Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa 9783110912074, 9783899493085

Very different systems for corporations have always existed in Europe. These differences relate not only to the manageme

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German Pages 817 [820] Year 2006

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Table of contents :
Vorwort
Verzeichnis der Mitglieder des Arbeitskreises „Kapital in Europa“
Das (feste Grund-)Kapital der Aktiengesellschaft in Europa – Zusammenfassung der Überlegungen des Arbeitskreises „Kapital in Europa“
Teil 1: Systematische Darstellungen
Das Mindestkapital im System des festen Kapitals
Bar- und Sachkapitalaufbringung bei Gründung und Kapitalerhöhung
Kapitalerhaltung – Das System der Kapitalrichtlinie versus situative Ausschüttungssperren –
Verdeckte Gewinnausschüttung und Kapitalschutz im Europäischen Gesellschaftsrecht
Die Rechtspflichten der Geschäftsleiter in der Krise der Gesellschaft sowie damit verbundene Rechtsfolgen im Rechtsvergleich
Insolvenzgründe und Haftung für Insolvenz¬verschleppung – Notwendige Ergänzung des Kapitalschutzes –
Fallgruppen der Durchgriffshaftung und verwandte Rechtsfiguren
Haftung der Geschäftsleiter in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union
Tätigkeitsverbote für Organmitglieder als Gläubigerschutzinstrument
Festes Kapital im Aktienrecht und seine Bedeutung für den Minderheiten- und Anlegerschutz
Zur Reform des Rechts der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen
Das Recht der Insolvenzanfechtung und Gläubigerschutz
Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes
Reicht das Vertragsrecht für einen angemessenen Schutz der Gesellschaftsgläubiger und ihrer Interessen aus?
Teil 2: Länderberichte
Großbritannien
England
Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht in England
Frankreich
Das Kapital der Aktiengesellschaft in Frankreich
Italien
Legal Capital Rules in Italian Company Law and the EU Perspective
Niederlande
Capital and Capital Protection in The Netherlands: A Doctrine in Flux
Spanien
Capital Protection in Spanish Company Law
Polen
A Report on Selected Aspects of Legal Capital under Polish Code of Commercial Companies
USA
Capital Requirements in United States Corporation Law
Kapitalgesellschaften ohne gesetzliches Kapital: Lehren aus dem US-amerikanischen Recht
Sachregister
Recommend Papers

Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa
 9783110912074, 9783899493085

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Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa ZGR-Sonderheft 17

Begründet von Marcus Lutter und Herbert Wiedemann Herausgegeben von Holger Fleischer, Wulf Goette, Heribert Hirte Peter Hommelhoff, Klaus J. Hopt, Gerd Krieger, Hanno Merkt, Hans-Joachim Priester

Sonderheft 17

De Gruyter Recht · Berlin

Marcus Lutter (Hrsg.)

Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa

De Gruyter Recht · Berlin

∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN-13: 978-3-89949-308-5 ISBN-10: 3-89949-308-7

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Copyright 2006 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung: WERKSATZ Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen

Vorwort

In Europa bestehen seit eh und je sehr unterschiedliche Systeme der Kapitalgesellschaften. Diese Unterschiede betreffen nicht nur die Leitungsstruktur der Aktiengesellschaften mit den monistischen oder dualistischen Systemen der Leitungsorgane, sie betreffen auch die Prinzipien des festen Kapitals: dieses feste Kapital ist dem englischen und irischen Recht fremd und mußte in diese Rechte (nur) für die Aktiengesellschaft (plc) aufgrund der 2. EU-Kapital-Richtlinie von 1976 übernommen werden. Angefreundet hat man sich damit in diesen Ländern nie. Daher haben das britische Accounting Standards Board und das Company Law Centre am British Institute of International and Comparative Law vor einigen Jahren eine Untersuchung über den Nutzen dieses Systems durch eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Jonathan Rickford angestoßen und gefördert. Der Bericht dieser Arbeitsgruppe ist im Jahre 2004 erschienen (European Business Law Review [2004] 919). Er kommt zu dem Ergebnis, das System des festen Kapitals sei teuer und überflüssig; er empfiehlt auf diesem Hintergrund die Abschaffung der 2. Richtlinie. Die britische Regierung hat sich dieser Auffassung angeschlossen und drängt die Europäische Kommission zu einer entsprechenden Initiative. Auf diesem Hintergrund hat sich eine Gruppe von deutschen Kennern des Rechts der Kapitalgesellschaften aus Wissenschaft und Praxis zusammengefunden, um ihrerseits Sinn und Nutzen des festen Kapitals und seiner einzelnen Elemente ganz breit zu untersuchen und zwar je unter den Aspekten • • • •

was soll das betreffende Rechtsinstitut leisten? was leistet es tatsächlich? welche Kritikpunkte gibt es? welche Vorschläge und Alternativen gibt es?

Der Arbeitskreis hat sich – anders als die Rickford-Gruppe – von Anfang an um die Mitwirkung ausländischer Kolleginnen und Kollegen bemüht, was auf das Erfreulichste gelungen ist. In diesem Band finden sich, außer einer Zusammenfassung der Ergebnisse •



insgesamt 15 Einzeluntersuchungen zu Aspekten des Kapitals in Deutschland und seiner Bezüge zu angrenzenden Rechtsbereichen (z. B. Rechnungslegung, Insolvenz); 9 Berichte zum festen Kapital im Ausland (Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Polen, Spanien und USA), je unter den gleichen Fragestellungen wie die Abhandlungen zum deutschen Recht.

Die britische Initiative richtet sich gegen die 2. Richtlinie. Diese aber betrifft nur die Aktiengesellschaft in Europa. Dem entspricht die hier vorgelegte Unter-

VI

Vorwort

suchung: sie behandelt das feste Kapital in der Aktiengesellschaft, nicht das Kapital in der GmbH. Die Untersuchung will die Europäische Kommission vom Nutzen der 2. Richtlinie überzeugen. Das ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Zum einen erscheint diese Untersuchung zur Erleichterung der Arbeit in Brüssel in leicht gekürzter Fassung auch in englischer Sprache als Sonderheft der European Company and Financial Law Review (ECFR). Zum anderen enthält sie (fast) keine Vorschläge an den deutschen Gesetzgeber, wie er das System des festen Kapitals in der Aktiengesellschaft verbessern und von Schlacken befreien könnte. Das soll – möglicherweise im Kontext mit Fragen zur Reform der GmbH – später nachgeholt werden. Solche Verbesserungen und Vereinfachungen sind nach Überzeugung des Arbeitskreises vielfach möglich und würden das nützliche System des festen Kapitals leistungsfähiger machen. Diese Untersuchung wäre ohne die großzügige und unbürokratische Hilfe der Thyssen-Stiftung nicht möglich gewesen. Dafür danken ihr alle Mitglieder des Arbeitskreises sehr herzlich. Bonn, im Juni 2006

Marcus Lutter

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Mitglieder des Arbeitskreises „Kapital in Europa“

V

. . .

IX

Marcus Lutter: Das (feste Grund-)Kapital der Aktiengesellschaft in Europa – Zusammenfassung der Überlegungen des Arbeitskreises „Kapital in Europa“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Teil 1: Systematische Darstellungen Horst Eidenmüller, Barbara Grunewald und Ulrich Noack: Das Mindestkapital im System des festen Kapitals . . . . . . . . . . . .

17

Andreas Pentz, Hans-Joachim Priester und André Schwanna: Bar- und Sachkapitalaufbringung bei Gründung und Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

Rüdiger Veil: Kapitalerhaltung – Das System der Kapitalrichtlinie versus situative Ausschüttungssperren – . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

Holger Fleischer: Verdeckte Gewinnausschüttung und Kapitalschutz im Europäischen Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Susanne Kalss, Nikolaus Adensamer und Janine Oelkers: Die Rechtspflichten der Geschäftsleiter in der Krise der Gesellschaft sowie damit verbundene Rechtsfolgen im Rechtsvergleich . . . . . . . 134 Karsten Schmidt: Insolvenzgründe und Haftung für Insolvenzverschleppung – Notwendige Ergänzung des Kapitalschutzes – . . . . 188 Hanno Merkt und Gerald Spindler: Fallgruppen der Durchgriffshaftung und verwandte Rechtsfiguren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Tim Drygala: Haftung der Geschäftsleiter in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Heribert Hirte, Tim Lanzius und Sebastian Mock: Tätigkeitsverbote für Organmitglieder als Gläubigerschutzinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Jens Ekkenga und Walter Bayer: Festes Kapital im Aktienrecht und seine Bedeutung für den Minderheiten- und Anlegerschutz . . . . 342 Ulrich Huber und Mathias Habersack: Zur Reform des Rechts der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . 370

VIII

Inhalt

Christoph G. Paulus: Das Recht der Insolvenzanfechtung und Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 Bernhard Pellens und Thorsten Sellhorn: Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Peter Mankowski: Reicht das Vertragsrecht für einen angemessenen Schutz der Gesellschaftsgläubiger und ihrer Interessen aus? . . . . . . 488 Vermerk Die Ausarbeitung von Christoph Kuhner „Zur Zukunft der Kapitalerhaltung durch bilanzielle Ausschüttungssperren im Gesellschaftsrecht der Staaten Europas“ ist bereits in ZGR 2005, 753–787 erschienen.

Teil 2: Länderberichte Großbritannien Eva Micheler: England

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511

Thomas Bachner: Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht in England . . 526 Frankreich Isabelle Urbain-Parleani: Das Kapital der Aktiengesellschaft in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Italien Massimo Miola: Legal Capital Rules in Italian Company Law and the EU Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612 Niederlande Harm-Jan de Kluiver und Stephan F. G. Rammeloo: Capital and Capital Protection in The Netherlands: A Doctrine in Flux . . . . 655 Spanien José Miguel Embid Irujo: Capital Protection in Spanish Company Law

679

Polen Andrzej Kidyba, StanisŁaw SoŁtysiŃski und Andrzej SzumaŃski: A Report on Selected Aspects of Legal Capital under Polish Code of Commercial Companies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694 USA Richard A. Booth: Capital Requirements in United States Corporation Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 717 Andreas Engert: Kapitalgesellschaften ohne gesetzliches Kapital: Lehren aus dem US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . 743 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 799

Verzeichnis der Mitglieder des Arbeitskreises „Kapital in Europa“ Bachner, Thomas Bayer, Walter Booth, Richard A. Conac, Pierre-Henri Drygala, Tim Eidenmüller, Horst Ekkenga, Jens Embid Irujo, José Miguel Engert, Andreas Fleischer, Holger Grunewald, Barbara Habersack, Mathias Hirte, Heribert Huber, Ulrich Kalss, Susanne Kidyba, Andrzej Kleindiek, Detlef de Kluiver, Harm-Jan

Kuhner, Christoph Lutter, Marcus

Mankowski, Peter Maul, Silja Merkt, Hanno Micheler, Eva

Miola, Massimo Noack, Ulrich

Dr. jur., Assistenzprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien Professor an der Universität Jena Professor an der Universität Maryland Dr. jur., Maître de Conférences an der Universität Paris (Panthéon-Sorbonne) Professor an der Universität Leipzig Professor an der Universität München Professor an der Universität Gießen Professor an der Universität Valencia Dr. jur., Wissenschaftlicher Assistent an der Universität München Professor an der Universität Bonn Professorin an der Universität Köln Professor an der Universität Mainz Professor an der Universität Hamburg Professor an der Universität Bonn Professorin an der Wirtschaftsuniversität Wien Professor an der Universität Lublin Professor an der Universität Bielefeld Honorarprofessor an der Universität Amsterdam; Rechtsanwalt, De Brauw Blackstone Westbroek, Amsterdam Professor an der Universität Köln Professor an der Universität Bonn, Sprecher des Zentrums für Europäisches Wirtschaftsrecht Professor an der Universität Hamburg Dr. jur., Rechtsanwältin, KPMG, Stuttgart Professor an der Universität Freiburg ao. Professorin an der Wirtschaftsuniversität Wien; Senior Lecturer in Law, London School of Economics and Political Science Professor an der Universität Neapel Professor an der Universität Düsseldorf

X

Verzeichnis der Mitglieder des Arbeitskreises „Kapital in Europa“

Paulus, Christoph G. Pellens, Bernhard Pentz, Andreas Priester, Hans-Joachim Rammeloo, Stephan F. G. Röhricht, Volker Schmidt, Karsten

Schwanna, André Sellhorn, Thorsten Soltysinski, Stanislaw

Spindler, Gerald Szumánski, Andrzej Urbain-Parleani, Isabelle Veil, Rüdiger

Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin Professor an der Universität Bochum Dr. jur., Rechtsanwalt, Rowedder Zimmermann Haß, Mannheim Honorarprofessor an der Universität Hamburg; Notar in Hamburg Senior Lecturer an der Universität Maastricht Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a. D. Professor an der Universität Bonn, Präsident der Bucerius Law School in Hamburg Dr. jur., Rechtsanwalt, Clifford Chance, Frankfurt a. M. Dr. rer. oec., Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Bochum Professor an der Universität Posen, Rechtsanwalt, Soltysinski Kawecki & Szlezak, Warschau Professor an der Universität Göttingen Professor an der Universität Krakau Professorin an der Universität Paris (René Descartes) Professor an der Bucerius Law School, Hamburg

Das (feste Grund-)Kapital der Aktiengesellschaft in Europa Zusammenfassung der Überlegungen des Arbeitskreises „Kapital in Europa“

von Professor Dr. Dres. h. c. Marcus Lutter, Bonn

Inhaltsübersicht I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Kapital der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mindestkapital und Höhe des Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbringung (Leistung) des gesetzlichen oder statutarischen Kapitals Erhaltung des Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapital und Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftungsdurchgriff auf Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss unseriöser Personen aus dem Management . . . . . . . . Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Empfehlungen für die Europäische Kommission . . . . . . . . . . . Nationale Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

1 2 7 8 9 12 12 13 13 13 14

I. Einführung 1. Alte und anscheinend bewährte, in der Praxis und Rechtsprechung ausziselierte Rechtsinstitute kommen neuerdings ganz plötzlich unter Druck und Begründungszwang. So erging es der kontinentalen Handelsbilanz mit ihrem Prinzip der Vorsicht und ihrem Satz des ehrbaren Kaufmanns, dass „on ne paie pas des espérances mais des écus“ (Realisationsprinzip). Diese Prinzipien haben ihren kurzen Kampf mit den Informationswünschen der Anleger und Investoren, mit IAS, IFRS und US-GAAP weitgehend verloren. Jetzt steht das ebenfalls kontinentale Prinzip des festen Kapitals (Grundkapitals) unter Druck. Noch vor 30 Jahren wurde es in der 2. Richtlinie von 1976 1 verbindlich festgeschrieben für heute 25 EU- und 3 EWR-Länder, verbindlich auch für die in allen diesen Ländern geltende Europäische Gesellschaft (SE), verbindlich aber auch von der

1 2. Richtlinie vom 13. Dezember 1976 (Kapital-Richtlinie) (77/91/EWG), ABl. EG Nr. L 26 vom 31. 1. 1977, S. 1 ff.

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Schweiz über die Türkei bis nach Russland. Eine vom britischen Accounting Standards Board und dem Company Law Centre am British Institute of International and Comparative Law angeregte Kommission unter der Leitung von Jonathan Rickford kommt hingegen in ihrem Bericht von 2004 2 zu einem vernichtenden Ergebnis über Sinn und Nutzen dieses Kapitals: kostspielig und überflüssig. Überflüssig, weil es weder die Insolvenz der Gesellschaft verhindere noch gewährleiste, dass die Gründer der Gesellschaft ein angemessenes Kapital zur Verfügung stellen müssen. Überflüssig aber auch, weil der Aufwand – wenn die Regeln zum festen Kapital überhaupt etwas bewirkten – in keinem Verhältnis zum Ertrag stehe. Kostspielig, weil es angemessene Ausschüttungen verhindere. Für diese reiche die Feststellung aus, ob die Ausschüttung ohne Gefährdung der Liquidität der Gesellschaft in näherer Zukunft und zur Befriedigung ihrer Gläubiger möglich sei (Solvenztest). Die Rickford-Kommission empfiehlt deshalb die Abschaffung des festen Kapitals als europaweit verbindliche Regelung durch Aufhebung der 2. Richtlinie. Dem folgt die englische Regierung und verlangt von der Europäischen Kommission mit Nachdruck eine entsprechende Initiative. 2. Die 2. Richtlinie, der Rickford-Bericht und die hier veröffentlichten Arbeiten betreffen nur die Aktiengesellschaft. Für sie allein gilt es die anstehenden Fragen zu diskutieren. Demgegenüber ist das Recht der GmbH offen für die Gestaltung der Mitgliedsländer, die davon auch fröhlich Gebrauch machen, wie die neuere Gesetzgebung in Frankreich, Italien und Spanien erweist.

II. Das Kapital der Aktiengesellschaft 1. Das feste Kapital hat in Deutschland eine Tradition von weit mehr als 100 Jahren und ist in all diesen Jahren als Rechtsinstitut nie in Frage gestellt worden. Aber das Institut hat seine Zielrichtung, seine Funktion geändert. Ursprünglich hatte es – wie in den USA 3 – die Aufgabe des Minderheitenschutzes: jeder Aktionär sollte das gleiche pro Aktie leisten müssen und auch tatsächlich leisten, alle die gleichen Chancen bei der Ausgabe neuer Aktien haben und niemand Gefahr laufen, dass seine Aktien verwässert werden. Diese Funktion hat das Kapital durchaus behalten; als seine eigentliche und zentrale Funktion aber wurde etwa seit 1930 der abstrakte Gläubigerschutz gesehen, dessen Regeln zwingend und – anders als beim Minderheitenschutz – auch 2 Jonathan Rickford, Reforming Capital, Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, European Business Law Review (EBLR) 2004, 919, 971ff. 3 Vgl. den Bericht von Richard A. Booth in diesem Band, S. 717 ff.

Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa

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bei Zustimmung aller Gesellschafter nicht abdingbar sind und deswegen auch vor Umgehung geschützt werden müssen. Für die einzelnen Gläubiger sind alle diese Regeln belanglos, so lange ihre Schuldnerin, die betreffende Gesellschaft, arbeitet und ihre Schulden bezahlt. Insgesamt betrachtet aber sorgen diese Regeln für eine gewisse Seriosität der Unternehmensführung, die den Gläubigern mittelbar zu Gute kommt. Und in der Insolvenz führen sie zur Anreicherung der Masse und kommen den betroffenen Gläubigern zu Gute, wenn gegen sie verstoßen wurde und von den Gesellschaftern nachgeleistet werden muss. 2. In den anderen Ländern Europas und vielen Ländern in der übrigen Welt hat sich das feste Kapital vor allem mit der GmbH und ihrer Ausbreitung über die Welt seit 1894 fest etabliert. Wie der Bericht von Mme. Urbain-Parléani belegt, ist das feste Kapital in manchen Ländern Europas im Aktienrecht erst später heimisch geworden. Als Institut des Rechts der Kapitalgesellschaften ist es aber in den romanischen und germanischen Rechten und ihren Nachfolgern auf der Welt seit nahezu einem Jahrhundert fest verankert. 3. Immer wieder wird von den Gegnern des festen Kapitals darauf hingewiesen, dass es die Insolvenz der Gesellschaft nicht verhindert und nicht verhindern kann, mithin kein endgültiger Schutz für die Gläubiger ist. Das ist richtig; denn das Kapital ist eben auch unternehmerisches Eigenkapital und unterfällt damit den allgemeinen unternehmerischen Risiken. Aber diese Aussage der Gegner des Kapitals ist trivial: niemand hat je behauptet, das Kapital könne die Insolvenz verhindern und die Gläubiger endgültig schützen. Eigenkapital aber ist gewiss nicht von Schaden. Es fördert die Seriosität der Unternehmensführung: bei der Gründung unterstützt es den unternehmerischen Start und verhindert das rasche Abgleiten in die Insolvenz, im weiteren Geschehen der Gesellschaft sichert es die Ausschüttung nur von freien Mitteln, vor allem von erzielten Gewinnen und dient darüber hinaus als Warnlampe bei einer wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft verbunden mit entsprechenden Handlungspflichten des Managements und der Gesellschafter. 4. Ist das feste Kapital durch Verluste gemindert, so verhindert das Ausschüttungen an die Gesellschafter und verlangt seine Wiederherstellung aus künftigen Gewinnen. Auch das ist ein Gebot solider Unternehmensführung und sollte so auch verstanden werden. Wird die Wiederherstellung des durch Verluste angegriffenen Kapitals vom Management und den Gesellschaftern für nicht (mehr) erforderlich gehalten oder soll die Fähigkeit der Gesellschaft zu alsbaldiger Emission junger Aktien rasch wieder hergestellt werden, so kann der Verlust auch zur einfachen Reduzierung des Kapitals führen 4. 4 So genannte Kapitalherabsetzung zum Verlustausgleich; von Art. 33 der 2. Richtlinie ausdrücklich zugelassen.

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5. Das feste Kapital ist also auch eine Finanzierungsregel, hat mithin einen eminent ökonomischen Hintergrund: es zwingt die Gründer, der Gesellschaft ein Minimum an Eigenkapital zur Verfügung zu stellen; und es regt sie an, je nach den Bedürfnissen ihrer Gesellschaft ein höheres Eigenkapital in der Satzung festzulegen und ihr auf Dauer zu belassen sowie bei etwaigen Verlusten aus künftigen Gewinnen wieder herzustellen. Das Kapital verlangt mithin eine Seriosität der finanziellen Führung des Unternehmens, die den potentiellen Gläubigern und Vertragspartnern durch die Publizität des Kapitals auch bewusst offen gelegt wird. 6. Nicht zuletzt sorgt das Kapital für Rechtssicherheit 5 bei den Aktionären und Geschäftsführern. Werden seine Regeln eingehalten und wird nach seinem Verlust das förmliche Liquidations- oder Insolvenzverfahren rechtzeitig eingeleitet, so ist das ein vollkommen sicherer Hafen für sie: niemand kann dann von ihnen die Auffüllung der Insolvenzmasse unter welchen Aspekten auch immer verlangen: das Risiko tragen die Gläubiger. 7. Das führt zu einem weiteren Aspekt. Noch immer gilt der Satz, dass, wer am wirtschaftlichen Leben teilnimmt, die Vor- und Nachteile persönlich trägt. Dieser Satz gilt im System der Kapitalgesellschaften nicht. Mit der leicht erreichten Eintragung der Aktiengesellschaft trägt der Unternehmer oder Anleger nur mehr das Risiko des Verlustes dessen, was er dafür an Mitteln zur Verfügung gestellt hat. Das übrige Risiko tragen die Gläubiger. Ist es da nicht fast eine Frage der Gerechtigkeit, dass dieses Kunstgebilde „juristische Person“ von seinen entsprechend privilegierten Gesellschaftern wenigstens eine finanzielle Mindestausstattung erhält, statt nur auf Kredit und Risiko der Gläubiger zu existieren? Und sollte diese Gerechtigkeitsfrage nicht eher der Gesetzgeber als der anonyme Markt beantworten? 6 8. Die Arbeitsgruppe hat daher nahezu einhellig den Nutzen der Rechtsfigur des festen Kapitals – Grundkapitals – bejaht.7 Sein Nutzen und seine Vorteile wurden vor allem in folgenden Elementen gesehen: (1) Die wirtschaftliche und finanzielle Gesundheit der Gesellschaft ist der beste Schutz für die Gläubiger. Für dieses Ziel ist ein anfängliches Nettovermögen ebenso von Nutzen wie die Sperre gegen überhöhte Ausschüttungen. (2) Das Kapital ist eine ökonomische Regel zur Finanzierung von Gesellschaften, deren Gesellschafter persönlich nicht für deren Schulden haften. Sein 5 Das betont auch Kuhner, Zur Zukunft der Kapitalerhaltung durch bilanzielle Ausschüttungssperren im Gesellschaftsrecht Europas, ZGR 2005, 753, 786f. 6 Zu diesem Aspekt der Beteiligung des Gesellschafters am unternehmerischen Risiko und seiner verhaltenssteuernden Wirkung vgl. Vetter, ZGR 2005, 788, 800; Drygala, ZGR 2006, Heft 5, unter II. 3. 7 Vgl. nur Embid Irujo, in diesem Band, S. 680: „corporate capital plays … an economic productive role“ und „corporate capital plays an important security role for the benefit of the company’s creditors.“

Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa

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Ausweis signalisiert potentiellen Gläubigern, in welchem Maße die Gesellschafter bereit sind, der Gesellschaft Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Es zwingt mithin zu einer Seriosität der Finanzierung solcher Gesellschaften. (3) Das Kapital schafft Rechtssicherheit für die Gesellschafter und die Geschäftsführer: werden seine Regeln eingehalten und ggf. das Liquidations- oder Insolvenzverfahren rechtzeitig eingeleitet, so haben sie nichts zu befürchten. Das ist in Ländern mit vielen bestimmenden Großaktionären wie etwa Deutschland und Italien ein wichtiger Aspekt. (4) Das Kapital wirkt präventiv. Mit seinem Zwang zu einer gewissen Solidität und Seriosität ist es Teil der kontinentalen Rechtskultur 8 und verhindert, dass in der Insolvenz Fragen des Missbrauchs der juristischen Person etc. untersucht werden müssen 9. Dadurch aber würden für die Beteiligten und die Volkswirtschaft insgesamt die gleichen Kosten entstehen wie durch die präventive Rechtsfigur des Kapitals. (5) Große und einflussreiche Gläubiger vereinbaren nicht selten in Rechtsordnungen ohne festes Kapital zu relativ hohen Transaktionskosten Vergleichbares wie das Kapital und seine Regeln mit der Gesellschaft (sog. covenants); die anderen Gläubiger aber bleiben ungeschützt 10. Das Kapital hingegen wirkt wie ein solcher Vertrag mit allen Gläubigern. (6) Sofern das Kapital mit einem Mindestkapital kombiniert wird, verhindert es, dass unvorhergesehene Verluste sofort auf die Gläubiger durchschlagen (Risikopuffer). (7) Die Regeln zum Kapital verhindern die sog. Agiotage, also die Ausschüttung von Agio als angeblichen Gewinn, ein System, das Ertragsstärke vortäuscht und das Schneeballsystem ermöglicht 11. (8) Das Kapital verhindert in seinem Rahmen die Plünderung der Gesellschaft, insbesondere nach einer Übernahme. (9) Das Kapital sichert auf technisch einfache Weise die Minderheitsgesellschafter vor der Verwässerung ihrer Aktien (Bezugsrecht) und schützt sie außer8 Herbert Wiedemann (Gesellschaftsrecht Bd. I, 1980, S. 588) hat es als „Kulturleistung ersten Ranges“ bezeichnet. 9 Das wird ganz deutlich hervorgehoben von Miola, S. 612 ff (sub IV 2): „Das Alternativ-Konzept zum festen Kapital ist charakterisiert durch seinen Wechsel vom Gesellschaftsrecht zum … Insolvenzrecht“ und „Die ex-post-Regeln werden als vorzugswürdig gegenüber dem Kapital gesehen.“ Das genau wird hier bezweifelt. 10 Diese Aussage ist in der Literatur umstritten; näheres siehe in den Ausführungen von Mankowski, S. 488 ff. 11 Diese These gilt nur, wenn man Art. 15 der 2. Richtlinie entsprechend der Regelung und dem Verständnis in Deutschland so interpretiert, dass damit auch das Agio wie das Kapital gebunden sein soll. Tatsächlich ist das in der Literatur umstritten; insbesondere englische Autoren wie Davies, Ferran und Rickford sind hier anderer Auffassung.

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dem in ihrem Interesse, dass auch die anderen Gesellschafter ihre Einlageleistungen erfüllen müssen (Minderheitenschutz). (10) Die durch das Kapital bewirkte Ausschüttungsbegrenzung 12 befreit das Management vom Druck der Gesellschafter.13 (11) Eine durch das feste Kapital begrenzte Ausschüttung ist, im Unterschied zu der eher kurzfristigen Aussage eines alleinigen Solvenztests 14, eine langfristig wirkende Regelung. (12) Im Übrigen: Wollte man die präventiven Wirkungen des Kapitals abschaffen und durch die Eigenverantwortlichkeit der Beteiligten ersetzen, so müsste man die Haftung des Managements, also von Vorstand und Aufsichtsrat wesentlich verschärfen und ihre Durchsetzung ähnlich der Situation in den USA sicherstellen. 9. Alle diese Aspekte des festen Kapitals können nicht schlecht sein. Die Aussage, das Kapital sei überflüssig, kann daher auch nicht richtig sein. In Wahrheit geht es daher um die Frage, ob diese positiven Effekte des Kapitals durch andere, einfachere und mithin billigere Instrumente erzielt werden können. Die soeben hier vorgetragenen Aspekte sub (3), (4), (5), (6) und (12) lassen das zweifelhaft erscheinen. Das näher zu untersuchen ist Gegenstand dieses Buches. 10. Die Arbeitsgruppe war auch weit überwiegend der Meinung, dass eine Abschaffung des rechtlichen Instrumentes „Kapital“ auf jeden Fall so lange nicht angezeigt ist, wie die Funktion und Leistungsfähigkeit alternativer Instrumente nicht sicher getestet ist. Das aber ist für das Europa der 25 plus 3 bis heute ganz sicher nicht der Fall. Im Übrigen ist das feste Kapital in der Rechtskultur des Kontinents tief verankert. Seine Beseitigung müsste zu einer Fülle von Änderungen nicht nur in den nationalen Aktienrechten, sondern auch in den verschiedensten anderen Gesetzen führen. Auf den notwendigen Ausbau von Haftungsvorschriften gegenüber dem Management wurde bereits hingewiesen; ähnliches gilt für die gesamte rechtliche Ordnung der Insolvenz in den Mitgliedsländern und die Praxis der Kreditsicherung. Die Kosten einer solchen Änderung wären mithin sehr hoch, ihr Nutzen kaum überschaubar und nicht planbar.

12 Ausschüttungsbegrenzungen sind technisch auch in anderer Weise darstellbar (Beispiel: Kalifornien, Großbritannien). Dem System des Kapitals aber sind sie inhärent. 13 Gerhard Hertig/Hideki Kanda, Creditor Protection, in: Kraakman/Davies et al. (ed.), The Anatomy of Corporate Law, Oxford 2004, S. 71 ff., 88 werten das als Nachteil. 14 Dazu unten sub V.

Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa

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III. Mindestkapital und Höhe des Kapitals 1. Die Rechtsfigur des festen Kapitals ist unabhängig von der Frage eines Mindestkapitals. Das erweisen auch die neuen französischen Regeln zur EinEuro-GmbH. Man kann sich also eine AG ohne gesetzliches Mindestkapital durchaus vorstellen. Nur darf man nicht meinen, dass man damit auch die Fragen der realen Aufbringung des Kapitals beseitigt hätte; man stellt nur die Höhe des Kapitals in das Ermessen der Gesellschafter. In der von ihnen festgelegten Höhe muss es dann aber auch tatsächlich geleistet und in der Gesellschaft belassen werden. Das verlangt schon der Minderheitenschutz und die mit dem Kapital verbundene Erklärung an die Öffentlichkeit: weist die Gesellschaft ein Kapital von Euro 1 Mio. in ihrer Satzung und ihren Veröffentlichungen aus, dann muss sich die Öffentlichkeit auch darauf verlassen können, dass die Gesellschafter tatsächlich so viel (oder so wenig) der Gesellschaft real zur Verfügung gestellt haben und es ihr belassen werden. Auch das wird im Übrigen durch die französischen Regeln zur Ein-Euro-GmbH bestätigt. Aus diesen Gründen war die Frage nach einem Mindestkapital in der Arbeitsgruppe umstritten. Die Freigabe dieses Aspektes an die Mitgliedstaaten wurde durchaus erwogen 15 Doch muss man hier – was gerne übersehen wird – zwischen AG und GmbH unterscheiden. Jedenfalls in der deutschen Praxis der AG spielt das Mindestkapital von Euro 50.000 ebenso wie in Frankreich mit seinem Mindestkapital von Euro 37.000 keine besondere Rolle. Es wird in aller Regel in der individuellen Gesellschaft weit übertroffen. In allen nationalen Rechtsordnungen besteht zudem die Möglichkeit, in die GmbH mit einem deutlich niedrigeren oder gar fehlenden Mindestkapital auszuweichen. Aus nationaler, aber eben auch aus europäischer Sicht soll sich die AG mit ihrer Satzungsstrenge und Börsenfähigkeit von der GmbH des jeweiligen Mitgliedslandes deutlich unterscheiden, soll auf die Beteiligten und die Allgemeinheit seriöser wirken als die GmbH. Dem entspricht auch der Gedanke, ihr ein anfängliches, wahrlich geringes Nettovermögen von Euro 25.000, 50.000 oder 120.000 (SE) zu verschaffen und ihr eine solche Mindest-Pufferzone für die Dauer ihrer Existenz vorzuschreiben: hat man sich erst für die Beibehaltung des festen Kapitals in Europa entschieden, ist die Frage nach der Belassung auch des Mindestkapitals und seiner Höhe von deutlich geringerem Gewicht. 2. Da die Wirtschaftswissenschaft keine Regeln für eine richtige Höhe des Kapitals (Eigenkapitals) zur Verfügung stellen kann, bleibt seine Feststellung durch die Gesellschafter jenseits eines Mindestkapitals willkürlich. Das kann zur Unterkapitalisierung führen, aber auch zur Bindung überflüssigen Kapitals in der Gesellschaft, was von den Gegnern des Kapitals gerügt wird. Im Rahmen einer 15 Vgl. unten die Ausarbeitung von Eidenmüller/Grunewald/Noack zum Mindestkapital, S. 17 ff.

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regulären Kapitalherabsetzung kann dem Rechnung getragen werden. Die Regeln der 2. Richtlinie (Art. 32) dafür sind nicht übermäßig hinderlich, werden aber von manchen nationalen Rechten zusätzlich erschwert (z. B. § 225dAktG).

IV. Aufbringung (Leistung) des gesetzlichen oder statutarischen Kapitals 1. Wie soeben ausgeführt, verlangt die Figur des festen Kapitals als zweiten Schritt bestimmte Regeln und Grundsätze, die diese konkrete Erklärung an die Öffentlichkeit (Höhe des Kapitals) materiell untermauern, die die tatsächliche und reale Leistung des Versprochenen sichern. Dem folgt die 2. Richtlinie mit ihren Regeln in den Art. 3 lit (g), Art. 8–11, wobei Art. 10 zur Wertfeststellung von Sacheinlagen gerade erleichtert werden soll 16. Die nationalen Rechte folgen diesen Vorgaben und bauen sie teilweise noch aus 17. 2. Ist das Gebot der realen Leistung des Versprochenen in die Gesellschaft im System des festen Kapitals aus den genannten Gründen unabdingbar, so folgt daraus, dass alles nicht oder nur scheinbar Geleistete noch offen ist und im Interesse der Öffentlichkeit, der Gläubiger und der anderen Gesellschafter noch geleistet werden muss, bis Verjährung eingetreten ist. Dieser Grundsatz hat zu vielen, vielen Einzelfragen in Lehre und Praxis der Mitgliedsländer geführt, auch und gerade im deutschen Recht. Diese vielen Details sind lästig und umstritten und führen fraglos zu einer objektiven Verteuerung des Systems. Das zu ändern kann nicht Aufgabe der EU sein; das müssen die Mitgliedsländer selbst in die Hand nehmen. Im Übrigen: auch in Rechtsordnungen ohne ein festes Kapital gibt es die Einlagen der Gesellschafter. Und auch zu ihnen gibt es verbindliche Regeln und muss es mindestens zum Schutze der Minderheitsgesellschafter geben. 3. Eine ganz andere Frage ist es, ob sich die staatlichen Instanzen um die Erfüllung dieser oder einzelner ihrer Voraussetzungen zu kümmern haben. Gemeint sind damit nicht die Gerichte, die selbstverständlich für die Durchsetzung der Einlageansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter zur Verfügung stehen müssen. Gemeint ist, ob etwa die Registergerichte oder Registerbehörden die tatsächliche Leistung der Mindesteinlagen überprüfen müssen, wie das § 38 des deutschen AktG vorschreibt. Die 2. Richtlinie verlangt das nicht. Die Diskussion dazu muss mithin in den nationalen Rechtsordnungen geführt werden. Diese nationalen Besonderheiten tragen also Vorwürfe an die Figur des Kapitals in Europa nicht. Die von der Richtlinie vorgeschriebene Leistungspflicht der 16 Die Änderungs-Richtlinie zur 2. Richtlinie mit ihren Erleichterungen u. a. für Art. 10 steht vor ihrer Verabschiedung. 17 Deutschland etwa mit den erforderlichen Nachweisen in § 37 Abs. 1 AktG und der Verpflichtung zur vollen Leistung des Agios in § 36a Abs. 1 AktG.

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Aktionäre in Höhe des statutarischen Kapitals würde vollauf genügen; der Rest ist dann Aufgabe eines pflichtgemäß handelnden Managements und der notfalls gerichtlichen Durchsetzung gegen die säumigen Aktionäre.

V. Erhaltung des Kapitals 1. Das Kapital – ggf. inkl. des Agios – ist die Summe der Einlagen, die die Aktionäre ihrer Gesellschaft als Eigenkapital auf Dauer zur Verfügung stellen und das auch nach außen hin kundtun. Ist das als eine Regel der Finanzierung von Kapitalgesellschaften und „Gegenleistung“ für die Freistellung der Aktionäre von Haftung für die Schulden der Gesellschaft erst einmal akzeptiert, so liegt es auf der Hand, dass dieses Eigenkapital nicht jederzeit und beliebig wieder abgezogen werden kann. Zwar wird von manchen in diesem Zusammenhang auf die Kommanditgesellschaft verwiesen, in der eine solche Rückzahlung erlaubt ist (§ 172 Abs. 4 HGB). Das ist zwar gewiss richtig; doch wird die Rückzahlung mit dem Wiederaufleben der persönlichen Haftung in entsprechender Höhe erkauft. Für die AG ist das kein erstrebenswertes Konzept. Sie ist auf viele bis sehr viele Aktionäre angelegt; hier wäre der Gedanke an einige oder viele tausend relativ kleiner Schuldner nicht sehr hilfreich – von Fragen des Kapitalmarktes und der Schuldübernahme seitens der Aktienerwerber einmal ganz abgesehen. 2. Akzeptiert man die Lösung einer Finanzierung der Gesellschaft u. a. durch ein selbst festgelegtes festes Kapital, dann ist damit zugleich der Vorteil verbunden, dass man leicht zwischen Einlagen der Gesellschafter und erzielten Gewinnen unterscheiden kann. Und es ist fraglos notwendig zu verhindern, dass Einlagen als angeblicher Gewinn ausgeschüttet werden (sog. Agiotage). Eine solche Täuschung über die wirkliche Ertragslage der Gesellschaft würde gegen alle Prinzipien eines fairen Kapitalmarktes verstoßen. Genau das verhindert ein Liquiditätstest nicht; hingegen vermeidet man genau das dadurch, dass man die Einlagen bindet und von jeder Ausschüttung ausschließt. Das feste Kapital ist also nicht nur eine vernünftige Finanzierungsregel, es verhindert auch gefährliche Manipulationen am Kapitalmarkt 18. 3. Sind das – in den Grenzen des geringen Mindestkapitals – frei gewählte Kapital und das Agio gebunden, so ist die Gesellschaft hinsichtlich aller ihrer ordentlichen und außerordentlichen Erträge frei, ob sie das frei Verfügbare aus18 In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts hatte der Schwede Kreuger ein Zündholz-Imperium aufgebaut. Durch hohe Dividenden gewann er im Rahmen von Kapitalerhöhungen immer neue Aktionäre. Die jungen Aktien wurden mit einem hohen Agio ausgegeben, das dann die nächste Dividende speiste – und so weiter, und so weiter bis zum Zusammenbruch der beiden Kreuger-Gesellschaften im Jahre 1931. Kreuger selbst endete durch Selbstmord. Siehe aber auch oben II, 8 (7) und dort Fn. 11.

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schütten will und in welcher Form (Bar-Dividende, Sach-Dividende, Erwerb eigener Aktien). 4. Schwierig an diesem in sich schlüssigen Modell ist nur die Feststellung des Gewinns. Sie erfolgt traditionsgemäß durch die Jahresbilanz (Jahresabschluss) der Gesellschaft und ihre Gewinn- und Verlustrechnung. Diese war weit in die Geschichte zurück stets vom Gedanken der Vorsicht geprägt (Realisationsprinzip, Imparitätsprinzip). Beide Prinzipien sind heute durch IFRS wesentlich verändert. Die mit einer IFRS-Bilanz als Grundlage der Gewinnfeststellung verbundene Gefahr einer Ausschüttung reiner Buchgewinne hat den Arbeitskreis lange und nachdrücklich beschäftigt: a) Die Unternehmen am Kapitalmarkt haben nach IFRS zu bilanzieren. Daneben verlangt die Steuerbehörde eines jeden Staates eine (zweite) Bilanz nach Steuerregeln und auch die Unternehmen selbst wollen nicht realisierte Gewinne möglichst nicht versteuern und drohende Risiken berücksichtigt wissen. Eine dritte Bilanz und ihre Prüfung nach den Regeln des HGB (4. Richtlinie) zur Vermeidung des Ausweises nicht realisierter Gewinne aber wollte der Arbeitskreis den Unternehmen aus Zeit- und Kostengründen nicht zumuten. Er hat daher erwogen, die Steuerbilanz um spezifische Steuerregeln zu bereinigen und sie dann der Ausschüttung zugrunde zu legen. Aber es hat sich sehr schnell gezeigt, dass auch ein solches Vorgehen de facto zu einer eigenen und mithin dritten Bilanz tendiert, die gerade vermieden werden sollte. b) In Anlehnung an das Modell des kalifornischen Rechtes wurde sodann erwogen, der Gefahr einer Ausschüttung auf zu optimistischer Grundlage durch eine pauschal höhere Vermögensbindung gegen zu steuern. So könnte man etwa bestimmen, dass nur derjenige Teil des in der IFRS-Bilanz ausgewiesenen Überschusses der Aktiva über die Passiva (inkl. des Kapitals und Agios) ausgeschüttet werden kann, der 10 % oder 20 % der Summe der Aktiva übersteigt. Dieses Polster würde wie eine gesetzliche Rücklage wirken, sich in der Höhe aber an der Bilanzsumme und nicht am beliebig gewählten Kapital orientieren. Diese Lösung hat viele Vorzüge und könnte als Wahlrecht der Unternehmen durchaus in eine künftige Lösung eingebaut werden. Als alleinige Lösung aber erscheint sie dem Arbeitskreis zu streng, da sie möglicherweise zu einer übersteigerten Bindung der Erträge führt oder die Gesellschaften veranlasst, ihr Kapital unangemessen niedrig festzulegen. c) Schließlich war zu prüfen, ob man sich von der Bilanz ganz lösen und allein auf einen Solvenztest für Ausschüttungen abstellen sollte 19. Vor allem zwei Gründe stehen dem entgegen: (1) Zum einen erlaubt eine solche Lösung die Ausschüttung von Einlagen der Gesellschafter. Das bedeutet die Abschaffung des Kapitals und ermöglicht die 19 So der Rickford-Bericht, aaO., S. 968ff., insbesondere S. 979ff.; vgl. auch Pellens/ Richard/Sellhorn, FAZ vom 5. 12. 2005, S. 26.

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Agiotage (oben Fn. 11). Das aber widerspräche allen Vorstellungen des Arbeitskreises vom Nutzen des Kapitals und der Seriosität der Unternehmensführung. (2) Zum anderen bedarf dieser Solvenztest nach der Vorstellung des Rickford-Berichtes keiner Prüfung durch den Abschlussprüfer 20. Trifft der Solvenztest des Managements dann nicht zu, so bleiben als einzige Sanktionen nur dessen persönliche Haftung und die Pflicht der Aktionäre zur Rückzahlung. Das letztere sollte bei einer am Kapitalmarkt orientierten Gesellschaft tunlichst vermieden werden. Die persönliche Haftung des Managements für die ausgeschüttete Summe aber steht außer jedem Verhältnis zur Höhe der hier anstehenden Beträge. Dieser Mangel könnte wiederum nur durch eine sehr hohe und sehr teure D &O-Versicherung ausgeglichen werden. Verlangt man hingegen die Prüfung durch den Abschlussprüfer und sein Testat, so würde man ein Instrument schaffen, das möglicherweise zeitaufwendiger und teurer ist als das ganze System des Kapitals. d) Der Arbeitskreis hat sich daher letztlich für eine duale Lösung entschieden: Entweder erstellt die Gesellschaft – aus welchen Gründen auch immer – eine HGB-Bilanz (Bilanz nach 4. Richtlinie), die geprüft und testiert wird, und legt diese dem Ausschüttungsbeschluss zugrunde, so hat alles seine Ordnung. Oder die Gesellschaft bilanziert nach IFRS und diese Bilanz wird geprüft und testiert, so genügt das für eine Ausschüttung aus den genannten Gründen nicht. Zwar bleibt diese Bilanz für die Möglichkeit einer Ausschüttung maßgebend, wegen der genannten Gefahren aber ist zusätzlich ein Solvenztest erforderlich. Die Ausschüttung bleibt also auch in dieser Variante bilanzbezogen; statt der nahe liegenden Korrektur dieser IFRS-Bilanz unter Aspekten von Realisation und Imparität wird – wegen der unvermeidlichen Tendenz dieser Korrektur hin zu einer eigenen (dritten) Bilanz – die geplante Ausschüttung einem auf ein bis maximal zwei Jahre angelegten Solvenztest unterworfen. Andererseits kommt eine Ausschüttung allein nach einem positiven Solvenztest nicht in Betracht, da anderenfalls das feste Eigenkapital (Kapital und Agio) doch zur Disposition der Gesellschaften und ihrer Organe stünde: danach fragt dieser Test gerade nicht. Der Arbeitskreis ist sich bewusst, dass diese Lösung alle Schwächen und Inkonsequenzen eines Kompromisses in sich trägt; denn Realisation und Imparität können allenfalls zufällig durch einen Solvenztest ersetzt werden; in der Sache haben beide unterschiedliche Ziele und unterschiedliche Funktionen. Dennoch hält der Arbeitskreis diese Lösung im Interesse der Vermeidung von wesentlichen Kosten für die Gesellschaften einerseits, Vermeidung unvertretbarer Ausschüttungen und mithin der Seriosität ihrer Finanzierung andererseits nicht für ideal, aber für vertretbar. 20 AaO., S. 973–975.

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Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der hier vorgelegte Vorschlag bereits vielfach in anderen Ländern Realität ist. So kennen die meisten US-Rechte sowie das Recht Neuseelands neben dem Solvenztest weiterhin zusätzlich den BalanceSheet-Test, also eine zusätzliche bilanzielle Ausschüttungssperre.

VI. Kapital und Insolvenz In einem System gebundenen Eigenkapitals liegt es nahe, über die Gesellschaft das Insolvenzverfahren dann zu eröffnen, wenn dieses Eigenkapital verbraucht ist und die Gesellschaft jetzt nur noch auf Risiko ihrer Gläubiger fortgeführt werden könnte. Heute entstehen in allen Ländern mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zusätzliche Lasten für die Gesellschaft, wie z. B. Abfindung der Mitarbeiter und Kosten des Verwalters. Daher liegt der Gedanke nahe, die Insolvenz schon früher auszulösen oder die Gesellschaft schon zuvor bestimmten Pflichten zu unterwerfen wie insbesondere der Wiederherstellung des Eigenkapitals durch neue Einlagen der Gesellschafter oder Liquidation der Gesellschaft einerseits, besonderen Pflichten des Managements andererseits. Der Arbeitskreis hat alle diese Aspekte untersucht, macht aber dazu keine nach Brüssel gerichteten Vorschläge: alle diese Aspekte sind so stark mit den Besonderheiten der nationalen Gesellschaftsrechte und der nationalen Insolvenzrechte verwoben, dass hier große Zurückhaltung geboten ist.

VII. Haftungsdurchgriff auf Gesellschafter Das soeben angesprochene Gebot zur Zurückhaltung gegenüber Vorschlägen zur Rechtsangleichung gilt nicht weniger für das Problem des sog. Durchgriffs auf die Gesellschafter und die Haftung des Managements. Dieser Fragenkreis ist mit Aspekten des Kapitals insoweit verknüpft, als seine Bedeutung mit dessen Verbrauch wächst. Solange die Gesellschaft liquide ist, stellt sich die Frage einer Inanspruchnahme der Aktionäre oder des Managements nicht. Für sie wachsen bestimmte Pflichten erst mit der beginnenden Insolvenz, also der Unfähigkeit der Gesellschaft, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die hier vorgelegten eingehenden Untersuchungen zu diesen Fragen sollen die „kranken“ Fälle zeigen, die in jedem System, ob mit oder ohne festes Kapital entstehen. Allerdings: Die Erfahrung in den USA zeigt, dass in einem System ohne festes Kapital die Auseinandersetzungen um solche nachträglichen Haftungen in der Insolvenz der Gesellschaft sprunghaft ansteigen (Haftung der Gesellschafter aus Durchgriff; Haftung des Managements wegen Pflichtverletzung; Haftung von Vertragspartnern aus fraudulent transfer). So rechnet man mit bis zu 4.000 Durchgriffsfällen pro Jahr.

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VIII. Ausschluss unseriöser Personen aus dem Management Mit dem Kapital nicht näher korreliert, aber mit durchaus gläubigerschützender Zielrichtung sind auch die Fragen zum Ausschluss bestimmter Personen von der Geschäftsführung. Die damit angestrebte Sicherung einer seriösen Unternehmensführung trifft sich mit der gleichen Tendenz des Kapitals. Hier hat das britische Recht eine Vorreiter-Rolle übernommen, um unsolide Personen aus der Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften zu entfernen. Die Zielrichtung ist klar und begrüßenswert: Eine wirtschaftlich intakte und gut und solide geführte Gesellschaft ist der beste Schutz für die Gläubiger (und die Gesellschafter). Wenngleich die Erprobung dieses Gedankens in Großbritannien von vielen Beobachtern als Erfolg gesehen wird, wirft die detaillierte Analyse seiner praktischen Umsetzung eine Reihe von noch ungeklärten Fragen auf. Deshalb meint der Arbeitskreis von Vorschlägen zur Rechtsangleichung jedenfalls vorerst absehen und die Entscheidung den nationalen Gesetzgebern überlassen zu sollen 21. IX. Gesellschafterdarlehen Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft können ihrer Gesellschaft nicht nur Eigenkapital, sondern auch Fremdkapital zur Verfügung stellen. Das wird weltweit nicht bezweifelt. Erst in der Insolvenz der Gesellschaft wird dann in vielen Jurisdiktionen von den USA über Italien, Spanien, Deutschland, Österreich und anderen gefragt, ob diese Gesellschafter-Kredite wie „normales“ Fremdkapital oder aber als eine Zwischenform zwischen Fremd- und Eigenkapital zu behandeln und mithin erst nach dem normalen Fremdkapital zu befriedigen sind – sog. Subordination. Wie das Beispiel der USA zeigt, besteht dieser Problemkreis aber ganz unabhängig von der Frage, ob in der betreffenden Jurisdiktion die Rechtsfigur des festen Kapitals gilt oder nicht. Aus dem Aspekt Gesellschafterdarlehen lassen sich also Argumente weder für noch gegen das feste Kapital gewinnen. X. Empfehlungen für die Europäische Kommission Die Mitglieder des Arbeitskreises „Kapital in Europa“ sprechen sich auf diesem Hintergrund für den Fortbestand der 2. Richtlinie in ihrer kürzlich geänderten Fassung aus. 21 Um der Rechtswahlfreiheit insoweit entgegenzuwirken, wäre erwägenswert, das Instrument selbst durch Richtlinie festzulegen, die Ausgestaltung hingegen dem nationalen Gesetzgeber weitgehend zu überlassen.

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Die Europäische Kommission wird jedoch gebeten, Art. 15 (1) der 2. Richtlinie unter den hier sub V. vorgetragenen Überlegungen sowie den Überlegungen von Pellens/Sellhorn in diesem Buch zu bedenken. Die in Art. 15 (1) der 2. Richtlinie formulierte klassische Ausschüttungsbegrenzung auf den Überschuss der Aktiva über die Passiva inkl. Kapital und Agio einerseits und den Jahresüberschuss andererseits nimmt Bezug auf den Abschluss des letzten Geschäftsjahres der Gesellschaft. Handelt es sich bei diesem um einen IAS/IFRS-Abschluss, so ist nicht gesichert, dass das materielle Ziel dieser Norm im Hinblick auf darin möglicherweise enthaltene Buchgewinne und die ggf. nicht berücksichtigten drohenden Verluste erreicht wird. Hier ist ein zusätzliches Instrument der Sicherung erforderlich – sei es ein nach anderen Kriterien erstellter zusätzlicher Abschluss, sei es – wie hier vorgeschlagen – ein zusätzlicher Solvenztest.

XI. Nationale Reformen Der Arbeitskreis hat sich strikt an seine Aufgabe gehalten, den Vorschlag zur Abschaffung der 2. Richtlinie zu überprüfen. Weder wurde die GmbH – von Ausnahmen in einzelnen Länderberichten abgesehen – einbezogen, noch nationale Besonderheiten erörtert 22. Doch besteht Einigkeit unter den Mitgliedern des Arbeitskreises, dass sich in vielen Rechtsordnungen und nicht zuletzt der deutschen Rechtsordnung um die Rechtsfigur des festen Kapitals viele „Schlacken“ angesammelt haben, die dringend der Überprüfung bedürfen. Aber das ist eine Aufgabe des nationalen, nicht hingegen des europäischen Gesetzgebers.

22 Ausnahme: die deutschen Regeln zum Gesellschafterdarlehen in der deutschen Fassung dieses Berichtes.

Teil 1 Systematische Darstellungen

Das Mindestkapital im System des festen Kapitals

von Professor Dr. Horst Eidenmüller, LL.M. (Cambr.), München, Professor Dr. Barbara Grunewald, Köln und Professor Dr. Ulrich Noack, Düsseldorf

Inhaltsübersicht I. II. III. IV.

Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mindestkapital, Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung Relevanz des Mindestkapitals . . . . . . . . . . . . . . . Mindestkapital und beschränkte Haftung . . . . . . . . . 1. Ökonomische Funktion der Haftungsbeschränkung . 2. Risikoanreizproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Effizienzeffekte des Mindestkapitals . . . . . . . . . . . 1. Nutzen des Mindestkapitals . . . . . . . . . . . . . . 2. Kosten des Mindestkapitals . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesamtwürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtspolitische Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Societas Europaea (SE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Problemstellung Das durch die 2. Richtlinie (Kapitalrichtlinie) 1 etablierte europäische System des festen Kapitals steht auf dem Prüfstand. Viele Juristen und Ökonomen halten die Schutzwirkungen des Systems für Gläubiger und/oder Gesellschafter für zu gering, um seine Kosten zu rechtfertigen.2 Die europäische Rechtspolitik hat die-

1 Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie 77/91/EWG v. 13. 12. 1976, ABl. EG Nr. L 26 v. 31. 1. 1977, S. 1 ff. 2 Armour, Modern L. Rev. 63 (2000), 355; Enriques/Macey, Cornell L. Rev. 86 (2001), 1165; Kahan, Legal Capital Rules and the Structure of Corporate Law: Some Observations on the Difference Between European and U.S. Approaches, in: Hopt/ Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets and Company Law, 2003, S. 145ff.; Kübler, The

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sen Trend aufgegriffen: Nachdem sich die Winter-Gruppe dafür ausgesprochen hatte, ein festes Kapital gemeinschaftsrechtlich zumindest nicht mehr zwingend vorzuschreiben,3 kündigte die Kommission in ihrem gesellschaftsrechtlichen Aktionsplan im Mai 2003 ein zweistufiges Vorgehen an.4 In einem ersten Schritt soll die 2. Richtlinie im Hinblick auf Sacheinlagen, Aktienrückkäufe und Finanzierungshilfen gelockert werden.5 In einem zweiten Schritt wird „mittelfristig“ die Inauftraggabe einer Studie angekündigt, die Alternativen zum gegenwärtigen System untersuchen soll. Diese Studie wurde inzwischen ausgeschrieben.6 Allerdings hat sich offenbar niemand um ihre Durchführung beworben. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dem Mindestkapital als Teil des Systems des festen Kapitals. Das Gemeinschaftsrecht verlangt für Kapitalgesellschaften bestimmter Rechtsform (Art. 2 Abs. 1 der 2. Richtlinie – für Deutschland: die Aktiengesellschaft) ein gezeichnetes Kapital von mindestens 25.000 Euro (Art. 6 Abs. 1 der 2. Richtlinie). Das deutsche Recht geht darüber hinaus und normiert für Aktiengesellschaften ein Mindestgrundkapital von 50.000 Euro (§ 7 AktG) und für Gesellschaften mit beschränkter Haftung ein Mindeststammkapital von 25.000 Euro (§ 5 Abs. 1 GmbHG). Die Societas Europaea (SE) als „Flaggschiff“ 7 des europäischen Gesellschaftsrechts steht nach Art. 4 Abs. 2 SE-VO 8 sogar erst ab einem Betrag von 120.000 Euro zur Verfügung, und zwar mit der Begründung, auf diese Weise eine „ausreichende Vermögensgrundlage“ sicherzustellen, ohne kleinen und mittleren Unternehmen die Gründung einer SE zu erschweren.9

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Rules of Capital Under Pressure of the Securities Markets, in: Hopt/Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets and Company Law, 2003, S. 95ff.; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695; Mülbert, DK 2004, 151; Wymeersch, Company Law in Europe and European Company Law, in: Referate für den 1. Europäischen Juristentag, 2001, S. 85ff. (Tz. 43). Ein sehr früher Beitrag aus ökonomischer Sicht ist Schneider, Mindestnormen zur Eigenkapitalausstattung als Beispiele unbegründeter Kapitalmarktregulierung?, in: Schneider (Hrsg.), Kapitalmarkt und Finanzierung, 1987, S. 85ff. Vgl. den Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über „Moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa“ (abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/company/company/ modern/index.htm), 2002, S. 87, 94 ff. Aktionsplan „Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union“, KOM(2003) 284 endg. v. 21. 5. 2003 (abrufbar unter der in Fn. 3 genannten Adresse), S. 20f. Vgl. den Vorschlag zur Änderung der 2. Richtlinie KOM(2004) 730 endg. v. 21. 9. 2004, abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/company/capital/index_ de.htm. Die Ausschreibung ist abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/dgs/internal_ market/calls_de.htm. Hopt, ZIP 1998, 96, 99. Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) v. 8. 10. 2001, ABl. L 294 v. 10. 11. 2001, S. 1ff. So Erwägungsgrund 13 SE-Verordnung.

Das Mindestkapital im System des festen Kapitals

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Ebenso wie das System des festen Kapitals insgesamt wird auch das Mindestkapital als Teil dieses Systems zunehmend kritisch beurteilt. Sogar einzelne Befürworter des Kapitalsystems billigen ihm keine wesentliche Bedeutung zu.10 Bemängelt wird vor allem, dass derselbe Betrag nicht für alle in Betracht kommenden Unternehmen passe. Da das satzungsmäßig festgelegte Kapital als Puffer zum Abfangen geschäftlicher und sonstiger Rückschläge dienen soll, müsste seine Höhe an sich auf die Größe der zu erwartenden Risiken abgestimmt sein. Das Mindestkapital sei indes für viele Unternehmen zu gering bemessen.11 Es könne allenfalls dazu dienen, eine gewisse – niedrige – Seriositätsschwelle zu errichten.12 In Abschnitt II. werden wir zunächst den Stellenwert des Mindestkapitals als Teil des Systems des festen Kapitals bestimmen. Abschnitt III. erörtert sodann die Frage, für welche Unternehmen das Mindestkapital überhaupt ökonomisch und juristisch relevant ist. Da sich das Mindestkapital als „Preis“ für die Erlangung beschränkter Haftung charakterisieren lässt, beschäftigt sich Abschnitt IV. mit der Funktion, aber auch den Gefahren beschränkter Haftung bei den Unternehmen, für welche das Mindestkapital bedeutsam ist. Abschnitt V. analysiert sodann die Kosten/Nutzen-Effekte des Mindestkapitals aus ökonomischer Sicht. Es wird sich zeigen, dass diese wohl zumindest dann nicht negativ sind, wenn der Prüfungsaufwand bei der Gründung begrenzt wird. Gegenstand von Abschnitt VI. sind sodann die rechtspolitischen Handlungsoptionen, die sich aus diesem Befund vor allem im Hinblick auf eine mögliche Revision der 2. Richtlinie ergeben. Dabei geht es zum einen um Änderungen auf der Basis des derzeitigen Systems, zum anderen aber auch um einen möglichen Systemwechsel, etwa in Gestalt einer Freigabe des Mindestkapitalerfordernisses im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten. In Abschnitt VII. werden die Ergebnisse der Untersuchung thesenartig zusammengefasst.

10 Vgl. etwa Schön, EBOR 5 (2004), 429, 436 ff.; T. Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, 2005, S. 31 („Das Gesetz könnte daher auf einen festen Mindestbetrag des Grundkapitals ebenso gut verzichten“). Vgl. auch Hertig/Kanda, in: Kraakman/Davies/Hansmann/Hertig/Hopt/Kanda/Rock, The Anatomy of Corporate Law, 2004, S. 84: „Thus, the function of minimum capital, and its continuing popularity in much of the world, poses something of a puzzle.“ 11 Vgl. Davies, AG 1998, 346, 353; Armour, Modern L. Rev. 63 (2000), 355, 371f.; Enriques/Macey, Cornell L. Rev. 86 (2001), 1165, 1185f., 1199; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 718; Mülbert, DK 2004, 151, 154f.; Merkt, ZGR 2004, 305, 317f.; Eidenmüller, FS Heldrich, 2005, 581, 593; Grunewald/Noack, GmbHR 2005, 189, 190. 12 Allen/Kraakman, Commentaries and Cases on the Law of Business Organization, 2003, S. 137 (“de minimis screening”); T. Bezzenberger, aaO (Fn. 10), S. 30; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2003, S. 215; G. Roth, FS Doralt, 2004, 479, 482; Merkt, ZGR 2004, 305, 317f.; Eidenmüller, FS Heldrich, 2005, 581, 593.

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II. Mindestkapital, Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung Das durch die 2. Richtlinie vorgegebene System des festen Kapitals ruht auf drei Säulen: zum einen auf Regeln über die Aufbringung des satzungsmäßig festgelegten Kapitals, zum anderen auf solchen über dessen Erhaltung und schließlich auf der Festlegung eines bestimmten Mindestkapitals. Die zuletzt genannte Anforderung ist kein konstitutives Element des Gesamtsystems. Dieses kann auch ohne ein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital bestehen. So ist jüngst beispielsweise vorgeschlagen worden, das satzungsmäßig festgelegte Kapital als eine „kollektive Haftungszusage“ der Gesellschafter an die Gläubiger zu interpretieren.13 Diese Rationalisierung des Systems des festen Kapitals ist von der Existenz eines Mindestkapitals unabhängig. Demzufolge ist es durchaus denkbar, auf das Mindestkapitalerfordernis zu verzichten, die übrigen Bausteine des Systems des festen Kapitals jedoch beizubehalten. Das gilt gleichermaßen für die 2. Richtlinie und die zu ihrer Umsetzung erlassenen mitgliedstaatlichen Vorschriften wie für die außerhalb der Reichweite der 2. Richtlinie ergangenen Rechtsetzungsakte der Mitgliedstaaten. Es ist deshalb kein Systembruch, wenn etwa der deutsche Gesetzgeber derzeit erwägt, das Mindeststammkapital bei der GmbH von 25.000 Euro auf 10.000 Euro herabzusetzen oder auf ein entsprechendes Mindeststammkapital sogar ganz zu verzichten. Umgekehrt gilt dies allerdings nicht. Mit anderen Worten: Die Normierung eines Mindestkapitals ohne gleichzeitige Normierung von Regeln über dessen Aufbringung sowie Erhaltung ist zwar theoretisch denkbar, aber offensichtlich nicht sinnvoll – ansonsten stünde die Mindestkapitalziffer im wahrsten Sinne des Wortes nur auf dem Papier. Daraus ergeben sich wichtige Folgen: Die Entscheidung für ein (bestimmtes) Mindestkapital impliziert eine Entscheidung für das System des festen Kapitals insgesamt, insbesondere für (bestimmte) Regeln über die Kapitalaufbringung und -erhaltung und die Kosten, die mit der Prüfung der Einhaltung dieser Regeln verbunden sind. In diesem Sinne lassen sich die Kosten/ Nutzen-Effekte eines Mindestkapitals nicht ohne Einbeziehung der Vorschriften über die Kapitalaufbringung und -erhaltung beurteilen.

III. Relevanz des Mindestkapitals 14 Für eine Vielzahl von Unternehmen ist das Erfordernis eines Mindestkapitals ökonomisch und juristisch vergleichsweise uninteressant: Sofern der Eigenkapitalbedarf 50.000 bzw. 25.000 Euro ohnehin überschreitet, spielt es keine Rolle. 13 Schön, EBOR 5 (2004), 429, 438 ff. Krit. dazu G. Roth, FS Doralt, 2004, 479, 483f.; Eidenmüller/Engert, AG 2005, 97, 105f. 14 Wesentliche Gedanken der folgenden Abschnitte III.–V. entnehmen wir Eidenmüller/Engert, GmbHR 2005, 433.

Das Mindestkapital im System des festen Kapitals

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Wie hoch dieser Eigenkapitalbedarf ist, hängt vor allem von der Art und Größe des Unternehmens und den Anforderungen ab, die der Kreditmarkt an die Eigenkapitalziffer stellt.15 Große, kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften verfügen demzufolge regelmäßig über ein Eigenkapital, welches das Mindestkapital weit übersteigt. Gleiches gilt für das (feste) Grundkapital solcher Gesellschaften.16 Auch die potentiell kosten- und verzögerungsträchtige Sacheinlageprüfung spielt bei entsprechenden Unternehmen regelmäßig keine Rolle. Sie erstreckt sich nur auf den Nennbetrag der dafür zu gewährenden Aktien (Art. 10 Abs. 2 der 2. Richtlinie). Bei signifikanten Sachgründungen aber wird dieser Betrag zumeist problemlos erreicht. Demgegenüber könnten kleine Unternehmen oft auch mit weniger Eigenmitteln gegründet werden. Hier wird das Mindestkapital spürbar. Die Gründer stellt es vor die Entscheidung, ihr Unternehmen entweder mit der geforderten Summe an Eigenkapital auszustatten oder es als Personengesellschaft bzw. Einzelkaufmann zu betreiben. Diese Rechtsformen unterscheiden sich von einer Kapitalgesellschaft vor allem durch die unbeschränkte Haftung. Wenn also das Mindestkapital der „Preis“ für die Haftungsbeschränkung ist, so ist zunächst zu klären, welche sinnvolle Funktion diese bei kleinen Unternehmen erfüllt. Weiter ist aber auch nach den ökonomischen Gefahren einer Haftungsbeschränkung zu fragen. Ohne derartige Nachteile wäre nicht zu begründen, weshalb ein besonderer „Preis“ dafür gefordert werden sollte.

IV. Mindestkapital und beschränkte Haftung 1. Ökonomische Funktion der Haftungsbeschränkung Die ökonomische Funktion der Haftungsbeschränkung ist bereits mehrfach Gegenstand ausführlicher Analysen gewesen.17 Die in diesen Analysen angestellten Erwägungen beziehen sich allerdings überwiegend auf große Unternehmen:

15 Vgl. Eidenmüller/Engert, AG 2005, 97, 105. 16 Im Folgenden findet sich eine Auswahl deutscher DAX-Aktiengesellschaften mit ihrem Grundkapital zum 31. 12. 2003 (gerundet, Quelle: Geschäftsberichte): Allianz AG, 985 Mio. Euro; BMW AG, 674 Mio. Euro; Deutsche Bank AG, 1.490 Mio. Euro; Deutsche Lufthansa AG, 977 Mio. Euro; Deutsche Post AG, 1.113 Mio. Euro; Schering AG, 194 Mio. Euro; Siemens AG, 2.673 Mio. Euro; Infineon Technologies AG, 1.442 Mio. Euro; ThyssenKrupp AG, 1.317 Mio. Euro; DaimlerChrysler AG, 2.633 Mio. Euro. 17 Grundlegend etwa Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S. 41 ff. bzw. Easterbrook/Fischel, U. Chi. L. Rev. 52 (1985), 89, 93 ff. Vgl. auch den Überblick bei Hansmann/Kraakman, Yale L. J. 110 (2000), 387, 423 ff.; Eidenmüller, JZ 2001, 1041, 1042.

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So ermöglicht erst die Haftungsbeschränkung einen breiten Markt für Gesellschaftsanteile und damit eine diversifizierte Investition in unterschiedliche Unternehmen, indem sie das unternehmensspezifische Risiko begrenzt und gleichzeitig den Wert des einzelnen Anteils von den privaten Vermögensverhältnissen der anderen Gesellschafter unabhängig macht. Auch die Trennung von Eigentum und Kontrolle – ebenfalls eine Voraussetzung für Diversifizierung – wird durch eine beschränkte Haftung erleichtert. Für kleine Gesellschaften sind diese Gesichtspunkte allerdings nahezu bedeutungslos, weil sich deren Anteile ohnehin nicht für öffentliche Kapitalmärkte eignen und die Gesellschafter regelmäßig selbst die Geschäfte führen. Beschränkte Haftung ist bei Kleinunternehmen daher wohl vor allem mit Rücksicht auf die individuelle Risikoabneigung der Gründer sinnvoll. Diese müssen fürchten, bei einem unternehmerischen Fehlschlag „Haus und Hof“ zu verlieren.18 Dieses Risiko wird durch die beschränkte Haftung natürlich nicht beseitigt, sondern nur auf die Gläubiger verschoben. Indes kann gerade dies effizient sein, weil die Kreditgeber der Gesellschaft häufig eine Vielzahl von Schuldnern haben und damit weitaus besser diversifiziert sind als ein Gesellschafter, der einen großen Teil seines Vermögens und seine gesamte Arbeitskraft in das Unternehmen investiert.19 Im Vergleich mit den USA kommt hinzu, dass die Insolvenz einer natürlichen Person in vielen europäischen Staaten ökonomisch kostspieliger ist. Eine Restschuldbefreiung ist beispielsweise in Deutschland an strenge Voraussetzungen gebunden und nicht vor Ablauf von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erreichen (§§ 300 Abs. 1, 287 Abs. 2 InsO). Während dieser Zeit wird das Humankapital (Fähigkeiten und Arbeitskraft) der fraglichen Person nur schlecht genutzt, weil ihr Leistungsanreiz durch die Abtretung aller pfändbaren Bezüge und die Verpflichtung aus § 295 Abs. 2 InsO eingeschränkt ist. Wenn eine solche Situation durch die Haftungsbeschränkung von vornherein verhindert wird, liegt auch darin ein Effizienzvorteil. Aus der Funktion der beschränkten Haftung ergibt sich zugleich, unter welchen Umständen Unternehmensgründer besonders an ihr interessiert sind. Das ist immer dann der Fall, wenn die Risiken eines Unternehmens groß sind.20 Vergleichsweise risikoarme Aktivitäten können demgegenüber auch in unbeschränkt haftender Rechtsform ausgeübt werden. Zu denken ist etwa an Dienstleistungen, bei denen der Unternehmer die erforderlichen Investitionen (Sachmittel, Anlaufverluste usw.) selbst finanzieren kann, oder an die Verwaltung von Vermögensgegenständen ohne große Verlustrisiken (z. B. maßvoll beliehene Grundstücke). Allerdings lässt sich bei kaum einer Tätigkeit die Gefahr einer großen Einbuße 18 Vgl. Lutter, AG 1998, 375. 19 Vgl. Cheffins, Company Law: Theory, Structure, and Operation, 1997, S. 499ff. 20 Zum Begriff des Risikos als Streuung zukünftiger Rückflüsse vgl. etwa Franke/ Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. Aufl. 2004, S. 267ff.

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ganz ausschließen. So besteht bei vielen Dienstleistungen, aber auch bei der Verwaltung von Grundstücken die keineswegs ganz geringfügige Gefahr einer (umfassenden) vertraglichen oder deliktischen Haftung. Derartige Risiken sind jedoch häufig versicherbar, so dass allein ihretwegen die Haftungsbeschränkung nicht immer gebraucht wird. Der Abschluss etwa einer Haftpflichtversicherung ist also teilweise ein ausreichender Ersatz für die Nutzung einer Kapitalgesellschaft als Unternehmensträger.21 Umgekehrt ist der Bedarf an Haftungsbeschränkung dort am stärksten, wo (große) unternehmerische – und deshalb nicht versicherbare – Risiken eingegangen werden sollen.

2. Risikoanreizproblem Dass die beschränkte Haftung unternehmerische Risiken anzieht, ist für sich genommen kein Nachteil: Die Vertragspartner einer Kapitalgesellschaft können sich die von ihnen zu tragende Ausfallgefahr durch höhere Zinsen vergüten lassen oder Sicherungen vereinbaren. Aus den bereits genannten Gründen – insbesondere ihrer stärkeren Diversifikation – werden sie häufig besser als die Gesellschafter dazu in der Lage sein, einen Teil der unternehmerischen Risiken zu tragen. Höhere Zinsen bzw. Sicherheiten werden dann durch die Vorteile für die Unternehmensgründer mehr als aufgewogen. Indes verteilt die beschränkte Haftung nicht nur vorgegebene Risiken. Indem sie den Gesellschaftern Verlustrisiken über einen gewissen Betrag hinaus abnimmt, verändern sich auch deren unternehmerische Entscheidungen: Da die Gesellschafter von großen Gewinnen allein profitieren, von schweren Verlusten aber nicht berührt werden (genauer gesagt: nur bis zur Höhe des vorhandenen Eigenkapitals berührt werden), haben sie nun ein Interesse an derartigen extremen Entwicklungen – und damit an höheren Risiken. Die normalerweise vorherrschende, individuelle Risikoabneigung wird von einem Risikoanreiz überlagert.22 Dieser ist umso stärker, je niedriger die Eigenkapitalposition der Gesellschafter ist. Im Ergebnis kann er dazu führen, dass sich bestimmte „Geschäftsideen“ aus deren Sicht nur deshalb lohnen, weil ein Teil der möglichen Verluste nicht von ihnen selbst getragen wird: Die beschränkte Haftung fördert auch ökonomisch unrentable Unternehmen, sofern es den Gründern gelingt, die Verlustgefahr hinreichend auf die Gläubiger (und andere Unternehmensbeteiligte) umzulenken. Wer einem solchen unrentablen Unternehmen Kredit gewährt, erleidet wirtschaftlich eine Einbuße: Zwar kommt es nicht stets zu einem Forderungsausfall. 21 Vgl. Easterbrook/Fischel, aaO (Fn. 17 [Economic Structure]), S. 47f. 22 Vgl. etwa Ross/Westerfield/Jaffe, Corporate Finance, 7. Aufl. 2005, S. 438f.; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 22f.; Eidenmüller, JZ 2001, 1041, 1048 f.; Engert, ZGR 2004, 813, 822 ff.

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Aber die statistisch zu erwartenden Rückflüsse decken bei derartigen Krediten nicht die Kapitalkosten. Selbstverständlich ist den Gläubigern auch bewusst, dass die beschränkte Haftung dazu einlädt, derartige unrentable Unternehmen zu gründen. Jedoch wird es ihnen häufig schwer fallen, zwischen „guten“ und „schlechten“ Gesellschaften zu unterscheiden. Über viele erfolgsrelevante Faktoren wie die persönliche Qualifikation der Gesellschafter und die Marktgegebenheiten sind die Gründer sehr viel besser im Bilde als mögliche Kreditgeber. Wenn eine solche Informationsasymmetrie nicht zu vertretbaren Kosten ausgeglichen werden kann, führt sie regelmäßig zu einem (Teil-)Versagen des betreffenden Marktes.23 Auch aussichtsreiche Unternehmen erhalten dann keine ausreichende Finanzierung, weil für potentielle Kreditgeber die Gefahr zu groß ist, an ein unrentables Unternehmen zu geraten. Im Ergebnis droht sich damit die Haftungsbeschränkung selbst auszuhebeln: Indem sie gerade für wenig aussichtsreiche Geschäftsgründungen besonders attraktiv ist, müssen Kreditgeber eine Negativauslese schlechter Kreditrisiken fürchten. Kapitalgesellschaften mit beschränkter Haftung könnten stigmatisiert werden, so dass seriöse Unternehmen nur noch in unbeschränkt haftender Rechtsform gegründet werden. Besonders groß ist diese Gefahr bei kleinen Unternehmen, weil bei ihnen die Verringerung von Informationsasymmetrien relativ – gemessen an der Kreditsumme – kostspieliger ist: Der Informations- und Überwachungsaufwand für zehn Darlehen in Höhe von 50.000 Euro ist deutlich größer als der für ein einziges Darlehen in Höhe von 500.000 Euro.

V. Effizienzeffekte des Mindestkapitals Mit der Gefahr einer Negativauslese ist ein Problem bezeichnet, das durch ein Mindestkapitalerfordernis möglicherweise gemildert wird. Hieraus ergeben sich die ökonomischen Vorteile eines solchen Erfordernisses. Zu berücksichtigen sind aber selbstverständlich auch mögliche Effizienznachteile. Vor- und Nachteile (Nutzen und Kosten) lassen sich nicht präzise quantifizieren, sondern nur (grob) abschätzen.

1. Nutzen des Mindestkapitals Muss eine Aktiengesellschaft mit wenigstens 25.000 Euro (so die Vorgabe der 2. Richtlinie) bzw. 50.000 Euro (so das deutsche Recht) Grundkapital ausgestattet werden, so erschwert dies die Gründung unrentabler Unternehmen. Immerhin müssen die Gesellschafter nun einen nicht unerheblichen Betrag aufs Spiel setzen, 23 Zum Problem der adversen Selektion grundlegend Akerlof, Q. J. of Econ. 84 (1970), 488.

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der zudem vorrangig für entstehende Verluste haftet. Zwar ist es sicher richtig, dass das Mindestkapital für viele größere Unternehmen völlig unzureichend ist.24 Daraus ergibt sich jedoch noch kein schlagender Einwand gegen die Nützlichkeit eines solchen Erfordernisses bei kleinen Unternehmen. Gleiches gilt auch für den Vorwurf, das Mindestkapital spiegele nur eine Anfangsausstattung wider und sei deshalb für die Gläubiger unerheblich.25 Sofern ein Mindestkapitalerfordernis überhaupt die Gründung beschränkt haftender Kapitalgesellschaften verhindert – was angesichts der großen Nachfrage etwa deutscher Unternehmensgründer nach der englischen oder irischen Limited (statt nach einer deutschen GmbH) nahe liegt –, dann ist eine Filterwirkung kaum zu leugnen.26 Auf den ersten Blick gravierender ist hingegen ein anderer Einwand: Dass ein Eigenbeitrag der Gründer die Durchschnittsqualität der mit Haftungsbeschränkung betriebenen Unternehmen verbessern kann, wissen natürlich auch potentielle Vertragspartner. Es ist deshalb keineswegs klar, weshalb eine zwingende gesetzliche Regelung erforderlich sein sollte. Gerade die Vorschriften über die Kapitalaufbringung und -erhaltung (die für die vorliegende Untersuchung als gegeben unterstellt werden) erleichtern es den Gläubigern, eine ausreichende Risikotragung durch die Gründer durchzusetzen.27 Echte ökonomische Vorteile erbringt ein Mindestkapitalerfordernis daher nur, wenn sich zeigen lässt, dass auch dieser Marktmechanismus wenigstens zum Teil versagt. Tatsächlich sprechen gute Gründe für eine solche Annahme. Zunächst einmal können natürlich nur Vertragspartner auf einen Eigenbeitrag der Gesellschafter achten. Gesetzliche Gläubiger haben diese Möglichkeit nicht. Weiter muss man sich vor Augen halten, dass die Kreditwürdigkeit einer bestimmten Gesellschaft von einer großen Zahl unterschiedlicher Faktoren abhängt. Für viele Vertragspartner – etwa Lieferanten – lohnt es sich angesichts eines relativ geringen Kreditvolumens gegenüber dem einzelnen Unternehmen nicht, alle diese Informationen zu beschaffen. Um die Höhe des gezeichneten und einbezahlten Kapitals einer Gesellschaft festzustellen, muss immerhin das Handelsregister eingesehen (bzw. abgerufen) werden. Das ist kein vernachlässigbarer Aufwand. Die Situation ähnelt der bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Dort wird zu Recht unterstellt, dass jede einzelne Klausel für den Vertragspartner des Verwenders zu unbedeutend ist, um eine Überprüfung zu rechtfertigen.28 24 So eine verbreitete Kritik, vgl. etwa Davies, AG 1998, 346, 353; Enriques/Macey, Cornell L. Rev. 86 (2001), 1165, 1185 f.; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 718; Schön, EBOR 5 (2004), 429, 437. 25 Vgl. etwa Enriques/Macey, Cornell L. Rev. 86 (2001), 1165, 1186f. 26 Fragen kann man allerdings, ob diese Filterwirkung womöglich auch die Gründung rentabler Unternehmen verhindert, vgl. näher im Text Abschnitt V. 2. 27 Dies ist der außerordentlich einleuchtende Kerngedanke bei Schön, EBOR 5 (2004), 429, 438ff. 28 Vgl. etwa Schäfer, FS Ott, 2002, 279.

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Nicht tragfähig ist diese Argumentation allerdings bei Bankkrediten, auf die nur wenige kleine Unternehmen verzichten können. Zudem würde es an sich genügen, wenn nur ein entsprechender Kreditgeber (etwa die „Hausbank“) ein ausreichendes festes Kapital durchsetzt – in diesem Fall erübrigte sich eine gesetzliche Bestimmung. Indessen ist eine Bank natürlich nur an ihrer eigenen Sicherung interessiert. Deshalb wird sie nicht in erster Linie auf hohe Einlagen der Gründer in die Gesellschaft dringen, sondern auf die Gewährung von Kreditsicherheiten. Als solche eignen sich die (mit dem Darlehen beschafften) Investitionsgüter, vor allem aber Sach- und Personalsicherheiten aus dem Privatvermögen der Gesellschafter. Diesen wird also zumeist doch ein Mindestbetrag an eigenen Mitteln abverlangt werden, wenn auch nur in Form einer Kreditsicherheit zugunsten der Bank.29 Auch ein solcher Eigenbeitrag („Quasi-Eigenkapital“) wirkt der Gründung unrentabler Unternehmen entgegen, wenn – dies ist der entscheidende Punkt – ein Zusammenbruch der Gesellschaft zur Inanspruchnahme der Sicherheit führt. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, fehlt es hinsichtlich des Unternehmens an einem nennenswerten eigenen Verlustrisiko der Gründer, so etwa dann, wenn die erforderlichen Investitionen außerhalb der Gesellschaft getätigt werden, um sie im Falle eines Zusammenbruchs mit einer neuen „Betriebsgesellschaft“ weiter nutzen zu können. Dieses Szenario ist keineswegs völlig unrealistisch. Das zwingende Mindestkapital erschwert es somit, Unternehmen „aufzuspalten“ und Verlustrisiken in einer Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung zu konzentrieren, um sie auf kleinere Vertragspartner, Arbeitnehmer und gesetzliche Gläubiger abzuwälzen. Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu. Zwar ist das Mindestkapital kein separates, von dem übrigen Gesellschaftsvermögen getrenntes und nur für die Gläubiger reserviertes Vermögen, wie es der missverständliche Ausdruck „Haftungsfond“ suggeriert. Vielmehr kann und soll es als Betriebsmittel für das Unternehmen eingesetzt werden und nimmt daher an dem wirtschaftlichen Wagnis voll teil; lediglich ein Rückfluss an die Gesellschafter ist untersagt. Allerdings wirkt das von den Gesellschaftern aufzubringende Kapital in begrenztem Maß als Risikopuffer, weil Verluste zuerst zu Lasten dieses Postens gehen.30 Das dürfte –

29 Daten über die Kapitalisierung kleinerer (personalistisch strukturierter) Kapitalgesellschaften bestätigen diese Einschätzung. So verfügten in Deutschland nur 11 % der von Januar bis Oktober 2004 neu gegründeten Gesellschaften mit beschränkter Haftung über ein Stammkapital von mehr als 25.000 Euro (Auskunft des Verbands der Vereine Creditreform e.V. gegenüber den Verf. vom 17. 11. 2004). Die Eigenkapitalquoten nicht börsennotierter Aktiengesellschaften liegen deutlich unter denjenigen von Publikums-Aktiengesellschaften und denjenigen sonstiger börsennotierter Aktiengesellschaften, vgl. T. Bezzenberger, aaO (Fn. 10), S. 39ff. 30 Diese Wirkung ist allerdings sehr krude und begrenzt, weil das Mindestkapital keinen Bezug zu dem konkreten Risikoprofil einer Gesellschaft besitzt und auch

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ebenso wie die Selektion erfolgreicherer Geschäftsmodelle – die Insolvenzwahrscheinlichkeit und damit auch die erwarteten Insolvenzkosten reduzieren: Jedenfalls kleinere und nicht abrupte wirtschaftliche Rückschläge lassen sich so auffangen und schlagen nicht unmittelbar und sofort auf die Gläubiger durch. Dadurch wird auch der Risikoanreiz der Gesellschafter bei entsprechenden Rückschlägen zumindest etwas gemildert.31 Gleichzeitig ist nach dem oben Ausgeführten nicht zu erwarten, dass der Marktmechanismus diese Funktion adäquat immer übernehmen kann. Eine zwingende gesetzliche Regelung erscheint damit geboten.

2. Kosten des Mindestkapitals Dem gesetzlichen Mindestkapital lässt sich also ein gewisser Nutzen nicht absprechen. Diesem stehen indes auch Nachteile gegenüber, die sich in zwei Gruppen einteilen lassen: Zum einen kann ein gesetzlich geforderter Eigenbeitrag der Gründer auch einmal rentable Unternehmen behindern. Zum anderen zwingt das Mindestkapital die Gesellschafter dazu, von dem System des festen Kapitals insgesamt Gebrauch zu machen und dabei Kosten insbesondere für die gerichtliche Überwachung der Kapitalaufbringung zu tragen.

a) Gründungserschwernis für rentable Unternehmen Es leuchtet unmittelbar ein, dass das Mindestkapitalerfordernis zu hoch angesetzt werden kann. Natürlich ist es außerordentlich schwierig, ein handhabbares Maß für das erforderliche Eigenkapital einer Gesellschaft zu finden. Dies scheitert zwar nicht bereits daran, dass hierzu keine wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisse vorlägen.32 Die ökonomische Finanzierungstheorie hat durchaus Gesichtspunkte für die angemessene Kapitalstruktur von Unternehmen heraus-

keine Pflicht zur (Wieder-)Auffüllung eines verbrauchten Kapitals besteht, vgl. Eidenmüller, FS Heldrich, 2005, 581, 593. 31 Freilich wird diese verhaltenssteuernde Wirkung des Mindestkapitals auch dadurch sehr begrenzt, dass bei Aktiengesellschaften – anders als bei geschlossenen Gesellschaften – eine unmittelbare Einflussnahme der Gesellschafter auf geschäftspolitische Entscheidungen häufig ausgeschlossen ist (vgl. etwa für Deutschland § 76 Abs. 1 AktG), der Risikoanreiz der Gesellschafter also nicht unmittelbar auch das Verhalten der Geschäftsleiter determiniert. Vgl. zu diesen Fragen Davies, EBOR 7 (2006) [im Druck]. 32 So allerdings – unter Berufung auf die Irrelevanztheoreme von Modigliani/Miller, Am. Econ. Rev. 48 (1958), 261 – Schön, EBOR 5 (2004), 429, 437; Schneider, aaO (Fn. 2), S. 90f.

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gearbeitet.33 Diese lassen sich allerdings nicht auf eine einfache Formel bringen, mit der ein konkreter Kapitalbedarf ermittelt werden könnte.34 Unterstellt man einmal, dass die durchschnittliche Eigenkapitalquote kleiner Unternehmen in Deutschland von etwa 5 % ökonomisch jedenfalls nicht offensichtlich unangemessen ist,35 so besagt ein Mindestkapital in Höhe von 25.000 Euro (die Vorgabe der 2. Richtlinie), dass eine Kapitalgesellschaft ein Gesellschaftsvermögen in Höhe von 500.000 Euro erreichen muss, um diesem (hypothetischen) Ideal zu entsprechen. Bei einem Mindestkapital für die Aktiengesellschaft von 50.000 Euro (deutsches Recht) ergäbe sich ein Wert von 1 Mio. Euro. Geht man demgegenüber von einer „angemessenen“ Eigenkapitalquote von 10 % aus, hätte dies Werte von 250.000 Euro bzw. 500.000 Euro zur Folge. Unternehmen mit einem entsprechenden Gesellschaftsvermögen sind jedenfalls nicht als ganz kleine anzusehen – zumindest die typische „Ich-AG“ würde es danach jedenfalls nicht zur Rechtsform einer Aktiengesellschaft, ja nicht einmal zu derjenigen einer GmbH bringen. Es lässt sich daher wohl nicht ausschließen, dass das Mindestkapitalerfordernis rentable Unternehmen zu einer unangemessen hohen Eigenkapitalquote oder zu einem Verzicht auf die Wahl einer Rechtsform mit beschränkter Haftung zwingt. Zu denken ist insbesondere an bestimmte Dienstleistungsbetriebe mit niedrigem Investitionsbedarf.36 In Einzelfällen könnte das Mindestkapital sogar die Gründung eines rentablen Unternehmens verhindern. Man kann insoweit von Opportunitätskosten des Mindestkapitals sprechen. Indes dürfte ein solches Szenario nur selten eintreten, denn es müssten drei Umstände zusammenkommen: Erstens muss es einem einzelnen Gründer unmöglich sein, 25 % des Nennbetrags der Aktien einzuzahlen (Art. 9 Abs. 1 der 2. Richtlinie, § 36a Abs. 1 AktG), also 6.250 Euro (2. Richtlinie) bzw. 12.500 Euro (deutsches Recht). Zweitens muss das unternehmerische Risiko aus Sicht der Gründer so schwer wiegen, dass sie ihr Vorhaben lieber aufgeben, als die unbeschränkte Haftung in Kauf zu nehmen. Drittens schließlich muss das ins Auge gefasste Unternehmen so aussichtsreich sein, dass die erwarteten Rückflüsse wenigstens die banküblichen Zinsen für die zu tätigenden Investitionen und ein auskömmliches Einkommen für die Gründer decken. Häufig dürften diese drei Umstände nicht zusammentreffen.

33 Vgl. den Literaturüberblick von Harris/Raviv, J. Fin. 46 (1991), 297. 34 Vgl. K. Schmidt, JZ 1984, 771, 777f. 35 Die Zahl bezieht sich auf das Jahr 1998 und auf Unternehmen mit weniger als fünf Millionen DM Jahresumsatz, vgl. Deutsche Bundesbank, Verhältniszahlen aus Jahresabschlüssen west- und ostdeutscher Unternehmen für 1998, 2001, S. 14. Sie ist insofern unzutreffend, als das Eigenkapital bilanziell typischerweise deutlich zu gering ausgewiesen wird. 36 Vgl. Grunewald/Noack, GmbHR 2005, 189, 190.

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b) Kosten der Gründungsprüfung Stärker ins Gewicht fallen kann demgegenüber ein zweiter Kostenpunkt: Ein Mindestkapital erzwingt nämlich gerade für kleinere Unternehmen die gerichtliche Kontrolle der realen Kapitalaufbringung. Der Aufwand hält sich in Grenzen, wenn Bareinlagen erbracht werden. Handelt es sich hingegen um Sacheinlagen, muss eine Gründungsprüfung durch einen unabhängigen Prüfer erfolgen. Dieser hat unter anderem zu ermitteln, ob der Wert der Sacheinlagen den Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien erreicht (Art. 10 Abs. 2 der 2. Richtlinie, § 34 Abs. 1 Ziff. 2 AktG). Der dadurch hervorgerufene finanzielle und sonstige Aufwand ist dem Mindestkapital anzulasten: 37 Es erscheint wenig wahrscheinlich, dass die Gründer ohne ein solches Erfordernis ein festes Kapital in signifikanter Größenordnung wählen und sich damit einer so aufwendigen Prüfung unterziehen würden. Wie bereits dargelegt, ist nämlich nicht zu erwarten, dass die Höhe des Kapitals bei potentiellen Vertragspartnern eine signifikante Beachtung findet (vgl. oben Abschnitt V. 1.). Andererseits kann auf eine Prüfung der Kapitalaufbringung auch nicht ganz verzichtet werden, ohne das Ziel des Mindestkapitals zu gefährden: Könnten sich die Gründer mit nicht werthaltigen Vermögensgegenständen von ihrer Einlagepflicht befreien, so müssten sie im wirtschaftlichen Ergebnis eben doch kein nennenswertes Eigenrisiko übernehmen (vgl. oben Abschnitt II.). Vorstellbar wäre es aber, Sacheinlagen erst dann zu überprüfen, wenn es auf die befreiende Leistung rechtlich ankommt, nämlich in einem Nachforderungsprozess in der Insolvenz der Gesellschaft.38 Dies hätte eine nicht unerhebliche Kostenersparnis zur Folge: Eine Prüfung würde nicht mehr in jedem Fall, sondern nur noch für insolvente Gesellschaften erfolgen. Die Beweislast für die Werthaltigkeit der Einlagen wäre den Gesellschaftern aufzubürden.39 Das ist diesen zumutbar: Sie könnten dann bei der Gründung selbst entscheiden, welchen Aufwand sie treiben, um diese Werthaltigkeit „im Fall des Falles“ später dokumentieren zu können. Dadurch würde der Prüfungsaufwand insgesamt auch bei unterstellter Vorsicht der Grün-

37 Vgl. Eidenmüller, FS Heldrich, 2005, 581, 593. Die geplanten Änderungen der Richtlinie (vgl. KOM(2004) 730 endg. v. 21. 9. 2004, S. 10 ff. [Einfügung von Art. 10a und 10b]) werden insoweit gewisse Erleichterungen bringen. 38 Weitergehend schlägt Kallmeyer, GmbHR 2004, 377, 379f. vor, dass sich die Haftung der Gesellschafter überhaupt erst in der Insolvenz verwirklichen soll. Zu diesem Vorschlag Grunewald/Noack, GmbHR 2005, 189, 194f. Die derzeit geplanten Änderungen der Richtlinie (vgl. Fn. 37) beschränken sich demgegenüber darauf, in bestimmten Fällen einen Sachverständigenbericht nicht mehr zwingend vorzuschreiben. Darin liegt ein Fortschritt gegenüber dem status quo im Sinne einer Verringerung des Prüfungsaufwandes. Der im Text gemachte Vorschlag geht darüber allerdings noch hinaus. 39 Vgl. Grunewald, FS Rowedder, 1994, 111, 116.

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der wohl reduziert, weil diese die Werthaltigkeit der Einlagen selbst am besten einschätzen können und deshalb den Dokumentationsaufwand dem Einzelfall anpassen würden.40

3. Gesamtwürdigung Versucht man eine Gesamtwürdigung der Effizienzeffekte des Mindestkapitals, so ist zunächst nochmals darauf hinzuweisen, dass insoweit allenfalls eine quantitative Grobabschätzung möglich ist. Sodann ist festzuhalten, dass die symbolische Bedeutung dieser Frage für die (vermeintliche) Modernisierung des Gesellschaftsrechts ihre ökonomische Tragweite wohl weit übersteigt.41 Weder ist das Mindestkapital ein signifikanter Bremsklotz für vielversprechende Unternehmensgründungen noch ist es ein unverzichtbarer Eckpfeiler des Gläubigerschutzes – Letzteres schon deshalb nicht, weil es für alle etwas größeren Unternehmen bedeutungslos ist. Allerdings wäre es auch verfehlt, dem Mindestkapital jede Wirkung abzusprechen: Es sorgt dafür, dass eine Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung regelmäßig nur gründet, wer damit einigermaßen ernsthafte unternehmerische Absichten verfolgt. Eindeutig missbräuchliche Vorgehensweisen werden zwar nicht ausgeschlossen, aber doch erschwert. Bei den möglichen Nachteilen ist die Höhe des Mindestkapitals als solche unbedenklich: Wer für seine Geschäftsidee überhaupt 25.000 Euro (2. Richtlinie) bzw. 50.000 Euro (deutsches Recht) aufbringen kann, wird in aller Regel auch seine Mindesteinlage finanzieren können. Bei noch kleineren Vorhaben sollte auch eine Haftungsbeschränkung entbehrlich sein – gegenüber Unternehmen mit kleinstem Kapitalbedarf, aber großen Risiken ist Misstrauen angebracht. Problematisch ist daher allein der Fall, dass eine kleine Kapitalgesellschaft durch Sachgründung errichtet werden soll, insbesondere bei Einbringung eines kleinen Un-

40 Unter dem Gesichtspunkt der Fungibilität der Gesellschaftsanteile (Aktien) sollte die Haftung auf die Gründer beschränkt werden, also nachfolgende Erwerber nicht erfassen. Ansonsten drohte eine kostenträchtige Prüfung der Werthaltigkeit der erbrachten Einlagen durch jeden nachfolgenden Erwerber. Sinnvoll erscheint ferner eine Regelung, nach der die Haftung etwa nach zehn Jahren verjährt (vgl. beispielsweise § 9 Abs. 2 GmbHG). Je länger die Gründung zurückliegt, desto schwieriger und damit kostenträchtiger wird die Werthaltigkeitsprüfung und desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit, dass die eingetretene Insolvenz durch eine unzureichende Kapitalausstattung mitverursacht wurde. 41 Zu Recht hat die von der EU-Kommission berufene Hochrangige Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts in ihrem Bericht, aaO (Fn. 3), S. 88 bezogen auf die 2. Richtlinie deshalb gemahnt, „ … nicht zu viel Zeit auf das Mindesteigenkapital zu verwenden, sondern relevanteren Fragen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.“

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ternehmens.42 Hier dürfte der Aufwand derzeit außer Verhältnis zu dem nicht sehr großen Nutzen des Mindestkapitals stehen. Indes ließe sich dieses Problem, wie soeben gesehen (vgl. oben Abschnitt V. 2. b)), mittels einer Ersetzung der zwingenden Sacheinlageprüfung bei Gründung durch eine (potentielle) Nachhaftung im Falle der Insolvenz deutlich abmildern. Zudem sind natürlich auch alternative Gläubigerschutzkonzepte nicht kostenlos zu haben: Verzichtete man nämlich auf das Mindestkapital, so müsste der Risikoanreiz von Gesellschaftern (vgl. oben Abschnitt IV. 2.) anders bekämpft werden, etwa durch eine Ausweitung der gesellschaftsrechtlichen und deliktischen Durchgriffshaftung sowie der persönlichen Haftung von Organwaltern. Damit aber sind zwangsläufig Administrations- und/oder Risikokosten verbunden.43 Entsprechende Administrationskosten brächte auch ein gesetzlicher Zwang zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung zugunsten bestimmter Gläubiger bzw. Gläubigergruppen (etwa Deliktsgläubiger) mit sich.44

VI. Rechtspolitische Optionen Auf dieser Grundlage sollen im Folgenden die rechtspolitischen Optionen für das Erfordernis eines Mindestkapitals im europäischen Gesellschaftsrecht diskutiert und bewertet werden. Dort begegnet das Mindestkapital zum einen in der europäischen Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (SE) und zum anderen in der für Aktiengesellschaften geltenden 2. Richtlinie (Kapitalrichtlinie). Mindestkapital bedeutet, dass ein bestimmter Betrag bei der Gründung ganz oder teilweise (Art. 9 der 2. Richtlinie) an die Gesellschaft zu leisten ist.

1. Societas Europaea (SE) Art. 4 Abs. 2 SE-VO bestimmt für die Europäische Gesellschaft, das „gezeichnete Kapital“ habe mindestens 120.000 Euro zu betragen. Aufbringung und Erhaltung des gezeichneten Kapitals regeln sich nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die SE eingetragen ist (Art. 5 SE-VO). Erwägungsgrund 13 erklärt die Regelung des Mindestkapitals wie folgt: „Um eine sinnvolle Unternehmens42 Bei größeren Sachgründungen verursacht das Mindestkapital wiederum keine Schwierigkeiten, vgl. im Text Abschnitt III. 43 Zutr. Lutter, AG 1998, 375, 377. 44 Dahingehende Vorschläge kommen vor allem von Kritikern des Mindestkapitals, vgl. etwa Armour, Modern L. Rev. 63 (2000), 355, 372; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 725; Schön, EBOR 5 (2004), 429, 438. Siehe auch die Analyse von Shavell, Minimum Asset Requirements and Compulsory Liability Insurance As Solutions to the Judgment-Proof Problem, NBER Working Paper 10341, 2004.

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größe dieser Gesellschaften zu gewährleisten, empfiehlt es sich, ein Mindestkapital festzusetzen, das die Gewähr dafür bietet, dass diese Gesellschaften über eine ausreichende Vermögensgrundlage verfügen, ohne dass dadurch kleinen und mittleren Unternehmen die Gründung von SE erschwert wird.“ Die Festlegung eines Mindestkapitals soll also offenbar den Bestand der Gesellschaft stützen helfen („ausreichende Vermögensgrundlage“). Freilich war es weniger die hier anklingende gläubigerschützende Intention, welche zu dem Erfordernis eines vergleichsweise hohen Mindestkapitals führte, sondern das Bestreben, die Rechtsform der SE eher größeren Unternehmen zugänglich zu machen.45 In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts, als die ersten Vorschläge für eine SE behandelt wurden, war je nach Gründungsvariante sogar ein Mindestkapital von (umgerechnet) 1 Mio. bis 4 Mio. DM im Gespräch.46 Die Summe wurde im Zuge der Richtlinienvorschläge 1970,47 1975 48 und 1989/1991 49 immer weiter gesenkt. Der heute maßgebliche Betrag von 120.000 Euro, der anfangs zu einem Viertel zu leisten ist, ist lediglich für kleinere Unternehmen eine ernste Hürde.50 Hier erfüllt das Erfordernis eines Mindestkapitals nach dem bereits Ausgeführten aber auch eine wichtige Funktion. Änderungen der SE-VO sind insoweit nicht zu empfehlen. Für die (kostenträchtige) Aufbringungsprüfung gilt das Recht des Mitgliedstaats für Aktiengesellschaften, in dem die SE eingetragen ist (Art. 15 Abs. 1 SE-VO).51 Etwaige Reformüberlegungen hinsichtlich dieser Prüfung sind daher an die Mitgliedstaaten zu richten bzw. – soweit deren Aktienrecht durch die 2. Richtlinie determiniert ist – betreffen mögliche Revisionen der 2. Richtlinie.

45 Vgl. Hommelhoff, AG 2001, 279, 286 f.; Hirte, NZG 2002, 1, 9. 46 Sanders, Vorentwurf eines Statuts für die Europäische Aktiengesellschaft, 1966; erläuternd Sanders, AG 1967, 344, 346; dazu Martens, Kapital und Kapitalschutz in der SE, in: Lutter (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 1976, S. 165, 167f.; Gessler, BB 1967, 381, 383. 47 ECU 100.000–500.000. 48 ECU 100.000–250.000. 49 ECU 100.000. 50 Vgl. Blanquet, ZGR 2002, 20, 52; stärker die Selektionswirkung betonend Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, 2005, S. 102, 107. 51 Bei der erstmaligen Aufbringung des Gesellschaftskapitals der SE ist nicht Art. 5 SEVO, sondern Art. 15 Abs. 1 SE-VO die maßgebliche Verweisungsvorschrift, vgl. Fleischer, Die Finanzverfassung der Europäischen Gesellschaft, in: Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S. 169, 172.

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2. Kapitalrichtlinie a) Inhalt und Entstehung Die 2. Richtlinie 77/91/EWG vom 13. 12. 1976 (Kapitalrichtlinie) verlangt in Art. 6 Abs. 1 eine mitgliedstaatliche Regelung, die für die Gründung einer Aktiengesellschaft „die Zeichnung eines Mindestkapitals“ vorschreibt. Der Betrag dieses Mindestkapitals darf „nicht auf weniger als 25.000 Europäische Rechnungseinheiten festgesetzt“ werden. Dies entspricht heute 25.000 Euro.52 Art. 9 Abs. 1 der 2. Richtlinie legt fest, dass die Einlagen auf ausgegebene Aktien bei der Gründung mindestens ein Viertel des Nennbetrages erreichen müssen (vgl. bereits oben Abschnitt V. 2. a)). Sacheinlagen sind innerhalb von fünf Jahren nach der Gründung vollständig zu leisten (Art. 9 Abs. 2). Bei „schweren Verlusten des gezeichneten Kapitals muss die Hauptversammlung“ einberufen werden (Art. 17 Abs. 1). Als Rechtsgrundlage der Richtlinie werden eingangs der Erwägungsgründe Art. 44 Abs. 2 EGV (damals: Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g EWG-Vertrag) sowie das „Allgemeine Programm zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit“ genannt.53 Die weiteren Erwägungsgründe geben an, die Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die Gründung der Aktiengesellschaft sei vor allem bedeutsam, um beim Schutz der Aktionäre einerseits und der Gläubiger der Gesellschaft andererseits ein „Mindestmaß an Gleichwertigkeit“ sicherzustellen. Eine konkrete Erläuterung zum Grund und zur verlangten Höhe des Mindestkapitals findet sich nicht. Insoweit ergiebiger ist die Begründung zum Richtlinienentwurf aus dem Jahr 1970. Dort wird die Regelung mit der Funktion des Kapitals als Sicherheit für Dritte begründet, weshalb ein gewisser Umfang erforderlich sei. Des Weiteren sollten kleinere Unternehmen an einer Flucht in die Anonymität gehindert werden.54 Der letztgenannte Aspekt des Ausschlusses kleinerer Unternehmen taucht im Normtext der geltenden 2. Richtlinie wieder auf. Dort heißt es im Hinblick auf die Anpassung des Mindestbetrags, die Wahl der Rechtsform der Aktiengesellschaft sei tendenziell „großen und mittleren Unternehmen vorzubehalten“ (Art. 6 Abs. 3). Von den damaligen sechs Mitgliedstaaten hatten Deutschland, Frankreich und Italien ein Mindestkapital für Aktiengesellschaften bereits gesetzlich vorgese-

52 Nach Errichtung des Europäischen Währungssystems (EWS) wurde die Europäische Rechnungseinheit 1979 von der European Currency Unit (ECU), nach Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion am 1. 1. 1999 vom Euro abgelöst. 53 Krit. Steindorff, EuZW, 1990, 251, 253. 54 ABl. EG Nr. C 48 v. 24. 4. 1970, S. 8, 10; vgl. dazu auch Drinkuth, Die Kapitalrichtlinie – Mindest- oder Höchstnorm?, 1998, S. 131 f.; Krüger, aaO (Fn. 50), S. 92.

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hen.55 Großbritannien und Irland, die 1973 der EWG beitraten, kannten in ihren Gesellschaftsrechten kein Mindestkapital; beide Staaten führten dieses Institut für ihre public company limited by shares im Zuge der Umsetzung der 2. Richtlinie ein.56

b) Höhe des Mindestkapitals Zur Zeit des ersten Entwurfs der 2. Richtlinie 1970 entsprach die vorgesehene Summe dem für deutsche Aktiengesellschaften geltenden Mindestkapital von 100.000 DM.57 Der Betrag ist seit 1976 nicht angepasst worden. Der Ausgleich einer Inflationsrate von (nur) 2 % würde nach dreißig Jahren einer Summe von über 45.000 Euro entsprechen, bei 5 % ergäben sich schon über 100.000 Euro. Von der in Art. 6 Abs. 3 der 2. Richtlinie erwähnten Möglichkeit der Anpassung an die wirtschaftliche und monetäre Entwicklung in der Gemeinschaft ist freilich kein Gebrauch gemacht worden. Die Hürde für die Gründung einer Aktiengesellschaft ist damit (heute) durchaus niedrig angesetzt,58 vor allem wenn man bedenkt, dass nur ein Viertel des Mindestnennbetrags (= 6.250 Euro) sofort geleistet werden muss. Dies hindert keine ernsthaft gewollte Errichtung einer Aktiengesellschaft.59 Die ihr ursprünglich zugeschriebenen Funktionen einer gewissen Gläubigersicherung und einer Abwehr kleinerer Unternehmen hat die Regelung des Art. 6 Abs. 1 der 2. Richtlinie damit mittlerweile wohl weitgehend verloren. Es kommt hinzu, dass sich für den intendierten Ausschluss entsprechender Unternehmen von der Rechtsform der Aktiengesellschaft zwar ökonomische Argumente ins Feld führen lassen (vgl. dazu oben Abschnitt V. 1.), dies aber in gewissem Kontrast zu den Bestrebungen in vielen Mitgliedstaaten steht, die Gründung und Führung von Aktiengesellschaften zu erleichtern, etwa in Deutschland in den neunziger Jahren durch die Gesetzgebung über die „kleine AG“. Zumindest erwägenswert ist ferner, ob es sich bei Art. 6 Abs. 1 der 2. Richtlinie um eine „Höchstnorm“ handelt. Damit soll ausgedrückt sein, dass die Mitgliedstaaten nicht nur nicht nach unten abweichen dürfen, sondern auch keine höheren Beträge für das Mindestkapital festsetzen können. Dagegen spricht aller55 Vgl. Niessen, AG 1970, 281, 285. 56 Vgl. Gansen, Harmonisierung der Kapitalaufbringung im englischen und deutschen Kapitalgesellschaftsrecht, 1992, S. 24 f.; Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996, S. 48. 57 Vgl. Ankele, BB 1970, 988, 990. 58 Ebenso die Hochrangige Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts in ihrem Bericht, aaO (Fn. 3), S. 88. 59 Vgl. Niederleithinger, AG 1998, 377, 378; Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S. 89.

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dings der klare Wortlaut der Bestimmung, die von „nicht weniger“ spricht. Auch die durch den EGV verbürgte Niederlassungsfreiheit zwingt zu keiner anderen Deutung.60 Die Praxis der Mitgliedstaaten sieht Beträge zwischen 25.000 Euro und 120.000 Euro (Italien) vor.

c) Reform der Richtlinie Der 2004 veröffentlichte Reformvorschlag der Kommission für die 2. Richtlinie will an dem Erfordernis des Mindestkapitals nichts ändern. Die Frage einer Änderung ist offenbar einer möglichen „großen“ Reform vorbehalten. Zurückhaltend formulierte insoweit allerdings bereits der Bericht der High Level Group of Company Law Experts im November 2002, der Aufwand für eine Reform der Mindestkapitalbestimmung der Richtlinie lohne nicht: „Die Gruppe ist zu dem Schluss gekommen, dass die einzige Funktion des Mindesteigenkapitals in der Abschreckung vor einer leichtfertigen Gründung von Aktiengesellschaften besteht. Wir sind nicht davon überzeugt, dass das Mindesteigenkapital in seiner derzeitigen Höhe irgendeine andere nützliche Funktion erfüllt, aber es gibt auch keine Belege dafür, dass es ein Hindernis für die Geschäftstätigkeit darstellt. In einer Reform zur Steigerung der Effizienz des derzeitigen Systems wäre es wahrscheinlich klug, nicht zu viel Zeit auf das Mindesteigenkapital zu verwenden, sondern relevanteren Fragen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das vorgeschriebene Mindesteigenkapital sollte weder abgeschafft noch angehoben werden.“ 61 Die 1999/2000 tagende SLIM-Arbeitsgruppe hatte das System des (Mindest-)Kapitals nicht als solches thematisiert, weil das ihr vorgegebene Verfahren dafür kein geeigneter Rahmen gewesen wäre; 62 ihre Vorschläge bauen auf einem Mindestkapital und (vor allem) dem System des festen Kapitals überhaupt auf.63 Die Rechtsprechung des EuGH schließlich hat dem Mindestkapital keine große Bedeutung für den Gläubigerschutz eingeräumt. In der Entscheidung „Centros“ verwies das Gericht auf die Möglichkeiten des Selbstschutzes der Gläubiger mit Blick auf Transparenzvorschriften.64 In der Entscheidung „Inspire Art“ wurde

60 So aber Drinkuth, aaO (Fn. 54), S. 132 ff.; Steindorff, EuZW 1990, 251, 252f.; sympathisierend Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, Rdn. 328; auf der Basis des anders formulierten Richtlinienvorschlags auch Niessen, AG 1970, 281, 285 ff.; Ankele, DB 1970, 988, 990; dagegen Krüger, aaO (Fn. 50), S. 96; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rdn. 41, 139. 61 Hochrangige Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts in ihrem Bericht, aaO (Fn. 3), S. 88; dazu etwa die Stellungnahme der deutschen Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht, ZIP 2003, 863 ff. 62 SLIM-Erläuterungen S. 7 (abgedruckt etwa bei Baldamus, aaO [Fn. 59], S. 251ff.). 63 Vgl. Drygala, AG 2001, 291ff.; Baldamus, aaO (Fn. 59), S. 78f. 64 EuGH v. 9. 3. 1999, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459 („Centros“), Tz. 32ff.; noch

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diese Sichtweise bekräftigt und festgestellt, dass Mindestkapitalbestimmungen für die Eintragung einer Zweigniederlassung einer englischen private limited company gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen.65 Es reiche aus, wenn sich die Gläubiger über die Kapitalausstattung der Gesellschaft informieren könnten. Welche Folgerungen für eine Reform des Mindestkapitalrechts sind aus diesen unterschiedlichen Einschätzungen vor dem Hintergrund der in Abschnitt V. gewonnenen Erkenntnisse zu ziehen? Im Hinblick auf eine Beantwortung dieser Frage empfiehlt es sich, zwischen Änderungen der 2. Richtlinie auf der Basis einer Beibehaltung des geltenden Systems und solchen bei einer (partiellen) Aufgabe dieses Systems zu unterscheiden. aa) Beibehaltung des geltenden Systems aaa) Erhöhung des Mindestkapitals Zu erwägen ist zunächst ein Inflationsausgleich oder eine aus Gründen der „Seriositätsgewähr“ in Betracht zu ziehende deutliche Erhöhung des Mindestkapitals.66 Dieser Schritt wäre konsequent, wenn man das ursprüngliche Schutzniveau der 2. Richtlinie fortschreiben (Inflationsausgleich) bzw. anheben wollte (deutliche Erhöhung des Mindestkapitals). Indes dürfte der mit einer solchen Maßnahme verbundene Grenznutzen einer Milderung des Risikoanreizes für die Gesellschafter wohl nur recht gering sein: Ein Mindestkapital von 25.000 Euro „bringt“ insoweit deutlich mehr als beispielsweise eine Erhöhung von 25.000 Euro auf 50.000 Euro. Auch stünden diesem geringen Grenznutzen einer Anhebung des Mindestkapitals schwer quantifizierbare Kosten der Durchsetzung höherer Mindestbeträge als auch solche aufgrund einer (zusätzlichen) Abschreckung bestimmter rentabler Unternehmungen gegenüber. Angesichts dessen ist eine rechtspolitische Legitimation allenfalls für einen Inflationsausgleich, jedenfalls nicht aber für eine signifikante reale Erhöhung der gegenwärtigen Beträge zu erkennen. bbb) Ausdehnung auf GmbH (geschlossene Gesellschaften) Eine entsprechende Legitimation fehlt auch bezüglich einer Ausdehnung der 2. Richtlinie auf geschlossene Gesellschaften, wie sie in der Vergangenheit verschiedentlich gefordert wurde.67 Anfang der neunziger Jahre war eine Studie der skeptischer der Schlussantrag des Generalanwalts La Pergola v. 16. 7. 1998, Tz. 21; vgl. dazu Kieninger, ZGR 1999, 724, 742ff. 65 EuGH v. 30. 9. 2003, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155 („Inspire Art“), Tz. 135, 141. 66 Baldamus, aaO (Fn. 59), S. 89 empfiehlt eine Orientierung an Art. 1 Abs. 2 SE-VO (120.000 Euro). 67 Vgl. Lutter, ZGR 2000, 1, 9f.; Ulmer, JZ 1999, 662, 664; Wymeersch, aaO (Fn. 2),

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Kommission über eine „Erweiterung des Anwendungsbereichs der zweiten Richtlinie auf Gesellschaften anderer Rechtsformen“ erstellt worden, die in den erheblichen nationalen Abweichungen im Hinblick auf ein Mindestkapital das Haupthindernis für eine Harmonisierung sah.68 Die Studie empfahl, ein Mindestkapital für geschlossene Gesellschaften in Höhe von 10.000 ECU einzuführen. Offizielle Initiativen für eine Ausdehnung der 2. Richtlinie hat es allerdings nicht gegeben. Der Aktionsplan der Kommission aus dem Jahr 2003 geht auf diese Frage an keiner Stelle ein. Die Einführung des Erfordernisses eines Mindestkapitals für geschlossene Gesellschaften durch europäisches Richtlinienrecht ist nicht zu befürworten.69 Zwar sind die ohne Mindestkapital errichtbaren Gesellschaften im Lichte der neueren Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit gewiss ein Problem für Mitgliedstaaten, die dem Kapitalsystem großes Gewicht beilegen. Umgekehrt kann das übrigens genauso gelten, wenn Gesellschaften aus Staaten, die eine ex-ante-Kontrolle bevorzugen, in Staaten tätig werden, bei denen eine ex-postHaftung strenger ausgeprägt ist.70 Die EU sollte in dieser Situation den Wettbewerb der Rechtsformen und ihrer Gläubigerschutzkonzepte aber nicht durch Festlegung auf ein bestimmtes Modell unterbinden. Dieser Wettbewerb ist ein Instrument, um die Effizienz des Kapitalsystems und seiner Alternativen gewissermaßen „zu testen“: Jedenfalls auf der Basis des gegenwärtigen Erkenntnisstandes ist nämlich davon auszugehen, dass dieser Wettbewerb effiziente Ergebnisse hervorbringt.71 Schließlich würde eine Ausdehnung der 2. Richtlinie auf geschlossene Gesellschaften sicher auch an den rechtspolitischen Realitäten scheitern: Es ist angesichts der Einführung einer Ein-Euro-Gesellschaft in Frankreich 2003 72 und der – gerade auch im jüngsten Reformprozess 73 – weiterhin ohne Mindestkapital konzipierten englischen Ltd. nicht zu erwarten, dass entsprechende Pläne auch nur eine geringe Durchsetzungschance hätten.

68 69 70 71 72

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S. 118; Merkt, VGR 1999, S. 111, 138; dagegen Bachmann, ZGR 2001, 351, 365; zurückhaltend auch Fleischer, DStR 2000, 1015, 1020. Erwähnt und zitiert bei Krüger, aaO (Fn. 50), S. 100 f. Ebenso der Tendenz nach wohl van Hulle, EWS 2000, 521, 523. Weller, Europäische Rechtsformwahlfreiheit und Gesellschafterhaftung, 2004 (passim). Vgl. Eidenmüller, FS Heldrich, 2005, 581, 585 ff. Loi pour l’ initiative économique, LIE = Loi No. 2003-721 v. 1. 8. 2003; dazu Le Cannu, Revue des Societes 2003, 409 ff.; Becker, GmbHR 2003, 1120f.; Merkt, ZGR 2004, 305, 317; Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 152; Schön, Der Konzern 2004, 162, 165; Wachter, GmbHR 2003, R 377 f. Vgl. www.dti.gov.uk/cld/review.htm.

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ccc) Revision der Aufbringungsprüfung Anders verhält es sich im Hinblick auf die bereits in Abschnitt V. 2. b) diskutierte Reform des Rechts der Aufbringungsprüfung. Würde die in Art. 10 Abs. 2 der 2. Richtlinie verlangte Gründungsprüfung durch einen Nachforderungsprozess in der Insolvenz der Gesellschaft ersetzt, könnten erhebliche Kosten gespart werden. Prüfung und Bewertung von Sacheinlagen würden dann nämlich nicht mehr bei der Gesellschaftsgründung für alle Gesellschaften, sondern nur noch für solche erfolgen, die zum Eintritt in ein Insolvenzverfahren gezwungen sind. Damit wäre eine erhebliche Kostenreduktion verbunden.74 Dass diese Kostenreduktion durch einen übermäßigen Dokumentationsaufwand der Gründer zunichte gemacht würde, ist nach dem bereits Ausgeführten nicht zu erwarten. Die derzeit diskutierten Vorschläge zur Änderung der 2. Richtlinie, nach denen ein Sachverständigenbericht (nur) in bestimmten Fällen (Einbringung übertragbarer Wertpapiere, Vorliegen eines Gutachtens, Übernahme zum Bilanzwert) entbehrlich sein soll, gehen demgegenüber nicht weit genug.75 bb) Änderung des geltenden Systems Während die bisher diskutierten, möglichen Änderungen der 2. Richtlinie das Erfordernis eines zwingenden Mindestkapitals im Grundsatz unangetastet lassen würden, sind auch Modifikationen in Betracht zu ziehen, die auf eine Aufgabe dieses Erfordernisses hinauslaufen. aaa) Verbot des Mindestkapitals Diese Aufgabe kann man sich in zwei unterschiedlichen Varianten vorstellen. Die eine läge in einem Verbot, ein Mindestkapitalerfordernis in den nationalen Gesellschaftsrechten vorzusehen. Unabhängig von der Frage einer europarechtlichen Legitimierung eines entsprechenden Verbotes sollte dieser Weg rechtspolitisch nicht verfolgt werden. Dadurch würde den Mitgliedstaaten ein Experimentieren mit unterschiedlichen Gläubigerschutzsystemen unmöglich gemacht. Dafür gibt es angesichts der zumindest nicht auszuschließenden positiven Effizienzeffekte eines Mindestkapitalerfordernisses (vgl. oben Abschnitt V. 1.) sowie der effizienzfördernden Effekte eines Wettbewerbs der Rechtsformen (vgl. oben Abschnitt VI. 2. c) aa) bbb)) keinen Sachgrund.

74 Zur Begrenzung der Haftung auf die Gründer und zur Verjährung der Haftung vgl. Fn. 40. 75 Vgl. Fn. 37 und 38.

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bbb) Freigabe des Mindestkapitals Etwas weniger eindeutig fällt die rechtspolitische Beurteilung im Hinblick auf eine andere Variante der Aufgabe des Mindestkapitals aus. Diese liegt darin, das Mindestkapitalerfordernis der 2. Richtlinie in dem Sinne freizugeben, dass die Mitgliedstaaten von ihm abweichen können (aber nicht müssen). Dafür hat sich tendenziell die High Level Group of Company Law Experts ausgesprochen.76 Gegen eine solche Lösung spricht allerdings zunächst, dass ein zwingender Mindesteigenkapitalbetrag in Höhe der gegenwärtigen (25.000 Euro) bzw. einer zum Zwecke des Inflationsausgleichs etwas angehobenen Ziffer die Gründung von Aktiengesellschaften kaum erschwert (vgl. oben Abschnitt V. 2. a)), gleichzeitig aber dieser Gesellschaftsform ein Plus an Ansehen vermittelt. Wird das Mindestkapital zur Disposition der Mitgliedstaaten gestellt, so gibt es in Europa – von der SE abgesehen – nicht mehr zwingend eine Kategorie von Gesellschaftsrechtsformen, die sich durch eine anfängliche Mindestkapitalisierung von anderen abhebt. Auf der anderen Seite würde auch durch eine dispositive Vorschrift zumindest ein Referenzpunkt zugunsten des Mindestkapitals in dem Sinne gesetzt, dass dieses nach Ansicht des europäischen Gesetzgebers als Gläubigerschutzinstrument innerhalb des Kapitalsystems nicht unbedeutsam ist. Gleichzeitig lässt sich für einen diesbezüglichen Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten die Erwägung ins Feld führen, dass das Mindestkapital für einen effizienten Gläubigerschutz nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung besitzt: Die Pflicht zur anfänglichen Ausstattung der Gesellschaft mit einem gewissen Betrag an Eigenmitteln mildert den Anreiz der Gesellschafter, unrentable Geschäftsmodelle auf Kosten der Gläubiger zu realisieren und schafft für kleinere geschäftliche Rückschläge einen bescheidenen Risikopuffer (vgl. oben Abschnitt V. 1.). Weder schützt ein bei Gründung aufzubringendes Mindestkapital die Gläubiger jedoch vor schweren Unternehmenskrisen noch wirkt es gegen den Risikoanreiz der Gesellschafter in solchen Krisen, also in Situationen, in denen das Eigenkapital der Gesellschaft bereits verbraucht ist. Gegeben die Kosten eines Mindestkapitalregimes (vgl. oben Abschnitt V. 2.) reicht dessen beschränkter Nutzen im Ergebnis wohl nicht aus, alle Mitgliedstaaten auf ein solches Regime festzulegen.77 Dieses sollte daher zu deren Disposition stehen.

76 Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, aaO (Fn. 3), S. 94 ff. 77 So auch die Frage von Hopt, FS Röhricht, 2005, S. 235, 239.

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VII. Zusammenfassung Die wesentlichen Ergebnisse dieser Untersuchung lassen sich thesenartig wie folgt zusammenfassen: 1. Das Mindestkapital ist ein Baustein innerhalb des durch die 2. Richtlinie für bestimmte Gesellschaftstypen (für Deutschland: die Aktiengesellschaft) vorgegebenen Systems des festen Kapitals. Andere Bausteine sind die Regeln über die Aufbringung des satzungsmäßig festgelegten Kapitals und diejenigen über dessen Erhaltung. Das System des festen Kapitals kann ohne ein Mindestkapital bestehen. Umgekehrt gilt dies nicht. 2. Für große Kapitalgesellschaften ist das Erfordernis eines Mindestkapitals ökonomisch und juristisch vergleichsweise uninteressant. Demgegenüber könnten kleine Unternehmen oft auch mit weniger Eigenmitteln gegründet werden. In diesem Fall wird das Mindestkapital spürbar. Es ist der „Preis“, den die Gründer für die Erlangung einer Haftungsbeschränkung zu zahlen haben. 3. Haftungsbeschränkung erfüllt auch bei kleinen Unternehmen eine wichtige ökonomische Funktion. Das Risiko eines Scheiterns kann von gut diversifizierten Kreditgebern regelmäßig besser getragen werden als von im Allgemeinen risikoaversen Gründer-Gesellschaftern, zumal wenn deren Humankapital bei einer Insolvenz nicht oder nur schlecht genutzt wird. 4. Haftungsbeschränkung hat aber auch eine (negative) Selektionswirkung: Sie verleitet zur Eingehung übermäßiger Risiken und ggf. auch zur Realisierung unrentabler Unternehmen auf Kosten der Gläubiger, sofern diese entsprechende Unternehmen nicht oder nur schwer erkennen können. Besonders groß ist diese Gefahr bei kleinen Unternehmen, weil bei ihnen die Verringerung von Informationsasymmetrien durch die Kreditgeber relativ – gemessen an der Kreditsumme – kostspielig ist. 5. Muss eine Kapitalgesellschaft mit einem bestimmten Mindest(eigen)kapital ausgestattet werden, so erschwert dies die Gründung unrentabler Unternehmen. Maßgebliche Kreditgeber (insbesondere Banken) haben insbesondere bei kleinen Gesellschaften keinen genügend großen Anreiz, auf eine entsprechende Kapitalausstattung hinzuwirken. Sicherheiten aus dem Privatvermögen der Gesellschafter dienen ebenfalls ihren Interessen, und diese wirken der Gründung unrentabler Unternehmen nur entgegen, sofern ein Zusammenbruch der Gesellschaft zwingend zur Liquidation der Sicherheit führt. Das ist jedoch nicht der Fall. Ein weiterer (begrenzter) Nutzen des Mindestkapitals liegt darin, dass es als Risikopuffer wirkt und damit die Insolvenzwahrscheinlichkeit sowie die erwarteten Insolvenzkosten verringert. 6. Das Mindestkapital ist mit volkswirtschaftlichen Kosten verbunden. Zum einen kann es im Einzelfall auch einmal die Gründung rentabler Unternehmen behindern oder sogar unmöglich machen. Häufig dürfte dies jedoch nicht vorkommen. Zum anderen ist insbesondere die Prüfung der Aufbringung des Mindest-

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kapitals bei kleinen Unternehmen kostenträchtig, sofern Sacheinlagen erbracht werden sollen. Dieser Aufwand ließe sich allerdings verringern, wenn die Prüfung nur noch im Insolvenzfall erfolgen würde (vgl. dazu auch sogleich 7.). 7. Rechtspolitisch ist im Hinblick auf eine mögliche Revision der 2. Richtlinie auf der Grundlage des geltenden Systems zunächst eine maßvolle Anhebung des Mindestkapitals unter dem Gesichtspunkt des Inflationsausgleichs zu erwägen. Ferner sollte die Aufbringungsprüfung bei Sacheinlagen nur im Insolvenzfall erfolgen. Eine Ausdehnung der 2. Richtlinie auf geschlossene Gesellschaften wäre nicht sinnvoll: Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, bei solchen Gesellschaften mit alternativen Gläubigerschutzinstrumenten zu experimentieren. 8. Nicht zu befürworten ist aber auch eine Änderung des geltenden Systems dergestalt, dass den Mitgliedstaaten verboten wird, für Aktiengesellschaften ein Mindestkapitalerfordernis vorzusehen. Für ein solches Verbot gäbe es angesichts der (schwachen) positiven Effizienzeffekte eines Mindestkapitalregimes keinen Sachgrund. Wohl aber ist daran zu denken, dieses Regime dispositiv auszugestalten, das heißt den Mitgliedstaaten freizugeben, ob und welches Mindestkapital sie fordern. Dadurch würde das Mindestkapital als „Referenzpunkt“ etabliert und eine Wertungsentscheidung zugunsten dieses Instruments sowie eine Abstandsentscheidung im Verhältnis von Aktiengesellschaften zu geschlossenen Gesellschaften getroffen. Gleichzeitig könnten die Mitgliedstaaten angesichts der wohl nur schwachen positiven Effizienzeffekte des Mindestkapitals aber auch abweichende Gläubigerschutzregime vorsehen – das Mindestkapital würde dem Wettbewerb der Rechtsformen in Europa auch für Aktiengesellschaften ausgesetzt.

Bar- und Sachkapitalaufbringung bei Gründung und Kapitalerhöhung

von Rechtsanwalt Dr. Andreas Pentz, Mannheim, Notar Professor Dr. Hans-Joachim Priester, Hamburg und Rechtsanwalt Dr. André Schwanna, Frankfurt/a. M.

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Grundkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktionen des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftungsfonds/Pufferfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Betriebskapital der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mäßigung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Seriositätsschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Signalwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gleichmäßige Beteiligung der Aktionäre am Gewinn und Verlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Gezeichnetes Kapital als kollektives Vertragsangebot . . . . . . . II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Aufbringung des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewährleistung der Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mindestkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übernahme des aufzubringenden Kapitals durch die Gründungsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vollständige Übernahme des Grundkapitals, Verbot der Unterpariemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Leistung der (Mindest-)Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Keine Befreiung von der Einlageverpflichtung . . . . . . . . . . 6. Sicherung der Kapitalaufbringung bei Sacheinlagen . . . . . . . . a) Einlagefähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Differenzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verdeckte Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Offenlegung und präventive Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . .

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Bar- und Sachkapitalaufbringung

8. Haftung wegen falscher Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nachgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Alternativmodelle/Reformüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abschaffung des Mindestkapital- bzw. des Festkapitalsystems? . II. Einführung echter nennwertloser Aktien? . . . . . . . . . . . . . III. Abschaffung des präventiven Systems? . . . . . . . . . . . . . . . IV. Reformüberlegungen zu den Sachgründungsvorschriften . . . . . 1. Entbehrlichkeit der Werthaltigkeitskontrolle? . . . . . . . . . . 2. Verantwortlichkeit der Geschäftsführungsorgane statt externer Kontrolle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kontrolle allein durch den Abschlussprüfer? . . . . . . . . . . 4. Prospekthaftung statt Sacheinlagevorschriften? . . . . . . . . . 5. Entbehrlichkeit der Werthaltigkeitskontrolle in geeigneten Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verdeckte Sacheinlage: Änderungs-/Reformbedarf? . . . . . . . V. Umfang der Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mindesteinzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Agio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Nachgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrund des Nachgründungsrechts in Deutschland . . . . 2. Überdimensionierung bei kleineren Aktiengesellschaften . . . 3. Änderungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . .

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62 63 64 65 65 67 69 70 70 74 74 74 75 77 79 79 81 82 82 83 83 84 87

A. Einleitung Das aktienrechtliche Kapitalaufbringungsrecht soll sicherstellen, dass das satzungsmäßig festzusetzende Grundkapital der AG tatsächlich aufgebracht wird, die versprochenen Einlagen dem angegebenen Wert entsprechen und sich die Verpflichteten ihrer Einlageverpflichtung nicht entziehen können (Grundsatz der realen Kapitalaufbringung). Dies gilt sowohl für den Fall der Gründung als auch für den Fall der Kapitalerhöhung. Das Recht der Kapitalaufbringung ist nur ein Element des Kapitalschutzsystems für deutsche Aktiengesellschaften. Dem deutschen Kapitalgesellschaftsrecht liegt ein einfaches, geschlossenes und dem Interesse der Gesellschafter sowie der Gläubiger gerecht werdendes Modell zugrunde, das sich im Überblick wie folgt beschreiben lässt: Das Recht der Kapitalaufbringung gewährleistet, dass ein mit einem Mindestbetriebskapital ausgestatteter tauglicher Marktteilnehmer (ein Zuordnungssub-

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jekt) in die Welt gesetzt wird und deshalb unter Ausschluss der Haftung der dahinter stehenden Gesellschafter Gläubigerinteressen hieran geknüpft werden können. Die Aufrechterhaltung dieses Zustands ist Gegenstand des Kapitalerhaltungsrechts, das sich als die logische Fortsetzung der Kapitalaufbringung verstehen lässt und eine Herausnahme des zugesagten Kapitals zugunsten der Gesellschafter nur über die gesetzlich geregelte, den vorrangigen Gläubigerschutz beachtende Kapitalherabsetzung zulässt. Bahnt sich eine Situation an, die das Überleben der Gesellschaft bedrohen kann 1, ist der Vorstand verpflichtet, die Hauptversammlung einzuberufen, um den Aktionären insbesondere die Möglichkeit zu geben, neues Kapital zuzuführen oder sonstige Maßnahmen zu ergreifen. Ist die Gesellschaft aus sich heraus nicht mehr lebensfähig, ohne dass es bereits zu einer Bedrohung der Gläubiger kommt, sorgt grundsätzlich das Interesse der Aktionäre am Erhalt wenigstens eines Teils der geleisteten Einlage dafür, dass die Gesellschaft über ihre Liquidation (Auflösung) nach einem geordneten, die Interessen der Gläubiger vor den Interessen der Aktionäre berücksichtigenden Verfahren unter Verwertung ihres Vermögens wieder vom Markt genommen wird. Werden die Interessen der Gläubiger dagegen bedroht, weil das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr zum Ausgleich ihrer Verbindlichkeiten genügt oder weil die Gesellschaft zahlungsunfähig ist (Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit), ist der Vorstand verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Die Gesellschaft wird dann über ein geregeltes Verfahren unter Wahrung der Gleichbehandlung ihrer Gläubiger und nachrangiger Berücksichtigung der Interessen ihrer Gesellschafter vom Markt genommen. Eine Sonderkonstellation ergibt sich, wenn dieses System dadurch gestört wird, dass die Gesellschaft aus sich heraus zwar nicht mehr lebensfähig ist, aber durch einen Aktionär oder eine ihm gleichzustellende Person noch künstlich durch Darlehen oder sonstige Leistungen am Leben gehalten wird; solche Leistungen werden unter bestimmten Voraussetzungen wie Eigenkapital behandelt und diesem fast vollständig gleichgestellt (so gen. Kapitalersatz). Der nachfolgende Beitrag befasst sich in seinem ersten Teil (unter B) mit dem Grundkapital als dem unmittelbaren Schutzobjekt der Kapitalaufbringungsregeln. Sodann folgt (unter C) ein Überblick über die wesentlichen Elemente des Kapitalaufbringungsrechts. Gegenstand des dritten Teils (unter D) sind Alternativmodelle und Reformüberlegungen. In einem letzten Teil werden (unter E) die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst.

1 Das Gesetz sieht in § 92 Abs. 1 AktG einen Verlust in Höhe des hälftigen Grundkapitals als die maßgebliche Grenze an.

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B. Das Grundkapital I. Funktionen des Grundkapitals Dem aktienrechtlichen Grundkapital wird eine Reihe von Funktionen zugesprochen. Zunächst wird ihm die Funktion eines Garantie- oder „Haftungsfonds“ zugeschrieben, der den Gläubigern der AG zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung stehen soll. Darüber hinaus soll es Verlustpufferfunktion besitzen, da Verluste der Gesellschaft nicht unmittelbar zu Lasten der Gläubiger gingen, sondern zunächst das Grundkapital angriffen. Im Fall der Liquidation wird das Grundkapital als Verwertungspuffer der AG gesehen, weil das Grundkapital erst nach Befriedigung aller Gläubiger an die Aktionäre ausgezahlt werde und insoweit etwaige Verluste bei der Verwertung des Gesellschaftsvermögens zugunsten der Gläubiger kompensiere. Daneben wird das Grundkapital als anfängliches Betriebskapital, also als Anlaufkapital der AG verstanden, damit die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb aufnehmen kann. Außerdem soll es der Mäßigung der Aktionäre dienen, da diese durch ihre Kapitalbeteiligung unmittelbar am Ausfallrisiko der AG partizipierten und daher Geschäftsrisiken verantwortlicher eingingen. Das Grund- bzw. Mindestkapital soll zudem eine Seriositätsschwelle darstellen und Personen abhalten, eine Aktiengesellschaft ohne einen geschäftlichen Plan oder gar mit betrügerischer Absicht zu gründen. Weiter wird eine Signalwirkung an die Fremdkapitalgeber in dem Sinne gesehen, dass die Aktionäre bzw. Gründer als Eigenkapitalgeber von dem wirtschaftlichen Konzept der AG überzeugt seien. Das Grundkapital soll aber auch als bilanzielle Sperrziffer Ausschüttungen an die Aktionäre zu Lasten des eingebrachten Haftkapitals verhindern, da das Grundkapital betragsmäßig auf der Passivseite der Bilanz einzustellen ist und sich daher bei der Ermittlung des ausschüttungsfähigen Gewinns ähnlich einer Verbindlichkeit auswirkt. Schließlich soll das Grundkapital eine gleichmäßige Beteiligung der Aktionäre am Gewinn der AG gewährleisten, da die Kapitalaufbringungsvorschriften dafür sorgen, dass die Beteiligung am Gewinn und der finanzielle Beitrag miteinander im Einklang stehen, und es wird auch als ein kollektives Vertragsangebot zugunsten der Gläubiger verstanden. Hierzu im Einzelnen 2:

2 Zu den Funktionen des Grundkapitals und zur Kritik am Mindest- und Festkapitalsystem s. aus jüngerer Zeit statt anderer die umfassende Übersicht bei Koll-Möllenhoff, Das Prinzip des festen Grundkapitals im europäischen Gesellschaftsrecht, 2004, S. 43 ff.; Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 14ff.; zur Kritik aus England ausführlich Micheler, ZGR 2004, 324, 330 ff.; alle mit umfangreichen Nachweisen.

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1. Haftungsfonds/Pufferfunktion Die wohl am häufigsten genannte Funktion des Grundkapitals ist die Bildung eines Garantie- oder „Haftungsfonds“, der den Gläubigern der AG zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung stehen soll. Insoweit ist jedoch zu präzisieren: a) Das Grundkapital kann diese Funktion erfüllen, soweit es wertmäßig zumindest teilweise noch gedeckt ist, die Gesellschaft also über ein Vermögen verfügt, das ihre Verbindlichkeiten übersteigt. In diesem Falle besteht über das Grundkapital tatsächlich ein gewisser Puffer, der dafür sorgt, dass sich ggf. vorhandene unrichtige Bilanzansätze bei den Aktiva oder den Passiva nicht sofort zu Lasten der Gläubiger auswirken. Auch vor sonst unvorhergesehenen Belastungen schützt die über das Grundkapital gleichsam erzwungene Vermögensreserve die Gläubiger. Befindet sich die Gesellschaft demgegenüber in wirtschaftlich schlechteren Verhältnissen und ist das Grundkapital nicht mehr gedeckt, relativiert sich diese Funktion, da die Gesellschaft das zur Deckung des Grundkapitals notwendige Vermögen vollständig aufbrauchen kann, bevor sie insolvent wird 3. b) In jedem Falle führt die Existenz des Grundkapitals jedoch dazu, dass sich Verluste der Gesellschaft nicht unmittelbar zum Nachteil der Gläubiger der Gesellschaft auswirken, weil diese bilanziell gesehen zunächst zu Lasten des Grundkapitals gehen. Insoweit leistet das Grundkapital damit auch einen Beitrag zur ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung und verhindert, dass die hinter der Gesellschaft stehenden Aktionäre diese zu Lasten der Gläubigerinteressen vermögensmäßig „aussaugen“. c) Die Gläubiger können sich also nicht darauf verlassen, dass das Grundkapital als Haftungsmasse zur Verfügung steht. Sie können aber darauf vertrauen, dass das zu seiner Deckung erforderliche Vermögen nicht an die Aktionäre (zurück)fließt. Bildlich wird das Grundkapital deshalb auch zuweilen als Staumauer umschrieben: Es könne wie eine Staumauer dafür sorgen, dass nur Überschüsse an die Gesellschafter fließen, aber nicht verhindern, dass es nicht regnet und der Stausee austrocknet 4.

3 Hierzu eingehend etwa Mülbert, Konzern 2004, 151, 154f.; s. zum Mindestkapital auch Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 14 mwN.: Gewährt den Gläubigern nicht primär einen nachträglichen Schutz in der Insolvenz, sondern einen vorsorglichen Schutz vor der Insolvenz. 4 Würdinger, Aktienrecht, 4. Aufl., S. 32; Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S. 79.

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2. Betriebskapital der Gesellschaft a) Würde die Aktiengesellschaft über kein von ihren Gesellschaftern bzw. Gründern aufzubringendes Grundkapital verfügen 5, stünde der Gesellschaft zu Beginn ihrer Geschäftstätigkeit keine ausreichende Vermögensgrundlage zur Verfügung. Aus diesem Grund wird dem Grundkapital auch die Funktion eines (zumindest anfänglichen) Betriebskapitals zugesprochen. Solange die AG noch nicht durch eigene Einnahmen ihre Verbindlichkeiten begleichen kann, dient das Grundkapital der Gesellschaft zur Finanzierung der Anlaufphase. Besonders deutlich wird die Funktion des Betriebskapitals bei der Kapitalerhöhung, weil diese dazu dient, der Gesellschaft frisches Kapital zuzuführen, das typischerweise zum Betrieb ihres Unternehmens – und nicht in dem nur reflexiv geschützten Gläubigerinteresse – verwendet werden soll. Auch in der Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) 6 wird im Zusammenhang mit der Notwendigkeit eines hinreichenden (Anfangs-) Vermögens auf die Bedeutung eines Mindestkapitals als zumindest anfängliches Betriebskapital hingewiesen. Der Erwägungsgrund Nr. 13 lautet: „Um eine sinnvolle Unternehmensgröße dieser Gesellschaften zu gewährleisten, empfiehlt es sich, ein Mindestkapital festzusetzen, das die Gewähr dafür bietet, dass diese Gesellschaften über eine ausreichende Vermögensgrundlage verfügen, ohne dass dadurch kleinen und mittleren Unternehmen die Gründung von SE erschwert wird.“ b) Das Grundkapital als Betriebskapital steht der Gesellschaft aber auch zur langfristigen Finanzierung des Geschäftsbetriebs zur Verfügung. Anders als das Fremdkapital kostet das Grundkapital wie das gesamte Eigenkapital keine Zinsen und kann in Krisenzeiten nicht gekündigt werden. c) Gegen die Funktion des Grundkapitals als Betriebskapital wird eingewandt, dass die Grundkapitalvorschriften keine effiziente Finanzierung einer Gesellschaft gewährleisteten, da die Vorschriften nicht auf die konkreten Anforderungen der jeweiligen Gesellschaft ausgerichtet seien. Das Grundkapital stelle nicht sicher, dass das aufgebrachte Kapital in irgendeinem Verhältnis zu dem realen Finanzierungsbedarf der Gesellschaft stehe. So sei statistisch nur bei einer sehr kleinen Zahl von Aktiengesellschaften das gesetzlich verlangte Mindestkapital in Höhe von EUR 50.000 für den Geschäftsbetrieb ausreichend. Bei einer materiellen Unterkapitalisierung bedürfe es vielmehr des gesetzlich nicht geregelten,

5 Zum Umfang des bei der Gründung aufzubringenden Mindestvermögens s. § 36 Abs. 2 S. 1 AktG; näher unter C. II. 4. 6 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. Nr. L 294 vom 10. 11. 2001 S. 1ff.; das Mindestkapital ist dort auf 120.000 Euro festgelegt; der gleiche Betrag ist in Italien für die Aktiengesellschaft vorgeschrieben, Art. 2327 Codice Civile.

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von der Rechtsprechung entwickelten Instituts der Durchgriffshaftung. Außerdem könne das aufgebrachte Kapital bereits am ersten Tag der Geschäftsaufnahme aufgebraucht sein. aa) Bei dieser Kritik wird zunächst verkannt, dass das Grundkapital eine effiziente Finanzierung der Gesellschaft weder gewährleisten kann noch soll: (1) Es kann diese Funktion nicht übernehmen, da der vorgeschriebene Mindestbetrag des Grundkapitals ohnehin nur eine Mindestgröße darstellt 7. Gegenständlich richtet sich dieser Einwand damit im Kern nicht gegen das Institut des Grundkapitals als solches, sondern gegen die hiervon zu unterscheidende Frage seiner Mindesthöhe. Die Notwendigkeit bzw. das Bedürfnis, die Mindestgröße des Grundkapitals herabzusetzen, ist im Aktienrecht nicht erkennbar. Einen höheren Betrag als den Mindestbetrag können die Gründer jederzeit bestimmen, wenn sie dies für die Finanzierung der geplanten Unternehmung für erforderlich halten. Eine Vorgabe dafür, für welche der in Betracht kommenden Unternehmungen welches Kapital notwendig ist, könnte das Gesetz nicht leisten und will dies mit der Notwendigkeit, ein bestimmtes Grundkapital aufzubringen, auch nicht. Schon von daher geht dieser nicht gegen die Institution des Grundkapitals, sondern eher gegen seine geringe Höhe gerichtete Einwand fehl. Eine Relation zwischen dem Betrag des Grundkapitals und dem Umfang des beabsichtigten Geschäftsbetriebs lässt sich weder dem europäischen noch dem deutschen Recht entnehmen.8 (2) Das Grundkapital soll und braucht diese Funktion aber auch nicht zu übernehmen. Die Aufbringung des Grundkapitals soll nur dafür sorgen, dass die Aktiengesellschaft als künstlich gebildetes Rechtssubjekt nicht ohne jegliche Eigenmittel am Rechtsverkehr teilnimmt. Ohne die vorherige Aufbringung eines Grundkapitals bestünde die Gefahr, dass die Gesellschaft beim ersten kleinen Verlust insolvent würde, Gründung also Gläubiger schädigend erfolgt 9. Das Grundkapital stellt insoweit einen Mindest- oder Minimalschutz dar und be-

7 S. auch Schön, Konzern 2004, 162, 165: Fehlende Korrespondenz zwischen Mindestkapitalziffer und betrieblichem Kapitalbedarf entzieht der Kritik, durch dieses System würde Insolvenzen nicht vorgebeugt, den Boden. Kapitalaufbringung und -erhaltung kontrollierten nur die Verlagerung von Vermögenswerten, beeinflussten jedoch nicht den betriebswirtschaftlichen Erfolg. 8 Vgl. Art. 6, 34 der 2. RiLi; in Deutschland gelten allerdings als Folge eines besonderen Risikos der jeweiligen unternehmerischen Tätigkeit in den betreffenden Geschäftszweigen bzw. des regelmäßig erhöhten Schutzbedürfnisses der Kunden und Geschäftspartner solcher Aktiengesellschaften für bestimmte Branchen Sondervorschriften, die ein höheres Grundkapital vorschreiben, s. hierzu nur GroßKommAktG/Brändel, 4. Aufl., § 7 Rdn. 22 ff.; MünchKommAktG/Heider, 2. Aufl., § 7 Rdn. 13ff. 9 S. auch Zöllner, GmbHR 2006, 1, 12 (zur GmbH): Wer das Mindestkapital nicht aufbringen könne, gründe zu Lasten der Gläubiger, wer nur das Geld nicht in der Gesellschaft festlegen wolle, gründe zumindest Gläubiger gefährdend.

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zweckt nicht die Ausstattung der Gesellschaft mit einer angemessenen Kapitalausstattung, die vor Aufnahme der Geschäfte wegen der Vielzahl der für eine Aktiengesellschaft in Betracht kommenden Unternehmensgegenstände gesetzlich ohnehin nicht zu bestimmen wäre. (3) Wenn Aktiengesellschaften in der Praxis häufig ein höheres als das gesetzlich vorgeschriebene Mindestgrundkapital ausweisen, zeigt dies zunächst, dass die Vorschriften über die Aufbringung des Grundkapitals entgegen vereinzelt geäußerter Auffassung nicht die Gründung von Aktiengesellschaften behindert. Es wird aber auch deutlich, dass die Kapitalaufbringungsvorschriften eben nicht ungenügend und damit entbehrlich sind. Dies wäre nur der Fall, wenn die Kapitalschutzvorschriften nur für die Aufbringung des Mindestgrundkapitals in Höhe von EUR 50.000 gelten oder in der Praxis die überwiegende Mehrheit der AG trotz materieller Unterkapitalisierung lediglich ein Grundkapital von EUR 50.000 ausweisen würden. Entschließen sich die Gesellschafter der AG aus freien Stücken zu einem höheren Grundkapital, gewährleistet das bestehende Kapitalaufbringungssystem, dass das gesamte Grundkapital, also auch über die gesetzliche Mindestgrundkapitalziffer von EUR 50.000 hinaus, auch tatsächlich aufgebracht wird. bb) Auch der Einwand gegen das bestehende Kapitalaufbringungsregime, dass zwar mit großem Aufwand die Bildung eines Grundkapitals sichergestellt werde, dieses Grundkapital jedoch bereits am ersten Tag der Geschäftsaufnahme aufgebraucht 10 sein könne, geht ins Leere: Methodisch arbeitet dieser Einwand des möglichen Verlustes auf der Ebene tatsächlicher Unterstellungen und vermengt diese mit der Schlüssigkeit eines rechtlichen Systems. Diese Erwägung wäre nur berücksichtigungsfähig, wenn der Verbrauch des aufgebrachten Kapitals am ersten Tag ein nahe liegender und typischer Fall wäre, der die Sinnhaftigkeit des gesamten Systems in Frage stellen würde. Tatsächlich handelt es sich insoweit jedoch nur um einen vielleicht theoretisch möglichen, praktisch aber nicht relevanten und wirklichkeitsfernen Fall, der bestenfalls auf einem grobem Managementfehler, betrügerischem Handeln oder einem Unglücksfall beruhen könnte und zudem der Sinnhaftigkeit jeder unternehmerischen Tätigkeit entgegen gehalten werden könnte. Der Schlüssigkeit des aufgezeigten Systems, nach dem einem die Haftung seiner Mitglieder ausschließenden Rechtsträger in der Anfangsphase ein bestimmtes Betriebskapital für die Verwirklichung des angestrebten Geschäftsbetriebs und zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehen muss, steht der Hinweis auf einen theoretisch möglichen „Verbrauch“ der eingelegten

10 Unter aufgebraucht wird in diesem Zusammenhang verstanden, dass es ohne adäquate Gegenleistung reduziert wird. Erwirbt die AG mit den Bareinlagen der Aktionäre am Tag 1 beispielsweise einen Pkw zu einem marktüblichen Kaufpreis, führt dies nicht zu einem „Verbrauch“ des Grundkapitals, sondern lediglich zu einem Aktivtausch.

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Mittel sonach nicht entgegen. Maßgeblich ist allein, dass das aufzubringende Grundkapital als Betriebsvermögen zur Verfügung stehen soll und diesen Zweck auch erreicht. Was im Anschluss an die Aufbringung damit geschieht, ist nicht nur nach dem gesetzlichen Plan, sondern auch nach den natürlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten Sache der mit der Geschäftsführung befassten Organe, die für die ordnungsgemäße Verwendung des eingebrachten Vermögens verantwortlich sind.

3. Mäßigung der Aktionäre a) Eine weitere Funktion des Grundkapitals wird in der mäßigenden Wirkung auf die Gesellschafter gesehen. Die vom Gesetzgeber gewollte, rechtspolitisch sinnvolle Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen der AG könne dazu führen, dass die Gesellschafter der AG zur Erzielung höherer Gewinne unvernünftig hohe Geschäftsrisiken eingingen, da nicht sie, sondern die AG mit ihrem Gesellschaftsvermögen und darüber hinaus die Gläubiger der AG für den Fall des Misserfolgs haften würden (moral hazard). Durch die zwingende Bildung eines Grundkapitals müssen sich die Gesellschafter aber selbst finanziell an der Gesellschaft beteiligen und tragen so im Umfang ihrer Beteiligung das wirtschaftliche Risiko eines Misserfolgs der Gesellschaft mit. Aufgrund ihres eigenen finanziellen Engagements ist anzunehmen, dass die Gesellschafter unternehmerische Risiken verantwortlicher eingehen. So hieß es bereits zum GmbH-Gesetzesentwurf aus dem Jahr 1892, dass die Mindesteinlage „ein gewisses Interesse des Teilnehmers am Schicksal des gemeinsamen Unternehmens gewährleisten“ solle 11; in der Begründung zur GmbHG-Novelle 1980 heißt es, dass die dortige Anhebung des Mindestkapitals eine erzieherische Funktion habe, es fördere das verantwortungsbewusste Wirtschaften, wenn dieses mit einem spürbaren eigenen Risiko verbunden sei 12. Der Gedanke ist – neben der Bildung eines Betriebskapitals als Grundstock der Gesellschaft – für die Funktion des Grundkapitals wesentlich. Das Korrelat zur Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen ist die Pflicht der Gesellschafter, sich selbst und mit ihrem eigenen Vermögen an dem Rechtssubjekt zu beteiligen, mit dem sie das Haftungsrisiko abschirmen wollen. Nur dann, wenn die Gesellschafter nicht nur am Erfolg der Aktiengesellschaft partizipieren, sondern über ihre zwingende kapitalmäßige Beteiligung an der Bildung des Grundkapitals auch das Risiko des Misserfolgs mittragen, ist es gerechtfertigt, die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen zu beschränken.

11 GmbHGE 1892 zu § 5 S. 54. 12 BTDrucks. 8/3908 S. 69.

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b) Gegen die Funktion der Mäßigung der Gesellschafter wird vorgebracht, dass moral hazard-Probleme in einer Aktiengesellschaft schon deshalb weniger aktuell seien, da dort aufgrund der Weisungsungebundenheit des Vorstands nur eingeschränkt die Möglichkeit bestehe, als Aktionär auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen. Auch faktisch solle ein solcher Einfluss nicht gegeben sein, wenn die Aktien – dem gesetzlichen Leitbild als Publikumsaktiengesellschaft entsprechend – sich zum größten Teil in Streubesitz befänden. Schließlich handele es sich hier nur um einen Schutz auf Zeit, da das Grundkapital nur solange mäßigend wirken könne, wie es vorhanden sei. Dem ist nicht zuzustimmen. Das Argument des nur eingeschränkten Einflusses des Gesellschafters auf den Vorstand der AG geht an der Praxis vorbei. Dies gilt auch in einer börsennotierten Aktiengesellschaft mit größerem Streubesitz. Das Beispiel TCI/Deutsche Börse AG hat gezeigt, wie weit der faktische Einfluss des Aktionärs auf den Vorstand einer Aktiengesellschaft reichen kann; weitere Beispiele sind aus dem Konzernrecht bekannt, und nicht ohne Grund sieht das deutsche Aktienrecht in den §§ 291 ff., 311 ff. AktG besondere Schutzvorschriften in diesem Zusammenhang vor. Soweit behauptet wird, das Grundkapital biete nur einen Schutz auf Zeit, da es durch einen negativen Geschäftsverlauf aufgezehrt werden und die Gefahr einer risikoreicheren Geschäftspolitik wieder ansteigen könne, spricht der hierin liegende Hinweis auf das vom Risiko abhängige Verhalten der Beteiligten nicht gegen, sondern gerade für die Notwendigkeit einer solchen, über das Grundkapital vermittelten Risikobeteiligung. Insofern ähnelt die Wirkung des aufzubringenden Kapitals dem Selbstbehalt bei Versicherungen, durch den die Versicherten ebenfalls vor der leichtfertigen Übernahme von Risiken wegen ihrer hiermit verbundenen Selbstbetroffenheit abgehalten werden sollen und dies erfahrungsgemäß auch werden. Es wäre darüber hinaus unstimmig und rechtsethisch zweifelhaft, zwar die Gewinne allein den hinter der Gesellschaft stehenden Aktionären zuzuordnen, die Verluste jedoch zu Lasten der Gläubiger zu sozialisieren.

4. Seriositätsschwelle Das zumindest in Höhe des Mindestkapitals aufzubringende Kapital soll auch eine Seriositätsschwelle darstellen. Es soll von vornherein solche Personen abhalten, die nicht bereit oder in der Lage sind, sich zur Erbringung eines Mindestkapitals im Nennwert von EUR 50.000 zu verpflichten, um ihre geschäftlichen Aktivitäten aufzunehmen. Planlose bzw. voreilige, betrügerische oder sonstige kriminelle Gründungen von Aktiengesellschaften sollen so verhindert werden. Die Seriositätsschwelle betrifft lediglich das Gründungsstadium von Aktiengesellschaften mit einem Mindestgrundkapital von EUR 50.000. Betrügerische oder auch nur planlose Gründer einer AG werden nur selten freiwillig ein höhe-

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res Grundkapital wählen. Das Grundkapital muss – vorbehaltlich eines immer in voller Höhe zu leistenden Aufgelds (Agio) 13 – im Fall einer Bargründung nur zu einem Viertel aufgebracht sein. Ob dieser aus heutiger Sicht relativ geringe Betrag schon des Mindestkapitals betrügerische Geschäftsleute von der Gründung einer AG abhalten können, mag man bezweifeln; auch dieser Mindestbetrag führt aber „immerhin zu einem Ausschluss der Habenichtse“ 14 und stellt nach wie vor eine gewisse Sperre vor übereilten Gründungen dar 15. Insgesamt ist die Funktion des Grundkapitals als Seriositätsschwelle aber gegenüber dem früheren Recht, das aus Gründen des Ausschlusses kleinerer Unternehmen von der Rechtsform der Aktiengesellschaft ein erheblich höheres Mindestkapital vorsah,16 deutlich relativiert. 5. Signalwirkung a) Das Grundkapital soll weiterhin ein Glaubwürdigkeitssignal an die Kapitalgeber der Gesellschaft darstellen. Die finanzielle Selbstbeteiligung der Gesellschafter soll signalisieren, dass die Gesellschafter von dem Erfolg der Gesellschaft überzeugt sind. b) Der Signalwirkung wird von Kritikern entgegengehalten, dass sie nur von kurzer Dauer sei und in der Kreditvergabepraxis kaum eine Rolle spiele. Schließlich zeugten gesetzlich vorgeschriebene Kapitalausstattungsvorschriften kaum von besonderem Vertrauen der Gründer in die Gesellschaften. c) Richtig ist hier zu differenzieren. Soweit es die Fremdkapitalgeber angeht, dient das Grundkapital grundsätzlich nicht als Nachweis, dass in der Gesellschaft ein bestimmtes Vermögen als Sicherheit für die Fremdmittel vorhanden ist. Vielmehr geht es darum, am Grundkapital das commitment der Gesellschafter ablesen zu können. Ein Kreditgeber wird kaum bereit sein, eine Unternehmung zu finanzieren, für die der Gesellschafter keine Eigenmittel riskiert. Diese Signalwirkung sollte auch bei den bisherigen oder zukünftigen Eigenkapitalgebern nicht unterschätzt werden. Wandelt beispielsweise ein Gesell-

13 § 36 Abs. 1 AktG. 14 Escher-Weingart, Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftrecht, 2001, S. 122. 15 Ebenso der Bericht der High Level Group Kapitel IV unter 3a (S. 88): Abschreckung vor leichtfertigen Gründungen von Aktiengesellschaften, Mindestkapital sollte weder abgeschafft noch angehoben werden. 16 Das Mindestkapital ist, worauf noch zurückzukommen sein wird, für Aktiengesellschaften erst 1923 eingeführt worden, und zwar zunächst mit 5 Mio. Mark, dann 50.000 Goldmark; 1937: 500.000 RM; vgl. hierzu Thiessen in Duss/Linder, Rechtstransfer in der Geschichte, 2006, unter C. I. mit Fn. 93 (im Erscheinen); GroßKommAktG/Brändel § 7 Rdn. 1 ff.; MünchKommAktG/Heider § 7 Rdn. 1ff.; KölnKommAktG/Kraft, 2. Aufl., § 7 Rdn. 2ff.

