebenfalls Bischof um 600, genannt sein, der mehrere Predigten hinterließ. Aber dies sind Dinge, die in den einschlägigen Werken im Detail nachgelesen werden können.
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In koptischer Sprache wurde auch eine aus 12 Büchern bestehende Kirchengeschichte verfasst, die auf älteren Quellen beruht und bis in das Jahr 475 reicht. Ihre bis in das 11. Jh. führende Fortsetzung ist leider nicht erhalten. Ebenso sind in koptischer Sprache Konzilakten und Chroniken vorhanden. So verfasste Johannes von Nikiu im 7. Jh. eine Weltgeschichte von der Schöpfung bis zur arabischen Eroberung Ägyptens. Dort kann man nicht nur über politische Angelegenheiten, sondern auch über Sonnenfinsternisse und Erdbeben nachlesen. Auch nach der Eroberung Ägyptens durch islamische Herrscher wurden weitere Werke in koptischer Sprache geschrieben. Es handelt sich dabei zumeist um eine christliche Literatur, die stark von frommen und moralischen Prinzipien geprägt ist und sich in den be-
sagten hagiographischen Werken ausdrückt. Die eigene Tradition der Märtyrer und Heiligen sowie die Besinnung auf Glaubenswerte diente dem Zusammenhalt der von nun an bedrängten christlichen Gemeinschaft. Nicht zu unterschätzen ist aber auch ihr Unterhaltungswert und ihre Dramaturgie, wenn etwa ein Engel den geschundenen Leib eines Märtyrers wieder zusammenfügt, um ihn für die nächste Tortur bereit zu stellen. Was die weiteren Schätze angeht, so stehen die gnostische Bibliothek von Nag Hammadi – die nicht nur gnostische Texte enthält – und der Schriftfund von Medinet Madi, der die ältesten Texte der Weltreligion des Manichäismus bewahrt hat, gemeinsam an erster Stelle. Zum weitaus überwiegenden Teil handelt es sich um Übersetzungsliteratur, die es allerdings in sich hat.
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Ledereinband Codex I (Codex Jung).
Die gnostische Bibliothek von Nag Hammadi Du hast schon erkannt, und man wird dich den ‹Sich-selbst-Erkenner› nennen, denn wer nämlich sich nicht erkannt hat, hat nichts erkannt. Wer aber sich selbst erkannt hat, hat schon Erkenntnis über die Tiefe des Alls erlangt. (Jesus Christus im Codex II von Nag Hammadi im Buch des Thomas)
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ie sog. gnostische Bibliothek von Nag Hammadi ist weltweit der bekannteste koptische Handschriftenfund, der in seiner
Bedeutung mit den Qumran-Funden konkurrieren kann. Ein Bauer namens Mohammed Ali es-Samman fand im Dezember des Jahres
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1945 in der Nähe der Stadt Nag Hammadi in Oberägypten ein Gefäß mit 13 Papyruscodices, deren Entstehung in das 4. Jh. n. Chr. datiert werden kann. Die Datierung ist sicher, weil es sich bei den zur Verstärkung ihrer Ledereinbände wiederverwendeten Papyri um Urkunden handelte, die Jahresangaben zwischen 333 und 348 n. Chr. enthielten. Eine solche Praxis unter Verwendung von Zeitungsseiten war bis in das 20. Jh. gängig. Die Urkunden bieten einen terminus post quem, also einen Zeitpunkt, nach dem die Bücher erst entstanden sein können. Da gleichzeitig der Zeitraum für eine solche Verwendung von Papyri beschränkt war, ist eine Datierung in das 4. Jh. n. Chr. gesichert. Ziehen wir in Betracht, dass bei koptischen neutestamentlichen Handschriften teils Datierungsvorschläge um ein halbes Jahrtausend (500 Jahre!) voneinander abweichen, so war die Arbeit des Buchbinders ein Glücksfall für die Geschichtswissenschaft. In der Koptologie streitet man sich nach wie vor darüber, ob diese gewaltige Sammlung geistigen Gutes in einem Kloster gefertigt worden sein muss, da professionelle Skriptorien die Voraussetzungen für deren Produktion boten. Zurzeit ist bei jungen Koptologen diese Klostertheorie wieder en vogue. Auf über 1100 Seiten befanden sich 53 Schriften, die zu einem bedeutenden Teil bis dato gänzlich unbekannt waren. Der genaue Fundort in der Umgebung von Nag Hammadi konnte nicht mehr ermittelt werden, so dass nur spekuliert werden kann, ob es sich um eine Grabbeigabe, eine Auslagerung vielleicht verbotener Bücher oder um was auch immer handelte. Mit einer Faksimile-Edition in den Jahren 1972 bis 1984 wurden alle Texte zugänglich. Inzwischen liegen Übersetzungen in mehreren Sprachen sowie Kommentierungen vor. Eine erste englische Gesamtübersetzung wurde 1977 herausgegeben, eine deutsche Version in den Jahren 2001 bis 2003. Zum ersten Mal besaß man einen regelrechten Hort an gnostischen Originalschriften. Durch den Fund wurde ein neues Zeitalter nicht nur der Gnosisforschung, sondern auch der Koptologie eingeleitet, forcierte er doch wie kein anderer zuvor die Bemühun-
gen um ein besseres Verständnis der koptischen Sprache und ihrer Dialekte. In ihrer Originalversion entstanden sind diese Schriften im Zeitraum vom 2. bis ins 3. Jh. n. Chr., vielleicht sogar bis in den Anfang des 4. Jhs. n. Chr. hinein. Es befinden sich nicht nur gnostische Texte in dieser Bibliothek. Sie enthält auch hermetische Schriften, christlichphilosophische Weisheitsliteratur und sogar eine Passage, die aus dem Staat von Platon stammt (die Übersetzung ist allerdings so eigenwillig, dass es seine Zeit brauchte, bis man die Schrift identifizieren konnte). Dem Leser wird also ein Mix aus Apokalypsen, apokryphen und gnostischen Evangelien, literarischen Briefen, Lehrtraktaten und Dialogen Jesu mit seinen Jüngern geboten. Einer der Stars ist zweifelsohne das Thomasevangelium, eine Sammlung von 114 Aussprüchen, die Jesus selbst so gesagt haben soll! Der Fund war der erste Beleg dafür, dass tatsächlich solche Spruchquellen existierten, die in der bekannten Theorie der Logienquelle Q für das Matthäus- und Lukasevangelium angenommen werden. Es befinden sich darunter sinnreiche, mystisch anmutende, für den Liebhaber jedenfalls anregende Gedanken. In der nordamerikanischen Forschung nahm man lange eine Entstehung am Ende des 1. Jhs. n. Chr. an, also nahe an den vier kanonischen Evangelien. Von europäischen Gelehrten ist es inzwischen realistischer im 2. Jh. n. Chr. verankert worden. In Deutschland ist es nur in einem vergleichsweise kleinen Kreis bekannt und wird weder von der protestantischen noch katholischen Kirche als möglicher weiterer Zeuge der Überlieferung genutzt. Einige wenige Logoi («Aussprüche») mögen als Anregung zur weiteren Lektüre dienen:
Jesus sprach: Eine Stadt, die auf einem hohen Berge gebaut wird und befestigt ist, kann weder fallen noch wird sie sich verbergen können. (Logion 32)
Jesus sprach: Wer das All erkennt und eines ermangelt, leidet Mangel überall. (Logion 67)
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Jesus sprach: Ich bin das Licht, das über ihnen allen ist. Ich bin das All; aus mir ist das All hervorgegangen und zu mir ist das All gelangt. Spaltet ein Stück Holz und ich bin dort; Hebt den Stein auf und ihr werdet mich dort finden. (Logion 77)
Neben solchen verständlichen Aussagen gibt es auch recht rätselhafte Logien, wie z. B. Logion 56 und das Abschlusslogion zeigen:
Jesus sprach: Wer die Welt erkannt hat, hat einen Leichnam gefunden, und wer den Leichnam gefunden hat, dessen ist die Welt nicht wert.
Simon Petrus sprach zu ihnen: Mariham (Maria) möge von uns gehen, denn die Frauen sind des Lebens nicht würdig. Sprach Jesus: Siehe, ich selbst werde sie ziehen, um sie männlich zu machen, damit sie ihrerseits zu einem lebendigen Geist, gleich euch männlich, werde. Denn jede Frau, die sich männlich machen wird, wird in das Königreich der Himmel eingehen.
Das Phänomen der Gnosis bietet Philologen, Theologen, Religionswissenschaftlern und nicht zuletzt Koptologen nach wie vor viele Rätsel. Scheinbar scharfsinnige Differenzierungen der Gelehrten verkomplizieren das Phänomen teils eher, als dass sie es lösen würden, oder wärmen teils alte Theorien neu auf, ohne bereits vorhandene Kritiken gebührend zu berücksichtigen. Von Peter Sloterdijk aus gebührlicher philosophischer Distanz und mit der ihm eigenen sprachlichen Klarheit bis in die Interpunktionszeichen hinein vollendet ausgedrückt: «Über die Frage, was Gnosis ‹eigentlich› sei, herrscht unter den Gelehrten das, was rechtmäßig zu erwarten ist: Uneinigkeit.» Das Wort Gnosis, aus dem Griechischen stammend, bedeutet in diesem Zusammenhang «Erkenntnis, höhere Einsicht, Weisheit». In religionswissenschaftlicher Hinsicht bezeichnet es im engeren Sinn eine religiösphilosophische Geistesströmung, die mehr
oder weniger um die Zeitenwende herum auftaucht und in dieser speziellen Ausprägung um das 6. Jh. mehr oder weniger verschwindet. Es treten aber vom Altertum an bis in die heutigen Tage Phänomene auf, die in einem weiteren Sinn verstanden ebenfalls als gnostisch bezeichnet werden – es handelt sich um eine bestimmte Denkweise, um einem Kreis von Eingeweihten vorbehaltenes Wissen, um Vorstellungen und Symbole, die literarisch z. B. in Werken des Schriftstellers Hermann Hesse (Demian) oder des Psychologen Carl Gustav Jung angedeutet sind. Um dem Wesen der Gnosis näherzukommen, werden nicht zu Unrecht die berühmten von Clemens von Alexandrien überlieferten Worte aus der valentinianischen Gnosis bemüht:
«Erkenntnis, wer wir sind und was wir geworden sind; woher wir stammen und wohin wir geraten; wohin wir eilen und wovon wir erlöst sind; was es mit unserer Geburt, was es mit unserer Wiedergeburt auf sich hat.»
Um ein zweites Mal Peter Sloterdijk zu bemühen – auch um den Gang durch das Gestrüpp der überaus klugen Definitionen, Neudefinitionen, Interpretationen und Neuinterpretationen zu vermeiden – sei auf das charakteristische Stilelement gnostischer Ausführungen hingewiesen, abstrakte Gedanken zu personifizieren. In seinem Buch Nach Gott rückt er dem Phänomen Gnosis mehr zu Leibe, als es den esoterischen Leibverneinern lieb gewesen wäre.
Dem Wiederauftauchen der über ein Weltalter verschollenen Texte (gemeint ist der Fund von Nag Hammadi) kam im Jahr 1946 Zeichencharakter zu; es war, als erginge aus der Tiefe der Zeiten ein Wink an die Überlebenden der Großkatastrophe des «christlichen Abendlandes». Dürfte man denn eine metaphysisch relevante Lektion dieses monströsen Jahrhunderts formulieren, sie hätte zu lauten, das Böse müsse mehr sein als die Abwesenheit des Guten.
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Die Erfahrung des Bösen ist eine menschliche Tatsache – es geht hier darum, dass diese Erfahrung psychologisch faktisch von sehr vielen Menschen gemacht wird, nicht darum, dass sie seit der stoischen Philosophie nur eine der möglichen gedanklichen Interpretationsmöglichkeiten von Sachverhalten darstellt. Die Frage der Theodizee (theos, Gott und díke, Gerechtigkeit; die Frage, wie das von Gott zugelassene Leid in der Welt zu erklären sei) im Christentum wiegt nach wie vor als schwieriges Problem, zumindest dann, wenn man ehrlich an einen guten oder gar lieben Gott glaubt und mit der Erfahrung irdischen Lebens konfrontiert wird. Die Gnosis beantwortete diese Frage mit der Etablierung einer bösen Substanz – also etwas dinglich Bösem, was wirklich da ist wie ein leibhaftiger teuflischer Gott. Der Etablierung eines Fehlers im göttlichen, aber damit nicht mehr allmächtigen Schöpfungsprozess. Denn welcher allmächtige Gott kann einen Irrtum begehen oder hat einen ernst zu nehmenden Gegenspieler vor sich? Dass diese Urgeburt der Sünde und des Bösen, welches aber nunmehr da ist, da ist im Sinne von sub-
Multikulturelles Ägypten auf kleinstem Raum (Codex Jung): Ende des Paulusgebetes in Koptisch, nachgestellter Titel in Griechisch, als Illustration Anch-Zeichen, Kreuze und Christogramm.