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schafter sein Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital um, wird dies aufgrund der Nachrangigkeit des Eigenkapitals gegenüber dem Fremdkapital regelmäßig als besonderes Zeichen für das anhaltende commitment des Gesellschafters verstanden. Ebenso wird bei Kapitalerhöhungen vor allem in der Krise der Gesellschaft erfahrungsgemäß genau beobachtet, ob und in welchem Umfang sich ein Mehrheitsaktionär an der Kapitalerhöhung beteiligt.

6. Gleichmäßige Beteiligung der Aktionäre am Gewinn und Verlust Das Grundkapital hat nicht nur Gläubiger-, sondern auch Anlegerschutzfunktion. Die Anleger (Aktionäre) haben ein Interesse daran, dass die finanziellen Lasten und Nutzen der Gesellschaft unter ihnen gleich verteilt sind, also mit der Beteiligung und den hieraus resultierenden Rechten korrespondieren. Durch die Kapitalaufbringungsvorschriften zur Bildung des Grundkapitals wird sichergestellt, dass die Beteiligung und der finanzielle Beitrag miteinander im Einklang stehen. Könnte beispielsweise ein Aktionär mit einer überbewerteten Sacheinlage oder mit einer von der AG erlassenen Bareinlageverpflichtung Aktien zeichnen, würde seine Beteiligung am Gewinn der AG (zum Nachteil der übrigen Aktionäre) nicht mit seinem finanziellen Einsatz korrespondieren.

7. Gezeichnetes Kapital als kollektives Vertragsangebot Mit Recht wird außerdem auf die Funktion des gezeichneten Kapitals als gleichsam „kollektives Vertragsangebot“ an die Gläubiger hingewiesen 17. Den Gläubigern wird durch das Grundkapital die sonst notwendige und insbesondere mit Kosten verbundene Aufgabe abgenommen, über individuelle Vereinbarungen Einlage- und Entnahmepflichten zu vereinbaren, ohne dass zusätzliche Vereinbarungen hierdurch ausgeschlossen würden. Hierauf wird noch unter D VII. zurückzukommen sein.

II. Zusammenfassung Dem deutschen Aktienrecht liegt ein in sich geschlossenes, einfaches System zugrunde, das die Aufbringung und den Verbleib dieses Kapitals bei der Gesellschaft sichert und dafür sorgt, dass vor einer Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Aktionäre die Interessen der Gläubiger berücksichtigt werden. Das aufzubringende, nur im Mindestbetrag vorgeschriebene Grundkapital erfüllt, wie 17 Eingehend hierzu Schön, Konzern 2004, 162, 166ff. mwN.

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auch in der SE-Verordnung bestätigt wird, im Gründungsstadium schwerpunktmäßig die Aufgabe, der Gesellschaft ein für den Betrieb der beabsichtigten Unternehmung notwendiges (Mindest-)Vermögen zur Verfügung zu stellen, mit dem nicht nur gearbeitet werden darf, sondern auch soll. Die Festschreibung eines für eine unternehmerische Tätigkeit notwendigen bestimmten Vermögens ist hiermit nicht beabsichtigt. Die Festsetzung der für die geplante unternehmerische Tätigkeit notwendigen, den Mindestbetrag ggf. überschreitenden Kapitalausstattung der Gesellschaft bleibt vielmehr Sache der Gründer, weshalb auch die Kritik, das Grundkapital könne keine angemessene Unternehmensfinanzierung gewährleisten, ins Leere geht. Darüber hinaus soll mit dem für das Grundkapital geltenden Mindestbetrag eine gewisse Seriositätsschwelle statuiert und eine gewisse Sperre vor übereilten Gründungen errichtet werden; außerdem führt es dazu, dass aufgrund des hiermit verbundenen „Selbstbehalts“ für die Aktionäre Risiken verantwortlicher eingegangen werden. Hat die Gesellschaft ihre unternehmerische Tätigkeit aufgenommen, kommt dem zur Deckung des Grundkapitals notwendigen Vermögen der Gesellschaft, soweit es (teilweise) noch besteht, die Bedeutung eines Haftungspuffers zu, der verhindert, dass Verluste unmittelbar auf das zum Überleben der Gesellschaft notwendige Vermögen durchschlagen. Durch den Bezug zwischen Grundkapital und Beteiligungshöhe der Aktionäre sichert das Grundkapital außerdem die angemessene Gleichbehandlung der Aktionäre bei der Gewinnverteilung und dem sie über die Beteiligung mittelbar treffenden Unternehmensrisiko. Dadurch, dass Verluste zunächst zu Lasten des Grundkapitals der Gesellschaft gehen, wird außerdem verhindert, dass – was als Verteilungssystem verfehlt wäre – die Aktionäre die Verluste „ihrer“ unternehmerischen Veranstaltung über ein Abwälzen auf die Gläubiger sozialisieren und nur an ihren Gewinnen teilnehmen. In gewissem Sinne lässt sich auch davon sprechen, dass dem aufzubringenden, sich in der Höhe des Grundkapital der Gesellschaft widerspiegelnden Risikokapital der Aktionäre eine ähnliche regulierende Funktion zukommt wie dem Selbstbehalt bei Versicherungen.

C. Die Aufbringung des Grundkapitals 18 I. Überblick Vor dem Hintergrund der vorstehend beschriebenen Bedeutung des Grundkapitals als ein die Gesellschafterhaftung ausschließendes Betriebs- und Haftungskapital muss das Gesetz die ordnungsgemäße Aufbringung des von den Aktio18 Bei der Gründung ist das gezeichnete Kapital (Grundkapital) nach Art. 2 lit. c der 2. Richtlinie einschließlich eines etwaigen genehmigten Kapitals offen zu legen, die hierauf übernommenen Aktien und die hierfür geleisteten/zu leistenden Einlagen nach Art. 3 lit. b, c, g und h. Die 2. Richtlinie verbietet – vorbehaltlich der in Art. 8

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nären versprochenen Kapitals sicherstellen. Das dem zugrunde liegende Prinzip wird heute unter dem Begriff „Grundsatz der realen Kapitalaufbringung“ 19 zusammengefasst. Maßgeblicher Gedanke ist dabei, dass das in der Satzung zugesagte Kapital tatsächlich der Gesellschaft zu Händen des sie vertretenden Vorstands zugeführt und dort endgültig verbleiben soll, damit es von ihm im überindividuellen Interesse der Gesellschaft verwendet werden kann. Dies ist der Kern des im Grundsatz einfachen Rechts der Kapitalaufbringung. Mit Blick auf die in diesem Zusammenhang gemachten historischen Erfahrungen sind die das Gründungsrecht regelnden Gesetzesbestimmungen durch besondere Sicherstellungen geprägt, auf die noch zurückzukommen sein wird. Für die Kapitalerhöhung gelten im Wesentlichen die für die Gründung geltenden Grundsätze entsprechend 20. II. Gewährleistung der Kapitalaufbringung 1. Mindestkapital Die Gründer einer Aktiengesellschaft sind zunächst verpflichtet, ein Grundkapital festzulegen, das einen bestimmten Mindestbetrag, das so genannte Mindestkapital, nicht unterschreiten darf 21. Das deutsche Aktienrecht schreibt ein in Abs. 2 gemachten, hier zu vernachlässigenden Ausnahme – in Art. 8 Abs. 1 die Ausgabe von Aktien unter dem Nennbetrag bzw. dem rechnerischen Wert der Aktien sowie in Art. 12 den Verzicht auf die Einlageleistung außerhalb der Kapitalherabsetzung. Ein zu Lasten der Gesellschaft gehender Gründungsaufwand und jeder Sondervorteil ist gem. Art. 3 lit. j und k der Richtlinie offen zu legen. Wer die Aktien übernimmt, ist nach Art. 3 lit. i offen zu legen. Der Gegenstand einer Sacheinlage ist gem. Art. 3 lit. h offen zu legen. Die Satzung insgesamt wird nach den Vorschriften der Art. 2, 3 der 1. (Publizitäts-)Richtlinie offen gelegt. Die Werthaltigkeit des Gegenstandes der Sacheinlage muss gem. Art. 10 Abs. 1 bis 3 der 2. Richtlinie durch einen Sachverständigen geprüft werden, der durch eine Behörde oder ein Gericht bestellt wird und über den Gegenstand der Sacheinlage, seine Werthaltigkeit und das Ergebnis seiner Prüfung zu berichten hat. 19 Grundlegend in diesem Zusammenhang Lutter, Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, 1964; zum Folgenden auch mwN. MünchKommAktG/Pentz § 27 Rdn. 5. 20 §§ 182ff. AktG. Bei der Kapitalerhöhung gebieten Art. 2, 3 der 1. Richtlinie die Offenlegung und die Durchführung der Kapitalerhöhung, Art. 25 Abs. 1 der 2. Richtlinie. Die für die Bar- und die Sacheinlage geltende Unterscheidung in Art. 26 und 27 entspricht weitgehend der für die Gründung geltenden Bestimmungen in Art. 9 und 10. Für das Aufgeld (Agio) schreibt Art. 26 S. 2 der 2. Richtlinie vor, dass ein Mehrbetrag in voller Höhe aufzubringen ist; diese Regelung hat für die Gründung keine Parallelbestimmung. 21 Das Mindestkapital ist nicht zwingend deckungsgleich mit dem Grundkapital. Das Grundkapital kann dem Mindestkapital entsprechen oder es übersteigen, jedoch nicht unterschreiten.

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der Satzung zwingend festzulegendes 22 Grundkapital von mindestens EUR 50.000 vor 23. Es geht damit über die Vorgaben der 2. Richtlinie hinaus, die lediglich ein Mindestkapital von EUR 25.000 24 verlangt 25.

2. Übernahme des aufzubringenden Kapitals durch die Gründungsaktionäre Der in der Satzung festgesetzte Betrag des Grundkapitals muss mit dem Gesamtbetrag aller ausgegebenen Nennbetragsaktien oder dem auf die einzelnen Stückaktien entfallenden anteiligen Betrag identisch sein und auf jede Aktie muss ein Betrag von mindestens 1 EURO entfallen 26.

3. Vollständige Übernahme des Grundkapitals, Verbot der Unterpariemission Die Gründer sind zur Übernahme aller (in der Summe der Beträge dem Grundkapital entsprechenden) Aktien verpflichtet,27 eine Unterpariemission (die

22 § 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG. Auch die 2. Richtlinie verlangt, dass sich aus der Satzung der AG entweder das „genehmigte Kapital“ oder, wenn die AG kein genehmigtes Kapital hat, das „gezeichnete Kapital“ ergeben muss, Art. 2. 23 § 7 AktG. 24 Zur Geltung des EURO als Werteinheit bei Art. 6 der 2. Richtlinie s. Art. 2 der Verordnung (EC) Nr. 1103/97 vom 17. 6. 1997, ABl. Nr. L 162 vom 19. 6. 1997, und Art. 1 der Verordnung (EEC, Euratom) Nr. 3308/80 vom 16. 12. 1980. 25 In Österreich beträgt der Mindestnennbetrag des Grundkapitals EUR 70.000 gem. § 7 öAktG. Das französische Aktienrecht verlangt für die société anonyme ein Grundkapital (capital sociae) in Höhe von mindestens EUR 37.000, das ebenfalls zwingend in der Satzung anzugeben ist; wird öffentlich zur Zeichnung von Aktien der société anonyme aufgerufen, muss das Grundkapital mindestens EUR 225.000 betragen. Das englische Recht schreibt für die Gründung einer public company ein Mindestkapital (authorised minimum) von 50.000 britische Pfund vor, das zwingend in der Gründungsurkunde (memorandum of association) festgelegt sein muss, Section 11, 118(1) CA 85. 50.000 britische Pfund entsprechen etwa EUR 74.030. 26 §§ 8, 9 AktG. 27 §§ 1 Abs. 2, 2, 29 AktG. Auch Frankreich verlangt die vollständige Zeichnung art. 225-3 al. 1, 225-12 L (art. 75, 84 L66); vorher darf die Gesellschaft nicht zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Nach englischem Recht ist keine vollständige Zeichnung aller Aktien erforderlich. Das in der Gründungsurkunde zu nennende authorised share capital ist lediglich ein Höchstbetrag, bis zu dem Aktien ohne Kapitalerhöhung ausgegeben werden dürfen. Demgegenüber handelt es sich bei dem so genannten issued share capital um das tatsächlich gezeichnete Kapital, also um die Summe der Nennbeträge der bisher gezeichneten Aktien. Die Differenz zwischen dem authorised share capital und dem issued share capital ist mit dem genehmigten Kapital nach §§ 202 ff. AktG vergleichbar, vgl. Schwanna, Die Gründung von Gesellschaften in Deutschland, Frankreich und Großbritannien, S. 359 m.w.N.

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Ausgabe der Aktien unter dem auf sie entfallenden Betrag) ist sowohl bei der Barals auch bei der Sacheinlage unzulässig.28

4. Leistung der (Mindest-)Einlage Die Gründer haben vor der Anmeldung der Gesellschaft zu ihrer Eintragung in das Handelsregister einen bestimmten Teilbetrag zu leisten (Mindesteinlage), der im Fall einer Bargründung mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags einer jeden Aktie umfassen muss. Die Resteinlage ist auf Verlangen des Vorstands zu leisten 29, im Falle der Einpersonengründung muss hinsichtlich der noch offenen Resteinlage eine Sicherung bestellt werden 30. Ein Aufgeld (Agio) ist immer in voller Höhe zu leisten 31. Die Einlagen selbst müssen zur endgültigen freien Verfügung des Vorstands geleistet werden, dürfen also – weil dann der Gesellschaft tatsächlich die ausgewiesenen Mittel nicht zur Verfügung stünden – auch nicht mittelbar wieder an die Gründer zurückfließen; sonstige Verwendungsabreden sind zulässig. Der Vorstand muss auf die Einhaltungen dieser gesetzlichen Vorgaben achten und hat bei der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister zu versichern, dass die Einlagen in diesem Sinne ordnungsgemäß an ihn geleistet worden sind 32. Die unten noch näher zu behandelnden Sacheinlagen können, sofern sie nicht in einer Gebrauchs- oder Nutzungsüberlassung bestehen, innerhalb einer fünfjährigen Frist bewirkt werden 33.

28

29 30 31 32 33

Die 2. Richtlinie trägt dem Rechnung, indem sie als zwingenden Satzungsinhalt verlangt „die Höhe des gezeichneten Kapitals“, sofern die Gesellschaft kein genehmigtes Kapital hat, bzw. „die Höhe des genehmigten Kapitals und die Höhe des gekennzeichneten Kapitals“, sofern die Gesellschaft über genehmigtes Kapital verfügt, vgl. Art. 2 lit. c). Der Begriff „gekennzeichnetes Kapital“ ist gleichbedeutend mit dem Begriff „gezeichnetes Kapital“ (capital subscribed), Die Richtlinie bestimmt nicht, wann das Grundkapital (nicht zu verwechseln mit der Leistung der Einlage) zu übernehmen ist. §§ 9, 36a Abs. 1, 2 S. 3 AktG. Entsprechendes gilt in Österreich nach § 9 öAktG und in England nach dem Companies Act 1985, s. 100(1) („A company’s share shall not be alloted at a discount.“). In Frankreich ist die Unterpariemission nach allgemeiner Auffassung ebenfalls unzulässig, vgl. Ripert/Roblot Rn 1439; Guyon, Droit des affaires, Rn 430; Cass.crim. 15. 05. 1936, J.Soc. 1937, 536. § 63 Abs. 1 AktG. § 36 Abs. 2 S. 2 AktG. § 36 Abs. 1 AktG. § 37 Abs. 2 S. 1 iVm. §§ 36a, 36 Abs. 2 S. 2, 54 Abs. 2 und 3, 37 Abs. 1 AktG. § 36 a Abs. 2 S. 1 AktG; hierzu Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 36 a Rdn. 4; GroßKommAktG/Röhricht § 36a Rdn. 6ff.; MünchKomAktG/Pentz § 36a Rdn. 10ff.

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5. Keine Befreiung von der Einlageverpflichtung Eine Befreiung von der Einlagepflicht ist ebenfalls unzulässig, weil in diesem Falle der Gesellschaft der ausgewiesene Betrag nicht zufließen würde 34. Die 2. Richtlinie enthält in Art. 12 eine entsprechende Vorgabe 35.

6. Sicherung der Kapitalaufbringung bei Sacheinlagen 36 a) Einlagefähigkeit Fähig, als Sacheinlage (bzw. als hier nicht weiter zu behandelnden Sachübernahme) eingebracht zu werden, sind nur solche Vermögensgegenstände, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist; Dienstleistungen können nicht als Sacheinlagen eingebracht werden 37. Die Sacheinlagefähigkeit in diesem Sinne ist weit gefasst. Sacheinlagefähig sind nicht nur bewegliche und unbewegliche Sachen,

34 §§ 55, 66 Abs. 1 AktG. Entsprechendes gilt in Österreich nach § 60 öAktG, in Frankreich gem. Art. 225-3 al. 2 L (art. 75 L 66); Mercadal/Janin Rn 2646 sowie im englischen Recht, vgl. Re Wragg, Limited (1897) I Ch. 796 (796). 35 Nach Art 12 der 2. Richtlinie dürfen Aktionäre nicht von der Verpflichtung befreit werden, ihre versprochenen Einlagen zu leisten (unbeschadet der Vorschriften über die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals). 36 Die 2. Richtlinie definiert in Art. 10 Abs. 1 Sacheinlagen als Einlagen, „die nicht Bareinlagen sind“. Diese Regelung ist im Zusammenhang mit Art. 7 der 2. Richtlinie zu lesen. Hiernach darf das „das gezeichnete Kapital“ nur aus „Vermögensgegenständen bestehen, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist“, wobei diese Vermögensgegenstände nicht aus Verpflichtungen zu Arbeitsleistungen oder Dienstleistungen bestehen dürfen. Weiter bestimmt Art. 10 der 2. Richtlinie, dass diese Sacheinlagen „Gegenstand eines besonderen Berichts“ sind, der vor der Gründung der Gesellschaft bzw. dem Zeitpunkt der Genehmigung der Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält, durch einen oder mehrere, durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht bestellte Prüfer zu erstellen ist. Der Bericht muss mindestens jede Einlage beschreiben, die angewandten Bewertungsverfahren nennen und angeben, ob sich hiernach die Werthaltigkeit der Sacheinlage ergibt. Art. 10 Abs. 4 der 2. Richtlinie enthält Ausnahmen hiervon, auf die vorliegend jedoch nicht näher eingegangen werden soll. 37 § 27 Abs. 2 AktG; zu den Gründen hierfür s. nur Lutter, Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, 1964, S. 232; ders. in KölnKommAktG § 183 Rdn. 14; Hüffer, AktG § 27 Rdn. 29; MünchKommAktG/Pentz § 27 Rdn. 33f.; GroßKommAktG/Röhricht § 27 Rdn. 18ff.; der zwischenzeitliche Überlegung im Bericht der High Level Group (S. 90), diese Leistungen denn als Sacheinlage zuzulassen, wenn sie abgesichert werden, ist die Kommission nicht näher getreten, vgl. den Vorschlag der EUKommission vom 29. 10. 2004 zur Änderung der 2. Richtlinie, abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/company/docs/capital/2004-proposal/ proposal_de.pdf.

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sondern auch Rechte, einschließlich Forderungen 38, selbst wenn sie gegen die Gesellschaft gerichtet sind 39. Zu den sacheinlagefähigen Rechten zählen auch Nutzungsrechte, wie etwa das Recht zur Nutzung eines Grundstücks oder auch Lizenzrechte; Voraussetzung ist wegen der Notwendigkeit, dem Recht einen wirtschaftlichen Wert beimessen zu können, dass sich eine bestimmte (Mindest-) Nutzungsdauer feststellen lässt.40 Wenn das Gesetz Bar- und Sacheinlagen unterscheidet, bedeutet dies nicht, dass die zu leistende Einlage von den Gründern bzw. Aktionären jeweils nur in einer der genannten Formen eingebracht werden darf. Zwar gibt es keine dritte Einlageform. Es ist aber zulässig, in der Satzung Mischformen vorzusehen und etwa eine Sacheinlagevereinbarung des Inhalts festzusetzen, dass der Sacheinleger sowohl eine Bar- als auch eine Sacheinlage auf die von ihm übernommene Einlageverpflichtung zu erbringen hat („Mischeinlage“). Ebenso ist es zulässig, dass der Sacheinleger einen Vermögensgegenstand einlegen soll, dessen Wert den der von ihm übernommenen Einlageverbindlichkeit übersteigt, und er deshalb für den übersteigenden Teil als Ausgleich ein Entgelt von der Gesellschaft erhält („gemischte Sacheinlage“). Insoweit haben die Gründer und Aktionäre jede Freiheit, die Einlage an ihre Möglichkeiten bzw. die Bedürfnisse der Gesellschaft anzupassen. 38 Soweit sie nicht gegen den Sacheinleger selbst gerichtet sind, sonst käme es nur zu einem schlichten Forderungsaustausch. 39 Der Wert einer solchen Forderung bestimmt sich danach, inwieweit die Gesellschaft sie und ihre weiteren fälligen Verbindlichkeiten tatsächlich erfüllen könnte; die schlichte Befreiung der Gesellschaft vom rechnerischen Wert der Verbindlichkeit wird nicht zugrunde gelegt. 40 Das österreichische Recht entspricht dem in § 20 öAktG, vgl. MünchKommAktG/Doralt öAnh. zu § 27 Rdn. 137 ff. Im französischen Recht kann Gegenstand einer Sacheinlage (apport en nature) jeder Gegenstand sein, der einen Vermögenswert besitzt, gleichgültig, ob er beweglich oder unbeweglich, materiell oder immateriell ist, vgl. Germain/Vogel in: Ripert/Roblot, Droit commercial, 1043. In Betracht kommen Eigentum (propriété), Nießbrauch (usufruit), ein sonstiges Rechts oder die Verschaffung tatsächlicher Nutzungen (jouissance), Immobilien, Handelsunternehmen (fonds de commerce), Forderungen, Erfindungen oder Marken; vgl. Bézard/Letulle in: Juris-Classeur, Band 3, Fasc. 48–20, Nr. 14; Dienst- und Arbeitsleistungen (apports en industrie) als dritte Einlagenform sind bei der société anonyme unzulässig, da sie nicht zur Bildung eines Gesellschaftskapitals beitragen, Art. 1843-2 Abs. 2 C. civ., vgl. Merle, Droit commercial, Nr. 28; Bougnoux in: Juris-Classeur, Band 1, Fasc. 10, Nr. 102–126. Ausgeschlossen sind auch so gen. fiktive Einlagen (apports fictifs); dies sind Einlagen, die keinen Vermögenswert besitzen. Im englischen Recht sind alle materiellen oder immateriellen Gegenstände einlagefähig, die einen geldwerten Vorteil darstellen (money’s worth, Companies Act 1985, s. 99(1), einlagefähig sind auch Lizenzen, Patente und Urheberrechte, sowie knowhow oder der goodwill; vgl. Pennington/Gansen in: Lutter, Die Gründung einer Tochtergesellschaft im Ausland, ZGR-Sonderheft 3, S. 281, 292, Dienstleistungen sind auch bei der public company ausgeschlossen, Companies Act 1985, s. 99(2).

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b) Prüfung Die Prüfung der Sacheinlagen auf ihre Werthaltigkeit verhindert, dass die übrigen Aktionäre den Sacheinleger (Inferent) „quer subventionieren“, er also durch die Einlage eines Gegenstands, dessen Wert dem des versprochenen Einlagebetrags nicht entspricht, auf Kosten der anderen Aktionäre einen Vorteil erhält. Die Gründer und auch später hinzukommende Aktionäre werden durch die Werthaltigkeitsprüfung davor geschützt, gleichsam mittelbar über ihre Gesellschaftsbeteiligung einen Vermögensgegenstand zu teuer zu „kaufen“. Ebenso wird zugleich die notwendige Vermögensgrundlage der Gesellschaft gewährleistet und damit zugleich das Interesse späterer Gesellschaftsgläubiger geschützt.

c) Differenzhaftung Erreicht der Wert des als Sacheinlage eingelegten Vermögensgegenstands nicht den Wert der übernommenen Einlage, haftet der Sacheinlager (Inferent) verschuldensunabhängig in Höhe der Differenz, die er durch Geldleistung auszugleichen hat; ergänzend kommt zugunsten der Gesellschaft die Anwendung allgemeiner Bestimmungen in Betracht 41. Diese Haftung ergibt sich aus dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung (vgl. oben C. I.). Sie hat Auswirkungen in dreierlei Hinsicht: Zunächst gleicht sie Ungleichbehandlungen unter den Aktionären aus, weil diese sonst Beteiligungen zu unterschiedlich hohen Beiträgen erhalten würden. Gleichzeitig wird der Gesellschaft zugesagtes, aber bislang nicht geleistetes (Betriebs-)Kapital zugeführt und es werden mittelbar (reflexiv) hierdurch zugleich auch die Gläubiger der Gesellschaft geschützt.

d) Verdeckte Sacheinlage 42 Flankiert werden die Sacheinlagebestimmungen durch die auch von der Rechtsprechung seit langem anerkannte Lehre von der verdeckten Sacheinlage.

41 Vgl. zuletzt Ulmer/Ulmer GmbHG § 105 f.; In Italien haftet der Inferent gem. Art. 2342, 2254, 2255 Codice Civile nach kaufrechtlichen Grundsätzen, bei Einbringung einer Forderung haftet er für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. In England soll die Gesellschaft den Inferenten wegen Vertragsbruchs auf Schadensersatz in Anspruch nehmen können, aber nicht auf Zahlung des Nominalbetrags der Aktien, Pennington, Company Law, 1995, S. 185. 42 Vgl. hierzu statt anderer hierzu Hüffer, AktG § 27 Rdn. 9ff.; GroßKommAktG/ Röhricht § 27 Rdn. 188 ff.; MünchKommAktG/Pentz § 27 Rdn. 84ff., jew. mwN.

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Ihr Anliegen ist es, zu verhindern, dass die Sacheinlagevorschriften dadurch umgangen werden, dass der tatsächlich geplante Vorgang der Erbringung einer Sacheinlage aufgrund einer Abrede formal in zwei oder mehr Teile aufgespaltet wird, nämlich in eine (vorgebliche) Bareinlage und den anschließenden Erwerb des betreffenden Vermögensgegenstands mit den Bareinlagemitteln. Eine solche nur formale Aufteilung wäre unvereinbar mit dem Sinn und Zweck der Sacheinlagevorschriften, die im Interesse der Aktionäre und der Gläubiger die Offenlegung und Werthaltigkeitskontrolle des betreffenden sicherstellen sollen. Wäre das beschriebene Vorgehen zulässig, liefe dies darauf hinaus, die Sacheinlagevorschriften entgegen ihrem allgemein anerkannten Schutzzweck völlig zu entwerten 43. Die für die verdeckte Sacheinlage notwendige, im Einzelfall für Außenstehende möglicherweise aber nur schwer zu beweisende Abrede wird dabei vermutet, wenn zwischen der Begründung der Einlagepflicht und dem jeweiligen Rechtsgeschäft ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht, beispielsweise also der betreffende Vertrag kurze Zeit nach der Begründung der Einlagepflicht abgeschlossen wird und die von der Gesellschaft zu erbringende Gegenleistung der Höhe nach im Wesentlichen der Einlageverbindlichkeit entspricht. Liegt eine verdeckte Sacheinlage vor, erfüllt die Zahlung der Einlage, weil diese an den Einlageschuldner absprachegemäß zurückfließen und nicht endgültig bei der Gesellschaft verbleiben soll, die Einlageverbindlichkeit nicht; außerdem ist die im deutschen Recht von dem schuldrechtlichen Vertrag zu unterscheidende dingliche Übertragung des Vermögensgegenstands gegenüber der Gesellschaft unwirksam 44.

7. Offenlegung und präventive Kontrolle Absprachen über Sondervorteile und Gründungsaufwand oder Sacheinlagen und Sachübernahmen sind zu ihrer Wirksamkeit in die Satzung aufzunehmen und werden offen gelegt, außerdem findet eine (Werthaltigkeits-)Kontrolle statt 45. Die Aufnahme in die Satzung führt dazu, dass sowohl die Gründer unter-

43 In England ist dieses Problem bislang augenscheinlich nicht erkannt worden, vgl. Rickford Reforming Capital, EBLR 2004, S. 919, 935, der auf die Möglichkeit einer einfachen Umgehung der Sacheinlage-/Sachübernahmevorschriften auch seine Forderung stützt, diese abzuschaffen. 44 Dies folgt unmittelbar aus § 27 Abs. 3 AktG. 45 §§ 26, 27, 32 Abs. 2, 33 Abs. 2 Nr. 4, 34 Abs. 1, 2, 36 Abs. 2 S. 2, 37 Abs. 4 Nr. 2, 38, 40, 41 Abs. 3 AktG. Wird eine beabsichtigte Sacheinlage in der Satzung nicht festgesetzt, muss der Gründer – sofern die Satzung nicht noch vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister entsprechend korrigiert wird – das leisten, was sich mangels anderweitiger Festsetzungen objektiv aus der Satzung ergibt, also eine Bareinlage, §§ 27 Abs. 3, 54 Abs. 2 AktG. Die Gesellschaft kann den Vermögensgegen-

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einander als auch später hinzukommende Aktionäre Kenntnis von diesen Absprachen erhalten und nicht bestimmte Aktionäre zu Lasten des Gesellschaftsvermögens, und damit mittelbar zu Lasten der anderen Aktionäre, Vorteile erhalten. Die (Werthaltigkeits-)Kontrolle durch das Gericht – und ggf. die externen Gründungsprüfer, hierzu sogleich im Text – dient dazu, keine unseriös gegründete Gesellschaft als Aktiengesellschaft, und damit als eine größere Zahl von späteren Aktionären potentiell gefährdende Institution, in den Rechtsverkehr gelangen zu lassen. Über den Hergang der Gründung haben die Gründer einen Bericht (Gründungsbericht) anzufertigen. Die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat haben die Gründung zu prüfen und ihren hierüber erstatteten Bericht (Prüfungsbericht) dem Handelsregister mit der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung vorzulegen. Sind Mitglieder von Vorstand oder Aufsichtsrat selbst unmittelbar oder mittelbar als Gesellschafter an der Gründung der Gesellschaft beteiligt bzw. sollen sie eine Belohnung in diesem Zusammenhang bekommen oder liegt eine Gründung mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen vor, ist die Gründung auch durch einen gerichtlich zu bestellenden Gründungsprüfer zu prüfen. Hierhinter steht die Überlegung, dass von den Verwaltungsmitgliedern in diesen Fällen keine neutrale Prüfung erwartet werden kann bzw. ggf. eine besondere Sachkunde bei der Wertermittlung notwendig ist 46. Durch die Berichte können sich das mit dem Eintragungsverfahren befasste Gericht, aber auch die Aktionäre selbst, einen schnellen Überblick über die Ordnungsmäßigkeit der Gründung verschaffen.

8. Haftung wegen falscher Angaben Für die Richtigkeit der gemachten Angaben haften die Beteiligten, einschließlich etwaiger Hintermänner, zivil- und strafrechtlich 47. Hierdurch wird in zivilrechtlicher Hinsicht sichergestellt, dass neben der ordnungsgemäßen Erbringung der Einlagen etwaige Vermögensbeeinträchtigungen der Gesellschaft wieder ausgeglichen und so der Zustand herbeigeführt wird, der bei ordnungsgemäßem Handeln bestanden hätte. Die strafrechtliche Sanktion soll präventiv wirken, die Bedeutung der Angaben betonen und die so gen. Schwindelgründungen von Ak-

stand aber im Wege der Nachgründung erwerben, Lutter/Gehling, WM 1989, 1445, 1455f.; Hüffer, AktG § 52 Rdn. 21; MünchKommAktG/Pentz § 27 Rdn. 106ff., § 52 Rdn. 70; für die Zulässigkeit einer nachträgliche Satzungsänderung GroßKommAktG/Röhricht § 27 Rdn. 219; GroßKommAktG/Priester § 52 Rdn. 106ff., jew. mwN. 46 §§ 32 bis 35 AktG; ist die Prüfung wegen der Beteiligung der Verwaltungsmitglieder an der Gründung erforderlich, kann sie aus Vereinfachungsgründen auch durch den beurkundenden Notar stattfinden. 47 §§ 46ff., 399 AktG.

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tiengesellschaften verhindern. Die Kapitalaufbringung ist durch diese flankierenden Bestimmungen insgesamt gesichert, und eine zusätzliche Einführung weiterer Haftungsbestimmungen, etwa durch eine teilweise Übernahme ausländischer Bestimmungen, ist nicht veranlasst. Sie empfiehlt sich auch nicht, weil es hierdurch zu einer Störung des in sich geschlossenen aktienrechtlichen (Haftungs-)Systems käme 48 und weitere Haftungen zu einer industriepolitisch unerwünschten und auch nicht sachgerechten Haftungshypertrophie zu Lasten der Betroffenen führen würde.

9. Nachgründung Ergänzt wird dieses System durch die Nachgründungsvorschriften 49, die den Sacheinlagevorschriften nachgebildet, inhaltlich aber zugleich daran angepasst sind, dass die betreffende Gesellschaft bereits eingetragen und damit das eigentliche Gründungsstadium abgeschlossen ist. Bei der Nachgründung geht es nicht um die Gründung im eigentlichen Sinne, sondern um bestimmte gründungsnahe Verträge, nämlich solche, die die Gesellschaft innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach ihrer Eintragung in das Handelsregister schließt. Diese Verträge bedürfen, wenn sie mit Gründern oder an der Gesellschaft mit mehr als 10 % des Grundkapitals beteiligten Aktionären geschlossen werden und wenn die Gesellschaft hiernach Vermögensgegenstände zu einer 10 % des Grundkapitals über-

48 Hierauf weist auch Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S. 59 mit Recht hin. 49 §§ 52, 53 AktG. Auf europäischer Ebene ist die Nachgründung in Art. 11 der 2. Richtlinie geregelt. In Frankreich ist die Nachgründung in art. 225-101 L (art. 157-1 L 66) geregelt. Erfasst sind nur Verträge mit Aktionären, die innerhalb der Zweijahresfrist geschlossen werden. Die Verträge sind durch einen gerichtlich bestellten Prüfer zu prüfen, und die Hauptversammlung hat zur Wirksamkeit der Verträge über sie abzustimmen, wobei dem anderen Vertragsteil kein Stimmrecht zukommt. Ausnahmen gelten für den Erwerb über die Börse, unter gerichtlicher Kontrolle oder im laufenden Geschäftsbetrieb. In England ist die Nachgründung in 104, 105 CA 1985 geregelt. Die Regelung erfasst nur Verträge mit Gründern innerhalb von zwei Jahren ab Ausgabe des Geschäftsaufnahmezertifikates, nach denen die Gesellschaft eine Gegenleistung (auch in Form von Aktien) von mehr als 10 % des Wertes des ausgegebenen Kapitals zu erbringen hat. Zulässigkeitsvoraussetzung des Vertrags ist die Prüfung durch einen unabhängigen Prüfer und die Zustimmung der Gesellschafter. In Österreich ist die Nachgründung in §§ 45, 46 öAktG geregelt. Die Rechtslage entspricht im Wesentlichen derjenigen in Deutschland. Unterschiede bestehen insoweit, als das Gesetz Leistungen der Gesellschaft von mindestens 10 % des Grundkapitals und nur Gründer und ihnen nahe stehende Personen erfasst und Geschäfte freistellt, die den Gegenstand des Unternehmens bilden oder wenn sie in der Zwangsvollstreckung erfolgen.

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steigenden 50 Vergütung erwerben soll, zu ihrer Wirksamkeit eines zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses und ihrer Eintragung in das Handelsregister. Außerdem hat eine der Sacheinlage vergleichbare Prüfung stattzufinden. Ausnahmen gelten insoweit, als der Erwerb im Rahmen der laufenden Geschäfte der Gesellschaft, der Zwangsvollstreckung oder über die Börse erfolgt. Hinter diesen Regelungen steht historisch die Befürchtung, dass die Gründer den Erwerb des betreffenden Gegenstandes bereits vor der Errichtung der Gesellschaft planen und den Abschluss des betreffenden Vertrages dann nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister durch die von ihnen beherrschten Vorstandsmitglieder durchführen lassen, um die für die Sacheinlage geltenden Offenlegungsund Prüfungsvorschriften zu umgehen. Denn nach Auffassung des Gesetzgebers ist bei derart bedeutenden Geschäften in einem solchen engen zeitlichen Zusammenhang anzunehmen, dass „der Erwerb schon bei der Errichtung hätte vorgenommen werden können und auch sollen“.51 Werden die Nachgründungsvorschriften nicht eingehalten, sind die betreffenden Verträge und die zu ihrer Ausführung vorgenommenen Rechtshandlungen der Gesellschaft gegenüber unwirksam.

III. Zusammenfassung Das Gründungsrecht der Aktiengesellschaft ist gekennzeichnet durch Offenlegung und präventive Kontrolle. Bevor die Gesellschaft als Aktiengesellschaft und damit ihrem Charakter nach als Publikumsgesellschaft durch die Eintragung in das Handelsregister ins Leben tritt, wird maßgeblich im Interesse der späteren Aktionäre, mittelbar damit aber auch zugunsten der späteren Gläubiger, die effektive Aufbringung des notwendigen Mindestkapitals geprüft. Die Kapitalaufbringung ist geprägt durch das Gebot der vollständigen Übernahme des Kapitals, das Verbot der Unterpariemission und der Befreiung von den Leistungspflichten sowie der Notwendigkeit, die zugesagten Einlagen zur endgültigen freien Verfügung des Vorstands zu erbringen. Sacheinlagen werden durch ein besonderes Verfahren auf ihre Werthaltigkeit überprüft, die die Werthaltigkeit sichernden Vorschriften sind umgehungsfest. Für Wertdifferenzen haftet der Sacheinleger

50 Die Vorgaben der 2. Richtlinie, die bereits bei 10 %, und nicht erst bei einem hierüber liegenden Betrag ansetzen, sind in Deutschland insoweit nicht umgesetzt worden, s. bereits Pentz, NZG 2001, 346, 350. 51 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und die AG von 1884, abgedr. bei Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 387, 453, sowie die Materialien zu § 207 HGB bei Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 6 HGB, 1897, S. 297 f.

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verschuldensunabhängig, hinzukommen kann eine verschuldensabhängige Haftung weiterer an der Gründung beteiligter Personen. Abgesichert wird das Sacheinlagerecht durch das Recht der Nachgründung.

D. Alternativmodelle/Reformüberlegungen I. Abschaffung des Mindestkapital- bzw. des Festkapitalsystems? 1. Eine Abschaffung des aktienrechtlich vorgeschriebenen Mindestkapitals ist weder in Deutschland noch auf europäischer Ebene geplant. Die High Level Group hat sich nicht hierfür ausgesprochen 52, und für die Richtigkeit der Beibehaltung des bisherigen Mindestkapitalsystems spricht auch die oben (unter B. I. 2. a) bereits erwähnte SE-Verordnung, die in Erwägungsgrund Nr. 13 ebenfalls auf die Notwendigkeit eines für jedes wirtschaftliches Handeln notwendigen Anfangsvermögens hinweist. Ein Bedürfnis für die Abschaffung oder die Senkung des über Art. 6 der 2. Richtlinie vorgeschriebenen Mindestkapitals von EUR 25.000 53 hat sich bislang nicht ergeben, was sich schon mit Blick auf die für eine als Publikumsgesellschaft ausgelegte Gesellschaftsform relativ geringe Mindesthöhe 54 erklärt. Mit dem genannten Mindestbetrag liegt eine nach heutigen Maßstäben eher geringe Größe vor, die einerseits der Gesellschaft ein für ihre wirtschaftlichen Unternehmungen notwendiges Mindestkapital sichert, andererseits jedoch auch die Flexibilität bei AG-Gründungen nicht einschränkt. Gegen die Abschaffung des Mindestkapitals spricht auch die historische Rechtsentwicklung in Deutschland. Das deutsche Aktienrecht kannte ursprüng-

52 Vgl. bei Fn. 15. 53 Zur Geltung des EURO als in Art. 6 der Richtlinie angesprochenen Rechnungseinheit s. Art. 6 der 2. Richtlinie in Verbindung mit Art. 2 der Verordnung (EC) Nr. 1103/97 vom 17. 6. 1997, ABl. Nr. L 162 vom 19. 6. 1997, und Art. 1 der Verordnung (EEC, Euratom) Nr. 3308/80 vom 16. 12. 1980. 54 Aus der geringen Mindesthöhe des Grundkapitals ist kein Grund für die vollständige Abschaffung des Mindestkapitalsystems abzuleiten. Zur GmbH-rechtlichen Diskussion in Deutschland vgl. nur Priester, ZIP 2005, 921: Wer die Abschaffung des Mindestkapitals mit dem Argument verlange, das Mindestkapital bewirke auch keinen Gläubigerschutz, erinnere an jemanden, der einem bei Eis und Schnee in der Badehose frierend herumlaufenden Manne rate, er solle diese doch auch ausziehen, weil sie ohnehin nicht wärme. Mit Recht hat auch Zöllner auf dem 2. Deutschen Insolvenzrechtstag in These 10 darauf hingewiesen, dass die aus der geringen Höhe des GmbH-Mindestkapitals von derzeit EUR 25.000 abgeleitete Forderung, es ganz abzuschaffen, logisch fehlerhaft ist, weil sich aus dieser Feststellung lediglich die Anhebung des Mindestkapitals ergeben könne, nicht aber umgekehrt seine Senkung bzw. Abschaffung.

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lich keinen Mindestbetrag für das Grundkapital, der Gesetzgeber hatte die Kapitalausstattung vielmehr völlig in die Hände der Gründer gegeben 55. Diese Liberalität hat sich jedoch praktisch nicht durchhalten lassen und wurde 1923 abgeschafft 56. Es hatte sich nämlich gezeigt, dass die ursprüngliche Vorstellung des Gesetzgebers, die Gründer würden den nach ihrer Überzeugung zum Ingangsetzen der geplanten Unternehmung oder des beabsichtigten Vorhabens notwendigen Betrag in der erforderlichen Höhe selbst bestimmen,57 sich als auf Dauer gesehen illusorisch erwiesen hatte. Die hinter der Einführung des Mindestkapitals stehenden konkreten historischen Erfahrungen belegen die Unverzichtbarkeit eines vorgeschriebenen Mindestkapitals. 2. Diese Überlegungen sprechen zumindest für das Aktienrecht auch gegen die Übernahme des belgischen Business-Plan-Modells, wonach die Gründer bei der Gründung der Gesellschaft einen solchen Plan aufzustellen und später unplanmäßig eingetretene Verluste auszugleichen haben. Die Richtigkeit eines solchen Plans wäre einer präventiven Kontrolle durch das Handelsregister kaum zugänglich und die Haftung wegen einer nicht eingehaltenen Planung erscheint wenig sachgerecht, nachdem Managementfehler, für die die Gründer vernünftigerweise nicht haften können, die Hauptursache für Unternehmenskrisen darstellen 58. Hinzu kommen Bedenken mit Blick auf den Charakter der Aktiengesellschaft als Publikumsgesellschaft und die notwendige Fungibilität der Aktie, zu denen eine solche Haftung nicht passen würde.

55 Ein Mindestkapital der Gesellschaft ergab sich lediglich mittelbar daraus, dass das Gesetz mindestens fünf Gründer verlangte, die jeweils mindestens eine Aktie im Nennbetrag von 1000 Mark zu übernehmen hatten (§§ 180, 182 HGB 1897). Im Übrigen ging der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass die Gründer der Gesellschaft den Betrag, der nach ihrer Überzeugung zum Ingangsetzen der geplanten Unternehmung oder des beabsichtigten Vorhabens notwendig war, selbst in der erforderlichen Höhe bestimmen würden. Hierzu bereits Hommelhoff in Schubert/ Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 53, 82ff. 56 Mit dem Gesetz über den Mindestbetrag des Grundkapitals von Aktiengesellschaften und KGaA vom 12. 5. 1923 ist ein Mindestbetrag von 5 Mio. Mark, mit der GoldbilanzVO vom 28. 12. 1923 ein solcher von 50.000 Goldmark vorgeschrieben worden. Seither hat es für Aktiengesellschaften durchgehend ein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital gegeben, AktG 1937: 500.000 Reichsmark; DM-Bilanzgesetz 1949 (für Neugründungen): 100.000 DM; AktG 1965: 100.000 DM, Währungsumstellung auf Euro 1999: EUR 50.000. Zur Entwicklung etwa Thiessen in Duss/Linder, Rechtstransfer in der Geschichte, 2006, unter C. I. mit Fn. 93 (im Erscheinen); s. auch GroßKommAktG/Brändel § 7 Rdn. 1ff.; MünchKommAktG/ Heider § 7 Rdn. 1 f.; zu höheren Mindestbeträgen ders. bei Rdn. 13ff. mwN. 57 Hierzu Hommelhoff in Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 53, 82 ff. 58 Vgl. hierzu die bei Kühn, Insolvenzindikatoren und Unternehmenskrise, 1991, S. 201 ff. wiedergegebenen Ergebnisse der empirischen Insolvenzursachenforschungen.

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3. Auffangen ließe sich ein Verzicht auf die mit dem Mindestkapital gewährleistete, für ein unternehmerisches Handeln notwendige vermögensmäßige (Mindest-)Ausstattung über eine persönliche Haftung der Gesellschafter oder der Leitungsorgane. Die Haftung der Gesellschafter, etwa in Anlehnung an die Kommanditistenhaftung gem. § 171 HGB oder gar weiter gehend, wäre allerdings mit dem Charakter der Aktiengesellschaft als Publikumsgesellschaft und der notwendigen Fungibilität der Aktien unvereinbar. Eine erweiterte Haftung der Leitungsorgane, die auch nach den Feststellungen der High Level Group nicht befürwortet wird 59 und auf die später noch näher einzugehen sein wird, wäre ebenfalls nicht empfehlenswert, da ein Verteilungsprinzip, nach dem die Gesellschafter auch ohne Kapitaleinlage sämtliche Vorteile, die Gesellschaftsorgane und die Gläubiger der Gesellschaft dagegen alle Risiken zu tragen hätten, nicht sachgerecht und rechtsethisch bedenklich erschiene. Hinzu käme, dass eine solche Haftung der Leitungsorgane zu (laufenden) Mehrkosten führen würde 60, weshalb es auch unter ökonomischen Aspekten vorzugswürdig ist, von vornherein über ein bestimmtes Mindestvermögen die Markttauglichkeit des zukünftigen Marktteilnehmers sicherzustellen. 4. Wegen weiterer Einzelheiten zur Bedeutung des Mindestkapitals und des Festkapitalsystems ist auf den Beitrag von Eidenmüller/Grunewald/Noack zu verweisen, zu den Funktionen des festen Kapitals für den Minderheiten- und Anlegerschutz auf den Beitrag von Bayer/Ekkenga.

II. Einführung echter nennwertloser Aktien? 1. In Deutschland sind echte nennwertlose Aktien 61 nicht zulässig. Sie wäre mit der 2. Richtlinie auch nicht vereinbar. Die SLIM-Arbeitsgruppe hat angeregt, die Einführung echter nennwertloser Aktien zu überprüfen 62. Auch die High Level Group hat sich mit dieser Frage beschäftigt 63. Schließlich beabsichtigt das britische Handelsministerium (Department of Trade and Industry), den Nennwert bzw. den rechnerischen Wert von Anteilen zwingend abzuschaffen. Es hat

59 Vgl. den Bericht (Fn. 15) auf S. 87. 60 Im Einzelnen noch bei D VII. 61 Echte nennwertlose Aktien sind möglich, wenn die Gesellschaft entweder über kein Grundkapital verfügt oder aber das Grundkapital nicht in Aktien aufgeteilt ist, näher MünchKommAktG/Heider § 8 Rdn. 13ff., 21ff. 62 Vgl. 2. Vorschlag. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe Simpler Legislation for the Internal Market (SLIM) sind abrufbar über http://europa.eu.int/comm/internal_ market. 63 Winter-Konsultation S. 27 f. Das Konsultationspapier der Hochrangigen Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts vom 25. 04. 2002 ist abrufbar unter www.europa.eu.int/comm/internal_market/de/company/company/modern.

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die Europäische Kommission aufgefordert, in der Kapitalrichtlinie no par value shares zuzulassen 64. 2. Die Einführung echter nennwertloser Aktien wäre, selbst bei Festhalten am gegenwärtigen Regime der Kapitalaufbringung und -erhaltung, nur mit einem erheblichen gesetzgeberischen Aufwand möglich und hätte komplexe Änderungen vor allem im geltenden Aktienrecht, Umwandlungsrecht und Steuerrecht zur Folge 65. Die Einführung nennwertloser Aktien wäre deshalb nur sinnvoll, wenn damit nennenswerte Vorteile verbunden wären, was indessen nicht der Fall ist: a) Für die Zulassung echter nennwertloser Aktien wurde in der Vergangenheit angeführt, sie erleichtere ein Aktiensplitting bei schweren 66 Aktien 67. Außerdem sei die nennwertlose Aktie sanierungsfreundlicher. Liege in einer Unternehmenskrise der Marktwert der Aktien unterhalb des Nennwerts oder des rechnerischen Nennwerts, könne die Gesellschaft nämlich aufgrund des Verbots der Unterpari-Emission keine neuen Aktien zu Marktpreisen ausgeben, sofern nicht zuvor eine Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung durchgeführt werde 68. Schließlich sei die nennwertlose Aktie nötig, um im internationalen Wettbewerb mithalten bzw. dem internationalen Standard genügen zu können 69. b) Seit der Herabsetzung des Aktienmindestnennbetrags auf einen Euro sowie der Einführung von Stückaktien dürften die meisten Argumente für eine echte nennwertlose Aktie an Bedeutung verloren haben 70. Der Unterschied zwischen low par shares mit einem Nennbetrag von nur einem Euro und echten no par shares ist aus praktischer Sicht zu vernachlässigen. Mit der vereinfachten Kapitalherabsetzung nach §§ 229 ff. AktG, die sogar eine Herabsetzung auf Null mit anschließender Kapitalerhöhung gestattet 71, steht ein effektives Mittel zur

64 Company Law Review, Modern Company Law, Kapitel 6: Capital Maintenance, A Consultation Document from the Company Law Review Steering Group S. 4, abrufbar unter http://www.dti.gov.uk/cld.review.htm; vgl. auch Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, S. 40, 105 f. 65 Vgl. Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie S. 113, 203 Fn. 63 mit Beispielen; Bauer, Gläubigerschutz durch eine formelle Nennkapitalziffer – Kapitalgesellschaftsrechtliche Notwendigkeit oder überholtes Konzept? S. 335. 66 Schwere Aktien sind solche mit einem nominal hohen Aktienkurs. 67 Deutsches Aktieninstitut e.V., Ja zur nennwertlosen Aktie. Stellungnahme für das Bundesministerium der Finanzen, S. 3. 68 Kübler, Die Aktie, Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarkt, 1989, S. 12, ders. WM 1990, 1853, 1854; Escher-Weingart, Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftrecht, 2001, S. 343 f. 69 Heider, AG 1998, 1, 4; Lehmann, S. 283. 70 So wohl auch Bauer, Gläubigerschutz durch eine formelle Nennkapitalziffer – Kapitalgesellschaftsrechtliche Notwendigkeit oder überholtes Konzept? S. 335. 71 BGHZ 142, 167, 169f. – Hilgers.

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Verfügung, um bei Kapitalbedarf auf bilanzielle Verluste zu reagieren. Ob es erforderlich bleibt, die echte nennwertlose Aktie zur Anpassung an einen so genannten „internationalen Standard“ einzuführen, ist ebenfalls zweifelhaft. In der Diskussion über den internationalen Wettbewerb oder Standard wird zwar regelmäßig auf die USA verwiesen, in denen es echte nennwertlose Aktien bereits seit 1912 gibt. Bemerkenswert ist jedoch, dass sich gleichwohl die deutliche Mehrheit der US-amerikanischen Gesellschaften nach wie vor für die Ausgabe von Nennbetragsaktien entscheidet 72. Wenn sich aber echte nennwertlose Aktien augenscheinlich auch in den USA nicht durchsetzen konnten, lassen sich aus einem Hinweis auf die dortige Rechtslage keine Gründe dafür ableiten, ihre Einführung sei durch eine gebotene Anpassung an einen internationalen Standard gefordert.

III. Abschaffung des präventiven Systems? 1. Mit Blick auf die geführte Reformdiskussion stellt sich zunächst die grundsätzliche Frage, ob das bestehende, durch Prävention gekennzeichnete Kapitalschutzsystem durch ein System der nachträglichen Kontrolle ersetzt werden kann. Konkret könnten dann Aktiengesellschaften auch ohne präventive Kontrolle gegründet und eingetragen werden. Erst im Nachhinein, insbesondere im Insolvenzverfahren, würde dann überprüft werden, ob die zugesagten Einlagen auch tatsächlich geleistet worden sind. Nicht geleistete Einlagen würden zugunsten der Insolvenzmasse eingefordert werden. Denkbar wäre auch, den Aktionären ein Wahlrecht dahin einzuräumen, dass sie ihre Einlagen entweder wie bisher unter einem präventiven Kontrollsystem leisten könnten und dann keine weitere Inanspruchnahme fürchten müssten, oder aber nach einem freien System, verbunden aber mit dem Risiko einer späteren Inanspruchnahme. 2. Ein solcher Systemwechsel empfiehlt sich indessen nicht. Die Erfahrung zeigt, dass Gesellschafter, die wegen nicht geleisteter bzw. zurückerhaltener Einlagen in Anspruch genommen werden, zum Ausgleich dieser Forderungen häufig nicht in der Lage sind. Die Erwartung, ausstehende Einlagen könnten erfolgreich zur Masse gezogen werden, erscheint, abgesehen von den hier auftretenden Verjährungsproblemen, lebensfremd. Ein Wechsel zu einer nur nachträglichen Kontrolle würde damit die hier als notwendig erkannte, mit Blick auf die Höhe der Mindesteinlage (unter C. II. 4) ohnehin nicht zu hart ausgestaltete Kapitalaufbringung insgesamt in Gefahr bringen. Wie die Erfahrung zeigt, würde der Wegfall einer präventiven Kontrolle neben der Gläubigergefährdung dazu führen, 72 Vgl. Nachweise bei Bauer, Gläubigerschutz durch eine formelle Nennkapitalziffer – Kapitalgesellschaftsrechtliche Notwendigkeit oder überholtes Konzept? S. 303, 335; Koll-Möllenhoff, Das Prinzip des festen Grundkapitals im europäischen Gesellschaftsrecht, 2004, S. 279.

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dass später (insbesondere auch im Rahmen einer Kapitalerhöhung) hinzukommende Aktionäre keine Sicherheiten hinsichtlich der notwendigen Kapitalausstattung der Gesellschaft hätten und einem volkswirtschaftlich unerwünschten Handel mit wertlosen Aktien Vorschub geleistet würde 73. Vor dem Hintergrund, dass aktienrechtliche Schwindelgründungen seit der Einführung des Mindestkapitals und der präventiven Kontrolle der Kapitalaufbringung so gut wie keine Rolle mehr gespielt haben, ist auch kein Anlass erkennbar, ein doch offensichtlich gut funktionierendes System zu ändern und durch ein solches zu ersetzen, mit dem bereits schlechte Erfahrungen gemacht worden sind. Hinzu kommt, dass es im Falle der Zulassung eines solchen erst nachträglich eingreifenden Systems im Ergebnis unmöglich wäre, die hierdurch für die übrigen Aktionäre verbundenen Nachteile auszugleichen. Denn ein Aktionär, der eine überbewertete Sacheinlage einbringt, würde möglicherweise über Jahre hinweg zu hohe, weil auf einen höheren Beteiligungswert bezogene Gewinnanteile (Dividenden) beziehen, und diese gleichheitswidrige Bevorzugung wäre, insbesondere bei zwischenzeitlichen Aktienveräußerungen, für die hierdurch benachteiligten übrigen Aktionäre als solches praktisch nicht mehr rückgängig zu machen.

IV. Reformüberlegungen zu den Sachgründungsvorschriften 1. Entbehrlichkeit der Werthaltigkeitskontrolle? a) In der Literatur sind die Vorschriften über Werthaltigkeitskontrolle bei Sacheinlagen teilweise kritisiert und der Sache nach als überflüssig und zu teuer bezeichnet worden. In diesem Zusammenhang ist auch die Auffassung vertreten worden, die Einbringung einer Sacheinlage sei mit dem Erwerb eines sonstigen Vermögensgegenstandes zu vergleichen und könne dementsprechend behandelt werden.74 b) aa) Dem ist nicht zuzustimmen. Zunächst macht es aus Gläubigersicht durchaus einen Unterschied, ob er sich anhand der Sacheinlagen ein Bild von der Gesellschaft und der Zusammensetzung ihres Anfangsvermögens machen kann oder nicht. Zu Recht ist gerade in diesem Zusammenhang auf die mit der Werthaltigkeitskontrolle für die Gläubiger verbundenen Vorteile hingewiesen worden,

73 Vgl. zu den seinerzeitigen Missständen, die zur Reform des aktienrechtlichen Gründungsrechts in seinen noch heute geltenden Grundzügen geführt haben, Hommelhoff in Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 55 ff. sowie das Gutachten des ROHG, ebenda S. 157, 160ff. und die Allgemeine Begründung des Gesetzentwurfs von 1884, ebenda S. 407, 408ff., 426ff. 74 Rickford Reforming Capital, EBLR 2004, S. 919, 934ff.

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weil diese insoweit nicht mit Informationsdefiziten und weiteren Transaktionskosten belastet werden 75. bb) Entgegen der geäußerten Kritik lässt sich die Erbringung einer Sacheinlage auch nicht mit dem sonstigen Erwerb eines Vermögensgegenstands vergleichen. Zunächst sorgen bei einem normalen Rechtsgeschäft die widerstreitenden Interessen gleichgewichtiger Vertragspartner dafür, dass sich Leistung und Gegenleistung wertmäßig im Regelfall entsprechen. Diese bei normalen Austauschgeschäften geltende Richtigkeitsgewähr ist bei einer Sacheinlage typischerweise nicht gegeben, weil hier auf beiden Seiten die gleichen Personen agieren bzw. gleiche Interessen verfolgt werden. Darüber hinaus hat der Erwerb eines überbewerteten Sacheinlagegegenstands im Unterschied zum Erwerb eines sonstigen Vermögensgegenstands einen leverage-Effekt. Denn der Inferent würde der Gesellschaft nicht nur einmalig einen Gegenstand zu teuer verkaufen, sondern er würde auch laufend höhere Gewinne abschöpfen, die zwar seiner Beteiligungshöhe, nicht aber dem Wert der dafür erbrachten Sacheinlage entsprechen, und die hiermit verbundene Ungleichbehandlung ließe sich – wie bereits dargelegt – insbesondere bei zwischenzeitlichen Aktienveräußerungen praktisch nicht mehr rückabwickeln. Auch systematisch gehört der Vorgang der Einbringung einer Sacheinlage zur Zuständigkeitsebene der Gesellschafter und nicht zu derjenigen der Geschäftsführung, weil der Wert der Sacheinlage bedeutsam für die Beteiligungshöhe und damit für die Gesellschafterrechte des Inferenten und der übrigen Gesellschafter ist 76. Der Vergleich bzw. die Gleichsetzung des Erwerbs einer Sacheinlage mit einem normalen Umsatzgeschäft verbietet sich damit aus mehreren Gründen. cc) Hinzu kommen der mit den Sacheinlagevorschriften erreichte Schutz der übrigen Gründer und der späteren Aktionäre sowie die den vorstehenden Befund bestätigenden praktischen Erfahrungen, die der heutigen Regelung zugrunde liegen: Die Sacheinlagevorschriften führen mit ihrer Wertkontrolle zur Vermeidung einer „Quersubventionierung“ des Inferenten durch die anderen Aktionäre.77 Die Sacheinlagevorschriften haben in Deutschland ihren Ursprung im präventiven Schutz der Aktionäre davor, dass ihnen über eine Sacheinlage ein Vermögensgegenstand zu einem unangemessen hohen Preis über die Gesellschaftsbeteiligungen gleichsam mittelbar „verkauft“ wird.78 Ein nur nachträglich eingreifender 75 Vgl. hierzu Schön, Konzern 2004, 162, 167 f., s. auch noch unter VII. 76 Der weite Spielraum des Vorstands beim genehmigten Kapital, vgl. zuletzt BGH ZIP 2005, 2205 und 2207, spricht nicht gegen diese systematische Unterscheidung, weil auch dort der Maßnahme ein Hauptversammlungsbeschluss zugrunde liegt. 77 Treffend Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rdn. 158. 78 Vgl. hierzu Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und die AG von 1884, abgedr. bei Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 387, 414, 435 f.; Hommelhoff aaO. S. 53, 64f.; s. auch

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Schutz wurde vor dem Hintergrund der seinerzeit konkret gemachten Erfahrungen als ungenügend angesehen, weil gerade in dem Bereich der überbewerteten Sacheinlagen die größten Missbräuche festgestellt worden sind. An diesem Gefahrenpotential hat sich, wie sich derzeit in Deutschland an den zahlreichen Fällen der Kapitalanlagegesellschaft in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft und der in diesem Zusammenhang festzustellenden Klagewelle zeigt, nichts geändert. Es ist bei diesen Gesellschaften auch nach der Erfahrung der Verfasser seit langem 79 zu beobachten, dass sie weit überbewertete Vermögensgegenstände (insbes. auch Immobilien, Schiffsbeteiligungen und ähnliche Objekte) von den Gründern erwerben. In allen diesen Fällen übernehmen die anderen Gründer, jedenfalls aber später hinzukommende Gesellschafter Anteile im Glauben, es handele sich um eine ordnungsgemäß kapitalisierte Gesellschaft, ohne dass ihrer Einlage (dem von ihnen geleisteten „Kaufpreis“) eine auch nur annähernd werthaltige Substanz gegenüber steht. Selbst wenn die Gesellschaft sodann mangels Überlebensfähigkeit nach kurzer Zeit liquidiert werden sollte, sind die Einlagen der Gesellschafter im Regelfall völlig verloren, weil das Gesellschaftsvermögen von den die Gesellschaft beherrschenden Gründern über Verträge abgezogen worden ist. dd) Eine eigene Prüfung durch die Aktionäre vermag die durch das Sacheinlagerecht gewährleistete präventive Kontrolle nicht aufzufangen 80. Denn die Eigenkontrolle durch die Aktionäre, insbesondere die später hinzukommenden, ist – wie sich heute auch an den Kapitalanlagegesellschaften zeigt – praktisch nicht durchführbar. Die Leichtgläubigkeit der durch Gewinnversprechungen angelockten Anleger lässt bei diesen im Regelfall auch kein Bedürfnis hiernach aufkommen. Gerade mit Blick auf diesen bereits seit langem bekannten Befund ist historisch die präventiv angelegte Werthaltigkeitskontrolle im Aktienrecht eingeführt worden.

die eingehende Darstellung der seinerzeit aufgetretenen Missstände im Gutachten des Reichsoberhandelsgerichts, abgedr. bei Schubert/Hommelhoff aaO. S. 157, 161 ff., 180 ff. 79 S. auch bereits die Darstellung der über die Presse bekannt gewordenen Fälle vom Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts von Kohl/Kübler/Walz/Wüstrich, ZHR 138 (1974) 1, 8 ff.; Beispiele hieraus: 1. Fall: Erwerb ausrangierter Flugzeuge durch Gründer für 2,8 Mio. DM, Einlage in die KG für 24,7 Mio. DM, Rückfluss an Gründer über Umrüstungsverträge 21 Mio. DM aus der Einlage der Kommanditisten. 2. Fall: Erwerb gebrauchter Flugzeuge durch den Gründer für 17 Mio. DM, Erwerb durch die KG für 43 Mio. DM. 80 Hierzu ablehnend auch bereits das Gutachten des ROHG, abgedruckt in Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 157, 162 ff.

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Bestätigt wird diese schon für das Aktienrecht getroffene Einschätzung auch durch die Entwicklung im GmbH-Recht.81 Das deutsche GmbH-Recht kannte nämlich zunächst keine Prüfung und Haftung im Zusammenhang mit der Werthaltigkeit von Sacheinlagen. Hierhinter stand die Überlegung, dass den Teilhabern mehr Freiheit eingeräumt werden solle, der bei der GmbH typischerweise kleinere Gesellschafterkreis sowie die Erwartung, die Gesellschafter würden schon im eigenen Interesse darauf achten, dass nur werthaltige Sacheinlagen eingebracht würden. Entsprechende Überlegungen finden sich auch in der heutigen Kritik am präventiv ausgelegten Kapitalschutzsystem bei der Aktiengesellschaft. Das seinerzeit auf der Eigenkontrolle basierende Modell im GmbH-Recht hat sich in der Praxis indessen als nicht tragfähig erwiesen. Die GmbH wurde in Folge dieser Liberalität als die „bevorzugte Rechtsform für Schwindelgründungen, Verschiebebahnhöfe, Dachgesellschaften, waghalsige Spekulationsunternehmen, kurz der Deckmantel zum Konkursbetrug“ 82 bezeichnet. Es wurde für notwendig erachtet, die Freiheit der Gesellschafter durch die Einführung von Gründungsvorschriften entsprechend den aktienrechtlichen Bestimmungen einzuschränken. Wenn jedoch schon bei der GmbH, also einer Gesellschaftsform mit einem typischerweise kleineren Gesellschafterkreis und engeren persönlichen Bindungen, die Erfahrung zeigt, dass die Selbstkontrolle durch die Beteiligten praktisch nicht zum Tragen gekommen ist, gilt dieser Befund umso mehr bei der als Publikumsgesellschaft ausgelegten Aktiengesellschaft. c) Die historischen und die bei den Kapitalanlagegesellschaften gemachten aktuellen Erfahrungen belegen sonach, dass sowohl aus ordnungspolitischen Gesichtspunkten als auch aus Gründen des notwendigen Individualschutzes eine gesetzlich vorgeschriebene präventive Kontrolle der Eigenkontrolle vorzuziehen ist, da sich letztere in der Praxis als untauglich erwiesen hat. Das notwendige Schutzniveau kann über eine Eigenkontrolle nicht erreicht werden. Auch Kostenaspekte sprechen für eine solche Lösung. Würde die gesetzlich vorgeschriebene einmalige Werthaltigkeitskontrolle und die hieran geknüpften Rechtsfolgen (Ablehnung der Eintragung bei fehlender Werthaltigkeit) fehlen, wären zahlreiche eigene Werthaltigkeitskontrollen der Gründer bzw. der später hinzukommenden Aktionäre erforderlich; aus Gläubigersicht gilt Entsprechendes 83.

81 Eingehend zum Folgenden und mit zahlreichen Nachweisen Thiessen in Duss/Linder, Rechtstransfer in der Geschichte, 2006, unter C. II. (im Erscheinen). 82 Bachmann, Die Deutsche Volkswirtschaft 1935, 1120, 1121, der zeitliche Hintergrund der Äußerung stellt die Richtigkeit des tatsächlichen Befundes nicht in Frage. 83 Näher noch unter VII.

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2. Verantwortlichkeit der Geschäftsführungsorgane statt externer Kontrolle? Anstelle einer präventiven Kontrolle durch einen externen Prüfer auf die Kontrolle der Gesellschaftsorgane allein zu setzen, kann angesichts der praktischen Erfahrungen ebenfalls nicht überzeugen. Eine solche Kontrolle läuft im Regelfall auf die Eigenkontrolle der zu Kontrollierenden hinaus und muss deshalb bereits im Ansatz fehl gehen. Selbst eine Kontrolle durch später hinzukommende unabhängige Organmitglieder scheitert, wie die Erfahrung zeigt, häufig am Widerstand noch vorhandener Gründer, die das betreffende Mitglied dann kurzer Hand abberufen bzw. für seine Abberufung sorgen. Kostenersparnisse bei einer echten Prüfung durch unabhängige Organmitglieder gegenüber dem heutigen Rechtszustand wären bei einem solchen Konzept ebenfalls nicht zu erwarten. Unabhängige Organmitglieder werden regelmäßig schon aus Haftungsgründen externe Sachverständige einschalten, deren Vergütung mindestens so hoch liegen dürfte wie die der gerichtlich bestellten Prüfer. Im Ergebnis liefe diese Konstellation auch auf das geltende Recht und die dort vorgeschriebene Kontrolle durch einen externen neutralen Prüfer hinaus. Eine auf die Geschäftsführungsorgane beschränkte Überprüfung wäre deshalb weder geeignet, ein mit dem heutigen Recht vergleichbares Schutzniveau für Gläubiger oder Aktionäre zu gewährleisten, noch wäre davon auszugehen, dass sie kostengünstiger wäre.

3. Kontrolle allein durch den Abschlussprüfer? Vorteile einer Kontrolle allein durch den Abschlussprüfer der Gesellschaft sind nicht erkennbar. Zum einen ist nicht jede Gesellschaft prüfungspflichtig. Zum anderen dürfte es auch unter Kostenaspekten keinen Unterschied machen, ob ein gerichtlich bestellter Prüfer oder der Abschlussprüfer der Gesellschaft die Werthaltigkeit der Einlage prüft. Hinzu kommt, dass es sich auch bei einer solchen Prüfung nicht um eine präventive Kontrolle handeln würde, sondern nur um eine nachträglich eingreifende, die das mit Blick auf die zu verhindernde Quersubventionierung des Inferenten durch die anderen Aktionäre und den mittelbaren „Verkauf“ nicht werthaltiger Gegenstände (unter C. II 6. b) erforderliche Schutzniveau nicht gewährleisten kann.

4. Prospekthaftung statt Sacheinlagevorschriften? Die zwingende Einführung einer Prospektveröffentlichung bzw. einer hiermit zusammenhängenden Prospekthaftung bei der Gründung oder Kapitalerhöhung anstelle der bislang vorgesehenen präventiven Werthaltigkeitskontrolle

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der Sacheinlagen erscheint nicht sachgerecht 84. Zum einen würde dies den geschädigten Anlegern, wie die Erfahrung mit den Kapitalanlagegesellschaften in Deutschland zeigt, keine bessere Rechtsposition einräumen, weil – wie die Erfahrung zeigt – diese Haftungsansprüche sich häufig nicht realisieren lassen. Zum anderen wäre ein solches, erst nachträglich einsetzendes System einem präventiv wirkenden in der Effektivität deutlich unterlegen. Schließlich würde die Erstellung eines Prospekts keinesfalls kostengünstiger sein, sondern im Regelfall deutlich teurer, und wäre für kleinere Gesellschaften auch überdimensioniert.

5. Entbehrlichkeit der Werthaltigkeitskontrolle in geeigneten Fällen a) Nach dem Kompromisstext des Ministerrats vom 29. 11. 2004 zur Änderung der 2. Richtlinie 85 sollen die Mitgliedstaaten beschließen können, auf Vorschlag des Verwaltungs- oder Leitungsorgans von dem nach Art. 10 Abs. 1 bis 3 der 2. Richtlinie geforderten Bewertungsgutachten in folgenden Fällen abzusehen: Erstens, wenn als Sacheinlagen Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente eingebracht werden, die zu einem gewichteten Durchschnittspreis bewertet werden, zu dem sie in den drei Monaten vor ihrer Einbringung auf einem geregelten Markt gehandelt wurden, es sei denn, dieser Preis wurde erheblich durch außergewöhnliche Umstände beeinflusst. Zweitens, wenn der Vermögensgegenstand bereits zu einem nicht länger als drei Monate vor seiner Einbringung zurückliegenden Zeitpunkt durch einen Sachverständigen nach allgemein anerkannten Grundsätzen bewertet worden ist. Drittens, wenn der Wert des Vermögensgegenstands aus einem geprüften Jahresabschluss hervorgeht, sofern nicht in den beiden letztgenannten Fällen zwischenzeitlich Wert mindernde Umstände eingetreten sind (in diesen Fällen verbleibt es bei der bisherigen Gründungsprüfung) oder ein Quorum von Aktionären, die zusammen mindestens 5 % des gezeichneten Kapitals halten, bis zum Tag der effektiven Einbringung der Sacheinlage eine Bewertung verlangen. In den drei genannten Ausnahmefällen sollen die Mitglieder des Verwaltungs- bzw. Leitungsorgans einen Bericht über die Werthaltigkeit einreichen, der der gerichtlichen Prüfung unterliegt. Für das Nachgründungsrecht ist eine entsprechende Anpassung vorgesehen. 84 Diese Überlegungen sind in Deutschland bereits im Zusammenhang mit der Aktienrechtsreform 1884 verworfen worden, vgl. Schubert in Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 10 f. sowie die Begründung des Entwurf eines Gesetzes, betreffend die KGaA und die Aktiengesellschaften vom 7. 5. 1884, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff aaO., S. 438. 85 Der vorangegangene Vorschlag der Kommission vom 21. 9. 2004 ist abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/company/docs/capital/2004-proposal/ proposal_de.pdf, dort die Vorschläge zu Art. 10 a, 10 b (bzgl. der Sachgründung), 11 (Nachgründung) und 27 (Kapitalerhöhung) der Richtlinie.

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b) aa) Diese Vorschläge sind im Grundsatz zu begrüßen. Sie stellen der Sache nach wegen ihrer Anknüpfung an feste Anhaltspunkte materiell ein nur geringfügiges Abweichen vom bisherigen System dar und können insbesondere nicht in dem Sinne verstanden werden, dass nunmehr statt einer neutralen Werthaltigkeitskontrolle eine (sonst abzulehnende, vgl. unter D.IV2.) Kontrolle allein durch das Verwaltungs- oder Leitungsorgans vorgesehen sei. bb) Soweit es in dem ersten der aufgeführten Fälle um die Werthaltigkeit der genannten Wertpapiere geht, gibt der auf dem Markt erzielbare Wert regelmäßig hinreichende Anhaltspunkte für die Bestimmung des Werts der Papiere, und auch ein mit der Werthaltigkeitsüberprüfung befasster Sachverständiger würde sich maßgeblich hieran orientieren 86. Bedenken drängen sich allerdings mit Blick auf die mögliche Überbewertung der Papiere in Zeiten einer Börsenhausse auf, die durch einen Sachverständigen vermutlich eher berücksichtigt würde als durch die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans. In ihrer Reichweite nicht ganz eindeutig ist die Ausnahme für den Fall, dass der bezeichnete Preis durch außergewöhnliche Umstände (einschließlich Illiquidität des Marktes für diese Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente) beeinflusst wird, die eine erhebliche Änderung des Werts des Vermögensgegenstands zum Zeitpunkt seiner effektiven Einbringung bewirken würden. Mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung dürfte diese Ausnahme entsprechend der Formulierung von § 38 Abs. 2 S. 2 AktG zu verstehen sein und eine erhebliche Wertänderung bereits dann vorliegen, wenn der Wert nicht unwesentlich (d. h. nicht innerhalb der üblichen Bewertungsbandbreiten 87) hinter dem zugesagten Einlagebetrag zurückbleibt. Einer großzügigeren Handhabung sollte nicht zugestimmt werden. cc) In den beiden weiteren Fällen wird auf bereits vorliegende sachverständige Feststellungen zurückgegriffen, sodass die Anforderungen der in § 33 Abs. 2 AktG verlangten externen Gründungsprüfung zumindest im Ansatz materiell erfüllt sind. Im Übrigen ist jedoch zwischen Aspekten des Minderheitenschutzes und des Schutzes des Verwaltungs- oder Leitungsorgans zu unterscheiden: (1) Soweit im dritten Fall, ohne Unterschied hinsichtlich ihrer Aktualität, die Werte aus der Bilanz des letzten vorausgegangenen Geschäftsjahres genügen sollen, besteht aus Sicht des Minderheitenschutzes ein Wertungswiderspruch zur zweiten Ausnahme, weil dort mit drei Monaten eine zeitnahe Bewertung vorausgesetzt wird 88, der im Falle des Ansatzes der Bilanzwerte fehlt. Ob dies durch die

86 Kritisch und im Ergebnis ablehnend zu diesem Vorschlag allerdings Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S. 97ff., mit dem Hinweis, dass die Einlage von Anteilen im Regelfall bei Unternehmenszusammenschlüssen erfolge. 87 Hierzu Hüffer, AktG § 38 Rdn. 12; GroßKommAktG/Röhricht § 38 Rdn. 41; MünchKommAktG/Pentz § 38 Rdn. 60. 88 Anders auch etwa § 209 Abs. 1 AktG für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmit-

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Überprüfungs- und Angabepflichten des (möglicherweise befangenen) Verwaltungs- oder Leitungsorgans bzw. die gerichtliche Kontrolle aufgefangen werden kann, ist zweifelhaft. Für Gründer lassen sich immerhin noch weitere Anhaltspunkte bezüglich der Werthaltigkeit aus dem Gründungsbericht § 32 AktG entnehmen, wonach vor allem auch die (für eine künstliche Erhöhung des Buchwertes besonders kritischen) vorausgegangenen Rechtsgeschäfte offen zu legen sind. Bei der Kapitalerhöhung fehlt hingegen ein vergleichbares Instrument. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, auch in diesem Fall zumindest die Aktualität der Werte durch ein bestimmtes Höchstalter der Bilanz (z. B. acht Monate vor Erfüllung der Einlagepflicht) zu sichern. Das Recht der Minderheitsaktionäre, eine Werthaltigkeitsüberprüfung zu verlangen, kann die Gefährdung der Kapitalaufbringung nicht auffangen, weil das Prüfungsverlangen an ein 5 %iges Quorum gebunden ist und die Minderheitsaktionäre sich bei der Gründung zu dem Zeitpunkt, in dem der Verzicht auf die externe Prüfung virulent wird, der durch die Verwaltung geschaffenen Situation nicht mehr entziehen können, weil sie ihren Beitritt bereits unwiderruflich erklärt haben 89. (2) Die Entscheidung über die Durchführung der bisherigen Sacheinlageprüfung in die Hände des Verwaltungs- oder Leitungsorgans zu geben, erscheint mit der vorstehenden Einschränkung insofern akzeptabel, als sie dem Verwaltungsoder Leitungsorgan nur die Möglichkeit dieses Weges eröffnet, die Entscheidung hierüber – und damit zugleich über das auf die Organmitglieder zulaufende Haftungsrisiko – aber letztlich dem Verwaltungs- oder Leitungsorgan überlässt, die Offenlegung der Gründe und der Werthaltigkeit verlangt und eine gerichtliche Kontrolle anschließt. Eine unter Haftungsaspekten unzumutbare Belastung der Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans ist deshalb hiermit nicht verbunden.

6. Verdeckte Sacheinlage: Änderungs-/Reformbedarf? a) An der Lehre von der verdeckten Sacheinlage ist verschiedentlich Kritik geübt worden. Teilweise wird angenommen, ihr stünden die als abschließend zu verstehenden Art. 10 und 11 der 2. Richtlinie oder aber das Nachgründungsrecht des § 52 AktG entgegen. Teilweise werden ihre Rechtsfolgen auch als überzogen angesehen und es wird vorgeschlagen, diese auf eine Differenzhaftung zu beschränken: Erreiche der Wert des verdeckt eingelegten Vermögensgegenstandes

teln und § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG: Stichtag der Bilanz höchstens 8 Monate vor der Anmeldung der Kapitalerhöhung bzw. der Umwandlung. 89 Zur Unzulässigkeit einer bedingten Aktienübernahme vgl. RGZ 83, 256, 258f.; MünchKommAktG/Pentz § 23 Rdn. 56; grds. auch GroßKommAktG/Röhricht § 23 Rdn. 68.

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den geschuldeten Einlagebetrag, wofür der Gesellschafter beweisbelastet sei, habe es hierbei sein Bewenden; bleibe er dagegen hinter dem Einlagebetrag zurück, müsse der Gesellschafter den Differenzbetrag in bar ausgleichen 90. b) aa) Im Ergebnis überzeugt keine dieser Einwendungen 91. Die Art. 10, 11 der 2. Richtlinie können angesichts des mit der 2. Richtlinie intendierten Schutzes der Aktionäre und Gläubiger nicht als abschließend in dem Sinne verstanden werden, dass sie der Lehre von der verdeckten Sacheinlage entgegenstünden. Im Gegenteil ist umgekehrt davon auszugehen, dass das Umgehungsverbot den Regelungen der 2. Richtlinie über die Sacheinlagen immanent ist. Das Nachgründungsrecht enthält nur eine abstrakte Regelung des Umgehungsschutzes, die schon mit Blick auf die Anordnung in § 27 Abs. 3 AktG (Unwirksamkeit der Verträge und der zu ihrer Ausführung vorgenommenen Rechtshandlungen gegenüber der Gesellschaft) nicht dahin ausgelegt werden kann, dass alle durch sie nicht erfassten Sachverhalte als unbedenklich anzusehen sein sollten. Die vorgeschlagene Differenzhaftung lässt sich nach geltendem Recht nicht begründen, weil ihr das durch die Offenlegung und die präventive Kontrolle geprägte Sacheinlagerecht entgegensteht. bb) Vor diesem Hintergrund könnte sich lediglich die Frage stellen, ob es sich rechtspolitisch empfiehlt, die Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage de lege ferenda im Sinne einer Differenzhaftung zu regeln 92. Hiergegen sprechen zunächst der hiermit verbundene Bruch mit den Vorgaben des sonst gesetzlich geltenden präventiven Systems und die hiermit verbundene Belastung des Insolvenzanspruchs mit Wertdiskussionen 93. Außerdem spricht die hiermit verbundene Gefahr eines Leerlaufens der Sacheinlageregelungen überhaupt hiergegen, weil die Betreffenden durch solche Rechtsfolgen geradezu zu Umgehungsgeschäften eingeladen würden, aber auch die hinter den heutigen Sacheinlagebestimmungen stehenden historischen Erfahrungen, die gerade die Notwendigkeit eines präventiven Schutzes deutlich gemacht haben. Auch eine zu Lasten des Gesellschafters ausgestaltete Beweislastregelung hinsichtlich der Werthaltigkeit des verdeckt eingelegten Gegenstandes könnte den als notwendig erkannten präventiven Schutz vor Schwindelgründungen nicht gewährleisten. Die schließlich noch zu erwägende Festlegung einer zeitlichen Grenze für die Annahme einer verdeckten Sacheinlage 94 empfiehlt sich wegen der Vielzahl der in Betracht 90 Mit eingehender Begründung Grunewald in FS Rowedder, 1994, S. 111, 115ff.; Einsele, NJW 1996, 2681, 2688 f.; für eine solche Lösung de lege ferenda auch Brandner in FS Boujong, 1996, S. 37, 44ff. 91 Näher zum Folgenden GroßKommAktG/Röhricht § 27 Rdn. 190ff.; MünchKommAktG/Pentz § 27 Rdn. 86f., 98, jew. mwN.; s. auch bereits Priester in FS GmbHG, 1992, S. 159, 179f. 92 Zu diesen Vorschlägen s. die Nachweise bei Hüffer, AktG § 27 Rdn. 9a. 93 Zutr. Hüffer, AktG § 27 Rdn. 9 a mwN. 94 Eine ähnliche Erwägung liegt der im Nachgründungsrecht nach § 52 AktG geltenden

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kommenden Gestaltungen nicht und erscheint wegen der in diesem Zusammenhang notwendigen Abrede und der relativ engen Voraussetzungen für ihre Vermutung auch nicht notwendig; insoweit sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze flexibler und sachgerechter. Für die Einführung einer teilweise noch geforderten Heilungsregelung entsprechend der Rechtslage bei der GmbH 95 besteht aus Sicht der Gründer zunächst insoweit ein Bedürfnis, als hierdurch ihre Einlageverbindlichkeit umgewandelt werden könnte. Mit Blick auf die Nachgründungsbestimmungen in § 52 AktG und den Umstand, dass es sich bei der Aktiengesellschaft ihrem Charakter nach um eine Publikumsgesellschaft handelt, bei der einer solche Umwandlung wegen des hiervon betroffenen größeren Gesellschafterkreises eine andere Wirkung als bei der GmbH zukäme, erscheint die Einführung einer solchen Bestimmung derzeit rechtspolitisch jedoch fraglich, ebenso die Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit den Vorgaben der 2. Richtlinie zur Sacheinlage und zur Nachgründung.

V. Umfang der Kapitalaufbringung 1. Mindesteinzahlung a) Mit der Feststellung, dass die Aktiengesellschaft über ein bestimmtes Mindestkapital zur Ermöglichung ihrer unternehmerischen Tätigkeit und zur Rechtfertigung des Haftungsausschlusses ihrer Gesellschafter verfügen muss, noch nicht beantwortet ist die Frage, wie die Aufbringung des hiernach notwendigen Kapitals auszugestalten ist. Insoweit bieten sich für die Gründung grundsätzlich drei Modelle an 96:

Zweijahresfrist zugrunde, Lutter/Gehling, WM 1989, 1445, 1450; MünchKommAktG/Pentz § 52 Rdn. 10, jew. mwN. 95 Hierzu die Nachweise bei Hüffer, AktG § 27 Rdn. 9a; zur Rechtslage bei der GmbH statt anderer Roth in Roth/Altmeppen GmbHG, 4. Aufl., § 19 Rdn. 63 ff.; Fastrich in Baumbach/Hueck GmbHG, 17. Aufl., § 19 Rdn. 46; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff GmbHG § 5 Rdn. 55ff.; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG § 19 Rdn. 162ff., Scholz/Priester § 56 Rdn. 37ff.; Scholz/Winter GmbHG § 5 Rdn. 106 ff.; Ulmer/Ulmer GmbHG § 5 Rdn. 180, § 19 Rdn. 136ff. 96 Die 2. Richtlinie verlangt für Bareinlagen in Art. 9 Abs. 1 die Einbringung von mindestens 25 % des Nennbetrags der Aktien bzw. ihres rechnerischen Wertes (nicht: des Ausgabebetrages) zum Zeitpunkt ihrer Gründung oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit; für die Resteinlage enthält die Richtlinie keine Vorgaben, insbesondere ist die anfängliche Volleinzahlung selbstverständlich zulässig. Für Sacheinlagen verlangt Art. 9 Abs. 2 deren Leistung innerhalb von fünf Jahren nach dem genannten Zeitpunkt.

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Entweder das gesamte Kapital ist von vornherein bei der Gründung der Gesellschaft in voller Höhe zu leisten, oder das Grundkapital ist erst nach Eintragung der Gesellschaft und damit nach ihrem Entstehen je nach ihrem Kapitalbedarf aufzubringen oder aber man geht einen Mittelweg und lässt zu, dass das Grundkapital zu einem bestimmten Teil vor der Eintragung der Gesellschaft geleistet werden muss und der Rest hiernach eingezahlt werden kann.

b) In Deutschland ist man den dritten der vorstehend als möglich aufgezeichneten Wege gegangen. Bareinlagen müssen zu mindestens 25 % vor der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister geleistet werden, wobei ein zusätzlich vereinbartes Aufgeld unabhängig davon stets in voller Höhe zu leisten ist.97 Ob und welche Sacheinlagen vor der Eintragung zu leisten sind, wird unterschiedlich gesehen und richtet sich nach der Art der Sacheinlage.98 Der für Deutschland gewählte Mittelweg geht bereits auf das Jahr 1884 zurück und beruht auf einer Vielzahl ausländischer Aktiengesetze 99. Hintergrund dieser Regelung waren die in Deutschland mit der bis dahin geltenden Mindesteinzahlung von nur 10 %igen Einzahlung gemachten schlechten Erfahrungen.100 Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass derart geringe Einzahlungen keine

97 §§ 36 Abs. 2, 36a Abs. 1 AktG. 98 Hierzu statt anderer Hüffer, AktG, § 36 a Rdn. 4; MünchKommAktG/Pentz § 36 a Rdn. 13ff.; GroßKommAktG/Röhricht, § 36 a Rdn. 6 ff. mwN. In Österreich ist nach § 27 a AktG ebenfalls die Einzahlung von mindestens einem Viertel des geringsten Ausgabebetrags der Aktien und die Zahlung eines Aufgeldes (Agio) in voller Höhe vorgeschrieben. In Frankreich müssen seit 1994 (bis dahin war ein Viertel aufzubringen) gem. Art. 225-3 al. 2, 225-12 al. L (art. 75, 84 L 66) mindestens 50 % der Bareinlage vor der Eintragung der Gesellschaft eingebracht sein; die Resteinlage ist innerhalb von fünf Jahren einzufordern. In England dürfen nach 101 (2) Companies Act 1985 Aktien den Aktionären nicht zugewiesen werden, bevor nicht wenigstens ein Viertel des Nominalwertes und das Agio eingezahlt sind. Für Sacheinlagen finden sich keine besonderen Vorschriften, ihre Einlage richtet sich nach der jeweiligen Natur der Einlage. In Italien müssen nach Art. 2342 Codice Civile bei der Unterfertigung des Gründungsakts mindestens 25 % der Bareinlagen eingezahlt sein. Für die Gründung einer Societas Europaea (SE) ergibt sich im Falle der Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE nach Art. 2 Abs. 3, 35 die Notwendigkeit, mindestens 25 % der Bareinlagen zu leisten, aus Art. 15 SE-VO, der auf das anzuwendende nationale Aktienrecht verweist und damit auch die aufgrund Art. 9 Abs. 1 der 2. Richtlinie erlassenen Regelungen erfasst. 99 Die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und die AG von 1884, abgedr. bei Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 387, 444 verweist auf die Regelungen in Ungarn, Italien, Venezuela, der Schweiz, Österreich. 100 Näher hierzu die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und die AG von 1884, abgedr. bei Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4 S. 387, 443f.

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genügende Gewähr für die vollständige Kapitalaufbringung geboten hatten, zu Agiotagen sowie zu unbedachten Zeichnungen verleitet hatten. Die Einzahlung des gesamten Grundkapitals bereits bei der Gründung ist ebenfalls erwogen, im Ergebnis aber abgelehnt worden. Ihr stand entgegen, dass die Gesellschaft in der Anfangsphase ihres Bestehens regelmäßig noch nicht auf den vollen Betrag des Grundkapitals angewiesen ist und die Mittel entweder dort ungenutzt blieben oder zu Spekulationen missbraucht werden könnten. Die Schwelle von 25 % wurde sonach einerseits mit der Vorsorge vor unseriösen Gründungen und leichtsinnigen Beteiligungen, andererseits mit den dargelegten wirtschaftlichen Bedenken gegen eine Volleinzahlung begründet. Spätere Aktiengesetze haben diese Regelung übernommen. An der sachlichen Richtigkeit dieser Erwägungen hat sich bis heute nichts geändert. Die getroffene Bestimmung stellt damit einen vernünftigen Mittelweg zwischen der Vermeidung unseriöser Gründungen bzw. der voreiligen/leichtsinnigen Beteiligung an einer Gründung einerseits und der Berücksichtigung wirtschaftlicher Notwendigkeiten andererseits dar. Die Regelung kann vor diesem Hintergrund insbesondere nicht als ungerechtfertigte Bindung unbenötigter Mittel angesehen werden, weil die Vorschriften zur Einlageleistung den Kapitalgebern eine ausreichende Flexibilität gewähren. Ein Anlass, diese Bestimmung zu ändern (was eine Änderung der 2. Richtlinie voraussetzen würde), ist nicht ersichtlich. 2. Agio a) Die in Deutschland und in anderen Staaten geltende Pflicht, bei der Gründung neben der in jedem Falle zu leistenden Mindesteinlage auch den Betrag eines Aufgeldes (Agio) in voller Höhe aufzubringen (unter C. II 4.)101, ist durch die 2. Richtlinie nicht geboten. Art. 26 S. 2 der 2. Richtlinie sieht eine solche Pflicht nur für die Kapitalerhöhung vor 102. Hierhinter dürfte die Auffassung stehen, dass ein Agio bei der Gründung im Regelfall keine so große Rolle spielt, als dass dies zum Anlass einer europarechtlichen Harmonisierung genommen werden müsste 103. Für eine Überarbeitung der 2. Richtlinie empfiehlt sich eine Angleichung zwischen der Situation zur Kapitalerhöhung und der Gründung gleichwohl: Denn durch die Pflicht, ein zugesagtes Agio in voller Höhe erbringen zu müssen, werden „Luftversprechungen“ in dieser Richtung verhindert 104. Das 101 Eingehend zur Rolle des Agios im Rahmen der Finanzverfassung der AG Herchen, Agio und verdecktes Agio im Recht der Kapitalgesellschaften, 2004, S. 120ff. mwN. 102 Kritisch deshalb Rickford Reforming Capital, EBLR 2004, S. 919, 940. 103 Zur Bedeutung des Agios bei der Gründung s. Priester FS Lutter, 2000, S. 617f. 104 Die Gründe für die bereits auf das Jahr 1884 zurückgehende Pflicht zur Volleinzahlung des Agios sind nicht ganz eindeutig, s. hierzu die Darstellung der seinerzeit

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Agio muss in die Kapitalrücklage eingestellt werden 105 und darf nur unter engen Voraussetzungen verwendet werden 106. Hierdurch werden die – auch heute wieder bei den Kapitalanlagegesellschaften in der Rechtsform der Kommanditgesellschaften festzustellenden – Agiotagen in Form der Zahlung von Scheingewinnen an die Gesellschafter aus dem Agio verhindert. Auf deutscher Ebene besteht hier kein Änderungsbedarf. b) Ob sich die teilweise erwogene Pflicht zur Durchführung einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei Überschreiten eines bestimmten Verhältnisses zwischen Grundkapital und Rücklagen 107 empfiehlt, soll hier mit Blick darauf, dass eine solche Regelung jedenfalls derzeit rechtpolitisch nicht durchzusetzen wäre, nicht näher untersucht werden.

VI. Nachgründung 1. Hintergrund des Nachgründungsrechts in Deutschland Das Nachgründungsrecht geht in seinen Grundzügen in Deutschland bereits auf das Jahr 1884 zurück. Es wurde (wie bereits oben unter C. II 10. dargelegt) die Gefahr gesehen, dass die Gründer den Erwerb des betreffenden Gegenstandes bereits vor der Errichtung der Gesellschaft planen und den Abschluss des betreffenden Vertrages dann nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister durch die von ihnen beherrschten Vorstandsmitglieder durchführen lassen, um die für die Sacheinlage geltenden Offenlegungs- und Prüfungsvorschriften zu umgehen. In Deutschland ist dieser Bereich weitgehend durch die (unter C. II 6. d) bereits dargestellte Lehre von der verdeckten Sacheinlage erfasst. Der Unterschied zwischen dem Nachgründungsrecht und der Lehre von der verdeckten Sacheinlage besteht jedoch darin, dass das Nachgründungsrecht in jedem Falle, und unabhängig vom Vorliegen einer bei der Gründung tatsächlich getroffenen Abrede über die Erbringung des betreffenden Vermögensgegenstandes, eingreift. Denn Art. 11 der 2. Richtlinie knüpft nur an das Vorliegen eines Vertrages mit einem bestimmten Personenkreis und die mindestens 10 % des Grundkapitals betragende Gegenleistung der Gesellschaft an, nicht aber an eine (ggf. zu vermutende) Abrede.

herrschenden Missstände im Gutachten des ROHG und die Begründung des Gesetzentwurfs bei Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGRSonderheft 4 S. 157, 160f.; 407, 444. 105 § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB. 106 § 150 Abs. 3 und 4 AktG. 107 Hierzu GroßKommAktG/Hirte § 207 Rdn. 94ff. mit zutr. Hinweis auf die hiermit verbundenen praktischen Schwierigkeiten.

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2. Überdimensionierung bei kleineren Aktiengesellschaften Geht man von den Vorgaben der 2. Richtlinie zur Mindestgröße des Grundkapitals mit EUR 25.000 aus, kann das Nachgründungsrecht bereits ab einer Gegenleistung der Gesellschaft in Höhe von EUR 2.500 eingreifen, bei einer nur über die Mindestkapitalausstattung verfügenden deutschen Aktiengesellschaft ab EUR 5.000. Für diesen Bereich, der regelmäßig bereits bei Erwerb einer Computeranlage überschritten wird, ist das Durchlaufen des vollständigen Sacheinlageverfahrens mit Prüfung, Bericht, Hauptversammlungsbeschluss und Eintragung überdimensioniert und im Verhältnis zum Bedrohungspotential zu kostenträchtig. Andererseits erscheint vor dem Hintergrund der mit den Umgehungsversuchen bei den Sacheinlagevorschriften gemachten Erfahrungen zumindest bei Gesellschaften in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft eine präventive Kontrolle erforderlich. Dies gilt umso mehr, als das Problem der Umgehung der zwingend erforderlichen (unter D. IV.) Sacheinlagevorschriften und die in diesem Zusammenhang zu beachtenden Vorgaben der 2. Richtlinie augenscheinlich noch nicht in allen Mitgliedstaaten erkannt wird 108 und der Anwendungsbereich des Nachgründungsrechts wegen der Einschränkungen in Art. 11 Abs. 2 der 2. Richtlinie ohnehin eng gefasst ist. Außerdem eröffnet das Nachgründungsverfahren für die Beteiligten die Möglichkeit, geplante, aber (versehentlich) nicht festgesetzte Sacheinlagen oder Sachübernahmen doch noch durchzuführen.109

3. Änderungsvorschlag Eine Abschaffung des Nachgründungsrechts, die wegen der Vorgaben des Art. 11 der 2. Richtlinie ohnehin nur bei einer entsprechenden Freigabe möglich wäre, ist aus den dargelegten Gründen nicht angezeigt. Auch hinsichtlich der Lösung des mit dem Nachgründungsrecht geregelten Problems als solcher, nämlich der angepassten Anwendung der Sachgründungsvorschriften und die hiermit verbundene Beteiligung der vermögensmäßig von diesem Vorgang betroffenen Aktionäre, die Offenlegung und die Wertkontrolle durch eine neutrale Person, bestehen keine Einwendungen, weil diese auf die besondere Problematik in Nachgründungsgestaltungen zugeschnitten ist. Änderungsbedarf besteht jedoch bei der unterschiedslosen Bezugnahme auf einen Prozentsatz des Grundkapitals. Eine solche ist bei Gesellschaften, die über ein größeres Grundkapital verfügen, sachgerecht, bei einem kleineren Grundkapital nicht. In Art. 11 der 2. Richtlinie sollte deshalb zusätzlich ein Betrag als

108 Vgl. bei Fn. 43. 109 Pentz, NZG 2000, 225, 228 mwN.

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Bagatellgrenze festgelegt werden, unterhalb dessen eine Einhaltung des Nachgründungsverfahrens nicht erforderlich ist. Die Höhe dieses Betrages sollte sich einerseits an den mit Nachgründungsverträgen verbundenen Gefahren, andererseits aber auch an dem hiermit verbundenen Aufwand orientieren. Dass eine solche Grenzziehung bei der Gründung nicht von der Einhaltung der Sacheinlagevorschriften entbinden würde, also nicht dahin verstanden werden dürfte, dass unter dieser Grenze liegende Vorgänge in der Satzung nicht festgesetzt werden müssten, versteht sich von selbst.

VII. Kosten 1. Untersucht man den Sinn und Zweck des Grundkapitals und seine Sicherung sowie alternative Schutzsysteme speziell unter Kostenaspekten, ist zunächst festzustellen, dass zum einen der legislative Aufwand zur Änderung eines bestehenden Rechtssystems immer mit erheblichen Kosten verbunden wäre, zum anderen die Einführung eines alternativen Schutzsystems ökonomisch nur dann sinnvoll angesehen werden könnte, wenn materiell-rechtliche Änderungen zu keiner erhöhten Kostenbelastung führen. 2. Eine konkrete Kostenanalyse unter Berücksichtigung absoluter Zahlen ist hier nicht möglich. Dazu müssten Kosten quantitativ erfasst oder zumindest verlässlich geschätzt werden können, was den Rahmen der vorliegenden Darstellung sprengen würde. Möglich ist aber eine systematische Analyse der Kosten, die mit dem bestehenden Kapitalschutzsystem sowie einem vergleichbaren Alternativsystem verbunden wären. 3. a) In einem präventiv wirkenden Kapitalschutzsystem, wie es derzeit in Deutschland gilt, fallen Kosten 110 vornehmlich nur einmalig an. Um die Kapitalaufbringung sicherzustellen, entstehen Notarkosten, Handelsregistergebühren, Kosten für die Bekanntmachung sowie Honorare des Gründungsprüfers; diese Kosten können im Falle ihrer Festsetzung in der Satzung gem. § 26 AktG als Gründungsaufwand auf die Gesellschaft abgewälzt werden. Hinzu kommen – als laufende Kosten – Beratungshonorare von Rechtsanwälten und Steuerberatern, die die Gesellschaft bei der Gründung oder beabsichtigten Kapitalmaßnahmen, aber auch generell bei der Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften aus steuerrechtlicher und kapitalgesellschaftsrechtlicher Sicht unterstützen. b) In einem nachträglich wirkenden Kapitalschutzsystem, wie es derzeit beispielsweise im US-amerikanischen Rechtssystem gilt, gibt es keine vergleichbaren Kapitalaufbringungsvorschriften. Zwar müsste die Gesellschaft auch hier Grün-

110 Gemeint sind Kosten der Gesellschaft, nicht solche der Gesellschafter (Aktionäre).

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dungsgebühren tragen 111. Der Vorstand wäre aber nicht verpflichtet, bei Gründung die Aufbringung eines bestimmten Mindestkapitals zu überprüfen bzw. später für seine Erhaltung zu sorgen. Vielmehr würde der Schutz „nach hinten“ verlagert. Der Vorstand hätte sich an einem weit reichenden Treue- und Sorgfaltspflichtenkatalog auszurichten und würde bei Verletzung gegenüber den Aktionären und Gläubigern der Gesellschaft ex post haften. 4. Ein nachträglich wirkendes Kapitalschutzsystem wäre dem bestehenden, präventiv wirkenden Kapitalschutzsystem auch unter Kostenaspekten nicht überlegen. Zwar entfiele dann, wenn keine Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften zu beachten wären, die Aufbringung des Mindestkapitals; damit verbundene Kosten, insbesondere für Werthaltigkeitsprüfungen, würden gar nicht erst entstehen. Aus Haftungsgründen liegt es jedoch nahe, dass das hierfür haftende Leitungsorgan den Wert der Einlage unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen ebenfalls feststellen lässt, womit eine anfängliche Kostenersparnis entfällt. Darüber hinaus wäre auch in einem solchen System ohne das zu jedem wirtschaftlichem Handeln notwendige (Anfangs-)Vermögen nicht auszukommen, und die Verlagerung des Schutzes „nach hinten“ würde – worauf bereits oben hingewiesen worden ist – andere, nicht zwingend niedrigere Kosten zur Folge haben. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft wäre in einem nachträglich wirkenden Schutzsystem nämlich einem deutlich höheren Haftungsrisiko ausgesetzt. Dieses Risiko würde der Vorstand zum einen durch entsprechend umfangreichere und kostenintensive D &O-Versicherungen absichern, deren Kosten von

111 Solche Gründungsgebühren sind in den US-amerikanischen Rechtsordnungen deutlich höher als in der Europäischen Union. Hintergrund ist, dass das Gesellschaftsrecht in den USA weitgehend Recht der Bundesstaaten ist. Es gibt kein einheitliches, staatenübergreifendes Gesellschaftsrechtssystem; der Einfluss des Bundesrechts auf das Gesellschaftsrecht ist gering. Die Staaten bemühen sich daher in einem Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsordnungen darum, ihr jeweiliges Gesellschaftsrecht stets an die sich ändernden Unternehmensbedürfnisse anzupassen (so gen. „Delaware-Effekt“, benannt nach dem Bundesstaat Delaware, der sich bislang im Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsordnungen am besten durchgesetzt hat). Im Ergebnis läuft dies auf einen relativ geringen, gesetzlichen Schutz der Aktionäre, Gläubiger und Arbeitnehmer hinaus. (Ob dies nun ein „race to the bottom“ oder gar ein „race to the top“ darstellt, mag dahingestellt bleiben; vgl. hierzu Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S. 57 f.) Der Kampf um das unternehmensfreundlichste Gesellschaftsrecht wird geführt, um möglichst hohe Einkünfte aus Gründungsgebühren zu erzielen. So hat allein der Staat Delaware von 1960 bis 1995 etwa 16 % seiner gesamten Einkünfte aus Gründungsgebühren von Gesellschaften bezogen, vgl. Baldamus, aaO. S. 57 mwN. In der Europäischen Union ist ein solcher Kampf undenkbar. Bereits 1997 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Handelsregistergebühren bei der Eintragung von Aktiengesellschaften sowie bei Kapitalerhöhungen nur kostendeckend sein dürfen (vgl. EuGHE 1997, I-6783, 6841. Demgegenüber sollen die Gründungsgebühren in Delaware die Kosten um das 37-fache übersteigen, vgl. Nachweise bei Baldamus, aaO. S. 85 Fn. 225).

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der Aktiengesellschaft getragen werden müssten. Außerdem wäre dieses erhöhte latente Haftungsrisiko, wie der Vergleich mit den Vorstandsgehältern in den USA zeigt, durch ein – verglichen mit europäischen Standards – deutlich höheres Gehalt zu entschädigen. Auch diese erhöhten Kosten gingen zu Lasten der Gesellschaft. 5. Bei Wegfall des eher strengeren Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsregimes entfiele der damit verbundene Gläubigerschutz. Auch ginge das Vertrauen in die ordnungsgemäße Finanzierung der Aktiengesellschaft (rechtsformspezifischer goodwill) verloren 112. Beides hätte – worauf schon hingewiesen worden ist – erhöhte Transaktionskosten zur Folge. In einem nachträglich wirkenden Schutzsystem würden vertragliche Gläubiger sich durch individualvertraglich vereinbarte Schutzklauseln (so gen. covenants) 113 zu schützen versuchen. Die Absicherung unfreiwilliger Gläubiger müsste durch erweiterte (Pflicht-)Versicherungen gewährleistet werden 114. Die Verlagerung der Haftung „nach hinten“ würde schließlich dazu führen, dass alle Entscheidungen in das Ermessen des Leitungsorgans gestellt würden 115. Rechtsstreitigkeiten über die Angemessenheit solcher Entscheidungen wären vorprogrammiert und zahlreich, was wiederum erhöhte Rechtsanwalts-, Prozess- und auch Versicherungskosten zur Folge hätte. 6. Der systematische Vergleich der Kostenfolgen der verschiedenen Kapitalschutzsysteme verdeutlicht einen entscheidenden Vorteil des präventiven Kapitalschutzsystems gegenüber dem nachträglich wirkenden Kapitalschutzsystem: In einem präventiv wirkenden Kapitalschutzregime fallen Kosten vornehmlich bei der Gründung bzw. Umsetzung der Kapitalmaßnahme und damit einmalig

112 Der rechtsformspezifische goodwill lässt sich nicht in absoluten Zahlen bestimmen, seine Existenz dürfte aber unbestritten sein. Die Aktiengesellschaft genießt aufgrund der strengeren Kapitalschutzvorschriften im Rechtsverkehr ein erhöhtes Vertrauen der Gläubiger und Anleger. Wenn durch Beibehaltung der Kapitalschutzvorschriften dieses Vertrauen der Marktteilnehmer in die Seriosität der Unternehmensfinanzierung erhalten werden kann, wird dies auch weiterhin die Teilnahme der Aktiengesellschaft am Rechtsverkehr erleichtern und die Transaktionskosten senken. Dies gilt insbesondere, worauf Baldamus zu Recht hinweist, für grenzüberschreitende Sachverhalte, weshalb ein gemeinschaftsweit verbindliches Mindestkapital ebenfalls der Integration des Binnenmarktes dient; vgl. Baldamus, S. 88. 113 Durch covenants verpflichten sich die Schuldner (Aktiengesellschaften) z. B. zu Ausschüttungssperren oder zur Übermittlung von bestimmten Informationen. Vgl. hierzu auch Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S. 85 mwN.; Habersack, ZGR 2000, 384, 393. 114 Vgl. Escher-Weingart, Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftrecht, 2001, S. 150. 115 Was rechtspolitisch fragwürdig wäre, vgl. Bauer, Gläubigerschutz durch eine formelle Nennkapitalziffer – Kapitalgesellschaftsrechtliche Notwendigkeit oder überholtes Konzept? S. 322.

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an 116. Demgegenüber handelt es sich bei den Kosten des nachträglich wirkenden Schutzsystems nahezu ausschließlich um laufend anfallende Kosten 117. Zudem wäre häufiger mit Rechtsverfolgungskosten zu rechnen, da hier die Verantwortung auf das Management übertragen sein würde, welches sich – im Gegensatz zum Management in einem präventiv wirkenden Kapitalschutzsystem – in einem relativ freien (Kapitalschutz-)Rechtsrahmen bewegen würde. Langfristig dürften laufende Kosten zu einer höheren Kostenbelastung der Gesellschaft als einmalig entstehende Kosten führen 118.

E. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Das derzeitige aktienrechtliche Kapitalgesellschaftsrecht bietet für die Beteiligten eine einfache und rechtssichere Möglichkeit, die gewünschte unternehmerische Veranstaltung unter Ausschluss ihrer persönlichen Haftung zu betreiben. Durch die präventive Kontrolle entfällt für die Beteiligten bei rechtskonformen Verhalten das Risiko, späteren Haftungsansprüchen ausgesetzt zu sein, und gewährt ihnen damit die für wirtschaftliches Handeln notwendige Planungssicherheit. Für eine Änderung des bestehenden Systems ist angesichts dessen, dass es seit mehr als 100 Jahren funktioniert, kein sachlich rechtfertigender Grund ersichtlich. Eine Änderung des Rechts der Kapitalaufbringung wäre mit einer Erhöhung der Haftungsrisiken für die Aktionäre oder die Verwaltungsmit-

116 Nennenswerte laufende Kosten wären lediglich Kosten für die anwaltliche und/ oder steuerliche Beratung zum Zwecke der Beachtung vor allem von Kapitalerhaltungsvorschriften sowie einzelfallbezogene Kosten für Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit vorgeblichen Verletzungen des Kapitalaufbringungs- und erhaltungsregimes. 117 Zu den einmalig entstehenden Gründungsgebühren kämen vor allem laufende Kosten wie Gebühren der D &O-Versicherungen und erhöhte Jahresgehälter des Managements hinzu. Auch dürften die Transaktionskosten steigen. So führen beispielsweise das Ausverhandeln von covenants (selbst bei einer weit reichenden Standardisierung solcher Vertragsklauseln) sowie anschließende Prozesskosten zu beratungsbedingten (anwaltlichen) Mehrkosten. Soweit das bestehende Kapitalschutzsystem (beispielsweise durch Ausschüttungssperren) solche Transaktionskosten auch nur zum Teil antizipiert, dürften die Kosten des Kapitalschutzregimes jedenfalls auf lange Sicht die Transaktionskosten unterschreiten; vgl. auch Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S. 86; Alberth, WPg 1997, 744, 745). 118 Plakativ formuliert: Selbst wenn im präventiv wirkenden Kapitalaufbringungsregime eine Sacheinlagenprüfung EUR 100.000 kostete, würde ein solcher Betrag in einem nachträglich wirkenden Schutzsystem vielleicht gerade genügen, um damit die Versicherungsgebühr für eine D &O-Versicherung für ein Haftungsrisiko bis EUR 10 Millionen für ein Jahr zu decken. Die Versicherungsprämie müsste aber – im Unterschied zu den Kosten für die Sacheinlagenprüfung – jedes Jahr geleistet werden.

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glieder verbunden, was weder im industriepolitischen Interesse läge noch mit der Fungibilität der Aktie vereinbar wäre. Insbesondere verbietet sich die partielle Implementierung auf das deutsche Recht nicht zugeschnittener ausländischer Regelungen, weil dies mit dem in sich geschlossenen System des deutschen Aktienrechts unvereinbar wäre und zu einem industriepolitisch unerwünschten und den Betroffenen unzumutbaren hypertrophen Haftungsregime führen würde. 2. Durch die vorgeschriebene Aufbringung eines bestimmten (Mindest-)Kapitals wird sichergestellt, dass die mit der Eintragung in das Handelsregister als Aktiengesellschaft, und damit ihrem Charakter nach als Publikumsgesellschaft, entstehende Gesellschaft über eine gewisse vermögensmäßige Mindestausstattung verfügt, ohne die ein seriöses wirtschaftliches Handeln von vornherein nicht möglich wäre. Die Abschaffung dieses Systems empfiehlt sich deshalb nicht. Die historischen Erfahrungen mit der völligen Freigabe der Höhe des aktienrechtlichen Kapitals in Deutschland haben gezeigt, dass ohne eine solche (auch: Seriositäts-) Schwelle nicht auszukommen ist, und europarechtlich wird die Bedeutung dieses Aspekts zu Recht in Erwägungsgrund Nr. 13 der SE-VO betont. Die Sicherstellung einer für das konkrete unternehmerische Vorhaben hinreichenden Kapitalausstattung der Gesellschaft soll und will das Mindestkapital nicht gewährleisten, eine solche Sicherstellung wäre wegen der Vielzahl der in Frage kommenden Gestaltungen auch gar nicht möglich. Die Festlegung und konkrete Ausgestaltung der Unternehmensfinanzierung ist vielmehr nach wie vor Aufgabe der Gründer als der Initiatoren und primären Finanziers der Gesellschaft. 3. Das durch Offenlegung und präventive Kontrolle gekennzeichnete aktienrechtliche Gründungs- und Kapitalerhöhungsrecht ist vor dem Hintergrund konkreter historischer Erfahrungen entwickelt worden und erfüllt die ihm zukommenden Aufgaben des Aktionärs- und Gläubigerschutzes effizient. Der aktienrechtliche Gründungsschwindel spielt heute praktisch keine Rolle mehr. Würde man das Recht der präventiven Kapitalaufbringungskontrolle abschaffen, wäre, wie insbesondere die derzeitige Situation bei den Kapitalanlagegesellschaften zeigt, mit einem Wiederaufleben des auch volkswirtschaftlich schädlichen Gründungsschwindels zu rechnen. Ein nur nachträglich einsetzendes Kontrollsystem könnte das notwendige Niveau des Aktionärs- und Gläubigerschutzes nicht gewährleisten und wäre zudem für die Beteiligten mit haftungsrechtlichen Unsicherheiten verbunden, die der Wahl der Aktiengesellschaft als Rechtsform und Kapitalsammelbecken abträglich wären. 4. Die Einführung einer echten nennwertlosen Aktie wäre nur mit einem erheblichen legislativen Aufwand möglich. Dieser Aufwand wäre mit dem beschränkten Nutzen dieser Aktienart nicht zu rechtfertigen. Zumindest seitdem der Aktienmindestnennbetrag auf einen Euro herabgesetzt sowie die unechte nennwertlose Aktie (Stückaktie) eingeführt worden ist, wären mit der echten nennwertlosen Aktie im deutschen Aktienrecht keine nennenswerten Vorteile (mehr) verbunden.

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5. Das Sachgründungsrecht gewährleistet im Wege der präventiven Werthaltigkeitskontrolle einen notwendigen Aktionärs- und Gläubigerschutz, der sich ausweislich der gemachten Erfahrungen, aber auch mit Blick auf die heutige Situation bei den Kapitalanlagegesellschaften, im Wege der Eigenkontrolle der betroffenen Kreise praktisch nicht erreichen lässt. Die Aktionäre werden durch das Sachgründungsrecht davor geschützt, dass ihnen mittelbar über ihre Beteiligung ein Vermögensgegenstand zu teuer „verkauft“ wird und sie zu ihren Lasten andere Aktionäre begünstigen („quer subventionieren“). Die Gläubiger ersparen sich Transaktionskosten, die sie sonst für die Informationsbeschaffung und eine eigene Prüfung aufzuwenden hätten. Es spricht alles dafür, dass das geltende Recht mit seiner im Interesse der verschiedenen Gruppen durchgeführten einmaligen Kontrolle kostengünstiger ist als ein etwaiges Alternativsystem. Der Wechsel zu einem anderen System, insbesondere zu nur nachträglich eingreifenden Haftungsregelungen, einer Kontrolle allein durch die Geschäftsführungsorgane bzw. den Abschlussprüfer oder zu einer Prospekthaftung, empfiehlt sich nicht, weil das bei der Aktiengesellschaft erforderliche Schutzniveau hierdurch nicht hergestellt werden kann. 6. Ein Verzicht auf die (ggf. nochmalige) Werthaltigkeitsprüfung bei Sacheinlagen mit einem feststehenden Wert entsprechend dem Kompromisstext des Ministerrats vom 29.11. 2004 zur Änderung der 2. Richtlinie ist grundsätzlich akzeptabel, in Einzelheiten aber noch diskussionsbedürftig. 7. Die Lehre von der verdeckten Sacheinlage ist einschließlich ihrer Rechtfolgen systemkonform und beizubehalten. Den Sacheinlagevorschriften ist das hierüber verwirklichte Umgehungsverbot immanent, eine Lockerung der Rechtsfolgen oder deren Beschränkung auf eine Differenzhaftung würde zu rechtspolitisch unerwünschten und unter dem Aspekt des notwendigen Aktionärsschutzes bedenklichen Umgehungsversuchen einladen sowie zu einer Belastungen des Insolvenzverfahrens mit Bewertungsfragen führen. Eine gesetzliche Regelung dieses Bereichs empfiehlt sich wegen der größeren Flexibilität richterrechtlicher Reaktionen auf einzelne Fallgestaltungen nicht, eine gesetzliche Regelung erscheint wegen der Notwendigkeit der einer verdeckten Sacheinlage zugrunde liegenden Abrede und den engen Voraussetzungen ihrer Vermutung auch nicht erforderlich. 8. Der derzeit geltende Umfang der Mindestkapitalaufbringung stellt einen vernünftigen Mittelweg zwischen der Vermeidung unseriöser bzw. leichtfertiger Gründungen einerseits und der Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Notwendigkeiten andererseits dar. Ein Änderungsbedarf ist insoweit nicht festzustellen. 9. Die Einführung des in Deutschland geltenden Volleinzahlungsgebots für das Aufgeld (Agio) nicht nur für die Kapitalerhöhung, sondern auch schon für die Gründung der Gesellschaft ist unter Aspekten der Harmonisierung der Aktienrechte in Europa wegen der begrenzten Bedeutung des Agios bei der Gründung

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Andreas Pentz, Hans-Joachim Priester und André Schwanna

zwar nicht notwendig, rechtspolitisch aber zur Vermeidung von unseriösen Finanzausstattungszusagen wünschenswert. 10. Das Nachgründungsrecht ist in seinen Grundzügen schon deshalb beizubehalten, weil die mit der verdeckten Sacheinlage verbundenen Gefahren noch nicht in jedem Mitgliedsstaat erkannt worden sind. Allerdings empfiehlt sich die Einführung einer neuen Bagatellgrenze, unterhalb derer die Nachgründungsbestimmungen nicht einzuhalten sind, wobei eine solche Grenze auf die Pflicht zur Einhaltung der Sacheinlagevorschriften keinen Einfluss hätte. 11. Ein systematischer Vergleich der Kosten des bestehenden, präventiv wirkenden Kapitalschutzsystems mit einem nachträglich wirkenden Schutzregime ergibt, dass in einem präventiv wirkenden Kapitalschutzsystem vornehmlich einmalige Kosten anfallen, während in einem auf nachträglichen Schutz ausgerichteten Regime überwiegend laufende und typischerweise höhere Kosten zu begleichen wären. Laufende Kosten führen gegenüber Einmalkosten zumindest langfristig zu einer höheren Kostenbelastung. Auch unter Kostenaspekten aus Sicht der Gesellschaft empfiehlt sich eine Umstellung des bestehenden Systems mithin nicht. Hinzu kommt, dass ein nachträglich eingreifendes System das aktienrechtlich erforderliche Schutzniveau nicht gewährleisten kann und die aus diesem Grunde entstehenden Kosten für die Beteiligten insgesamt bei einer Gesamtschau deutlich höher liegen dürften als beim gegenwärtige System.

Kapitalerhaltung Das System der Kapitalrichtlinie versus situative Ausschüttungssperren

von Professor Dr. Rüdiger Veil, Hamburg

Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Kapitalerhaltungssystem der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . 1. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz des Grundkapitals und der gesetzlichen Rücklagen . . . . . 3. Festlegung eines Höchstbetrags der Ausschüttung . . . . . . . . . . 4. Zwischenbefund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Situative Ausschüttungssperren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Elemente einer Ausschüttungssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Solvenzbestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Simple Balance Sheet Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Absicherung der Ausschüttungssperre durch Publizität und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Bewertung des Systems situativer Ausschüttungssperren im Vergleich zum System der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vor- und Nachteile des geltenden Kapitalerhaltungssystems . . . . 3. Vor- und Nachteile einer situativen Ausschüttungssperre . . . . . . a) Haftung der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aussagegehalt einer Solvenzerklärung und Haftung der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenbefund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachteile einer ausschließlich solvenzbezogenen Ausschüttungssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Schlussfolgerungen und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einleitung Die zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie (Kapitalrichtlinie) verordnet den Mitgliedstaaten ein strenges, auf einer festen Grundkapitalziffer beruhendes Regime der Kapitalerhaltung. Dieses System steht zur Disposition. So hat die High Level Group of Company Law Experts in ihrem Schlussbericht angeregt, ein alternatives System der Kapitalerhaltung in Betracht zu ziehen.1 Kurz darauf hat sich auch die sog. Rickford-Gruppe dafür stark gemacht, situative Ausschüttungssperren zu etablieren. Im Auge hat sie einen Solvenztest, der im Kern auf ausländische Regelungsvorbilder zurückgeht und der von ihr in einem besonderen Gepräge für den europäischen Gesetzgeber serviert wird.2 Es muss daher nicht verwundern, dass die EU-Kommission daraufhin einen Diskussionsbedarf anerkannt und eine Machbarkeitsstudie ausgeschrieben hat.3 Die Reformbestrebungen sind von der Vorstellung getragen, dass der Gläubiger- und Aktionärsschutz möglicherweise effektiver und kostengünstiger durch einen Solvenztest verwirklicht werden könnte. Ein alternatives System der Kapitalerhaltung könnte außerdem in Erwägung zu ziehen sein, weil ein wichtiger Baustein des tradierten Kapitalerhaltungssystems porös zu werden droht. Unternehmen, die als Wertpapieremittenten an einem organisierten Kapitalmarkt auftreten, sind nach der IAS-Verordnung 4 verpflichtet, ab 2005 in ihren Konzernabschlüssen zwingend die International Financial Reporting Standards (IFRS; früher: IAS) anzuwenden. Von der Ermächtigung der IAS-Verordnung, die Anwendung der IFRS auch auf den Einzelabschluss vorzuschreiben, hat der nationale Gesetzgeber zwar abgesehen.5 Doch ist zu erwarten, dass die IFRS-Bilanz trotz ihrer primär kapitalmarktrechtlichen Informationsfunktion mittelfristig auch

1 Moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa: Ein Konsultationspapier der Hochrangigen Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, S. 87, 94 ff. Der Schlussbericht vom 4. November 2002 kann abgerufen werden unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/company/company/modern/index. htm. Eine ähnliche Grundlinie wird vertreten von Enriques/Macey, Creditors versus Capital Formation: The Case against the European Legal Capital, Cornell Law Review 86 (2001), 1165; Kübler, ZHR 159 (1995), 550; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695. Ablehnend Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, 2005, S. 191 ff.; Schön, Der Konzern 2005, 162. 2 Rickford, Reforming Capital – Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, EBLR 2004, 919. 3 Vgl. AG Report 2005, R 450. 4 VO Nr. 2002/1606/EG vom 19. Juli 2002 über International Accounting Standards (IAS-VO, Abl. EG Nr. L 243, S. 1). 5 Als Grund hat der Gesetzgeber angeführt, dass ein IFRS-Abschluss nicht als Grundlage für eine Ausschüttung an die Aktionäre und als Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung herangezogen werden könne. Vgl. Begr. RegE Bilanzrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 15/3419, S. 23.

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für die Zwecke der Ausschüttungsbemessung nutzbar gemacht wird; 6 selbst für kleine und mittelständische Unternehmen könnte sie in Betracht zu ziehen sein.7 Schon deshalb könnte es geboten sein, einen Solvenztest – alternativ oder kumulativ zum bislang anzutreffenden System der Kapitalerhaltung – vorzusehen. Im Zentrum der folgenden Darstellung stehen die in ausländischen Gesellschaftsrechten anzutreffenden alternativen Modelle einer Kapitalerhaltung, die zum Zwecke eines effektiveren und kostengünstigeren Gläubiger- und Aktionärsschutzes in die Kapitalrichtlinie Eingang finden könnten. Anliegen ist es, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Wege einer Kapitalerhaltung herauszuschälen. Angesichts der Komplexität der Materie ist es unvermeidlich, die Untersuchung auf das Szenarium einer offenen Ausschüttung an Aktionäre zu beschränken. Die mit dem Erwerb eigener Aktien verbundenen Probleme können nicht behandelt werden. Zunächst soll ein Blick auf die Kapitalrichtlinie geworfen und das System einer festen Kapitalbindung in seinen Grundzügen vor Augen geführt werden (unter II.). Im Anschluss werden die zentralen Elemente situativer Ausschüttungssperren vorgestellt (unter III.), sodass abschließend eine Bewertung der beiden Systeme möglich ist (unter IV.).

II. Das Kapitalerhaltungssystem der Kapitalrichtlinie 1. Übersicht Art. 15 Abs. 1 Kapital-RL legt fest, dass ein bestimmter Anteil des Gesellschaftsvermögens durch Ausschüttungen an die Aktionäre nicht vermindert werden darf. Zweck dieser Vermögensbindung ist es zum einen, die Gläubiger der Gesellschaft im Vorfeld der Insolvenz 8 vor einem Zugriff auf das Vermögen zu schützen.9 Zum anderen sollen Ungleichbehandlungen der Aktionäre durch Sonderzuwendungen an Einzelne vorgebeugt werden.10 Als eine Ausschüttung i.S.d. Kapital-RL ist insbesondere die Zahlung von Dividenden und von Zinsen für

6 Siehe hierzu den Beitrag von Pellens/Sellhorn, in diesem Buch, S. 451 ff. 7 Vgl. zu den Bestrebungen, IFRS für Kleinbetriebe zu entwickeln, den Bericht von Wadewitz, Börsenzeitung vom 25. Oktober 2005, S. 7. 8 Vgl. Schön, Der Konzern 2005, 162, 168. 9 Drinkuth, Die Kapitalrichtlinie – Mindest- oder Höchstnorm, 1998, S. 184; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rdn. 164; Leinekugel, Die Sachdividende im deutschen und europäischen Aktienrecht, 2001, S. 11; SchutteVeenstra, Harmonisatie van het kapitaalbeschermingsrecht in de EEG, 1991, S. 79; Ullrich, Verdeckte Vermögensverlagerungen in den Aktien- und GmbH-Rechten Frankreichs, Belgiens und Deutschlands, 1994, S. 12, 187, 189; Nienhaus, Kapitalschutz in der Aktiengesellschaft mit atypischer Zwecksetzung, 2002, S. 110. 10 Drinkuth (Fn. 9), S. 184; Leinekugel (Fn. 9), S. 11; Nienhaus (Fn. 9), S. 110.

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Aktien zu verstehen (offene Vermögenszuwendungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre).11 Art. 15 Kapital-RL legt den ausschüttbaren Betrag fest, indem erstens in Abs. 1 lit. a) eine Ausschüttung davon abhängig gemacht wird, dass der Gesellschaft ein bestimmtes Mindestvermögen verbleibt (balance sheet net assets test), und zweitens in Abs. 1 lit. c) festgelegt wird, dass eine Auszahlung das Jahresergebnis der Gesellschaft nicht überschreiten darf (net earned surplus test).12

2. Schutz des Grundkapitals und der gesetzlichen Rücklagen Nach Art. 15 Abs. 1 lit. a) Kapital-RL darf „ausgenommen in den Fällen einer Kapitalherabsetzung keine Ausschüttung an die Aktionäre erfolgen, wenn bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz oder die Satzung nicht gestattet, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet oder unterschreiten würde“. Der ausschüttbare Betrag ergibt sich somit aus einem Vergleich zwischen dem Nettoaktivvermögen und dem Grundkapital (einschließlich der Rücklagen).13 Das Nettoaktivvermögen (Reinvermögen) wird ermittelt, indem von den Gesamtaktiva die Verbindlichkeiten und Rückstellungen der Gesellschaft abgezogen werden.14 Es wird aus den Werten der Jahresbilanz bestimmt.15 Festzuhalten ist, dass nur in der Höhe ausgeschüttet werden darf, in der das Reinvermögen über das geschützte Kapital hinausgeht.16

11 Ferner begründet Art. 15 Abs. 2 Kapital-RL eine weitere Ausschüttungssperre für Abschlagszahlungen auf Dividenden. Dieser Komplex wird im Folgenden nicht betrachtet. 12 Habersack (Fn. 9), Rdn. 164; Leinekugel (Fn. 9), S. 19f. 13 Vgl. Ullrich (Fn. 9), S. 6. 14 Schutte-Veenstra (Fn. 9), S. 80, Fn. 5; Leinekugel (Fn. 9), S. 13; Edwards, EC Company Law, 1999, S. 69. 15 Leinekugel (Fn. 9), S. 14; Ullrich (Fn. 9), S. 6. 16 Zu beachten ist ferner Art. 15 Abs. 1 lit. b) Kapital-RL. Nach dieser Vorschrift wird der Betrag des unter Buchstabe a) genannten gezeichneten Kapitals um den Betrag des gezeichneten Kapitals, der noch nicht eingefordert ist, vermindert, sofern der letztere nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die unterschiedlichen Möglichkeiten des Ausweises des gezeichneten Kapitals bei der Berechnung des ausschüttbaren Betrages nicht niederschlagen. Vgl. Leinekugel (Fn. 9), S. 15f.; Schutte-Veenstra (Fn. 9), S. 80f.; Werlauff, EU Company Law, 2. Aufl. 2003, S. 252.

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3. Festlegung eines Höchstbetrags der Ausschüttung Art. 15 Abs. 1 lit. c) Kapital-RL begründet eine weitere Ausschüttungssperre: Der Betrag einer Ausschüttung an die Aktionäre darf den Betrag des Ergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus hierfür verfügbaren Rücklagen, jedoch vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung in Rücklagen eingestellt worden sind, nicht überschreiten. Der auf diese Weise festgelegte Höchstbetrag für eine Ausschüttung 17 darf auch dann nicht überschritten werden, wenn eine Ausschüttung keine Verminderung des Grundkapitals und der gesetzlichen Rücklage zur Folge hätte.18 Die Berechnung des Höchstbetrages knüpft an das Jahresergebnis an, wie es sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung ergibt.19 Von einem sich daraus ergebenden positiven Jahresergebnis sind noch die Verluste früherer Geschäftsjahre sowie die Beträge abzuziehen, die aufgrund gesetzlicher oder statutarischer Bestimmungen in Rücklagen eingestellt werden sollen.

4. Zwischenbefund Die skizzierten Kapitalerhaltungsregeln errichten klar formulierte und im Einzelfall rechtssicher zu bestimmende Hürden für eine Ausschüttung. Sie gründen im Jahresabschluss der Gesellschaft und sind damit aufs engste verwoben mit dem Bilanzrecht, das durch das Vorsichts-, Realisations- und Imparitätsprinzip 20 geprägt ist.21 In diesem System ist für opportunistische Annahmen der Geschäftsleitung oder der Gesellschafter (in Bezug auf die Geschäftsentwicklung, etc.) grundsätzlich kein Raum.22

17 Leinekugel (Fn. 9), S. 18. 18 Habersack (Fn. 9), Rdn. 164; Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, Rn. 596; Nienhaus (Fn. 9), S. 111. 19 Leinekugel (Fn. 9), S. 18; Ullrich (Fn. 9), S. 6. 20 Vgl. hierzu Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 252 Rdn. 10ff. 21 Eindringlich in diesem Sinne Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2002, 2372, 2373. 22 Vgl. Schön, Der Konzern 2005, 162, 169.

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III. Situative Ausschüttungssperren 1. Übersicht Im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht sind zwei grundverschiedene Systeme der Kapitalerhaltung auszumachen.23 Zu nennen ist zum einen das traditionelle System, das ähnlich der Kapitalrichtlinie auf einem bestimmten Grundkapital der Gesellschaft („stated capital“, „legal capital“) beruht und eine Ausschüttung an Aktionäre einem „balance sheet test“ unterwirft. Zum anderen sind vielfältige „modern approaches“ anzutreffen, denen gemein ist, dass auf ein gesetzliches Grundkapital verzichtet wird (Aufgabe des Nennwertsystems). Ob Dividenden an Gesellschafter ausgeschüttet werden dürfen, ist in diesen Ordnungen höchst unterschiedlich geregelt.24 Vorbildcharakter für zahlreiche Bundesstaaten hat der Modell Business Corporation Act,25 der seit seiner grundlegenden Überarbeitung 1980 eine Ausschüttung (distribution 26) von einem zweistufigen Test abhängig macht. Die Gesellschaft muss erstens nach der Verteilung in der Lage sein, ihre Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu erfüllen [§ 6.40 (c) (1); equity insolvency test]. Zweitens muss gewährleistet sein, dass die gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch ihr Vermögen gedeckt sind [§ 6.40 (c) (2); balance sheet test] 27. Ähnlich ist die Rechtslage in Neuseeland, das im Zuge der Reform des dortigen Gesellschaftsrechts 1993 in Anlehnung an den MBCA einen „solvency test“ einführte.28 Auch er weist zwei Prüfungsebenen auf: einen zukunftsorientierten Liquiditätstest (Sec. 4 (1) (a) Companies Act 1993) und einen vergangenheits23 Vgl. Gevurtz, Corporation Law, 2000, § 2.3.2. 24 Zur Rechtslage in Kalifornien, das einen eigenständigen Weg gegangen ist, vgl. Gevurtz (Fn. 23), § 2.3.2; Kummert, State Statutory Restrictions on Financial Distributions by Corporations to Shareholders, 59 Wash. L. Rev. (1984), 185, 226ff. Vgl. auch die Skizze von Böckmann, Gläubigerschutz bei GmbH und close corporation, 2005, S. 88ff. 25 Sec. 6.40 Model Business Corporation Act (Stand: Juni 2002) haben 37 Staaten vollständig bzw. im Wesentlichen übernommen. Vgl. Hamilton/Macey, Corporations Including Partnerships and Limited Liability Companies, 8. Aufl., 2003, Ch. 8 I.1. 26 § 1.40 (4) MBCA: „Distribution means a direct or indirect transfer of money or other property (except its own shares) or incurrence of indebtedness by a corporation to or for the benefit of its shareholders in respect of any of its shares. A distribution may be in the form of a declaration or payment of dividend; a purchase, redemption, or other acquisition of shares; a distribution of indebtedness; or otherwise“. 27 Zum Betrag der Verbindlichkeiten ist außerdem der Betrag hinzuzurechnen, der erforderlich wäre, um bei einer Auflösung im Zeitpunkt der Zahlung der Dividende die Vorzugsdividenden zu bedienen. 28 Vgl. Haynes, The Solvency Test: A New Era in Directorial Responsibility, 8 Auckland U.L. Rev. (1996–1999), 125.

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orientierten bilanziellen Vermögenstest (Sec. 4 (1) (b) Companies Act 1993). Eine Ausschüttung darf nur vorgenommen werden, wenn die Geschäftsleitung eine Solvenzerklärung abgibt (Sec. 52 (2) Companies Act 1993), die mit einer Begründung zu versehen ist. Der Reformvorschlag der Rickford-Gruppe ist ähnlich wie das neuseeländische System konzipiert. Anliegen ist es, einen angemessenen Gläubigerschutz zu verwirklichen.29 Ein Kapitalerhaltungssystem, so eine der zentralen Thesen der Rickford-Gruppe, müsse vornehmlich mit Blick darauf modelliert werden, den aus Ausschüttungen an die Aktionäre resultierenden Insolvenzgefahren effizient zu begegnen. Der unterbreitete Vorschlag ist aber noch liberaler als das US-amerikanische und das neuseeländische Vorbild. Dies artikuliert sich bereits in der Vorstellung, dass auch die wohlfahrtsmehrenden Aspekte einer Auskehrung von Gesellschaftsvermögen anzuerkennen seien, sowie in der Forderung, Entscheidungen über die Unternehmensfinanzierung nicht durch rigide Verbotsvorschriften zu begrenzen.30 Folglich präsentiert die Rickford-Gruppe ein Kapitalerhaltungssystem in einem neuen Gewand. Es hat zwar ebenfalls zwei Elemente. Gefordert wird eine „Solvency Certification“, die durch einen „Additional Assets Test“ (Simple Balance Sheet) abgesichert wird. Im Unterschied zur Lösung des MBCA und des neuseeländischen Companies Act 1993 soll aber eine Ausschüttung auch dann möglich sein, wenn die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht durch das Aktivvermögen gedeckt sind.31 Als Grundlage für eine Bewertung der verschiedenen Kapitalerhaltungssysteme sind im Folgenden die einzelnen Elemente situativer Ausschüttungssperren vorzustellen. Mustert man die ausländischen Regelungen einschließlich des von der Rickford-Gruppe unterbreiteten Vorschlags durch, lassen sich zwei Bausteine ausmachen. So ist zunächst festgelegt, wie die von der Geschäftsleitung abzugebende Bestätigung, die Gesellschaft werde auch nach der Ausschüttung noch solvent sein, auszusehen hat. Regelungsbedürftig ist vor allem die Frage, auf welche Zeiträume sich die Solvenzerklärung erstrecken sollte. Erforderlich ist zweitens ein effektives Schutzsystem. Als Instrumente kommen Publizitäts- und Prüfungspflichten sowie flankierende Haftungsregeln in Betracht.

29 Der Bericht bestätigt, dass sich hiermit auch Fragen des Gesellschafterschutzes verbinden, lässt diese aber weitgehend außer Betracht. Vgl. Rickford, EBLR 2004, 919, 966 sowie implizit 937–943. 30 Rickford, EBLR 2004, 919, 967. 31 Auch die Verfasser des MBCA hatten erwogen, auf einen balance sheet test zu verzichten, davon dann jedoch Abstand genommen. Vgl. hierzu Hamilton/Macey (Fn. 25), Ch. 8. I.1.

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2. Elemente einer Ausschüttungssperre a) Solvenzbestätigung Sowohl der MBCA 32 als auch der neuseeländische Companies Act 1993 33 begnügen sich damit, die Anforderungen an den „equity insolvency test“ bzw. den „liquidity test“ mit wenigen Worten zu umreißen: Voraussetzung für eine Ausschüttung ist, dass die Gesellschaft nach der Auszahlung in der Lage ist, ihre im gewöhnlichen Geschäftsgang fällig werdenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. Diese karge Formel wirft einige Fragen auf. Im Mittelpunkt steht das zeitliche Element: Wie weit muss der Horizont reichen, den die Geschäftsleitung ins Auge zu fassen hat, um die zukünftig fällig werdenden Verbindlichkeiten zu bestimmen? Der Hinweis der Kommentatoren des MBCA, grundsätzlich sei auf die kurzfristigen Geschäftsentwicklungen abzustellen,34 vermag lediglich eine grobe Orientierung zu vermitteln.35 Auch ihre weitere Vorstellung, eine eingehende Prüfung der Solvenz sei nur dann erforderlich, wenn besondere Anhaltspunkte vorlägen,36 legt es nahe, dass keine hohen Anforderungen an die Liquiditätsprüfung gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass die Rickford-Gruppe darum bemüht ist, den zu überblickenden Zeitraum klarer zu definieren und die Liquiditätsprüfung zu verfeinern.37 So soll die Geschäftsleitung zunächst verpflichtet sein zu erklären, es könne vernünftigerweise erwartet werden, dass die Gesellschaft für die voraussehbare Zukunft ihre Verbindlichkeiten wird erfüllen können. Dabei soll sie die Geschäftsaussichten nach dem gewöhnlichen Gang der Geschäfte zugrunde legen.38 Ferner soll die Geschäftsleitung verpflichtet sein, eine 32 § 6.40 (c) (1) MBCA: „No distribution may be made if, after giving it effect the corporation would not be able to pay its debts as they become due in the usual course of business.“ 33 Sec. 4 (1) (a) Companies Act 1993: „For the purpose of this Act, a company satisfies the solvency test if the company is able to pay its debts as they become due in the normal course of business.“ 34 MBCA, Official Comment § 6.40, 6–58. 35 Ähnlich auch für das neuseeländische Recht die Einschätzung von Haynes, The Solvency Test: A New Era in Directorial Responsibility, 8 Auckland U.L. Rev. (1996–1999), 125: „However, an element of uncertainty remains …“ 36 § 6.40, Official Comment, 6–57: „Indeed, in the case of a corporation having regularly audited financial statements, the absence of any qualification in the most recent auditor’s opinion as to the corporation’s status as a ‚going concern‘, coupled with a lack of subsequent adverse events, would normally be decisive. It is only when circumstances indicate that the corporation is encountering difficulties or is in an uncertain position concerning its liquidity and operations that the board of directors … may need to address the issue.“ 37 Vgl. Rickford, EBLR 2004, 916, 979. 38 Vgl. Rickford, EBLR 2004, 916, 979: „We believe … that the directors should be required to reach the view that for the reasonably foreseeable future, taking account

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Liquiditätsaussage zum folgenden Geschäftsjahr abzugeben: Wird die Gesellschaft mit Blick auf ihre Absichten und die Einnahmen, mit denen nach Ansicht der Geschäftsleitung wahrscheinlich gerechnet werden kann, in der Lage sein, ihre fällig werdenden Verbindlichkeiten zu erfüllen? 39 Dieser Test präsentiert sich etwas griffiger als die Liquiditätstests des MBCA und des Companies Act 1993. Dass sich die Erklärung schon auf der ersten Stufe auf ein abstrakt bestimmtes Panorama erstreckt, dürfte unvermeidlich sein. Die Geschäftsleitung muss den weiteren Geschäftsverlauf einschätzen und auf dieser Grundlage den zu erwartenden Liquiditätsbedarf ermitteln. Als eine wichtige Konkretisierung erweist sich die Forderung, dass auch zukünftige Vermögenszuwächse berücksichtigt werden müssten. Lediglich die aus außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen, insbesondere Kapitalmaßnahmen zu erwartenden Vermögenszuwächse müssten außer Betracht gelassen werden.40 Die zweite Stufe erfasst mit dem nächsten Geschäftsjahr einen klar bestimmten Zeitraum, den die Geschäftsleitung unter Zugrundelegung ihrer Pläne auch ermessen kann. Damit wird deutlich, dass der Vorschlag der Rickford-Gruppe noch stärker als der MBCA und der neuseeländische Companies Act 1993 von der Geschäftsleitung verlangt, Wahrscheinlichkeitsurteile 41 zu fällen. Andere regelungssensitive Sachverhalte bleiben in den ausländischen Rechtsordnungen und wohl auch nach der Vorstellung der Rickford-Gruppe der Rechtsprechung vorbehalten. So könnte vor allem in Betracht zu ziehen sein, das Kriterium der zukünftigen Zahlungsfähigkeit gesetzlich zu konturieren.42 Weder der MBCA noch der Companies Act 1993 nehmen hierzu Stellung. Es verwundert daher nicht, dass dieser Aspekt Gegenstand der Diskussion über Ausschüttungssperren ist. Als klärungsbedürftig wird vor allem die Frage angesehen, ob die Zahlungsfähigkeit auch mit Blick darauf zu beurteilen ist, dass die Gesellschaft möglicherweise von dritter Seite, namentlich von ihrer Muttergesellschaft, Mittel zur Verfügung gestellt bekommt, um Verbindlichkeiten zu begleichen.43

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of the company’s expected prospects in the ordinary course of business, it can reasonably be expected to meet its liabilities.“ Rickford, EBLR 2004, 916, 980: “… having regard to the intentions and the resources in their view likely to be available, for the year immediately following the company will be able in the ordinary course of business to meet all its debts as they fall due as a going concern throughout that year.” Rickford, EBLR 2004, 916, 979. Vgl. Rickford, EBLR 2004, 916, 980: “This provides a firm assurance of liquidity…, based on a firm prediction of trading intentions and available resources.” Dazu aus der Perspektive des nationalen Rechts MünchKommAktG/Hefermehl/ Spindler, 2. Aufl. 2004, § 92 Rdn. 20; GroßkommAktG/Habersack, 4. Aufl. 2003, § 92 Rdn. 38. Verneinend für das neuseeländische Recht Haynes, The Solvency Test: A New Era in Directorial Responsibility, 8 Auckland U.L. Rev. 125, 130 (1996–1999); anders aber § 6.40 MBCA, Official Comment, 6–57 f.

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b) Simple Balance Sheet Test Als ein weiteres Element der Ausschüttungssperre kommt ein simple balance sheet test in Betracht. Sowohl der MBCA 44 als auch der neuseeländische Companies Act 1993 45 verlangen eine solche vergangenheitsorientierte Kontrolle. So ist eine Ausschüttung nach beiden Regimen nur in Höhe des Überschusses des Aktivvermögens über die gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft erlaubt (the whole of any surplus of assets over liabilities). Auch ist sowohl im MBCA als auch im Companies Act 1993 festgelegt, nach welchen Grundsätzen der Vergleich zwischen Aktiva und Passiva vorzunehmen ist. Obwohl durchaus ein Bewusstsein für die Neigung der Geschäftsleitung festzustellen ist, das Aktivvermögen zu optimistisch zu bewerten,46 sind die in § 6.40 (d) MBCA getroffenen Vorgaben großherzig formuliert.47 Zum einen können die Bilanzen herangezogen werden (financial statements prepared on the basis of accounting practices and principles that are reasonable in the circumstances); dies können auch die US-GAAP sein.48 Denkbar ist aber auch eine fair valuation oder eine andere Methode, die nach den Umständen vernünftig erscheint.49 Die Rickford-Gruppe propagiert ebenfalls eine bilanzielle Kontrolle. Allerdings räumt sie einem solchen Test nur eine beschränkte Aussagekraft ein. Es sei einerseits nicht zwingend geboten, eine Auszahlung nur dann zuzulassen, wenn der Test zu einem positiven Ergebnis kommt. Andererseits dürfe ein bilanzieller Test nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Ist die Gesellschaft nach Einschätzung ihrer Geschäftsleitung solvent und hat nach dem balance sheet net assets test einen Verlust erwirtschaftet, so sollen die Mitglieder der Geschäftsleitung im Falle einer Ausschüttung verpflichtet sein zu erklären, „why they take the favourable view“.50 Ein positives Ergebnis des bilanziellen Tests wäre demnach keine Voraussetzung für eine Ausschüttung. Diese wäre auch dann statthaft, wenn das Vermögen die Verbindlichkeiten nicht deckt. Allerdings würde eine Ausschüt44 § 6.40 (c) (2) MBCA: „No distribution may be made if, after giving it effect the corporation’s total assets would be less than the sum of its total liabilities plus (unless the articles of incorporation permit otherwise) the amount that would be needed, if the corporation were to be dissolved at the time of the distribution, to satisfy the preferential rights upon dissolution of shareholders whose preferential rights are superior to those receiving the distribution.“ 45 Sec. 4 (1) (b): „The value of the company’s assets is greater than the value of its liabilities, including contingent liabilities.“ 46 Vgl. Gevurtz (Fn. 23), § 2.3.2. 47 In Kalifornien ist allerdings festgelegt, dass die GAAP zugrunde zu legen sind (§ 114 Cal. Corp. Code). 48 § 6.40 MBCA, Official Comment, 6–60. 49 Vgl. hierzu § 6.40 MBCA, Official Comment, 6–61 (“quick-sale liquidation valuation method”). 50 Rickford, EBLR 2004, 919, 980.

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tung einer besonderen Begründung unterliegen. Der bilanzielle Test soll folglich in das Kapitalerhaltungssystem eingebaut werden, um auf die Geschäftsleitung disziplinierend einzuwirken. Damit würde Neuland betreten werden. Selbst in den USA haben nahezu alle Bundesstaaten, die dem MBCA folgen, einen balance sheet test als eine weitere Ausschüttungssperre etabliert. Lediglich Massachusetts, Minnesota und North Dakota kommen mit einem liquiditätsfokussierten Solvenztest aus.51

3. Absicherung der Ausschüttungssperre durch Publizität und Haftung Es ist unverzichtbar, die Solvenzbestätigung durch ein flankierendes haftungsrechtliches Schutzsystem abzusichern. Entsprechende Regelungen sind zwar in § 6.40 MBCA nicht explizit anzutreffen. Allerdings wird im Official Comment zu dieser Vorschrift ausgeführt, dass die Mitglieder der Geschäftsleitung bei ihren Prognosen ein business judgment träfen. Ihre haftungsrechtliche Verantwortlichkeit bestimme sich nach § 8.30 MBCA.52 Eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung erfolgt daher in der Praxis nur in besonderen Ausnahmefällen, wie etwa bei Betrug, Arglist oder Ermessensmissbrauch.53 Zudem ist in einigen Bundesstaaten eine Erstattungspflicht der Gesellschafter vorgesehen, wenn sie bösgläubig Dividenden bezogen haben. Meist begnügen sich bundesstaatliche Rechtsordnungen aber damit, einen Regress der zum Schadensersatz verpflichteten directors gegenüber den – im Verhältnis zur Gesellschaft nicht haftenden – Gesellschaftern zuzulassen.54 Ausgereifter präsentiert sich das neuseeländische Recht, in dessen Zentrum eine von der Geschäftsleitung abzugebende Solvenzbestätigung steht. Die directors, die sich für eine Ausschüttung ausgesprochen haben, sind gemäß Sec. 52 (2) Companies Act 1993 verpflichtet, eine Bestätigung zu unterzeichnen, dass nach ihrer Auffassung die Gesellschaft unmittelbar nach der Ausschüttung den Anforderungen des Solvenztests genügt (Certificate).55 Dabei haben sie die für ihre Einschätzung maßgeblichen Erwägungen niederzulegen. Der notwendige Inhalt

51 Vgl. Cox/Hazen, Corporations, 2003, § 20.10. 52 § 6.40 MBCA, Official Comment, 6.40. § 8.30 MBCA bestimmt den von directors einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab. 53 Vgl. Guitard v. Gorham Savings Bank, 2002 WL 746106 (Me. Super. Ct. 2002); In re International Business Machines Corp. Securities Litigation, 954 F. Supp 81 (SD NY 1997); Gabelli & Co v. Liggett Group, Inc. 479 A. 2d 276 (Del Ch); Wilderman v. Wilderman, 315 A. 2d 610 (Del Ch). 54 Vgl. Gevurtz (Fn. 23), § 2.3.2. 55 Verstöße gegen die Pflicht zur Abgabe einer certificate können mit einer Strafe bis zu 5.000 $ geahndet werden (sec. 52 (5) Companies Act 1993).

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einer Solvenzbestätigung ist vom Gesetz zwar nicht vorgegeben. Doch kann er aus der zweistufigen Solvenzprüfung (Sec. 4 (2) Companies Act) abgeleitet werden.56 Die directors haben sowohl zur Annahme zukünftiger Liquidität als auch zur Deckung der Verbindlichkeiten durch Aktivvermögen Stellung zu nehmen. Dabei sind vor allem die in Betracht gezogenen Risiken zu spezifizieren. Auch ist anzugeben, ob externe Bewertungen zugrunde gelegt wurden. Insgesamt gesehen weist die Erklärung somit berichtsartige Züge auf. Schließlich ist im neuseeländischen Recht ein komplexes Sanktionensystem anzutreffen. Zum einen sind die Aktionäre zur Erstattung der zu Unrecht empfangenen Beträge verpflichtet,57 es sei denn, sie waren in gutem Glauben, sind entreichert oder es wäre treuwidrig, eine vollständige oder teilweise Rückzahlung zu verlangen.58 Auch die directors können unter bestimmten Voraussetzungen in Anspruch genommen werden. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine Ausfallhaftung für die Beträge, welche die Gesellschaft von ihren Aktionären nicht erlangen kann (Sec. 56 (2) Companies Act 1993). Verpflichtet sind grundsätzlich nur solche directors, die der Ausschüttung zugestimmt und die Solvenzbestätigung unterzeichnet hatten.59 Ihre persönliche Verantwortlichkeit ist allerdings nicht grenzenlos. Wegen des prognostischen Charakters der zu treffenden Entscheidungen ist eine Haftung nur dann begründet, wenn es zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der „Certificate“ keine vertretbaren Gründe für die Annahme gab, dass die Gesellschaft den Solvenztest bestehen würde. Ergänzend kommt schließlich eine Haftung der directors in Betracht, wenn die vom Gesetz für eine Ausschüttung vorgesehenen Verfahrensschritte nicht eingehalten wurden.60 Inspiriert durch dieses System der Kapitalerhaltung hat sich die RickfordGruppe dafür ausgesprochen, die Ausschüttungssperre an eine Solvenzerklärung der Geschäftsleitung zu koppeln. Dieser Vorschlag erfährt durch zahlreiche, vornehmlich haftungsrechtliche Instrumente ein eigenständiges Design. So soll die Solvenzerklärung durch Einreichung zum Register Publizität genießen.61 Die Ge-

56 Vgl. hierzu Haynes, The Solvency Test: A New Era in Directorial Responsibility, 8 Auckland U.L. Rev. 125, 135 (1996–1999). 57 Aus der Gerichtspraxis vgl. Samarang Developments Ltd, Re: Walker [2004] BCL 940. 58 Auch hierzu vgl. Haynes, The Solvency Test: A New Era in Directorial Responsibility, 8 Auckland U.L. Rev. (1996–1999), 125, 139, mit der Einschätzung, dass die Ausnahmetatbestände schwierig zu beweisen sein dürften. 59 Abwesende directors können allerdings wegen Verletzung ihrer allgemeinen Sorgfaltspflichten zum Schadensersatz verpflichtet sein. Vgl. Haynes, The Solvency Test: A New Era in Directorial Responsibility, 8 Auckland U.L. Rev. (1996–1999), 125, 140. 60 Vgl. Sec. 56 (2), (3), (4) Companies Act 1993. Aus der Gerichtspraxis vgl. Re DML Resources Ltd (In Liquidation) [2004] 3 NZLR 490. 61 Rickford, EBLR 2004, 919, 972.

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schäftsleitung soll sich in einem dichten haftungsrechtlichen Gespinst bewegen. Im Mittelpunkt steht eine verschuldensabhängige zivilrechtliche Haftung. Die Beweislast soll aber selbst dann nicht (zu Lasten des board of directors bzw. des Vorstands) umgekehrt sein, wenn eine Ausschüttung wegen fehlender Deckung der Verbindlichkeiten nur aufgrund einer besonderen Begründung [s. o. unter III. 2. b)] erfolgen darf.62 In Erwägung gezogen wird ferner eine strafrechtliche Verantwortlichkeit.63 Auch sollen Verstöße im Rahmen der directors disqualifications Berücksichtigung finden.64 Ein weiterer Baustein des flankierenden Schutzsystems soll schließlich eine auf schuldhaftem Verhalten gründende Erstattungspflicht der Aktionäre sein.65 Eine sachverständige Prüfung wird dagegen als entbehrlich angesehen.66

IV. Bewertung des Systems situativer Ausschüttungssperren im Vergleich zum System der Kapitalrichtlinie 1. Vorbemerkungen Eine Bewertung der in ausländischen Rechtsordnungen anzutreffenden situativen Ausschüttungssperren ist nur möglich, wenn die ergänzenden Schutzregime in den Blick genommen werden. In den USA ist neben den gesellschaftsrechtlichen Regeln ein insolvenzrechtlicher 67 und vertragsrechtlicher 68 Schutz anzutreffen, zu dem sich eine breit gefächerte Durchgriffshaftung 69 gesellt. Die größte Bedeutung kommt dabei den Covenants zu. Die gesellschaftsrechtlichen Aus-

62 Rickford, EBLR 2004, 919, 977 [“This has some logical attractions, but in practice it might merely deter any distributions in such circumstances and it is too detailed, and too much a matter of practice and judgment for the Member States, to be included in EU law.”]. Anders noch die Entwurfsfassung; vgl. Micheler, ZGR 2004, 324, 339. 63 Rickford, EBLR 2004, 919, 974. 64 Rickford, EBLR 2004, 919, 980. 65 Rickford, EBLR 2004, 919, 973, 981. 66 Rickford, EBLR 2004, 919, 981. Allerdings sei es im Einzelfall denkbar, dass die Geschäftsleiter aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht gehalten seien, einen sachverständigen Prüfer einzuschalten. 67 Ein insolvenzrechtlicher Schutz wird vor allem durch den Uniform Fraudulent Transfer Act (UFTA) verwirklicht, der bestimmte die Gläubiger benachteiligende Transaktionen zum Gegenstand hat und den Gläubigern ein Zugriffsrecht einräumt. Auf die Bedeutung des UFTA weist auch der Official Comment zu § 6.40 MBCA, 6–58 hin. Vgl. hierzu Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, 2005, S. 194ff; Böckmann (Fn. 24), S. 82 f. 68 Vgl. hierzu den Beitrag von Mankowski, S. 488 ff in diesem Buch. 69 Vgl. hierzu den Beitrag von Merkt/Spindler, S. 207 ff in diesem Buch.

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schüttungssperren (Balance Sheet Test und Solvency Test) ergänzen lediglich den durch vertragliche Vereinbarungen verwirklichten Gläubigerschutz.70 Auch das von der Rickford-Gruppe favorisierte Alternativmodell einer Kapitalerhaltung durch situative Ausschüttungssperren wird flankiert durch weitere Instrumente. Im Vordergrund steht eine Insolvenzverschleppungshaftung.71 Das Hauptaugenmerk gilt aber dem Solvency-Test. Anders als in den USA soll er im Mittelpunkt der gläubigerschützenden Maßnahmen stehen.72 Eine zuverlässige und abschließende vergleichende Bewertung der Kapitalerhaltungssysteme verlangt, alle anderen relevanten Regeln einzubeziehen. Dies kann hier nicht geleistet werden. Im Folgenden kann aber zu der These Stellung genommen werden, dass ein System situativer Ausschüttungssperren Vorteile gegenüber einem System der Vermögensbindung in Höhe einer festen Kapitalziffer verspricht. Auf dem Prüfstand steht namentlich die von der Rickford-Gruppe ins Feld geführte These, dass auf ein kostenintensives Normengeflecht verzichtet werden könne: „Because there will be no need for special capital reserves, subscribed capital as a mandatory requirement will disappear and therefore no special rules on publicity for capital will be needed, nor for minimum capital, nor, so far as creditors are concerned, about the quality of capital on raising.“ 73 Dazu werden zunächst die Vor- und Nachteile der beiden Kapitalerhaltungssysteme beleuchtet. Im Anschluss soll gesondert zum Design des Lösungsvorschlags der Rickford-Gruppe Stellung genommen werden.

2. Vor- und Nachteile des geltenden Kapitalerhaltungssystems Das auf Grund der Kapitalrichtlinie errichtete Regime der Kapitalerhaltung hat die Funktion, den Abzug der finanziellen Mittel zum Nachteil der Gläubiger zu verhindern.74 Es operiert mit klaren Begriffen, die von der Geschäftsleitung ohne nennenswerte Probleme angewandt werden können.75 Die Gefahr, dass sich ein opportunistisches Verhalten der Geschäftsleitung bzw. der Gesellschafter mit Blick auf eine möglichst hohe Ausschüttung durchsetzt, ist gering. Dieses System kommt allerdings ohne ein verlässliches bilanzrechtliches Fundament nicht aus. Damit ist bereits eine Schwäche angesprochen. Es ist zu erwarten, dass eine 70 Vgl. Booth, S. 717 ff in diesem Buch: „Although the legal capital rules once imposed significant requirements…, those rules have lost virtually all of their significance and force …Today, creditors are relegated to negotiated contractual protections …“ 71 Rickford, EBLR 2004, 919, 984. 72 Allerdings weist auch die Rickford-Gruppe auf die Bedeutung von Covenants hin; vgl. EBLR 2004, 919, 932. 73 Rickford, EBLR 2004, 919, 986. 74 Siehe oben II. 2. 75 Vgl. Schön, ZHR 166 (2002), 1, 5.