stantieller Existenz, in einigen Systemen der in der geistigen Welt angesiedelten Sophia angekreidet wird, also der in anderen Weltanschauungen rein positiv besetzten Weisheit, gehört zu den Eigentümlichkeiten dieser neuen Mythen. Von Schule zu Schule waren diese alles andere als einheitlich, sondern in ihren Details äußerst vielfältig, so dass im Folgenden weniger ein Grundgerüst als nur ein Eindruck von diesem Reichtum wiedergegeben werden kann. Es sei an dieser Stelle auf die Leseempfehlungen verwiesen. Am Anfang stand nur Gott, der gut, Licht, ewig, allmächtig und vieles mehr von dem war, was Menschen sich von einem Gott erträumten oder die Neuplatonisten philosophisch festlegten. Dieses Eine am Anfang war aber in Bewegung und breitete sich aus, vervielfältigte sich, und im Verlaufe vieler in den gnostischen Mythen detailliert geschildeter Vorgänge kam es zu einem Irrtum, zu einem Vergehen, einem Fehler. Eine der bekanntesten unter den Verantwortlichen ist die bereits erwähnte Personifikation der Weisheit, die Sophia, die nicht einen männlichen Counterpart zur Werdung des nächsten Lichtwesens beanspruchen wollte – durch sie wurde der böse Gott geschaffen, der eifersüchtig («Du sollst niemand anderen neben mir haben») die Menschheit knechtet. Ohne diese von den Autoren geschickt gewebten Fäden der Weltentstehung hier weiter verfolgen zu müssen, wurde dem antiken Leser oder Hörer der geheimen Offenbarungen im Idealfall seine schicksalhafte Situation bewusst: In jedem Menschen findet sich ein Lichtfunke, der von dunkler Materie, Wollust, niederen Mächten gefangen ist und sich dem Jahwe des Alten Testamentes unterordnen soll. Dieser Funke, diese Seele, muss nach ihrem Fall in die Fremde wieder in die Lichtheimat zurückgeführt werden. Dabei hilft die Kenntnis der gnostischen Schriften, die richtige enthaltsame Lebensführung, Rituale, das Gebet zu Gott. Wenn der Ruf erfolgt, so kann die Seele erwachen. Die großen Fragen der Philosophie, in der Neuzeit am schärfsten vom Existentialismus gestellt, werden von den gnostischen Systemen mythisch beantwortet. Für die christlichen Kirchenvä-
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ter und Theologen ist dies alles ein Irrweg, eine Ansicht, mit denen atheistische Philosophen konform gehen dürften. Aber de facto übte die Gnosis eine Anziehung aus, einen Reiz sicherlich für diejenigen, die nach Antworten auf existentielle Fragen suchten. Die spätantike Gnosis weist Beziehungen zu kulturellen, philosophischen und religiösen Strömungen ihrer Zeit auf, unter ihnen die platonische Philosophie, iranische und jüdische Religionssysteme, das Christentum und altägyptische Vorstellungen. Eine ihrer Eigenschaften ist der Synkretismus, die Fähigkeit Vorstellungen, Gedanken oder ganze Themenbereiche anderer Kulturen und Lehren zu übernehmen und in das eigene System einzubauen – inwieweit das eine oder andere eher da war als das andere oder eine ist eine bis heute diskutierte Frage. Auffassungen aus verschiedenen Bereichen wurden jedenfalls nicht bekämpft, sondern tolerant geduldet und in die eigene Weltanschauung übernommen, wobei die Vermischungen und denkerischen Eskapaden zu komplizierten, dem heutigen Betrachter undurchsichtig und morbid erscheinenden Abhandlungen ausuferten. Die Grenzen zum Christentum sind fließend. Es gab gnostische Gruppen, die sich als Christen bezeichneten und es gab christliche Kirchenväter, die der Gnosis nahestanden. Sie unterschieden aber eine «falsche» Gnosis und eine «wahre» Gnosis, die die Kirche vertritt, so z. B. der oben schon erwähnte Clemens von Alexandrien. Auch der das eine Mal als Ketzer verachtete und das andere Mal als Kirchenvater geehrte Origenes stand ihr nahe. Dessen Ansicht nach musste ebenfalls die präexistente Seele nach ihrem Fall in die Finsternis zu Gott zurückkehren. Die Gnosis hatte keine einheitliche Lehre, sondern es gab eine Vielzahl verschiedener Schulen und Lehrer – zur Weltreligion wurde sie mit der Religion des später noch zu erörternden Manichäismus. Einige wenige literarische Kostproben können die Faszination, die diese Texte noch heute auf ihre Leserinnen und Leser ausüben, besser beschreiben als eine Niederlegung der vielen Theorien zu diesem Phänomen. Dass Umberto Eco im Foucaultschen Pendel aus einem in Nag Hammadi gefundenen gnosti-
schen Hymnus, dem Donner, zitiert, dürfte denen, die das Buch ganz gelesen haben, bekannt sein. Er beginnt so:
Von [der] Macht bin ich ausgesandt worden und zu denen, die an mich denken, bin ich gekommen. Und ich ward gefunden in denen, die nach mir suchen. Seht auf mich, die Ihr an mich denkt! Und ihr Hörer, hört auf mich! Die ihr mich erwartet – nehmt mich bei euch auf! Und vertreibt mich nicht aus euren Augen! Und lasst nicht eure Stimme und euer Gehör mich verabscheuen! Seid nirgendwo und nirgendwann unwissend über mich! Hütet euch, seid nicht unwissend über mich! Denn ich bin die Erste und die Letzte. Ich bin die Geehrte und die Verachtete. Ich bin die Hure und die Hehre. Ich bin das Weib und die Jungfrau. Ich bin die Mutter und die Tochter. Ich bin die Glieder meiner Mutter. … etc. .…
Im Codex I, dem sog. Codex Jung (er befand sich lange Jahre im Besitz des C. G. Jung-Institutes, da er dem Psychoanalytiker über verschiedene Wege zum Geburtstag geschenkt worden war), befindet sich eine Schrift mit dem Titel Evangelium der Wahrheit:
Das Evangelium der Wahrheit ist Freude für diejenigen, welche die Gnade empfangen haben vom Vater der Wahrheit, ihn zu erkennen durch die Kraft des Logos, welcher gekommen ist aus dem Pleroma, das ist in dem Gedanken und dem Nous des Vaters, welcher der ist, den man nennt den Erlöser, weil es der Name des Werkes ist, das er tun muss zur Erlösung von
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denen, welche den Vater nicht kannten, weil der Name [des] Evangeliums die Offenbarung der Hoffnung ist, weil es Fund für die ist, welche ihn suchen. Denn das All hat den gesucht, aus dem es gekommen war, und das All war innerhalb von ihm, dem unbegreiflichen, undenkbaren, welcher jeden Gedanken übersteigt. Die Unwissenheit über den Vater hat Angst erzeugt und Schrecken. Und die Angst hat sich verdichtet wie ein Nebel, so dass keiner sehen konnte. Darum hat die Verirrung Kraft bekommen, sie hat ihre Materie bearbeitet im Leeren, ohne die Wahrheit zu kennen. Sie war beschäftigt mit dem Gebilde, während sie sich bemühte, in Schönheit den Ersatz der Wahrheit herzustellen.
Auch in dieser gnostischen Originalschrift wird erklärt, was unter Gnosis zu verstehen ist:
Darum ist einer, wenn er Gnosis hat, ein (Wesen) von oben. Wenn er gerufen wird, hört er, antwortet er, und wendet er sich zu dem, der ihn ruft, und kehrt zu ihm zurück und weiß, wie er gerufen wird. Indem er Gnosis hat, tut er den Willen dessen, der ihn gerufen hat, wünscht er, ihm wohlgefällig zu sein,
empfängt er die Ruhe. Den eigenen Namen erhält er. Wer so Gnosis hat, weiß, von woher er gekommen ist, und wohin er geht. Er weiß es wie jemand, der, nachdem er betrunken gewesen war, zurückgekehrt ist aus seiner Trunkenheit, und der, zurückgekehrt zu sich selbst, das Seine wiederhergestellt hat.
Es gibt auch eine große Anzahl von Texten, die über Jesus berichten, über seine Apostel und über Geheimlehren, die diese von ihm erhalten haben sollen. In diesem Sinne soll noch einmal das Buch des Thomas bemüht werden:
Die geheimen Worte, die der Erretter dem Judas Thomas gesagt hat, die ich aufgeschrieben habe, ich selbst, Matthäus. Als ich wandelte, hörte ich sie, wie sie miteinander sprachen. Der Erretter sagte: `Bruder Thomas, solange du Zeit hast in der Welt, höre mich an, und ich offenbare dir das, worüber du nachgedacht hast in deinem Herzen. Da man aber gesagt hat, dass du mein Zwillingsbruder und mein wahrer Freund bist, erforsche dich und erkenne, wer du bist und wie du warst oder wie du werden wirst.
Aus der Erstveröffentlichung, herausgegeben vom C. G. Jung-Institut, der Beginn des Evangeliums der Wahrheit: − Das Evangelium der Wahrheit ist Freude.
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Es folgen gleichnishafte Bilder, die sich um den tierischen Körper, um Finsternis und Licht, und das Los derjenigen drehen, die sich nicht vervollkommnen. Der Traktat endet mit den folgenden Worten Jesu:
Wachet und betet, dass ihr nicht im Fleische vegetiert, sondern aus der Fessel der Bitterkeit des Lebens herauskommt. Und wenn ihr betet, werdet ihr Ruhe finden, weil ihr die Mühe und die Herzensschmach hinter euch gelassen habt. Denn wenn ihr aus den Mühen und den Leidenschaften des Körpers herauskommt, werdet ihr Ruhe erlangen durch den Guten und herrschen mit dem König, indem [ihr] mit ihm einig seid, und er mit euch einig ist von jetzt an bis in [alle] Ewigkeit. Amen. Das Buch des Thomas.
Auch hier ist wieder die negative Schilderung der Welt erkennbar: «Fessel der Bitterkeit des Lebens»; «Mühe und die Herzensschmach»; «Leidenschaften des Körpers». Oft wird Enthaltsamkeit und Askese gefordert, um die Widrigkeiten irdischen Lebens hinter sich zu lassen, daher die Aufforderung: «Wachet und betet». Dies sind Praktiken, die sich mit dem im 3. Jh. n. Chr. aufkommenden Einsiedler- und Mönchtum der Christen gut in Einklang bringen lassen. Letztlich geht es um die Anapausis, die Ruhe, die erlangt wird, wenn die Rückkehr in das Lichtreich erfolgreich war. Eine andere, auf den ersten Blick unscheinbare und unter Gelehrten eher unbeachtete Schrift aus dem 6. Codex von Nag Hammadi enthält sogar echten Sprengstoff gegen das aufsteigende kirchliche Christentum. Athanasius tat gut daran, in seinem 39. Osterfestbrief die Auslagerung nicht konformer Schriften zu befehligen. Die Akten (Taten) des Petrus und der zwölf Apostel gehören in die Reihe abenteuerlicher Erzählungen, die die Apostel auf ihren Missionsreisen erlebt haben sollen. Es sollte vorausgeschickt werden, dass solche Geschichten nur aus dem Bewusstsein der Zeit heraus in ihrer Tiefe zu verstehen sind. Insbesondere bei dieser Erzählung müsste ein sprachlicher und redaktioneller Feinschliff erfolgen, um dem heutigen
Leser ihren inhaltlichen Wert adäquat zu vermitteln. Die Geschichte beginnt damit, dass die Apostel durch Bestimmung des Herrn auf ein Schiff gelangen, das von einem Sturm zu einer Stadt inmitten des Meeres getrieben wird. Auf der Suche nach einer Herberge kommt Petrus ein auffällig gekleideter Mann entgegen, der ausruft, Perlen verkaufen zu wollen. Die Reichen der Stadt erkennen schnell, dass der Verkäufer weder Ranzen noch Bündel bei sich hat, und ziehen sich «aus Menschenverachtung» wieder in ihre verborgenen Gemächer zurück. Die Armen dagegen treten näher und möchten wenigstens einen Blick auf die Perlen werfen. Der geheimnisvolle Mann mit Namen Lithargoêl ermuntert sie, doch in seine Heimatstadt zu kommen, wo er ihnen sogar eine Perle zum Geschenk mache. Die Mühen aber auf dem Wege könnten nur durch strenge Enthaltsamkeit überwunden werden. Allem Besitz muss entsagt und von einem Nachtquartier zum nächsten gefastet werden. Räuber und wilde Tiere wie Hunde, Wölfe, Löwen und Stiere überfielen und töteten die Reisenden sonst. Der Name der Stadt laute «in neun Toren lasst uns Gott preisen, bedenkend, dass das zehnte das Haupttor ist». Am Ende enthüllt die Geschichte, dass Lithargoêl, der zwischendurch unerkannt als Arzt erscheint, Jesus Christus selbst ist. Er überreicht ihnen ein Medizinkästchen und fordert sie auf, in der Stadt mit dem Namen «Geduld» all jene aufzusuchen, die an ihn glaubten. Sie sollten gestärkt werden und erhielten, was sie zum Leben bräuchten, bis sie in ein besseres gelangten. Die Reichen aber sollen sie nicht beachten, denn überall, wo sie in die Gemeinden kämen, verleiteten sie andere zur Sünde. Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte – in den Ohren des spätantiken Hörers gleichsam die Pointe –, bildet der Perlenverkauf. Perlen wurden von Tauchern aus dem Meer geholt, an Kaufleute weitergereicht und von denen wiederum an die Käufer vertrieben. Über die kostbaren (und teuren) Perlen, schrieb der große Poet und Verfechter der Rechtgläubigkeit Ephräm der Syrer fünf regelrechte Loblieder. Die Perle wird darin zum Sinnbild für das Himmelreich oder Christus, in ihrer Schönheit lässt sich Göttliches er-
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Die gnostische Bibliothek von Nag Hammadi
blicken. Seien es christliche, gnostische oder manichäische Schriften, die Perle diente als Bild für ein kostbarstes Gut, einen unermesslich großen immateriellen Schatz. Einen der bekanntesten Texte um die Perle stellt das sog. Perlenlied dar, das in syrischer Überlieferung den apokryphen Thomasakten entstammt. In ihm wird erzählt, wie ein Prinz in seinem Elternhaus mit allerlei Kostbarkeiten ausgestattet wird und nach Ägypten hinabsteigen soll, um einer Schlange im Meer eine Perle zu rauben. Vor seiner Abreise wird ihm aber sein strahlendes Gewand abgenommen und er soll es erst wieder bei seiner Wiederkehr zurückerhalten. Nach einer langen Reise kehrt er in eine Herberge in der Nähe der Schlange ein und will warten, bis diese einschläft, um ihr dann die Perle zu entreißen. Die Ägypter merken aber, dass er ein Fremder ist und geben ihm von ihren Speisen, was zur Folge hat, dass der Königssohn alles vergisst und in einen tiefen Schlaf fällt. Daraufhin wird ihm von seinen Eltern ein Brief geschrieben, der ihn wieder an seinen eigentlichen Auftrag erinnert. Er schläfert seinerseits durch Beschwörungen die Schlange ein, raubt die Perle und kehrt zurück. Das zurückgelassene Strahlenkleid kommt ihm entgegen und es erfolgt eine freudige Wiedervereinigung mit ihm. In der Nag Hammadi-Geschichte wird das Motiv des Perlenverkaufs in mehreren Schritten verfremdet. Der Clou ist, dass es immaterielle Perlen sind, für die die Armen offen sind. Die Reichen dagegen, nur am Materiellen interessiert, ziehen sich in ihre verborgenen Kammern zurück. Der Autor der Geschichte nimmt damit den Blickwinkel der Armen ein, die zwar auf den Straßen mit der Erscheinung von Reichen konfrontiert
waren, deren Leben aber für sie von Mauern versteckt unerreichbar bleiben musste. Die Geschichte bietet eine Vision, die der Wunschtraum jedes Bedürftigen einer Stadt sein konnte, in der Armut und Reichtum sichtbar aufeinandertrafen – eine historische Realität, die nicht nur auf Alexandrien zutraf. Im 4. Jh. n. Chr. verband sich die bereits hierarchisch strukturierte Kirche mit den Mächtigen und Reichen, was zur Folge hatte, dass die Christen Ende des Jahrhunderts, das mit so schwerwiegenden Verfolgungen begonnen hatte, die Oberhand im Römischen Reich und seinen Provinzen gewonnen hatten. In der breiten Öffentlichkeit ist man an anderen durch koptische Texte neu aufgedeckte «Geheimnisse» um das Leben Jesu mehr interessiert. Jedenfalls erklomm ein gefälschter Text, in dem wohl von einer Frau Jesu die Rede war, in den letzten Jahren die Ebene des Journalismus. Dass einigen Kennern koptischer Paläographie beim ersten Anblick dieses Pamphlets höchste Bedenken kamen, sei dahingestellt. An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, wie sich denn die Geschichte und Lehre des Christentums verändern würde, wenn Jesus eine Frau gehabt hätte? Ein Beleg vielleicht, dass Frauen in der Antike noch größeren Anteil hatten an der durch Jesus gelieferten göttlichen Offenbarung? Vielleicht wäre es aber auch nur eine streitsüchtige Frau gewesen, von der auch andere große Männer betroffen gewesen sein sollen, die den armen Tischlersohn mit seinen Gefährten in die Fremde trieb? Alle Jahre wieder werden altbekannte apokryphe Texte, in denen Frauen eine etwas größere Rolle als in den Evangelien spielen, von Journalisten neu entdeckt. Aber in der Tat finden sich darunter viele schöne Passagen:
Ohne die Klammern, die gut begründete Ergänzungen von Koptologen enthalten, lautet der Text aus dem Philippusevangelium
(Kapitel 52.2), der Nag-Hammadi-Codices, das pseudoepigraphisch dem Apostel zugeschrieben wurde, wie folgt:
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Der Erlöser liebte Maria Magdalena mehr als alle anderen Jünger, und er küsste sie oftmals auf ihren Mund. Die übrigen Jünger wurden eifersüchtig auf sie. Sie sprachen zu ihm: «Warum liebst du sie mehr als uns alle?» Der Erlöser antwortete und sprach zu ihnen: «Warum liebe ich euch nicht so wie sie?»