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primär kapitalmarktrechtlichen Zwecken verpflichtete Rechnungslegung Einzug in den Einzelabschluss halten wird. Die Regeln der Kapitalerhaltung müssen schon aus diesem Grund neu bedacht werden.76 Andere Defizite betreffen die Effektivität der Gläubigersicherung. So wird reklamiert, es sei unbefriedigend, dass die Grenzen einer Ausschüttung aus der Bilanz der Gesellschaft und damit grundsätzlich aus vergangenheitsbezogenen Werten ermittelt werden.77 Ob die Gesellschaft in Zukunft in der Lage sein wird, ihre Verbindlichkeiten zu begleichen, lässt sich hieraus nicht zuverlässig ableiten.78 Auch aus diesem Grund verlangt die Kapitalrichtlinie ein bestimmtes Mindestkapital und eine gesetzliche Rücklage.79 Ob diese Posten ausreichend sind, die Gläubiger in naher Zukunft zu befriedigen, ist aber, so ein weiterer nicht von der Hand zu weisender Einwand gegen ein festes Kapital und entsprechende Ausschüttungssperren, höchst ungewiss.80 Der von der Kapitalrichtlinie geforderte „Haftungsstock“ vermag den individuellen Verhältnissen der Gesellschaft nicht gerecht zu werden; 81 er soll es auch nicht. Schließlich kann ein System mit fest umrissenen eigenkapitalbezogenen Ausschüttungssperren eine „überschießende Energie“ entfalten. Eine Auszahlung an Aktionäre ist stets unzulässig, wenn das Aktivvermögen die Verbindlichkeiten und die Grundkapitalziffer sowie die gesetzlichen Rücklagen nicht deckt.82 Es kann aber, so eine verbreitete Sichtweise, Situationen geben, in denen eine Auszahlung dennoch wünschenswert ist und die Gläubigerinteressen nicht gefährdet sind.83

3. Vor- und Nachteile einer situativen Ausschüttungssperre Verlangt man für eine Ausschüttung eine Solvenzerklärung, so wird maßgeblich auf das für Gläubiger virulente Szenarium eines möglichen zukünftigen Forderungsausfalls abgestellt. Die von der Rickford-Gruppe konstruierte zweistufige Liquiditätsprüfung 84 erweist sich somit auf den ersten Blick als ein maßgeschnei76 Vgl. zu den in Betracht kommenden Lösungswegen Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2002, 2372, 2375 ff. 77 Vgl. High Level Group of Company Law Experts (Fn. 1), S. 85. 78 Allerdings bleiben prognostische Elemente nicht gänzlich unberücksichtigt. So sind beispielsweise für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gem. § 249 Abs. 1 HGB Rückstellungen zu bilden. 79 Siehe oben II. 2. 80 Vgl. Mülbert, Der Konzern 2005, 151, 154; a.A. Bezzenberger (Fn. 1), S. 192. 81 Vgl. Mülbert, Der Konzern 2005, 151, 160. 82 Siehe oben II. 2. und 3. 83 Vgl. hierzu das Beispiel bei Gevurtz, (Fn. 23), § 2.3.2; eindringlich in diesem Sinne Rickford, EBLR 2004, 919, 947. Vgl. auch Bezzenberger (Fn. 1), S. 192. 84 Siehe oben III. 2. a).

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dertes Lösungskonzept, das den beschriebenen Nachteilen einer festen grundkapitalbezogenen Ausschüttungssperre effektiv begegnet. Damit sind aber zugleich die Schwächen des Alternativkonzepts markiert. So ist vor allem im Auge zu behalten, dass die Geschäftsleitung die Solvenz der Gesellschaft nicht mit Gewissheit voraussagen kann.85 Selbst auf der Grundlage der von der RickfordGruppe präsentierten Formel wird die Geschäftsleitung nicht in der Lage sein, verlässliche Aussagen zu treffen. Komplexe Probleme verbinden sich mit der konkreten Ausgestaltung einer solvenzbezogenen Ausschüttungssperre. Dem System der Kapitalrichtlinie wird vor allem der Vorteil zugeschrieben, es stelle auch aus der Perspektive der Gesellschaftsgläubiger eine rechtssichere, weil ex-ante zu beurteilende und an klaren (gläubigerschützenden) Bilanzregeln ausgerichtete Lösung dar. Dagegen ist eine auf eine Solvenzerklärung gestützte Lösung durch eine ex-post stattfindende Kontrolle gekennzeichnet. Ihre Funktionsfähigkeit kann nur aufgrund einer umfassenden Analyse der Steuerungsfunktionen der flankierenden Haftungsregeln ermessen werden.86 Dabei sind vor allem zwei Problemfelder ins Visier zu nehmen: die Haftung der Aktionäre und der Geschäftsleitung.

a) Haftung der Gesellschafter Eine Haftung der Aktionäre ist unverzichtbar. Sowohl der MBCA (und ihm folgend einige Bundesstaaten der USA) als auch das neuseeländische Recht eröffnen eine Restitution der zu Unrecht empfangenen Beträge.87 Auch die RickfordGruppe anerkennt ein Regelungsbedürfnis.88 Eine Haftung muss mit Blick darauf konstruiert werden, einem opportunistischen Verhalten zu begegnen. Sie kann daher nur dann ausgeschlossen sein, wenn der betreffende Gesellschafter in gutem Glauben war. Zu überlegen ist außerdem, ergänzend eine Schadensersatzhaftung zu etablieren, um den möglicherweise existenzvernichtenden Wirkungen einer rechtswidrigen Ausschüttung zu begegnen.89 Sie müsste so formuliert sein, dass auch Kollateralschäden erfasst wären.

85 Kritisch daher Schön, ZHR 166 (2002), 1, 5; Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2002, 2372, 2375. 86 Vgl. Merkt, ZGR 2004, 305, 315; Micheler, ZGR 2004, 324, 343. 87 Siehe oben III. 3. 88 Siehe oben III. 3. 89 Vgl. zur im nationalen Recht mittlerweile anerkannten Haftung der Gesellschafter wegen existenzvernichtenden Eingriffs BGHZ 149, 10; 150, 61; 151, 181; BGH ZIP 2004, 2138; ZIP 2005, 117; ZIP 2005, 250; NZG 2005, 886.

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b) Aussagegehalt einer Solvenzerklärung und Haftung der Geschäftsleitung Die Haftung der Mitglieder der Geschäftsleitung ist wesentlich schwieriger zu beurteilen. Ausgangspunkt muss der Inhalt der Solvenzerklärung sein, der gesetzlich festzulegen ist.90 Es sind zumindest die wesentlichen Parameter zu bestimmen.91 Dabei wird es zum einen wichtig sein, den in Betracht zu ziehenden Zeitraum möglichst klar zu bestimmen. Der von der Rickford-Gruppe unterbreitete Vorschlag nimmt zu Recht auf der zweiten Stufe das nach der Ausschüttung folgende Geschäftsjahr in den Blick.92 Andererseits bleiben alle noch später, möglicherweise erst in drei, fünf, zehn oder zwanzig Jahren fällig werdenden Verbindlichkeiten (aus Anleihen, etc.) außer Betracht. Auch sie sollten aber bei der Beurteilung der zukünftigen Solvenz der Gesellschaft Berücksichtigung finden.93 Zum anderen muss geklärt werden, ob auch außerordentliche Vermögenszuwächse zugrunde gelegt werden dürfen. Selbst wenn der zeitliche Horizont einer Solvenzbeurteilung präzise gesetzlich festgelegt werden kann, wird es Aufgabe der Rechtsprechung sein, die Pflichten der geschäftsleitenden Organe weiter zu konkretisieren. Der Gesetzgeber kann dies nicht leisten. Damit geht ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit einher. Es wird mehrere Jahre dauern, bis das neue Regime einigermaßen verlässlich beurteilt werden kann. Dieser Prozess wird notwendigerweise Kosten verursachen.94 Weiterhin erscheint es unumgänglich zu sein, eine sachverständige Prüfung vorzuschreiben.95 Dafür spricht, dass der Jahresabschluss, der ebenfalls Grundlage für eine Ausschüttung ist, auf jeden Fall geprüft werden muss. Auch wenn die von der Geschäftsleitung abzugebende Solvenzbescheinigung maßgeblich auf Prognosen beruht, erweist sich eine sachverständige Prüfung als ein angemessenes und gebotenes Schutzinstrument. Aus gutem Grund hat sie der europäische Gesetzgeber zur Kontrolle anderer Prognoseentscheidungen bereits vorgese90 Vgl. hierzu Pellens/Jödicke/Richard, BB 2005, 1393, 1400. 91 Ein weiterer Klärungsbedarf besteht in manchen Detailfragen. Die bereits in den USA und Neuseeland diskutierten Fragen – etwa zum Begriff der zukünftigen Zahlungsfähigkeit (siehe oben III. 2. a) – müssten auch für eine mögliche europäische Regelung entschieden werden. 92 Siehe oben III. 2. a). 93 Verlangt man für eine Ausschüttung – wie hier vertreten – in jedem Fall noch, dass das Aktivvermögen ausreicht, um die Passiva und die Grundkapitalziffer zu decken, so finden diese zukünftigen Verbindlichkeiten bereits Berücksichtigung. Der Solvenztest kann sich dann darauf beschränken, die Fälligkeit der Verbindlichkeiten besonders ins Auge zu fassen. 94 Zuzugeben ist allerdings, dass das Verlassen eines bekannten Pfads immer kostenträchtig ist. 95 Ebenso Pellens/Jödicke/Richard, DB 2005, 1393, 1401. A. A. Rickford, EBLR 2004, 919, 974, 981.

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hen.96 Wenn sich die sachverständige Prüfung jedenfalls auf die Plausibilität der getroffenen Schlüsse erstreckt, vermag sie eine gewisse Seriositätsgewähr zu vermitteln. Mangels Informationszugangs haben die Gläubiger ein berechtigtes Interesse an einer solchen Kontrolle. Komplexe Probleme verbinden sich mit der Schadensersatzhaftung der geschäftsleitenden Organe, die mit Rücksicht auf den prognostischen Charakter der Solvenzerklärung konstruiert werden muss. Es ist einerseits ausgeschlossen, der Verwaltung die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der gezogenen Schlüsse zuzuweisen. Andererseits dürfte es zu weit gehen, ihr einen leicht zu erreichenden, großzügig ausgestalteten safe harbour zu eröffnen.97 Die Suche nach dem vorzugswürdigen Weg wird dadurch erschwert, dass in der Diskussion über eine Prognosehaftung in den verschiedenen Bereichen des Gesellschaftsrechts noch keine allseits akzeptierten Ergebnisse erzielt werden konnten; die Diskussion befindet sich im Fluss.98 Die zum nationalen Recht gewonnene Erkenntnis, dem Geschäftsleiter sei im Rahmen seiner Pflichten hinsichtlich der Stellung des Insolvenzantrags 99 ein „gewisser Beurteilungsspielraum“ bei Prognosen einzuräumen,100 ist bislang jedenfalls konturenlos geblieben. Ein eindeutiges Bild zeigt sich, wenn man die US-amerikanischen Rechtsordnungen unter die Lupe nimmt. In bemerkenswerter Klarheit stellen die Kommentatoren des MBCA das Bedürfnis für einen Haftungsfreiraum heraus und begnügen sich mit einem Verweis auf den allgemeinen Sorgfaltsmaßstab und die business judgment rule.101 Entsprechend restriktiv verhält sich die Rechtsprechung in den Bundesstaaten. Sie gelangt lediglich in schwerwiegenden Fällen zu einer Haftung der Geschäftsleitung.102 Dieser Befund verwundert auf den ersten Blick. Bekanntlich legitimiert sich ein weites Geschäftsleiterermessen aus der andernfalls bestehenden Gefahr, dass sich der Vorstand risikoavers verhalten würde, was der Unternehmenswertmaxi-

96 So ist bei der Verschmelzung und Spaltung von Aktiengesellschaften eine sachverständige Prüfung erforderlich (vgl. Art. 10 Verschmelzungsrichtlinie und Art. 8 Spaltungsrichtlinie). Diese Prüfung hat vor allem mit Blick auf das vereinbarte Umtauschverhältnis zu erfolgen, welches seinerseits auf einer Bewertung der Unternehmen beruht. Die verschiedenen Methoden einer Unternehmensbewertung operieren mit Prognosen. 97 Vgl. auch Rickford, EBLR 2004, 916, 981. 98 Zur Haftung für fehlerhafte Prognosen im Kapitalmarktrecht vgl. Kümpel/Veil, Wertpapierhandelsgesetz, 2. Aufl., 2006, 3. Teil Rdn. 23 und 9. Teil Rdn. 7; eingehend Fleischer, AG 2006, 1. 99 Der Vorstand kann bezüglich der Feststellung der Überschuldung von einer Fortführungsprognose ausgehen, sofern dies aufgrund der Finanzplanung gerechtfertigt erscheint. Vgl. Hefermehl/Spindler, (Fn. 42), § 92 Rdn. 30. 100 Vgl. zur Konkursverschleppung BGHZ 126, 181, 199. 101 Siehe oben III. 3. Vgl. auch Cox/Hazen (Fn. 51), § 20.16. 102 Siehe oben Fn. 53.

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mierung abträglich wäre.103 In Ausschüttungsszenarien muss dagegen ein risikoreiches Entscheidungsverhalten nicht unbedingt gefördert werden. Trotzdem ist es notwendig und unabweisbar, einen Haftungsfreiraum zu eröffnen. Selbstverständlich handelt es sich bei der Entscheidung über eine Ausschüttung um eine unternehmerische Maßnahme. Die Geschäftsleitung verzichtet damit auf eine Selbstfinanzierung der ins Auge gefassten geschäftlichen Ziele. Es sollte vermieden werden, dass Gerichte über diese Form unternehmerischen Handelns entscheiden. Dazu sind sie nicht in der Lage.104 Zudem ist die Schutzbedürftigkeit des Managements evident. Eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung der möglicherweise nur schwer rekonstruierbaren prognostischen Urteile muss verhindert werden.105 Dennoch verbleibt ein Unbehagen, den durch das UMAG anerkannten Ermessensspielraum der Geschäftsleitung bei unternehmerischen Entscheidungen gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG 106 1 : 1 nutzbar zu machen. Das Ergebnis wäre eine holzschnittartige Lösung, die dem betreffenden Vorstandsmitglied wohl regelmäßig 107 den Einwand gestattete, im Rahmen des Ermessensfreiraums gehandelt zu haben. Aus gutem Grund präsentiert das neuseeländische Recht eine ausdifferenziertere Lösung als das US-amerikanische Recht 108. Eine Schadensersatzpflicht kann zum einen begründet sein, wenn bestimmte Verfahrensschritte – Unterzeichnung der Solvenzerklärung, schriftliche Begründung der Solvenz – nicht 103 Vgl. Fleischer, Festschrift Wiedemann, 2002, 827, 830; Paefgen, AG 2004, 245, 247. 104 Zu dieser Begründung vgl. Reg.Begr. BT-Drucks. 15/5092, S. 11; GroßkommAktG/ Hopt, § 93 Rdn. 83; Abeltshauser, Leitungshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht, 1998, S. 130; auch Lutter, ZIP 1995, 441, 441. 105 Eine nachträgliche Bewertung von Vorgängen, die zu einem erheblichen Schaden geführt haben, birgt die Gefahr von Rückschaufehlern in sich. Es besteht eine Tendenz, angesichts des Eintritts eines Schadens vorschnell auf eine Sorgfaltspflichtverletzung zu schließen (hindsight bias). Vgl. Rachlinski, A Positive Psycological Theory of Judging in Hindsight, 65 U. Chi. L. Rev. 571 (1998); Hefermeh/Spindler, (Fn. 42), § 76 Rdn. 25; Spindler/Klöhn, NZG 2005, 584, 585f. 106 Vgl. hierzu Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl., 2006, § 14 Rn. 74 ff. 107 Die Voraussetzungen für ein Geschäftsleiterermessen dürften in den meisten Fällen einer Ausschüttung erfüllt sein. Das Gesetz verlangt erstens, dass das Vorstandsmitglied vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information gehandelt zu haben. Dies kann zwar nur im Einzelfall beurteilt werden. Doch ist zu berücksichtigen, dass dem Vorstandsmitglied auch hierbei ein Ermessen zusteht. Voraussetzung ist weiterhin, dass das Vorstandsmitglied vernünftigerweise annehmen durfte, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Das Vorstandsmitglied muss schließlich unbeeinflusst von Interessenkonflikten, Fremdeinflüssen und ohne unmittelbaren Eigennutz gehandelt haben. Denkbar ist, dass dieses Erfordernis nicht erfüllt ist, wenn das Vorstandsmitglied selbst über einen (signifikanten) Aktienbesitz verfügt. 108 Der MBCA und die ihm folgenden Bundesstaaten. Siehe oben III. 3.

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eingehalten wurden; ein Haftungsfreiraum ist dann nicht eröffnet. Zum anderen droht eine inhaltlich zwar gleichfalls auf Ermessensfehler begrenzte Haftung. Aufgrund der Begründungspflicht der Geschäftsleiter ist die Ermessensentscheidung aber einer ex-post-Kontrolle zugänglich.

c) Zwischenbefund Resümierend kann festgehalten werden, dass die Wirksamkeit einer drohenden Haftung nur mit einem großen Unsicherheitsfaktor bestimmt werden kann. Am ehesten festes Terrain wird man hinsichtlich der Pflichten gewinnen können, die Grundlagen für eine Entscheidung über die Solvenz der Gesellschaft zu ermitteln. Was „the company’s expected prospects in the ordinary course of business“ sind, dürfte bestimmbar sein und gerichtlich kontrolliert werden können. Anders verhält es sich bezüglich der Veränderungen der Vermögens- und Ertragslage, die aus den Zukunftsprojektionen (bezüglich der gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäfte) abgeleitet werden. Es wird unumgänglich sein, diese von der Geschäftsleitung besonders zu begründenden Annahmen haftungsfrei zu stellen und begleitend eine Verfahrensverstöße (Begründung der Solvenzerklärung) sanktionierende Schadensersatzpflicht zu etablieren. Unter dieser Prämisse verspricht eine Haftung eine gewisse verhaltenssteuernde Wirkung. Sie sollte im Übrigen nicht auf die zu Unrecht ausgeschütteten Beträge beschränkt sein,109 sondern auch die weiteren Folgen einer rechtswidrigen Ausschüttung umfassen.110 Es ist daher eine Schadensersatzpflicht der Geschäftsleitung zu etablieren. Der These, die Haftungssanktionen könnten ein risikoaverses Ausschüttungsverhalten der Geschäftsleitung zur Folge haben,111 kann dann grundsätzlich zugestimmt werden.

4. Nachteile einer ausschließlich solvenzbezogenen Ausschüttungssperre Die von der Rickford-Gruppe angemahnte Liberalisierung des Ausschüttungswesens muss vor dem Hintergrund gewürdigt werden, dass sich mit einer freizügigen Einlagenrückgewähr unerwünschte Anreizstrukturen verbinden. Räumt man den persönlich ohnehin nicht haftenden Kapitalgebern einen weit reichenden Zugriff auf ihr Investment ein,112 so können sie geneigt sein, nach Ab109 In diesem Sinne aber das neuseeländische Recht; siehe oben III. 3. 110 Vgl. zur Haftung der Gesellschafter wegen existenzvernichtenden Eingriffs die Nachweise in Fußn. 89. 111 So Kuhner, ZGR 2005, 753, 778 ff. 112 Nach der Vorstellung der Rickford-Gruppe soll eine Ausschüttung auch bei Unterbilanz statthaft sein. Siehe oben III. 2. 6.

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zug der finanziellen Mittel zu Lasten der Gläubiger eine unangemessen risikoreiche Geschäftsstrategie zu verfolgen. Davon wären jedenfalls die bisherigen Gläubiger betroffen.113 Signifikante Kostenvorteile verspricht das propagierte System einer solvenzbezogenen Ausschüttungssperre gegenüber dem tradierten Regime der Kapitalerhaltung nicht. Erstens wäre eine sachverständige Prüfung der Solvenzerklärung unvermeidlich.114 Bereits dies würde Kosten verursachen. Zweitens wäre das zu errichtende Haftungssystem kostenintensiv. Es müssten für die Mitglieder der Geschäftsleitung D &O-Versicherungen geschlossen werden,115 deren Kosten erfahrungsgemäß von der Gesellschaft getragen werden. Ferner ist es bei einer primär liquiditätsorientierten Ausschüttungssperre nicht ausgeschlossen, dass die Gesellschafter kurz vor der Insolvenz auf das Vermögen des Unternehmens zugreifen. Diese in last-period-Szenarien typischerweise anzutreffende Gefahr anerkennt auch die Rickford-Gruppe. Sie sucht ihr zu begegnen, indem sie sich für eine Pflicht der Geschäftsleitung ausspricht, einen balance sheet test durchzuführen und bei negativem Befund eine Ausschüttung nur auf der Grundlage einer publizitätspflichtigen Begründung zuzulassen.116 Anliegen ist es augenscheinlich, in den aus Gläubigersicht virulenten Situationen ein risikoaverses Ausschüttungsverhalten der Geschäftsleitung zu generieren. Die Gläubiger würden im Rahmen einer ex-post-Kontrolle Zugang zu den von der Geschäftsleitung zugrunde gelegten Informationen und den getroffenen Annahmen erhalten, sodass mit einer Realisierung der Haftungsgefahr zu rechnen wäre. Aufgrund der verstärkten Präventionswirkungen der flankierenden Haftungsregeln könnte die Geschäftsleitung geneigt sein, eine Ausschüttung zurückhaltend zu beurteilen. Ob sich diese Annahmen als zutreffend erweisen, muss aber ernsthaft bezweifelt werden. Es erscheint zu hoffnungsvoll zu sein, dass gerade in den insolvenznahen Szenarien eine mögliche zukünftige Haftung eine bedeutende verhaltenssteuernde Wirkung zu entfalten vermag.117 Selbst wenn die begründungspflichtige 113 Vgl. Gevurtz (Fn. 23), § 2.3.2. 114 Siehe oben IV. 3. 6. 115 Zum Gegenstand einer D& O-Versicherung vgl. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 3. Aufl. 2003, Rdn. 419ff. 116 So offenbar Rickford, EBLR 2004, 919, 980 (“We therefore would propose that in making the certificate the directors should be required to take account of the company’s accounts and annual report as a whole and that where the result is to declare that the company is solvent while on an application of the narrow balance sheet net assets test the result would be a deficit, they should explain why they take the favourable view.”) und 986 („The supplementary balance sheet test … will be relaxed to ensure that a proper prudent appraisal of the commercial balance of assets and liabilities is relied upon and that it becomes a strong disclosure requirement rather than a substantive limit.“). Vgl. auch Micheler, ZGR 2004, 324, 339. 117 Vgl. hierzu Fleischer, ZGR 2004, 437, 446f.

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Ausschüttung – schon zu diesem Zeitpunkt? – mit Publizitätswirkung ausgestattet wäre, muss mit einem Missbrauch gerechnet werden. Schließlich sind ernsthafte Zweifel an der Tauglichkeit der vorgeschlagenen Publizität der begründeten Solvenzbestätigung anzumelden. Eine von der Rickford-Gruppe befürwortete Ausschüttung trotz Unterbilanz 118 dürfte sich in der Regel aus zukünftigen Geschäftsführungsmaßnahmen legitimieren, die entweder mangels Realisierungsgrades noch nicht ad-hoc-publizitätspflichtig sind (vgl. § 13 WpHG) oder wegen einer Selbstbefreiung (§ 15 Abs. 3 WpHG) dem Kapitalmarkt nicht offenbart zu werden brauchen. Eine mit Publizitätswirkung ausgestattete Vorstellung solcher Pläne kann aber schwerlich im Interesse der Gesellschaft liegen.

V. Schlussfolgerungen und Ergebnisse Als Quintessenz ist festzuhalten, dass ein System situativer Ausschüttungssperren gegenüber dem tradierten Regime der Kapitalerhaltung sowohl Vorteile als auch Nachteile aufweist. Eine eindeutige Aussage über die Vorzugswürdigkeit eines der beiden Modelle lässt sich nicht treffen. Der Grund hierfür liegt in den Sanktionsmechanismen, die eine solvenzorientierte Ausschüttungssperre flankieren. Ob die zivilrechtlichen Haftungsregeln und strafrechtlichen Sanktionen einem opportunistischen Verhalten der Geschäftsleitung bzw. der Gesellschafter begegnen, lässt sich nicht eindeutig beurteilen. Zweifel verbleiben vor allem für insolvenznahe Sachverhalte. Gerade in solchen Situationen präsentiert sich das tradierte System der Kapitalrichtlinie als eine rechtssichere Lösung. Angesichts der Entwicklungen im Bereich des Bilanzrechts 119 dürfte eine Reform der Kapitalerhaltung aber unausweichlich sein. So wird es vor allem erforderlich sein, darauf zu reagieren, dass die Passivierung ungewisser Verbindlichkeiten nach IFRS an höhere Voraussetzungen geknüpft ist und noch nicht realisierte Gewinne ausgewiesen werden.120 Es bietet sich an, zukünftig eine Ausschüttung auf der Grundlage einer IFRS-Bilanz zuzulassen und einer möglichen Gläubigergefährdung ergänzend durch einen Solvenztest zu begegnen. Im Einzelnen: 1. Es empfiehlt sich, am tradierten Weg einer bilanzorientierten Ausschüttung im Grundsatz festzuhalten. Auch die ausländischen Regelungsvorbilder verzichten nicht auf einen Balance Sheet Test. Eine Ausschüttung sollte nur aus freiem Vermögen zugelassen werden. Dabei können – entsprechend dem bislang geltenden System des festen Kapitals – festgelegte Ausschüttungssperren (Grund-

118 Zu dieser liberalen Konstruktion einer Ausschüttungssperre siehe oben III. 2. 6. 119 Siehe oben I. 120 Eingehend hierzu der Beitrag von Pellens/Sellhorn S. 451 ff in diesem Buch.

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kapital und gegebenenfalls gesetzliche Rücklage) zu beachten sein. Diese Sperre begegnet opportunistischem Verhalten der Gesellschafter. Angesichts der Schwächen einer rein liquiditätsorientierten Betrachtung sollte auf sie nicht verzichtet werden. Ein ausschließlich solvenzorientiertes System der Kapitalerhaltung – wie von der Rickford-Gruppe vorgeschlagen – verbietet sich dagegen. Es ist nicht in der Lage, einen angemessenen Gläubigerschutz zu verwirklichen und nicht geeignet, die Kosten zu reduzieren. 2. Eine ergänzende situative Ausschüttungssperre trägt den berechtigten Belangen der Gläubiger maßgeschneidert Rechnung. Sie weist allerdings manche Schwächen auf. Ein flankierendes Schutzsystem hat ihnen Rechnung zu tragen. Die Solvenzerklärung sollte grundsätzlich einer sachverständigen Prüfung unterliegen. Es ist zudem unverzichtbar, die Solvenzerklärung haftungsrechtlich zu sanktionieren. So ist eine effektive Schadensersatzhaftung der Geschäftsleitung zu etablieren, die zum einen an Verstößen gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren anknüpfen kann und zum anderen hinsichtlich der zu treffenden Prognoseentscheidungen einen klar umrissenen Haftungsfreiraum präsentieren sollte. Weiterhin ist eine Erstattungspflicht der Gesellschafter vorzusehen (Restitution). In Betracht kommt zudem eine Schadensersatzhaftung der Gesellschafter. Ergänzend sind strafrechtliche Sanktionen zu schaffen.

Verdeckte Gewinnausschüttung und Kapitalschutz im Europäischen Gesellschaftsrecht

von Professor Dr. Holger Fleischer, Bonn

Inhaltsübersicht I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verdeckte Gewinnausschüttung als Grundfigur deutschen Rechtsdenkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verdeckte Gewinnausschüttung im Koordinatensystem des Kapitalgesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anteilseigner versus Verwaltungsmitglieder . . . . . . . . . . . . b) Aktiengesellschaften versus Gesellschaften mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unabhängige versus abhängige Aktiengesellschaften . . . . . . . II. Verdeckte Vermögenszuwendungen in der unabhängigen Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsvergleichender Rundblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtspolitische Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verdeckte Vermögenszuwendungen in der abhängigen Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtspolitische Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verdeckte Gewinnausschüttung und Kapitalschutz

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I. Einführung 1. Verdeckte Gewinnausschüttung als Grundfigur deutschen Rechtsdenkens Die verdeckte Gewinnausschüttung gehört zum hergebrachten Figurenschatz des deutschen Aktienrechts. Sie hat ihren Sitz in § 57 Abs. 1 und 3 AktG, der nicht nur offene, sondern auch verdeckte Vermögensverlagerungen an Aktionäre außerhalb einer förmlichen Gewinnausschüttung verbietet.1 Eine einheitliche Begriffsbildung steht allerdings noch aus: Gleichsinnig spricht man von verdeckter Vermögensverlagerung 2 oder verdeckter Vermögenszuwendung 3. Ausländische Aktienrechte kennen dasselbe Sachproblem, doch fehlt ihnen häufig die schlagwortartige Verdichtung und dogmatische Anbindung an den Kapitalschutz. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist daher nach Herkunft und Zuschnitt ein Produkt deutschen Rechts- und Systemdenkens.4

2. Verdeckte Gewinnausschüttung im Koordinatensystem des Kapitalgesellschaftsrechts Verdeckte Gewinnausschüttungen an Aktionäre bilden nur einen Teilausschnitt aus dem größeren Kreis „suspekter“ Austauschbeziehungen im Kapitalgesellschaftsrecht, die man international als related party transactions zu bezeichnen pflegt.5 Ökonomen erfassen sie in der immer wichtiger werdenden „Law and 1 Vgl. RGZ 146, 84, 93f.; 149, 385, 400; BGH NJW 1992, 2821; BGHZ 141, 79, 84, 87f.; aus der Kommentarliteratur GroßKommAktG/Henze, 4. Aufl. 2001, § 57 Rdn. 35ff.; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 57 Rdn. 8 ff.; KölnKommAktG/Lutter, 2. Aufl. 1988, § 57 Rdn. 8, 15 ff.; MünchKommAktG/Bayer, 2. Aufl. 2003, § 57 Rdn. 25ff.; aus der Lehrbuchliteratur Grunewald, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2005, 2 C Rdn. 151; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 19 Rdn. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 29 II 2 a, S. 890. 2 Monographisch Bommert, Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht (1989); Fiedler, Verdeckte Vermögensverlagerungen bei Kapitalgesellschaften (1994); Ullrich, Verdeckte Vermögensverlagerungen in den Aktien- und GmbH-Rechten Frankreichs, Belgiens und Deutschlands (1994). 3 Monographisch Ebenroth, Die verdeckten Vermögenszuwendungen im transnationalen Unternehmen (1979); wieder anders jetzt die Terminologie bei Riedel, Unzulässige Vermögenszuwendungen und ihre Rechtsfolgen im Recht der Aktiengesellschaft (2004). 4 Ähnlicher Befund bei Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft (2005), S. 258, der seine rechtsvergleichende Betrachtung mit der Bemerkung eröffnet: „Diese Regeln sind in Deutschland so allgemein anerkannt, daß kaum noch jemand nach ihrer inneren Berechtigung und nach möglichen Alternativen fragt. Dabei sind solche Regeln außerhalb Deutschlands alles andere als selbstverständlich.“ 5 Vgl. Hertig/Kanda, in: Kraakman/Davies/Hansmann/Hertig/Hopt/Kanda/Rock, The Anatomy of Corporate Law (2004), Chapter 5, S. 101ff.: „Related party trans-

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Finance“-Literatur unter den Sammelbegriffen self-dealing oder tunneling 6 und haben jüngst für 72 (!) Staaten einen „anti-self-dealing“-Index berechnet, der auf den nationalen Rechtsregeln für solche Transaktionen beruht.7 Aus juristischer Sicht lässt sich eine ordnende Grundorientierung in dreierlei Richtung vornehmen. a) Anteilseigner versus Verwaltungsmitglieder Zunächst kann man nach der Person des Leistungsempfängers Vermögenszuwendungen an Anteilseigner und Verwaltungsmitglieder trennen. Im ersten Fall geht es typischerweise um Mehrheits-Minderheits-Konflikte, im zweiten um Prinzipal-Agenten-Probleme. Die gesellschaftsrechtlichen Lösungsmuster sind jeweils andere, doch stimmen sie in einer zentralen Grundwertung überein: Obwohl sich schuldrechtliche Austauschbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Anteilseignern oder Organmitgliedern immer wieder als missbrauchsanfällig erweisen, scheuen moderne Rechtsordnungen vor einem generellen Kontrahierungsverbot zurück und bewenden es bei weniger einschneidenden Schutzvorkehrungen. Dahinter steht die Einsicht, dass die wirtschaftlichen Vorteile derartiger Geschäfte die drohenden Nachteile für Minderheitsgesellschafter und Gesellschaftsgläubiger per saldo aufwiegen.8 Nur für besonders gefährliche Geactions“; McCahery/Vermeulen, „Corporate Governance Crises and Related Party Transactions: A Post-Parmalat Agenda“, in: Hopt/Wymeersch/Kanda/Baum (eds.), Corporate Governance in Context. Corporations, States, and Markets in Europe, Japan, and the US (2005), S. 215 ff. 6 Vgl. etwa Johnson/La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, Tunneling, 90 American Economic Review, Papers and Proceedings 22 (2000). 7 Vgl. Djankov/La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, The Law and Economics of Self-Dealing, December 1st 2005, ssrn.abstract_id=864645: „We present a new measure of legal protection of minority shareholders against expropriation by corporate insiders: the anti-self-dealing index. Assembled with the help of Lex Mundi law firms, the index is calculated for 72 countries based on legal rules prevailing in 2003, and focuses on private enforcement mechanisms, such as disclosure, approval, and litigation, governing a specific self-dealing transaction.“ 8 Dazu und zur Rechtsentwicklung vom absoluten Verbot zum Erlaubnisvorbehalt am Beispiel der Eigengeschäfte von Verwaltungsmitgliedern Fleischer, WM 2003, 1045, 1051f.; für Geschäfte zwischen Anteilseignern und Gesellschaft Hertig/Kanda (Fn. 5), S. 119: „As with conflicted managers, no jurisdiction bans transactions between companies and controlling shareholders. Their potential value is too great – as, for example, the frequency of corporate groups and parent-subsidiary structures suggests.”; aus ökonomischer Sicht zuletzt Djankov/La Porta/Lopez-de-Silanes/ Shleifer (Fn. 7), S. 2: “At the other extreme, a society can prohibit conflicted transactions altogether: all dealings between a corporation and its controllers – or any other entity these controllers also control – could be banned by law. Yet no society finds it practical to use this approach either, perhaps because in many instances related-party transactions actually make economic sense.”

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schäfte fällt die gesetzgeberische Wertung gelegentlich anders aus: Das Hauptbeispiel bilden Kredite an Verwaltungsmitglieder, die im Vereinigten Königreich und Frankreich seit jeher verboten und in den Vereinigten Staaten durch den Sarbanes-Oxley-Act unlängst wieder untersagt worden sind.9

b) Aktiengesellschaften versus Gesellschaften mit beschränkter Haftung Eine zweite Trennlinie verläuft zwischen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Sie ist gemeinschaftsrechtlich durch den Anwendungsbereich der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (KapRL) 10 vorgezeichnet und wird in Deutschland durch die unterschiedliche Reichweite der Vermögensbindung in § 57 AktG und § 30 GmbHG weiter vertieft.11 Rechtspolitische Reformvorschläge hatten vor einiger Zeit erwogen, den GmbH-rechtlichen Kapitalschutz an das aktienrechtliche Schutzniveau anzupassen 12, wie dies gegenwärtig § 82 öGmbHG und jedenfalls bislang sec. 263 CA 1985 vorsehen.13 Inzwischen hat sich die internationale Fließrichtung für die „kleine“ Kapitalgesellschaft allerdings geändert, doch kann dies für unser Thema – die Finanzverfassung der Aktiengesellschaft – auf sich beruhen.

c) Unabhängige versus abhängige Aktiengesellschaften Schließlich empfiehlt es sich, Vermögensverschiebungen bei unabhängigen und abhängigen Aktiengesellschaften gesondert zu untersuchen. Für letztere gilt in Deutschland zum einen ein gesondertes Regelungsregime; zum anderen müssen sich die Schutzvorkehrungen gegen verdeckte Gewinnausschüttungen im Rechtsalltag vor allem bei verbundenen Unternehmen bewähren, die in vielfältigem Leistungsaustausch miteinander stehen.14 Als Lehrmeister des Gesellschafts-

9 Kritisch dazu Romano, 114 Yale L.J. 1521, 1538–1540 (2005); empirischer Befund bei Shastei/Kahle, 39 J. Fin. & Quantitative Analysis 791 (2004); rechtsvergleichend Fleischer, WM 2004, 1057, 1059ff. mit umfassenden rechtsvergleichenden Nachweisen. 10 Richtlinie 77/91/EWG vom 13. 12. 1976, ABl. Nr. L 26/1 vom 31. 1. 1977. 11 Vgl. zuletzt den Eingangssatz bei Schön, in: Festschrift Röhricht (2005), S. 559: „Es gehört zu den Grundlehren des Kapitalgesellschaftsrechts, den Umfang der Vermögensbindung in der Aktiengesellschaft und in der GmbH unterschiedlich zu bestimmen.“ 12 Dazu Fleischer, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG (2002), Syst. Darst. 6 Rdn. 90; Wiedemann, ZGR 2003, 283, 293f. 13 Näher unten II 2a und c. 14 Näher dazu und zu den Konzernverrechnungspreisen als Gegenstand interdiszipli-

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und Konzernrechts tritt hier das Internationale Steuerrecht auf den Plan; eine Musterregelung enthalten die OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises.15 Demgegenüber harren die gesellschaftsrechtlichen Probleme der Konzernumlagen trotz einer einschlägigen BGH-Entscheidung 16 noch immer einer endgültigen Bewältigung.

II. Verdeckte Vermögenszuwendungen in der unabhängigen Aktiengesellschaft 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Art. 15 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie errichtet einen doppelten Schutzkordon zugunsten des einmal aufgebrachten Kapitals: Nach lit. a) darf keine Ausschüttung an Aktionäre erfolgen, durch die das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich gesperrter Rücklagen unterschreiten würde. Nach lit. c) darf der Betrag einer Ausschüttung an Aktionäre zudem den Bilanzgewinn nicht überschreiten. Vor dem Hintergrund der deutschen Erfahrungen drängt sich die Frage auf, ob auch verdeckte Vermögenszuwendungen als unzulässige Ausschüttungen i.S.d. Art. 15 KapRL anzusehen sind. Sie hat in Deutschland zu einer lebhaften Diskussion geführt 17, während das Problembewusstsein anderwärts wenig ausgebildet ist 18 – ein Beleg für die dogmatische Graugansprägung jeder nationalen Juristenausbildung.

a) Meinungsstand Im deutschen Schrifttum stehen sich zwei gegenläufige Grundauffassungen gegenüber. Eine beachtliche Literaturmeinung lehnt die Erstreckung der Kapitalrichtlinie auf verdeckte Gewinnausschüttungen ab.19 Ihre Argumente lauten:

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närer Betrachtung Wiedemann/Fleischer, in: Lutter/Scheffler/Schneider (Hrsg.), Handbuch der Konzernfinanzierung (1998), § 29 Rdn. 1ff. Vgl. Organization for Economic Cooperation and Development (OECD), Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations (1995); außerdem BFH, BStBl. II 2004, S. 171; BMF-Schreiben vom 26. 2. 2004 – IV B 4 – S 1300 – 12/04, BStBl. I 2004, S. 270; ferner Kroppen (Hrsg.), Handbuch Internationale Verrechnungspreise (Loseblatt, Stand: 1997/2005); zuletzt Baumhoff, in: Festschrift Wassermeyer (2005), S. 347. Vgl. BGHZ 141, 79 – Steuerumlage in gewerbesteuerlicher Organschaft. Näher sogleich unter II 1 a. Ausführlich aber immerhin Werlauff, EC Company Law (1993), S. 175ff. unter der Überschrift „Disguised allocation“. Vgl. Bezzenberger (Fn. 4), S. 259 ff.; Koll-Möllenhoff, Das Prinzip des festen Grundkapitals im europäischen Gesellschaftsrecht (2005), S. 159f.; Reiner, Unter-

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(1.) Art. 15 Abs. 1 KapRL habe allein offene Gewinnausschüttungen vor Augen, weil er in lit. d) nur Dividenden und Zinsen als Ausschüttungsvarianten erwähne 20; (2.) ausländische Aktienrechte würdigten verdeckte Vermögenszuwendungen nicht unter dem Gesichtspunkt des festen Grundkapitals, sondern nur unter dem der Geschäftsleiterhaftung 21; (3.) eine teleologische Erweiterung des Art. 15 Abs. 1 KapRL über den Kernbereich offener Ausschüttungen hinaus laufe dem Erfordernis der Rechtsklarheit zuwider, das bei Richtlinien wegen ihres nationalen Umsetzungsauftrages besonderer Beachtung bedürfe 22; (4.) ebenso wie bei der Kapitalaufbringung (Stichwort: verdeckte Sacheinlage) sei es auch im spiegelbildlichen Fall der Kapitalerhaltung (Stichwort: verdeckte Gewinnausschüttung) unzulässig, einen typisierenden Umgehungsschutz in den Richtlinientext hineinzulesen.23 Die inzwischen überwiegende Gegenansicht 24 erwidert: (1.) Die Erläuterung des Ausschüttungsbegriffs in Art. 15 Abs. 1 lit. d) KapRL habe lediglich beispielhaften Charakter 25; (2.) das zentrale Anliegen der Richtlinie, im Gläubigerinteresse für eine Erhaltung des gebundenen Kapitals zu sorgen, gebiete zwingend eine Einbeziehung verdeckter Gewinnausschüttungen, die besonders gefährlich seien 26; (3.) der in Art. 42 KapRL verankerte Gleichbehandlungsgrundsatz verlange ebenfalls ein Verbot verdeckter Vermögenszuwendungen an einzelne Aktionäre.27

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nehmerisches Gesellschaftsinteresse und Fremdsteuerung (1995), S. 91f.; Ullrich (Fn. 2), S. 14ff.; wohl auch Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht (2000), Rn. 596, der die deutschen Regeln aber für richtlinienkonform hält, weil Art. 15 Abs. 1 nur einen Mindeststandard vorgebe; ebenso Drinkuth, Die Kapitalrichtlinie – Mindest- oder Höchstnorm? (1998), S. 185 ff. Vgl. Koll-Möllenhoff (Fn. 19), S. 159; Reiner (Fn. 19), S. 92 und S. 121 mit Fn. 202. Vgl. Bezzenberger (Fn. 4), S. 259; Drinkuth (Fn. 19), S. 185; Koll-Möllenhoff (Fn. 19), S. 160. Vgl. Ullrich (Fn. 2), S. 15f. Vgl. Ullrich (Fn. 2), S. 14 f. unter Hinweis auf Generalanwalt Tesauro zu EuGH, Slg. 1992, I-4871, 4912 Tz. 21 – Meilicke. Vgl. Engert, in: Langenbucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privatrechts (2005), § 5 Rdn. 75; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2004), Rdn. 343; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rdn. 166; Mülbert, in: Festschrift Lutter (2000), S. 535, 545ff.; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 705f.; Nienhaus, Kapitalschutz in der Aktiengesellschaft mit atypischer Zwecksetzung (2002), S. 118 ff.; Schön, in: Festschrift Kropff (1997), S. 285, 291ff.; Veil, WM 2003, 2169, 2171; Werlauff (Fn. 18), S. 175 ff. Vgl. Habersack (Fn. 24), Rdn. 166; Nienhaus (Fn. 24), S. 124f.; Schön (Fn. 24), S. 285, 292; Werlauff (Fn. 18), S. 176. Vgl. Engert (Fn. 24), § 5 Rdn. 75; Schön (Fn. 24), S. 285, 293; Veil, WM 2003, 2169, 2171. Vgl. Schön (Fn. 24), S. 285, 293; kritisch aber Mülbert (Fn. 24), S. 535, 546 unter Hinweis darauf, dass der Gleichheitssatz nicht die geschäftliche Zuwendung als

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b) Stellungnahme Die besseren Gründe sprechen für die zweite Auffassung. Zwar ist zuzugeben, dass Art. 15 Abs. 1 lit. d) KapRL nur Fälle offener Gewinnausschüttungen auflistet, doch zeigt das Wort „insbesondere“, dass diese Aufzählung nicht abschließend, sondern beispielhaft gemeint ist. Zudem wird die Wortlautgrenze nicht überschritten, wenn man auch verdeckte Vermögensabflüsse unter den Begriff der Ausschüttung fasst. Dass manche Mitgliedstaaten in ihren heimischen Aktienrechten einer restriktiveren Interpretation zuneigen, steht dem nicht entgegen, da im Rahmen des Art. 15 KapRL eine autonom-europäische Begriffsbildung anzustreben ist.28 Weil das hiesige Aktienrecht bei der Ausarbeitung der Kapitalrichtlinie Pate stand 29, könnte man sogar umgekehrt für einen Vorrang des weiter gehenden deutschen Begriffsverständnisses werben, wiewohl die Herkunft einer Rechtsfigur aus einem Mitgliedstaat nicht maßgebend für die Auslegung der Parallelfigur im Gemeinschaftsrecht ist.30 Als Zwischenergebnis lässt sich daher festhalten, dass Art. 15 Abs. 1 KapRL sehr wohl Auslegungsspielräume für die Erfassung verdeckter Gewinnausschüttungen eröffnet. Zum entscheidenden Auslegungskriterium für die tatbestandliche Reichweite der Kapitalrichtlinie wird damit ihr Sinn und Zweck, wie er in den vorangestellten Erwägungsgründen zum Ausdruck kommt.31 Ausweislich des vierten Erwägungsgrundes hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die einschlägigen Vorschriften erlassen, „um das Kapital als Sicherheit für die Gläubiger zu erhalten“. Angesichts dieses grundkonzeptionellen Zusammenhangs zwischen Gläubigerschutz und Kapitalerhaltung, der schon im zweiten Erwägungsgrund anklingt, kann es schlechterdings nicht auf die Ausschüttungsform, sondern allein auf das missbilligte Ergebnis ankommen. Wer zusätzlich nach einer systematischen Stütze für diesen teleologisch zwingenden Befund sucht, mag auf Art. 19 KapRL verweisen, der mit dem entgeltlichen Erwerb eigener Aktien einen besonders wichtigen Fall der verdeckten Einlagenrückgewähr regelt und ihn ebenfalls kapitalschutzrechtlich umhegt.32

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solche, sondern nur ihre Ungleichmäßigkeit verbiete; ähnlich Bezzenberger (Fn. 4), S. 260 f. Allgemein dazu Grundmann (Fn. 24), Rdn. 103; Langenbucher, in: dies. (Fn. 24), § 1 Rdn. 5. Allgemein dazu Edwards, EC Company Law (1999), S. 51 f.; Grundmann (Fn. 24), Rdn. 314. Allgemein dazu Grundmann/Riesenhuber, JuS 2001, 529, 530; Lutter, JZ 1992, 593, 603. Zu den Erwägungsgründen das geflügelte Wort des ehemaligen EuGH-Richters Koopmanns: „There are only three things important for the Luxembourg Court while interpreting a Directive: the preambule, the preambule, the preambule.“, zitiert nach Schonewille, Intertax 1992, 13. Dazu auch Nienhaus (Fn. 24), S. 125 f.; Schön (Fn. 24), S. 285, 292f.

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2. Rechtsvergleichender Rundblick Die Behandlung verdeckter Vermögenszuwendungen an Aktionäre ist rechtsvergleichend gut erschlossen.33 Das mag es rechtfertigen, hier nur in gedrängter Form über den Rechtsstand in ausgewählten Nachbarrechtsordnungen zu berichten und vor allem neueste Entwicklungslinien hervorzuheben.

a) England Das englische Kapitalgesellschaftsrecht nimmt sich der Vermögensbindung in sec. 263 CA 1985 an, die nach Abs. 1 nur Gewinne zur Ausschüttung freigibt.34 Abs. 3 erläutert, dass damit allein realisierte Gewinne (realized profits) gemeint sind 35, und Abs. 2 ergänzt, dass der Begriff der Ausschüttung (distribution) jedwede Vermögensauskehrung an die Gesellschafter erfasst, sei es in bar oder in sonstiger Weise.36 Gesetzeswidrig erfolgte Ausschüttungen sind nach Maßgabe der sec. 277 (1) CA 1985 zurückzuzahlen.37 Ergänzt werden diese gesetzlichen Vorschriften durch die altehrwürdige common law-Regel in Flitcroft’s Case, wonach keine Dividende zu Lasten des Gesellschaftskapitals gezahlt werden darf.38 Sie besitzt gemäß sec. 281 CA 1985 nach wie vor Gültigkeit und wird von den Gerichten häufig zur Entscheidungsbegründung herangezogen.39 Unter distributions verstand man lange Zeit allein einseitige und unentgeltliche Vermögenszuwendungen an die Anteilseigner.40 Seit Beginn der achtziger Jahre haben die Gerichte aber verschiedentlich auch unausgewogene Austauschgeschäfte als unzulässige Ausschüttungen behandelt, wobei die Begründungen 33 Vgl. Bezzenberger (Fn. 4), S. 261ff.; Koll-Möllenhoff (Fn. 19), S. 162ff.; Nienhaus (Fn. 24), S. 23ff., 59 ff.; Ullrich (Fn. 2), S. 39 ff. 34 Vgl. Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 7th ed. (2003), S. 276. 35 Vgl. Gower/Davies (Fn. 34), S. 277. 36 Vgl. Mayson/French/Ryan, Company Law, 21st ed. (2004), S. 318f. 37 Vgl. Gower/Davies (Fn. 34), S. 286 ff.; Mayson/French/Ryan (Fn. 36), S. 322f. 38 Vgl. Re Exchange Banking Co., Flitcroft’s Case (1882) 21 Ch. D. 519, 533–534. 39 Eingehend Armour, in: Armour/Bennett (eds.), Vulnerable Transactions in Corporate Insolvency (2003), S. 281, 303ff. unter Rdn. 7.55ff.; knapper Gower/Davies (Fn. 34), S. 279. 40 Zusammenfassend Lord Hamilton in Clydebank Football Club Ltd. v. Steedman (2002) SLT 109, 124: “I now turn to the issue of whether there was a ‘distribution’ within the meaning of s 263; having regard to the composite nature of the transaction, the singular is, in my view, apt. ‘Distribution’ is not further defined than by s 263 (2) but it would appear that generally a distribution will be a transfer without consideration given by the recipient. The object of the statutory code is to prohibit the (gratuitous) return to shareholders, other than by specified means, of subscribed capital or assets representing the same.”; aus dem Schrifttum Armour (Fn. 39), S. 281, 296 unter Rdn. 7.38.

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variieren.41 Als Ausgangsentscheidung gilt Re Halt Garage aus dem Jahre 1982, die – wie die deutsche Parallelentscheidung BGHZ 111, 224 – überhöhte Dienstbezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer geschlossenen Kapitalgesellschaft betraf: Die Beklagte hatte nach einer Erkrankung keine Arbeitsleistung mehr für die Gesellschaft erbracht, ihr Direktorengehalt aber weiter bezogen. Oliver J. urteilte, die erfolgten Zahlungen seien „so out of proportion to any possible value to her holding of office that the court is entitled to treat them as not being genuine payments of remuneration“ 42. In der Nachfolgeentscheidung Aveling Barford Ltd. v. Perion Ltd. ging es um einen Grundstücksverkauf zwischen der Gesellschaft und ihrem Mehrheitsgesellschafter, der für das Grundstück nur 25–50 % des Verkehrswertes bezahlt hatte. Hoffmann J. würdigte das Geschäft nicht als echten Kaufvertrag, sondern als „dressed-up distribution“, die gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstieß.43 Ein drittes Urteil aus dem Jahre 2000, MacPherson v. European Strategic Bureau Ltd., nahm einen ähnlichen Rechtsstandpunkt ein: Diesmal ging es um nachträgliche Vergütungen für erbrachte Dienstleistungen der Direktoren, die ursprünglich unentgeltlich erfolgen sollten. Der Court of Appeal sah in den geflossenen Geldern eine unlawful distribution i.S.d. sec. 263 CA 1985.44 Im Zuge der anstehenden Gesellschaftsrechtsreform in England sollen die Kapitalerhaltungsvorschriften allerdings erheblich gelockert werden 45: Die im November 2005 in das parlamentarische Verfahren eingebrachte Company Law Reform Bill will in der neu gefassten sec. 135 Kapitalausschüttungen in einer private company allein auf der Grundlage einer Solvenzbestätigung der Geschäftsleiter zulassen.46 Eine weitere, für public und private companies gleichermaßen 41 Vgl. Doran, Transactions at an Undervalue and the Maintenance of Capital Principle, 12 Company Lawyer 169 (1991); ferner Armour (Fn. 39), S. 281, 296 unter Rdn. 7.38: “More difficult is the position where the company enters into a transaction with a shareholder that is not ex facie gratuitous – for example, a sale or a contract for services. Provided that the transaction is not a sham, then in most cases it will not be characterised as a ‘distribution’ because it is not with the member in his capacity as such. A solvent company is permitted to exercise its powers in any way the shareholders think fit, and this may include business transactions with persons who are amongst their number, even if the transaction is at an undervalue. Yet in cases of extreme undervalue, courts may recharacterise transactions between companies and their shareholders as unlawful distributions.” 42 Re Halt Garage (1964) Ltd. [1982] 3 All ER 1016, 1042. 43 Vgl. Aveling Barford Ltd. v. Perion Ltd. (1989) 5 BCC 677, 683. 44 Vgl. MacPherson v. European Strategic Bureau [2000] BCLC 683, 701–704. 45 Vorbereitend DTI, Modern Company Law for a Competitive Economy, Company Formation and Capital Maintenance (October 1999), Chapter 3; Capital Maintenance: Other Issues (June 2000), Rdn. 24 ff., 44 ff., 72ff. 46 Vgl. sec. 135 (Special resolution for reduction of share capital): “A private company limited by shares may reduce its share capital by special resolution if the resolution is supported by a solvency statement in accordance with section 135A.”; ergänzend

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geltende Neuerung sieht in sec. 275 A vor, dass ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften der sec. 263, 264 CA 1985 verstößt, wenn er zu Buchwerten erfolgt.47 Von Bedeutung ist dies vor allem bei konzerninternen Austauschbeziehungen (intra-group transactions), deren Beurteilung im Gefolge der Aveling Barford-Entscheidung für große Unruhe gesorgt hatte.48 Die allgemeinen Regeln über die Sorgfalts- und Treuepflichten der Direktoren sowie die wrongful trading-Vorschriften bleiben allerdings unberührt.49 b) Frankreich Im französischen Aktienrecht gilt der Grundsatz der Unverletzlichkeit des Kapitals (intangibilité du capital social) 50, der heute seinen Niederschlag in Art. L. 232-11 Abs. 3 C. com. gefunden hat. Danach darf außerhalb einer Kapitalherabsetzung keine Gewinnausschüttung an Aktionäre erfolgen, sofern dadurch das Nettoaktivvermögen unter den Betrag des Kapitals und der gesperrten Rücklagen herabsinken würde.51 Gesetzeswidrig erfolgte Ausschüttungen sind als sog. dividendes fictifs unwirksam und der Gesellschaft nach Maßgabe des Art. L. 232-17 C. com. zurückzuerstatten.52 Darüber hinaus stellt Art. L. 242-6 Nr. 1 C. com. die Ausschüttung fiktiver Dividenden durch Geschäftsleiter unter Strafe.53 Ungeachtet aller Gemeinsamkeiten in den Grundstellungen weicht das französische Recht allerdings in einem entscheidenden Einzelpunkt von deutschen Denkmustern ab: Rechtsprechung und Rechtslehre verstehen unter dem Schlüsselbegriff der distribution nur die offene Gewinnausschüttung an Ak-

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sec. 135A (Requirement for solvency statement), sec. 135 B (solvency statement), sec. 135C (registration of resolution and supporting documents). Vgl. sec. 275A (Distribution in kind arising on disposition of non-cash asset at an undervalue: determination of amount). Dazu Armour (Fn. 39), S. 281, 302 Rdn. 753 f.; Gower/Davies (Fn. 34), S. 280: „This decision caused considerable alarm in commercial circles about the legality of inter-group transfers of assets, which are, of course, a common occurrence as a result of the carrying on of business through groups of companies.“; ferner die Problembeschreibung bei DTI (Fn. 45), Capital Maintenance: Other Issues, Rdn. 32: “The result of Aveling Barford and the debate it has engendered have cast doubt on the validity of intra-group asset transfers conducted by reference to book value rather than by reference to market value. It is understood that such transactions are often carried out by reference to book value rather than to market value for a variety of business, administrative or tax reasons.” Vgl. Gower/Davies (Fn. 34), S. 280. Vgl. Cozian/Viandier/Deboissy, Droit des sociétés, 17° éd. (2004), n° 230. Vgl. Merle, Droit commercial: Sociétés commerciales, 9° éd. (2003), n° 546 und 550. Vgl. Merle (Fn. 51), n° 297; Ripert/Roblot/Germain, Droit Commercial, Tome 1 – Volume 2: Les sociétés commerciales, 18° éd. (2002), n° 1913. Vgl. Merle (Fn. 51), n° 297; Ripert/Robot/Germain (Fn. 52), n° 1911.

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tionäre, die durch Geldzahlung (dividende en numéraire) oder Leistung sonstiger Güter (dividende en nature) erfolgen kann.54 Vermögensverlagerungen unter dem Deckmantel unausgewogener Austauschgeschäfte werden nicht als Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften angesehen; die Figur der verdeckten Gewinnausschüttung hat im französischen Aktienrecht nie Fuß gefasst.55 Lediglich das Steuerrecht kennt im Code général des impôts den Begriff der distribution camouflée des dividendes und kann beispielsweise bei verdeckten Gewinnausschüttungen in Gestalt überhöhter Geschäftsführergehälter auf eine reichhaltige Spruchpraxis verweisen.56 An diesem aktienrechtlichen Negativbefund hat sich auch durch die Kapitalrichtlinie nichts geändert. Unmittelbar nach ihrem Inkrafttreten im Jahre 1976 hat sich ein Archivzeitschriftenbeitrag mit den Grundbegrifflichkeiten der Richtlinie auseinandergesetzt und die in Art. 15 KapRL verwendete Terminologie als Festschreibung französischer Traditionslinien interpretiert: „Ces dispositions, qui interdisent toute distribution de dividendes fictifs, présentent beaucoup de similitudes avec celles que connait notre droit des sociétés. Notamment, la notion de bénéfice distribuable est fondamentalement la même que celle qui est définie par l’article L. 346.“ 57 Die rechtsvergleichende Grunderfahrung lehrt indes, ein bestimmtes Sachproblem nicht nur durch die Brille der eigenen Rechtsordnung zu betrachten und eine entsprechende Regelung nicht allein an jenem systematischen Ort zu suchen, an dem man sie nach den Erfahrungen mit dem heimischen Recht erwartet. Wer diesen Ratschlag beherzigt, wird auch in Frankreich fündig: Dort versucht man, verdeckte Vermögensverlagerungen vor allem durch innergesellschaftliche Offenlegungs- und Verfahrensregeln zu verhindern. Sie gehen schon auf das Jahr 1867 zurück und bezogen sich lange Zeit allein auf Geschäfte zwischen der Gesellschaft und ihren Organmitgliedern.58 Seit einer Gesetzesreform von 2001 und einer weiteren Novelle von 2003 erstrecken sich die Offenlegungs- und Kontrollvorschriften aber auch auf Geschäfte mit Aktionären, die mehr als 10 % der Stimmanteile an der Gesellschaft besitzen.59 Gemäß Art. L. 225-38 C. com. muss 54 Vgl. Cozian/Viandier/Deboissy (Fn. 50), n° 670; Le Cannu, Droit des sociétés (2002), n° 1046. 55 Rechtsvergleichend Bezzenberger (Fn. 4), S. 269; Koll-Möllenhoff (Fn. 19), S. 163; Nienhaus (Fn. 24), S. 23; Reiner (Fn. 19), S. 91; Ullrich (Fn. 2), S. 27. 56 Rechtsprechungsüberblick bei Serlooten, JCP, éd. E, 2001, n° 3, p. 9; rechtsvergleichend Fleischer, DStR 2005, 1279, 1283. 57 Denecker, Rev. soc. 1977, 661, 669, n° 17. 58 Vgl. aus der Lehrbuchliteratur Cozian/Viandier/Deboissy (Fn. 50), n° 557ff., 562ff.; monographisch Balensi, Les conventions entre les sociétés commerciales et leurs dirigeants (1975); rechtsvergleichend Huffmann, Kontrolle schuldrechtlicher Austauschgeschäfte zwischen Gesellschaften und ihren Mitgliedern (1996), S. 5ff.; knapper Fleischer, WM 2003, 1045, 1053f. 59 Vgl. Cozian/Viandier/Deboissy (Fn. 50), n° 563; Merle (Fn. 51), n° 399; Viandier, Sociétés et Loi NRE (2001), n° 320 ff.

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der Verwaltungsrat derartigen Geschäften vorab zustimmen, sofern es sich nicht um laufende Geschäfte zu üblichen Bedingungen i. S. d. Art. L. 225-39 C. com. handelt. Sodann erstattet der Abschlussprüfer einen Bericht, auf dessen Grundlage die Hauptversammlung das Geschäft gemäß Art. L. 225-40 C. com. billigt. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes hängen davon ab, auf welcher Stufe er erfolgt ist, und können hier nicht im Einzelnen erörtert werden.60 Zu diesem speziellen Kontrollverfahren treten in Frankreich seit jeher abschreckende Straf- und Haftungsvorschriften für Verwaltungsmitglieder. Das am meisten gefürchtete „Folterinstrument“ ist der Straftatbestand des abus de biens sociaux 61, der nach den großen Finanzskandalen der Dritten Republik im Jahre 1935 eingeführt worden war, um das Vermögen der Publikumsgesellschaften vor dem rechtswidrigen Zugriff ihrer Geschäftsleiter zu schützen. Er ist heute in Art. L. 242-6 C. com. geregelt und weiträumig genug angelegt, um Vermögensverschiebungen jedweder Form zu erfassen, verlangt aber einen Missbrauch des Gesellschaftsvermögens zu persönlichen Zwecken.62 Auch wenn man dieses Merkmal großzügig auszulegen pflegt 63, stellen verdeckte Gewinnausschüttungen an Aktionäre daher nicht den Hauptanwendungsfall des abus de biens sociaux dar. Allerdings trifft die strafrechtliche Verantwortlichkeit mitunter auch Mehrheitsgesellschafter, die sich zum faktischen Geschäftsleiter (dirigeant de fait) aufschwingen. Unabhängig von einer persönlichen Bereicherung erfüllen verdeckte Gewinnausschüttungen in aller Regel den Tatbestand der allgemeinen Geschäftsleiterhaftung nach Art. L. 225–251 C. com. Im Insolvenzfall kommt schließlich die berühmte action en comblement du passif zum Tragen 64, die jüngst in Art. L. 651-1 C. com. eine neue Heimstatt gefunden hat und durch die Loi de sauvegarde des entreprises vom 26. Juli 2005 65 um eine neue Klageart, die sog. obligation aux dettes sociales, ergänzt worden ist: Verdeckte Vermögenszuwendungen führen fast immer zu einer Verringerung der Haftungsmasse und verpflichten den verantwortlichen Geschäftsleiter bei einer Verurteilung zur „Auffüllung der Masse“.66

60 Näher Le Cannu (Fn. 54), n° 711–712. 61 Vgl. Merle (Fn. 51), n° 416: “L’abus de biens sociaux est aujourd’hui l’infraction la plus fréquemment poursuivie en droit des sociétés.” 62 Vgl. Cozian/Viandier/Deboissy (Fn. 50), n° 590; Ripert/Roblot/Germain (Fn. 52), n° 1757. 63 Vgl. Le Cannu (Fn. 54), n° 741: „La notion de ‘fins personnelles’ est elle aussi appréciée largement.“ 64 Vgl. Cozian/Viandier/Deboissy (Fn. 50), n° 274–275; Merle (Fn. 51), n° 413. 65 Für einen ausführlichen Überblick Corre, D. 2005, Supplement au n° 33: „Premiers regards sur la loi de sauvegarde des entreprises“; rechtsvergleichend Bauerreiss, ZGR 2006, Heft 3/4; Dammann, RIW 2006, Heft 1. 66 Für ein Beispiel Cass. com., Rev. soc. 1976, 499 m. Anm. Sortais: Erwerb eines Handelsgeschäfts durch die Gesellschaft zu einem überhöhten Preis.

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c) Österreich Das österreichische Aktienrecht folgt bei der Behandlung verdeckter Gewinnausschüttungen weithin den Spuren des deutschen Rechts: Nach § 52 S. 1 öAktG dürfen den Aktionären die Einlagen nicht zurückgewährt werden; die Aktionäre haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den Bilanzgewinn.67 Einer stehenden Formel des OGH zufolge fallen nicht nur offene Barzahlungen an die Gesellschafter unter das Verbot der Einlagenrückgewähr, sondern auch „im Gewand anderer Rechtsgeschäfte erfolgte verdeckte Leistungen“ 68. Zusammenfassend heißt es in einem höchstrichterlichen Richterspruch aus dem Jahre 2004: „Unzulässig ist jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, die den Gesellschafter auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt.“ 69 Eine jüngst erschienene Wiener Habilitationsschrift zu „Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung“ aus der Feder von Johannes ReichRohrwig verfolgt die damit zusammenhängenden Einzelfragen bis in alle gesellschafts- und steuerrechtlichen Verästelungen.70 Eine eigene Färbung gewinnt das österreichische Aktienrecht allerdings bei der grundsätzlichen Frage nach der dogmatischen Ableitung der in Rede stehenden Rechtsfigur. Ernst Geßler hatte dazu in einem Festschriftenbeitrag für das deutsche Recht ausgeführt, dass bei der Schaffung der Vorgängervorschriften zu § 57 AktG 71 „sicher niemand“ an das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung gedacht habe.72 Die österreichische Doktrin verweist demgegenüber auf einen versteckten gesetzlichen Anhaltspunkt: Nach § 55 öAktG, dem getreulichen Gegenstück zum deutschen § 61 AktG, darf für wiederkehrende Leistungen, zu denen Aktionäre nach der Satzung neben den Einlagen auf das Grundkapital verpflichtet sind, eine den Wert der Leistung nicht übersteigende Vergütung ohne Rücksicht darauf gezahlt werden, ob die Jahresbilanz einen Bilanzgewinn ergibt. In dieser Vorschrift erblickt die österreichische Lehre seit einem grundlegenden Beitrag von Arnold aus dem Jahre 1985 keine Sonder-

67 Dokumentation der Entwicklungsgeschichte dieser Vorschrift bei Kalss/Burger/ Eckert, Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2003), S. 584f. 68 OGH SZ 69/149 = JBl 1997, 108 m. Anm. Hügel; SZ 73/14; OGH GesRZ 2000, 89, 91 (GmbH); GesRZ 2004, 57, 58 (GmbH). 69 OGH GesRZ 2004, 57, 58 (GmbH). 70 Vgl. Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei AG, GmbH sowie GmbH & Co. KG (2004), S. 118 ff. 71 Für einen Überblick über die Entwicklungsgeschichte Riedel (Fn. 3), S. 64ff. 72 Vgl. Geßler, in: Festschrift Fischer (1979), S. 131, 134; s. aber schon den Hinweis bei Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften (1949), S. 132.

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bestimmung für Vergütungen von Nebenleistungen, sondern die deklaratorische Fixierung eines allgemein geltenden Grundsatzes.73

d) Schweiz Ein letzter Seitenblick gilt dem schweizerischen Aktienrecht, das zwar von der Kapitalrichtlinie nicht erfasst wird, aber mit einer ausdrücklichen Regelung der verdeckten Gewinnausschüttung aufwarten kann: Nach Art. 678 Abs. 1 OR sind Aktionäre und Mitglieder des Verwaltungsrates sowie diesen nahestehende Personen, die ungerechtfertigt und in bösem Glauben Dividenden, Tantiemen, andere Gewinnanteile oder Bauzinse bezogen haben, zur Rückerstattung verpflichtet. Art. 678 Abs. 2 OR erstreckt die Rückerstattungspflicht sodann auf andere Leistungen der Gesellschaft, soweit diese in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Gegenleistung und zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft stehen.74 Bemerkenswert an dieser Regelung ist im Vergleich zum deutschen Recht viererlei: Erstens versteht sie das Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen als ein einheitliches Rechtsinstitut, das sowohl für Anteilseigner als auch für Verwaltungsratsmitglieder gilt.75 § 57 Abs. 1 AktG richtet sich demgegenüber nur an 73 Vgl. Arnold, GesRZ 1985, 86, 90; Krejci, wbl 1993, 269, 271; zuletzt ReichRohrwig (Fn. 70), S. 119: „Der Wortlaut erfaßt zwar nur einen Teilbereich aller zwischen der KapGes und ihren Aktionären/Gesellschaftern denkbaren Austauschbeziehungen, nämlich nur statutarisch festgesetzte wiederkehrende Leistungen, nicht hingegen einmalige Leistungen, und außerdem nur solche auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage. Allerdings wäre diese Vorschrift unverständlich und höchst inkonsequent, wenn die KapGes für andere Austauschbeziehungen überhöhte Vergütungen an ihre Aktionäre/Gesellschafter leisten dürfte. Man wird daher die erwähnten Vorschriften als verallgemeinerungsfähigen Ausdruck des Gesetzgebers ansehen müssen, den Gläubigern der KapGes das Gesellschaftsvermögen als Haftungsfonds zu erhalten.“ 74 Eingehend dazu Böckli, Schweizer Aktienrecht, 3. Aufl. (2004), § 12 Rdn. 553ff.; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht (1996), § 40 Rdn. 87 ff. und § 50 Rdn. 119ff.; Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 9. Aufl. (2004), § 16 Rdn. 59; in monographischer Breite T. Müller, Der Schutz der Aktiengesellschaft vor unzulässigen Kapitalentnahmen (1997), S. 87 ff. und passim; ferner Locher, in: Festschrift Bär (1998), S. 249, 250ff. auch zu steuerrechtlichen Fragen; zur Bilanzierung verdeckter Gewinnausschüttungen nach Art. 678 Abs. 2 OR Berger, AJP 2000, 1112. 75 Näher Spörri, Die aktienrechtliche Rückerstattungspflicht (1996), S. 24ff. Zwar sind die Mitglieder des Verwaltungsrates nach Art. 707 OR regelmäßig auch Aktionäre, doch soll ihre Erwähnung neben den Aktionären in Art. 678 Abs. 1 OR deutlich machen, dass die Rückerstattungspflicht auch Leistungen erfasst, die in der Eigenschaft als Verwaltungsratsmitglied und nicht als Aktionär erlangt wurden; dazu Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel (Fn. 74), § 50 Rdn. 115. Unabhängig davon sind

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Aktionäre; Organmitglieder haften nach Maßgabe der §§ 93, 116 AktG. Zweitens enthält die Regelung einen eingebauten Umgehungsschutz 76, indem sie die Rückerstattungspflicht auf die den Aktionären und Verwaltungsratsmitgliedern nahestehenden Personen erstreckt.77 Im Rahmen des § 57 AktG muss man hingegen auf eine Analogie zu § 89 Abs. 3 AktG und allgemeine Umgehungsgesichtspunkte zurückgreifen.78 Drittens berücksichtigt Art. 678 Abs. 2 OR die Bewertungsschwierigkeiten von Leistung und Gegenleistung bei Austauschgeschäften, indem er eine Rückerstattung nur bei einem „offensichtlichen“ Missverhältnis anordnet.79 Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll diese Einschränkung eine „kleinliche Nachrechnerei“ vermeiden.80 Demgegenüber dürfte der Maßstab des § 57 AktG um einige Pegelstriche strenger ausfallen, auch wenn er ebenfalls gewisse Bandbreiten in der Bewertung billigt.81 Viertens verlangt Art. 678 Abs. 2 OR ein Missverhältnis nicht nur zur Gegenleistung, sondern auch zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft. Obwohl sich aus den Materialien ergibt, dass der Gesetzgeber beide Voraussetzungen bewusst kumulativ einfordern wollte 82, stellt die ganz herrschende Lehre heute ausschließlich auf die Gegenleistung ab und verwirft eine Beurteilung nach dem zusätzlichen Kriterium der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft als sinnwidrig.83 Der Expertenbericht der Arbeitsgruppe

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die Tage der sog. Qualifikationsaktie für Verwaltungsratsmitglieder gezählt; der Bundesrat hat mit der Botschaft zur Revision des GmbH-Rechts die Abschaffung des obligatorischen Aktienbesitzes für Verwaltungsratsmitglieder beantragt; näher Böckli (Fn. 74), § 1 Rdn. 303. Dazu Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel (Fn. 74), § 50 Rdn. 115. Näher zur Kasuistik der „nahestehenden Person“ Forstmoser/Meier-Hayoz/ Nobel (Fn. 74), 115; Spörri (Fn. 75), S. 33ff. Vgl. Hüffer (Fn. 1), § 57 AktG Rdn. 14 f. Zu den Kriterien des „offensichtlichen Mißverhältnisses“ Spörri (Fn. 75), S. 171ff. Vgl. Botschaft 1983, 153, Ziff. 326: „Dieser doppelte und recht strenge Maßstab soll eine kleinliche Nachrechnerei verhindern und den Entscheid von Einzelfällen im weiten Grenzfeld erleichtern.“; dazu auch Locher (Fn. 74), S. 249, 254, der sich für eine „großzügige Toleranzmarge“ ausspricht, aber zugleich dem Vorschlag eine Absage erteilt, dass erst ab einer Differenz von 25 % zwischen Leistung und Gegenleistung ein Mißverhältnis offensichtlich sei; in diesem Sinne aber Neuhaus, Verdeckte Gewinnausschüttungen aus steuerlicher Sicht, in: Schriftenreihe der Treuhand-Kammer (1997), S. 13, 24; wieder anders Huguenin Jacobs, Das Gleichbehandlungsprinzip im Aktienrecht (1994), S. 276f., wonach die zivilrechtlichen Grundsätze zur Übervorteilung nach Art. 21 OR analog heranzuziehen seien. Vgl. BGHZ 111, 224, 227 (GmbH). Vgl. Botschaft 1983, 153, Ziff. 326. Vgl. etwa Böckli (Fn. 74), § 12 Rdn. 556: „Es ist nicht einzusehen, weshalb in einer Gesellschaft mit sehr gutem Verhältnis von Eigenkapital zu Schulden und rosiger Ertragslage die offensichtliche Begünstigung eines einzelnen Aktionärs oder einer kleinen Gruppe von Verwaltungsräten zu Lasten des Gesellschaftsvermögens rechtlich unbedenklich sein soll. So ausgelegt, wäre die Klausel der „wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft“ auch unvereinbar mit der im Gesetz verankerten Gleichbehand-

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„Corporate Governance“ zur Teilrevision des Aktienrechts hat dies neuerdings aufgegriffen 84 und eine Gesetzeskorrektur vorgeschlagen.85 Sieht man von dem letztgenannten Punkt ab, so erweist sich Art. 678 OR als ein gleichermaßen geräumiges und griffiges Regelungsvorbild für eine aktienrechtliche Kodifikation der verdeckten Gewinnausschüttung.

3. Rechtspolitische Empfehlungen Rechtspolitische Empfehlungen zielen gewöhnlich auf eine Veränderung der geltenden Vorschriften ab. Da verdeckte Gewinnausschüttungen nach der hier vertretenen Auffassung bereits vom Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie erfasst werden, erübrigen sich entsprechende Vorschläge. Erwägenswert ist allenfalls, den Gemeinschaftsgesetzgeber bei der anstehenden Reform der Kapitalrichtlinie zu einer ausdrücklichen Klarstellung in Art. 15 Abs. 1 lit. d) zu veranlassen. Sie ginge über die hierzulande in Mode gekommene „Merkzettelgesetzgebung“ hinaus, weil sie manche Mitgliedstaaten erstmals für die dort unter Kapitalschutzgesichtspunkten unbekannte oder unterbelichtete Problemstellung sensibilisieren würde. Gleichwohl erscheint mir gegenüber einem solchen Vorstoß aus verschiedenen Gründen Zurückhaltung angezeigt: Erstens muss man gewärtigen, dass punktuelle Ergänzungen der Richtlinie einen Rattenschwanz an Folgewünschen nach sich ziehen: Warum soll beispielsweise nur hinsichtlich der verdeckten Gewinnausschüttung, nicht aber hinsichtlich der verdeckten Sacheinlage 86 Rechtsklarheit geschaffen werden? Zweitens lädt die legislatorische Verstärkung des Umgehungsschutzes an einer Stelle andernorts zu unerwünschten Umkehrschlüssen ein: Wenn der Richtliniengeber verdeckte Gewinnausschüttungen mit einem ausformulierten Sondertatbestand bekämpft, desavouiert er dann nicht das sehr viel leistungsfähigere Konzept eines ungeschriebenen Umgehungsschutzes

lungsmaxime, der Pflicht des Verwaltungsrates, unter gleichen Voraussetzungen alle Aktionäre gleich zu behandeln.“; im Ergebnis ebenso Forstmoser/Meier-Hayoz/ Nobel (Fn. 74), § 50 Rdn. 121; Locher (Fn. 74), S. 249, 254f.; einschränkend auch Spörri (Fn. 75), S. 203 ff. 84 Vgl. Böckli/Huguenin/Dessemontet, Expertenbericht der Arbeitsgruppe „Corporate Governance“ zur Teilrevision des Aktienrechts (2004), S. 138f. 85 Vgl. Art. 678 Abs. 2 (neue Fassung): „Mitglieder des Verwaltungsrates oder der Geschäftsleitung sowie diesen nahe stehende Personen haben der Gesellschaft überdies alle Leistungen zurückzuerstatten, welche unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft in einem erheblichen Mißverhältnis zur Gegenleistung stehen.“ 86 Zum gemeinschaftsrechtlich weiterhin ungeklärten Schicksal der verdeckten Sacheinlage Generalanwalt Tesauro in EuGH, Slg. 1992, I/4897, 4912ff. – Meilicke.

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für sämtliche Vorschriften der Kapitalrichtlinie? 87 Drittens lassen sich bei einer Kodifizierung der verdeckten Gewinnausschüttung konzernrechtliche Grundsatzfragen kaum ausklammern: Sind unausgewogene Einzelgeschäfte in Unternehmensgruppen strikt untersagt oder dürfen sie im Rahmen einer kohärenten Gruppenpolitik durchgeführt werden, wenn ihre Nachteile in überschaubarer Zeit durch gruppenspezifische Vorteile ausgeglichen werden? 88

III. Verdeckte Vermögenszuwendungen in der abhängigen Aktiengesellschaft Wie verschiedentlich erwähnt, sind verdeckte Vermögenszuwendungen in der Rechtspraxis vor allem ein Problem verbundener Unternehmen. Die gemeinschaftsrechtliche Gretchenfrage lautet daher: Wie hältst du’s mit verdeckten Gewinnausschüttungen im Konzern?

1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben a) Meinungsstand Die konzernrechtliche Dimension der Kapitalrichtlinie ist bislang nur vereinzelt und nahezu ausschließlich von deutscher Seite angesprochen worden. Dabei zeichnen sich zwei diametral entgegengesetzte Grundpositionen ab. Eine in jüngerer Zeit entwickelte Literaturmeinung lehnt Bereichsausnahmen für verbundene Unternehmen rundheraus ab und stellt die aktienkonzernrechtlichen Regelungen des deutschen Rechts auf den Prüfstand der Kapitalrichtlinie.89 Sie gelangt dabei zu grundstürzenden Schlussfolgerungen: So sollen etwa die §§ 311ff. AktG in ihrer gängigen Auslegung gemeinschaftsrechtswidrig sein 90, und manche Stimmen verneinen zudem die Vereinbarkeit von § 291 Abs. 3 AktG mit Art. 15 KapRL.91 Es liegt auf der Linie dieses Begründungsansatzes, gesetzliche oder richterrechtliche Konzernprivilegien auch in anderen Mitgliedstaaten in Zweifel zu ziehen. So wäre etwa das berühmte Rozenblum-Konzept der fran87 Vgl. zum Gedanken, dass einer jeden Vorschrift der Kapitalrichtlinie schon aus Gründen des effet utile ein Umgehungsschutz immanent sei, Habersack (Fn. 24), Rdn. 163; allgemein zur Umgehungslehre im Gemeinschaftsrecht Fleischer, JZ 2003, 865, 870. 88 Für die zweite Lösung Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 704ff. im Anschluss an das französische Rozenblum-Konzept. 89 Vgl. Schön (Fn. 24), S. 285, 289 ff.; Werlauff (Fn. 18), S. 178. 90 Vgl. Schön (Fn. 24), S. 285, 294 f., 300. 91 Vgl. Meilicke, DB 2001, 2385f.; abw. Schön (Fn. 24), S. 285, 298f. unter Berufung auf den Charakter des Unternehmensvertrages als Organisationsvertrag.

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zösischen Rechtsprechung 92, das unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen zum vermögensmäßigen Nachteil einzelner Tochtergesellschaften zulässt, mit einem strikt verstandenen Ausschüttungsverbot des Art. 15 KapRL unvereinbar.93 Die herrschende Gegenansicht wappnet sich gegen diesen Generalangriff auf nationale Konzernrechtsbastionen mit verschiedenen Mitteln. Eine weit vorgeschobene Vorfeldverteidigung geht dahin, der Kapitalrichtlinie jeden konzernrechtlichen Regelungsgehalt abzusprechen: Art. 15 Abs. 1 KapRL, so heißt es, betreffe nur die konzernfreie Einzelgesellschaft und sei auf konzernrechtliche Tatbestände nicht zugeschnitten.94 Der innere Verteidigungsring schirmt die Besonderheiten des deutschen Konzernrechts ab: Die §§ 311ff. AktG kollidierten nicht mit dem gemeinschaftsrechtlich geforderten Kapitalschutz, weil an die Stelle des allgemeinen Rückgewähranspruchs aus § 62 AktG (gemeinschaftsrechtlich: Art. 16 KapRL) die Verpflichtung zum Nachteilsausgleich trete.95

b) Stellungnahme Eine eigene Stellungnahme darf sich – abseits aller Einzelfragen – auf die grundsätzliche Vereinbarkeit eines nationalen Konzernprivilegs mit der Kapitalrichtlinie konzentrieren. Zur Rechtfertigung mitgliedstaatlicher Regelungsspielräume kommen zwei Ansatzpunkte in Betracht: Man kann sich entweder um den Nachweis bemühen, dass die Kapitalrichtlinie konzernrechtliche Fragen von vornherein ausgespart hat, oder aber ihre spätere Öffnung für nationale Konzernregeln reklamieren, nachdem alle Harmonisierungsanstrengungen der Gemeinschaft auf diesem Gebiet gescheitert sind. Der zweite Weg ist sachlich und methodisch schwieriger. Auch wenn es zum europarechtlichen Gemeingut gehört, dass die Verabschiedung einer 9. Richtlinie ad calendas Graecas vertagt ist 96 – Embid Irujo spricht anschaulich von „legis-

92 Vgl. Cass. crim., 4. 2. 1985, J.C.P., éd. E, 1985, II, 14614 m. Anm. Jeandidier; aus der Lehrbuchliteratur Cozian/Viandier/Deboissy (Fn. 50), n° 1339. 93 Vgl. Mülbert (Fn. 24), S. 535, 554f.; Schön, RabelsZ 64 (2000), 1, 23f. 94 Vgl. mit Unterschieden im einzelnen Engert (Fn. 24), § 5 Rdn. 79; Schwarz (Fn. 19), Rdn. 596 mit Fn. 653; Veil, WM 2003, 2169, 2171; tendenziell auch Grundmann (Fn. 24), Rdn. 343 und Habersack, ZGR 2003, 724, 733, die es beide als „fraglich“ bezeichnen, ob die Kapitalrichtlinie die konzernierte AG überhaupt erfasst. 95 Vgl. Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl. 2005, § 311 AktG Rdn. 82; KölnKommAktG/Koppensteiner, 3. Aufl. 2004, vor § 311 Rdn. 7; Nienhaus (Fn. 24), S. 28ff.; Veil, WM 2003, 2169, 2171; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht (2003), S. 132 f. 96 Vgl. Grundmann (Fn. 24), Rdn. 978 f.; Habersack (Fn. 24), Rdn. 59.

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Holger Fleischer

lativen Dauerferien“ 97 –, so fehlt es doch an einer ausdrücklichen Verlautbarung, die den Einzugsbereich der Kapitalrichtlinie nachträglich zurückschneidet und einmal eingenommenes Gemeinschaftsterritorium für die Mitgliedstaaten wieder freigibt. Einen solchen Vorbehalt zugunsten nationaler Sonderregeln, wie ihn Art. 2 Abs. 2 der Einpersonen-Gesellschaft-Richtlinie 98 ausdrücklich vorsieht, stillschweigend in den Richtlinientext hineinzulesen, lässt sich mit den anerkannten Grundsätzen zum – partiellen – Außerkrafttreten von Rechtsnormen nur schwerlich vereinbaren. Auch die SE-Verordnung hilft hier nicht weiter: Nach ihrem 15. Erwägungsgrund fällt zwar das Konzernrecht nicht in den Regelungsbereich der Verordnung 99, doch gelten für das Kapital der SE und seine Erhaltung gemäß Art. 5 die hergebrachten Regeln zur Finanzverfassung der nationalen Aktiengesellschaft 100, die auf der Kapitalrichtlinie aufbauen. Tragfähiger erscheint der erste Begründungsansatz, dass die Kapitalrichtlinie von Anfang an eine ungeschriebene Bereichsausnahme zugunsten des nationalen Konzernrechts vorsah. Immerhin wurde die am 13. 12. 1976 verabschiedete Kapitalrichtlinie parallel zu dem Vorhaben einer Konzernrechtsrichtlinie vorbereitet 101: Den Vorentwürfen einer solchen Richtlinie lag das Modell einer organischen Konzernverfassung zugrunde, das konzerninterne Vermögensverlagerungen aufgrund einheitlicher Leitung in Kauf nahm.102 Das muss bei einer historischen und genetischen Auslegung der Kapitalrichtlinie Berücksichtigung finden und ist vom Europäischen Gerichtshof bei der Abgleichung zweier Richtlinien(entwürfe) in anderem Zusammenhang auch schon einmal akzeptiert worden.103 Folgt man dem, so bestehen nach wie vor mitgliedstaatliche Regelungsspielräume für nationale Konzernprivilegien.

2. Rechtspolitische Empfehlungen Es ist eine rechtspolitische Klugheitsregel, eine schwierige Hauptsache nicht ohne Not mit Zusatzfragen zu befrachten (es sei denn, man will die Angelegenheit zu Fall bringen). Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, über das unge97 Vgl. Irujo, in: Esteban/Velasco (Hrsg.), El gobierno de las sociedades cotizadas (1999), S. 595. 98 Vgl. Richtlinie 89/667/EWG vom 21. 12. 1989, ABl. Nr. L 395/40 vom 30. 12. 1989. 99 Näher Habersack, ZGR 2003, 724, 731ff.; Veil, WM 2003, 2169, 2171. 100 Dazu Fleischer, in: Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft (2005), S. 169 ff. 101 Darauf verweisend auch Grundmann (Fn. 24), Rdn. 343; Habersack, ZGR 2003, 724, 733; Schwarz (Fn. 19), Rdn. 596 mit Fn. 653. 102 Abdruck des zweiteiligen Vorentwurfs bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 2. Aufl. (1984), S. 187 ff. 103 Vgl. EuGH, Slg. 1997, I-7211 Tz. 24 – Rabobank, wo der Vorschlag einer Fünften Richtlinie zur Auslegung der Ersten Richtlinie herangezogen wurde.

Verdeckte Gewinnausschüttung und Kapitalschutz

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klärte Konkurrenzverhältnis von Kapitalschutz und Konzernrecht auf Gemeinschaftsebene vorläufig Stillschweigen zu bewahren, zumal alle anderen Mitgliedstaaten insoweit noch kein Problembewusstsein entwickelt haben. Auf Dauer lässt sich ein einmal aufgedecktes Problem freilich nicht dadurch lösen, dass man es wieder zudeckt.

Die Rechtspflichten der Geschäftsleiter in der Krise der Gesellschaft sowie damit verbundene Rechtsfolgen im Rechtsvergleich

von Professorin Susanne Kalss, Forschungsassistent Nikolaus Adensamer und Forschungsassistentin Janine Oelkers, Wien *

Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Länderberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Europäische Vorgaben . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden B. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden C. Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden D. Dänemark . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden E. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden F. Finnland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden G. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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* Susanne Kalss ist Univ.-Prof. an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie Leiterin des START-Projekts des Fonds für wissenschaftliche Forschung „Organisation und Vermögensordnung im Recht der Kapitalgesellschaften“. Nikolaus Adensamer und Janine Oelkers sind Forschungsassistenten und Mitarbeiter des START-Projekts. S. auch www.start-law.at.

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Die Rechtspflichten der Geschäftsleiter in der Krise

Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden H. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden I. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden J. Norwegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden K. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden L. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden M. Slowenien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden N. Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebliche Verluste des Nennkapitals . . . Verantwortung für Verschleppungsschäden III. Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . A. Erhebliche Verluste . . . . . . . . . . . . . B. Insolvenzverschleppung . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einleitung Insolvenzbezogenes Gläubigerschutzrecht hat sicherzustellen, dass mit der Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens, wie auch mit einer allenfalls erforderlich werdenden Liquidation, rechtzeitig, somit vor Eintritt der Überschuldung, begonnen wird.1 Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, unterwirft der Gesetzgeber die Geschäftsleiter krisenverfangener Gesellschaften einem breiten Spektrum einschlägiger Bestimmungen, die ein frühes Ergreifen der notwendigen Maßnahmen fördern sollen. Die beiden Regelungsinstitute, die im Zentrum dieses Beitrags stehen, tragen dieser allgemeinen Zielsetzung auf unterschiedliche 1 Zöllner, Konkurrenz für inländische Kapitalgesellschaften durch ausländische Rechtsträger, insbesondere durch die englische Private Limited Company, GmbHR 2006, 1; Zöllner, Vortrag 2. Deutscher Insolvenzrechtstag (11. 03. 2005).

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Weise Rechnung. Während die Regelung über die erheblichen Verluste den Fokus der Gesellschafter auf die Ergreifung sanierender Maßnahmen lenkt, hat die Insolvenzverschleppungshaftung direkt den möglichen Forderungsausfall der Gläubiger im Blick. Eine Verbindung beider Konzepte zeigen die romanischen und skandinavischen Rechtsordnungen sowie Slowenien.

II. Länderberichte Auf der Grundlage eines breit angelegten Ländervergleichs sollen die wesentlichen Grundlinien der Geschäftsleiterpflichten bei erheblichen Verlusten herausgearbeitet und dabei dargelegt werden, dass die einzelnen Länder bzw. Rechtskreise sehr unterschiedliche Konzepte verfolgen. Während zum Teil schlichte Informationspflichten ausreichen, verlangen andere Rechtsordnungen bereits in einem frühen Stadium prononciertes Vorstandshandeln, das mit teils scharfen Sanktionen bewehrt wird. In unterschiedlicher Weise wird auch der Umstand aufgegriffen, dass Gläubiger durch zu spätes Handeln der Geschäftsleiter im Fall der Insolvenz Schaden erleiden; die Insolvenzverschleppungshaftung wird verschiedenartig angeknüpft. Im Folgenden werden zunächst die beiden maßgeblichen Fragenkreise im europäischen Recht verortet, ehe ihre Grundzüge in dreizehn europäischen Rechtsordnungen, nämlich in Deutschland, Belgien, Dänemark, England, Frankreich, Finnland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Schweden, Slowenien und Spanien, dargestellt werden und schließlich dieses Panorama als Grundlage für die Formulierung zusammenfassender Thesen genutzt wird.

A. Europäische Vorgaben Erhebliche Verluste des Nennkapitals Im Rahmen der Angleichung der mitgliedstaatlichen Vorschriften zur Erhaltung des Kapitals der Aktiengesellschaft stellt die zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie 2 auch Verhaltensvorgaben bei erheblichen Verlusten des Nennkapitals auf.3 Art. 17 der Kapital-RL verpflichtet die Mitgliedstaaten, im Aktienrecht eine 2 Zweite Richtlinie des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (77/91/EWK), Abl. Nr. L 26/1 vom 31. 01. 1977. 3 Allgemein z. B. Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., Rdn. 135.

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Einberufungs- und Informationspflicht des Verwaltungsorgans gegenüber der Hauptversammlung vorzusehen, die bei qualifizierten Verlusten des Nennkapitals greift. Die Norm zielt auf eine frühe Alarmierung der Anteilseigner, welche in einer sich abzeichnenden Krise Gelegenheit erhalten sollen, über das weitere Schicksal der Gesellschaft zu beschließen. Konkrete Maßnahmen gibt die Richtlinie nicht vor, insbesondere sind keine Sanktionen für den Fall der Untätigkeit des Vorstands vorgesehen.4 Die Mitgliedstaaten bestimmen die Höhe des als schwer zu erachtenden Verlusts wie auch die Frist, innerhalb der die Hauptversammlung einzuberufen ist. Die Harmonisierung beschränkt sich auf die Aktiengesellschaft, für die GmbH fehlt auf europäischer Ebene eine entsprechende Bestimmung.

Verantwortung für Verschleppungsschäden Auch die Insolvenzverschleppungshaftung hat seit Frühjahr 2003 ihren festen Platz auf der europäischen Agenda. In ihrem Aktionsplan vom 21. 05. 2003 5 hat die Kommission als allgemeine Maßnahme zur Stärkung der Verantwortlichkeit der Direktoren die Ausarbeitung einer europäischen Regelung zur Konkursverschleppungshaftung ausdrücklich empfohlen und unter die mittelfristig zu verwirklichenden Maßnahmen eingereiht.6 Sie folgt damit dem Vorschlag der Winter-Gruppe (High Level Group) 7, welche die Einführung einer europäischen Rahmenbestimmung zur Insolvenzverschleppungshaftung angeregt hatte.8 Die Winter-Gruppe konnte sich dabei auf Vorarbeiten stützen, die bereits 1998 – im Rahmen einer Untersuchung zum europäischen Konzernrecht – von einer Gruppe vornehmlich deutscher Rechtsexperten geleistet worden waren.9 Inhaltlich war beabsichtigt, die Rahmenbestimmung an die angelsächsischen Regeln zum wrongful trading anzulehnen. Sie sollte wie diese bereits im Vorfeld der Zahlungsunfähigkeit greifen, wenn absehbar ist, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage sein wird, seine Verbindlichkeiten zu begleichen.10 Die Ansiede-

4 Kritisch Lutter, Die Zukunft des Gesellschaftsrechts, EuR 1975, 44 (57f.). 5 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäische Union – Aktionsplan KOM(2003) 284 endg. 6 Aktionsplan 29. 7 „Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa“ (Winterbericht II) 73f. 8 Winter-Bericht 73f. 9 Forum Europaeum Konzernrecht, Konzernrecht für Europa, ZGR 1998, 672 (752ff.). 10 Winter-Bericht 74.

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lung von Verhaltenspflichten bereits vor der Zahlungsunfähigkeit würde den Forderungsausfall der Gläubiger deutlich minimieren und zugleich die Chance auf eine frühe und erfolgreiche Sanierung wahren.11 Zusätzlich sollten neben den tatsächlich bestellten auch die faktischen Geschäftsleiter in den Kreis der verantwortlichen Personen mit einbezogen werden.12 In der Literatur wurde das Vorhaben positiv aufgenommen,13 das ins Auge gefasste Regelungsvorbild (wrongful trading) aber kritisch hinterfragt. Angesichts der restriktiven Spruchpraxis der englischen Gerichte – welche den haftungsrelevanten Zeitpunkt vielfach erst nach der Zahlungsunfähigkeit ansiedeln –, wäre eine Vorverlagerung des haftungsrelevanten Zeitpunktes in das Vorfeld der Insolvenz unwahrscheinlich.14 Die jüngsten Einschätzungen über den Fortgang dieser Regelungsvorhaben sind daher auch zurückhaltend.15

B. Deutschland Erhebliche Verluste des Nennkapitals § 92 Abs 1 AktG und § 49 Abs 3 GmbHG verpflichten den Vorstand bzw. die Geschäftsführer, bei Verlust des halben Nennkapitals unverzüglich die Hauptbzw. Gesellschafterversammlung einzuberufen.16 Die Einberufungspflicht dient der Information der Gesellschafter. Diese sollen über außergewöhnliche Verluste respektive eine allfällige Krise der Gesellschaft frühzeitig in Kenntnis gesetzt werden, um die Chance zu einem rechtzeitigen Gegensteuern zu erhalten.17 Ein darüber hinausgehendes Schutzinteresse namentlich zugunsten der Gesellschaftsgläubiger verfolgt die Regelung nicht; 18 sie ist daher nach vereinzelter Auffassung durch die Satzung gestaltbar.19 Der tatbestandliche Verlust ist unter Ansatz der 11 Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672 (752f.). 12 Winter-Bericht 73 f.; so schon Forum Europaeum Konzernrecht, Konzernrecht für Europa, ZGR 1998, 672 (752ff.). 13 Vgl. Fleischer, Erweiterte Außenhaftung der Organmitglieder im Europäischen Gesellschaft- und Kapitalmarktrecht – Insolvenzverschleppung, fehlerhafte Kapitalmarktinformation, Tätigkeitsverbote, ZGR 2004, 437 (455f.). 14 S. nur Bachner, Wrongful Trading – A New European Model for Creditor Protection, EBOR 5 (2004), 293 (300 ff.); Habersack/Verse, Wrongful Trading – Grundlage einer europäischen Insolvenzverschleppungshaftung? ZHR 168 (2004), 174 (183ff.). 15 Fleischer, ZGR 2004, 437 (462); Maul, Verantwortlichkeit der Organmitglieder – Entwicklungen aus europäischer Sicht, WM 2004, 2146 (2149). 16 Vgl. ausführlich Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck). 17 GroßKommAktG/Habersack, 4. Aufl., § 92 Rdn. 2. 18 Koppensteiner in Rowedder, GmbHG, 4. Aufl., § 49 Rdn. 15. 19 Koppensteiner in Rowedder, GmbHG § 49 Rdn. 15; anders aber Hüffer in Hachen-

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Buchwerte zu ermitteln; stille Reserven bleiben grundsätzlich unberücksichtigt.20 Bei der GmbH ergeben sich zusätzliche Einschränkungen aus dem Wortlaut des § 49 Abs. 3 GmbHG. Danach lassen sich nur jene Verluste unter den Tatbestand einordnen, die sich aus einer Jahres- oder Zwischenbilanz ergeben. Geschäftsführer, die den Verdacht hegen, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist, müssen jedenfalls eine Zwischenbilanz aufstellen.21 Insgesamt ist jedoch kein sachlicher Unterschied zur aktienrechtlichen Regelung anzunehmen.22 Bei schuldhafter Verletzung der Einberufungs- und Anzeigepflicht greift die allgemeine Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft (§§ 43 GmbHG, 93 Abs. 2 AG).23 Die Mitglieder von Vorstand und Geschäftsführer haften dieser gegenüber, soweit der Gesellschaft ein (von ihr zu beweisender) Schaden entstanden ist. Gesellschaftsgläubiger sind hingegen nicht in den Schutzbereich miteinbezogen. Namentlich handelt es sich bei der Verpflichtung um kein Schutzgesetz iSv § 823 Abs. 2 BGB.24 Die Nichteinhaltung der genannten Informationspflicht ist aber strafrechtlich sanktioniert (§§ 84 GmbHG, 401 AktG); ihre schuldhafte Verletzung ist – abhängig vom Verschuldensgrad – mit Geld- oder Freiheitsstrafen zwischen einem und drei Jahren bedroht.25 Aus der Strafsanktion kann nach verbreiteter Auffassung zusätzlich eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit (§ 823 Abs. 2 BGB) der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaft und Gesellschaftern abgeleitet werden.26

Verantwortung für Verschleppungsschäden Die Insolvenzverschleppungshaftung deutscher Prägung ist an die schuldhafte Verletzung der Insolvenzantragspflicht (§ 64 Abs. 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG) geknüpft und als deliktische Haftung wegen Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB) konzipiert.

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burg, GmbHG, 8. Aufl., § 49 Rdn. 31; Römermann in Michalski, GmbHG § 49 Rdn. 143f. Hüffer in Hachenburg, GmbHG § 49 Rdn. 23, 26; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 49 Rdn. 22; GroßKommAktG/Habersack § 92 Rdn. 18. Koppensteiner in Rowedder, GmbHG § 49 Rdn. 10. Hüffer in Hachenburg, GmbHG Rdn. 23; Koppensteiner in Rowedder, GmbHG, § 49 Rdn. 10. Koppensteiner in Rowedder, GmbHG § 49 Rdn. 15; GroßKommAktG/Habersack § 92 Rdn. 26. GroßKommAktG/Habersack § 92 Rdn. 26; Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 92 Rdn. 15. Vgl. allg. Dannecker in Michalski, GmbHG § 84; Kohlmann in Hachenburg, GmbHG § 84. Kohlmann in Hachenburg, GmbHG § 84 Rdn. 4; Dannecker in Michalski, GmbHG § 84 Rdn. 11.

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§ 64 Abs. 1 GmbHG und § 92 Abs. 2 AktG verpflichten Geschäftsführung bzw. Vorstand, mit Eintritt materieller Insolvenz (Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit) ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber innerhalb von drei Wochen, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei Gericht zu beantragen.27 Die wortgleichen Bestimmungen sind direkt im Aktien- bzw. GmbH-Recht verortet und zielen damit – anders als ihre Parallelbestimmung in der österreichischen KO (§ 69 KO) – von vornherein ausschließlich auf Rechtsträger, die kraft Rechtsform nur mit einem beschränkten Vermögen haften.28 Normadressaten der Insolvenzantragspflicht sind Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder und zwar jeder bzw. jedes von ihnen persönlich.29 Dies entspricht ihrer korrespondierenden Berechtigung zur Stellung des Insolvenzantrags (§ 15 InsO). Die Behandlung der faktischen Geschäftsleiter 30, die ohne wirksam bestellt zu sein, die Geschäfte der Gesellschaft führen, ist umstritten: Jedenfalls unterliegen fehlerhaft bestellte Geschäftsleiter der Antragspflicht nach § 64 Abs. 1 GmbHG bzw. § 92 Abs. 2 AktG; 31 überwiegend wird dies auch für die rein faktischen Geschäftsleiter angenommen.32 Die Antragspflicht greift mit Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) bzw. Überschuldung (§ 19 InsO) der Gesellschaft; darüber hinaus steht es dem Gemeinschuldner frei, mit Eintritt drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) einen Insolvenzantrag zu stellen.33 Nach der in § 17 InsO enthaltenen Legaldefinition gilt ein Schuldner als zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen; 34 wobei die bloße Zahlungsunwilligkeit nicht vom Tatbestand des § 17 InsO erfasst ist.35 Bei Kapitalgesellschaften tritt die Überschuldung als alternativer Konkursgrund hinzu. Dahinter steht die Vorstellung, 27 Vgl. die einschlägigen Kommentierungen von Ulmer in Hachenburg, GmbHG § 64; Lutter/Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 64; K. Schmidt in Scholz, GmbHG § 64; Roth/Altmeppen, GmbHG § 64; sowie für das Aktienrecht GroßKommAktG/Habersack § 92. 28 Eine Auflistung der betroffenen Rechtsträger bietet MünchKommInsO/Schmahl § 15 Rdn. 66. 29 Ulmer in Hachenburg, GmbHG § 64 Rdn. 7; Lutter/Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 64 Rdn. 1. 30 Zur Antragsberechtigung s. K. Schmidt in Scholz, GmbHG § 64 Rdn. 7; Lutter/ Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 64 Rdn. 26. 31 Ulmer in Hachenburg, GmbHG § 64 Rdn. 12; K Schmidt in Scholz, GmbHG § 64 Rdn. 7; GroßKommAktG/Habersack § 92 Rdn. 32; ausführlich Stein, Die Normadressaten der §§ 64, 84 GmbHG und die Verantwortlichkeit von Nichtgeschäftsführern wegen Konkursverschleppung, ZHR 148 (1984) 207 (221ff.). 32 K. Schmidt in Scholz II § 64 Rdn. 7; kritisch GroßKommAktG/Habersack § 92 Rn. 33. 33 Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 64 Rdn. 5. 34 Vgl. MünchKommInsO/Eilenberger § 17. 35 Zur Abgrenzung von Zahlungsstockung und Zahlungsunfähigkeit s. Lutter/Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 64 Rdn. 7.

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dass Kapitalgesellschaften der durch persönlich haftende Gesellschafter vermittelte Haftungsrückhalt fehlt. Ihre Tätigkeit ist daher zu beenden, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr zu decken vermag; eine Fortführung des Unternehmens würde diesfalls auf Kosten der Gläubiger erfolgen.36 Der Gesetzgeber (§ 19 InsO) geht von einem zweistufigen Überschuldungsbegriff aus, der neben der Aufstellung eines Überschuldungsstatus auch eine Prognoseentscheidung über die zukünftige Lebensfähigkeit des Unternehmens umfasst (§ 19 Abs. 2 InsO). Die Fortführungsprognose bildet dabei kein eigenständiges Element, sondern entscheidet lediglich über die Bewertung zu Fortführungs- oder Liquidationswerten. Bei überwiegend wahrscheinlicher Fortführung der Gesellschaft sind dem Überschuldungsstatus going concern-Werte zugrunde zu legen.37 Andernfalls erfolgt die Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden unter der Annahme der Liquidation.38 Die Antragspflicht ist haftungsrechtlich abgesichert. Neben die zivilrechtliche Schadenersatzpflicht (Insolvenzverschleppungshaftung) tritt im Fall ihrer Verletzung auch eine strafrechtliche Sanktion (§ 84 Abs. 1 GmbHG, § 401 Abs. 1 Z 2 AktG). Der zivilrechtliche Schutz umfasst grundsätzlich sämtliche durch die verspätete Antragstellung geschädigte Gläubiger, wobei das Ausmaß des verursachten Schadens vom Zeitpunkt des rechtsgeschäftlichen Kontakts mit der insolventen Gesellschaft abhängt. Der ersatzfähige Schaden jener Gläubigergruppe (Altgläubiger), die ihre Forderungen bereits vor Eintritt der Insolvenzreife erworben hat, ist auf jenen Betrag beschränkt, um den sich die Konkursquote, die sie bei rechtzeitiger Konkursanmeldung erhalten hätten, durch Verzögerung der Antragstellung verringert (Quotenschaden).39 Demgegenüber können Gläubiger, die erst nach Eintritt der Insolvenz mit der Gesellschaft kontrahiert haben, den Ersatz ihres Vertrauensschadens verlangen.40 Während des Insolvenzverfahrens obliegt die Geltendmachung der Quotenschäden ausschließlich dem Insolvenzverwalter (§ 92 InsO). Allein Neugläubiger können den erlittenen Schaden nach ständiger Rechtsprechung des BGH selbständig einfordern.41

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Lutter/Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 64 Rdn. 10. Vgl. MünchKommInsO/Drukarczyk/Schüler § 19 Rdn. 110ff. S. MünchKommInsO/Drukarczyk/Schüler § 19 Rdn. 91ff. BGHZ 126, 181 (190); BGHZ 29, 100 (102ff.). BGHZ 126, 181 (190ff.). BGHZ 138, 211; zustimmend MünchKommInsO/Brandes § 92 Rdn. 34.

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C. Belgien Erhebliche Verluste des Nennkapitals Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen bilden die Art. 633f. des Gesellschaftsgesetzbuches (Code des Sociétés/Wetboek van vennootschappen 2001) für die Aktiengesellschaft (Société anonyme [SA]) und Art. 332f. Code des Sociétés/ Wetboek van vennootschappen für die GmbH (Société privée à responsabilité limitée [SPRL]): Die Geschäftsführung ist verpflichtet, binnen einer Frist von zwei Monaten ab Feststellung eines Verlusts von mehr als der Hälfte des Nennkapitals die Gesellschafterversammlung einzuberufen. Die gleiche Vorgangsweise ist einzuhalten, wenn das Reinvermögen infolge eines Verlusts unter ein Viertel des Nennkapitals sinkt. Schließlich sieht Art. 634 Code des Sociétés als weitere Grenze das Herabsinken des Reinvermögens unter das gesetzliche Mindestkapital in Höhe von 61.500 € vor.42 Der Gesellschafterversammlung ist seitens der Geschäftsleitung ein Bericht vorzulegen, welcher die Auflösung der Gesellschaft oder eine Maßnahme zur Sanierung der Finanzlage empfiehlt; 43 die Versammlung ist jedoch nicht gehalten, dem Vorschlag des Leitungsorgans zu folgen. Befürwortet sie die Auflösung der Gesellschaft, ist der entsprechende Beschluss im Falle des Hälfteverlusts mit qualifizierter Mehrheit zu fassen; reduziert sich das Gesellschaftsvermögen hingegen auf einen geringeren Betrag als ein Viertel des Nennkapitals, lässt der Gesetzgeber ein Quorum von 25 % der abgegeben Stimmen genügen.44 Sinkt das Reinvermögen gar unter das Mindestkapital iHv 61.500 €, setzt die Auflösung überhaupt keinen Hauptversammlungsbeschluss mehr voraus; vielmehr kann jeder Interessent diese gerichtlich beantragen. Das Gericht hat sodann noch immer die Möglichkeit, der Gesellschaft eine Frist einzuräumen, eine Sanierung durch entsprechende Kapitalerhöhung oder sonstige Eigenkapitalzufuhr zu versuchen. Unterlässt die Geschäftsführung die Einberufung der Hauptversammlung, haftet sie gegenüber Dritten.45 Die Gesellschaft selbst hat aufgrund allgemeiner Sorgfaltspflichten der Geschäftsführer einen Haftungsanspruch.

42 Art. 439 Code des sociétés. In der Satzung kann die Schwelle der als relevant zu erachtenden Verluste strenger definiert werden, sodass bereits bei einem Verlust von weniger als der Hälfte des Nennkapitals die genannten Rechtsfolgen einzuhalten sind. 43 Jeder Aktionär hat das Recht auf eine kostenlose Kopie der Tagesordnung und des Berichts; bei Vorliegen der Voraussetzungen kann er zudem die Übermittlung des Berichts verlangen. Liegt kein Bericht vor, zieht dies die Nichtigkeit eines dennoch getroffenen Hauptversammlungsbeschlusses nach sich. 44 Art. 633 Abs. 4 Code des sociétés. 45 Dabei wird widerlegbar vermutet, dass der von Dritten erlittene Schaden eine Folge der Nichteinberufung ist.

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Auf die GmbH findet generell die gleiche Regelung Anwendung. Allein die dritte maßgebliche Schwelle liegt – da das gesetzliche Mindestkapital der GmbH deutlich niedriger ist – nicht bei einem Nominalbetrag von 61.500 €, sondern bei lediglich 6.200 €.

Verantwortung für Verschleppungsschäden Belgien leitet die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter für Verschleppungsschäden analog zu Frankreich aus der action en comblement du passif ab.46 Die Bestimmung findet auf Aktiengesellschaften und große GmbHs Anwendung; die Jahresumsatzschwelle liegt bei 620.000 €.47 Die Verschleppungshaftung belgischer Prägung weicht in Details jedoch vom französischen Vorbild ab: 48 So führen nur qualifizierte, schwerwiegende Fehler (faute grave et characterisée) zur Haftung (Art. 530 Code de sociétés). Zudem wurde die Monopolstellung des Masseverwalters aufgehoben, nunmehr können auch einzelne Gläubiger mit der action en comblement gegen die Geschäftsleiter vorgehen.

D. Dänemark Erhebliche Verluste des Nennkapitals Das dänische Recht differenziert hinsichtlich des Ausmaßes des Verlusts zwischen dem Aktien- und dem GmbH-Recht. Während § 52 des GmbH-Gesetzes (Anpartsselskabsloven) eine Handlungspflicht des Verwaltungsrats (bestyrelse) 49 bereits bei einem 40-prozentigen Verlust des Grundkapitals normiert, lässt § 69a des Aktiengesetzes (Aktieselskabsloven) entsprechende Pflichten erst bei einem 50-prozentigen Verlust greifen.50 Der Verwaltungsrat hat innerhalb von sechs Monaten die Abhaltung einer Hauptversammlung (anpartshaverne) zu veran-

46 Die maßgebliche Bestimmung ist der Art. 530 Code de sociétés; s. Habersack, ZHR 168 (2004), 174 (202). 47 Art. 265 Code des sociétés. 48 Art. 530 wurde mit Gesetz vom 8. September 2002 novelliert und am 1. Oktober 2002 in Kraft gesetzt. 49 Bzw. falls ein solcher bei der GmbH nicht eingerichtet ist, die Geschäftsführung (direktion). 50 S. dazu Werlauff, Rekonstruktion – Selskabers kapitaltab og genopretning i retlig belysning (1992) 10ff. Zudem besteht die laufende Pflicht des Verwaltungsrats, zu bewerten, ob das Gesellschaftskapital im Hinblick auf die Größe des Geschäftsbetriebes angemessen ist, vgl. § 54 Abs. 3 Aktieselskabsloven.

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lassen.51 Die weiteren Reaktionsschritte variieren je nach der Rechtsform der Gesellschaft. Bei der GmbH haben die Gesellschafter nach einer Stellungnahme des Verwaltungsrats zu geeigneten Sanierungsmaßnahmen die Liquidation der Gesellschaft oder die Berichtigung des Gesellschaftskapitals zu beschließen. Die Berichtigung kann in Form einer (i) Kapitalherabsetzung bis zum gesetzlichen Mindestkapital; 52 einer (ii) Kapitalerhöhung oder in Form eines (iii) reinen Gesellschafterzuschusses ohne Einfluss auf das Nennkapital erfolgen. Anders als in Schweden und in Finnland gibt das dänische GmbH-Gesetz keine absolute Sanierungsfrist vor. Allerdings kann das Gewerbe- und Gesellschaftsamt (Erhvervs- og selskabsstyrelsen) eine solche setzen.53 Zudem kann der Verwaltungsrat 54 bei Untätigkeit einen Antrag auf Zwangsliquidation stellen. In der dänischen Aktiengesellschaft kommt der Hauptversammlung nach einer Beratung durch den Verwaltungsrat 55 hingegen keine Beschlusspflicht zu. Auch ist der Verwaltungsrat weder zur Beantragung der Zwangsliquidation noch des Konkurses verpflichtet.56

Verantwortung für Verschleppungsschäden Auch nach dänischem Recht werden Verschleppungsschäden durch die Regeln über die Kapitalerhaltung aufgefangen, deren Verletzung eine schadenersatzrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter nach sich zieht.57 Daneben sieht

51 § 52 Anpartsselskabsloven sowie § 69 a Aktieselskabsloven. Die vorgeschaltete Erstellung einer Kontrollbilanz zur Bestätigung des Verdachts über den Kapitalverlust nach finnischem und schwedischem Muster sieht das dänische ebenso wenig wie das norwegische Gesetz vor; um die erlittenen Verluste feststellen zu können, wird die Erstellung einer Bilanz jedoch wohl zwangsläufig erfolgen. 52 Das Mindestkapital der anpartsselskab beträgt gemäß § 1 Abs. 3 Anpartsselskabsloven 125.000 DKK (ca 17.000 €), das einer aktieselskab 500.000 DKK, (ca 55.000 €), s. § 1 Abs. 3 Aktieselskabsloven. Wird dieses durch den Verlust unterschritten, hat der Verwaltungsrat eine Kapitalerhöhung bis zu diesem Betrag sicherzustellen. 53 § 52 Abs. 2 Anpartsselskabsloven. 54 Bzw. subsidiär das Gewerbe- und Gesellschaftsamt. 55 § 69 a Aktieselskabsloven. 56 E contrario § 17 Abs. 1 Konkursloven (dänisches Konkursgesetz). Konkursantragsberechtigt sind neben dem Schuldner seine Gläubiger, s. § 17 Abs. 1 Konkursloven. Der Konkurs kann beantragt werden, sobald der Schuldner insolvent ist, also wenn er seine Verpflichtungen bei Fälligkeit nicht erfüllen kann und diese Zahlungsunfähigkeit nicht nur vorübergehend ist, s. § 17 Abs. 2 Konkursloven sowie Jørgensen, Dänemark, in Jahn/Sahm, Insolvenzen in Europa, 4. Aufl. 2004, 50. 57 Es kommen die allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen des Aktiengesetzes (§§ 140–145 Aktieselskabsloven) bzw. des Schadenersatzgesetzes [Erstatningsansvarsloven (EAL); das GmbH-Gesetz enthält seit der Gesetzesnovelle 1996 keine Bestimmungen über die Haftung, das EAL führt aber zu gleichen Ergebnissen] zur

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die dänische Lehre 58 breite Aufklärungspflichten der Geschäftsleitung vor; 59 wonach diese verpflichtet ist, potentielle Vertragspartner über ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufzuklären. Bei Verletzung dieser Aufklärungspflichten haften die Organmitglieder nach den Regeln über die culpa in contrahendo. Die dänische Judikatur ist dem gefolgt und hat die allgemeinen Regeln der culpa in contrahendo für die Haftung der Geschäftsleiter aufgegriffen.60

E. England Erhebliche Verluste des Nennkapitals In Umsetzung der sekundärrechtlichen Vorgaben (Art. 17 Kapital-RL) normiert auch das englische Recht Verhaltenspflichten bei erheblichen Verlusten des Nennkapitals.61 Die dafür maßgebliche Rechtsgrundlage enthält Section 142 Companies Act 1985.62 Die Regelung umfasst ausschließlich die offene Gesellschaft, für die private limited company fehlt eine entsprechende Bestimmung. Section 142 verpflichtet die Direktoren einer public limited company eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, soweit die Aktiven

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Anwendung. Demnach haftet ein Leitungsmitglied gegenüber der Gesellschaft für bei der Ausübung seiner Tätigkeit fahrlässig oder vorsätzlich zugefügte Schäden. Die Haftung gegenüber Dritten setzt voraus, dass eine zumindest fahrlässige Verletzung des Aktien- bzw. GmbH-Gesetzes oder der Satzung vorliegt (Handelt es sich dabei um einen bloßen Reflexschaden, so ist grundsätzlich nur die Gesellschaft zur Geltendmachung berechtigt.). So kann etwa die Geschäftsleitung einer dänischem GmbH bei Unterlassung der Hauptversammlungseinberufung oder der Beantragung der Gesellschaftsauflösung schadenersatzpflichtig gemacht werden. Obwohl der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft keiner Liquidationspflicht unterliegt, kann das Weiterführen einer insolventen Gesellschaft dennoch Schadenersatzansprüche und zwar wegen Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht auslösen (Hansen, Nordic Company Law (2003) 175f.; Gomard, Aktieselskaber & anpartsselskaber, 4. Aufl. 2000, 372). So auch die Rechtsprechung, siehe UfR 1940 s. 563, UfR 1961 s. 515 sowie UfR 1985 s. 1029. Dotevall, Skadeståndsanavar för styrelseledamot och verkställande direktör (1989) 517, 520. Siehe UfR 1940 s. 563, UfR 1961 s. 515 sowie UfR 1985 s. 1029. Dine, Company Law, 2001 Rdn. 6-034. “(1) Where the net assets of a public company are half or less of its called-up share capital, the directors shall, not later than 28 days from the earliest day on which the fact is known to a director of the company, duly convene an extraordinary general meeting of the company for a date not later than 56 days from that day for the purpose of considering whether any, and if so what, steps should be taken to deal with the situation”.

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der Gesellschaft unter die Hälfte des eingezahlten Gesellschaftskapitals fallen.63 Die Verlusthöhe ist unter Beachtung der Buchwerte zu ermitteln. Section 142 (1) kennt zwei Einberufungsfristen: 64 Zunächst eine Frist von 28 Tagen ab Kenntnis der Verluste, binnen derer die Gesellschafterversammlung einzuberufen ist; zusätzlich eine Frist für das tatsächliche Zusammentreten der Versammlung, welches binnen 56 Tagen gerechnet ab dem Tag der Kenntnis des Kapitalverlusts zu erfolgen hat. Außerhalb der Einberufung der Versammlung normiert das Gesetz keine weiteren Vorgaben des Vorstands oder der Gesellschafterversammlung.65 Dieser soll allein die Möglichkeit gegeben werden, über die finanzielle Situation der Gesellschaft zu beraten.

Verantwortung für Verschleppungsschäden Das funktionale Gegenstück zur Insolvenzverschleppungshaftung bildet in England das Regelungsinstitut des wrongful trading (Section 214 Insolvency Act), das in vergleichbarer Weise an eine schuldhafte Fortführung krisenverfangener Gesellschaft anknüpft.66 Die Bestimmung lautet wörtlich wie folgt: (2) This subsection applies in relation to a person if – (a) the company has gone into insolvent liquidation, (b) at some time before the commencement of the winding up of the company, that person knew or ought to have concluded that there was no reasonable prospect that the company would avoid going into insolvent liquidation, and (c) that person was a director of the company at that time; […]. Das englische Recht kennt damit kein zur deutschen oder österreichischen Regelung dogmatisch vergleichbares Regelungsinstitut, das die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter aus einer schuldhaften Verletzung der Insolvenzantragspflicht ableitet. Die Haftung der Direktoren nach den Grundsätzen des wrongful trading folgt vielmehr aus dem Umstand, dass der Geschäftsleiter bereits zu einem Zeitpunkt vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (winding up) erkannt hat, zumindest aber erkennen hätte müssen, dass keine vernünftige Aussicht auf Abwendung der insolvenzbedingten Liquidation mehr bestand.67 Das Gesetz selbst enthält keine Anhaltspunkte wann der sog moment of truth – an dem „no reasonable prospect of avoiding insolvency“ iSv Section 214

63 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 7. Aufl., 230; Pennington, Company Law, 8. Aufl., 751 f. 64 Pennington, Company Law 751 f. 65 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law 230. 66 S. Lembeck in Kalss, Vorstandshaftung 399, 444 ff. 67 Vgl. Habersack/Verse, ZHR 169 (2004), 183f.; Bachner, EBOR 5 (2004), 293 (300f.).

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Insolvency Act mehr besteht – eintreten soll, seine Eingrenzung im Einzelfall bereitet daher beträchtliche Schwierigkeiten. Die subjektiven Anforderungen, die von der englischen Spruchpraxis an das Verhalten der Geschäftsleiter gelegt werden, sind wenig restriktiv. So wird der haftungsrelevante Zeitpunkt vergleichsweise spät und in einigen Entscheidungen überhaupt erst nach Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens 68 angesetzt.69 Der Adressatenkreis für die Verantwortlichkeit nach den Regeln des wrongful trading umfasst neben den tatsächlich bestellten Geschäftsleitern auch Personen, die nach außen für die Gesellschaft auftreten (de facto directors) sowie jene, die sich ausschließlich auf interne Einflussnahme beschränken (shadow directors). Nach dem Gesetzeswortlaut steht der Umfang der Haftung im Ermessen des Gerichts (sec 214 [1] IA 1986); wobei die Praxis in der Regel von jenem Betrag ausgeht, um den sich das Gesellschaftsvermögen dadurch verringert hat, dass die Geschäftsleiter nicht schon im moment of truth Insolvenz angemeldet haben.70 Die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter wird ausschließlich vom liquidator – das entspricht etwa dem Insolvenz- oder Masseverwalter – geltend gemacht.71 Die Gläubiger selbst können keine Ansprüche erheben, unabhängig davon, wann ihre Forderungen begründet wurden (ob vor oder nach dem moment of truth). F. Finnland Erhebliche Verluste des Nennkapitals Wie Schweden besitzt Finnland nur eine einzige Kapitalgesellschaftsform – die Aktiengesellschaft (osakeyhtiö [OY]). Seit September 1997 untergliedert sich diese in zwei Typen, in die private (yksityinen osakeyhtiö) 72 sowie in die öffentliche AG (julkinen osakeyhtiö) 73. 68 Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174 (184 ff.); Bachner, EBOR 5 (2004), 293 (303ff.). 69 Die Zahlungsunfähigkeit bildet in Spruchpraxis englischer Gerichte einen wichtigen Anhaltspunkt für das Erreichen des maßgeblichen Zeitpunktes; dem Eintritt der Überschuldung wird hingegen kaum Bedeutung beigemessen; s. Bachner, EBOR 5 (2004), 293 (303); Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174 (185). 70 Was in etwa dem Quotenschaden entspricht; s. Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174 (197). 71 Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174 (195f.). 72 Das Grundkapital einer Privat-OY muss mindestens 8.000 € betragen; vgl. 1. Kapitel § 1 3. Absatz OYL; vgl. Miettinen, Anteilsübertragung und Geschlossenheit der finnischen privaten Aktiengesellschaft in Kalss, Die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen (2003) 205 f. 73 Die Zweite Gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates vom 13. 12. 1976 (77/91/ EWG) findet nur auf die Publikums-OY Anwendung. Das Grundkapital einer

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Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen des finnischen Aktiengesetzes (Osakeyhtiölaki [OYL]), welches grundsätzlich auf beide Formen der Aktiengesellschaft Anwendung findet, sind die §§ 2 sowie 2a des 13. Kapitels OYL: Wird dem Verwaltungsrat (hallitus) im Rahmen der Errichtung des Jahresabschlusses ersichtlich, dass das Eigenkapital weniger als die Hälfte des registrierten Grundkapitals beträgt,74 oder hat er sonst Grund zur Annahme, dass der maßgebliche Verlust eingetreten ist, hat er ohne Verzug eine Zwischenbilanz zu erstellen.75 Maßgeblich sind grundsätzlich die Buchwerte. Ließe sich jedoch bei einer Veräußerung ein höherer Erlös erzielen, ist die Differenz dem Eigenkapital als zusätzlicher Posten hinzuzuzählen.76 Bestätigt die Bilanz den Verdacht des Kapitalverlusts, hat der Verwaltungsrat eine Prüfung durch die Revisoren zu veranlassen und die Hauptversammlung (yhtiökokous) einzuberufen, die über die Gesellschaftsauflösung beschließt.77 Die Gesellschaft ist aufzulösen,78 wenn das Eigenkapital nicht innerhalb eines Jahres nach Abhaltung der Hauptversammlung auf die Hälfte des Grundkapitals aufgestockt wird. Beschließt die Hauptversammlung dennoch nicht die Liquidation der Gesellschaft, ist diese gerichtlich zu beantragen.79 Derzeit wird das finnische Aktienrecht einer Überarbeitung unterzogen, welche auch den Pflichtenkatalog bei erheblichem Verlust des Gesellschaftskapitals einbezieht.80 Die Pflicht des Verwaltungsrats, die Auflösung der Gesellschaft zu

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Publikums-OY muss mindestens 80.000 € betragen; vgl. 1 Kapitel § 1 3. Absatz OYL. Den Verwaltungsrat trifft die Verpflichtung, die Entwicklung des Eigenkapitals ständig zu verfolgen. Hat er aufgrund dieser Pflicht Grund zur Annahme, dass ein entsprechender Verlust eintrat, hat er ebenso die oben beschriebene Vorgangsweise einzuhalten. 13. Kapitel § 2 erster Absatz OYL. Vgl. Airaksinen, Förslag till en ny aktiebolagslag i Finland, Nordisk Tidskrift før Selskabsret 01/2004, 62ff.; ausf. zudem Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck). 13. Kapitel § 2 Absatz 3 OYL. Im Entwurf zum neuen finnischen Aktiengesetz wurde diese Bewertungsmöglichkeit gestrichen. Die Einberufung hat in jedem Fall innerhalb von zwei Monaten zu erfolgen; vgl. 13. Kapitel § 2 Abs. 3 OYL. Es kommt nur dann zu keiner Auflösung, wenn die Gesellschaft einer Sanierung unterzogen wird, beziehungsweise wenn diese bereits beantragt wurde und die Einleitung des Sanierungsverfahrens in der Folge auch gerichtlich beschlossen wird. Vom Verwaltungsrat als Gesamtheit, von den Prüfern oder von einer Aktionärsminderheit von zehn Prozent. Im Kontrast zu Schweden ist nicht das einzelne Verwaltungsratsmitglied oder der geschäftsführende Direktor antragsberechtigt, vgl. 13. Kapitel § 2 Abs. 2 zweiter bzw. letzter Satz OYL sowie Toiviainen, About the duties of the directors of an insolvent company, Nordisk Tidskrift før Selskabsret 03/2001, 274. 20. Kapitel § 25 des Entwurfs zum neuen finnischen Aktiengesetz. Für eine

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beantragen, soll entfallen. Nimmt der Verwaltungsrat künftig ein Kapitaldefizit wahr, ist er nur mehr verpflichtet, die oben beschriebenen Schritte zu setzen.81 Bei völligem Kapitalverlust hat der Verwaltungsrat die Registerbehörde umgehend in Kenntnis zu setzen.82 Der Rückbau des Maßnahmenkatalogs zum Kapitalverlust wird mit dessen mangelnder Praktikabilität begründet: Die derzeitige Rechtslage verpflichte so gut wie jede neu gegründete Gesellschaft unabhängig von einem Liquiditätsengpass zur Aufstockung ihres Eigenkapitals bzw. zur Auflösung. Zudem soll die Reform der überschießenden Praxis des Obersten Gerichtshofs, die Geschäftsleiter für Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich zur Haftung heranzuziehen, entgegentreten.83 Die Gesetzesänderung wird voraussichtlich noch 2006 in Kraft treten. Verantwortung für Verschleppungsschäden Anders als das schwedische Recht normiert das finnische Aktiengesetz keine speziellen haftungsrechtlichen Folgen eines Kapitalverlusts.84 Stattdessen kommen die allgemeinen aktienrechtlichen Schadenersatzbestimmungen zur Anwendung.85 Bei Verletzung des Aktiengesetzes oder der Satzung haften die Mitglieder des Verwaltungsrats sowie der geschäftsführende Direktor persönlich gegenüber Dritten, sofern es sich nicht um bloße Reflexschäden handelt.86 Somit können die Organmitglieder verantwortlich gemacht werden, wenn (i) die Zwischenbilanz nicht errichtet und geprüft, (ii) die Hauptversammlung nicht einberufen oder (iii) die Zwangsliquidation nicht beantragt wird.

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Zusammenfassung der geplanten Änderungen in englischer Sprache s. www.om.fi /uploads/fi3usm2zbtbik.pdf. Es steht der Hauptversammlung frei, Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation zu beschließen. 20. Kapitel § 25 Abs. 1 des Entwurfs zum neuen finnischen Aktiengesetz. Airaksinen, Förslag till en ny aktiebolagslag i Finland, NTS 2004:1, 62 (69). Dennoch legt der finnische OGH den Leitungsmitgliedern oft eine persönliche Haftung für alle Gesellschaftsverbindlichkeiten, die seit Unterlassung der gebotenen Handlung entstanden sind, auf, vgl. KKO:1986-II-130, KKO:1990:177, KKO:1991:55. Eine solche Sanktion sieht das finnische Recht jedoch im Gegensatz zum schwedischen Recht nicht vor, es sind vielmehr die aktienrechtlichen Haftungsregeln anwendbar. Die Praxis des OGH ist daher zu hinterfragen. Geregelt in Kapitel 15. OYL; vgl. SOU 1999:36, 71. Handelt es sich jedoch um einen Reflexschaden, haften die Leitungsmitglieder nur nach innen gegenüber der Gesellschaft. Nach § 7 des 22. Kapitels des Entwurfs zum neuen finnischen Aktiengesetz ist der einzelne Gesellschafter berechtigt, auch einen solchen Schaden geltend zu machen, wenn die Gesellschaft ihren Anspruch aller Voraussicht nach nicht verfolgen wird. Es käme also in diesem Fall ebenfalls zu einer Außenhaftung der Geschäftsleiter.

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Der Entwurf zum neuen finnischen Aktiengesetz schafft die Pflicht zur Beantragung der Zwangsliquidation ab. Der Verwaltungsrat kann jedoch nach wie vor wegen Nichterrichtung der Zwischenbilanz oder wegen unterlassener Abhaltung der Hauptversammlung verantwortlich gemacht werden. Das finnische Konkursgesetz normiert zwar keine ausdrückliche Konkursantragspflicht des Schuldners, die Verpflichtung der Geschäftsleiter, bei Vorliegen der Insolvenz einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses zu stellen, wird jedoch nach hA von der allgemeinen Sorgfaltspflicht umfasst. Das Weiterführen einer insolventen Gesellschaft löst damit regelmäßig Schadenersatzansprüche aus.87 Zudem sanktioniert das finnische Strafgesetzbuch verschiedene Missbräuche eines Schuldners, etwa die Herbeiführung der Insolvenz sowie ihre Ausweitung durch grundloses Vermehren der Verbindlichkeiten.88 Dies ist relevant, da die Verwirklichung eines strafrechtlichen Tatbestandes zugleich zu einer zivilrechtlichen Haftung – auch bei reinen Vermögensschäden – führt.89

G. Frankreich Erhebliche Verluste des Nennkapitals Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen sind Art. L 223-42 des Handelsgesetzbuches (Code de commerce [C com]) für die GmbH (SARL) und Art. L 225-248 C com für die Aktiengesellschaft (SA). Haben Verluste der Gesellschaft das Nennkapital zu mehr als 50 % aufgezehrt,90 ist der Verwaltungsrat verpflichtet, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, die über die Auflösung der Gesellschaft beschließen soll.91 Hierzu räumt ihm der französische Gesetzgeber eine – im Vergleich zu Italien und Spanien großzügig bemessene – viermonatige Frist ein, deren Lauf mit

87 Nach 15. Kapitel § 1 OYL; Gustafsson (Hrsg), Business Laws in the Nordic Countries – Legal and Tax Aspects (1998) 588. 88 39. Kapitel § 1 Abs. 4 Rikoslaki 19. 12. 1889/39 (finnisches Strafgesetz). 89 5. Kapitel § 1 Vahingonkorvauslaki 31. 05. 1974/412 (finnisches Schadenersatzgesetz). 90 Ursprünglich lag die Grenze bei 75 % des Nennkapitals; im Rahmen der Umsetzung der 2. Richtlinie erfolgte die Herabsetzung auf die 50 % Schwelle – obgleich die Richtlinie diese nicht vorgibt. S. Koll-Möllenhoff, Das Prinzip des festen Grundkapitals im europäischen Gesellschaftsrecht (2005) 208; umfassend zudem Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck). 91 S. nur Guyon, Droit des affaires, 12. Aufl., Rdn. 468; Basdevant/Charvériat/ Mondod, Le guide de l’administrateur de societe anonyme, 2. Aufl., Rdn. 195; Le Cannu, Droit des sociétés, 2. Aufl., Rdn. 896 f.

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der Genehmigung der den Verlust feststellenden Bilanz einsetzt.92 Entscheidet sich die Versammlung nicht für die sofortige Auflösung der Gesellschaft, muss die Gesellschaft spätestens bis zum Abschluss des zweiten auf den Beschluss folgenden Geschäftsjahres das Kapital um einen dem Verlust entsprechenden Betrag herabsetzen,93 es sei denn, der eingetretene Verlust konnte zwischenzeitlich in dem Ausmaß beseitigt werden, dass die Eigenmittel zumindest der Hälfte des Nennkapitals wieder entsprechen. Wurde die Versammlung nicht binnen der vier Monate einberufen oder ist sie aufgrund des Fehlens der entsprechenden Quoren nicht in gültiger Weise zusammengetreten, kann jeder Beteiligte (interessé) gerichtlich die Auflösung der Gesellschaft beantragen.94 Diesfalls steht es dem Gericht noch immer frei, der Gesellschaft innerhalb einer Frist von sechs Monaten die Möglichkeit der Bereinigung der Situation zu geben. Außerdem ist die Nichteinberufung der Hauptversammlung trotz tatbestandsmäßiger Verluste als Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen unter Art. L 225-251 al 1 C com zu subsumieren und löst eine Ersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft aus, welche mit der action sociale geltend gemacht wird. Im Unterschied zu Spanien ist der Ersatz auf den kausalen Schaden begrenzt.95

Verantwortung für Verschleppungsschäden Das französische Recht kennt keinen eigenen Haftungstatbestand der Insolvenzverschleppung.96 Vielmehr verweist Art. L 225-255 C com auf die Bestimmungen des Kapitels über das einheitliche Insolvenz- und Sanierungsverfahren (redressement ou liquidation judiciaire) 97, welches bei Zahlungsunfähigkeit greift

92 Art. L 225-248 C. 93 Das gesetzliche Mindestkapital ist jedenfalls zu wahren. Für die AG beträgt dieses gemäß Art. L 224-2 37.000 €; für eine Aktiengesellschaft, die öffentlich zur Zeichnung auffordert (appel publique à l’épargne) sind zumindest 225.000 € aufzubringen. Die französische GmbH kennt seit 2004 kein gesetzliches Mindestkapital mehr, gemäß Art. L 223-2 C com kann das Stammkapital frei bestimmt werden. Die Zweijahresfrist läuft ab dem Zeitpunkt der Genehmigung des Jahresabschlusses, der die Verluste der Gesellschaft ausweist. 94 Das Gericht kann die Gesellschaft sodann entweder auflösen oder aber innerhalb einer Frist von sechs Monaten der Gesellschaft die régularisation gestatten. 95 Art. L 224-29 C com. 96 S. dazu Fleischer, RIW 1999, 578; vgl. auch Pernice, Die Insolvenzverschleppung durch das Geschäftsführungsorgan der kleinen Kapitalgesellschaft im deutschen, französischen und englischen Recht (2002) 143; Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 757. 97 Die Einleitung erfolgt auf Antrag der Gesellschaft, der Gläubiger oder auch von Amts wegen. Sie löst eine Exekutionssperre aus. Der Weg der Sanierung wird be-

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und je nach Zukunftsperspektive der Gesellschaft sowohl zu deren Fortführung aber auch zur Beendigung führen kann. Unter anderem normiert das redressement ou liquidation judiciaire mit Art. L 651-2 C com eine insolvenzrechtliche Ausfallshaftung, welche mit der action en comblement du passif (action en comblement de l’insuffisance d’actif) geltend zu machen ist. Geschäftsführungsfehler, die die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft hervorgerufen bzw. verstärkt haben, werden mit der persönlichen Haftung der Geschäftsführer sanktioniert.98 Die action en comblement du passif erlaubt, die Geschäftsleiter einer Aktiengesellschaft oder GmbH, über die das Reorganisationsverfahren oder das gerichtliche Liquidationsverfahren eröffnet wurde, zur Leistung des durch eine faute de gestion 99 verursachten Schadens heranzuziehen.100 Eben dieses Fehlverhalten kann in einer unterlassenen Konkursanzeige bzw. Insolvenzverfahrenseröffnung bestehen.101 Zudem muss die faute kausal für einen (höheren) Befriedigungsausfall sein (insuffisance d’actif). Der mit Hilfe der action en comblement du passif geltend gemachte Schaden entspricht den aufgrund der fehlenden Aktiva nicht befriedigten Forderungen der Gläubiger.102

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schritten, sofern eine reelle Chance der Erholung des Unternehmens besteht. Andernfalls ist die Gesellschaft aufzulösen. Das Prozedere des redressement judiciaire lässt sich in verschiedene Phasen gliedern: (i) Binnen einer sechsmonatigen Beobachtungsfrist (phase d’observation) legt der Geschäftsführer der Gesellschaft (gérant) gemeinsam mit einem vom Gericht ernannten administrateur eine Bilanz des Unternehmens sowie einen Sanierungsplan (projet de plan de redressement) vor; der bisherige Geschäftsführer bleibt damit – wenn auch unter Aufsicht – vorerst weiterhin im Amt. Lediglich Zahlungen auf Altverträge und die Bestellung von Sicherheiten sind ihm untersagt; über die Aufrechterhaltung gegenseitig verpflichtender, noch nicht erfüllter Verträge entscheidet der administrateur. (ii) Nach Ablauf der sechs Monate beschließt das Gericht auf Grundlage des Berichts des Geschäftsführers sowie des Sanierungsplans entweder über die Fortführung (continuation) der Gesellschaft oder den Verkauf (cession) des Unternehmens oder eines Teils desselben. Kann kein Reorganisationsplan festgelegt werden, ist die Liquidation der Gesellschaft einzuleiten. In der Praxis sind 90 % der beantragenden Gesellschaften in einer derart schlechten Kondition, dass die Beendigung der Gesellschaft unausweichlich ist. Vgl. hierzu Mercadal/Janin, Droit commercial Rdn. 28610ff. S. nur Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1372ff.; Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 203. Beispiel für eine faute ist ua der Abschluss von schädigenden Handelsabkommen (accords commerciaux ruineux); Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1374 mwN. Basdevant/Charvériat/Monod, Guide de l’administrateur Rdn. 399; Mercadal/Janin, Sociétés commerciales Rdn. 28765 ff.; Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1374. Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1374. «Le dommage est l’insuffisance d’actif, c’est-à-dire la fraction des créances qui n’a pas pu être remboursée grâce à des fonds provenant du patrimoine de la société»; Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1373.

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Das Gericht kann die Ersatzpflicht des Geschäftsleiters nach freiem Ermessen festlegen, wobei das Gesamtdefizit eine Obergrenze einzieht. Neuschulden können damit nicht – wie etwa im spanischen Recht – geltend gemacht werden.103 In der Praxis bleibt die Haftung der Geschäftsleitung regelmäßig hinter dem tatsächlichen Forderungsausfall zurück.104 Der Schadenersatzanspruch verjährt innerhalb von drei Jahren ab Eröffnung der Liquidation oder Festsetzung des Reorganisationsplans (plan d’entreprise/ plan de redressement).105 Nach Beendigung des redressement judiciaire ist eine action en comblement du passif ausgeschlossen, nicht jedoch eine allgemein zivilrechtliche Haftungsklage nach Art. L 225-251 C com.106 Bei dieser handelt es sich freilich nicht um eine Außenhaftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft; vielmehr fließt der Schadenersatz in das Gesellschaftsvermögen.107 Zur Klagserhebung sind nicht die einzelnen Gläubiger,108 sondern ausschließlich deren Vertreter aktivlegitimiert. Dies sind der Gläubigervertreter représentant des créanciers bzw. der für das Verfahren eingesetzte administrateur 109 und commissaire à l’exécution du plan, der liquidateur sowie der Staatsanwalt (procureur de la Républic).110

103 Vgl. Art. L 651-2 C com; Pernice, Insolvenzverschleppung 162. Haben mehrere Personen an der unterlassenen Konkursanzeige mitgewirkt, greift eine solidarische Haftung – das Gericht kann die vom Einzelnen zu tragenden Anteile hier wiederum nach freiem Ermessen festsetzen. 104 Pernice, Insolvenzverschleppung 163; für die Abwägung des Gerichts spielen Fragen wie die Rolle des gerant in der Geschäftsleitung, die Schwere des Fehlers, Höhe des Schadens, persönliche finanzielle Situierung des Geschäftsleiters eine Rolle. 105 Art. L 651-2 C com. 106 Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1383. 107 Art. L 624-3 al 3 C com; Habersack, ZHR 168 (2004), 205. 108 Einen persönlichen Schaden kann jedoch jeder Gläubiger persönlich nach allgemeinem Zivilrecht geltend machen; Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1374. 109 Ein administrateur judiciaire (Masseverwalter) wird vom Gericht ernannt (Art. L 621-8 C com). Er übernimmt – bei Einleitung des redressement judiciaire (Reorganisationsverfahren) – die Funktionen der Geschäftsführung. Vgl. nur Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1160ff. 110 S nur Guyon, Droit des affaires II Rdn. 1378 ff.

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H. Italien Erhebliche Verluste des Nennkapitals Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen bilden die Art. 2446f. des Bürgerlichen Gesetzbuches (Codice Civile [c.c.]) für die Aktiengesellschaft (Società per azioni [Spa]) und Art. 2482bis f. des Codice Civile für die GmbH (Società a responsabilità limitata [Srl]). Nach diesen Bestimmungen ist zu differenzieren, ob sich das Stammkapital infolge von Verlusten (i) um mehr als ein Drittel verringert hat, ohne jedoch das gesetzliche Mindestkapital zu unterschreiten (Art. 2446cc bzw. Art. 2482bis cc) oder ob es sich hingegen (ii) um mehr als ein Drittel verringert hat und dadurch unter das gesetzliche Mindestkapital fällt (Art. 2447cc bzw. Art. 2482bis cc).111 Je nachdem, ob das Mindestkapital durch die Verluste unterschritten wird oder nicht, ist das weitere Verfahren unterschiedlich ausgestaltet: (i) Wenn die Verluste ein Drittel des Stammkapitals übersteigen, aber das Nennkapital nicht unter den gesetzlichen Mindestbetrag fallen lassen, müssen die Geschäftsleiter (amministratori) unverzüglich eine Gesellschafterversammlung (assemblea) einberufen, um geeignete Maßnahmen zu beschließen.112 Der Gesellschafterversammlung ist ein Bericht der Geschäftsleitung über die Vermögenslage der Gesellschaft und eine Stellungnahme des Kontrollrats collegio sindacale 113 beziehungsweise – sofern bestellt – des Wirtschaftsprüfers vorzulegen.114 Der Ver-

111 Vgl. ausführlich Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck); Oelkers, Die Haftung des Leitungsorgans der italienischen società per azioni, in Kalss, Vorstandshaftung in 15 europäischen Rechtsordnungen, 567 ff.; Magelli/Masotto, Reform des italienischen Gesellschaftsrechts: Kapitalmaßnahmen in italienischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RIW 8/2003, 575. 112 In diesem Zusammenhang sieht Art. 2631 cc vor, dass diejenigen Verwaltungsratsmitglieder, die es verabsäumen, eine Gesellschafterversammlung in den gesetzlich oder statutarisch vorgesehenen Fällen und Fristen einzuberufen, mit einer Verwaltungsstrafe von 1.032 € bis 6.197 € bestraft werden. Bei Einberufung aufgrund von Verlusten erhöht sich die Verwaltungsstrafe um ein Drittel (Art. 2631 cc letzter Satz). In den Fällen, in denen weder das Gesetz noch die Satzung eine Frist für die Einberufung vorsehen, gilt diese nach Ablauf von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Einberufungsgrund als versäumt. Vgl. Magelli/Masotto, RIW 08/2003, 579f. 113 Die Bestellung des Revisorenrats collegio sindacale ist für die Spa sowie gemäß Art. 2477 cc für jene Srl obligatorisch, die ein Stammkapital von 120.000 € aufweisen oder zwei der folgenden Grenzen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschreiten: (i) Gesamtbetrag der Aktivseite der Bilanz: 3.125.000 €; (ii) Umsatzerlöse: 6.250.000 €; (iii) Anzahl der durchschnittlichen Arbeitnehmer: 50. 114 Um den Gesellschaftern die Einsichtnahme in den Bericht zu ermöglichen, muss dieser – sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht – zumindest acht

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mögensaufstellung sind going concern-Werte zugrunde zu legen. Etwaige stille Reserven können ausschließlich in der Erläuterung der amministratori berücksichtigt werden. Diese haben der Gesellschafterversammlung zudem eine ausführliche Einschätzung der Verlustursachen sowie der Schwere der Krise zu geben. Als geeignete Gegenmaßnahme anerkennt das Gesetz mehrere Möglichkeiten: (1) Verlustvortrag: Nach Art. 2446 Abs. 2c.c. bzw. Art. 2482bis Abs. 4c.c. kann die Gesellschafterversammlung beschließen, die Entscheidung über eine etwaige Kapitalherabsetzung auf das Ende des folgenden Geschäftsjahres zu vertagen. Hat sich der Verlust bis zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht auf weniger als ein Drittel verringert, muss die über den Jahresabschluss beschließende Gesellschafterversammlung das Stammkapital im Ausmaß der Verluste herabsetzen. Sollte die Gesellschafterversammlung keinen entsprechenden Beschluss fassen, ist die Kapitalherabsetzung von den Geschäftsleitern oder vom collegio sindacale beim Landgericht zu beantragen. Dieses nimmt die Kapitalherabsetzung mittels Verfügung vor, welche im Handelsregister eingetragen wird. (2) Kapitalherabsetzung: Die Gesellschafterversammlung bzw. die Geschäftsleitung kann auch sogleich eine Kapitalherabsetzung in Höhe der Verluste beschließen. (3) Kapitalmaßnahmen ohne Auswirkungen auf das Stammkapital: Maßnahmen zur Verlustabdeckung, die sich nicht auf das Stammkapital, sondern nur auf das Gesellschaftsvermögen auswirken, sind als rechtmäßig anerkannt. In der Praxis wird sowohl eine freiwillig von den Gesellschaftern geleistete Eigenkapitalzahlung als auch der Verzicht auf eine Forderung gegenüber der Gesellschaft zur Verlustabdeckung verwendet. In diesen Fällen nimmt die Gesellschafterversammlung nur noch zur Kenntnis, dass diese Maßnahmen vorgenommen wurden und unterläßt weitere Schritte.115 (ii) Fällt das Stammkapital durch den Verlust von mehr als einem Drittel unter den gesetzlichen Mindestbetrag, müssen die Geschäftsleiter unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einberufen. Diese hat die Wahl, (1) entweder einen Beschluss über die Kapitalherabsetzung und eine gleichzeitige Erhöhung auf einen über dem Mindeststammkapital liegenden Betrag zu fassen oder (2) die Umwandlung der Gesellschaft zu beschließen. Als Rechtsform kommt etwa eine OHG (società in nome collettivo) in Frage.116

Tage vor der Versammlung am Gesellschaftssitz hinterlegt werden (Art. 2446cc bzw. Art. 2482bis Abs. 2cc). Sofern noch nach seiner Erstellung relevante Tatsachen bekannt werden, sind auch diese Diskussionsgegenstand in der Versammlung (Art. 2446cc bzw. Art. 2482bis Abs. 3cc). 115 S. Salafia, Remissione dei debiti sociali e perdita dei capitale, Le Società 1999, 32. 116 Da es sich hierbei auch in Italien um eine Personengesellschaft handelt, ist ein Mindestkapital nicht vorgesehen.

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(3) Zudem stellt die Verminderung des Stammkapitals einen Auflösungsgrund für die Gesellschaft dar.117

Verantwortung für Verschleppungsschäden Trotz fehlender gesetzlicher Normierung sieht das italienische Schrifttum den Schuldner unter Rückgriff auf die Strafnorm des Art. 217 Nr. 4 des Konkursgesetzes (legge fallimentare [l. fall.]) überwiegend 118 als verpflichtet an, die Eröffnung des Konkursverfahrens bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu veranlassen.119 Welches Organ als antragsbefugt anzusehen ist, klären die Vorschriften über den Konkurs von Gesellschaften 120 nicht; die überwiegende Meinung sieht allein die Geschäftsleiter als berechtigt an.121 Reagiert die Geschäftsleitung nicht auf die tatbestandsmäßigen Verluste; d. h. beruft sie insbesondere keine Gesellschafterversammlung ein, greifen die allgemeinen Haftungsregeln der Art. 2392 bzw. 2393 c.c., die auf eine Solidarhaftung der organschaftlichen Vertreter gerichtet sind. Die Geltendmachung ist von der Gesellschafterversammlung zu beschließen; dies gilt gemäß Art. 2393 Abs. 1 c.c. auch im Abwicklungsverfahren. Ergänzt wird die Innenhaftung gemäß Art. 2394 c.c.122 durch eine Verantwort117 Art. 2484 Abs. 1 Nr. 4cc. S. Oelkers, Mindestkapital und Nennkapital – Leistungskraft für den Gläubigerschutz, GesRZ 06/2004, 360ff. und 01/2005, 27. 118 So etwa Pajardi, Codice del fallimento, 5. Aufl. 2004, 61; Ragusa Maggiore, Istituzioni di diritto fallimentare, 2. Aufl. 1994, 70 f.; aA offenbar Kindler, Italienisches Handels- und Wirtschaftsrecht 354. 119 Art. 217 Nr. 4 l fall (bancarotta semplice) normiert als einfaches Kridadelikt zwar ebenfalls keine unmittelbare Antragspflicht, bedroht jedoch einen Schuldner, der durch sein Zögern die Konkursmasse schmälert, mit Freiheitsentzug von sechs Monaten bis zu zwei Jahren. Jene Stimmen, die sich gegen eine Antragspflicht des Schuldners aussprechen, stützen sich insbesondere auf eine historische Interpretation: Art. 685 des Codice di Commercio von 1882 verpflichtete den Schuldner noch ausdrücklich, bei Eintritt der Insolvenz einen Konkursantrag zu stellen; diese Bestimmung wurde 1942 in den Codice Civile nicht übernommen. Die herrschende Lehre argumentiert hingegen, dass der geringen Aussagekraft einer rein historischen- bzw. reinen Wortinterpretation die Tatsache gegenübersteht, dass die rechtzeitige Verfahrenseröffnung nach wie vor eines der zentralen Ziele (scopi essenziali) des italienischen Insolvenzrechts bildet, und spricht sich für eine Antragspflicht mittels Rechtsfortbildung aus. Vgl. Bonelli G, Rivista di diritto commerciale 1922, 190ff.; Navarrini, Trattato di diritto fallimentare secondo la nuove legislazione3 (1939) 109. 120 Art. 146–154 l. fall. 121 Campobasso Bd III, XXIV 23. 122 Im Gegensatz zu Art. 2393cc handelt es sich nicht um eine vertragliche Haftung, sondern um einen Spezialfall der allgemeinen Schadenersatzregel des Art. 2043cc, d. h. um eine Haftung aus unerlaubter Handlung.

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lichkeit gegenüber Gesellschaftsgläubigern, denen die Geschäftsleiter zur Erhaltung der Integrität des Gesellschaftsvermögens verpflichtet sind. Entspricht das Leitungsorgan zwar der Einberufungspflicht, verstößt es aber gegen den dieser nachgeordneten Pflichtenkatalog (etwa in der Form, dass es die Einleitung des Feststellungsverfahrens beim Handelsregister unterlässt, keine außerordentliche Gesellschafterversammlung zwecks Bestimmung der Abwickler und ihrer Befugnisse bzw. Regelung des Liquidationsverfahrens einberuft), kommt Art. 2485c.c. zur Anwendung. Dieser sieht eine persönliche, solidarische Haftung gegenüber der Gesellschaft, Gesellschaftern sowie Dritten vor. Korrespondierend zu der fehlenden Kodifizierung der Pflicht, bei Zahlungsunfähigkeit einen Konkursantrag zu stellen, gibt das italienische Recht keine zivilrechtliche, sanktionierende Anspruchsgrundlage der unterlassenen Antragstellung vor. Jener (überwiegende) Teil der Lehre, der die Pflicht zur Konkurseinleitung aus der strafrechtlichen Norm der fahrlässigen Schmälerung der Masse gemäß Art. 217 Nr. 4 l. fall. erschließt, hat jene zu konstruieren: Hierbei bereiten die Neugläubiger, welche erst nach dem Zeitpunkt der Insolvenzreife mit der zahlungsunfähigen Gesellschaft kontrahieren, wenig Schwierigkeiten. Sie können den erlittenen Schaden auf Grundlage des Art. 2395c.c. (azione individuale del socio e del terzo) geltend machen, welcher einzelnen Gesellschaftern und Dritten, die durch fahrlässige oder vorsätzliche Handlungen der Geschäftsleiter direkt geschädigt worden sind,123 eine Anspruchsgrundlage bietet. Dogmatisch bildet Art. 2395 c.c. eine Unterkategorie der deliktischen Haftung,124 er kann parallel zu Art. 2393 c.c., welcher eine vertragliche Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft 123 Eine zu der französischen Rechtsprechung analoge Restriktion auf Schädigungen des Verwaltungsratsmitglieds, die es außerhalb seiner Organfunktion setzt (faute détachable de ses fonctions), ist dem italienischen Recht fremd. Zwar war die Interpretation des Tatbestandselements direttamente durchaus Gegenstand einiger Entscheidungen und wurde in frühen Jahren auch als Aufruf zur Beschränkung des Art. 2395 cc auf Schädigungen rein persönlichen Ursprungs, d. h. auf Schäden, die keinen Konnex zur Position des Geschäftsleiters aufweisen, verstanden; diese Ansicht konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Mit einer richtungsweisenden Entscheidung stellte der Kassationsgerichtshof im Jahr 1956 vielmehr klar, dass die Gesellschaft im italienischen Recht keine Schutzschildfunktion einnimmt und ein Geschädigter nicht auf ein alternatives Vorgehen gegen Gesellschaft oder direkten Schädiger beschränkt werden darf, sondern parallel bzw. in willkürlicher Reihenfolge Klagen gegen beide anstrengen kann. Damit sprach der Gerichtshof einem diesbezüglichen Bemühen um eine trennscharfe Differenzierung zwischen Schädigungen mit oder ohne Bezugnahme auf die Organfunktion die praktische Relevanz ab; in der jüngeren Judikatur (wie auch Literatur) nimmt die Diskussion um eine sachgerechte Abgrenzung kaum mehr Platz ein – Art. 2395 cc kommt gleichermaßen bei Qualifikation als Schädigung rein persönlichen Ursprungs wie auch bei Einstufung als Schädigung in Organfunktion zur Anwendung. 124 S. Cass 16 marzo 2001, n 3843 in Massimario 2001; Cass 28 febbraio 1998, n 2251 in Foro Italiano 1998 I, 3246; Cass 1° aprile 1994, n 3216 in Giustizia Civile 1994, 95.

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konstituiert, sowie Art. 2394c.c., welcher ebenfalls auf eine Vertragsverletzung abstellend eine Außenhaftung vorsieht, zur Anwendung kommen.125 Die Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung des Quotenschadens der Altgläubiger ist eine andere. Da die Frage, ob den Altgläubigern unmittelbar aus der verzögerten bzw. unterlassenen Antragstellung ein Schaden entstanden ist, den sie ebenso wie die Neugläubiger auf Grundlage des Art. 2395c.c. geltend machen können, wohl zu verneinen ist, sind die Altgläubiger vielmehr auf Art. 2394 c.c. zu verweisen: Nach Art. 2394 cc. haften die Geschäftsleiter, sofern sie ihrer Verantwortung, das Gesellschaftsvermögen als Haftungsfonds zugunsten der Gläubiger zu erhalten, nicht nachkommen und diese dadurch einen (mittelbaren) Schaden erleiden. Haftungsvoraussetzung ist somit neben der schuldhaften Pflichtverletzung des Leitungsorgans 126 die Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens zur Befriedigung der Gläubiger. I. Niederlande Erhebliche Verluste des Nennkapitals Die maßgebliche Rechtsgrundlage bildet Art. 2:108a des Bürgerlichen Gesetzbuches (Burgerlijk Wetboek [BW]). Das niederländische Recht normiert nur für die Aktiengesellschaft (naamloze vennootschap [NV]) die Pflicht des Vorstands, binnen drei Monaten ab Erkennbarkeit des Verlusts von mehr als der Hälfte des eingezahlten und eingeforderten Grundkapitals eine Hauptversammlung einzuberufen. Neben dem Vorstand ist der Aufsichtsrat befugt, die Einberufung vorzunehmen (Art. 2:109 BW).127 Die Unterlassung der Einberufung kann einen Haftungsanspruch der Gesellschaft wegen allgemeiner Sorgfaltsverletzung und schlechter Geschäftsführung iSv Art. 2:138 BW (Haftung bei Insolvenz) begründen.128 125 Adiutori, Funzione amministrativa e azione individuale di responsabilità (2000) 108; Borgioli, Giurisprudenza Commerciale 1981, 708; Franzoni, La responsabilità civili degli amministratori di società di capitali in Galgano, Trattato di diritto commerciale e di diritto pubblico dell’economia (1994) 94f. Ebenso: Cass 20 novembre 1956, n 4303, Diritto fallimentare 1957, 23: „Coesistono due titoli di responsabilità, l’uno per violazione del contratto da parte del contraente, l’altro per violazione del dovere giuridico del neminem laedere da parte del terzo estraneo al contratto […]“. 126 Vgl. etwa die Entscheidungen Trib Pavia 2 gennaio 2003 sowie Trib Pavia 6 novembre 2002, kommentiert von Succi/Vittone, Le Società 2004, 219 (225). 127 Werden Vorstand und Aufsichtsrat nicht tätig, kann jeder Aktionär vom Präsidenten der Rechtbank ermächtigt werden, selbst eine Hauptversammlung einzuberufen, s. Art. 2:112 iVm Art. 2: 108 a BW. 128 Rechtbank Maastricht 22. 08. 1996, Jurisprudentie ondernemingsrecht (1997), 128.