Petrus, du bist von je her aufbrausend. Nun sehe ich, wie du dich gegen die Frau ereiferst wie die Widersacher. Wenn der Erlöser sie aber würdig gemacht hat, wer bist denn du, dass du sie verwirfst? Sicherlich kennt der Erlöser sie ganz genau. Deshalb hat er sie mehr als uns geliebt …
Die originale erste Fassung des Textes, wahrscheinlich in Griechisch verfasst, stammt aus dem 2. oder 3. Jh. n. Chr. Wir wissen nicht, inwieweit der Text vielleicht verändert wurde und wie gut die Übersetzung war. Natürlich kann der angeführten Stelle auch eine andere schriftliche Quelle zugrunde gelegen haben. Als historischer Beleg für eine Liebesbeziehung Jesu ist dieser, immerhin echte Beleg aus einer alten Schrift, dennoch nicht tauglich – zumal die Person Jesu mit Schärfe betrachtet nebulös erscheint. Eine Niederschrift in der ersten Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. angenommen, könnte natürlich rein theoretisch die Urgroßmutter des Dichters Augenzeugin gewesen sein und ihre Beobachtung mündlich weitergegeben haben. Man sieht, wie leicht man sich im Gebiet der Spekulation verirren kann. Zum Abschluss sollte aber noch das im Jahr 1954 publizierte Evangelium der Maria der Berliner Papyrussammlung erwähnt werden (aus Papyrus Berolinensis 8502). Unabhängig von der koptischen Übersetzung existieren noch zwei kleinere griechische Fragmente aus dem 3. Jh. n. Chr., entstanden ist die Schrift wahrscheinlich schon im 2. Jh. n. Chr. entweder in Ägypten oder Syrien. Maria ist dort nicht nur diejenige, die der Erlöser mehr liebte als die anderen Frauen, sondern die auch mehr Wissen von ihm erhalten hat als die anderen Jünger. Am Ende ist der arme Petrus richtig eifersüchtig und wird von einem der Jünger zurechtgewiesen:
Die moderne Geschichte dieser alten Bücher aus dem Morgenland könnte Bibliotheken füllen. Papyrus Berolinensis 8502 wurde bereits 1896 im Antikenhandel in Kairo erworben. Der in Wien wirkende Koptologe Carl Schmidt (liebevoll «Kopten-Schmidt» genannt) kündigte 1905 die nahende Publikation an, doch zerstörte 1912 ein Rohrbruch in der Druckerei das Werk. Der 1. Weltkrieg verhinderte die Wiederaufnahme der Arbeit und als diese neu aufgenommen wurde, verstarb der große Gelehrte 1938 in Kairo. Nach weiteren Verzögerungen erschien die erste Auflage fast 60 Jahre nach dem Fund. Die Tradition, Maria Magdalena eine besondere Rolle zuzuteilen, findet sich nicht nur in gnostischen Schriften, sondern auch in manichäischen, wo in einem der Psalmen des Herakleides ein Gespräch zwischen Maria Magdalena und Jesus nach der Auferstehung erdichtet ist – frei nach dem Johannesevangelium. Auch dort kommen die Jünger nicht gut weg, sondern sind die großen Zweifler, die nicht auf den Herrn hören mögen. Am Ende des Stückes widmet ihr die versammelte Schar an manichäischen Gläubigen einen Lobgesang:
Ruhm sei Mariamme, denn sie hat auf ihren Meister gehört, sie diente seinem Gebot in der Freude ihres ganzen Herzens.
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Sonnenuntergang in der Weißen Wüste.
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it dem Manichäismus wurde eines der religiös freidenkenden gnostischen Systeme zur Weltreligion. Im Zentrum steht der vom Gründer Mani (gesprochen mit langem a) in mehreren Offenbarungen empfangene Mythos. Seine Erklärung der Welt begann so einfach wie ein Kinderbuch, wurde von ihm selbst niedergeschrieben und im Buch der Bilder sogar illustriert. Doch wie im wirklichen Leben entwickelte sich das System viel komplizierter als Mensch dies möchte. Dennoch ist die Faszination, die der Manichäismus in der Alten Welt ausübte, gut nachzuvollziehen, stehen sich doch wie im Herrn der Ringe oder Star Wars die Königreiche des Lichtes und der Finsternis gegenüber. Eine lebendige Vorstellung von dieser einstigen Weltreligion zu erhalten, ist nicht nur aufgrund der Quellenlage mühsam. Der Begriff «manichäisch» oder «manichäisches Denken» wird in moderner Literatur und Pressebeiträgen durchgängig negativ gebraucht, was zeigt,
wie erfolgreich die Bekämpfung und Diffamierung seitens der Gegner war. Ein Beispiel wäre der von George W. Bush kreierte Begriff der «Achse des Bösen», welcher eine Gruppe von «bösen» Staaten bezeichnen sollte. In der Presse wurde ihm eine «manichäische» Sichtweise der Welt vorgeworfen, womit hier die simple Unterscheidung zweier Arten von Nationen, den guten und bösen, gemeint ist. Die Manichäer würden sich, wenn ihre materiellen Körper (zu ihrer Freude) nicht längst verwest wären, im Grabe umdrehen. Denn alle Menschen, egal welcher Hautfarbe, Religion oder Nationalität trugen nach manichäischer Lehre göttliches Licht in sich, das seinen Weg zurück in die Lichtheimat finden musste. Materie gehört in das Reich des Bösen, aber nicht die Menschen, so dass eine «Achse des Bösen» auf Staaten oder Nationen bezogen manichäisch schwer vorstellbar ist. Die Verunglimpfung lässt sich aber nicht nur amerikanischen Präsidenten vorwerfen,
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sondern findet sich selbst in qualitätvollen Büchern: «Beauvoir dagegen hatte eine manichäische Weltsicht: Für sie gab es ‹nur eine winzige Elite, ihr gegenüber jedoch eine ungeheure Masse, die des Daseins unwürdig war.›.» Möglicherweise steckt hier eine Anspielung auf die Unterscheidung von Electi (Auserwählten) und Katechumenen (Hörern). Aber auch hier wird den Manichäern ein äußerst unmanichäischer Gedanke unterstellt. Eine göttliche Seele haben alle Menschen, nur, dass die Electi stärker am Erlösungsprozess des Lichtes beteiligt sind. Madame Beauvoir ging nur in die Falle intellektuellen Hochmuts und wäre wohl nur ungern eine Electa geworden. Ob man die Manichäer mag oder nicht mag, ob sie Vertreter einer unheilvollen Irrlehre waren oder nicht: Viele Menschen lebten diese Lehre, die einiges an Einsatz abverlangte, und starben sogar für sie. Es gebührt ihnen, die sich nicht mehr selbst verteidigen können, Respekt. Doch abseits der Bedeutungshoheit über Worte: In welchem Raum und welcher Zeit befinden wir uns, wenn wir vom Manichäismus sprechen? Der Manichäismus wurde im 3. Jh. n. Chr. in Mesopotamien durch den Religionsstifter Mani gegründet. Er war der zu dieser Zeit nicht unüblichen Ansicht, dass er die Welt und das menschliche Schicksal vollkommen verstanden habe. Er selbst leitete die Missionierung seiner neu gegründeten Kirche in anderen Ländern ein, um die Menschen von seiner Weisheit und seinem Wissen zu überzeugen. Das gelang ihm auf eindrucksvolle Weise, denn tatsächlich wurde der Manichäismus zu einer Weltreligion, die sich über den gesamten Mittelmeerraum bis nach Zentralasien erstreckte. Die Ausbreitung in den fernen Osten erfolgte über die Seidenstraße, auf der Kaufleute von Nordafrika bis zum heutigen China reisen konnten. In Quanzhou, einer am südchinesischen Meer gelegenen Millionenstadt, steht bis auf den heutigen Tag ein manichäischer Tempel. Zur Identifikation des Heiligtums führte eine Felsinschrift, die die manichäische Vierheit «Licht, Gott, Kraft, Weisheit» nennt. Diese Inschrift wurde im Verlauf der Kulturrevolution zerstört, konnte aber rekonstruiert werden. Im Innern des Tempels befindet sich ein
Kultbild, das Mani als Buddha zeigt. Von diesem Kultbild gibt es kleine etwa 20 cm hohe Repliken, die von der umliegenden Bevölkerung als Mar Môni, Buddha des Lichtes, verehrt werden, aber Mani darstellen. Inzwischen ist der Schrein in ein Museum umgewandelt worden, doch werden in den Nachbardörfern die kleinen Statuen nach wie vor in Hausaltären verehrt. Die letzten Spuren finden sich also in China. Mani (oder Manichaios) wurde am 14. April 216 n. Chr. im Persischen Reich in der Nähe von Seleukia-Ktesiphon geboren (ca. 35 km von Bagdad entfernt). Eines der auffallenden Kennzeichen seiner Religion liegt in ihrer Fähigkeit, sich anderen Kulturen und weltanschaulichen Modellen wie ein Chamäleon anzupassen. So erklärt sich auch die Darstellung Manis als Buddha im Tempel von Quanzhou. Die neue Religion sollte alle bisherigen Religionen umfassen, deren Lehren und Weisheiten aufnehmen und die universale Wahrheit vermitteln. Da sich die Manichäer im Westen (zumindest zum Teil) als die eigentlichen Christen verstanden, wurden sie von der institutionalisierten christlichen Kirche als Häretiker bekämpft. Anfang des 4. Jhs. n. Chr. ist der Manichäismus in Rom, Dalmatien, Gallien, Spanien und Nordafrika nachweisbar. Die ältesten Originalquellen stammen aus einem Handschriftenfund mit sieben Büchern aus Ägypten. Geschrieben sind sie in koptischer Sprache und bis heute noch nicht vollständig publiziert. Im 6. Jh. etwa versiegen die Quellen im Mittelmeergebiet. Stattdessen gelangte der Manichäismus, getragen von der Seidenstraße, in Turkestan in Zentralasien zu neuer Blüte. Im Uigurenreich im 8. Jh. wurde er das einzige Mal in seiner Geschichte eine Art Staatsreligion, eine Daseinsform, die durch den Untergang des Reiches im 9. Jh. nicht lange währte. Im Gegensatz zum Christentum und Islam blieb der Manichäismus eine eher friedliche Gemeinschaft. Möglicherweise ist es nicht nur auf seine Inhalte zurückzuführen, dass er im sozialen Ausleseprozess, denen Religionen unterworfen sind, verdrängt wurde. Die Geschichte des Manichäismus ist sowohl im Osten als auch im Westen durch
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Ablehnung und Verfolgung seitens anderer Religionen und herrschaftlicher Mächte bestimmt. Im Römischen Reich gab es bereits im Jahre 297 n. Chr. unter Diokletian ein Edikt gegen die Manichäer. Da im 3. Jh. n. Chr. Persien zu einem gefährlichen Feind im Osten herangewachsen war und der Manichäismus von dort kam, stand er unter dem Verdacht persischer Infiltration und Unterwanderung. Es wurde eine Zersetzung des römischen Reiches durch die «Schlange aus Persien» befürchtet. So bestimmte Diokletian nicht nur für die manichäischen Bücher, sondern auch gleich für ihre Führer die Verbrennung. Ähnliches geschah im Jahre 303 mit dem Erlass gegen die Christen, der besonders im Osten schlimme Verfolgungen bewirkte, die, wie gezeigt, deutliche Spuren im Gedächtnis der koptischen Kirche hinterlassen haben. Zu dieser Zeit gehörten noch beide große Religionen zu den Verfolgten. Erst gegen Ende des 4. Jhs. n. Chr. sollten sich die Machtverhältnisse grundlegend ändern. Einer der aus heutiger Sicht prominentesten Manichäer war der nordafrikanische und später für die römisch-katholische Kirche so bedeutende Kirchenvater Augustinus. Er teilte ihren Glauben etwa neun Jahre, bevor er
zum christlichen Glauben konvertierte, und gehörte der Stufe der Hörer an. Zu mehr wäre wohl die Konkubine, mit der er verkehrte und deren Namen er uns leider nicht hinterließ, ein Hinderungsgrund gewesen. In der christlichen Kirche wurde der Begriff «Manichäismus» ein Synonym für Häresie, Ketzerei und Irrlehre. Das Aufsehen, das diese «Irrlehre» im 4. und 5. Jh. im Römischen Reich und besonders in der christlichen Kirche erweckte, steht in schroffem Gegensatz zum modernen Bekanntheitsgrad. Im Jahr 1930 wurde in Ägypten ein sensationeller Fund von sieben Papyrusbüchern aus dem 4. Jh. n. Chr. gemacht, über den die Zeitungen ausführlich berichteten. Das erste Mal sprachen alte Originaltexte und nicht deren Bekämpfer. Die neben den neuen Funden von Briefen in der Oase Dachla bis heute ältesten manichäischen Originalschriften wurden in einer Holzkiste ruhend in einer Ruine von Medinet Madi, einem Ort im Faijum, entdeckt. Sie waren von Salzkristallen durchsetzt und von Ungeziefer angenagt. Der Papyrushaufen war von drei findigen Händlern in acht Teile aufgeteilt und von verschiedenen Käufern erworben worden. Heute lagert ein Teil des Fundes in Berlin und der andere in Dublin.
Statue von Mani, dem Buddha des Lichtes im Cao'an (Name des manichäischen/buddhistischen Tempels in Quanzhou).
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Die Texte befanden sich in einem mit Worten kaum zu beschreibenden schlechten Zustand. Einer der Papyrushaufen wurde wegen seines Aussehens als Perücke bezeichnet und von Journalisten mit einem Fußabtreter in Verbindung gebracht. Berliner Restauratoren gelang es aber noch vor dem Weltkrieg eine Zahl von über 1000 Seiten zu retten. Aus völlig zerklumpten Haufen mussten einzelne Blätter gewonnen werden. Dies gelang u. a. durch eine schiefe Ebene, mittels der sich Blätter durch ihr Eigengewicht von den anderen lösen konnten. Ein Restaurator berichtete von seiner Arbeit, dass er während des Loslösungsprozesses plötzlich niesen musste und sich das Blatt, dass er vor sich hatte, umgehend in Staub auflöste. In dem Fund befindet sich auch ein manichäisches Psalmenbuch mit ursprünglich 672 Seiten, das dickste Buch der Antike. Ursprünglich sollte der Codex, wie es dem Inhaltsverzeichnis zu entnehmen ist, genau 360 manichäische Psalmen enthalten, von denen viele nur fragmentiert erhalten sind. Es finden sich darin wahre Perlen manichäischer Dichtkunst. Obwohl sicherlich die meisten der Stücke auf ein griechisches Original zurückgehen, ist es gut möglich, dass sich darunter auch in Koptisch verfasste Texte befinden. Den Dichtern waren das Neue Testament und die christlichen apokryphen Schriften wohlvertraut. Eine Gruppe von Psalmen nennen sich Bemapsalmen, da sie beim Bemafest gesungen wurden. Dieses Fest diente dem Andenken Manis, denn das Leben desjenigen Religionsstifters, der als erster von einer Universalreligion träumte, war bereits im Februar 276 oder 277 n. Chr. in der Stadt Bêtlapât zu Ende gegangen. Er war in der Kerkerhaft verstorben und sein Leichnam am Stadttor aufgehängt worden. Auch Bücherverbrennungen konnten nicht verhindern, dass mit dem in griechischer Sprache verfassten Kölner Mani-Codex nicht nur eine Biographie Manis, sondern gleichzeitig das kleinstformatige Buch der Antike auf uns gekommen ist. Auf den Seiten der Kölner Papyrussammlung ist es als eines der Prunkstücke in exzellenten Digitalfotografien für jeden einsehbar. Das Büchlein misst 3,5 x 4,5 cm, ist also knapp doppelt so groß wie ein Zwei-
eurostück und trägt auf jeder Seite über 20 Zeilen Schrift. Für Kurzsichtige, so kann aus eigener Draufsicht bestätigt werden, ohne Probleme lesbar, ein Meisterwerk der Buchkultur. Mani soll nach diesem kleinen Zeugen bei einer jüdisch-christlichen Sekte, den Elchasaiten aufgewachsen sein. Der Begriff Sekte – es gab viele dieser Glaubensgruppen – sollte nicht negativ verstanden werden, sondern als Zeuge des religiös freidenkerischen Pluralismus dieser Zeit. Im Alter von 12 und 24 Jahren soll Mani religiöse Offenbarungen durch ein überirdisches Wesen, den Syzygos (griechisch für «Zwilling»), eine Art himmlisches Spiegelbild des irdischen Menschen, erhalten haben. Von ihm will Mani Einblick in die Zusammenhänge der Welt und Antworten auf die Existenzfragen des Menschen gewonnen haben: Was geschah vor seiner Geburt, was ist seine Aufgabe auf der Erde und was geschieht nach dem Tode. Existentialismus pur, nur nicht phänomenologisch, sondern philosophisch-mystisch. Als Konsequenz dieser Erleuchtungen verließ er die genannte Sekte und begann, an seinem eigenen Werk zu arbeiten. Er schrieb seine Lehren nieder, gründete eine eigene Glaubensgemeinschaft (Kirche) und widmete sich der Mission, die seine Offenbarungen für alle Menschen nutzbar machen sollte. Mani sah sich in einer Tradition von Lichtaposteln, unter denen sich auch Buddha und Jesus befanden. Aber er betonte, als bisher einziger die Wahrheiten unverschlüsselt ohne
Der Kölner Mani-Codex, groß wie eine Streichholzschachtel mit über 20 gut lesbaren Zeilen pro Seite.