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Verantwortung für Verschleppungsschäden Das niederländische Recht kennt keinen eigenen Tatbestand der Konkursverschleppungshaftung.129 Gesellschaftsgläubiger werden auf die allgemeinen Normen des Schadenersatzrechts, konkret auf die individuellen Aufklärungspflichten, verwiesen. Vor diesem Hintergrund entwickelte der oberste Gerichtshof Hoge Raad eine Rechtsprechung, welche mit der Entscheidung Beklamel 130 ihren Ausgang nahm und Vorstandsmitglieder 131 persönlich haften lässt, wenn sie namens der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt neue Verbindlichkeiten eingehen, zu dem ihnen bereits hätte bewusst sein müssen, dass die Gesellschaft nicht in der Lage sein wird, diese zu erfüllen. Das vorwerfbare Verhalten, das die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, besteht in der Verletzung von Aufklärungspflichten über die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das Vorstandsmitglied haftet direkt gegenüber den Gläubigern für den entstandenen Schaden. Altgläubiger 132 werden vom Schutzbereich der Haftung nicht erfasst: Zum Zeitpunkt ihres Vertragsabschlusses befand sich die Gesellschaft noch nicht in einer Krisensituation, über die das Leitungsorgan hätte aufklären müssen. Aufgrund dieser unbefriedigenden Rechtslage, nach der eine Gläubigergruppe gänzlich aus dem Schutzbereich ausscheidet, wurde in dem – im März 2004 vorgelegten – Bericht zur Flexibilisierung des Kapitalschutzes bei der GmbH die Einführung einer Konkursverschleppungshaftung befürwortet, für die einmal mehr die Regeln des wrongful trading Pate stehen sollen.133

129 Bervoets, Die Haftung von Vorstandsmitgliedern niederländischer Kapitalgesellschaften, in Kalss, Vorstandshaftung in 15 europäischen Ländern (2005) 632. 130 S HR 06. 10. 1989, Nederlandse Jurisprudentie 1990/286 (Beklamel). 131 Auch das nicht aktiv handelnde Vorstandsmitglied, das eng mit dem betreffenden Geschäft verbunden war, wird in die Haftung mit einbezogen; s. ausführlich Boschma, De persoonlijke aansprakelijkheid van de bestuurder wegens het voortzetten van verliesgevende activiteiten van de vennootschap, LT, Verzamelde „Groninger“ opstellen aangeboden aan Vino Timmerman (2003) 1–13. 132 Die Grenze zwischen Alt- und Neugläubigern bildet der Zeitpunkt, in welchem dem Vorstandsmitglied bewusst wurde oder hätte werden sollen, dass die Gesellschaft ihre eingegangene Verpflichtung nicht halten könne; HR 06.10.1989, Nederlandse Jurisprudentie 1990, 286 (Beklamel). 133 Lennarts/Schutte-Veenstra, Versoepeling van het BV-Kapitaalbeschermingsrecht (2004) 89ff.

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J. Norwegen Erhebliche Verluste des Nennkapitals Norwegen schreibt sowohl für die Aktiengesellschaft als auch für die GmbH vor, dass das Eigenkapital der Gesellschaft zu jeder Zeit dem unternehmerischen Wagnis und der Größe des Geschäftsbetriebs angemessen (forsvarlig) sein muss.134 Auf der Ebene der Aktiengesellschaft normiert dies das 3. Kapitel § 3–4 des Aktiengesetzes (Allmennaksjeloven), für die GmbH das 3. Kapitel § 3–4 des GmbH-Gesetzes (Aksjeloven). Unangemessen sind die Eigenmittel jedenfalls dann, wenn sie das halbe Nennkapital 135 unterschreiten. Wenn angenommen werden kann, dass das Angemessenheitskriterium nicht (mehr) erfüllt wird, trifft den Verwaltungsrat (styret) als Leitungsorgan die sofortige Pflicht, die Gesellschafterversammlung (generalforsamling) einzuberufen,136 sie über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft in Kenntnis zu setzen und sanierende Maßnahmen zu empfehlen.137 Ist der Verwaltungsrat der Ansicht, dass eine Reorganisation keinen Erfolg verspricht, hat er die Liquidation vorzuschlagen.138 Zur Beantragung der Zwangsliquidation ist der Verwaltungsrat im Unterschied zum schwedischen, finnischen und dänischen Recht jedoch weder verpflichtet noch berechtigt 139 – dies fällt allein in die Zuständigkeit der Aktionäre.140

134 Vgl. ausführlich Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck). 135 Dieses beträgt bei der GmbH (aksjeselskap) 100.000 NKR, etwa 12.000 € (3. Kapitel § 3-1 Abs. 1 Aksjeloven) sowie 1.000.000 NKR, etwa 120.000 € (3. Kapitel § 3-1 Abs. 1 Allmenaksjeloven) bei der AG (allmennaksjeselskap). 136 Bei der Aktiengesellschaft ist das Zeitlimit mit sechs Monaten begrenzt, vgl. 3. Kapitel § 3-5 Abs. 1 letzter Satz Allmennaksjeloven. Im GmbH-Recht fehlt eine Parallelbestimmung. 137 3. Kapitel § 3-5 Abs. 1 Allmennaksjeloven; 3. Kapitel § 3-5 Abs. 1 Aksjeloven. 138 3. Kapitel § 3-5 Abs. 2 Allmennaksjeloven; 3. Kapitel § 3-5 Abs. 2 Aksjeloven. 139 Die Eröffnung des Konkursverfahrens fällt in die Kompetenz des Verwaltungsrats, er ist hierzu bei sonstiger strafrechtlicher Haftung (§ 284 Abs. 1 lit b Straffeloven [norwegisches Strafgesetz]) verpflichtet. Das norwegische Recht definiert Insolvenz in § 61 des Konkursgesetzes (Konkursloven) als dauerhaftes Unvermögen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen. Zudem müssen die Passiva die Aktiva übersteigen. Somit kombiniert das norwegische Konkursrecht Elemente der Zahlungsunfähigkeit mit jenen der Überschuldung. 140 Bleiben die Aktionäre (zumindest fahrlässig) untätig, riskieren sie nach 17. Kapitel § 17-1 Allmennaksjeloven bzw. 17. Kapitel § 17-1 Aksjeloven eine persönliche Haftung gegenüber der Gesellschaft.

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Verantwortung für Verschleppungsschäden Ein zivilrechtlicher Haftungstatbestand für Verschleppungsschäden fehlt im norwegischen Recht. Die rechtzeitige Stellung eines Insolvenzantrags 141 ist allein strafrechtlich abgesichert. Unter Rückgriff auf die Schadenersatzbestimmungen des 17. Kapitels des norwegischen GmbH-, bzw. Aktiengesetzes (Allmennaksjeloven bzw. Aksjeloven) leitet die Judikatur aus der strafrechtlichen Verantwortlichkeit jedoch regelmäßig auch eine zivilrechtliche Haftung ab.142 Zusätzlich sieht die hA eine direkte schadenersatzrechtliche Verantwortlichkeit der organschaftlichen Vertreter nach den Regeln der culpa in contrahendo vor. Entsprechend der norwegischen Literatur sind der Vorstand bzw. der geschäftsführende Direktor verpflichtet, potentielle Vertragspartner über die finanzielle Lage der Gesellschaft aufzuklären; 143 dieser Ansicht ist auch die Rechtsprechung gefolgt.144 Verletzen die Geschäftsleiter 145 ihre Aufklärungspflichten, haften sie direkt gegenüber den Gläubigern auf den Vertrauensschaden.146

141 § 61 Konkursloven. Antragsberechtigt sind der Schuldner sowie die Gläubiger, vgl. § 60 Konkursloven. 142 Vgl. Klaveness/Exner, Norwegen, in Jahn/Sahm, Insolvenzen in Europa, 4. Aufl. 2004, 343. Die 17. Kapitel Allmennaksjeloven und Aksjeloven statuieren eine Haftung des Vorstands und des geschäftsführenden Direktors gegenüber der Gesellschaft für Schäden, die sie ihr in Ausübung ihrer Tätigkeit fahrlässig oder vorsätzlich zufügen. Die Haftung gegenüber Dritten ist seit der Gesetzesnovelle 1999 nicht mehr in den Kapitalgesellschaftsgesetzen geregelt, sondern leitet sich aus allgemeinen schadenersatzrechtlichen Prinzipien (sog culpa-Prüfung) her. Im Ergebnis können die Leitungsorgane auch nach geltendem Recht gegenüber Dritten persönlich schadenersatzpflichtig werden, soweit ein unmittelbarer Schaden vorliegt. Handelt es sich hingegen um einen bloßen Reflexschaden, ist der Dritte erst dann berechtigt, direkt gegen die Geschäftsleiter vorzugehen, wenn feststeht, dass weder die Gesellschaft noch eine 10 %ige Aktionärsminderheit Schadenersatzansprüche erheben werden, der Anspruch ist also gegenüber demjenigen der Gesellschaft subsidiär, vgl. 17. Kapitel § 17-6 Allmennaksjeloven sowie 17. Kapitel § 17-6 Aksjeloven. 143 Dotevall, Skadeståndsanavar för styrelseledamot och verkställande direktör (1989) 514; Normann Aarum, Styrelsemedlemmers erstatningsansvar i aksjeselskaper (1994) 558ff. 144 NRt 1939 s. 679; NRt 1975 s. 198. 145 Der Adressatenkreis ist gemäß § 287 Abs. 2 Straffeloven nicht auf die wirksam bestellten Geschäftsleiter beschränkt; vielmehr haften auch diejenigen, die an der Unterlassung der Konkursbeantragung mitgewirkt haben (in Betracht kommen etwa die geschäftsführenden Direktoren, aber auch de facto Geschäftsführer). 146 Normann Aarum, Styrelsemedlemmers erstatningssnvar i aksjeselskaper (1994) 561.

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K. Österreich Erhebliche Verluste des Nennkapitals Bei Verlust des halben Grund- bzw. Stammkapitals verpflichtet das österreichische Kapitalgesellschaftsrecht die vertretungsbefugten Organe (Vorstand, Geschäftsführung, Verwaltungsrat 147) zur unverzüglichen Einberufung der Gesellschafterversammlung (§ 83 AktG bzw. § 36 Abs. 2 GmbHG).148 Die Bestimmung soll den Gesellschaftern Gelegenheit geben, die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft zu diskutieren und durch entsprechende Maßnahmen kontrollierend in die Geschäftsführung einzugreifen.149 Die Einberufungspflicht dient damit primär dem Schutz der Gesellschafter, die von der drohenden Insolvenzgefahr unterrichtet werden sollen,150 der Gläubigerschutz wird allenfalls reflexartig berücksichtigt.151 Über die Einberufung der Haupt- bzw. Generalversammlung hinaus enthält das Gesetz keine besonderen Verhaltensvorgaben. Die Geschäftsleitung ist zwar gehalten, eine ihrer Ansicht nach zweckmäßige Vorgangsweise vorzuschlagen und gegebenenfalls entsprechende Tagesordnungspunkte anzukündigen.152 Bis zum Eintritt materieller Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) kann sie die Geschäfte jedoch weiterführen. Die Gesellschafterversammlung hat die In-

147 § 83 AktG iVm § 38 Abs. 3 SEG. 148 Das Gesetz gibt keine besondere Frist vor, vielmehr ist die Gesellschafterversammlung unverzüglich einzuberufen, sobald die Geschäftsführung oder der Aufsichtsrat vom Hälfteverlust Kenntnis erlangt haben; d. h. die Geschäftsleitung hat sofort zu reagieren. S. Koppensteiner, GmbHG, 2. Aufl., § 36 Rdn. 12; Feil in Gellis, GmbHG, 5. Aufl., § 36 Rdn. 8; Reich-Rohrwig, Verlust des halben Stammkapitals und drohende Insolvenz, ecolex 1990, 354. 149 Nowotny, Verlust des halben Nennkapitals – Ein „kleiner“ Unterschied zwischen deutschem und österreichischem GmbH-Recht, in FS Semler (1993) 231 (238); ders in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 83 Rdn. 2; Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG, 4. Aufl., §§ 77–84 Rdn. 21; Harrer, Haftungsprobleme bei der GmbH (1990) 173; Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 11; s. a. Reich-Rohrwig, GmbHRecht (1983) 333; zur abweichenden historischen Zielsetzung des Art. 240 AHGB vgl. Kalss/Burger/Eckert, Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2003) 98f. 150 Nowotny in FS Semler (1993) 236; Schummer, Das Eigenkapitalersatzrecht – Notwendiges Rechtsinstitut oder Irrweg? (1998) 269; Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 11; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 333. 151 Nowotny in FS Semler (1993) 231 (237); Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 11; anders Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 333, Holeschofsky, Zur Haftung für den fehlgeschlagenen Sanierungsversuch, GesRZ 1987, 34 (36 f). 152 Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 12; Dellinger, Zur geplanten Haftung der Organmitglieder gemäß § 24 Unternehmensreorganisationsgesetz, ZIK 1997, 8 (9); Nowotny in FS Semler 231 (238).

Die Rechtspflichten der Geschäftsleiter in der Krise

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formation der geschäftsführenden Organe bloß zur Kenntnis zu nehmen, besondere Pflichten – etwa zur Beschlussfassung – bestehen auch für sie nicht.153 Anders als die aktienrechtliche Regelung verpflichtet § 36 Abs. 2 S 2 GmbHG die Geschäftsführer, gefasste Beschlüsse der Generalversammlung dem Handelsgericht mitzuteilen.154 Dies soll nach verbreiteter Auffassung dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger dienen.155 Folgerichtig wären die Geschäftsführer auch dann zur Mitteilung verpflichtet, wenn die Generalversammlung gar nicht stattfindet bzw. keinen Beschluss fasst.156 Die Verletzung der dargestellten Pflichten ist im Gesetz nicht besonders sanktioniert; es ist aber davon auszugehen, dass jedenfalls die allgemeinen Haftungsregelungen gegenüber der Gesellschaft greifen.157 Ob die §§ 36 Abs. 2 GmbHG, 83 AktG darüber hinaus als Schutzgesetze (§ 1311 ABGB) zugunsten der Gesellschaftsgläubiger zu qualifizieren sind, ist umstritten.158 Zum Teil wird dies aus der Mitteilungspflicht gegenüber dem Handelsgericht abgeleitet.159 Danach sollen zumindest jenen Gläubigern, die tatsächlich den Registerakt eingesehen haben, Haftungsansprüche gegen die Geschäftsführung zustehen.160

153 S. Nowotny in FS Semler 231 (242); Harrer, Haftungsprobleme bei der GmbH 172f.; Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 12; ders., Zur Haftung des GmbHGesellschafters, wbl. 1988, 1 (4f.); anders Karollus, Banken-, Gesellschafter- und Konzernleitungshaftung nach den „Eumig“-Erkenntnissen, ÖBA 1990, 337 (355); Holeschofsky, GesRZ 1987, 34 (36); wohl auch OGH JBl 1986, 713. 154 Die Mitteilung ist in die Urkundensammlung aufzunehmen (§ 12 FBG); Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 13; Nowotny in FS Semler 231 (240). 155 Nowotny in FS Semler 231 (242); Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 333; ders., ecolex 1990, 354; a. A. Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 11; Schumacher, Konkursverschleppung und Gesellschafterhaftung, RdW 1987, 394 (396). 156 Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 333; ders., ecolex 1990, 354; Nowotny in FS Semler 231 (240f.); anders unter Hinweis auf Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Bestimmung, Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 13; Feil in Gellis, GmbHG, 5. Aufl., § 36 Rdn. 9. 157 Koppensteiner, GmbHG § 37 Rdn. 14; Hüffer in Hachenburg, GmbHG § 49 Rdn. 29; s. dazu unter II. 158 Dafür etwa Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 333; ders., ecolex 1990, 354; Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG, 4. Aufl., §§ 74–88 Rdn. 24; Nowotny in FS Semler 231 (247); Holeschofsky, GesRZ 1987, 34 (36); vgl. a. Karollus, ÖBA 1990, 337 (353ff.); anders Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts (1990) 409 (Fn. 5); Nowotny in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 83 Rdn. 7; Koppensteiner, GmbHG § 36 Rdn. 14; ders., wbl. 1988, 1 (4f.); Hüffer in Hachenburg, GmbHG § 49 Rdn. 29. 159 Nowotny in FS Semler 231 (247). 160 Nowotny in FS Semler 231 (247); Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 333; ders., ecolex 1990, 354; skeptisch Adensamer/Eckert, Vorstandshaftung nach österreichischem Recht, in Kalss, Vorstandshaftung in 15 europäischen Ländern 165, 246.

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Verantwortung für Verschleppungsschäden Die österreichische Konkursverschleppungshaftung ist als deliktische Haftung aufgrund Schutzgesetzverletzung ausgestaltet (§ 1311 ABGB). Als zentraler dogmatischer Ausgangspunkt dient seit der Novellierung von § 159 StGB 161 die Konkursantragspflicht gemäß § 69 KO.162 § 69 Abs. 2 u. 3 KO verpflichtet die organschaftlichen Vertreter juristischer Personen mit Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen (Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber binnen sechzig Tagen die Eröffnung des Konkursverfahrens bei Gericht zu beantragen.163 Die Antragspflicht ist auf die wirksam bestellten Vertreter beschränkt,164 faktische Geschäftsführer sind zur Antragstellung weder legitimiert noch verpflichtet.165 Eine Ausweitung der Verpflichtung auf weitere Organe (Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat) ist vom Wortlaut der Bestimmung (§ 69 Abs. 3 KO) nicht gedeckt und kann auch aus anderen Vorschriften – namentlich der Einberufungspflicht nach den §§ 36 Abs. 2 GmbHG, 83 AktG 166 – nicht abgeleitet werden.167 Die Verpflichtung zur Konkurs- bzw. Insolvenzantragstellung bezieht sich nicht nur auf allein vertretungsbefugte Geschäftsleiter,168 sondern trifft zugleich die bloß gesamtvertretungsberechtigten Mitglieder der Geschäftsleitung.169 Sie greift trotz entgegenstehender Weisung der Gesellschafterversammlung und besteht auch bei 161 Dazu etwa Kalss/Eckert, Zentrale Fragen des GmbH-Rechts (2005) 272ff. 162 Vgl. ausführlich Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck). 163 Vgl. Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, KO § 69 Rdn. 36ff.; Koppensteiner, GmbHG § 25 Rdn. 35ff.; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I, 2. Aufl. 1997, Rdn. 2/446. 164 Zu den fehlerhaft bestellten Geschäftsführern s. Dellinger, Vorstands- und Geschäftsführerhaftung im Insolvenzfall (1991) 50. 165 OGH JBl 1990, 322; OGH 13. 9. 1995, 7Ob 562/94 = ecolex 1996, 94; Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, KO § 69 Rdn. 43; Luschin, Zur Konkursantragspflicht bei Kapitalgesellschaften, ZIK 1997, 215 (216f.); Koppensteiner, GmbHG § 25 Rdn. 35; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I Rdn. 2/446 (Fn 384); anders Dellinger, Geschäftsführerhaftung 50, der eine direkte Haftung faktischer Geschäftsführer aus ihrer Einwirkungsmöglichkeit auf die bestellten Organe ableitet; s. a. K. Schmidt in Scholz, GmbHG § 64 Rdn. 7. 166 S. Dellinger, Zur Kridahaftung der GmbH-Gesellschafter sowie zur Ersatzfähigkeit und Berechnung des Vertrauensschadens der Neugläubiger, wbl. 1993, 201 (203); Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht 427. 167 Dellinger, wbl. 1993, 201 (203 f.); s. a. ders., Geschäftsführerhaftung 46; so a. OGH ecolex 1996, 94; anders noch OGH SZ 65/155. 168 So noch OGH SZ 60/179 = ÖBA 1988, 165 [Karollus] = RdW 1988, 14 = wbl. 1988, 58. 169 OGH ZIK 1998, 36 = wbl. 1997, 210 = ÖBA 1997, 738; OGH SZ 62/61 = ÖBA 1989, 1120 [Dellinger] = wbl. 1989, 250; s. a. Dellinger, Geschäftsführerhaftung 45; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I Rdn. 2/400.

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Genehmigung konkursverschleppender Maßnahmen durch den Aufsichtsrat fort.170 Die Konkursantragspflicht soll entsprechend ihrer gesetzlichen Konzeption allgemein bei Zahlungsunfähigkeit (§ 66 KO) sowie – bei bestimmten Schuldnern – zusätzlich bei Überschuldung (§ 67 KO) greifen. Der Gesetzgeber hat zu beiden Konkurseröffnungsgründen auf eine Legaldefinition verzichtet. Generell ist von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auszugehen, wenn dieser mangels bereiter Mittel nicht in der Lage ist, (alle) fälligen Schulden zu begleichen, und sich die dafür erforderliche Liquidität auch nicht alsbald beschaffen kann.171 Bei juristischen Personen, eigens genannten Verlassenschaften und konkursfähigen Personengesellschaften (GmbH & Co KG) tritt als alternativer Konkursgrund die Überschuldung (§ 67 KO) hinzu. Eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung (§ 67 KO) tritt erst bei negativer Fortbestehensprognose ein, die (kumulativ) neben einer Überschuldung zu Liquidationswerten vorliegen muss.172 Entscheidend ist, dass die zukünftige Zahlungs- bzw. Lebensfähigkeit des Unternehmen nicht mehr überwiegend (> 50 %) wahrscheinlich ist; 173 wobei die Feststellung im Einzelfall Schwierigkeiten bereitet.174 Die Konkursantragspflicht gemäß § 69 KO ist nach allgemeiner Ansicht und Rechtsprechung ein Schutzgesetz (§ 1311 ABGB) zugunsten der Gläubiger der Gesellschaft.175 Ihre schuldhafte Verletzung mündet in eine direkte schadener-

170 Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, KO § 69 Rdn. 52; Doralt, Unbeschränkte Haftung bei Insolvenz der GmbH, GesRZ 1982, 88 (96); Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I Rdn. 2/411. 171 Dellinger in Konecny/Schubert § 66 Rdn. 5, 8 ff.; Honsell, GesRZ 1984, 140; OGH EvBl. 1982/164; OGH SZ 60/207 = RdW 1988, 13; OGH SZ 63/124 = ecolex 1990, 675 = wbl. 1990, 348 [Dellinger]. 172 Anders die Ausgestaltung in Deutschland (§ 19 InsO); s. dazu unter S. 5. 173 OGH SZ 59/216 = wbl 1987, 74 [ Wilhelm] = RdW 1987, 126 = EvBl. 1987/104 = ÖBA 1987, 322 [Hoyer]; OGH SZ 60/244; OGH SZ 61/26 = ÖBA 1988, 828 [Apathy] = wbl. 1988, 129 [Wilhelm]; OGH 61/122 = JBl. 1989, 53 [Schumacher] = ÖBA 1989, 159; OGH SZ 67/128; OGH 19. 11. 1998, 2Ob 268/98w; OGH 26. 02. 2002, 1Ob 144/01 k. 174 Überblick bei Adensamer/Eckert in Kalss, Vorstandshaftung in 15 europäischen Ländern 165, 252. 175 EBRV 124 BlgNR XXII. GP, S 16; OGH SZ 51/88; OGH SZ 53/53; OGH GesRZ 1981, 183; OGH RdW 1984, 42 (alle noch in Bezug auf § 85 GmbHG aF); OGH SZ 60/179 = ÖBA 1988, 165 [Karollus] = RdW 1988, 14 = wbl. 1988, 58; OGH wbl. 1989, 155 = EvBl 1989/122; OGH SZ 62/160 = JBl. 1990, 322 [P Bydlinski] = ÖBA 1990, 554 [Apathy] = RdW 1990, 251; OGH wbl 1990, 147; OGH wbl. 1990, 345; OGH 15. 01. 1992, 7Ob 598/92; OGH SZ 65/155 = ecolex 1993 = ÖZW 1994 = wbl. 1993; OGH wbl. 1997, 210 = ZIK 1998, 36; OGH ecolex 1998, 327 = ÖBA 1998, 488; OGH 13. 02. 2003, 8Ob 4/03a; Koppensteiner, GmbHG § 25 Rdn. 35; ReichRohrwig, GmbH-Recht I Rdn. 2/451; MünchKommAktG/Kalss § 92 Rdn. 58; Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht 397f.; Dellinger, Geschäfts-

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satzrechtliche Verantwortlichkeit der organschaftlichen Vertreter gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft (Konkursverschleppungshaftung).176 Grundsätzlich werden sämtliche durch die verspätete Konkurseröffnung geschädigten Gläubiger in den Schutzbereich des § 69 KO miteinbezogen.177 Der genaue Umfang des ersatzfähigen Schadens ist jedoch umstritten und hängt nach derzeit geltender Judikatur wesentlich vom Zeitpunkt ab, in dem der Gläubiger seine Forderung gegenüber der Gesellschaft erworben hat: Der ersatzfähige Schaden der Altgläubiger ist auf die Quotenverschlechterung – als Differenz zwischen fiktiver Quote bei rechtzeitiger Konkursanmeldung und tatsächlich erzielter Quote – beschränkt. Ein darüber hinausgehender Ersatz des negativen Interesses ist schon aus Kausalitätserwägungen auszuschließen. Während aufrechten Konkursverfahrens besteht keine direkte Handhabe gegen die organschaftlichen Vertreter (§ 69 Abs 5 KO); Altgläubiger können ihren Quotenschaden erst nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und nur soweit geltend machen können, als der entsprechende Schaden der Gesellschaft nicht bereits durch den Masseverwalter liquidiert wurde.178 Neugläubigern wird nach derzeitiger Rechtsprechung der Ersatz ihres negativen Interesses (Vertrauensschaden) eingeräumt.179 Dies wird aus der Zielsetzung der Konkursantragspflicht abgeleitet, welche allgemein darauf ausgerichtet sei, insolvente Gesellschaften aus dem Rechtsgeschäftsverkehr zu ziehen um potentielle Geschäftspartner vor einer Kreditgewährung an eine bereits insolvente Gesellschaft zu bewahren.180

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führerhaftung 52; Karollus, ÖBA 1995, 7 (12); abweichend soweit ersichtlich nur Harrer, Haftungsprobleme 57 ff. Die Geschäftsleitung ist damit einer Doppelhaftung ausgesetzt; einerseits kann die Gesellschaft, andererseits jeder einzelne Gläubiger Ansprüche geltend machen; Schummer, Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Konkursverschleppung – ebenfalls ein Irrweg? in FS Koppensteiner 211 (212). Zur Haftung wegen Schutzverletzung vgl. allgemein Karollus, Funktion und Dogmatik der Haftung aus Schutzgesetzverletzung (1992). Vom Schutzbereich des § 69 KO sind allerdings Personen ausgenommen, die trotz Kenntnis von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Gläubigerstellung erlangt haben; OGH wbl. 1990, 147. EBRV 124 BlgNR XXII. GP, S. 24. OGH ecolex 1998, 327 = ÖBA 1998, 488; bestätigend OGH ecolex 1999, 634 = EvBl 1999/149; OGH ZIK 1999, 178. OGH ecolex 1998, 329 = ÖBA 1998, 488; bestätigend OGH ecolex 1999, 634 = EvBl 1999/149; OGH ZIK 1999, 178; kritisch Koppensteiner, GmbHG § 25 Rdn. 38.

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L. Schweden Erhebliche Verluste des Nennkapitals Das schwedische Kapitalgesellschaftsrecht kennt nur eine einzige Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung: Die Aktiengesellschaft (aktiebolag), die sich seit 1995 in eine private 181 (privat aktiebolag) und eine öffentliche 182 (publikt aktiebolag) Form untergliedern lässt.183 Die für die Kapitalbindung 184 maßgeblichen Bestimmungen sind die §§ 13–20 des 25. Kapitels des Aktiengesetzes (Aktiebolagslag [ABL]).185 § 13 ABL normiert eine Handlungspflicht des Verwaltungsrats (bolagsstyrelsen), sobald dieser Grund zur Annahme hat, dass die Eigenmittel der Gesellschaft auf weniger als die Hälfte des eingetragenen Grundkapitals gesunken sind.186 In diesem Fall hat der Verwaltungsrat unverzüglich 187 eine sogenannte Kontrollbilanz (kontrollbalansräkning) zu erstellen 188 und diese einer Prüfung durch die Revisoren zu unterziehen. Die Kontrollbilanz ist unter Annahme der Unternehmensfortführung (going concern) 189 und grundsätzlich gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über den

181 Die geschlossene AG hat ein Mindestgrundkapital von 100.000 SEK (ca 11.000 €); vgl. 1 Kapitel § 3 Abs. 2 ABL. S. Dejmek, Die Übertragung der Gesellschaftsanteile an der schwedischen privaten aktiebolag, in Kalss, Die Übertragung von GmbHGeschäftsanteilen in 14 Rechtsordnungen Europas (2003) 190ff. 182 Die Zweite Gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates vom 13. 12. 1976 (77/91/ EWG) findet nur auf die Publikums-AG Anwendung. Die Publikums-AG muss ein Mindestgrundkapital in Höhe von 500.000 SEK, dies entspricht ca 55.000 €, aufbringen; vgl. 1 Kapitel § 14 Abs. 1 ABL. 183 Sofern nichts Abweichendes normiert ist, gelten die Gesetzesbestimmungen für beide Gesellschaftsformen; vgl. 1 Kapitel § 2 Abs. 2 ABL. 184 Vgl. Oelkers, Mindestkapital und Nennkapital – Leistungskraft für den Gläubigerschutz, GesRZ 06/2004, 360 ff. (Teil 1) und 01/2005, 27ff. (Teil 2). 185 Dieses ist während der letzten 10 Jahre einer Modernisierung unterzogen worden. Das neue Aktiengesetz ist als Ergebnis dieser Reformarbeiten am 1. Januar 2006 als ABL 2006 in Kraft getreten. Die nach dem bis 31. 12. 2005 geltenden Aktiengesetz ABL 1975 maßgeblichen Bestimmungen waren die §§ 12–19 des 13. Kapitels ABL 1975. 186 Die Beurteilung einer Situation als pflichtauslösend ist objektiviert. Eine Handlungspflicht muss als vorliegend betrachtet werden, wenn dem Verwaltungsrat hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft das Risiko eines Kapitalmangels hätte bewusst sein müssen; vgl. Andersson, Kapitalskyddet i aktiebolag (2002) 148, s. zudem Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck). 187 Welche Zeitspanne der Begriff unverzüglich umfasst, ist im Einzelfall zu beurteilen; vgl. Andersson, Kapitalskyddet 2002 sowie Prop 200/01:150 s. 91. 188 Für eine beispielhafte Darstellung einer Kontrollbilanz s. Heinestamm, Fusioner & Fissioner5 (2004) 99. 189 Vgl. nur Svensson/Danelius, Aktiebolagslagen-Kommentar och lagtexter 279ff.

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Jahresabschluss 190 zu erstellen.191 Jedoch erlaubt § 14 des 25. Kapitels ABL gewisse Abweichungen. Führt ein anderer als der beim Jahresabschluss maßgebliche Bewertungsgrundsatz zu einem höheren Eigenkapital, darf dieser zugrunde gelegt werden.192 § 14 Z 1 des 25. Kapitels ABL sieht die Möglichkeit vor, Aktiva höher – nämlich zu ihrem tatsächlichen Wert (nettoförsäljningsvärdet) – sowie Passiva niedriger zu bewerten,193 sofern die dabei angewandten Maßstäbe mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (god redovisningssed) vereinbar sind.194 Wird von den in § 14 des 25. Kapitels ABL normierten Abweichungen Gebrauch gemacht, ist dies gesondert auszuweisen. Bestätigt die Bilanz den Verdacht über den Verlust des halben Grundkapitals, so hat der Verwaltungsrat schnellstmöglich 195 eine Hauptversammlung (bolagsstämma) – die sogenannte erste Kontrollhauptversammlung (första kontrollstämma) – einzuberufen und dieser die Frage vorzulegen, ob die Gesellschaft zu liquidieren ist.196 Beschließt die erste Kontrollhauptversammlung, dass die Gesellschaft noch nicht in das Stadium der Liquidation treten soll, so ist nach Ablauf von acht Monaten, die gewissermaßen einen Aufschub zur Sanierung der Gesellschaft bzw. zur Aufstockung des Kapitals darstellen, erneut eine Hauptversammlung, die zweite Kontrollhauptversammlung, abzuhalten (andra kontrollstämma).197 Die schwedische Lehre 198 beschreibt drei Methoden der Sanierung: (i) Durch eine Kapitalherabsetzung; hierbei bildet das Mindeststammkapital in Höhe von 100.000 SEK die Untergrenze (oäkta sanering).

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Årsredovisningslagen 1995:1554 (ÅRL). 25. Kapitel § 14 ABL. S. Andersson, Kapitalskyddet (2002) 146. In Einzelfällen ist auch die Möglichkeit vorgesehen, Passiva gar nicht auszuweisen: So ist eine Verbindlichkeit, die durch die Aufnahme eines staatlichen Kredits entstand und deren Rückzahlungspflicht von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft abhängt, nicht in die Kontrollbilanz aufzunehmen, sofern die Schuld im Konkurs- oder Liquidationsfall erst nach Begleichung der anderen Verbindlichkeiten zurückzuzahlen ist (25. Kapitel § 14 Z 3 ABL). Auch immaterielle Wirtschaftsgüter nehmen in der Kontrollbilanz eine Sonderstellung ein: Während sie im Jahresabschluss nicht aktivierbar sind, dürfen sie im Rahmen dieser zum gemeinen Wert ausgewiesen werden. Dieser Ausdruck impliziert, dass die Einberufung unverzüglich zu veranlassen ist, jedoch steht dem Verwaltungsrat nach hA die volle Einberufungsfrist, welche Gesetz oder Satzung vorsehen, zu (dies sind maximal sechs Wochen, vgl. 7. Kapitel § 18 Abs. 1 ABL); Andersson, Kapitalskyddet i aktiebolag (2002) 150. 25. § 15 ABL. 25. Kapitel § 16 ABL. Vgl. Svensson/Danelius, Aktiebolagslagen-Kommentar och lagtexter (2002) 279ff.; Andersson, Kapitalskyddet i aktiebolag (2002) 151; Rodhe, Aktiebolagsrätt (2002) 79 f.; Johansson; Nials svensk associationsrätt i huvuddrag (2001) 329; Hemström, Bolagens rättsliga ställning (2002) 149.

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(ii) Durch eine Neuemission zu über-pari Werten, wobei das Agio zur Verlustdeckung verwendet wird (äkta sanering). (iii) Durch den Zuschuss frischen Eigenkapitals durch Aktionäre oder Dritte an die Gesellschaft bzw. durch die Gewährung eines Darlehens – der Darlehensvertrag hat die Klausel zu enthalten, dass der geschuldete Betrag erst dann zurückzuzahlen ist, wenn die Gesellschaft wieder über ausreichendes Eigenkapital verfügt (aktieägartillskott).199 Während der zweiten Kontrollhauptversammlung ist erneut auf Grundlage einer Kontrollbilanz (ny kontrollbalans) über eine Liquidation zu beschließen. Ergibt auch diese Bilanz, dass die Gesellschaftsmittel das Grundkapital weiterhin unterschreiten und beschließt die zweite Kontrollhauptversammlung dennoch nicht freiwillig die Liquidation, so wird die Gesellschaft zwangsliquidiert.200 Erstellt der Verwaltungsrat die Kontrollbilanz nicht, lässt er diese nicht prüfen oder ruft er die Hauptversammlung nicht ein bzw. beantragt er nicht nach acht Monaten gegebenenfalls die gerichtliche Zwangsliquidation, haften die Verwaltungsratsmitglieder unabhängig vom Vorliegen eines Schadens persönlich und solidarisch für die Verbindlichkeiten, die seit Unterlassung der gebotenen Handlung entstanden sind. Dasselbe gilt für Personen, die in Kenntnis der Säumnis des Verwaltungsrats im Namen der Gesellschaft gehandelt haben, etwa der geschäftsführende Direktor.201 Diejenigen Aktionäre, die während der zweiten Kontrollhauptversammlung in Kenntnis der Liquidationspflicht gegen diese gestimmt haben, werden solidarisch mit den oben erwähnten Personen verantwortlich.202

199 Zugleich steht es der Gesellschaft frei, keine dieser Maßnahmen zu ergreifen – in der Hoffnung, dass sich die Geschäftslage automatisch bessert. 200 In diesen Fällen hat der Verwaltungsrat die gerichtliche Liquidation binnen zwei Wochen zu beantragen. Antragsberechtigt sind jedes einzelne Verwaltungsratsmitglied, der geschäftsführende Direktor, ein Prüfer sowie der einzelne Aktionär – nicht jedoch die Gläubiger. Die Gesellschaft ist auch dann zu liquidieren, wenn eine zweite Kontrollhauptversammlung nicht innerhalb von acht Monaten abgehalten wird sowie, wenn die zweite Kontrollbilanz keiner Prüfung durch die Revisoren unterzogen wird. Das Gericht hat die Liquidation jedoch zu versagen, wenn die Hauptversammlung in der Zwischenzeit, d. h. nach dem Antrag auf Zwangsliquidation, eine Kontrollbilanz aufstellt, aus welcher hervorgeht, dass das Eigenkapital dem Grundkapital zumindest entspricht. 201 25. Kapitel § 18 3. Teil ABL normiert eine Beweislastumkehr. Das Verwaltungsratsmitglied sowie der im Namen der Gesellschaft Handelnde kann sich von der Haftung befreien, indem er vorbringt, dass er dem Beschluss des Kollegiums, keine Kontrollbilanz zu errichten, nicht zugestimmt hat und diesen Vorbehalt im Verwaltungsratsprotokoll dokumentieren ließ. 202 Die Haftung wegen Nichterrichtung der ersten Kontrollbilanz bzw. ihrer unterlassenen Prüfung greift nur dann, wenn das Eigenkapital zu dem Zeitpunkt, zu dem die Verpflichtung zur Errichtung der ersten Kontrollbilanz bestand, tatsächlich weniger als die Hälfte des registrierten Grundkapitals betrug. Es kommt ferner zu keiner Haftung, wenn das Eigenkapital nach diesem Zeitpunkt, aber vor dem spätmög-

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Verantwortung für Verschleppungsschäden Das schwedische Recht kennt keinen eigenständigen Haftungstatbestand der Konkursverschleppung.203 Verschleppungsschäden werden über die Kapitalerhaltungsregeln aufgefangen, die bei Verlust des halben Nennkapitals greifen. Nach insoweit einhelliger Literatur umfasst die Haftung neben den wirksam bestellten auch die fehlerhaft bestellten Geschäftsleiter; 204 ob auch die faktischen Geschäftsleiter der Haftung unterliegen, ist umstritten.205 Anspruchsberechtigt ist jeder, der eine Forderung gegen die Gesellschaft hat, soweit die Verwaltungsratsmitglieder bei Entstehen der Forderung pflichtwidrig gehandelt haben.206 Das Vorliegen eines Schadens ist keine Haftungsvoraussetzung. Die Rechtsprechung betrachtet diese Regeln im Verhältnis zum allgemeinen Schadenersatzrecht als lex specialis, was eine darüber hinaus gehende Haftung der Geschäftsleitung nach allgemeinen Prinzipien ausschließt. Demgegenüber wird

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lichsten Errichtungszeitpunkt doch noch die kritische Grenze überschreitet. Es genügt somit für eine Haftung nicht, dass bloß Grund zur Annahme mangelnden Kapitals besteht. Wen in dem oben beschriebenen Fall die Beweislast trifft, ist nicht gesetzlich normiert, der Gesetzgeber überlässt diese Frage der Judikatur. In der Rechtsprechung wurde bisher angenommen, dass den Gläubiger die Last trifft, zu beweisen, dass tatsächlich ein Kapitalmangel vorlag; vgl. Andersson, Kapitalskyddet i aktiebolag (2002) 155 sowie Svensson/Danelius, Aktiebolagslagen-Kommentar och lagtexter (2002) 289. Zudem greift die Haftung nicht für jene Verbindlichkeiten, die nach Beantragung der Liquidation entstehen. Eine Konkursantragspflicht des Schuldners besteht nach hL nicht. Antragsberechtigt sind neben dem Schuldner seine Gläubiger; s. 1. Kapitel § 2 Abs. 1 Konkurslagen (schwedisches Konkursgesetz). Ein Schuldner gilt nach schwedischem Recht als insolvent, wenn er nicht in der Lage ist, seine Schulden bei Fälligkeit zu bezahlen und dieses Unvermögen nicht nur vorübergehend ist. Konkursgrund ist einzig die Zahlungsunfähigkeit, die Überschuldung allein führt noch nicht zur Insolvenz; s. 1. Kapitel § 2 Abs. 2 Konkurslagen sowie Herrmann, Schweden, in Jahn/Sahm, Insolvenzen in Europa, 4. Aufl. 2004, 434. Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledemot och verkställande direktör (1989) 82ff.; Stattin, Företagsstyrning (2005) 227 ff. Dafür Andersson, Kapitalskyddet i aktiebolag (2002) 154; Löfgren/Kornfeld, Personligt ansvar, 3. Aufl. 2002, 71; Stattin, Företagsstyrning (2005) 223ff., dagegen Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledemot och verkställande direktör (1989) 84f. Das staatliche Komitee zur Überarbeitung des schwedischen Gesellschaftsrechts hält in seinem Bericht Statens offentliga utredningar / SOU 1999:36 S. 100f. fest, dass die gesetzlichen Bestimmungen eine Haftung auch der de facto Geschäftsführer nicht ausschließen. Die Beantwortung der Frage, inwieweit diese Möglichkeit besteht, überlässt das Komitee jedoch der Rechtsprechung und Lehre. 25. Kapitel § 18 Abs. 1 ABL. Die Anspruchsberechtigung kommt zwar hier nicht dem Konkursverwalter zu, jedoch haben die Gläubiger die Möglichkeit, diesen zur Prozessführung zu ermächtigen, vgl. Löfgren/Kornfeld, Personligt ansvar, 3. Aufl. 2002, 73.

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von Teilen der Lehre – im Anschluss an die dänische und norwegische Praxis – zusätzlich zu den Kapitalerhaltungsregeln eine Geschäftsleiterhaftung aus culpa in contrahendo befürwortet.207 Danach besteht eine Pflicht des Vorstands bzw. des geschäftsführenden Direktors, potentielle Vertragspartner über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft aufzuklären.208 Ihre schuldhafte Verletzung 209 begründet die persönliche und direkte Haftung der Leitungsorgane gegenüber den Gläubigern.210 Diese Auffassung hat in der schwedischen Rechtsprechung bisher allerdings noch keinen Niederschlag gefunden. Die haftungsrechtliche Spezialregelung des 25. Kapitels § 18 ABL umfasst nur Neugläubiger, deren Forderungen nach Außerachtlassung einer der den Verwaltungsrat treffenden Verhaltenspflichten aufgekommen sind. Altgläubiger, die ihre Ansprüche nicht auf die Haftungssanktion gemäß 25. Kapitels ABL stützen können, müssen nach den allgemeinen aktienrechtlichen Haftungsbestimmungen des 29. Kapitels schwedisches Aktiengesetz vorgehen. Demgemäß haften die Verwaltungsratsmitglieder und der geschäftsführende Direktor persönlich und solidarisch gegenüber Dritten (externt skadeståndsansvar), soweit der Schaden durch einen Verstoß gegen das Aktiengesetz, die Satzung oder das Jahresabschlussgesetz zugefügt wurde und es sich dabei nicht um einen bloßen Reflexschaden handelt.211 Das Vorliegen eines Schadens ist in diesem Fall – und im Gegensatz zur Haftung nach 25. Kapitel § 18 ABL – Tatbestandsmerkmal. Gläubiger, die aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens der Leitungsmitglieder einen Schaden erlitten haben, können daneben gegen die Gesellschaft vorgehen. Diese kann ihrerseits an den Verwaltern Regress nehmen.

207 Dotevall, Skadeståndsanavar för styrelseledamot och verkställande direktör (1989) 523, 527f. 208 Soweit die Geschäftsleitung zu diesem Zeitpunkt bereits hätte erkennen müssen, dass die Gesellschaft ihren Teil des Vertrags nicht würde erfüllen können; Dotevall, Skadeståndsanavar för styrelseledamot och verkställande direktör (1989) 517, 520. 209 Zusätzliche Voraussetzungen, wie die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens oder wirtschaftliches Eigeninteresse am Vertragsabschluss, schreibt das schwedische Recht nicht vor. 210 Und zwar im Gegensatz zum deutschen Recht auf das positive Interesse (Erfüllungsinteresse); s. Hellner, Speciell avtalsrätt II 2. häftet, 2. Aufl. 1993, 210f.; Dotevall, Skadeståndsanavar för styrelseledamot och verkställande direktör (1989) 523, 527f. 211 29. Kapitel § 1 2. Satz ABL 2006. Andersson befürwortet – entgegen der hM – eine externe Haftung auch bei bloßen Reflexschäden, vgl. Andersson, Medelbar skada och aktieägares skadeståndsanspråk in Nordisk Tidsskrift for Selskabsret 1999:3 81 ff.

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M. Slowenien Erhebliche Verluste des Nennkapitals Am 23. 07. 1999 ist in Slowenien das Gesetz über das Finanzverhalten der Unternehmen (ZFPPod) 212 in Kraft getreten. Dieses Gesetz gilt für beide Kapitalgesellschaftsformen nach dem ZGD und enthält in seinem 2. Kapitel Vorschriften über die angemessene Kapitalausstattung von Kapitalgesellschaften (Art. 6 ZFPPod), sowie entsprechende Verhaltenspflichten, die bei Unterkapitalisierung, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft greifen (Art. 10–18 ZFPPod). Das Gesetz verpflichtet die Kapitalgesellschaften von vornherein zu einer – nach Art und Umfang der vorgenommenen Geschäfte – angemessenen Kapitalausstattung (Art. 6 ZFPPod). Ergibt die Erstellung einer Jahres- oder Zwischenbilanz den Verlust der Hälfte des Grundkapitals, wird ein Verstoß gegen Art. 6 ZFPPod jedenfalls angenommen (Art. 10 Abs. 1, 2 ZFPPod). In diesem Fall haben Vorstand bzw. Geschäftsführung die Gründe für den Eintritt der Unterkapitalisierung zu analysieren und innerhalb einer zweimonatigen Frist entsprechende Sanierungsmaßnahmen auszuarbeiten (Z 1); Maßnahmen, die in die Zuständigkeit des Leitungsorgans fallen, sind sofort umzusetzen (Z 2); schließlich ist die Gesellschafterversammlung einzuberufen und ihr die Umsetzung jener Maßnahmen vorzuschlagen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen (Art. 10 Abs. 1 Z 3 ZFPPod). Bei Verletzung dieses Pflichtenkatalogs sieht das Gesetz die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung gegenüber den Gläubigern vor (Art. 19 Abs. 1 Z 1 ZFPPod). Die Sanktion ist als insolvenzbezogene Ausfallshaftung gestaltet, wobei Art. 21 Abs. 1 ZFPPod eine Deckelung der Ersatzpflicht 213 vorsieht.

Verantwortung für Verschleppungsschäden In Slowenien werden Schäden, die durch das einfache Weiterführen der Geschäfte in der Unternehmenskrise entstehen, teilweise über die Regeln aufgefangen, die bei Unterkapitalisierung der Gesellschaft respektive schweren Verlusten des Nennkapitals greifen (Art. 10 ZFPPod). Zusätzlich kennt das slowenische Recht eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter, die – wie das deutsche Recht – an die schuldhafte Verletzung der Insolvenzantragspflicht anknüpft (vgl. Art. 12 f. ZFPPod): 212 Zakon o finančnem poslovanju podjetij, Uradni list RS, 8. 07. 1999 Nr. 54, S. 6753–6759. Deutsche Übersetzung abgedruckt in WiRO 2000, 219. 213 Zur Höhe der Deckelung s. sogleich.

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Ist das Unternehmen nicht mehr in der Lage seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen (Zahlungsunfähigkeit – Art. 12 ZFPPod), oder reicht das Unternehmensvermögen nicht mehr zur Tilgung der Verbindlichkeiten aus (Überschuldung – Art. 13 ZFPPod),214 ist die Geschäftsleitung sofort, spätestens aber innerhalb zweier Monate 215 zur Eröffnung des Konkurs- oder Zwangsausgleichsverfahrens verpflichtet (Art. 12, 13 ZFPPod). Die schuldhafte Verletzung der genannten Verpflichtung führt im Konkursfall zur Haftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft (Art. 19f. ZFPPod). Der Adressatenkreis umfasst neben der Geschäftsleitung (Art. 19 ZFPPod) auch den Aufsichtsrat (Art. 20 Abs 1 ZFPPod) und die Gesellschafter (Art. 20 Abs. 2 ZFPPod) der Kapitalgesellschaft. Der Haftungsumfang bestimmt sich nach dem Forderungsausfall der Gläubiger im Konkurs; für Mitglieder des Vorstands bzw. des Aufsichtsrats sieht das Gesetz (Art. 21 Abs. 1 ZFPPod) – je nach Größe der Gesellschaft – eine Deckelung (von 5 bis maximal 15 Mio Tolar; dies entspricht etwa 23.500 bis 70.500 €) 216 vor. Die Schadenersatzansprüche können nur auf Rechnung aller Konkursgläubiger, entweder durch den Konkursverwalter (Art. 22 Abs 1 ZFPPod) oder den einzelnen Gläubiger (Art. 22 Abs. 2 ZFPPod) geltend gemacht werden. Gibt das Gericht dem Klagebegehren statt, hat der Beklagte den Schadenersatz in die Konkursmasse zu leisten (Art. 22 Abs. 3 ZFPPod).

N. Spanien Erhebliche Verluste des Nennkapitals Wie im französischen Recht stellt ein erheblicher Verlust des Gesellschaftsvermögens auch in Spanien einen Auflösungsgrund für die Gesellschaft dar. 217 Entsprechend Art. 260 Aktiengesetz (Ley de Sociedades Anónimas [LSA]) sowie 214 S. Struc, Slowenisches Insolvenzrecht, ZIK 2005, 159 (160). 215 Die Bestimmungen über die Zahlungsunfähigkeit (Art. 12) und die Überschuldung (Art. 13) sind bezogen auf den Verfahrensablauf nicht einheitlich gestaltet (vgl. Art. 12 Abs. 2 sowie Art. 13 Abs. 2 u. 3). 216 Die Deckelung greift allerdings nicht, wenn der Schaden absichtlich oder aus grober Fahrlässigkeit herbeigeführt wurde (Art. 21 Abs. 2). Darüber hinaus gilt sie nicht für jene Gesellschafter, die gegen die Einleitung von Maßnahmen gemäß Art. 10 gestimmt haben, wenn sie der Vorstand in den letzten zwei Jahren vor Konkurseröffnung vorgeschlagen hat und dieser daraufhin zurückgewiesen wurde. 217 Art. 260 Abs. 4 Ley de Sociedades Anónimas schreibt diese Rechtsfolge für die Aktiengesellschaft vor, sofern nicht zugleich Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, die ein Konkursverfahren entsprechend der Konkursordnung nach sich zieht. Der gesetzliche Auflösungsgrund soll primär das Vertrauen der Gläubiger auf das Nennkapital der Gesellschaft schützen. S. Adolfo Sequeira Martin in Arroyo/ Embid, Comentarios a la Ley de Sociedades Anónimas III 2481. Zur GmbH José

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Art. 104.1 lit e GmbHG (Ley de Sociedades de Responsabilidad Limitada [LSRL]) hat die Gesellschafterversammlung binnen zwei Monaten ab Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis 218 vom tatbestandsmäßigen Verlust über die Liquidation der Gesellschaft zu beschließen, wenn deren Vermögen unter die Hälfte des Nennkapitals fällt und kein Konkursverfahren eingeleitet wird.219 Bei der Berechnung des Verlusts stellt Spanien auf die Buchwerte ab.220 Die Gesellschafterversammlung kann die Liquidation abwenden, indem sie beschließt, das Nennkapital mittels einer nominellen Kapitalherabsetzung dem real vorhandenen Gesellschaftsvermögen anzupassen.221 Die Anpassung muss – in Übereinstimmung zu Frankreich – lediglich auf die maßgebliche 50 %-Verlustgrenze vorgenommen werden,222 eine vollständige Angleichung des Gesellschaftsvermögens mit dem Nennkapital wird nicht gefordert. Wird die Versammlung nicht binnen der vorgeschriebenen zwei Monate einberufen bzw. fasst diese weder einen Beschluss zugunsten einer Kapitalanpassung noch zugunsten einer Auflösung, hat jeder Beteiligte das Recht, gerichtlich die Liquidation der Gesellschaft zu beantragen.223 Die Geschäftsleiter sind zu diesem Schritt nach Ablauf weiterer zwei Monate verpflichtet, so dass sich für Spanien in Summe eine Zeitspanne von maximal vier Monaten ergibt, innerhalb derer die Geschäftsleitung auf eine automatische Erholung der finanziellen Situation bzw. Beseitigung der Auflösungsvoraussetzungen hoffen darf.224

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221

222 223 224

Ramón Salelles in Arroyo/Embid, Comentarios a la Ley de Sociedades de Responsabilidad Limitada 1029. So Adolfo Sequeira Martin in Arroyo/Embid, Comentarios a la Ley de Sociedades Anónimas III 2496 mwN. Art. 262.2 Abs. 1 LSA schreibt nicht ausdrücklich vor, ab welchem Zeitpunkt die zweimonatige Frist zu berechnen ist. Vgl. ausführlich Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck). Dies ergibt sich für die GmbH eindeutig aus Art. 104.1 lit e Ley de Sociedades de Responsabilidad, wird aber auch für die AG vertreten: José Ramón Salelles in Arroyo/Embid, Comentarios a la Ley de Sociedades de Responsabilidad Limitada (2001) 1029. Art. 260.1.4 LSA. Zwar kennt der spanische Gesetzgeber keine dem italienischen Modell entsprechende Zweiteilung des Verfahrens mit Verschärfung der Rechtsfolge bei Verlusten, welche das Mindestkapital unterschreiten; im Zuge der Kapitalherabsetzung ist dessen Schwelle aber jedenfalls zu wahren. Diese beträgt für die SL 3.006 €; für die SA 60.1010 €. So implizit Adolfo Sequeira Martin in Arroyo/Embid, Comentarios a la Ley de Sociedades Anónimas III 2482. Zur GmbH José Ramón Salelles in Arroyo/Embid, Comentarios a la Ley de Sociedades de Responsabilidad Limitada 1030. Art. 262.3 LSA. Vgl. Art. 262.2 LSA iVm Art. 262.4 LSA.

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Verantwortung für Verschleppungsschäden Das spanische Gesellschaftsrecht kennt sowohl Haftungstatbestände, die auf ein Fehlverhalten im Zuge schwerer Verluste des Gesellschaftsvermögens abstellen als auch eine Insolvenzverschleppungshaftung, welche den nicht zeitgerechten Konkursantrag sanktioniert. Vorrangig werden typische Verschleppungsschäden über die Sanktionsmechanismen bei schwerem Kapitalverlust der Gesellschaft aufgefangen. Wurde die Gesellschafterversammlung entgegen der gesetzlichen Vorgabe nicht (rechtzeitig) einberufen, greift eine Primär- sowie Solidarhaftung 225 für die gesamten Gesellschaftsverbindlichkeiten, d.h. für Altund Neuschulden.226 Dabei knüpft der Haftungstatbestand allein an die Unterlassung an; 227 auf eine Verursachung des Schadens wird nicht abgestellt.228 Angesichts der bewährten und frühzeitigen Haftung bei Hälfteverlust sahen sich weder Literatur noch Rechtsprechung veranlasst, eine zusätzliche Konkursantragspflicht zu fordern.229 Dennoch wurde diese 2003 im Zuge der Novelle des spanischen Insolvenzrechts (Ley 22/2003 de 9 julio, Concursal) 230 eingeführt: Anknüpfungspunkt für die Haftung bildet Art. 5.1 Ley Concursal, wonach die Schuldner verpflichtet sind, innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis von der Insolvenz – die nach spanischem Recht mit Zahlungsunfähigkeit eintritt – den Konkursantrag zu stellen. Als Adressaten kommen neben den wirksam bestellten auch faktische Geschäftsleiter in Betracht (133.2 LSA, Art. 69 LSRL [mit Generalverweis auf das AktG]). Verletzen die Geschäftsleiter die Konkursantragspflicht schuldhaft, haften sie solidarisch für die gesamten Gesellschaftsverbindlichkeiten.231 Der Haftungstatbestand knüpft allein 225 Sequeira Martin in Arroyo/Embid, Comentarios S.A. III 2506f. Die Haftung ist nicht subsidiär zur Haftung der Gesellschaft. 226 Pérez Carillo, La Administración de la Sociedad Anónima (1999) 156ff., 158; Sequeira Martin in Arroyo/Embid, Comentarios S.A. III 2507. Art. 262.5 LSA: „Die Verwalter haften solidarisch für die Gesellschaftsverbindlichkeiten“. Noch ausdrücklicher das GmbHG in Art. 105.5 LSRL: „für die gesamten Gesellschaftsverbindlichkeiten“. S. auch Ramón Salelles in Arroyo/Embid, Comentarios S.L. 1042f. mit Nachweisen zur Judikatur. 227 Sequeira Martin in Arroyo/Embid, Comentarios S.A. III 2506 mit Nachweisen zur Rechtsprechung. S auch Pérez Carillo, La Administración de la Sociedad Anónima (1999) 156 zur hM. Sie selbst folgt jedoch der Ansicht, dass die Kausalität eine Haftungsvoraussetzung bildet. 228 So wurde in einer Entscheidung des spanischen Höchstgerichts (STS) vom 07. 05. 2004 der Einwand zurückgewiesen, dass zwischen der unterlassenen Einberufung der Hauptversammlung und dem Schaden des Gläubigers kein Kausalzusammenhang bestehe. S. Entscheidung v. 07. 05. 2004 (328/2004). 229 Arroyo/Boet in Arroyo/Embid, Comentarios S.A. III (2001) 1440; Sanchez Calero, Administradores 329. 230 Nun idF ley 36/2003, de 11 noviembre. 231 Art. 105.5 LSRL.

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an die Unterlassung an; auf eine Verursachung des Schadens wird nicht abgestellt.232 III. Zusammenfassende Thesen A. Erhebliche Verluste 1. Europäische Vorgaben: Auf europäischer Ebene wird nur die Aktiengesellschaft von den Handlungspflichten bei erheblichen Verlusten des Nennkapitals erfasst, für die GmbH besteht keine korrespondierende Norm. Die europäische Regelung ist in ihren Handlungsvorgaben sehr großzügig: Sie schreibt lediglich eine Einberufungs- und Informationspflicht des Verwaltungsorgans vor, sieht darüber hinaus aber weder konkrete Maßnahmen vor, noch verpflichtet sie die Hauptversammlung überhaupt zu einem Tätigwerden. Schließlich steht es den Mitgliedstaaten frei, die Höhe des als schwer einzustufenden Verlusts ebenso wie die Frist für die Einberufung der Hauptversammlung festzulegen. 2. Erfasste Rechtsformen: Trotz der fehlenden europäischen Vorgaben schreibt eine Vielzahl der Mitgliedstaaten Handlungspflichten bei Verlust eines bestimmten Bruchteils des Nennkapitals auch für die GmbH vor. Deutschland, Österreich, Italien und Spanien sehen für beide Gesellschaftsformen Parallelnormen vor; Dänemark differenziert bei generellem Gleichklang der Regelungen die Schwellenwerte und setzt den die Handlungspflicht auslösenden Grenzwert für die GmbH um 10 Prozentpunkte herab. Finnland und Schweden schließlich verfügen nur über die AG, wobei die Handlungspflichten sowohl bei der offenen als auch der geschlossenen Aktiengesellschaft greifen. 3. „Schwerer Verlust“: Mangels einer europäischen Vorgabe differiert die Definition eines schweren Verlusts: Während Deutschland, Finnland, Österreich, Schweden und Spanien den Verlust der Hälfte des Nennkapitals als schwer und damit pflichtauslösend normieren, sieht Italien mehrere Schwellenwerte vor, deren Erreichen unterschiedlich strikte Verhaltenspflichten begründet: der prozentual bestimmte Verlust in Höhe von 33 % wird um das Unterschreiten der absoluten Ziffer des Mindestkapitals ergänzt. Dänemark normiert zwei verschiedene Grenzwerte: Während für die GmbH bereits ein Verlust von 40 % des Nennkapitals relevant ist, stellt das Aktienrecht auf ein Unterschreiten der 50 % Grenze ab. 232 So wurde in einer Entscheidung des spanischen Höchstgerichts (STS) vom 07. 05. 2004 der Einwand zurückgewiesen, dass zwischen der unterlassenen Einberufung der Hauptversammlung und dem Schaden des Gläubigers kein Kausalzusammenhang bestehe. S Entscheidung v. 07. 05. 2004 (328/2004).

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Norwegen schließlich ergänzt die 50 % Verlust-Grenze um ein dynamisches Kriterium, indem es festlegt, dass das Eigenkapital zu jeder Zeit dem unternehmerischen Wagnis und der Größe des Geschäftsbetriebes zu entsprechen hat. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, werden dem Verwaltungsrat – wie bei Unterschreitung des 50 %-Wertes – Einberufungs- und Informationspflichten auferlegt. Schließlich verfügt Österreich mit dem Unternehmensreorganisationsgesetz auch über ein „dynamisches Element“, das zur Definition des vermuteten Reorganisationsbedarfs auf sog empirische Kennzahlensysteme zurückgreift. Nach dem Gesetz wird das Vorliegen von Reorganisationsbedarf vermutet, wenn die Eigenmittelquote weniger als 8 % und die fiktive Schuldentilgungsdauer (Quotient aus Fremdkapital abzüglich liquider Mittel und dem Mittelüberschuss aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) mehr als 15 Jahre beträgt. 4. Berücksichtigung der stillen Reserven: Für die Ermittlung eines schweren Verlusts sind in aller Regel die Buchwerte maßgebend. Die Einbeziehung stiller Reserven wird nur von wenigen Mitgliedstaaten und dort wiederum nur mit geringer Gewichtung gestattet: Österreich lässt die Berücksichtigung stiller Reserven zu, sofern diese zur Verminderung des Verlusts nach den gesetzlichen Bewertungsvorschriften aufgelöst werden können, Italien hingegen ermöglicht deren Einbeziehung nur in der Erläuterung des Leitungsorgans. Allein Finnland und Schweden lassen die Berücksichtigung stiller Reserven in größerem Ausmaß zu: Zwar gilt generell das Prinzip der Bilanzkontinuität, doch darf bei der Kontrollbilanzerstellung ein großzügigerer Bewertungsgrundsatz herangezogen werden, sofern dieser ein höheres Eigenkapital ausweist. Somit können Aktiva höher – nämlich zu ihrem tatsächlichen Wert – sowie Passiva niedriger bewertet werden, solange die dabei angewandten Maßstäbe mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung vereinbar sind. Schweden erlaubt zudem die Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter in der Kontrollbilanz, diese dürfen zum gemeinen Wert ausgewiesen werden, im Jahresabschluss dagegen sind diese nicht aktivierbar. 5. Verhaltenspflichten der geschäftsführenden Organe bei schwerem Verlust des Nennkapitals: Alle untersuchten Rechtsordnungen begründen die Pflicht, spätestens bei Verlust des halben Nennkapitals eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Weitergehende Verhaltensanforderungen können nachfolgend durch die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung begründet werden, deren Umsetzung der Geschäftsführung obliegt. 6. Handlungsvarianten der General- bzw. Hauptversammlung: Die Handlungsvarianten der General- bzw. Hauptversammlung bei Verwirklichung des handlungsauslösenden Tatbestands sind unterschiedlich ausgestaltet, es lassen sich nach zunehmender Strenge der Regelungen die folgenden Gruppen bilden: Deutschland, Norwegen und Österreich normieren außerhalb der Einberufung und der Erörterung keine weitergehenden Verhaltenspflichten. Dänemark,

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Finnland, Italien Schweden und Spanien geben der Hauptversammlung grundsätzlich zwei Beschlussvarianten vor: Diese hat zu entscheiden, die Gesellschaft aufzulösen oder eine Kapitalberichtigung vorzunehmen. Vielfach wird ihr zudem ein kurzzeitiger Aufschub zum Zwecke der Sanierung der Gesellschaft gewährt: Finnland und Italien räumen hierfür eine Frist von einem Jahr ein, innerhalb derer die Gesellschaft mit dem Ziel weitergeführt werden darf, den erlittenen Verlust auszugleichen. Gelingt dies nicht, ist die Kapitalherabsetzung bis zur Schwelle des Mindestkapitals vorzunehmen. Schweden gewährt der Gesellschaft einen Aufschub von acht Monaten. Unterschiedlich verfahren die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Höhe des während der Sanierungszeit aufzustockenden Kapitals: Während Finnland, Italien und Spanien die Wiederherstellung von 50 % des Eigenkapitals genügen lassen, verlangt Schweden eine 100 %-ige Auffüllung. Sinkt das Gesellschaftsvermögen durch Verluste unter die Schwelle des gesetzlichen Mindestkapitals, sieht Italien strikte Gegenmaßnahmen vor: Die Hauptversammlung hat entweder eine Kapitalberichtigung oder die Umwandlung der Gesellschaft in eine Personengesellschaft zu beschließen. Fasst sie keinen der beiden Beschlüsse, ist die Gesellschaft aufzulösen. Neben den Einberufungspflichten bei Verlust des halben Nennkapitals stellt Österreich sanierungsbedürftigen Unternehmen im Vorfeld der Insolvenz ein eigenes gerichtliches Reorganisationsverfahren zur Verfügung. Dieses Verfahren greift bei Reorganisationsbedarf, den das Gesetz an verschiedenen Kennzahlen festzumachen versucht, und sieht neben der Ausarbeitung eines Reorganisationsplans und dessen Prüfung durch externe Sachverständige auch Haftungsbestimmungen für Geschäftsleitung, Aufsichtsrat und Gesellschafter vor. 7. Sanktionen einer Pflichtverletzung: Die auf eine Pflichtverletzung folgenden Sanktionen variieren von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sowohl materiell in ihrer Strenge als auch formell nach ihrem Regelungsort und -gehalt. Einige Länder sehen für Pflichtverletzungen im Zuge des schweren Verlusts des Nennkapitals eigene Bestimmungen vor, andere greifen auf die allgemeinen Haftungsnormen zurück. Eine weitere Differenzierung lässt sich nach der systematischen Verortung der Sanktionsnorm treffen: Sie kann sowohl im Strafrecht als auch im Zivilrecht liegen, manche Staaten kombinieren beide Ansätze. Österreich etwa kennt keine spezielle Sanktion bei Nichteinhaltung der Pflichten nach Verlust des halben Nennkapitals, stattdessen greifen die allgemein gesellschaftsrechtlichen Haftungsregelungen. Daneben kommen besondere Haftungsbestimmungen für Geschäftsführer (§ 22 URG), Aufsichtsratsmitglieder und Gesellschafter (§ 25 URG) zur Anwendung, die an die unterlassene Einleitung eines Reorganisationsverfahrens anknüpfen. Auch Dänemark, Finnland und Norwegen verfügen über keine eigene Haftungsnorm, Ansprüche können auf allgemeine Sorgfaltsverletzung bzw. mangelhafte Geschäftsführung gestützt werden.

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Der spanische Gesetzgeber normiert eine eigene strenge solidarische Außenhaftung der pflichtwidrig handelnden Verwalter, die auf sämtliche Gesellschaftsverbindlichkeiten, d. h. Alt- und Neuschulden gerichtet ist. Die Haftung der Verwalter tritt neben die Haftung der Gesellschaft, sie ist dieser nicht nachgeordnet. Der italienische Gesetzgeber sanktioniert nicht unmittelbar die unterlassene Einberufung bei schwerem Verlust des Nennkapitals, sondern greift auf die Haftung bei verzögerter Liquidation der Gesellschaft zurück. Ein Absinken des Gesellschaftsvermögens unter die Schwelle des Mindestkapitals stellt einen Auflösungsgrund dar, der für die Verwalter vielfältige Verhaltenspflichten begründet, deren Nichteinhaltung sanktioniert wird. Schweden kennt ebenfalls eine spezielle zivilrechtliche Haftung gegenüber den Neugläubigern, sie erfasst neben den Verwaltungsräten alle im Namen der Gesellschaft tätigen Personen sowie jene Gesellschafter, die sich trotz Kenntnis der Liquidationspflicht gegen diese aussprachen. Gegenüber den Altgläubigern greift hingegen die allgemeine aktienrechtliche Verantwortlichkeit wegen mangelhafter Geschäftsführung. Auch in Deutschland greift bei Verletzung der Einberufungspflichten gemäß den §§ 49 Abs. 3 GmbHG, 92 Abs. 1 AktG die allgemeine Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter. Zusätzlich kennt das deutsche Recht strafrechtliche Sanktionen, die bei Verletzung der genannten Verhaltenspflichten zur Anwendung kommen (§§ 84 GmbHG, 401 AktG). Diese sind auch als Schutznorm zugunsten von Gesellschaft und Gesellschafter zu qualifizieren; 233 Haftungsansprüche können daher auch auf Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden. 8. Schnittstelle Eigenkapitalersatzrecht: Die Mehrzahl der untersuchten Rechtsordnungen kennt neben dem vorgelagerten Gläubigerschutz-Mechanismus bei schwerem Verlust das Ex-post-Instrument des Eigenkapitalersatzrechts. Italien, Slowenien und Spanien haben die Nachrangigkeit von Gesellschafterforderungen erst jüngst verfügt. Während Italien und Slowenien die Problematik im Gesellschaftsrecht ansiedelten, nahm der spanische Gesetzgeber eine Verortung im Insolvenzrecht vor: Das neue Ley Concursal (LC) weist den Gesellschafterforderungen den Rang hinter gewöhnlichen Insolvenzgläubigern zu. Italien: Im Zuge der am 01. 01. 2004 in Kraft getretenen Reform des Gesellschaftsrechts hat der italienische Gesetzgeber für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Srl) erstmals eine Vorschrift über „eigenkapitalersetzende Finanzierungen“ eingeführt. Gemäß Art. 2467 c.c. erfolgt die Rückzahlung von Gesellschafterfinanzierungen in der Insolvenz nachrangig gegenüber der Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern. Wurden Forderungen aus Gesellschafterdarlehen oder vergleichbare Leistungen innerhalb eines Jahres vor Insolvenzeröffnung

233 Dannecker in Michalski, GmbHG § 84 Rdn. 11; Kohlmann in Hachenburg, GmbH. § 84 Rdn. 4.

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zurückgezahlt, sind sie der Gesellschaft zu erstatten.234 Die erzwungene Subordination setzt den Tatbestand der Unterbilanz voraus (das Gesetz spricht von einem übermäßigen Missverhältnis der Verschuldung in bezug auf deren Reinvermögen 235) bzw. stellt darauf ab, ob die Gesellschafterleistung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem nach der finanziellen Lage und der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft die Zufuhr von Eigenkapital angebracht 236 gewesen wäre. Die Parallelen zu § 32a, b dGmbHG, die sich auch auf den sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereich erstrecken, sind augenfällig; der italienische Gesetzgeber nimmt in den Erläuternden Materialien ausdrücklich auf die deutschen Kapitalersatzbestimmungen Bezug.237 Zwar kennt das italienische Recht keine auf der analogen Anwendung der Kapitalerhaltungsregeln basierenden Grundsätze über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen, doch wird die im Insolvenzrecht verortete erzwungene Nachrangigkeit seit jeher durch weit verbreitete Abreden, die eine freiwillige Subordination zum Gegenstand haben, ergänzt.238 Spanien: Der spanische Gesetzgeber hat mit dem am 01. 09. 2004 in Kraft getretenen Konkursgesetz (Ley Concursal) 239 die Nachrangigkeit 240 gewisser 234 Vgl. Giannelli, Le operazioni sul capitale nella società a responsabilità limitata in Santoro, La nuova disciplina della società a responsabilità limitata (2003) 273. 235 „[…] Eccessivo squilibrio dell’indebitamento rispetto al patrimonio netto“ […]. 236 Art. 2467 Abs. 2 cc: […] „in considerazione del tipo di attività esercitata dalla società“ [...]. Der Regierungsbericht verweist auf das „Kriterium der Angemessenheit“, demzufolge zu prüfen ist, ob die Gesellschaft ohne Zufuhr von Eigenkapital und zu Bedingungen, wie sie unter Dritten gelten, noch als kreditwürdig angesehen werden kann. Einige Autoren ziehen als Maßstab Art. 98 DPR 22 dicembre 1986, n 917 (Einkommenssteuergesetz) heran, der auf steuerrechtlicher Ebene versucht, der thin capitalization entgegen zu wirken, indem er für das Gesellschafterdarlehen zu entrichtende Zinsen als nicht-abzugsfähig erklärt, sobald zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter ein Verhältnis der Verschuldung entstanden ist, dass gegenüber seiner Beteiligungsquote den Satz 4 : 1 überschreitet. Dieses Limit könnte, auch wenn es sich wohl kaum exakt auf die gesellschaftsrechtliche Norm des Art. 2467 cc übertragen lässt, einen Anhaltspunkt für die Auslegung bieten. Vgl. Deboni, Eigenkapitalersatz im italienischen Recht, in Kalss/Rüffler, Eigenkapitalersatzrecht (2004) 53ff. 237 Vgl. Irrera, La nuova disciplina dei „prestiti“ dei soci alla società in Ambrosiani, La riforma della società/Profili della nuova disciplina (2003) 144 (mwN). 238 Carestia/Di Amato/Iannello/Lo Cascio/Manzo/Pietraforte, Società à responsabilità limitata (2003), 69–80. S. zudem Trib Monza 13 novembre 2003 mit einer Anmerkung von Colavolpe, Le Società 06/2004, 746–753. 239 Mit dem Inkrafttreten des Ley Concursal (im Folgenden LC, veröffentlicht in der Boletín Oficial des Estado [BOE] Nr. 164 v. 10. 07. 2003, 26901ff.) erfolgte eine Vereinheitlichung des spanischen Insolvenzrechts, welches bislang – auf die Kaufmannseigenschaft abstellend – vier unterschiedlich ausgestaltete Verfahren kannte und in zahlreichen Gesetzen verortet war, erstmals in einem einheitlichen Verfahren und einem Gesetzestext. Vgl. Schröder, Das neue spanische Konkursgesetz im Überblick, RIW 08/2004, 610 ff. 240 Das Ley Concursal differenziert vier Forderungskategorien: Besonders privilegierte

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Gesellschafterforderungen angeordnet: 241 Art. 92 Abs. 5 LC unterliegen Finanzierungen jener Gläubiger, die in einem „besonderen Verhältnis“ zum Schuldner stehen; davon erfasst sind gemäß Art. 93 Abs. 2.1 LC Gesellschafter, deren Beteiligung an einer kapitalmarktfernen Gesellschaft wenigstens 10 % beträgt. Für börsennotierte Gesellschaften gilt die herabgesetzte Schwelle von 5 %.242 Skandinavien: Das skandinavische Recht kennt kein dem deutschen Recht vergleichbares Institut des Eigenkapitalersatzrechts. Befindet sich eine Gesellschaft in finanzieller Schieflage, so steht es den Gesellschaftern frei, dieser Mittel zuzuschießen und zwar entweder in der Form eines gewöhnlichen Darlehens 243 (D, N, S: lån, FL: laina) oder als (eigen)kapitalersetzendes Darlehen (FL: pääomalaina 244, S: aktieägartillskott, N: aksjonærtilskudd, aksjonærbidrag).245 Ein solches Kapitaldarlehen kann mit (S: villkorad) oder ohne Bedingung (S: ovillkorad) gewährt werden.246 In letzterem Fall besteht kein Rückzahlungsanspruch, die Finanzspritze wird dem Eigenkapital zugeführt (D, N, S: fritt egenkapital, F: vapaata omaa pääomaa) und wird auch buchhalterisch als solches ausgewiesen.247 Erfolgt der Zuschuss hingegen bedingt,248 beschreibt die Literatur zwei Varianten der Vergabe: 249 (i) Das Kapital samt Zinsen wird bei Auflösung oder Konkurs der

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Forderungen sind gemäß Art. 90 LC Forderungen, die mit einer vertraglichen oder gesetzlichen Hypothek besichert sind; zu den einfach privilegierten Forderungen zählen gemäß Art. 91 LC Lohnforderungen, Forderungen der Sozialversicherung sowie Steuerforderungen; untergeordnete Forderungen umfassen nach Art. 92 LC neben gewissen Gesellschafterfinanzierungen verspätet mitgeteilte Ansprüche sowie Bußgelder. Alle nicht als privilegiert oder untergeordnet klassifizierten Forderungen sind gemäß Art. 89 LC gewöhnliche Forderungen und damit den bevorzugten Ansprüchen nach den untergeordneten Forderungen jedoch vorgereiht. Vgl. Arias Varona, El tratamiento concursal de los préstamos sustitutivos del capital (Arbeitspapier im Rahmen des Second Harvard-Complutense Seminars on Business Law/Corporate Governance Conflicts and Corporate Insolvency) abrufbar unter www.ucm.es/info/mercantil/documentos/comunicacion_javier_arias.pdf. Im Gegensatz zum italienischen Recht sieht die Bestimmung die Erstattung bereits zurückgezahlter Gesellschafterdarlehen nicht vor; hier greift Art. 71 LC, der generell die Gläubigeranfechtung behandelt. Welches die Höhe des Eigenkapitals nicht verändert, sondern eine weitere Gesellschaftsverbindlichkeit begründet. 5. Kapitel § 1 ABL/OYL. Rodhe, Aktiebolagsrätt, 20 Aufl. 2002, 72 f. Für Schweden s. Prytz/Tamm, Tillskott utan aktieteckning (1995) 51f. Für Norwegen s. Andenæs, Aksjeselskapsrett, 2. Aufl. 1992, 96. Die Vergabe wird in der Praxis zumeist mit einer Rückzahlungsklausel verknüpft. Diese muss jedoch so ausgestaltet sein, dass das Kapitaldarlehen nicht als reines Darlehen zu qualifizieren ist und in der Folge als Verbindlichkeit ausgewiesen wird. Zweck der Vergabe ist ja gerade die Anhebung des Eigenkapitals; vgl. Svensson/ Danelius, Aktiebolagslagen – Kommentar och lagtexter, 15. Aufl. 2002, 280. Die Bedingung muss sich gegen den Geber richten, widrigenfalls der Kapitalzuschuss als Verbindlichkeit zu behandeln ist. Svensson/Danelius, Aktiebolagslagen – Kommentar och lagtexter (2002) 281;

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Gesellschaft nachrangig behandelt und wird erst nach Begleichung aller anderen Gesellschaftsverbindlichkeiten zurückgezahlt, oder (ii) das Darlehen darf nur dann zurückgezahlt werden, wenn das Grundkapital und gesetzliche Rücklagen im Gesellschaftsvermögen Deckung finden, wenn die Gesellschaft also wieder über ausschüttungsfähige Mittel verfügt.250 Das Kapitaldarlehen ist in der Bilanz als Teil der ausschüttungsfähigen Eigenmittel auszuweisen. Der Gesellschafter entscheidet selbst, ob die Vergabe als reines Darlehen oder zur Stärkung des Eigenkapitals erfolgt: dass dem Zuschuss eigenkapitalersetzender Charakter zukommt, beruht also – wie in Italien vor der gesetzlichen Einführung der Subordination – auf freiwilliger Basis.

B. Insolvenzverschleppung 9. Große dogmatische Vielfalt: Die einzelnen Ausprägungen der Insolvenzverschleppungshaftung sind – dogmatisch, in ihrer Systematik und ihrer Regelungstechnik – stark unterschiedlich ausgestaltet und daher nur bedingt vergleichbar. Ein roter Faden lässt sich schon innerhalb der Mitgliedstaaten kaum ausmachen; vereinfacht lassen sich aber folgende Strömungen und Gemeinsamkeiten festhalten: 10. Rechtsformneutralität: Die Konkursverschleppungshaftung ist in der überwiegenden Zahl der Länder rechtsformneutral gestaltet. So umfassen die dänischen, deutschen, italienischen, österreichischen, slowenischen und spanischen Bestimmungen jeweils die offene (AG) und die geschlossene Kapitalgesellschaftsform (GmbH). Finnland und Schweden beziehen sich naturgemäß nur auf die (offene und geschlossene) Aktiengesellschaft, besteht doch nur diese Rechtsform. 11. Ausgangspunkt: Als Ausgangspunkt für die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung für Verschleppungsschäden lassen sich im Wesentlichen drei verschiedene Aspekte festmachen: (a) Die Insolvenzantragspflicht; (b) die Regeln über die Kapitalwiederauffüllung; und (c) die Pflicht zur Aufklärung über die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. (a) Die wohl überwiegende Zahl der Länder – wie Deutschland, Italien, Norwegen, Österreich, Slowenien und Spanien – knüpft die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter an die Verletzung der Insolvenz- oder Konkursantragspflicht; wobei sich folgende systematische und inhaltliche Unterschiede zeigen: Rodhe, Något om aktieägartillskott in Balans 2/1981 19, (19). Für Finnland s. 5. Kapitel § 1 ABL/OYL. 250 Da die Rückzahlung in beiden Fällen als Gewinnausschüttung zu werten ist, sind die diesbezüglichen Vorschriften zu beachten, s. für Schweden Rodhe, Aktiebolagsrätt, 20. Aufl. 2002, 73, für Norwegen Andenæs Aksjeselskaper og allmennaksjeselskaper, 2. Aufl. 1998, 332.

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Systematisch wird die Antragspflicht teilweise dem Insolvenzrecht zugeordnet – wie in Österreich (§ 69 KO) oder Spanien (Art. 5.1. Ley Concursal) – teilweise ist sie aber auch in gesellschaftsrechtlichen Sondergesetzen (Deutschland – § 64 Abs. 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG) angesiedelt. In Slowenien ist die Insolvenzantragspflicht in einem eigenen Gesetz normiert (Art. 12f. Zakon o finančnem poslovanju podjetij), das systematisch dem Bereich zwischen Insolvenz- und Gesellschaftsrecht zuzuordnen ist. Italien schließt von einer gesellschaftsrechtlichen Strafnorm, die der Codice Civile als disziplinenübergreifendes Zivilgesetzbuch enthält, auf eine allgemeine Pflicht, bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Insolvenzantrag zu stellen. Inhaltlich knüpft die Antragspflicht zum Teil nur an die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft an (Spanien), in manchen Ländern tritt die – regelmäßig früher eintretende – Überschuldung als alternativer Konkursgrund hinzu (Deutschland, Österreich, Slowenien) und vereinzelt werden die beiden Antragsvoraussetzungen auch kombiniert (Norwegen). (b) Eine nennenswerte Gruppe von Ländern – namentlich Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Schweden, Slowenien und Spanien – fängt „typische Verschleppungsschäden“ über eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Vorstands auf, die an einer Verletzung von Verhaltenspflichten anknüpft, die bei qualifizierten Verlusten des Nennkapitals greifen. (c) Ein Teil der Schäden, die durch das Weiterführen der Geschäfte in der Krise entstehen, lassen sich auch durch die Haftung aus culpa in contrahendo auffangen. Die Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten über die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat vor allem in einigen skandinavischen Ländern (Dänemark und Norwegen) praktische Bedeutung erlangt. 12. Dogmatische Grundlagen: Den jeweils unterschiedlichen Ausgangspunkten folgend divergieren auch die dogmatischen Grundlagen. Eine Haftung, die an der Konkursantragspflicht anknüpft, ist zumeist als deliktische Haftung ausgestaltet, die im allgemeinen Zivilrecht angesiedelt ist (Deutschland, Österreich); teils ist sie aber auch im Handels- oder Gesellschaftsrecht normiert (Spanien) oder in Sondergesetzen geregelt (Slowenien). Die Haftung, die eine Verletzung der Kapitalwiederauffüllungsregeln aufgreift, ist jeweils im Gesellschaftsrecht verortet (Dänemark, Finnland, Italien, Schweden und Spanien). Die Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat ihre dogmatischen Grundlagen im Institut der culpa in contrahendo. 13. Schutzbereich: In den Schutzbereich der Insolvenzverschleppungshaftung fallen ganz allgemein die Gläubiger der Gesellschaft. Die ganz überwiegende Zahl der Länder bezieht grundsätzlich Alt- und Neugläubiger in diesen Bereich mit ein. Einschränkungen ergeben sich jedoch für jene Staaten – wie Dänemark, die Niederlande oder Norwegen – welche die Haftung an die Verletzung von Aufklärungspflichten knüpfen; die Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter aus

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culpa in contrahendo kann schon aus Kausalitätserwägungen nur den Neugläubigern zugute kommen. In diesen Rechtsordnungen haben Altgläubiger auf andere Schutzinstrumente zurückzugreifen. 14. Haftungsumfang: Auch der Haftungsumfang ist unterschiedlich gestaltet. Am weitesten geht Spanien, das die Geschäftsleiter – unabhängig von der Kausalität – für die gesamten Gesellschaftsverbindlichkeiten einstehen lässt, während die Haftung in Schweden nur auf jene Gesellschaftsverbindlichkeiten gerichtet ist, die seit der Unterlassung des gebotenen Handelns entstanden sind. Ein wenig restriktiver ist Slowenien, welches zwar im Grundsatz von der gesamten Unterdeckung ausgeht, aber – für die Geschäftsleitung und den Aufsichtsrat – eine Deckelung vorsieht. Einen anderen Wege gehen Österreich und Deutschland, welche die Gesellschaftsgläubiger in eine Gruppe der Alt- und eine der Neugläubiger aufspalten; wobei den Neugläubigern das negative Interesse, den Altgläubiger nur die Quotenverschlechterung gewährt wird. In Italien haben die Geschäftsleiter für den gesamten kausalen Schaden einzustehen, was auch hinsichtlich der unmittelbaren Schäden von Altgläubigern in Schweden der Fall ist. 15. Anspruchsberechtigte und Begünstigte: Die Ansprüche aus Insolvenzverschleppungshaftung stehen in Österreich ausschließlich den Gläubiger selbst zu; in anderen Staaten – wie in Deutschland – ist die Anspruchsberechtigung zwischen Gläubigern und Insolvenzverwalter geteilt. In Slowenien können die Gläubiger ihre Ansprüche neben dem Insolvenzverwalter geltend machen. 16. Adressaten: Allgemein ist die Haftung auf die wirksam bestellten Geschäftsleiter der Gesellschaft gerichtet; daneben sehen einige Staaten (Deutschland, Österreich, Schweden) eine – mehr oder weniger weitreichende – Haftung von de facto- oder Schattendirektoren vor. Ausdrücklich auch auf andere Gesellschaftsorgane richtet sich die Haftung in Slowenien, wo neben der Geschäftsleitung auch der Aufsichtsrat und die Gesellschafter in die Haftung miteinbezogen sind. 17. Zusammenhang von Verlust des Nennkapitals und Insolvenzverschleppungshaftung: (a) Mit Näherrücken der Insolvenz wird auch der Pflichtenkatalog der Geschäftsleitung sukzessive erweitert und präzisiert, um ein einfaches Weiterführen der Geschäfte auf Kosten der Gläubiger hintanzuhalten. Auf einer gedachten Zeitleiste liegt die Akzentuierung zunächst auf Sanierung des Unternehmens, mit Fortschreiten der Krise rückt jedoch zunehmend die Liquidation – und damit die Erhaltung verwertbaren Vermögens – in den Vordergrund. Die Ausgestaltung in den einzelnen Staaten ist unterschiedlich; wobei schwere Verluste des Nennkapitals in der überwiegenden Zahl der Staaten als Ausgangspunkt für die Normierung von Verhaltenspflichten dienen (These Nr. 3). Das Spektrum reicht von reinen Einberufungspflichten (Deutschland, Norwegen und Österreich – These Nr. 5) über die Möglichkeit der Eröffnung eines gerichtliche Verfahrens – wie es in Österreich das URG etabliert – bis hin zu konkreten Ver-

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haltensvorgaben (Dänemark, Finnland, Italien, Schweden und Spanien), die überwiegend haftungsrechtlich abgesichert sind (These Nr. 6) und teilweise direkt in die Liquidation der Gesellschaft münden (Finnland, Italien, Schweden und Spanien). Mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wird der Geschäftsleitung die Handlungsfreiheit in weiten Bereichen entzogen. Dies ergibt sich teilweise aus der – haftungsrechtlich abgesicherten – Insolvenzantragspflicht; teilweise wird das Weiterführen der Geschäfte auch durch ergänzende Informationspflichten eingeschränkt (Dänemark und Norwegen). (b) Die ganz überwiegende Zahl der Länder stellt die Geschäftsleitung in der Krise des Unternehmens vor die – auch haftungsrechtlich abgesicherte – Alternative, entweder Schritte zur Sanierung des Unternehmens zu setzen, oder zu liquidieren. Wird die Entscheidung den Geschäftsleitern erst mit der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens abverlangt, ist die Gesellschaft regelmäßig so hoch überschuldet, dass die Liquidation der Gesellschaft den Gläubigern keine nennenswerte Befriedigung mehr verschafft. Es besteht daher das allgemeine Interesse, Schuldner, mit deren wirtschaftlichen Zusammenbruch in Zukunft zu rechnen ist, bereits vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vor die Wahl zu stellen. Einige Staaten – wie etwa Deutschland oder Österreich – versuchen dies zu verwirklichen, indem sie die Antragspflicht auch auf Fälle der Überschuldung ausdehnen. Andere Staaten versuchen diese Frage über die Kapitalwiederaufbringungsregeln zu lösen, was den Überschuldungsbegriff als alternativen Konkursgrund entbehrlich macht. Dieser Umstand hat sich in diesen Staaten auch insoweit niedergeschlagen, als sie die Überschuldung als alternativen Konkursgrund nicht kennen (Ausnahme Slowenien). 18. Rechtspolitischer Ausblick: Zusammenfassend fällt die breite Vielfalt sowohl der Auslösungstatbestände als auch der Rechtsfolgen auf, welche die untersuchten Länder mit dem einfachen Weiterführen der Geschäfte in der Unternehmenskrise verbinden. Als allgemeine Tendenz lässt sich die Vorverlagerung der Handlungspflichten festhalten, die im Grundsatz – auch aus europäischer Perspektive – rechtspolitisch erwünscht ist. Zugleich sind aber entsprechende Vorkehrungen zu treffen um nicht durch zu scharfe Handlungspflichten samt haftungsrechtlicher Absicherung unternehmerisches Potential zum Schaden der Gläubiger insgesamt zu zerstören.

IV. Fazit Betrachtet man die verschiedenen Regelungsmodelle, fällt auf, dass sämtliche Varianten bei aller dogmatischen Vielfalt zwei wesentliche Gemeinsamkeiten aufweisen. Dem einfachen Weiterführen der Geschäfte in der Unternehmenskrise

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(wait and pray) 251 wird überwiegend durch negative Anreize entgegengetreten,252 die – und das ist die zweite Gemeinsamkeit – bereits vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit greifen. Abhängig von der dogmatischen Konstruktion lassen sich zwei Strömungen unterscheiden, die vereinzelt – so etwa in Spanien und abgeschwächt in Italien und Slowenien – auch nebeneinander zur Anwendung kommen: (a) Die mit schweren Verlusten des Nennkapitals verbundene sukzessive Einschränkung der Handlungsfreiheit des Vorstands – wie sie die Rechtsordnungen Italiens, Spaniens, Sloweniens und der skandinavischen Länder kennen. (b) Die an den Überschuldungstatbestand anknüpfende Konkursantragspflicht, die in Österreich, Deutschland und Slowenien aber auch in Spanien und Italien den Ausgangspunkt einer haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit für Verschleppungsschäden bildet. Beide Strömungen bieten Angriffsfläche für rechtspolitische Kritik: So ist zwar die österreichische bzw. deutsche Regelung mit ihrer Differenzierung in Alt- und Neugläubiger aus Kausalitätsgesichtspunkten konsequent; der Überschuldungsbegriff ist jedoch wegen seiner Bemühung um Einzelfallgerechtigkeit zu schwer fassbar, um eine Verlegung der materiellen Insolvenz ins Vorfeld der Zahlungsunfähigkeit zu leisten. Auf der anderen Seite normiert das Modell der schweren Verluste des Nennkapitals einen leicht erkennbaren – direkt aus der Bilanz ablesbaren – aber doch auch etwas beliebigen bzw. schablonenhaften Zeitpunkt, um die Handlungsfreiheit der Geschäftsleiter in dieser Intensität zu beschränken bzw. Gesellschaften in die Liquidation zu treiben. Zudem zeichnet sich der Lösungsansatz durch einen ausgeprägt pönalen bzw. präventiven Charakter aus (Haftung nicht nur für den kausalen Schaden, sondern für sämtliche, entstandene Verbindlichkeiten), während das deutsche bzw. österreichische sowie im Ergebnis auch das englische Modell den Ausgleichsgedanken in den Vordergrund rückt. Schließlich ist die Androhung der Auflösung der Gesellschaft (vgl. zusammenfassende These 6) überschießend und sollte nicht übernommen werden, solange die Liquidation insolvenzrechtlich nicht geboten erscheint. Vor diesem Hintergrund ist den Harmonisierungsbestrebungen auf europäischer Ebene kritisch zu begegnen. Zwar ist das Problem des Weiterführens der Geschäfte auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger eine generelle, von allen Staaten aufzufangende Problemstellung, was ein Bedürfnis nach einer entsprechenden Regelung bedingt. Überdies würde eine europaweit einheitliche Regelung kolli-

251 Powell, Optimal “soft” or “tough” Bankruptcy Procedures, in 15 Journal of Law Economics and Organization 1999, 659 (660). 252 In der jüngeren Vergangenheit wird zudem verstärkt die Leistungskraft positiver Anreize – etwa in Gestalt eines Sanierungsverfahrens – gewürdigt, s. ausf. Adensamer/Oelkers/Zechner, Unternehmenssanierung zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht (2006, in Druck).

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sionsrechtliche Probleme entschärfen, die derzeit mit im Inland domizilierenden Auslandsgesellschaften verbunden sind.253 Eine einheitliche europäische Regelung könnte jedoch kaum den – oben dargestellten – verschiedenen nationalen Lösungsansätzen gleichermaßen gerecht werden und müsste daher Gefahr laufen, das Schutzniveau der derzeitigen Lösungen nicht zu erreichen, oder die Zeitspanne der Unternehmenskrise überzuregulieren.

253 Dazu an dieser Stelle nur Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland (2005); Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht (2004); Hirte/Bücker (Hrsg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften (2005).

Insolvenzgründe und Haftung für Insolvenzverschleppung Notwendige Ergänzung des Kapitalschutzes von Professor Dr. Dres. h. c. Karsten Schmidt, Hamburg Inhaltsübersicht I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begrenzung der Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spezifische Schwierigkeiten der Rechtsvergleichung . . . . . . . . 3. Recht und Realität der deutschen Regeln als Beispiel . . . . . . . II. Insolvenzeröffnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung der Insolvenzeröffnungsgründe . . . . . . . . . . . . . 2. Zahlungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Insolvenzantragspflichten und Verschleppungshaftung . . . . . . . . 1. Der Normzweck: präventiver Gläubigerschutz . . . . . . . . . . 2. Unterschiedliche gesetzliche Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überschuldungstatbestand und präventiver Gläubigerschutz . . . IV. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schadenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wrongful Trading . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umfassende Erstattungshaftung oder Haftungsdurchgriff auf die Geschäftsführer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Schluss: Versuch einer Würdigung und Zusammenfassung in Thesen 1. Insolvenzeröffnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insolvenzverschleppungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Vorbemerkung 1. Begrenzung der Aufgabe a) Diese kurze Studie ergänzt die von Kalss/Adensamer/Oelkers im vorliegenden Band vorgelegte rechtsvergleichende Arbeit 1, die auch bereits auf die Verantwortung der Gesellschaftsorgane für Verschleppungsschäden eingeht. Sie soll auch die in Teil III der Arbeit von Kalss/Adensamer/Oelkers enthaltenen rechts1 In diesem Band, S. 134 ff.

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politischen Thesen sowie das in Teil IV dieser Studie enthaltene Fazit ergänzen. Wiederholungen werden vermieden, so dass das Gewicht unter Verzicht auf ausführliche Dokumentation auf die rechtspolitischen Schwerpunkte gelegt wird. Die Frage einer Zwangsliquidation im Fall gravierenden Kapitalverlusts wird gleichfalls bei Kalss/Adensamer/Oelkers angesprochen. b) Die Zugehörigkeit des Problemkreises zu dem Thema „Kapital in Europa“ ist keine Selbstverständlichkeit. Ebenso wenig ist es aber ein Zufall, dass die Kommission in ihrem Aktionsplan zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts mittelfristig auch einen Richtlinienvorschlag zur Insolvenzverschleppungshaftung angekündigt hat 2. Die vorliegende Untersuchung vermeidet es, in Details auf den möglichen Inhalt einer solchen Richtlinie einzugehen. Sie beschränkt sich auf den auch neben einem gesetzlich geregelten Kapitalschutz erforderlichen Schutz der Gesellschaftsgläubiger gegen Schädigungen durch eine Geschäftsfortführung insolventer bzw. insolvenzbedrohter Gesellschaften. Wie Lutter 3 in diesem Band mit Recht unterstreicht, kann der vom Arbeitskreis als unerlässlich angesehene Kapitalschutz die Gläubiger nicht vor einer Insolvenz der Gesellschaft schützen. Das beruht auf der einfachen Tatsache, dass Kapitalschutz nur die Bereitstellung haftenden Kapitals und die Nicht-Entnahme haftungsnotwendigen Kapitals durch die Gesellschafter sicherstellt, aber selbstverständlich die Gesellschaft nicht vor operativen Verlusten schützen kann. Dem Kapitalschutz muss also ein Schutz der Gläubiger gegen eine Fortführung des verlustbringenden Geschäfts auf ihre Kosten zur Seite gestellt werden. Eckpunkte eines europäischen Programms zur Bekämpfung und Sanktionierung von Insolvenzverschleppungen im Unternehmensrecht sind schon verschiedentlich formuliert worden 4. c) Nicht ganz einfach ist das Verhältnis der Insolvenzverschleppungshaftung zu der in Belgien (Art. 633 Code des sociétés), Frankreich (Artt. L 225–248 Code de Commerce), Italien (Artt. 2484 Abs. 1 Nr. 4 und 2485 Abs. 1 Codice Civile) und Spanien (Art. 260 Ley de Sociedades Anónimas bzw. Art. 104 Ley de Sociedades de Responsibilidad Limitada) angeordneten gesellschaftsrechtlichen Pflicht, die Gesellschaft im Fall des Verlusts der Hälfte des Nominalwerts zu liquidieren, falls der Verlust nicht rechtzeitig durch nominelle Kapitalherabsetzung oder effektive Kapitalzufuhr oder durch Gewinne ausgeglichen wird. Diese Pflichten sind eine besondere Ausprägung der Information der Gesellschafter bei Kapitalverlust und demgemäß im Beitrag von Kalss/Adensamer/Oelkers dargestellt 5. Der Arbeitskreis hat sich nicht für dieses Modell ausgesprochen und bevorzugt 2 Aktionsplan der EG-Kommission Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der EU, KOM 2003, 284, Nr. 3.1.3; dazu auch Fleischer, ZGR 2004, 437, 455. 3 In diesem Band, S. 1 ff. 4 Vgl. nur Pernice, Die Insolvenzverschleppung durch das Geschäftsführungsorgan der kleinen Kapitalgesellschaft im deutschen, französischen und englischen Recht, 2002, S. 257ff.; Kalss/Adensamer/Oelkers, in diesem Band, S. 134 ff. 5 In diesem Band, S. 134 ff.

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im Fall des Kapitalverlusts außerhalb der Insolvenz eine dem freien Ermessen der Gesellschafter überlassene Reaktion. Die Regelungen sind gleichwohl lehrreich. Sie basieren auf nationalen Rechten, die eine zur konkursmäßigen Abwicklung führende Insolvenz erst bei Zahlungsunfähigkeit annehmen. Sie verstehen sich aus dem rechtspolitischen Bedürfnis, bereits vor der Zahlungsunfähigkeit einer Aktiengesellschaft oder GmbH Weichen für die Reorganisation oder Liquidation der Gesellschaft zu stellen. Die vorliegende Arbeit wird diesem Bedürfnis auf der Ebene von Insolvenzantragspflichten nachkommen, die gleichfalls auf einen Zwang hinauslaufen, die Gesellschaft zur Zwangsabwicklung zu bringen (Insolvenzantrag), falls nicht beizeiten eine Sanierung gelingt. 2. Spezifische Schwierigkeiten der Rechtsvergleichung Die Vergleichung von Insolvenzeröffnungsgründen und Insolvenzverschleppungstatbeständen ist aus einer Reihe von Gründen besonders schwierig: – Erstens ist nicht nur die systematische Einordnung der Insolvenzverschleppungshaftung (Insolvenzrecht? Gesellschaftsrecht? Zivilrecht?) im Grundsätzlichen umstritten 6. Vor allem im Lichte von Art. 4 EuInsVO besteht ein Trend, die Haftungstatbestände rein insolvenzrechtlich und nicht gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren 7. Aber unabhängig von dieser allgemeinen Qualifikationsfrage ist es kaum möglich, nur aus insolvenzrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Sicht ohne Detailanalyse auch des zivilen Haftungsrechts ein realitätsnahes Bild von der Praxis zu gewinnen. – Zweitens fehlen über mehrere der anzusprechenden Regeln verallgemeinerungsfähige Erkenntnisse über deren praktische Relevanz und Funktionsweise (insbesondere gilt dies für den in Frankreich und Spanien möglichen Haftungsdurchgriff auf Geschäftsführer), während es in anderen Ländern eine lebhafte Gerichtspraxis gibt. – Drittens lässt sich aus der bloßen Einheitlichkeit oder Verschiedenheit der Begriffe nur wenig für die Einheitlichkeit oder Verschiedenheit der Rechtsregeln erschließen. – Viertens zeigt schon das eigene Heimatrecht, dass die Realität der Insolvenzeröffnungsgründe und der Insolvenzverschleppungshaftung aus den Gesetzestexten und Kommentaren nur begrenzt ablesbar ist, weil dieser schwierige Bereich weitgehend von Case Law dominiert und mit anderen Haftungstatbeständen (Durchgriff, Vertragsverletzung, unerlaubte Handlung) verknüpft ist. – Fünftens schließlich gibt es Länder, deren Insolvenzrecht streng zwischen Liquidations- und Reorganisationsverfahren unterscheidet (z. B. England) und 6 Überblick bei Trunk, Internationales Insolvenzrecht, 1998, S. 103f.; Schanze, AG 2003, 661, 670; Ulmer, KTS 2004, 291, 301. 7 Kritisch Karsten Schmidt, ZHR 168 (2004), 493, 498.

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andere, deren Insolvenzrecht beides umfasst (z. B. Deutschland). Im Zusammenhang mit dem hier untersuchten Thema sind gesetzliche Angebote eines staatlich regulierten Sanierungsverfahrens aber weniger interessant als die Verschleppungsverbote. In diesem Licht werden die Eröffnungstatbestände beleuchtet. Für England beschränkt sich die Studie deshalb auf die „Compulsory Liquidation“. Für Frankreich wird das „règlement amiable“ (seit 2005: die „procédure de conciliation“) und die im Jahr 2005 reformierte „procédure de sauvegarde“ ausgeblendet, ebenso für die Niederlande die „surséance van betaling“, für Italien der „coucordato preventivo“ und der „accordo di ristutturazione“ sowie für Belgien das „concordat judiciaire“. Nicht zum Thema gehören auch die – rechtspolitisch unzweifelhaft unterstützungswürdigen – Anreize, den Eintritt von Gesellschaften in ein staatlich geordnetes Reorganisationsverfahren vorzuverlagern. Es sind dies rechtspolitische Ansätze zur Unternehmenserhaltung, die außerhalb des zwingenden Gläubigerschutzes liegen. Das gilt auch für den Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO, der, wie sogleich zu zeigen sein wird, sein rechtspolitisches Ziel bisher auch verfehlt hat. 3. Recht und Realität der deutschen Regeln als Beispiel Die soeben angedeutete Feststellung soll kurz am Beispiel des deutschen Rechts exemplifiziert werden. a) Das deutsche Insolvenzrecht kennt drei Insolvenzeröffnungsgründe: – Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), – drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO), – Überschuldung (§ 19 InsO). Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist Eröffnungstatbestand nur im Fall eines freiwilligen Schuldnerantrags, im Fall der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit kann dagegen auch ein Gläubiger das Insolvenzverfahren beantragen. Aber der Blick in das Gesetz trügt. Im Eröffnungsverfahren, für das sie bestimmt sind, spielen diese Tatbestände praktisch keine nennenswerte Rolle, weil es Insolvenzanträge ohne materielle Insolvenz praktisch nicht gibt. Und die Eröffnungspraxis trügt noch mehr. Bei den für den Arbeitskreis Kapital in Europa entscheidenden Eigenanträgen von Gesellschaften auf Verfahrenseröffnung steht in der Praxis § 18 InsO statistisch im Vordergrund. Gesellschaftsinsolvenzverfahren werden zum großen Teil von den Geschäftsführern beantragt, und der Antrag wird auf drohende Zahlungsunfähigkeit gestützt. Folgerungen rechtspolitischer Art sind daraus aber nicht abzuleiten, denn die nach § 18 InsO gestellten Insolvenzanträge betreffen überwiegend Gesellschaften, die in Wahrheit längst überschuldet (§ 19 InsO), eventuell sogar schon zahlungsunfähig sind (§ 17 InsO). Der Charme des § 18 InsO liegt aus Geschäftsführersicht darin, dass der wegen drohender Zahlungsunfähigkeit gestellte Antrag nach dem Gesetz fakultativ ist, während die Tatbestände der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenzantrags-

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pflichten mit harten Sanktionen auslösen (dazu unter III 2 und 3). Die Stellung eines Insolvenzantrags durch einen Geschäftsführer wegen drohender Zahlungsunfähigkeit hat deshalb in der Mehrzahl der Fälle reinen Verschleierungscharakter: Er soll eine längst vorliegende – strafbare! – Insolvenzverschleppung ex nunc beenden und zugleich rückwirkend verdecken. Der Gedanke des Gesetzgebers, dass Schuldner, ohne schon zahlungsunfähig oder überschuldet zu sein, nach § 18 InsO früh einen freiwilligen Insolvenzantrag stellen, ist damit weitgehend ad absurdum geführt. § 18 InsO funktioniert in der Praxis nicht als gesetzlicher Anreiz zu frühen Insolvenzeröffnungsanträgen, sondern als ein gesetzliches Angebot, die Verspätung des obligatorischen Antrags zu verdecken. Der Tatbestand des § 18 InsO kann deshalb für diese Studie vernachlässigt werden. Aber auch die Tatbestände der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung sind, obwohl im Gesetz definiert (§ 17 Abs. 2, § 19 Abs. 2 InsO), keineswegs so eindeutig, wie dies auf den ersten Blick scheint (dazu unter II 2 und 3). Die bloße Lektüre des Gesetzes führt deshalb leicht in die Irre. Dies lässt Rückschlüsse und Erkenntnisse zu den Nachbarrechten umso fragwürdiger erscheinen, weil wir den praktischen Hintergrund dieser Rechte erst recht nur begrenzt durchschauen. b) Auch die Insolvenzverschleppungshaftung der Geschäftsführer ist selbst schon im Heimatrecht schwer einzuschätzen. Das beginnt schon damit, dass man die hochkomplizierte Handhabung des § 823 Abs. 2 BGB (Schadensersatz wegen Schutzgesetzverletzung) und des § 92 InsO (Gesamtschadensabwicklung durch den Insolvenzverwalter) mit den Insolvenzantragspflichten (§§ 92 Abs. 2 AktG, 64 Abs. 1 GmbHG, 130a Abs. 1 HGB) in Einklang bringen und dazu eine umfangreiche Rechtsprechung durchforsten muss 8. Erschwerend kommt hinzu, dass diese komplizierte Haftungsbegründung und Haftungsabwicklung fast nur noch für Einzelgläubigerschäden von Interesse ist 9, während die rechtspolitisch interessante Haftung für Gesamtgläubigerschäden nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG, 92 InsO durch das Urteil BGHZ 138, 211 = NJW 1998, 2667 praktisch unmöglich gemacht worden ist 10. Die in den meisten Vergleichsrechten zentrale Auffüllung der Insolvenzmasse durch Geschäftsführerhaftung (dazu unter IV) ist damit durch vermeintlich rechtsdogmatisch gebotene Überlegungen vereitelt, ohne dass dies aus dem Gesetz abzulesen wäre. Auch die Studie von Kalss/Adensamer/Oelkers 11 gibt von der Deliktshaftung von Geschäftsführern und ihrer Abwicklung durch den Insolvenzverwalter ein der Gerichtspraxis nicht entsprechendes Bild. Die Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung durch Insol8 Überblick bei Haas, DStR 2003, 423 ff. 9 Charakteristisch jüngst BGH, ZIP 2005, 1734 = NJW 2005, 3137; dazu Gehrlein, DB 2005, 2395. 10 Dazu Karsten Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 3. Aufl. 2003, Rdn. 1877ff. 11 In diesem Band, S. 134 ff.

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venzverwalter geschieht in der gegenwärtigen Rechtsprechung ausschließlich und mit bedenklichen Folgen über § 64 Abs. 2 GmbHG (dazu kritisch unten, IV 3a) 12. Diese Feststellung dürfte eine Vorstellung von der Schwierigkeit des Arbeitsfeldes und eine unerquickliche Ahnung von den Hindernissen rechtsvergleichender Einschätzung vermitteln. Gleichwohl wird die vorliegende Studie mit – notwendig skizzenhaften – rechtspolitischen Empfehlungen enden. II. Insolvenzeröffnungsgründe 1. Bedeutung der Insolvenzeröffnungsgründe Die Insolvenzeröffnungsgründe sind zwar aus rechtsstaatlichen Gründen eine notwendige Voraussetzung der Verfahrenseröffnung, aber rechtspraktisch und rechtspolitisch liegt ihre Bedeutung nicht hier (dazu schon unter I 3a). Die Gerichtsentscheidung, dass ein Eröffnungstatbestand vorliegt, ist im Antragszeitpunkt meist einfach. Von weit größerer, für das Gesellschaftsrecht sogar von ausschließlicher praktischer Bedeutung sind die sich aus den Insolvenzeröffnungsgründen ergebenden Geschäftsleiterpflichten 13. Die Insolvenzverfahrenseröffnung kommt in der Mehrzahl der kritischen Fälle zu spät. Die Prüfung des Insolvenztatbestands ist dann Aufgabe der Haftungsrechtsprechung. Das bedeutet wiederum, dass die Eröffnungsgründe in den rechtlich und rechtspolitisch interessanten Fällen zwar von den Geschäftsführern ex ante, dagegen von den Gerichten in Haftungsfällen ex post beurteilt werden müssen. Nahezu jede Gerichtsentscheidung über die Insolvenzreife einer Gesellschaft kann deshalb nur unter den Auspizien dieser ex-post-Betrachtung verstanden werden. Jeder Insolvenzeröffnungsgrund sollte im Licht dieser rechtspolitischen Aufgabe formuliert werden, und jeder Insolvenzeröffnungstatbestand muss an diesem Kriterium gemessen werden. 2. Zahlungsunfähigkeit a) Die Zahlungsunfähigkeit ist in allen hier untersuchten Vergleichsrechtsordnungen als allgemeiner Insolvenzeröffnungstatbestand anerkannt (Belgien Art. 2 der Loi du 08-08-97 sur les faillites; Dänemark § 17 Abs. 2 Konkursloven; Deutschland § 17 InsO; England s. 122 Abs. 1 Buchstabe f Insolvency Act; Frankreich Art. L 631-1 (bis 2005 Art. L 621-1) Code de Commerce; Italien Art. 5 Legge fallimentare; Niederlande Art. 1 Nr. 1 Fallisementswet; Norwegen § 61 Konkursloven; Österreich § 66 KO; Schweden § 2 Konkurslag 1987: 672; Spanien Art. 2.2 Ley 22/2003). 12 Dazu etwa Goette, ZInsO 2001, 529ff.; krit. Karsten Schmidt, ZHR 168 (2004), 637 ff. 13 Eingehend Karsten Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, 1990, S. 37 ff.

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b) Über eine Umschreibung der Wortbedeutung hinausgehende Definitionen der Zahlungsunfähigkeit enthalten die meisten Gesetze nicht 14. Das italienische Recht betont, dass auch noch nicht fällige Forderungen einbezogen werden 15. Dagegen kommt die Zahlungsunfähigkeit nach französischem Recht terminologisch der Zahlungseinstellung nahe (cessation de paiement), geht jedoch davon aus, dass das liquide Gesellschaftsvermögen (actif disponible) die fälligen und durchsetzbaren Verbindlichkeiten (passif exigible) nicht decken. Die entscheidende Vorschrift lautet bis 2005: Art. L. 621-1 Code de Commerce (Fassung 1985): „La procédure de redressement judiciaire est ouverte à toute entreprise, mentionée à l’article L. 620-2, qui est dans l’impossibilité de faire face au passif exigible avec son actif disponible.“

Nunmehr gilt aufgrund des Reformgesetzes vom 26. Juli 2005 der folgende Art. L 631-1 Code de Commerce (Fassung 2005): „Il est institué une procédure de redressement judiciaire ouverte à tout débiteur mentionné aux articles L. 631-2 ou L. 631-3 qui, dans l’impossibilité de faire face au passif exigible avec son actif disponible, est en cessation des paiments.“

Nach ständiger Rechtsprechung ist die „cessation des paiements … l’impossibilité pour le debiteur, à partir de se réserves actuelles de trésorerie ou de crédit, de faire face à son passif exigible 16.“ Erfasst ist der ganze Zahlungsunfähigkeitstatbestand, nicht bloß die Zahlungsunfähigkeit 17. Die Neufassung aus dem Jahr 2005 scheint zwar in andere Richtung zu weisen, weil sie die „cessation des paiements“ nunmehr in den Gesetzeswortlaut mit aufgenommen hat. Eine Änderung gegenüber dem durch die Rechtsprechung geprägten Verständnis des Tatbestands ist damit aber nicht gemeint 17a. Wer genau hinblickt, kann in dem Gesetzeswortlaut sogar schon ein prognostisches Element entdecken („impossibilité de faire face …“). Die meisten Rechte betonen, dass die Zahlungsunfähigkeit mehr als eine bloße Zahlungsstockung sein muss 18. Die Zahlungsunfähigkeit muss „de manière 14 Charakteristisch § 66 öKO sowie der § 102 der deutschen Konkursordnung. 15 Art. 5 Abs. 2 Legge fallimentare: „… non è piu in grado di soddisfare regolarmente (!) le proprie obbligazioni.“ 16 Cass. Com. 17. juin 1977, Bull. civ. IV. n° 193; Cass. Com. 12. nov. 1997, Bull. vi. IV, n.° 290. 17 Vgl. Pernice, Die Insolvenzverschleppung durch das Geschäftsführungsorgan der kleinen Kapitalgesellschaft im deutschen, französischen und englischen Recht, 2002, S. 153. 17a Vgl. de Roux, Rapport fait au nom de la Commission des Lois constitutionelles, de la Législation et de l’Administration générale de la République sur le projet de loi (No. 1596) de sauvegarde des entreprises, in: Assemblée Nationale, Dokument No. 2095 vom 24. 2. 2005, S. 73; Sitzungsniederschrift der Assemblée Nationale vom 8. 3. 2005, Journal officiel de la République Française, session ordinaire de 2004–2005, 168e séance, S. 1756. 18 Dänemark: § 17 Abs. 2 Konkursloven; Norwegen: § 61 Satz 1 Konkursloven; Schweden: § 2 Abs. 2 Konkurslag.

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persistante“ sein 19. Auch das spanische Recht will bloße Zahlungsstockungen offenbar ausschließen (Art. 2.2 Ley 22/2003): „Se encuentra en estado de insolvencia es deudor que no puede cumplir regularmente sus obligaciones exigibles.“

Überaus unklar und uneinheitlich ist die Bedeutung, die der Zahlungseinstellung („stop of payments“) beigemessen wird 20. Festgehalten werden darf, dass insbesondere der französische Zahlungsunfähigkeitstatbestand trotz seiner geläufigen, nunmehr sogar in den Gesetzeswortlaut aufgenommenen Bezeichnung als „cessation de paiement“ nicht mit dem der Zahlungseinstellung gleichzustellen ist 21. Auch steckt in dem Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit (s. 122 Abs. 1 Buchst. f Insolvency Act) stillschweigend ein Prognosemerkmal. Der italienische Tatbestand macht das prognostische Element der Zahlungsunfähigkeit deutlich erkennbar (Art. 5 Abs. 2 Legge fallimentare): „Lo stato d’insolvenza si manifesta con inadempimenti od altri fatti esteriori, i quali dimostrino che il debitore non è più in grado di soddisfare regolarmente le proprie obbligazioni.“

c) Der Gesetzgeber der deutschen Insolvenzordnung hatte sich um eine klärende Definition bemüht, die vor allem unter der Konkursordnung aufgetretene Zweifelsfragen beheben sollte (§ 17 Abs. 2 InsO) 22: „Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.“

Die sich an die Verabschiedung der Insolvenzordnung anschließende Diskussion sollte aber sogleich zeigen, dass die entscheidende Frage des Zahlungsunfähigkeitstatbestands ungeklärt blieb: Wie verhält sich die Zahlungsunfähigkeit zur bloßen Zahlungsstockung? Enthält der Begriff der Zahlungsunfähigkeit ein prognostisches Element? Durch Urteil vom 24.5.2005 hat sodann der Bundesgerichtshof auf ziemlich arbiträre Weise entschieden 23: „1. Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend. 2. Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird. 19 Belgien: Art. 2 Abs. 1 Loi du 08-08-97. 20 Vgl. McBryde/Flessner/Kortmann, Principles of European Insolvency Law, 2003, S. 21. 21 Nachweise bei Pernice, Die Insolvenzverschleppung durch das Geschäftsführungsorgan der kleinen Kapitalgesellschaft im deutschen, französischen und englischen Recht, 2002, S. 153 22 BegrRegE InsO BT-Dr. 12/2433, S. 114. 23 BGHZ 163, 134 = NJW 2005, 3062.

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3. Beträgt die Liquidationslücke des Schuldners 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquidationslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.“

d) Es ist mit Händen zu greifen, dass mit solchen Faustregeln nicht viel gewonnen ist. Vor allem verspricht der Tatbestand keinen wirksamen ex-ante-Schutz der Gesellschaftsgläubiger, weil er dafür zu spät ansetzt. Der Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit, wie immer er im Detail ausformuliert sei, ist zwar als allgemeiner Eröffnungstatbestand unentbehrlich. Als Grundlage präventiven Gläubigerschutzes taugt er jedoch wenig. Vor allem gilt dies auch für die Insolvenzantragspflichten der Leitungsorgane. Das zitierte BGH-Urteil ist ein Insolvenzverschleppungsfall, in dem dem Geschäftsführer vor allem fehlende Finanzplanung vorgeworfen wurde. Warum das Urteil nicht auf Überschuldung gestützt wurde, ist nicht erkennbar. Der Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit ist m.a.W. ein Tatbestand, bei dem das Insolvenzverfahren spätestens und unweigerlich eröffnet werden muss. Aber er schreit nach einer Ergänzung durch präventiven Gläubigerschutz. 3. Überschuldung a) Die Überschuldung ist bei Kapitalgesellschaften, bei sonstigen Körperschaften und bei Personengesellschaften ohne unbeschränkt haftenden natürlichen Komplementär Eröffnungsgrund in Deutschland (§ 19 Abs. 1 und 3 InsO), Österreich (§ 67 Abs. 1 KO) und außerhalb der Vergleichsstaaten in der Schweiz (Artt. 725, 725a OR und Verweisungsvorschriften). In England kann eine Zwangsliquidation außer im Überschuldungsfall auch dann angeordnet werden, wenn die Gesellschaft entweder zahlungsunfähig ist (s. 122 Abs. 1 Buchst. f Insolvency Act), oder „if the court is of the opinion that it is just and equitable that the company should be wound up“ (s. 122 Abs. 1 Buchst. g Insolvency Act). Dass sich hieraus eine überschuldungsorientierte Gerichtspraxis entwickelt hätte, ist dem Verfasser nicht bekannt. Wenig ergiebig scheint auch das norwegische Recht, das Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit verlangt (§ 61 Satz 2 in Ergänzung von Satz 1 Konkursloven), demnach also wohl eine auf Überschuldung beruhende Zahlungsunfähigkeit. Die Frage ist deshalb, ob der Überschuldungstatbestand den präventiven Gläubigerschutz gewährleistet, den wir beim Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit vermisst haben. b) Was Überschuldung ist, ist im österreichischen Recht nicht definiert (§ 67 Abs. 3 KO regelt nur die Nicht-Passivierung subordinierter Verbindlichkeiten). Für das schweizerische Recht ergibt sich aus Art. 725 Abs. 2 Satz 2 OR, dass Überschuldung vorliegt, wenn die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräußerungswerten gedeckt sind. Auch die deutsche Praxis unterschied unter der Geltung der Konkursordnung zwischen „rechneri-

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scher Überschuldung“ und „rechtlicher Überschuldung“24. Nach BGHZ 119, 201 = NJW 1992, 2891 liegt Überschuldung nur vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten die bestehenden Verbindlichkeiten nicht decken würde (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht („Überlebens- und Fortführungsprognose“). Dieses bis 1998 vorherrschende Verständnis des Überschuldungstatbestands 25 diente der Trennung von Überschuldungsbilanz und Prognose 26. Es wurde ausdrücklich aufgegeben durch die Neudefinition des Überschuldungstatbestands in § 19 Abs. 2 InsO: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist.“

Mit dieser Norm will der InsO-Gesetzgeber die Prognose wieder zu einer reinen Bewertungsprämisse im Insolvenzstatus herabstufen 27. Er folgt damit dem „alten“ (nun wieder neuen) zweistufigen Überschuldungsbegriff, zu dessen Überwindung die bei BGHZ 119, 201 = NJW 1992, 2891 anerkannte „neue“ (jetzt offenbar wieder alte) Zweistufigkeit angetreten war 28. Der BGH hat jüngst angedeutet, dass er nur für die Rechtslage vor 1999 an der Trennung von „rechnerischer Überschuldung“ und Prognose festhalten dürfte 29. Auf’s Neue zeigen diese Schwierigkeiten in nationalem Recht, wie schwierig die Herausarbeitung rechtspolitischer Empfehlungen auf europäischer Ebene ist. c) Deshalb sollte nicht so sehr auf streitige Details, sondern mehr auf Grundsätzliches geblickt werden. Wir hatten festgestellt, dass eine Insolvenzeröffnung bei Zahlungsunfähigkeit aus der Perspektive des Gläubigerschutzes zu spät kommt. In rechtspolitischer Hinsicht ist das in traditionellen Überschuldungsdefinitionen unterschätzte dynamisch-prognostische Element des Überschuldungstatbestands von herausragender Bedeutung. Der Überschuldungstatbestand ist in direktem Zusammenhang mit den Insolvenzantragspflichten zu sehen. Er ist einerseits Tatbestand für die Verfahrenseröffnung und markiert auf der anderen Seite zugleich den Beginn des „fraudulent“ oder „wrongful trading“ 30. Deshalb interessiert er 24 BGHZ 126, 181, 199; 129, 136, 154; Nachweise bei Häsemeyer, Insolvenzrecht, 3. Aufl. 2003, Rdn. 7.21 ff.; Karsten Schmidt/Uhlenbruck, Rdn. 857ff. 25 Näher Karsten Schmidt/Uhlenbruck, Rdn. 877; diese Methode ging zurück auf den Aufsatz des Verf. in AG 1978, 334ff. („Konkursgründe und präventiver Gläubigerschutz“). 26 Vgl. ebd.; vgl. auch Karsten Schmidt, JZ 1982, 165, 170. 27 Vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Dr. 12/2443, S. 115 und BT-Dr. 12/7302, S. 157. 28 Vgl. Karsten Schmidt, AG 1978, 334ff.; ders., Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 50ff. 29 BGH, NJW 2005, 3137, 3139: „Fortführungsprognose …, auf die es nach damaliger Rechtslage ankam.“ 30 Vgl. zu dieser Parallelität Karsten Schmidt, in: VGR-Sonderband „GmbH-Reform

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– unter dem Gesichtspunkt des präventiven Gläubigerschutzes und damit – unter prognostischem Gesichtspunkt. Er ist damit gleichsam das Abbild unternehmerischer Selbstprüfungspflichten. Dies ist der Grund, aus dem, wie immer der Gesetzgeber sich ausdrücken mag, die Prognosezeiträume und die Prognosemethode unvermeidlich das A und O eines dem präventiven Gläubigerschutz dienenden Insolvenztatbestands sein werden. Zugleich liegt hier der Grund, weshalb die Selbstprüfungspflichten auf betriebswirtschaftliche Kriterien hinauslaufen werden. III. Insolvenzantragspflichten und Verschleppungshaftung 1. Der Normzweck: präventiver Gläubigerschutz Die Tatbestände der Insolvenzverschleppungshaftung, wie immer sie im einzelnen ausgestaltet sein mögen, haben in rechtspolitischer Hinsicht in erster Linie nicht den Zweck, eingetretene Gläubigerschäden zu kompensieren (dazu reicht das Vermögen der haftenden Personen im Regelfall auch nicht aus). Ihre Hauptfunktion liegt im präventiven Gläubigerschutz, also in der Verhaltenssteuerung. Das wiederum bedeutet, dass Insolvenzantragspflichten im Gesellschaftsrecht in erster Linie nicht auf Insolvenzantragstellung gerichtet sein sollten (auch wenn die Tatbestände in diesem Sinne formuliert werden), sondern auf ständige Solvenzprüfung seitens der Unternehmensleitung 31. 2. Unterschiedliche gesetzliche Ansätze a) Die französischen und die spanischen Gesetze enthalten Insolvenzantragspflichten, die nicht auf Gesellschaften beschränkt sind und – in Anbetracht des Fehlens eines Überschuldungstatbestands konsequent – an den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungseinstellung anknüpfen. Der Antrag ist binnen 45 Tagen (Frankreich) bzw. binnen zwei Monaten (Spanien) zu stellen. Art. L 631-4 Abs. 1 Code de Commerce: „L’ouverture de cette procédure doit être demandée par le débiteur au plus tard dans les quarante-cinq jours qui suivent la cessation des paiements s’il n’a pas, dans ce délai, demandé l’ouverture d’une procédure de conciliation.“ Art. 5.1 Ley 22/2003: „El deudor deberá solicitar la declaración de concurso dentro de los dos meses siguientes a la fecha en que hubiera conocido o debido conocer su estado de insolvencia.“

Dass diese Pflicht im Fall einer Handelsgesellschaft die Leitungsorgane trifft, wird im spanischen Recht besonders herausgestellt durch die Zuständigkeitsregel des Art. 3.1 Satz 2: in der Diskussion“, 2006 (im Druck); s. auch Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 177ff. 31 Karsten Schmidt/Uhlenbruck, Rdn. 1862 f.

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„Si el deudor fuere persona jurídica, será competente para decidor sobre la solicitud el órgano de administración o de liquidación.“

Im Übrigen zeigen schon diese Vorschriften gravierende Unterschiede im Ansatz. Die französische knüpft ihrem Wortlaut nach an den objektiven Tatbestand der Zahlungseinstellung (cessation des paiements) an, meint aber damit nichts anderes als die objektive Zahlungsunfähigkeit (oben unter II 2b). Die spanische Regelung, wenngleich belastet durch die Zweimonatsfrist, knüpft dagegen an die Kenntnis oder das Kennenmüssen der Zahlungsunfähigkeit an. Das ist rechtspolitisch der bessere, dem Gedanken des wrongful trading nähere Ansatz. Aber auch er bringt nach dem, was hier über den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit gesagt worden ist (oben, II 2) rechtspolitisch noch zu wenig ein. b) In Italien wird die Insolvenzantragspflicht aus der Strafnorm des Art. 217 Nr. 4 Legge fallimentare herausgelesen, wonach die Schmälerung der Masse durch Verzögerung des Konkursantrags strafbar ist 32. Die Regelungen sind vor dem Hintergrund einer strengen Haftung für Vermögensschäden außerhalb der Insolvenz zu verstehen. Rechtspolitisch können sie nicht stärker sein als der zugrundeliegende Insolvenzeröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit. c) Speziell gesellschaftsbezogene Insolvenzantragspflichten der Leitungsorgane kennen Deutschland (§ 92 Abs. 2 AktG, § 64 Abs. 1 GmbHG, § 130a HGB) und Österreich (§ 69 Abs. 2, 3 KO). Sie knüpfen an die Tatbestände der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung an. In der Haftungspraxis dominiert der Überschuldungstatbestand, weil ein betriebswirtschaftliches Verständnis der Überschuldung diese früher eintreten lässt als die Zahlungsunfähigkeit (dazu unter III 3). Die Überschuldung ist der von der Geschäftsleitung im Blick zu behaltende Punkt. Wer das Unternehmen trotz Überschuldung fortführt, ohne Insolvenzantrag zu stellen, haftet auf Ersatz der Gläubigerschäden. d) Als vollkommen andersartig wird üblicherweise das Konzept des wrongful trading nach sec. 214 Insolvency Act eingeschätzt (dazu unter IV 2). Hier soll dagegen der Versuch unternommen werden, Insolvenzverschleppungshaftung und Haftung wegen wrongful trading miteinander rechtspolitisch zu versöhnen. 3. Überschuldungstatbestand und präventiver Gläubigerschutz a) Der Überschuldungstatbestand birgt in sich die Chance, präventiven Gläubigerschutz, Insolvenzrechtspolitik und betriebswirtschaftliche Selbstprüfung miteinander zu versöhnen. In seinem traditionellen statischen Verständnis (stichtagsbezogene Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva) ist dieser Tatbestand veraltet und deshalb mit Recht international wenig akzeptiert. Aber das kann sich ändern, wenn der Überschuldungstatbestand nicht in erster Linie als Insolvenzeröffnungs32 Kalss/Adensamer/Oelkers, in diesem Band, S. 134, 154 ff; Adensamer/Oelkers/Zechner, Verhaltenspflichten der Geschäftsleiter in der Unternehmenskrise, Manuskript S. 25 m.w.N.

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tatbestand, sondern als Gegenstand einer unternehmerischen Finanzplanung begriffen wird 33. Überschuldung als unternehmensrechtlicher Tatbestand ist nicht rein exekutorisch zu denken (als Unzulänglichkeit des aktuell vorhandenen pfändbaren Vermögens für allseitige Gläubigerbefriedigung), sondern betriebswirtschaftlich auszufüllen (als Tatbestand unzureichender finanzieller Absicherung gläubigersichernder Unternehmensfortführung) 34. Ob der auf einen statisch-bilanziellen Tatbestand hindeutende Begriff „Überschuldung“ durch einen das Finanzplanungselement besser beschreibenden Begriff ausgewechselt werden sollte, ist eine terminologische Frage, die von dem Sachproblem nicht ablenken sollte. b) Der Überschuldungstatbestand des deutschen und österreichischen Insolvenzrechts ist umstritten und schwierig 35. Ein wesentliches Element des Überschuldungstatbestands ist – so sehr über seine Einordnung im Detail gestritten wird (oben unter II 3) – die Fortbestehensprognose 36. Sie wird von § 19 Abs. 2 InsO dahin definiert, dass die Fortführung des Unternehmens „nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist“. Diese Prognose, in Anbetracht ihrer Unsicherheit bei Juristen in Misskredit geraten, ist nach betriebswirtschaftlicher Einsicht das A und O jeder Selbstprüfung und Fortführungsentscheidung im Unternehmen. Sie muss auch das juristische A und O der Selbstprüfung im Lichte des präventiven Gläubigerschutzes sein. Die vielen gegen die Unsicherheit des Überschuldungstatbestands ins Feld geführten Einwände können nichts daran ändern, dass – jede Unternehmensentscheidung, die diesen Namen verdient, prognostischen Charakter hat, dass – die Fortführungswürdigkeit oder -unwürdigkeit eines Unternehmens kein statischer, sondern ein dynamischer Tatbestand ist, dass – eine dem präventiven Gläubigerschutz dienende Selbstprüfung stets auf Dauerhaftigkeit der Liquidität und Zahlungsfähigkeit zielen muss und dass – der Überschuldungstatbestand im Unternehmensrecht im Vergleich mit dem Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit einer Vorverlegung der Kontrolle dient. Überschuldung ist ein Tatbestand, der ein Abwarten des Zeitpunkts der Zahlungsunfähigkeit als verboten erscheinen lässt. Das Konzept der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung kombiniert das Gebot einer ex-ante-Kontrolle seitens der hierfür zuständigen Geschäftsleiter mit ex-post-Sanktionen im Fall unterlassener oder schuldhaft fehlsamer Selbstprüfung.

33 34 35 36

Vgl. Fn. 24, 25, 26, 29. Dies wurde vom Verfasser näher entwickelt in JZ 1982, 165ff. Vgl. Fn. 24–29. Vgl. Fn. 24, 26.

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IV. Sanktionen 1. Schadenersatz In den meisten Verfahrensrechtsordnungen bekannt, wenn auch sehr unterschiedlich begründet, ist die Schadensersatzhaftung wegen Insolvenzverschleppung. Aber nicht alle haben sie zu einem gesellschaftsrechtlichen Spezifikum ausgebaut. In Deutschland und Österreich hat sich eine unterschiedliche Haftung gegenüber den Altgläubigern und gegenüber den Neugläubigern durchgesetzt 37. a) Die Haftung wird in einer Reihe von Staaten rein zivilrechtlich begründet, nämlich nach allgemeinem Deliktsrecht 38 oder nach den Grundsätzen vorvertraglichen Verschuldens 39. Beide Ansätze sind für einen effektiven Individualschutz geschädigter Einzelgläubiger schwer zu entbehren 40. Aber sie ersetzen einen unternehmensspezifischen Gesamtgläubigerschutz nicht. b) Deutschland und Österreich gehen, basierend auf einem gesetzlichen Insolvenzverschleppungsverbot (s. o. III 3 b), von einer Schadensersatzhaftung aus, die im Fall einer Insolvenzverfahrenseröffnung durch Leistung in das Gesellschaftsvermögen zu begleichen ist und den gesamten Verschleppungsschaden der Gläubiger umfasst 41. Daneben kommen Individualklagen geschädigter Neugläubiger in Betracht 42. 2. Wrongful Trading a) Die Haftung aus sec. 214 Insolvency Act ist im Manuskript Kalss/Adensamer/Oelkers 43 skizziert sowie ausführlich in Beiträgen von Bachner 44 und Habersack/Verse 45 geschildert worden. Sie versteht sich nicht als reine Insolvenzverschleppungshaftung, und kann sich in einem auf Zahlungsunfähigkeit basierenden Insolvenzrecht auch nicht so verstehen. Wrongful trading kann selbstverständlich vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zum Zuge kommen. Der Unterschied zur Insolvenzverschleppungshaftung in Überschuldungsfällen sollte dennoch nicht überzeichnet werden 46. Erkennt man nämlich, dass der Rechtsfigur des „wrongful trading“ die Prämisse „keine Insolvenz vor Zahlungsunfähigkeit“ zugrunde liegt, so erweist sich die Phase des „wrongful trading“ typischer37 Vgl. mit Unterschieden BGHZ 138, 211; OGH, ecolex 1998, 327. 38 Vgl. Kalss/Adensamer/Oelkers, in diesem Band, S. 134, 176 ff. 39 Vgl. Kalss/Adensamer/Oelkers, in diesem Band, S. 143 ff (Dänemark), S. 158 f (Niederlande). 40 Vgl. Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 9. Aufl. 2003, § 64 Rdn. 40. 41 Vgl. Kalss/Adensamer/Oelkers, in diesem Band, S. 139ff, 164ff. 42 Vgl. BGHZ 126, 181; 138, 211; Einzelheiten umstritten. 43 S. 8 f. 44 Bachner, EBOR 5 (2004), 293, 300ff. 45 Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174. 46 Die diesbezüglichen Feststellungen von Bachner, EBOR 5 (2004), 293, 303 und Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 185 dürften auf der Ausblendung des Prognosemoments beruhen.

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weise als deckungsgleich mit einer prognostisch begriffenen Überschuldung oder drohenden Zahlungsunfähigkeit. Bedenkt man umgekehrt aus der Sicht des deutschen Rechts das prognostische Moment des die Fortführung ohne Insolvenzantrag verbietenden Überschuldungstatbestands (oben unter II 3, III 3b), versteht man also den Tatbestand der Überschuldung im Sinne des Gläubigerschutzes als prognostizierte Zahlungsunfähigkeit, so ähnelt ihm der Fall eines Unternehmensleiters, der „knew or ought to have concluded that there was no reasonable prospect that the company would avoid going into insolvent liquidation“. Beide Rechtsinstitute – die Insolvenzverschleppungshaftung bei Überschuldung und die Haftung wegen „wrongful trading“ – beabsichtigen insofern dasselbe: eine gläubigerschützende Verantwortlichkeit des Geschäftsleiters für die erlaubte oder unerlaubte Unternehmensfortführung schon vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Und was den in das Ermessen des Gerichts gestellten Haftungsumfang anlangt, so stellen Kalss/Adensamer/Oelkers im Anschluss an Habersack/Verse 47 fest, dass die englische Praxis im Ergebnis auf Erstattung des durch Masseverringerung eingetretenen Gesamtgläubigerschadens hinausläuft 48. Trotz theoretisch vollständig abweichender Haftungstatbestände (Überschuldung versus wrongful trading), Rechtskonstruktionen (Deliktsrecht versus spezielles Insolvenzrecht) und Rechtsfolgen (Schadensersatz versus Ermessensentscheidung) scheinen sich die rechtspolitischen Grundgedanken und die praktischen Lösungen doch mehr zu ähneln, als es bei bloßer Gesetzeslektüre zu vermuten wäre 49. b) Die Aufgabe eines europäischen Rechts der Insolvenzverschleppungshaftung dürfte deshalb darin bestehen, das rechtspolitisch einheitliche Konzept der Insolvenzverschleppungshaftung transparent zu machen. Die Geschäftsführer schulden Ersatz des durch unerlaubte Fortführung des Geschäfts angerichteten Gesamtgläubigerschadens. Mit Fleischer ist die „magna questio“ in einer Fixierung des Pflichten auslösenden Zeitpunkts zu erblicken 50. Die englischen Gerichte gestehen dem Geschäftsführer durchaus einen Einschätzungsspielraum zu 51. Der haftungsauslösende „moment of truth“ – gleichzeitig Gegenstand der ständigen unternehmerischen Selbstprüfung in der Krise – sollte mit Hilfe der betriebswirtschaftlichen und juristischen Erkenntnisse zum Überschuldungsbegriff, soweit dies geht, präzisiert werden. Die mit der Überschuldung einsetzende Geschäftsführerhaftung ist auf schuldhaft verursachte Insolvenzausfälle (Auffüllung der Insolvenzmasse) begrenzt und als Verschuldenshaftung auch in Anbetracht der Unsicherheit jeder Prognose trotz ihrer Härte beherrschbar und für die Geschäftsführer zumutbar. 47 ZHR 168 (2004), 174, 197. 48 Vgl. zur Praxis auch Morse, Charlesworth’s Company Law, 17. ed. 2005, S. 318; Pernice, S. 215f. 49 Bemerkenswert Bachner, EBOR 5 (2004), 293, 302: „the case goes no further than would any German case under § 92 (2) AktG or § 64 (1) GmbHG“. 50 Fleischer, ZGR 2004, 437, 457. 51 Vgl. ebd.

Insolvenzgründe und Haftung für Insolvenzverschleppung

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3. Umfassende Erstattungshaftung oder Haftungsdurchgriff auf die Geschäftsführer? a) Eine eigenartige Haftung, deren Einordnung Schwierigkeiten bereitet 52, ist in § 64 Abs. 2 GmbHG angeordnet (weniger deutlich in § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG und ganz anders in § 130 a Abs. 3 HGB). Danach müssen Geschäftsführer alle nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder (nach Feststellung) der Überschuldung aus dem Gesellschaftsvermögen geleisteten Zahlungen durch Einzahlung in die Masse erstatten, sofern sie sich nicht exkulpieren. Diese die jüngere Praxis des BGH beherrschende Haftung 53 ist von dramatischer, in der Literatur nicht unbestritten gebliebener 54 Härte. Der Verfasser hält sie für unverhältnismäßig und verfehlt 55. Unstreitig ist zwar die Effektivität dieser Sanktion 56, aber sie steht im Ergebnis außer Verhältnis zum Handlungsunrecht der Geschäftsführer in Verschleppungsfällen, weil sie über die vom Geschäftsführer schuldhaft verursachten Insolvenzverschleppungsschäden um ein Mehrfaches hinausgehen kann 57. Ein weiterführendes Vorbild ist darin nicht zu erkennen. b) Die auf Art. L 651-2 Code de Commerce gestützte action en comblement de l’insuffisance d’actif ist eine summenmäßig nicht beschränkte Haftung des gérant (gérant de droit oder gérant de fait) wegen Masseunzulänglichkeit 58. Die Bestimmung lautet: „Lorsque la résolution d’un plan de sauvegarde ou de redressement judiciaire ou la liquidation judiciaire d’une personne morale fait apparaître une insuffisance d’actif, le tribunal peut, en cas de faute de gestion ayant contribué à cette insuffisance d’actif, décider que les dettes de la personne morale seront supportées, en tout ou en partie, par tous les dirigeants de droit ou de fait ou par certains d’entre eux, ayant contribué à la faute de gestion. En cas de pluralité de dirigeants, le tribunal peut, par décision motivée, les déclarer solidairement responsables. L’action se prescrit par trois ans à compter du jugement qui prononce la liquidation judiciaire ou la résolution du plan. 52 So bereits Fleck, GmbHR 1974, 224, 230. 53 BGHZ 143, 184 = NJW 2000, 668 = ZIP 2000, 184; BGH, NJW 2001, 304 = ZIP 2000, 1896; BGHZ 146, 264 = NJW 2001, 1280 = ZIP 2001, 235; BGH NJW 2003, 2316 = ZIP 2003, 1005; vgl. auch schon BGHZ 131, 325 = NJW 1996, 850 = ZIP 1996, 420. 54 Vgl. Altmeppen, ZIP 2001, 1201; Bitter, WM 2001, 666; Karsten Schmidt, ZHR 168 (2004), 637; ders., ZIP 2005, 2177. 55 Vgl. ebd. 56 Dazu Goette, FS Kreft, 2004, S. 53, 58. 57 Vgl. Fn. 54. 58 Dazu eingehend Pernice, S. 158ff.; Kalss/Adensamer/Oelkers, in diesem Band, S. 151 ff; zum konzernrechtlichen Anwendungsbereich vgl. Domain und Chaput, La responsabilité non-contractuelle dans la gestion de sociétés dans la jurisprudence française, in: Ebenroth/Ronger (Hrsg.), Die außervertraglichen unternehmerischen Handlungspflichten zum Schutze fremden Vermögens = La responsibilité non-contractuelle en matiére commerciale, 1995, Rdn. 87 ff., 116 ff.

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Les sommes versées par les dirigeants en application de l’alinéa 1er entrent dans le patrimoine du débiteur. Ces sommes sont réparties entre tous les créanciers au marc le franc.“

Dem Wortlaut nach liegt eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Nachschusspflicht der Unternehmensleiter vor, die bis zu einem unbeschränkten Innendurchgriff gehen könnte (Erstattung der gesamten Unterdeckung). Berichten zufolge soll es dazu aber nur in einer geringen Zahl von Fällen kommen, während die Entscheidung in der Mehrzahl der Fälle auf Erstattung der schuldhaft verursachten Ausfälle lautet 59. c) Eine komplizierte, im Ergebnis nicht unähnliche Regelung enthält seit 2003 das spanische Insolvenzrecht 60. Nach Artt. 167, 174 der Ley 22/03 wird vom Richter eine „sección de calificación“ eingesetzt. Es wird darüber entschieden, ob der Konkurs als „fortuito“ oder als „culpable“ einzuschätzen ist (Art. 163.2). Ein „Concurso culpable“ liegt zwingend in bestimmten Fällen des strafbaren Bankrotts vor (Art. 164 Abs. 2), vorbehaltlich eines von Schuldnerseite zu erbringenden Gegenbeweises („salvo prueba en contrario“) wird „dolo e culpa grave“ u. a. vermutet, wenn die Insolvenzanmeldung verzögert worden ist (Art. 165.1 No. 1): „Hubieran incumplido el deber de solicitar la declaración del concurso.“ Bemerkenswert ist nun die in das Ermessen des Gerichts gestellte Durchgriffsfolge des „Concurso culpable“ nach Art. 172.3 Ley 22/03: „Si la Sección de calificación hubiera sido formada o reabierta como consecuencia de la apertura de la fase de liquidación, la sentencia podrá, además, condenar a los administradores o liquidadores, de derecho o de hecho, de la persona jurídica cuyo concurso se califique como culpable, y a quienes hubieren tenido esta condición dentro de los dos años anteriores a la fecha de la declaración de concurso, a pagar a los acreedores concursales, total o parcialmente, el importe que de sus créditos no perciban en la liquidación de la masa activa.“

Praktische Erfahrungen liegen anscheinend noch nicht vor. d) Insgesamt erscheint die Erstattungshaftung, wie sie in Anwendung des § 64 Abs. 2 GmbHG vom BGH praktiziert wird, einfach und klar berechenbar, aber in den Ergebnissen unverhältnismäßig. Die sich aus der action en comblement de l’insuffisance d’actif (Art. L 651-2 Code de Commerce) bzw. aus dem Durchgriff wegen „Concurso culpable“ ergebende Erstattungshaftung (Art. 172.3 Ley 22/03) vertraut auf eine Handsteuerung durch die Gerichte. Sie wird auf der

59 Vgl. Pernice, S. 162. 60 Dazu eingehend Alonso Ureba, La responsibilidad concursal de los administradores de una de capital en situación concursal, in: Garcia Villaverde/Alonso Ureba/Pulgar Ezquerra, Derecho Concursal, 2003, S. 505 ff.; Pulgar Ezquerra, La prevención de las crisis económicas de las sociedades de capital en la reforma del derecho concursal español, in: El Concurso de Sociedades en el Derecho Europeo, 2004, S. 223, 248ff.

Insolvenzgründe und Haftung für Insolvenzverschleppung

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Rechtsfolgenseite dem Anschein nach maßvoll gehandhabt, ist aber in bedenklicher Weise unbestimmt und lädt zu einer arbiträren Gerichtspraxis ein. Das ist nicht nachahmenswert.

V. Schluss: Versuch einer Würdigung und Zusammenfassung in Thesen 1. Insolvenzeröffnungsgründe Ein Insolvenzrecht, das nur auf den Eröffnungstatbestand als solchen blickt, wird mit dem Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit zufrieden sein. Sollen die Insolvenzeröffnungsgründe systematisch mit der Haftung für Insolvenzverfahrensverschleppung verbunden werden, so empfiehlt sich daneben für Gesellschaften ohne persönlich haftende natürliche Personen die Einführung eines betriebswirtschaftlich formulierten (d. h. von finanzplangestützten Fortführungsprognosen abhängigen) Überschuldungstatbestands. Ein so verstandener Überschuldungstatbestand hat in erster Linie nicht (nicht nur) die Funktion eines Tatbestands für die Verfahrenseröffnung, sondern er bestimmt den „moment of truth“ und ist Gegenstand der Selbstprüfung des Unternehmens. Ob hierfür noch der Begriff „Überschuldung“ verwendet werden soll oder ob er gegen einen weniger missverständlichen Begriff auszutauschen wäre, ist, wie schon angemerkt, eine rein redaktionelle Frage. 2. Insolvenzverschleppungshaftung Eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Verschleppungshaftung (wrongful trading; action en comblement de l’insuffisance d’actif; responsibilidad concursal) verspricht rechtspolitische Effektivität, droht aber zu einer schwer kontrollierbaren Durchgriffshaftung zu werden. Die Begrenzung auf Insolvenzantragspflichten und auf Ersatz des durch deren Verletzung herbeigeführten Schadens vermeidet bei aller ihr verbleibenden Schärfe unverhältnismäßige Sanktionen. Die Geschäftsleiter sind verpflichtet, die Masse bis zu dem Betrag aufzufüllen, der die bei rechtmäßigem Geschäftsführerverhalten erzielbare Insolvenzquote ermöglicht (Ersatz des der Gesamtgläubigerschaft entstehenden Insolvenzverschleppungsschadens). 3. Thesen a) Die Insolvenzeröffnungsgründe stehen nur scheinbar außerhalb des Themas „Kapital in Europa“. Ihre rechtspolitische Bedeutung liegt für das Unternehmensrecht weniger darin, dass in ihnen die Voraussetzungen eines Insolvenzverfahrens definiert werden. Ihre Hauptbedeutung liegt im präventiven Gläubigerschutz. Sie definieren Grenzen der Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter wie auch Grenzen der Fortführungsbefugnis ihrer Geschäftsleitung.

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b) Die rechtspolitische Frage lautet nicht: „Kapitalschutz oder Insolvenzverschleppungshaftung?“ Der Kapitalschutz betrifft die Verantwortung der Gesellschafter für die Aufbringung und Nichtentnahme eines die Gläubiger sichernden Kapitalschutzes. Das Insolvenzverschleppungsverbot richtet sich an die Geschäftsführer und schützt die Gläubiger gegen die Fortsetzung eines durch operative Verluste in eine Krise geratenen Unternehmens über einen im Lichte des Gläubigerschutzes zu bestimmenden Zeitpunkt hinaus. c) Der Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit vermag diese Aufgabe nicht zu erfüllen. Im Interesse des präventiven Gläubigerschutzes empfiehlt es sich, die Fortführung einer Kapitalgesellschaft über den Zeitpunkt eines prognostisch-betriebswirtschaftlich zu bestimmenden Tatbestands der Überschuldung hinaus zu untersagen. Der Überschuldungstatbestand (oder wie immer man ihn in Zukunft nennen will) hält die Geschäftsführer zu einer prognostischen Finanzplanung und Solvenzprüfung an. Er bestimmt den „moment of truth“, von dem an die Fortführung des Unternehmens ohne Sanierung oder Insolvenzantrag verboten ist. d) Das alles bedeutet: Eine recht verstandene Insolvenzverschleppungshaftung, verbunden mit einem prognostischen Auslösungstatbestand, versöhnt die Schadensersatzhaftung kontinentalen Rechts mit dem Konzept des wrongful trading. Gegenüber diesem Tatbestand erlaubt sie eine Präzisierung des haftungsbegründenden Tatbestands (Geschäftsfortführung trotz Überschuldung) und der Rechtsfolgen (Schadensersatz). Eine Haftung für alle Zahlungen nach Insolvenz (§ 64 Abs. 2 GmbHG) oder eine Pflicht zu unbegrenzten Nachschüssen in die unzureichende Insolvenzmasse (so theoretisch die action en complement de l’insufficance d’actif bzw. die Verurteilung wegen „concurso culpable“) ist durch den Tatbestand der Insolvenzverschleppung nicht gerechtfertigt. 4. Empfehlung Der Verfasser empfiehlt, in notwendiger Ergänzung des kapitalgesellschaftsrechtlichen Kapitalschutzes ein Insolvenzverschleppungsverbot einzuführen. Diese Empfehlung steht im Einklang mit den Aktionsplan der Kommission von 2003 zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts61. Auch eine Ersetzung des Kapitalschutzes durch ausschüttungsbegrenzende „solvency tests“ würde diesen Gläubigerschutz nicht entbehrlich machen. Als „moment of truth“ ist der Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit ungeeignet, weil zu spät. Abhilfe verspricht ein betriebswirtschaftlich fundierter prognostischer Tatbestand der Überschuldung, der die Geschäftsführer zu kontinuierlicher Finanzplanung und Selbstprüfung des Unternehmens, im Verletzungsfall zum Schadensersatz verpflichtet. Ob der Rechtsbegriff „Überschuldung“ noch angemessen ist, ist eine redaktionelle, folglich sekundäre Frage. 61 KOM (2003) 284 S. 19.

Fallgruppen der Durchgriffshaftung und verwandte Rechtsfiguren

von Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M. (Univ. of Chicago), Freiburg und Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Inhaltsübersicht I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundlagen der Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vermögensvermischung/Sphärenvermischung . . . . . . . . . . b) Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsformmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Hybrid: Der existenzvernichtende Eingriff . . . . . . . . . . . 4. Durchgriffshaftung versus gesellschaftsrechtliche Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Action en comblement de passif . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reichweite der action en comblement de passif: Dirigeant de fait . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Faute de gestion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Société fictive und confusion de patrimoine . . . . . . . . . . . . . 6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundlegung der Durchgriffsdogmatik in der Rechtsprechung . . 3. Fallgruppen des Tribunal Supremo . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwendung der juristischen Person zum Zwecke der Umgehung zwingender Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwendung der juristischen Person zum Zwecke der Umgehung vertraglicher Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verwendung der juristischen Person zur Umgehung außervertraglicher Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Unzulässigkeit des Durchgriffs nach der Rechtsprechung des TS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlender Nachweis der Schädigungsabsicht . . . . . . b) Anwendung nur zugunsten schutzbedürftiger Dritter . c) Anwendung nur als „letztes Mittel“ . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vergleich zum deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . V. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Haftungsdurchgriff im englischen case law . . . . . . . 2. Fallgruppen des lifting of the veil . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirtschaftliche Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vermögensverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Institutsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermögensvermischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Regelungen der Durchgriffshaftung im statute law . . . . . a) Section 24 Companies Act 1985 als Fall der gesetzlichen Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Normen des Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fraudulent und wrongful trading . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Kriterien des piercing of the corporate veil . . 3. Vertragliche und deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . 4. Sanktionierung von Verfahrensfehlern . . . . . . . . . . . . 5. Gesetzesumgehung und Alter Ego-Rechtsprechung . . . . 6. Mutter-, Tochter- und Schwestergesellschaften . . . . . . . 7. Steuer-, Insolvenz- und Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . a) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rechtspolitische Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Vergleichende Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einführung Was hat der Haftungsdurchgriff, also die Heranziehung der Gesellschafter und Geschäftsführer mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der insolventen Gesellschaft, mit dem Konzept des festen Grundkapitals der Aktiengesellschaft zu tun? Eine indirekte Verknüpfung zwischen beiden besteht insoweit,

Durchgriffshaftung und verwandte Rechtsfiguren

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als der Haftungsdurchgriff in seiner praktischen Bedeutung mit dem fortschreitenden Verzehr des Gesellschaftskapitals wächst. Ist die Gesellschaft liquide, stellt sich die Frage nach einem Durchgriff nicht. Zum Haftungsdurchgriff kommt es vielmehr erst dann, wenn die Insolvenz beginnt, wenn also die Gesellschaft selbst ihre Verbindlichkeiten mit ihrem eigenen Kapital nicht mehr bedienen kann. Darüber hinaus besteht aber auch eine direkte Verknüpfung zwischen Haftungsdurchgriff und Insolvenz: Weil nämlich im Fall der Insolvenz die persönliche Inanspruchnahme droht, werden Gesellschafter und Geschäftsführung angehalten, durch hinreichende Kapitalausstattung den Insolvenzeintritt zu verhindern bzw. abzuwenden. Dieser prophylaktische, verhaltenssteuernde Effekt der bloßen Haftungsandrohung gewinnt in der modernen Diskussion um die Funktion von Haftungsregeln an Gewicht.1 Das Problem dieser Vorbeugewirkung liegt darin, dass sie sich kaum zuverlässig belegen lässt. Dass Gläubiger einer beschränkt haftenden Gesellschaft in bestimmten Ausnahmefällen auf die „hinter der Gesellschaft“ stehenden Akteure, also namentlich auf die Gesellschafter und die Geschäftsführer, zugreifen dürfen, um sich Haftungsmasse zu holen, die der Gesellschaft selbst fehlt, entspringt offensichtlich elementarem Gerechtigkeitsempfinden. Anders wäre es kaum zu erklären, dass der Haftungsdurchgriff 2 in praktisch allen namhaften Gesellschaftsrechtsordnungen in dieser oder jener Form zugelassen wird. Die folgenden Länderberichte, die mit dem deutschen, dem französischen und dem spanischen Recht drei bedeutsame kontinentale Rechtsordnungen und mit dem englischen und dem US-amerikanischen 3 Recht die zwei wichtigsten common law-Rechtsordnungen berücksichtigen, wollen der Frage nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Begründung und Ausgestaltung der Durchgriffshaftung nachgehen. Wann wird eine Durchgriffshaftung zugelassen, wann wird sie abgelehnt? Welches sind die rechtspolitischen Argumente für eine Durchgriffshaftung? Gibt es abstrakte Grundsätze und Leitmaximen oder arbeitet man mit Fallgruppen? Handelt es sich um Richterrecht oder um Gesetzesrecht? Wer ist Anspruchsgegner des Haftungsdurchgriffs, nur der Gesellschafter oder auch der Geschäftsführer (auch der rein faktische?) oder möglicherweise sogar ein Dritter, der durch eine Vermögensübertragung begünstigt wurde? Welches sind die Tatbestandsvoraussetzungen des Haftungsdurchgriffs auf der objektiven und der subjektiven Seite?

1 Kötz/Wagner, Deliktsrecht, 10. Aufl. 2006, 59ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl. 2005, 99 m.w.N. 2 Die Begriffe „Haftungsdurchgriff“ und „Durchgriffshaftung“ werden in der Rechtsterminologie ohne Bedeutungsunterschied verwendet, vgl. nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, 220. 3 Genauer: dem Recht der US-Gliedstaaten, denn das Gesellschaftsrecht ist nach der US-Verfassung einzelstaatliches Recht, Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2006, Rdn. 147 ff.

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Welche Verteidigungsmöglichkeiten hat der Anspruchsgegner? Wie ist der Anspruch konstruiert, d. h. muss der Anspruchsgegner direkt an den Gesellschaftsgläubiger zahlen oder nur an die Gesellschaft, um ihr auf diesem Wege Liquidität zu verschaffen? Nicht alle diese Fragen können jedoch für alle behandelten Rechtsordnungen in gleichem Umfang und mit gleicher Genauigkeit beantwortet werden, was vor allem auf den unterschiedlichen Stellenwert zurückzuführen ist, den die Durchgriffshaftung in diesen Rechtsordnungen besitzt.

II. Deutschland 1. Vorbemerkung Die Durchgriffshaftung als Durchbrechung des „Schleiers“ der juristischen Person hat wie in fast allen Rechtsordnungen auch in Deutschland eine lange Tradition. Daher verwundert es nicht, dass dieses Rechtsinstitut sich seit jeher besonderer Aufmerksamkeit und liebevoller Behandlung im Schrifttum erfreut.4 Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich jedoch weniger auf die nach wie vor umstrittenen dogmatischen Grundlagen als auf eine kurze Darstellung der Ausprägung der Durchgriffshaftung. Sie erheben nicht den Anspruch einer tiefgehenden dogmatischen Auseinandersetzung, sondern wollen Grundelemente und ihr Verhältnis zu anderen Haftungstatbeständen beleuchten.