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in Gleichnissen zu reden in eigenen Schriften niedergeschrieben zu haben. Daher sei seine Religion die erste, die nicht durch falsches Verständnis verfälscht werden könne. Ein Ansatz, der zu dieser Zeit seinesgleichen sucht:
Die Schriften, die Weisheit, die Offenbarungen, die Gleichnisse und die Psalmen aller früheren Kirchen haben sich von überall her versammelt, sind meiner Kirche begegnet und haben sich zu der Weisheit gesellt, die ich offenbart habe. Wie ein Wasser einem anderen Wasser zufließt, und sie (gemeinsam) dann umfangreiche Gewässer bilden, so haben sich auch die alten Bücher mit meinen Schriften zusammengefügt, [und sie sind] eine (einzige) große Weisheit geworden (Kapitel 151 der Berliner Kephalaia).
So war der Manichäismus eine bewusst synkretistische Religion, die andere Lehren aufnahm und sich an die jeweilige Umwelt anpasste, was sowohl im Osten als auch im Westen Argwohn erregte. In einem chinesischen kaiserlichen Edikt von 732 ist zu lesen:
Die Lehre des Mar Mani ist durch und durch ein verkehrter Glaube. Fälschlich nimmt sie den Namen des Buddhismus an und täuscht das Volk.
Ephräm der Syrer, der im 4. Jh. n. Chr. eifrig die rechte christliche Lehre verbreitete, drückte es in einem seiner Psalmen gegen Irrlehrer so aus:
Die Lüge legt das Kleid der Wahrheit an, um mit entlehnter Schönheit zu verführen.
Die Manichäer gingen in ihrem Selbstverständnis so weit, dass sie sich als die eigentlichen Christen auffassten. Mani sah sich als Apostel Jesu Christi und behauptete, dessen Sendung zu vollenden und überhaupt erst
die von den Aposteln verfälschten Evangelien richtig zu verstehen. Im Zentrum der Lehre steht aber der manichäische Mythos, die Geschichte also, die den Ursprung der Welt, den Sinn menschlichen Lebens und das Ende der Welt erläutert. Sie beginnt einfach und wird mit orientalischer Erzählkunst so detailreich, dass sie nur noch schwer nachvollzogen werden kann, da die lebendige Überlieferung fehlt. Der bekannte Philosoph und Gnosisforscher Hans Jonas (Das Prinzip Verantwortung) brachte dazu einmal ein lehrhaftes Beispiel, das man so paraphrasieren kann: Wenn das Christentum eine nicht mehr bekannte und seit Jahrhunderten ausgestorbene Religion wäre, Archäologen als sensationellen Neufund in einer jüngst ergrabenen sog. Sixtinischen Kapelle das Jüngste Gericht von Michelangelo vorstellen würden, so würde man wohl diese Religion als einen Irrgarten abstruser Phantasien auffassen. Die fabulae (so Augustinus) des Mani begannen in freier Fabulierung so: Es gibt nicht nur einen Gott, sondern zwei. Der gute Gott ist Licht und wird Vater der Lichter oder Vater der Größe (großer Vater) genannt. Er herrscht im Lichtreich und wird dort von lichten Wesen umgeben, die mit Bewusstseins- oder Verstandesbegriffen bezeichnet sind. In den Übersetzungen sind es Personifikationen von nous (griech. Begriff, der das ganze Bewusstsein umfasst), Denken, Einsicht, Gedanke und Überlegung. Gegenspieler ist die böse Substanz, der Fürst der Finsternis, der im Land der Materie herrscht und in fünf Wohnstätten wohnt, die elementaren Naturgewalten personifizieren: Rauch, Feuer, Wind, Wasser, Finsternis. Diesen Urzustand könnte man als Vorabend zum eigentlichen Beginn des folgenden wechselhaften Dramas bezeichnen – nichts Anderes sind die Mythen. Der Urzustand begann zu wanken, als die Wesenheiten der Finsternis, deren Land von vielen Dämonen und finsteren Geschöpfen bewohnt war, auf das Licht neidisch wurden. Es kommt zum Konflikt, als die Finsternis sich anschickt, das Lichtland anzugreifen. Die sensiblen Verstandeskräfte des Lichtreiches sind wohl von einem solchen Kampfe überfordert. Man denke nur an einen sich den Büchern widmenden
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jungen Studenten, dem an einer Theke sitzend von einem bulligen Soldaten das Bierglas umgeworfen wird. Entsprechend berichtet Theodor Bar Kôni, ein syrischer Gelehrter:
Darauf fasste der Vater der Größe einen Entschluss und sprach: Von diesen meinen Äonen, den fünf Wohnstätten, will ich keine in den Kampf senden. Denn zu Frieden und Heil sind sie von mir geschaffen. Sondern ich werde selbst gehen und diesen Kampf führen.
Nach dem Mythos des Mani ging Gottvater einerseits selbst, aber andererseits nicht direkt selbst in diesen Kampf. Für das Denken der damaligen Zeit ist dieses «einer- und andererseits» eigentlich kein Problem, wenn man sich die Auseinandersetzungen christlicher Theologen über die göttliche oder nichtgöttliche, menschliche oder nichtmenschliche Natur (oder Naturen?) Christi anschaut. Jedenfalls beruft nach Mani der Vater der Größe verschiedene Lichtgottheiten aus sich heraus, Teile von ihm, die gegen die Finsternis antreten. Es kommt zum eigentlichen ersten Akt der manichäischen Erd- und Weltgeschichte, der ersten Berufung: Der Vater der Größe beruft die Mutter des Lebens, die, in ihm ewig ruhend, eine selbständige Existenz bekommt. Diese beruft den Urmenschen, wohlgemerkt kein menschliches Wesen, sondern eine Lichtgottheit. Dieser beruft wiederum seine fünf Söhne. Der Urmensch ist die Hauptperson bei der folgenden List. Er zieht aus in das Reich der Finsternis und wird dort mit seinen fünf Söhnen von den fünf Söhnen der Finsternis verschlungen. Ein Happen, mit dem sich die Finsternis das ihr wesensfremde Licht einverleibt. Theodor Bar Kôni vergleicht es mit einem vergifteten Kuchen, mit dem ein Gast bewirtet wird. Durch diese List geriet Lichtsubstanz in die Finsternis und vermischte sich mit ihr. Das Kampfgeschehen verlagerte sich an die Orte der Dunkelheit, wo das Licht nun handlungsfähig war. Der endgültige Sieg über die Finsternis war damit aber noch nicht erreicht – das Licht musste wieder aus der Vermischung mit der finsteren Substanz zu-
rückgeholt werden. Um dieses Ziel drehen sich die folgenden Ereignisse, inklusive der Erschaffung der Menschen, die als Hort des Lichtes an diesem Befreiungsprozess regen Anteil nehmen können. Der Kampf begann nach manichäischer Auffassung nur mit einer scheinbaren Niederlage des Lichtes, dennoch warfen die Gegner den Manichäern vor, dass ihr Gott nicht vollkommen sei. Der koptischmanichäische Bemapsalm 223 sieht es so:
[Wi]e ein Hirte, wenn er einen L[öwen] sieht, [der] herankommt, um seine Herde zu vernichten, listig [ei]n Lamm nim[mt] und es als Falle auslegt, auf dass er ihn damit einfange – denn mit einem einzigen Lamm rettet er (so) seine Herde; danach heilt er dies Lamm, das von dem Löwen verwundet wurde.
Augustinus steht auf Büchern von «Ketzern», unter ihnen auch ein Buch von Mani (Karlsbrücke Prag).
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Um den Urmenschen aus der Finsternis zu erretten, werden weitere Lichtgottheiten berufen – und noch weitere und noch weitere. Da alle diese Wesenheiten eigene Namen tragen und in verschiedenen Zusammenhängen auftauchen, entspinnt sich ein schwer zu durchschauendes Geflecht von Aktionen. In deren Verlauf entstehen Himmel und Erde, zugleich ein großes Räderwerk zum Abtransport des Lichtes aus der finsteren, materiellen Welt. Adam und Eva werden als erste Menschen nicht sehr schmeichelhaft für den homo sapiens von Dämonen erschaffen, doch ist dabei Licht in sie hineingeraten. Und dies ist der Kernpunkt des manichäischen Menschenbildes: Der Mensch ist ein Wesen, das einen materiellen, negativen Körper und eine Seele aus Lichtsubstanz besitzt. Der Körper und seine Lüste und Begierden versuchen, den Menschen im tierischen Stadium zu fesseln. An einer für das Menschsein entscheidenden Stelle tritt die Erlösergestalt «Jesus der Glanz» in Aktion, ein Lichtwesen, das Adam vom Todesschlaf erweckt. Dieser isst vom Baum des Lebens und erkennt seine Situation in der Gefangenschaft. Im Mythos nach Theodor Bar Kôni heißt es:
Daraufhin wurde Adam sehend und weinte, er schrie mit lauter Stimme wie ein brüllender Löwe. Er raufte sich die Haare, schlug sich an die Brust und sprach: «Wehe, wehe über den, der meinen Leib gebildet, und den, der meine Seele gefesselt hat, und die Rebellen, die mich unterjocht haben.»
Nach dieser Erkenntnis muss es jedem klar sein: Die besondere Rolle und Bestimmung des Menschen, der in dieser finsteren, materiellen Welt einen Hort des Lichtes darstellt, besteht darin, in der Zeit der Vermischung von Licht und Finsternis zur Trennung der beiden Substanzen beizutragen. Das Licht muss aber den weiten Weg, auf dem es zur Erde gekommen ist, zurückgehen. Die Electi und vollkommen lebende Hörer müssen nicht mehr durch die Seelenwanderung. Tritt ihre Seele nach dem Tode aus dem Körper, so befindet sie sich noch auf der von Menschen bewohnten Erde, also inmitten der bedrohlichen, finsteren Welt. Aber Engel ziehen sie zu sich und eine Lichtgestalt schützt und führt sie. Die Seele steigt auf zur Luft, in der sich der Sitz des Richters befindet. Die
Die Monolithe der weißen Wüste Ägyptens scheinen aus einer anderen Welt zu stammen und sind doch Wirklichkeit. Ebenso fremd mutet dem Betrachter die alte Religion des Mani an.
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Luft befindet sich zwischen der bewohnten Erde und der sich drehenden Sphäre, an der die Tierkreissternbilder angeheftet sind. Durch die Säule der Herrlichkeit, wie die Milchstraße bezeichnet wird, gelangt die Seele weiter und wird von Sonne und Mond, die den gesamten sichtbaren Himmel durchwandern, weitertransportiert. Das Lichtland als Ziel liegt nach dieser Vorstellung in weiter Ferne hinter einem Licht-Vorhang außerhalb des Sichtbaren. Mani selbst soll gesagt haben, dass man seine Religion mit den Augen begreifen könne. Ein Blick in den Himmel genügte, um den täglichen Transport des Lichtes beobachten zu können. In diesem Breitengrad war vor 1800 Jahren die Milchstraße als Säule am Horizont und nicht am Zenit zu sehen. Für einen Manichäer der sichtbare Aufstieg des Lichtes. Entsprechend genossen Sonne und Mond als Schiffe für das Licht in den Psalmen der Manichäer rund um den Globus große Verehrung. Für intellektuelle Gegner waren diese astronomischen Vorstellungen natürlich ein gefundenes Fressen. Aber das waren die Lichtgottheiten ja auch schon gewohnt.
Der Mensch kann sich an diesem Erlösungsprozess auf verschiedene Art beteiligen. Die Electi führten ein streng asketisches Leben, hatten keinen Besitz, enthielten sich jeglicher Sinnesfreude und versuchten so ein reines Leben zu führen. Da es in der gesamten belebten Natur in der Materie eingeschlossenes Licht gab, sollten die Electi nicht durch Arbeit oder gar das Töten von Lebewesen dem Lichtkreuz Schaden zufügen. Ernährt wurden sie von den Hörern, die Besitz haben durften und verheiratet sein konnten. Die Almosen, die die Electi von den Katechumenen erhielten, bestanden aus Früchten wie Melonen und Gurken. Beim Verzehr dieser Früchte wurde durch die Reinheit der Electi das in ihnen liegende Licht freigesetzt. Entsprechend äußerte sich Augustinus nach seiner Abwendung vom Manichäismus polemisch zum Rülpsen der Electi. Rituelle Handlungen wie die Handauflegung und gemeinschaftliche Gottesdienste verschiedener Art prägten das religiöse Leben. In der Gemeindefrömmigkeit war insbesondere der Psalmengesang wichtig.
Symbolbild von der Milchstraße. Im Persien des 3. Jhs. n. Chr. war sie nicht im Zenit zu sehen, sondern über dem Horizont. So war für den Manichäer mit eigenen Augen erkennbar, wie das Licht durch die «Säule der Herrlichkeit» zum Lichtreich aufstieg.
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Koptische Jugendliche in Mittelägypten vor ihrem Wohnhaus.
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ie Prozentzahl der heutigen Kopten ist unsicher und schwankt von Quelle zu Quelle zwischen 6 bis 7 % und der von den Kopten gemachten Angabe von ca. 20 % beträchtlich. Es gibt keine nachprüfbaren genauen Zahlen, so dass man sich versuchsweise in der Mitte annähern kann, sich also der Anteil an der Gesamtbevölkerung um die 10 bis 15 % bewegen könnte. Nach der arabischen Eroberung Mitte des 7. Jhs. fanden die islamischen Herrscher ein christianisiertes Land vor, in dem – einmal nur die Religionen betrachtet – nur noch die wenigen seit alters her ansässigen jüdischen Gemeinden von Bedeutung waren. Es wechselten sich unter ihnen nach derjenigen von Griechen, Römern und Byzantinern nächsten Fremdherrschaft Phasen von Duldung und Toleranz mit Zeiten aggressiver Repressalien ab. Dass bis heute der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung so stark zurückgegangen ist, geht auf viele Gründe zurück, über deren Gewichtigkeit man streiten kann.
Sicherlich spielte aber die Politik jener Zeitspannen eine große Rolle, in denen die Obrigkeit gegenüber den Christen intolerant war. Dies kann an dieser Stelle nur mit einigen Streiflichtern wiedergegeben werden, die in der Fachliteratur nachgelesen werden können. Die nichtmuslimische Bevölkerung musste eine Kopfsteuer bezahlen, was bedeutete, dass sich die unter römischer und byzantinischer Herrschaft für alle Ägypter hohe Steuerbelastung zuungunsten der Christen und Juden verschob. Lokal begrenzt wurden christliche Symbole in der Öffentlichkeit verboten oder sogar Kirchen zerstört. Auch mussten sich Christen zeitweise durch das Tragen bestimmter Kleidung kennzeichnen. Im 8. und 9. Jh. kam es zu Aufständen, die aber erfolglos blieben. Es wechselten sich Zeiten ab, in denen die Kopten gesellschaftlich in Verwaltungsämtern gut vertreten waren und dann wieder in vieler Hinsicht benachteiligt wurden, so dass sie höhere Ämter in Politik oder Militär nicht wahrnehmen durften. Die
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Zeit von den Tuliniden bis zu den Fatimiden war im Allgemeinen tolerant – bis auf die Ausnahme des Herrschers El Hakim von 996 bis 1021, der einige Kirchen und Klöster zerstören ließ, aber nicht nur Christen verfolgte und verbannte. Unter den folgenden Dynastien, vor allem den Mamluken, veränderte sich die Situation teils sehr zum Nachteil der Christen, so dass als Folge ihre Zahl stetig zurückging. Diese Entwicklung lässt sich auch an der Verdrängung der koptischen Sprache ablesen. Im 8. Jh. war die arabische Sprache als offizielle Landessprache eingeführt worden. Dennoch erschienen, wie bereits ausgeführt, nach wie vor Literaturwerke in koptischer Sprache. Wegen des hohen Steuerdrucks wurden viele Klöster aufgegeben und fielen der Verwüstung anheim, andere gelangten zu neuer Blüte. Die arabische Sprache setzte sich zwangsläufig immer stärker durch, was zur Folge hatte, dass zweisprachige Handschriften entstanden. Die frühesten Übersetzungen koptischer Texte in das Arabische fanden ab dem 10. und 11. Jh. statt, in einer Zeit, als das Koptische noch gut bekannt war. Im 14. Jh. entstand das letzte Originalwerk (das erwähnte Triadon) in sahidischer Sprache, dem Dialekt des Koptischen, der bis dahin die lingua franca und vorherrschende Literatursprache gewesen war. Es handelt sich um ein Lehrgedicht,
mit dem der Autor auch die Liebe zur eigenen Kultur wiedererwecken wollte. Zu dieser Zeit war das Koptische wohl nur noch in kleinen Kreisen bekannt. Bis heute blieb aber der bohairische Dialekt neben dem Arabischen die Sprache der Gottesdienste. Auch im modernen Ägypten haben Kopten eingeschränkte Rechte und es bleiben ihnen höhere Positionen verwehrt oder zumindest sind sie für Christen sehr viel schwieriger zu erreichen – Präsident oder General können sie nicht werden. In anderen gesellschaftlichen Bereichen, ob im Sport oder an Universitäten, sind sie offensichtlich unterrepräsentiert. Hinzu traten seit der zweiten Hälfte des 20. Jhs. terroristische Anschläge auf die koptische Kirche und deren Gläubige, die natürlich auch aus der verzwickten politischen Situation im Nahen Osten heraus verstanden werden müssen. Eigentliches Ziel des Terrors dürfte die Destabilisierung der Regierungen sein, was für die christliche Gemeinschaft, die es besonders trifft, aber nicht unbedingt trostspendend ist. Auf diesen Tatbestand muss hier nicht näher eingegangen werden, da es zu Beginn des 21. Jhs. leicht ist, sich in journalistischen Berichten über die regelmäßigen Bluttaten seitens islamischer Fundamentalisten und deren Folgen zu informieren. Auch in den digitalen Medien ist die eigene Stimme der Kopten vielschichtig ver-
Viele koptische Christen lassen sich ein Kreuz oder andere christliche Bilder auf die Haut tätowieren.
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Der koptische Papst Shenouda III. (gest. 2012) und Scheich Tantawy (gest. 2010), Oberhaupt der Al-Azhar-Institution, im Gespräch.
Zeichen friedvollen Zusammenlebens: Zwei junge Muslima im Kloster Deir el-Durunka.
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treten. Insgesamt kann festgehalten werden, dass Christen in Ägypten zwar nicht verfolgt werden, aber in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft diskriminiert werden. Dieses Phänomen betrifft darüber hinaus nicht nur den gesamten Orient, sondern ist weltweit sichtbar, worüber aber bereits die wissenschaftlichen Dienste des Bundestages im Jahr 2018 Informationsmaterial zusammengestellt haben. Der gewaltige Unterschied zum machtverwöhnten abendländischen Christentum liegt in der Geschichte der bedrängten Gemeinschaft, die auf diese Weise stärker ihren Wurzeln verhaftet blieb. Als wir einmal mit einigen Studierenden eine Exkursion in ein Diözesanmuseum unternahmen, wurde die Aufmerksamkeit eines koptischen Studenten vom Gemälde eines Fürstbischofes gefangen genommen. In repräsentativer Haltung posierend, die Linke in der Hüfte und die Rechte auf einen Stab gestützt, zierte ihn neben Perücke und modischen Spitzen der goldene Griff eines Säbels oder einer ähnlichen Waffe, die aus dem Ornat lugte. Der Student stand neben mir und schüttelte ungläubig – oder sollte man besser gläubig sagen – den Kopf: «So etwas gibt es bei uns nicht!» Wenn sich die koptische Kirche als Märtyrerkirche begreift, so ist dies nicht etwa ein intellektuelles Konstrukt. Seit Jahrhunderten als Minderheit lebend, hat sich eine Mentalität der Vorsicht und Demut, des Vertrauens auf Gott und Skepsis gegenüber der Umwelt entwickelt, die man in persönlichen Gesprächen spüren und nachvollziehen kann. So meinte einmal eine gut arabisch sprechende junge Wissenschaftlerin zu mir, dass die Kopten immer so demütig und leidend seien – eine Aussage, die nicht als Kompliment gemeint war. Dennoch ist das koptische Leben Ägyptens wieder zu einer starken Lebensform herangereift, deren Ursachen viele sein mögen, aber vor allem auf der Entwicklung einer ganz eigenen Aktivität beruhen. Bereits im 19. Jh. liegen die Wurzeln der Sonntagsschulbewegung, die jungen Menschen nicht nur Religionsunterricht, sondern auch qualitativ bessere Bildung ermöglicht. Die Ausgrenzung der christlichen Zeit Ägyptens im Schulun-
terricht und an den Universitäten (es gibt an ägyptischen Universitäten keine Professur für Koptologie) dürfte dabei die kleinere Rolle gespielt haben. Es ging nicht um die Vergangenheit, sondern das Überleben des eigenen geliebten Glaubens im Hier und Jetzt. Im 20. Jh. organisierte sich diese Bewegung mit dem Ziel religiöser Erziehung im ganzen Land und ermöglichte einen Neubeginn christlichen Selbstverständnisses. Einen weiteren wichtigen Pfeiler bildeten die Klöster Ägyptens. Ihr Aufblühen begann mit Papst Kyrill VI., der von 1959 bis 1971 die koptische Kirche leitete und die Beziehungen zu den anderen orientalischen orthodoxen Kirchen verstärkte. Vor allem aber förderte er das Mönchtum, was zu einer weiteren neuen Blüte und großer Anerkennung unter den Gläubigen führte – eine den westlichen Gesellschaften diametral entgegengesetzte Entwicklung. Die Klöster bilden soziale Zentren. Einige unter ihnen scheinen an den Wochenenden unter Menschenmengen und Kindergeschrei beinahe aus den Fugen zu geraten. Der Wunsch, Mönch oder Nonne zu werden, ist so groß, dass im August 2018 von der Heiligen Synode Regelungen beschlossen wurden, um Ordnung zu halten. Die Beschlüsse bildeten die Reaktion auf die Ermordung des Abtes vom Makariuskloster und regelten unter anderem, dass ein Jahr lang keine Novizen oder Mönche mehr aufgenommen werden, keine Gründungen ohne Genehmigung des Patriarchats vorgenommen werden dürfen, keine Überbelegungen gestattet sind und auch, dass weder «soziale» Medien noch finanzielle Transaktionen zum mönchischen Leben passen. Der ewige Kampf des Mönchtums zwischen Welt und Weltabkehr setzt sich also fort. Ein weiterer Pfeiler ist ab der zweiten Hälfte des 20. Jhs. in den Gründungen von Kirchen und Gemeinden im Ausland zu sehen. Nicht nur in den USA, sondern auch in Kanada und Australien wurden von den emigrierten Kopten Gesellschaften gegründet, die sich auf wissenschaftlicher Ebene um das kulturelle Erbe bemühen. Unter den Aktivitäten ist vor allem eine Konferenzreihe zu würdigen, die in Zusammenarbeit mit der koptischen Kirche vor Ort alle zwei Jahre an
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Klöster als soziale Zentren: Eine Gruppe junger Kopten zu Besuch im Kloster Deir el-Surian im Wadi Natrun.
historischen Orten abgehalten wird. Sie erlebte ihre Geburtsstunde im August 1999. Im Rahmen der zweiten St. Shenouda Conference of Coptic Studies an der University of California in Los Angeles wurde in einer Kooperation der St. Mark Foundation und der St. Shenouda the Archimandrite Coptic Society mit einigen Gelehrten der Plan zu einem ersten Kongress im Wadi Natrun aufgestellt. Ziel war es, das kulturelle Erbe der Kopten mit wissenschaftlichem Standard zu behandeln. In Ägypten allein ist dies nicht möglich, da sich die einzige Professur für Koptologie an der amerikanischen Universität in Kairo befindet – finanziert zur Hälfte von koptischen Organisationen. Sie besitzt allerdings nach wie vor keine nennenswerte Reputation. Bereits im Jahr 2002 wurde der Kongress im Bischoi-Kloster des Wadi Natrun abgehalten. Die Vorträge der eingeladenen international anerkannten Wissenschaftler deckten Aspekte ab, die von der Archäologie über die Malereien bis zu den Klosterbibliotheken reichten. Mit der Publikation dieser und auch der nachfolgenden Kongressbeiträge liegen mehrbändige Werke vor, die die kulturellen
Aspekte koptischer Geschichte zusammentragen und eine echte Bereicherung der wissenschaftlichen Landschaft sind. Da der damalige Papst Schenute III. ein Domizil im Bischoi-Kloster besaß, nahm auch er selbst an einigen Vorträgen teil. Zwei Jahre später setzte sich die Kongressreihe im Kloster alAzeb im Fayyum fort und schritt von Ort zu Ort bis in den Süden Ägyptens nach Assuan, dorthin, wo zu Füßen des Katarakthotels der schönste Sonnenuntergang der Welt zu beobachten ist. Auch in Deutschland existieren einige Gemeinden. Klöster befinden sich in Waldsolms-Kröffelbach im Taunus und Brenkhausen bei Höxter. Zwischen den orientalischen und westlichen Ländern herrschen mentale Unterschiede, die zu erkennen und sich einzugestehen für beide Seiten von Vorteil ist. Die christologischen Streitigkeiten des 5. Jhs. sind beigelegt. Die koptische Kirche und Rom einigten sich darauf, vor über tausend Jahren «eigentlich» das Gleiche gemeint zu haben, aber verschiedene Definitionen – und mit diesen kann man immer spielen – zum
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Schisma führten. Es wird hier die Behauptung gewagt, dass die Unterschiede heute unvergleichlich größer sind. Während im aufgeklärten Westen christlicher Glaube zusammenschrumpft, wachsen die christlichen Klöster Ägyptens über sich selbst hinaus. Dort gibt es noch Wunder. So erzählte mir eine sehr intelligente amerikanische Krankenschwester, die in einem fayyumischen Kloster Nonne geworden war, dass sie selbst gesehen hätte, wie der verstorbene und verehrte alte Klosterabt eine Heilung bewirkt habe. Auch Märtyrer gibt es dort, der Welt bekannt wie nie zuvor. Religion nimmt im Orient eine hohe Stellung ein, was allein ein Blick auf die neue Verfassung Ägyptens von 2014 zeigt. In der Präambel wird sowohl auf die christlichen Märtyrer als auch auf die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten hingewiesen. Der Islam wird zur Staatsreligion erklärt und sowohl Christentum als auch Judentum genießen eine bevorzugte Stellung gegenüber anderen Gemeinschaften. Dass der Islam in den letzten Jahrzehnten eine immer stärkere Rolle spielte, ist auch in Alltagsdingen wie der Mode zu sehen, wo das Tragen von Kopftü-
chern und langer Kleidung das Bild der Straßen prägt, ganz anders als noch in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Anlass zu Unstimmigkeiten, schwerwiegenden Auseinandersetzungen und Gewaltausbrüchen bietet regelmäßig der Neu- und Ausbau von Kirchen und Klöstern, der seit den 1970er Jahren von der koptischen Kirche verstärkt unternommen wurden. Gesetzliche und offizielle Regelungen existieren zwar, bieten aber einen Spielraum, der von der jeweiligen lokalen Auslegung der
Kirche und Neubau einer Moschee in Mittelägypten.
Kreuz und Halbmond: «Das ist Ägypten, von dem wir alle träumen. Ich werde alle Menschen mit Respekt behandeln».
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Behörden und Nachbarschaft bestimmt wird. Mit dieser Thematik gelangt man in ein kompliziertes soziales Geflecht, das auf der einen Seite den Vorwurf enthält, Genehmigungen zu verweigern und auf der anderen Seite die Klage, ungenehmigt zu bauen. Zum Abschluss soll noch einmal in die Geschichte zurückgegangen werden und ein Blick auf das Bild von den Kopten geworfen werden, wie es uns in historischen Arbeiten begegnet. In einer Art Schwarz-Weiß-Malerei werden die Kopten gerne als unterprivilegierte Kaste dargestellt, die den Gegenpart zur Bildungsschicht der Griechen bildete (ganz abgesehen von der gewaltigen Kluft zur hehren pharaonischen Vergangenheit): bäurisch, und fern von Bildung oder gar Kunst. Dies ist erstaunlich, weil spätestens seit dem Schriftenfund von Nag Hammadi eine gänzlich andere Situation belegt ist. Bereits die Übersetzung
der biblischen Schriften vom Griechischen in das Koptische setzt eine zweisprachige Bildungsschicht voraus, die dazu in der Lage war. Seit dem Fund syrisch-koptischer Wortlisten in der Oase Dachla ist die Übersetzungstätigkeit auch vom Syrischen in das Koptische belegt. Solche Übertragungen zeigen, dass ein gebildeter Leserkreis existierte, der an philosophischen Fragen und entsprechenden Werken Interesse zeigte. Wenn man dem Umstand Tribut zollt, dass sich bis heute hochgelehrte Akademiker den Kopf über die Texte von Nag Hammadi zerbrechen, gebietet die Fairness, das Erkenntnisvermögen des koptischen Lesers nicht zu unterschätzen. In der deutschen Universitätslandschaft spielen Fächer zu Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients nur eine sehr geringe Rolle und werden regelmäßig wegrationalisiert. Da im Orient die Möglichkeiten zu
Koptisches Textil mit nilotischem Motiv: Schiffe, erotenförmige Gestalten und ein «fischreiches Gewässer», das «in Ägypten stets der Nil zu sein» pflegt (Besatzstück einer Tunika; Brune, Kat.-Nr. 134).