2. Grundlagen der Durchgriffshaftung Die Aufhebung des Trennungsprinzips bei der juristischen Person im Wege des sog. „Durchgriffs“ haben Rechtsprechung und Lehre in Deutschland schon seit fast einem Jahrhundert beschäftigt.5 Unterschieden wird oft zwischen einem

4 Schrifttum (Auswahl): Banerjea, ZIP 1999, 1153; Boujong, in: FS Odersky, 1996, S. 739; Drax, Durchgriffs- und Konzernhaftung der GmbH-Gesellschafter, 1992; Drobnig, Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften, 1959; Ehricke, AcP 199 (1999), 257; Kübler, in: FS Heinsius, 1991, 397; Müller-Freienfels, AcP 156 (1957), 522; E. Rehbinder, in: FS Fischer, 1979, S. 579; E. Rehbinder, in: FG Kübler 1997, 493ff.; Schanze, Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung als Konzeptionalisierungsprobleme gesellschaftsrechtlicher Zurechnung, 1975; ders., AG 1982, 42; K. Schmidt, ZIP 1994, 837; Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 1955; Stimpel, in: FS Goerdeler, 1987, S. 601; H. P. Westermann, NZG 2002, 1129; Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, 1981; rechtsvergleichend zum US-amerikanischen Recht: Haar, RabelsZ 64 (2000), 537ff. m.w.N. 5 Statt vieler s. die Nachweise bei Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2004, § 29 Rdn. 1 ff.; MünchKommAktG/Heider, 2. Aufl. 2000, § 1 Rdn. 44ff.;

Durchgriffshaftung und verwandte Rechtsfiguren

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„unechten Durchgriff“, der die Fragen der Zurechnung und der Normanwendung betrifft (auch Zurechnungsdurchgriff genannt), und dem „echten Durchgriff“, der die Haftung der Gesellschafter betrifft.6 Unter dem echten Durchgriff wird vor allem der Haftungsdurchgriff verstanden.7 Der dogmatische Hintergrund sei hier nur kurz in Erinnerung gerufen, insbesondere der Meinungsstreit zwischen den Missbrauchs- und den Normzwecklehren: 8 – Die Missbrauchslehre – entscheidend von Sericks Arbeit aus dem Jahre 1955 geprägt 9 – hält eine Durchbrechung für zulässig, wenn die Rechtsform der juristischen Person bewusst missbraucht wird, um Gesetze zu umgehen, um vertragliche Verpflichtungen zu verletzen oder um Dritte zu schädigen.10 Entscheidend ist neben objektiven Missbrauchselementen dieses subjektive Element.11 – Einen dogmatisch anderen Ansatz als die Missbrauchslehre verfolgt die Normzwecklehre – begründet vor allem durch Müller-Freienfels 12 –, die die Durchgriffsproblematik als ein Normanwendungsproblem begreift. Teilweise wird überhaupt ein Durchgriff abgelehnt und auf ausreichende anderweitige Haftungsgrundlagen verwiesen.13 Die Rechtsprechung hat sich nicht explizit für eine dieser Lehren ausgesprochen, sondern stützt ihre Ergebnisse je nach den Einzelfallumständen auf Aspekte treuwidrigen Verhaltens, des Rechtsmissbrauchs oder auf einen Verstoß

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MünchKommBGB/Reuter, 4. Aufl. 2001, Einl. § 21 Rdn. 19ff.; Bamberger/Roth/ Schwarz, 2003, BGB § 21 Rdn. 13ff.; s. auch Siebert, Die Durchgriffshaftung im englischen und deutschen Recht, 2004. K. Schmidt, (o. Fn. 2), § 9 III m.w.N. MünchKommAktG/Heider (o. Fn. 5), § 1 Rdn. 44; Raiser/Veil (o. Fn. 5), § 29 Rdn. 1. Ausführlicher zu den verschiedenen dogmatischen Konzeptionen Ehricke, AcP 199 (1999), 257, 267ff. m.w.N. Siehe dazu Serick (o. Fn. 4), S. 38, 203 ff. Serick (o. Fn. 4), S. 38, 203ff. Die Rechtsprechung erkannte schon früh, dass die subjektive Missbrauchstheorie zu eng ist und hat daher einen Durchgriff angenommen, wenn die Trennung zwischen Verband und Mitglied der Rechtsordnung widerspricht, siehe dazu BGHZ 20, 4, 13. Müller-Freienfels, AcP 156 (1957), 522ff.; E. Rehbinder (o. Fn. 4), S. 579, 581ff.; Ulmer, in: Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl. 1992, Anh. § 30 Rdn. 50ff.; Schanze (o. Fn. 4), S. 102 ff.; ders. AG 1982, 42; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, 2000, 90ff., 100ff.; ders. WM 2001, 2133, 2139 f.; wiederum anders Wilhelm (o. Fn. 4), S. 334 ff.: Organhaftung der Gesellschafter; w.N. bei K. Schmidt (o. Fn. 2), § 9 II 1. b) m.w.N. Ehricke, AcP 199 (1999), 257, 203f.

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gegen Treu und Glauben.14 Von einem auf einer einheitlichen dogmatischen Grundlage beruhenden Rechtsinstitut der Durchgriffshaftung kann daher kaum gesprochen werden.15 Auch das Verhältnis zu § 826 BGB bleibt oftmals unklar, zumal die hierfür erforderliche Schädigungsabsicht 16 meist an Hand objektiver Indizien rekonstruiert wird, so dass die Nähe zu einer auf subjektive Kriterien verzichtenden, eigenständigen gesellschaftsrechtlich konzipierten Durchgriffshaftung deutlich wird. Die für § 826 BGB an sich erforderlichen Voraussetzungen seien an dieser Stelle kurz ins Gedächtnis gerufen: Der Sittenverstoß setzt objektiv ein gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten voraus.17 Weiterhin ist subjektiv die Kenntnis der den Sittenverstoß begründenden Tatsachen erforderlich.18 Nicht erforderlich ist aber das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit. Der Vorsatz muss die Schadenszufügung umfassen und nicht bloß das schädigende Verhalten. Es genügt, wenn der Schädiger die Möglichkeit des Schadenseintritts erkennt und dennoch handelt.19 Dabei muss er aber den Kausalverlauf im Wesentlichen vorhersehen. Nicht erforderlich ist Absicht.20

14 BGHZ 20, 4, 13; BGHZ 22, 226, 230; BGHZ 54, 222, 224; BGHZ 68, 312, 315; BGHZ 78, 318, 333. 15 MünchKommAktG/Heider (o. Fn. 5), § 1 Rdn. 47; Scholz/Emmerich, GmbHG, 1987, § 13 Rdn. 88 ff.; aus Sicht des BGH s. Boujong (o. Fn. 4), S. 739ff.; Stimpel (o. Fn. 4), S. 601 ff. 16 S. dazu Bamberger/Roth/Spindler (o. Fn. 5), § 826 Rdn. 55, 57 m.w.N.; Roth, ZGR 1993, 170, 173. 17 BGH, NJW 1970, 657. 18 BGHZ 74, 281 1. Leitsatz: „Sind einem Kaufmann die Umstände bekannt, die sein Verhalten aus der Sicht des redlichen Verkehrs als sittenwidrig erscheinen lassen, dann entschuldigt ihn nicht die unrichtige Auskunft eines Rechtsanwaltes, dass dieses Verhalten erlaubt sei.“ 19 BGH, NJW 2000, 2896, 2897: „Für das Vorliegen des Schädigungsvorsatzes i.S. des § 826 BGB ist das Bewusstsein erforderlich, dass das Handeln den schädigenden Erfolg haben wird. Der Vorsatz braucht sich zwar nicht auf den genauen Kausalverlauf und den Umfang des Schadens zu erstrecken, muss jedoch die gesamten Schadensfolgen sowie Richtung und Art des Schadens umfassen. Für die Bejahung des Schädigungsvorsatzes reicht es aus, dass der Ersatzpflichtige den dem Ersatzberechtigten entstandenen Schaden zumindest in der Form des bedingten Vorsatzes zugefügt hat (BGH, NJW 1987, 3205 = LM § 398 ZPO Nr. 22 [unter III]; NJW 1991, 634 = LM § 826 [C] BGB Nr. 5 [unter B II 4b]); die Feststellung der Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich (BGHZ 8, 387 [393] = NJW 1953, 900 = LM § 16 UWG Nr. 4; s. auch Steffen, in: RGRK-BGB, § 826 Rdn. 33 m.w.N.). 20 Siehe BGH, NJW 2000, 2896, 2897.

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3. Fallgruppen Die Rechtsprechung hat einige Fallgruppen der Durchgriffshaftung geformt,21 bei denen die Vermögens- und Sphärenvermischung herausragen, zu denen teilweise ein subjektives Zurechnungselement hinzutreten muss.22 Hinzu treten die allerdings stärker umstrittenen Figuren der materiellen Unterkapitalisierung 23 und des individuellen Rechtsmissbrauchs.24 a) Vermögensvermischung/Sphärenvermischung Eine Vermögensvermischung wird in der Regel angenommen, wenn sich das Gesellschaftsvermögen und das Privatvermögen der Gesellschafter nicht mehr unterscheiden lassen, da das Vermögen in den Büchern unzureichend ausgewiesen ist und damit eine Vermögensabgrenzung erheblich erschwert ist. „Es muss hinzukommen, dass die Vermögensabgrenzung zwischen Gesellschaftsund Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise allgemein verschleiert wird, so dass insbesondere die Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften, deretwegen die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen allein vertretbar ist, unkontrollierbar wird.“ 25

Ähnlich formuliert der BGH später: „Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine persönliche Haftung von GmbHGesellschaftern in Betracht, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist; denn dann können die Kapitalerhaltungsvorschriften, deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG) ist, nicht funktionieren.“ 26

21 S. auch die ähnliche schweizerische Rechtsprechung BGE 85 II 111; 120 II 155; 125 II 257; 128 III 346; w.N. bei Groner, SJZ 2005, 1, 4ff. 22 BGHZ 125, 366, 368f.; Die Unterscheidung dieser beiden Fallgruppen ist nicht eindeutig, vgl. K. Schmidt (o. Fn. 2), S. 234ff., der von gegenständlicher und haftungsbegründender Sphärenvermischung spricht. 23 Zum Teil wird diese Fallgruppe in der Rechtsprechung über § 826 BGB gelöst, ohne der subjektiven Komponente besondere Bedeutung zuzumessen; vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 13 Rdn. 11 m.w.N.; krit. zu dieser Fallgruppe K. Schmidt (o. Fn. 2), S. 240 ff. 24 Überblick bei Lutter/Hommelhoff (o. Fn. 23), § 13 Rdn. 6ff.; Kiethe NZG 2005, 333 ff. 25 So BGHZ 95, 330, 334. 26 BGHZ 125, 366, 368; OLG Rostock, DB 1996, 1818; OLG Thüringen, GmbHR 2002, 112: völliges Fehlen von Geschäftsbüchern; zum Ganzen Boujong (o. Fn. 4), S. 739, 742ff.; Stimpel (o. Fn. 4), S. 601, 608 ff.; Drygala, GmbHR 1993, 320; abl. Ehricke, AcP 199 (1999) 257, 291 ff., der sich nur auf die Verletzung von Buch-

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Erforderlich ist ferner die Zurechnung der Vermögensvermischung, die bei geringer kapitalmäßiger Beteiligung oder fehlender interner Mitsprache fehlt: „Die persönliche Haftung kann unter dem genannten Gesichtspunkt nur diejenigen Gesellschafter treffen, die aufgrund des ihnen in dieser Stellung gegebenen Einflusses in der Gesellschaft für den Vermögensvermischungstatbestand verantwortlich sind; wer wegen geringer Beteiligung und fehlender interner Mitspracherechte einen solchen Einfluss nicht ausüben kann, kann für den Tatbestand, der die Voraussetzungen für die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen entfallen lässt, nicht verantwortlich gemacht werden“ 27

b) Unterkapitalisierung Gängig ist die Definition von Ulmer, der von einer materiellen Unterkapitalisierung ausgeht, wenn das Eigenkapital nicht ausreicht, um den für die angestrebte oder betriebene Geschäftstätigkeit erforderlichen mittel- oder langfristigen Kapitalbedarf zu decken.28 Diese Lehre ist teilweise durch Vorstellungen von einer Finanzierungs- 29 oder Finanzierungsfolgenverantwortung 30 weiterentwickelt worden.31 Diese Lehre ist indes mit wenigen Ausnahmen von der Rechtsprechung nicht übernommen worden; 32 auch ein in diesem Zusammenhang teilweise angeführtes Urteil des BAG zum Betriebsübergang kann hierfür nicht herangezogen werden, da das BAG die „offensichtliche Unterkapitalisierung“ gerade ausklammert.33 Vor dem Hintergrund alternativer spezifischer gesellschaftsrechtlicher Haftungstatbestände und erheblicher Schwierigkeiten, den Kapitalbedarf ex ante zu bestimmen,34 ist es jedenfalls nachvollziehbar, dass zunächst präziser konturierte Anknüpfungen für eine Haftung der Gesellschafter herangezogen werden, bevor auf das – heftig umstrittene – Konstrukt der materi-

27 28 29 30 31 32 33 34

führungspflichten als Verkehrssicherungspflichten stützen will; s. auch K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 842. BGHZ 125, 366, 368 f.; aus der instanzgerichtlichen Rechtsprechung: LG Hildesheim, ZInsO 2001, 474. Ulmer, in: Hachenburg (o. Fn. 12), Anh. § 30 Rdn. 16. S. etwa U. H. Schneider, ZGR 1984, 497. Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 32a Rdn. 9. Umfassend dazu jüngst C. Möller, Die materiell unterkapitalisierte GmbH, 2005, 43ff., mit Kritik 82 ff. m.w.N. Deutlich nur BGHZ 54, 222, 224ff.; s. auch C. Möller, Die materiell unterkapitalisierte GmbH, 2005, 99ff. m.w.N. BAG, BAGE 57, 198, 204 = AP BGB § 613a Nr. 70 = ZIP 1988, 666. Vgl. Raiser, ZGR 1995, 156, 165 ff.; Wüst, JZ 1995, 990, 991ff.; s. zudem Ehricke, AcP 199 (1999), 257, 282 f., der auf die fehlende Pflicht zum Nachschuss von Kapital verweist, je m.w.N.

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ellen Unterkapitalisierung zurückgegriffen wird.35 Grundsätzlich geht die Rechtsprechung denn auch davon aus, dass keine Pflicht der Gesellschafter besteht, in der Krise dem Unternehmen fehlendes Kapital nachzuschießen; 36 nur bei sehr schwerwiegenden Gründen wird unter dem Gesichtspunkten von Treu und Glauben eine Durchbrechung dieser Regel erwogen.37 c) Rechtsformmissbrauch Schillernd und eher als allgemeiner Tatbestand ist der von der Rechtsprechung (in Fortführung der Judikatur des Reichsgerichts 38) verwandte Rechtsformmissbrauch einzuordnen, der ebenfalls für einen Haftungsdurchgriff herangezogen wird, aber oftmals auch nur der Zurechnung von Tatbestandselementen auf den Gesellschafter dient 39. So findet sich der generalklauselartige Satz: „Wenn jedoch § 242 BGB grundsätzlich anwendbar ist, so muß, wie in den Fällen gesellschaftsrechtlicher Durchgriffshaftung, das Identitätserfordernis nach Treu und Glauben jedenfalls dann zurücktreten, wenn »die Wirklichkeit des Lebens und die Macht der Tatsachen« es dem Richter gebieten (BGHZ 54, 222, 224; 78, 318, 333), die personen- und vermögensrechtliche Selbständigkeit von Besteller und Eigentümer hintanzusetzen.“ 40

Auch wenn die Gesellschaft von vornherein nur zu dem Zweck gegründet wurde, die Gläubiger zu benachteiligen, kann eine Durchgriffshaftung begründet sein.41 Einer Systematisierung ist dieser Missbrauchstatbestand kaum zugänglich, da hierunter eine Vielzahl von unterschiedlichen Zurechnungs- und Haftungsfällen rubriziert wird. d) Hybrid: Der existenzvernichtende Eingriff In der Nähe zur Durchgriffshaftung kann die Haftung für den existenzvernichtenden Eingriff eingeordnet werden: Nach Aufgabe der Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern verlangt die Judikatur bekanntlich im Rahmen der neuen Figur des existenzvernichtenden Eingriffs von den Gesellschaf-

35 K. Schmidt, NJW 2001, 3577, 3580; Wiedemann, ZGR 2003, 283, 295f.; zur Diskussion m.w.N. Spindler (o. Fn. 5), § 826 Rdn. 57. 36 BGHZ 90, 381, 388ff. 37 BGHZ 68, 312, 314 f.; BGHZ 22, 226, 230. 38 RGZ 169, 248; RGZ 156, 277; RGZ 129, 53, 54; ähnlich RGZ 103, 66. 39 BGHZ 20, 4, 10 ff.; 22, 226; 26, 31, 37; 31, 258, 270f.; 78, 318, 333ff.; 102, 95, 101ff. 40 BGHZ 102, 95, 102f. 41 BGH, NJW-RR 1988, 1181, 1182; LAG Hessen, NZA 2002, 695 (Ls.): StrohmannGmbH zur Vermeidung von Arbeitsverhältnissen mit dem eigentlichen Arbeitgeber.

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tern eine „angemessene Rücksichtnahme auf die Eigenbelange der GmbH“.42 Die Respektierung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger während der Lebensdauer der GmbH ist demnach unabdingbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Haftungsprivilegs des § 13 Abs. 2 GmbHG,43 ohne dass die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen angesichts der ausführlichen Diskussion hier vertieft werden können.44 Festzuhalten ist jedenfalls, dass auch dieser Anspruch insofern subsidiär ist, wie Ersatz über §§ 30 f. GmbHG erreicht werden kann 45 oder ein Insolvenzverfahren anhängig ist.46 Diese Haftung soll offenkundig neben einer solchen aus § 826 BGB stehen, ohne dass die Abgrenzung hierzu oder zur traditionellen Durchgriffshaftung deutlich würde. Denn die Rechtsprechung tendiert offenbar wieder zu früheren Formulierungen der Durchgriffshaftung, etwa in einer der jüngeren Entscheidungen: 47 „Der Gesellschafter ist seinen Gläubigern gegenüber grundsätzlich nicht verpflichtet, das Gesellschaftsunternehmen fortzuführen. Es steht ihm frei, den Geschäftsbetrieb einzustellen oder eine sich ihm bietende Geschäftschance nicht zu ergreifen. Erst recht ist er nicht verpflichtet, die Ertragskraft des Gesellschaftsunternehmens durch Investitionen zu erhalten oder wiederherzustellen. Will er die Unternehmenstätigkeit einstellen, muss er sich dabei aber des dafür im Gesetz vorgesehenen Verfahrens bedienen. Er hat das Vermögen der Gesellschaft ordnungsgemäß zu verwerten und aus dem Erlös die Gläubiger zu befriedigen bzw. deren Befriedigung gemäß § 73 Abs. 1 GmbHG sicherzustellen. Überträgt er dagegen Vermögenswerte der Gesellschaft auf sich selbst oder auf eine andere Gesellschaft, an der er beteiligt ist, ohne dafür eine marktgerechte Gegenleistung zu erbringen, verhält er sich unredlich. Er beendet dann nicht nur die Gesellschaft, sondern entzieht ihr das vorhandene Vermögen und beraubt sie dadurch der Möglichkeit, wenigstens in diesem Umfang ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. Erst unter dieser Voraussetzung kommt eine der Höhe nach unbeschränkte Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs in Betracht, sofern nicht die zugefügten Nachteile bereits nach den Regeln der §§ 30 f. GmbHG ausgeglichen werden können oder der Gesellschafter nachweist, daß der Gesellschaft im Vergleich zu der Vermögenslage bei einem redlichen Verhalten nur ein begrenzter – und dann in diesem Umfang auszugleichender – Nachteil entstan-

42 BGHZ 149, 10 1. Leitsatz – Bremer Vulkan. 43 BGHZ 151, 181 1. Leitsatz – KBV-Urteil. 44 Neben den in den folgenden Fn. Genannten ausführlich dazu jüngst C. Möller, Die materiell unterkapitalisierte GmbH, 2005, 109ff. (abl. zur Existenzvernichtungshaftung, 169 f.); Rubner, „Solvat socius“ statt „caveat creditor“?, 2005, passim (ebenfalls abl.), ders. DStR 2005, 1694ff.; Wahl, Die Haftung der GmbH-Gesellschafter wegen Existenzvernichtung, 2005, passim, der hier Parallelen zur Durchgriffshaftung zieht (80ff.) 45 Vgl. Heidinger, DNotZ 2005, 97, 115. 46 S. jüngst BAG, NJW 2005, 2172 m. Anm. Schröder GmbHR 2005, 990; BGHZ 151, 181; Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1560; Nasall, ZIP 2003, 969, 972. 47 BGH, ZIP 2005, 117, 119 = DStR 2005, 162, 163.

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den ist. Der bloße Umstand, dass die Gesellschaft in eine masselose Insolvenz geraten ist, schließt einen solchen Nachweis nicht aus. Daneben kommt eine Haftung nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung in Betracht.“

Deutlich wird das Ineinanderfließen von traditioneller Durchgriffshaftung, aber auch von § 826 BGB und Existenzvernichtungshaftung, wenn der BGH formuliert: 48 „Offen bleiben kann auch, ob eine Ersatzpflicht aus den vom Senat aufgestellten Grundsätzen zur Haftung des Gesellschafters wegen existenzvernichtenden Eingriffs (BGHZ 149, 10; 150, 61; 151, 181) folgt, was hinsichtlich der Beklagten zu 2 als Schwestergesellschaft der Schuldnerin zweifelhaft erscheint. Denn jedenfalls sind die Beklagten nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. (…) b) Wie der Senat bereits in der Entscheidung BGHZ 151, 181, 183 ff. (KBV) ausgeführt hat, haften der Gesellschafter einer GmbH und eine von ihm beherrschte Schwestergesellschaft den Gläubigern der GmbH nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn sie der GmbH planmäßig deren Vermögen entziehen und es auf die Schwestergesellschaft verlagern, um den Zugriff der Gesellschaftsgläubiger zu verhindern und auf diese Weise das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen ohne Rücksicht auf die entstandenen Schulden fortführen zu können. (…) Zwar sind die Gesellschafter einer GmbH nicht verpflichtet, deren Geschäftsbetrieb im Interesse von Gesellschaftsgläubigern fortzuführen. Sie können den Geschäftsbetrieb sogar mit dem Ziel der Weiterführung durch eine neu gegründete Gesellschaft einstellen. Dabei müssen sie aber die für die Abwicklung der GmbH geltenden Regeln beachten. Insbesondere dürfen sie nicht außerhalb eines Liquidationsverfahrens planmäßig das Vermögen einschließlich der Geschäftschancen von der alten Gesellschaft auf die neue Gesellschaft verlagern und so den Gläubigern der alten Gesellschaft den Haftungsfonds entziehen. Ein solches Verhalten widerspricht dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und ist damit sittenwidrig.“

Darauf deuten auch andere Tendenzen hin,49 etwa dass eine Begünstigung eines (mittelbaren) Gesellschafters erforderlich ist, um die Haftung zu begründen.50 Allerdings ist die weitere Entwicklung, insbesondere von weiteren Fallgruppen, noch nicht hinreichend klar erkennbar: So wurde etwa früher die Aufspaltung unternehmerischer Aktivitäten in mehrere juristische Personen nicht als Verstoß gegen die guten Sitten gewertet, zumal das Konzernrecht entsprechende Gestaltungen grundsätzlich zulässt und hierfür Ausgleichsmechanismen bereitstellt,51 wie die Einstellung eines Geschäftsbetriebs, da die Gesellschafter nicht

48 BGH, ZIP 2004, 2138 = NZG 2004, 1107; s. dazu auch die Anmerkung von Wackerbarth, ZIP 2005, 877 ff.; ähnlich jetzt auch BAG, NJW 2005, 2172. 49 S. auch die Äußerungen von Goette, DStR 2005, 197, 200: Einordnung des existenzvernichtenden Eingriffs in § 826 BGB; Röhricht, ZIP 2005, 505, 514. 50 Vgl. Wackerbarth, ZIP 2005, 877, 879 m.w.N.; ferner Keßler, GmbHR 2005, 257, 264 f. 51 S. auch Ehricke, AcP 199 (1999), 257, 302; zusammenfassend Oechsler, ZGR 1997, 464, 487ff.; Staudinger/Oechsler, BGB, Neubearb. 2003, § 826 Rdn. 322.

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verpflichtet sind, diesen im Interesse der Gläubiger fortzuführen, selbst bei sog. GmbH-Staffetten.52 Letzteres ist allerdings durch die neue Klinik-Entscheidung des II. Zivilsenats gerade für eine derartige GmbH-Staffette (Liquidation der früheren GmbH, Fortsetzung mit neuer GmbH) relativiert worden, wenn planmäßig Vermögen verschoben wurde.53 Ebenso offen ist, ob bereits die Förderung äußerst riskanter Geschäfte in der Krise der GmbH schon für die Existenzvernichtungshaftung genügt.

4. Durchgriffshaftung versus gesellschaftsrechtliche Haftungsgrundlagen Die Entwicklung (und Notwendigkeit) der Durchgriffshaftung kann nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im Zusammenhang mit anderen gesellschaftsrechtlichen, von der Rechtsprechung herausgebildeten Anspruchsgrundlagen gewürdigt werden. In eine solche Gesamtbetrachtung sind unter anderem einzubeziehen: – die bestehenden Ansprüche des GmbH-Konzernrechts gegen beherrschende, unternehmerisch tätige Gesellschafter, seien sie mittelbar in Form der Ansprüche der abhängigen Gesellschaft oder unmittelbar (etwa analog § 317 AktG) – sofern sie noch anerkannt werden; 54 – die Ansprüche aus Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften einschließlich der Umqualifizierung von eigenkapitalersetzenden Darlehen; – die Ansprüche bei verspätet gestelltem Insolvenzantrag im Zusammenhang mit anderen Zurechnungstatbeständen, die eine Haftung der Gesellschafter begründen können (Anstiftung, Beihilfe, Mittäterschaft, faktischer Geschäftsführer). Dabei ist vor allem zu bedenken, dass eine Durchgriffshaftung einen unmittelbaren Anspruch gegen die Gesellschafter verleiht, während die meisten ande-

52 Deutlich BGH, NJW 1996, 1283; OLG Düsseldorf, n.rkr. Rev. BGH II ZR 367/00, NZG 2001, 368, 371. 53 S. oben Fn. 48. 54 Z. B. für den Vertragskonzern §§ 291ff. AktG. Zum qualifiziert faktischen Konzern, s. die Entwicklung in BGHZ 95, 330, 334 ff. = NJW 1986, 188; BGHZ 107, 7, 15ff. = NJW 1989, 1800; BGHZ 115, 187, 189ff. = NJW 1991, 3142; BGHZ 122, 123, 126 ff. = NJW 1993, 1200; diese Rspr. ist allerdings praktisch mit BGHZ 149, 10, 16 = NJW 2001, 3622, 3623 – Bremer Vulkan –; BGHZ 151, 181 – KBV – aufgegeben worden, s. dazu Wiedemann, ZGR 2003, 283ff.; Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402ff.; Hölzle, ZIP 2003, 1376ff.; Vetter, ZIP 2003, 601ff.; Haas, WM 2003, 1929 ff.; Wellenkamp, DStR 2003, 210 f.; Westermann, NZG 2002, 1129ff.; K. Schmidt, NJW 2001, 3577 ff.; Ulmer, ZIP 2001, 2021 ff.; Altmeppen, NJW 2002, 321ff.; Mülbert, DStR 2001, 1937 ff.; Bitter, WM 2001, 2133ff.

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ren gesellschaftsrechtlichen Ansprüche der juristischen Person bzw. Insolvenzmasse die Ansprüche zuweisen und so für eine Gleichbehandlung der Gläubiger im Rahmen der von der InsO vorgesehenen Rangfolge sorgen.55 Vor allem für die Fälle der materiellen Unterkapitalisierung erscheint es daher fraglich, ob noch ein Bedürfnis für eine von den gesellschaftsrechtlichen Haftungstatbeständen losgelöste Durchgriffshaftung besteht. Daher ist es zu begrüßen, wenn bei laufendem Insolvenzverfahren etwa Ansprüche aus existenzvernichtendem Eingriff nicht geltend gemacht werden können.56 Aber auch bei Ablehnung der Durchführung des Insolvenzverfahrens mangels Masse sollte ein Verfahren gewählt werden, das die Konzentration der Ansprüche in einem Fonds erlaubt, um einen Wettlauf der Gläubiger zu vermeiden. Deutlich wird ferner die Subsidiarität der Durchgriffshaftung gegenüber den Kapitalerhaltungsregeln. Dementsprechend hat der BGH schon zuvor zu Recht davon gesprochen, dass erst bei einem Versagen der Kapitalerhaltungsvorschriften (und auch anderer gesellschaftsrechtlicher Ansprüche) überhaupt eine Durchgriffshaftung in Betracht kommt.57 Daraus folgt aber umgekehrt auch, dass bei einer Reduzierung oder einem Wegfall der Kapitalerhaltungsvorschriften die Grundsätze der Durchgriffshaftung wieder stärkeres Gewicht erhalten können, möglicherweise aber auch beschränkt auf Gläubigergruppen, die ihr Risiko nicht selbst anpassen können.58 In engem Zusammenhang damit steht die Frage des Verhältnisses von Insolvenzverschleppungshaftung (oder einer wie auch immer gearteten Haftung für wrongful trading) der Gesellschafter als Teilnehmer (§ 830 BGB) bzw. als faktischer Geschäftsführer oder als „shadow director“. Wie der Blick auf das französische Recht zeigt,59 können zahlreiche Fälle der deutschen Durchgriffshaftung auch als insolvenzrechtliche Ansprüche begriffen werden. Eine Ausdehnung der Ansprüche gegen beherrschende Gesellschafter im Vorfeld einer Insolvenz – sei es durch wrongful trading oder durch die action en comblement de passif – bedingt daher auch ein Zurückdrängen der Durchgriffshaftung, allerdings unter dem Vorbehalt, dass die verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen gleich bleiben, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit für die Gläubiger, sich die nötigen Informationen zu verschaffen, um die Ansprüche durchzusetzen.

55 Vorbehaltlich allerdings der in der Praxis vor allem für die GmbH relevanten Probleme der masselosen Insolvenz und der damit verbundenen schwierigen Verfolgung der Ansprüche der GmbH gegen ihre Gesellschafter und/oder Geschäftsführer. 56 BAG, NJW 2005, 2172 m. Anm. Schröder, GmbHR 2005, 990; BGHZ 151, 181. 57 BGH, NJW 2001, 3702, 3703. 58 Vgl. zur ökonomischen Analyse Lombardo/Wunderlich, German Working Papers in Law and Economics, 2004, Paper 29, abrufbar http://www.bepress.com/gwp. 59 S. unter III. zur französischen Durchgriffshaftung.

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Vergleicht man etwa einzelne Voraussetzungen des existenzvernichtenden Eingriffs,60 so erscheint fraglich, ob nicht schon Elemente einer solchen im Vorfeld der Insolvenz eingreifenden Haftung bzw. des angelsächsischen Gläubigerschutzsystems auch im deutschen Recht angelegt sind: So sprechen BGH und BAG 61 davon, dass „die Gesellschafter (…) damit beim Abzug vom Vermögen der Gesellschaft darauf zu achten (haben), dass diese die Fähigkeit zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten behält“.62

Stellt man unbefangen den „solvency test“ angelsächsischer Prägung daneben, könnten durchaus Parallelen gezogen werden; denn die nötige Solvenz zur Bedienung der Verbindlichkeiten und das Belassen von Kapital in der Gesellschaft entspricht der Fähigkeit zur Bedienung der Verbindlichkeiten. Allerdings bleiben die dogmatischen Grundlagen, insbesondere die Gründung etwa auf Treuepflichten gegenüber Dritten (Gläubigern) weiterhin im Dunkeln, so dass die auf die traditionelle Dogmatik gestützte Kritik wohlfeil ist.63 Auch der Vergleich mit dem französischen Recht (action en comblement de passif) zeigt deutliche Parallelen, indem sich die Verantwortlichkeit im Wesentlichen für die Tatbestände – –

der Missachtung des Gesellschaftsinteresses der GmbH bzw. ein „rücksichtsloses“ Ausplündern der GmbH (abus des biens sociaux) und des Rechtsformmissbrauchs zur Verfolgung eigener persönlicher Interessen 64

ergibt. Hinzu kommt die subjektive Komponente, die allerdings aus objektiven Geschäftsführungsfehlern (faute de gestion) abgeleitet wird. Schließlich wird der Kreis der Verantwortlichen wie im deutschen Recht bestimmt. Auch spricht einiges dafür, eine wie auch immer geartete Haftung der Gesellschafter nicht allein bzw. allenfalls subsidiär auf § 826 BGB zu stützen, wenn man nicht die subjektiven Anforderungen (Vorsatz) über Gebühr verwässern und strapazieren will.65 Dies äußert sich auch in der entsprechenden Entwicklung des existenvernichtenden Eingriffs, für den gerätselt wird, ob nun subjektive Elemente erforderlich sind.66 Eine gesellschaftsrechtlich begründete Haftungsnorm,

60 61 62 63 64 65

Das BAG, NJW 2005, 2172 spricht bereits vom existenzgefährdenden Eingriff. BAG, NJW 2005, 2172. BGHZ 150, 61. Statt vieler Rubner, „Solvat socius“ statt „caveat creditor“?, 2005, 154f. S. unter III. zum französischen Recht. Ebenso Roth, ZGR 1993, 170, 173; s. auch Wüst, JZ 1995, 990, 994; dagegen Banerjea, ZIP 1999, 1153, 1156 f. 66 S. dazu Wackerbarth, ZIP 2005, 877, 883; zuvor Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402, 46; Röhricht, in: FS 50 Jahre BGH, 2000, 83, 97 zeigt deutlich die Probleme hinsichtlich der subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB auf.

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die auf bestimmte Tatbestände zugeschnitten ist, wie dies im französischen Recht der Fall ist, erscheint vorzugswürdig.

5. Fazit Die Durchgriffshaftung ist ein notwendiges Korrektiv der vom Gesellschaftsrecht entwickelten Haftungsbegrenzungsmöglichkeiten, das aber umso mehr an Bedeutung verliert, je ausdifferenzierter andere Instrumente des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes werden. Zum einen ist die Konzentration der Ansprüche gegen einen Gesellschafter in einer Hand (Insolvenzmasse) auf jeden Fall vorzugswürdig, zum anderen der weitgehende Verzicht auf subjektive Momente sowie die Subsidiarität allgemeiner Behelfe wie der Durchgriffshaftung (aber auch des existenzvernichtenden Eingriffs). Die Voraussetzungen für die persönliche Inanspruchnahme eines Gesellschafters nähern sich cum grano salis trotz unterschiedlicher Ansatzpunkte in den Rechtsordnungen einander an, sowohl hinsichtlich der erfassten Fallgruppen (z. B. Vermögensvermischung), als auch hinsichtlich des Haftungsadressatenkreises (beherrschende, veranlassende Gesellschafter).

III. Frankreich 1. Vorbemerkung Dem französischen Recht ist eine ausgeprägte Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung oder etwa zu einem existenzvernichtenden Eingriff durch die Gesellschafter weitgehend unbekannt. Der wesentliche Grund hierfür liegt in der besonderen insolvenzrechtlich ausgestalteten Ausfallhaftung, der l’action en comblement de passif (Verlustdeckungshaftung für Passiva), die ähnliche Fallgruppen wie die deutsche Durchgriffsproblematik behandelt und zu ähnlichen Ergebnissen gelangt. Daneben darf die deliktsrechtliche Generalklausel des Code Civil (Art. 1383) nicht vergessen werden, die als Auffangtatbestand fungieren kann. Zwar ähnelt die action en comblement de passif im Ausgangspunkt mehr der deutschen Haftung für Insolvenzverschleppung, doch geht sie wesentlich darüber hinaus und weitet über die Figur des „faktischen Geschäftsführers“ (dirigeant de fait) den Anwendungsbereich auf den Gesellschafterkreis aus. Im Folgenden werden daher die neuere Rechtsprechung zur action en comblement de passif (2) und vor allem zum faktischen Geschäftsführer (3) aufgearbeitet:

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2. Action en comblement de passif 67 Seit der Reform des Code de Commerce sind nunmehr alle für action en comblement de passif relevanten Normen in Art. L 223-24; L 225-256 und L 624-3ff, nunmehr L 651-2 ff.68 zusammengefasst.69 Die ersten beiden zitierten Vorschriften verweisen aus der allgemeinen Geschäftsleiterhaftung bei der SARL (Art. L 22322 C. com.) und der SA (Art. L 225-251 C. com.) auf das Insolvenzrecht. Während das frühere Recht noch eine Verschuldensvermutung zu Lasten der Geschäftsführer enthielt, ist diese durch die Neukonzeption des Insolvenzrechts von 1985 beseitigt worden. Wesentliche Änderungen durch die Aufnahme in den Code de Commerce hat es nicht gegeben. Voraussetzungen für die insolvenzrechtliche Ausfallhaftung sind demnach: 1. Überschuldung (insuffisance d’actif); 2. Anspruchsgegner ist rechtlicher oder tatsächlicher Geschäftsführer (dirigeant de droit ou de fait); 3. Beweis eines Geschäftsführungsfehlers (faute de gestion) – Verschuldensnachweis. Der Geschäftsführungsfehler (Art. L 651-2 C. com.) muss zudem nur eine Ursache unter mehreren für die Überschuldung sein; auch wenn der Fehler des Geschäftsführers nur einen Teil der Schulden hervorgerufen hat, kann er dazu verurteilt werden, die Gesellschaftsschulden ganz oder teilweise auszugleichen.70 Neben der gesetzlichen Regelung und zwei richterrechtlich geprägten Fallgruppen gibt es keine anderweitigen Möglichkeiten, auf Gesellschaftervermögen zurückzugreifen. Die Gesellschafter, die nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind und keinerlei Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen, können nicht zur Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten herangezogen werden. Die dirigeants de droit ou de fait haften nur persönlich nach der action en comblement de passif. Diese ist lex specialis gegenüber allgemein deliktischen Ansprüchen.

67 Zur älteren Rechtsprechung und Schrifttum s. Balz, Zur Reform des französischen Insolvenzrechts, ZIP 1983, 1153, 1172 ff. 68 Durch Art. 128 des Gesetzes No. 2005-845 vom 26. Juli 2005 de sauvegarde des entreprises J.O n° 173 du 27 juillet 2005 page 12187) geändert: “Lorsque la résolution d’un plan de sauvegarde ou de redressement judiciaire ou la liquidation judiciaire d’une personne morale fait apparaître une insuffisance d’actif, le tribunal peut, en cas de faute de gestion ayant contribué à cette insuffisance d’actif, décider que les dettes de la personne morale seront supportées, en tout ou partie, par tous les dirigeants de droit ou de fait ou par certains d’entre eux, ayant contribué à la faute de gestion. En cas de pluralité de dirigeants, le tribunal peut, par décision motivée, les déclarer solidairement responsables”. 69 S. unten Anhang. 70 Cass.com. 28. 3. 2000, Bull. Joly 2000, 604; Cass.com., 17 février 1998, Rev. Sociétés 1998, 580.

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Augenfällig werden die im Grunde vorhandenen Gemeinsamkeiten mit den Tatbeständen der deutschen Durchgriffshaftung bei der Möglichkeit, das Insolvenzverfahren auf das Vermögen des bestellten oder faktischen Geschäftsführers auszudehnen, wenn die Voraussetzungen des Art. L 652-1 (zuvor Art. L 624-5 C. com.) erfüllt sind: Nr. 1: Benutzung des Gesellschaftsvermögens wie eigenes („Missbrauch von Gesellschaftsmitteln/Sphärenvermischung“); Nr. 2: Verfolgung von persönlichen Interessen unter dem Deckmantel der juristischen Person („Rechtsformmissbrauch/Sphärenvermischung“); Nr. 3: Gebrauchmachen von Gütern oder dem Kredit der Gesellschaft zu ihren Lasten, zu persönlichen Zwecken oder im Interesse von einer anderen juristischen Person oder eines Unternehmens, bei denen ein direktes oder indirektes persönliches Interesse besteht (abus des biens et du credit de la société/Konzernsachverhalte); Nr. 4: Fortführen eines defizitären Geschäftsbetriebs im persönlichen Interesse, der nur zur Einstellung der Zahlungen der juristischen Person führen konnte; Nr. 5: Unterschlagen von Teilen des Aktivvermögens oder Verschleierung der wahren Vermögenslage oder betrügerische Steigerung der Passiva der juristischen Person. Die Fallgruppen des Art. L 652-1 C. com. werden dabei nebeneinander angewendet. Das spezielle Insolvenzverfahren der action en comblement de passif kann nur von den in Art. L 651-3 C. com. genannten Personen in Gang gesetzt werden. Die Haftungssumme fließt dann in die Insolvenzmasse und wird unter den Gläubigern quotal verteilt. Erfasst werden aber nur solche Personen, die in irgendeiner Weise Einfluss auf das Geschäftsgebaren der in die Insolvenz gefallenen Gesellschaft hatten: Gesellschaftsschulden der juristischen Person, die den Geschäftsleitern durch Verurteilung nach der comblement de passif zur Last fallen, umfassen nicht die Schulden anderer juristischer Personen, auf die das Insolvenzverfahren wegen Vermögensvermischung erstreckt worden ist, in denen sie aber nicht Geschäftsleiter sind.71 Mit dem Gesetz über die Rettung von Unternehmen (Loi de sauvegarde des entreprises) aus 2005 hat der Gesetzgeber eine weitere Unterscheidung bzw. Verschärfung eingeführt: Demnach kann bei einer Liquidierung der juristischen Person (liquidation judiciare) ein Geschäftsführer nicht nur für die Unterdeckung haften, wie dies in der klassischen action en comblement de passif der Fall war, sondern insgesamt für die Schulden der Gesellschaft (action en obligation aux dettes sociales). Allerdings muss eine der in Art. L 652-1 genannten Handlungen

71 Cass.com. 23. 5. 2000, Bull. Joly 2000, 789.

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bzw. Tatbestände die Einstellung der Zahlungen mit verursacht haben. Die für die action en comblement de passif geltenden Beschränkungen sind nach Art. L 652-1 ausdrücklich nicht für die action en obligation aux dettes sociales anwendbar, was offenbar insbesondere für die Verteilung über die Insolvenzmasse zutrifft. Eine Kausalität zwischen Managementfehler und Überschuldung wie bei der action en comblement de passif ist dagegen nicht erforderlich. Die Konsequenzen dieser neuen Regelung, insbesondere ihre Nähe zur deutschen Durchgriffshaftung, sind allerdings noch nicht vollständig absehbar. Als Ergebnis lässt sich an dieser Stelle bereits festhalten, dass in Frankreich der „Durchgriff“ über das insolvenzrechtliche Instrument der Ausfallhaftung gehandhabt wird, wobei die action en comblement de passif nicht mit der action en responsabilité des dirigeants pour faute de gestion kumulierbar ist.72 Mit den in Deutschland herausgearbeiteten Fallgruppen besteht insoweit Übereinstimmung darin, wann eine (Durchgriffs-)Haftung erfolgt. Bemerkenswert ist bei der französischen Regelung, dass dem Insolvenzrichter ein großes Ermessen bei der Bestimmung der haftenden Personen und ihrer Beteiligung an der Haftungssumme eingeräumt wird,73 insbesondere ob die Gesellschaftsverbindlichkeiten ganz oder teilweise, gesamtschuldnerisch oder nicht, von einigen Geschäftsführern oder allen gemeinsam getragen werden.74 Dabei können nicht nur die Schwere des Geschäftsführungsfehlers und das Gewicht der Überschuldung eine Rolle spielen, sondern auch die persönliche Situation des Geschäftsführers.75 Auch die Festlegung auf eine ganz bestimmte Fallgruppe erfolgt zumeist nicht in den einschlägigen Urteilen. Es überwiegt insgesamt eine einzelfallbezogene Gesamtschau verschiedener Kriterien, um eine Haftung zu begründen. Zudem besteht die Tendenz, sich auf die solventen Schuldner zu fokussieren, bei denen eine Insolvenzerstreckung zur Auffüllung des Gesellschaftsvermögens als hinreichend aussichtsreich erscheint.

72 Cass.com. 3. 10. 2000, Bull. Joly 2001, 24; CA Versailles 22. 6. 2000, Bull. Joly 2000, 1051. 73 Jüngst zum Verhältnis des Einzelvollstreckungsverfahren zur Erstreckung durch die action en comblement de passif: Cass.com., 28 septembre 2004, Bull. Joly 2005, 34. Wird demnach das Insolvenzverfahren über eine natürliche oder juristische Person wegen Vermögensvermischung (auf das Privatvermögen) ausgedehnt, resultiert daraus ein einziges gemeinsames Verfahren (procédure unique), dieses (Erstreckungs-) Urteil wirkt nicht auf das das Verfahren eröffnende Urteil (le jugement initial d’ouverture) zurück. Die Erlöse aus einem vor dem Erstreckungsurteil durchgeführten Pfändungsverkauf müssen nicht wegen dinglichen Arrests des Privatvermögens (der bei der Insolvenzerstreckung eintritt) an den Insolvenzverwalter herausgegeben werden. 74 Cass.com., 5 mai 2004, Rev. Sociétés 2004, 715. 75 CA Versailles 27. 9. 2001, Bull. Joly 2001, 48.

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3. Reichweite der action en comblement de passif: Dirigeant de fait 76 Für das Thema der Durchgriffshaftung bzw. der Haftung der Gesellschafter entscheidend ist aber die Reichweite des Begriffs „Dirigeant de fait“: Die Rechtsprechung hat sich in vielen Entscheidungen mit den Fragen befasst, wann eine faktische Geschäftsführung vorliegt und was unter Geschäftsführungsfehlern zu verstehen ist. Als faktischen Geschäftsführer sieht die Literatur und Rspr. in Frankreich denjenigen an, der neben oder anstelle der rechtmäßigen Organe durch positives Tun unabhängig und souverän Geschäftsführungsaufgaben wahrnimmt: 77 „la direction de fait désigne les personnes tant physiques que morales qui, depourvues de mandat social, se sont immiscées dans le fonctionnement d’une societé pour y exercer, en toute souveraineté et indépendance, une activité positive de gestion et de direction.“ 78

Die Rechtsprechung hat im Laufe der Zeit vor allem die Kriterien der Ausführung einer unabhängigen, aktiven Geschäftsführungstätigkeit herausgearbeitet. Die vom Cour d’appel de Paris in einem Urteil von 1987 79 benutzte Formulierung scheint die notwendigen Elemente der faktischen Geschäftsführung zu resümieren; das Gericht stellte auf die Einmischung in die wesentlichen Leitungsfunktionen der Gesellschaft unter Einbeziehung einer kontinuierlichen Teilnahme an der Geschäftsführung und einer effektiven und konstanten Kontrolle über den Gang der fraglichen Gesellschaft ab („l’immixtion dans les fonctions déterminantes pour la direction générale de l’entreprise, impliquant une participation continue à cette direction et un côntrole effectif et constant de la marche de la société en cause.“), damit auf die Bedeutung der ausgeübten Tätigkeiten für das ökonomische und finanzielle Fortkommen des Unternehmens, aber auch auf den dauerhaften und regelmäßigen Charakter der Einmischung. Der faktische Geschäftsführer muss demnach über eine wirkliche Entscheidungsbefugnis verfügen, das Ausüben einer einfachen Überwachungstätigkeit reicht ohne Eingriffsbefugnis nicht aus, um eine faktische Geschäftsführung zu begründen.80 In 76 Eingehend Dedessus-Le-Moustier, La Responsabilité du Dirigeant De Fait, Rev. Sociétés 1997, 498ff.; zur älteren Rechtsprechung s. Juncker, Die faktische Geschäftsführung („gérance de fait“) in Frankreich und ihre Gefahren für deutsche Unternehmen; RIW 1986, 337 ff. m.w.N. 77 Rives-Lange, La notion de dirigeant de fait, Dalloz 1975, chr. 41 (42). 78 Cass.com. 4. 3. 2003 RJDA 2003, p. 645, no. 724; s. ferner Notté, Les dirigeants de fait des personnes morales de droit privé, Th.Paris 1978; Dedessus/Le Moustier, Rev.sociétés 1997, 499 ff. 79 Bull. Joly 1987, 719. 80 Ähnliche Formulierungen in: -qui a pris une part active dans la gestion (Cass.crim. 11 avril 1983, Rev. Sociétés 1983, 817), -est intervenue directement dans la gestion

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Betracht kommt natürlich vor allem der Mehrheitsgesellschafter; hält dieser sich aber im rechtlichen Rahmen (bloß) an sein Überwachungsrecht und seine gesetzlich eingeräumten Einflussmöglichkeiten, wird er nicht als faktischer Geschäftsführer angesehen.81 Auch die Personalunion etwa als Angestellter einer Bank, der gleichzeitig Geschäftsführer einer S.A. ist und die Geschicke im Interesse der Bank (mit-) bestimmt, genügt, um die Bank als dirigéant de fait zu qualifizieren.82 Eine spezielle Regelung für Konzernsachverhalte (groupes des sociétés) gibt es nicht.83 Wegen des das französische Gesellschaftsrecht prägenden Prinzips der Autonomie einer jeden Gesellschaft, gibt es keine Haftung wegen wirtschaftlicher Einheit oder Leitungsmacht einer Muttergesellschaft.84 Auch die Haftung der Konzernmutter kann daher im Wege der action en comblement de passif begründet sein und wird in Frankreich über dieses allgemeine Instrument abgewickelt.84a Dabei kann dann auch auf ausländische Konzernmütter und ihre Geschäftsführer zugegriffen werden. Die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe (Konzern) ist dabei ohne Einfluss auf die Haftung des Geschäftsführers der [abhängigen] SARL; dieser kann nicht seine Verantwortung auf die Muttergesellschaft schieben, wenn die verschiedenen Gesellschaften [noch] autonom handeln [d. h. keine société fictive oder confusion de patrimoines vorliegt].85 Ebenso wenig kann sich der bestellte Geschäftsführer auf den Umstand berufen, dass er dem faktischen Geschäftsführer untergeordnet sei, insbesondere wenn er Kenntnis von einer mangelhaften/falschen Buchführung hatte.86 Nicht notwendig sind Überlegungen, ob der im Ausland ansässige Geschäftsführer, einen Interessenschwerpunkt in Frankreich hat; vielmehr bleibt französisches Insolvenzrecht anwendbar, solange der Geschäftsführer für eine französische Gesellschaft über-

(Cass.com. 18 mai 1981, Bull. civ. IV, n° 240, p. 180), -une participation à la conduite générale de l’entreprise active, régulière et comportant prise de décision (Cons. Const. 18 octobre 1977, Rev. Sociétés 1978, 107), -a été le veritable animateur de la société (Cass.com. 15 novembre 1978, Bull. civ. IV, n° 265, p. 219) -qui participe étroitement à la direction de l’entreprise et exerce un contrôle effectif et constant sur sa marche (CE 7 février 1958, req. n° 35-819, Rec. Lebon p. 81). 81 Paris 7 mai 1975, D. 1975, somm. 121; Desdessus-Le-Moustier, aaO., S. 507. 82 Cour d’appel Versailles 29. 4. 2004 Bull. Joly Soc. S. 1201ff. m. krit. Anm. Constantin/Levy. 83 Zum Ganzen s. Marquardt, Alexander/Hau, Wolfgang, Risiken für Muttergesellschaften nach französischem Insolvenz- und Haftungsrecht, RIW 1998, 441 ff. 84 Cass.com. 28. 5. 1991, Rev.Soc. 1991, 764; CA Paris 15. 1. 1991, Rev.Soc. 1991, 386; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, 1998, S. 582. 84a Cass.com., 2 novembre 2005, Bull. Joly Soc. 2006, 469 m. Anm. Lucas. 85 CA Paris 19. 11. 1999, Bull. Joly 2000, 263. 86 CA Paris 19. 11. 1999, Bull. Joly 2000, 263.

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haupt tätig bzw. bestellt ist.87 Möglicher faktischer Geschäftsführer ist daher auch die tätige (nicht: untätige!) ausländische Konzernmuttergesellschaft.88 Ein weiteres, für die Praxis wichtiges Beispiel aus dem Bereich der Vertragsnetzwerke mag dies weiter verdeutlichen: In einem Urteil aus dem Jahr 1994 bestätigte der Cour de Cassation die Entscheidung eines Berufungsgerichts, das einen Franchisegeber als dirigeant de fait qualifizierte, der sämtliche für die Geschäftsführung notwendigen Konto-, Gesellschafts- und Bankunterlagen der Franchisenehmerin besaß, alle Verwaltungsunterlagen selbst herstellte sowie die Rechnungen, die dann anschließend von der Franchisenehmerin unterschrieben wurden, die Ausfertigung aller Steuer- und Gesellschaftserklärungen, Kontrolle der Personaleinstellungen und Teilnahme an der Verfolgung einer defizitären Tätigkeit trotz Kenntnis des unzureichenden Gesellschaftsvermögens selbst durchführte. Das Gericht sah hierin – kaum überraschend – eine (unzulässige) Einmischung des Franchisegebers in die Geschäftsführung des Franchisenehmers, die über die vertraglichen Verpflichtungen hinausging. Da die Kommissionsgeschäfte durch den Franchisegeber ferner einen Geschäftsführungsfehler darstellten, der zur Überschuldung beigetragen hat, kam es zur action en comblement de passif gegenüber dem Franchisegeber.89

4. Faute de gestion Der Begriff der faute de gestion ist gesetzlich nicht definiert und nach hM sehr weit auszulegen. Als Verschuldensmaßstab reicht leichte Fahrlässigkeit aus. Die Frage, ob eine faute de gestion vorliegt beantwortet die Rspr immer nur einzelfallbezogen.90 Der Entzug von Gesellschaftsvermögen, der aus einem Missbrauch von Gesellschaftsmitteln durch den Geschäftsführer resultiert,91 stellt einen Geschäftsführungsfehler dar, insbesondere wenn die Gesellschaft gezwungen war, neue Kredite aufzunehmen und so die Finanzierungskosten zu erhöhen.92 Ebenso wenig reicht etwa die Ausstellung von Lohnabrechnungen aus,

87 88 89 90

Cass.com. 14. 3. 2000, Bull. Joly 2000, 600. Cass.com., 5 mai 2004, Rev. Sociétés 2004, 715. Cass.com., 9 novembre 1993, Rev. Sociétés 1994, 321. Beispiele bei Cass.com. 7. 7. 1992, Bull. Joly 1992, 1192; Cass.com. 11. 6. 1991, R.J.D.A. 1991, Nr. 852. 91 S. auch Cass.com. 20. 6. 2000, Bull. Joly 2000, 906: Durch die Feststellung, dass die Gesellschaft (eine S.A.) seit ihrer Gründung unverhältnismäßige Investitutionen (des investissements démesurés) tätigte, darunter der Kauf einer Liegenschaft zur Unterbringung der Familie der Geschäftsführer und nicht zur kommerziellen Nutzung, konnte der cour d’appel die Haftung des Geschäftsführers/Vorstandmitglieds wegen eines Überwachungsfehlers/mangelhafter Aufsicht feststellen. 92 Cass.com. 29. 2. 2000, Bull. Joly 2000, 597.

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um zu beweisen, dass eine Lohnempfängerin/Arbeitnehmerin eine wirkliche Tätigkeit entsprechend ihrer Vergütung ausübt. Ohne einen Beweis durch den der Ausfallhaftung unterliegenden Geschäftsführer muss die Auszahlung der Vergütung als Geschäftsführungsfehler angesehen werden, der zur Überschuldung beigetragen hat.93 Typischer Geschäftsführungsfehler ist ferner die fehlende Kontrolle und Sicherstellung einer Buchführung gegenüber einem anderen (alten) Geschäftsführer, der dadurch seine zerstörerische Tätigkeit während mehrerer Monate entfalten konnte.94 Auch die Überschreitung von Kompetenzen, etwa die Anschaffung eines Betriebsgrundstücks als eine außergewöhnliche Geschäftsmaßnahme, die der Geschäftsführer nicht ohne vorherige Zustimmung der Gesellschafter durchführen konnte, wird als Geschäftsführungsfehler qualifiziert.95 Ferner führt die bewusste Nichtteilnahme an Aufsichtsratssitzungen und Nichtdurchführung irgendeiner Kontrolle während eines Zeitraums von 10 Monaten durch die aufsichtsführende Gesellschaft zum Vorwurf des Geschäftsführungsfehlers, da deswegen keine rechtzeitigen Maßnahmen ergriffen werden konnten, um die Überschuldung zu verhindern.96 Die fehlende Verurteilung der anderen Geschäftsführer ist jedenfalls ohne Einfluss auf die Haftung des verurteilten Geschäftsführers. Allerdings scheint in der Praxis eine enge Verbindung zu der Frist zur Stellung eines Insolvenzantrages zu bestehen, die nach früherem Recht 15 Tage, nach neuerem Recht (2005) jetzt aber 45 Tage beträgt, so dass fraglich erscheint, ob die Zahl der actions en comblement de passif zurückgehen wird.

5. Société fictive und confusion de patrimoine Neben den eben geschilderten Fallgruppen existieren noch zwei nicht normierte, aber durch Richterrecht herausgearbeitete: société fictive 97 und confusion de patrimoine 98. Die erste greift ein, wenn eine Gesellschaft wegen fehlender konstitutiver Merkmale nicht besteht. Dann wird auf die dahinter stehenden Personen zugegriffen. Diese haften für die entstandenen Verbindlichkeiten. Die zweite Fallgruppe der Vermögensvermischung zeichnet sich dagegen durch eine Ähn93 94 95 96 97

Cass.com. 23. 11. 1999, Bull. Joly 2000, 379. Cass.com. 28. 3. 2000, Bull. Joly 2000, 604. CA Paris 4. 2. 2000, Bull. Joly 2000, 817. Cass.com. 30. 10. 2000, Bull. Joly 2001, 27. Cass.com. 18. 11. 1986, D. 1987, som. 73; Cass.com. 15. 1. 1991, Rev. Soc. 1991, 386; CA Paris 12. 7. 1990, Bull. Joly 1990, 960; CA Paris 12. 2. 1991, Bull. Joly 1991, 140. 98 Cass.com. 26. 3. 1974, Bull. Civ. III, S. 89 Nr. 112; Cass.com. 28. 11. 1989, Rev. Soc. 1990, 240; Cass.com. 24. 10. 1995, BRDA 1995-21, 5; CA Paris 17. 11. 1987, Bull. Joly 1987, 997; CA Versailles 6. 10. 1988, Bull. Joly 1989,88; CA Paris 25. 10. 1990, Bull. Joly 1990, 963; CA Versailles 3. 2. 1994, Bull. Joly 1994, 535.

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lichkeit zu Art. L 652-1 C.Com. aus: Kann die notwendige Trennung verschiedener Vermögensmassen nicht erfolgen, haften alle Beteiligten, deren Vermögen als eine Vermögensmasse eines Rechtssubjekts erscheint. Dabei muss eine fast vollständige Vermögensvermischung bestehen, um eine Haftung auszulösen.99 Leichte Überschneidungen reichen dabei nicht aus. Rechtsfolge der Vermögensvermischung ist die Erstreckung des Insolvenzverfahrens auf die an der Vermischung Beteiligten. Dabei reicht aus, dass bei einem Vermögensteil festgestellt wird, dass eine Zahlungseinstellung besteht; dies impliziert denselben Zustand des Gesamtvermögens.100 Den Fällen der société fictive und der confusion de patrimoine kommt als sog. principes généraux Auffangfunktion gegenüber der action en comblement de passif in den Fällen zu, bei denen die Einflussnahme des (faktischen) Geschäftsführers so erheblich ist und die Vermögensvermischungen einen Grad erreichen, dass keine Anknüpfungspunkte mehr für eigenständige Insolvenzverfahren der einzelnen juristischen Personen gefunden werden können.101 So nahm die Rechtsprechung einen Fall der Vermögensvermischung mit der Folge der Ausdehnung des Insolvenzverfahrens auf den gesamten Konzern an, wenn die Gesellschaften dieselben Aktionäre und identische Gesellschaftszwecke hatten, miteinander durch Verträge mit überlanger/anormaler Dauer ohne Lösungsmöglichkeit/Widerrufsmöglichkeit verbunden waren und es zu ungewöhnlichen Vermögensverschiebungen (des transfers des biens anormaux) gekommen war.102 Eine für die französische Praxis wichtige Konstruktion wird aber durchweg anerkannt: Die Betriebsaufspaltung in eine Besitz- und Betriebsgesellschaft. So entschied der Cour de Cassation 1998 103, dass eine bloße Scheingesellschaft mit der Folge der Insolvenzerstreckung nicht angenommen werden könne, auch wenn die Société civile immobilière durch die Vermietung eines Teils ihrer Geschäftsräume an die SARL faktisch dieser ihr gesamten Aktivvermögens überlassen hat und keine weiteren Mittel außer den Mieteinnahmen besaß, sowie sich die Kosten des Erwerbs der Räume durch die SARL finanzieren ließ. Dies rechtfertige nicht die Feststellung, dass die SCI allein aus dem Grund gegründet wurde, um diese Immobilien vor dem Zugriff der Gläubiger der SARL zu bewahren.

99 CA Versailles 23. 3. 1990, Bull. Joly 1990, 561. 100 Streitig, aber hA in der Rspr: Cass.com. 26. 3. 1985, DS 1988, som., 37; Cass.com. 18. 11. 1986, DS 1987, som., 73; Cass.com. 16. 6. 1987, DS 1988, som., 37; Cass.com. 15. 10. 1991, Rev.proc.coll 1991, 235. 101 Gisserot, Rev.trim.dr.com. 1979, Nr. 74; Ullrich, Verdeckte Vermögensverlagerungen in den Aktien- und GmbH-Rechten Frankreichs, Belgiens und Deutschlands, 1994, S. 110f. („Durchgriff wegen confusion de patrimoine“). 102 Cass.com. 26. 4. 2000, Bull. Joly 2000, 694; zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen und der Feststellung des relevanten Zeitpunkts der Zahlungseinstellung Cass.com. 7. 1. 2003, Bull. Joly 2003, 403. 103 Cass.com., 25 novembre 1997, Rev. Sociétés 1998, 586.

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Kommt es zu „anormalen Finanzierungsströmen“ (flux anormaux), erkennt auch der Cour hier eine Vermögensvermischung an.104

6. Fazit Wie gezeigt, verfügt das französische Recht über einige Instrumente, die weitgehend eine Verantwortlichkeit der Gesellschafter, aber auch Geschäftsführer für den Ausfall der Forderungen in einer Insolvenz begründen können, und die teilweise im Tatbestand (nicht der Rechtsfolge) den deutschen Fallgruppen der Durchgriffshaftung ähneln. Allerdings erfordert das französische Recht eine Beurteilung von Geschäftsführungsmaßnahmen (faute de gestion), deren judizielle Grenzen und deren Verhältnis zu einer Business Judgement Rule noch einer näheren Betrachtung bedürften. Eine vertiefte Analyse müsste indes weiter ausgreifen, wie ein kurzer Blick auf die aktuelle französische Diskussion zur Funktion des Mindestkapitals zeigt, die interessante Parallelen zur deutschen Diskussion aufweist: So wird darauf hingewiesen, dass die Konzeption des Mindestkapitals keineswegs der französischen Tradition entspreche, sondern vielmehr erst mit dem Gesetz von 1966 eingeführt worden sei. Vielmehr habe man sich schon seit der Aufhebung des Octroi-Zwangs und der Liberalisierung des Gesellschaftsrechts auf deliktsrechtliche Sanktionen für „négligence“ verlassen, die annähernd dem heutigen Begriff des „wrongful trading“ entsprächen. Dementsprechend skeptisch sei das französische Recht gegenüber der deutschen Tradition des Mindestkapitals eingestellt.105

IV. Spanien 1. Vorbemerkung Der Durchgriff im Sinne einer Durchbrechung des Trennungsprinzips bei den juristischen Personen des Privatrechts ist im spanischen Recht unter dem, an die englischsprachige Terminologie „piercing the corporate veil“ angelehnten metaphorischen Begriff des „levantamiento del velo juridico“ bekannt (zum Teil

104 Cass.com. 24. 11. 1998, Bull. Joly 1999, 367; s. ferner Cass.com. 10. 5. 2000, Bull. Joly 2000, 1049: Die SCI hatte ein compte courant débiteur in den Büchern der SARL (ohne Abschluss irgendeines Unterordnungsvertrages mit der SARL). Der Geschäftsführer der SARL (19 jähriger Schüler) war der Sohn der Geschäftsführerin der SCI. Es gab eine Einmischung der Geschäftsführerin der SCI in die Geschäftsführung der SARL. 105 Cannu/Parleani Rev.d.Soc. 2005, 13ff., no. 20ff., 23.

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wird auch der Begriff des „penetración en el substratum jurídico de la sociedad“ verwandt).106 Vom Tribunal Supremo wurde die Möglichkeit eines solchen Durchgriffs mit Entscheidung vom 8. Januar 1980 erstmalig explizit angesprochen. Damals stellte das Gericht in einer Art obiter dictum fest, dass es sinnvoll sein könne, „auf die hinter der Gesellschaft stehenden realen Personen zu schauen, ohne sich auf die juristische Form zu beschränken“.107 Doch erst einige Jahre später, d. h. mit Urteil vom 28. März 1984 108 wandte das höchste spanische Gericht diese Idee in der Praxis tatsächlich an. Seit diesem „leading case“ 109 ist das Institut des Durchgriffs in ständiger Rechtsprechung anerkannt und wird auch von den unteren Gerichten regelmäßig angewendet, selbst wenn die zunehmende Durchbrechung des Trennungsprinzips in der Literatur kritisiert wird.110 Vor dem Hintergrund einer weiterhin fehlenden positiv-rechtlichen Grundlage und einer bisher nicht eindeutigen dogmatischen Grundlegung der Rechtsprechung sind bis heute eine Reihe von Fragen offen geblieben.111

2. Grundlegung der Durchgriffsdogmatik in der Rechtsprechung Der Sachverhalt der angesprochenen Grundsatzentscheidung vom 28. März 1984 betraf die Frage, ob die Geltendmachung eines Anspruchs gegenüber einer Verwaltungskörperschaft die Verjährung auch gegenüber einer davon zu unterscheidenden Gesellschaft unterbrechen kann, wenn deren einziger Gesellschafter die betroffene Körperschaft ist. Der Tribunal Supremo lehnte die Annahme einer strikten Trennung von Gesellschaft und Gesellschafter in diesem Fall ab und stützte sich dabei auf die „doctrina del levantamiento del velo juridíco“ mit einer

106 Vgl. Pablo Girgado Perandones, La Responsabilidad de la Matriz de una Empresa de Grupo por las Deudas de sus Filiales en Derecho Español. Situación Legislativa y Actuación de los Tribunales, Revista de Derecho Mercantil 2003, p. 75, 117. 107 STS 8 de enero de 1980: „investigar el fondo real de la persona jurídica sin detenerse en la forma“. 108 Ar. 2800, 1984. 109 So José Miguel Embid Irujo, Protección de Actreedores, Grupo de Sociedades y Levantamiento del Velo de la Personalidad Jurídica“, Revista de Derecho de Sociedades 1999, p. 363, 364. 110 Carmen Boldó Roda, Veinte Años de Aplicatión de la Doctrina del Levantamiento del Velo Juridico por la Sala 1.ª del Tribunal Supremo, en Libro Homenaje al Profesor Fernando Sánchez Calero, Vol. I, Madrid 2003, p. 25, 26; s. auch RuizRico Ruiz, Catalina. El levantamiento del velo en las sociedades mercantiles: Argumentaciones jurídicas, tendentes a reducir su aplicabilidad, Anuario de Derecho civil 2000 (LIII), III p. 923 ff. 111 S. dazu José Miguel Embid Irujo, Protección de Actreedores, Grupo de Sociedades y Levantamiento del Velo de la Personalidad Jurídica“, Revista de Derecho de Sociedades 1999, p. 363, 365.

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Argumentation, die er in der Folge in den verschiedensten Entscheidungen wiederholte. Im Falle eines Konfliktes zwischen Rechtssicherheit und Gerechtigkeit (artículos 1.1. y 9. 3. de la Constitución) sei nach den Umständen des Einzelfalls angemessen und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (art. 7.1. del Código civil [C. c.]) billig und gerecht abzuwägen, wobei im Einzelfall auch ein Durchgriff auf das personelle Substrat der Gesellschaften möglich sei, denen das Gesetz eigentlich eine eigene juristische Persönlichkeit zugestehe. Damit solle verhindert werden, dass im Schutze dieser Fiktion bzw. dieser juristischen Form private oder öffentliche Interessen verletzt oder diese als Mittel zum Betrug benutzt werden (Art. 7 Abs. 2 Código Civil). Folglich sei den Richtern die Möglichkeit gegeben, auf „das Innere“ dieser juristischen Personen durchzugreifen („den juristischen Mantel zu heben“), soweit dies notwendig ist, den Missbrauch dieser Unabhängigkeit zur Schädigung Fremder, der „derechos des los demás“ (der Allgemeinheit, Art. 10 Constitución) oder der Interessen der übrigen Gesellschafter zu verhindern, mit anderen Worten, um den Missbrauch der Rechtspersönlichkeit oder eine rechtsmissbräuchliche Ausübung eigener Rechte (art. 7.2. C. C.) abzuwenden. a) b) c) d)

Zusammenfassend spricht der TS also von: conflicto entre seguridad jurídica y justicia; aplicación por vía de equidad y con acogimiento al principio de buena fe; fraude de ley (art. 6.4. C.c.) y perjuicio de intereses de terceros; abuso de derecho y ejercicio antisocial del mismo (art. 7.2. C.c.).

Diese genannten Aspekte werden vom TS im Rahmen des Durchgriffs immer wieder wiederholt,112 ohne aber die verwendete Argumentation näher zu erläutern oder weiter zu entwickeln. In Einzelfällen nennt der TS weitere, mit den genannten Aspekten zusammenhängende Kriterien, welche jedoch hinsichtlich der dogmatischen Konstruktion des Gerichtes ebenfalls keine neuen Erkenntnisse liefern. Einzig die Erwähnung der Figur des Missbrauchs der juristischen Person,113 des Rechtsmissbrauchs in Form des „venire contra factum proprium“ 114 und der „Personenvermischung“,115 die in späteren Entscheidungen Erwähnung finden, können zumindest ansatzweise als Konkretisierung der oben genannten Aspekte gesehen werden. Der TS geht also zunächst vom im Einzelfall unzweifelhaft bestehenden Konflikt zwischen Rechtssicherheit und Gerechtigkeit aus, zwei Werten, die beide ausdrückliche Erwähnung in der spanischen Verfassung finden und denen damit

112 Nachw. bei Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 28. 113 STS 16 de julio de 1987. 114 STS 16 de julio de 1987: „doctrina de los actos propios“; STS Sala 6.ª Social 12 de julio de 1988. 115 STS 18 de septiembre 1987: „confusion des personalidades“.

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als Auslegungshilfen direkt juristische Bedeutung zukommt.116 Dieser im konkreten Einzelfall bestehende Konflikt – so der TS – sei unter dem Aspekt der Billigkeit („equidad“) zu lösen, einem Rechtsprinzip, das sich heute in den Vorschriften über Treu und Glauben (art. 7.1. C.c.), Rechtsmissbrauch (art. 7.2. C.c.) oder „Rechtsbetrug“ („fraude de ley“, art. 6.4. CC) wieder findet, ohne aber selbst gesetzlich positiviert worden zu sein. Der spanische Durchgriff nach der Idee des TS stützt sich damit einerseits auf die Rechtsfigur von Treu und Glauben in der Ausprägung des venire contra factum proprium („prohibición de ir contra los propios actos“). Dieser Rückgriff auf die Figur des venire contra factum proprium findet jedenfalls in den Fällen statt, in denen der agierende Gesellschafter nach außen den Eindruck einer Einheit von Gesellschaftern und Gesellschaft und einem einheitlichen Haftungsverbund vermittelt. Andererseits stützt sich der TS in vielen anderen Fällen in erster Linie ausdrücklich auf die Figur des Rechtsmissbrauchs („abuso del derecho“), ohne deren Anwendung näher zu begründen oder deren Voraussetzungen zu prüfen. Hinzu kommt, dass in vielen Fällen die vom TS angenommenen Rechtsfolgen nicht denen entsprechen,117 die üblicherweise beim Rechtsmissbrauch angenommen werden.118 Diese Diskrepanz lässt sich jedoch nach Ansicht einiger Autoren wie folgt erklären: Die Figur des Durchgriffs hat durch die spanische Übersetzung des Werkes Rechtsform und Realität juristischer Personen des deutschen Juristen Serick 119 Eingang in das spanische Recht gefunden, der die Figur des Durchgriffs insbesondere mit dem Rechtsmissbrauch der Rechtsinstitution „juristische Person“ begründet. Man mag daher die Verwendung des Begriffes Rechtsmissbrauch als Relikt dieser Übersetzung ins Spanische ansehen, die sich in der Rechtsprechung des TS halten konnte, obwohl der von Serick angesprochene „institutionelle Rechtsmissbrauch“, d. h. der Missbrauch von Rechtsinstitutionen im spanischen Recht unter dem spezielleren Begriff des „fraude de ley“ und nicht als „abuso del derecho“ bekannt ist.120 Größere inhaltliche Bedeutung ist diesem Streit aber offenbar nicht beizumessen. 116 Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 29. 117 „(…) las instituciones de abuso de derecho y fraude de ley, si bien doctrinalmente y desde el punto de vista de la teoría general del ius civile son distintas, en la práctica no siempre resulta clara su exacta separación, dado que, en general, su finalidad es idéntica: impedir que los textos de la ley, estimados literalmente, puedan servir para amparar actos o situaciones contrarias a la realización de la Justicia“, Sentencias del Tribunal Supremo de 12 de mayo de 1972, de 5 de enero de 1977 o de 2 de mayo de 1984, entre otras. 118 So zumindest Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 32. 119 Serick, Apariencia y realidad en las sociedades mercantiles. El abuso de derecho por medio de la persona jurídica, Barcelona 1958, Übersetzung durch Puig Brutau; dt. Original von 1955. 120 Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 32 s.

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Damit stellt die Rechtsfigur des „fraude de ley“, in Art. 6.4. des spanischen Código civil festgeschrieben, zumindest in den Fällen das dogmatische Fundament des Durchgriffs auf die hinter der juristischen Person stehenden Personen dar, in denen eine Anwendung von Treu und Glauben in Form des venire contra factum proprium nicht in Frage kommt. Dabei ist aber stets darauf zu achten, dass das Ergebnis des Durchgriffs im Wege der Normenreduktion noch von der Konzeption der juristischen Person im spanischen Recht umfasst wird. Um festzustellen, ob die in Anspruch genommene Norm im konkreten Fall das in Frage stehende Handeln deckt, ist stets zu fragen, ob die auszulegende Norm als Ziel gerade den Schutz dieses Verhaltens bezweckt. Dieses Vorgehen bei der Anwendung der spanischen Durchgriffsdoktrin macht deutlich, warum die vom TS angenommenen Rechtsfolgen zum Teil so unterschiedlich sind, da sie von der konkret rechtsmissbräuchlich verwendeten Norm abhängen. Oftmals handelt es sich daher weniger um eine Durchgriffshaftung im engeren Sinne (der persönlichen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft), sondern um die Frage der Zurechnung von Rechtsfolgen.

3. Fallgruppen des Tribunal Supremo Folgenden Fallgruppen lassen sich unterscheiden – die oftmals der deutschen Rechtsprechung ähneln:

a) Verwendung der juristischen Person zum Zwecke der Umgehung zwingender Vorschriften In den Fällen, in denen die juristische Person dazu verwendet wird, zwingende Vorschriften zu umgehen, kann es sich zunächst um Verbotsvorschriften handeln, vor allem aber solche Normen, die besondere Verpflichtungen in einem konkreten Fall aufstellen, die durch das Vorgehen mittels der Gesellschaft umgangen werden sollen. In den allermeisten Fällen geht es dabei wie bereits erwähnt um die Vermeidung der allgemeinen Vermögenshaftung nach Art. 1911 C.c. Die Fälle ähneln sich: Eine natürliche Person unterschlägt bestimmte, von einer Beschlagnahme betroffene Güter und überträgt diese an eine von ihr gegründete und kontrollierte Gesellschaft, damit diese dann an den Gütern Eigentumsrechte geltend macht. Dieses Vorgehen bleibt aber erfolglos, wenn das erkennende Gericht „den Mantel der Gesellschaft lüftet“ und feststellt, dass der Gesellschafter weiterhin über die Güter in der Art verfügen kann, wie wenn die Übertragung nicht stattgefunden hat. In diesem Fall soll nach Ansicht des TS die Gesellschaft nicht als „Dritter“ im Sinne der genannten Vorschriften angesehen werden, so dass die

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Voraussetzungen der Geltendmachung von Eigentumsrechten Dritter im Ergebnis nicht gegeben sind.121 In anderen Fällen hat der TS den Durchgriff gestattet, wenn die Unterscheidung von juristischer Person und Gesellschaftern dazu verwendet wurde, um die Pflicht zur Information oder die Notwendigkeit von bestimmten Ersuchen zu umgehen oder den Zugang von rechtsgeschäftlichen Mitteilungen zu vereiteln. In diesen Fällen ist also nach dem TS ein Durchgriff geboten, wenn die Partei sich Korrespondenzfirmen, Agenturen oder Niederlassungen bedient,122 um Vertragspartner zu verwirren und von den Verwechslungen zu profitieren.123 Ähnlich gelagert sind auch die Fälle, in denen mit Hilfe der juristischen Person versucht wird, die Wirkungen der Art. 1157 ff. C.c. zu umgehen, die das Erlöschen des Schuldverhältnisses durch Erfüllung regeln, um so eine zweifache Leistung des Schuldners zu erreichen.124

b) Verwendung der juristischen Person zum Zwecke der Umgehung vertraglicher Pflichten Weiterhin kann auf die juristische Person abgestellt werden, um unter dem Schutzmantel ihrer Eigenständigkeit vertragliche Pflichten zu vernachlässigen oder zu verletzen. Auch derartige Fälle wird man im weitesten Sinne als Gesetzesmissbrauch ansehen können, wenn man betrachtet, dass die Erfüllung vertraglicher Pflichten mittels zwingender gesetzlicher Regelungen gesichert wird.125 So erfüllt etwa in den zugrunde liegenden Fällen die Gesellschaft als Partei eines Kaufvertrages ihre Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises nicht. Wendet sich dann der Verkäufer fälschlicherweise an den Allein- oder Mehrheitsgesellschafter

121 So oder ähnlich: SSTS 28 de abril de 1988 (RJ 1988, 3298); 2 de abril de 1990 (RJ 1990, 2687); 20 de julio de 1996 (RJ 1996, 5678); 10 de febrero de 1997 (RJ 1997, 936); 24 de marzo de 1997 (RJ 1997, 1991); 23 de enero de 1998 (1998, 547). 122 Anders als das deutsche Recht kennt das spanische ein Konzernrecht nicht (Pablo Girgado Perandones, La Responsabilidad de la Matriz de una Empresa de Grupo por las Deudas de sus Filiales en Derecho Español. Situación Legislativa y Actuación de los Tribunales, Revista de Derecho Mercantil 2003, p. 75, 79 s.), so dass der Versuch, bestimmte konzernrechtliche Fallgestaltungen über den Durchgriff zu regeln, nahe liegt; vgl. José Miguel Embid Irujo, Revista de Derecho de Sociedades 1999, p. 363, 366 ss.; krit. dazu Pablo Girgado Perandones, cit., p. 116 ss., 137 ss. 123 So der STS 19 de febrero de 1988 (RJ 1988, 1070); ähnlich STS 7 de febrero de 1989 (RJ 1989, 753) zu Art. 1566 C.c. 124 SSTS 20 de junio de 1991 (RJ 1991, 4526); 7 de junio de 1995 (RJ 1995, 4629); 8 de febrero de 1996 (RJ 1996, 862). 125 Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 39 unter Hinweis auf Art. 1091 C.c., der bestimmt, dass „las obligaciones que nacen de los contratos tienen fuerza de ley entre las partes contratantes […].“

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o. ä., so wendet dieser ein, er sei nicht Vertragspartei.126 Auch in diesen Fällen werden zwei wesentliche Aspekte der spanischen Doktrin deutlich: Erstens der Missbrauch der juristischen Person, hier speziell der getrennten Vermögensmassen 127 und zweitens die bewusst herbeigeführte Verwechslung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern.128 Anders als das deutsche Recht, geht der TS damit eindeutig von der Notwendigkeit subjektiver Momente zur Anwendung des Durchgriffs aus.129 Ähnliche Konstellationen sind etwa beim Auftrag möglich, auch hierzu existieren eine Reihe von Entscheidungen des TS; 130 ebenso zu Miete und Pacht 131 und anderen Vertragstypen.132 c) Verwendung der juristischen Person zur Umgehung außervertraglicher Haftung Schließlich existieren Fallgestaltungen, in denen versucht wird, die außervertragliche (deliktische) Haftung nach Art. 1902 C.c. mit Hilfe der juristischen Person zu umgehen, indem die Gesellschaft für deliktische Handlungen oder Unterlassungen verantwortlich gemacht wird.133 4. Unzulässigkeit des Durchgriffs nach der Rechtsprechung des TS Aus den einen Durchgriff ablehnenden Entscheidungen des TS können ferner Rückschlüsse auf die vom höchsten spanischen Gericht für notwendig erachteten Voraussetzungen gezogen werden: a) Fehlender Nachweis der Schädigungsabsicht In verschiedenen Fällen lehnte der TS einen Durchgriff ab, weil die missbräuchliche Absicht nicht bewiesen worden war, der Gesellschafter die Gesellschaft also nicht benutzte, um einem anderen zu schaden, oder zumindest, weil 126 So etwa in den Fällen SSTS 5 de julio de 1991 (RJ 1991, 3550); 12 de noviembre de 1991 (RJ 1991, 8234); 21 de julio de 1995 (RJ 1995, 5729); 15 de octubre de 1997 (RJ 1997, 7267); 30 de mayo de 1998 (RJ 1998, 4075). 127 Insbesondere STS 30 de mayo de 1998 (RJ 1998, 4075). 128 Insbesondere STS 25 de febrero de 1997 (RJ 1995, 1329). 129 STS 25 de febrero de 1997 (RJ 1995, 1329). 130 SSTS 13 de julio de 1987 (RJ 1987, 5487); 18 de septiembre de 1987 (RJ 1987, 6067); 4 de marzo de 1988 (RJ 1550). 131 SSTS 6 de julio de 1992 (RJ 1992, 5165); 30 de julio de 1994 (RJ 1994, 6308); 31 de enero de 1998 (RJ 1998, 355). 132 Weitere Beispiele bei Carmen Boldó Roda, op.cit, p. 25, 42. 133 SSTS 28 de mayo de 1984; 29 de abril de 1988.

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dies nicht zu beweisen war.134 Diese vom TS verlangte Schädigungs- und Missbrauchsabsicht („ánimo defraudatorio“) muss von der den Durchgriff anstrebenden Partei konkret dargelegt und nachgewiesen werden.135 Dabei ist nicht notwendig, dass die Gesellschaft schon mit der Missbrauchsabsicht gegründet wurde, es ist ausreichend, wenn diese später dazu verwendet wird.136

b) Anwendung nur zugunsten schutzbedürftiger Dritter Da also der Durchgriff die Absicht erfordert, einen Dritten zu schädigen, kann der Durchgriff auch nur zugunsten des Dritten erfolgen, nicht aber zugunsten der Gesellschafter.137 Ebenso wenig kommt eine Anwendung in Betracht, wenn auch auf Seiten des Dritten ein Gesetzesmissbrauch festgestellt werden kann 138 und dieser daher seine Schutzwürdigkeit verliert.

c) Verwendung nur als „letztes Mittel“ Schließlich hat der TS verschiedentlich betont, dass ein Durchgriff nur ausnahmsweise in Frage komme.139

5. Fazit Nach alledem lässt sich feststellen, dass im spanischen Recht die Missbrauchsabsicht das für die Anwendung des Durchgriffs maßgebliche Kriterium ist,140 was sich sicherlich auch damit erklären lässt, dass die Rezeption der Durchgriffsdogmatik in Spanien mit der Übersetzung des Werkes von Serick begann, der auch für das deutsche Recht die Anwendung eines subjektiv zu bestimmenden Missbrauchsurteils als Voraussetzung des Durchgriffs befürwortete. Andere Kriterien mögen die Feststellung, dass eine Missbrauchsabsicht vorliegt, stützen,

134 SSTS 6 de noviembre de 1993 (RJ 1993, 9100); 23 de noviembre 1993 (RJ 1993, 9100). 135 STS 12 de junio de 1995 (RJ 1995, 4739); vgl. auch STS 5 de febrero de 1996 (RJ 1996, 1341) und STS 12 de febrero de 1999 (RJ 1999, 654); entsprechend Pablo Girgado Perandones, Revista de Derecho Mercantil 2003, p. 75, 137 ss. 136 Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 50. 137 Ausdrücklich STS 30 de enero de 1997 (RJ 1997, 151); ähnlich STS 3 de marzo de 1981 (RJ 1981, 1550). 138 STS 6 de noviembre de 1995. 139 Pablo Girgado Perandones, Revista de Derecho Mercantil 2003, p. 75, 116, 118. 140 Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 51.

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sind aber für sich weder notwendig noch hinreichend, um einen Durchgriff zu ermöglichen. Kritischer Punkt dieser Ansicht ist – wie auch der TS anerkannt hat – die Beweisproblematik.141 Die Missbrauchsabsicht kann selten eindeutig festgestellt werden, vielmehr muss auf deren Vorliegen anhand objektiver Hinweise bzw. Indizien geschlossen werden. So können eine völlige Inaktivität der Gesellschaft, die vollständige Kontrolle durch einen oder mehrere Gesellschafter, die unterschiedslose Verwendung von Firma und eigenem Namen durch einen Gesellschafter, eine fehlerhafte Buchführung oder deren vollständiges Fehlen, unbegründete Transaktionen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, etc. einzeln oder insbesondere in Kombination die Vermutung nahe legen, dass eine subjektive Missbrauchsabsicht vorgelegen haben muss und damit einen Durchgriff rechtfertigen. Zwar hat sich anhand der Rechtssprechung des TS eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, doch bleibt die Feststellung der Missbrauchsabsicht stets Aufgabe des Richters im konkreten Fall. Für die Durchgriffshaftung in Konzernen (grupos de sociedades) hat sich eine gewisse Linie in der Rechtsprechung herausgebildet. Demnach ist es nicht ausreichend, dass zwei oder mehr Unternehmen einer Gruppe angehören, um eine gesamtschuldnerische Haftung oder die Haftung der Obergesellschaft zu begründen, wenn nicht eines der folgenden Merkmale vorliegt: 142 – die gemeinsame Erbringung einer Leistung, auch sukzessiv, wobei die Gruppe einheitlich nach außen auftritt und den Anschein einer einheitlichen Leitung und Weisung hervorruft, – die Vermischung von Vermögen, wobei nicht notwendigerweise nur „eine Kasse“ vorhanden sein muss; vielmehr genügt jede Vermischung von Vermögensbestandteilen oder die Inanspruchnahme von Arbeitnehmern. – das gemeinsame einheitliche Auftreten nach außen. – die Gründung von Scheingesellschaften ohne reelles Substrat (sin sustrato real), z. B. bei der Arbeitnehmerüberlassung, bei Fehlen von eigentlichen Unternehmensleitungen bzw. -verwaltungen etc. Allein die Tatsache, dass die verschiedenen Gesellschaften die gleichen Gesellschafter aufweisen oder dass dieselben Geschäftsführer verschiedene Gesellschaften leiten, genügt dagegen nicht, um die Durchgriffshaftung zu begründen. Algún ejemplo: Sentencia del Tribunal Supremo de 12 de junio de 1995; declara el levan-

141 Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 51. 142 Sempere Navarro, A.V., Areta Martínez, M., El Derecho de trabajo y los grupos de empresas: inventario, en Revista del Ministerio de trabajo y asuntos sociales, núm. 48, 2004; Sentencias del TS de 29 de octubre de 1997, de 26 de enero de 1998, de 26 de septiembre de 2001, de 4 de abril de 2002, de 4 de marzo de 1985, 11 de diciembre de 1985 etc.

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tamiento del velo cuando no existe una „disociación típica entre propiedad y control directivo de la gestión social“, utilizando aquéllos en su actuación las ventajas que les confiere la ley para perjudicar legítimos derechos de terceros, los que confiados en una aparente solvencia, les hacen entrega de los productos que fabrican y cuando consideran oportuno, después de obtener créditos muy superiores a la solvencia de la compañía, disuelven ésta, con el claro designio de defraudar a sus acreedores. 6. Vergleich zum deutschen Recht Anders als der spanische TS geht die deutsche Rechtsprechung wie auch die herrschende Lehre von einem objektiven System aus, bei welchem die Trennung von juristischer Person und dahinter stehenden natürlichen Personen im Wege der teleologischen Reduktion dann aufgehoben werden, wenn das Verhalten der Gesellschafter mit dem Zweck des Trennungsprinzips, unternehmerisches Handeln durch das Haftungsprivileg zu fördern, nicht mehr im Einklang steht (Normzwecktheorie). Die Durchgriffsdogmatik des spanischen TS unterscheidet sich damit in ihren vor allem subjektiven Voraussetzungen deutlich, in den Rechtsfolgen jedoch kaum, da auch im spanischen Recht eine teleologische Reduktion der im konkreten Fall einschlägigen Vorschriften erfolgt.143 Doch auch auf Tatbestandsseite ist die Diskrepanz zwischen der spanischen subjektiven Missbrauchslehre und deutscher Normzwecklehre geringer, als es zunächst den Anschein hat. Denn die Feststellung der Missbrauchsabsicht erfolgt mittels objektiver Kriterien. Entsprechend wird man beim Vorliegen der bekannten Fallgruppen – die auch in der spanischen Literatur immer wieder zitiert werden 144 – in vielen Fällen auf die nach dem TS notwendige Missbrauchsabsicht schließen können. Die spanische Dogmatik kommt damit im Ergebnis der auch in Deutschland einst vertretenen objektiven Missbrauchslehre recht nahe.

V. England 1. Der Haftungsdurchgriff im englischen case law Der im englischen Gesellschaftsrecht verwendete Begriff lifting of the veil wurde aus den USA übernommen.145 Beim lifting of the veil wird der Grundsatz der Haftungstrennung, wonach die eigene und gesonderte rechtliche Persönlich143 Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 33 s. 144 José Miguel Embid Irujo, Revista de Derecho de Sociedades 1999, p. 363, 365; Carmen Boldó Roda, op.cit., p. 25, 35. 145 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 7. Aufl. 2003, 176f.

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keit der Gesellschaft einem Durchgriff auf die Gesellschafter entgegensteht, durchbrochen. In den Fällen des lifting of the veil wird – bildlich gesprochen – der zwischen den Außenstehenden und den Gesellschaftern bestehende Schleier der juristischen Person der Gesellschaft gehoben, der die Rechts- und Haftungsverantwortung beider Personen trennt. Die Entwicklung dieses Rechtsinstituts zeigt besonders anschaulich die Veränderungen in der wirtschafts- und rechtspolitischen Betrachtungsweise von Gesellschaften und Unternehmen: Im manchester-liberalen Frühkapitalismus wurde die Gesellschaft als ein wirtschaftliches Instrument des Unternehmers angesehen, um sich in Fragen der Haftung und der Verantwortlichkeit zu privilegieren.146 Diese Betrachtungsweise spricht aus der cause celèbre des englischen Gesellschaftsrecht, der „Jahrhundertentscheidung“ des House of Lords in der Sache Salomon v. A. Salomon & Co. Ltd.147 aus dem Jahre 1897. Obwohl bereits mehr als zwei Jahrhunderte zuvor in der Entscheidung Edmunds v. Brown and Tillard 148 entschieden worden war, dass es dem Kläger verwehrt sei, die Gesellschafter wegen Schulden der Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, weil Schulden der Gesellschaft nicht solche der Gesellschafter seien, stellt die Entscheidung Salomon v. A. Salomon & Co. Ltd. den Ausgangspunkt aller gesellschaftsrechtlichen Diskussionen um eine Durchgriffshaftung im englischen Recht dar. In dem Fall ging es um einen Schuhfabrikanten, der sein einzelkaufmännisches Unternehmen in eine von ihm und sechs weiteren Familienmitgliedern gegründete Kapitalgesellschaft eingebracht hatte. Bei Gründung der Kapitalgesellschaft hatte jedoch jeder der Gründer nur einen Anteil von einem Pfund übernommen, während das von Salomon eingebrachte Schuhmachergeschäft einen Wert von 39.000 Pfund hatte. Als die neu gegründete Gesellschaft binnen Jahresfrist Konkurs anmelden musste, klagten die ungesicherten Gesellschaftsgläubiger gegen Salomon auf Schadensersatz. Das House of Lords lehnte in diesem Fall jedoch eine persönliche Haftung des herrschenden Gesellschafters ab und betonte die Selbstständigkeit der juristischen Person.149 In der Folge dieser Entscheidung wurde unter haftungsrechtlichem Blickwinkel jeder Gesellschafter, auch derjenige, der die Gesellschaft kontrolliert, getrennt von der juristischen Person der Gesellschaft betrachtet. Dieser formaljuristische Ansatz wurde und wird seit jeher verstanden als Ausdruck einer ausgeprägt wirtschaftsliberalen Denkweise.150 146 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 177. 147 [1897] AC 22; eine ausführliche Würdigung anlässlich des hundertjährigen Geburtstages der Entscheidung findet sich bei Sealy, Company and Securities L.J. 16 (1998) 176. 148 [1668] 1 Lev. 237. 149 [1897] AC 22, 31: „Either the limited company was a legal entity or it was not. If it was the business belonged to it and not to Mr. Salomon“. 150 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 179.

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Später wurde die unternehmenstragende Gesellschaft dann jedoch zunehmend als Instrument wirtschaftlicher Tätigkeit verstanden, wobei diese Tätigkeit wegen ihrer Einbindung in die Sozialordnung rechts- und sozialpolitischen Beschränkungen unterworfen wurde. Dementsprechend wird ein Durchgriff ausnahmsweise dann für zulässig erachtet, wenn keinerlei Tatsachen zu erkennen sind, die den Schutz der eigenen Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft rechtfertigen.151 Aufgrund des höchstrichterlich festgeschriebenen Trennungsprinzips blieb jedoch für eine Durchgriffshaftung von vorneherein wenig Entwicklungsspielraum. Im Laufe der Zeit fehlte es indessen nicht an Versuchen, das vom House of Lords in der Entscheidung Salomon v. A. Salomon & Co. Ltd. statuierte Durchgriffsverbot wenigstens in Teilbereichen zu durchbrechen. Letztlich wird man die gesamte Rechtsprechung zur Problematik der Durchgriffshaftung als eine – bis heute mit unverminderter Intensität geführte – Auseinandersetzung mit Salomon zu deuten haben. Bei der Durchgriffshaftung handelt es sich daher um eine immer noch aktuelle Problematik.152 In der englischen Rechtsprechung und Literatur werden überwiegend die im Folgenden dargestellten Durchgriffstatbestände unterschieden.153 Dabei wird allerdings eine Zuordnung der Durchgriffskonstellationen zu den genannten Oberbegriffen nur selten vollzogen: Eine systematische Klassifikation der möglichen Tatbestände hat sich im englischen Recht noch nicht etabliert.154

2. Fallgruppen des lifting of the veil a) Wirtschaftliche Einheit Unter dem Tatbestand der wirtschaftlichen Einheit, die man im Anschluss an die Begriffsbildung in der Entscheidung Adams v. Cape Industries Plc.155 als single economic unit oder auch enterprise entity bezeichnet, werden vor allem Konzernstrukturen erfasst, d. h. Konstellationen, in denen eine Muttergesellschaft alle oder die Mehrheit der Anteile der Tochtergesellschaft oder -gesellschaften hält und diese mithin beherrscht. Es geht hierbei um die Frage, ob mehrere zu einem Unternehmen gehörende Gesellschaften als jeweils eigene Gesellschaften mit der Folge der Unzulässigkeit des Durchgriffs auf weitere Gesell-

151 Schmitthoff, Salomon in the Shadow, Journal Business Law 1976, 88, 94. 152 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 178. 153 Die folgende Darstellung folgt der von Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 181ff. 154 Näher Bourne, Principles of Company Law, 13 f. 155 [1990] Ch. 433.

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schaften anzusehen sind, oder ob sie als eine wirtschaftliche Einheit mit der Folge der Zulässigkeit des Durchgriffs anzusehen sind. Die Gerichte hatten zunächst Fälle zu entscheiden, in denen es um die Auslegung von gesetzlichen Vorschriften, Verträgen oder anderen Dokumenten ging und in denen die Richter auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Konzernen abstellen konnten.156 Maßgeblich geprägt wurde die Entwicklung in dieser Fallgruppe durch zwei Urteile des Court of Appeal aus der Feder von Lord Denning. So bejahte der Court of Appeal im Fall Littlewoods Mail Order Stores Ltd. v. Inland Revenue Commissioners 157 einen Zurechnungsdurchgriff allein wegen der vorhandenen Konzernstruktur. Lord Denning begründete dies damit, dass die Gesetzgebung insbesondere im Bereich Buchführung und Bilanzen von dem Bestreben geprägt sei, die rechtliche Selbständigkeit einer einzelnen unternehmenstragenden Gesellschaft zur Seite zu schieben und die Rechts- und Tatsachenverhältnisse aller Gesellschaften als Einheit zu beurteilen. Dieser sehr weitgehende Ansatz fand 1976 Bestätigung in der Entscheidung D.H.N. Food Distributors Ltd. v. Tower Hamlets London Borough Council.158 Maßgeblich aufgrund des Merkmals der unternehmerischen Einheit wurde auch hier die rechtliche Selbständigkeit von Konzernunternehmen verneint. Die Zulassung eines Durchgriffs stieß in beiden Fällen auf heftige Kritik: Bereits im Jahre 1975 trat in der Literatur Roskill dem Außerachtlassen der rechtlichen Selbstständigkeit von Konzernunternehmen mit Nachdruck entgegen: „[E]ach company in a group of companies […] is a separate legal entity possessed of separate legal rights and liabilities.“ 159 So konnten sich dann auch die Vorschläge von Lord Dennings in der Rechtsprechung nicht durchsetzen. Die Annahme einer Durchgriffshaftung unter dem Aspekt der single economic unit wurde auch in weiteren Entscheidungen abgelehnt. Besonders eindrücklich fiel die Ablehnung des Tatbestandes durch Lordrichter Golff in der Entscheidung Bank of Tokyo Ltd. v. Karoon aus. Dort heißt es: „But we are concerned not with economics but with law.“ 160 Auch in der viel beachteten Entscheidung Ord v. Belhaven Pubs 161 aus dem Jahre 1998 gelangte der Court of Appeal zu einer grundlegenden Ablehnung der Fallgruppe der single economic unit. Die Bejahung einer Durchgriffshaftung nur aufgrund des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit sei mit dem Grundsatz der selbständigen Rechtsfähigkeit juristischer Personen nicht zu vereinbaren. Das Gericht bestätigte hierbei ausdrücklich die Leitgedanken der Salomon-Entscheidung. Nach

156 157 158 159 160 161

Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 181ff. [1969] 1 W.L.R. 1241. [1976] 1 W.L.R. 852. The Albazero (1975) 3 W.L.R. 491 at 521. [1987] 1 A.C. 45 at 64. [1998] 2 BCLC 447 ff.

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anfänglichen anders lautenden Ansätzen – insbesondere von Schmitthoff 162 – lehnt heute auch die überwiegende Meinung in der Literatur einen Durchgriffstatbestand der single economic unit ab.163

b) Vermögensverschiebung Besonders in den letzten Jahrzehnten rückte der Fall der Vermögensverschiebung (asset stripping) in den Mittelpunkt der englischen Rechtsprechung zum lifting of the veil.164 Unter den Begriff des asset stripping fasst man Fälle, in denen es zwischen (Allein-)Gesellschafter und Gesellschaft zu Transaktionen kommt, bei denen wesentliche Teile des Vermögens von der einen auf die andere Seite übertragen werden, regelmäßig vom Gesellschafter auf die oft eigens zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft. Neben dem objektiven Kriterium der Vermögensverschiebung setzt der Tatbestand des asset stripping weiter voraus, dass mit dieser Transaktion bezweckt wird, der Erfüllung von Verbindlichkeiten (evasion) zu entgehen. Es geht also um Gläubigerbenachteiligung. Deshalb spricht man verbreitet von der Fallgruppe der Vertragsumgehung. Anerkannt wurde die Vermögensverschiebung als Durchgriffstatbestand in der englischen Rechtsprechung erstmalig im Jahre 1962 mit der Entscheidung Jones v. Lipman 165. In diesem Fall hatte der Beklagte, nachdem er an den Kläger ein Grundstück verkauft hatte, dieses Grundstück in eine eigens dafür gegründete rechtsfähige Gesellschaft eingebracht, deren Mehrheitsgesellschafter er war. Der Kläger forderte daraufhin von der neu gegründeten Gesellschaft und von dem Beklagten persönlich die Übereignung des Grundstücks. Der High Court gab beiden Klagen statt und stützte sich dabei insbesondere auf den Umstand, dass die Gesellschaft erst nach Abschluss des Vertrages mit Jones gegründet worden war und die Übereignung einzig zu dem Zweck vorgenommen worden sei, Jones zu schädigen. Auch wies das Gericht auf den Umstand hin, dass der Beklagte als Mehrheitsgesellschafter Einfluss auf die Gesellschaft nehmen konnte. Ausdrücklich bestätigt wurde diese Entscheidung im Jahre 1993 in der Sache Creasy v. Breachwood Motors Ltd.166. Hier kam es jedoch – anders als im JonesFall – zur Übertragung des gesamten Vermögens der zunächst beklagten Gesell-

162 163 164 165 166

Schmitthoff, Salomon in the Shadow, J. Bus.L. (1976) 305. Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 184f. Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 188. [1962] 1 W.L.R. 832. [1993] BCLC 480.

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schaft auf eine andere Gesellschaft. Die Gesellschafter beider Gesellschaften waren personenidentisch. Da die Vermögensverschiebung zwischen den beiden Gesellschaften zum Nachteil von Creasy initiiert worden war, wurde der Klage unter Bezugnahme auf die Entscheidung Jones v. Lipman stattgegeben. In der Entscheidung des High Court in Yukong Line Ltd. of Korea v. Rendsburg Investments Corporation of Liberia (No. 2) 167 von 1998 wurde diese Fallgruppe konkretisiert und dahingehend erweitert, dass jede Übertragung von substantiellen Vermögensbestandteilen („general transfer of rights and liabilities“) den Tatbestand des asset stripping erfülle. Diese Rechtsprechung zum Durchgriffstatbestand der Vermögensverschiebung wurde vom Court of Appeal in der Entscheidung Ord v. Belhaven Pubs 168 bestätigt. Dabei machten die Richter deutlich, dass neben die objektive Vermögensverschiebung ein – in casu fehlendes – subjektives Element der „evidence of improper motive“ treten müsse. Eine genauere Bestimmung dieser zusätzlichen Voraussetzung erfolgte nicht, jedoch kann diese nur in der absichtlichen Gläubigerbenachteiligung durch die Vermögensverschiebung gesehen werden. Der Entscheidung ist auch zu entnehmen, dass der Gründungszeitpunkt der Gesellschaft, auf welche die Vermögenswerte übertragen wurden, nicht von Bedeutung ist. In der Literatur ist die Verschiebung von wesentlichen Vermögensbestandteilen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft bzw. zwischen zwei von einer Gesellschaft beherrschten Gesellschaften als notwendige Voraussetzung des asset stripping anerkannt. Diskutiert wird insoweit aktuell noch die Frage, ob die mit der Durchgriffshaftung geltend gemachten Ansprüche schon vor dem Zeitpunkt der Vermögensverschiebung entstanden sein müssen oder ob ein lifting of the veil auch dann stattzufinden hat, wenn die Ansprüche erst nach dem Transfer begründet wurden.169 Hinsichtlich dieser Frage herrscht mittlerweile die Überzeugung vor, dass nur bei einem asset stripping nach Begründung der relevanten Ansprüche der Tatbestand der Vermögensverschiebung bejaht werden kann.

c) Institutsmissbrauch Der Tatbestand des Institutsmissbrauchs zeichnet sich in stärkerem Maße als die bisher betrachteten Konstellationen durch Unbestimmtheit und Weite aus. In der englischen Rechtsprechung und -lehre wird zur inhaltlichen Konkretisierung dieses Durchgriffstatbestandes einzig auf das Kriterium des fraud verwiesen. Damit wird der Durchgriffstatbestand des Institutsmissbrauchs jedenfalls praktisch zum Auffangtatbestand. 167 [1998] 1 W.L.R. 294. 168 [1998] 2 BCLC 447. 169 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 188f.

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Der Begriff des „fraud“, üblicherweise mit Betrug, Täuschung oder absichtliche Irreführung übersetzt, beschreibt das Wesen des Tatbestandsmerkmals jedoch nur unvollständig. Im Kern geht es in dieser Fallgruppe um den Missbrauch der legal person. Die notwendige Täuschung und Irreführung bezieht sich somit auf den Gebrauch der juristischen Person selbst. Nachdem sich der in der Entscheidung Adams v. Cape Industries Plc.170 gebrauchte Begriff façade (Fassade) bzw. sham durchgesetzt hatte,171 wurde ein lifting of the veil auf solche Konstellationen beschränkt, in denen die selbständige Rechtsfähigkeit der juristischen Person eine bloße Fassade darstellt, durch welche die Gesellschafter die tatsächlichen Begebenheiten zu verschleiern suchen. Zentraler Aspekt des derart formulierten Durchgriffstatbestandes ist mithin die Täuschung unter Verwendung der juristischen Person. Das Gericht betonte in der genannten Entscheidung jedoch ausdrücklich, dass daneben auch das Motiv des Täuschenden, der hinter der juristischen Person steht, von großer Bedeutung ist.172 Allerdings wurde in der Entscheidung weder das Ziel der Täuschung und ihre Adressaten näher bestimmt noch deren erforderlicher Inhalt und Umfang genauer konkretisiert. Zu einer wesentlichen Präzisierung des Tatbestandes kam es jedoch später durch die Gleichsetzung des Tatbestandselements der façade mit dem fraud-Erfordernis. Unter fraud ist nach der Rechtsprechung ein Betrug im strafrechtlichen Sinne zu verstehen. Da der Tatbestand des Betruges im englischen Strafrecht durch eine umfangreiche und weit zurückreichende Rechtsprechung bestimmt ist, führte dieser Verweis zu einem ebenso konkretisierten Durchgriffstatbestand. Besonders in Konstellationen der Steuerhinterziehung (tax evasion) wurde daher in der Rechtsprechung wiederholt ein Durchgriff auf den Gesellschafter der hinterziehenden Gesellschaft angenommen.173 Nach dieser Phase der Konkretisierung durch die Bezugnahme auf das Merkmal des fraud wurde der Durchgriffstatbestand in den letzten Jahren allerdings erneut ausgeweitet. In jüngerer Zeit stellte man wiederholt darauf ab, ob die juristische Person allgemein als „vehicle for fraud“ benutzt wurde.174 Diese Rechtsprechung nahm von der klaren Bezugnahme auf das Strafrecht Abstand, legt aber möglicherweise eine begriffliche Nähe zu der gesetzlichen Regelung des fraudulent trading nahe.175 Diese Vermutung wurde in der Rechtsprechung indes bislang noch nicht bestätigt. 170 [1990] Ch. 433. 171 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 185; andere Ausdrücke sind „device“, „creature“, „stratagem“, „mask“, „puppet“ und „a little hut“, siehe Re Bugle Press [1961] Ch. 270 at 288, CA. 172 [1990] Ch. 433 at 542. 173 Regina v. Allen (1999) T.L.R., 13. 10. 1999; Re H and others [1996] 2 All E.R. 401. 174 Trustor AB v. Smallbone (No. 2) [2001] All E.R. (D) 206. 175 S. 213 Insolvency Act 1986.

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Damit gewinnt der Tatbestand der Durchgriffshaftung in der Variante des Institutsmissbrauchs wieder seine ursprüngliche Funktion als Auffangtatbestand zurück. Als gesichert gelten kann daher lediglich, dass eine im Sinne des Strafrechts relevante betrügerische Instrumentalisierung der legal person die Voraussetzung dieses Durchgriffstatbestandes auf jeden Fall erfüllt. Ungeachtet der tatbestandlichen Weite des Durchgriffstatbestandes des Institutsmissbrauchs hält auch die überwiegende Rechtslehre an der Notwendigkeit einer solchen Fallgruppe fest.176

d) Vermögensvermischung Die Suche in der Rechtsprechung nach Merkmalen eines Tatbestandes der Vermögensverschiebung ist wenig ergiebig. Von Bedeutung ist hier allein das Votum Lord Dennings in der Entscheidung Wallersteiner v. Moir 177 aus dem Jahre 1974. In dieser Entscheidung warf Lord Denning im Rahmen einer Verleumdungsklage die Frage auf, ob der Gesellschafter und Geschäftsführer Wallersteiner neben der Gesellschaft für deren Verbindlichkeiten haften könne. Hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen einer Durchgriffshaftung stellte er vor allem auf die mangelnde Abgrenzung zwischen dem Vermögen der Gesellschaft und dem Vermögen Wallersteiners ab: „He used their money as if they were his own“ 178. In diesem Zusammenhang kritisiert er auch die nur ungenügende Buchführung.179 Allerdings folgten die anderen Richter des Court of Appeal seiner Argumentation nicht, und eine Haftung des Gesellschafters Wallersteiner für Verbindlichkeiten der Gesellschaft wurde abgelehnt. Das abweichende Votum Lord Dennings fand in der weiteren Rechtsprechung kaum Resonanz, und erst im Fall Atlas Maritime Co. SA v. Avalon Maritime Ltd., the Coral Rose (No. 3) aus dem Jahre 1991 kam es erneut zu einer Auseinandersetzung mit dem Durchgriffstatbestand der Vermögensvermischung. Auch hier wurde eine Durchgriffshaftung jedoch abgelehnt. Über allgemeine Aussagen zum Fehlen einer Vermögenstrennung hinaus wurden in dieser Entscheidung aber keine konkreteren Tatbestandsmerkmale der Vermögensvermischung genannt. Auch im Fall Re Bank of Credit and Commerce International SA (No 3) 180 wurde lediglich beiläufig erörtert, ob eine unzureichende Trennung von Vermögensmassen eine gemeinschaftliche Haftung begründen könne.

176 Farrar/Hannigan/Fuery/Wylie, Company Law, 4. Aufl. 1998, 72; Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 185 f. 177 [1974] 1 W.L.R. 991. 178 [1974] 1 W.L.R. 991 at 1013. 179 [1974] 1 W.L.R. 991 at 1013. 180 [1993] BCLC 1490.

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In der Entscheidung Gencor ACP Ltd. v. Dalby 181 aus dem Jahre 2000 wurde dann jedoch eine Durchgriffshaftung unter Bezugnahme auf die Fallgestaltung der Vermögensvermischung bejaht. Dies wurde damit begründet, dass das Vermögen der Gesellschaft nur schwer von dem des geschäftsführenden Gesellschafters zu trennen sei. Der Schwerpunkt der Argumentation lag hierbei allerdings nicht auf einer Vermischung der Vermögensmassen, sondern auf der nur mangelhaften Differenzierung der Sphären von Gesellschafter und Gesellschaft. Im Gegensatz zur Rechtsprechung hat sich die Literatur nicht mit einem möglichen Durchgriffstatbestand der Vermögensvermischung auseinandergesetzt. Mit Ausnahme der Wallersteiner-Entscheidung werden auch die oben dargestellten Fälle in der Literatur nicht erwähnt. Die Besprechungen des Falles Wallersteiner v. Moir gehen auf die Besonderheiten der Vermögensvermischung nicht ein.

e) Unterkapitalisierung Eine persönliche Haftung der Gesellschafter wird sodann für den Fall der materiellen Unterkapitalisierung lediglich in der englischen Rechtslehre in Erwägung gezogen. Vor allem im Hinblick auf hundertprozentige Tochtergesellschaften wurde – Vorbildern in der US-amerikanischen Rechtsprechung folgend – wiederholt ein lifting of the veil befürwortet,182 freilich ohne nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Tatbestand der Unterkapitalisierung. Allgemein wird ohne weitere Erläuterung auf das Merkmal der undercapitalisation abgestellt.183 Die Haltung der Spruchpraxis gegenüber einem haftungsrechtlichen Durchgriff bei unterkapitalisierten Gesellschaften muss als sehr zurückhaltend bezeichnet werden. Der Umstand, dass eine Gesellschaft die von ihr verfolgten Zwecke mit dem ihr zur Verfügung gestellten Kapital nur sehr schwer erreichen kann, führte nicht zu einer Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung.184 So haben die Gerichte eine persönliche Haftung der Gesellschafter selbst bei hoffnungslos unterkapitalisierten Gesellschaften abgelehnt. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung in der Sache Atlas Maritime Co. SA v. Avalon Maritime Ltd., The Coral Rose (No. 3) 185: Obwohl die Gesellschaft von ihrem

181 [2000] BCLC 734. 182 Bereits Kahn-Freund, Mod. Law Rev. 7 (1944) 56. 183 Forde, Company Law, 3. Aufl. 1999, 78; Prentice, A Survey of the Law Relating to Corporate Groups in the United Kingdom, in: Wymeersch (Hrsg.), Groups of Companies in the EEC, 1993, 279, 309. 184 Exemplarisch Re F.G. (Films) Ltd. [1953] 1 All E.R. 615ff. 185 [1991] 4 All E.R. 783 ff.

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Alleingesellschafter völlig unzureichend mit Eigenkapital ausgestattet worden war, wurde eine Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung abgelehnt.

3. Regelungen der Durchgriffshaftung im statute law Obgleich die wesentliche Auseinandersetzung mit der Problematik der Durchgriffshaftung in England im case law stattfindet, sind – gerade auch in der letzten Zeit – immer wieder Anläufe unternommen worden, eine Durchgriffshaftung gesetzlich zu kodifizieren.

a) Section 24 Companies Act 1985 als Fall der gesetzlichen Durchgriffshaftung Nach Section 24 Companies Act 1985 haftet ein Alleingesellschafter einer public oder unlimited company für deren Verbindlichkeiten „jointly and severally“ (gesamtschuldnerisch), falls die Gesellschaft seit mehr als sechs Monaten mit weniger als zwei Mitgliedern geführt wird. Die Haftung gilt jedoch lediglich für Verbindlichkeiten, die nach der sechsmonatigen Frist begründet wurden. Vertragliche Schadensersatzansprüche oder deliktische Ansprüche werden von der Norm nicht erfasst. Section 24 Companies Act 1985 dient allein dem Schutz der gesetzlichen Mindestmitgliederzahl der Gesellschaften. Da sie leicht durch Einschaltung eines Treuhänders umgangen werden kann, ist die Norm praktisch kaum von Bedeutung. Nach Einführung der Ein-Personen-Kapitalgesellschaft in das Gesellschaftsrecht im Zuge der EG-Rechtsvereinheitlichung ist der Vorschrift zudem ein ganz erheblicher Anwendungsbereich entzogen worden.186

b) Normen des Steuerrechts Als Beispiel für eine gesetzliche Kodifikation des lifting of the veil wird häufig auf Normen des tax law (Steuerrechts) verwiesen. So müssen über eine Mehrheitsbeteiligung verbundene parent und subsidary companies gem. Section 277 Companies Act 1985 ein gemeinsames group account aufstellen, welches aus konsolidierten Bilanzen und konsolidierten Gewinn- und Verlustrechnungen beider Gesellschaften besteht. Steuerrechtlich werden somit eigenständige Gesellschaften zusammengefasst und als Einheit behandelt. Weiter gewährt das englische Steuerrecht im Rahmen von qualifizierten Beteiligungsverhältnissen einen sog. group relief. Dadurch kann der zu versteuernde Gewinn einer Gesellschaft durch

186 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 191.

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Anrechnung der Verluste einer anderen Gesellschaft verringert und die Steuerlast entsprechend gemindert werden (Section 402 Income and Corporation Taxes Act 1988). Bei den hier genannten Fällen handelt es sich jedoch um solche des Zurechnungs- und nicht des Haftungsdurchgriffs.

c) Fraudulent und wrongful trading Außerdem sind auch die Regelungen betreffend fraudulent und wrongful trading (Section 213, 214 Insolvency Act 1986) als Musterfälle des gesetzlichen lifting of the veil anzusehen.187 Obwohl eine Insolvenzantragspflicht nach kontinentaleuropäischem Muster dem englischen Recht fremd ist, enthält das englische Gesellschaftsrecht seit dem Companies Act 1929 zivil- und strafrechtliche Bestimmungen, die sich der betrügerischen und rechtswidrigen Geschäftsfortführung in der Unternehmenskrise annehmen. Führen die Geschäftsleiter (directors) die Geschäfte fort und nehmen sie weitere Schulden auf, obwohl sie wissen, dass die Gesellschaft zur Zahlung der Schulden nicht in der Lage sein wird, stellt dies nach englischer Auffassung eine unerlaubte Handlung dar. Es handelt sich um einen Betrug (fraud) und damit um einen tort of deceit. Dieser tort hat mit dem Haftungstatbestand des fraudulent trading eine spezielle gesetzliche Regelung erfahren, die seit 1928 im Companies Act verankert war und inzwischen in Section 213 Insolvency Act 1986 zu finden ist. Sie greift jedoch nur ein, wenn die Geschäfte der Gesellschaft mit der Absicht, Gläubiger der Gesellschaft oder Gläubiger einer anderen Person zu täuschen, oder zu einem anderen betrügerischen Zweck fortgeführt werden.188 Große praktische Bedeutung hat der Tatbestand deshalb nicht erlangt: Die Schwachstelle der Rechtsfigur des fraudulent trading liegt seit jeher in den strengen subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen, die den Nachweis einer Betrugsabsicht gegenüber Gesellschaftsgläubigern oder sonstigen Dritten verlangen.189 Vor einem solchen Unwerturteil scheuen die Gerichte häufig zurück. Vielmehr stellen sie hohe Anforderungen an den entsprechenden Nachweis und billigen den Geschäftsführungsorganen in aller Regel die Hoffnung auf einen günstigen Ausgang zu, wofür sich in der Spruchpraxis die anschauliche Bezeichnung sunshine-doctrine eingebürgert hat: Eine Betrugsabsicht scheidet danach aus, wenn die Direktoren ungeachtet aller finanziellen Schwierigkeiten glaubten, „die Wolken verschwänden und die Sonne komme wieder zum Vorschein“.190 187 Pennington, Company Law, 7. Aufl. 1995, 51f.; Forde, Company Law, 3. Aufl. 1999, 77; Farrar/Hannigan/Fuery/Wylie, Company Law, 4. Aufl. 1998, 76; Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 193. 188 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 194ff. 189 Re Patrick Lyon Ltd. [1933] Ch. 786, 790. 190 R. v. Grantham [1984] 2 All E.R. 166, 170.

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Diese eng begrenzte Haftung wurde zunehmend als unzulänglich empfunden. Schon das Jenkins Committee empfahl 1962 die Einführung einer neuen Vorschrift, die eine Haftung der Leitungsorgane bereits bei grober Fahrlässigkeit (recklessness) vorsehen sollte.191 Das mit der Überarbeitung des englischen Insolvenzrechts beauftragte Cork Committee schlug dann im Jahre 1982 vor, die bestehende Haftung auszuweiten und einen von ihm erarbeiteten neuen Haftungstatbestand des wrongful trading einzuführen. Dabei sprach es sich gegenüber den Empfehlungen des Jenkins Committee für eine noch weiterreichende Absenkung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen aus.192 Der vom Gesetzgeber übernommene Tatbestand des wrongful trading findet sich seitdem in Section 214 Insolvency Act 1986. Danach kann das Gericht die persönliche Haftung des directors und des shadow directors für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft anordnen, falls von diesen Personen Geschäfte der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt weitergeführt wurden, in dem sie wussten oder hätten wissen müssen, dass die später eingetretene Insolvenz der Gesellschaft nicht zu vermeiden sein würde. Das Gericht kann von einer Haftung jedoch dann absehen, wenn nachgewiesen wird, dass alle möglichen Maßnahmen ergriffen wurden, um die Nachteile der Gläubiger zu minimieren, siehe Sec. 214 (3) Insolvency Act 1986. Hervorzuheben sind in Bezug auf den neuen Tatbestand insbesondere zwei Merkmale: Zum einen die Erweiterung des Kreises der Normadressaten, zum anderen die im Vergleich zum Tatbestand des fraudulent trading erheblich geringeren Anforderungen an den subjektiven Tatbestand. Gemäß Section 214 (7) Insolvency Act 986 haftet nicht nur der director, also der Geschäftsleiter, im Falle des wrongful trading, sondern auch der shadow director. Ein shadow director ist nach der Legaldefinition in Section 251 Insolvency Act 1986 jede Person, „in accordance with whose directions or instructions the directors of the company are accustomed to act“. Gleichlautende Definitionen finden sich in Section 714 (2) Companies Act 1985 sowie in Sec. 22 (5) des Companies Directors Disqualification Act 1986. Hierdurch wird es möglich, die Haftungsinstrumente hinsichtlich der Geschäftsführung auch auf Hintermänner zu erstrecken, die zwar nicht wie ein faktischer Geschäftsleiter (de facto director) nach außen in Erscheinung treten, jedoch intern Einfluss nehmen. Nach Ansicht des Court of Appeal reichen hierfür auch subtilere Formen der Einflussnahme, einer ausdrücklichen oder auch nur konkludenten Weisung bedarf es nicht. Selbst bloße Beratung (ausgenommen sind aber professionelle Beratungen), der üblicherweise Folge geleistet wird, genügt, wie sich aus der Entscheidung in der Sache Secretary of State for Trade and Industry v. Deverell 193 ergibt: Entschei191 Report of the Company law Committee, 1962, Cmnd 1749, § 503 (b). 192 Insolvency Law Review Committee, Insolvency Law and Practice, 1982, Cmnd 8558, §§ 1776ff. 193 [2001] Ch.D. 340, 354 f.

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dend ist, dass jemand wirklichen Einfluss (real influence) auf die Geschäftsführung ausübt. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass nach allgemeiner Auffassung auch eine Muttergesellschaft als „Schattendirektorin“ angesehen werden kann, weshalb sich die Haftung im Ergebnis als allgemeiner Konzernhaftungstatbestand erweist. Die Voraussetzungen hierzu sind bislang allerdings nicht genau geklärt. Systematisch lassen sich jedoch drei verschiedene Gruppen von „Schattendirektoren“ unterscheiden, nämlich Banken, professionelle Berater und Mutterunternehmen.194 Auf der subjektiven Tatbestandsebene setzt Section 214 Insolvency Act 1986 voraus, dass director oder shadow director die Unvermeidbarkeit der Insolvenz vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können. Die nähere inhaltliche Ausgestaltung dieses Tatbestandsmerkmals bleibt den Gerichten überlassen. Geregelt ist in Section 214 (4) Insolvency Act 1986 lediglich, dass insoweit die allgemeinen Fähigkeiten eines umsichtigen Geschäftsleiters mit der Funktion eines directors maßgeblich ist, wobei ein eventuell vorhandenes Sonderwissen zusätzlich, also haftungsverschärfend, Berücksichtigung findet. Hinsichtlich des Maßstabes der allgemeinen Fähigkeiten des Geschäftsleiters unterscheidet die Rechtsprechung nach Art und Größe der jeweiligen Gesellschaft und ihrer Geschäftstätigkeit.195 Allerdings gelten auch für kleinere Unternehmen gewisse Minimalanforderungen: Kein director oder shadow director kann sich darauf berufen, dass er wegen zu spät erstellter Bilanzen nichts von der bedrohlichen Lage der Gesellschaft gewusst habe.196 Obwohl der neue Haftungstatbestand im englischen Schrifttum zunächst große Erwartungen geweckt hat und teilweise als geradezu epochale Neuerung gefeiert wurde, hat die Haftung für wrongful trading in der Praxis bisher nur eine vergleichsweise bescheidene Rolle gespielt. In den fast zwei Jahrzehnten seit Inkrafttreten des Gesetzes sind – soweit ersichtlich – nur sechs veröffentlichte Entscheidungen ergangen, in denen Haftungsklagen aus Section 214 Insolvency Act 1986 Erfolg hatten. Niedrig ist aber nicht nur die Zahl der erfolgreichen Klagen, sondern insgesamt die Zahl der anhängigen Verfahren. Diese magere Bilanz hat der Vorschrift teilweise heftige Kritik eingetragen. Dass dem Haftungstatbestand des wrongful trading bislang nur relativ geringer Erfolg beschieden war, wird in der englischen Literatur hauptsächlich auf folgende Gründe zurückgeführt 197: Zunächst wird darauf hingewiesen, dass gerade bei kleineren Unternehmen die Situation der (Gesellschafter-)Geschäftsleiter oft eng mit derjenigen der Gesellschaft verbunden sei. Die Geschäftsleiter seien des-

194 Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 2. Aufl. 1997, 466f. 195 Re Produce Marketing Consortium Ltd. (No. 2), [1989] BCLC 520. 196 Re Produce Marketing Consortium Ltd. (No. 2), [1989] BCLC 520; Re D.K.C. Contractors Ltd. [1990] BCC 903. 197 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 195f.

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halb oft selbst insolvent, weshalb eine Klage aus Section 214 Insolvency Act 1986 häufig wirtschaftlich sinnlos sei. Für die Zurückhaltung der Insolvenzverwalter, denen die Geltendmachung von Ansprüchen aus wrongful trading obliegt, wird ferner eine gewisse Unschärfe der Vorschrift verantwortlich gemacht, die den Ausgang der Verfahren nur schwer prognostizierbar erscheinen lasse: Schwierigkeiten bereite zum einen der Nachweis des Zeitpunkts, in dem das wrongful trading einsetze (sog. moment of truth), zum anderen auch der Umfang der Haftung, welcher gänzlich in das Ermessen des Gerichts gestellt sei. Den Hauptkritikpunkt am Haftungstatbestand des wrongful trading hat der englische Gesetzgeber jedoch bereits beseitigt: In der Literatur war darauf hingewiesen worden, dass das Haupthindernis für die Anstrengung von Prozessen wegen wrongful trading in den Eigenheiten des britischen Verfahrens- und Kostenrechts begründet liegt, wonach der Insolvenzverwalter im Falle einer Klageabweisung auch dann die Kosten nicht mit Vorrang aus der Masse ersetzt verlangen kann, wenn zunächst gute Erfolgsaussichten bestanden, die Klageerhebung also in keiner Weise vorwerfbar war.198 Um dieses erhebliche persönliche Kostenrisiko des Insolvenzverwalters zu beseitigen, ist seit 2003 ein vorrangiger Anspruch gegen die Masse auf Ersatz der Prozesskosten auch dann vorgesehen, wenn der Insolvenzverwalter einen mit Erfolgsaussicht begonnenen Prozess verloren hat. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus möglich, dass Verfahren wegen wrongful trading künftig eine größere Rollen spielen werden als bisher. Unabhängig davon werden in der Literatur aber bereits jetzt trotz aller Kritik auch spürbare positive Auswirkungen der Haftung konstatiert: So wird als präventive Auswirkung der Haftung hervorgehoben, dass Banken dazu übergegangen sind, von (sei es auch nur entfernt) insolvenzbedrohten Gesellschaften eine Bescheinigung der Abschlussprüfer zu fordern, aus der hervorgeht, dass in der Fortführung des Geschäftsbetriebs kein wrongful trading liegt. Generell sei der präventive Effekt der Haftung durch den Einfluss von Rechtsberatern und Wirtschaftsprüfern nicht zu unterschätzen. Zur Abrundung sei hier noch Section 239 Insolvency Act 1986 erwähnt, wonach eine Durchgriffshaftung der Gesellschafter in Betracht kommt, soweit Vermögensgegenstände der später insolventen Gesellschaft unterhalb ihres Verkehrswertes veräußert oder übertragen werden.

4. Fazit Insgesamt lässt sich im englischen Recht ein nur sehr schwach ausgeprägtes Institut des lifting of the corporate veil feststellen. Zwar war spätestens mit den Anregungen des Cork Committee gerade gegenüber kleineren Gesellschaften, bei 198 Hierzu und zum folgenden Habersack/Verse, ZHR 168 (2004) 174, 181 m.w.N.

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denen Personenidentität zwischen den beschränkt haftenden Gesellschaftern und den Geschäftsführern herrscht, die Bereitschaft zur Durchbrechung der Haftungstrennung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern gestiegen. Dabei sind die Bestimmungen zum wrongful trading als spezifische Antwort auf Schwierigkeiten im Bereich der kleineren Unternehmen zu verstehen. Zusammen mit den Regelungen über die Disqualifizierung von directors, die sich ebenfalls primär auf kleine Gesellschaften richten, stellen die Grundsätze über das wrongful trading die vom Gesetzgeber gegenüber dem Institut des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapitals bevorzugte Lösung dar, um den Missbrauch der Haftungstrennung zu bekämpfen. Und dennoch sind diese Institute jedenfalls formell nicht auf kleine Unternehmen beschränkt. Insbesondere das Institut des wrongful trading kann durchaus im Kontext mittlerer oder großer Gesellschaften und Gruppen von Gesellschaften zur Anwendung gelangen. Allerdings hat das Problem des Missbrauchs der Haftungstrennung in Unternehmensgruppen jedenfalls bislang keine vergleichbare gesetzgeberische Aufmerksamkeit erlangt. Noch herrscht hier die Überzeugung vor, dass gläubigerschützende Durchgriffstatbestände im Recht der Unternehmensgruppen nicht notwendig sind.

VI. USA 1. Überblick Die Problematik des Haftungsdurchgriffs nimmt im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht vergleichsweise breiten Raum ein.199 Mehr noch: Sie ist die wohl am meisten verhandelte Frage des Gesellschaftsrechts überhaupt.200 Geregelt ist sie fast nur durch Fallrecht. Als einziger Staat hat bislang Texas das Durchgriffsrecht kodifiziert.201 Im Kern geht es immer um das Problem des Missbrauchs der 199 Umfassend Presser, Piercing the Corporate Veil (1991); Fletcher, Cyc.Corp. § 41; Rands, Domination of a Subsidiary by Parent, Ind.L.Rev. 32 (1999) 421–456; Gevurtz, Corporation Law (2000) 69–111. 200 Siehe Thompson, Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, Cornell L.Rev. 76 (1991) 1036–1074. 201 Art. 2.21 Tex.Bus.Corp.Act (1997); siehe dazu Lee, Veil Piercing and Actual Fraud under Article 2.21 of the Texas Business Corporation Act, Baylor L.Rev. 54 (2002) 427–448. Aufgrund wachsender Unterschiede zwischen den Staaten im materiellen Recht gewinnt die kollisionsrechtliche Frage, welchem Recht der Haftungsdurchgriff unterliegt, wieder mehr an Bedeutung; siehe Hamilton, The Law of Corporations (2000) 152ff. Welches Recht anwendbar ist, ist wohl umstritten. Für das Gründungsrecht der juristischen Person Restatement of the Law, Second, Conflict of Laws (1971) § 307; Realmark Inv. Co. v. American Financial Corp., 171 B.R. 692 (N.D.Ga.1994); Amberjack, Ltd. v. Thompson, 1997 WL 613676 (Tenn. Ct.App.1997). Bei Vorliegen von Mutter- und Tochtergesellschaft beruft dagegen

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juristischen Person durch die hinter ihr stehenden Akteure. Der Durchgriff soll Betrug (fraud),202 Unrecht (injustice),203 das Sichentziehen gegenüber rechtlicher Verantwortlichkeit (evasion of just responsibility),204 das Verdrehen oder Verheimlichen der Wahrheit (distortion or hiding of the truth) 205 oder das ungerechtfertigte Erheben einer Einwendung (unjust raising of a defense) 206 verhindern. Ermöglicht werden soll auf der anderen Seite das Erheben eines gerechtfertigten Einwands (to let in a just defense), der wegen der Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern eigentlich unzulässig ist.207 Über die Gründe für den besonderen Stellenwert der Problematik kann nur spekuliert werden. Gewiss spielen Erfahrungen der Vergangenheit eine Rolle – genannt seien die Konsequenzen, die man in rechtlicher Sicht aus der South Sea Bubble-Krise gezogen hat.208 Das beinahe historische Misstrauen gegenüber der „Personalität“ der juristischen Person rüttelt an dem Axiom, auf dem sie gründet. Missbräuche ließen denn auch immer wieder vermuten, die corporation sei eher eine Methode als ein Subjekt, und die Rechtsgemeinschaft „… in dealing with a corporation has no need of defining it as a person or an entity, or even as an embodiment of functions, rights and duties, but may treat it as a name for a useful and usual collection of jural relations.“ 209

Das Konzept der Trennung wird als eine bloße Theorie, die Trennung selbst als reine Fiktion bezeichnet.210 Am weitesten geht wohl die durchaus verbreitete

202 203 204 205 206 207 208

209 210

das Kollisionsrecht von Delaware nicht das Gründungsrecht der Tochter, sondern das Gründungsrecht der Mutter – jedenfalls wenn die Mutter eine corporation aus Delaware ist, siehe Mobil Oil Corp. v. Linear Films, Inc., 718 F.Supp. 260 (D.Del.1989). Andere Urteile lassen das Vertrags- oder Deliktsstatut anstelle des Gründungsrechts entscheiden, siehe Richmark Corp. v. Timber Falling Consultants, 730 F.Supp. 1525 (D.Or.1989) (Vertragsstatut); Craig v. Johns-Manvill Corp., 1987 WL 10191 (1987), reversed on other grounds, 843 F. 2d 145 (3d Cir.1988) (Vertrags- und Deliktsstatut). Robertson v. Roy L. Morgan Production Co., 411 F. 2d 1041 (1969). Anderson v. Abbott, 321 U.S. 349 (1944). Bevelheimer v. Gierach, 339 N.E.2d 299 (Ill.App.Ct. 1975). Brock v. Poor , 111 N.E. 229, 239 (N.Y.1915). Sargent v. Highlite Broadcasting Co., 466 S.W.2d 866 (Tex.Civ.App.1971). Oklahoma Retail Grocers Ass’n v. Wal-Mart Stores, Inc., 605 F. 2d 1155 (10th Cir.1979). Zur Geschichte der begrenzten Gesellschafterhaftung im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht vgl. Blumberg, The Law of Corporate Groups: Tort, Contract and other Common Law Problems in the Substantive Law of Parent and Subsidiary Corporations (1987) Kapitel 1. Bijur, J., in Farmers’ Loan & Trust Co. v. Pierson , 222 N.Y.S. 532, 543–544 (1927). Sanders v. Roselawn Memorial Gardens, Inc., 159 S.E. 2d 784 (W.Va.1968); ebenso Hamilton, The Law of Corporations (2000) 36: „The traditional view is that a corporation is an artificial person or artificial entity …“ (Hervorhebungen im Original); dagegen Ballantine, Parent and Subsidiary Corporations, Cal.L.Rev. 14 (1921) 1–21, 20: „The corporate capacity is a legal fact, not a fiction.“

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Ansicht, die Rechtsfigur der corporation sei lediglich eine Vermutung, die unter bestimmten Umständen widerlegbar sei, wie etwa in den Fallgruppen des Haftungsdurchgriffs.211 Je weniger real die Erscheinung „corporation“ gesehen wird, umso einfacher fällt es aber, sie in gewissen Fällen zu ignorieren. Insoweit mag die Bedeutung der Durchgriffshaftung im US-amerikanischen Recht auch mit dem Grundverständnis vom Wesen der Gesellschaft zusammenhängen. Dies sollte andererseits nicht zu dem Fehlschluss leiten, US-amerikanische Richter seien besonders schnell mit dem Dolch bei der Hand, um den „Schleier“ zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern zu zerschneiden. Die Möglichkeit des piercing the corporate veil sollte, auch diese Maxime zählt zum festen Repertoire der richterrechtlichen Durchgriffsregeln, nur zögernd und vorsichtig gebraucht werden.212 Sinnfälliger Ausdruck des Engagements, mit dem man sich dem Problem des Haftungsdurchgriffs widmet, ist die unerschöpfliche Kreativität der Rechtsprechung bei der Bildung immer neuer Metaphern für den Tatbestand des Missbrauchs der juristischen Person: Die corporation wurde in solchen Fällen bezeichnet als mere adjunct, agent, alias, alter ego, alter idem, arm, blind, branch, buffer, cloak, coat, corporate double, cover, creature, curious reminiscence, delusion, department, dry shell, dummy, false coin, fiction, form, formality, fraud on the law, instrumentality, mouthpice, name, nominal identity, phrase, puppet, screen, sham, simulacrum, snare, stooge, subterfuge oder tool, um nur eine Auswahl zu präsentieren.213 Häufig werden mehrere Bezeichnungen kunstvoll miteinander verbunden. Jedoch betrachten Rechtsprechung 214 und Literatur 215 diese farbige Sprache bisweilen eher als Hindernis denn als Hilfe, um die Missbrauchsproblematik zu lösen. Benjamin N. Cardozo, eine der herausragenden US-amerikanischen Richtergestalten des zwanzigsten Jahrhunderts, sprach davon, das Konzept des piercing the corporate veil sei in den Nebel der Metaphern eingehüllt.216

211 Peterson v. Harville, 445 F.Supp. 16 (D.Or.1977); Southern Electrical Supply Co. v. Raleigh County National Bank, 320 S.E.2d 515 (W.Va.1984). 212 Country Maid, Inc. v. Haseotes, 299 F.Supp. 633 (E.D.Pa.1969); Ramsey v. Adams, 603 P.2d 1025 (Kan.1979); Bass v. Citizens & Southern Nat. Bank, 309 S.E.2d 850 (Ga.1984); Extra Energy Coal Co. v. Diamond Energy & Resources, Inc., 467 N.E.2d 439 (Ind.Ct.App.1984); Coury v. Coury Moss, Inc., 510 So.2d 1316 (La.Ct.App.1987); vgl. auch Barber, Piercing the Corporate Veil, Willamette L.Rev. 17 (1981) 371–404, 373. 213 Zitiert nach Latty/Frampton, Basic Business Associations: Cases Texts and Problems (1963) 721. 214 Cardozo, J., in Berkey v. Third Avenue Railway, 155 N.E. 58, 61 (N.Y.1926); Stone, J., in In re Clarke’s Will, 284 N.W. 876, 878 (Minn.1939). 215 Lattin, The Law of Corporations (1971) 72f.; Blumberg, The Law of Corporate Groups. Procedural Law (1983) 8; Hamilton, The Corporate Entity, Tex.L.Rev. 49 (1977) 979–1009, 983 ff. 216 Berkey v. Third Avenue Railway, 155 N.E. 58, 61 (N.Y.1926): „… this concept is still

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Die klassische und unverändert gültige Beschreibung des Durchgriffstatbestands stammt aus der Feder von District Judge Sanborn, der in der Entscheidung United States v. Milwaukee Refrigerator Transit Company zu dem Schluss gelangte: „If any general rule can be laid down, in the present state of authority, it is that the corporation will be looked upon as a legal entity as a general rule, and until sufficient reason to the contrary appears; but when the notion of legal entity is used to defeat public convenience, justify wrong, protect fraud or defend crime, the law will regard the corporation as an association of persons.“ 217

Natürlich lässt sich mit dieser Tatbestandsbeschreibung allein in der Praxis wenig anfangen, weil sie zu unbestimmt ist. In die von der Rechtsprechung eingeschlagene Richtung einer an Fallgruppen orientierten Tatbestandsbeschreibung weist Fullers Begriffsbestimmung: „The corporate veil will be pierced [where] the corporate device has been used to defraud creditors, to evade existing obligations, to circumvent a statute, to achieve a monopoly, or to knavery or crime.“ 218

Im Mittelpunkt der folgenden Darstellung stehen die Haftungsfallgruppen, welche die Rechtsprechung im Laufe der Zeit herausgearbeitet hat. Die Einteilung nach Gruppen erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen und unter unterschiedlichen Aspekten. Ein umfassendes und in sich konsistentes System fehlt bislang und wäre für eine streng fallrechtlich ausgerichtete Rechtsmaterie, in der per defi-

enveloped in the mists of metaphor. Metaphors in law are to be narrowly watched, for starting as devices to liberate thought, they end often by enslaving it“. 217 142 F. 247, 255 (C.C.D.Wis.1905); vgl. ebenso „… [T]he entity will be disregarded when it is necessary to promote justice or to obviate inequitable results.“, Fuller, The Incorporated Individual: A Study of the One-Man Company, Harv.L.Rev. 51 (1938) 1373–1406, 1402; ebenfalls den Aspekt der equity betont Jaloy Mfg. Co., Inc. v. United States Fidelity & Guaranty Co., 736 F.2d 1131 (6th Cir.1984). Die equitable nature des Haftungsdurchgriffs wurde schließlich auch angeführt, um den sogenannten reverse disregard, also den Durchgriff auf einen Gesellschaftsgläubiger oder auf das Gesellschaftsvermögen zugunsten eines Gesellschafters zu rechtfertigen, vgl. Roepke v. Western Nat. Mut. Ins. Co., 302 N.W.2d 350 (Minn.1981); In re Estate of Greenfield , 321 A. 922 (Pa.1974). In jüngerer Zeit wurde sogar der corporation selbst gestattet, ihr corporate veil zu durchstechen, um diejenigen für die Gesellschaftsschulden heranzuziehen, die sich die Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern missbräuchlich zunutze gemacht haben, vgl. In re S.I. Acquisitions, Inc., 817 F.2d 1142 (5th Cir.1987); zum Problem des so genannten reverse piercing vgl. Fletcher, Piercing the Corporate Veil: It can work in Reverse, Merc.L.Rev. 33 (1982) 633–646; Gaertner, Reverse Piercing the Corporate Veil: Should corporation owners have it both Ways?, Wm.Mary L.Rev. 30 (1989) 667– 704. 218 Fuller, The Incorporated Individual: A Study of the One-Man Company, Harv.L.Rev. 51 (1938) 1373–1406, 1402.

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nitionem induktiv vorgegangen wird, weder möglich noch wünschenswert.219 Wenn daher die Gliederung der Darstellung in mancher Hinsicht inkonsistent erscheint, so liegt dies – bis zu einem gewissen Grade zumindest – in der Natur der Sache.

2. Allgemeine Kriterien des piercing of the corporate veil Justice McHugh hat in Laya v. Erin Homes, Inc. eine Liste von Kriterien zusammengestellt, die nach der Rechtsprechung in Betracht zu ziehen sind, wenn es um die Frage geht, ob ein Haftungsdurchgriff gerechtfertigt ist: 220 (1) Wurden die Vermögen von Gesellschaft und Gesellschaftern vermischt (commingling of funds and assets)? 221 (2) Wurde das Vermögen der Gesellschaft für private Zwecke der Gesellschafter verwendet? (3) Wurden bei der Ausgabe von Anteilen die Form- und Verfahrensvorschriften beachtet? (4) Hat ein Gesellschafter gegenüber Dritten den Eindruck hervorgerufen, er hafte für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich? (5) Wurde die Buchführung ordnungsgemäß erledigt und wurden die boardund Gesellschafterversammlungen vorschriftsgemäß protokolliert? (6) Lag das wirtschaftliche Eigentum (equitable ownership) an zwei formal getrennten Unternehmungen in einer Hand? (7) Waren dieselben directors und executive officers in zwei verschiedenen Unternehmungen (etwa eine partnership oder eine sole proprietorship (Einzelfirma) und eine corporation) mit der Geschäftsführung betraut? (8) War die Gesellschaft unter Berücksichtigung des tatsächlichen Geschäftsrisikos unterkapitalisiert? (9) Fehlte ein vom Vermögen der Gesellschafter getrenntes Gesellschaftsvermögen? (10) Wurde die Gesellschaft lediglich als Hülse (shell, conduit) für das Geschäft oder einen Teil des Geschäfts einer (natürlichen oder juristischen) Einzelperson betrieben? 222

219 Brunswick Corp. v. Waxman, 459 F.Supp. 1222 (N.Y.1978); Brown Bros. Equipment Co. v. State Highway Commission, 215 N.W.2d 591 (C.A.Mich.1974); Mobridge Community Industries, Inc. v. Toure, Ltd., 273 N.W.2d 128 (S.D.1978); vgl. aber auch Sinclair, Systematizing Piercing the Corporate Veil, J.Miss.Bar 44 (1988) 423–428. 220 352 S.E.2d 93, 98 (W.Va.1986). 221 Zum commingling of assets ausführlich Fletcher, Cyc.Corp. § 41.50. 222 Dazu auch Kinney Shoe Corp. v. Polan, 939 F.2d 209 (4th Cir.1991).

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(11) Befanden sich sämtliche Anteile in der Hand einer Person oder einer Familie? (12) Benutzten Gesellschaft und Gesellschafter für ihre Geschäfte die gleichen Geschäftsniederlassungen? (13) Hatten Gesellschaft und Gesellschafter dieselben Angestellten oder denselben Hausanwalt? (14) Wurden unvollständige oder unrichtige Angaben über die Identität von Eigentums-, Geschäftsführungs- oder finanziellen Interessen an der Gesellschaft gemacht? Wurden Geschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, etwa die Gewährung ungesicherter Darlehen, verdeckt? (15) Wurden die rechtlichen Grundsätze über die wirtschaftliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit verbundener Unternehmen (related entities) missachtet? (16) Wurde die Gesellschaft ausschließlich dazu verwendet, einer anderen (natürlichen oder juristischen) Person Arbeit, Dienstleistungen oder Waren zu verschaffen? (17) Wurde das Gesellschaftsvermögen zum Schaden der Gesellschaftsgläubiger durch oder an die Gesellschafter oder Dritte verteilt? (18) Wurden Aktiva und Passiva zwischen mehreren Unternehmen so verteilt, dass sich alle Aktiva auf der einen und alle Passiva auf der anderen Seite konzentrierten? Wurde die Gesellschaft für die Vornahme unzulässiger Geschäfte missbraucht, oder wurde sie verwendet, um dem Risiko der Nichterfüllung von Verträgen zu entgehen? (19) Wurde die Gesellschaft gegründet, um die Verbindlichkeiten einer anderen (natürlichen oder juristischen) Person zu übernehmen? 223 Die genannten und weitere Kriterien sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung des einzelnen Sachverhalts (totality of the circumstances-Test) zu berücksichtigen. Abzuwägen sind danach das hinter der Zulassung der Haftungsbegrenzung stehende rechtspolitische Interesse an der Förderung privater Investitionen und das hinter dem Haftungsdurchgriff stehende Interesse an der Verhinderung unbilliger Ergebnisse (inequitable consequences). Spricht diese Abwägung im konkreten Fall für den Durchgriff, so ist ferner zu klären, ob die hinter der Gesellschaft stehenden Akteure die Gesellschaft dazu verwenden wollten, um gegenüber einer dritten unbeteiligten Partei in betrügerischer oder anderweitig rechtswidriger Weise vorzugehen.224

223 Eine vergleichbare Liste mit neun Kriterien findet sich in Ramsey v. Adams, 603 P.2d 1025 (Kan.1979); vier Kriterien nennt Sea-Land Services, Inc. v. Pepper Source, 941 F.2d 519 (1991), after remand, 993 F.2d 1309 (7th Cir.1993). 224 Southern Electrical Supply Co. v. Raleigh County National Bank, 320 S.E.2d 515, 523 (W.Va.1984).

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Ein Haftungsdurchgriff auf einen Gesellschafter, der aktiv an der Geschäftsführung teilgenommen hat, ist nach alledem an zwei Voraussetzungen geknüpft: Erstens müssen geschäftliches Interesse und Eigentum von Gesellschaft und Gesellschafter in einem Maße identisch sein, dass die Trennung von juristischer Person und Person des Gesellschafters sich nicht ernsthaft aufrecht erhalten lässt. Zweitens muss es zu einem unbilligen (inequitable) Ergebnis führen, wenn das fragliche Verhalten als das der Gesellschaft und nicht des Gesellschafters betrachtet wird.225 Obgleich die richterrechtlichen Grundsätze zum Haftungsdurchgriff de jure gleichermaßen für public und close corporations gelten, kommen Untersuchungen aus den Jahren 1981 und 1991 zu dem Ergebnis, dass noch kein Gericht den Durchgriff auf die Aktionäre einer Publikumsgesellschaft zugelassen hat.226 Die Erklärung dafür ergibt sich aus der dargelegten Tatbestandsbeschreibung: Voraussetzung für den Durchgriff ist, dass der betreffende Gesellschafter aktiv an der Geschäftsführung teilgenommen hat. Dies wird häufig bei close corporations und Familienunternehmen, praktisch immer bei Einmanngesellschaften der Fall sein,227 aber so gut wie nie bei Publikumsgesellschaften, bei denen die persönliche Haftung der Geschäftsführer üblicherweise im Zusammenhang mit den Treueund Sorgfaltspflichten der Mitglieder des Managements erörtert wird.228 Bei den close corporations wiederum gilt nach der Rechtsprechung, dass die Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern dann zu beachten ist, wenn das Unternehmen nicht auf einer personal basis sondern einer corporate basis betrieben wurde und ausreichende Kapitalausstattung vorhanden war.229

3. Vertragliche und deliktische Haftung Der Gläubiger eines vertraglichen Anspruchs kann sich seinen Schuldner vorher aussuchen und damit sein Risiko selbst bestimmen. Dies kann ein Deliktsgläubiger nicht. Daher liegt es nahe zu vermuten, die Gerichte würden einen Haf-

225 Automotriz Del Golfo De California v. Resnick, 306 P.2d 1, 3 (Cal.1957). 226 Barber, Piercing the Corporate Veil, Willamette L.Rev. 17 (1981) 371–404, 372; zu demselben Ergebnis kommt die Studie von Thompson, Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, Cornell L.Rev. 76 (1991) 1036–1074. 227 Näher hierzu Fletcher, Cyc.Corp. § 41.35. 228 Vgl. Wagner, Expansion of Shareholder Corporate Officer Liability in a Closely Held Corporation, Pace Env.L.Rev. (1986) 253–275; Henn/Alexander, Laws of Corporations (1983) 352 ff. 229 Ramsey v. Adams, 603 P.2d 1025 (Kan.1979); United States v. Pisani, 646 F.2d 83 (3d Cir.1981); zur Unterkapitalisierung vgl. auch Gelb, Piercing the Corporate Veil – the Undercapitalization Faktor, Chi.-Kent L.Rev. 59 (1982) 1–22 sowie Fletcher, Cyc.Corp. § 41.72.

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tungsdurchgriff bei deliktischen Ansprüchen häufiger zulassen als im Vertragsrecht. Doch zeigt eine empirische Untersuchung von Thompson ein anderes Bild. Danach bejahten die Richter einen Durchgriff bei 42 % der vertraglichen, aber nur 31 % der deliktischen Ansprüche; zugrunde lagen 779 Urteile zum Vertragsrecht und 226 Urteile zum Deliktsrecht.230 Dieses Ergebnis mag daher rühren, dass bei deliktischen Fällen häufig eine Haftpflichtversicherung greift, die einen gerichtlichen Vergleich zwischen den Parteien erleichtert und damit den Durchgriff aufgrund eines Gerichtsurteils überflüssig macht.231 Die höhere Zahl von Durchgriffen bei vertraglichen Ansprüchen widerspricht allerdings einem eben angesprochenen und weithin anerkannten Gesichtspunkt: Der Gläubiger des vertraglichen Anspruchs hat sich den Schuldner frei gewählt und soll das mit der Wahl verbundene Risiko grundsätzlich nicht abwälzen können.232 Daher wird von diesem Grundsatz zugunsten des Gläubigers auch nur dann abgewichen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen.233 Solche Umstände sind etwa dann gegeben, wenn das Management einer Muttergesellschaft beim Gläubiger unzutreffende Vorstellungen über die Tochtergesellschaft (Beteiligungsverhältnisse, Kontrolle, Kapitalausstattung, Bereitschaft der Mutter zum Einstehen für Verbindlichkeiten der Tochter und so weiter) erweckt hat und der Gläubiger im Vertrauen darauf Vermögensdispositionen getroffen hat.234 Als außergewöhnlich gilt es ebenso, wenn die Gesellschaft in einer ungewöhnlichen Weise betrieben wird, das heißt in einer Weise, mit welcher der Gläubiger nicht zu rechnen brauchte. Dazu zählt, dass die Gesellschaft niemals Gewinne erwirtschaften kann, dass sämtliche Gewinne an der Gesellschaft vorbei in die Taschen der Gesellschafter fließen oder dass die Gesellschaft fortwährend

230 Thompson, Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, Cornell L.Rev. 76 (1991) 1036–1074, 1058 ff. In einer neueren Untersuchung, die Entscheidungen bis zum Jahre 1996 einbezieht, bekräftigt Thompson sein Ergebnis, wonach ein Haftungsdurchgriff eher in vertrags- als deliktsrechtlichen Fällen erfolgt; siehe Thompson, Piercing the Veil Within Corporate Groups: Corporate Shareholders as Mere Investors, Conn.J. Int’l L. 13 (1999) 379–395; für einen Vergleich der amerikanischen und deutschen Rechtsprechung zum Haftungsdurchgriff für Vertragsgläubiger siehe Alting, Piercing the Corporate Veil in American and German Law – Liability of Individuals and Entities, A Comparative View, Tulsa J.Comp.Int.L. 2 (1995) 190–251. 231 So Hamilton, The Law of Corporations (2000) 142. 232 Perpetual Real Estate Services, Inc. v. Michaelson Properties, Inc., 974 F.2d 545 (4th Cir.1992); Brunswick Corp. v. Waxman, 599 F.2d 34 (2d Cir.1979); Texas Industries, Inc. v. Dupuy & Dupuy Developers, Inc., 227 So.2d 265 (La.Ct.App.1969); Pinto/ Branson, Understanding Corporate Law (1999) 49f. 233 Fletcher, Cyc.Corp. § 41.85; siehe dazu auch Gevurtz, Corporation Law (2000) 73 ff. 234 Hanson Southwest Corp. v. Dal-Mac Const. Co., 554 S.W.2d 712 (Tex.Civ.App. 1977).

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zahlungsunfähig ist.235 In den meisten dieser Fälle kann allerdings der Gläubiger unmittelbar gegen die betreffenden Personen auch auf der Grundlage zivilrechtlicher Grundsätze zum Schutz vor Betrug (fraudulent conveyance, fraud on the creditor) und damit unabhängig vom Haftungsdurchgriff vorgehen.236 Ein Durchgriff ist schließlich dann zulässig, wenn ein Gesellschafter gegenüber dem Gläubiger erklärt hat, er werde für die Verbindlichkeit der Gesellschaft einstehen, falls diese sie nicht erfülle. Dies gilt auch dann, wenn die Erklärung des Gesellschafters wegen Nichtbeachtung von Formerfordernissen (Verstoß gegen das statute of frauds) an sich unvollstreckbar wäre.237 Anders sieht es bei deliktischen Ansprüchen aus. Da der Gläubiger in diesen Fällen seinen Schuldner nicht frei gewählt hat, soll er grundsätzlich nicht das Risiko der beschränkten oder fehlenden Zahlungsfähigkeit tragen. Hierher gehören die berühmten Taxiunternehmer-Fälle: 238 Ein Unternehmer betreibt mehrere Taxis, wobei jedes Taxi zum Zwecke der Haftungsbegrenzung de jure von einer eigenen Gesellschaft betrieben wird, die mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapital ausgestattet ist.239 Zu unterscheiden ist allerdings zunächst die Haftung der Gesellschaft von der Haftung des Deliktstäters. War der Täter Angestellter der Gesellschaft oder handelte er als deren Vertreter, dann muss zuerst festgestellt werden, ob die Gesellschaft – auf der Grundlage des Prinzips respondeat superior – für den Täter haftet. In den typischen Durchgriffsfällen sind zwar beide haftbar, aber zahlungsunfähig (judgment proof). Ein Durchgriff auf die Gesellschafter kommt bei deliktischen – im Gegensatz zu vertraglichen – 240 Ansprüchen vor allem dann in Betracht, wenn die Gesellschaft unterkapitalisiert ist (shell corporation).241 Entscheidend ist, ob die Kapitalisierung bei der Gründung in angemessenem Verhältnis zu dem bei der Grün-

235 Iron City Sand & Gravel Div. v. West Fork Towing Corp., 298 F.Supp. 1091 (N.D.W.Va.1969); DeWitt Truck Brokers, Inc. v. W. Ray Flemming Fruit Co., 540 F.2d 681 (4th Cir.1976). 236 Yacker v. Weiner, 263 A.2d 188 (N.J.Ch.Div.1970)(Corporation veräußert Häuser systematisch unter Preis und wird insolvent; Gläubiger, die davon keine Kenntnis besaßen, können durchgreifen); vgl. aber auch Bartle v. Home Owners Cooperative, Inc., 127 N.E.2d 832 (N.Y.1955). 237 DeWitt Truck Brokers, Inc. v. W.Ray Flemming Fruit Co., 540 F.2d 681 (4th Cir.1976). 238 Zu den Gründen für die besondere Häufigkeit dieser Fälle vgl. Hamilton, The Law of Corporations (2000) 144 f. 239 Etwa Mangan v. Terminal Trans. Systems, Inc., 284 N.Y.S. 183 (1935); Robinson v. Chase Maintenance Corp., 190 N.Y.S.2d 773 (1959); Mull v. Colt Co., 31 F.R.D. 154 (S.D.N.Y.1962); Walkovszky v. Carlton, 223 N.E.2d 6 (N.Y.1966); Turner v. Andrea Service Corp., 157 N.Y.L.J. No. 92, 17 (1967). 240 J.-R. Grain Co. v. F.A.C., Inc., 627 F.2d 129 (8th Cir.1980). 241 Hierzu Lattin, The Law of Corporations (1971) 73–79 und Hackney/Benson, Shareholder Liability for Inadequate Capital, U.Pitt.L.Rev. 43 (1982) 837–901.

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dung zu erwartenden Geschäftsrisiko stand.242 Hierbei können Gerichte eine Haftpflichtversicherung zum Kapital rechnen und damit eine Unterkapitalisierung verneinen. Denn eine solche Versicherung dient ja gerade dazu, Deliktsopfer zu entschädigen.243 Ein Durchgriff wurde hingegen verneint, wenn Unterkapitalisierung erst später als Folge unerwarteter Entwicklungen eintritt.244 In aller Regel muss neben der Unterkapitalisierung ein weiterer Umstand hinzutreten, damit der Durchgriff gerechtfertigt ist.245 Ebenso ist der Durchgriff bei deliktischen Ansprüchen zugelassen worden, wenn die Gründungsformalitäten missachtet wurden.246 Schließlich werden auch solche Überlegungen angestellt, die bereits im Zusammenhang mit den vertragsrechtlichen Ansprüchen erwähnt wurden, etwa, ob die Gewinne an der Gesellschaft vorbei und direkt in die Taschen der Gesellschafter fließen sollen oder Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen vermischt wurden. Das letztgenannte Kriterium ziehen manche Gerichte namentlich in den Taxiunternehmer-Fällen heran.247 Andere Gerichte bejahen den Durchgriff in diesen Fällen bereits dann, wenn das Taxi von einer eigenen Gesellschaft betrieben wird, die lediglich mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapital ausgestattet ist.248 Wiederum andere Gerichte verlangen, dass der betreffende Gesellschafter persönlich in der Geschäftsführung der Gesellschaft aktiv geworden ist, so dass in Wirklichkeit er und nicht die Gesellschaft das Taxi betreibt. In diesen Fällen spricht man von einer dummy corporation.249 Abgelehnt wurde in einem dieser Fälle der doppelte Durchgriff durch Tochter- und Muttergesellschaft auf den Alleingesellschafter der Muttergesellschaft.250

242 J.-R. Grain Co. v. F.A.C., Inc., 627 F.2d 129 (8th Cir.1980); Minton v. Cavaney, 364 P.2d 473 (Cal.1961) (In diesem Fall kam allerdings zur Unterkapitalisierung die Nichtbeachtung von Gründungsformalitäten hinzu). 243 So die Leitentscheidung hierzu Radaszewski v. Telecom Corp., 981 F.2d 305 (8th Cir.1992), certiorari denied 508 U.S. 908 (1993). 244 Truckweld Equipment Co., Inc. v. Olson, 618 P.2d 1017, 1022 (Wash.Ct.App.1981); Fletcher, Cyc.Corp. § 41.72. 245 Arnold v. Browne, 103 Cal.Rep. 775, 783 (Cal.Ct.App.1972). 246 Minton v. Cavaney, 364 P.2d 473 (Cal.1961) (Gesellschaft wurde gegründet zum Betreiben und Vermieten von Schwimmbecken; Gesellschafter haben ihre Kapitalanteile niemals einbezahlt; durch Fahrlässigkeit eines Angestellten verunglückt ein Kind tödlich; Gesellschafter persönlich haftbar). 247 Turner v. Andrea Service Corp., 157 N.Y.L.J. No. 92, 17 (1967). 248 Mangan v. Terminal Trans. System, Inc., 284 N.Y.S. 183 (1935), affirmed, 286 N.Y.S. 666 (3d Dept.1936). 249 Walkovszky v. Carlton, 223 N.E.2d 6 (N.Y.1966), affirmed, 244 N.E.2d 55 (1968). 250 Mull v. Colt Co., 31 F.R.D. 144 (S.D.N.Y.1962).

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4. Sanktionierung von Verfahrensfehlern Von ausschlaggebender, wenn nicht sogar allein entscheidender Bedeutung für die Bejahung des Haftungsdurchgriffs kann die Nichtbeachtung von Verfahrens- und Formvorschriften sein. Hier geht es etwa darum, dass die Gründung nicht vollständig abgeschlossen wurde, dass die Kapitalbeteiligungen nicht oder nur teilweise eingezahlt wurden, dass keine Anteile ausgegeben wurden,251 dass die Gründungsversammlung oder die Wahl des board of directors unterblieben ist, dass die Gesellschafter der corporation die Geschäfte wie die Gesellschafter einer general partnership führen oder dass private Geschäfte mit solchen der Gesellschaft vermischt werden (formlose Gewährung von Darlehen, Verwendung von Gesellschaftskapital für persönliche Zwecke und Ähnliches).252 Die Gründe für die besondere Bedeutung der Verletzung von Verfahrensund Formvorschriften für den Haftungsdurchgriff sind unklar. In den meisten Fällen steht der Formfehler nicht in Zusammenhang mit den gegen die Gesellschaft oder die Gesellschafter geltend gemachten Ansprüchen. Üblicherweise liegt sogar eine größere Zeitspanne zwischen dem Fehler und dem Vorgang, der dem Anspruch zugrunde liegt. Wird der Durchgriff dennoch gewährt, so erlangt der Gläubiger einen oftmals zufälligen Vorteil (windfall profit). Aus diesem Grund haben Gerichte bisweilen den Durchgriff trotz eklatanter Missachtung von Formvorschriften abgelehnt.253 Auch nach dem Model Statutory Close Corporation Supplement des R.M.B.C.A. zieht die Nichtbeachtung von Form- oder Verfahrensvorschriften allein noch keine persönliche Haftung der Gesellschafter nach sich.254 Wird der Durchgriff hingegen zugelassen, so stützt man sich auf den Gedanken, es könne nicht angehen, dass die Gesellschafter die Vorteile des Gesellschaftsrechts beanspruchen, ohne den damit verbundenen Verpflichtungen zu genügen. Dies ist freilich dort wenig überzeugend, wo die Missachtung selbst nicht in einem greifbaren Schaden resultiert.255

251 Hierzu Fletcher, Cyc.Corp. § 41.60. 252 Vgl. Zaist v. Olson, 227 A.2d 552 (Conn.1967); Hamilton, The Corporate Entity, Tex.L.Rev. 49 (1971) 979–1009, 990; Choper/Coffee/Gilson, Corporations (2004) 257, Fn. 61. 253 Scott Graphics, Inc. v. Mahaney, 549 P.2d 623 (N.M.Ct.App.1976). 254 Die einschlägige Bestimmung findet sich in § 25 M.S.C.C.S. und lautet: „Limited Liability. The failure of a statutory close corporation to observe the usual corporate formalities or requirements relating to the exercise of its corporate powers or management of its business and affairs is not a ground for imposing personal liability on the shareholders for liabilities of the corporation“. 255 Auf das Problem der fehlenden Kausalität wird hingewiesen in Preston Farm & Ranch Supply, Inc. v. Bio-Zyme Enterprises, 615 S.W.2d 258 (Tex.Civ.App.1981).

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5. Gesetzesumgehung und Alter Ego-Rechtsprechung In einer Reihe von Entscheidungen wurde der Durchgriff damit begründet, dass die corporation lediglich dazu dienen sollte, etwas zu ermöglichen, was den Gesellschaftern selbst gesetzlich verboten war.256 Das stark regulierte Bankrecht bietet Anschauungsmaterial: Zahlreiche Gliedstaaten verbieten das so genannte branch banking (Betrieb von Bank-Zweigstellen). Eine Bankgesellschaft kann innerhalb des betreffenden Gliedstaats eine Bank nur an einem Platz betreiben. Hier stellt sich die Frage, ob eine Bankgesellschaft an einer anderen Bankgesellschaft beteiligt sein kann oder ob eine Holdinggesellschaft Mehrheitsgesellschafterin verschiedener Bankgesellschaften sein kann. In anderen Gliedstaaten ist es den Mitgliedern des board of directors einer Bankgesellschaft verboten, von der Bankgesellschaft Darlehen zu empfangen. Wie steht es aber mit Darlehen an eine Gesellschaft, deren einziger Gesellschafter ein Mitglied des board of directors ist? Nach der Rechtsprechung findet ein Durchgriff statt, wenn die Gesellschaft benutzt wurde, um eine public policy oder statutory policy zu umgehen, und sie in Wirklichkeit keine eigenständige Rechtsperson ist, sondern lediglich das alter ego der Gesellschafter, häufig des Alleingesellschafters. Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie bedeutsam die entsprechende policy ist. Anders ausgedrückt: Nicht jede Gesetzesumgehung führt per se zum Durchgriff. Anzumerken ist freilich, dass es sich hierbei nicht um Fälle des Haftungsdurchgriffs handelt. Vielmehr geht es um die Frage, ob das Verhalten der Gesellschaft den Gesellschaftern zuzurechnen ist, ob also Gesellschaft und Gesellschafter im Sinne der alter egoFormel gleichzusetzen sind. Die nicht unwesentlichen Unterschiede zwischen diesem Zurechnungsdurchgriff und dem Haftungsdurchgriff hindern die Rechtsprechung und auch die Literatur gleichwohl nicht daran, das Erstere dem Zweiten zuzuordnen und im Ergebnis beides gleich zu behandeln.257 In die beschriebene Fallgruppe werden auch die Fälle eingeordnet, in denen eine Einzelfirma allein deshalb als corporation betrieben wird, weil der Alleingesellschafter, der gleichzeitig Angestellter der Gesellschaft ist, in den Genuss gewisser Arbeitnehmervergünstigungen (employment benefits) gelangen will. Unbedenklich ist dies, soweit es ihm nur darum geht, seine Altersversorgung zu verbessern.258 Will sich der Alleingesellschafter hingegen Arbeitslosenunterstüt-

256 United States v. Lehigh Valley R. Co., 220 U.S. 257 (1911); Casanova Guns, Inc. v. Connally, 454 F.2d 1320 (1972); Bruhn’s Freezer Meats of Chicago, Inc. v. United States Dept. of Agriculture, 438 F.2d 1332 (1971); Kavanaugh v. Ford Motor Co., 353 F.2d 710 (1965). 257 Hamilton, The Law of Corporations (2000) 157f.; Fletcher, Cyc.Corp. § 41.10, dort auch umfassende Nachweise aus der Rechtsprechung. 258 Sark v. Flemming, 283 F.2d 410 (9th Cir.1960); näher Fletcher, Cyc.Corp. § 43.80.

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zung sichern, so wird er trotz des Anstellungsverhältnisses als Arbeitgeber oder Unternehmer behandelt.259 Zu erwähnen sind schließlich Fälle, in denen sich die Frage stellt, ob eine Muttergesellschaft an die tarifvertraglichen Vereinbarungen ihrer Tochtergesellschaft gebunden ist.260 Auch hier geht es allerdings um den Zurechnungs- und nicht den Haftungsdurchgriff.

6. Mutter-, Tochter- und Schwestergesellschaften Erfahrungsgemäß ist die Rechtsprechung eher bereit, einen Haftungsdurchgriff zuzulassen, wenn das Ziel des Durchgriffs keine natürliche, sondern eine juristische Person ist.261 Man mag dies mit der verbreiteten – wenngleich kaum belegbaren – Ansicht erklären, der Durchgriff auf eine juristische Person sei regelmäßig weniger folgenreich.262 Für den Durchgriff durch eine Gesellschaft auf eine andere muss zunächst ein Dominanzverhältnis bestehen (domination of finances, policies and practices), so dass die Gesellschaft, durch die hindurchgegriffen werden soll, als bloßes Instrument der dahinter stehenden Gesellschaft fungiert (instrumentality rule).263 Ein solches Dominanzverhältnis ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass eine

259 Rccograndi v. Unemployment Compensation Board of Review, 178 A.2d 786 (Pa.1962); vgl. auch Fletcher, Cyc.Corp. § 43.75. 260 United Paperworkers International Union v. Penntech Papers, Inc., 439 F.Supp. 610 (D.Me.1977), affirmed, 583 F.2d 33 (1st Cir.1978). 261 Von grundlegender Bedeutung ist in diesem Kontext unverändert die enterprise entity theory von Berle, vgl. dessen Beitrag The Theory of Enterprise Entity, Colum.L.Rev. 47 (1947) 343–358; danach bezieht eine Gesellschaft ihre „Identität“ von dem ihr zugrundeliegenden Unternehmen (enterprise); handelt es sich um eine fehlerhafte oder vorgeschobene Gesellschaftsgründung, dann ist das Unternehmen das eigentliche Bezugsobjekt; vgl. zum Nachfolgenden ebenfalls Blumberg, Limited Liability and Corporate Groups, J.Corp.L. 11 (1986) 573–631, 577ff. sowie Hackney/Benson, Shareholder Liability for Inadequate Capital, U.Pitt.L.Rev. 43 (1982) 837–901, 845ff.; siehe aber die empirische Untersuchung von Thompson, Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, Cornell L.Rev. 76 (1991) 1036–1074, 1056 f., wonach der Durchgriff auf juristische Personen in nur 28 % der Fälle und auf natürliche Personen in 40 % der Fälle bejaht wurde. 262 Hamilton, The Law of Corporations (2000) 147f. und Posner, Economic Analysis of Law (2003) 425. 263 Brunswick Corp. v. Waxman, 459 F.Supp. 1222 (E.D.N.Y.1978), affirmed, 599 F.2d 34 (2d Cir.1979). Vgl. auch die sogenannte identity rule und die agency rule; alle drei Formeln besagen im Kern das gleiche und sind praktisch austauschbar, vgl. Weisser v. Mursam Shoe Corp., 127 F.2d 344 (1942); House of Koscot Development Corp. v. American Line Cosmetics, Inc., 468 F.2d 64, 67 (1972); ebenso Fletcher, Cyc.Corp. § 43.

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Gesellschaft 100 % der Anteile der anderen Gesellschaft hält oder dasselbe Management beide Gesellschaften leitet.264 Und selbst zusammengenommen reichen diese beiden Umstände nicht aus, um den Durchgriff zu rechtfertigen.265 Hinzutreten muss vielmehr ein Element des Missbrauchs der dominierten durch die dominierende Gesellschaft oder, wie es in Delaware heißt, die Gesellschaften müssen eine „single economic entity“ bilden.266 Hier lassen sich fünf Fallgruppen bilden: 267 (i) Die Geschäftsführungen beider Gesellschaften sind nicht hinreichend klar voneinander getrennt: Vermögen, Anstellungsverhältnisse, Konten, Buchhaltung oder Vertretungsverhältnisse werden vermischt.268 (ii) Hinsichtlich der inneren Verfassung beider Gesellschaften (Gesellschafterversammlungen, Versammlungen der Mitglieder des board of directors und so weiter) wird nicht deutlich getrennt. (iii) Die dominierte Gesellschaft ist mit Blick auf Art und Umfang des von ihr betriebenen Geschäfts unterkapitalisiert; die Gewinne fließen zur dominierenden Gesellschaft, während die Verluste bei der dominierten Gesellschaft verbleiben. (iv) Beide Gesellschaften vermitteln nach außen den Eindruck einer einheitlichen Gesellschaft, etwa indem die dominierte Gesellschaft als department, local office oder division der dominierenden Gesellschaft bezeichnet wird.269 (v) Die dominierte Gesellschaft verfolgt keine eigenen Geschäftsinteressen, sondern allein die Interessen der dominierenden Gesellschaft. Manche Gerichte sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben den Durchgriff nur dann zugelassen, wenn darüber hinaus ein Fall von fraud or injustice (Betrug oder Ungerechtigkeit) erwiesen ist.270 Andere Gerichte haben 264 Freeman v. Complex Computing Co., Inc., 119 F.3d 1044 (2d Cir.1997); American Trading & Production Corp. v. Fischback & Moore, Inc., 311 F.Supp. 412 (N.D.Ill. 1970). 265 United States v. Jon-T Chemical, Inc., 786 F.2d 686 (5th Cir.1985). 266 Fletcher v. Atex, Inc., 68 F.3d 1451 (2d Cir.1995). 267 Vgl. Henn/Alexander, Laws of Corporations (1983) 355f.; eine detaillierte Liste unterschiedlicher Faktoren findet sich in Steven v. Roscoe Turner Aeronautical Corp., 324 F.2d 157 (7th Cir.1973) und in Milgo Electronic Corp. v. United Business Communications, 623 F.2d 645, 660 (10th Cir.1980); vgl. ebenso Allegheny Airlines, Inc. v. United States, 504 F.2d 104 (7th Cir.1974); Bernardin, Inc. v. Midland Oil Corp., 520 F.2d 771 (5th Cir.1975). 268 Bernardin, Inc. v. Midland Oil Corp., 520 F.2d 771 (7th Cir.1975); siehe auch die Leitentscheidung Fletcher v. Atex, Inc., 68 F.3d 1451 (2d Cir.1995); dort geht es um die Haftung von Tochterunternehmen für ihre Schwestern, wenn die Töchter aufgrund einer Vereinbarung (cash management plan) mit der Mutter verpflichtet sind, dieser regelmäßig die Gewinne zu überweisen. 269 Walsh v. Hotel Corp. of America, 231 A.2d 458 (Del.1967); N.L.R.B. v. Deena Artware, Inc. , 359 U.S. 983 (1960). 270 Edwards Co. v. Monogram Industries, Inc., 453 F.2d 991 (5th Cir.1984), reversing

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zwar die Trennung zwischen den beiden Gesellschaften respektiert, doch haben sie die Tochter als Vertreterin der Mutter behandelt, was wirtschaftlich zum gleichen Ergebnis führt wie die Durchgriffshaftung.271 Am Rande sei auf eine weitere Fallgruppe hingewiesen, die ebenfalls dem Problembereich der Durchgriffshaftung zugeordnet wird. Es geht um das prozessrechtliche Problem, ob die Zustellung der Ladung (service of process) an die im Gliedstaat des Forums ansässige Tochtergesellschaft gegenüber der auswärtigen Muttergesellschaft wirksam ist. Manche Gerichte erklären sich in dieser Situation für örtlich unzuständig, da auch eine enge faktische Verflechtung von Mutter und Tochter eine Gleichsetzung auf der Grundlage etwa der alter ego-Theorie nicht rechtfertige, solange es zu keiner vollständigen Dominierung der Tochtergesellschaft in sämtlichen Angelegenheiten der täglichen Geschäftsführung komme.272 Dieser Grundsatz ist nach Auffassung anderer Gerichte dann unanwendbar, wenn die Tochter de facto als bloße Unterabteilung (subdivision) der Mutter zu behandeln ist.273 Bisweilen wird diese Problematik auch einfach übersehen.274 Von Fällen der Durchgriffshaftung zu unterscheiden sind solche Fälle, in denen ein Mutterunternehmen direkt haftbar gemacht wird (direct liability). In der Leitentscheidung United States v. Bestfoods des US Supreme Court ging es um die Klage gegen eine Muttergesellschaft wegen Umweltverschmutzungen auf dem Fabrikgelände ihrer Tochtergesellschaft.275 Nach einer bundesrechtlichen Vorschrift ist eine Klage möglich gegen jeden, der eine solche umweltverschmutzende Anlage betreibt (operate).276 Der Supreme Court entschied, dass für das Tatbestandsmerkmal „operate“ weder maßgeblich noch ausreichend sei, wenn das Mutterunternehmen die Tochter kontrolliere und damit die Voraussetzungen für eine Durchgriffshaftung gegeben seien. Vielmehr ginge es hier um eine direkte Haftung der Muttergesellschaft, und für das Merkmal „operate“ sei erforderlich, dass die Mutter selbst als Betreiberin der konkreten Anlage anzusehen sei. Dies sei gegeben, wenn ein Repräsentant der Muttergesellschaft den Betrieb der Anlage konkret gestaltet und kontrolliert habe, und zwar hinausgehend über das,

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713 F.2d 139 (5th Cir.1983); Bernardin, Inc. v. Midland Oil Corp., 520 F.2d 771 (5th Cir.1975). Wyoming Construction Co. v. Western Casualty & Surety Co., 275 F.2d 97 (10th Cir.1960), certiorari denied, 362 U.S. 976 (1960); Van Pelt v. Paull, 150 N.W.2d 185 (Mich.Ct.App.1967). Quarles v. Fuqua Industries, Inc., 504 F.2d 1358 (10th Cir.1974). Grimandi v. Beech Aircraft Corp., 512 F.Supp. 764 (D.Kan.1981). So offensichtlich von der beklagten Volkswagenwerk AG in Schlunk v. Volkswagenwerk AG, 495 N.E.2d 1114 (Ill.App.Ct.1986), affirmed, 108 S.Ct. 2104 (1988). 524 U.S. 51, 118 S.Ct. 1876 (1998). Siehe § 107 des Comprehensive Environmental Response, Compensation, and Liability Act (CERCLA), 42 U.S.C. §§ 9601 ff.

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was man als übliche Aufsicht eines Mutterunternehmens über die Anlage eines Tochterunternehmens ansehe.

7. Steuer-, Insolvenz- und Kartellrecht Auch in steuer-, insolvenz- und kartellrechtlichem Kontext geht es beim piercing the corporate veil in erster Linie um Fälle von Gesetzesumgehung. Wegen der besonderen Bedeutung dieser Materien haben sich allerdings zum Teil spezielle Regeln entwickelt. a) Steuerrecht Aus steuerrechtlicher Sicht steht bei der Durchgriffsproblematik die Frage im Mittelpunkt, ob die Gesellschaft im Verhältnis zu den Gesellschaftern als eigenes Steuersubjekt zu betrachten ist. Auf bundessteuerrechtlicher Ebene gilt der so genannte business activity test.277 Danach ist zu prüfen, ob die corporation für einen eigenständigen Geschäftszweck (proper business purpose) oder lediglich aus steuerlichen Gründen errichtet oder betrieben wurde. Letztlich ist festzustellen, ob die Gesellschafter bona fides gehandelt haben.278 Zu beachten ist, dass dieser Test durchaus zu anderen Ergebnissen führen kann als etwa die soeben im Zusammenhang mit dem Durchgriff bei zusammengeschlossenen Unternehmen angesprochene instrumentality rule.279 Der US Supreme Court billigte den business activity test implizit in Higgins v. Smith.280 Danach braucht eine Gesellschaft, die allein aus dem Streben nach Steuerersparnis und ohne business purpose errichtet wurde (sham corporation), dann steuerrechtlich nicht anerkannt zu werden, wenn hierdurch dem gesetzgeberischen Ziel einer steuerrechtlichen Bestimmung am besten gedient ist.281 Andererseits kann sich ein Steuerzahler, der beschlossen hat, sein Gewerbe in Form einer corporation auszuüben, den daraus erwachsenden steuerlichen Verpflichtungen und Nachteilen nicht durch Berufung auf den business activity test entziehen.282 Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich erhebliche Einschränkungen für die Zulässigkeit von Abschreibungsgesellschaften. 277 Moline Properties, Inc. v. Commissioner, 319 U.S. 436 (1943); Nelson v. Commissioner, 281 F.2d 1 (5th Cir.1960). 278 Henn/Alexander, Laws of Corporations (1983) 372. 279 Vgl. aber Valley Finance, Inc. v. United States, 629 F.2d 162 (D.C.Cir.1980); Roccaforte v. Commissioner, 77 T.C. 263 (1981). 280 308 U.S. 473 (1940). 281 Hierzu auch Moline Properties, Inc. v. Commissioner, 319 U.S. 436 (1943); Britt v. United States, 431 F.2d 227 (5th Cir.1970). 282 Taylor v. Commissioner, 445 F.2d 455 (1st Cir.1971); Coca-Cola Bottling Co. v. United States, 443 F.2d 1253 (10th Cir.1971).

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Der Internal Revenue Code (Bundessteuergesetzbuch) erlaubt, innerhalb mehrerer verbundener Gesellschaften Steuern und Freibeträge so zuzuordnen, dass Steuerhinterziehung (tax evasion) vermieden wird und die Besteuerung dem tatsächlichen Gewinn entspricht.283 Darüber hinaus enthält der Internal Revenue Code zahlreiche Ausnahmen vom Grundsatz der getrennten Besteuerung von Gesellschaft und Gesellschaftern, auf die hier allerdings schon aus Platzgründen nicht näher eingegangen werden soll.284

b) Insolvenzrecht Im Insolvenzrecht (bankruptcy law) sind im Wesentlichen drei DurchgriffsFallgruppen zu unterscheiden: Zum einen geht es um die Frage, ob die Insolvenzgläubiger durch die insolvente Gesellschaft hindurch auf die solventen Gesellschafter zugreifen können. Da hier nach der Rechtsprechung die allgemeinen Grundsätze des Haftungsdurchgriffs gelten, kann insoweit auf die Ausführungen in den vorangehenden Unterabschnitten verwiesen werden. Zum zweiten geht es um die Fälle, in denen die Gesellschafter im Insolvenzverfahren Ansprüche gegen die Gesellschaft geltend machen. Hier ist zunächst fraglich, ob Ansprüche der Gesellschafter überhaupt Anerkennung verdienen. Werden sie anerkannt, dann ist ferner zu bestimmen, ob sie im Verhältnis zu den Ansprüchen Dritter gleichen oder nachgeordneten Rang erhalten sollen. Ob die Trennung zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft und damit auch die Ansprüche ersterer gegen zweite Bestand haben sollen, entschied die Rechtsprechung bis in die dreißiger Jahre hinein anhand der bereits angesprochenen instrumentality rule.285 Dies war eine relativ unflexible Lösung. Denn die Ansprüche der Gesellschafter blieben entweder gänzlich unberücksichtigt, oder die Gesellschafter kamen in den vollen Genuss der Rechte von Außenstehenden. Der US Supreme Court bevorzugte in Taylor v. Standard Gas & Electric Company eine flexiblere Lösung.286 Der Entscheidung, die in Anlehnung an den Namen einer beteiligten Partei auch Deep Rock-Entscheidung genannt wird, lag folgender Fall zugrunde: Die Muttergesellschaft hielt sämtliche Stammaktien (common shares) der Tochter, während sich Vorzugsaktien (preferred shares) in Streubesitz befanden. Nachdem die Tochtergesellschaft zahlungsunfähig geworden war, machte die Muttergesellschaft Ansprüche aus Geschäften mit der Toch-

283 § 482 I.R.C.; Commissioner v. First Security Bank of Utah, N.A., 405 U.S. 394 (1972); Brittingham v. Commissioner, 598 F.2d 1375 (5th Cir.1979). 284 Vgl. dazu im Einzelnen Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders (1996) § 1.05. 285 Henn/Alexander, Laws of Corporations (1983) 370. 286 306 U.S. 307 (1939).

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tergesellschaft in Höhe von mehreren Millionen Dollar klageweise geltend. Der Supreme Court gestattete der Muttergesellschaft, mit ihren Ansprüchen gegen die Tochtergesellschaft am Reorganisationsverfahren teilzunehmen. Allerdings wurden ihre vertraglichen Ansprüche den Ansprüchen der Vorzugsaktionäre im Rang nachgeordnet (equitable subordination). Der Supreme Court wendete dabei einen fairness test an, demzufolge eine Gleichbehandlung aller Ansprüche deshalb ausscheiden musste, weil die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft von Beginn an mit einer unzureichenden Kapitaldecke ausgestattet hatte und überdies die Tochter ausschließlich den Geschäftsinteressen der Mutter dienen sollte. Der Supreme Court ließ sich von der Überlegung leiten, dass derjenige, der im Zusammenhang mit der Geschäftsführung der zahlungsunfähigen Gesellschaft die Gebote geschäftlicher Fairness missachtet hat, hinter alle anderen Gläubiger zurücktreten müsse. Der Grundsatz bevorzugter Befriedigung gilt nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung im Verhältnis der Ansprüche Dritter zu sämtlichen Gesellschafteransprüchen, die in irgendeiner Weise als ungerechtfertigt (inequitable) eingestuft werden.287 In den meisten Fällen führt dieses Prinzip der equitable subordination freilich dazu, dass die betreffende Person leer ausgeht. Ansprüche, die in dieser Weise nachgeordnet sind, bezeichnet man seither auch als deep-rocked. In einer späteren Entscheidung dehnte der Supreme Court den Anwendungsbereich der deep rock doctrine auf Insolvenzen von Einpersonengesellschaften aus.288 In ungünstigen Fällen kann diese Lehre allerdings gerade dazu führen, dass die ungesicherten Gläubiger benachteiligt werden, so etwa in einem Fall, in dem die Pfandgläubiger der Aktionäre einer zahlungsunfähigen Tochtergesellschaft befriedigt werden konnten, während die ungesicherten Warengläubiger der Muttergesellschaft leer ausgingen.289 Neben der subordination steht dem Insolvenzgericht ein weiteres Mittel zu Gebote, um den Anspruch eines Gesellschafters gegen die zahlungsunfähige Gesellschaft im Insolvenzverfahren zu eliminieren. Es kann die zuvor vom Gesellschafter erbrachte Gegenleistung im Wege der reclassification kurzerhand zu einer Erhöhung der Einlage erklären. Dies bietet sich besonders dort an, wo die Gesellschaft von Anfang an unterkapitalisiert war.290 Abgelehnt wird die reclassification hingegen, wenn weder Unterkapitalisierung noch missbräuchliche Absicht der Gesellschafter im Spiel ist.291

287 In re Fett Roofing & Sheet Metal Co., Inc., 438 F.Supp. 726 (E.D.Va.1977), affirmed, 605 F.2d 1201 (4th Cir.1979). 288 Pepper v. Litton, 308 U.S. 295 (1939); ebenso Costello v. Fazio, 256 F.2d 903 (9th Cir.1958). 289 In re Commonwealth Light and Power Co., 141 F.2d 734 (7th Cir.1941). 290 Costello v. Fazio, 256 F.2d 903 (9th Cir.1958). 291 In re Mader’s Store for Men, Inc., 254 N.W.2d 171 (Wis.1977).

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Die ganze Fülle der Entscheidungsfreiheit des Insolvenzrichters hinsichtlich der Behandlung der Ansprüche von Gesellschaftern wird in § 510 (c) (1) des Bankruptcy Act von 1978 deutlich, wonach „… after notice and hearing the court may … under principles of equitable subordination, subordinate for purposes of distribution all or part of an allowed claim, to all or part of another allowed claim or all or part of an allowed interest to all or part of another allowed interest …“ 292.

In den Gesetzgebungsmaterialien wird klargestellt, dass mit dieser Regelung lediglich das geltende Fallrecht kodifiziert werden soll.293 In der dritten insolvenzrechtlichen Durchgriffs-Fallgruppe geht es um den Durchgriff bei der Insolvenz der Muttergesellschaft. Hier kann zwar das Vermögen der Tochtergesellschaft im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren der Muttergesellschaft der Insolvenzverwaltung unterstellt werden, doch dürfen die Rechte der Gläubiger der Tochter nicht beeinträchtigt werden. Üblicherweise wird zugunsten der Gläubiger der Tochtergesellschaft ein Fonds eingerichtet, aus dem die Ansprüche befriedigt werden.294 Fallen hingegen sowohl Mutter- als auch Tochtergesellschaft gleichzeitig in Insolvenz, so wird zwar in aller Regel die formelle Trennung zwischen beiden Gesellschaften aufrecht erhalten, doch kommt es bisweilen zur Bildung eines gemeinsamen Fonds aus dem Vermögen beider Gesellschaften; aus diesem Fonds werden dann die Ansprüche aller Gläubiger befriedigt, wobei die Reihenfolge nach equity-Gesichtspunkten bestimmt wird.295

c) Kartellrecht Auch im Kartellrecht (antitrust law) gelten zum Teil besondere Regeln für den Zurechnungsdurchgriff im Fall der Gesetzesumgehung. So werden verbundene Unternehmen als Einheit behandelt, wenn sie als getrennte Gesellschaften nur betrieben werden, um kartellrechtliche Bestimmungen zu umgehen. Entscheidend ist vor allem, ob die Gesellschaften einer einheitlichen Kontrolle unterstehen und echter oder bloß scheinbarer Wettbewerb unter ihnen besteht.296

292 11 U.S.C. § 510 (c) (1). 293 H.R.Rep. 595 (95th Cong.1st Sess.) 359. 294 Commerce Trust Co. v. Woodbury, 77 F.2d 478 (8th Cir.1935), certiorari denied, 296 U.S. 614 (1935); Matter of Gibraltar Amusements, Ltd., 291 F.2d 22 (2d Cir.1961), certiorari denied, 368 U.S. 925 (1961). 295 Stone v. Eacho, 127 F.2d 284 (4th Cir.1942), certiorari denied, 317 U.S. 635 (1942). 296 Hunt-Wesson Foods, Inc. v. Ragu Foods, Inc., 627 F.2d 919 (9th Cir.1980); Timken Roller Bearing Co. v. United States, 341 U.S. 593 (1951); Little v. United States, 331 F.2d 287 (1964); Tugboat Co. v. Shipowners & Merchants Towboat Co., Ltd., 467 F.Supp. 841 (N.D.Cal.1979).

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8. Rechtspolitische Diskussion Der Haftungsdurchgriff und die grundsätzlichere Frage nach der ökonomischen Funktion der begrenzten Gesellschafterhaftung waren in jüngerer Vergangenheit Gegenstand einer lebhaften rechtspolitischen Debatte. Vertreter der neoklassischen Lehre sehen im Durchgriff auf die Gesellschafter vor allem einen Störfaktor. Das Risiko der persönlichen Haftung wirke nur bei oberflächlicher Betrachtung positiv, das heißt effizienzsteigernd. Bei genauerem Hinsehen werde erkennbar, dass sich das erhöhte Risiko aus der Sicht der Investoren in Gestalt zusätzlicher Kosten niederschlage und kontraproduktiv wirke. Grundsätzlich ist danach die Errichtung haftungsrechtlich getrennter Einheiten, etwa im Rahmen eines Systems verbundener Unternehmen, das Ergebnis einer ökonomisch sinnvollen Externalisierung eines Teils der Kosten, die sich aus dem Betrieb des jeweiligen Unternehmens ergeben. Jede Internalisierung dieser Kosten sei demgegenüber mit deutlichen – wenn auch je Fall unterschiedlichen – Nachteilen verbunden. Daraus wird gefolgert, die bloße Bildung haftungsrechtlich getrennter Einheiten rechtfertige auch bei enger organisatorischer Verflechtung der Einheiten keinen Durchgriff. So sei es insbesondere widersinnig, ein zulieferndes und ein beliefertes Unternehmen mit dem Risiko des Durchgriffs zu belasten, wenn sie sich verbunden haben, um Transaktionskosten zu senken. Denn die Verringerung der Kosten sei ökonomisch wünschenswert und müsse vernünftigerweise prämiert, nicht bestraft werden. Gerechtfertigt sei der Durchgriff hingegen dann, wenn gegenüber einem Dritten in unredlicher Weise vorgetäuscht werde, das Haftungssubjekt umfasse mehrere Einheiten, obgleich tatsächlich nur eine Einheit haftbar sei (Fall der misrepresentation). Dies sei nach entsprechenden Beobachtungen sehr viel häufiger der Fall, wenn die verbundenen Gesellschaften im gleichen Bereich tätig seien (related businesses).297

297 Posner, The Rights of Creditors of Affiliated Corporations, U.Chi.L.Rev. 43 (1976) 499–526 und dazu Landers, Another Word on Parents, Subsidiaries, and Affiliates in Bankruptcy, U.Chi.L.Rev. 43 (1976) 527–540; Posner, Economic Analysis of Law (2003) 423–426; vgl. auch Easterbrook/Fischel, Limited Liability and the Corporation, U.Chi.L.Rev. 52 (1985) 89–117; dies., The Economic Structure of Corporate Law (1991) 41–44, die sechs Kriterien nennen, die aus ökonomischer Sicht für eine begrenzte Haftung streiten; kritisch zu diesen Kriterien Presser, Thwarting the Killing of the Corporation: Limited Liability, Democracy, and Economics, Nw.U.L.Rev. 87 (1992) 148–179, 155f.; ebenfalls für die Abschaffung des Durchgriffs Bainbridge, Abolishing Veil Piercing, J.Corp.L. 26 (2001) 479–535; zumindest für den Bereich des Deliktsrechts Hansmann/Kraakman, Towards Unlimited Shareholder Liability for Corporate Torts, Yale L.J. 100 (1991) 1879–1934, die stattdessen eine pro rata-Haftung der Gesellschafter vorschlagen; kritisch dagegen Grundfest, The Limited Future of Unlimited Liability: A Capital Markets Perspective, Yale L.J. 102 (1992) 387–424, der argumentiert, Investoren würden Wege schaffen, um eine mögliche pro rata-Haftung auszuweiten; ebenso kritisch

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Dieser neoklassischen Analyse wird von anderer Seite entgegengesetzt, die Untergliederung einer wirtschaftlichen Gesamteinheit in verschiedene Gesellschaften werde in der Praxis allein deswegen vorgenommen, um Gewinne zu maximieren. Die untergliederte Struktur erhöhe den Gesamtertrag des Unternehmens. Für die Gesellschafter spiele es freilich keine Rolle, welche der unterschiedlichen Gesellschaften den Ertrag erwirtschafte und welche Gesellschaften mit hohen Passiva belastet seien. Denn das Vermischen und Verschieben von Aktiva und Passiva mache für sie im Ergebnis keinen Unterschied. Daher müsse den Gläubigern der einzelnen Gesellschaften die Möglichkeit eröffnet werden, auf das Gesamtvermögen und den Gesamtgewinn des Zusammenschlusses zuzugreifen. Die neoklassische Lehre, die orientiert sei am Gedanken der Zustimmung des Gläubigers zur Beschränkung der Haftung auf die jeweilige Einzelgesellschaft, führe insbesondere bei deliktischen Ansprüchen zu untragbaren Ergebnissen.298 Als weiterer Aspekt des Haftungsdurchgriffs wird die Frage diskutiert, inwieweit die Beachtung gesetzlicher Ge- und Verbote von der konkreten Ausgestaltung der Durchgriffstatbestände berührt wird. Grundsätzlich kollidiert die beschränkte Gesellschafterhaftung mit dem Schadensersatzrecht und sämtlichen Vorschriften, deren Einhaltung mit Geldstrafe bewehrt ist. Denn jenseits des Haftungskapitals bleibt das inkriminierte Verhalten für Gesellschaft und Gesellschafter de facto sanktionslos. Dieses Problem stellt sich mit zunehmender Schärfe im Bereich der Produktion und Bearbeitung gefährlicher Güter. Hier ist die Neigung zur Externalisierung der Haftungsrisiken aus nahe liegenden Gründen besonders groß. Man überlässt das dirty business einer eigens errichteten und mit knapper Kapitaldecke versehenen Gesellschaft oder aber so genannten independent suppliers, die mit dem Hauptunternehmen nicht durch eine Kapitalbeteiligung, sondern allein durch einen Darlehens- und einen Generalabnahmevertrag (output contract) verbunden sind. Hierdurch vermeidet man die haftungsrechtliche Verantwortung, die herkömmlicherweise das Verhältnis von Mutter- und Tochtergesellschaft kennzeichnet. Zur Lösung dieses Dilemmas wird vorgeschlagen, die Gesellschafter sollten entsprechende Ansprüche immer

Alexander, Unlimited Shareholder Liability Through a Procedural Lens, Harv. L.Rev. 106 (1992) 387–445, der ein prozessuales Problem darin erblickt, wie ein einzelstaatliches Gericht personal jurisdiction für shareholders erhalten soll, die geographisch weit verstreut sind. 298 Landers, A Unified Approach to Parent, Subsidiary, and Affiliate Questions in Bankruptcy, U.Chi.L.Rev. 42 (1975) 589–652, 620 ff.; ders., Another Word on Parents, Subsidiaries and Affiliates in Bankruptcy, U.Chi.L.Rev. 43 (1976) 527–540; siehe auch Presser, Thwarting the Killing of the Corporation: Limited Liability, Democracy, and Economics, Nw.U.L.Rev. 87 (1992) 148–179, 160f.; zum Deliktsrecht siehe Hansmann/Kraakman, Towards Unlimited Shareholder Liability for Corporate Torts, Yale L.J. 100 (1991) 1879–1934, dagegen Leebron, Limited Liability, Tort Victims, and Creditors, Col.L.Rev. 91 (1991) 1565–1650.

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dann persönlich begleichen, wenn die Gesellschaft selbst ihre Verpflichtungen nicht erfüllen kann. Allerdings sollen die Gesellschafter anders als beim klassischen Haftungsdurchgriff nicht wie die partner einer general partnership, das heißt gesamtschuldnerisch, haften. Sie sollen vielmehr als Bürgen haften, das heißt jeder Gesellschafter haftet für den nicht gedeckten Betrag nur in Höhe seiner prozentualen Beteiligung an der Gesellschaft.299 Diskutiert wird schließlich, ob es Alternativen zum überkommenen System der vermittels der Durchgriffshaftung „aufgelockerten“ beschränkten Gesellschafterhaftung gibt. Im Mittelpunkt steht der Vorschlag einer Kombination von unbeschränkter Haftung und Versicherung. Der wesentliche Unterschied zwischen diesem Modell und dem traditionellen System der beschränkten Gesellschafterhaftung besteht in den Kosten des Schutzes vor dem Haftungsrisiko. Traditionellerweise ist dieser Schutz kostenlos, wenn man von den Kosten der Inkorporation absieht. Beim Versicherungsmodell hat dieser Schutz einen Marktpreis. Dieser Preis würde sich vor allem danach richten, wie gut es den Gesellschaftern oder dem Management gelingt, durch entsprechende Vorkehrungen den Eintritt des Versicherungsfalls zu verhindern. Anders formuliert: Je häufiger die Versicherung zu zahlen hätte, umso höher läge die Versicherungsprämie. Mithin würde das Versicherungsmodell einen Anreiz schaffen, das Haftungsrisiko zu verringern, während ein solcher Anreiz beim herkömmlichen System der beschränkten Haftung fehlt.300 Freilich wird von anderer Seite auf verschiedene technische Probleme hingewiesen, die mit dem Versicherungsmodell zwangsläufig verbunden sind.301 Und es fragt sich natürlich auch, ob beim gegenwärtigen System nicht bereits vom (Fremd-)Kapitalmarkt der gleiche Anreiz ausgeht, den der Markt für Versicherungspolicen beim Versicherungsmodell ausüben soll. Zweifel am Versicherungsmodell ergeben sich auch daraus, dass der Markt zwar zu einer Reaktion, nicht jedoch zu Prävention fähig ist. Ebenso wenig sollte übersehen werden, dass das Versicherungsmodell dort versagt, wo überdurchschnittliches Verhalten prämiert und unterdurchschnittliches Verhalten unterbunden werden soll. Erforderlich wäre also zumindest eine Flexibilisierung oder Individualisierung, etwa durch gestaffelte Versicherungsklassen. Ob das Versicherungsmodell dem überkommenen System beschränkter Haftung (mit den bekannten Korrekturen durch den Haftungsdurchgriff) tatsächlich vorzuziehen ist, bleibt gegenwärtig ungewiss.

299 Stone, The Place of Enterprise Liability in the Control of Corporate Conduct, Yale L.J. 90 (1980) 1–77, 68ff. 300 Halpern/Trebilcock/Turnbull, An Economic Analysis of Limited Liability in Corporation Law, U.Toronto L.J. 30 (1980) 117–150, 145f. 301 Posner, Economic Analysis of Law (2003) 424.

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VII. Vergleichende Schlussbetrachtung 1. Festzuhalten ist zunächst, dass der Haftungsdurchgriff als Reaktion auf bestimmte „kranke“ Fälle, in denen die Gesellschaft illiquide ist, in allen hier behandelten Gesellschaftsrechtsordnungen als Rechtsfigur bekannt und etabliert ist, und zwar unabhängig davon, ob ein festes Grundkapital vorgeschrieben ist. Allerdings variierte die theoretische wie praktische Bedeutung des Haftungsdurchgriffs von Land zu Land deutlich. Gering ist die Bedeutung des Haftungsdurchgriffs zunächst in Deutschland, das traditionell über ein ausdifferenziertes Arsenal sonstiger Instrumente des gesellschafts-, konzern-, insolvenz- und deliktsrechtlichen Gläubigerschutzes verfügt. Auch dem französischen Recht ist eine ausgeprägte Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung oder etwa zu einem existenzvernichtenden Eingriff durch die Gesellschafter eher fremd, weil die Gläubiger in Frankreich bereits relativ wirkungsvoll durch eine besondere insolvenzrechtlich ausgestaltete Ausfallhaftung in Gestalt der action en comblement de passif (Verlustdeckungshaftung für Passiva) geschützt werden, die ähnliche Fallgruppen wie die deutsche Durchgriffsproblematik behandelt und zu ähnlichen Ergebnissen gelangt. Im spanischen Recht wiederum ist der Durchgriff seit etwa zwei Jahrzehnten anerkannt und von der Rechtsprechung durchaus praktiziert. Während der Durchgriff im englischen Recht nur sehr schwach ausgeprägt ist, spielt er im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht eine sehr bedeutende Rolle, die sich in einer überaus regen Judikatur mit alljährlich vielen hundert Entscheidungen niederschlägt. In der Zusammenschau lässt sich allerdings eine negative Korrelation zwischen festem Grundkapital und Durchgriffshaftung nicht recht belegen. 2. Das rechtspolitische Motiv hinter der Durchgriffshaftung in den hier untersuchten Rechtsordnungen ist – bei allen Unterschieden im Detail – der Gedanke der Verhinderung bzw. Sanktionierung des Missbrauchs der Verwendung einer haftungsprivilegierten Gesellschaftsform. Umgekehrt scheidet ein Haftungsdurchgriff dann, wenn keinerlei Indizien für einen entsprechenden Missbrauch zu erkennen sind, in der weit überwiegenden Zahl der Fälle aus. Noch weiter geht die spanische Rechtsprechung, die positiv den schwierigen Nachweis der Missbrauchsabsicht verlangt. Für Deutschland, Spanien und England gemeinsam gilt ferner, dass die Durchgriffshaftung prinzipiell nur subsidiär und sozusagen als „letztes Mittel“ zur Anwendung gelangt. Dies ergibt sich bereits aus dem Ausnahmecharakter der Durchgriffshaftung. 3. Typischerweise handelt es sich bei der Durchgriffshaftung um ein richterrechtliches Instrument. Daran ändert nichts, dass man etwa in der deutschen Diskussion für die positivrechtliche Begründung verschiedentlich auf die Nähe zur deliktsrechtlichen Bestimmung des § 826 BGB verweist oder dass etwa der englische Gesetzgeber einzelne Fälle der Durchgriffshaftung im Steuerrecht und im Insolvenzrecht gesetzlich geregelt hat.

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4. Aus der richterrechtlichen Herkunft der Durchgriffshaftung folgt sodann, dass die hier behandelten Rechtsordnungen durchgängig bestimmte Fallgruppen herausgearbeitet haben, in denen es typischerweise zur Durchgriffshaftung kommen kann. Hingegen gibt es kaum allgemein bzw. abstrakt formulierte Tatbestände der Durchgriffshaftung. Andererseits bietet die reichhaltige US-amerikanische Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung der Kautelarpraxis deutlich mehr Orientierung als etwa die deutsche oder französische Judikatur. 5. Gewisse Übereinstimmungen lassen sich sodann bei den Fallgruppen feststellen: In allen hier behandelten Rechtsordnungen bildet zunächst der Rechtsformenmissbrauch eine größere Fallgruppe. Dabei lassen sich zwei Spielarten unterscheiden, nämlich einerseits die Fälle der Scheingesellschaft, der wirtschaftlichen Einheit oder des „Alter Ego“, und andererseits die Fälle der Gesetzes-, Vertrags- oder Haftungsumgehung. Sodann spielen die Fallgruppen der Vermögensvermischung, der Vermögensverschiebung und der Unterkapitalisierung eine gewisse Rolle. Während in Frankreich die Fallgruppe der Geschäftsführungsfehler hinzutritt, kommt in den USA die Fallgruppe der Verfahrensfehler hinzu, vor allem in Gestalt der Verletzung von Gründungsvorschriften. 6. Anspruchsgegner des Haftungsdurchgriffs ist mehrheitlich der Gesellschafter, sofern er Einfluss auf die Geschäftsführung hat. Hingegen richtet sich die französische action en comblement de passif gegen den (faktischen) Geschäftsführer. 7. In subjektiver Hinsicht verlangt der Haftungsdurchgriff regelmäßig schuldhaftes Verhalten. Das spanische Recht verlangt darüber hinaus Schädigungsabsicht, während hingegen für die Haftung aus faute de gestion bereits leichte Fahrlässigkeit genügt. 8. Konstruiert ist der Anspruch aus dem Haftungsdurchgriff durchgängig als Anspruch direkt gegen den Gesellschafter, nicht hingegen als Anspruch nur gegen die Gesellschaft, um ihr auf diesem Wege Liquidität zu verschaffen.

Haftung der Geschäftsleiter in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union

von Professor Dr. Tim Drygala, Leipzig

Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Sorgfaltspflicht und Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . 1. Wen schützt die Sorgfaltspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sorgfaltshaftung als Element des Gläubigerschutzes . . . . . . . 3. Auswirkungen der Sorgfaltshaftung auf den Binnenmarkt . . . . III. Bedeutung der Geschäftsleiterhaftung für den Gläubigerschutz . . . 1. Inhaltliche Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Person des Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausschluss von Verzicht, Vergleich und Haftungsbefreiung durch Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Länderberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Portugal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beitrag der Organhaftung zum Gläubigerschutz . . . . . . . . . 2. Organhaftung als Kompensation bei Abbau des Kapitalschutzes? VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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284 285 285 287 289 290 291 292 294 294 296 298 298 299 . 300

I. Einleitung Es verwundert auf den ersten Blick, dass das Thema einer Haftung der Geschäftsleiter auf der Tagesordnung einer Arbeitsgruppe steht, die sich mit der Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals sowie einer Liberalisierung der

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dazu bestehenden Vorschriften beschäftigt. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den beiden Themen ist dabei sicherlich dort gegeben, wo eine Haftung des Geschäftsleiters daraus resultiert, dass er gegen Vorschriften verstößt, die gerade der Aufbringung und Erhaltung des Kapitals dienen; Beispiele wären im deutschen Recht Verstöße gegen §§ 9 f.; 57 f., 71ff. AktG. Auch die Haftung der Geschäftsleiter wegen Insolvenzverschleppung lässt sich in diesem Zusammenhang einordnen 1, jedenfalls wenn man in dem Verbot der Insolvenzverschleppung ein Instrument sieht, das verhindern soll, dass insbesondere eine überschuldete Gesellschaft weiterhin am Markt tätig sein kann 2. In Fällen dieser Art ist der Zusammenhang zwischen dem Kapitalschutz und der Geschäftsleiterhaftung sicherlich gegeben. Schwieriger ist es, wenn man sich den allgemeinen Sorgfaltspflichten der Geschäftsleiter zuwendet, wie sie etwa im deutschen Recht in den §§ 43 GmbHG, 93 I AktG niedergelegt sind. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Frage des Kapitals besteht insofern nur, als die genannten Vorschriften es dem Geschäftsleiter sicherlich verbieten, an gesetzwidrigen Handlungen mitzuwirken, und gesetzwidrig sind sicherlich auch alle Handlungen, die gegen den Grundsatz der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung verstoßen, auch soweit diese nicht bereits durch besondere Haftungsnormen sanktioniert sind. Es besteht aber auch ein mittelbarer, darüber hinaus gehender Zusammenhang, der sich verdeutlicht, wenn man überlegt, dass die Grundsätze der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung gerade und vor allem dem Schutz der Gläubiger dienen. Stellt man die Problematik in den größeren Zusammenhang des Gläubigerschutzes, wird auch die Frage nach der Bedeutung der Geschäftsleiterhaftung für die hier erörterte Kapitalproblematik deutlich. Diesem Gedanken soll hier weiter nachgegangen werden.

II. Allgemeine Sorgfaltspflicht und Gläubigerschutz 1. Wen schützt die Sorgfaltspflicht? Bevor man dem genannten Zusammenhang näher nachgehen kann, muss man sich allerdings fragen, ob die allgemeine Sorgfaltspflicht der Geschäftsleiter und eine darauf bezogene Haftung überhaupt einen Bezug zum Gläubigerschutz aufweist. Dieser Zusammenhang ist rechtlich eher undeutlich ausgeprägt. Denn Grund für die Existenz der Vorschriften, die den Geschäftsleiter auf die Einhaltung von Sorgfaltsmaßstäben bei der Leitung der Gesellschaft verpflichten, ist be-

1 So jedenfalls § 93 III Nr. 6 AktG, der diesen Fall ausdrücklich nennt. 2 BGHZ 126, 181, 192ff., str. abl. etwa Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 92, Rdn. 19.

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kanntlich das so genannte Principal-Agent-Problem 3: Danach besteht bei der Delegation der Leitungsaufgaben auf angestellte Manager anstelle der wirtschaftlichen Eigentümer des Unternehmens die Gefahr, dass die angestellten Leitungsorgane aus verschiedenen, hier nicht näher zu erörternden Gründen nicht durchgängig die Interessen der Eigentümer wahren, sondern stattdessen eigene, davon divergierende Interessen verfolgen 4. Daraus können sich Gefährdungen für das von den Eigentümern eingebrachte und dem geschäftlichen Zweck gewidmete Vermögen ergeben. Bei der Sorgfaltshaftung handelt es sich folglich um einen Steuerungsmechanismus, der derartige Gefahren von den wirtschaftlichen Inhabern der Unternehmung abwehren soll. Dann aber stellt sich die Frage, ob nicht sie, die Eigentümer, bzw. die anstellende Gesellschaft als ein zentraler Punkt, in dem die Eigentümerinteressen zusammenlaufen, als der Schutzadressat der Sorgfaltshaftung anzusehen sind. Für eine solche Betrachtung könnte auch sprechen, dass, wie noch näher auszuführen sein wird, der Inhaber der Ansprüche aus einer Verletzung der allgemeinen Sorgfaltshaftung in den meisten Mitgliedsstaaten der EG die Gesellschaft selber ist 5. Direktansprüche der Gläubiger, die auf eine Verletzung der allgemeinen Sorgfaltshaftung gestützt werden, sind hingegen eher die Ausnahme und sind dort, wo sie zugelassen sind, häufig an einschränkende Voraussetzungen geknüpft. Auch das spricht sicherlich dafür, Gesellschaft und Aktionäre, nicht aber die Gläubiger als von der allgemeinen Sorgfaltshaftung geschützt anzusehen. Wendet man sich an Stelle der rein rechtlichen Betrachtungsweise jedoch einer mehr wirtschaftlichen Betrachtung zu, ändert sich das Bild deutlich. Denn die Risiken, die die Gläubiger bei einem Vertragsschluss mit einer beschränkt haftenden Gesellschaft eingehen, werden sicherlich von der Höhe des eingebrachten Kapitals und von dessen Sicherung gegen einen Rückfluss an die Gesellschafter bestimmt. Auf längere Sicht mindestens ebenso entscheidend ist aber für den Gläubiger, ob die Gesellschaft mit dem eingebrachten Kapital rentabel wirtschaftet oder nicht. Denn alle Kapitalschutzvorschriften sichern den Gläubigern nur gegen einen Rückfluss des Kapitals an die Gesellschafter, nicht aber eine Auszehrung des Kapitals durch geschäftliche Verluste 6. Daher kann die Zusage eines bestimmten Haftkapitals, wie in der Literatur auch inzwischen deutlich hervor gehoben wird, nur einen punktuellen und zeitlich begrenzten Schutz des Gläubi-

3 Grossman/Hart, An Analysis of the Principal Agent Problem, Ecometria 51, 1983, 17 ff.; Arrow in Pratt/Zeckhauser (ed.), Principals and Agents: The Structure of Business, 1995, 37 ff. 4 Näher Clark, Corporate Law, 1986, 276 ff.; Eckert/Grechenig/Stremitzer in Kalss (Hrsg.), Vorstandshaftung in 15 europäischen Ländern, 2005, 111ff. 5 Siehe unten IV. 6 Davies, AG 1998, 346, 349; Kübler, Aktie, Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarkt, 1989, 31; Enriques/Macey, 86 Cornell Law Review (2000/2001), 1165, 1174.

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gers bewirken, nämlich dahin, dass das aufzubringende Kapital im Moment der Aufbringung und noch eine gewisse, aber relativ kurze Zeit danach unverbraucht zur Verfügung steht und nicht an die Gesellschafter zurückgewährt wird 7. Nach Ende dieses verhältnismäßig überschaubaren Zeitraums können jedoch geschäftliche Verluste eintreten, gegen die den Gläubiger niemand schützt. Von daher ist es für den Gläubiger von allerhöchster Bedeutung, ob die Geschäftsleitung von den eingebrachten Mitteln einen wirtschaftlich sinnvollen Gebrauch macht und bei den anstehenden Investitionsentscheidungen mit der gebotenen beruflichen Sorgfalt vorgeht und schließlich illoyale und das Gesellschaftsinteresse schädigende Handlungen unterlässt. Deshalb kommt der allgemeinen Sorgfaltshaftung, die ein eben solches Verhalten von den Geschäftsleitern verlangt, in wirtschaftlicher Hinsicht durchaus gläubigerschützende Wirkung zu. Hinzuweisen ist ferner in diesem Zusammenhang auch darauf, dass nach statistischen Erhebungen Gesellschaften mit beschränkter Haftung ebenso häufig wie am Kapitalmangel an Managementfehlern scheitern 8. Dies trifft auch und insbesondere in Sanierungssituationen zu. Eine Gesellschaft, die dauerhaft mit Verlust arbeitet, kann nur bedingt bzw. für eine bestimmte Zeit dadurch saniert werden, dass die Gesellschafter ihr neues Kapital zuführen. Wenn nicht gleichzeitig von Seiten der Geschäftsführung Maßnahmen zur Beendigung der geschäftlichen Verluste getroffen werden, ist abzusehen, wann die neu aufgebrachten Mittel erneut verbraucht sein werden. Insofern ist nichts gefährlicher für die Gläubiger als eine Gesellschaft ohne dauerhaft funktionierendes Geschäftsmodell. Dies haben die Zusammenbrüche der Unternehmen am neuen Markt deutlich gezeigt. Selbst Emissionserlöse in dreistelliger Millionenhöhe waren hier innerhalb relativ kurzer Zeit verwirtschaftet, weil sich das zugrunde liegende Geschäftsmodell nicht als tragfähig erwies.

2. Sorgfaltshaftung als Element des Gläubigerschutzes Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist es durchaus möglich, die Verpflichtung der Geschäftsleiter auf eine sorgfältige und loyale Ausübung ihrer Amtspflichten nicht nur als eine Schutzmaßnahme zugunsten der Gesellschaft und der Gesellschafter als Eigentümer des Unternehmens, sondern auch als einen Teil des Gläubigerschutzes zu verstehen 9, der sich dann als ein Gesamtsystem aus mehreren Elementen zusammensetzt. In einer solchen Gesamtbetrachtung wird

7 Eidenmüller in FS Heldrich, 2005, 581, 595; Grunewald/Noack, GmbHR 2005, 189f.; Westermann, GmbHR 2005, 1849, 1851. 8 Vgl. etwa Justus Meyer, GmbHR 2002, 242 ff. und GmbHR 2004, 1417, 1426. 9 So auch Wiedemann, GesR I, 1980, S. 540f.

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der Gläubigerschutz als das Regelungsziel von mehreren Säulen getragen 10, die sich zum einen aus dem gesetzlichen Kapitalschutz, zum anderen aus der Haftung des Geschäftsführers und zum Dritten aus einer ausnahmsweisen Haftung der Gesellschafter, z. B. im Wege des Haftungsdurchgriffs, zusammensetzen. Ergänzen muss man dieses Modell jedoch noch um eine vierte Säule, nämlich den vertraglichen Selbstschutz, nachdem sich im Anschluss an rechtsökonomische Überlegungen die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass vertragliche Gläubiger zumindest zum Teil in der Lage sind, ihre Interessen durch vertragliche Absprachen zu schützen 11. Derartige Sicherungsabreden bilden folglich die vierte Säule, die das Gesamtsystem Gläubigerschutz ausmachen. Rechtsvergleichend ist festzustellen, dass diese vier Säulen in allen Rechtsordnungen der EU anzutreffen sind. Eine Regelung über das Kapital und seinen Schutz ergibt sich in allen Mitgliedsstaaten aufgrund der zweiten Richtlinie; auch die Haftung des Geschäftsführers für eine sorgfältige und loyale Ausübung seiner Amtspflichten ist in allen Mitgliedsstaaten anerkannt 12. Alle Mitgliedsstaaten behalten sich ferner das Recht vor, in bestimmten Einzelfällen den Grundsatz der beschränkten Haftung zu durchbrechen und eine Inanspruchnahme der Gesellschafter zuzulassen. Und schließlich ist auch in allen Mitgliedsstaaten die Möglichkeit vertraglicher Gläubiger anerkannt, durch Absprachen mit der Gesellschaft und/oder die Einräumung von Sicherheiten im Vermögen der Gesellschaft zu einer besonderen Sicherung ihrer Ansprüche zu kommen; dies ergibt sich ohne weiteres aus dem Grundsatz der Privatautonomie.

3. Auswirkungen der Sorgfaltshaftung auf den Binnenmarkt Die Ausgestaltung der Sorgfaltshaftung der Organe ist aus europäischer Sicht von Interesse, weil sie den Markt für Führungskräfte in Europa beeinflusst und Auswirkungen auf die Corporate Governance hat. So kann eine übermäßig strenge Regelung in einem Mitgliedstaat dazu führen, dass der betreffende Staat für Manager aus einem anderen Mitgliedsstaat als Ort der Tätigkeit unattraktiv wird, weil ihnen das persönliche Haftungsrisiko übermächtig erscheint und im Falle seiner Verwirklichung die wirtschaftliche Existenz des Managers bedroht 13.

10 Im Ansatz wie hier Altmeppen, ZiP 2002, 1578, der aber den vertraglichen Selbstschutz der Gläubiger zu Unrecht aus der Betrachtung ausblendet. 11 Kübler, aaO. (Fn. 6), 32; Enriques/Macey, aaO. (Fn. 6), 1188ff.; Merkt, AG 2003, 126, 129. 12 Siehe unten IV. 13 Djehane in Zeitschrift für schweizerisches Recht (ZSR) 124 (2005), 523, 527; Dupichot in Kreuzer (Hrsg.), Die Haftung der Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften, S. 173.

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Damit wird der Markt für Führungskräfte in dem betreffenden Land verengt. Zugleich wird durch eine übermäßig strenge Regelung die Corporate Governance negativ beeinflusst, weil die von der Haftung bedrohten Manager zu einem defensiven Leitungsverhalten neigen und deswegen sich bietende Geschäftschancen möglicherweise nicht voll ausschöpfen werden 14. Und schließlich verteuert eine übermäßig strenge Haftung die Führung der Gesellschaften, weil die betroffenen Manager auf den Abschluss einer D& O-Versicherung drängen werden 15. Angesichts der Tatsache, dass der angestellte Manager mit den möglichen Haftungssummen meist wirtschaftlich überfordert ist, kann die Gesellschaft ein solches Ansinnen kaum ablehnen. Im Zweifel wird sie auch die Kosten einer solchen Versicherung tragen, und diese Kosten werden umso höher steigen, je leichter es für Gläubiger ist, ein Organ erfolgreich in Anspruch zu nehmen. Damit besteht in einem übermäßig strengen Haftungsregime die Gefahr, dass die Gesellschaft den Schutz der Gläubiger finanzieren muss, während diese von der Notwendigkeit zu eigener Vorsorge entlastet werden. Auf der anderen Seite ist ein schwach ausgeprägtes System persönlicher Haftung des Managements zwar für die Manager selbst attraktiv und kann im Wettbewerb der Rechtsordnungen einen Standortvorteil für die Rechtsordnung darstellen, die ein solches liberales System anbietet 16. Jedoch verliert dann die Haftung einen erheblichen Teil ihrer Präventionswirkung, die sie unter normalen Umständen auf das Management dahingehend ausübt, die abstrakt formulierten Pflichten zu sorgfältiger und loyaler Amtsführung auch wirklich ernst zu nehmen. Es erscheint als fraglich, ob die Gefahr der Abberufung und des damit verbundenen Verlustes an geschäftlicher Reputation allein genügt, um einer Verletzung der Organpflichten mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Corporate Governance vorzubeugen.17 Ein Mindestmaß an gesetzlich zwingend ausgestalteter Organhaftung dürfte daher für eine funktionierende Gesellschaft nützlich sein und auch ökonomisch zum Funktionieren des Binnenmarktes beitragen. III. Bedeutung der Geschäftsleiterhaftung für den Gläubigerschutz Diese Gemeinsamkeiten der Mitgliedsstaaten im Ausgangspunkt dürfen freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Frage ergeben, welche Rolle die Geschäftsleiterhaftung im Gesamtsystem des Gläubigerschutzes spielt, mit anderen Worten also, wie stark die Säule der 14 Eckert/Grechenig/Stremitzer aaO. (Fn. 4), 112. 15 Ronano, Corporate Governance in the Aftermath of the Insurance Crisis, 39 Emory L.J. (1990), 1155 ff.; Eckert/Grechenig/Stremitzer aaO. (Fn. 4), 153. 16 Daenicker in FS Forstmoser, S. 523. 17 Näher dazu auch Kalss in Zeitschrift für schweizerisches Recht (ZSR) 124 (2005), 643, 648 ff.

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Geschäftsleiterhaftung innerhalb des Gesamtsystems des Gläubigerschutzes ausgeprägt ist. Diese Frage hängt wiederum davon ab, wie weit die einzelnen Mitgliedsstaaten der oben angestellten Überlegung, dass der Geschäftsleiter nicht nur der Agent der wirtschaftlichen Eigentümer, sondern zugleich auch Sachwalter dritter Interessen ist, Folge leisten oder nicht. Die Auffassungsunterschiede der Mitgliedsstaaten in dieser Frage beeinflussen zahlreiche Punkte, die mit der Ausgestaltung der Haftung der Leitungsorgane im Zusammenhang stehen. Dies betrifft im Einzelnen folgende Themen: 1. Inhaltliche Kriterien Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Frage, wie die Voraussetzungen für eine Haftung der Geschäftsleiter im Einzelnen ausgestaltet sind. Dies betrifft vor allem die Frage, welcher Haftungsmaßstab von den betreffenden Normen vorausgesetzt wird und ob die Geschäftsleiter für jedes Verschulden haftbar gemacht werden können oder ob in bestimmten Bereichen Haftungserleichterungen zur Anwendung kommen. Die letztere Frage betrifft vor allem die Anerkennung eines generell haftungsfreien Ermessensbereichs, etwa nach Art der amerikanischen business judgement rule 18. Ein wichtiger Punkt ist aber auch die Frage, inwieweit sich die Arbeitsteilung in einem kollegial verfassten Leitungsorgan auf die Haftung auswirkt. Mehrere Mitgliedsstaaten kennen den Grundsatz, dass dort, wo in einem kollegial verfassten Leitungsorgan einem einzelnen Organmitglied bestimmte Aufgabenbereiche durch eine Geschäftsverteilung zugewiesen sind, sich die Verantwortung der anderen Organmitglieder für diesen Aufgabenbereich reduziert, etwa dahin gehend, dass sie nur noch eine allgemeine Überwachung in Richtung auf dieses Aufgabenfeld vornehmen sowie bei besonders wichtigen Geschäften mitwirken müssen, ansonsten den fraglichen Tätigkeitsbereich dem damit betrauten Organmitglied in eigener Verantwortung überlassen können19. 2. Person des Anspruchsberechtigten Unterschiede ergeben sich auch in der Frage, wem ein etwaiger Ersatzanspruch wegen einer unsorgfältigen und/oder illoyalen Geschäftsführung zusteht. Ein nicht unerheblicher Teil der Mitgliedsstaaten kennt nur eine Innenhaftung, 18 Näher dazu Block/Barton/Radin, The Business Judgment Rule, 5th ed. 1998, S. 9ff.; Knepper/Bailey, Liability of Corporate Officers, 6th ed. 1998, § 2.01, S. 47ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 1991; Rdn. 682ff. Aus der Rspr. vgl. Cheff v. Mathes, 199 A.2d, 548 (Del. Chan. 1964). Vgl. auch Unocal Corp. v. Mesa Petroleum Co., 493 A.2d 946, 954 (Del. 1985); Moran v. Household International Inc., 500 A.2d., 1346, 1350 (Del. 1985). 19 Näher dazu Lutter in Zeitschrift für schweizerisches Recht (ZSR) 124 (2005), 415, 422 f. m. w. N.

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weist also den Anspruch der Gesellschaft zu, die durch das fragliche Verhalten geschädigt wurde oder der geschäftliche Chancen entgangen sind. Gläubigerschützende Wirkung hat eine solche Innenhaftung nur mittelbar, nämlich insoweit, als eine Geltendmachung des Ersatzanspruchs die finanzielle Lage der Gesellschaft verbessert, was mittelbar den Gläubigern auch zugute kommt. In der Insolvenz der Gesellschaft kann ferner der Anspruch gegen die fraglichen Organmitglieder vom zuständigen Insolvenzverwalter geltend gemacht werden und führt dann zu einer Anreicherung der verfügbaren Haftungsmasse. Dieser Ansatz zieht die Konsequenz aus der Tatsache, dass der Haftungsgrund vor allem in einer Verletzung der Pflichten gegenüber der Gesellschaft liegt, weshalb es auch konsequent ist, dieser einen daraus resultierenden Ersatzanspruch zuzuweisen. Andere Mitgliedsstaaten betonen jedoch stärker die Verantwortung des Geschäftsleiters gegenüber den Gläubigern und der Allgemeinheit, indem sie entweder generell eine Haftungsklage von Gläubigern gegen den betreffenden Geschäftsleiter zulassen oder eine solche Klagemöglichkeit zumindest subsidiär gewähren, d. h. wenn Befriedigung von der Gesellschaft nicht zu erlangen ist.

3. Ausschluss von Verzicht, Vergleich und Haftungsbefreiung durch Entlastung Von erheblicher Bedeutung für den Beitrag, den die Organhaftung zum Gläubigerschutz leisten kann, ist auch, inwieweit es der Gesellschaft möglich ist, auf einen bereits entstandenen Schadensersatzanspruch gegenüber dem betreffenden Organmitglied zu verzichten, sich mit dem Organmitglied über die Höhe des Ersatzes zu vergleichen oder die Haftungsmaßstäbe bereits im Vorfeld einer möglichen Schadensentstehung, also z. B. im Anstellungsvertrag mit dem betreffenden Organ, zu dessen Gunsten zu modifizieren oder im Extremfall ganz auszuschließen 20. Lässt das Recht eine solche Möglichkeit zu, so ist die Wirkung der Organhaftung vor allem dann begrenzt, wenn das betreffende Organmitglied mit der Rückendeckung der Aktionärsmehrheit gehandelt hat und diese Aktionäre bereit sind, das Organ von Ersatzansprüchen, die aus der betreffenden gemeinsam beschlossenen Handlungsweise resultieren, freizustellen 21. Die Gläubiger gehen in diesem Fall leer aus und können, wenn ihnen die Rechtsordnung keine Möglichkeit zur eigenständigen Anspruchsdurchsetzung eröffnet, eine Verschlechterung ihrer Befriedigungsaussichten durch ein einverständliches Handeln des Organs und des Mehrheitsgesellschafters nicht verhindern. Auch in dieser Frage verwirklicht sich der Auffassungsunterschied in der Betrachtungsweise des 20 Vgl. dazu Bastuck, Enthaftung des Managements, 1986, passim; Daenicker in FS Forstmoser, 2003, 523; Fleischer in GS Heinze, 2004, 177, 191; Lutter in Zeitschrift für schweizerisches Recht (ZSR) 124 (2005), 415, 434 ff. 21 Dieser Position folgt das deutsche Recht für die GmbH, vgl. BGH NJW-RR 2003, 895; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rdn. 39ff.

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Organs als Agent der Gesellschafter oder als Sachwalter von Allgemeininteressen: Folgt man der ersten Auffassung, dass das Organ vor allem Beauftragter der Aktionäre und der Gesellschaft ist, so ist es naheliegend, auch allein die Gesellschaft und die Gesellschafter als geschädigt anzusehen und ihnen folglich nicht nur den Anspruch als solchen zuzuweisen, sondern ihnen auch die Dispositionsbefugnis über etwaige Ansprüche zuzugestehen. Dann spricht auch nichts dagegen, selbst eine präventive Disposition vor Schadenseintritt zuzulassen, also etwa die Möglichkeit einer vertraglichen Haftungsminderung im Anstellungsvertrag, die sich etwa in der Vereinbarung einer Haftungshöchstgrenze oder einer Begrenzung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz ausdrücken kann. Sieht man hingegen in der Organhaftung ein Mittel, die Allgemeinheit zu schützen, indem man Mindeststandards ordnungsgemäßer Geschäftsleitung auch gegenüber den Gläubigern und weiteren Interessengruppen durchsetzt, so kann eine Disposition der Gesellschaft über den Ersatzanspruch konsequenter Weise nicht zugelassen werden, da dies auf eine Vereinbarung zu Lasten dritter Parteien zielt und dem Normzweck widersprechen würde.

IV. Länderberichte Wendet man die genannten Kriterien auf einzelne Rechtsordnungen der Europäischen Union an, so ergibt sich, dass die wenigsten untersuchten Rechtsordnungen das eine oder das andere Modell in Reinkultur verwirklichen. Es finden sich überwiegend gemischte Systeme, die den Geschäftsleiter sowohl als Organ der Eigentümer als auch als Sachwalter von Allgemeininteressen ansehen.

1. Deutsches Recht Im deutschen Recht ist die allgemeine Sorgfaltshaftung des Vorstands in § 93 AktG dahin geregelt, dass für jede Fahrlässigkeit bei der Unternehmensleitung gehaftet wird. Der Vorstand ist ferner strikt zur Befolgung von Gesetz und Satzung verpflichtet. Wirtschaftliche Interessen können von dieser Pflicht nicht dispensieren. Dieselben Maßstäbe gelten sinngemäß für die Mitglieder des Aufsichtsorgans nach § 116 AktG. Im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben gewährt das deutsche Recht jedoch dem Vorstand und dem Aufsichtsrat bei seiner Leitungs- bzw. Überwachungstätigkeit einen relativ weiten Ermessensspielraum. Dieser resultiert daraus, dass der Vorstand nach überwiegendem Verständnis nicht allein auf die Interessen der Aktionäre, sondern auf das Unternehmensinteresse als ganzes verpflichtet ist 22. Dies eröffnet ihm die Möglichkeit, auch 22 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, 143; MünchKomm-

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Interessen von Gläubigern, Arbeitnehmern und der Allgemeinheit in seine Leitungsentscheidung mit einfließen zu lassen. Bereits das führt dazu, dass sich häufig mehr als eine Entscheidung als rechtmäßig darstellt. Der Bezug auf das Unternehmensinteresse ermöglicht es dem Vorstand auch, in rechtmäßiger Weise Entscheidungen zu treffen, die nicht in einem strengen Sinne renditeorientiert sind, sondern etwa das Ansehen der Gesellschaft in der Öffentlichkeit heben sollen 23. Das deutsche Recht erkennt ferner an, dass eine sorgfältige und loyale Geschäftsführung nicht zwangsläufig auch eine erfolgreiche Geschäftsführung sein muss. Aus diesem Grunde hat der Bundesgerichtshof bereits seit längerem einen haftungsfreien Ermessensbereich bei unternehmerischen Entscheidungen anerkannt 24. Diese Rechtssprechung lehnt sich an die amerikanische business judgement rule an. Ferner hat der Gesetzgeber jüngst die vom Bundesgerichtshof entwickelten Regeln ausdrücklich in das Aktiengesetz übernommen. Anerkannt ist ferner, dass in einem mehrgliedrigen Organ die Arbeitsteilung haftungsbegrenzend wirken kann 25. Hinsichtlich der Anspruchsberechtigung ist der Anspruch für den Regelfall der Gesellschaft zugewiesen. Eine allgemeine Außenhaftung der Organe kennt das deutsche Recht im Bereich der allgemeinen Sorgfaltshaftung nicht; sie kommt vielmehr nur dort in Betracht, wo besondere, qualifizierte Tatbestände verwirklicht sind. Dies betrifft vor allem die Frage der Insolvenzverschleppung oder die Mitwirkung an unzulässigen Auszahlungen aus dem Grundkapital. In der Insolvenz der Gesellschaft obliegt es dem Insolvenzverwalter, einen möglichen Ersatzanspruch gegen die Organe geltend zu machen. Die Erlöse kommen der Insolvenzmasse zugute und erhöhen mittelbar die Befriedigungschancen der Gläubiger. Allerdings besteht von dem Grundsatz der Innenhaftung eine Ausnahme insoweit, als der Ersatzanspruch ausnahmsweise auch von Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden kann, wenn diese keine Befriedigung von der Gesellschaft erlangen können. Dies gilt allerdings nur, wenn die Ersatzpflicht auf eine in dem Katalog nach § 93 Abs. 3 enthaltene gesetzwidrige Handlung zurückgeht oder ein Fall grob sorgfaltswidrigen Handelns vorliegt (§ 93 Abs. 5). Ferner kann das Verfolgungsrecht nicht durch einen individuellen Gläubiger geltend gemacht werden, wenn über das Vermögen der Gesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet ist. In diesem Fall steht die Anspruchsverfolgung allein dem Insolvenzverwalter zu 26. Die praktische Bedeutung des § 93 Abs. 5 im deutschen Recht ist daher verhältnismäßig gering.

23 24 25 26

AktG/Mertens, 2. Aufl., § 76, Rdn. 12ff.; Hüffer, AktG, § 76, Rdn. 12, von Werder, ZGR 1998, 69 ff.; Mülbert, ZGR 1997, 129ff. Brinkmann, AG 1982, 122, Raiser, ZHR 144 (1980), 206. BGHZ 135, 244, 253 – ARAG –. BGH NJW 1986, 54, 55; Hüffer, AktG, § 93, Rdn. 13b mwN. RGZ 74, 428, 429; GroßkommAktG/Hopt, § 93, Rdn. 422.

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Verhältnismäßig streng ist das deutsche Recht in der Frage der Verzichtbarkeit der Ansprüche. Generell ist ein Verzicht nur nach der Entstehung des Anspruchs, erst nach Ablauf von 3 Jahren und nur mit Zustimmung der Hauptversammlung möglich. Verzicht, Vergleich oder Billigung durch die Hauptversammlung haben ferner keine Wirkung, wenn die Voraussetzungen des § 93 Abs. 5 vorliegen, es sich also um eine der in § 93 Abs. 3 bezeichneten gesetzwidrigen Handlungen oder um einen groben Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten des Organs gehandelt hat. Ferner hat die jährliche Billigung der Geschäftsführung durch die Hauptversammlung (Entlastung) nicht die Wirkung, dass die Gesellschaft dadurch zugleich auf Ersatzansprüche gegen das entlastete Organmitglied verzichtet.

2. Französisches Recht Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Haftung ist im französischen Recht zwischen der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Haftung und der besonderen Haftung im Insolvenzfall (action en comblement du passiv) zu unterscheiden. Die allgemeine gesellschaftsrechtliche Haftung beruht auf Art. 244 des Gesellschaftsrechtsgesetzes vom 12. 7. 1967, der eine Verantwortung der Vorstände für den Fall des Verstoßes gegen Gesetz und Satzung sowie für Geschäftsführungsfehler (Faute de Gestion) vorsieht. Die Haftung kann, je nach den Umständen des Einzelfalls, eine individuelle oder eine gesamtschuldnerische Haftung sein, wobei es für die Abgrenzung darauf ankommt, ob der Fehler einem Organmitglied individuell zugeordnet werden kann oder ob auch die anderen, und sei es in Form ungenügender Überwachung, daran mitgewirkt haben 27. Insofern kann sich die Ressortverteilung entlastend auswirken. Die Haftung besteht bei einem Verstoß gegen Art. 244 sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber Dritten (Aktionären und Gläubigern). Diese Haftung setzt jedoch voraus, dass der Dritte durch die Handlung unmittelbar geschädigt wurde 28. Beispielsfall ist die Unterschlagung von Mitteln, die bereits zur Zahlung an den Gläubiger bestimmt sind 29. Infolge dieser Einschränkung ist die unmittelbare Dritthaftung des Geschäftsführers praktisch selten 30. Die action en comblement du passiv (Art. 180 des Gesetzes vom 25. 1. 1985) greift demgegenüber nur im Insolvenzverfahren ein. Es handelt sich um ein von Amts wegen betriebenes Verfahren. Voraussetzung für eine Haftung ist ebenfalls

27 Merle, Droit Commercial, 5. Aufl., Rdn. 407. 28 Vgl. Merle, aaO., Rdn. 409; Dupichot in Kreuzer (Hrsg.), Die Haftung der Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften, S. 177. 29 Rappr. Com. 15. 3. 1971, Bull. Cic. IV, Nr. 81, S. 73. 30 Delga, Droit des Sociétés, S. 298 f.; Dupichot, aaO., S. 177.

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ein Geschäftsführungsfehler (Faute des Gestion) 31, wobei unklar ist, ob der Begriff mit Art. 244 des Gesetzes vom 12. 7. 1967 identisch ist oder nicht 32. Erforderlich ist weiterhin, dass der Geschäftsführungsfehler mitursächlich für die Insolvenz (Mangel an Aktiva) der Gesellschaft war. Rechtsfolge ist eine nach Ermessen des Gerichts festzusetzende Zuzahlung aus dem Vermögen des Gesellschafters in die Insolvenzmasse 33. Schwierigkeiten macht bei beiden Tatbeständen der Begriff des Geschäftsführungsfehlers. Eindeutig ist, dass ein objektiver Haftungsmaßstab zur Anwendung kommt, der als das Verhalten eines sorgfältigen, zugleich aktiven und vorsichtigen Verwalters umschrieben wird 34. Gleichzeitig ist festzustellen, dass eine Beschränkung auf grobe Geschäftsführungsfehler oder auf eine insgesamt fehlerhafte Geschäftsführung vom Gesetz nicht gewollt ist; solche Lösungen wurden in der Gesetzesberatung diskutiert und verworfen 35. Dementsprechend erkennt die Rechtsprechung als Fehler an 36: – – – – – – – – – – –

übermäßige Belastung der Gesellschaft mit Personalkosten und Sozialabgaben, Fehlen einer ordnungsgemäßen Buchführung; mangelnde Voraussicht hinsichtlich der Einführung neuer Technologien; mangelnde Befassung mit den finanziellen Angelegenheiten der Gesellschaft; mangelnder zeitlicher Einsatz bei der Leitung einer neu gegründeten Gesellschaft (ein Arbeitstag in der Woche ist zu wenig); verspätete Mitteilung der Zahlungseinstellung; Herbeiführung eines Defizits von 13 Millionen Francs innerhalb von drei Jahren; Markteinführung eines Produkts vor Einholung der erforderlichen Genehmigungen; schwere Fehleinschätzungen hinsichtlich der Finanzierung eines Investitionsvorhabens und Unterschätzung der damit verbundenen Risiken; schwerwiegende Fehleinschätzung hinsichtlich der wirtschaftlichen Realisierbarkeit eines Investitionsprojekts; übermäßige Vergütung des Geschäftsführers.

31 Die frühere Vermutung eines Geschäftsführungsfehlers mit Entlastungsbeweis des Geschäftsführers (zu dieser Zahn, Geschäftsleiterhaftung und Gläubigerschutz bei Kapitalgesellschaften in Frankreich, 1986, passim), wurde durch die Reform von 1985 aufgehoben. 32 Bejahend Cozian/Viandier, Droit des Sociétés, Rdn. 330 unter Berufung auf Cass.Com. 19. 3. 1996, Rev. Sociétés 1996, 840, verneinend Djehane aaO. (Fn. 13), 523, 527 f. 33 Näher zu den Abwägungskriterien Kuckertz, Der Haftungsdurchgriff auf ausländische Unternehmen und Geschäftsleiter nach französischem Recht, S. 58 f. 34 Merle, aaO., Rdn. 406 mwN. 35 Zur Gesetzesgeschichte Zahn, aaO., S. 199. 36 Übersicht von Cozian/Viandier, Droit des Sociétés, S. 167 f.; weitere Fälle auch bei Marquardt/Hau, RIW 1998, 441, 442.

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Die Zahl der gegen Geschäftsleiter durchgeführten Verfahren (Zivil- und Strafrecht) beläuft sich auf ca. 3000 pro Jahr 37. Entscheidungen, die einen Ermessensspielraum bei der unternehmerischen Entscheidungsfindung betonen, finden sich fast ausschließlich zum alten, bis 1985 geltenden Recht, das eine Verschuldensvermutung zu Lasten des Geschäftsleiters vorsah 38. In dem seit 1985 geltenden Recht bemühen sich die Gerichte jedoch nur um die positive Feststellung eines oder mehrerer, potentiell insolvenzauslösender Geschäftsführungsfehler. Diese können, was im hier diskutierten Zusammenhang besonders relevant ist, auch und gerade darin bestehen, die Gesellschaft mit zu geringem Eigenkapital ausgestattet zu haben 39. Verzicht, Vergleich, Enthaftung durch Entlastung oder durch vorherige vertragliche Haftungsmilderung durch die Gesellschaft sind im französischen Recht generell ausgeschlossen 40. Der Gesellschaft steht nicht das Recht zu, auf den Schadensersatz zu verzichten; das gilt sowohl vor als auch nach Begehung der Handlung.

3. Niederlande Auch das holländische Recht kennt eine allgemeine Sorgfaltshaftung nach Artikel 8 BW. Inhaltlich wird diese Pflicht als eine Pflicht zur Bemühung, nicht aber zur Herbeiführung des Erfolgs verstanden 41. In der niederländischen Rechtsprechung ist die Tendenz erkennbar, den Haftungsmaßstab auf grobe Geschäftsleitungsfehler zu begrenzen. Es gilt auch hier der Grundsatz zur Gesamtverantwortung, die jedoch durch die Ressortverteilung innerhalb des Kollegialorgans eingeschränkt wird 42. Anspruchsinhaber bei reiner Verletzung der Sorgfaltspflicht ist grundsätzlich die Gesellschaft. Es besteht daneben eine Außenhaftung für irreführende Rechnungslegung (Artikel 249 BW) und eine besondere Haftung gegenüber der Masse im Insolvenzverfahren (Artikel 248 BW), die vom Insolvenzverwalter zu erheben ist. Insofern besteht die Möglichkeit, dass das Insolvenzgericht bei einer offensichtlich unzureichenden Aufgabenerfüllung durch das Organmitglied, eine Haftung gegenüber der Insolvenzmasse anordnet. Eine offensichtlich unzureichende 37 Djehane aaO. (Fn. 13), 523, 526. 38 Etwa Paris vom 24. 9. 1981, Banque 1981, 1316 ff.; Nancy vom 3. 12. 1959, RTDCom. 1960, 638. 39 Vgl. Manuskript Parleani, S. 11 mit Fn. 13. 40 Behrens in Behrens (Hrsg.), Die GmbH im internationalen und europäischen Recht, Anm. F 20. 41 van Mourik in Kreuzer (Hrsg.), Die Haftung der Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften, 1991, S. 191, 194. 42 van Mourik, aaO., S. 193.

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Aufgabenerfüllung wird vor allem dort angenommen, wo die Handlungsweise des Geschäftsleiters unbesonnen, leichtsinnig oder unverantwortlich erscheint 43. Eine Verletzung der Buchführungspflicht oder der Pflicht zur Veröffentlichung des Geschäftsberichts begründet von Gesetzes wegen die Vermutung für eine (auch im Übrigen) offensichtlich unzureichende Aufgabenerfüllung (Art. 248 II BW); der betreffende Geschäftsleiter muss nachweisen, dass er ansonsten ordnungsgemäß gehandelt hat 44. Erforderlich ist ferner, dass die fragliche Handlung die für die Insolvenz zumindest mitursächlich war und in den letzten drei Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden hat. Die Mitursächlichkeit wird in den Fällen des Art. 48 II BW vermutet, ansonsten muss sie dem Gericht zumindest als wahrscheinlich dargelegt werden. Sie ist nicht gegeben, wenn externe Ursachen (Wirtschaftskrise, unvorhersehbarer Zahlungsausfall) die Insolvenz überwiegend verursacht haben. Die Haftung richtet sich im Grundsatz auf die gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, das Gericht hat jedoch die Möglichkeit, das Organ nicht in voller Höhe, sondern nur mit einem nach seinem Ermessen herabgesetzten Betrag haften zu lassen, wenn eine volle Haftung nach den Gesamtumständen unverhältnismäßig wäre (Art. 248 IV). Ferner besteht im holländischen Recht eine Außenhaftung der Organe nach Deliktsrecht; diese Haftung wird vor allem auf den Gedanken der Aufklärungspflicht gegenüber den Gläubigern bei Vertragsschluss gestützt und greift in Situationen ein, in denen das Organmitglied namens der Gesellschaft mit einem Gläubiger zu einem Zeitpunkt kontrahiert, in dem es weiß oder wissen musste, dass die Gesellschaft die Verbindlichkeiten aus dem Vertrag voraussichtlich wird nicht erfüllen können. Hinsichtlich der Frage von Verzicht, Vergleich und Enthaftung muss zwischen dem Anspruch der Gesellschaft und dem Verfahren nach Artikel 248 BW unterschieden werden. Generell ist im holländischen Recht ein Verzicht der Gesellschaft auf Schadensersatzansprüche möglich. Dies gilt aber nicht im Verfahren nach Artikel 248, wo nach Abs. 6 Satz 1 eine solche Möglichkeit ausdrücklich ausgeschlossen wird. Die Außenhaftung aus Delikt ist naturgemäß nicht disponibel. 4. Belgien Der Belgische Code des Sociétés von 1999 regelt die allgemeine Sorgfaltshaftung der Organe in Art. 527. Dieser stellt neben der Verletzung von Gesetz und Satzung auf das Vorliegen eines Geschäftsführungsfehlers (Faute de Gestion) ab. 43 van Mourik, aaO., S. 201. 44 van Mourik, aaO., S. 200.

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Darunter wird ein Handeln verstanden, das nicht im besten Interesse der Gesellschaft liegt; jeder Fehler kann im Grundsatz ausreichend sein 45. Allerdings lehnen die Gerichte eine rückwirkende Betrachtung ab; die Handlung muss sich schon zur Zeit ihrer Begehung als fehlerhaft darstellen 46. Ein Ermessensspielraum bei der Entscheidungsfindung wird anerkannt 47. Als fehlerhaft anerkannt sind insbesondere mangelnde Überwachung nachgeordneter Mitarbeiter sowie des Rechnungswesens sowie generell Inaktivität bei der Wahrnehmung der Aufgaben. Als haftungsträchtig anerkannt sind auch ganz schwerwiegende Fehlentscheidungen in finanziellen Bereich, etwa die Anerkennung von Forderungen ohne Rechtsgrund 48 Stellt sich eine Handlung als fehlerhaft heraus, genügt ihre Mitursächlichkeit hinsichtlich der negativen Geschäftsentwicklung; sie muss nicht die einzige Ursache dafür sein 49. Der Anspruch aus der Verletzung dieser Pflichten steht der Gesellschaft zu; ihre Hauptversammlung kann über den Anspruch disponieren 50. Ein besonderes Verfahren ist in der Insolvenz der Gesellschaft vorgesehen (Art. 530). Hier kann bei einem schwerwiegenden Geschäftsführungsfehler eine persönliche Haftung der Organmitglieder durch das Gericht angeordnet werden, wenn der Fehler mitursächlich für die Insolvenz war. Es muss sich um gesetzwidrige oder grob unvernünftige Handlungen gehandelt haben 51. Die Klage wird vom Insolvenzverwalter betrieben; Verzicht und Vergleich durch die Gesellschaft sind nicht möglich 52.

5. Italien Das im Jahre 2004 revidierte italienische Aktienrecht geht zunächst von einer Innenhaftung der Organe aus, die in Art. 2392 c.c. geregelt ist. Die Norm verlangt die Einhaltung einer berufsmäßigen Sorgfalt, was in der Literatur überwiegend im Sinne einer Anerkennung der Business Jugdment Rule gedeutet wird 53. Eine Verlagerung der Ressortverantwortung auf bestimmte Mitglieder des Vorstands

45 Malherbe/Lambrecht/Malherbe, Droit des Sociétés, 2004, Rdn. 982, S. 585. 46 Mons, 6. 2. 1979, RPS 1979, 75. 47 Mons, 20. 5. 1985, RPS 1985, 268; ebenso Corbisier, RPS 1994, 67; Ronse, TPR 1977, 207. 48 weitere Beispiele bei Malherbe/Lambrecht/Malherbe, Droit des Sociétés, 2004, Rdn. 985, S. 588. 49 Anvers, 29. 9. 1981, RPS 1982, 89. 50 van Ryn/van Ommeslaghe, RCJB 1981, 388. 51 Gand, 21. 12. 2000, RDC 2001, 739. 52 Malherbe/Lambrecht/Malherbe, Droit des Sociétés, 2004, Rdn. 1014, S. 608. 53 Cecchi, Commentario al codice civile, Art. 2392 1.1.; Tribunale Milano, Urteil v. 2. 3. 1995, Societá 1996, 57.

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oder nachgeordnete Führungspersonen kann von der persönlichen Verantwortung entlasten, befreit aber nicht von der Pflicht, das Handeln des mit der Aufgabe besonders beauftragten Kollegen zu überwachen 54. Die Möglichkeit zu Verzicht und Vergleich ist auf Abreden beschränkt, die nach der Entstehung des Anspruchs getroffen werden. Eine Indemnification im Anstellungsvertrag scheidet also aus. Ferner ist zu einem Verzicht oder Vergleich eine ausdrückliche Entscheidung der Hauptversammlung erforderlich (Art. 2393 VI c.c.), die im Gegensatz zum deutschen Recht nicht an eine Wartefrist gebunden ist 55. Eine Aktionärsminderheit von 20 % (bei börsennotierten Gesellschaften: 5 % 56) kann das Zustandekommen des Beschlusses verhindern. Die Verjährungsfrist beträgt 5 Jahre, gerechnet ab dem Ausscheiden der Organperson aus dem Amt. Eine Außenhaftung ist nur bei Verstoß gegen Pflichten zur Erhaltung des Gesellschaftsvermögens (Art. 2394 I cc) gegeben, wobei der Pflichtverstoß zudem außerhalb des unternehmerischen Ermessens gelegen haben muss 57. Die Haftungsklage nach Art. 2394 ist zudem im Grundsatz subsidiär gegenüber einer Inanspruchnahme der Gesellschaft, da sie nur eingreift, wenn der Gläubiger von der Gesellschaft keine Zahlung erhalten kann 58 (Art. 2394 II cc). Sie dürfte daher vor allem im Insolvenzfall praktisch werden, wo sie neben der Klage der Gesellschaft (d. h. des Insolvenzverwalters) aus Art. 2393 zulässig ist 59. Eine Außenhaftung kann sich ferner auf deliktsrechtlicher Grundlage aus einer unmittelbaren individuellen Schädigung des Gläubigers (oder eines Gesellschafters) ergeben (Art. 2395 I c.c.) 60.

6. Spanien Im spanischen Recht besteht seit der Reform durch das Transparenzgesetz von 2003 61 ein ausformulierter Tatbestand zur Sorgfalt und Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter einer S.A. (Art. 127 LSA). Die Vorschrift verpflichtet den Geschäftsleiter auf die Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers und loyalen Vertreters, mithin also auf einen berufsbezogenen objektiven Maßstab. Die Organmitglieder sind verpflichtet, sich über die Angelegenheiten der Gesellschaft unterrichtet zu halten, Gesetz und Satzung zu beachten und sich bei ihrem Han54 Casper/Reiß, RIW 2004, 428, 429 f. mwN. 55 Casper/Reiß, RIW 2004, 428, 433. 56 Näher zu den Besonderheiten bei börsennotierten Gesellschaften Sangiovanni, RIW 2003, 248ff. 57 Casper/Reiß, RIW 2004, 428, 431. 58 Magelli/Masotto, RIW 2004, 903, 909. 59 Di Sabato, Manuale delle societá, 1995, 505. 60 Magelli/Masotto, RIW 2004, 909. 61 Ley 27/2003 de 17 de julio, B.O.E. Nr. 171 vom 18. 7. 2003, S. 28046ff.

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deln am Interesse der Gesellschaft (verstanden als ein eigenes, vom Interesse der Gesellschafter zu unterscheidendes Interesse 62) zu orientieren. Art. 127ter enthält ferner besondere Vorschriften über die Loyalitätspflichten und verbietet bestimmte Handlungsweisen (z. B. Ausnutzung von Geschäftschancen der Gesellschaft) ausdrücklich. Inhaltlich wurde der Haftungsmaßstab bereits durch die Reform von 1989 63 bewusst von grober Fahrlässigkeit und Vorsatz auf einfache Fahrlässigkeit abgesenkt, um einer aus Sicht des Gesetzgebers zu großzügigen Haltung der Gerichte gegenüber den Unternehmensleitungen entgegenzuwirken 64. Diese Fassung ist noch einmal verschärft worden, der jetzt geltende Wortlaut des Art. 133 LSA deutet auf eine rein objektive Sorgfaltshaftung, die ein Verschulden überhaupt nicht mehr voraussetzt 65. Mehrere Organpersonen haften gesamtschuldnerisch (Art. 133 LSA), sofern sie nicht nachweisen können, dass sie (ohne ihr Verschulden) den schadensursächlichen Beschluss nicht gekannt oder sich in Kenntnis der Umstände der Beschlussfassung aktiv widersetzt haben (Art. 133 II LSA) 66. In Bezug auf die Anspruchsdurchsetzung kennt das spanische Recht sowohl eine Haftungsklage der Gesellschaft (Art. 134 I LSA) als auch Dritter (Art. 134 V LSA), mit der die Verletzung der von Art. 127 LSA bestimmten Pflichten geltend gemacht werden kann. Die Klageerhebung durch Gläubiger ist zulässig, wenn die Gesellschaft keine Klage erhebt und das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreicht, d. h. vor allem in der Insolvenz. Die Klagemöglichkeit der Gläubiger ist mithin subsidiär, setzt aber keinen negativen Beschluss der Gesellschaft über die Klageerhebung voraus; bloße Untätigkeit der Gesellschaft genügt 67. Eine Haftungsbefreiung der Organe durch Gesellschafterbeschluss ist möglich, lässt jedoch die Klagemöglichkeit der Gläubiger unberührt (Art. 133 III LSA). Die Billigung des Jahresabschlusses hat keine Verzichtswirkung im Hinblick auf eine spätere Haftungsklage (Art. 133 III LSA). Ferner besteht die Möglichkeit des Gläubigers zu einer individuellen Haftungsklage nach Art. 135 LSA: Während es bei Art. 134 V LSA um eine Hilfszuständigkeit der Gläubiger im Hinblick auf den Anspruch der Gesellschaft geht, betrifft Art. 135 LSA die individuelle Verletzung von Aktionärs- und Gläubigerrechten. Hierunter fallen im Bezug auf Gläubiger vor allem Aufklärungspflichten bezüglich der finanziellen Lage der Gesellschaft und aktive Täuschung durch Lieferung falscher Informationen, z. B. durch Verwendung unrichtiger Jahresab-

Wagner, RIW 2004, 258, 262. Ley 19/1989 v. 25. 7. 1989. Beneto, EuZW 1997, 683, 684. Calero, RdS 2003-1, 27, 47; Wagner, RIW 2004, 263. Broseta, Manual de Derecho mercantil, 1991, 287; Chulia, Compendio de Derecho Mercantil, 1990, 649. 67 Beneyto, RIW 2004, 685.

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schlüsse im Geschäftsverkehr. Zuständig für die Durchführung der Klage ist allein der Geschädigte, nicht die Gesellschaft. Die Klage ist nicht auf Wiederherstellung des Gesellschaftsvermögens, sondern auf Ausgleich des individuell erlittenen Schadens gerichtet 68.

7. Portugal Das portugiesische Gesetz der Handelsgesellschaften (Código des Sociedades Comeriais, CSC) kennt eine allgemeine Sorgfaltshaftung der Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften in Art. 71. Danach haften die Geschäftsleiter der Gesellschaft gegenüber für die schuldhafte Verletzung von gesetzlichen und vertraglichen Pflichten. Bei einem Kollegialbeschluss haften diejenigen nicht, die an dem Beschluss nicht teilgenommen oder innerhalb von fünf Tagen Widerspruch erheben. Der Anspruch verjährt innerhalb von sechs Monaten seit Vornahme der Handlung. Eine Erschwerung der Haftungsklage durch Vertrag oder Satzung ist unzulässig 69. Bei unzulänglichem Gesellschaftsvermögen und wenn weder die Gesellschaft noch ein Gesellschafter die Klage erhebt, besteht ein subsidiäres Verfolgungsrecht der Gesellschaftsgläubiger. Insofern, als dessen Voraussetzungen vorliegen, besteht auch nicht die Möglichkeit, das Organ seitens der Gesellschaft von der Haftung zu befreien. Im Übrigen haften die Organe gegenüber den Gläubigern nur dann, wenn sie diese individuell geschädigt haben (Art. 79 CSC).

8. England Das englische Gesellschaftsrecht kennt keine gesetzliche Regelung, aber eine ausdifferenzierte Rechtsprechung zu den Pflichten der Geschäftsleiter 70. Insbesondere die Unterscheidung zwischen der Pflicht zur beruflichen Sorgfalt (Duty of Care) und den Loyalitätspflichten (Duty of Loyalty) hat in der englischen Rechtsprechung ihren Ursprung. Eine Haftungsentlastung durch Aufgabendelegation ist dabei seit langem anerkannt 71. Die Anerkennung eines haftungsfreien Ermessensbereichs nach Art der Business Jugdment Rule war im englischen Recht lange Zeit entbehrlich, da der Haftungsmaßstab ein subjektiver ist: Maßgeblich für die Frage, ob ein Sorgfaltsverstoß vorlag, waren und sind die persön-

68 TS, RAJ 1984, 3806; RAJ 1985, 2406; RAJ 1989, 3007. 69 Rau in Behrens, Die GmbH im internationalen und europäischen Recht, Anm. P 23. 70 Die gegenwärtigen Reformbestrebungen im englischen Gesellschaftsrecht sehen eine Kodifizierung der Problematik vor, vgl. Bedkowski, RIW 2003, 105ff. 71 Weir v. Bell, 1878, 3 ExD 238, CA; Dovey v. Cory, 1901, AC 477, 485f.; Earl of Halsbury v. Elliot, 1970, 1 All ER 189.

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lichen Kenntnisse und Fähigkeiten des betroffenen Direktors 72. Im Anschluss an die Einführung eines objektiven Haftungsmaßstabs in der Vorschrift über das wrongfull trading nach Art. 214 Insolvency Act sind jedoch auch Tendenzen festzustellen, diesen objektiven Haftungsmaßstab in die allgemeine Sorgfaltshaftung zu übernehmen 73. Ob dies zu einer Anerkennung der Business Jugdment Rule auch im englischen Recht führen sollte oder ob einer eigenständigen Lösung der Vorzug zu geben ist, ist gegenwärtig in der englischen Literatur umstritten 74. Als alternativer Ansatz käme Sec. 727 CA in Betracht, wonach es dem Gericht möglich ist, die Anwendung rechtlicher Sanktionen nach eigenem Ermessen ganz oder teilweise auszusetzen, wenn der Direktor redlich und vernünftig gehandelt hat und die Pflichtverletzung nach den Umständen zu entschuldigen war 75. Hinsichtlich der Anspruchsdurchsetzung zeigt sich das englische Recht wenig gläubigerfreundlich. Es verfolgt vielmehr konsequent den Ausgangspunkt, dass die fraglichen Pflichten der Gesellschaft und nur dieser geschuldet sind, weshalb auch die Ansprüche aus einer Verletzung der Gesellschaft zustehen (sog. Foss v. Harbottle Rule) 76. Ausnahmen davon bestehen zugunsten der Gesellschafterminderheit, aber nicht zugunsten der Gläubiger 77. Überlegungen, in der Insolvenz oder bereits in Insolvenznähe eine Verpflichtung der Direktoren auch gegenüber den Gläubigern anzunehmen, sind in Literatur und Rechtsprechung anzutreffen 78. Sie haben aber nicht dazu geführt, den Gläubigern deswegen eine Klagemöglichkeit gegen die Direktoren einzuräumen. Verpflichtet sind die Direktoren nach diesen Überlegungen weiterhin gegenüber der anstellenden Gesellschaft, lediglich ihr Pflichtenprogramm erweitert sich entsprechend. Eine Haftung gegenüber den Gläubigern kommt danach allein unter den Voraussetzungen des wrongfull trading in Betracht, die in Art. 214 Insolvency Act speziell geregelt

72 In Re City Equitable Fire Insurance Co Ltd., 1925, Ch 407, 428; in Re Barings Plc., 2000, BCLC 523, 535 f. 73 Norman v. Theodore Goddard, 1991, BCLC 1028, 1030f.; in Re D’Jan of London Ltd., 1994, 1 BCLC 651, 563. 74 Vgl. Grover/Davies, Principles of modern Company Law, 1997, S. 644; Worthington, 2001, 64 MLR 439, 450. 75 Vgl. zu dieser Norm Guinness Plc. V. Saunders, 1990, 2 AC 663 HL; Neptune Ltd. v. Fitzgerald, 1996, Ch 274; Dorchester Finance Co Ltd. v. Stebbing, 1989, BCLC 498; in Re D’Jan of London Ltd., 1994, 1 BCLC 561. 76 (1843) 2 Hare 461. 77 Drury in Kreuzer (Hrsg.), Die Haftung der Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften, S. 103, 107f. 78 Winkworth v. Edward Baron Developement Co Ltd., 1987, 1 All ER 114; Brady v. Brady, 1988, 2 WLR 1308; West Mercia Safety Wear Ltd. v. Dodds, 1988, BCLC 250, 252. Das White Paper zur Reform des englischen Gesellschaftsrechts (www. dti.gov.uk/companiesbill/index.htm) verwirft diesen Ansatz und stellt die alleinige Orientierung des Direktorenermessens am Interesse der Gesellschaft (verstanden als Gesamtheit der Aktionäre) wieder her.

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sind, nicht aber unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Duty of Care oder Duty of Loyalty. Auch der Reformentwurf des DTI hält am Grundsatz der alleinigen Anspruchsberechtigung der Gesellschaft fest 79. Eine Freistellung der Direktoren von Haftungsansprüchen ist nach Begehung der fraglichen Handlung durch Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit möglich 80, nicht aber im Voraus, das verbieten Sec. 310 (1) und (2) CA 1985. Insofern geht das englische Gesellschaftsrecht andere Wege als z. B. dasjenige zahlreicher amerikanischer Einzelstaaten, die eine Indemnification zulassen 81.

9. Polen Die Organhaftung der Vorstandsmitglieder der AG gegenüber für Schäden, die aus pflichtwidrigem Verhalten entstanden sind, ist im polnischen Recht in Art. 483 §§ 1 und 2 des Handelsgesellschaftengesetzbuches vom 15. September 2000 geregelt 82. Danach haften die Organe der Gesellschaft für Schäden, die aus Verstößen gegen Gesetz und Satzung entstehen, sofern sie sich nicht auf fehlendes Verschulden berufen können. Die Norm verlangt weiter ein Handeln der Organmitglieder mit der Sorgfalt, die sich aus dem beruflichen Charakter der Tätigkeit ergibt. Gesetzlich geregelt ist ferner die Loyalitätspflicht der Vorstandsmitglieder in Art. 377 HGGB. Danach muss sich das Vorstandsmitglied bei Interessenkollisionen zwischen den Interessen der Gesellschaft und seinem persönlichen Interesse sowie dem Interesse bestimmter, im Gesetz näher bezeichneter Verwandter und sonstiger nahe stehender Personen einer Teilnahme an der Entscheidungsfindung an der fraglichen Angelegenheit enthalten. Art. 380 HGGB normiert ferner ein Wettbewerbsverbot im Hinblick auf persönliche Tätigkeiten des Vorstands und im Hinblick auf die Beteiligung an konkurrierenden Personen- und Kapitalgesellschaften. Bei einer Verletzung der Loyalitätspflicht haften die Vorstandsmitglieder der AG auf Schadensersatz gem. Art. 483 HGGB, da es sich hier um die Verletzung einer gesetzlichen Pflicht handelt 83. Eine besondere Form der Haftungserleichterung im Bereich unternehmerischer Entscheidungen ist gesetzlich nicht geregelt. Sie wurde auch in der Rechtsprechung nicht entwickelt. Soweit ersichtlich, hat sich auch die Literatur damit nicht befasst. 79 Clause 19, Abs. 2, näher dazu Bedkowski, RIW 2003, 106. 80 Näher Drury in Kreuzer, aaO., 103, 107 ff., auch zu Ausnahmen unter dem hier nicht interessierenden Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes. 81 Näher Fleischer, GS Heinze, 2004, 177, 191. 82 GBl. 2000 Nr. 94, Pos. 1037. 83 Siehe A. Szuman´ski (in:) W. Pyzioł, A. Szuman´ski, I. Weiss, Prawo spółek, Bydgoszcz-Kraków 2004, S. 766.

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Der Schadensersatzanspruch bei einer Verletzung der Sorgfalts- bzw. Loyalitätspflicht steht der AG zu. Es gibt aber gesetzliche Regelungen, die eine Außenhaftung gegenüber den Gläubigern hilfsweise statuieren: Diese betreffen zum einen den Fall der verspäteten Insolvenzanmeldung 84 (Art. 21 § 3 des Gesetzes vom 28. Februar 2003 – Konkurs- und Sanierungsordnung –) 85 und zum anderen eine subsidiäre Haftung für von der Gesellschaft nicht erfüllte Steuerverbindlichkeiten 86. Ansonsten steht die Geltendmachung der Ansprüche wegen Verletzung von Gesetz und Satzung sowie einer allgemein unsorgfältigen Handlungsweise der Gesellschaft selbst zu. Zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen einer AG ist im Grundsatz der Aufsichtsrat bzw. ein durch die Hauptversammlung bestellter Bevollmächtigter befugt. Die Entscheidungen über Schadensersatzansprüche wegen eines Schadens, der bei der Errichtung der Gesellschaft, bei der Geschäftsführung oder der Aufsicht entstanden ist, sind jedoch gemäß Art. 393 Nr. 1 HGGB der Hauptversammlung vorbehalten. Sollte die Gesellschaft innerhalb von einem Jahr seit dem Bekanntwerden der schädigenden Handlung keine Schadensersatzklage erheben, so darf jeder Aktionär oder Inhaber von Genussscheinen auf Zahlung an die Gesellschaft klagen (Art. 486 § 1 HGGB). Diese Klagebefugnis darf auf keine Art und Weise ausgeschlossen, bedingt oder beschränkt werden. Der Entlastungsbeschluss entfaltet nach herrschender Meinung 87 eine Befreiungswirkung, die jedoch nicht eintritt, wenn der Hauptversammlung im Zeitpunkt der Beschlussfassung die Informationen über die haftungsbegründenden Tatsachen nicht vorlagen oder wenn der Hauptversammlungsbeschluss aufgrund unvollständiger oder falscher Informationen gefällt wurde. Ferner wird in Art. 487 HGGB ausdrücklich angeordnet, dass eine Entlastung des Organmitglieds keine befreiende Wirkung hat, wenn ein Aktionär nach einjähriger Untätigkeit der Gesellschaft Klage erhebt oder wenn sich die Gesellschaft in der Insolvenz befindet. Diese Regeln sind zwingendes Recht 88. Aufgrund der genannten Vor-

84 Dazu A. Jakubecki (in:) A. Jakubecki, F. Zedler, Prawo upadl˜os´ciowe i naprawcze, Kraków 2003, Art. 21 Anm. 1 ff. 85 GBl. 2003 Nr. 60, Pos. 535. 86 Art. 116 der Steuerabgabenordnung, GBl. 1997 Nr. 137, Pos. 926 mit Änd. Die Norm findet auf ausstehende Beiträge zur Sozialversicherung entsprechende Anwendung. 87 Siehe A. Szajkowski (in:) Sołtysiński, Szajkowski, Szumański, Szwaja, Kodeks spółek handlowych. Komentarz, Bd. 3, Art. 395 Rdn. 48ff. und Bd. 4, Art. 483 Rdn. 37 ff. 88 J. Fra˛ckowiak (w:) J. Fra˛ckowiak, A. Kidyba, K. Kruczalak, W. Opalski, W. Popiołek, W. Pyziol˜, Kodeks spółek handlowych. Komentarz, Warszawa 2001, Art. 483 Anm. 8.

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schriften wird auch ein vorab erklärter Verzicht der Gesellschaft auf Ersatzansprüche für unzulässig gehalten 89.

V. Zusammenfassende Betrachtung 1. Beitrag der Organhaftung zum Gläubigerschutz Die rechtsvergleichende Betrachtung hat gezeigt, dass in allen untersuchten Mitgliedstaaten eine zwingende Organhaftung existiert. Insbesondere ist eine Haftungsfreistellung des Managements bereits vor Begehung der Handlung, also z. B. in der Satzung oder im Anstellungsvertrag, in keiner untersuchten Rechtsordnung zulässig. Damit ist ein Untermaß an Haftung, das einer verantwortungslosen Vorgehensweise der Organmitglieder Vorschub leisten könnte, nicht zu befürchten. Die Einführung eines Mindeststandards auf europäischer Ebene erscheint daher entbehrlich. Hinsichtlich der Haftungsmaßstäbe befindet sich der Gedanke, dass die Direktoren zu einer erfolgreichen wirtschaftlichen Tätigkeit einen haftungsfreien Ermessensspielraum benötigen, in Europa deutlich auf dem Vormarsch, hat sich aber noch nicht in allen untersuchten Rechtsordnungen eindeutig durchgesetzt. Uneinheitlich ist zudem der Weg, in dem dieser Gedanke in dem betreffenden nationalen Recht verankert wird. Hier ist neben einer Adaptation der Business Jugdment Rule auch die Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit oder einen subjektiven Haftungsmaßstab anzutreffen. Verbreitet ist ferner der Gedanke, dass eine Aufgabenteilung im Leitungsorgan die Pflichten des einzelnen Mitglieds reduzieren kann. Unterschiedlich sind die inhaltlichen Haftungsmaßstäbe, die vom subjektiven Standard der englischen Rechtsprechung bis zur Haftung für jeden Geschäftsführungsfehler im französischen und spanischen Recht reichen. Aus den unterschiedlichen inhaltlichen Maßstäben und den daraus resultierenden Verhaltensanforderungen können sich Hindernisse für die Bewegungsfreiheit der Unternehmen und ihrer Leiter im Binnenmarkt ergeben, da die betreffenden Personen sich vor Aufnahme der Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat über die dort geltenden Regeln informieren müssen. Ferner kann eine zu strenge Organhaftung wegen des hohen persönlichen Risikos abschreckend wirken und geeignete Führungskräfte von der Übernahme der Tätigkeit abhalten. Solche Effekte werden auch in der Literatur gelegentlich berichtet 90. Dies könnte es nahe legen,

89 Siehe M. Rodzynkiewicz, Kodeks spółek handlowych, Komentarz, Warszawa 2005, Art. 296 Anm. 2. 90 Djehane aaO. (Fn. 13) 523, 527; Dupichot in Kreuzer (Hrsg.), Die Haftung der Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften, S. 173.

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auf europäischer Ebene über eine Safe-Harbour-Regelung im Bereich unternehmerischer Entscheidungen nachzudenken. Hinsichtlich der Anspruchsdurchsetzung erkennen alle untersuchten Rechtsordnungen mit Ausnahme der englischen eine Möglichkeit an, das Organ entweder unmittelbar gegenüber den Gläubigern haftbar zu machen oder im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft zu einer Zahlung in die Insolvenzmasse zu verpflichten. Die überwiegende Mehrzahl der Mitgliedstaaten erkennt damit an, dass die Organhaftung nicht nur dem Schutz der Gesellschaft, sondern auch der Gläubiger dient und einen Pfeiler des Gesamtsystems „Gläubigerschutz“ darstellt. Aus diesem Grunde schränkt die überwiegende Mehrheit der untersuchten Staaten auch die Möglichkeit der Gesellschaft ein, auf den Ersatzanspruch gegen das Organmitglied nach dessen Entstehen zu verzichten. Zum Teil ist die Möglichkeit zu einer direkten Inanspruchnahme des Organs auf Fälle groben Fehlverhaltens beschränkt. Fast in allen Staaten, die eine solche Möglichkeit kennen, ist die Direkthaftung subsidiär gegenüber einer Inanspruchnahme der Gesellschaft oder von vornherein nur in deren Insolvenz zulässig. Diese Subsidiarität der Haftung ist aus Sicht der Gesellschaften von großer Bedeutung, denn sie verhindert in sinnvoller Weise eine Inanspruchnahme der Organe durch Gläubiger in solventen Gesellschaften. Damit kann deren Geschäftstätigkeit nicht durch unnötige Haftungsklagen gegen das Management behindert werden.

2. Organhaftung als Kompensation bei Abbau des Kapitalschutzes? Skeptisch sind die Möglichkeiten zu beurteilen, mit einer Verstärkung der Organhaftung einen Abbau im Bereich des Kapitalschutzes zu kompensieren. Dagegen spricht schon die unterschiedliche personelle und sachliche Zielrichtung. Die Aufbringung und Erhaltung des Grundkapitals ist vornehmlich Sache der Gesellschafter, die einen bestimmten persönlichen Risikobeitrag als Preis für die beschränkte Haftung leisten müssen. Der Geschäftsleiter hat hier überwachende Aufgaben, indem er etwa den Empfang der Mittel bestätigen muss und Auszahlungen zu Lasten des Kapitals nicht leisten darf. Es wäre aber eine Überspannung seiner Aufgaben, wenn man ihn für die angemessene Kapitalisierung der Gesellschaft verantwortlich machen wollte, und zwar schon deshalb, weil nach der zweiten Richtlinie die Höhe des Kapitals allein in die Entscheidung der Gesellschafter gestellt ist. Selbst wenn man die Kapitalrichtlinie abschaffen wollte, wäre es widersprüchlich, zwar einerseits die Höhe des Kapitals in das Belieben der Gesellschafter zu stellen, andererseits aber eine Haftung des Geschäftsführers für eine zu niedrige Kapitalziffer zu bejahen91. 91 Vgl. dazu Urbain-Parleani (in diesem Band), S. 575, 580 bei Fn. 14.

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In sachlicher Hinsicht spricht gegen einen solchen Ansatz, dass Kapitalaufbringung und -erhaltung einerseits und Organhaftung andererseits unterschiedlichen Zwecken dienen. Der erste Ansatz sichert einen persönlichen Risikobeitrag der Unternehmensgründer und verhindert die Ausschüttung von Mitteln an Gesellschafter, wenn diese Mittel zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich sind. Die Organhaftung hingegen schützt primär die Gesellschaft, mittelbar aber auch die Gläubiger vor einem Verlust an Mitteln durch schlechte Geschäftsführung und leistet zugleich einen Beitrag zur Durchsetzung der Regeln guter Corporate Governance92. Damit handelt es sich um ein Element, das den Gläubigerschutz in wirtschaftlicher Hinsicht ergänzen, aber den Gläubigerschutz durch Kapital nicht ersetzen kann. Es spricht vielmehr dafür, dass in einem ausgewogenen System beide Elemente unabhängig voneinander ihren Platz haben.

VI. Ergebnis 1. Die Haftung der Organe dient ebenso wie die Figur des festen Kapitals auch dem Ziel des Gläubigerschutzes. Dies zeigt sich an den in zahlreichen Mitgliedsstaaten anzutreffenden Regeln, die eine Durchsetzung der Organhaftung unabhängig vom Willen der Gesellschafter ermöglichen. 2. Hinsichtlich der inhaltlichen Haftungsmaßstäbe ist im Grundsatz eine Pflicht zur sorgfältigen und loyalen Amtführung europaweit anerkannt. Große Unterschiede bestehen jedoch hinsichtlich der konkreten Verhaltensanforderungen sowie einer Freistellung von Haftung im Bereich unternehmerischer Entscheidungen. 3. Zielrichtung der Organhaftung ist weniger die Kapitalausstattung der Gesellschaft, als vielmehr der Schutz vor einer unsorgfältigen Führung der Gesellschaft und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Verlusten. 4. Eine Verschärfung der Organhaftung als Gegengewicht zu einer Liberalisierung der Regelungen über das Kapital ist aus diesem Grunde nicht zu empfehlen.

92 So auch die Bewertung von Lutter, aaO. (Fn. 18), 415, 457.

Tätigkeitsverbote für Organmitglieder als Gläubigerschutzinstrument

von Professor Dr. HERIBERT HIRTE, LL.M. (Berkeley), Rechtsreferendar Dr. TIM LANZIUS, LL.M. (Bristol, U.W.E.) und Wiss. Mit. SEBASTIAN MOCK, LL.M. (NYU), Hamburg*

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Funktion von Tätigkeitsverboten . . . . . I. Schutzdimensionen . . . . . . . . . . . II. Tätigkeitsverbote als Regelungsmodell C. Tätigkeitsverbote . . . . . . . . . . . . . . I. Insolvenzstraftat . . . . . . . . . . . . II. Berufs- oder Gewerbeverbot . . . . . III. Zivilrechtliches Tätigkeitsverbot . . . IV. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . V. Forderungssicherungsgesetz (FoSiG) . VI. Kritische Betrachtung . . . . . . . . . D. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . I. England . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinigte Staaten von Amerika . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Reformempfehlung . . . . . . . . . . . . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . II. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . .

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* Prof. Dr. Heribert Hirte, LL.M. (Berkeley), Geschäftsführender Direktor des Seminars für Handels-, Schifffahrts- und Wirtschaftsrecht der Universität Hamburg; Dr. Tim Lanzius, LL.M. (Bristol, U.W.E.) ist Rechtsreferendar in Hamburg; Sebastian Mock, LL.M. (NYU), Attorney-at-Law (New York), ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Handels-, Wirtschafts- und Schifffahrtsrecht der Universität Hamburg.

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IV. Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . V. Europäische Koordinierung . . . . . VI. Verfassungsrechtliche Bedenken . . Anhang I – England . . . . . . . . . . . . . Anhang II – Frankreich . . . . . . . . . . . Anhang III – Vereinigte Staaten von Amerika

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A. Einleitung Rechtswidriges Handeln wird durch zivilrechtliche und strafrechtliche Sanktionen geahndet. Im Zivilrecht steht dabei meist nur die Leistung von Schadenersatz im Vordergrund. Die Durchsetzung der Unterlassung künftigen rechtswidrigen Handelns durch andere ist nur in Einzelfällen möglich. Tätigkeitsverbote erlauben in diesem Zusammenhang die dauerhafte Durchsetzung der Unterlassung rechtswidrigen oder potentiell rechtswidrigen Handelns durch einen Ausschluss bestimmter Personen von Teilen des Rechtsverkehrs. Die folgende Darstellung untersucht zunächst die Möglichkeiten für eine Verwendung von Tätigkeitsverboten (B.). Im Anschluss daran erfolgt eine Untersuchung der Tätigkeitsverbote im deutschen Recht de lege lata (C.) und eine rechtsvergleichende Untersuchung von Tätigkeitsverboten im englischen, französischen und im U.S.-amerikanischen Recht (D.). Den Abschluss bildet ein Reformvorschlag (E.).

B. Funktion von Tätigkeitsverboten Der Ausschluss bestimmter Personen von der Geschäftsleitung einer Kapitalgesellschaft dient dem Schutz des Rechtsverkehrs als prophylaktische Maßnahme. I. Schutzdimensionen Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften können in ihrer Funktion gegen eine Reihe von Pflichten verstoßen, die dem Schutz unterschiedlicher Interessen dienen. Hier kommen zuvörderst die Gläubiger und die Anleger bzw. die Gesellschafter in Betracht. 1. Gläubigerschutz Für die Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft haftet grundsätzlich nur deren Gesellschaftsvermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG; § 1 Abs. 1 Satz 2 AktG; § 2 GenG). Ausnahmsweise können aber auch Geschäftsleiter der Kapitalgesellschaft

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den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber (mittelbar oder unmittelbar) haftbar sein 1; das betrifft in erster Linie Fälle, in denen die Geschäftsleiter gegen ihre im Gläubigerinteresse bestehenden organschaftlichen Pflichten zur Aufbringung und Erhaltung des Gesellschaftsvermögens verstoßen haben. Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften stellen sich daher als ein Problem des Gläubigerschutzes dar und könnten in Zukunft auch eine neue Dimension in der Debatte über die Reform der Kapitalschutzrichtlinie 2 gewinnen.3 2. Schutz des Kapitalmarktes Auch im Kapitalmarktrecht können Tätigkeitsverbote eine wichtige Rolle spielen, da hier die Sanktionierung rechtswidrigen Verhaltens mit einer zivilrechtlichen Haftung kaum ausreichend ist. Die durch die Verletzung bestimmter kapitalmarktrechtlicher Pflichten entstehenden Schäden können oft selbst bei Vorliegen eines vermögenden Geschäftsleiters nicht einmal annäherungsweise abgedeckt werden; mit Blick auf die präventive Funktion des Haftungsrechts ist ein (vollständiger) Ausgleich entstandener Schäden zudem nicht einmal immer vom Gesetz gewollt. Hinzu kommt, dass Schäden in vielen Fällen – gerade bei Verstößen gegen Publikationspflichten – nur schwer feststellbar und ihre kausale Verursachung durch eine Pflichtverletzung nur schwer nachweisbar ist.4 Auch kann eine bloße zivilrechtliche Haftung aufgrund eines Verstoßes gegen kapitalmarktrechtliche Pflichten ganz rational gegen die damit verbundenen Gewinnmöglichkeiten abgewogen werden. II. Tätigkeitsverbote als Regelungsmodell Tätigkeitsverbote können daher eine attraktive Ergänzung zu strafrechtlichen Sanktionen und zu einer zivilrechtlichen Verantwortlichkeit in Form von Schadenersatz bieten. 1 Für eine Übersicht siehe Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2006, Rdn. 3.108ff. 2 Zweite Gesellschaftsrechtliche Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. 12. 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (77/91/EWG), ABl. EG Nr. L 26 v. 31. 1. 1977, S. 1 ff. 3 Vgl. Mitteilung der EG-Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan, KOM (2003) 284 endg., Ziffer 3.1.3.; ebenso Stellungnahme der High Level Group of Company Law Experts on a Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe vom 4. 11. 2002, Chapter III, 4.5. 4 Fleischer, ZGR 2004, 437, 473.

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1. Vorteile Die Vorteile einer Sanktion durch ein Tätigkeitsverbot für Organmitglieder liegen in der präventiven Wirkung, in einer raschen Gefahrenabwehr durch behördliches Einschreiten und in einem erhöhten Abschreckungspotential.5 Neben einer nur eingeschränkt möglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit bleibt nur eine zivilrechtliche Haftung; insbesondere die zivilrechtliche Verantwortlichkeit beschränkt sich in ihrer Effektivität auf das dem betroffenen Geschäftsleiter zur Verfügung stehende Vermögen.6 Personen mit einem geringen oder keinem Vermögen können daher durch die Androhung einer weitreichenden zivilrechtlichen Haftung nicht hinreichend von einer Rechtsverletzung abgeschreckt werden. Unter ökonomischen Gesichtspunkten sind Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften eine sinnvolle Ergänzung zur persönlichen Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter für Pflichtverletzungen. Aber auch gegenüber Personen mit einem umfangreichen Vermögen können die bisherigen zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Sanktionen oft nur eine unzureichende Abschreckungswirkung entfalten. Während die zivilrechtlichen Sanktionen oft an mangelhafter Durchsetzung(smöglichkeit) seitens der Betroffenen leiden, werden die strafrechtlichen Sanktionen meist seitens der staatlichen Stellen nur zurückhaltend eingesetzt. Ein Tätigkeitsverbot kann hier in seiner Wirkung eine größere Abschreckungswirkung erzielen, da mit ihm die weitere berufliche Existenz bedroht ist.7

2. Nachteile Ein Nachteil der Tätigkeitsverbote ist der zwangsläufig damit verbundene erhöhte institutionelle Überwachungsaufwand. Dieser kann zwar durch die Registergerichte bei der Gründung der Kapitalgesellschaft bzw. bei Eintragung eines neuen Geschäftsleiters übernommen werden; doch kann damit nur die Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf formell bestellte Geschäftsleiter überprüft werden. So kann einer Person auch umfangreiche rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht erteilt werden, obwohl diese etwa nicht zum Geschäftsführer bestellt werden dürfte. Die Überprüfung auch solcher „Geschäftsführungstätigkeiten“ bedarf einer weiteren institutionellen Überwachung. 5 Vgl. Fleischer, ZGR 2004, 437, 472. 6 Vgl. dazu Casper, BKR 2005, 83, 87 ff.; zur Verwendung nonmonetärer Sanktionsmechanismen vgl. Shavell, Foundation of Economic Analysis of Law, 2004, S. 509f.; ausführlich ders., 85 Columbia Law Review 1232 (1985). 7 Berg, 56 Vanderbilt Law Review 1871, 1896 (2003) zur Abschreckungswirkung von zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen bei Verstößen gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften in den USA.

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In einem engen Zusammenhang damit steht die tatbestandliche Ausgestaltung der Tätigkeitsverbote. Bei einer Beschränkung auf Straftaten kann hier sicherlich eine effektive Durchsetzung der Tätigkeitsverbote bei einer entsprechenden Koordinierung der zuständigen Gerichte und der Registergerichte sichergestellt werden. Bei einer Ausweitung der Tatbestände auf Sachverhalte unterhalb der Strafbarkeit stellt sich hier aber das Problem der Geltendmachung von Rechtsverletzungen und der Einleitung von Verfahren zur Verhängung von Tätigkeitsverboten. Diese müssten dann wohl in einem gesonderten Verfahren, ausgestattet mit einem Antragsrecht der betroffenen Gläubiger oder anderer Interessierter, verhängt werden.

C. Tätigkeitsverbote Tätigkeitsverbote für bestimmte Personen sind schon jetzt in verschiedenen Rechtsgebieten geregelt. Das Kapitalgesellschaftsrecht stellt an die Person des Geschäftsführers bzw. Vorstandsmitgliedes neben der Geschäftsfähigkeit weitere Anforderungen auf. Nach § 6 Abs. 2 Satz 3, 4 GmbHG und § 76 Abs. 3 Satz 3, 4 AktG darf ein Geschäftsleiter nicht wegen einer Insolvenzstraftat verurteilt, keinem Berufs- oder Gewerbeverbot oder einem sonstigen zivilrechtlichen Tätigkeitsverbot unterliegen.

I. Insolvenzstraftat Die Insolvenzstraftaten sind in § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG und § 76 Abs. 3 Satz 3 AktG abschließend aufgezählt und beziehen sich nur auf den 24. Abschnitt des Strafgesetzbuches. Daher sind hier nur der Bankrott (§ 283 StGB), der besonders schwere Fall des Bankrotts (§ 283 a StGB), die Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b StGB), die Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) sowie die Schuldnerbegünstigung (283 d StGB) erfasst. Allerdings können auch Straftaten im Ausland zu beachten sein, wobei es sich dabei um in gleichem Umfang strafbewehrte Taten handeln muss.8 Die begangenen Straftaten müssen dabei in keiner Verbindung mit dem Unternehmensgegenstand oder Gewerbe der derzeitigen Kapitalgesellschaft stehen.9 8 OLG Naumburg, ZIP 2000, 622 = FGPrax 2000, 121; Schneider in Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2000, § 6 Rdn. 20; a.A. LG Köln, NJW-RR 1995, 553f.; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl. 2000, § 6 Rdn. 10; GroßKommAktG/Kort, 4. Aufl. 1992ff., § 76 Rdn. 213; KölnKommAktG/Mertens, 2. Aufl. 1996, § 76 Rdn. 103. 9 Lutter/Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 6 Rdn. 17; Heyder in Michalski, GmbHG, § 6 Rdn. 20.

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Andere Straftaten werden von § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG und § 76 Abs. 3 Satz 3 AktG nicht erfasst.10 Dies gilt auch für typischerweise im Zusammenhang mit Insolvenzen von Kapitalgesellschaften begangenen Straftaten wie Betrug (§ 263 StGB), Untreue (§ 266 StGB) oder Urkundenfälschung (§ 267 StGB). Ebenfalls nicht erfasst sind die Straftaten wegen einer verspäteten Insolvenzantragstellung (§ 84 GmbHG, § 401 AktG).11 Auch die Nicht- oder nicht rechtzeitige Einreichung des Jahresabschlusses ist schon deshalb nicht erfasst, weil sie keine Straftat darstellt. II. Berufs- oder Gewerbeverbot Weiterhin darf gegen den Geschäftsleiter kein Berufsverbot nach § 70 StGB oder ein Gewerbeverbot ausgesprochen worden sein. 1. Berufsverbot (§ 70 StGB) Ein Berufsverbot nach § 70 StGB setzt die Begehung einer rechtswidrigen Tat unter Missbrauch des Berufes oder Gewerbes des Täters voraus. Die Tätigkeit als gesetzlicher Vertreter einer Kapitalgesellschaft ist dabei als solche grundsätzlich nicht erfasst. Anknüpfungspunkt ist vielmehr die Art des Gewerbes, nicht die Rechtsform, in der es getätigt wird. Die Tätigkeit als gesetzlicher Vertreter kann daher nur dann erfasst sein, wenn der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft vollständig oder teilweise mit dem Gegenstand des verbotenen Berufes übereinstimmt.12 Die Verhängung eines vorläufigen Berufsverbots (§ 132a StPO) reicht nicht aus.13 2. Gewerbeverbot Weiterhin darf der zu bestellende Geschäftsleiter keinem Gewerbeverbot unterliegen. Dabei kommt im Wesentlichen aber nur die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO in Betracht. Nicht ausreichend ist die Untersagung der Fortsetzung eines zulassungspflichtigen Handwerkes nach § 16 Abs. 3 HandwO.14 10 BayObLG, GmbHR 1992, 304, 305; LG Köln, NJW-RR 1995, 553f.; so ausdrücklich auch Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 8/3908, S. 70. 11 Kritisch dazu Stein, AG 1987, 165. 12 Tröndle/Fischer, Kommentar zum StGB, 51. Aufl. 2003, § 70 Rdn. 11. 13 Hueck/Fastrich (Fn. 8), § 6 Rdn. 11; Heinrich in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts – GmbH, 2. Aufl. 2003, § 6 Rdn. 12. 14 BayObLG, DB 1986, 1768; Hueck/Fastrich (Fn. 8), § 6 Rdn. 11.

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Die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO setzt die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden voraus. Als unzuverlässig gilt, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird.15 Hier kommen neben den ohnehin bereits erfassten Insolvenzstraftaten auch allgemeine Eigentums- und Vermögensdelikte in Betracht.16 Wichtige weitere Fallgruppen bilden die mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit,17 Steuerrückstände in nicht unerheblichem Umfang 18 und die Nichtabführung von Beiträgen an die gesetzlichen Sozialversicherungsträger 19. Diese Fallgruppen treffen in der Praxis häufig zusammen. In vielen Fällen sind es die Finanzämter, die fruchtlose Vollstreckungsversuche unternehmen oder Insolvenzverfahren beantragen, bei denen dann die mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ans Licht kommt. Fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit liegt nach der Rechtsprechung des BVerwG u. a. bei Überschuldung, Leistungsunfähigkeit, Fehlen der für die ordnungsgemäße Berufsausübung erforderlichen Geldmittel und fehlender Kreditwürdigkeit vor.20 Die Fallgruppe ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt und der Schuldner in das Verzeichnis nach § 26 Abs. 2 InsO eingetragen wurde. Dasselbe gilt bei einer Eintragung infolge erfolgloser Zwangsvollstreckung in das Verzeichnis nach § 915 ZPO nach Aufstellung des Vermögensverzeichnisses und Abgabe des eidesstattlichen Versicherung gem. § 807 ZPO bzw. Anordnung der Haft zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung gem. § 901 ZPO.21 Da § 12 GewO eine Gewerbeuntersagung während des Insolvenzverfahrens und gegebenenfalls während des Insolvenzeröffnungsverfahrens ausschließt 22, soweit sie sich auf ungeordnete Vermögensverhältnisse stützt, kann aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht auf die Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Stattdessen muss auf dessen Ausgang abgestellt werden. Kommt es zur Durchführung eins Insolvenzplanes (§ 217 InsO) bzw. zur Restschuldbefreiung (§ 286 InsO) entfällt dieser Untersagungsgrund.23 Wird die In15 16 17 18 19 20 21 22

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BVerwGE 65, 1f.; Laubinger, VerwArch 89 (1998), 145, 148 m.w.Nachw. Tettinger in Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl. 2004, § 35 Rdn. 37. Tettinger (Fn. 16), § 35 Rdn. 61. BVerwG, GewArch 1992, 232; BVerwGE 65, 1, 2; VGH Baden-Württemberg, GewArch 1991, 112; Hessischer VGH, GewArch 1994, 238; dazu ausführlich Tettinger (Fn. 16), § 35 Rdn. 50 ff. BVerwGE 65, 1, 2; OVG Schleswig-Holstein, NVwZ-RR 1994, 22. Vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung (Stand 10/2004), § 35 Rdn. 46 m.w.Nachw. Tettinger (Fn. 16), § 35 Rdn. 68. Es besteht jedoch keine Ausschlusswirkung gegenüber dem Geschäftsführer, VG Gießen, BB 2003, 1248 (Fortsetzung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens gegen die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG trotz insolvenzrechtlicher Sicherungsmaßnahmen gegen die KG). Dies schließt eine Untersagung aufgrund der Verletzung steuerrechtlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen jedoch nichts aus.

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solvenzmasse verwertet und das Unternehmen zerschlagen, liegt mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vor.24 Eine bloße Verletzung zivilrechtlicher Pflichten kann eine Unzuverlässigkeit grundsätzlich nicht begründen, da § 35 GewO nur die Allgemeinheit und nicht einzelne Gläubiger schützen soll.25 Eine Gewerbeuntersagung aufgrund der Verletzung zivilrechtlicher Pflichten ist nur im Einzelfall möglich, wenn aus dem Gesamtverhalten des Gewerbetreibenden eine Unzuverlässigkeit abgeleitet werden kann.26

3. Bezug zum Unternehmensgegenstand Im Gegensatz zu den Insolvenzstraftaten muss damit sowohl beim Berufsverbot als auch bei der Gewerbeuntersagung ein Bezug zu dem tatsächlichen Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft bestehen.27 Dabei reicht es aus, wenn der Verbotstatbestand auch nur zum Teil mit dem Unternehmensgegenstand übereinstimmt.28 Insofern kann durch die entsprechende Einschränkung eines neu zu wählenden Unternehmensgegenstandes eine Anwendbarkeit des Ausschlussgrundes unter Umständen abgewendet werden.

III. Zivilrechtliches Tätigkeitsverbot Schließlich kann ein Ausschlussgrund bestehen, wenn der Geschäftsleiter einem zivilrechtlichen Tätigkeitsverbot etwa aufgrund eines Wettbewerbsverbotes unterliegt.29 Dies bedarf hier keiner Vertiefung.

IV. Rechtsfolgen Eine Bestellung trotz entgegenstehenden Bestellungshindernisses führt zur Nichtigkeit der Bestellung (§ 134 BGB).30 Dabei kommt es nicht auf die Kenntnis 24 Vgl. Marcks (Fn. 20), § 35 Rdn. 46. 25 Tettinger (Fn. 16), § 35 Rdn. 72; ausführlich dazu Marcks, Die Untersagungsvorschrift des § 35 GewO, 1986, Rdn. 62. 26 Marcks (Fn. 20), § 35 Rdn. 62. 27 Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl. 2003, § 6 Rdn. 6; Hueck/Fastrich (Fn. 8), § 6 Rdn. 11. 28 Heyder in Michalski, GmbHG, § 6 Rdn. 22. 29 BayObLG, BB 1989, 1009; BayObLG NJW-RR 1999, 934; Hueck/Fastrich (Fn. 8), § 6 Rdn. 10. 30 OLG Naumburg, ZIP 2000, 622 = FGPrax 2000, 121; Kort (Fn. 8), § 76 Rdn. 221.

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des bestehenden Bestellungshindernisses an.31 Das Handelsregister wird dadurch unrichtig, da es die betroffene Person noch als Geschäftsführer ausweist. Eine automatische Mitteilung des jeweiligen das Bestellungshindernis aussprechenden Gerichtes an das Handelsregister findet aber nicht statt.32 Der Anstellungsvertrag des betroffenen Organmitgliedes ist demgegenüber nicht nichtig, da der Abschluss eines Anstellungsvertrages nicht gegen das Verbot der Bestellung verstößt.33 Der Anstellungsvertrag ist aber aus wichtigem Grund kündbar.34 Schließlich ist ein Verstoß gegen ein Berufsverbot auch strafbar (§ 145c StGB).

V. Forderungssicherungsgesetz (FoSiG) Der Entwurf eines Forderungssicherungsgesetzes 35 sieht eine erhebliche Ausweitung der Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter vor. Danach werden auch die gesellschaftsrechtlichen Straftatbestände der §§ 399–401 Abs. 1 AktG und der §§ 82, 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG in den Katalog des § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG und des § 76 Abs. 3 Satz 3 AktG einbezogen. Die Verurteilung bezüglich dieser Straftaten soll auch für die jeweils andere Gesellschaftsform als Ausschlussgrund Anwendung finden. Weiterhin sollen die allgemeinen Betrugstatbestände einbezogen werden, soweit der Betroffene nach diesen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Für die GmbH soll hier zusätzlich eine solidarische Verantwortlichkeit der übrigen Gesellschafter für die Bestellung bzw. unterlassene Abberufung einer Person zum Geschäftsführer geschaffen werden, die nicht Geschäftsführer sein kann (§ 6 Abs. 2 Satz 4 GmbHG-E). Damit soll einer Umgehung von Tätigkeitsverboten durch Strohmänner vorgebeugt werden.36

VI. Kritische Betrachtung Die bisherigen Regelungen über Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften sind unzureichend.

Hueck/Fastrich (Fn. 8), § 6 Rdn. 12. Kritisch dazu Voerste, AG 1987, 376, 377. Kort (Fn. 8), § 76 Rdn. 221. KölnKommAktG/Mertens (Fn. 8), § 76 Rdn. 115. Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungsgesetz) BTDrucks. 15/3594; ausführlich dazu Drygala, ZIP 2005, 423ff. 36 Begründung zum Entwurf des Forderungssicherungsgesetzes, BT-Drucks. 15/3594, S. 25. 31 32 33 34 35

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1. Weitgehende tatbestandliche Einschränkungen Tätigkeitsverbote für Organmitglieder sind nach bisheriger Rechtslage nur äußerst eingeschränkt möglich. Es werden lediglich bestimmte insolvenzrechtliche Straftatbestände (§§ 283–283 d StGB) als Grundlage für ein umfassendes Tätigkeitsverbot genutzt. Die klassischen Insolvenzstraftaten der verspäteten Insolvenzantragstellung (§ 84 GmbHG, § 401 AktG) werden bisher nicht erfasst.37 Hinzu kommt bislang, dass sich die betroffenen Geschäftsführer oft mit der Staatsanwaltschaft auf einen „Handel“ einlassen, wonach die nur schwer nachweisbare Insolvenzverschleppung zugegeben und im Gegenzug das Verfahren bezüglich der Insolvenzstraftaten (§§ 283–283d StGB) eingestellt wird (§ 154 StPO).38 Schließlich führt eine Verurteilung zu einer Insolvenzstraftat nach §§ 283–283d StGB zu einem generellen Ausschluss von Organfunktionen für die Dauer von fünf Jahren. Eine Differenzierung nach der Schwere der Tat findet nicht statt.39 Das unmittelbar auszusprechende Berufsverbot des § 70 StGB wird in der Praxis aufgrund seiner strengen Anforderungen nur zurückhaltend angewendet.40 Die Gewerbeverbote sind in ihrem Anwendungsbereich eingeschränkt und können nur unzureichend eine Bestellung verhindern. Schließlich leiden die an ein konkretes Gewerbe anknüpfenden Berufs- bzw. Gewerbeverbote unter einem mangelnden Bezug zu der Position eines Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft. Durch die vorgeschlagenen Änderungen durch das Forderungssicherungsgesetz können zwar im Vergleich zur bestehenden Rechtslage einige Verbesserungen durch eine Ausweitung der erfassten Tatbestände vorgenommen werden, jedoch bleibt es bei einer weitgehenden Anknüpfung der Tätigkeitsverbote an eine vorherige strafrechtliche Verurteilung.41

2. Fehlender genereller Gläubigerschutz Bei den Gewerbeuntersagungen kommt hinzu, dass diese nur einem einseitigen Schutz des Staates als Gläubiger dienen. Eine fehlende Abführung von Steuern und Sozialabgaben mag zwar Indizwirkung für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Gewerbetreibenden und damit für seine

37 Daher die Verfassungsmäßigkeit vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG anzweifelnd Stein, AG 1987, 165, 168ff. 38 Vgl. Stein, AG 1987, 165. 39 Kritisch Stein, AG 1987, 165, 174. 40 Hanack in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 1996, § 70 Rdn. 4. 41 Kritisch daher zu den Änderungsvorschlägen Drygala, ZIP 2005, 423, 425ff.

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„Unzuverlässigkeit“ haben und somit eine Gewerbeuntersagung rechtfertigen. Das ist aber weder zwingend, noch und vor allem wird die Zuverlässigkeit gegenüber sonstigen Gläubigern überhaupt in die ordnungsrechtlichen Erwägungen einbezogen. Die Verletzung von Rechten anderer Gläubiger hat daher keine vergleichbare Wirkung. 3. Fehlende Durchsetzung Neben den tatbestandlichen Schranken der möglichen Tätigkeitsverbote hängen diese zudem von der effektiven Durchsetzung der Straftatbestände durch die jeweiligen Behörden bzw. Gerichte ab. Diese wird im Wesentlichen dadurch beeinträchtigt, dass für die unterschiedlichen Verbote unterschiedliche Gerichte bzw. Behörden zuständig sind. Ein Berufsverbot können nur die mit Insolvenzstraftaten befassten Gerichte aussprechen, während die Gewerbeverbote von den Ordnungsbehörden ausgesprochen werden.42 Durch das weitgehende Abstellen auf Straftatbestände hängt die Effektivität der Tätigkeitsmodelle schließlich weitgehend von einer vorherigen strafrechtlichen Verfolgung ab. D. Rechtsvergleichende Betrachtung Vor der Formulierung von Reformempfehlungen soll nunmehr ein Blick in das ausländische Recht geworfen werden. Die Darstellung soll sich dabei auf England, Frankreich und die Vereinigten Staaten von Amerika beschränken. I. England Das englische Gesellschaftsrecht kennt mit dem Companies Directors Disqualification Act 1986 (CDDA) ein sehr weitreichendes Tätigkeitsverbot für Geschäftsführer bei rechtswidrigem Handeln. Eine disqualification order verbietet es gemäß Sec. 1(1) CDDA ihrem Adressaten für eine festgelegte Zeitspanne, ohne Erlaubnis des Gerichts als director der Gesellschaft oder als receiver 43 des Eigentums der Gesellschaft tätig zu werden, in irgendeiner Weise an der Gründung oder Leitung einer Gesellschaft mitzuwirken, sei es durch unmittelbare oder indirekte Handlungen, oder als insolvency practitioner 44 zu agieren.

42 Kritisch zur fehlenden Zusammenarbeit der Gerichte und der Handelsregister Voerste, AG 1987, 376, 377. 43 Dabei handelt es sich um den Zwangsverwalter nach Sec. 29 (2) Insolvency Act 1986. 44 Abwickler von Insolvenzen bei Privatpersonen und Kapitalgesellschaften (Sec. 388 ff. Insolvency Act 1986).

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Die disqualification order ergeht auf Antrag durch das Gericht. Antragsberechtigt sind gemäß Sec. 16(2) CDDA grundsätzlich unter anderem der Secretary of State als Leiter des Department of Trade and Industry, der liquidator 45 sowie ehemalige und gegenwärtige Gläubiger und Gesellschafter der von dem Fehlverhalten des Adressaten betroffenen Gesellschaft.46 Im Rahmen eines Verfahrens nach Sec. 6, 8, 9A CDDA besteht schließlich auch die Möglichkeit, sich durch ein disqualification undertaking sozusagen selbst zu disqualifizieren.47 Adressat einer disqualification order können sowohl natürliche Personen als auch Gesellschaften und sonstige Körperschaften sein.48

1. Tatbestand Der Companies Directors Disqualification Act 1986 ist in seinem Regelungsbereich sehr weit angelegt und ermöglicht eine disqualification order aus sehr unterschiedlichen Gründen.

a) Straftaten und Verletzung von Publizitätsvorschriften Sec. 2–5 CDDA ermöglichen eine Disqualifikation wegen Verletzung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften und der Begehung von Straftaten bei der „… promotion, formation, management, liquidation or striking off of a company, or with the receivership or management of a company’s property“ (Sec. 2(1) CDDA). Grundlage für eine disqualification order wegen Verletzung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften kann dabei auch der Verstoß gegen Publizitätsvorschriften und dabei insbesondere Rechnungslegungspublizitätsvorschriften sein (Sec. 3 CDDA).

45 Dabei handelt es sich um die für das winding up einer Gesellschaft zuständige Person (Artt. 163ff. Insolvency Act 1986). 46 Für Sec. 6, 8, 9A CDDA gilt hierbei allerdings eine Sonderregelung (siehe D.I.2). 47 Ein disqualification undertaking ist eine Erklärung, mit der der Erklärende versichert, dass er für eine bestimmte Zeitspanne ohne Erlaubnis des Gerichts keine der in Sec. 1(1) CDDA benannten Ämter bekleiden oder in irgendeiner Weise an der Gründung oder Leitung einer Gesellschaft mitzuwirken wird (Sec. 1A, Sec. 9B(3) CDDA). Siehe dazu ausführlich Palmers Company Law, Rdn. 8.105.1 (Stand 12/2004). 48 Sec. 14 CDDA; vgl. dazu Sealy, Disqualification and personal liability of directors, 2000, S. 9.

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b) Aufsichtsverfahren Sec. 8 CDDA ermöglicht überdies eine Disqualifikation eines directors oder shadow directors 49 aufgrund der Ergebnisse eines vom Department of Trade and Industry durchgeführten Aufsichtsverfahrens.50 Im Rahmen dieses Verfahrens können die Geschäfte und Verhältnisse einer Gesellschaft durch Inspektoren, welche vom Secretary of State eingesetzt werden, untersucht werden. Alternativ kann der Secretary of State die Vorlage von Dokumenten verlangen. Wenn aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse nach Ansicht des Secretary of State ein überwiegendes öffentliches Interesse für ein Tätigkeitsverbot besteht, kann er ein solches beantragen (Sec. 8(1) CDDA). Das Gericht kann es auf diesen Antrag hin anordnen, wenn es von der unfitness (Sec. 6 CDDA) des directors oder shadow directors überzeugt ist (Sec. 8(2) CDDA).

c) Kartellrecht Eine Disqualifikation wegen Verstoßes gegen kartellrechtliche Vorschriften (Disqualification for competition infringements) sieht Sec. 9A CDDA vor. Verstößt eine Gesellschaft gegen kartellrechtliche Vorschriften und hält das Gericht den director für „unfit to be concerned in the management of a company“, muss es eine disqualification order verhängen. Kartellrechtliche Vorschriften sind dabei nicht nur bestimmte Vorschriften des Competition Acts 1998, sondern auch die Artt. 81, 82 EG (Sec. 9A(4) CDDA). Der Begriff der unfitness richtet sich in diesem Zusammenhang nicht nach der allgemeinen Definition in Sec. 6, 9 CDDA. Vielmehr muss das Gericht gemäß Sec. 9A(5)(a), (6) CDDA prüfen, ob das Verhalten des directors zum Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht beigetragen hat bzw. – wenn dies nicht der Fall sein sollte – ob er den Verstoß pflichtwidrig nicht verhindert hat. Wesentlich ist auch, ob er von dem Verstoß hätte Kenntnis haben müssen.51

49 Ein shadow director ist gemäß Sec. 22(5) CDDA jede Person, „in accordance with whose directions or instructions the directors of the company are accustomed to act“. Hierdurch ist es möglich, eine disqualification order auch gegen Hintermänner auszusprechen. Als shadow directors kommen vor allem auch Gesellschafter und Banken in Betracht (vgl. zu den Einzelheiten Hammerson, New Law Journal 2001, 1703ff.). Im Folgenden ist mit director auch der shadow director gemeint. 50 Artt. 431ff. Companies Act 1985. 51 Der Schedule I CDDA ist dagegen nicht anzuwenden, Sec. 9A(5)(c) CDDA.

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d) Wrongful und fraudulent trading Weiterhin ermöglicht Sec. 10 CDDA eine disqualification order in einem Verfahren wegen fraudulent oder wrongful trading. Verurteilt ein Gericht eine Person aufgrund von Sec. 213 oder Sec. 214 Insolvency Act 1986 (IA 1986) zu einer Zahlung in das Vermögen der Gesellschaft, kann es gleichzeitig eine disqualification order erlassen (Sec. 10(1) CDDA).

e) Kapitalmarktrecht Eine Disqualifikation ist auch wegen Insiderhandels möglich: Wer am geregelten Markt Wertpapiere kauft oder verkauft und dabei Insiderinformationen zu seinem Vorteil ausnutzt, macht sich gemäß Sec. 52 Criminal Justice Act 1993 wegen insider dealing strafbar. Wer wegen eines solchen Delikts verurteilt worden ist, kann nach Sec. 2 CDDA disqualifiziert werden, wenn die Begehung des Deliktes in einer tatsächlichen Verbindung mit dem Management der Gesellschaft stand. Eine solche Verbindung ist beispielsweise gegeben, wenn ein director einer Gesellschaft seine Kenntnisse um deren finanzielle Situation zu einem Insidergeschäft ausnutzt.52

f) Unfitness In der Praxis erfolgen die meisten Disqualifikationen allerdings aufgrund von Sec. 6 CDDA 53. Hiernach muss das Gericht gemäß Sec. 6 (1) CDDA eine disqualification order gegen eine (natürliche oder juristische) Person erlassen, wenn diese director oder shadow director einer Gesellschaft ist oder war, die insolvent geworden ist (Sec. 6 (1)(a) CDDA) und das Gericht überzeugt ist, dass das Verhalten dieser Person als director „makes him unfit to be concerned in the management of a company“ (Sec. 6 (1)(b) CDDA). Kriterien zur Bestimmung von unfitness sind in Sec. 9 i.V.m. Schedule 1 CDDA aufgezählt. Diese Kriterien sind jedoch nicht abschließend 54, so dass das Gericht auch andere Umstände, die nicht in Schedule 1 erwähnt sind, berücksichtigen darf. Nach diesem Schedule 1 muss das Gericht unter anderem das Vergehen bzw. die Pflichtverletzungen des directors und den Umfang seiner Verantwortlichkeit

52 R. v. Goodman [1993] 2 All E.R. 789. 53 In den Jahren 1997–2002 wurden ca. 80–90 % der disqualifications auf Basis von Sec. 6 CDDA verhängt (Disqualification statistics, abrufbar unter www.insolvency. gov.uk). 54 Dies ergibt sich aus Sec. 9(1) CDDA: „…have regard in particular…“.

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für Verstöße gegen Buchführungs- und Publizitätsvorschriften sowie unter dem Insolvency Act 1986 (IA 1986) anfechtbare Rechtshandlungen berücksichtigen. Weiterhin muss das Gericht auch den Umfang der Verantwortlichkeit des directors für die Insolvenz der Gesellschaft, die Nichtlieferung von Waren bzw. die Nichterbringung von Dienstleistungen, für die bereits das Entgelt entrichtet wurde, für unter dem IA 1986 anfechtbare Rechtshandlungen und für Verstöße gegen bestimmte vom IA 1986 aufgestellte Pflichten berücksichtigen. Aus Schedule 1 lässt sich aber nicht entnehmen, welche Schwere das Fehlverhalten des directors haben muss. Die Rechtsprechung hat dies wie folgt bestimmt: Unfitness liegt zum einen bei der Verletzung der kaufmännischen Redlichkeit (commercial probity) durch unredliches Verhalten (dishonest conduct) vor.55 Eine solche ist gegeben im Fall der cynical exploitation of the privilege of trading through limited liability.56 Weiterhin wird unfitness bei incompetence or negligence in a very marked degree angenommen 57. Der Begriff der unfitness ist damit offen. Sowohl in der englischen Rechtsprechung als auch in der englischen Literatur wird betont, dass die Frage, ob unfitness vorliegt, von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Die Festlegung eines Mindestmaßes an Fehlverhalten kann hierbei nicht vorgenommen werden 58. Dillon LJ bezeichnete die Frage nach der unfitness als eine jury question.59 Aus dem case law lassen sich deshalb lediglich für bestimmte Fälle auch nur Leitlinien gewinnen.60

55 Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 2 All E.R. 692. 56 Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397; Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law, 4. Aufl. 1998, S. 352. 57 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] 3 All E.R. 578. Ähnlich schon Re Bath Glass [1988] B.C.L.C. 329, 333. 58 Re Bath Glass [1988] B.C.L.C. 329, 333; Griffin, Personal liability and disqualification of company directors, 1999, S. 165 f.; Mayson/French/Ryan, Company Law, 21. Aufl. 2004, S. 723. 59 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] 3 All E.R. 578. 60 Unfitness ist daher anzunehmen bei fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Buchführung (Secretary of State for Trade and Industry v. Ettinger [1993] B.C.L.C. 896, 899–900; Farrar/Hannigan [Fn. 56] S. 354 f.; Griffin [Fn. 58] S. 167); bei Insolvenzverschleppung (Re Living Imagess Ltd. [1996] B.C.C. 112; Re Richborough Furniture Ltd. [1996] 1 B.C.L.C. 507, 517; Re Sanford Services Ltd. [1987] B.C.L.C. 607; Farrar/Hannigan [Fn. 56], S. 355 m.w.Nachw.); bei Übertragung des Geschäftsbetriebes einer Gesellschaft auf eine andere ohne Übernahme der Verbindlichkeiten (Secretary of State for Trade and Industry v. McTighe [No 2, 1996] 2 B.C.L.C. 477, 479; Birds/Ferran/Villiers, Boyle & Birds’ Company Law, 4. Aufl. 2000, S. 435; Morse, Charlesworth & Morse Company Law, 16. Aufl. 1999, S. 293) bei unzureichender Kapitalaufbringung (Re Chartmore [1990] B.C.L.C. 673; Re Park House Properties Ltd. [1997] 2 B.C.L.C. 530; Farrar/Hannigan [Fn. 56] S. 356f.). Für eine Übersicht siehe Sealy (Fn. 48) S. 32 f.; Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht, 2002, S. 193 f.

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2. Rechtsfolgen Die Dauer der Disqualifikation beträgt mindestens zwei und höchstens 15 Jahre (Sec. 6 (4) CDDA). Bei der Festsetzung der Dauer des Tätigkeitsverbotes müssen vorherige disqualification orders gegen die betreffende Person, der Verschuldensgrad und das Maß an Inkompetenz berücksichtigt werden.61 Im Fall des Erlasses einer disqualification order bzw. bei der Annahme eines disqualification undertakings durch den Secretary of State darf die disqualifizierte Person während der festgelegten Zeitspanne nicht als director einer Gesellschaft bzw. als receiver des Eigentums einer Gesellschaft tätig werden, nicht in irgendeiner Weise direkt oder indirekt an der Gründung oder Leitung einer Gesellschaft mitwirken und nicht als insolvency practitioner agieren (Sec. 1 (1) CDDA). Die Beteiligung am Management der Gesellschaft bzw. am Entscheidungsfindungsprozess der Gesellschaft umfasst auch die Tätigkeit als Management Consultant.62 Zuwiderhandlungen gegen eine disqualification order werden mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet (Sec. 13 CDDA). Hinzu kommt eine Haftung im Fall der Zuwiderhandlung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft neben der Gesellschaft als Gesamtschuldner (Sec. 15 (1)(a), (2) CDDA). Hierbei sind allerdings nur die Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, die in der Zeit nach der disqualification order entstanden sind (Sec. 15 (3)(a) CDDA). Die Haftung erstreckt sich auch auf diejenigen, die für disqualifizierte Personen am Management der Gesellschaft teilnehmen (Sec. 15 (1)(b), (2) CDDA). Das Gericht muss jede disqualification order dem Secretary of State zur Eintragung in ein Register melden (Sec. 18 (2) CDDA). Das Register ist für Dritte einsehbar (Sec. 18 (4) CDDA) und auch im Internet verfügbar.63 Eine generelle Aufhebung sieht der CDDA nicht vor. Die disqualifizierte Person kann jedoch bei Gericht eine Erlaubnis beantragen, die ihr untersagten Tätigkeiten wieder aufnehmen zu dürfen.

61 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd., [1991] 3 All E.R. 578, 581f.; Eine Disqualifikation für über zehn Jahre erfolgt nur in besonders schweren Fällen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betroffene bereits einmal disqualifiziert worden war. Eine Disqualifikation für einen Zeitraum von 6–10 Jahren erfolgt insbesondere bei vorsätzlichem Handeln. Schließlich erfolgt eine Disqualifikation für 2–5 Jahre nur in Fällen grober Nachlässigkeit bzw. grober Inkompetenz (für einen Überblick dazu vgl. auch Morse (Fn. 60) S. 295). 62 R. v. Campbell [1984] B.C.L.C. 83; zu weiteren Fallgruppen siehe Mayson/ French/Ryan (Fn. 58), S. 717 f.; vgl. auch Sealy (Fn. 48), S. 8f. 63 Das Register ist zugänglich über die Homepage des Companies House (www. companieshouse.gov.uk).

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3. Durchsetzung und Sanktionierung Die disqualification order wird von dem für das Insolvenzverfahren der jeweiligen Gesellschaft zuständigen Gericht ausgesprochen (Sec. 16 (1) CDDA). Das Antragsrecht kommt neben dem Secretary of State auch dem Insolvenzverwalter, den Gläubigern und jeder anderen Person zu, der gegenüber der director eine für eine disqualification order relevante Handlung begangen hat (Sec. 16 (2) CDDA). Bei einem Verstoß gegen eine disqualification order haftet der betroffene director für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich. Darüber hinaus können ihm auch strafrechtliche Sanktionen drohen (Sec. 15 CDDA). Die Überwachung des Verbots obliegt der Insolvency Agency.64

4. Fazit Mit dem CDDA steht im englischen Recht ein Instrument zur Verfügung, mit dem sich unseriöse bzw. inkompetente Geschäftsleiter effektiv aus dem Wirtschaftsleben ausschließen lassen. Trotz der eher zurückhaltenden Handhabung durch die Gerichte ist die Zahl der disqualification orders seit Einführung des CDDA signifikant angestiegen.65 Diese Tendenz wird jedoch zunehmend auch kritisch betrachtet.66

II. Frankreich Das französische Recht kennt als Tätigkeitsverbot für Organmitglieder die Institute der faillite personnelle und der interdiction de gérer, die allerdings nicht nur auf Organmitglieder juristischer Personen beschränkt sind, sondern darüber hinaus auch gegen Kaufleute und Freiberufler verhängt werden können.67

64 www.insolvency.gov.uk. 65 National Audit Office, Company director disqualification – a follow-up report, 1999, S. 5. 66 Hicks, JBL 2001, 433; ders., Tolley’s Insolvency Law and Practice 1999, S. 73. 67 Im Überblick dazu Guyon, Droit des affaires – Band 2, 7. Aufl. 1999, Rdn. 1414f.; vgl. auch Pernice, Die Insolvenzverschleppungshaftung durch das Geschäftsführungsorgan der kleinen Kapitalgesellschaft im deutschen, französischen und englischen Recht, 2002, S. 180 ff.