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einer wissenschaftlichen Erforschung der eigenen Geschichte leider noch begrenzt sind und aufgrund der politischen Entwicklungen immer dürftiger werden, drückt man sich vor der Verantwortung, die man in dem Moment übernahm, als das Land von Europa als Schatzkiste entdeckt wurde. Und kulturelle Schätze sind nun einmal nicht nur Pyramiden, Königsstatuen und Totenbücher. Erfreulich ist, dass sich inzwischen verschiedene archäologische und kunstgeschichtliche Disziplinen mit koptischen Relikten befassen. Unerfreulich ist aber eine Tendenz, den Begriff «koptisch» zu vermeiden, also z. B. nicht von «koptischer Kunst» zu sprechen, sondern von «römischer», «byzantinischer» oder «spätantiker». Es ist vollkommen richtig, dass die meisten Motive christlicher Kunst von den städtischen Zentren ausgingen, aber dennoch wurden sie in den Provinzen des Römischen Reiches auf eigene typische Art und Weise dargestellt. So ist Ägypten für seine Textilfunde bekannt, und ein Tunikafragment mit der Darstellung eines sog. Josefstoffes – die Literatur zu Josef in Ägypten ist sicherlich bekannter – ist nun einmal von Grund auf ein koptisches Textil: Mit der Wolle eines ägyptischen Schafes webte ein Ägypter ein Motiv, das aus gutem Grund vor allem in Ägypten beliebt war. Wenn die Geschichte der Kunst in Ägypten angemessen behandelt werden soll, ist der Begriff «koptisch» so zu definieren wie es uns seine Etymologie lehrt, nämlich als «ägyptisch», anwendbar auch auf nichtchristliche Objekte und wunderbar eindeutig für die Zeit benutzbar, in der die koptische Sprache lebendig war. Definitionen von Begriffen werden immer wieder aufs Neue diskutiert, ob es sich um den Unterschied von Magie und Religion oder die Frage, wann man denn überhaupt ein Christ ist, handelt. Vor allem mit der Ansicht, dass der Begriff Kopten ausschließlich auf die heutige koptische Kirche beschränkt sei und man erst ab dem 5. Jh. nach der Trennung von der Reichskirche oder noch später überhaupt von ihnen reden könne, liegt ein künstliches Konstrukt vor, denn die Ägypter sind es, die in erster Linie berechtigt sind, die frühe christliche Geschichte ihres Landes als ihr Erbe zu bezeichnen
«Koptische» Alltagsgegenstände.
Typischer Alltag in Durunka.
Marktgeschehen mit göttlichem Beistand.
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Küster vor einem Kapelleneingang im Pauluskloster.
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Zeittafel Gründung von Alexandrien
331 v. Chr.
Regierungsantritt von Ptolemaios I. Soter
305/04 v. Chr.
Kleopatra VII. als letzte Königin der ptolemäischen Dynastie wählt den Freitod – Ägypten wird römische Provinz
30 v. Chr.
P 52 – das älteste erhaltene neutestamentliche Zeugnis (JoEv)
2. Jh.
Origenes, christlicher Kirchenvater von Alexandrien
ca. 185–254
Plotin, Begründer des Neuplatonismus
204/5–270
Geburt des Religionsstifters Mani in Seleukia-Ktesiphon
216
Antonius, der erste Wüstenvater
ca. 251–356
Palmyrenische Besetzung Ägyptens
270–272
Herrschaft Diokletians – Aufteilung der Herrschaftskompetenzen unter vier Regenten (Tetrarchie) – Beginn der Trennung zwischen Ost- und Westrom
284–305
Sieg Kaiser Konstantins an der Milvischen Brücke – das Christentum wird zur erlaubten Religion
312
Sieg Konstantins über Licinius
324
Pachom, der erste Klostergründer
292–346
Athanasius, Bischof von Alexandrien
296–373
Schenute, Klosterabt in Mittelägypten und bedeutendster koptischer Schriftsteller
347(?) –465
Aufruf des Kaisers Theodosius, sich zum apostolischen Glauben zu bekennen
380
Verbot des alten Tempel- und Hauskultes
391
Tod von Theodosius I. – endgültige Reichsteilung
395
Konzil von Chalkedon (Abtrennung der ägyptischen Kirche)
451
Persische (sassanidische) Besetzung Ägyptens
619–629
Arabische Eroberung Ägyptens
639–42
Rückeroberung Alexandriens durch Byzanz
645
Endgültiger Fall Alexandriens
646
Omaijaden
661–750
Abbasiden
750–868
Tuluniden und Ichschididen
868–969
Fatimiden
969–1171
Aijubiden
1171–1250
Mamluken
1250–1517
Osmanen
1517–1798
franz. Eroberung durch Napoleon
1798–1801
Mohamed Ali und Nachfolger
1805–1952
Julirevolution
1952
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Zitate Kapitel 3:
S. 23: Herodot, Historien II.35.37: Übersetzung nach H.W. Haussig (Hrsg). Herodot. Historien. Deutsche Gesamtausgabe (Kröners Taschenausgabe Band 224). Stuttgart 1971. S. 23: «Ordner», (der die Menschen in einem) «Mischkrug der Freundschaft» (vermengen wollte) zitiert nach A. Demandt. Sternstunden der Geschichte. 3. Aufl. München 2001, S. 39. S. 24: «große Stadt des Abendlandes» zitiert nach M. Clauss. Alexandria. Schicksale einer antiken Weltstadt. Stuttgart 2003, S. 327. S. 25: Zitat aus dem Erlass nach P.A. Kuhlmann. Die Gießener literarischen Papyri und die Caracalla-Erlasse: Edition, Übersetzung und Kommentar (Berichte und Arbeiten aus der Universitätsbibliothek und dem Universitätsarchiv Gießen 46). Gießen 1994, S. 250. Online unter http://geb. uni-giessen.de/geb/volltexte/2006/3638/ (Stand: 15. 2. 2019) S. 28: Eusebius-Zitat: Übersetzung nach H. Kraft (Hrsg). Eusebius von Caesarea. Kirchengeschichte. Darmstadt 1981, S. 277.
Christian Hansen. In: Sozomenos, Historia Ecclesiastica. Kirchengeschichte. Dritter Teilband (Fontes Christiani 73/3). Turnhout 2004, S. 675. S. 57: Kirchengeschichte des Philostorgios: Übersetzung nach B. Bleckmann, M. Stein. Philostorgios, Kirchengeschichte. Band 1: Einleitung, Text und Übersetzung. Paderborn 2015, S. 304−305 (Fragment 7,1c); Band 2: Kommentar, S. 340−343. S. 58–61: Vita des Antonius: Übersetzung nach H. Mertel, Des heiligen Athanasius Leben des heiligen Antonius, in: O. Bardenhewer et al. (Hrsg.), Des heiligen Athanasius ausgewählte Schriften aus dem Griechischen übersetzt, Bd. 2 (Bibliothek der Kirchenväter 31), Kempten, München 1917, Kapitel 5,1−5 (S. 18 ff.), Kapitel 9,5−9 (S. 24), Kapitel 10,1−2 (S. 25). Griechischer Text: G.J.M. Bartelink. Athanase d’Alexandrie. Vie d’Antoine (Sources Chrétiennes 400). Paris 1994. S. 62: P. Brown. Welten im Aufbruch: Die Zeit der Spätantike. Von Mark Aurel bis Mohammed. Deutsch von E. Pack. Bergisch Gladbach 1980, S. 74.
Kapitel 4:
Kapitel 8:
S. 33: Plinius, naturalis historia Buch 33, Kapitel 12: iam vero et Harpocraten statuasque Aegyptiorum numinum in digitis viri quoque portare incipiunt. S. 34: Übersetzung der Inschrift von Dendûr nach S.G. Richter. Studien zur Christianisierung Nubiens (Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients 11). Wiesbaden 2002, S. 166. S. 36: J. Assmann. Ägypten. Eine Sinngeschichte. München, Wien 1996, S. 474. S. 38: Übersetzung des Zitates aus dem 41. Osterfestbrief nach dem koptischen Text in L.-Th. Lefort. S. Athanase. Lettres festales et pastorales en copte (CSCO 150). Louvain 1955, S. 62. Vgl. die Übersetzung von P. Merendino. Osterfestbriefe des Apa Athanasios. Düsseldorf 1965, S. 114.
Kapitel 6:
S. 47: Siehe das vollständige Zitat aus dem Buch des Thomas auf S. 109. S. 51: Übersetzungen der pachomianischen Regeln nach H. Bacht, Das Vermächtnis des Ursprungs. Studien zum frühen Mönchtum. Band 2: Pachomius − der Mann und sein Werk, Würzburg 1983, S. 112 f.; in eckigen Klammern befinden sich erklärende Zusätze des Übersetzers. S. 53: Witwenbrief übersetzt nach der Edition von J. Drescher, A Widows Petition, in: Bulletin de la Société d‘archéologie copte 10, 1944, S. 91–96. Koptischer Text auch in M.R.M. Hasitzka. Koptisches Sammelbuch I ‹KSB I›. Wien 1993, S. 112 f. Nr. 295. S. 54: Übersetzung des Zaubertextes nach A.M. Kropp, Ausgewählte koptische Zaubertexte, Bd. 2: Übersetzungen und Anmerkungen, Brüssel 1931, S. 229 f.
Kapitel 7:
S. 57: Sozomenos, Historia ecclesiastica VI,2,1–2: Übersetzung nach Günther
S. 65: Eunapios von Sardis: R. Merkelbach, Isis regina – Zeus Sarapis. Die griechischägyptische Religion nach Quellen dargestellt. Stuttgart, Leipzig 1995, S. 329. S. 71: Räubergeschichte: G. Godron. Textes coptes relatifs à Saint Claude d’Antioche (Patrologia Orientalis 35, fasc. 4, Nr. 166). Turnhout 1970, S. 642. Siehe auch: J. Drescher. Apa Claudius and the Thieves. In: Bulletin de la Société d’Archéologie Copte 8 (1942) S. 63−86.
Kapitel 9:
S. 74–75: Pachomianische Regeln zitiert nach: H. Bacht, Das Vermächtnis des Ursprungs. Studien zum frühen Mönchtum I; Studien zum frühen Mönchtum II: Pachomius − der Mann und sein Werk, Würzburg 1972, 1983, S. 83 f., 103−106. S. 77: J. Georg. Streifzüge durch die Kirchen und Klöster Ägyptens. Leipzig, Berlin 1914, S. 40.
Kapitel 10:
S. 78: Zitat aus der Kirchengeschichte des Johannes von Ephesus nach S.G. Richter. Studien zur Christianisierung Nubiens (Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients 11). Wiesbaden 2002, S. 48.
Kapitel 11:
S. 87–88: Kalksteinplatte Nr. 193 und Nr. 188 in Raum 1772 N übersetzt nach der Edition in J.E. Quibell. The Monastery of Apa Jeremias. Excavations at Saqqara (1908−09, 1909−10). Kairo 1912, S. 56, 55.
Kapitel 13:
S. 92: Zitat aus der Predigt «Gepriesen sei Gott»: Vgl. die Übersetzung von H.-J Cristea, «Gepriesen sei Gott». Eine Predigt des Apa Schenute (ed. Chassinat, MIFAO 23, 153,5–209,26), in: Journal of
Coptic Studies 7 (2005) 49–97, hier S. 69 (178b). Edition von M.É. Chassinat. Le quatrième livre des Entretiens et Épîtres de Shenouti (MIFAO 23), Kairo 1911, S. 153,5−209,26. S. 93: J. Leipoldt. Geschichte der koptischen Litteratur. In: C.Brockelmann, F. N.Finck, J.Leipoldt, E.Littmann, Geschichte der christlichen Litteraturen des Orients. Leipzig 1907 (Die Litteraturen des Ostens in Einzeldarstellungen 7,2), S. 152. S. 94: Zitat zur Besitzabgabe nach J. Leipoldt. Schenute von Atripe und die Entstehung des national ägyptischen Christentums. (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literaturen 10). Leipzig 1903, S. 107.
Kapitel 14:
S. 98: F. Junge. Artikel «Sprache». In: Lexikon der Ägyptologie 5, Sp. 1177.
Kapitel 15:
S. 103: Buch des Thomas nach M. Krause, P. Labib. Gnostische und hermetische Schriften aus Codex II und Codex VI (ADAIK 2) Glückstadt 1971, S. 89 (NHC II, 7 f. 138). S. 104–105: Zitate aus dem Thomasevangelium nach Nagel, Codex apocryphus gnosticus Novi Testamenti. Band 1: Evangelien und Apostelgeschichten aus den Schriften von Nag Hammadi und verwandten Kodizes. Koptisch und deutsch. Tübingen 2014. S. 105: P. Sloterdijk. Nach Gott. Berlin 2017, S. 76, 67, 70. S. 105: Übersetzung des von Clemens von Alexandrien überlieferten Zitates aus Excerpta ex Theodoto 78,2 nach H. Leisegang. Die Gnosis. Fünfte Auflage. Stuttgart 1985, S. 1. Vgl. die Übersetzung in der Quellensammlung von W. Foerster (unter Mitwirkung von E. Haenchen und M. Krause). Die Gnosis. Zeugnisse der Kirchenväter. Zürich 1995, S. 297. (Griechischer Text in: Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte, hrsg. von der Kirchenväter-Commission der Königl. Preussischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 17, Clemens Alexandrinus, 3. Band. Leipzig 1909) S. 107: Zitat aus dem «Donner» nach U.-K Plisch. Die Brontê – Vollkommener Verstand (NHC VI,2). In: Schenke et al (Hrsg). Nag Hammadi Deutsch. 2. Band: NHC V,2–XIII,1, BG 1 und 4. Berlin, New York 2003, S. 455−466, hier S. 459. S. 107–108: Zitate aus dem Evangelium der Wahrheit nach M. Malinine, H.-Ch. Puech, G. Quispel. Evangelium Veritatis. Codex Jung f. VIIIv–XVIv (p. 16–32) / f. XIXr–XXIIr (p. 37–43). Zürich 1956, S. 62 (NHC I f. VIIIv-IXr), S. 68 (NHC I f. XIv). S. 108–109: Buch des Thomas nach M. Krause, P. Labib. Gnostische und hermetische Schriften aus Codex II und Codex VI (ADAIK 2) Glückstadt 1971, S. 88, 105 (NHC II,7 ff. 138, 145). S. 110–111: Zitat aus dem Philippusevangelium nach Nagel, Codex apocryphus gnos-
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Zitate
ticus … (s. o.), S. 202, S. 203 (Übersetzung ohne editorische Klammern) S. 111: Zitat aus dem Evangelium der Maria nach W.C. Till. Die gnostischen Schriften des koptischen Papyrus Berolinensis 8502. (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur 60). Berlin 1955; 2. erw. Aufl., bearb. von H.-M. Schenke, 1972, S. 77. S. 111: Zitat aus dem Psalm 4Her 1 des manichäischen Dichters Herakleides nach S.G. Richter. Die Herakleides-Psalmen (Corpus Fontium Manichaeorum. Series Coptica 1. Liber Psalmorum pars 2 fasc. 2). Turnhout 1998, S. 54
Kapitel 16:
S. 113: Zitat zur «manichäischen» Weltsicht von Mme. Beauvoir: Sarah Bakewell, Das Café der Existentialisten, München 2016, S. 133. S. 116: Zitat aus Kapitel 151 der Berliner Kephalaia nach der Übersetzung von W.P. Funk. Kephalaia I. Zweite Hälfte. Lieferung 15/16 (Manichäische Handschriften der Staatlichen Museen zu Berlin, herausgegeben im Auftrag der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin). Stuttgart 2000, S. 372, Z. 11–18. S. 116: Zitat aus dem kaiserlichen Edikt nach G. Widengren. Mani und der Manichäismus. Stuttgart 1961, S. 134.
S. 116: Zitat von Ephräm dem Syrer aus Hymnen contra Haereses 22,13 nach E. Beck. des Heiligen Ephraem des Syrers Hymnen contra Haereses (CSCO 170, syr. 77). Louvain 1957. S. 117: Zitat aus Bemapsalm 223: G. Wurst. Die Bema-Psalmen. (Corpus Fontium Manichaeorum. Series Coptica 1. Liber Psalmorum pars 2 fasc. 1). Turnhout 1996, S. 39. S. 117–118: Zitate von Theodor Bar Kôni, Liber scholiorum, nach: Die Gnosis. Der Manichäismus, unter Mitwirkung von J.P. Asmussen eingeleitet, übersetzt und erläutert von A. Böhlig (überarbeiteter Nachdruck des 1980 in der «Bibliothek der Alten Welt» erschienenen Bandes). Zürich 1995, S. 103, 108.