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1. Faillite personnelle Durch die faillite personnelle (Art. L 653-2 Code de Commerce) kann ein gérant oder ein gérant de fait 68 mit einem dauerhaften Tätigkeitsverbot belegt werden. Darüber hinaus können auch Kaufleute und Freiberufler mit einem Tätigkeitsverbot belegt werden (Artt. L 653-1 Abs. 1 Nr. 1, L 653-3 Code de Commerce).

a) Tatbestand Der Tatbestand für die faillite personnelle für Organmitglieder juristischer Personen ergibt sich aus Art. L 653-4, 653-5 und 653-6 Code de Commerce. Art. L 653-4 Code de Commerce umfasst die Tatbestände der Vermögensvermischung, der Verwendung von Gesellschaftsvermögen zu eigenen Zwecken und die eigennützige und missbräuchliche Ausbeutung der Gesellschaft. Art. L 635-5 Code de Commerce regelt hingegen die Tatbestände des Verstoßes gegen gesellschaftsrechtliche Vorschriften, des ruinösen Verkaufs von Vermögensgegenständen, der einseitigen Begünstigung von Gläubigern, der Verzögerung der Insolvenzeröffnung, der Verweigerung der Zusammenarbeit mit den Justizorganen und schwerer Fehler in der Buchführung. Nach Art. L 654-6 Code de Commerce kann eine faillite personnelle hinsichtlich eines Geschäftsleiters schließlich auch darauf gestützt werden, dass die Gesellschaft die von ihrem Geschäftsleiter in ihrem Namen eingegangenen Verbindlichkeiten nicht beglichen hat. Seit der Unternehmensrechtsreform von 2005 (Loi de sauvegarde des entreprises) 69 ist die Verletzung der Insolvenzantragspflicht kein Grund für die faillite personnelle mehr, sondern nur noch für eine interdiction de gérer. Die Aufzählungen des Art. L 653-4 Code de Commerce und des Art. L 653-5 Code de Commerce sind abschließend und können nicht durch die Gerichte ausgeweitet werden.70 Bei allen Tatbestandsalternativen ist die Absicht des gérant unbeachtlich.71

68 Ein gérant de fait ist „toute personne ayant une activité positive de direction générale accomplie habituellement et en toute indépendance“, dazu ausführlich Lamy-Droit Commercial, Stand 2003, Rdn. 3668 m.w.Nachw. 69 Loi nº 2005-845 du 26 juillet 2005, J.O. n° 173 du 27 juillet 2005, p. 12187ff. 70 Cass. com., 27 avril 1993, 1993 Bull. Civ. IV, No. 149, S. 103; Cass. com., 14 octobre 1997, D. affaires 1997, 1362. 71 Cass. com., 10 octobre 1995, 1995 Bull. Civ. IV, No. 227, S. 212.

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b) Rechtsfolgen Die faillite personnelle führt zu einem umfassenden Tätigkeitsverbot, das seit der Unternehmensrechtsreform von 2005 auf einen Zeitraum von höchstenz fünfzehn Jahren begrenzt werden muss (Art. L 653-11 Code de Commerce).72 In ihrer Wirkung geht die faillite personnelle allerdings weiter als ein bloßes Tätigkeitsverbot bezüglich der Organstellung in einer Kapitalgesellschaft. Dem gérant ist es nämlich auch untersagt, eine sonstige selbständige kaufmännische, handwerkliche oder landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit in irgendeiner Form auszuüben (Art. L 653-2 Code de Commerce). Davon umfasst ist eine Tätigkeit als Makler, Rechtsanwalt 73, Handelsvertreter, Händler oder Geschäftsführer bei Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften und Presseunternehmen.74 Schließlich kann dem gérant auch die Ausübung seiner Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der betroffenen Gesellschaft untersagt werden (Art. L 653-9 Code de Commerce). Diese werden dann von einem durch das Gericht bestimmten mandataire ausgeübt. Im Einzelfall kann das Gericht auch die übrigen Mitgliedschaftsrechte beschränken und sogar die Zwangsabtretung der Gesellschaftsanteile anordnen (Art. L 653-9 Abs. 2 Code de Commerce). Das Gericht kann jedoch von einer faillite personnelle absehen, wenn der gérant die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um eine Gesundung der Gesellschaft herbeizuführen und die Gefährdung der Gesellschaftsgläubiger damit zu minimieren.75 Die faillite personnelle wird in das registre du commerce et des sociétés 76 und in das Bulletin officiel des annonces civiles et commerciales (BODACC) eingetragen. Der Umfang des Tätigkeitsverbotes ist auf die nicht spezifisch auf Kapitalgesellschaften ausgerichtete Ausgestaltung des französischen Rechts zurückzuführen. Während insbesondere die Problematik der Insolvenzverschleppung in den meisten Rechtsordnungen als ein Problem der Kapitalgesellschaften angesehen wird, erfasst das französische Recht dies als rechtsformunabhängige Tatbestände (Art. L 631-2 Code de Commerce).77 72 Bis zur Reform von 2005 betrug die Mindestdauer der faillite personnelle fünf Jahre und konnte dabei aber nicht lebenslang verhängt werden (Cass. com., 3 novembre 1992, 1992 Bull. civ. IV, No. 343, S. 244; Cass.com., 24 octobre 1995 (No. de pourvoi 93-14849); vgl. auch Vallansan, Redressement et liquidation judiciaires, 2. Aufl. 2000, S. 288f. m.w.Nachw. 73 Art. 54 al. 2 Loi portant réforme de certaines professions judiciaires et juridiques (Loi n°71-1130 du 31 décembre 1971). 74 Für einen Überblick zu den einzelnen Verbotstatbeständen siehe Lamy-Droit (Fn. 68), Rdn. 3684; siehe auch Vallansan (Fn. 72) S. 284f. 75 CA Paris, 3e ch, 7 mai 1991, Rev. Proc. Coll. 1992, 221 m. Anm. Chaput. 76 Einsehbar unter www.euridile.inpi.fr. 77 Pernice (Fn. 67), S. 143; zur Einordnung im deutschen Recht jetzt Hirte/Mock, ZIP 2005, 474.

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Die Wirkungen der faillite personnelle stehen in einem engen Zusammenhang mit den nicht erfüllten Gesellschaftsverbindlichkeiten. Der gérant kann die Aufhebung einer faillite personnelle erreichen, indem er die nicht erfüllten Gesellschaftsverbindlichkeiten begleicht oder hierzu eine nach Auffassung des Gerichts ausreichende Summe beisteuert (Art. L 653-11 Abs. 3 Code de Commerce).78

2. Interdiction de gérer Ein ähnliches – weitaus flexibleres und milderes – Instrument stellt die interdiction de gérer (Art. L 653-8 Code de Commerce) dar.

a) Tatbestand Die interdiction de gérer knüpft an die gleichen Tatbestandsmerkmale wie die faillite personnelle an und kann auch für den gleichen Zeitraum verhängt werden. Seit der Reform von 2005 kann allerdings bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht nur noch eine interdiction de gérer angeordnet werden. Weiterer entscheidender Unterschied zwischen beiden Instrumenten ist der Umfang des Tätigkeitsverbotes.79

b) Rechtsfolgen Während die faillite personnelle ein umfassendes Tätigkeitsverbot darstellt, beschränkt sich die interdiction de gérer auf bestimmte Tätigkeiten oder Geschäftszweige. Das Gericht kann daher im Einzelfall den Umfang des Tätigkeitsverbotes selbst bestimmen. Die interdiction de gérer stellt daher gegenüber der faillite personnelle ein milderes Mittel dar und ermöglicht es den Gerichten, eine Abstufung bezüglich der Tätigkeitsverbote vorzuehmen. Die interdiction de gérer kann sowohl gegen einen gérant als auch gegen den gérant de fait ausgesprochen werden.80 Ebenso wie bei der faillite personnelle kann die interdiction de gérer bei einem ausreichenden Beitrag des Geschäftsführers aufgehoben werden (Art. L 653-11

78 Cass. com., 3. 11. 1992, Revue de Jurisprudence de Droit des Affaires 1992, 941; Cass. com., 3 novembre 1992, 1992 Bull. civ. IV, No. 344, S. 245. 79 Ausführlich zu den Unterschieden zwischen beiden Rechtsinstituten siehe LamyDroit Commercial (Fn. 68), Rdn. 3688. 80 Cass. com., 13 octobre 1986, Gaz. Pal. 1987, 2, pan. jurispr., 552 mit Anm. Marchi.

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Abs. 3 Code de Commerce).81 Zusätzlich kann das Gericht seit der Unternehmensrechtsreform von 2005 eine interdiction de gérer – nicht aber eine faillite personnelle – aufheben, wenn der Geschäftsleiter Gewähr dafür bietet („présente toutes garanties“), dass er zur Führung einer Gesellschaft in der Lage ist (Art. L 653-11 Abs. 4 Code de Commerce).

3. Durchsetzung und Sanktionierung Sowohl die faillite personnelle als auch die interdiction de gérer werden von dem für das Insolvenzverfahren zuständigen Gericht ausgesprochen (Art. L 653-4, L 653-5 und L 653-6 Code de Commerce). Ein Verstoß gegen die faillite personnelle oder die interdiction de gérer ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren und einer Geldstrafe von bis zu € 375.000 bewehrt (Art. L 654-15 Code de Commerce). 4. Fazit Mit der faillite personnelle und der interdiction de gérer kennt das französische Recht vor allem in den Rechtsfolgen sehr weitgehende Tätigkeitsverbote für Organmitglieder. Im Gegensatz zur englischen verzichtet die französische Regelung auf eine Generalklausel der unfitness. Auffällig ist weiterhin die Möglichkeit des jeweiligen gérant, das Tätigkeitsverbot durch Zahlung aller offenen Gesellschaftsverbindlichkeiten zu beenden. Dennoch wird beiden Rechtsinstituten damit kein ausschließlich kompensatorischer Zweck zuerkannt. Der Schutz des Rechtsverkehrs vor unzuverlässigen und unfähigen Personen steht auch hier im Vordergrund.82

III. Vereinigte Staaten von Amerika Die Rechtslage in den Vereinigten Staaten von Amerika wird vor allem durch das Nebeneinander von state law und federal law geprägt. Die gesellschaftsrechtlichen Sanktionsinstrumente ergeben sich aus dem einzelstaatlichen Recht. Der Schutz der Kapitalmärkte wird hingegen weitestgehend durch Bundesrecht wahrgenommen. Ein Tätigkeitsverbot für den Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft ist in den Vereinigten Staaten von Amerika kaum geregelt. Zwar kennen die einzelnen

81 Hier gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei der faillite personnelle (LamyDroit Commercial [Fn. 68], Rdn. 3691). 82 Vallansan (Fn. 72) S. 283ff.

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Gesellschaftsrechte der Bundesstaaten Instrumente, Geschäftsleiter bei rechtswidrigem Verhalten abzuberufen, daraus ergibt sich aber noch nicht, dass diese abberufenen Geschäftsleiter in anderen Gesellschaften nicht bestellt werden können. Lediglich das Kapitalmarktrecht kennt ein dauerhaftes Tätigkeitsverbot für Geschäftsleiter. Diese Bestimmungen sind allerdings nur auf börsennotierte Gesellschaften anwendbar, so dass vor allem die geschlossene Kapitalgesellschaft (closed corporation bzw. LLC) davon nicht erfasst wird. 1. Gesellschaftsrecht (removal remedy) In den Gesellschaftsrechten der Einzelstaaten der USA war eine gerichtliche Amtsenthebung (removal remedy) von directors ursprünglich nicht vorgesehen. Direktoren konnten nur durch einen Mehrheitsentscheid der Anteilseigner ihres Amtes enthoben werden. Vereinzelt haben einige Gerichte angenommen, die Kompetenz zur Amtsenthebung eines directors zu besitzen 83. Eine gesetzliche Regelung für eine gerichtliche Amtsenthebung wurde erstmals im Revised Model Business Corporation Act (RMBCA) 84 eingeführt, die von einer Vielzahl der Bundesstaaten übernommen wurde.85 a) Revised Model Business Corporation Act Die gerichtliche Amtsenthebung von Direktoren ist in Sec. 8.09 RMBCA (removal remedy) geregelt. Eine gerichtliche Amtsenthebung ist danach nur möglich, wenn der Direktor sich gegenüber der Gesellschaft betrügerisch oder treuwidrig verhält bzw. seine Befugnisse gröblich missbraucht und wenn seine Amtsenthebung im besten Interesse der Gesellschaft liegt. Dies wird insbesondere dann angenommen, wenn dem director einer geschlossenen Gesellschaft ein Fehlverhalten vorgeworfen werden kann und er über genügend Stimmanteile verfügt, 83 So zu Beispiel Brown v. North Ventura Road Development Co., 30 Cal.Rptr 568, 571 (Cal. Ct. App. 1963); De Garmo v. Goldman, 123 P.2d 1, 4 (Cal. 1942). Die Gerichte stützten sich hierbei auf eine Vergleichbarkeit von directors und trustees, die gerichtlich enthoben werden können. Eine solche Analogie und damit auch die Kompetenz zur Amtsenthebung wurde in den meisten Fällen jedoch abgelehnt: Webber v. Webber Oil Co., 495 A.2d 1215, 1221 (Me. 1985); Feldman v. Pennroad Corp., 60 F. Supp 716, 719 (D. Del. 1945), aff’d 155 F.2d 773 (3d Cir. 1946), cert. denied, 329 U.S. 808 (1947); Harkey v. Mobley, 552 S.W.2d 79, 81 (Mo. Ct. App. 1977). 84 Es handelt sich bei dem RMBCA aber nicht um zwingendes Recht, das von den Bundesstaaten umzusetzen ist. Eine Umsetzung erfolgt auf rein fakultativer Basis. Dazu im Überblick Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 1991, Rdn. 132. Das im Folgenden dargestellte case law bezieht sich auf die in den jeweiligen Bundesstaaten umgesetzte Norm der model laws. 85 Vgl. den Überblick bei Sirodoeva-Paxson, 50 Hastings Law Journal 97, 104 (1998–1999).

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um seine Abwahl durch die anderen Gesellschafter zu verhindern.86 Aber auch in Publikumsgesellschaften kann eine gerichtliche Abberufung in Betracht kommen, wenn eine Gesellschafterversammlung zur Abberufung nur unter erheblichen finanziellen Aufwendungen und zeitlichen Verzögerungen zustande kommen kann.87 Die removal remedy soll jedoch die verbandsinternen Kontrollmechanismen nicht ersetzen, so dass diese einer removal remedy stets vorgehen.88 Neben dem board kann die removal remedy auch von den Aktionären der betroffenen Gesellschaft im Wege der derivative suit geltend gemacht werden.89 Dabei muss der Aktionär zunächst die Gesellschaft schriftlich auffordern (demand), selbst ein Verfahren einzuleiten, bevor er selbst die derivative suit erheben darf (Sec. 7.42 RMBCA). Diese Aufforderung (demand) kann gemäß Sec. 7.44 RMBCA durch das board mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass die Durchführung des Verfahrens nicht im besten Interesse der Gesellschaft sei. Das board muss allerdings aus einer Mehrheit von independent und disinterested directors bestehen (Sec. 7.44(b) RMBCA). Kommt ein solcher ablehnender Mehrheitsbeschluss zustande, muss das Gericht eine gleichwohl erhobene derivative suit abweisen. Da die Wahl und die Entlassung eines director grundlegende Kompetenzen der Anteilseigner darstellen, soll die removal remedy in diese Kompetenzen auch nur so wenig wie möglich eingreifen. Deshalb soll das Gericht grundsätzlich keine Amtsenthebung anordnen, wenn die Anteilseigner in voller Kenntnis des Fehlverhaltens des Direktors diesen wieder wählen oder ihn nicht abwählen. Ebenso muss das Gericht die Geeignetheit anderer Maßnahmen berücksichtigen, bevor es die removal remedy anwendet. Die Beschränkungen hinsichtlich des der removal remedy zugrunde liegenden Fehlverhaltens auf ein Fehlverhalten gerade gegenüber der Gesellschaft machen deutlich, dass Sec. 8.09 RMBCA nicht dem Schutz der Allgemeinheit oder des Rechtsverkehrs, sondern lediglich dem Interesse der Gesellschaft dient. Dies 86 Official Comment zu Sec. 8.09 (56 Business Lawyer 85, 88 (2000–2001)). 87 Vgl. zu dieser Fallgruppe auch Sirodoeva-Paxson, 50 Hastings Law Journal 97, 129 ff. (1998–1999). 88 Committee on Corporate Laws: „Section 8.09 is designed to operate in the limited circumstances where other remedies are inadequate to address serious misconduct by a director and it is impracticable for shareholders to invoke the usual remedy of removal under section 8.08.“ (56 Business Lawyer 85 (2000–2001). 89 Nach der ursprünglichen Fassung des RMBCA konnte ein Aktionär die removal remedy auch selbständig gerichtlich geltend machen, wenn er über eine Beteiligung von mindestens 10 % verfügte. Alle übrigen Aktionäre waren auf die derivative suit angewiesen. Diese Beschränkung wurde jedoch als ungerechtfertigt angesehen, so dass sie in der Überarbeitung des RMBCA im Jahr 2001 abgeschafft wurde (Committee on Corporate Laws, 56 Business Lawyer 85, 89 (2000–2001); zur Entwicklung von Sec. 8.09 RMBCA siehe auch Sirodoeva-Paxson, 50 Hastings Law Journal 97, 155 ff. (1998–1999).

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zeigt sich weiterhin an der Subsidiarität dieses Rechtsinstituts gegenüber anderen verbandsinternen Kontrollmechanismen und nicht zuletzt daran, dass eine Wiederwahl des directors nur in Bezug auf die selbe Gesellschaft untersagt werden kann.

b) Kalifornien Im Recht des Bundesstaates Kalifornien ist die removal remedy in Sec. 304 California Corporation Code 90 geregelt. Im Vergleich mit Sec. 8.09 MBCA weist Sec. 304 Cal.Corp.Code einige Unterschiede auf. Zunächst stellt Sec. 304 Cal.Corp.Code nicht deutlich heraus, dass die Amtsenthebung im besten Interesse der Gesellschaft liegen muss. Trotz dieses Unterschiedes besteht kein Zweifel daran, dass Sec. 304 Cal.Corp.Code ebenso wie Sec. 8.09 MBCA nicht den Schutz des Rechtsverkehrs bzw. der Allgemeinheit, sondern den Schutz der Gesellschaft bezweckt.91 Denn das Fehlverhalten muss gerade gegenüber der Gesellschaft bestehen. Weiterhin kann das Verfahren nur von den Anteilseignern und nicht vom board selbst eingeleitet werden.92 Trotz dieser grundsätzlichen Möglichkeit einer Amtsenthebung wurde diese Kompetenz durch die Rechtsprechung nur zurückhaltend wahrgenommen und eingeschränkt.93 So kann ein director wegen eines Fehlverhaltens, das während seiner Amtszeit zutage getreten ist, nicht abberufen werden, wenn er für eine neue Amtszeit wiedergewählt wurde 94. Weiterhin muss das Vorliegen eines Fehlverhaltens im Sinne von Sec. 304 Cal.Corp.Code nicht zwangsläufig zur Amtsenthebung führen, soweit die der Gesellschaft zugefügten Nachteile kompensiert wurden.95

90 General Corporation Code, Cal.Corp.Code, titel 1, division 1 (West 2005) fortan Cal.Corp.Code. 91 Stairbird v. Lane, 203 Cal.App.2d 247 (Cal. Ct. App. 1962); Remillard Brick Co. v. Remillard-Dandini Co., 109 Cal.App.2d 405 (Cal. Ct. App. 1952) (keine Abberufung der directors im Falle der Rückerstattung von widerrechtlich erlangten Gewinnen). 92 Kritisch dazu Sirodoeva-Paxson, 50 Hastings Law Journal 97, 156f. (1998–1999), die darauf hinweist, dass dem board of directors als Leiter der Gesellschaft grundsätzlich das Recht zustehe, einen director z. B. auf Schadenersatz zu verklagen. Es sei deshalb nicht gerechtfertigt, dass die Gesellschaft (vertreten durch den board) kein Amtsenthebungsverfahren beantragen könne. 93 Für einen Überblick über die kalifornische Rechtsprechung siehe SirodoevaPaxson, 50 Hastings Law Journal 97 (1998–1999). 94 Starbird v. Lane 203 Cal.App.2d 247, 256 (Cal. Ct. App. 1962) (zur Vorgängervorschrift Sec. 811 Cal.Corp.Code). 95 Vgl. Remillard Brick Co v. Remillard-Dandini, 109 Cal.App.2d 405, 423f. (Cal. Ct. App. 1952) (zur Vorläufervorschrift Sec. 811 Cal.Corp.Code).

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Weiterhin kann ein Gericht nach Sec. 1806(g) Cal.Corp.Code einen director im Rahmen einer involuntary dissolution 96 seines Amtes entheben. Ein Antrag auf involuntary dissolution kann von den directors, den Aktionären und dem Attorney General beim zuständigen Gericht gestellt werden (Sec. 1800(a) Cal.Corp.Code). Entscheidet sich das Gericht für eine Abwicklung, kann es gemäß Sec. 1806(g) Cal.Corp.Code jeden director seines Amtes entheben, dem Unredlichkeit, Fehlverhalten oder Vernachlässigung bzw. Missbrauch seiner Befugnisse bei der Abwicklung der Gesellschaft vorzuwerfen ist oder der handlungsunfähig ist. Die Stelle wird aber durch die Gesellschafterversammlung neu besetzt. Im Gegensatz zur removal remedy des Sec. 304 Cal.Corp.Code handelt es sich bei der Amtsenthebung im Rahmen einer involuntary dissolution lediglich um eine Maßnahme, um die Durchführung der involuntary dissolution zu gewährleisten. Schließlich besteht noch die Möglichkeit einer gerichtlichen Amtsenthebung im Rahmen der equitable power der Gerichte, der jedoch Ausnahmecharakter beizumessen ist.97 c) New York Im Recht des Bundesstaates New York ist die removal remedy in Sec. 706(d) New York Business Corporation Law geregelt.98 Ebenso wie nach dem Recht des Bundesstaates Kalifornien kann die removal remedy auch nur von Gesellschaftern geltend gemacht werden. Sec. 706(d) NYBCL wird von der Rechtsprechung als abschließend betrachtet, so dass eine über diese Vorschrift hinausgehende gerichtliche Amtsenthebung nicht möglich ist.99

96 Eine involuntary dissolution ist unter anderem möglich, wenn die Gesellschaft seit mehr als einem Jahr keine geschäftliche Tätigkeit mehr entfaltet (Sec. 1800 (b)(1) Cal.Corp.Code), bei internen Differenzen zwischen den directors oder den Aktionären, die dazu führen, dass keine Mehrheitsbildung mehr möglich ist, so dass die Geschäfte der Gesellschaft nicht mehr geführt werden können (Sec. 1800 (b)(2) und (3) Cal.Corp.Code), oder wenn einem director Fehlverhalten gegenüber den Aktionären vorzuwerfen ist (Sec. 1800 (b)(4) Cal.Corp.Code). 97 American Center for Education, Inc. v. Cavnar, 80 Cal.App.3d 476, 499 (Cal. Ct. App.1978). 98 New York Business Corporation Law, N.Y.Bus.Corp.Law (McKinney 2005; fortan NYBCL). Die Regelung geht zurück auf die Entscheidung Burkin v. Katz (1 N.Y.2d 570 (N.Y. 1956)), in der eine Abwahl der directors durch den Mehrheitsgesellschafter nicht möglich war, da die Satzung Einstimmigkeit für die Abwahl von directors vorsah und diese die übrigen Anteile an der Gesellschaft hielten. 99 Managemant Technologies, Inc v. Morris, 961 F. Supp. 640, 650 (S.D.N.Y.).

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d) Delaware Delaware kennt im Gegensatz zum Model Business Corporation Act oder den Regelungen Kaliforniens bzw. New Yorks keine vergleichbare Rechtsprechung bzw. Regelung.100 Eine gerichtliche Abberufung bzw. ein Verbot der Wiederwahl eines directors besteht somit nicht.

e) Fazit Die removal remedy soll in erster Linie Minderheitsgesellschaftern die Möglichkeit eröffnen, directors abzuberufen, die sich gegenüber der Gesellschaft treuwidrig oder betrügerisch verhalten haben. Eine Schädigung von Gläubigern oder des Rechtsverkehrs allgemein kommt als Grund für eine removal remedy nicht in Betracht. Obwohl der Model Business Corporation Act somit eine – wenn auch beschränkte – Regelung zur gerichtlichen Abberufung von directors enthält und diese Regelung auch von einem Teil der Bundesstaaten umgesetzt wurde, ist der praktische Anwendungsbereich dieses Rechtsinstituts äußerst begrenzt.

2. Insolvenzverschleppung Das Insolvenzrecht der Vereinigten Staaten ist Bundesrecht.101 Ein Tätigkeitsverbot wegen verspäteter Insolvenzantragsstellung kennt das US-amerikanische Insolvenzrecht nicht, da dem US-amerikanischen Recht bereits eine Insolvenzantragspflicht unbekannt ist.102 Zwar besteht mit Eintritt der Insolvenz auch eine fiduciary duty der directors gegenüber den Gläubigern; eine Verpflichtung das Insolvenzverfahren zu beantragen, wird daraus allerdings nicht abgeleitet.103 Das US-amerikanische Insolvenzrecht kennt mit Sec. 525 (a) Bankruptcy Code vielmehr sogar ein Diskriminierungsverbot gegenüber dem Schuldner, der ein Bankruptcy-Verfahren ordnungsgemäß durchlaufen hat. Dieser darf nicht aufgrund eines solchen Verfahrens schlechter gestellt werden. Somit kann ihm vor allem nicht die Gründung einer neuen Gesellschaft verwehrt werden.

100 Ross Systems Corporation v. Ross, 18 Delaware Journal of Corporate Law 1116, 1145 (1993) (Del. Ch. 1993). 101 U.S. Const. art. I § 8 cl. 4. 102 Allen/Kraakman, Commentaries and Cases on the Law of Business Organizations, 2003, S. 137. 103 Siehe dazu ausführlich Schwarcz, 17 Cardozo Law Review 647 (1995–1996); Lin, 46 Vanderbilt Law Review 1485 (1993); Clark, 90 Harvard Law Review 505 (1976–1977).

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3. Kapitalmarktrecht Das US-amerikanische (Bundes-)Kapitalmarktrecht kannte ursprünglich keine Möglichkeit, einen director einer börsennotierten Gesellschaft von einer weiteren Tätigkeit als director auszuschließen. Die Securities and Exchange Commission (SEC) konnte lediglich gerichtlich durchsetzen, dass einer Person eine künftige Verletzung von kapitalmarktrechtlichen Vorschriften untersagt wird.104 Ein Tätigkeitsverbot konnte daraus aber nicht abgeleitet werden.105 Aufgrund dieser beschränkten Möglichkeiten wurden die Kompetenzen der SEC durch den Securities Enforcement Remedies and Penny Stock Reform Act 1990 106 erheblich erweitert. Die Securities and Exchange Commission konnte nun nach Sec. 20 (e) Securities Act und Sec. 21 (d)(2) Exchange Act eine temporary oder permanent suspension gegen einen director bei einem Bundesgericht beantragen, wenn der director gegen die Antifraud-Vorschriften verstoßen hat und dieser Verstoß die substantial unfitness des directors gezeigt hat.107 Während die Voraussetzungen für das Vorliegen eines securities fraud unter Rule 10 b-5 ohne weiteres aus dem case law entnommen werden konnten 108, gestaltete sich die Definition der substantial unfitness weitaus problematischer. Die ersten Entscheidungen gingen daher auch nicht auf den Begriff der substantial unfitness ein,109 sondern beschränkten sich auf eine Untersuchung der Wiederholungsgefahr von Gesetzesverstößen durch die Betroffenen.110 Erst in SEC v. Patel nannte das Bundesgericht für den Second 104 15 U.S.C. § 78u(d)(1) (1989). Die Verletzung von kapitalmarktrechtlichen Vorschriften ist zwar ohnehin untersagt, jedoch kann durch die Untersagung seitens der Securities and Exchange Commission bei einer erneuten Verletzung eine weitergehende Sanktion verhängt werden. 105 So zum Beispiel bei SEC v. Benson, 657 F.Supp. 1122 (S.D.N.Y. 1987). Benson hatte als company president mehrfach kapitalmarktrechtliche Vorschriften verletzt, so dass ihm künftige Verstöße untersagt wurden. Dies hatte neben einer Beschädigung der Reputation von Benson vor allem zur Folge, dass bei einem erneuten Verstoß eine höhere Strafe drohte. Zur Rechtslage vor dem Securities Enforcement Remedies and Penny Stock Reform Act 1990 vgl. Berg, 56 Vand.L.Rev. 1871, 1875 (2003). 106 Pub.L. No. 101–429, 104 Stat. 931 (1990); dazu ausführlich Morris, 7 Admin. L.J.Am.U. 151 (1993). 107 15 U.S.C. § 78u(d)(2)–(3) § 77t(e) (2000). 108 Als Tatbestandsmerkmale müssen dafür misrepresentation oder omission of a material fact, scienter, reliance und causation vorliegen. Im Überblick dazu vgl. Soderquist/Gabaldon, Securities Law, 1998, S. 135ff. 109 SEC v. Drexel Burnham Lambert, Inc., 837 F.Supp. 587 (S.D.N.Y. 1993) aff. SEC v. Posner, 16 F.3d 520 (2d Cir. 1994) cert. denied 513 U.S. 1077 (wiederholte Verletzung verschiedener kapitalmarktrechtlicher Vorschriften); SEC v. Sands, 902 F.Supp 1149 (C.D.Cal. 1995) (Verbuchung nicht bestehender Forderungen gegen die National Bank of Liberia). 110 So vor allem in SEC v. Sands, 902 F.Supp 1149, 1158 (C.D.Cal. 1995).

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Circuit mehrere Kriterien, die von Barnard 111 zuvor entwickelt worden waren und auch von anderen Berufungsgerichten übernommen wurden 112. Danach ist von Bedeutung, welche Schwere die Rechtsverletzung hatte, ob die Rechtsverletzung zum wiederholten Male vorgenommen wurde, welche Stellung oder Position der Beklagten in der Verletzung eingenommen hat, welcher Vorsatzgrad vorlag, in welchem Umfang ihm aus der Rechtsverletzung ein wirtschaftlicher Vorteil zugeflossen ist und wie hoch die Wiederholungsgefahr ist.113 Bei Verletzung einer Antifraud-Vorschrift und einer substantial unfitness konnte das Gericht eine temporary oder permanent suspension gegen den director aussprechen. Während die unteren Bundesgerichte der Securities and Exchange Commission in ihrer Auffassung folgten und eine Reihe lebenslanger Tätigkeitsverbote aussprachen, verfolgte das Berufungsgericht für den Second Circuit eine restriktivere Auslegung und sah zeitlich begrenzte Tätigkeitsverbote als ausreichend an. Dabei spielte vor allem das Kriterium der fehlenden Wiederholungsgefahr eine erhöhte Rolle.114 Obwohl die Securities and Exchange Commission in einer Reihe von Fällen Tätigkeitsverbote erreichen konnte, wurden die Voraussetzungen für die Einleitung eines solchen Verfahrens als zu restriktiv betrachtet.115 Im Zuge der Reform des Kapitalmarktrechtes durch den Sarbanes-Oxley Act 116 wurden daher sowohl die Voraussetzungen für ein Tätigkeitsverbot gesenkt als auch die Kompetenz der Securities and Exchange Commission zu ihrer Verhängung erweitert. Der Standard für ein Tätigkeitsverbot wurde von substantial unfitness auf bloße unfitness gesenkt.117 Darüber hinaus hat die Securities and Exchange Commission die Kompetenz erhalten, das Tätigkeitsverbot selbst anzuordnen (cease-anddesist proceedings; Sec. 21C Exchange Act 118). Die Einleitung eines Verfahrens vor einem Bundesgericht ist somit nicht mehr notwendig. Die Kompetenzen der Securities and Exchange Commission wurden somit deutlich erhöht, so dass eine steigende Anzahl von Verfahren zu erwarten ist.119 111 Barnard, 70 North Carolina Law Review 1489 (1991–1992). 112 SEC v. First Pac. Bancorp, 142 F.3d 1186, 1193 (9th Cir. 1998); für eine Übersicht über die Rechtsprechung vgl. Barnard, 76 Tulane Law Review 1253, 1259–1260 (2002). 113 Barnard, 70 North Carolina Law Review 1489, 1510ff. (1991–1992) als Standard für das Vorliegen einer substantial unfitness bestätigt durch SEC v. Patel, 61 F.3d 137, 141 (2d Cir. 1995); für einen Überblick zur Anwendung dieses Standards vgl. Barnard, 76 Tulane Law Review 1253, 1259 f. (2002). 114 SEC v. Patel, 61 F.3d 137, 142 (2d Cir. 1995). 115 Cutler, Remarks at the Glaser LegalWorks 20th Annual Federal Securities Institute (Feb. 15, 2002) www.sec.gov/news/speech/spch538.htm. 116 Pub.L. No. (HR 3763) 107th Cong., 2d sess. (July 30, 2002). 117 Sec. 305 Sarbanes-Oxley Act of 2002, Pub. L. No. 107–204, 116 Stat. 745, 778f. 118 15 U.S.C. § 78u-3. 119 Berg, 56 Vanderbilt Law Review 1871, 1888 ff. (2003); die Securities and Exchange

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IV. Fazit Bei den vorgestellten Regelungen des englischen und französischen Rechts steht der Schutz der künftigen Gläubiger im Vordergrund. Zukünftige Gläubiger sollen vor einem Geschäftsführer geschützt werden, der bereits einmal seine Pflichten in der Krise der Gesellschaft verletzt hat. Die französische Regelung zielt allerdings ergänzend auch auf den Schutz der bereits vorhandenen Gläubiger ab, da das Tätigkeitsverbot bei Zahlung der rückständigen Gesellschaftsverbindlichkeiten aufgehoben wird. Beide Rechtsordnungen beschränken sich dabei aber nicht wie Deutschland auf einen Zusammenhang von strafrechtlicher Sanktionierung und Tätigkeitsverbot. Ein Tätigkeitsverbot kann dort vielmehr bereits unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit einsetzen. Allgemein gläubigerschützende Tätigkeitsverbote sind in den Vereinigten Staaten aufgrund der dort geringeren Bedeutung eines präventiven Gläubigerschutzes nicht vorhanden. Regelungen der einzelstaatlichen Gesetze über die Abberufung von Direktoren beschränken sich vielmehr auf den Schutz von (Mehrheits-)Gesellschaftern, der aus dem Fokus dieser Untersuchung im übrigen ausgeblendet wurde. Tätigkeitsverbote im erheblichen Umfang gestattet aber das (Bundes-)Kapitalmarktrecht in den Vereinigten Staaten. Zwar verfügt auch das englische Recht über einen Zusammenhang von Tätigkeitsverbot und Kapitalmarktrecht, dieser beschränkt sich jedoch auf das Kapitalmarktstrafrecht. Die Rechtsfolgen eines Tätigkeitsverbotes sind in den einzelnen Rechtsordnungen äußerst unterschiedlich ausgestaltet. Gemeinsam ist allen Regelungen zunächst das Verbot, eine Organtätigkeit auszuüben.120 Ebenso gemeinsam ist allen Rechtsordnungen eine Abstufung der Dauer eines solchen Tätigkeitsverbotes. Dazu wird in allen dargestellten Regelungen grundsätzlich die Schwere der Rechtsverletzung bei der Bestimmung der Dauer des Tätigkeitsverbotes berücksichtigt. Die französische Regelung geht über ein bloßes Tätigkeitsverbot als Organmitglied hinaus, indem auch ein Großteil der allgemeinen wirtschaftlichen Tätigkeit untersagt wird. Dies wird allerdings durch den Wegfall des Tätigkeitsverbotes bei Zahlung der Gesellschaftsverbindlichkeiten wieder relativiert.

Commission hat im Jahr 2003 insgesamt 170 Tätigkeitsverbote ausgesprochen. Im Jahr 2002 waren es ingesamt 126 (vgl. Annual Report of the U.S. Securities and Exchange Commission, abrufbar unter www.sec.gov/about/annrep.shtml). 120 Mit Ausnahme der Regelung im MBCA und in den einzelnen Gesellschaftsrechten der US-amerikanischen Bundesstaaten (siehe C.III.).

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E. Reformempfehlung Vor dem Hintergrund der hinsichtlich der gläubigerschützenden Funktionen deutlich hinter dem ausländischen Recht zurückbleibenden Ausgestaltung der Tätigkeitsverbote im deutschen Recht sollten diese einer grundlegenden Reform unterzogen werden. Das gilt erst recht dann, wenn andere Instrumente des Gläubigerschutzes – wie etwa der Zwang zur Aufbringung eines Mindestkapitals – internationalen Entwicklungen entsprechend abgeschwächt werden.

I. Anwendungsbereich Im Gegensatz zur deutschen Rechtslage bezieht sich das Tätigkeitsverbot im englischen und französischen Recht nicht nur auf die formell bestellten Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft, sondern ausdrücklich auch auf die faktischen Geschäftsleiter. Dieser Regelungsansatz sollte auch bei einer Reform des deutschen Rechts übernommen werden. Eine Regelung, wie sie etwa das Forderungssicherungsgesetz mit einer Verantwortlichkeit der Gesellschafter für die Bestellung „zulässiger Direktoren“ vorsieht, sollte demgegenüber nicht weiter verfolgt werden. Hier treten zunächst Probleme bei der Anwendung auf Publikumskapitalgesellschaften auf. Darüber hinaus kann eine Verantwortlichkeit der Gesellschafter insbesondere dann keine Abhilfe schaffen, wenn die Gesellschafter ebenso wie der Geschäftsführer vermögenslos sind. Eine direkte Erfassung aller bestellten und faktischen Geschäftsführer ist hier vorzugswürdiger. Dies entspricht im Übrigen auch schon der deutschen Rechtslage bei der Insolvenzverschleppungshaftung. Auch hier kann ein faktischer Geschäftsführer in Anspruch genommen werden.121

II. Tatbestand Hier sollten zunächst neben den ohnehin schon bestehenden Tatbeständen der § 6 Abs. 2 Satz 3, 4 GmbHG und § 76 Abs. 3 Satz 3, 4 AktG auf jeden Fall die gesellschaftsrechtlich spezifischen Insolvenzstraftatbestände (§ 84 GmbHG, § 401 AktG) erfasst werden.122 Ebenfalls sollten Verstöße gegen die Vorschriften über Kapitalaufbringung und -erhaltung in den Katalog aufgenommen werden.

121 BGHZ 104, 44, 46; OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, 317, 318; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl. 2000, § 64 Rdn. 40; Hirte (Fn. 1), Rdn. 3.119; Uhlenbruck in Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. 2003, § 13 Rdn. 54 m.w. Nachw. 122 Ebenso Fleischer, ZGR 2004, 437, 474; Mülbert, JZ 2002, 826, 835.

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Verstöße gegen weitere gläubigerschädigende Tatbestände wie etwa die Existenzvernichtung oder auch die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) könnten hier auch erfasst werden. Von einer generellen Erfassung aller gläubigerschädigenden Handlungsweisen sollte allerdings Abstand genommen werden, da sich ansonsten mit Blick auf Art. 12 GG erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken ergeben würden. Insofern sollte eine abschließende katalogartige Aufzählung aller erfassten Handlungen vorgenommen werden; einem gewissen Ermessensspielraum der ein Tätigkeitsverbot verhängenden Behörde bzw. des dieses verhängenden Gerichts steht das nicht entgegen. Auch eine Ausweitung der Tätigkeitsverbote auf Fälle nachteiliger Handlungen gegenüber Gesellschaftern sollte nicht vorgenommen werden. Hier stehen vor allem im Gesellschaftsrecht anderweitige Instrumentarien zur Verfügung.123 Darüber hinaus sollten aber auch Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften in die tatbestandlichen Voraussetzungen des Tätigkeitsverbotes aufgenommen werden, wie dies etwas in den USA und Großbritannien bereits der Fall ist.

III. Rechtsfolge Das Tätigkeitsverbot sollte sich nicht nur auf die Bestellung zum Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft beschränken, sondern sollte auch andere Formen der Mitwirkung an der Leitung einer Kapitalgesellschaft erfassen. Somit könnten vor allem Umgehungsmöglichkeiten durch die Einschaltung von Strohmann-Geschäftsführern weitgehend unterbunden werden. Insbesondere müsste es in der Aktiengesellschaft auch auf den Aufsichtsrat erweitert werden. Das englische und das französische Recht sind hier durch die Erfassung des shadow directors und des gérant de fait wegweisend. Der Umfang des Tätigkeitsverbotes sollte anhand der Schwere des durch den Geschäftsleiter begangenen Gesetzesverstoßes bestimmt werden. Ein Tätigkeitsverbot für einen gesetzlich festgesetzten Mindestzeitraum – wie etwa im geltenden deutschen Recht für Berufsverbote oder in der französischen Regelung für einen Zeitraum von fünf Jahren – sollte nicht vorgesehen werden. Eine solche Regelung ließe sich verfassungsrechtlich nur dann rechtfertigen, wenn an die tatbestandlichen Voraussetzungen bzw. die Schwere der Rechtsverletzung durch den Geschäftsleiter erhöhte Anforderungen gestellt werden. Dadurch bestünde aber die Gefahr, dass dieses Instrumentarium von den Gerichten nur zurückhaltend eingesetzt wird. Eine zumindest abgestufte Anwendung der Tätigkeitsver-

123 Im Überblick dazu Hirte (Fn. 1) Rdn. 4.21ff.

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bote ist daher vorzugswürdiger. Etwaigen verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit könnte durch die Vorgabe von Regelbeispielen durch den Gesetzgeber Rechnung getragen werden. Die Anordnung der persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft im Falle der Bestellung eines mit einem Tätigkeitsverbot belegten Geschäftsleiters – wie dies etwa im englischen Recht der Fall ist – könnte andererseits ein durchaus ausreichendes Abschreckungspotential eröffnen. Von der Rechtsfolge der Beschränkung möglicher mitgliedschaftlicher Rechte – wie dies etwa im französischen Recht der Fall ist – sollte kein Gebrauch gemacht werden. Dies würde nicht nur die Verfassungsmäßigkeit der Regelung fraglich erscheinen lassen, sondern auch für den Regelungszweck keinen wirklich weitergehenden Gewinn bringen. Der von einem Tätigkeitsverbot betroffene Geschäftsführer könnte zwar im Falle des Besitzes einer Stimmmehrheit einen Strohmann als Geschäftsführer bestellen. Bei einer über die bloße Abstimmung in der Gesellschafterversammlung hinausgehenden Einflussnahme auf die Leitung der Gesellschaft würde der Geschäftsleiter allerdings gegen das Tätigkeitsverbot verstoßen und einer Sanktionierung ausgesetzt sein.

IV. Durchsetzung Der Rechtsvergleich hat gezeigt, dass die Effizienz von Tätigkeitsverboten im großen Umfang von einer Durchsetzung durch geeignete Institutionen abhängt. Eine Behörde, die zusätzlich noch die Verhängung und Durchsetzung von Tätigkeitsverboten übernehmen kann, existiert in Deutschland bisher nicht. Die Registergerichte wären für eine solche Aufgabe zwar geeignet, können diese aufgrund einer mangelnden Ausstattung aber wohl kaum wahrnehmen.124 Anders lägen die Dinge aber schon dann, wenn die Registergerichte stärker als bisher zentralisiert und/oder zumindest datenmäßig „verlinkt“ würden. Allerdings könnte diese Aufgabe auch ergänzend durch das Bundeszentralregister wahrgenommen werden. Für Tätigkeitsverbote aufgrund eines Verstoßes gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften könnte diese Aufgabe demgegenüber die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übernehmen. Anderenfalls müsste – was kaum wünschenswert ist – an die Errichtung einer neuen Behörde oder Institution gedacht werden. Die Schaffung einer speziellen Behörde bzw. einer vergleichbaren Institution kann freilich vor dem Hintergrund der Ausweitung der Tatbestände der Tätigkeitsverbote sinnvoll sein. Denn nach den hier gemachten Vorschlägen wären nicht mehr nur die Strafgerichte oder die

124 Ebenfalls kritisch bezüglich einer Wahrnehmung dieser Aufgabe durch die Registergerichte Fleischer, ZGR 2004, 437, 474.

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Ordnungsbehörden betroffen. Auch für die Koordination zwischen Strafgerichten und Ordnungsbehörden wäre die Zuständigkeit einer gesonderten Einrichtung vorteilhaft.

V. Europäische Koordinierung Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung des europäischen Gesellschaftsrechts stellt sich zunehmend die Problematik der Koordinierung der entsprechenden Normen der Mitgliedstaaten, da die nationalen Bestellungsverbote bisher bei der Gründung einer ausländischen Kapitalgesellschaft bzw. der Bestellung zum Geschäftsleiter einer solchen Gesellschaft keine Anwendung finden.125 Die Verurteilung wegen ausländischer Insolvenzstraftaten kann zwar in Deutschland Grundlage für ein Bestellungsverbot sein (siehe C.I.), dies ist in anderen Mitgliedstaaten aber nicht der Fall, so dass in Deutschland wegen einer Insolvenzstraftat verurteilte Geschäftsführer in diesen Mitgliedstaaten eine Kapitalgesellschaft gründen und dann deren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen können. Darüber hinaus werden in Deutschland auch ausländische Tätigkeitsverbote nur so weit berücksichtigt, als diese den deutschen Insolvenzstraftaten entsprechen. Unterhalb der Strafbarkeit liegende Tatbestände sind daher unbeachtlich.

VI. Verfassungsrechtliche Bedenken Die hier vorgeschlagene Erweiterung der Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften wirft vor allem die Frage nach deren Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) auf. Eine Verletzung des Grundrechts der Berufsfreiheit setzt zunächst einen Eingriff voraus. Dieser ist immer dann gegeben, wenn durch eine staatliche Regelung mit Berufsbezug die berufliche Betätigung ganz oder teilweise unterbunden oder nicht in der gewünschten Weise ausgeübt werden kann.126 Das Verbot, die Position eines Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft einzunehmen, stellt einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, da damit eine Einschränkung der Möglichkeiten einer beruflichen Betätigung verbunden ist. Eine zulässige Beschränkung der Berufsfreiheit erfordert zunächst die Verfolgung eines legitimen Zwecks. Darüber hinaus muss eine Beschränkung auch ge-

125 Vgl. hierzu Hirte in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2005, § 1 Rdn. 104f. 126 BVerfGE 82, 209, 223; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Art. 12 Rdn. 11.

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eignet und notwendig sein.127 Hieran könnte man bei einem Tätigkeitsverbot bereits zweifeln, da insbesondere der Schutz der Gläubiger auch auf andere Weise erreicht werden kann. Inbesondere der Einsatz anderer staatlicher Aufsichtsinstrumente könnte hier ein milderes Mittel darstellen. Hier könnte auf die bisher zurückhaltende Nutzung bestehender Regelungsinstrumente durch die Strafgerichte und die Staatsanwaltschaften hingewiesen werden. Nimmt man die Erforderlichkeit und Geeignetheit einer Ausweitung der Tätigkeitsverbote an, müsste diese Beschränkung schließlich noch verhältnismäßig sein. Der Maßstab für die Rechtfertigung eines solchen Eingriffes bestimmt sich bei der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) nach der von der Rechtsprechung entwickelten sogenannten Drei-Stufen-Theorie.128 Die Einordnung eines Tätigkeitsverbots in dieses Schema ist aufgrund der hier fraglichen Bestimmung des Berufes eines Geschäftsleiters allerdings schwierig. Hier kommt zunächst ein Abstellen auf die Ausübung des mit der Kapitalgesellschaft betriebenen Gewerbes in Betracht. Für eine sich daraus ableitende bloße Berufsausübungsbeschränkung spricht sicherlich zunächst die trotz eines Tätigkeitsverbots bestehende Möglichkeit der wirtschaftlichen Tätigkeit in einer anderen Gesellschaftsform – etwa in Form einer Personengesellschaft oder als Einzelkaufmann. Hinzu kommt, dass auch eine Beteiligung an einer solchen Kapitalgesellschaft nicht ausgeschlossen ist; lediglich die Leitung einer Kapitalgesellschaft wird untersagt. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung muss man bei den Tätigkeitsverboten für Geschäftsleiter allerdings auf den Beruf des Geschäftsführers selbst abstellen. Zwar ist es dem Betroffenen auch nach einem Tätigkeitsverbot noch unbenommen, das von der Kapitalgesellschaft betriebene Gewerbe anderweitig auszuüben; häufig besteht die Tätigkeit des Geschäftsführers jedoch nicht in der Ausübung eines bestimmten („sachlichen“) Gewerbes, sondern in der Wahrnehmung allgemeiner Geschäftsführungstätigkeiten, die unabhängig von dem von der Gesellschaft betriebenen Gewerbe sind. Hinzu kommt, dass die Voraussetzung für die Anwendung eines Tätigkeitsverbotes ja gerade eine Rechtsverletzung durch den betroffenen Geschäftsleiter ist. Der Zugang zu der Position eines Geschäftsleiters wird somit von bestimmten Eigenschaften des Geschäftsleiters (Rechtstreue) abhängig gemacht. Es handelt sich daher bei einem Tätigkeitsverbot für einen Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft um eine subjektive Zulassungsbeschränkung und nicht nur um eine bloße Berufsausübungsregelung. Die Zulässigkeit einer damit zu bejahenden subjektiven Zulassungsbeschränkung setzt auf der Ebene der Verhältnismäßigkeit voraus, dass eine Ausübung des

127 BVerfGE 106, 181, 191f.; E 103, 1, 10; E 102, 197, 213; Jarass (Fn. 126), Art. 12 Rdn. 31 m.w.Nachw. 128 BVerfGE 7, 377; ausführlich Jarass (Fn. 126), Art. 12 Rdn. 35ff.

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Berufes ohne Erfüllung der Voraussetzungen unmöglich oder unsachgemäß sein und Gefahren oder Schäden für die Allgemeinheit mit sich bringen muss.129 Dies wird man aufgrund der Schädigung von Gläubigern und Anlegern aber wohl annehmen können. Dem Verhältnismäßigkeitsgebot kann dabei zudem dadurch Rechnung getragen werden, dass der Umfang der potentiell von der Ausübung einer künftigen Geschäftsführerstellung betroffenen Gläubiger in die Abwägung einbezogen wird: so könnte etwa das Verbot der Übernahme des Geschäftsführeramtes in einer – wie immer zu definierenden – großen Gesellschaft für einen längeren Zeitraum aussprechbar sein als hinsichtlich Tätigkeiten in „kleinen“ Gesellschaften; und andererseits wird die Frage, ob der Verbotsadressat das Gewerbe auch in einer anderen Rechtsform als der – die persönliche Haftung der Gesellschafter ausschließenden – Kapitalgesellschaft betreiben kann, bei der Verhängung eines Tätigkeitsverbotes und seinem sachlichen und zeitlichen Umfang zu berücksichtigen sein. Aufgrund einer danach möglichen Rechtfertigung des Eingriffes in die Berufsfreiheit durch eine subjektive Berufszulassungsbeschränkung muss dies erst recht gelten, wenn man das Tätigkeitsverbot lediglich als Berufsausübungsbeschränkung ansehen sollte. Daher ist eine Einstufung der Tätigkeitsverbote als subjektive Zulassungsbeschränkung oder als Berufsausübungsbeschränkung nicht weiter relevant.

Anhang I – England Sec 6 Company Directors Disqualification Act – Duty of court to disqualify unfit directors of insolvent companies – (1) The court shall make a disqualification order against a person in any case where, on an application under this section, it is satisfied – (a) that he is or has been a director of a company which has at any time become insolvent (whether while he was a director or subsequently), and (b) that his conduct as a director of that company (either taken alone or taken together with his conduct as a director of any other company or companies) makes him unfit to be concerned in the management of a company. (2) For the purposes of this section and the next, a company becomes insolvent if – (a) the company goes into liquidation at a time when its assets are insufficient for the payment of its debts and other liabilities and the expenses of the winding up, (b) the company enters administration, (c) an administrative receiver of the company is appointed; and references to a person’s conduct as a director of any company or companies include, where that company or any of those companies has become insolvent, that person’s conduct in relation to any matter connected with or arising out of the insolvency of that company. 129 BVerfGE 7, 377, 414f.

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(3) In this section and section 7(2), „the court“ means – (a) where the company in question is being or has been wound up by the court, that court, (b) where the company in question is being or has been wound up voluntarily, any court which has or (as the case may be) had jurisdiction to wind it up, (c) where neither paragraph (a) nor (b) applies but an administrator or administrative receiver has at any time been appointed in respect of the company in question, any court which has jurisdiction to wind it up. (3A) Sections 117 and 120 of the Insolvency Act 1986 (jurisdiction) shall apply for the purposes of subsection (3) as if the references in the definitions of “registered office” to the presentation of the petition for winding up were references – (a) in a case within paragraph (b) of that subsection, to the passing of the resolution for voluntary winding up, (b) in a case within paragraph (c) of that subsection, to the appointment of the administrator or (as the case may be) administrative receiver. (3B) Nothing in subsection (3) invalidates any proceedings by reason of their being taken in the wrong court; and proceedings – (a) for or in connection with a disqualification order under this section, or (b) in connection with a disqualification undertaking accepted under section 7, may be retained in the court in which the proceedings were commenced, although it may not be the court in which they ought to have been commenced. (3C) In this section and section 7, “director” includes a shadow director. (4) Under this section the minimum period of disqualification is 2 years, and the maximum period is 15 years.

Anhang II – Frankreich Code de Commerce Chapitre II: De l’obligation aux dettes sociales Article L 652-1 Au cours d’une procédure de liquidation judiciaire, le tribunal peut décider de mettre à la charge de l’un des dirigeants de droit ou de fait d’une personne morale la totalité ou une partie des dettes de cette dernière lorsqu’il est établi, à l’encontre de ce dirigeant, que l’une des fautes ci-après a contribué à la cessation des paiements: 1º Avoir disposé des biens de la personne morale comme des siens propres; 2º Sous le couvert de la personne morale masquant ses agissements, avoir fait des actes de commerce dans un intérêt personnel; 3º Avoir fait des biens ou du crédit de la personne morale un usage contraire à l’intérêt de celle-ci à des fins personnelles ou pour favoriser une autre personne morale ou entreprise dans laquelle il était intéressé directement ou indirectement; 4º Avoir poursuivi abusivement, dans un intérêt personnel, une exploitation déficitaire qui ne pouvait conduire qu’à la cessation des paiements de la personne morale; 5º Avoir détourné ou dissimulé tout ou partie de l’actif ou frauduleusement augmenté le passif de la personne morale.

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Dans les cas visés au présent article, il ne peut être fait application des dispositions de l’article L 651-2.

Article L 652-2 En cas de pluralité de dirigeants responsables, le tribunal tient compte de la faute de chacun pour déterminer la part des dettes sociales mises à sa charge. Par décision motivée, il peut les déclarer solidairement responsables.

Article L 652-3 Les sommes recouvrées sont affectées au désintéressement des créanciers selon l’ordre de leurs sûretés.

Article L 652-4 L’action se prescrit par trois ans à compter du jugement qui prononce la liquidation judiciaire.

Article L 652-5 Les dispositions des articles L 651-3 et L 651-4 sont applicables à l’action prévue au présent chapitre.

Chapitre III: De la faillite personnelle et des autres mesures d’interdiction Article L 653-1 I. – Lorsqu’une procédure de redressement judiciaire ou de liquidation judiciaire est ouverte, les dispositions du présent chapitre sont applicables: 1º Aux personnes physiques exerçant la profession de commerçant, d’agriculteur ou immatriculées au répertoire des métiers et à toute autre personne physique exerçant une activité professionnelle indépendante y compris une profession libérale soumise à un statut législatif ou réglementaire ou dont le titre est protégé; 2º Aux personnes physiques, dirigeants de droit ou de fait de personnes morales; 3º Aux personnes physiques, représentants permanents de personnes morales, dirigeants des personnes morales définies au 2º. Ces mêmes dispositions ne sont pas applicables aux personnes physiques ou dirigeants de personne morale, exerçant une activité professionnelle indépendante et, à ce titre, soumises à des règles disciplinaires. II. – Les actions prévues par le présent chapitre se prescrivent par trois ans à compter du jugement qui prononce l’ouverture de la procédure mentionnée au I.

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Article L 653-2 La faillite personnelle emporte interdiction de diriger, gérer, administrer ou contrôler, directement ou indirectement, toute entreprise commerciale ou artisanale, toute exploitation agricole ou toute entreprise ayant toute autre activité indépendante et toute personne morale.

Article L 653-3 Le tribunal peut prononcer la faillite personnelle de toute personne mentionnée au 1º du I de l’article L 653-1, sous réserve des exceptions prévues au dernier alinéa du I du même article, contre laquelle a été relevé l’un des faits ci-après: 1º Avoir poursuivi abusivement une exploitation déficitaire qui ne pouvait conduire qu’à la cessation des paiements ; 2º Abrogé. 3º Avoir détourné ou dissimulé tout ou partie de son actif ou frauduleusement augmenté son passif.

Article L 653-4 Le tribunal peut prononcer la faillite personnelle de tout dirigeant, de droit ou de fait, d’une personne morale, qui a commis l’une des fautes mentionnées à l’article L 652-1.

Article L 653-5 Le tribunal peut prononcer la faillite personnelle de toute personne mentionnée à l’article L 653-1 contre laquelle a été relevé l’un des faits ci-après: 1º Avoir exercé une activité commerciale, artisanale ou agricole ou une fonction de direction ou d’administration d’une personne morale contrairement à une interdiction prévue par la loi; 2º Avoir, dans l’intention d’éviter ou de retarder l’ouverture de la procédure de redressement judiciaire ou de liquidation judiciaire, fait des achats en vue d’une revente au-dessous du cours ou employé des moyens ruineux pour se procurer des fonds; 3º Avoir souscrit, pour le compte d’autrui, sans contrepartie, des engagements jugés trop importants au moment de leur conclusion, eu égard à la situation de l’entreprise ou de la personne morale; 4º Avoir payé ou fait payer, après cessation des paiements et en connaissance de cause de celle-ci, un créancier au préjudice des autres créanciers; 5º Avoir, en s’abstenant volontairement de coopérer avec les organes de la procédure, fait obstacle à son bon déroulement; 6º Avoir fait disparaître des documents comptables, ne pas avoir tenu de comptabilité lorsque les textes applicables en font obligation, ou avoir tenu une comptabilité fictive, manifestement incomplète ou irrégulière au regard des dispositions applicables.

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Article L 653-6 Le tribunal peut prononcer la faillite personnelle du dirigeant de la personne morale qui n’a pas acquitté les dettes de celle-ci mises à sa charge.

Article L 653-7 Dans les cas prévus aux articles L 653-3 à L. 653-6 et L 653-8, le tribunal est saisi par le mandataire judiciaire, le liquidateur ou le ministère public. Dans l’intérêt collectif des créanciers, le tribunal peut également être saisi à toute époque de la procédure par la majorité des créanciers nommés contrôleurs lorsque le mandataire de justice ayant qualité pour agir n’a pas engagé les actions prévues aux mêmes articles, après une mise en demeure restée sans suite dans un délai et des conditions fixés par décret en Conseil d’Etat. Dans les mêmes cas que ceux prévus au premier alinéa, le juge-commissaire ne peut ni siéger dans la formation de jugement, ni participer au délibéré.

Article L 653-8 Dans les cas prévus aux articles L 625-3 à L 625-6, le tribunal peut prononcer, à la place de la faillite personnelle, l’interdiction de diriger, gérer, administrer ou contrôler, directement ou indirectement, soit toute entreprise commerciale ou artisanale, toute exploitation agricole et toute personne morale, soit une ou plusieurs de celles-ci. L’interdiction mentionnée au premier alinéa peut également être prononcée à l’encontre de toute personne mentionnée à l’article L 625-1 qui, de mauvaise foi, n’aura pas remis au représentant des créanciers, à l’administrateur ou au liquidateur les renseignements qu’il est tenu de lui communiquer en application de l’article L 622-6 dans le mois suivant le jugement d’ouverture. Elle peut également être prononcée à l’encontre de toute personne mentionnée à l’article L 653-1 qui aura omis de faire, dans le délai de quarante-cinq jours, la déclaration de cessation des paiements, sans avoir, par ailleurs, demandé l’ouverture d’une procédure de conciliation.

Article L 653-9 Le droit de vote des dirigeants frappés de la faillite personnelle ou de l’interdiction prévue à l’article L 625-8 est exercé dans les assemblées des personnes morales soumises à une procédure de sauvegarde, de redressement judiciaire ou de liquidation judiciaire par un mandataire désigné par le tribunal à cet effet, à la requête de l’administrateur, du liquidateur ou du commissaire à l’exécution du plan. Le tribunal peut enjoindre à ces dirigeants ou à certains d’entre eux, de céder leurs actions ou parts sociales dans la personne morale ou ordonner leur cession forcée par les soins d’un mandataire de justice, au besoin après expertise. Le produit de la vente est affecté au paiement de la part des dettes sociales dans le cas où ces dettes ont été mises à la charge des dirigeants.

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Article L 653-10 Le tribunal qui prononce la faillite personnelle peut prononcer l’incapacité d’exercer une fonction publique élective. L’incapacité est prononcée pour une durée égale à celle de la faillite personnelle, dans la limite de cinq ans. Lorsque la décision est devenue définitive, le ministère public notifie à l’intéressé l’incapacité, qui produit effet à compter de la date de cette notification.

Article L 653-11 Lorsque le tribunal prononce la faillite personnelle ou l’interdiction prévue à l’article L 653-8, il fixe la durée de la mesure, qui ne peut être supérieure à quinze ans. Il peut ordonner l’exécution provisoire de sa décision. Les déchéances, les interdictions et l’incapacité d’exercer une fonction publique élective cessent de plein droit au terme fixé, sans qu’il y ait lieu au prononcé d’un jugement. Le jugement de clôture pour extinction du passif, y compris après exécution de l’obligation aux dettes sociales prononcée à son encontre, rétablit le chef d’entreprise ou les dirigeants de la personne morale dans tous leurs droits. Il les dispense ou relève de toutes les déchéances, interdictions et incapacité d’exercer une fonction publique élective. L’intéressé peut demander au tribunal de le relever, en tout ou partie, des déchéances et interdictions et de l’incapacité d’exercer une fonction publique élective s’il a apporté une contribution suffisante au paiement du passif. Lorsqu’il a fait l’objet de l’interdiction prévue à l’article L 653-8, il peut en être relevé s’il présente toutes garanties démontrant sa capacité à diriger ou contrôler l’une ou plusieurs des entreprises ou personnes visées par le même article. Lorsqu’il y a relèvement total des déchéances et interdictions et de l’incapacité, la décision du tribunal emporte réhabilitation.

Anhang III – Vereinigte Staaten von Amerika Sec. 8.09 Revised Model Business Corporation Act “The [name or describe] court of the county where a corporation’s principal office (or, if none in this state, its registered office) is located may remove a director of the corporation from office in a proceeding commenced by or in the right of the corporation if the court finds that (1) the director engaged in fraudulent conduct with respect to the corporation or its shareholders, grossly abused the position of director, or intentionally inflicted harm on the corporation; and (2) considering the director’s course of conduct and the inadequacy of other available remedies, removal would be in the best interest of the corporation.” A shareholder proceeding on behalf of the corporation under subsection (a) shall comply with all of the requirements of sub-chapter 7D, except section 7.41(1). The court, in addition to removing the director, my bar the director from reelection for a period prescribed by the court. Nothing in this section limits the equitable powers of the court to order other relief.

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Sec. 304 California Corporation Code The superior court of the proper county may, at the suit of shareholders holding at least 10 percent of the number of outstanding shares of any class, remove from office any director in case of fraudulent or dishonest acts or gross abuse of authority or discretion with reference to the corporation and may bar from reelection any director so removed for a period prescribed by the court. The corporation shall be made a party to such action. Sec. 706(d) New York Business Corporation Law An action to procure a judgment removing a director for cause may be brought by the attorney-general or by the holders of ten percent of the outstanding shares, whether or not entitled to vote. The court my bar from re-election any director so removed for a period fixed by the court. Sec. 525 Bankruptcy Code (11 U.S.C. § 525) … a governmental unit may not deny, revoke, suspend, or refuse to renew a license, permit, charter, franchise, or other similar grant to, condition such a grant to, discriminate with respect to such a grant against, deny employment to, terminate the employment of, or discriminate with respect to employment against, a person that is or has been a debtor under this title or a bankrupt or a debtor under the Bankruptcy Act, or another person with whom such bankrupt or debtor has been associated, solely because such bankrupt or debtor is or has been a debtor under this title or a bankrupt or debtor under the Bankruptcy Act, has been insolvent before the commencement of the case under this title, or during the case but before the debtor is granted or denied a discharge, or has not paid a debt that is dischargeable in the case under this title or that was discharged under the Bankruptcy Act. 15 U.S.C. § 78u(d)(2) Authority of Court To Prohibit Persons From Serving as Officers and Directors In any proceeding under paragraph (1) of this subsection, the court may prohibit, conditionally or unconditionally, and permanently or for such period of time as it shall determine, any person who violated section 78j (b) of this title or the rules or regulations thereunder from acting as an officer or director of any issuer that has a class of securities registered pursuant to section 78l of this title or that is required to file reports pursuant to section 78o (d) of this title if the person’s conduct demonstrates unfitness to serve as an officer or director of any such issuer. 15 U.S.C. § 77t(e) – Authority of court to prohibit persons from serving as officers and directors. In any proceeding under subsection (b) of this section, the court may prohibit, conditionally or unconditionally, and permanently or for such period of time as it shall determine, any person who violated section 77q (a)(1) of this title from acting as an officer or director of any issuer that has a class of securities registered pursuant to section 78l of this title or that is required to file reports pursuant to section 78o (d) of this title if the person’s conduct demonstrates unfitness to serve as an officer or director of any such issuer.

Festes Kapital im Aktienrecht und seine Bedeutung für den Minderheiten- und Anlegerschutz

von Professor Dr. JENS EKKENGA, Gießen und Professor Dr. WALTER BAYER, Jena

Inhaltsübersicht I. Wirtschaftlicher und rechtlicher Hintergrund – eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff des festen Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtliches Instrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutzaspekte des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbindungslinien zwischen Grundkapital und Minderheitenschutz a) Gleichheit der Mitgliedschaften durch nominelle Festlegung der Beteiligungsquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Minderheitenschutz durch formale Gleichheit der Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schutzdefizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbindungslinien zwischen Kapital- und Anlegerschutz . . . . . . III. Schutzaspekte der Rücklagensicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kapitalrücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Minderheitenschutz durch Rücklagensicherung . . . . . . . . . b) Schutzdefizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewinnrücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Minderheitenschutz ohne festes Kapital de lege ferenda? . . . . . . . . 1. Instrumente des Minderheitenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Definitionsaspekt: Minderheitenschutz ohne nominelle Festlegung der Beteiligungsquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abschaffung des festen Kapitals als Gegenstand zwingenden Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abschaffung des festen Kapitals als Gegenstand nachgiebigen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Folgerungen für das Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Blick in das englische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Finanzierungsaspekt: Minderheitenschutz ohne Zwang zur Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

343 343 343 345 345 345 346 348 350 351 351 351 354 355 356 356 357 357 359 361 362 364

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Festes Kapital im Aktienrecht und Minderheitenschutz

a) Notwendigkeit der Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . b) Notwendigkeit der Kapitalaufbringungskontrolle . . . . . . . 4. Der Erhaltungsaspekt: Minderheitenschutz ohne Ausschüttungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Anlegerschutz ohne festes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. 364 . 365 . 367 . 367 . 368

I. Wirtschaftlicher und rechtlicher Hintergrund – eine Bestandsaufnahme 1. Begriff des festen Kapitals „Festes Kapital“ steht als Oberbegriff für diejenigen Anteile am Eigenkapital, deren Volumina aktienrechtlich reglementiert sind. Die „Festigkeit“ äußert sich darin, dass das Gesetz ein nominelles Finanzierungsziel definiert (Mindestkapital, § 7 AktG), die Modalitäten der Mittelzuführung zur Erreichung des Finanzierungszieles vorgibt (Grundsatz der realen Kapitalaufbringung) oder Definanzierungen jenseits einer nominell feststehenden Grenze verbietet (Grundsatz der Kapitalerhaltung, vgl. § 57 AktG). Diese unterschiedlich ausgeprägten nominellen Festlegungen kennzeichnen das feste Kapital als juristisches Konstrukt, das dazu bestimmt ist, den finanzwirtschaftlichen Entscheidungsrahmen der verbandsinternen Funktionsträger zu beschneiden. Es handelt sich um das regulative Gegenstück zum effektiven Eigenkapital, das als bewegliche Residualgröße die Ergebnisse jener Entscheidungsfreiheit abbildet. Beide Kategorien erscheinen in der Jahresabschlussbilanz: Das feste Eigenkapital ist auf der Passivseite als gezeichnetes Kapital (§§ 272 Abs. 1 S. 1, 283 HGB; aktienrechtlich: Grundkapital, §§ 6, 152 Abs. 1 S. 1 AktG), als Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 Nr. 1–3 HGB; aktienrechtlich: § 150 Abs. 3, 4 AktG) und als Gewinnrücklage (§ 272 Abs. 3 HGB; aktienrechtlich: Gesetzliche Rücklage nach § 150 Abs. 1–4 AktG) auszuweisen. Das „bewegliche“ Eigenkapital begegnet im ausschüttbaren (also nicht in die gesetzliche Zwangsrücklage einzustellenden) Teil des Jahresergebnisses (§ 268 Abs. 1 HGB) oder als negativer Merkposten auf der Aktivseite als „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ (§ 268 Abs. 3 HGB). Im Gegensatz zum festen Kapital ist es nicht voll zu bilanzieren, da sein veränderliches Volumen vom jeweiligen Umfang des Aktivvermögens einschließlich der nicht dotierten Wertanteile („stille Reserven“) abhängt. 2. Rechtliches Instrumentarium Die Rechtsfolgen des festen Eigenkapitals äußern sich in gesetzlichen Verbotsanordnungen, soweit es die Kapitalerhaltung betrifft (Ausschüttungssperre gem. § 57 AktG, Verwendungsbeschränkungen gem. § 150 Abs. 3, 4 AktG). Für die

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Festlegung und Sicherung der Kapitalaufbringung gibt es dagegen keine Handlungsgebote oder -verbote. Vielmehr übt der Gesetzgeber indirekt Zwang aus, indem er die Finanzierungsmaßnahme unter Registervorbehalt stellt: Ohne Nachweis der Kapitalaufbringung keine Eintragung (§§ 36ff., 188, 203 Abs. 1 S. 1 AktG), ohne Eintragung keine AG (§ 41 Abs. 1 S. 1 AktG) bzw. Kapitalerhöhung (§§ 189, 203 Abs. 1 S. 1 AktG) und ohne Durchführung der Kapitalerhöhung keine Börsenzulassung (vgl. § 4 BörsZulVO). Mit der Vorschaltung des registergerichtlichen Verfahrens installiert das Aktienrecht einen vorbeugenden Kontrollmechanismus, der nicht allein den Beteiligten selbst, sondern in letzter Instanz staatlichen Funktionsträgern überantwortet ist. Hiervon erfasst ist jedenfalls die Valutierung des (erhöhten) Grundkapitals in Höhe des gesetzlich geforderten Aufbringungsminimums (vgl. §§ 36a, 188 Abs. 2, 203 Abs. 1 AktG). Nach heute gesichertem Erkenntnisstand erstreckt sich die vorbeugende Überwachung durch das Registergericht auch auf die Festlegung des Finanzierungszieles, d. h. der Registerrichter darf die Eintragung einer materiell rechtswidrigen Kapitalerhöhungsmaßnahme jedenfalls dann nicht verfügen, wenn sie mit schlüssiger Begründung gerichtlich angefochten ist 1 – es sei denn, die Gesellschaft hat sich die Freigabe der Eintragung nach Maßgabe von § 246a AktG gerichtlich bestätigen lassen. Verstößen gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung begegnet das Aktienrecht dagegen mit haftungsrechtlichen Mitteln, die sich eher – wenn auch nicht ausschließlich – für eine reaktive Kontrolle der Kapitalfestigkeit eignen. Zu ihnen gehören Restitutionsansprüche der AG (§ 62 Abs. 1 AktG) und Kompensationsansprüche gegen die verantwortlichen Organmitglieder (§§ 93 Abs. 2, 116 AktG).2 Die Gesellschafter sind an diesem Schutzsystem bisher – anders als die Gläubiger (§§ 62 Abs. 2, 93 Abs. 5 AktG) – kaum institutionell beteiligt.3 Das ändert sich erst mit der Ersetzung bzw. Ergänzung der allgemeinen Kapitalerhaltungsregeln durch den besonderen Benachteiligungsschutz im Vertragskonzern (§§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4 AktG) sowie im Recht der faktisch verbundenen Unternehmen (§§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG). Den Gläubigern wird die Rechtsverfolgung durch das Bilanzrecht erleichtert oder vielfach erst ermöglicht: Die Rückforderungs- und Schadensersatzansprüche müssen als Teil des AG-Vermögens aktiviert und im Jahresabschluss offen gelegt werden. Geschieht dies nicht, so liegt die Kontrollzuständigkeit beim Jahresabschlussprüfer, der der AG ent-

1 Vgl. MünchKommAktG/Hüffer, 2. Aufl., § 243 Rdn. 126; MünchKommAktG/ Peifer § 184 Rdn. 23 ff.; Lutter NJW 1969, 1873 ff. 2 Die disziplinierende (und damit präventiv wirkende) Funktion der Organhaftung ist keineswegs von vornherein in Abrede zu stellen, ihr praktisches Gewicht darf aber nicht überschätzt werden. Vgl. hierzu GroßKommAktG/Hopt, 4. Aufl., § 93 Rdn. 15 ff. mwN. 3 Ausnahme: §§ 147 Abs. 2 S. 2, 148 AktG.

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weder den Bestätigungsvermerk verweigert oder ihren Verwaltungsorganen über den Missstand berichtet, § 321 Abs. 1 S. 3 HGB.4 Das neue BilanzkontrollG 5 hat dieses Prüfungssystem für börsennotierte Gesellschaften erweitert, indem es den bislang ausschließlich privaten Kontrollinstanzen einen behördlichen Überwachungsapparat an die Seite stellte (§§ 37 n ff. WpHG).

II. Schutzaspekte des Grundkapitals 1. Verbindungslinien zwischen Grundkapital und Minderheitenschutz a) Gleichheit der Mitgliedschaften durch nominelle Festlegung der Beteiligungsquoten Da das Grundkapital stets die Summe aller Anteilsnennwerte ist, definiert es neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Umfang der Eigenfinanzierung das Mitgliedschaftsrecht jedes Aktionärs im Verhältnis zu den jeweils anderen Mitgliedschaftsrechten (vgl. § 8 Abs. 4 AktG).6 Das ist auch bei Stückaktien nicht prinzipiell anders.7 Die so ermittelte statische Beteiligungsquote ist Bemessungsgrundlage für den Einfluss auf Abstimmungsergebnisse (§ 134 Abs. 1 S. 1 AktG), für die Berechnung der Dividende (§ 60 Abs. 1 AktG) 8 und für die Bemessung des Liquidationsanteils (§ 271 Abs. 2 AktG). In einem allgemeineren Sinne legt die Beteiligungsquote diejenigen Kriterien fest, die zur Konkretisierung des verbandsinternen Gleichbehandlungsgebotes benötigt werden 9, und steht damit im engen Zusammenhang mit einem der zentralen Grundsätze des europäischen und deutschen Rechts (Art. 42 der 2. GesRL; § 53 a AktG): Die Verteilung individueller Mitgliedschaftsrechte nach Quoten entspricht dem Gleichheitsprinzip auch dann, wenn die Verteilungsergebnisse infolge unterschiedlich hoher Nennbeträge voneinander abweichen. Denn was „gewollt gleich“ und „ungewollt ungleich“ ist, obliegt der verbandsautonomen Entscheidungsfindung, die sich nach dem Konsensprinzip in der Gründungssatzung und nach dem Mehrheitsprinzip bei Satzungsänderungen vollzieht. In diesen kollektiven Gleichheitsmechanismus sind nicht nur die Altaktionäre einbezogen 10, sondern auch eintretende Neugesellschafter nach einer Kapital4 5 6 7 8 9

Vgl. dazu nur MünchKommAktG/Bayer § 62 Rdn. 114ff., 116 mwN. BGBl 2004 I, S. 3408. MünchKommAktG/Heider § 8 Rdn. 65. MünchKommAktG/Heider § 8 Rdn. 99. MünchKommAktG/Bayer § 60 Rdn. 6 ff. Bisher kaum diskutiert. Vgl. aber die Andeutungen bei Schön, Festschrift für Röhricht, 2005, S. 559, 564. 10 Zwischen Erstzeichnern und Zweiterwerbern ist im hier erörterten Zusammenhang nicht zu unterscheiden.

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erhöhung. Denn die verbandsinterne Herrschaft über den Gleichbehandlungsmaßstab durch nominelle Festlegung der Beteiligungsquoten bringt es mit sich, dass Umfang und Ausstattung neu entstehender Mitgliedschaften mit dem zeichnungsinteressierten Dritten nicht individuell ausgehandelt werden.11 Der Zeichnungsvertrag ist zwar das Ergebnis einer verbandsexternen Einigung über den Inhalt der Mitgliedschaft und insofern Ausdruck der vertraglichen Abschlussfreiheit. Die Einigung beruht aber nicht auf einzelvertraglicher Inhaltsgestaltung, sondern ist das Ergebnis einer einseitigen Unterordnung des Neugesellschafters: Er hat keine Chance, für sich Sonderkonditionen auszuhandeln, die von den verbandsinternen Vorgaben abweichen. Dabei spielt keine Rolle, ob die Inhalte der neuen Mitgliedschaften von der Hauptversammlung vorbestimmt worden sind (§§ 182ff. AktG) oder ob der Vorstand ein von der Hauptversammlung genehmigtes Kapital ausübt und dabei über den Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe entscheidet (§ 204 Abs. 1 S. 1 AktG). Die Situation des Zeichners unterscheidet sich demnach, was die Einbindung in das Gleichheitsprinzip anbelangt, nicht von der Lage desjenigen Neugesellschafters, der aufgrund Zweiterwerbs am Sekundärmarkt in die Gesellschaft eintritt. Das ist im Schrifttum bisher nicht immer scharf genug gesehen worden.12

b) Minderheitenschutz durch formale Gleichheit der Mitgliedschaften Die Einrichtung und Beibehaltung nominell fixierter Beteiligungsquoten mündet in ein Gebot formaler Gleichbehandlung der Aktionäre, das sich auf die Verteilung der Beitragslasten und die Ausschüttungsbemessung gleichermaßen bezieht und Benachteiligungen ebenso unterbindet wie die Erlangung von Sondervorteilen. Ein direkter Bezug zum Minderheitenschutz besteht insofern, als Ungleichbehandlungen der geschilderten Art typischerweise – wenn auch nicht zwangsläufig – auf der Ausnutzung von Machtvorsprüngen beruhen 13 und formale Bindungen Bewegungsfreiräume, in denen sich Machtvorsprünge entfalten können, gar nicht erst entstehen lassen. Allerdings sind die Verbindungslinien der Kapitalerhaltung zum Minderheitenschutz wesentlich stärker ausgeprägt als die der Kapitalaufbringung:

11 MünchKommAktG/Bayer § 60 Rdn. 22. 12 Vgl. vor allem Schockenhoff, Gesellschaftsinteresse und Gleichbehandlung beim Bezugsrechtsausschluss, 1987, S. 38, der die These vertritt, zwischen Altgesellschaftern und Zeichnern gebe es keine Verteilungskonflikte. 13 Der Gesetzgeber zieht aus dieser Erfahrung vor allem im Konzernrecht Konsequenzen, indem er die Kontrollinstrumente des Haftungsrechts zugunsten der außenstehenden (Minderheits-)gesellschafter erweitert, vgl. § 309 Abs. 4 S. 1, § 310 Abs. 4, § 317 Abs. 4, § 318 Abs. 4 AktG.

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Die formale Gleichheit der Beitragsbemessung ist durch das Prinzip der nominellen Kapitalaufbringung nicht durchweg gewährleistet. Sie beschränkt sich, soweit es die Kontrolle durch das Registergericht betrifft, auf Bareinlagen in Höhe des in §§ 36 a Abs. 1, 188 Abs. 2, 203 Abs. 1 AktG vorgeschriebenen Aufbringungsminimums. Da ohne Leistungsnachweis mangels Eintragung keine (neuen) Mitgliedschaften begründet werden, kann jeder Zeichner sicher sein, dass für alle Gesellschaftsanteile gleiche Renditebedingungen hergestellt werden. Der Mehrheitsgesellschafter kann also kraft seines Einflusses keinen investitionspolitischen Sondervorteil für sich erwirken. Die praktische Bedeutung des von der Kapitalaufbringungskontrolle erfassten Beitragsminimums ist jedoch eher gering, weil Barkapitalerhöhungen in den allermeisten Fällen per Fremdemission abgewickelt werden. Die neuen Anteile werden dann komplett vom konsortialführenden Kreditinstitut oder von wenigen, gesellschaftsvertraglich syndizierten Banken zu pari gezeichnet und gegen Einzahlung von 25 % des Aktiennennwertes übernommen.14 Die volle Valuta und das oft um ein Vielfaches höhere Aufgeld fließen der AG erst aus dem Platzierungserlös, also nach Eintragung der Kapitalerhöhung und Beendigung der registergerichtlichen Kontrollfunktionen zu.15 Was diesen verbandsextern abgewickelten Teil der Mittelzuführung anbelangt, der in der Regel den wirtschaftlichen Kern der Finanzierungsmaßnahme ausmacht, verlagert sich das regulatorische Ziel der Gleichbehandlung vom gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutz hin zum kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutz (dazu sogleich unter 3.). Bei der Sachkapitalerhöhung erübrigt sich die Aufgabe der kollektiven Mittelaufbringung und damit die der formal gleichen Beitragsbemessung, es sei denn, dass sich atypischerweise alle Gesellschafter mit gleichen Sacheinlagen beteiligen.16 Die Kontrolle der Werthaltigkeit dient hier einem anderen Zweck, nämlich dem des Verwässerungsschutzes als Antwort auf interne Quotenverschiebungen (s. dazu unter c.). Einfacher zu begründen ist der Zusammenhang zwischen Kapitalerhaltung und Minderheitenschutz. Ausschüttungssperren sichern die Gleichheit der Renditechancen unter den Gesellschaftern, indem sie Sonderentnahmen verbieten, die ein einflussreiches Mitglied sonst zum eigenen Vorteil erwirken könnte. Diese Sicherungsfunktion erstreckt sich sowohl auf die Erhaltung des nominellen Beitragsaufkommens (formaler Gleichheitsaspekt) als auch auf die Beibehaltung der offenen Rücklagen (materieller Gleichheitsaspekt, näher unter III.). In Rechtsprechung und Literatur pflegt man denn auch ganz selbstverständlich einen direkten teleologischen Zusammenhang zwischen dem Grundsatz der Kapitalerhaltung und dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG herzu14 MünchKommAktG/Bayer § 204 Rdn. 20 mwN. 15 Ausführlicher Ekkenga in Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, 2006, § 21 Rdn. 106. 16 Beispiel: „Ausschütt-Rückhol-Verfahren“, vgl. BGHZ 135, 381, 383.

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stellen.17 Aber selbst wenn Vermögen der Aktiengesellschaft alle Aktionäre ohne Bevorzugung einzelner zurückgeführt wird, sind individuelle Renditeinteressen betroffen. Denn wer der AG kleingestückeltes Kapital zuführt, tut dies in der Erwartung, dass das im Emissionsverfahren angekündigte Beitragsvolumen insgesamt erreicht und zu Investitionszwecken langfristig genutzt wird. Diese Erwartung erfüllt sich nur unter der Erhaltung aller nominellen Kapitalanteile im Unternehmen. Legislativen Ausdruck hat dieses mitgliedschaftliche Schutzinteresse in § 92 Abs. 1 AktG gefunden. Die darin vorgeschriebene Befassung der Hauptversammlung bei Verlust von 50 % des Grundkapitals soll den Aktionären dazu verhelfen, rechtzeitig Sanierungsmaßnahmen beschließen zu können.18

c) Schutzdefizite Dass die formale Gleichheit der Mitgliedschaften aus der Sicht der Anteilsminderheit auch Nachteile hat, liegt in der Natur der Sache, weil über die Inhalte der Mitgliedschaften nach dem Mehrheitsprinzip statt konsensual entschieden wird (s. soeben unter a.). Die verbandsexterne Aushandlung der Mitgliedschaften wäre zwar ebenfalls geeignet, Gesellschafterinteressen zu beeinträchtigen, doch handelte es sich hierbei nicht um einen Mehrheits-/Minderheitenkonflikt, sondern um ein Problem der Managementkontrolle (dazu s. unten IV, 2, a). Im Verhältnis der Gesellschafter untereinander ist zwischen dem Schutz der Mitgliedschaft im Allgemeinen und dem Schutz vor Quotenverwässerungen beim Hinzutritt neuer Gesellschafter im Besonderen zu unterscheiden: Nach dem Gesetz ist es nicht zuletzt Sache der Minderheitsaktionäre, rechtswidrige Mehrheitsbeschlüsse über die Erhöhung des Grundkapitals gerichtlich anzufechten (§ 245 Nr. 1 bis 3 AktG) und damit den vorbeugenden Kontrollmechanismus zur Einhaltung der formalen Gleichheitskriterien auszulösen. Dieser Präventivschutz erstreckt sich auf die Festlegung des Finanzierungszieles und dessen Durchführung, also auf die Kapitalaufbringung gleichermaßen (s. oben I, 2). Er droht allerdings immer mehr zu verflachen, je weiter sich der Entscheidungsprozess von der Hauptversammlung zur Managementebene verlagert: Verfügen Vorstand und Aufsichtsrat über ein genehmigtes Kapital (§§ 202, 203 AktG) und sind sie zugleich ermächtigt, über das Finanzierungsziel mitsamt allen wesentlichen „Bedingungen der Aktienausgabe“ (§ 204 AktG) autonom zu bestimmen, so lässt sich ein ausreichender Rechtsschutz ohne die Möglichkeit einer gegen das Handeln der Verwaltung gerichteten, vorbeugenden Aktionärsklage nicht verwirklichen. Darauf ist das deutsche Aktienrecht – ungeachtet der mit 17 RGZ 107, 161, 168; KölnKommAktG/Lutter, 2. Aufl., § 57 Rdn. 2 mwN; MünchKommAktG/Bayer § 57 Rdn. 2. 18 MünchKommAktG/Hefermehl/Spindler § 92 Rdn. 2.

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dem UMAG (Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts) eingeleiteten Verbesserungen – bekanntlich nicht ausgerichtet.19 Auf die umfangreiche rechtspositive und -politische Diskussion zum „Siemens/ Nold“-Urteil des BGH 20 kann und muss hier aus Raumgründen Bezug genommen werden.21 Die Erschaffung neuer Mitgliedschaften und deren Vergabe an Dritte hat zur Folge, dass die Altgesellschafter einen Teil ihrer Beteiligungsquote an den Neugesellschafter abgeben 22, so dass Kapitalerhöhungen stets mit der Gefahr einer nominellen Anteilsverwässerung verbunden sind. Den Altaktionären steht deshalb im Regelfall ein Bezugsrecht auf Erwerb der neuen Anteile zu (§ 186 Abs. 1 AktG), sofern ihnen nicht die Möglichkeit eröffnet wird, sich zu vergleichbaren Konditionen am Zirkulationsmarkt einzudecken (§ 186 Abs. 3 S. 4 AktG). Dieses Schutzsystem ist in mehrfacher Hinsicht defizitär: (1) Die Altaktionäre sind vor die Wahl gestellt, ihren Quotenverlust entweder hinzunehmen oder weitere Mittel in die Gesellschaft zu investieren – es sei denn, ihnen gelingt der Verkauf des Bezugsrechts am Kapitalmarkt.23 (2) Das Bezugsrecht ist unzweckmäßig, wenn – wie etwa bei Ausgabe neuer Anteile gegen Sacheinlagen – nur bestimmte Personen zum Anteilserwerb zugelassen werden sollen. Wird das Bezugsrecht deshalb nach § 186 Abs. 3 S. 1 AktG ausgeschlossen, bleibt der benachteiligte Aktionär u. U. ohne vermögensrechtliche Kompensation. Zwar soll § 255 Abs. 2 S. 1 AktG gewährleisten, dass der AG ein hinreichendes Aufgeld zufließt, das die reduzierten Anteilsquoten der Altaktionäre bis zur Erreichung des effektiven Status quo ante aufwertet.24 Dieses effektive Kapitalaufbringungssoll ist aber bei der Aktienausgabe durch den Vorstand beim genehmigten Kapital nicht gesichert, weil es weder an der registergerichtlichen Aufbringungskontrolle noch an der langfristigen Kapitalsicherung teilnimmt (dazu sogleich unter III, 1, a.). (4) Der vom Bezugsrecht ausgeschlossene Aktionär muss die Verringerung seiner Stimmquote daher im Ergebnis regelmäßig entschädigungslos hinnehmen. Deren Werthaltigkeit lässt sich selbst bei Publikumsgesellschaften nicht mehr generell leugnen 25,

19 Zur Problematik ausf. MünchKommAktG/Bayer § 203 Rdn. 173ff. 20 BGHZ 136, 133 = NJW 1997, 2815; dazu statt vieler Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2005, § 203 Rdn. 33ff., 38f. mwN.; Cahn ZHR 164 (2000), 113. 21 Zusammenfassend MünchKommAktG/Bayer § 203 Rdn. 97ff., 105ff. mwN. 22 Im Schrifttum gelegentlich als „Quersubventionierung“ der Neu- durch die Altgesellschafter bezeichnet, vgl. Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives und „sonstiges“ Recht, 1996, S. 260. 23 Im Falle des „vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses“ nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG entfällt diese Möglichkeit, weshalb der Gesetzgeber dieses Verfahren nur für kleinere Operationen zugelassen hat, die 10 % des Grundkapitals nicht übersteigen. 24 Zusammenfassend Bayer ZHR 167 (2004), 132, 140ff. mwN. 25 Im Ergebnis wie hier Hüffer, AktG § 186 Rdn. 33; KölnKommAktG/Lutter § 186 Rdn. 76.

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spätestens nachdem der Gesetzgeber geregelt hat, dass Übernahme- und Pflichtangebote nach dem WpÜG stets Vollangebote sein müssen (§§ 32, 35 WpÜG): Der Übernahmeerfolg hängt vom Erwerb der Stimmrechte ab, und hierfür wird jedem Angebotsadressaten ein nicht unerheblicher Kontrollzuschlag offeriert.26 (5) Beim genehmigten Kapital ist der Minderheitenschutz gegen Eingriffe in das Bezugsrecht nicht mehr voll gewährleistet. Zwar unterliegt der Vorstand in der Sache den gleichen Rechtfertigungszwängen wie die Hauptversammlung im Rahmen regulärer Kapitalerhöhungen ohne Bezugsrechte.27 Den Minderheitsaktionären fehlen jedoch die informatorischen Grundlagen und verfahrensrechtlichen Mittel, um ihre Abwehrrechte gegenüber der Verwaltung zeitnah, d. h. möglichst mit präventiver Wirkung 28 durchzusetzen. Auf die „Siemens-Nold“Diskussion ist abermals zu verweisen.29

2. Verbindungslinien zwischen Kapital- und Anlegerschutz Nach einhelliger Meinung im Schrifttum gewährt das Recht des Primärmarktes keinen wie auch immer gearteten Anspruch der Zuteilungsbewerber auf Beteiligung an der Emission, selbst wenn man unterstellt, dass der Emittent tragfähige Gründe für eine eventuelle Ungleichbehandlung nicht vorweisen kann. Denn das börsenrechtliche Gleichbehandlungsgebot (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 BörsG) schützt – dem verbandsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG entsprechend – nicht die Kaufinteressenten, sondern nur die Altaktionäre bzw. -obligationäre.30 Zwar gibt es mittlerweile positivrechtliche Ansätze eines weitergehenden, kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes, doch beschränken sich diese einstweilen auf die Herstellung von Chancengleichheit im Rahmen der Informationsvermittlung.31 I.Ü. stellt Art. 12 der Grundsätze der Börsensachverständigenkommission für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger vom 7. Juni 2000 (sog. Zuteilungsgrundsätze) ausdrücklich klar, dass es „kein Recht auf Zuteilung“ gibt.

26 §§ 32, 35 Abs. 1, 2 WpÜG. Vgl. dazu Ekkenga in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33 Rdn. 3. 27 So zu Recht die hM: Ausf. MünchKommAktG/Bayer § 203 Rdn. 110ff. mwN zum Streitstand. 28 Zu den Rechtsschutzdefiziten im Rahmen der reaktiven Managementkontrolle s. o. I, 2. 29 S. die Nachw. Fn. 20, 21. 30 Gravenhorst, Plazierungsverfahren bei Aktienemissionen und der Anspruch auf Zuteilung, 2002, S. 98 ff.; Escher-Weingart, AG 2000, 164, 166f. 31 § 15 Abs. 5 S. 1 WpPG; vgl. Ekkenga/Maas, Das Recht der Wertpapieremissionen, in: Kümpel/Hammen/Ekkenga, Kapitalmarktrecht, Kennz. 055 Rdn. 144.

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Die Bedeutung des nominellen Kapitals für den Anlegerschutz beschränkt sich daher auf den Zirkulationsmarkt: Die Zerlegung des nominellen Kapitals in Anteilsnennwerte verschafft den Gesellschaftern und bei bestehender Publizität auch außen stehenden Dritten jederzeitigen Einblick in die aktuellen Beteiligungsquoten unter Berücksichtigung von Kapitalveränderungen. Das dient der Markttransparenz bei kleingestückelten Beteiligungen, insbesondere also bei der Publikumsaktie. Daneben mag die Publizität des Vermögensumfanges eine gewisse Rolle spielen. So verhindert die Ausschüttungsfestigkeit der Kapitalrücklagen legale Täuschungsmanöver durch „Window Dressing“: Das Unternehmen könnte seine Eigenkapitalquote durch Bildung frei verfügbarer Kapitalrücklagen kurzfristig verbessern, um die Gelder sogleich nach Veröffentlichung des Jahresoder Zwischenabschlusses wieder an die Inferenten zurückzuführen. Ob dagegen allein schon die regelwidrige Verteilung der Vermögenssubstanz unter die Aktionäre geeignet wäre, den Aktienkurs künstlich nach oben zu treiben 32, ist nicht unzweifelhaft. Jedenfalls wäre derartigen Entwicklungen nicht im Wege der Kapitalerhaltung zu begegnen, sondern durch Herstellung von Markttransparenz: Es darf nicht der falsche Eindruck entstehen, die Ausschüttung sei Ausdruck eines höheren Ertragswertes der Aktie.33

III. Schutzaspekte der Rücklagensicherung 1. Kapitalrücklagen a) Minderheitenschutz durch Rücklagensicherung Kapitalrücklagen sind keine Nominalgrößen zur Festlegung einer Beitragspflicht, sondern bilden den effektiven Wert zugeführter Eigenmittel ab. Sie sind also weder Instrumente zur Gewährleistung formal gleicher Verhältnisse, noch haben sie ihrerseits Einfluss auf die formale Festlegung der Beteiligungsquoten: Leistungen über pari, die gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB als Aufgeld gebucht werden, erhöhen nicht den nominellen Anteilswert des Inferenten. Derartige Leistungen fixieren auf Dauer die Äquivalenz im Austauschverhältnis „Erwerb der Mitgliedschaft gegen Einlage“, denn sie vergüten denjenigen Anteil am Reinvermögen, dessen Höhe der Summe aus bereits vorhandenen (offenen und stillen) Rücklagen und Gewinnvorträgen entspricht. Da sich dieser Vergütungszweck auf das Verhältnis zwischen Mitglied und Gesellschaft bezieht, lässt sich ein Zusammenhang mit dem Gesellschafterschutz nur mittelbar, nämlich über den Ver-

32 So KölnKommAktG/Lutter § 57 Rdn. 2; GroßKommAktG/Henze § 57 Rdn. 7. 33 Vgl. MünchKommAktG/Bayer § 57 Rdn. 3.

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bandszweck und die Zweckdienlichkeit der Kapitalzuführung und -ausstattung herstellen.34 In eine direkte, wenn auch nicht rechtsgeschäftliche Austauschverbindung mit den Gesellschaftern tritt dagegen der Erwerber neu ausgegebener Anteile. Das folgt aus der nominellen Anteilsverwässerung bei Kapitalerhöhungen: Der Neugesellschafter bezieht mit der Mitgliedschaft zugleich einen Quotenanteil aus dem Vermögen der Altgesellschafter, das Aufgeld verschafft den Altgesellschaftern zusätzliche Renditechancen und erfüllt somit den zusätzlichen Zweck, sie für den Rechtsverlust zu entschädigen (s. unter II, 1, c). Insofern lässt sich in Abgrenzung gegen die nominelle Beitragsbemessung von einem System materieller Gleichheit sprechen (s. o. II, 1, b). Die Kapitalaufbringung ist zwar auch über die Aktiennennbeträge hinaus verbandsintern formalisiert, denn über die Höhe des Aufgeldes entscheiden nicht Gesellschaft und Zeichner im freien Verhandlungsprozess, sondern die Gesellschafter in der Hauptversammlung (§ 182 Abs. 3 AktG) oder an ihrer Stelle Vorstand und Aufsichtsrat kraft Ermächtigung (§ 204 Abs. 1 AktG).35 Zudem hat der Gesetzgeber die registergerichtliche Kapitalaufbringungskontrolle konsequent auf das deklarierte Einlageaufgeld erstreckt (§§ 36a Abs. 1, 188 Abs. 2 AktG).36 Insofern besteht eine Parallele zur nominellen Beitragsbemessung bei der Aufbringung des Grundkapitals. Die praktische Bedeutung der verbandsinternen Preisfindung ist jedoch denkbar gering, weil gegenüber den emissionsbegleitenden Banken meist kein Agio erhoben wird (vgl. II, 2, b.) und die Aktionäre normalerweise kein Interesse, jedenfalls aber kein rechtliches Mittel haben, die beschlussweise Fixierung eines Aufgeldes gerichtlich zu erzwingen. Anders verhält es sich, wenn es sich um eine per Mehrheitsbeschluss veranlasste bezugsrechtsfreie Emission handelt, so dass ein Verkauf unter Verkehrswert (Beteiligungs-/ Kurswert) ausscheidet. Doch gelten dann die Mindestpreisregeln der §§ 186 Abs. 3 S. 4, 255 Abs. 2 S. 1 AktG, die gerade keine nominelle Festlegung des Aufgeldes zwingend vorsehen, sondern das Mittelaufkommen letztlich von der Kursentwicklung am Kapitalmarkt abhängig machen.37 Damit ist den Minderheitsgesellschaftern de lege lata die Möglichkeit genommen, sich per Beschlussanfechtung gegen eine drohende Anteilsverwässerung wegen zu billiger Ausgabe der neuen Aktien zu wehren. Denn eine zunächst gesetzeskonforme Mindestpreisbestimmung im Kapitalerhöhungs- oder Ermächtigungsbeschluss kann nicht nachträglich dadurch unrechtmäßig werden, dass die im Beschlusszeitpunkt erwartete Kursentwicklung später ausbleibt.38 34 Arg. § 92 Abs. 1 AktG. 35 MünchKommAktG/Bayer § 204 Rdn. 7ff. 36 Insofern besteht ein von Schrifttum und Praxis nicht immer beachteter Unterschied zur Rechtslage bei der GmbH. Ausf. hierzu Bayer FS Ulmer 2003 S. 21, 36ff. mwN. 37 Für § 255 Abs. 2 S. 1 AktG gilt das jedenfalls in den häufigen Fällen des genehmigten Kapitals, s. sogleich unter b. 38 Maßgeblich für die Beschlusskontrolle sind die Umstände im Zeitpunkt der Be-

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Die Kapitalsicherung gegen Ausschüttung beruht bei den Kapitalrücklagen auf der Verpflichtung, die zugeführten Eigenmittel als solche im Jahresabschluss zu passivieren und dort beizubehalten (Auflösungsverbot, vgl. § 150 Abs. 3, 4 AktG).39 Dieses Erhaltungsgebot lässt sich wie im Rahmen des nominellen Kapitalschutzes spiegelbildlich zum Kapitalaufbringungsgebot interpretieren und auf den Minderheitenschutz beziehen. Denn es verhindert, dass Kapitalentnahmen teilweise aus Mitteln bestritten werden, die eintretende Neugesellschafter zuvor zur Kompensation einer Vorteilserlangung durch Quotenverschiebung eingebracht haben. Da diese Mittel nach dem Prinzip der formellen Gleichheit der Anteilsbemessung den Altgesellschaftern anteilig zufallen, hätte die Ausschüttung der Rücklagen an alle Gesellschafter eine Wertverschiebung zu Lasten der Neugesellschafter zur Folge. Anders wäre es nur dann, wenn die Neugesellschafter durch ihren Eintritt und die nachfolgende Ausschüttung ihrerseits an vorhandenen Kapitalrücklagen partizipieren, so dass der Wertverschiebung zugunsten der Altgesellschafter eine spiegelbildliche Wertverschiebung zugunsten der Neugesellschafter gegenübersteht. Dieser Fall bleibt aber wohl hypothetisch, weil die vorhandenen Rücklagen bereits durch das Aufgeld mitvergütet werden. Der Unterschied zeigt sich in der Bewertung: Während die bilanzierten Rücklagen (nur) die Vermögenssubstanz abbilden, sind die Aufgelder nach dem (höheren) Ertragswert berechnet. Sie enthalten also den Gegenwert künftiger Gewinne, die nach der Ausschüttung nicht mehr anfallen. Berechnungsbeispiel: Die AG verfügt über offene Rücklagen von 2 Mio € bei einem Grundkapital in Höhe von 1 Mio €, das sich aus 100.000 Anteilen zu je 10 € zusammensetzt. Der Wert jedes Anteils an den offenen Rücklagen beträgt somit 20 €. Im Jahre 01 werden 50.000 neue Anteile im Nennwert zu je 10 € ausgegeben. Die Zeichnung erfolgt gegen Zahlung eines Aufgeldes von 40 €. Darin enthalten ist eine Vergütung von 20 € für den Goodwill, der nicht aktiviert ist; die restlichen 20 € entfallen auf die anteilige Wertdeckung für die offenen Rücklagen. Der AG fließen also 2 Mio € an weiteren Rücklagen zu. Im Jahre 02 werden auf mehrheitlich gefassten Beschluss der Altaktionäre alle offenen Rücklagen aufgelöst. Die hierdurch freiwerdenden Mittel in Höhe von insgesamt 4 Mio € (2 Mio € bisherige Rücklagen + 2 Mio € Aufgelder) werden an die Aktionäre nach dem Verhältnis ihrer nominellen Anteile ausgeschüttet, so dass Alt- und Neuaktionäre jeweils ca. 26 € pro Anteil erhalten. Die Altaktionäre sind dadurch um 6 € bessergestellt. Darin enthalten ist der Vergütungsanteil für den Goodwill, der sich wegen des Abzuges liquider Mittel nicht mehr realisieren lässt. Die Investition der Neuaktionäre in den Goodwill ist damit fehlgeschlagen.

schlussfassung, s. BGHZ 71, 40, 49 „Kali + Salz“, BGHZ 83, 319, 321 „Holzmann“. Näher hierzu Ekkenga in Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, 2006, § 21 Rdn. 52. 39 Die Vorschrift steht in engem Zusammenhang mit der Ausschüttungssperre des § 57 Abs. 3 AktG, denn sie verhindert, dass die offenen Rücklagen dem verteilungsfähigen Bilanzgewinn zugeschlagen werden (vgl. § 158 Abs. 1 Nr. 2, 3 AktG).

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b) Schutzdefizite Ob und inwieweit das Aufgeld auf den Aktiennennwert am gesetzlichen Kapitalschutzsystem teilnimmt, ist gerade für den besonders bedeutsamen Fall der Fremdemission noch nicht ausreichend geklärt. Was zunächst die registergerichtliche Aufbringungskontrolle bei Barkapitalerhöhungen anbelangt, hängt die Beantwortung vom verfahrensrechtlichen Begriff des „Mehrbetrages“ iSd. § 36a Abs. 1 AktG ab. Verbreitet ist die These, dem Registergericht sei nur die Mindestvalutierung des Anteilsnennwertes nachzuweisen, wenn die übernehmende Bank die neuen Anteile – wie üblich – zu pari zeichnet, wenn also der „Ausgabebetrag“ iSd. § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AktG dem Anteilsnennwert entspricht. Gegen das in der Praxis übliche mehrstufige Aufbringungsverfahren, das eine Vollvalutierung in Höhe des wirtschaftlich angestrebten Preisniveaus („Bezugskurs“) erst nach Eintragung der Kapitalerhöhung und Abschluss der Platzierung vorsieht, sei nichts einzuwenden, da weder der Gläubigerschutz noch der Verkehrsschutz am Kapitalmarkt eine Ausweitung der Registerkontrolle über den Nennbetrag hinaus erforderten.40 Bei bezugsrechtsfreien Emissionen entfiele damit aber zugleich die vorbeugende Überwachung des effektiven Aufbringungssolls nach §§ 186 Abs. 3 S. 4, 255 Abs. 2 AktG. Gegen die Zulässigkeit der mehrstufigen Kapitalaufbringung sprechen also vor allem Aspekte des Minderheitenschutzes.41 Im Ergebnis dürfte sich, wie an anderer Stelle dargelegt, die heutige Bankpraxis bei Fremdemissionen nur unter Hinweis auf die aktienrechtlichen Sonderregelungen zum genehmigten Kapital rechtfertigen lassen.42 Ebenfalls noch weit von einer Klärung entfernt scheint die Frage, ob die Wertdeckung der Sacheinlage in Höhe des Agio von der registergerichtlichen Kontrolle umfasst ist.43 Die Kapitalsicherung gegen Ausschüttung ist durch den Zwang zur Rücklagenbildung nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB nicht voll gewährleistet. Auf Fremde40 Vgl. statt anderer Technau AG 1998, 445, 448 ff. mwN. Zur ebenfalls umstrittenen Frage, ob die Kapitalaufbringungskontrolle überhaupt dem Gläubigerschutz dient, s. etwa Pentz ZGR 2001, 901, 911 ff. (verneinend) gegen die hM; aus europäischer Sicht de lege ferenda auch Grundmann, Europäisches GesellschaftsR Rdn. 332. 41 So bereits Ekkenga, Börsengang und Bezugsrechtsausschluß in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, VGR-Tagungsband 3, 2001, S. 77, 98; zust. MünchKommAktG/Bayer § 204 Rdn. 20. 42 Ekkenga, Börsengang und Bezugsrechtsausschluss in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, VGR-Tagungsband 3, 2001, S. 77, 94 ff.; ders. in: Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, 2006, § 21 Rdn. 113. 43 Vgl. Hüffer § 183 Rdn. 16, 18 einerseits, § 188 Rdn. 9 a.E. andererseits; gegen Wertkontrolle KölnKommAktG/Lutter § 183 Rdn. 52; MünchHdbAG/Krieger § 56 Rdn. 41; dafür GroßKommAktG/Wiedemann, 1995, § 183 Rdn. 82; GroßKommAktG/Hirte § 205 Rdn. 16; Bayer, Festschrift Ulmer, 2003, S. 21, 37ff.; MünchKommAktG/Bayer § 205 Rdn. 19 ff.

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missionen ist diese Vorschrift nämlich kaum jemals anwendbar, weil die übernehmenden Banken – wie dargelegt – die neuen Anteile zum Nennwert zeichnen und den Fortgang der weiteren Mittelaufbringung dem Spiel von Angebot und Nachfrage überlassen. Den am Kapitalmarkt erzielten Verkaufserlös führen die Banken zwar an die AG ab, sie tun dies aber nicht als Gesellschafter zur Erfüllung ihrer Einlagepflicht, sondern als vertraglich Beauftragte zur Erfüllung des gegen sie gerichteten Herausgabeanspruchs nach §§ 675 Abs. 1, 667 BGB. Sofern die Banken für den Platzierungserfolg nicht garantieren, sind Entstehung und Höhe des Herausgabeanspruches im Zeitpunkt der Übernahme noch unsicher, so dass auch eine Dotierung als „schuldrechtliches Agio“ in direkter oder entsprechender Anwendung des § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB ausscheidet.44 Allenfalls mag man einen Ausweis unter den „anderen Zuzahlungen“ iSd. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB in Betracht ziehen.45 Der Kapitalschutz bleibt aber dann unvollkommen, weil solche Zuzahlungen in den Kapitalschutz des § 150 AktG nur teilweise einbezogen sind, nämlich soweit aus ihnen im Falle der Auflösung eine gesetzliche Gewinnrücklage zu bilden und diese beizubehalten ist.46 Wer hiervon abrücken will, wird sich rechtsfortbildend über die Personenverschiedenheit von zeichnender Konsortialbank und nacherwerbendem Publikumsaktionär hinwegsetzen müssen. Für eine solche Einheitsbetrachtung gibt es Vorschläge diverser Art, die sich primär mit der in § 186 Abs. 5 AktG manifestierten Treuhandposition der Banken beschäftigen und bislang nicht zu verallgemeinerungsfähigen Lösungen geführt haben.47

2. Gewinnrücklagen Das Aktienrecht kennt nominelle, nämlich in Prozent vom Grundkapital bemessene Gewinnbestandteile, die in gesetzliche Rücklagen einzustellen (§ 150 Abs. 1, 2 AktG) und danach für die Ausschüttung gesperrt sind (§ 150 Abs. 3, 4 iVm. § 57 Abs. 3 AktG). Anders als bei den Kapitalrücklagen drängt sich ein sachlicher Zusammenhang mit dem Minderheitenschutz nicht unbedingt auf,

44 Näher Ekkenga/Maas, Das Recht der Wertpapieremissionen in: Kümpel/Hammen/Ekkenga, Kapitalmarktrecht, Kennz. 055, Rdn. 334ff.; a. A. Schnorbus, AG 2004, 113, 124. 45 Vgl. Beck AG-Hdb./Göckeler, 2004, § 19 Rdn. 96; Becker, NZG 2003, 510ff.; möglicherweise auch Frese AG 2001, 15, 25, allerdings unter Hinweis auf § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB. 46 Begründung: Die Auflösungsbeschränkungen des § 150 Abs. 3, 4 AktG beziehen sich ausdrücklich nur auf Gewinnrücklagen und auf Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB. 47 Zur Diskussion vgl. BGHZ 122, 180, 184 „Co op“; Schnorbus AG 2004, 113ff. sowie demnächst Ekkenga/Maas, Das Recht der Wertpapieremissionen, in: Kümpel/Hammen/Ekkenga, Kapitalmarktrecht, Kennz. 055 Rdn. 329ff.

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denn es lässt sich kaum generell behaupten, dass der Gesellschafter seine Einlagenmittel in die Gesellschaft im Vertrauen auf die Thesaurierung künftiger Gewinne investiert (vgl. II, 2).

IV. Minderheitenschutz ohne festes Kapital de lege ferenda? 1. Instrumente des Minderheitenschutzes Auf der operativen Ebene vollzieht sich Minderheitenschutz durch die Errichtung äußerer und inhaltlicher Schranken für Mehrheitsbeschlüsse sowie verfahrensrechtlich durch die Zubilligung individueller oder an kleine Quoren gebundener Erwirkungs- oder Anfechtungsrechte.48 Der Gesetzgeber kann aber auch durch verbandsinterne Regelungen verhindern, dass Interessenkonflikte zwischen Minderheit und Mehrheit überhaupt entstehen. Er kann beispielsweise der Hauptversammlung die Kompetenz für bestimmte, besonders schutzsensible Entscheidungsgegenstände aberkennen, indem er die Zuständigkeit im Verbandsinteresse einem anderen Organ – etwa dem Vorstand – überträgt. Das Konfliktpotential verlagert sich dann auf das Verhältnis zwischen Management und Aktionariat in seiner Gesamtheit, betrifft also nicht mehr nur die Minderheitsgesellschafter. Wie die bisherige Diskussion um das „Holzmüller“-Urteil des BGH im allgemeinen und um den Verwässerungsschutz beim genehmigten Kapital im besonderen gezeigt hat, schwächt allerdings die Kompetenzverlagerung im Ergebnis vor allem die Minderheit, weil ihr die verfahrensrechtlichen Mittel fehlen, direkt gerichtlich gegen das Verhalten der Manager vorzugehen. Anders formuliert: Die Konfliktvermeidung im Verhältnis der Gesellschafter untereinander wird durch die Eröffnung einer anderen Problemquelle, nämlich dem des Principal-Agent-Konflikts zwischen Kapital und Management erkauft.49 Der Gesetzgeber beschneidet das Konfliktpotential zwischen Anteilsminderheit und -mehrheit im Ergebnis auch dort, wo er den verbandsintern Beteiligten bestimmte Entscheidungsergebnisse vorgibt, und sei es im Interesse Dritter, beispielsweise der Unternehmensgläubiger. Das kann durch Schaffung dispositiver Vorschriften geschehen, die nur Ersatzregelungen darstellen und eingreifen, wenn die Anteilsmehrheit oder der Vorstand keine anderweitige Entscheidung treffen, oder durch zwingendes Recht.50 Im letztgenannten Fall beschränkt sich das Schutzinteresse der Minderheit darauf, bei Übertretungen auf eine Rechtskon-

48 Umfassender tabellarischer Überblick bei Münch.Hdb.GesR IV/Semler, 2. Aufl. 1999, Anh. § 42 Tabelle 1. 49 Ausführlicher Ekkenga AG 2001, 567, 575. 50 Ausführlich hierzu aus jüngerer Zeit Fleischer ZHR 168 (2004), 673, 685ff.

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trolle durch die Gerichte hinwirken zu können. Das Aktienrecht ist allerdings, was diesen Schutzaspekt anbelangt, bisher eher zurückhaltend.51 Der haftungsrechtliche Minderheitenschutz schließlich ist, wie bereits eingangs erwähnt (s. unter I, 2) außerhalb des Konzernrechts unterentwickelt. U. U. kommen Schadensersatzansprüche gegen den Mehrheitsgesellschafter aus dem Gesichtspunkt der Treuepflichtverletzung in Betracht.52 Zur Einführung einer Aktionärsklage gegen den Vorstand, die nach US-amerikanischem Vorbild auch Schadensersatzansprüche umfasst, hat sich der deutsche Gesetzgeber bisher nicht durchringen können.53 Geht die Durchführung der Kapitalerhöhung mit einer Verletzung von Bezugsrechten einher, so kann das zwar grundsätzlich eine deliktische Haftung der AG, u. U. auch eine solche des Vorstands zur Folge haben.54 Bei Beschlussmängeln geht jedoch die Anfechtung vor.55

2. Der Definitionsaspekt: Minderheitenschutz ohne nominelle Festlegung der Beteiligungsquoten a) Abschaffung des festen Kapitals als Gegenstand zwingenden Rechts Die „Festigkeit“ des nominellen Grundkapitals und der Kapitalrücklagen hat, was den Definitionsvorgang als solchen anbelangt, schon de lege lata nichts mit rechtsnormativen Zwängen zu tun – ganz im Gegensatz zur Kapitalerhaltung sowie teilweise abweichend vom Grundsatz der realen Kapitalaufbringung (dazu sogleich unter 3 und 4). Denn das Grundkapital ist stets das Ergebnis einer multilateralen Vereinbarung der Gründer oder einer Kapitalerhöhung, die mehrheitlich beschlossen oder kraft mehrheitlich beschlossener Ermächtigung von Vorstand und Aufsichtsrat initiiert werden kann. Das (erhöhte) Grundkapital ist also eine privatautonom geschaffene, keine gesetzlich vorbestimmte Deklarationsgröße. Mit der Festlegung der offenen Rücklagen verhält es sich nicht anders (s. o. II, 1, a). Gesetzlich zwingend vorgeschrieben sind allerdings das Mindestkapital nach § 7 AktG und der auf eine Nennbetrags- oder Stückaktie entfallende Mindestnennbetrag (§ 8 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 3 AktG). Gegen deren Abschaffung und Ersetzung durch nachgiebiges Recht bestehen aus Gesellschafterperspektive keine Bedenken, soweit es um das Festklopfen der Rahmenbedingungen im Rah51 Mertens AG 1990, 49, 53f. 52 Hüffer, AktG § 53a Rdn. 21. 53 Vgl. aber zur mittelbaren Vorstandshaftung im Rahmen des pflichtwidrigen Ausnutzens eines genehmigten Kapitals: MünchKommAktG/Bayer § 203 Rdn. 176 mwN. 54 GroßkommAktienR/Wiedemann, § 186 Rdn. 103; KölnKommAktG/Lutter, § 186 Rdn. 41; kritisch Hüffer, AktG § 186 Rdn. 18. 55 AnwKommAktienR/Rebmann, 2003, § 186 AktG Rdn. 30; Hüffer, AktG, § 186 Rdn. 17.

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men des Gründungsvorganges (§ 23 Abs. 3 Nr. 3, 4 AktG) geht. Denn solange nach dem Einstimmigkeitsprinzip entschieden wird, kann jeder Gründer die Festsetzung unerwünscht niedriger Nennwerte durch Verweigerung seiner Zustimmung verhindern. Wie sich die Abschaffung von Mindestkapital und –nennwerten bei späteren Kapitalveränderungen auswirkt, zeigt das Beispiel der sog. Penny-Stocks nach US-Standard. Die nurmehr symbolischen Nennwerte der neu ausgegebenen Aktien stehen hier in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem wirtschaftlich angestrebten Finanzierungsvolumen: Statt über nominell definierte Einlagen muss die Gesellschaft über Kapitalrücklagen, (eigenkapitalersetzende) Gesellschafterdarlehen oder persönliche Sicherheiten zum Zwecke der Kreditausstattung finanziert werden.56 Das haben Penny-Stocks mit der sog. „echten“ Stückaktie gemein, die – anders als die versteckt nennwertbezogene „unechte“ Stückaktie nach § 8 Abs. 1, 4 AktG – einen quotalen Anteil am effektiven Eigenkapital (Reinvermögen) verkörpert.57 Im US-amerikanischem Gesellschaftsrecht vollzieht sich die Bemessung des Finanzierungsaufkommens nicht über verbandsinterne Preisbestimmungen, sondern über den Kapitalmarkt, indem das Board of Directors den Ausgabekurs nach Ermessen bestimmt und hierbei die Grenzen eines „fair value“ beachtet.58 Das formale Gleichheitsprinzip bleibt bei Low-Par-Stocks insofern gewahrt, als die Mitgliedschaftsrechte, die der Zeichner für die Entrichtung des aktuellen Marktpreises erwirbt, durch die Statuten nominell vorgegeben sind und den schon vorhandenen Mitgliedschaften exakt entsprechen. Mit dieser Zweiteilung des Definitionsprozesses – verbandsinterne Festlegung der Mitgliedschaftsrechte einerseits und marktgestützte Bemessung des Erwerbspreises andererseits – entfernt sich das US-Recht nicht merklich vom Prozedere einer Fremdemission auf der Grundlage eines genehmigten Kapitals nach deutschem Recht (s. o. II, 1, b). Gewisse Unterschiede verbleiben insofern, als die directors über Anzahl und Ausgabepreis als geschäftsführendes Organ entscheiden statt – wie beim genehmigten Kapital – kraft Ermächtigung der Hauptversammlung.59 Auch mag es sich auswirken können, dass es im System der Low-Par-Stocks praktisch keine verbandsintern fixierte Preisuntergrenze gibt, wie sie im Verbot der Emission unter Nennwert (§ 9 Abs. 1 AktG) 60 enthalten ist. 56 Mülbert Der Konzern 2004, 151, 159. 57 Vgl. MünchKommAktG/Heider § 8 Rdn. 20; Ekkenga WM 1997, 1645, 1647. 58 Vgl. M. Bauer, Gläubigerschutz durch eine formelle Nennkapitalziffer-kapitalgesellschaftsrechtliche Notwendigkeit oder überholtes Konzept?, 1995, S. 300 mwN. 59 Bei der Schaffung eines genehmigten Kapitals handelt der Vorstand nicht kraft originärer Geschäftsführungsbefugnis, sondern aufgrund von der Hauptversammlung entliehener („derivativer“) Kompetenz (Delegation); näher Ekkenga AG 2001, 567, 569; MünchKommAktG/Bayer § 202 Rdn. 86. 60 Die gängige Bezeichnung „Unterpariemission“ meint nach der hier gewählten Ter-

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Das Folgerisiko für die Altgesellschafter beschränkt sich auf das Szenario, dass das Management die neuen Anteile unter Marktwert verschleudert, statt sich um einen angemessenen Verkaufspreis zu bemühen. Derartige Discountpraktiken sind nach deutschem Recht pflichtwidrig, wenn den Altaktionären kein Bezugsrecht eingeräumt ist.61 Auch in zahlreichen weiteren europäischen Rechtsordnungen dürfen bezugsrechtsfreie Emissionen grundsätzlich nicht unter dem Wert der Anteile vorgenommen werden; allerdings gilt diese Regel in der Praxis nicht strikt.62 Im Ergebnis wird der Minderheitenschutz in diesen Fällen durch die Organhaftung verwirklicht. Dass die Verantwortlichkeiten der Verwaltungsorgane gegenüber einzelnen Mitgliedern in Deutschland vergleichsweise wenig entwickelt sind, ist ein allgemeines Problem und steht in keinem speziellen Zusammenhang mit dem Institut des festen Kapitals.

b) Abschaffung des festen Kapitals als Gegenstand nachgiebigen Rechts Eine weiterreichende Deregulierung bestünde darin, das feste Kapital komplett aus dem geschriebenen dispositiven Recht zu entfernen. Da das Nominalprinzip daraufhin erst von Fall zu Fall per Satzung installiert werden müsste und die Minderheitsgesellschafter dies nicht erzwingen könnten, wäre das Gleichgewicht unter den Mitgliedern auf andere Weise herzustellen. Die vollständige Abschaffung des Nominalprinzips läuft in letzter Konsequenz auf eine Definition der Mitgliedschaften anhand variabler Kapitalanteile hinaus – ein Gegenmodell, das bekanntlich im Recht der Personengesellschaften (§§ 120 Abs. 2, 121 Abs. 1 HGB) 63 mit Ausnahme der stillen Gesellschaft (§ 232 Abs. 3 HGB) begegnet. Unter der Annahme, dass die Einlagen der Gesellschafter im Werte nicht effektiv gleich sind, insbesondere also bei einer Mischfinanzierung mit Bar- und Sacheinlagen, erhielte man unterschiedlich hohe und bewegliche Beteiligungsquoten, deren originärer Umfang sich nach dem jeweiligen Einlagewert richtete und die sich in der Folgezeit um Gewinnanteile proportional erhöhten bzw. nach Verlustanteilen ermäßigten. Diese Vorschriften haben sich in der Praxis nicht bewährt. Üblicherweise werden sie im Gesellschaftsvertrag abbedungen und durch die Vereinbarung fester Kapitalkonten ersetzt, weil sich Gewinnbetei-

minologie die Unterschreitung des auf alle Aktien entfallenden anteiligen Beteiligungswertes, s. sogleich unter b. 61 Vgl. KölnKommAktG/Lutter § 204 Rdn. 11; GroßKommAktG/Hirte § 203 Rdn. 101, 104; MünchKommAktG/Bayer § 204 Rdn. 14 ff. mwN. 62 Siehe hierzu ausf. Bagel, Der Ausschluss des Bezugsrechts in Europa, 1999; zu Italien, Spanien, Portugal: S. 77 ff.; zu Frankreich, Belgien, Niederlande: S. 191ff.; zur Schweiz: S. 267f. (alle mwN). 63 Näher dazu MünchKommHGB/Priester § 120 Rdn. 94ff.

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ligungs- und Stimmrechte unter Berücksichtigung ständiger Kontenänderungen schon bei konstantem Mitgliederkreis nicht sinnvoll definieren lassen.64 Für die AG, die u. U. mit der Massenverwaltung kleingestückelter Publikumsanteile konfrontiert ist, gilt das erst recht. Die Konsequenz lautet nicht, dass die AG Nennwertaktien oder unechte Stückaktien ausgeben muss. Vielmehr tritt der nominelle Angleichungseffekt ohne weiteres auch bei der echten Stückaktie ein. Er erschließt sich dann aus dem Wert des effektiven Reinvermögens, dividiert durch die Anzahl der Aktionäre. Wer also eine Mehrleistung in Form einer Sacheinlage erbracht hat, erhält auch bei der echten Stückaktie rechnerisch weniger, nämlich den Kapitalanteil, der dem Durchschnittswert aller Kapitalanteile entspricht. Bei der Ausgabe neuer Anteile entfällt mit dem Verzicht auf feste Konten – anders als im System der Low-Par-Stocks – die Grundlage für eine formale Angleichung der neuen und alten Mitgliedschaften durch Subordination des Eintretenden (sub II, 1, a). Stattdessen kommt es zu einer kapitalmarktlichen Definition der neuen Mitgliedschaft, die sich aus den Komponenten „Wert der Einlage“ und „Wert der neuen Beteiligung“ zusammensetzt (s. bereits sub II, 1, a). Da es sich bei dem Wert der Einlage um einen verbandsextern-individuellen Bemessungsfaktor handelt und die AG auf der Grundlage individuell bemessener Kapitalanteile dauerhaft nicht existieren kann, muss das Konzept der formalen Angleichung durch ein anderes Egalisierungsverfahren ersetzt werden, wenn Einlageund Beteiligungswert nicht gleich sind, wenn also keine Zeichnung zu pari stattfindet. Drei Szenarien sind zu unterscheiden: (1) Zeichnung über pari: Bei Sacheinlagen lässt sich die Parität in etwa erreichen, indem der Inferent diejenige Anzahl neuer Aktien erhält, deren effektive Beteiligungswerte in der Summe dem Einlagewert entspricht. Doch steht dieses Äquivalenzziel in einem Spannungsverhältnis zum Bestandsschutz der Altaktionäre: Deren Stimmquote reduziert sich um so mehr, je größer die Anzahl neu ausgegebener Aktien ist. Wer dieses Verwässerungsrisiko minimieren will, muss das Emissionsvolumen verringern und eine Zeichnung über pari in Betracht ziehen. Sie wiederum bringt Nachteile für den Inferenten mit sich. Da nämlich die Option ausscheidet, seinen Kapitalanteil dem höheren Einlagewert variabel anzupassen, kommt es zu einer Wertverschiebung zugunsten der Altaktionäre in Höhe des anteiligen Agios. Darauf wird sich der Inferent nur einlassen, wenn ihm wenigstens das Risiko einer Agiotage erspart bleibt, wie sie unter III, 1, a modellhaft skizziert ist. Das geltende Aktienrecht gewährt ihm diesen Schutz durch Errichtung einer Ausschüttungssperre. Wenn sie wegfällt, entsteht ein Nachverhandlungsbedarf zur Neufestlegung der Gesellschafterrechte, die nach jeder Sachkapitalerhöhung wiederholt werden muss. (2) Zeichnung zu pari: Dagegen entfällt der Nachverhandlungsbedarf, wenn der Vorstand dem Zeichner für die neu ausgegebenen Aktien einen angemessenen 64 MünchKommHGB/Priester § 120 Rdn. 100.

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Preis berechnet, d. h. den jeweils aktuellen Beteiligungswert liquidiert. Zugleich erübrigt sich damit die Definitionsaufgabe fester Kapitalkonten. Dem Gleichheitssatz ist allein durch die Divisionsmethode (neues Kapital geteilt durch neue Anzahl der Mitglieder) genügt. Wie soeben unter (1) dargelegt, lässt sich dieses Szenario jedoch bei Sachkapitalerhöhungen nicht konsequent durchhalten. Bei Barkapitalerhöhungen mag man zwar anstreben, die neuen Anteile zu dem Preis auszugeben, der ihrem inneren Anteilswert – und damit dem der Altanteile – genau entspricht. Gelingen wird das jedoch nur ausnahmsweise, weil der Platzierungserfolg von der Entwicklung der Marktkurse abhängt, die wiederum ihren eigenen Gesetzen folgt.65 (3) Zeichnung unter pari: Sie wird vor allem dann praktisch, wenn neue Aktien gegen Bareinlagen ausgegeben werden und der Kurswert am Kapitalmarkt den inneren Beteiligungswert unterschreitet.66 Vermögensrechtlich kommt es dann zur bereits mehrfach erwähnten „Quersubventionierung“, d. h. die Altaktionäre verlieren einen Teil der ihnen bislang allein zustehenden Rücklagen an den Zeichner. Das bringt die Emission unvermeidbar mit sich, weil die neuen Aktien nicht zu pari im Markt platziert werden können. Eine nachträgliche Korrektur in der Weise, dass die neuen Anteile per Satzungsänderung nach unten angepasst werden, erscheint aus den unter (1) dargelegten Gründen kaum sinnvoll und wäre von der Minderheit außerdem nicht zu erzwingen.

c) Folgerungen für das Bezugsrecht Akzeptiert man, dass die AG auf der Grundlage eines Systems variabler Kapitalkonten nicht existieren kann und die Option einer Ausgabe nach unten angepasster („zweitklassiger“) Anteile somit entfällt, verbleiben zwei Möglichkeiten: Entweder die Altaktionäre erhalten zur Vermeidung der Quotenverwässerung ein Bezugsrecht, ohne dessen Zuerkennung die Kapitalmaßnahme unterbleiben muss. Diesen Weg – Bezugsrecht oder Verbot der Unterparieemission – hat der deutsche Gesetzgeber in § 255 Abs. 2 AktG eingeschlagen. Oder man gibt den Altaktionären das Recht zum Austritt gegen angemessene Entschädigung – ein Weg, der im Schrifttum bereits diskutiert worden ist 67, aber wohl erst legislatorisch umgesetzt werden müsste. Sein Nachteil besteht darin, dass eine Unterneh-

65 Zur Frage der „Richtigkeit“ von Kursentwicklungen am Kapitalmarkt ist hier nicht Stellung zu nehmen. 66 Vgl. hierzu BGHZ 71, 40, 51 „Kali und Salz“. 67 Dahingehende Überlegungen de lege lata bei GroßKommAktG/Wiedemann § 186 Rdn. 159; ihm folgend Lutter, Festschrift Zöllner, 1998, 363, 379, beide für den Fall des Bezugsrechtsausschlusses zur Ermöglichung der Börsenzulassung; abl. Hüffer, AktG, § 186 Rdn. 31.

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mensbewertung durchgeführt werden muss, während sich die Anteilsbewertung bei Bezugsrechtsemissionen über die Kursbildung im Bezugsrechtshandel statt über ein kostenaufwendiges Bewertungsgutachten vollziehen kann. Wie soeben unter b) dargelegt, beruht das Phänomen der Anteilsverwässerung beim Hinzutritt neuer Gesellschafter nicht auf der formalen Gleichschaltung aller verbandsinternen Bemessungsgrundlagen, sondern auf der Begrenztheit des preislichen Bemessungsspielraumes im Rahmen von Neuplatzierungen. Das Institut des Bezugsrechts ist also aus marktlichen Gründen unentbehrlich, will man nicht den Schutz der Altaktionäre vor einer Verwässerung ihres Anteilsvermögens aufgeben.

d) Blick in das englische Recht Ein rechtsvergleichender Blick nach Großbritannien zeigt, dass der durch ein Bezugsrecht gewährte Minderheitenschutz durchaus unterschiedlich ausgestaltet sein kann und allein das Grundprinzip eines Bezugsrechts nicht zwingend zu einem homogenen Schutzstandard führen muss. Der Schutz der Aktionäre vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung durch die Ausgabe neuer Aktien ist im englischen Recht nämlich im Ergebnis deutlich schwächer ausgeprägt als im deutschen. S. 89(1) CA 1985 räumt den Altaktionären zwar grundsätzlich ein Bezugsrecht ein. Da dies allerdings nur für reine Barkapitalerhöhungen gilt (vgl. 89(4) CA 1985), lässt sich das Bezugsrecht durch Wahl einer entsprechenden Strukturierung der Kapitalerhöhung relativ einfach aushebeln.68 Darüber hinaus können private companies in ihrem memorandum sogar vorsehen, dass generell kein Bezugsrecht existiert (vgl. s. 91 CA 1985). Der Ausschluss des Bezugsrechts ist auf zwei Wegen möglich: (1) Genereller Bezugsrechtsausschluss in den articles oder durch die Hauptversammlung mittels einer sog. special resolution 69 (s. 95(1) CA 1985); (2) Bezugsrechtsausschluss nur für eine bestimmte Aktienemission durch die Hauptversammlung mittels einer sog. special resolution auf Grund einer Empfehlung sowie eines schriftlichen Berichts 70 der directors (s. 95(2), (5) CA 1985). Anders als in Deutschland findet

68 Vgl. Davies, Company Law, S. 634; Kasolowsky ZBB 2000, 189, 191. 69 Eine special resolution erfordert eine Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen; ferner gilt eine Mindesteinberufungsfrist von 21 Tagen und die Einberufung muss angeben, dass eine solche special resolution gefasst werden soll (s. 378(2) CA 1985). 70 Gem. s. 95(5) CA 1985 muss mit der Einberufung der Hauptversammlung ein schriftlicher Bericht der directors versandt werden, in dem der Ausschluss des Bezugsrechts sowie der Ausgabebetrag begründet werden müssen.

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keine besondere materielle, inhaltliche Kontrolle des Bezugsrechtsausschlusses statt. Nach common law muss allerdings immerhin die Aktienausgabe selbst im Interesse der Gesellschaft liegen und ihr dominanter Zweck muss die Kapitalerhöhung sein (sog. proper purpose doctrine).71 Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Regeln über das Bezugsrecht und den Bezugsrechtsausschluss lässt die Wirksamkeit der Aktienausgabe grundsätzlich unberührt.72 Gem. s. 92(1) CA 1985 besteht aber ggf. ein Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft sowie die handelnden officers. Anders als im deutschen Recht (vgl. § 255 Abs. 2 AktG) existiert jedoch kein besonderer Rechtsbehelf gegen einen unangemessen niedrigen Ausgabepreis. In Betracht kommt hier nur ein Vorgehen gegen die directors wegen Pflichtverletzung oder eine Klage nach s. 459 CA 1985 (unfair prejudice), welche aber allenfalls bei kleinen, personalistisch strukturierten Gesellschaften Aussicht auf Erfolg hat 73. Bei börsennotierten Gesellschaften existiert allerdings infolge der Vorgaben der Listing Rules zumindest ein etwas höherer Schutzstandard. Zunächst einmal verbietet LR 9.5.10 bei der Ausgabe junger Aktien prinzipiell die Gewährung eines Discounts von mehr als 10 % des mittleren Marktpreises, sofern die Hauptversammlung dem nicht speziell zugestimmt hat. Ferner muss gem. LR 9.5.4., sofern ein Aktionär von seinem Bezugsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, ein bei dem Verkauf an Dritte erzieltes Aufgeld grundsätzlich 74 dem Altaktionär zugute kommen. Einen gewissen Verwässerungsschutz speziell für Konzernsachverhalte gewährleistet LR 10.2.8: Wesentliche Kapitalerhöhungen 75 in bedeutenden nicht börsennotierten 76 Tochtergesellschaften 77 bedürfen der Zustimmung der Haupt-

71 Vgl. Howard Smith Ltd. v. Ampol Petroleum Ltd. [1974] AC 821; Hogg v. Cramphorn Ltd. [1967] Ch 254; Piercy v. S. Mills Co Ltd [1920] 1 Ch 77. 72 Davies, Company Law, S. 636; Mayson, French & Ryan, Company Law, 6.2.6. In seltenen Ausnahmefällen kann das Gericht allerdings die Ausgabe der Aktien für unwirksam erklären und eine entsprechende Berichtigung des Mitgliederverzeichnisses anordnen, so geschehen in Re Thundercrest Ltd [1995] 1 BCLC 117. Dort handelte es sich allerdings um eine kleine Gesellschaft mit nur drei Gesellschaftern und die directors, die für die Verletzung der Bezugsrechtsvorschriften verantwortlich waren, hatten die fraglichen Aktien an sich selbst ausgegeben. 73 Vgl. Davies, Company Law, S. 632 Fn. 27. Siehe etwa Re Sam Weller [1990] Ch 682; Re A Company (No. 007623 of 1983) [1986] BCLC 362. 74 Eine Ausnahme gilt nur für „Bagatellbeträge“ von weniger als 5 £. 75 Maßgeblich Schwelle ist, dass die Kapitalerhöhung in der Tochter im Bezug auf die Beteiligung der Mutter zu einer erheblichen Verwässerung führen würde, deren wirtschaftlicher Effekt einer Übertragung von mind. 25 % des Bruttovermögens oder des Gewinns der Unternehmensgruppe entspricht. 76 Vgl. LR 10.2.9. 77 Eine bedeutende Tochtergesellschaft (major subsidiary undertaking) ist gem. der Definition in LR App 1 eine Tochtergesellschaft, die mindestens 25 % des Gesamtvermögens oder Gesamtgewinns der Gruppe ausmacht.

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versammlung der Muttergesellschaft 78. Aktionären börsennotierter Gesellschaften kommen darüber hinaus auch die Pre-emption Guidelines 79 einflussreicher institutioneller Investoren zugute, nach denen ein etwaiger discount sogar nur auf 5 % des Marktpreises beschränkt sein soll und die ferner Obergrenzen für die Kapitalausgabe mit Bezugsrechtsausschluss vorsehen 80.

3. Der Finanzierungsaspekt: Minderheitenschutz ohne Zwang zur Kapitalaufbringung a) Notwendigkeit der Kapitalaufbringung Die Notwendigkeit der Kapitalaufbringung im Sinne realer Mittelzuführung ergibt sich mit oder ohne feste Grundkapital- oder Nennbetragsziffer. Sie folgt aus der Erkenntnis, dass Gesellschaftsanteile nicht an die Beteiligten „verschenkt“, sondern gegen Gewährung einer äquivalenten Einlage ausgegeben und die Einlageversprechen tatsächlich eingelöst werden. Die Ausgabe beitragsloser Gesellschaftsanteile kommt nicht in Betracht, weil es dann an einer gemeinsamen Zweckverfolgung durch die Beteiligten fehlt. Hier unterscheidet sich das Aktienrecht wiederum vom Recht der Personengesellschaften, denn nach dem Prinzip der Fremdorganschaft ist die Einbringung eigener Dienstleistungen jedenfalls nicht obligatorisch, und die Vergütung des Anteils durch Inkaufnahme persönlicher Haftung 81 entfällt.82 Der Zeitpunkt der Kapitalaufbringung lässt sich unter finanzwirtschaftlichen Aspekten nicht abstrakt definieren, wohl aber unter Gleichheitsaspekten. Danach wird die Mittelzuführung erforderlich, sobald der zeichnende Neugesellschafter

78 Rechtstechnisch geschieht dies dadurch, dass die Aktienausgabe der Tochter auf der Ebene der Mutter als eine sog. class 1 transaction behandelt wird und damit gem. LR 10.5.1 eines Hauptversammlungsbeschlusses bedarf. 79 Abrufbar unter www.ivis.co.uk/pages/framegu.html.; näher dazu Davies, Company Law, S. 637 f.; Kasolowsky ZBB 2000, 189, 193f. Bei den Pre-emption Guidelines handelt es sich um informelle, nicht rechtlich bindende Leitlinien, die 1987 von den beiden einflussreichsten institutionellen Investoren (der Association of British Insurers (ABI) und der National Association of Pension Funds (NAPF)) in Zusammenarbeit mit der Londoner Börse aufgestellt wurden. 80 Institutionellen Anlegern wird empfohlen, dem Bezugsrechtsausschluss nur zuzustimmen, sofern sich die Anzahl der derart ausgegeben Aktien auf max. 5 % des issued capital pro Jahr sowie max. 7,5 % des issued capital innerhalb eines 3-JahresZeitraums bezieht (1.2. und 2.1.). 81 Dazu BGHZ 112, 40, 44. 82 Damit nicht zu verwechseln ist die Schenkung neuer Gesellschaftsanteile, die im Wege der Umbuchung von Kapitalkonten valutiert werden, vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 4 I, 1 (S. 58 f.).

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seine mitgliedschaftliche Position einnimmt, sobald also der mehrfach beschriebene Verwässerungseffekt eintritt. Es muss vermieden werden, dass der Neugesellschafter in eine Verteilungskonkurrenz zu den Altaktionären eintritt, bevor er den Wert der Mitgliedschaft durch Erbringung der Einlage vergütet hat. Das deutsche Kapitalaufbringungsregime vermeidet derartige Äquivalenzstörungen zum einen dadurch, dass es die Entstehung der neuen Anteile von ihrer Voll- oder Teilvalutierung abhängig macht. Denn die Kapitalerhöhung findet ohne Eintragung in das Handelsregister nicht statt (§ 189 AktG), und der Registergericht verfügt die Eintragung nicht, bevor die Sacheinlage erbracht bzw. die Bareinlage zu wenigstens 1/4 des Nennbetrages eingezahlt ist (§§ 36 a, 188 Abs. 2, 203 Abs. 1 S. 1 AktG). Was den offenen zweiten Teil der Bareinlagen anbelangt, sind die Altaktionäre vor einer Quotenverwässerung durch eine gesetzliche Blockade des Verteilungsschlüssels bis zur Vollvalutierung geschützt, §§ 60 Abs. 2, 134 Abs. 2 S. 1 AktG.83 Bei verbandsinterner Definition der Mitgliedschaften mit Hilfe fester Kapitalkonten entfällt die registergerichtliche Überwachung des Leistungsaustausches. Das Blockadekonzept der §§ 60 Abs. 2, 134 Abs. 2 S. 1 AktG ist aber übertragbar. Bei variablen Kapitalkonten kann das Problem der Anteilsverwässerung durch Hinzutritt nicht valutierter Mitgliedschaften gar nicht entstehen, weil es bis zur Einlageleistung an einem buchungstechnischen Vorgang fehlt, der das neue Kapitalkonto füllen könnte.

b) Notwendigkeit der Kapitalaufbringungskontrolle Die Notwendigkeit der Kapitalaufbringungskontrolle folgt unmittelbar aus der Gefahr der Anteilsverwässerung durch Ausgabe neuer Anteile und ergibt sich somit inner- und außerhalb des Systems nomineller Quotenbestimmung. De lege ferenda kann es deshalb nur um die Frage gehen, ob die reale Mittelzuführung weiterhin durch das Registergericht als verbandsexterne Kontrollinstanz überwacht werden sollte oder ob sich eher empfiehlt, den Vorgang den Gesellschaftsorganen in Selbstverwaltung zu überlassen. Das Europäische Gesellschaftsrecht hat sich diesbezüglich noch nicht festgelegt. Zwar ist die Registerpublizität fester und – soweit ersichtlich – unangefochtener Bestandteil der Harmonisierungsvorschriften, insbesondere der Ersten Gesellschaftsrechts-Richtlinie 68/151 EWG vom 9. März 1968. Ob aber Registereintragungen auch rechtsgestaltend auf die verbandsinterne Beteiligungsstruktur einwirken, ist dort nicht geregelt.84 Die Alternative zur registergestützten Aufbringungskontrolle lautet verbandsinterne oder auch kapitalmarktgestützte Managementkontrolle, die präven83 MünchKommAktG/Bayer § 60 Rdn. 9 ff. 84 Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, Rdn. 200.

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tiv oder reaktiv – beispielsweise über das Instrumentarium der Organhaftung – wirken kann. Sie bildet, anders als es die rechtspolitische Diskussion bislang vermuten lässt, schon jetzt das tragende Element des Gesellschafterschutzes, weil der Anteil des registergerichtlich überwachten Beitragsaufkommens bei Barkapitalerhöhungen regelmäßig auf 1/4 des Nennwertes reduziert ist und das eigentlich angestrebte Finanzierungsvolumen erst nach Ausgabe der neuen Anteile über den Platzierungserlös realisiert wird (s. o. II, 1, b). Ist die Börsenzulassung angestrebt, so sind bestimmte Mindestvolumina einzuhalten, die jedoch nicht nominell festliegen, sondern sich an der Kurs- und Geschäftsentwicklung orientieren (vgl. § 2 Abs. 1 BörsZulVO). Die praktische Bedeutung der registergestützten Kapitalaufbringungskontrolle relativiert sich bei dieser Sachlage beträchtlich. Die Reformdiskussion im Europäischen Recht nimmt, was die Installation verbandsexterner Kontrollinstanzen anbelangt, ohnehin einen anderen Weg. Ihr Schwerpunkt liegt im Recht der Rechnungslegung, genauer: bei der Frage, wie die europäischen Standards für Enforcement-Systeme verbessert werden können. Wie sich dem CESR-Standard No. 1 aus 2003 entnehmen lässt, zielen die Planungen darauf ab, das Regime der verbandsinternen Corporate Governance börsennotierter Gesellschaften durch die Etablierung dritter, u. U. auch staatlicher Überprüfungsstellen zu ergänzen. Diese sollen dazu berufen sein, die Arbeit der Jahresabschlussprüfer zu unterstützen bzw. deren Prüfungsergebnisse zu kontrollieren.85 Der deutsche Gesetzgeber ist dem schon durch das neue Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) 86 vorausgeeilt, das die Einschaltung einer privaten Prüfstelle und der BaFin in das Prüfungsverfahren vorsieht. Allerdings bringt die Technik der Fremdemission weiteren, bilanzrechtlichen Reformbedarf mit sich. Denn wie schon unter III, 1, b ausgeführt, ist bislang zweifelhaft, ob die emittierende AG den Verkaufserlös beim auftragsrechtlichen Settlement über eine Emissionsbank tatsächlich – den „praktizierten GoB“ entsprechend 87 – in die offene Kapitalrücklage einzustellen hat. § 272 Abs. 2 HGB sagt hierzu nichts, weil die zeichnende Bank ihre Mitgliedschaft bereits wieder abgegeben hat, wenn sie den Platzierungserlös dem Konto der AG gutbringt. Die Alternative besteht darin, den Erlös als Gewinn aus einem bis dahin schwebenden Auftragsgeschäft (Übernahmevertrag mit Platzierungsverpflichtung) erfolgswirksam zu verbuchen, so dass er (lediglich) an der abgeschwächten Kapitalbindung nach § 150 Abs. 2 bis 4 AktG (Einstellung in die obligatorische Gewinnrücklage) teilnimmt.

85 CESR (= Committee of European Securities Regulation) vom 12. März 2003 unter “C. Enforcers”, abrufbar im Netz unter http://www.cesr-eu.org/index.php?docid =192. 86 BGBl 2004 I, S. 3408. 87 MünchKommAktG/Bayer § 204 Rdn. 20 mwN.

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4. Der Erhaltungsaspekt: Minderheitenschutz ohne Ausschüttungsverbot Das Gebot der Kapitalerhaltung hängt von der Existenz einer nominellen Eigenkapitalziffer nicht ab, da Einlagerückzahlungen jedenfalls dem Zweck der Eigenfinanzierung widersprechen: Entweder ist die Rückzahlung von vornherein eingeplant, so dass es sich um befristete Finanzierungsmittel, also um Gesellschafterdarlehen handelt. Oder die Rückzahlung wird nachträglich beschlossen. In beiden Fällen können Renditeerwartungen investitionsbereiter Minderheitsgesellschafter frustriert werden. Aus Gesellschafterperspektive gilt der Grundsatz: „Das Gebot der Kapitalaufbringung zieht das Gebot der Kapitalerhaltung nach sich“, wobei für eine Differenzierung zwischen kurz- und längerfristiger Kapitalerhaltung kein Raum ist. Mit zwischenzeitlichen Veränderungen der wirtschaftlichen Umstände lässt sich die Rückführung von Risikokapital nämlich nicht widerspruchsfrei begründen, wenn das Unternehmen fortgeführt werden soll. Wer also dem Grundkapital einen langfristig gültigen, an die Gesellschaftsgläubiger gerichteten Entnahmeverzicht entnimmt 88, wird kaum überzeugend begründen können, warum nicht auch die Mitgesellschafter zu den Begünstigten gehören sollen. Dasselbe gilt aus den unter I, 2, b genannten Gründen für die Beibehaltung und Fortschreibung der offenen Kapitalrücklagen. Verstöße gegen das Gebot der Kapitalerhaltung führen nach zwingendem Recht zu Rückforderungsansprüchen der AG (§ 62 Abs. 1 S. 1 AktG). Die Kontrolle richtet sich also darauf, dass das Management diese Ansprüche alsbald liquidiert. Insoweit verhält es sich nicht grundsätzlich anders als bei den offenen Einlageforderungen, wenngleich der Kontrollbedarf dadurch gesteigert sein mag, dass der Anspruch aus § 62 Abs. 1 AktG die Folge eines rechtswidrigen Verhaltens ist.89 Ebenso gut denkbar ist es, das System der Kapitalerhaltung lediglich als normative Ersatzordnung auszugestalten, die in der Satzung kraft Stimmmehrheit abbedungen werden kann. Gegenüber einer gänzlichen Abschaffung unter dem Vorbehalt einer satzungsmäßigen Regelung hätte das den Vorteil, dass ein mehrheitlich gefasster Abbedingungsbeschluss einer minderheitenschützenden Rechtskontrolle unterworfen werden könnte.

V. Anlegerschutz ohne festes Kapital Wie bereits an anderer Stelle ausführlich dargelegt, bedarf es zur Aufrechterhaltung der marktlichen Transparenz nicht der Beibehaltung nominell deklarierter Kapital- und Beteiligungswerte. Publikumsgesellschaften können sich der 88 Schön Der Konzern 2004, 162, 166ff.; Merkt ZGR 2004, 305, 319f.; ebenso schon Kirchner, Festschrift für Beisse, 1997, S. 267, 278; Ekkenga, Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt, 1998, S. 87 f. 89 Zu dieser Problematik MünchKommAktG/Bayer § 62 Rdn. 111ff.

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echten Stückaktie bedienen. Die Transparenz der Beteiligungsverhältnisse wird dann hergestellt, indem Quotenveränderungen stets sogleich in die Satzung aufgenommen werden. Zusätzlich muss der Gesetzgeber dafür sorgen, dass der Satzungsinhalt insoweit zeitnah publiziert wird.90 Das Problem des „Window Dressing“ (s. unter II, 2) müsste sich statt mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln bilanzrechtlich beherrschen lassen. Allerdings bedarf es insoweit einer Gesetzesänderung, weil die Eigenmittel nach Veröffentlichung des Jahresabschlusses real abfließen, so dass das bilanzrechtliche Wahrheitsgebot nicht verletzt ist.

VI. Ergebnisse 1. Festes Eigenkapital (Grundkapital, offene Kapitalrücklagen) dient dem Minderheitenschutz, weil es nominelle Beteiligungsquoten nach dem Prinzip formaler Gleichheit unter den Gesellschaftern verbindlich festlegt. Da der Nominalwert verbandsintern bestimmt wird, vollzieht sich der Minderheitenschutz über die Beschlussanfechtung, wobei im Hinblick auf das Institut des genehmigten Kapitals erhebliche Rechtsschutzdefizite verbleiben. Die Alternative besteht in der Bestimmung des Finanzierungszieles nach Maßgabe der Kursentwicklung am Kapitalmarkt. Da dieses Verfahren ohne verbandsinterne Vorbereitung auskommt, verschiebt es den Kontrollbedarf, was die Einhaltung des Gleichheitssatzes anbelangt, von der Beschluss- auf die Managementebene. Das zweite Modell existiert nicht nur im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht, es ist auch in Deutschland Rechtswirklichkeit, soweit neue Aktien im Wege der Fremdemission ausgegeben werden. 2. Die Definition der Mitgliedschaften auf der Grundlage nomineller Verhältniswerte ist unter Gleichheitsaspekten unverzichtbar, sei es, dass man wie bisher mit festen Anteilsnennwerten arbeitet, sei es, dass man dieses System durch feste Kapitalkonten ersetzt. Verzichtbar ist dagegen die Verwirklichung dieses Gleichheitsprinzips mit Hilfe zwingenden Rechts. 3. Die Institution des gesetzlichen Bezugsrechts ist für den Minderheitenschutz unentbehrlich, es sei denn, man wollte den Altaktionären auferlegen, die Verwässerung ihrer Vermögensrechte beim Hinzutritt neuer Gesellschafter künftig hinzunehmen. Der Schutzbedarf beruht nicht auf der formalen Anteilsbemessung anhand nomineller Kapitalkonten, sondern auf den Gegebenheiten des Kapitalmarktes, genauer: auf der Notwendigkeit, neu emittierte Aktien in absehbarer Zeit am Kapitalmarkt zu platzieren. 4. Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung ist nicht von der Existenz fester Kapitalziffern in der Bilanz abhängig. Er versteht sich als natürliche Folge

90 Ekkenga WM 1997, 1645, 1650.

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des mit der Zeichnung gegebenen Einlageversprechens. Soweit die Sicherung der Kapitalaufbringung der registergerichtlichen Kontrolle überantwortet ist, erübrigt sich der Aufwand einer präventiven oder haftungsrechtlichen Managementkontrolle. Nach geltendem deutschen Recht spielt aber die Registerkontrolle bei Barkapitalerhöhungen wegen der bei Fremdemissionen üblichen Zeichnung zu Nennwerten nur eine geringe Rolle. Es empfiehlt sich daher, das Recht der Rechnungslegung so auszubauen, dass die nachträgliche Prüfung der Vollvalutierung neu ausgegebener Anteile gewährleistet ist. 5. Der Kapitalerhaltungsgrundsatz ist ebenfalls nicht von der Existenz eines nominell deklarierten Eigenkapitals abhängig, sondern bildet die notwendige Ergänzung des Kapitalaufbringungsprinzips. Um die Unternehmenssubstanz im Interesse der (Minderheits-)Gesellschafter zu sichern, genügt aber die Einrichtung von Ausschüttungsverboten als dispositives Recht. Die gänzliche Abschaffung des Kapitalerhaltungsgrundsatzes wäre dem Minderheitenschutz dagegen abträglich. 6. Für den Anlegerschutz hat das feste Kapital nur geringe Bedeutung. 7. Der minderheitsschützenden Rolle des festen Kapitals wird – außerhalb des Bezugsrechts – sowohl in der nationalen als auch in der internationalen Diskussion bislang keine angemessene Aufmerksamkeit zuteil. Auch der RickfordBericht erwähnt diesen Aspekt nicht.

Zur Reform des Rechts der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen

von Professor Dr. ULRICH HUBER, Bonn und Professor Dr. MATHIAS HABERSACK, Mainz

Inhaltsübersicht I. Die europäische Rechtsentwicklung als Ausgangspunkt . . . . . . II. Das geltende Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsprechungsregeln und Novellenregeln . . . . . . . . . . . . 2. Der Schlüsselbegriff des „kapitalersetzenden Darlehens“ . . . . . 3. Die Unabhängigkeit der Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen von der Kapitalverfassung der Gesellschaft . . . III. Ausländische Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Equitable subordination und recharacterization im US-amerikanischen Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dem deutschen Recht ähnliche Regelungen im europäischen Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Englisches und französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Französisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Europäische Rechtsvereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grundgedanken des Reformvorschlags . . . . . . . . . . . . . . . . V. Beibehaltung der insolvenzrechtlichen Regeln der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftungsbeschränkung und insolvenzrechtliche Rückstufung als komplementäre Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insolvenzrechtliche Rückstufung und Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Kreis der erfassten Gesellschaften und Personen . . . . . . . a) Gesellschaften mit allseitiger Haftungsbeschränkung inländischen und ausländischen Rechts . . . . . . . . . . . . . b) Keine Erstreckung auf gesetzestypische Kommanditgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesellschafterähnliche Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausnahme für Kleinbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen

a) Beibehaltung der Regelung des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG . b) Keine Sonderregeln für Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . 5. Sanierungskredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sanierungsfeindlichkeit des bisherigen Kapitalersatzrechts? . . b) Sanierung durch Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis: Unveränderte Beibehaltung des sachlichen Regelungsgehalts des bisherigen § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Erstreckung der insolvenzrechtlichen Rückstufung auf alle gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen des betroffenen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinfachungseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nachteile und Vorteile für den betroffenen Gesellschafter . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorteile der unterschiedslosen Rückstufung für den betroffenen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konsequenzen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Integration der §§ 32 a, b GmbHG und 172a HGB in die Insolvenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erweiterung des Kreises der von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfassten Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahmen für Kleinbeteiligungen und Sanierungsfälle . . . . d) Anfechtungstatbestände und Anfechtungsfristen (§ 135 InsO) e) Übernahme der Regeln des § 32 a Abs. 2 und des § 32b GmbHG in die Insolvenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . f) Nichtberücksichtigung von Gesellschafterforderungen im Überschuldungsstatus (§ 19 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Verzicht auf die bisherigen Rechtsprechungsregeln . . . . . . . . . . 1. Das Bedürfnis nach Vereinfachung der Rechtslage . . . . . . . . . 2. Praktische Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verweigerung der Rückzahlung des Darlehens und Rückforderung des Darlehens durch den Geschäftsführer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung des Fremdgeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausfallhaftung der Mitgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . d) Haftung nach Ablauf der Anfechtungsfrist . . . . . . . . . . . 4. Rechtsprechungsregeln und Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . 5. Konsequenzen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Sonderfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung . . . . . . . . . . . . . .

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Ulrich Huber und Mathias Habersack

a) Bis zur Verfahrenseröffnung entstandene Miet- und Pachtzinsforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtslage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . c) Keine Zugehörigkeit der zum Gebrauch überlassenen Sache zur Insolvenzmasse der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . d) Konsequenzen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . a) Die Unzulänglichkeit der bisherigen Regelung . . . . . . . b) Konsequenzen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Die europäische Rechtsentwicklung als Ausgangspunkt Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Fällen Centros, Überseering und Inspire Art haben die deutschen Grenzen für den Zuzug von Kapitalgesellschaften aus dem europäischen Ausland geöffnet 1. Die Regeln des deutschen Rechts über die Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung finden auf solche Auslandsgesellschaften trotz ihrer inländischen Hauptniederlassung keine Anwendung 2. Das gibt Anlass zu prüfen, ob die Regeln des deutschen GmbHRechts über die Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung geändert werden müssen. Denn ein Festhalten am überkommenen Recht könnte dazu führen, dass die deutsche Kapitalgesellschaft – vor allem die GmbH, wohl weniger die AG – als Rechtsform für Unternehmen, die sich im Inland niederlassen, nicht mehr attraktiv ist und dass die Schutzvorkehrungen des inländischen Rechts ihren Zweck nicht mehr erfüllen, weil die Gründer auf ausländisches Gesellschaftsrecht ausweichen. Diese Überprüfung sollte umfassend angelegt sein und sich nicht auf punktuelle Einzelfragen, wie etwa die Höhe des erforderlichen Mindestkapitals und der darauf zu leistenden Mindesteinzahlung, beschränken. In eine solche umfassende Überprüfung ist auch das Recht der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen einzubeziehen. 1 EuGH Slg. 1999 I-1459 ff. = NJW 1999, 2027 ff. Centros; Slg. 2002 I-9919ff. = NJW 2002, 3614 ff. Überseering; Slg. 2003 I-10155ff. = NJW 2003, 3331ff. Inspire Art; s. ferner EuGH NJW 2006, 425 ff. Sevic. Der Versuch eines Nachweises der hierzu veröffentlichten Literatur würde den Rahmen einer Fußnote sprengen. Umfassende Darstellungen der mit den Entscheidungen verbundenen Konsequenzen und Probleme mit weiterführenden Nachweisen finden sich in den Sammelwerken von Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; Hirte/ Bücker (Hrsg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2005; Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005. 2 Nicht unumstritten, aber ganz herrschende Meinung. Vgl. die Nachweise bei Ulrich Huber, Gesellschafterdarlehen in der Inlandsinsolvenz von Auslandsgesellschaften, in Lutter (Fn. 1) S. 113, 150 ff. Fn. 63, 64, 66, 68.