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Weitere Leseempfehlungen Einleitung
Die Zahlen zum Anteil der koptischen Bevölkerung in Ägypten schwanken, da auch seitens der Administration keine verlässlichen Statistiken vorhanden sind. Zu den angegeben Zahlen siehe: N.S. Hopkins, S.E. Ibrahim (Hrsg.). Arab Society. Class, Gender, Power, and Development. Kairo 20013, S. xv, xvii. Der Fischer Weltalmanach von 2019 gibt eine Zahl von 10 % Kopten an.
Koptische Kultur:
Der Monat Augustus und die Eroberung Ägyptens:
D. Wenzel. Kleopatra im Film. Eine Königin Ägyptens als Sinnbild für orientalische Kultur. Remscheid 2005, bes. S. 39.
Herodot und Ägypten:
R. Merkelbach. Isis regina – Zeus Sarapis. Die griechisch-ägyptische Religion nach den Quellen dargestellt. Stuttgart, Leipzig 1995, S. 59
M. Krause (Hrsg.). Ägypten in spätantikchristlicher Zeit. Einführung in die koptische Kultur (Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients 4). Wiesbaden 1998. G. Gabra (Hrsg.). Coptic Civilization. Two Thousand Years of Christianity in Egypt. Kairo, New York 2014. R.S. Bagnall. Egypt in Late Antiquity. Princeton 1993. R.S. Bagnall, D.W. Rathbone. Egypt. From Alexander to the Early Christians. Los Angeles 2004. R.S. Bagnall. Egypt in the Byzantine World, 300–700. Cambridge 2007.
Ägyptenbild und moderne Bedeutung:
Ausstellungskataloge:
M. Clauss. Alexandria. Schicksale einer antiken Weltstadt. Stuttgart 2003 (zu den Bettlerstatuetten s. S. 21–22, zu den Getreidemengen s. S. 84, 346). A. Demandt. Sternstunden der Geschichte. 3. Aufl. München 2001, S. 27–46. Chr. Haas. Alexandria in Late Antiquity. Topography and Social Conflict. Baltimore, London 1997 (zu den Getreidemengen S. 42). H. Heinen. Das spätantike Alexandrien. In: M. Krause (Hrsg.). Ägypten in spätantikchristlicher Zeit. Einführung in die koptische Kultur (SKCO 4). Wiesbaden 1998, S. 57–79. J. Hahn. Gewalt und religiöser Konflikt. Studien zu den Auseinandersetzungen zwischen Christen, Heiden und Juden im Osten des Römischen Reiches (von Konstantin bis Theodosius II.). Berlin 2004.
C. Fluck, G. Helmecke, E.R. O’Connell (Hrsg.), unter Mitarbeit von E. Ehler. Ein Gott – Abrahams Erben am Nil. Juden, Christen und Muslime in Ägypten von der Antike bis zum Mittelalter. Petersberg 2015. P. Whitfield, N. Tomoum, S. Marei (Hrsg.) Coptic Art Revealed. Kairo 2010. Internetseite zur Ausstellung: copticartrevealed. coptic-cairo.com (Stand 15.2.2019) [M. von Falck (Hrsg.). Ägypten, Schätze aus dem Wüstensand: Kunst und Kultur der Christen am Nil. Katalog zur Ausstellung. Hrsg. vom Gustav-Lübcke-Museum der Stadt Hamm und dem Museum für Spätantike und Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin, Preussischer Kulturbesitz. Wiesbaden 1996.
Topographie und Architektur:
St. Timm. Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit. Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients. Reihe B Nr. 41/1–6. Wiesbaden 1984–1992. K.-H. Brune. Index zu Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit (Stefan Timm). Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B (Geisteswissenschaften) Nr. 41/7. Wiesbaden 2007. P. Grossmann. Christliche Architektur in Ägypten (Handbook of Oriental Studies / Handbuch der Orientalistik, Section one, The Near and Middle East, Bd. 62). Leiden etc. 2002.
Das bekannte Ägypten – Land der Pyramiden, Mumien und Hieroglyphen Zur Bedeutung der Pyramidenzeit für die kulturelle Entwicklung:
J. Assmann. Ägypten. Eine Sinngeschichte. Darmstadt 1996, S. 67–74.
S. Morenz. Die Begegnung Europas mit Ägypten. Berlin 1968. E. Hornung. Das esoterische Ägypten. München 1999. W. Seipel (Hrsg.). Ägyptomanie. Europäische Ägyptenimagination von der Antike bis heute. Wien 2000. A. Amin. Ägyptomanie und Orientalismus. Ägypten in der deutschen Reiseliteratur (1175–1663). Berlin, Boston 2013.
Weltstadt Alexandrien – Sklavin und Rivalin Roms Überblick:
Oase Siwa:
J. Willeitner. Die ägyptischen Oasen. Städte, Tempel und Gräber in der Libyschen Wüste. Mainz 2003, S. 114–133.
Die Bibliothek:
R. MacLeod (Hrsg.). The Library of Alexandria. Centre of Learning in the Ancient World. London, New York 2000. E.A. Parsons. The Alexandrian Library. Glory of the Hellenic World. Its Rise, Antiquities, and Destructions. London 1952. D. Wenzel. Kleopatra im Film. Eine Königin Ägyptens als Sinnbild für orientalische Kultur. Remscheid 2005, S. 54, Anm. 51.
Geschichte der Juden:
J.M. Modrzejewski. The Jews of Egypt. From Ramses II to Emperor Hadrian. Edinburgh 1995. W.R.A. Huß. Die Juden im ptolemaiischen Ägypten. Ein Beitrag zur Geschichte einer
multikulturellen Gesellschaft. In: S. Füssel u. a. (Hrsg.) ARTIBVS. Kulturwissenschaft und deutsche Philologie des Mittelalters und der frühen Neuzeit (FS D. Wuttke). Wiesbaden 1994, S. 1–31.
Grabungen auf dem Esquilin:
U. Volp. Tod und Ritual in den christlichen Gemeinden der Antike. Leiden, Boston 2002, S. 73.
Ägyptische Götter und die neue Religion Obelisken:
L. Habachi. Die unsterblichen Obelisken Ägyptens. Mainz 1982, S. 145–202. E. Batta. Obelisken. Ägyptische Obelisken und ihre Geschichte in Rom. Frankfurt 1986.
Zählung der Isis-Serapis-Heiligtümer:
R.A. Wild. The Known Isis-Sarapis Sanctuaries from the Roman Period. In: ANRW II.17.4). Berlin, New York 1984, S. 1739–1851.
Rom:
S. Donadoni. Artikel «Rom». In: Lexikon der Ägyptologie, Band 5, S. 300–303.
Tempel von Dendûr und Isis von Philae:
S.G. Richter. Studien zur Christianisierung Nubiens (Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients 11). Wiesbaden 2002.
Isis:
E. Stauffer. Antike Madonnenreligion (Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt II.17.3). Berlin, New York 1984, S. 1425– 1499, hier S. 1469 ff. L. Langener: Isis lactans – Maria lactans. Untersuchungen zur koptischen Ikonographie. Altenberge 1996.
Zu den Ereignisssen unter Kaiser Tiberius:
L. Kákosy. Probleme der Religion im römerzeitlichen Ägypten. In: ANRW II.18.5. Berlin, New York 1995: 2894–3049, hier 2907.
Zu Kaiser Commodus:
L. Kákosy. Probleme der Religion im römerzeitlichen Ägypten. In: ANRW II.18.5. Berlin, New York 1995: 2894–3049, hier 2924.
Apa Moses:
W. Till. Koptische Heiligen- und Märtyrerlegenden (2 Teile; OCA 102, 108), Rom 1935–1936, (2. Teil, S. 46–81)
Frühes Christentum:
A.F.J. Klijn. Jewish Christianity in Egypt. In: B.A. Pearson, J.E. Goehring. The Roots of Egyptian Christianity. Philadelphia 1986, S. 161–175. G. Theißen. Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums. 2. durchgesehene Auflage. Gütersloh 2001. W.A. Meeks. Urchristentum und Stadtkultur. Die soziale Welt der paulinischen Gemeinden. Gütersloh 1993. Siehe dort
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Weitere Leseempfehlungen
zur sozialen Zusammensetzung christlicher Gruppen bes. S. 111–157. H. Chadwick, Die Kirche in der antiken Welt. Berlin 1972. H. Förster. Die Anfänge von Weihnachten und Epiphanias. Eine Anfrage an die Entstehungshypothesen. Tübingen 2007.
Die spätantike, byzantinische oder koptische Epoche Ägyptens Überblick:
A. Demandt. Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284–565 n. Chr. (Handbuch der Altertumswissenschaft Abt. 3, Teil 6). München 1989. P. Brown. Welten im Aufbruch: Die Zeit der Spätantike. Von Mark Aurel bis Mohammed. Deutsch von E. Pack. Bergisch Gladbach 1980. P. Brown. Die letzten Heiden. Eine kleine Geschichte der Spätantike. Frankfurt 1995. J.H. Johnson. Life in a Multi-Cultural Society. Egypt from Cambyses to Constantine and Beyond (SAOC 51). Chicago 1992. Zur «koptischen Epoche» mit Präferenz für eine Zeit zwischen dem 4. und 9. Jh.: Maged S. A. Mikhail. An Historical Definition for the «Coptic Period». In: M. Immerzeel, J. van der Vliet (Hrsg.). Coptic Studies on the Threshold Of A New Millennium, Vol. 2. Proceedings of the Seventh International Congress of Coptic Studies, Leiden, 27 August – 2 September 2000 (Orientalia Lovaniensia Analecta 133). Leuven, Paris, Dudley MA 2004, S. 971–981.
Kirchengeschichte:
D.M. Winkler. Koptische Kirche und Reichskirche. Altes Schisma und neuer Dialog. Innsbruck, Wien 1997.
Zeitrechnung:
R.S. Bagnall, K.A. Worp. Chronological Systems of Byzantine Egypt. Second Edition. Leiden, Boston 2004. St. Emmel. Measuring Time in Christian Egypt: On the Origin and Nature of the ‚Easter Computus‘ and Its History Among the Copts. In: A. Bausi, A. Camplani, St. Emmel (Hrsg.). Time and History in Africa / Tempo e storia in Africa (Africana Ambrosiana 4). Mailand 2019, S. 53–66.
Das unbekannte Ägypten: Die Wiege des Mönchtums Überblick:
S.G. Richter. Vom mönchischen Leben. Entwicklungslinien des Mönchtums in Ägypten. In: H. Behlmer, M. Tamcke (Hrsg.). Christen in Ägypten (Göttinger Orientforschungen IV,60). Wiesbaden 2015, S. 25–40. E. Wipszycka. The Second Gift of the Nile. Monks and Monasteries in Late Antique Egypt. Warschau 2018. P. Brown. Society and the Holy in Late Antiquity. Berkeley, Los Angeles 1982.
Wirtschaftliche Verhältnisse:
J. Drexhage. Preise, Mieten/Pachten, Kosten und Löhne im römischen Ägypten bis zum
Regierungsantritt Diokletians (Vorarbeiten zu einer Wirtschaftsgeschichte des römischen Ägypten I). St. Katharinen 1991, bes. S. 443, 449.
Mönchsgeschichten:
T. Vivian. Histories of the Monks of Upper Egypt & the Life of Onnophrius. Kalamazoo Michigan 1993.
Analphabetismus:
J. Baines, C.J. Eyre, Four Notes on Literacy, in: Göttinger Miszellen 61 (1983), S. 65–96.
Ein Bischof erzählt vom Abenteuer Mönch Zum spätantiken Weltbild:
E.R. Dodds. Heiden und Christen in einem Zeitalter der Angst. Aspekte religiöser Erfahrung von Mark Aurel bis Konstantin. Frankfurt 1992.
Zur Vita des Antonius:
M.-E. Brunert. Das Ideal der Wüstenaskese und seine Rezeption in Gallien bis zum Ende des 6. Jahrhunderts. Münster 1994.
Zur Geschichte des ntl. Kanon und ausgesonderten apokryphen Schriften:
W. Schneemelcher. Haupteinleitung. In: W. Schneemelcher (Hrsg.). Neutestamentliche Apokryphen. 5. Auflage. I: Evangelien. Tübingen 1989, S. 1–61. Chr. Markschies. Haupteinleitung. In: Chr. Markschies, J. Schröter (Hrsg.). Antike christliche Apokryphen in deutscher Übersetzung. I. Band: Evangelien und Verwandtes, Teilband 1. Tübingen 2012, S. 1–180.
Die Menasstadt: Von Wundern, Pilgern und Märtyrerfesten
P. Grossmann. Abû Mînâ. In: M. Krause (Hrsg.). Ägypten in spätantik-christlicher Zeit. Einführung in die koptische Kultur. (Sprachen und Kulturen des christlichen Orients 4). Wiesbaden 1988, S. 269–293. P. Grossmann. The Pilgrimage Center of Abû Mînâ. In: D. Frankfurter (Hrsg.). Pilgrimage and Holy Space in Late Antique Egypt. (Religions in the Graeco-Roman World 134). Leiden 1998, S. 281–302. P. Grossmann. Abu Mina. A Guide to the Ancient Pilgrimage Center. Kairo 1986. P. Grossmann. Abu Mina. Das größte frühchristliche Wallfahrtszentrum der antiken Welt. In: Begegnung mit der Vergangenheit. 100 Jahre in Ägypten. Katalog zur Sonderausstellung im Ägyptischen Museum in Kairo 19. November 2007 bis 15. Januar 2008. Kairo 2007, S. 132–153. P. Grossmann. Die frühchristlich-koptische Pilgerstätte Abu Mina. In: Begegnung mit der Vergangenheit. 100 Jahre in Ägypten. Deutsches Archäologisches Institut Kairo 1907–2007. Mainz 2007, S. 45–52.
Befund in der Märtyrerkirche:
P. Grossmann. Abu Mina I. Die Gruftkirche und die Gruft. AV Archäologische Veröffentlichungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo 44. Mainz 1989, bes. S. 63–70.
Die Entdeckung der Menasstadt:
J.C. Falls. Drei Jahre in der libyschen Wüste. Reisen, Entdeckungen und Ausgrabungen der Frankfurter Menasexpedition (Kaufmannsche Expedition). Freiburg etc. 1911. C.M. Kaufmann. Die heilige Stadt der Wüste. 4. Aufl. Kempten 1924.
Feste:
G. Gabra. Notes on Coptic and Muslim Mulids in Egypt. In: Hallesche Beiträge zur Orientwissenschaft 38 (2004), S. 145–150. Th. Baumeister. Martyr Invictus. Münster 1972, S. 67.
Orakelfragen an Märtyrerschreinen:
L. Papini: Fragments of the Sortes Sanctorum from the Shrine of St. Colluthus. In: D. Frankfurter (Hrsg.). Pilgrimage and Holy Space in Late Antique Egypt. (Religions in the Graeco-Roman World 134). Leiden 1998, S. 393–401.
Altägyptische Tradition des Heilschlafes:
D. Wildung. Artikel «Heilschlaf». In: Lexikon der Ägyptologie, Band 2, Sp. 1101 f.
Apa Bane:
H. Buschhausen. Die Ausgrabungen im spätantiken Kloster Abu Fano und die Identifizierung des Apa Bane. (Steine sprechen. Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege 115 (38/4) Wien 1999.
Die Klöster: Himmelreiche auf Erden Überblick:
G. Gabra. Coptic Monasteries. Egypt‘s Monastic Art and Architecture. Kairo, New York 2002. Samuel al Syriany. Guide to Ancient Coptic Churches & Monasteries in Upper Egypt. Kairo 1990.
Historische Streifzüge:
J. Georg. Streifzüge durch die Kirchen und Klöster Ägyptens. Leipzig, Berlin 1914. J. Georg. Neue Streifzüge durch die Kirchen und Klöster Ägyptens. Leipzig, Berlin 1930. J. Georg. Neueste Streifzüge durch die Kirchen und Klöster Ägyptens. Leipzig, Berlin 1931.
Das Antoniuskloster
St. Timm. Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit. Teil 3. Wiesbaden 1985, S. 1287–1330. P. Van Moorsel. Les peintures du monastère de Saint-Antoine près de la mer rouge (MIFAO 112/1–2). Kairo 1995, 1997. E.S. Bolman. Monastic Visions. Wall Paintings in the Monastery of St. Antony at the Red Sea. Kairo 2002.
Das Jeremiaskloster von Sakkara
R.-G. Coquin, P. Grossmann, H.G. Severin, M. Rassart-Debergh. Dayr Apa Jeremiah. In: The Coptic Encyclopedia 3 (1991) 772–779. C. Wietheger, Das Jeremias-Kloster zu Saqqara unter besonderer Berücksichtigung der Inschriften (ASKÄ 1). Altenberge 1992. C. Wietheger-Fluck. Das Jeremias-Kloster zu Saqqara als Wallfahrtsstätte. Eine Unter-
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Weitere Leseempfehlungen
suchung der Bodenplatten mit Fußabdrücken in Raum 1772 N. In: E. Dassmann, J. Engemann (Hrsg.). Akten des XII. internationalen Kongresses für christliche Archäologie. 2 Teile. hier: JbAC Erg.-band 20,2. Münster 1995, S. 1281–1288. P. Grossmann. Christliche Architektur in Ägypten (Handbook of Oriental Studies / Handbuch der Orientalistik, Section one, The Near and Middle East, Bd. 62). Leiden etc. 2002, siehe unter Stichwort «Saqqâra», S. 593, vor allem aber S. 205 Anm. 11, S. 284–286, wo eine Deutung des Raumes 1772 N als Arbeitsraum vertreten wird.
Auch heute wird noch gefeiert: Das Kloster von Durunka Überblick:
St. Timm. Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit. Teil 2. Wiesbaden 1984, S. 1287–1330. St. Timm, Teil 2, Durunka, S. 892–899. G. Gabra, G.J.M. van Loon. The Churches of Egypt. From the Journey of the Holy Family to the Present Day. Kairo, New York 2012, S. 254 f. P. Grossmann. Christliche Architektur in Ägypten (Handbook of Oriental Studies / Handbuch der Orientalistik, Section one, The Near and Middle East, Bd. 62). Leiden etc. 2002, S. 205.
Die Heilige Familie in Ägypten:
Gawdat Gabra (Hrsg.): Be Thou There. The Holy Family‘s Journey in Egypt. Kairo 2001. Gawdat Gabra. Über die Flucht der Heiligen Familie nach koptischen Traditionen, in: Bulletin de la Société d‘Archéologie Copte 38 (1999), S. 29–50. H.-J. Fabry. Die Heilige Familie in Ägypten. Alttestamentliche Vorbilder und Aspekte, in: W. Boochs (Hrsg.): Geschichte und Geist der Koptischen Kirche. Langwaden 2004, S. 157–172.
Schenute der Große und das Weiße Kloster von Sohag Überblick:
St. Emmel. Shenoute the Archimandrite: The Extraordinary Scope (and Difficulties) of His Writings. In: Journal of the Canadian Society for Coptic Studies 10 (2018), S. 9–36. G. Gabra, H.N. Takla (Hrsg.). Christianity and Monasticism in Upper Egypt. Volume I. Akhmim and Sohag. Kairo, New York 2008. A. Egberts et al. (Hrsg.), Perspectives on Panopolis. An Egyptian Town from Alexander the Great to the Arab Conquest. Acts from an International Symposium Held in Leiden on 16, 17 and 18 December 1998 (P. L. Bat. 31). Leiden etc. 2002.
Zu den Lebensdaten Schenutes:
H. Behlmer. Schenute von Atripe: De Iudicio (Torino, Museo Egizio, Cat. 63000, Cod. IV). (Catalogo del Museo Egizio di Torino. Serie 1 – Monumenti e Testi 8). Turin 1996, S. LV–LX.
Besucher:
H. Behlmer. Visitors to Shenoute’s Monastery, in: D. Frankfurter (Hrsg.): Pilgrimage and Holy Space in Late Antique Egypt. (Religions in the Graeco-Roman World 134). Leiden 1998, S. 341–371.
Zusammenstellung des Schriftcorpus:
St. Emmel, Shenoute’s Literary Corpus, 2 Bde. (CSCO 599, 600; subsidia 111, 112). Louvain 2004.
Klosterkirche:
P. Grossmann. Christliche Architektur in Ägypten (Handbook of Oriental Studies / Handbuch der Orientalistik, Section one, The Near and Middle East, Bd. 62). Leiden etc. 2002, S. 528 ff., siehe zum Kloster auch im Index S. 594.
SMR-Datenbank koptischer neutestamentlicher Texte: http://intf.uni-muenster.de/smr/ (Stand: 15. 2. 2019)
Die koptische Sprache
T. Orlandi. Koptische Literatur. In: M. Krause (Hrsg.), Ägypten in spätantik-christlicher Zeit. Einführung in die koptische Kultur (SKCO 4). Wiesbaden 1998, S. 117–147. St. Emmel. Coptic Literature in the Byzantine and Early Islamic World. In: R.S. Bagnall (Hrsg.), Egypt in the Byzantin World, 300–700. Cambridge 2007, S. 83–102. Gawdat Gabra. Untersuchungen zu den Texten über Pesyntheus, Bischof von Koptos. (Habelts Dissertationsdrucke Ägyptologie 4). Bonn 1983. S. Moawad. Untersuchungen zum Panegyrikos auf Makarios von Tkōou und zu seiner Überlieferung. (Sprachen und Kulturen des christlichen Orients 18). Wiesbaden 2010. S. Moawad. Handbuch der koptischen Autoren und ihrer literarischen Werke bis zum 10. Jh. (erscheint 2020). A. Guillaumont. Artikel «Hieracas of Leontopolis». In: The Coptic Encyclopedia 4 (1991) 1228f.
Die gnostische Bibliothek von Nag Hammadi Überblick:
K. Rudolph. Die Gnosis. Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion. 3. Auflage. Göttingen 1990. H. Jonas. Gnosis. Die Botschaft des fremden Gottes. Frankfurt am Main, Leipzig 1999. B. Aland. Die Gnosis. Stuttgart 2014. S.G. Richter. Gnosis und Manichäismus. In: C. Fluck u. a. (Hrsg.). Ein Gott – Abrahams Erben am Nil. Juden, Christen und Muslime in Ägypten von der Antike bis zum Mittelalter. Petersberg 2015, S. 36–37.
Maria Magdalena:
P. Nagel. Codex apocryphus gnosticus Novi Testamenti. Band 1: Evangelien und Apostelgeschichten aus den Schriften von Nag Hammadi und verwandten Kodizes. Koptisch und deutsch. Tübingen 2014. (zu Maria Magdalena im Philippusevangelium S. 203, im Manichäismus S. 311–319)
J. Hartenstein. Das Evangelium nach Maria, in: C. Markschies, J. Schröter (Hrsg.). Antike christliche Apokryphen, Bd. I,2. Tübingen 2012, S. 1208–1216.
Deutsche Gesamtübersetzung:
Schenke et al (Hrsg.). Nag Hammadi Deutsch. 1. Band: NHC I,1–V,1. 2. Band: NHC V,2–XIII,1, BG 1 und 4. Berlin, New York 2001–2003.
Die Religion des Lichtes
G. Widengren. Mani und der Manichäismus. Stuttgart 1961. Die Gnosis. Der Manichäismus, unter Mitwirkung von J.P. Asmussen eingeleitet, übersetzt und erläutert von A. Böhlig (überarbeiteter Nachdruck des 1980 in der «Bibliothek der Alten Welt» erschienenen Bandes). Zürich 1995. S.G. Richter, Ch. Horton, K. Ohlhafer (Hrsg.). Mani in Dublin. Selected Papers from the Seventh International Conference of the International Association of Manichaean Studies in the Chester Beatty Library, 8–12 September 2009. Leiden, Boston 2015. S.G. Richter. Die Aufstiegspsalmen des Herakleides. Untersuchungen zum Seelenaufstieg und zur Seelenmesse bei den Manichäern (Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients 1). Wiesbaden 1997. V.H. Drecoll, M. Kudella. Augustin und der Manichäismus. Tübingen 2011. A. Böhlig. Artikel «Manichaeism». In: The Coptic Encyclopedia, Band 5, S. 1519– 1523. H.J. Polotsky. Artikel «Manichäismus». In: RE. Suppl. 6 (1935), S. 241–272. (Ebenfalls in: H.J. Polotsky. Collected Papers. Jerusalem 1971, S. 699–714) S.N.C. Lieu. Manichaeism in the Later Roman Empire and Medieval China. (2. Auflage) Tübingen 1992. I. Gardner, S.N.C. Lieu. Manichaean Texts from the Roman Empire. Cambridge 2004.
Internetseite mit Einführung:
http://www.faszinierendes-aegypten.de/
Die Kopten in Ägypten Überblick:
W. Hage. Das orientalische Christentum, Religionen der Menschheit 29,2. Stuttgart 2007. C.D.G. Müller. Geschichte der orientalischen Nationalkirchen (Die Kirche in ihrer Geschichte 1, Lfg. D 2). Göttingen 1981. S. Gralla (Hrsg.). Oriens Christianus. Geschichte und Gegenwart des nahöstlichen Christentums. Münster etc. 2003. A. Gerhards, H. Brakmann (Hrsg.). Die koptische Kirche. Einführung in das ägyptische Christentum. Stuttgart 1994.
Konflikte:
A.S. Atiya (Hrsg.). The Coptic Encyclopedia. 8 Bände. New York 1991. Siehe unter Stichwort «Persecutions» in Band 8, Index, S. 339. E. Alt. Ägyptens Kopten – Eine einsame Minderheit. Herausgegeben von der Arbeitsgruppe Bielefelder Entwicklungs-
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Leseempfehlungen, Bildnachweis, Adressen des Autors und Fotografen
soziologen und der Kübel-Stiftung. (Sozialwissenschaftliche Studien zu internationalen Problemen 51). Saarbrücken 1980. H. Suermann. Status der Christen in der Neuen Verfassung der Arabischen Republik von Ägypten, in: H. Behlmer u. a. (Hrsg.). Ägypten und der Christliche Orient. Peter Nagel zum 80. Geburtstag. (Texte und Studien zur Koptischen Bibel 1). Wiesbaden 2018, S. 293–303 W. Reiss. Zündstoff für Konflikte. Der Bau von Kirchen und Moscheen in Ägypten, in: H. Behlmer, M. Tamcke (Hrsg.). Christen
in Ägypten. (Göttinger Orientforschungen IV/60). Wiesbaden 2015, S. 103–124. Auswahl aktueller Berichte zur Christenverfolgung weltweit. Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 1 – 3000 – 005/18, URL: https://www.bundestag.de/ blob/551672/fbca6aa2a541f4734212b59f9c0aef79/wd-1-005-18-pdf-data.pdf (Stand: 12. 2. 2019) M. Krause. Die Koptologie im Gefüge der Wissenschaften. In: ZÄS 100 (1974), S. 108–125.
M. Krause. Die Disziplin Koptologie. In: McL. Wilson (Hrsg.), The Future of Coptic Studies (Coptic Studies 1). Leiden 1978, S. 1–22. K.-H. Brune. Der koptische Reiter. Jäger, König, Heiliger: Ikonographische und stilistische Untersuchung zu den Reiterdarstellungen im spätantiken Ägypten und die Frage ihres «Volkskunstcharakters». Altenberge 1999, S. 100–103. S. Hodak. Was bedeutet «Koptisch». In: S. Hodak, D. Korol, P. Maser. Zeugnisse spätantiken und frühchristlichen Lebens im römischen Reich. Oberhausen 2005, S. 118–120.
K.M. Kaufmann. Die Menasstadt und das Nationalheiligtum der altchristlichen Aegypter in der westalexandrinischen Wüste. Ausgrabungen der Frankfurter Expedition am Karm Abu Mina 1905–1907. Leipzig 1910. Tafel 21 | S. 85: J.E. Quibbel. Excavations at Saqqara 1908–1909/1909–1910. Kairo 1912, Tafel 11, fig. 4 | S. 103, 106: The Facsimile Edition of the Nag Hammadi Codices Published under the Auspices of the Department of Antiquities of the Arab Republic of Egypt in Conjunction with the UNESCO, Codex I, Leiden 1974. Verlag: E.J. Brill, Leiden, S. 2, 4 | S. 108: M. Malinine, H.-Ch. Puech, G. Quispel. Evangelium Veritatis. Codex Jung
f. VIIIv–XVIv (p. 16–32) / f. XIXr–XXIIr (p. 37–43) Zürich 1956, S. 16 | S. 114: © Prof. Takeshi Aoki (Shizuoka University of Art and Culture) | S. 115: Institut für Altertumskunde der Universität Köln, https:// www.uni-koeln.de/phil-fak/ifa/NRWakademie/papyrologie/Manikodex/bildermani. html | S. 117: © Siegfried G. Richter | S. 119: Pixabay (https://pixabay.com/de/ photos/milchstra%C3%9Fe-galaxie-raumuniversum-1030765/) | S. 126: © Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: Karl-Heinz-Brune, Münster (K.-H. Brune. Die koptischen Textilien im museum kunst palast Düsseldorf. Teil 1. Wiesbaden 2004, Kat.-Nr. 134.)
Definition von Koptologie:
Bildnachweis Außer den Fotos von Jo Bischof wurden folgende Abbildungen verwandt: S. 6: Peter Palm, Berlin | S. 35: J.E. Quibbel. The Monastery of Apa Jeremias (Excavations at Saqqara 1908-1909/1909-1910). Kairo 1912, Tafel 22 | S. 35: G. Daressy. Statues de divinités, Band 1 (Catalogue général des antiquités Égyptiennes du Musée du Caire No. 38001–39384. Kairo 1906, Tafel 61, Inv.-Nr. 39.291 | S. 37: © Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: Suzana Hodak, Münster | S. 50: © Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: Suzana Hodak, Münster | S. 68: Ausschnitt eines Plans von P. Grossmann | S. 69:
Foto: Rudi Sebastian.
Adresse des Autors
Adresse des Fotografen
Apl. Prof. Dr. Siegfried G. Richter Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut für Ägyptologie und Koptologie Schlaunstr. 2 D-48163 Münster
Jo Bischof c/o DOKULIVE Anni-Eisler-Lehmann-Straße 3 D-55122 Mainz
Foto: privat.
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Neben Pyramiden hat das antike Ägypten auch eine weitzurückreichende christliche Tradition zu bieten: das koptische Christentum und seine ganz eigenen, bis heute praktizierten ursprünglichen Bräuche. Auf der Basis von Papyri, archäologischen Funden und nicht zuletzt mithilfe der phantastischen Fotografien von Jo Bischof nimmt uns dieses Buch mit auf eine Expedition in das Land des Nils, die uns die facettenreiche Geschichte der Christen Ägyptens vor Augen führt. 136 Seiten mit 106 Farb- und 6 s/w-Abbildungen
DAS KOP TISCHE ÄGYP TEN – Schätze im Schatten der Pharaonen
Siegfried G. Richter mit Fotos von Jo Bischof
DAS KOPTISCHE ÄGYPTEN Schätze im Schatten der Pharaonen
ISBN 978-3-8053-5211-6
www.zabern.de
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