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II. Das geltende Recht 1. Rechtsprechungsregeln und Novellenregeln Das geltende Recht der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen beruht auf zwei unterschiedlichen Rechtsgrundlagen, die einerseits im Gesellschaftsrecht und andererseits im Insolvenzrecht zu finden sind 3. Diese Doppelregelung hat historische Gründe. Zunächst hatte die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Bestimmungen des Gesellschaftsrechts über die Erhaltung des Stammkapitals der GmbH (§§ 30, 31 GmbHG) im Weg der Analogie ein Verbot der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen abgeleitet, wenn das Darlehen „kapitalersetzenden“ Charakter besitzt 4. Die Folge ist, dass das Darlehen nur zurückgezahlt werden darf, wenn die Gesellschaft über ausschüttungsfähigen Gewinn verfügt, den sie zur Rückzahlung verwenden kann5. Ein Verstoß führt dazu, dass die Gesellschaft analog § 31 GmbHG Rückerstattung verlangen kann. Im Insolvenzverfahren der Gesellschaft bedeutet das, dass der Gesellschafter gehindert ist, zu Lasten der übrigen Gläubiger die Rückzahlung des Darlehens aus der Insolvenzmasse zu verlangen (§ 30 GmbHG), und dass er vorher zurückgezahlte Beträge an die Insolvenzmasse erstatten muss (§ 31 GmbHG). Grundlegend für all dies ist die „Flugtaxi“-Entscheidung aus dem Jahr 1959 6, die in der Folgezeit vielfach bestätigt und ergänzt worden ist 7. Im Jahr 1984 hat der BGH diese Regeln (die „Rechtsprechungsregeln“) im Fall „Westdeutsche Landesbank/Beton- und Monierbau“ auch auf die Aktiengesellschaft erstreckt, allerdings mit der Einschränkung, dass hier im Allgemeinen – vorbehaltlich besonders gelagerter Ausnahmefälle – nur Darlehen von Gesellschaftern mit einer Beteiligung von über 3 Aktuelle Darstellungen vgl. etwa bei: Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl. 2003, § 32 a; v. Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts, 2. Aufl. 2002; Goette, Die GmbH, 2. Aufl. 2002, § 4; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32 a; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 32a/b; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, § 32 a; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 18 III und 37 IV. 4 Grundlegend BGHZ 31, 258ff.; 67, 171ff.; 75, 334ff.; 76, 326ff.; 90, 370ff.; 90, 381ff. 5 BGHZ 76, 326, 332f. Entscheidend ist, dass nach der Tilgung des Darlehens (oder nach der Zahlung von Darlehenszinsen) das dann noch vorhandene Aktivvermögen die Schulden, die gebotenen Rückstellungen, das Stammkapital und außerdem den zurückgezahlten Betrag abdeckt. Die Rückzahlung des Darlehens oder die Zahlung von Zinsen ist also, solange es kapitalersetzend ist, nur zulässig, soweit es der Gesellschaft möglich ist, das bisher durch das Darlehen bereitgestellte Ersatzkapital durch andere geeignete Mittel (thesaurierten Gewinn, Nachschüsse) aufrechtzuerhalten. 6 BGHZ 31, 258ff. 7 Wichtig waren vor allem zwei Erweiterungen: die Erstreckung auf die GmbH und Co. KG und die Einbeziehung von Gestaltungen, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen (z. B. die Übernahme einer Bürgschaft oder die Stellung einer Sicherheit für Darlehen, die von Dritten gewährt werden). Zu beidem grundlegend: BGHZ 67, 171 ff.

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25 Prozent des Grundkapitals als „kapitalersetzend“ angesehen werden sollen 8. In der forensischen Praxis dominieren indessen bis heute eindeutig Fälle der GmbH (einschließlich der GmbH und Co. KG). Der Gesetzgeber hat auf der Grundlage der Rechtsprechung, aber mit gewissen Abweichungen, in der GmbH-Novelle von 1980 eigene Regeln aufgestellt (die „Novellenregeln“) 9, die in der Insolvenzordnung von 1994 weiterentwickelt worden sind 10. Diese gesetzlichen Regeln beruhen auf dem einfachen Prinzip einer Rückstufung der Gesellschafterdarlehen, soweit sie „kapitalersetzend“ sind, in der Insolvenz der Gesellschaft (§§ 32 a Abs. 1 GmbHG, 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) 11. Die Folge ist, dass die Darlehensforderung im Rang nach allen übrigen Insolvenzforderungen zu befriedigen ist – wenn dann noch etwas zu verteilen ist, was theoretisch denkbar, praktisch allerdings eher unwahrscheinlich ist. Dabei verhindern die besonderen Anfechtungstatbestände des § 135 InsO, dass der Gesellschafter die Rückstufung durchkreuzt, indem er sich von der Gesellschaft Sicherheiten bestellen lässt (§ 135 Nr. 1, Anfechtungszeitraum: zehn Jahre) oder das Darlehen im Vorfeld der Insolvenz zurückzahlen lässt (§ 135 Nr. 2, Anfechtungszeitraum: ein Jahr vor dem Insolvenzantrag) 12. Ausgenommen von der 8 BGHZ 90, 381 ff. Geringere Beteiligungen sollen nach dem BGH nur ausreichen, wenn die Beteiligung den Gesellschafter „in Verbindung mit weiteren Umständen“ einen „fortbestehenden Einfluss auf die Unternehmensleitung“ sichert und er „ein dementsprechendes unternehmerisches Interesse bekundet“ (aaO. 391f.). In der Literatur ist die Berechtigung dieser Einschränkung bis heute umstritten. Dem BGH stimmen u. a. zu: KölnKommAktG/Lutter, 2. Aufl. 1988, § 57 Rdn. 93; GroßkommAktG/Henze, 4. Aufl. 2001, § 57 Rdn. 120; MünchKommAktG/Bayer, 2003, § 57 Rdn. 175–177; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 57 Rdn. 18. Kritisch u. a. Habersack ZHR 162 (1998), 201, 218ff.; MünchKommInsO/Stodolkowitz, 2002, § 135 Rdn. 120; Henckel in Jaeger, InsO, 2004, § 39 Rdn. 95. Auf die Streitfrage kann hier nicht weiter eingegangen werden. Der BGH hat seine Rechtsprechung kürzlich bestätigt und ergänzt in der Entscheidung vom 9. 5. 2005, ZIP 2005, 1316ff. 9 Gesetz zur Änderung des GmbHG und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4. 7. 1980, BGBl. I 836. 10 Insolvenzordnung und Einführungsgesetz hierzu vom 5. 10. 1994, BGBl. I 2866, in Kraft getreten am 1. 1. 1999. Kleinere Änderungen und Ergänzungen durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz vom 20. 4. 1998, BGBl. I 707, und durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. 4. 1998, BGBl. I 786. 11 Einbezogen sind auch hier (wie schon vorher durch die Rechtsprechung, vgl. oben Fn. 7) die „gleichgestellten Forderungen“ (so § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), die der Darlehensgewährung „wirtschaftlich entsprechen“ (so, gleichbedeutend, § 32 a Abs. 3 Satz 1 GmbHG). 12 Für den Fall, dass es zum Insolvenzverfahren nicht kommt, vor allem wegen fehlender Insolvenzmasse, ist dem Anfechtungstatbestand des § 135 InsO ein entsprechender Anfechtungstatbestand außerhalb des Insolvenzverfahrens an die Seite gestellt, den jeder Gläubiger auf eigene Faust verfolgen kann (§ 6, früher § 3b AnfG; Anfechtungszeitraum: ein Jahr vor Erhebung der Anfechtungsklage; das hat sich in der Folgezeit als zu kurz herausgestellt, vgl. unten Fn. 16, 19).

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Rückstufung sind seit dem Jahr 1998 13 Darlehen von nichtgeschäftsführenden Gesellschaftern mit nicht mehr als zehn Prozent Beteiligung und von Gesellschaftern, die sich nur zu Sanierungszwecken an der Gesellschaft beteiligt haben (§ 32a Abs. 3 Satz 2 und 3 GmbHG). Die gesetzlichen Regeln erfassen, wie die Rechtsprechungsregeln, sowohl Aktiengesellschaften als auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung (einschließlich der GmbH und Co. KG) 14. Nach der Absicht des Gesetzgebers von 1980 waren die gesetzlichen „Novellenregeln“ wohl dazu bestimmt, die bisherigen „Rechtsprechungsregeln“ abzulösen und zu ersetzen 15. Die Rechtssprechung hat aber, mit Zustimmung der ganz herrschenden Lehre, anders entschieden und an ihren bisherigen (gesellschaftsrechtlichen) Regeln neben den gesetzlichen (insolvenzrechtlichen) Regeln festgehalten 16. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Rechtsprechungsregeln in manchen Fällen die Position der Gesellschaft, und damit indirekt der Gesellschaftsgläubiger, im Vergleich zu den gesetzlichen Regeln, verstärken. So greifen die Rechtsprechungsregeln nicht erst im Fall der Insolvenz ein, sondern verbieten die Rückzahlung unabhängig von der Insolvenz immer dann, wenn sie zu Lasten des Stammkapitals ginge. Verbotene Rückzahlungen führen zu einer Schadensersatzhaftung der beteiligten Gesellschaftsorgane (§§ 43 GmbHG, 93 AktG) 17 und, im Fall der GmbH, zu einer Ausfallhaftung der Mitgesellschafter für den Erstattungsanspruch der Gesellschaft (§ 31 Abs. 3 GmbHG) 18. Die Verjährungsfristen 13 Vgl. oben Fn. 10. 14 Die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO bringen das zum Ausdruck, indem sie von kapitalersetzenden Darlehen „eines Gesellschafters“ sprechen, ohne die Rechtsform der Gesellschaft näher zu spezifizieren. Vgl. dazu Begründung zum Regierungsentwurf zu § 135 InsO (= RegE § 150) BT-Drucks. 12/2443, 72, 161 = Balz/Landferman, Die neuen Insolvenzgesetze, Texte mit Einführung und amtlichen Materialien, 1995, S. 239 („damit ist klargestellt, dass … auch die von der Rechtsprechung anerkannten weiteren Fälle kapitalersetzender Darlehen insbesondere bei der Aktiengesellschaft erfasst werden“). Dieser Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung ist wohl so zu verstehen, dass auch weiterhin Gesellschafterdarlehen bei Aktiengesellschaften nur dann als kapitalersetzend angesehen werden sollen, wenn der Gesellschafter mit mindestens 25 Prozent an der AG beteiligt ist, vgl. oben Fn. 8. Dass in der bisherigen forensischen Praxis Aktiengesellschaften, soviel ersichtlich, nur eine untergeordnete Rolle spielen, wurde schon erwähnt (oben S. 374). 15 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf der GmbH-Novelle BR-Drucks. 40/77 S. 41; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht (Fn. 3) § 37 IV 5b. 16 Grundlegend BGHZ 90, 370 ff. v. 26. 3. 1984. Das Urteil hat nahezu einhellige Zustimmung gefunden, und der Gesetzgeber hat davon abgesehen, bei den späteren Novellierungen des Kapitalersatzrechts (vgl. Fn. 10) etwas daran zu ändern. Ablehnend namentlich Tilman Bezzenberger in Festschrift Bezzenberger, 2000, S. 23, 30 ff., 58. 17 Lutter/Hommelhoff (Fn. 3) Rdn. 103; als selbstverständlich vorausgesetzt in BGHZ 148, 167, 169 f. 18 Dazu BGH NJW 1990, 1730, 1731f.; BGHZ 150, 64ff.; BGH ZIP 2003, 2068, 2071.

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für den gesellschaftsrechtlichen Erstattungsanspruch (§§ 31 Abs. 5 i. V. m. § 19 Abs. 6 Satz 2 GmbHG, § 62 Abs. 3 i. V. m. § 54 Abs. 4 Satz 2 AktG) sind sehr viel länger als der Anfechtungszeitraum des § 135 Nr. 2 InsO 19. In der Mehrzahl der Fälle, die in der Praxis zu beobachten sind, führen aber Rechtsprechungsregeln und Novellenregeln zu übereinstimmenden Rechtsfolgen. Die Ausnahmebestimmungen des § 32a Abs. 3 Satz 2 und 3 GmbHG zugunsten von nichtgeschäftsführungsberechtigten Gesellschaftern mit kleinen Beteiligungen bis zu zehn Prozent und zugunsten von Gesellschaftern, die sich nur zu Sanierungszwecken beteiligt haben, schließen nicht nur die Anwendung der gesetzlichen Rückstufungsregeln der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, sondern ebenso auch die Anwendung der ungeschriebenen „Rechtsprechungsregeln“ aus 20.

2. Der Schlüsselbegriff des „kapitalersetzenden Darlehens“ Übereinstimmende Voraussetzung sowohl der gesetzlichen Regeln der §§ 32 a, 32 b GmbHG, 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO als auch der neben ihnen fortbestehenden „Rechtsprechungsregeln“ ist es, dass das Darlehen (oder die sonstige, der Darlehensgewährung „wirtschaftlich entsprechende“ Finanzierungshilfe) des Gesellschafters „kapitalersetzend“ ist. Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit, wie sie auch jedem Dritten zustehen könnten, sollen keinen Einschränkungen unterliegen. Zur Frage, wann diese Voraussetzung erfüllt ist, gibt es eine komplexe, aber in ihren Grundzügen stabile Judikatur des Bundesgerichtshofs 21. Das entscheidende Kriterium ist, dass die Gesellschaft sich in einer „Krise“ befindet und dass der Gesellschafter das Darlehen gewährt, um ihr die weitere wirtschaftliche Existenz in der Krise zu ermöglichen 22. Gleichgestellt ist der Fall, dass der Gesellschafter ein Darlehen, das er vor Eintritt der Krise gewährt hatte, der Gesellschaft „belässt“ (oder: in der Gesellschaft „stehen lässt“), das heißt, dass der Gesellschafter nach Eintritt der 19 Früher: fünf Jahre; jetzt: zehn Jahre, frühestens sechs Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Um die Versäumung der Anfechtungsfrist (§ 3b, jetzt § 6 AnfG) ging es in der für die weitere Anwendung der „Rechtsprechungsregeln“ (neben den „Novellenregeln“) grundlegenden Entscheidung BGHZ 90, 370ff. 20 Mit den in § 32 a Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 genannten „Regeln über den Eigenkapitalersatz“ sind sowohl die Gesetzesregeln als auch die Rechtsprechungsregeln gemeint, denn sonst hätten die Ausnahmebestimmungen keinen Sinn. Vgl. Pentz GmbHR 1999, 437, 442 f., 450; Lutter/Hommelhoff (Fn. 3) Rdn. 66, 79. 21 Umfassende Darstellung aus der Sicht eines Richters des zuständigen II. Zivilsenats des BGH bei Goette (Fn. 3) Rdn. 18ff. 22 Der Begriff der „Krise“ wird in diesem Zusammenhang erstmals verwendet in BGHZ 105, 168, 175 f.; später ist er auch vom Gesetzgeber übernommen worden, § 32 a Abs. 1 GmbHG i.d.F. des EGInsO von 1994 und § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG i.d.F. des KonTraG von 1998.

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Krise von einer an sich bestehenden Möglichkeit, das Darlehen zu kündigen, keinen Gebrauch macht 23, obwohl die Krise der Gesellschaft für ihn erkennbar ist 24. Die „Krise“ der Gesellschaft ist nach ständiger Rechtsprechung dadurch definiert, dass, alternativ, einer der folgenden drei Fälle vorliegt: Erstens: Die Gesellschaft ist zahlungsunfähig oder sie wäre es zumindest, wenn der Gesellschafter nicht durch Gewährung oder Belassung des Darlehens ihre Zahlungsfähigkeit aufrechterhielte 25. Zweitens: Die Gesellschaft ist im Sinn des § 19 InsO überschuldet, das heißt ihre gesetzlichen Vertreter wären an sich gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG (oder § 92 Abs. 2 AktG) verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen, und die Gesellschafter ermöglichen ihr durch Darlehensgewährung (oder „Stehenlassen“ von Darlehen nach Eintritt der Überschuldung) die weitere Existenz 26. Drittens: Die Gesellschaft ist „kreditunwürdig“, das heißt sie ist nicht imstande, einen entsprechenden Kredit, wie ihn der Gesellschafter gewährt oder belässt, zu marktüblichen Bedingungen von dritter Seite zu erhalten 27. In der Praxis werden die verschiedenen Tatbestände oft zusammentreffen. Für die Qualifikation des Darlehens als „kapitalersetzend“ genügt es im Streitfall aber, dass nur einer von ihnen vom Gericht festgestellt wird. Die Formel, mit der § 32 a Abs. 1 GmbHG den Tatbestand des kapitalersetzenden Darlehens zu umschreiben sucht – Darlehensgewährung durch den Ge23 Ständige Rechtsprechung, grundlegend BGHZ 75, 334, 337; 105, 168, 185f.; 109, 55, 60. Dem wird der Fall gleichgestellt, dass der Gesellschafter zwar keine Kündigungsmöglichkeit hat, aber über die ausreichende Stimmenmacht verfügt, um die Gesellschaft zu liquidieren und hierdurch sein Kreditengagement zu beenden, und von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, BGHZ 121, 31, 36f.; 127, 1, 6 (beide zur sogenannten „kapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung“). Im Ergebnis gleichbehandelt wird ferner der Fall, dass der Gesellschafter schon im Darlehensvertrag darauf verzichtet hat, das Darlehen bei Eintritt der Krise zu kündigen, und die Krise später tatsächlich eintritt, BGHZ 142, 116, 120 (zum sogenannten „Finanzplankredit“). 24 BGHZ 127, 336, 344f. 25 BGHZ 31, 258, 269; 67, 171, 177f. 26 BGHZ 75, 334, 337; 109, 55, 59f.; ständige Rechtsprechung. Die Pflicht der Gesellschaftsorgane, wegen der Überschuldung Insolvenzantrag zu stellen (§§ 92 AktG, 64 GmbHG), kann nach der Rechtsprechung des BGH durch Gewährung eines Gesellschafterdarlehens nur dann abgewendet werden, wenn der Gesellschafter mit der Gesellschaft ausdrücklich einen Rangrücktritt im Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftsgläubigern vereinbart und zugleich bis zur anderweitigen Beseitigung der Überschuldung auf die Rückforderung des Darlehens verzichtet („qualifizierter Rangrücktritt“), BGHZ 146, 264, 271 ff. 27 Vgl., mit leicht variierenden Formulierungen, BGHZ 76, 326, 330f. („wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Leistung von dritter Seite keinen Kredit hätte erhalten können und deshalb hätte liquidiert werden müssen“); 81, 311, 314f.; 90, 381, 390; 105, 168, 175; 119, 201, 203 f.; 148, 167, 168. In der Literatur wird vielfach der Fall der Kreditunwürdigkeit als der eigentliche Grundtatbestand des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens angesehen, vgl. Ulmer in Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl. 1991, § 32 a, b Rdn. 45ff.; Lutter/Hommelhoff (Fn. 3) Rdn. 18.

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sellschafter an die Gesellschaft zu einem Zeitpunkt, „zu dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten“ –, spielt in der Praxis keine Rolle. Zweifelsfälle werden von den Gerichten nicht so gelöst, dass Überlegungen über das hypothetische Verhalten „ordentlicher Kaufleute“ in gleicher Lage angestellt werden. Die Insolvenzordnung hat die Formel in § 39 Abs. 1 Nr. 5 und 135 nicht übernommen. Auch die Regierungsbegründung zur GmbHNovelle von 1980 hatte klargestellt, dass der Formel keine materielle Bedeutung zukommen sollte, sondern dass man nur einen Blankettbegriff verwenden wollte, der die von der Rechtsprechung schon vorher entwickelten Abgrenzungskriterien abdecken und im übrigen der künftigen Entwicklung nicht vorgreifen sollte 28. Heute erscheint die Formel als obsolet. Hervorzuheben ist, dass die Kriterien der Rechtsprechung an die Funktion des Darlehens (oder der sonstigen Finanzierungshilfe des Gesellschafters) anknüpfen und nicht an ein Fehlverhalten des Gesellschafters. Diese Funktion besteht einfach darin, dass das Darlehen der Krisenfinanzierung dient, indem der Gesellschaft nach Eintritt der Krise Mittel zu Verfügung gestellt oder belassen werden, die sie zu ihrer weiteren Existenz benötigt. Ein Vorwurf gegen den Gesellschafter ist damit nicht verbunden: weder der Vorwurf, dass er der Gesellschaft, statt ihr Stammkapital oder Grundkapital zu erhöhen, nur ein Darlehen zur Verfügung gestellt habe (denn es besteht keine Pflicht zur Kapitalerhöhung und die Krisenfinanzierung durch Darlehen ist nicht verboten 29), noch der Vorwurf, dass der Gesellschafter der insolventen Gesellschaft in der Krise überhaupt noch weiteren Kredit gewährt habe (denn solange die Insolvenzantragspflichten der §§ 92 AktG, 64 GmbHG nicht verletzt werden, ist gegen die weitere Finanzierung der Gesellschaft in der Krise nichts einzuwenden, und wenn sie verletzt werden, greifen andere Sanktionen ein, die mit den Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen weder im Tatbestand, noch hinsichtlich der Rechtsfolgen etwas zu tun haben 30). 28 BT-Drucks. 8/1347 S. 39. 29 Vgl. BGHZ 31, 258, 268: es ist „der GmbH nicht verwehrt, eine Unterkapitalisierung … durch Darlehen ihrer Gesellschafter zu decken oder sich die benötigten Wirtschaftsgüter durch Kauf, Miete oder Pacht von ihren Gesellschaftern zu verschaffen …“; BHZ 90, 381, 390: „… die Behandlung eines Gesellschafterdarlehens als Eigenkapital beruht nicht auf dem Vorwurf, der Gläubiger habe es versäumt, auf eine notwendige Kapitalerhöhung hinzuwirken“. 30 Diese Sanktionen – Erstattungspflicht für nach Insolvenzreife geleistete Zahlungen (§§ 92 Abs. 3 AktG, 64 Abs. 2 GmbHG) und Ersatz des „Quotenschadens“ und des „Vertrauensschadens“ der Gläubiger (§§ 92 Abs. 2 AktG, § 64 Abs. 1 GmbHG mit §§ 823 Abs. 2 BGB, 92 InsO; dazu BGHZ 126, 181, 190; 138, 211ff.) – treffen in erster Linie die geschäftsleitenden Organe der Gesellschaft. Die Gesellschafter als solche sind allenfalls mittelbar betroffen, entweder weil sie selbst dem geschäftsleitenden Organ angehören, oder weil sie die Organmitglieder zur Insolvenzverschleppung angestiftet haben (§ 830 Abs. 2 mit § 823 Abs. 2 BGB). Wenn sie außer-

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Praktisch führen die von der Rechtsprechung verwendeten Kriterien dazu, dass ein Gesellschafter, der mit mehr als zehn Prozent beteiligt ist 31 und der Gesellschaft ein Darlehen gewährt, mit ziemlicher Sicherheit damit rechnen muss, dass das Darlehen im Fall einer späteren Insolvenz der Gesellschaft als „kapitalersetzend“ eingestuft wird. Denn auch wenn die Gesellschaft zur Zeit, zu der das Darlehen gewährt wurde, sich nicht in einer Krise befand, ist irgendwann zwischen diesem Zeitpunkt und der späteren Insolvenz die Krise eingetreten, und das Darlehen wird als kapitalersetzend angesehen, weil der Gesellschafter es in der Krise „stehengelassen“ hat 32. Auch wenn es dem Gesellschafter gelungen ist, sich das Darlehen zurückzahlen zu lassen, und innerhalb eines Jahres danach der Insolvenzantrag gestellt und daraufhin das Insolvenzverfahren eröffnet wird, muss der Gesellschafter damit rechnen, dass das Gericht zu dem Ergebnis kommen wird, dass vor der Rückzahlung die Krise bereits eingetreten war und dass daher der Insolvenzverwalter gemäß § 135 Nr. 2 InsO zur Anfechtung berechtigt ist. Aus der veröffentlichten Rechtsprechung gewinnt man ebenfalls den Eindruck, dass es, wenn die Insolvenz einmal eingetreten ist, für den Gesellschafter sehr schwierig ist, sich mit dem Standpunkt, sein Darlehen sei trotzdem nicht kapitalersetzend, vor Gericht durchzusetzen; es ist eher eine Art Glückstreffer, wenn das doch einmal gelingt.

3. Die Unabhängigkeit der Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen von der Kapitalverfassung der Gesellschaft Die Regeln des geltenden Rechts über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen hängen nicht unmittelbar davon ab, dass im Gesellschaftsrecht zwingende Vorschriften über die Aufbringung und Erhaltung eines bestimmten Fest- und Mindestkapitals gelten, also Vorschriften, die zwei Dinge anordnen: erstens, dass in der Satzung ein bestimmtes Kapital festgesetzt wird, das durch einfache Satzungsänderungen nicht ohne weiteres herabgesetzt werden kann und durch Auf-

dem Gesellschafterdarlehen gewährt haben, so ist dies ein von der Insolvenzverschleppung ganz unabhängiger Tatbestand. Es war deshalb verfehlt, wenn man geglaubt hat, man könne die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen dadurch legitimieren, dass man gegen den Gesellschafter den Vorwurf erhebt, er habe durch die Darlehensgewährung den „Todeskampf“ der Gesellschaft zu Lasten der außenstehenden Gläubiger „künstlich“ verlängert (in diesem Sinn zuletzt wieder Altmeppen NJW 2005, 1911, 1914: „vom deutschen Gesetzgeber zu Recht nicht gewünschte Verlängerung des Todeskampfes der Kapitalgesellschaft zu Lasten ihrer Gläubiger“). 31 Vgl. dazu auch oben Fn. 20; bei Aktiengesellschaften: mehr als 25 Prozent, vgl. oben Fn. 8, 14. 32 Vgl. oben Fn. 23.

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bringungszwang und Ausschüttungssperre gesichert ist, und zweitens, dass dieses satzungsmäßig festgesetzte Festkapital einen bestimmten Mindestbetrag nicht unterschreiten darf 33. Für die „Novellenregeln“ des geltenden Rechts (§§ 32a Abs. 1 GmbHG, 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO mit den Ergänzungen durch §§ 32a Abs. 2 und 3, 32b GmbHG) ist das offensichtlich. Diese Regeln beschränken sich darauf, Forderungen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft im Fall der Insolvenz der Gesellschaft im Rang zurückzustufen und diese Rückstufung durch spezielle Anfechtungstatbestände abzusichern, wenn die Forderungen im Vorfeld der Insolvenz befriedigt worden sind oder wenn die Gesellschafter sich Sicherheiten an Gegenständen des Gesellschaftsvermögens ausbedungen haben. Voraussetzung ist nach positivem Recht (nicht aus zwingender Notwendigkeit 34), dass die Forderungen auf Krediten beruhen, die der Gesellschafter der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt gewährt oder belassen hat, zu dem sie erkennbar zahlungsunfähig, überschuldet oder kreditunwürdig war 35. Es ist evident, dass diese Regeln auch dann aufrechterhalten werden könnten und ihren Sinn behielten, wenn die Vorschriften des Gesellschaftsrechts über das Festkapital und das Mindestkapital durch andere Bestimmungen ersetzt oder ersatzlos abgeschafft würden 36. Mit gewissen Einschränkungen gilt für die „Rechtsprechungsregeln“ des deutschen Rechts etwas Ähnliches. Diese Regeln besagen, auf ihren Kern reduziert, folgendes: Kredite, die der Gesellschafter der Gesellschaft gewährt oder belässt zu einem Zeitpunkt, zu dem sie erkennbar zahlungsunfähig, überschuldet oder aus sonstigen Gründen kreditunwürdig ist, dürfen vor dauerhafter Überwindung dieses Zustands nur getilgt oder verzinst werden, wenn die Zahlung aus freiem, das heißt ausschüttungsfähigem Vermögen der Gesellschaft (Gewinne oder Rücklagen) bewirkt werden kann 37. Zahlungen, die hiergegen verstoßen, werden als verbotene Ausschüttung behandelt. Diese Regel kann aufrechterhalten werden, solange es überhaupt irgendwelche gesetzlichen Ausschüttungsverbote gibt. Dass die Ausschüttungsverbote, wie es gegenwärtig der Fall ist, mit den Institutionen des Festkapitals und des Mindestkapitals verbunden sind, ist nicht erforderlich. Nur in einem Rechtssystem, in dem jede beliebige Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen an Gesellschafter erlaubt wäre, wären die bisherigen „Rechtsprechungsregeln“ des deutschen Rechts gegenstandslos – anders als die 33 Vgl. auch Altmeppen NJW 2005, 1911, 1914. 34 So sieht z. B. das spanische Recht von einer derartigen einschränkenden Voraussetzung ab, vgl. unten III 2 S. 384 f. 35 Vgl. oben Fn. 25–27. 36 Einen Beleg hierfür bietet das Recht der Vereinigten Staaten. Die dort aufgestellten Regeln der „equitable subordination“ gelten völlig unabhängig davon, welche Regeln die Gesellschafterrechte der einzelnen Staaten hinsichtlich des Gesellschaftskapitals vorsehen, vgl. dazu unten III 1 S. 383. 37 Vgl. oben Fn. 5.

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„Novellenregeln“ der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, die mit jedem beliebigen Gesellschaftsrecht kompatibel sind.

III. Ausländische Rechtsordnungen 1. Equitable subordination und recharacterization im US-amerikanischen Insolvenzrecht Sedes materiae für die Behandlung von Gesellschafterdarlehen im US-amerikanischen Recht ist die Bestimmung der sec. 510 (c) des Bankruptcy Code (BC), die auf die Rechtsprechung des Supreme Court und die dort aus dem Prinzip der „Equity“ abgeleitete „Deep-Rock-Doktrin“ zurückgeht 38. Der Grundgedanke ist, dass die Gerichte nach „Equity“ berechtigt sind, unter bestimmten Voraussetzungen von dem allgemeinen konkursrechtlichen Grundsatz der formalen Gleichbehandlung der Gläubiger abzuweichen, soweit es um Gläubiger geht, die mit dem Schuldner besonders eng verbunden sind. Sec. 510 (c) BC ermächtigt daher den Konkursrichter, jede gegen den Gemeinschuldner gerichtete Forderung ganz oder teilweise im Rang hinter allen oder bestimmten Konkursforderungen einzustufen, sofern die Zurückstufung den „principles of equitable subordination“ entspricht. Die Praxis hat dazu einen Drei-Punkte-Test entwickelt, mit den Schlüsselbegriffen des „unbilligen Verhaltens“ („inequitable conduct“) und des „unfairen Vorteils“ („unfair advantage“) des betreffenden Konkursgläubigers (bzw. eines „Schadens“ der übrigen Konkursgläubiger) 39. Dass der zurückgestufte Gläubiger Gesellschafter ist, ist keine zwingende Voraussetzung. Tatsächlich betreffen die meisten Entscheidungen aber solche Gläubiger, die der Gesellschaft nahestehen und sie kontrollieren („insider“) 40. 38 Grundlegend Taylor v. Standard Gas Electric Co., 306 U.S. 307 [1939]. Vgl. dazu und zum folgenden Scheel, Konzerninsolvenzrecht, 1995, S. 129ff.; Herrmann, QuasiEigenkapital im Kapitalmarkt- und Unternehmensrecht, 1996, S. 171ff.; Gehde, Eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen in Deutschland und den USA, 1997, S. 202ff., insbesondere 236 ff.; Fleischer ZIP 1998, 313, 318ff. und in Lutter (Fn. 1) S. 73f. 39 Vgl. Court of Appeal (5. Circuit) in the matter of Mobile Street, 363 F. 2 d 692, 700 [1977]. Danach müssen die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sein: 1. The claimant must have engaged in some type of inequitable conduct. 2. The misconduct must have resulted in injury to the creditors of the debtor or conferred an unfair advantage on the claimant. 3. Equitable subordination of the claim must not be inconsistent with the code. Dazu Scheel (Fn. 38) S. 143 f.; Herrmann (Fn. 38) S. 172f. 40 Der Begriff des „insider“ erfasst nach sec. 101 Abs. 3 lit. E BC unter anderem Direktoren, die Gesellschaft kontrollierende Personen und „affiliates“ (also verbundene Unternehmen und jeden, der mindestens 20 % Stimmrechte des Gemeinschuldners hält, vgl. sec. 101 Abs. 1 lit. A BC). Näher dazu mit zahlreichen Nachweisen Scheel (Fn. 38) S. 145f.

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Insoweit genügt, dass der Gläubiger sich unbillig verhalten hat (während im Fall eines „outsider“ grob unbilliges Verhalten verlangt wird). Im Fall eines „insider“ wird bereits die Einflussnahme auf die alltägliche Geschäftsführung und – praktisch offensichtlich bedeutend – die (formelle) Unterkapitalisierung als ausreichend angesehen 41. Dies wird damit gerechtfertigt, dass der Gläubiger durch die geringe Kapitalausstattung das Risiko des geschäftlichen Scheiterns der Gesellschaft erhöht und das unternehmerische Risiko auf die anderen Gläubiger abgewälzt habe 42. Allerdings haben in jüngerer Zeit mehrere Gerichte die Rückstufung von einem über die reine Darlehensgewährung hinausgehenden „inequitable conduct“ abhängig gemacht 43. Selbstverständliche Voraussetzung der Rückstufung ist, dass die Forderung im Insolvenzfall noch offensteht. Nach Rückzahlung hat es bei den allgemeinen Anfechtungstatbeständen (sec. 547 BC) sein Bewenden; einen speziellen Anfechtungstatbestand vergleichbar unserem § 135 InsO gibt es nicht. Neben der „equitable subordiantion“ steht als zweiter Rechtsbehelf die sogenannte „recharacterization“. Hierbei handelt es sich um eine im Weg der ergänzenden Auslegung vorgenommene Umqualifizierung einer durch den Gesellschafter erbrachten Leistung in Eigenkapital 44. Dem theoretischen Ansatz nach geht es dabei um die Ermittlung des „tatsächlichen“ Willens des Geldgebers. Gefragt wird etwa danach, wie die Parteien die Zuwendung bezeichnet haben, welchen Charakter sie ihr beilegen, ob feste Tilgungs- und Zahlungstermine vereinbart wurden, ob der Zuwendungsempfänger über sonstiges ausreichendes Kapital verfügte, und ob zwischen dem Kreditgeber und den Anteilseignern ein Gleichlauf der Interessen bestand 45. Weitergehend wurde eine „recharacterization“ in Eigenkapital aber auch schon dann angenommen, wenn entweder die Kapitalausstattung der Gesellschaft von Anfang an ungenügend war oder die Gesellschaft im Zeitpunkt der Mittelzuführung von keiner neutralen Stelle Mittel hätte erhalten können 46. Eine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Geldgebers wird in den Fällen der „recharacterization“ zwar häufig vorliegen, ist aber keine zwingende Voraussetzung.

41 So Court of Appeal (5. Circuit) in re Herby’s Foods Inc., 2 F 3d 128, 132f. Zu den Gegenstimmen Fn. 43. 42 Zu den diesbezüglichen Unterkriterien Scheel (Fn. 38) S. 173ff. m. weit. Nachw. 43 So Court of Appeal (6. Circuit) in re Autostyle Plastics Inc. 269f. 726, 745 [2001]; Bankruptcy Court New Mexico in re Phase-I Molecular Toxicology Inc. 287 B.R. 571, 580 [2002]. 44 Vgl. Bankruptcy Court New Mexico in re Phase-I Molecular Toxicology Inc. 287 B.R. 571 ff. [2002]. 45 Vgl. die Entscheidung in re Cold Harbor Associates, 204 B.R. 904, 915 [1997]. 46 Bankruptcy Court Florida in re Diasonics, 121 B.R. 626, 631 [1990] mit Berufung auf Court of Appeal (11. Circuit) in re N & D Properties Inc., 799 F. 2d 726 [1986].

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Insgesamt handelt es sich bei den Rechtsinstituten der „equitable subordination“ und der „recharacterization“ um spezifisch insolvenzrechtliche, von Haus aus nicht auf gesellschaftsrechtliche Sachverhalte beschränkte Rechtsbehelfe. Soweit Gesellschafterdarlehen betroffen sind, bestehen unverkennbare Parallelen zu den „Novellenregeln“ des deutschen Rechts. In Einzelheiten gibt es Abweichungen, deren praktisches Gewicht auch davon abhängt, wie streng die Anforderungen sind, die die Gerichte an die Voraussetzungen eines „inequitable conduct“ und einer „recharacterization“ stellen 47. Hervorzuheben ist, dass der Bankruptcy Code im Fall der „equitable subordination“, anders als das deutsche Recht 48, von einem Fehlverhalten des Gesellschafters ausgeht und dabei maßgeblich auf die Kontrolle der Gesellschaft durch den Darlehensgeber abstellt. Gesellschafter unterhalb der Kontrollschwelle werden deshalb (als „outsider“) nur unter der besonderen Voraussetzung des nicht nur unbilligen, sondern grob unbilligen Verhaltens erfasst. Allerdings genügt für die Position eines „insider“ bereits eine zwanzigprozentige Beteiligung 49. Hinzukommt, dass, auch wenn die Voraussetzungen der „equitable subordination“ nicht vorliegen, immer noch die Möglichkeit der „recharacterization“ besteht. Festzuhalten bleibt, dass die insolvenzrechtlichen Regeln völlig unabhängig davon sind, was das für die insolvente Gesellschaft maßgebliche einzelstaatliche Gesellschaftsrecht im Hinblick auf die Kapitalausstattung und Kapitalerhaltung anordnet. Subordination und recharacterization sind auch bei Gesellschaften möglich, deren Gesellschaftsrecht auf die Rechtsinstitute des Mindestkapitals und des Festkapitals überhaupt verzichtet.

2. Dem deutschen Recht ähnliche Regelungen im europäischen Ausland In vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union finden sich Regelungen, die, ähnlich den deutschen insolvenzrechtlichen Regeln der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, eine Rückstufung von Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren anordnen. Eine Sonderstellung nimmt insoweit Österreich ein. Hier gilt, auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung und Lehre, wie in Deutschland eine Doppelregelung. Grundlage ist jetzt das am 1. 1. 2004 in Kraft getretene Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2003 (GIRÄG) und das darin enthaltene Gesetz über Eigenkapital ersetzende Gesellschafterleistungen (EKEG) 50. Erfasst sind

47 Vgl. dazu oben Fn. 41, 43 sowie 45, 46. 48 Vgl. oben II 2 S. 378. 49 Vgl. oben Fn. 40. Das ist etwas höher als nach § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG und etwas niedriger als nach der deutschen Rechtsprechung zur AG (oben Fn. 8). 50 öBGBl. I 2003/92; dazu die Beiträge von Kalss, Zollner, Rüffler und Saurer in Kalss/Rüffler, Eigenkapitalersatz im österreichischen, italienischen und sloweni-

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Leistungen von Gesellschaftern, die an der Gesellschaft kontrollierend oder mit mindestens 25 Prozent beteiligt sind 51. Gesellschaftsrechtlich gilt für die Dauer der Krise eine Rückzahlungssperre (§ 14 Abs. 1 Satz 1 EKEG); gleichwohl geleistete Zahlungen sind zu erstatten (§ 14 Abs. 1 Satz 2 EKEG). Im Konkurs sind Forderungen aufgrund von eigenkapitalersetzenden Leistungen nachrangig nach allen Konkursforderungen zu berücksichtigen (§ 57a öKO n.F.). Im allgemeinen beschränken die in Betracht kommenden Rechtsordnungen sich dagegen auf die insolvenzrechtliche Rückstufung. In Italien ist eine derartige Rückstufung erstmalig im Rahmen der am 1. 1. 2004 in Kraft getretenen GmbH-Reform 52 angeordnet worden 53. Gemäß Art. 2467 Codice Civile n.F. sind Forderungen aus kapitalersetzenden Darlehen oder vergleichbaren Finanzierungsleistungen jeden Gesellschafters (ohne Rücksicht auf die Höhe seiner Beteiligung 54) in der Insolvenz der Gesellschaft im Verhältnis zu Forderungen anderer Gläubiger nur nachrangig zu befriedigen. Soweit sie innerhalb eines Jahres vor Insolvenzeröffnung zurückgezahlt worden sind, müssen sie der Gesellschaft erstattet werden. In Spanien ordnet Art. 92 des am 1. 9. 2004 in Kraft getretenen neuen Konkursgesetzes 55 eine Rückstufung von Kreditforderungen solcher Gläubiger an, die in einem besonderen Verhältnis zur Gesellschaft stehen. Zu diesen der Gesellschaft nahestehenden Gläubigern gehören insbesondere Gesellschafter, die mit zehn Prozent, bei börsennotierten Gesellschaften nur mit fünf Prozent, an der Gesellschaft beteiligt sind, ferner konzernverbundene Gesellschaften und deren Gesellschafter 56. Auf das Vorliegen einer Krise zum Zeitpunkt der Kredit-

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schen Recht, 2004, S. 9ff., 87ff., 111ff., 135ff.; Dellinger/Mohr, EKEG, 2004; Althuber GmbHR 2004 R 356 f.; Blöse GmbHR 2004, 412; Harrer wbl. 2004, 201; Reich-Rohrwig ecolex 2004, 106ff.; Karsten Schmidt in A. Konecny (Hrsg.), Insolvenz-Forum 2003, 2004, S. 140ff. Erfasst sind überdies Personen, die ohne Gesellschafter zu sein, wie ein Mehrheitsgesellschafter einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben; kreditvertragstypische Informations- und Einflussrechte und Kreditsicherheiten sollen dabei allerdings außer Betracht bleiben. Dazu Hartl NZG 2003, 667; Lorenzetti GmbHR 2004, 731. Dazu Deboni in Kalss/Rüffler (Fn. 50) S. 53ff.; Haas GmbHR 2004, 557ff. Vorher war in Italien nur der freiwillige Rangrücktritt von Gesellschafterdarlehen anerkannt (und, gefördert durch großzügige Annahme dahingehender stillschweigender Abreden, weit verbreitet), dazu Haas aaO. 558 ff. Die Gesetzesbegründung zur Neuregelung beruft sich ausdrücklich auf das Vorbild des deutschen Rechts, Haas aaO. 562. Vgl. Haas GmbHR 2004, 557, 562. Ley Concursal (LC) = Gesetz 22/2003 vom 9. 7. 2003, Boletín Oficial del Estado 2003, 26905 ff. Hierzu García Villaverde/Alonso Ureba/Pulgar Ezquerra, Derecho Concursal, Madrid 2003; Rojo/Bertran, Comentario a la Ley Concursal, Madrid 2004. Art. 93 II LC. Hierzu Alonso in Garcia Villaverde/Alonso Ureba/Pulgar Ezquerra (Fn. 55) S. 403 ff.; Garrido in Rojo/Beltran (Fn. 55) Art. 93 LC.

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gewährung kommt es nicht an. Zwischen kapitalersetzenden und einfachen Gesellschafterdarlehen wird also nicht unterschieden; das besondere Verhältnis des Gläubigers zur Gesellschaft reicht als Grund für die Rückstufung aus. Sind Forderungen, die der Rückstufung unterliegen, vor Konkurseröffnung befriedigt oder gesichert worden, so gilt die, allerdings widerlegliche, Vermutung, dass eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt, die zur Anfechtung berechtigt 57. Regeln über die Rückstufung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen finden sich ferner im griechischen Recht 58, im portugiesischen Recht 59 und im slowenischen Recht 60.

3. Englisches und französisches Recht Bemerkenswert ist, dass im englischen und französischen Recht keine spezifischen Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen existieren 61. Es gibt weder ein gesellschaftsrechtliches Rückzahlungsverbot (vergleichbar den deutschen „Rechtsprechungsregeln“) noch eine generelle insolvenzrechtliche Rückstufung (vergleichbar den deutschen „Novellenregeln“) 62.

57 Art. 71 III Alt. 1 LC, dazu León in Rojo/Beltran (Fn. 55) Art. 72 LC. 58 Vgl. dazu die Darstellung bei Vervessos, Das Eigenkapitalersatzrecht, 2001, S. 88f. Hiernach sind im Konkurs Forderungen aus Darlehen unternehmerisch beteiligter Gesellschafter nur mit Nachrang zu befriedigen; die dingliche Sicherung von Gesellschafterdarlehen ist verboten (Art. 32 Abs. 1 griech. GmbHG); und die Gesellschaft kann die Rückzahlung verweigern, soweit sie die Befriedigung der sonstigen Gesellschaftsgläubiger vereiteln würde (Art. 32 Abs. 2 griech. GmbHG). 59 Vgl. Vervessos (Fn. 58) S. 89. Hiernach sieht Art. 245 Abs. 3 des portugiesischen GmbH-Rechts im Konkurs der Gesellschaft eine generelle Rückstufung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen vor. 60 Dazu Bruckmüller in Kalss/Rüffler (Fn. 50) S. 69 ff. 61 Vgl. zum englischen Recht zuletzt Fleischer, Kapitalschutz und Durchgriffshaftung bei Auslandsgesellschaften, in Lutter (Fn. 1) S. 49, 60, mit Hinweis auf die grundlegende Entscheidung des House of Lords Salomon v. Salomon [1897] AC 22. Zum französischen Recht vgl. Fleischer DStR 1999, 1774, 1777. 62 Die Regel der sec. 74 (2) lit. f des englischen Insolvency Act schließt nach der Rechtsprechung des House of Lords ([1997] 4 AllER 353, 354) nur die Geltendmachung solcher Forderungen in der Insolvenz aus, die dem Gläubiger aufgrund der Satzung erwachsen, also nicht von Forderungen aus einem gesonderten Vertrag zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, mag sein Abschluss auch durch die Mitgliedschaft motiviert sein.

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a) Englisches Recht Allerdings begründet sec. 215 (4) des englischen Insolvency Act (IA) 63 eine Befugnis des Gerichts zur Rückstufung von Ansprüchen, die gegen die insolvente Gesellschaft gerichtet sind. Voraussetzung ist, dass es sich um Ansprüche von Geschäftsleitern handelt, gegen die der Vorwurf des „fraudulent trading“ oder des „wrongful trading“ gemäß sec. 213, 214 IA begründet ist 64. Zu den Normadressaten gehören neben den Mitgliedern des Geschäftsführungsorgans auch die sogenannten „shadow directors“. Hierzu zählen insbesondere solche Gesellschafter, die zwar nicht Geschäftsführer im förmlichen Sinn („directors“) sind, die aber in maßgeblichen Teilbereichen der Geschäftsführung Weisungen erteilen, die die eigentlichen Geschäftsführer zu beachten pflegen 65. Voraussetzung ist aber jedenfalls ein fehlerhaftes Verhalten bei der Leitung der Geschäfte in der Krise, das darin besteht, dass der verantwortliche Geschäftsleiter trotz drohender Zahlungsunfähigkeit weder für die unverzügliche Sanierung noch für die unverzügliche Liquidation der Gesellschaft sorgt, um so den Schaden der Gesellschaftsgläubiger so gering wie möglich zu halten (sec. 214 (3) IA). Die Beweislast trifft den Geschäftsleiter 66. Es geht also im Kern um eine Geschäftsleiterhaftung wegen Insolvenzverschleppung. Dabei ist die Rückstufung der vom Geschäftsleiter gewährten Kredite nur eine der Formen, in denen diese Haftung realisiert werden kann. Die Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts, und vor allem auch des deutschen Insolvenzrechts, über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen beruhen dagegen auf der kapitalersetzenden Funktion des Darlehens und setzen ein Fehlverhalten des Gesellschafters nicht voraus 67. Zusätzlich sichert das englische Insolvenzrecht die Gleichbehandlung der Gesellschaftsgläubiger ab Eintritt der Insolvenz der Gesellschaft und damit zeitlich bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch besondere Anfechtungsregeln. Nach sec. 239 IA 68 kann das Gericht auf Antrag des Insolvenzverwalters die Rückabwicklung von Transaktionen und damit auch die Rückzahlung von Tilgungsleistungen verlangen, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Zahlung insolvent war oder dadurch insolvent wurde, wenn die Zahlung innerhalb

63 Grundsätzlich gilt der Insolvency Act im gesamten Vereinigten Königreich. Allerdings gelten in Einzelpunkten für Schottland Besonderheiten, dazu unten Fn. 68, 72. 64 Vgl. Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht, 1996, S. 285ff.; dazu aus jüngster Zeit Hirt ECFR 2004, 71ff.; Bachner EBOR 5 (2004), 293ff.; Habersack/Verse ZHR 168 (2004), 174ff.; Rehm in Eidenmüller (Fn. 1) § 10 Rdn. 67 ff.; Fleischer in Lutter (Fn. 1) S. 61 ff. 65 Vgl. namentlich Secretary of State for Trade and Industry v. Deverell [2001] Ch.D. 340, 354f.; Habersack/Verse ZHR 168 (2004), 174, 189ff. 66 Vgl. Fleischer in Lutter (Fn. 1) S. 62. 67 Vgl. oben bei Fn. 29, 30. 68 In Schottland gilt die abweichende Regelung gemäß sec. 243 IA.

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der letzten sechs Monate vor Stellung des Insolvenzantrags geleistet wurde und wenn sie zumindest auch erfolgte, um den Empfänger für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber den anderen Gesellschaftsgläubigern zu bevorzugen 69. Bei Leistungen der Gesellschaft an verbundene Personen, zu denen insbesondere auch herrschende Gesellschafter zählen 70, verlängert der Anfechtungszeitraum sich auf zwei Jahre 71. Außerdem wird hier die Absicht, den Empfänger gegenüber anderen Gesellschaftsgläubigern besser zu stellen, in widerleglicher Weise vermutet 72. Auch hier ist aber erforderlich, dass die Gesellschaft zur Zeit der Leistung insolvent war oder durch die Leistung insolvent wurde, und hierfür gibt es keine gesetzliche Vermutung 73. Insgesamt scheint daher die Anfechtung doch wesentlich schwieriger zu sein als die Anfechtung nach § 135 InsO im deutschen Recht, die weder eine Benachteiligungsabsicht noch Insolvenz der Gesellschaft zur Zeit der Leistung voraussetzt. Bei allen Unterschieden in den Einzelheiten besteht in einem Punkt Übereinstimmung mit den „Novellenregeln“ des deutschen Rechts: Die Frage der Behandlung von Gesellschafterkrediten wird als spezifisch insolvenzrechtliches Problem begriffen. Der Umstand, dass der Gesellschafter auf die Geschicke der nunmehr insolventen Gesellschaft erheblichen Einfluss genommen hat, verwehrt es ihm, im Wettbewerb zu den gewöhnlichen Gesellschaftsgläubigern zu treten. Es handelt sich also, ähnlich wie bei den Novellenregeln des deutschen Rechts, um spezifisch insolvenzrechtliche, an den tragenden Erwägungen des pari-passuPrinzips orientierte Sanktionen, nicht dagegen (wie bei den „Rechtsprechungsregeln“ des deutschen Rechts) um eine gesellschaftsrechtliche Rechtsfolge.

b) Französisches Recht Das französische Recht bietet ein ähnliches Bild. Forderungen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft 74 unterliegen im Grundsatz keinen Durchset69 Dazu Fletcher, The Law of Insolvency, 2002, Rdn. 26-026ff.; Bailey/Groves/ Smith, Corporate Insolvency, 2001, Rdn. 14.8ff. Aus der Rechtsprechung High Court of Justice, Chancery Division, Urt. v. 4. 11. 2002, Paul Anthony Saxton et al. v. Ashley Clarke, June Clarke, Case No. 6459/2001 und 6460/2001. 70 sec. 435 Abs. 7 und 10 IA. 71 sec. 240 Abs. 1 lit. a IA. 72 sec. 239 Abs. 6 IA. Für das schottische Recht gilt das nicht. Hier ist die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens nur anfechtbar, wenn kollusives Zusammenwirken der Beteiligten zum Nachteil der übrigen Gesellschafter nachgewiesen wird (sec. 243 Abs. 2 lit. b IA), ähnlich wie bei der Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung des deutschen Rechts (§ 133 InsO). 73 Vgl. High Court (Justice Lloyd) in Saxton v. Clarke (Fn. 69). Insoweit unzutreffend Bezzenberger (Fn. 16) S. 52. 74 Etwa Guthaben auf den Gesellschafterkonten, den sog. „comptes courants d’asso-

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zungsschranken, sofern nicht die Beteiligten ein Abzugsverbot oder einen Nachrang der Forderung vereinbaren 75. Auch hier kann sich aber aus der Haftung aufgrund der „action en comblement du passif“ etwas anderes ergeben 76. Hiernach können im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person die Geschäftsleiter für den Differenzbetrag zwischen Masse und Schulden haftbar gemacht werden, soweit sie hierzu durch Fehler der Geschäftsleitung („faute de gestion“) beigetragen haben. Zu den Geschäftsleitern in diesem Sinn zählen auch „dirigeants de fait“, also insbesondere auch kontrollierende Gesellschafter, soweit sie sich nicht auf die Ausübung ihrer mitgliedschaftlichen Befugnisse im Rahmen der Gesellschafterversammlung beschränken. In ihrer Person kann auch die Hingabe eines Darlehens, anstelle der an sich gebotenen Zuführung von Eigenkapital, den die Haftung und damit ein Abzugsverbot begründenden Geschäftsleitungsfehler darstellen 77. Auch hier handelt es sich aber, anders als nach deutschem Kapitalersatzrecht, um eine Sanktion für ein die Gläubiger schädigendes Fehlverhalten bei der Leitung der Geschäfte der Gesellschaft. Übereinstimmung mit den deutschen „Novellenregeln“ besteht insofern, als auch im französischen Recht das Problem im Insolvenzrecht angesiedelt wird, während dagegen, anders als nach den deutschen „Rechtsprechungsregeln“, auf spezifisch gesellschaftsrechtliche Sanktionen im Fall kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen verzichtet wird.

4. Europäische Rechtsvereinheitlichung Künftige europäische Rechtsakte, die die Kapitalverfassung der Aktiengesellschaft oder auch der GmbH betreffen, würden an der Behandlung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen nichts ändern, zumindest nicht soweit es um die insolvenzrechtlichen „Novellenregeln“ der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO geht. Entsprechendes gilt für alle anderen Mitgliedstaaten, soweit deren Insolvenzrecht besondere Regeln über die Rückstufung von Gesellschafterforderungen in der Insolvenz der Gesellschaft enthält (also für Österreich, Italien, Spanien, Grie-

ciés“, vgl. dazu Urbain-Parléani, Les comptes courants d’associés, 1986; Fleischer DStR 1999, 1774, 1776 f.; Vervessos (Fn. 58) S. 79. 75 Näher Fleischer DStR 1999, 1774, 1777. 76 Zur action en comblement du passif (etwa: Anspruch auf Fehlbetragsdeckung) gemäß art. L 651-2 code com. (Neufassung 2005) vgl. Zimmer (Fn. 64) S. 281ff.; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, 1998, S. 528ff.; Marquardt/Hau RIW 1998, 441ff.; Straß, Insolvenzverschleppungshaftung in Europa, 2001, S. 27ff., 188f.; Habersack/Verse ZHR 168 (2004), 174, 202ff. Der Anspruch wird durch Klage des Insolvenzverwalters gegen den verantwortlichen Geschäftsleiter vor dem Insolvenzgericht geltend gemacht. 77 Vervessos (Fn. 58) S. 81f.

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chenland, Portugal und Slowenien 78). Dass die funktionell immerhin vergleichbaren Regeln des englischen und französischen Rechts über „wrongful trading“ 79 und über die „action en comblement du passif“ 80 von denkbaren europäischen Rechtsakten hinsichtlich des Gesellschaftskapitals unberührt blieben, versteht sich ebenfalls von selbst. Wie die Kommission angekündigt hat, verfolgt sie mittelfristig das Ziel, durch eine Richtlinie europaweit eine Haftung für „wrongful trading“ einzuführen 81. In der deutschen Terminologie handelt es sich dabei um eine Insolvenzverschleppungshaftung der Geschäftsführer. Im Vergleich zur bisherigen Haftung gemäß §§ 64 GmbHG (bzw. § 92 AktG) und 823 Abs. 2 BGB würde das insofern zu einer Erweiterung der Haftung führen, als schon der Fall der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ erfasst wäre. Der Geschäftsführer, der in einem solchen Fall nicht unverzüglich die erforderlichen Schritte ergreift, um die Gesellschaft entweder zu sanieren oder zu liquidieren, wäre der Gesellschaft zum Ausgleich des hierdurch entstehenden Schadens (also wohl, nach unserem Sprachgebrauch, des „Quotenschadens“) verpflichtet. Unabhängig davon, wie man diesen Plan beurteilt, versteht sich von selbst, dass eine solche punktuelle Maßnahme an den Regeln der Insolvenzrechte der einzelnen Mitgliedstaaten über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen nichts ändern könnte und solche Regeln auch nicht als überflüssig erscheinen ließe. Dies gilt schon deshalb, weil es dabei nur um eine Haftung geht, die (wie auch die Haftung des deutschen Rechts wegen Insolvenzverschleppung gemäß §§ 64 GmbHG, 823 Abs. 2 BGB) die Geschäftsleiter der Gesellschaft (einschließlich der „shadow directors“) betrifft, während Adressaten der Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen die Gesellschafter als solche sind, wenn sie in der Insolvenz der Gesellschaft als Insolvenzgläubiger auftreten. Eine europarechtliche Vereinheitlichung des Rechts der kapitalersetzenden Darlehen wäre deshalb nur im Rahmen der Schaffung eines einheitlichen europä78 79 80 81

Vgl. oben III 2 S. 383 ff. Vgl. oben III 3 a S. 386 f. Vgl. oben III 3b S. 387 f. Vgl. Aktionsplan der EG-Kommission: Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance der Europäischen Union vom 21. 5. 2003 (Abdruck u. a. in NZG 2003 Sonderbeilage zu Heft 13) unter Nr. 3.1.3 – Verantwortung der Direktoren: „Die Hochrangige Expertengruppe sprach darüber hinaus noch mehrere andere Empfehlungen aus, die die Verantwortung der Direktoren stärken sollen: … b) Ausarbeitung einer Regelung einer Konkursverschleppungshaftung, wonach Direktoren persönlich für den Konkurs eines Unternehmens zur Rechenschaft gezogen würden, wenn sie sich bei absehbarer Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens weder zu seiner Rettung und zur Zahlung der ausstehenden Verbindlichkeiten noch zur Konkurseröffnung entschließen … Die Kommission befürwortet diese Vorschläge, wird aber – da ihre Umsetzung noch weitere Prüfungen erfordert – erst mittelfristig einen entsprechenden Richtlinienvorschlag vorlegen“.

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ischen materiellen Insolvenzrechts möglich, das europaweit einheitliche Regeln über den Rang der Insolvenzforderungen und über die Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners im Vorfeld der Insolvenz enthielte. Solange es dagegen beim gegenwärtigen Stand des europäischen Insolvenzrechts bleibt, ist die Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz der Gesellschaft Sache der autonomen Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten, einschließlich der Frage, ob die hierfür bestellten Sicherheiten und die Rückzahlung im Vorfeld der Insolvenz der Insolvenzanfechtung unterliegen (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 lit. g, i und m EuInsVO 82).

IV. Grundgedanken des Reformvorschlags Betrachtet man die Problematik der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen de lege ferenda, so ist von drei rechtspolitischen Zielsetzungen auszugehen, zwischen denen ein Ausgleich zu finden ist. Auf der einen Seite muss der Gesetzgeber, wenn er Gesellschaftsformen zulässt, bei denen die unbeschränkte persönliche Haftung der Gesellschafter ausgeschlossen ist und den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet, dafür Sorge tragen, dass das Gesellschaftsvermögen den Gläubigern zu diesem Zweck unverkürzt zur Verfügung steht. Die herkömmlichen Bestimmungen über die Aufbringung und Erhaltung eines bestimmten Grund- oder Stammkapitals reichen hierzu nicht aus, weil sie durch andere Finanzierungsformen – Gesellschafterdarlehen, gesellschafterbesicherte Drittdarlehen – umgangen werden können. Auf der anderen Seite sollte die Freiheit der Gesellschafter, die Rechtsform frei auszuwählen, in der sie der Gesellschaft Finanzmittel zur Verfügung stellen, möglichst wenig beeinträchtigt werden. Drittens sollte angestrebt werden, das geltende Recht zu vereinfachen, soweit das ohne gravierende Beeinträchtigung der vorgenannten materiellen Zielsetzungen möglich erscheint. Denn die Klage, dass der gegenwärtige Rechtszustand unangemessen kompliziert sei 83, erscheint als berechtigt. Überprüft man das geltende Recht unter den genannten drei Gesichtspunkten, so ist zwischen den auf dem Prinzip der insolvenzrechtlichen Rangrückstufung beruhenden „Novellenregeln“ und den auf das gesellschaftsrechtliche Prinzip der Kapitalerhaltung gestützten „Rechtsprechungsregeln“ zu unterscheiden. Das Ergebnis ist, um es vorwegzunehmen, das folgende:

82 Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. 5. 2000 über Insolvenzverfahren, ABl. L 160/1ff.; in Kraft getreten am 31. 5. 2002. Vgl. dazu im Einzelnen U. Huber in Lutter (Fn. 1) S. 131, 161 ff. 83 Vgl. zuletzt Kallmeyer GmbHR 2004, 377, 378: „… in einem solchen Maße kompliziert, dass sie selbst für den versierten Geschäftsführer nicht mehr nachvollziehbar sind“; Grunewald/Noack GmbHR 2005, 189, 193.

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Die Novellenregeln, mit den Kernbestimmungen der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (Rückstufung der Gesellschafterforderungen in der Insolvenz) und § 135 InsO (Anfechtbarkeit der im letzten Jahr vor der Antragstellung erfolgten Leistungen auf Gesellschafterforderungen und von Sicherheiten für Gesellschafterforderungen) sollten in jedem Fall bestehen bleiben 84. Dabei sollten die Ausnahmeregeln für Kleinbeteiligungen bis zu zehn Prozent 85 und für Sanierungsdarlehen (bisher § 32 Abs. 3 Satz 2, 3 GmbHG) beibehalten werden. Denn bei Gesellschaften, bei denen den Gläubigern im Insolvenzfall nur das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse zur Verfügung steht, dürfen die Gesellschafter, soweit sie unternehmerisch und nicht nur mit Kleinanteilen oder zu Sanierungszwecken beteiligt sind, bei der Verteilung der Masse nicht mit den außenstehenden Gläubigern der Gesellschaft in Konkurrenz treten. Sie müssen vielmehr, zum Ausgleich für das Privileg der Haftungsbeschränkung, das Vermögen, mit dem sie die Gesellschaft ausgestattet haben, den außenstehenden Gläubigern in vollem Umfang zur Verfügung stellen, bis diese vollständig befriedigt sind (dazu im Einzelnen nachfolgend unter V.). Wie bereits dargestellt, ist auch in ausländischen Rechtsordnungen das Prinzip der insolvenzrechtlichen Rangrückstufung („subordination“) weithin anerkannt 86. Diese insolvenzrechtliche Rückstufung sollte konsequenterweise (wie in Spanien 87) auf alle Forderungen erstreckt werden, die den unternehmerisch beteiligten Gesellschaftern gegen die Gesellschaft zustehen 88. Ob die Kredite, die ein Gesellschafter seiner Gesellschaft zur Verfügung stellt, zu diesem Zeitpunkt „kapitalersetzenden“ Charakter gehabt haben oder nicht, sollte also anders als bisher in der späteren Insolvenz der Gesellschaft keine Rolle spielen. Hier sollte vielmehr durchgängig das Prinzip gelten, dass die Mittel, mit denen die beschränkt haftenden Gesellschafter die Gesellschaft ausgestattet haben, bei deren Insolvenz in erster Linie zur Befriedigung der außenstehenden Gläubiger dienen müssen, ehe Ansprüche der Gesellschaft befriedigt werden. Die Rechtsanwen84 Für eine Ausdehnung der Anfechtungsfrist auf zwei Jahre hat sich Altmeppen NJW 2005, 1911, 1914 ausgesprochen. Vgl. dazu unten VII 3 d S. 419. 85 Für eine Anhebung der Schwelle auf 25 Prozent (wie im österreichischen Recht, dazu oben III 2 S. 383 f) haben sich Claußen GmbHR 1996, 316, 321 und Bezzenberger (Fn. 16) S. 47 f. ausgesprochen, dazu unten V 4 a, b S. 401f. 86 So in den USA (oben III 1 S. 381 ff) und, wohl durchweg in Anlehnung an das deutsche Recht, in Österreich, Italien, Spanien, Griechenland, Portugal und Slowenien (oben III 2 S. 383 ff). 87 Vgl. oben III 2 S. 384 f. Ähnlich wohl auch das griechische und das portugiesische Recht, vgl. oben S. 385 Fn. 58, 59. 88 Ebenso Röhricht ZIP 2005, 505, 512. In der Tendenz ähnlich Altmeppen NJW 2005, 1911, 1914. Altmeppen will allerdings, wenn der Kredit vor Insolvenzeröffnung zurückgezahlt worden ist, den Gegenbeweis zulassen, dass die Gesellschaft bei Gewährung und Rückzahlung des Darlehens noch kreditwürdig war; in diesem Fall soll die Anfechtung entfallen.

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dung würde hierdurch erheblich vereinfacht, während die Mehrbelastung der Gesellschafter im praktischen Ergebnis nur geringfügig wäre und durch die Vorteile, die die Vereinfachung auch für sie mit sich brächte, aufs Ganze gesehen ausgeglichen würde (dazu im Einzelnen nachfolgend unter VI.). Dagegen sollte auf eine zusätzliche Anwendung der bisherigen „Rechtsprechungsregeln“ verzichtet werden 89. Solche Darlehen, die im Sinn der bisherigen Rechtsprechung kapitalersetzenden Charakter haben, sollten also, anders als bisher, nicht zusätzlich der analogen Anwendung der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Erhaltung des Grund- oder Stammkapitals (§ 57, 62 AktG, 30, 31 GmbHG) unterworfen werden 90. Neben der insolvenzrechtlichen Rückstufung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) und den sie absichernden Anfechtungstatbeständen (§ 135 InsO) besteht für einen solchen zusätzlichen Gläubigerschutz kein überzeugendes rechtspolitisches Bedürfnis – zumindest keines, das einen so weitgehenden Eingriff in die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter rechtfertigen könnte. Auf der anderen Seite würde die Rechtslage sehr viel klarer und einfacher, wenn das unübersichtliche und nur historisch erklärbare Nebeneinander von „Novellenregeln“ und „Rechtsprechungsregeln“ entfiele (dazu nachfolgend unter VII.). Zu klären bleiben zwei spezielle Probleme. Fraglich ist, ob Sonderbestimmungen für den Fall der sogenannten kapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung vorzusehen sind, um so den gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung festzuschreiben. Da der durch die Rechtsprechung geschaffene Rechtszustand sehr kompliziert ist, im Vergleich dazu den Gläubigern eher geringe Vorteile bringt und in Einzelfällen zu Nachschusspflichten der Gesellschafter an die Insolvenzmasse führt, die dem geltenden Recht sonst fremd sind, sollte auf solche Vorschriften besser verzichtet werden (unten VIII. 1). Überprüfungsbedürftig ist die Frist für die Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens gemäß § 6 AnfG. Sie sollte nicht, wie bisher, vom Zeitpunkt der Anfechtung zurückgerechnet werden, sondern vom Zeitpunkt, zu dem der Gläubiger den vollstreckbaren Titel erlangt hat, auf den er die Anfechtung stützt, oder wahlweise von dem Zeitpunkt, zu dem ein Insolvenzantrag gegen die Gesellschaft mangels Masse abgelehnt worden ist (unten VIII. 2).

89 Ebenso Fastrich, Festschrift Zöllner, 1998, Bd. I S. 143, 158; Bezzenberger (Fn. 16) S. 45 f. (auch schon de lege lata); Röhricht ZIP 2005, 505, 512f.; Grunewald/Noack GmbHR 2005, 189, 194; Altmeppen NJW 2005, 1911, 1914. Für Beseitigung der „Zweispurigkeit von Gesetzes- und Richterrecht“ de lege ferenda auch Ulmer in Großkomm. HGB, 2005, Einl. A Rdn. 104. 90 Von den hier untersuchten ausländischen Rechtsordnungen hat nur die österreichische die deutsche Doppelregelung nachgeahmt; alle übrigen beschränken sich auf insolvenzrechtliche Maßnahmen (vgl. oben III S. 381 ff).

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V. Beibehaltung der insolvenzrechtlichen Regeln der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO 1. Haftungsbeschränkung und insolvenzrechtliche Rückstufung als komplementäre Prinzipien In der Literatur besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass es notwendig ist, die allgemeinen Bestimmungen über den Eigenkapitalschutz im Recht der Kapitalgesellschaft, einschließlich der GmbH und Co. KG, durch besondere Regeln über Gesellschafterdarlehen und ähnliche Finanzierungshilfen zu ergänzen 91. Fundamentale Kritik ist nur vereinzelt geäußert worden 92. Die von den Kritikern erhobenen Einwände sind teils praktischer und teils grundsätzlicher Natur. Der praktische Einwand besagt, die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen könnten im Krisenfall die Sanierung der Gesellschaft erschweren 93. Hierauf ist unten gesondert einzugehen 94. Der grundsätzliche Einwand besagt, mit Variationen im Einzelnen, etwa folgendes: Neben den Regeln über die Insolvenzverschleppungshaftung seien zusätzliche Bestimmungen über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen entbehrlich 95; die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen seien „nicht erforderlich“ und es fehle an einer überzeugenden ratio legis 96; sie ließen sich weder auf ein „dringendes rechtspolitisches Bedürfnis“ noch auf ein „evidentes Postulat der Gerechtigkeit“ stützen 97. Diese grundsätzliche Kritik verkennt den engen rechtsdogmatischen und rechtspolitischen Zusammenhang, der zwischen den Regeln über die kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen und dem Prinzip der Haftungsbeschränkung in der Kapitalgesellschaft besteht. Es geht dabei um Folgendes:

91 Repräsentativ für die herrschende Einschätzung sind die Fn. 3 nachgewiesenen Darstellungen von Altmeppen, Goette, Hueck/Fastrich, Lutter/Hommelhoff, Pentz, Karsten Schmidt; vgl. auch Ulmer in Hachenburg (Fn. 27) §§ 32a, b. 92 Reiner, Festschrift Boujong, 1996, S. 415 ff.; Grunewald GmbHR 1997, 7ff. (vgl. jetzt aber Grunewald/Noack GmbHR 2004, 189, 194: für Beibehaltung der Novellenregeln); Koppensteiner AG 1998, 308ff.; Kallmeyer GmbHR 2004, 377, 378; wohl auch Drukarczyk, Festschrift Schneider, 1995, S. 171, 193ff. Im Ausgangspunkt auch Bezzenberger (Fn. 16) S. 43 f.; Cahn AG 2005, 217, 223f. Auch Bezzenberger und Cahn wollen die Rangrückstufung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO beseitigen, allerdings an der bisherigen Anfechtungsvorschrift des § 135 InsO festhalten. 93 Drukarczyk aaO. (Fn. 92); Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 390; Kallmeyer GmbHR 2004, 377, 378; Engert ZGR 2004, 817ff. 94 Vgl. dazu unten V 5 S. 402 ff. 95 Reiner aaO. (Fn. 92). 96 Grunewald aaO. (Fn. 92). 97 Koppensteiner aaO. (Fn. 92).

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Die Gesellschaftsformen der Aktiengesellschaft und der GmbH ermöglichen es den Gesellschaftern, unternehmerisch tätig zu sein, ohne mit ihrem persönlichen Vermögen für die Unternehmensschulden einstehen zu müssen. Sie können die Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen verweisen. Dieses Haftungsprivileg ist de lege ferenda nur zu rechtfertigen, wenn bezüglich der Ausstattung des haftenden Vermögens durch die Gesellschafter gewisse rechtliche Mindestanforderungen aufgestellt werden. Diese Mindestanforderungen dienen dem Gläubigerschutz auf direkte und auf indirekte Weise. Auf direkter Weise dienen sie ihm, indem sie dafür Sorge tragen, dass von den Gesellschaftern zumindest ein gewisser Deckungsstock zur Zahlung der Schulden aufgebracht wird. Auf indirekte Weise sorgen die Mindestanforderungen für Gläubigerschutz, indem sie es verhindern, dass die Gesellschafter das volle Risiko des Fehlschlags ihres Unternehmens auf die Gläubiger abwälzen. Sie müssen sich an dem Unternehmen mit einem gewissen Mindesteinsatz beteiligen, den sie nur zurückfordern dürfen, wenn die außenstehenden Gläubiger, die der Gesellschaft Kredit gewährt haben, befriedigt worden sind. Durch Misswirtschaft oder übermäßige Risikobereitschaft schädigen sie dann nicht nur die Gläubiger, sondern auch sich selbst. Soweit die Gesellschafter, oder zumindest einzelne von ihnen, persönlich unbeschränkt haften, sorgt die Haftung für die erforderliche Selbstkontrolle. Dieses Korrektiv fällt weg, wenn alle Gesellschafter, soweit sie natürliche Personen sind, nur mit dem Gesellschaftsvermögen haften. Das soll dadurch einigermaßen ausgeglichen werden, dass die Gesellschafter verpflichtet sind, mit einem bestimmten Mindesteinsatz am Risiko teilzunehmen. Das traditionelle Mittel, einen solchen Mindesteinsatz der Gesellschafter sicherzustellen, bilden die Vorschriften über Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung. Die Gesellschafter sind verpflichtet, die Gesellschaft mit dem durch die Satzung vorgeschriebenen Kapital auszustatten, für das eine gewisse Mindesthöhe gesetzlich vorgeschrieben ist. Dieses System kann aber seinen Zweck nur unvollkommen erreichen. Die Mindestkapitalgrenze muss, um den Bedürfnissen auch kleinerer Unternehmen angemessen Rechnung zu tragen, notwendigerweise verhältnismäßig niedrig angesetzt werden. Das so bestimmte Mindestkapital bleibt hinter der Ausstattung durch die Gesellschafter, die die Gesellschaft benötigt und die aufzubringen die Gesellschafter auch bereit sind, oft weit zurück. Soweit das gesetzliche Mindestkapital gedeckt ist, hindert nichts die Gesellschafter, zusätzliche Mittel der Gesellschaft in anderer Form zuzuführen – vor allem durch Gesellschafterdarlehen oder dadurch, dass sie für Darlehen Dritter Sicherheit leisten. Theoretisch wäre es möglich, eine Regel aufzustellen, die die Gesellschafter verpflichtet, die Gesellschaft mit einem Grund- oder Stammkapital auszustatten, das im Verhältnis zum Umfang und zu den Risiken des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens „angemessen“ ist. Praktisch ist eine solche Regel aus zwei Gründen zum Scheitern verurteilt. Erstens ist es nicht möglich, für die „An-

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gemessenheit“ der Kapitalausstattung hinreichend bestimmte Regeln aufzustellen, die justiziabel sind und den Mindesterfordernissen der Rechtssicherheit genügen 98. Zweitens würde eine solche Regel den Gesellschafter im Fall des Fehlschlags des Unternehmens mit Nachschusspflichten bedrohen, deren Höhe er in dem Zeitpunkt, in dem er die Beteiligung eingeht, nicht mit Sicherheit abschätzen kann. Das aber läuft dem Grundgedanken der Haftungsbeschränkung zuwider. Der Gesellschafter soll selbst bestimmen können, welches Risiko er durch seine Beteiligung übernimmt. Der Ausweg aus diesem gesetzgeberischen Dilemma besteht darin, sich nicht an idealen Anforderungen an ein „angemessenes“ Eigenkapital, sondern an der Realität zu orientieren. In der Insolvenz der Gesellschaft wird als „Einsatz“ des Gesellschafters im oben beschriebenen Sinn, über das gezeichnete Grund- oder Stammkapital hinaus, diejenige finanzielle Ausstattung behandelt, die der Gesellschafter der Gesellschaft tatsächlich zur Verfügung gestellt hat. Dies geschieht dadurch, dass der Gesellschafter mit den Ansprüchen auf Rückzahlung, die ihm gegen die Gesellschaft zustehen, hinter den übrigen Insolvenzgläubigern im Rang zurücktreten muss, so wie § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO das anordnet. Dass der Gesellschafter dieses Rangverhältnis durchkreuzt, indem er sich die nicht zum förmlichen Satzungskapital gehörende Kapitalausstattung im Vorfeld der Insolvenz zurückzahlen lässt oder indem er sich durch die Gesellschaft Sicherheiten bestellen lässt, wird durch die besonderen Anfechtungstatbestände des § 135 InsO verhindert. Das heißt: In der Insolvenz der Gesellschaft wird nicht nur das satzungsmäßige Grund- oder Stammkapital, sondern darüber hinaus das gesamte „faktische“ Kapital, mit dem der Gesellschafter die Gesellschafter ausgestattet hat, als Risikokapital behandelt. Wenn den Gesellschaftern nur das Gesellschaftsvermögen, mit dem die Gesellschafter die Gesellschaft ausgestattet haben, als Haftungsmasse zur Verfügung steht, und wenn dieses Vermögen nicht ausreicht, die Ansprüche von Drittgläubigern und die eigenen Ansprüche der Gesellschafter auf Rückzahlung der Mittel zu befriedigen, mit denen sie die Gesellschaft ausgestattet haben, so entspricht es sowohl einem Gebot der ökonomischen Vernunft als auch einem Gebot der Fairness, nämlich dem Gedanken einer ökonomisch sinnvollen und fairen Risikoverteilung, dass die Gesellschafter mit ihren eigenen Forderungen hinter die Forderungen der Drittgläubiger zurücktreten müssen. Das ist sozusagen der Preis, den sie für das Privileg der Haftungsbeschränkung zu entrichten haben. Es handelt sich somit bei dem Prinzip der insolvenzrechtlichen Rückstufung der Gesellschafterforderungen um eine notwendige Ergänzung der Regeln über die Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung, die anderenfalls die ihnen vom Gesetz zugedachte Funktion nicht erfüllen können. Beide Rechtsinstitute, die 98 Dazu überzeugend BGHZ 31, 258, 268.

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Regeln über die Aufbringung und Erhaltung des satzungsmäßigen Stamm- oder Grundkapitals und die Regeln über die insolvenzrechtliche Rückstufung, dienen übereinstimmend dem Zweck, darauf hinzuwirken, dass der Gesellschafter, der den Vorteil der umfassenden Haftungsbeschränkung in Anspruch nimmt, sich in einer einigermaßen angemessenen Weise am Risiko der Gesellschaft beteiligt. Manches mag dafür sprechen, das obligatorische Mindestkapital bei der GmbH herabzusetzen oder hier sogar auf ein gesetzlich fixiertes Mindestkapital ganz zu verzichten und die Höhe des satzungsmäßigen Stammkapitals, für das die Regeln über die Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung gelten, ins volle Belieben der Parteien zu stellen. Sollte der Gesetzgeber sich hierfür entscheiden, wäre es umso wichtiger, den Zugriff der Gläubiger auf das Kapital, mit dem die Gesellschafter die Gesellschaft tatsächlich ausgestattet haben, durch die Rückstufung der auf seine Rückzahlung gerichteten Gesellschafterforderungen sicherzustellen 99.

2. Insolvenzrechtliche Rückstufung und Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung Für den betroffenen Gesellschafter ist die Rückstufung in der Insolvenz nicht nur mit Nachteilen verbunden. Nach der Rechtsprechung gibt es zwar keine ungeschriebene Regel, die positiv vorschreibt, zum Ausgleich für die allseitige Haftungsbeschränkung die Gesellschaft mit einem angemessenen Eigenkapital auszustatten. Eine völlig unangemessene Eigenkapitalausstattung wird aber von der Rechtsprechung als Missbrauch der Rechtsform der juristischen Person angesehen, der dazu führt, dass der Gesellschafter – sei es aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung, sei es aufgrund einer deliktischen Haftung wegen sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB – das Privileg der Haftungsbeschränkung verliert 100. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine solche zum Haftungsdurchgriff führende Unterkapitalisierung vorliegt, werden allerdings „eigenkapitalersetzende“ Gesellschafterdarlehen dem Eigenkapital hinzugerechnet 101. Im Ergebnis führt das dazu, dass die Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung praktisch nur eine geringe Bedeutung hat. Denn Gesellschafter, die die Gesellschaft mit einem unverhältnismäßig niedrigem nominalen Eigenkapital ausstatten, sind im Allgemeinen genötigt, den Finanzbedarf der Gesellschaft, den sie durch Fremdkredite nicht decken kann, durch Gesellschafterdarlehen oder vergleichbare Finanzhilfen zu befriedigen. Die Folge ist, dass nur eine „nominelle“, aber keine „materielle“ Unterkapitalisierung vorliegt. 99 Vgl. auch Altmeppen NJW 2005, 1911, 1914. 100 Vgl. BGHZ 31, 258, 268, 271. 101 BGHZ 31, 258, 271.

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Selbstverständlich setzt diese Zurechnung der Gesellschafterdarlehen und ähnlicher Finanzierungshilfen zum „materiellen“ Eigenkapital der Gesellschaft voraus, dass sie zumindest in der Insolvenz und rückwirkend im Vorfeld der Insolvenz tatsächlich wie haftendes Eigenkapital behandelt werden, dass also die daraus resultierenden Forderungen in der Insolvenz hinter die Forderungen der Fremdgläubiger zurückgestuft werden und dass darauf im Vorfeld der Insolvenz erbrachte Leistungen vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden können. Die gesetzliche Rückstufung bringt also für den Gesellschafter zwar den Nachteil, dass er die Aussicht auf die Konkursquote, was immer sie wert sein mag, verliert; sie bringt ihm aber den Vorteil, dass er die scharfe Sanktion der Durchgriffsoder Deliktshaftung wegen Unterkapitalisierung praktisch kaum zu befürchten braucht. Oder umgekehrt gesagt: Würde man, wie es von den Kritikern gefordert wird 102, auf besondere Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen, und speziell über ihre Rückstufung in der Insolvenz, ersatzlos verzichten, so müsste der Gesellschafter, der hierdurch begünstigt werden soll, befürchten, dass er sozusagen vom Regen in die Traufe kommt, weil schon die nominelle Unterkapitalisierung zur persönlichen Haftung führen würde. Diese persönliche Haftung wäre der Höhe nach unbegrenzt und daher für den Gesellschafter viel belastender als das bisherige Kapitalersatzrecht, auf dessen Grundlage der Gesellschafter nicht mehr verlieren kann als das, was er in der Vergangenheit freiwillig in die Gesellschaft eingebracht hat.

3. Der Kreis der erfassten Gesellschaften und Personen a) Gesellschaften mit allseitiger Haftungsbeschränkung inländischen und ausländischen Rechts Die Rückstufung der Gesellschafterforderungen in der Insolvenz der Gesellschaft ist, wie dargelegt, dadurch gerechtfertigt, dass den Drittgläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet und die persönliche Haftung der Gesellschafter ausgeschlossen ist. Die Rangrückstufung muss deshalb für alle Gesellschaften gelten, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet. Das sind nach deutschem Recht insbesondere die GmbH, die typische GmbH und Co. KG und die Aktiengesellschaft, neuerdings auch die Europäische Gesellschaft, ferner alle ausländischen Gesellschaften mit einer entsprechenden Haftungsverfassung, sofern über ihr Vermögen im Inland ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, mit der Folge, dass die Vorschriften des inländischen Insolvenzrechts, und daher auch die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5 und 135 InsO auf sie anwendbar sind 103. 102 Oben Fn. 92. 103 Dazu Ulrich Huber in Lutter (Fn. 1) S. 132, 160 ff.

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b) Keine Erstreckung auf gesetzestypische Kommanditgesellschaften Zu erwägen bleibt, ob das Prinzip der insolvenzrechtlichen Rückstufung auch auf gesetzestypische Kommanditgesellschaften erstreckt werden soll (also auf Kommanditgesellschaften, bei denen mindestens eine natürliche Person unbeschränkt haftet), soweit es um die Behandlung von Forderungen des Kommanditisten in der Insolvenz der Gesellschaft geht. Nach bisheriger Rechtslage ist die Frage umstritten 104; der BGH konnte sie bislang offen lassen 105. Die bisherige Erfahrung bietet keinen überzeugenden Beleg, dass hierfür ein dringendes praktisches Bedürfnis besteht. Die rechtspolitische Rechtfertigung für die Rückstufung, die darin liegt, dass das Gesellschaftsvermögen die ausschließliche Haftungsgrundlage für die Gesellschaftsgläubiger darstellt und deshalb durch konkurrierende Insolvenzforderungen der Gesellschafter nicht verkürzt werden darf, trifft auf die gesetzestypische Kommanditgesellschaft nicht zu. Sollte wirklich einmal der Fall eintreten, dass den Gläubigern einer gesetzestypischen Kommanditgesellschaft praktisch nur das Gesellschaftsvermögen haftet, weil der Komplementär vollkommen vermögenslos ist 106, käme immer noch die analoge Anwendung der für Gesellschafterforderungen in der Insolvenz der GmbH geltenden Vorschriften in Betracht. Von einer ausdrücklichen Einbeziehung der gesetzestypischen Kommanditgesellschaft in den Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO sollte deshalb abgesehen werden.

c) Gesellschafterähnliche Beteiligungen Von der Rückstufung erfasst sind Forderungen, die den Gesellschaftern gegen die Gesellschaft zustehen. Fraglich ist, inwieweit Forderungen Dritter, die nicht Gesellschafter sind, die aber eine gesellschafterähnliche Stellung haben, gleichzustellen sind. Die Rechtsprechung hat das in einer Reihe von Fällen anerkannt – so etwa für Darlehensforderungen des Treugebers („Hintermannes“), der sich durch Treuhänder („Strohmänner“) an der Gesellschaft beteiligt 107, für Forderungen des

104 Befürwortend etwa Karsten Schmidt (Fn. 3) § 18 III 4; ders. in Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2002, §§ 32a, b Rdn. 22; Bayer in v. Gerkan/Hommelhoff (Fn. 3) Rdn. 11.1, 11.43ff.; MünchKommInsO/Stodolkowitz (Fn. 8) § 135 Rdn. 122ff.; vgl. auch Ulrich Huber ZGR 1988, 1, 40 ff. A.A. die wohl herrschende Meinung, vgl. etwa OLG Frankfurt/M. WM 1982, 198, 199; LG Düsseldorf ZIP 1988, 1569, 1570; Schilling in Staub, HGB, 4. Aufl. 1987, § 172a Rdn. 5; Rümker ZGR 1988, 494, 509ff.; Habersack ZHR 162 (1998), 201, 213f. 105 BGHZ 112, 31, 39. 106 Wie im vielberufenen, aber doch wohl singulär gebliebenen „Rektor-Fall“ BGHZ 45, 204 ff. 107 BGHZ 31, 258, 263ff.; 75, 334, 335; 95, 188, 193.

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Unternehmens, das über ein abhängiges Tochterunternehmen an der Gesellschaft beteiligt ist 108, für Forderungen des an der Gesellschaft beteiligten stillen Gesellschafters mit besonderen, über die gewöhnlichen Rechte des stillen Gesellschafters hinausgehenden Befugnissen 109, und für Forderungen eines Gläubigers der Gesellschaft, der sich Geschäftsanteile an der Gesellschaft hat verpfänden und darüber hinaus Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft hat einräumen lassen, die einem bloßen Pfandgläubiger an sich nicht zustehen 110. De lege ferenda sollte die Rückstufung auf Forderungen der Gesellschafter beschränkt werden und es sollte der Rechtsprechung überlassen bleiben, zu entscheiden, ob in besonderen Einzelfällen die Regelung im Weg der Analogie auf Dritte in gesellschaftergleicher Position erstreckt werden kann. Eine gesetzliche Regelung in dieser Richtung empfiehlt sich nicht. Sie könnte allzu leicht ein Eigenwicht entwickeln und zu einer Einbeziehung von einflussreichen Drittgläubigern, insbesondere von Kreditinstituten, führen, die durch die ratio legis der Rückstufung nicht gerechtfertigt und rechtspolitisch unerwünscht ist 111. Kreditinstitute, solange sie sich an der Gesellschaft nicht beteiligen, dürfen nicht Gefahr laufen, dass ihre Kredite zurückgestuft und ihre Kreditsicherheiten angefochten werden. Im Interesse einer reibungslosen Kreditversorgung der Gesellschaften, und insbesondere auch im Hinblick auf mögliche Sanierungsfälle, darf hieran nicht der geringste Zweifel bestehen. Eine Einbeziehung Dritter, die nicht Gesellschafter im förmlichen Sinn sind, darf deshalb nur mit großer Behutsamkeit erfolgen, und sie sollte durch irgendwelche gesetzlichen Bestimmungen nicht gefördert werden.

4. Ausnahme für Kleinbeteiligungen a) Beibehaltung des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG Anders als bei unternehmerischen Beteiligungen, bedarf bei reinen Finanzbeteiligungen die Haftungsbeschränkung keiner besonderen Rechtfertigung oder anders gesagt: Die Haftungsbeschränkung ist bei reinen Finanzbeteiligungen

108 BGHZ 81, 311, 314ff.; 105, 168, 176ff.; BGH NJW 1999, 3822; NJW 2001, 1490; NZG 2005, 395; dazu Goette (Fn. 3) Rdn. 116 ff. Eine „wirtschaftliche Einheit“ zwischen dem mittelbar und dem unmittelbar beteiligten Unternehmen halten dagegen Lutter/Hommelhoff (Fn. 3) Rdn. 63 f. für erforderlich. 109 BGHZ 106, 7, 9. 110 BGHZ 119, 191, 195f. 111 Charakteristisch für derartige Ausweitungsbestrebungen, denen das Gesetz keinen Vorschub leisten sollte, sind die Überlegungen von Schwintowski/Dannischewski ZIP 2005, 840, 843 f.; vgl. im gleichen Sinn auch Fleischer ZIP 1998, 313ff.; Pentz (Fn. 3) Rdn. 67. Zu Recht kritisch gegenüber solchen Bestrebungen Eidenmüller (Fn. 93) S. 391 ff; ablehnend auch Habersack ZGR 2000, 384, 393 ff.

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schon deshalb gerechtfertigt, eben weil es sich um eine Finanzbeteiligung und nicht um eine unternehmerische Aktivität handelt. Deshalb ist es rechtspolitisch ohne weiteres vertretbar, rein finanziell beteiligte Gesellschafter ohne besondere Einflussmöglichkeit gewöhnlichen Drittgläubigern gleichzustellen, so wie dies nicht nur in § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG, sondern auch in vielen ausländischen Rechtsordnungen vorgesehen ist 112. Es handelt sich hierbei um eine Frage des gesetzgeberischen Ermessens. Dabei verdient aus Gründen der Rechtssicherheit eine formale Grenzziehung nach dem Kriterium der Beteiligungshöhe 113 vor einer materiellrechtlichen Abgrenzung nach dem Kriterium des maßgeblichen Einflusses 114 den Vorrang: Gesellschafter, insbesondere Kreditinstitute, die ein Darlehen gewähren, müssen wissen, dass sie sich sozusagen „im sicheren Hafen“ befinden, solange sie eine bestimmte Beteiligungshöhe nicht überschreiten; ohne diese Sicherheit hätte ein Kleinbeteiligungsprivileg wenig Sinn. Die Frage soll hier nicht nochmals in allen Einzelheiten aufgerollt werden. De lege ferenda wird vorgeschlagen, an der erst 1998 eingeführten Bestimmung des § 32 Abs. 3 Satz 2 GmbHG, trotz aller seinerzeit geäußerten Kritik 115, unverändert festzuhalten. Seither sind keine Sachverhalte bekannt geworden, die es rechtfertigen könnte, die Regelung nach so kurzer Zeit schon wieder umzustoßen, sei es im Sinn einer Beseitigung, sei es im Sinn einer Anhebung der Schwelle des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG 116. Rechtsvergleichend gesehen, halten wir damit zwischen solchen Rechtsordnungen, die alle Gesellschafter der Rückstufung unterwerfen 117, und solchen Rechtsordnungen, die die Rückstufung erst bei über 25-prozentigen Beteiligungen eingreifen lassen 118, eine mittlere Linie ein. Auf ein Privileg für nicht unternehmerische Kleinbeteiligungen sollte jedenfalls dann nicht verzichtet werden, wenn die insolvenzrechtliche Rückstufung, wie im folgenden vorgeschlagen wird, auf alle Forderungen der betroffenen Gesellschafter erstreckt wird, ohne zu unterscheiden, ob ihnen „kapitalersetzende“ Kredite zugrunde liegen oder nicht.

112 Vgl. oben III 1, 2 S. 381 ff. Unter den dort untersuchten Rechtsordnungen verzichtet nur Italien auf ein Kleinbeteiligungsprivileg, oben III 2 S. 384. 113 Wie in Österreich und Spanien, vgl. oben III 2 S. 383, 384. 114 So die Rechtslage in den Vereinigten Staaten, vgl. oben III 1 S. 381 f. 115 In der deutschen Literatur war seinerzeit die Einführung des Kleinbeteiligungsprivilegs durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz von 1998 (oben Fn. 10) auf verbreitete Kritik gestoßen, vgl. Pentz GmbHR 1999, 437ff. mit umfassenden Nachweisen; in diesem Sinn auch Habersack ZHR 162 (1998), 201, 208ff. Sie wird dagegen befürwortet von Lutter/Homelhoff (Fn. 3) Rdn. 66; Claussen GmbHR 1996, 316, 321ff.; Grunewald GmbHR 1997, 7ff.; Bezzenberger (Fn. 16) S. 46f. 116 Für eine Anhebung auf 25 Prozent plädieren Claussen und Bezzenberger aaO. (Fn. 115). 117 So Italien, oben III 2 S. 384. 118 So Österreich, oben III 2 S. 383 f.

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b) Keine Sonderregeln für Aktiengesellschaften Bei der Aktiengesellschaft geht die Rechtsprechung bisher davon aus, dass die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen grundsätzlich erst ab einer Beteiligungshöhe anwendbar sein sollen, die 25 Prozent überschreitet 119. Hieran sollte nicht festgehalten werden. Die tatsächlichen Gegebenheiten haben sich seit der Entscheidung des BGH im Fall Beton- und Monierbau aus dem Jahr 1984 entscheidend verändert. Auf der einen Seite verleihen angesichts der heute üblichen Präsenzen auf Hauptversammlungen börsennotierte Aktiengesellschaften zehn Prozent der Aktien ein viel höheres Einflusspotential, als es seinerzeit der Fall war. Auf der anderen Seite haben die deutschen Kreditinstitute ihre Beteiligungen an außerhalb des Bankensektors tätigen Aktiengesellschaften, also an Industrie-, Handels- und Versicherungsunternehmen, wesentlich verringert. Die Fälle, in denen die Hausbank an ihrem Großkunden eine 25-prozentige Beteiligung hielt, dürften der Vergangenheit angehören, und jedenfalls besteht für den Gesetzgeber kein Anlass mehr, hierauf besondere Rücksticht zu nehmen. Banken, die eine Rückstufung ihrer Forderungen aus dem gewöhnlichen Kreditgeschäft vermeiden wollen, ist es zuzumuten, sich mit der Beteiligung an Aktiengesellschaften, die zugleich ihre Kunden sind, auf höchstens zehn Prozent zu beschränken. Das gilt umso mehr, als Beteiligungen, die in der Krise einer Aktiengesellschaft zu Sanierungszwecken erworben werden, nach der Bestimmung des § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG (an der festzuhalten ist 120) in den Höchstbetrag von zehn Prozent nicht einberechnet werden. Nach alledem ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung weiterhin unterschiedlich zu behandeln 121. Im Ergebnis heißt das: Die Bestimmung des bisherigen § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG ist in die Insolvenzordnung zu verlagern und auf alle Gesellschaften zu erstrecken, die dem Prinzip der insolvenzrechtlichen Rückstufung der Gesellschafterforderungen unterliegen, insbesondere auch auf Aktiengesellschaften. Meint man dagegen, bei Aktiengesellschaften an der 25-Prozentgrenze festhalten zu müssen, sollte man bei der GmbH die Schwelle ebenfalls anheben122.

119 BGHZ 90, 381 ff.; kürzlich bestätigt durch BGH ZIP 2005, 1316ff. Vgl. dazu oben Fn. 8. 120 Dazu im Folgenden unter III 5. S. 402 ff. 121 Wenn man dagegen eine unterschiedliche Behandlung für geboten hält, leuchtet im Grunde die spanische Lösung (oben III 2 S. 384), die bei börsennotierten Gesellschaften eine niedrigere Beteiligung (fünf Prozent) ausreichen lässt als bei sonstigen Gesellschaften (zehn Prozent), noch eher ein als die in Deutschland gegenwärtig praktizierte umgekehrte Regelung. 122 Wie in der Literatur von Claussen und Bezzenberger vorgeschlagen worden ist, oben Fn. 116.

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5. Sanierungskredite a) Sanierungsfeindlichkeit des bisherigen Kapitalersatzrechts? In der Literatur wird gegen die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen der Einwand erhoben, sie erschwerten aussichtsreiche Sanierungen notleidender Gesellschaften 123. Auch nach Einführung des Sanierungsprivilegs des § 32 Abs. 3 Satz 3 GmbHG 124 ist dieser Einwand nicht verstummt 125. Teilweise wird hieraus eine Fundamentalkritik gegenüber den Sonderregeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen abgeleitet 126. Teils wird gefordert, diejenigen Darlehen von der Rückstufung in der Insolvenz zu befreien, die „in der Krise zur Überwindung der Krise“ gewährt werden 127. Bei einer Bewertung dieser kritischen Einwände ist eines vorweg zu bedenken: Gesellschafterdarlehen werden vielfach nicht erst im Sanierungsfall gewährt, sondern um der Gesellschaft diejenigen Mittel zukommen zu lassen, die sie zur Aufnahme, zur Erweiterung oder zur Fortführung ihres Betriebs benötigt. Ob sie von Anfang an „kapitalersetzend“ im Sinn der Rechtsprechung sind, mag im konkreten Fall zweifelhaft sein; oft erlangen sie diesen Charakter erst dadurch, dass der Gesellschafter sie nach dem späteren Eintritt der Krise in der Gesellschaft „stehen läßt“ 128. Sanierungsdarlehen im eigentlich Sinn stellen daher nur einen vergleichsweise schmalen Ausschnitt aus dem gesamten Komplex der Gesellschafterkredite dar. Eine generelle Kritik gegenüber den Sonderregeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen lässt sich daher aus der angenommenen „Sanierungsfeindlichkeit“ dieser Regeln nicht ableiten. Zu bedenken ist ferner, dass Gesellschafterdarlehen, die gleichen Rang mit gewöhnlichen Insolvenzforderungen beanspruchen, als Mittel für einen ernsthaften Sanierungsversuch in vielen, wenn nicht den meisten Fällen ungeeignet sind. Das gilt jedenfalls solange, wie das Gesetz am Insolvenzgrund der Überschuldung und an der damit verbundenen Insolvenzantragspflicht der überschuldeten Kapitalgesellschaft festhält (§§ 19 InsO, 92 AktG, 64 GmbHG, 130a, 177a HGB). Denn reguläre Darlehen ohne gleichzeitige Kapitalmaßnahmen können zwar eine bereits eingetretene oder drohende Zahlungsunfähigkeit beheben, aber sie können eine bereits eingetretene Überschuldung nicht beseitigen und einer drohenden Überschuldung nicht vorbeugen. Was die Gesellschaft, die überschuldet ist, oder der die Überschuldung droht, zur Sanierung braucht, ist die Zuführung von

123 124 125 126 127 128

So vor allem Drukarczyk in seinem Beitrag aus dem Jahr 1995 (Fn. 92). Eingeführt durch das KonTraG vom 27. 4. 1998 BGBl. I 786. Vgl. Eidenmüller, Kallmeyer und Engert aaO. (Fn. 93). So Kallmeyer GmbHR 2004, 377, 378. So Engert ZGR 2004, 813, 839. Oben Fn. 23, 24.

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Mitteln, ohne dass sich gleichzeitig der Schuldenstand erhöht. Das wird bei dem Vorschlag, das Sanierungsprivileg des § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbH zu erweitern und alle Gesellschafterdarlehen von der Rückstufung in der Insolvenz zu befreien, die „in der Krise zur Überwindung der Krise“ gewährt werden 129, allzuleicht übersehen. Gesetzestreue Gesellschafter dürften sich hierauf nicht einlassen und müssten die ihnen zugedachte Vergünstigung dadurch wieder beseitigen, dass sie in Bezug auf den von ihnen gewährten Kredit einen Rangrücktritt vereinbaren 130. Unterlassen sie das, droht ihnen, soweit sie Geschäftsführer sind, die persönliche Schadensersatzhaftung aus § 823 Abs. 2 BGB wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht (und außerdem die Erstattungspflicht im Hinblick auf geleistete Zahlungen gemäß §§ 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, 64 Abs. 2 GmbHG). Ein besonderes Sanierungsprivileg für Gesellschafterkredite ist in dieser Lage sinnlos. Was die verbleibenden Sanierungsfälle betrifft, sind für die Behauptung, die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen führten dazu, dass erfolgversprechende Sanierungsversuche unterbleiben, empirische Belege nicht bekannt. Prüft man sie auf ihre Plausibilität, so ist zu unterscheiden. Im Allgemeinen wäre es ein eher irrationales Verhalten, wenn ein Gesellschafter, der in der Krise der Gesellschaft eine Chance sieht, durch Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft eine gefährdete Beteiligung zu retten, diesen Rettungsversuch nur deshalb unterließe, weil er damit rechnen muss, bei einem Fehlschlag des Sanierungsversuchs auf sein Darlehen, da es „kapitalersetzend“ ist, keine Konkursquote zu bekommen 131. Dazu sind die im Einzelfall zu erwartenden Konkursquoten zu schlecht prognostizierbar, und die durchschnittlichen Konkursquoten zu niedrig. Ein rational kalkulierender Gesellschafter wird deshalb seine Chance, beim Fehlschlag der Sanierung etwas von seinem Darlehen wiederzubekommen, mit praktisch gleich Null bewerten. Dann aber spielt die Frage, ob das Darlehen in der Insolvenz gleichrangig mit den übrigen Insolvenzforderungen oder nachrangig bedient wird, für seine Sanierungsentscheidung keine Rolle. Aber selbst ein Gesellschafter, der sich für den Fehlschlag der Sanierung eine Konkursquote von beispielsweise zehn Prozent ausrechnet, wird sich hiervon nicht allzusehr beeindrucken lassen. Angenommen, das Sanierungsdarlehen beträgt 100 000 Euro und die im Fall des Fehlschlags zu erwartende Insolvenzquote zehn Prozent, so ist nicht damit zu rechnen, dass ein Gesellschafter 129 Oben Fn. 127. 130 Vgl. dazu BGHZ 31, 258, 272; 146, 264, 269ff. In der zuletzt genannten Entscheidung verlangt der BGH, um die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung abzuwenden, einen „qualifizierten Rangrücktritt“, d. h. eine vertragliche Rückstufung der Darlehensforderung in der Insolvenz verbunden mit dem Verzicht, die Darlehensforderung vor Überwindung der Krise geltend zu machen. 131 Engert ZGR 2004, 812, 839 hält es dagegen für möglich und naheliegend, „dass ein Gesellschafter nur zu einer rettenden Investition bewegt werden kann, wenn er sie in Form von Fremdkapital tätigen darf“.

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bereit ist, beim Fehlschlag der Sanierung zwar den Verlust von 90 000, aber nicht den Verlust von 100 000 Euro zu riskieren. Die Aussicht auf die Insolvenzquote kann deshalb auch hier für die Sanierungsentscheidung nicht den Ausschlag geben.

b) Sanierung durch Banken Eine besondere Lage besteht allerdings für Banken. Wenn sie der Gesellschaft früher Kredite gegen Sicherheitenbestellung gewährt haben und in der Krise zusätzliche Kredite gewähren oder auch nur die bisher gewährten Kredite „stehenlassen“, so laufen sie Gefahr, dass im Fall der Insolvenz der Gesellschaft die ursprünglich unanfechtbar erworbene Sicherheit nachträglich mit Hilfe der Anfechtung gemäß § 135 Nr. 1 InsO angegriffen wird. Dies kann für die Entscheidung der Bank, ob sie in der Krise weiterhin Kredit gewähren will, tatsächlich von Bedeutung sein. Bei rationaler Betrachtung sollten Banken hieraus aber nicht den Schluss ziehen, erfolgversprechende Sanierungsversuche zu unterlassen, sondern, dass es gefährlich und unzweckmäßig ist, sich an den eigenen Kreditnehmern mit mehr als zehn Prozent zu beteiligen. Ist der Erwerb einer größeren Beteiligung Bestandteil des Sanierungskonzepts der Bank, so hilft ihr das Sanierungsprivileg des § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG, das selbstverständlich beibehalten werden muss. Banken mit Beteiligungen bis zu zehn Prozent sind, wegen des ebenfalls beizubehaltenden Kleinbeteiligungsprivilegs des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG, von den Regeln des Kapitalersatzrechts ohnehin nicht betroffen 132. Für eine weitergehende Privilegierung von Sanierungsdarlehen, soweit sie von Kreditinstituten gewährt werden, ist ein praktisches Bedürfnis nicht zu erkennen.

c) Ergebnis: Unveränderte Beibehaltung des sachlichen Regelungsgehalts des bisherigen § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG Als Ergebnis de lege ferenda ist festzuhalten: Die Regelung des § 32a Abs. 3 Satz 3 ist der Sache nach aufrechtzuerhalten. Weitergehende gesetzliche Maßnahmen zur Förderung erfolgversprechender Sanierungen sind nicht geboten. Auf Einzelheiten ist später zurückzukommen (unten VI 4c S. 411).

132 Oben V 4 S. 399 f. Vorausgesetzt wird dabei allerdings, dass Kreditinstitute, die gesellschaftlich überhaupt nicht beteiligt sind, nicht schon deshalb den Regeln des Kapitalersatzrechts unterworfen werden dürfen, weil sie sich im Darlehensvertrag Kontroll- und Einflussrechte ausbedingen, vgl. dazu oben V 3c S. 399 mit Fn. 111.

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VI. Erstreckung der insolvenzrechtlichen Rückstufung auf alle gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen des betroffenen Gesellschafters 1. Das Prinzip Die Rückstufung von Gesellschafterforderungen in der Insolvenz der Gesellschaft beruht, wie dargelegt, auf folgendem Grundgedanken: Bei Gesellschaften, bei denen den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet, sind die Gesellschafter im Fall der Insolvenz verpflichtet, das Vermögen, mit dem sie die Gesellschaft ausgestattet haben, in erster Linie zur Befriedigung der außenstehenden Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung zu halten. Soweit sie der Gesellschaft selbst Kredit gewährt haben, müssen sie deshalb mit ihren Forderungen auf Rückführung dieses Kredits hinter den übrigen Gesellschaftsgläubigern im Rang zurücktreten. Soweit solche Kredite im Vorfeld der Insolvenz zurückgezahlt worden sind, müssen sie diese Zahlungen der Insolvenzmasse wieder zur Verfügung stellen 133. Wenn das so ist, ist es nur konsequent, das Prinzip der Rückstufung auf alle Forderungen zu erstrecken, die darauf beruhen, dass die Gesellschafter der Gesellschaft Kredit gewährt haben, oder anders gesagt: auf alle Forderungen, die der Gesellschafter zur Insolvenztabelle anmelden kann. Ob der Kredit zu dem Zeitpunkt, zu dem er der Gesellschaft gewährt oder belassen wurde, „kapitalersetzenden“ Charakter hatte oder nicht, ist gleichgültig. Entscheidend ist nicht der Zeitpunkt, zu dem der Gesellschafter den Kredit gewährt oder „belässt“ (indem er von einer ihm offen stehenden Möglichkeit der Kündigung des Kredits oder der Liquidation der Gesellschaft keinen Gebrauch macht), sondern der Zeitpunkt der Rückforderung. Wenn zu diesem Zeitpunkt die Gesellschaft insolvent ist oder sich im Vorfeld der Insolvenz befindet, sind die außenstehenden Gläubiger schutzbedürftig, und die Gesellschafter sind, als Ausgleich für das Privileg der beschränkten Haftung, verpflichtet, ihnen bei der Verwertung des Gesellschaftsvermögens den Vorrang zu lassen. Das heißt: Alle Forderungen der Gesellschafter sind (soweit nicht die privilegierten Tatbestände des § 32a Abs. 3 Satz 2 oder 3 vorliegen) im Rang zurückzustufen, und ihrer Erfüllung im Vorfeld der Insolvenz unterliegt der besonderen Anfechtung. Ob die Forderung auf einem Darlehen beruht oder einem „darlehensähnlichen“ Geschäft (im Sinn des bisherigen § 32 a Abs. 3 Satz 1 GmbHG) oder einem Austauschgeschäft (Kauf, Miete, Pacht) oder worauf sonst immer, ist unerheblich. Gerade diese, mit dem Begriff des „kapitalersetzenden“ Darlehens verbundenen, komplexen Differenzierungen sollten in Zukunft keine Rolle mehr spielen. Im Fall der Anfechtung bleibt es natürlich dabei, dass eine Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter nur anfechtbar

133 Vgl. dazu oben V 1 S. 393 ff.

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ist, wenn sie zu einem Nachteil für die Insolvenzgläubiger geführt hat (§ 129 Abs. 1 InsO), und bei der hierauf beruhenden Ausnahme für vollzogene Austauschgeschäfte („Bargeschäfte“, § 142 InsO). Ein hinreichender Grund, gesetzliche Ansprüche (etwas Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung oder Vertragsverletzung oder Bereicherungsansprüche), die dem Gesellschafter gegen die Gesellschaft zustehen mögen, von der Rückstufung auszunehmen, ist nicht ersichtlich. Das Prinzip der Rückstufung soll alle Finanzmittel erfassen, mit denen der Gesellschafter die Gesellschaft ausstattet. Gesetzliche Ansprüche gehören zu diesen Finanzmitteln jedenfalls dann, wenn sie eine vertragsähnliche Grundlage haben (auftraglose Geschäftsführung, Leistungskondiktion); ferner dann, wenn der Gesellschafter sie der Gesellschaft stundet oder wenn er schlicht einstweilen davon absieht, sie geltend zu machen. Das eine oder das andere wird auf die meisten derartigen Ansprüche, die bei Eintritt der Insolvenz noch offen stehen, zutreffen. Wegen der verbleibenden Fälle eine Sonderregel einzuführen, scheint übertriebener Aufwand. Besser ist es, sich am typischen Fall zu orientieren und sämtliche Gesellschafteransprüche dem Prinzip der Rückstufung zu unterwerfen, ohne nach dem Entstehungsgrund zu differenzieren 134. Dass demgegenüber das geltende Recht (§§ 39 Abs. 1 Nr. 5 und 135 InsO) die Rückstufung auf „kapitalersetzende“ Kredite beschränkt, die die Gesellschafter der Gesellschaft gewähren, ist nur historisch zu erklären. Die gesetzlichen Regeln („Novellenregeln“) sind hervorgegangen aus der Rechtsprechung. Diese nahm ihren Ausgangspunkt nicht vom Konzept der insolvenzrechtlichen Rückstufung (für die sich im damaligen Insolvenzrecht keine Anhaltspunkte finden ließen), sondern vom Konzept einer analogen Anwendung der gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln. Der Grundgedanke der Rechtsprechung besteht darin, diese Regeln (in erster Linie §§ 30, 31 GmbHG) auf Gesellschafterdarlehen analog anzuwenden. Eine solche analoge Anwendung steht im Widerspruch zum vertraglichen Parteiwillen, der dahingeht, die zusätzlichen Mittel nicht als Einlage, sondern als Darlehen zu gewähren. Sie bedarf daher einer besonderen Rechtfertigung. Als Rechtfertigungsgrund dient der „kapitalersetzende“ Charakter des Darlehens, also der Umstand, dass das Darlehen gewährt (oder „belassen“) wird, um die sonst unumgängliche Insolvenz oder Liquidation der Gesellschaft zu vermeiden 135. Dieser Umstand begründet in den Augen des BGH eine besondere „Finanzierungsverantwortung“ (oder „Finanzierungsfolgenverantwortung“) der Gesellschafter, die es rechtfertigen soll, den Kredit entgegen dem erklärten Parteiwillen solange den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen über das Eigenkapital zu unterwerfen, bis die Gesellschaft die Krise überwunden hat 136. 134 Vgl. dazu auch Huber/Habersack BB 2006, 1, 2f. 135 Dazu oben II 1, 2 S. 373 ff. 136 Grundlegend BGHZ 90, 381, 388 ff. (unter Bezugnahme auf Karsten Schmidt und Ulmer). Im gleichen Sinn u. a. BGHZ 105, 168, 175f.; 127, 336, 344ff.; 142, 116, 120. Seit BGHZ 127, 336, 344 ff. verwendet der BGH den Terminus „Finanzie-

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An dem Erfordernis des „kapitalersetzenden“ Charakters des Darlehens hat der Gesetzgeber der GmbH-Reform von 1980 und der Insolvenzreform von 1994 festgehalten, obwohl, solange es nur um die insolvenzrechtliche Rückstufung der Gesellschafterforderung geht, der besondere Rechtsfertigungszwang nicht besteht, dem die Rechtsprechung durch dieses Erfordernis Rechnung tragen wollte. Solange es nur um die insolvenzrechtliche Rückstufung geht, erscheint es folgerichtiger und wird es der Interessenlage besser gerecht, nicht an die Lage, die bei der Darlehensgewährung, sondern an die Lage anzuknüpfen, die bei der Rückforderung besteht 137: Wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt, zu dem der Gesellschafter seine Forderung geltend macht, insolvent ist oder, wie sich später erweist, sich im Vorfeld der Insolvenz befindet, muss der Gesellschafter, zum Ausgleich für das Privileg der Haftungsbeschränkung, mit seinen gegen das Gesellschaftsvermögen gerichteten Forderungen hinter die übrigen Gesellschaftsgläubiger zurücktreten. 2. Vereinfachungseffekt Ein bedeutender praktischer Vorteil der Erstreckung der insolvenzrechtlichen Rückstufung auf alle Forderungen der betroffenen Gesellschafter bestünde in dem damit verbundenen Vereinfachungseffekt. Nicht nur entfiele die oftmals schwierige Prüfung der Frage, ob die Gesellschaft zu dem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, zu dem der Kredit gewährt oder „stehengelassen“ wurde, überschuldet, von Zahlungsunfähigkeit bedroht oder schlicht nicht mehr „kreditwürdig“ war. Entbehrlich wäre vor allem auch die ganze hochkomplexe Kasuistik der Fälle, die der Gewährung eines kapitalersetzenden Darlehens durch den Gesellschafter „wirtschaftlich entsprechen“ (§ 32 a Abs. 3 Satz 1 GmbHG). Denn es wären schlicht alle Forderungen zurückgestuft, die dem Gesellschafter gegen die Gesellschaft zustehen, gleichgültig, auf welchem Rechtsgrund sie beruhen. Die Vorschrift des bisherigen § 32 a Abs. 3 Satz 1 GmbHG wäre gegenstandslos. Das würde für alle Betroffenen nicht nur zu einer durchaus ins Gewicht fallenden Kostenersparnis, sondern auch zu einem bedeutenden Gewinn an Rechtssicherheit führen. Dieser Gewinn an Rechtssicherheit kann sich auch zugunsten der betroffenen Gesellschafter auswirken. Der bisherigen Regel über die Gleichstellung der „wirtschaftlich entsprechenden“ Fälle wohnt eine gewisse Tendenz inne, auszuufern, bis hin zu Folgen wie der Einbeziehung von Sanierungskrediten bei Gerungsfolgenverantwortung“, um das Missverständnis auszuschließen, dass der Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft aufgrund seiner „Finanzierungsverantwortung“ zu Nachschüssen verpflichtet wäre. Vgl. dazu auch Goette ZHR 162 (1998), 223, 224f.; Habersack ZHR 162 (1998), 201, 203 ff. Eine solche Nachschusspflicht gibt es selbstverständlich nicht, BGHZ 90, 381, 389. Sie wäre mit dem Prinzip der beschränkten Haftung ganz unvereinbar. 137 Insoweit zutreffend Bezzenberger (Fn. 16) S. 44.

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währung von Sonderrechten für die Bank (oben S. 399) oder der Begründung von Nachschusspflichten in der Insolvenz bei der „kapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung“ (unten S. 425 ff.). Es wäre im Interesse aller Beteiligten besser, hier eine feste Grenze zu ziehen.

3. Nachteile und Vorteile für den betroffenen Gesellschafter a) Allgemeines Die praktischen Einbußen, die die Erstreckung der insolvenzrechtlichen Rückstufung auf sämtliche Gesellschafterforderungen für den betroffenen Gesellschafter mit sich brächte, darf man nicht überschätzen. Schon bisher ist es für einen Gesellschafter, der der Gesellschaft Kredit gewährt hat und in der späteren Insolvenz der Gesellschaft die hieraus resultierende Forderung zur Tabelle anmelden möchte, nicht einfach, sich mit dem Standpunkt durchzusetzen, dass es sich dabei nicht um einen Kredit mit Kapitalersatzfunktion handelt 138. Dasselbe gilt für Kredite, die im Vorfeld der Insolvenz zurückgezahlt worden sind und deren Rückzahlung vom Insolvenzverwalter angefochten wird. Eine besondere Schwierigkeit erwächst dem Gesellschafter hierbei aus der Regel der Rechtsprechung, dass ein Darlehen auch dann als „kapitalersetzend“ anzusehen ist, wenn es zwar vor Eintritt der Krise 139 gewährt worden ist, wenn der Gesellschafter es aber nach Eintritt der Krise „stehen lässt“ 140, obwohl er den Eintritt der Krise hätte erkennen können 141. Dabei wird der Begriff des „Stehenlassens“ so weit wie möglich gefasst: Nichtausübung eines gegebenen Kündigungsrechts zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Erkennbarkeit des Eintritts der Krise, Unterlassen der Liquidation der Gesellschaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Eintritt und Erkennbarkeit der Krise, sofern der betroffene Gesellschafter über die für den Liquidationsbeschluss erforderliche Mehrheit verfügt 142, und Ausschluss des Kündigungsrechts für den Fall des Eintritts der Krise durch den Darlehensvertrag 143 werden als „Stehenlassen“ gewertet und führen dazu, dass das Darlehen als kapitalersetzend gilt. 138 Vgl. auch oben II 2 S. 379. Das gilt unbeschadet des Umstands, dass die formelle Beweislast in einem solchen Streit bei der Gesellschaft bzw. ihrem Insolvenzverwalter liegt, denen die Rechtsprechung indessen bei Vorliegen bestimmter Indizien mit Beweiserleichterungen zu Hilfe kommt (vgl. z. B. BGH NJW 1997, 3171, 3172; ZIP 2003, 625, 626 f.). Vielfach wird der Streit gar nicht auf ein Beweisproblem hinauslaufen, sondern auf ein Problem der Würdigung des Tatbestands aufgrund an sich unstreitiger Tatsachen. 139 Dazu oben II 2 S. 377. 140 Oben Fn. 23. 141 Oben Fn. 24. 142 Oben Fn. 23. 143 Oben Fn. 23.

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Für den betroffenen Gesellschafter bedeutet das praktisch, dass er, wenn er der Gesellschaft ein Darlehen gewährt, niemals darauf vertrauen kann, dass sein Darlehen in einer späteren Insolvenz der Gesellschaft als gleichberechtigte Drittforderung anerkannt wird. Denn auch wenn die Gesellschaft bei Kreditgewährung kerngesund und das Darlehen daher einstweilen noch nicht „kapitalersetzend“ ist, kann es später durch Eintritt der Krise kapitalersetzend werden. Und selbst wenn es dem Gesellschafter gelingen sollte, das Darlehen im Vorfeld der Insolvenz abzuziehen, muss er damit rechnen, dass zu diesem Zeitpunkt das Darlehen bereits kapitalersetzenden Charakter angenommen hatte, weil die Krise bereits eingetreten war und er danach den frühestmöglichen Zeitpunkt zur Rückforderung des Darlehens versäumt hatte. Der Gesellschafter muss also schon nach geltendem Recht seine Chance, dass ein von ihm gewährtes oder besichertes Darlehen in der späteren Insolvenz der Gesellschaft als „nicht kapitalersetzend“ anerkannt wird, im Zeitpunkt der Darlehensgewährung realistischerweise ganz gering („praktisch gleich Null“) bewerten. Der Nachteil, den er erleidet, wenn das Gesetz aus Gründen der Konsequenz und der Vereinfachung auf die zusätzliche Voraussetzung des kapitalersetzenden Charakters des Darlehens verzichtet, ist also für ihn praktisch kaum spürbar. Oder anders gesagt: Der große praktische Aufwand, den es bereitet, festzustellen, ob ein Darlehen oder eine sonstige Finanzhilfe kapitalersetzenden Charakter hat oder nicht, steht zu dem praktischen Vorteil, den der betroffene Gesellschafter von dieser kunstvollen und komplexen Differenzierung zu erwarten hat, in einem deutlichen Missverhältnis.

b) Vorteile der unterschiedslosen Rückstufung für den betroffenen Gesellschafter Auf der anderen Seite brächte eine unterschiedslose Zurückstufung sämtlicher Gesellschafterforderungen in der Insolvenz der Gesellschaft für den betroffenen Gesellschafter auch Vorteile mit sich. Bisher ist es so, dass bei jeder gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung des Gesellschafters zunächst einmal Ungewissheit besteht, ob es sich um einen kapitalersetzenden Kredit handelt oder um eine gewöhnliche Forderung (mag letzteres auch noch so unwahrscheinlich sein). Daraus hat die Rechtsprechung die Konsequenz gezogen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob die Gesellschaft im Sinn der §§ 19 InsO, 64 GmbHG überschuldet ist, sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern zu passivieren sind, solange mit dem Gesellschafter nicht ausdrücklich und förmlich ein Rangrücktritt vereinbart ist 144. Tritt in Zukunft die Rangrückstufung bei allen Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern von Gesetzes wegen ein, dann sollte dies zur Konsequenz haben, dass auch die Passivierungspflicht im Überschuldungsstatus von Gesetzes wegen (durch einen entsprechen144 Oben Fn. 130.

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den Zusatz zu § 19 InsO) beseitigt wird 145. Das kann den Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer ist, vor schmerzlichen Haftungsfolgen bewahren. Zwar handelt es sich bei den kraft Gesetzes zurückgestuften Gesellschafterforderungen zweifellos um Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Sinn des Schuldrechts und des Bilanzrechts. Aber in der Insolvenz der Gesellschaft spielen diese Verbindlichkeiten erst dann eine Rolle, wenn der seltene Fall eintritt, dass alle außenstehenden Gesellschaftsgläubiger befriedigt sind, und wenn es nunmehr um die Frage geht, wie das verbleibende Gesellschaftsvermögen bei der Überschussverteilung gemäß § 199 Satz 2 InsO zwischen den Gesellschaftern zu verteilen ist. Hier müssen die im Rang zurückgestuften Forderungen der Gesellschafter befriedigt werden, bevor die eigentliche Überschussverteilung durchgeführt wird. Die außenstehenden Gesellschaftsgläubiger sind hiervon nicht betroffen. Im Verhältnis zu ihnen besteht zwischen dem eigentlichen Stammkapital und den gesetzlich im Rang zurückgestuften Gesellschafterkrediten kein Unterschied. Zieht der Gesellschafter vor Eintritt der Insolvenz einen Gesellschafterkredit aus der Gesellschaft ab, so hat dies im Hinblick auf die Überschuldungsbilanz die Folge, dass die Aktiva sich vermindern, während die Passiva gleich bleiben. Führt dies zur Überschuldung, so greift die Insolvenzantragspflicht ein, und die Rückzahlung ist anfechtbar. Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, die durch die Gesellschafter lediglich gesichert worden sind, müssen in der Überschuldungsbilanz dagegen weiterhin passiviert werden 146. Ein weiterer Vorteil für die betroffenen Gesellschafter, auf den oben (S. 407) bereits hingewiesen wurde, besteht darin, dass die Einbeziehung solcher Kredite, die der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter „wirtschaftlich entsprechen“ (§ 32 a Abs. 3 Satz 1 GmbHG), mit ihren schwer absehbaren Weiterungen künftig entfiele. 4. Konsequenzen de lege ferenda Aus dem bisher Gesagten ergeben sich folgende Konsequenzen de lege ferenda: a) Integration der §§ 32 a, b GmbHG und 172a HGB in die Insolvenzordnung Die §§ 32 a und b GmbHG, und ebenso der darauf Bezug nehmende § 172a HGB, sollten an dieser Stelle gestrichen werden. Ihrem sachlichen Gehalt nach 145 Vgl. dazu auch Huber/Habersack BB 2006, 1, 6f. 146 Zwar ist der Insolvenzverwalter nach der Regel des § 32a Abs. 2 GmbHG (an der in der Sache festzuhalten ist) berechtigt, den Gläubiger vorrangig auf die Inanspruchnahme der vom Gesellschafter gestellten Sicherheit zu verweisen, ehe er die Insolvenzmasse in Anspruch nimmt. Diese Folge der Insolvenzeröffnung ist aber in der Überschuldungsbilanz, die die Frage entscheidet, ob überhaupt ein Insolvenzverfahren zu eröffnen ist, nicht zu berücksichtigen (sog. „Stichtagsprinzip“).

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sollten die dort aufgestellten Regeln, soweit an ihnen festzuhalten ist, in die Insolvenzordnung integriert werden 147. b) Erweiterung des Kreises der von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfassten Forderungen § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sollte dahin abgeändert werden, dass in der Insolvenz von Gesellschaften, für deren Schulden keine natürliche Person unbeschränkt haftet, gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen von Gesellschaftern nur mit Nachrang nach allen übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger berichtigt werden. c) Ausnahmen für Kleinbeteiligungen und Sanierungsfälle In einem neuen § 39 Abs. 4 InsO wäre zu bestimmen, dass § 39 Abs. 1 Nr. 5 nicht für Forderungen eines nicht geschäftsführenden Gesellschafters gilt, dessen Beteiligung am Gesellschaftskapital zehn Prozent nicht überschreitet; ferner, dass, wenn ein Gläubiger Anteile an einer notleidenden Gesellschaft zum Zweck ihrer Sanierung erwirbt, dies nicht zur Anwendung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf seine bestehenden oder künftigen Forderungen gegen die Gesellschaft führt. Fraglich könnte erscheinen, ob es nötig ist, näher zu präzisieren, wann eine Gesellschaft „notleidend“ ist, und was es heißt, dass der Erwerb „zum Zweck der Sanierung“ erfolgt. Die bisherige Formulierung des § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG verwendet für beides den Begriff der „Krise“ („in der Krise … zum Zweck der Überwindung der Krise“) und verweist damit auf den Tatbestand des kapitalersetzenden Darlehens in § 32 a Abs. 1 GmbHG, der künftig entfallen soll. Diese Umschreibung kann deshalb nicht mehr verwendet werden. Gemeint ist, dass die Anteile in den Fällen der eingetretenen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu dem Zweck erworben worden sind, die Zahlungsfähigkeit dauerhaft wiederherzustellen und die Überschuldung dauerhaft zu beseitigen. Das sollte sich vielleicht von selbst verstehen. Nicht empfehlenswert wäre es, den materiellen Tatbestand durch eine starre Zeitschranke abzugrenzen (z. B. Erwerb im letzten Jahr vor der Antragstellung zum Zweck der Sanierung). Denn das könnte dazu führen, dass ein Erfolg versprechender, aber noch nicht endgültig geglückter Sanierungsversuch bei Ablauf der Frist nur deshalb abgebrochen werden muss, um das Sanierungsprivileg nicht zu verlieren. d) Anfechtungstatbestände und Anfechtungsfristen (§ 135 InsO) In § 135 InsO wäre in Parallele zur neugefassten Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 5 zu bestimmen, dass eine Rechtshandlung anfechtbar ist, die für eine Forderung eines Gesellschafters, die in der Insolvenz der Gesellschaft gemäß § 39 147 So auch Grunewald/Noack GmbHR 2005, 189, 194.

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Abs. 1 Nr. 5 nachrangig zu befriedigen ist, a) Sicherung gewährt hat (wobei auf die bisherige zeitliche Begrenzung von zehn Jahren verzichtet werden sollte), oder b) Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. An der einjährigen Anfechtungsfrist des § 135 Nr. 2 InsO (vom Insolvenzantrag zurückgerechnet) sollte nichts geändert werden – und zwar auch dann nicht, wenn man in Zukunft, wie hier vorgeschlagen wird, auf die konkurrierende Anwendung der Rechtsprechungsregeln verzichtet 148. Die bisherige Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeit des § 135 Nr. 1 InsO auf solche Sicherheiten, die in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag bestellt worden sind 149, ist nicht zu rechtfertigen 150. Der ratio legis der insolvenzrechtlichen Rückstufung von Gesellschafterforderungen 151 entspricht es, dem Gesellschafter die abgesonderte Befriedigung aus Sicherheiten, die er an Gegenständen des Gesellschaftsvermögens erworben hat, in der Insolvenz der Gesellschaft schlechterdings zu versagen. Der Zeitpunkt des Erwerbs der Sicherheiten (ob vor einem Jahr, vor neun Jahren oder vor elf Jahren) kann hierfür keine Rolle spielen. Entscheidend ist nur, dass die Sicherheit wegen einer Forderung in Anspruch genommen werden soll, die der Rückstufung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterliegt. Es darf nicht möglich sein, diese Rückstufung durch Sicherheitenbestellung zu durchkreuzen. Erwägenswert wäre es deshalb, die Vorschrift des § 135 Nr. 1 InsO durch eine Bestimmung zu ersetzen, die einfach anordnet, dass wegen Forderungen, die der Rückstufung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterliegen, eine abgesonderte Befriedigung aus Gegenständen der Insolvenzmasse nicht stattfindet. Für den Insolvenzverwalter bietet aber die Anfechtungslösung gewisse Vorteile, denn sie verleiht ihm einen unproblematischen Anspruch auf Löschung von Grundpfandrechten, die für Gesellschafterdarlehen bestellt worden sind, und auf Rückübertragung von Gegenständen, die zur Sicherung von Gesellschafterforderungen übereignet oder abgetreten worden sind. Das spricht dafür, die Vorschrift des § 135 Nr. 1 InsO beizubehalten, aber die zeitliche Begrenzung zu streichen.

148 Dazu unten VII S. 414 ff. Zum Vorschlag von Altmeppen NJW 2005, 1911, 1914, die Anfechtungsfrist auf zwei Jahre auszudehnen vgl. unten VII 3d S. 419. 149 Die in § 135 Nr. 1 InsO angeordnete Ausschlussfrist folgt dem Vorbild der Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO). Ursprünglich hatten die Fristen dreißig Jahre betragen (§ 41 Abs. 1 Satz 3 KO), was vielleicht noch hinreichend erscheinen mochte. In der InsO hat man die Fristen auf zehn Jahre verkürzt, weil man die Dreißigjahresfrist nicht mehr als „zeitgemäß“ empfand. Dabei hat man sich, wie die Materialien zeigen, nur am Fall der Vorsatzanfechtung orientiert und die besondere Lage bei den Gesellschafterdarlehen nicht bedacht (vgl. Begründung zu §§ 148, 150 RegE InsO bei Balz/Landfermann [Fn. 14] S. 237, 238 f.). Tatsächlich handelt es sich um zwei ganz verschiedenartige Sachverhalte. 150 Vgl. auch Huber/Habersack BB 2006, 1, 6. 151 Vgl. oben V 1 S. 393 ff.

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e) Übernahme der Regeln des § 32 a Abs. 2 und des § 32b GmbHG in die Insolvenzordnung Die bisherigen Bestimmungen der §§ 32 a Abs. 2 und 32b GmbHG sind in verallgemeinerter und modifizierter Form in die Insolvenzordnung zu übernehmen. Dabei ist die Beschränkung auf den Fall, dass ein kapitalersetzendes Darlehen gesichert wird, oder dass eine der kapitalersetzenden Darlehensgewährung entsprechende Rechtshandlung der Sicherheitenbestellung zugrunde liegt, zu streichen. Vielmehr muss, in Konsequenz der in § 39 Abs. 1 Nr. 5 und 135 InsO vorgesehenen Änderungen, die Regelung auf alle Forderungen von Gesellschaftsgläubigern erstreckt werden, die von einem gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangigen Gesellschafter gesichert werden. Demgemäß wäre, statt des bisherigen § 32a Abs. 2 GmbHG, an passender Stelle, z. B. als § 52a InsO, eine Bestimmung einzufügen, die etwa folgendes anordnet: Hat der Gläubiger einer Gesellschaft für seine Forderung von einem Gesellschafter, dessen Ansprüche gegen die Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 nur mit Nachrang zu befriedigen sind, eine dingliche Sicherheit oder eine Bürgschaft oder eine ähnliche Sicherung erhalten, so kann er im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur für den Betrag verhältnismäßige Befriedigung verlangen, mit dem er bei der Verwertung der Sicherheit oder der Inanspruchnahme der Bürgschaft oder bürgschaftsähnlichen Sicherung ausgefallen ist. Außerdem müsste, statt des bisherigen § 32b GmbHG, ein neuer § 135a InsO eingefügt werden, der für den Fall des neuen § 52a InsO eine dem bisherigen § 32b GmbHG entsprechende Regelung vorsieht, etwas folgenden Inhalts: Hat im Fall des § 52a die Gesellschaft die gesicherte Forderung im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens oder nach diesem Antrag befriedigt, so muss der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt oder die Bürgschaft oder bürgschaftsähnliche Sicherung gewährt hat, den geleisteten Betrag der Gesellschaft erstatten; die Verjährungsvorschrift des § 146 findet auf den Erstattungsanspruch entsprechende Anwendung. Die Erstattungspflicht besteht nur bis zur Höhe des Betrags, der dem Wert der von dem Gesellschafter bestellten Sicherheit entspricht oder für den er als Bürge oder aufgrund einer ähnlichen Sicherung haftbar war. Der Gesellschafter wird frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zu ihrer Befriedigung zur Verfügung stellt.

f) Nichtberücksichtigung von Gesellschafterforderungen im Überschuldungsstatus (§ 19 InsO) Die generelle Rückstufung der Gesellschafterforderungen in der Insolvenz der Gesellschaft und die generelle Anfechtbarkeit von Leistungen, die die Gesellschaft im Vorfeld der Insolvenz auf solche Forderungen erbracht hat, muss zur Folge haben, dass derartige Forderungen im Überschuldungsstatus der Gesellschaft nicht zu berücksichtigen sind 152. Das sollte klargestellt werden durch einen Zusatz zu § 19 Abs. 2 InsO. Der Zusatz müsste besagen, dass Forderungen, die in 152 Vgl. oben VI 3 b S. 409 f.

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der Insolvenz der juristischen Person gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 nachrangig zu befriedigen sind, bei der Feststellung der Überschuldung außer Betracht bleiben. VII. Verzicht auf die bisherigen Rechtsprechungsregeln 1. Das Bedürfnis nach Vereinfachung der Rechtslage Das geltende Recht ist geprägt von einem komplizierten und schwer durchschaubaren Nebeneinander zweier quasi-autonomer Regelungen: der gesetzlichen „Novellenregeln“ der §§ 32 a, b GmbHG, 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO und der aus der analogen Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG abgeleiteten „Rechtsprechungsregeln“. Das Nebeneinander lässt sich, wie gesagt, nur historisch erklären 153. Die Rechtsprechung war nach Inkrafttreten der Novellenregeln nicht bereit, die von ihr selbst entwickelten Regeln aufzugeben, weil sie sich davon in einigen Punkten einen stärkeren Gläubigerschutz versprach (praktisch ging es um die Ausschaltung der Anfechtungsfrist des § 3b, jetzt § 6 AnfG zugunsten der längeren Verjährungsfrist des § 31 Abs. 5 GmbHG 154). Das Ergebnis ist ebenso kompliziert wie redundant (denn sachlich führen die beiden Regelungssysteme in den meisten Fällen zu übereinstimmenden Ergebnissen). Eine Bereinigung und Vereinfachung dieses Rechtszustands ist dringend geboten. Sie kann nur darin bestehen, dass eines der beiden Systeme abgeschafft wird. Nach Lage der Dinge kommen hierfür nur die bisherigen Rechtsprechungsregeln in Betracht. Keine brauchbare Alternative wäre es dagegen, gerade umgekehrt zugunsten der Rechtsprechungsregeln auf die insolvenzrechtlichen Regeln der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO zu verzichten. Vor allem lassen sich nur mit Hilfe der insolvenzrechtlichen Regeln Gesellschafterdarlehen, die im Inland niedergelassenen Auslandsgesellschaften 155 gewährt werden, in einer zuverlässigen, auch europarechtlich abgesicherten Weise erfassen 156. Überdies ist es nur bei den insolvenzrechtlichen 153 154 155 156

Oben II 1 S. 373 ff. BGHZ 90, 370ff. Dazu oben I S. 372 mit Fn. 1, 2. Die internationale Zuständigkeit der inländischen Insolvenzgerichte für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über Gesellschaften aus dem europäischen Ausland mit Hauptniederlassung im Inland ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 EuInsVO (s. oben Fn. 82). Wird das Verfahren im Inland eröffnet, so ergibt sich die Anwendbarkeit der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO (wie übrigens auch des bisherigen § 32a Abs. 1 GmbHG), unabhängig von allen kollisionsrechtlichen Qualifikationsfragen, aus den speziellen Bestimmungen des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 lit. g, i und m EuInsVO. Vgl. dazu Ulrich Huber in Lutter (Fn. 1) S. 131, 160ff. m. weit. Nachw. zu der vielbehandelten Frage. Wird das Hauptverfahren im europäischen Ausland durchgeführt und hat die Gesellschaft im Inland eine Niederlassung, so kann hier ein Nebeninsolvenzverfahren durchgeführt werden (Art. 3 Abs. 2, 27 EuInsVO); auch dies führt zur Anwendbarkeit des inländischen Insolvenzrechts und damit der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO (Art. 28 EuInsVO), vgl. U. Huber aaO. S. 198ff. Bei Gesellschaf-

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Regeln, eben weil sie erst im Insolvenzfall Wirksamkeit erlangen, zu vertreten, sie auf alle Forderungen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter zu erstrecken, wie das oben vorgeschlagen worden ist 157. Dagegen ist die Anwendung der strengeren, sofort eingreifenden Kapitalersatzregeln nur dann zu rechtfertigen, wenn es sich bei der Mittelzuführung durch den Gesellschafter um eine „kapitalersetzende“ Maßnahme handelt, was auch immer man darunter verstehen mag. Ein Festhalten an den Rechtsprechungsregeln würde also notwendigerweise bedeuten, dass auch an der komplizierten Unterscheidung zwischen „kapitalersetzenden“ und „einfachen“ Gesellschafterdarlehen festgehalten werden müsste, mit allen sich hieraus ergebenden Folgeproblemen. Schließlich spricht auch der rechtsvergleichende Befund dafür, das Problem der Gesellschafterdarlehen und vergleichbarer Finanzierungshilfen mit den Mitteln des Insolvenzrechts zu lösen 158. 2. Praktische Folgen In der Literatur ist, um de lege lata die Weitergeltung der Rechtsprechungsregeln zu rechtfertigen, behauptet worden, die vom Gesetzgeber aufgestellten „Novellenregeln“ reichten zum Schutz der Gläubiger nicht aus; ja man ist sogar soweit gegangen, ihnen „Unbrauchbarkeit“ zu bescheinigen und sie als „völlig missglückt“ zu bezeichnen 159. Hierzu ist Folgendes festzustellen: Der Verzicht auf die Rechtsprechungsregeln wird tatsächlich in bestimmten Konstellationen dazu führen, dass der Gläubigerschutz etwas schwächer ist als bisher. Im Fall der GmbH, als dem wichtigsten Fall, geht es im Wesentlichen um vier Punkte. Erstens: Nur die Rechtsprechungsregeln ermöglichen es einem Geschäftsführer, außerhalb der Insolvenz die Rückzahlung eines kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens gegenüber dem Gesellschafter zu verweigern und, wenn es gleichwohl zurückgezahlt worden ist, die Erstattung des zurückgezahlten Betrags an die Gesellschaft zu verlangen (§§ 30, 31 GmbHG in analoger Anwendung). Zweitens: Nur die Rechtsprechungsregeln führen dazu, dass ein Geschäftsführer, der vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein kapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen zurückgezahlt hat, sich deshalb der Gesellten aus Drittstaaten (z. B. Delaware/USA) richtet die inländische Zuständigkeit zur Eröffnung des Hauptverfahrens sich nach § 3 InsO. Die Möglichkeit, neben einem ausländischen Verfahren ein Sekundärverfahren über das inländische Vermögen durchzuführen, richtet sich in diesem Fall nach §§ 354ff. InsO (i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts vom 14.3.2003). Beides führt zur Anwendung des deutschen Insolvenzrechts (§ 335 InsO) und daher auch der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5 und 135 InsO. 157 Vgl. oben VI S. 405 ff. 158 Vgl. oben III S. 381 ff. 159 Karsten Schmidt (Fn. 3) § 37 IV 5a.

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schaft persönlich schadensersatzpflichtig macht (§ 43 Abs. 3 GmbHG; bei Rückzahlung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung greift dagegen ohnehin die allgemeine Erstattungspflicht des Geschäftsführers gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG ein, ohne dass es darauf ankommt, ob das Darlehen kapitalersetzend ist oder nicht). Drittens: Nur die Rechtsprechungsregeln führen dazu, dass bei Rückzahlung des kapitalersetzenden Darlehens vor Insolvenzeröffnung, neben dem Empfänger, hilfsweise auch die nicht beteiligten Mitgesellschafter einstehen müssen (§ 31 Abs. 3 GmbHG analog). Viertens: Nur die Rechtsprechungsregeln ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, die Erstattung zurückgezahlter kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen zu verlangen, wenn die Rückzahlung länger zurückliegt als ein Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags, mit der Folge, dass sie gemäß § 135 Nr. InsO nicht mehr angefochten werden kann (denn analog § 31 Abs. 5 GmbHG verjährt der auf die Rechtsprechungsregeln gestützte Rückzahlungsanspruch erst in zehn Jahren und, selbst wenn diese Frist abgelaufen ist, erst in drei Monaten nach Insolvenzeröffnung, gleichgültig, wie lange die Rückzahlung des Darlehens zurückliegt). Und außerhalb des Insolvenzverfahrens ermöglichen es nur die Rechtsprechungsregeln dem Gläubiger, mit Hilfe des gepfändeten Erstattungsanspruchs auch dann noch gegen den Gesellschafter wegen der verbotenen Rückzahlung des Darlehens vorzugehen, wenn die einjährige Anfechtungsfrist des § 6 AnfG verstrichen ist, nicht aber die zehnjährige (früher fünfjährige) Verjährungsfrist des § 31 Abs. 5 GmbHG – das ist der Fall, der für die Rechtsprechung der Anlass war, auch nach dem Inkrafttreten der Novellenregeln an ihren eigenen Regeln festzuhalten 160.

3. Bewertung Das praktische Gewicht der Änderungen, die der Verzicht auf die Rechtsprechungsregeln mit sich bringt, darf nach alledem nicht überschätzt werden. Betroffen sind nur verhältnismäßig seltene Grenzfälle. Und gerade in diesen Grenzfällen lassen sich auch gute Gründe dafür anführen, es bei den Novellenregeln bewenden zu lassen und die Betroffenen – Gesellschafter und Geschäftsführer – vor den weitergehenden Konsequenzen der bisherigen Rechtsprechungsregeln zu bewahren. Im Einzelnen gilt Folgendes: 160 BGHZ 90, 370ff. Um ein Fristenproblem ging es auch in der Folgeentscheidung BGHZ 109, 55, 67: hier hatte der Konkursverwalter die Anfechtungsfrist (§ 41 KO: ein Jahr nach Verfahrenseröffnung) versäumt, so dass die Anfechtung der Leistung (§ 32a KO, jetzt § 155 InsO) nicht mehr möglich war; dagegen drang er mit dem auf § 31 GmbHG (analog) gestützten Rückzahlungsanspruch durch. Nach der seit 15. 12. 2004 geltenden Neufassung des § 146 Abs. 1 InsO (Verweisung auf §§ 195, 199 Abs. 1 u. 4 BGB) dürfte dieses Problem in Zukunft nicht mehr auftreten.

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a) Verweigerung der Rückzahlung des Darlehens und Rückforderung des Darlehens durch den Geschäftsführer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Die Befugnis des Geschäftsführers, außerhalb des Insolvenzverfahrens die Rückzahlung des kapitalersetzenden Darlehens gegenüber dem Gesellschafter, der es gewährt hat, zu verweigern und bereits zurückgezahlte Beträge von ihm wieder zurückzufordern, kann eine praktische Bedeutung von vornherein nur dann erlangen, wenn es sich dabei um verschiedene Personen handelt. In der Vielzahl der Fälle sind dagegen die Gesellschafter, die die Gesellschaft mit kapitalersetzenden Darlehen finanzieren, selbst Geschäftsführer. In diesen Fällen sind die Rechte, die die Rechtsprechungsregeln dem Geschäftsführer gegenüber dem Gesellschafter verleihen, praktisch gegenstandslos. In den Fällen der Fremdgeschäftsführung können diese Rechte eine praktische Bedeutung nur dann erlangen, wenn die Gesellschaft sich zwar in der „Krise“ befindet, aber weder zahlungsunfähig noch überschuldet ist. Führt die Rückzahlung des Darlehens zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, kann der Fremdgeschäftsführer das Rückzahlungsverlangen dadurch abwehren, dass er für diesen Fall den Insolvenzantrag ankündigt. Er ist also auf die zusätzlichen Rechte, die ihm die Rechtsprechungsregeln verleihen, nicht angewiesen. Ist die Gesellschaft nach Rückzahlung des Darlehens überschuldet, gilt das gleiche. Eine praktische Bedeutung können die auf die Rechtsprechungsregeln gestützten Rechte des Fremdgeschäftsführers daher im wesentlichen nur in den Fällen erlangen, in denen die Gesellschaft sich zwar in der Krise befindet, aber nicht insolvenzreif ist, also in den Fällen, in denen die Gesellschaft zahlungsfähig und nicht überschuldet ist und die Krise nur darauf beruht, dass sie im Verhältnis zu Dritten nicht kreditwürdig ist. Ob es realistisch ist, vom Fremdgeschäftsführer gerade in diesem Fall zu erwarten, dass er sich mit de maßgeblich beteiligten Gesellschafter in einen Konflikt über die Rückzahlung des Darlehens einlässt, ist zu bezweifeln 161. Kurz gesagt: Die Rechte, die die Rechtsprechungsregeln vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Geschäftsführer gegenüber dem Gesellschafter verleihen, stehen weitgehend nur auf dem Papier. Praktische Vorteile für die Gesellschaftsgläubiger darf man sich davon kaum versprechen. 161 Am ehesten ist mit einem solchen Verhalten des Geschäftsführers noch dann zu rechnen, wenn der Gesellschafter, der das Darlehen gewährt hat, aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, wie in den Fällen BGH GmbHR 2005, 230 und 232. Gerade in solchen Fällen kann aber die Befugnis der Geschäftsführung, die Rückzahlung zu verweigern, zu problematischen Resultaten führen. Beispielsweise: Der Darlehensgeber ist an der GmbH als „atypischer“ stiller Gesellschafter beteiligt. Der Geschäftsführer kündigt, aufgrund eines entsprechenden GmbH-Gesellschafterbeschlusses, die stille Beteiligung und verweigert die Auszahlung unter Berufung darauf, das Darlehen und die stille Einlage seien „kapitalersetzend“ und die GmbH verfüge über keine ausschüttungsfähigen Mittel. Die GmbH zwingt auf diese Weise den stillen Gesellschafter zum Ausscheiden und behält sein Geld.

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b) Haftung des Fremdgeschäftsführers Für die auf die Rechtsprechungsregeln gestützte Haftung des Geschäftsführers wegen verbotener Rückzahlung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen (§ 31 GmbHG analog i.V.m. § 43 GmbHG) gilt entsprechendes. Sie hat praktische Bedeutung nur im Fall der Fremdgeschäftsführung. Denn der Gesellschafter-Geschäftsführer ist im Fall der Insolvenz der Gesellschaft ohnedies erstattungspflichtig gemäß § 135 InsO, und außerhalb der Insolvenz hat eine auf § 43 GmbHG gestützte Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers keine praktische Bedeutung, weil niemand sie geltend macht. Soweit dagegen ein Fremdgeschäftsführer betroffen ist, ist es nicht nur ziemlich unrealistisch, sondern auch unbillig, von ihm zu verlangen, dass er sich mit dem Gesellschafter, der auf der Rückzahlung seines Darlehens besteht, in einen Rechtsstreit darüber einlässt, ob das Darlehen kapitalersetzend ist oder nicht. Ist die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, muss der Geschäftsführer ohnehin Insolvenzantrag stellten und kann das weitere dem Insolvenzverwalter überlassen; versäumt er dies, trifft ihn die Haftung aus § 64 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB und aus § 64 Abs. 2 GmbHG, die durch eine zusätzliche Haftung aus §§ 31, 43 GmbHG nicht verstärkt zu werden braucht. Ist die Gesellschaft noch nicht insolvenzreif, befindet der Fremdgeschäftsführer sich gegenüber dem Gesellschafter, der Rückzahlung fordert, in einer schwachen Position, in der man ihn nicht mit einer Haftung aus § 43 GmbHG bedrohen sollte (und schon gar nicht mit einer denkbaren Strafbarkeit wegen Untreue nach dem dehnbaren Tatbestand des § 266 StGB).

c) Ausfallhaftung der Mitgesellschafter Die Ausfallhaftung der Mitgesellschafter analog § 31 Abs. 3 GmbHG, wenn ein kapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen zurückbezahlt worden ist und die Erstattung vom betroffenen Gesellschafter nicht zu erlangen ist, erscheint als ungerechtfertigt. Es handelt sich um ein eher zufälliges Nebenprodukt der Anwendung der Kapitalerhaltungsregeln auf einen Fall, für den sie eigentlich nicht geschaffen sind. Es ist ein Vorteil der Novellenregeln, dass sie eine solche Haftung unbeteiligter Dritter nicht vorschreiben.

d) Haftung nach Ablauf der Anfechtungsfrist Über Fristen kann man immer diskutieren. Es spricht aber doch vieles dafür, dass der Gesetzgeber mit der einjährigen Anfechtungsfrist des § 135 Nr. 2 InsO eine vernünftige Grenze gezogen hat. Das gilt jedenfalls, seit die Frist von der

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Stellung des Insolvenzantrags (und nicht mehr von der Verfahrenseröffnung 162) zurückgerechnet wird. Überzeugende Gründe dafür, dass diese Frist verlängert werden muss (etwa, wie vorgeschlagen worden ist, auf zwei Jahre 163), sind nicht zu erkennen. Wenn es der Gesellschaft gelungen ist, ein Jahr nach Rückzahlung des Darlehens ihr Unternehmen weiterzuführen, so lässt das, bei der gebotenen typisierenden Betrachtung, den Schluss zu, dass sie auf die Finanzhilfe des Gesellschafters nicht angewiesen war, um weiter existieren zu können. Erstreckt man, wie es hier vorgeschlagen wird, den Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, über die kapitalersetzenden Darlehen im eigentlichen Sinn hinaus, auf alle Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft, besteht umso mehr Grund, es bei der einjährigen Anfechtungsfrist zu belassen und nicht weiter in die Vergangenheit zurückzugreifen. Die Unsicherheit für den Gesellschafter wäre sonst zu groß. Wie auch immer man aber die Frage der angemessenen Anfechtungsfrist beurteilt: Diejenige Frist, für die der Gesetzgeber sich schließlich entscheidet, muss respektiert werden. Es geht nicht an, sie durch den Rückgriff auf die – inzwischen faktisch unbegrenzte – Frist des § 31 Abs. 5 GmbHG praktisch außer Kraft zu setzen. Dass diese Frist jedenfalls als Anfechtungsfrist viel zu lang ist164, dürfte außerhalb der Diskussion stehen. Jedenfalls kann es nicht Sache der Rechtsprechung sein, die Entscheidung des Gesetzgebers für eine bestimmte zeitliche Begrenzung der Rückforderung umzustoßen. In der Literatur hat man allerdings versucht, dies mit dem Argument zu rechtfertigen, die Frist des § 135 Nr. 2 InsO könne manipuliert werden. Der Gesellschaft könne nach Rückzahlung des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens versuchen, den Insolvenzantrag gerade soweit hinauszuzögern, dass die Jahresfrist zum Zeitpunkt der Antragstellung soeben abgelaufen ist 165. Diese Besorgnis ist nicht gerechtfertigt. Man muss zwei Fälle unterscheiden. Ist die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, so führt das Hinauszögern des Insolvenzantrags zur Schadensersatzhaftung sowohl des Geschäftsführers (wegen Insolvenzverschleppung, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG) als auch des Gesellschafters (sofern er nicht selbst Geschäftsführer ist: wegen Anstiftung, § 830 Abs. 2 BGB). Hinzukommt die Geschäftsführerhaftung auf Erstattung der seit dem Zeitpunkt der Antragspflicht geleisteten Zahlungen (§ 64 Abs. 2 GmbHG). Die Verzögerung des Antrags bringt also dem Gesellschafter keinen

162 So die ursprüngliche von 1980 bis 1998 gültige Regelung des § 32a KO, die seit 1. 1. 1999 durch den jetzigen § 135 InsO ersetzt ist. 163 Altmeppen NJW 2005, 1911, 1914. 164 Vgl. auch Grunewald/Noack GmbHR 2005, 189, 193 („schlicht nicht vermittelbar“). 165 Karsten Schmidt (Fn. 3) § 37 IV 5 b Beispiel 49 (mit dem Hinweis, dass es sich um einen tatsächlich vorgekommenen, in England anhängig gewordenen Fall handele).

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Vorteil und ein Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist, hat allen Anlass, seine Mitwirkung zu versagen. Ist dagegen die Gesellschaft auch nach Ablauf eines Jahres nach Rückzahlung des Darlehens weder zahlungsunfähig noch überschuldet, so kann von einem „Hinauszögern“ des Insolvenzantrags vernünftigerweise nicht gesprochen werden; es gibt ja einstweilen noch keinen Eröffnungsgrund. Überhaupt ist zu betonen, dass es nicht Aufgabe des Kapitalersatzrechts sein kann, Insolvenzverschleppungen zu bekämpfen. Hierfür gibt es andere, am Tatbestand des § 64 GmbHG anknüpfende Sanktionen, und wenn diese Sanktionen (trotz aller Verschärfung durch die Rechtsprechung) nicht ausreichen sollten, wäre an dieser Stelle und nicht im Kapitalersatzrecht nachzubessern. Richtig ist allerdings, dass die einjährige Anfechtungsfrist für die Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 6 AnfG) zu kurz ist. Man kann es verstehen, dass es seinerzeit gerade dieser Fall gewesen ist, der den BGH bewogen hat, an den Rechtsprechungsregeln festzuhalten 166. Der Fehler liegt hier nicht eigentlich in der Frist als solcher, sondern in der gesetzlichen Festlegung des Zeitpunkts, von dem an zurückzurechnen ist. Hierauf ist noch gesondert einzugehen 167.

4. Rechtsprechungsregeln und Vertragsfreiheit Für den Verzicht auf die Rechtsprechungsregeln, unter Beibehaltung und Erweiterung der Novellenregeln, spricht nicht zuletzt auch ein Argument prinzipieller Natur. Nach den Rechtsprechungsregeln werden die Vorschriften über die Erhaltung des Stammkapitals auf Gesellschafterdarlehen angewendet, obwohl die Gesellschafter erklärtermaßen und zulässigerweise gerade keine Einlage leisten, sondern ein Darlehen gewähren wollten. Im praktischen Ergebnis führt das zu einer zwangsweisen Stundung der Tilgungs- und Rückzahlungsansprüche aus rechtlich zulässigen Darlehensverträgen, wenn die Gesellschaft sich bei Darlehensgewährung in einer Krise befand, oder wenn nach Darlehensgewährung die Krise nachträglich eingetreten ist und der Gesellschafter das Darlehen nach Eintritt der Krise nicht so schnell wie möglich gekündigt und abgezogen hat 168 (oder wenn er auf eine solche Kündigungsmöglichkeit von vornherein verzichtet hat 169). Diese zwingende Rechtsfolge tritt ein, obwohl der Gesellschafter nicht verpflichtet ist, in der Krise überhaupt Kapital zur Verfügung zu stellen, das über die satzungs166 167 168 169

Vgl. Fn. 160. Vgl. unten VIII 2 S. 430. Oben Fn. 23. Oben Fn. 23.

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mäßig vereinbarte Einlage hinausgeht. Es handelt sich dabei um einen einschneidenden und eigentlich systemwidrigen Eingriff in das Prinzip der Privatautonomie 170. Die Novellenregeln erreichen im Wesentlichen das gleiche Ziel durch die insolvenzrechtliche Rückstufung des Darlehens, die durch insolvenzrechtliche Anfechtungstatbestände abgesichert ist. Solange das Insolvenzverfahren nicht eröffnet ist, ist der Gesellschafter frei darin, seine vertraglichen Ansprüche gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen, und die Gesellschaft ist frei darin, sie zu erfüllen. Insoweit wird in die Vertragsfreiheit nicht eingegriffen. Der Gesellschafter trägt nur das Risiko, dass er die empfangenen Leistungen an die Masse zurückgeben muss, wenn es innerhalb einer bestimmten Frist nach Empfang zur Insolvenz der Gesellschaft kommt. Vergleichbare Risiken treffen aber auch andere Vertragsgläubiger, die innerhalb bestimmter Fristen vor Insolvenzeröffnung Leistungen des Schuldners erhalten haben. Zum Prinzip der Vertragsfreiheit steht das nicht in Widerspruch. Das gleiche gilt für die insolvenzrechtliche Rangrückstufung, denn das Prinzip der Vertragsfreiheit sagt nichts darüber aus, mit welchem Rang vertragliche Forderungen im Verhältnis zu den Forderungen anderer Vertragsgläubiger in der Insolvenz zu befriedigen sind. Anders als die Rechtsprechungsregeln, lassen also die Novellenregeln das Prinzip der Vertragsfreiheit unberührt. Bekanntlich hat der BGH, wie in anderem Zusammenhang schon erwähnt, sich zur Rechtfertigung der von ihm entwickelten Regeln auf das Prinzip der „Finanzierungsfolgenverantwortung“ (ursprünglich „Finanzierungsverantwortung“) berufen 171. Hiernach trifft den Gesellschafter, der die Gesellschaft nach Eintritt der Krise weiter finanziert und ihr so die weitere Existenz ermöglicht, eine besondere Verantwortung für die Folgen dieser Finanzierung, wenn die Gesellschaft später insolvent wird. Dem soll hier nicht widersprochen werden. Indessen folgt aus dem Prinzip der „Finanzierungsfolgenverantwortung“ nicht zwingend, dass die Finanzhilfe des Gesellschafters im gesellschaftsrechtlichen Sinn als „Einlage“ qualifiziert und den Regeln über die Kapitalerhaltung unterworfen werden muss. Die insolvenzrechtliche Rückstufung, verbunden mit darauf zugeschnittenen Anfechtungstatbeständen, ist auch eine Form, in der der Gesetzgeber der besonderen Verantwortung der Gesellschafter, die die Gesellschaft in der Krise weiterfinanzieren, Rechnung tragen kann. Für die Rechtsprechung war allerdings, solange es die Regeln über die insolvenzrechtliche Rückstufung und Anfechtung noch nicht gab, die Erstreckung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen das Mittel der Wahl, um das Prinzip der Finanzierungsfolgenverantwortung durchzusetzen. Seitdem der Ge170 Vgl. auch Eidenmüller (Fn. 93) S. 388 ff.; Altmeppen NJW 2005, 1911, 1912 u. 1913. 171 Vgl. oben Fn. 136.

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setzgeber das Prinzip der insolvenzrechtlichen Rückstufung eingeführt hat, ist dagegen der Rückgriff auf das Instrument der gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln nicht mehr notwendig. Im Ergebnis führt das zu folgendem Konzept: Die Eigenmittel, mit denen die Gesellschafter die Gesellschaft ausstatten, unterliegen einer abgestuften Bindung. Nur diejenigen Eigenmittel, die das in der Satzung festgelegte, öffentlich bekannt gemachte Grund- oder Stammkapital bilden, unterliegen den gesetzlichen Kapitalschutzbestimmungen mit den beiden Eckpfeilern des Aufbringungszwangs und der Ausschüttungssperre. Darüber hinausgehende Eigenmittel, die die Gesellschafter der Gesellschaft unter dem Vorbehalt der Rückzahlung zur Verfügung stellen – sei es in Form der Gewährung von Darlehen, sei es in Form von Geschäften, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen – unterliegen einer weniger weit reichenden Bindung. In der Insolvenz sind sie der umfassenden Rückstufung unterworfen, die für alle Gesellschafterforderungen gilt. Solange der Insolvenzfall nicht eingetreten ist, unterliegt die Rückzahlung der zusätzlichen Eigenmittel keinen gesetzlichen Beschränkungen. Allerdings tragen die Gesellschafter das Risiko, dass eine Erstattungspflicht eingreift, wenn innerhalb eines Jahres nach Rückzahlung der Insolvenzantrag gestellt und daraufhin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wird. Unberührt bleiben ferner die allgemeinen Bindungen, denen der Gesellschafter bei seinem Verhalten gegenüber der Gesellschaft immer unterliegt (also etwa Haftung wegen sittenwidriger Gläubigerschädigung gemäß § 826 BGB, Durchgriffshaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs, Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 InsO oder § 3 AnfG). Dagegen gibt es für die freiwillig über das satzungsmäßige Kapital hinaus zur Verfügung gestellten Eigenmittel vor Eintritt der Insolvenz keine Rückzahlungssperre analog § 30 GmbHG; ein Darlehen darf also auch dann bedient werden, wenn kein ausschüttungsfähiger Gewinn vorhanden ist, der den Kapitalbedarf der Gesellschaft an Stelle des Darlehens abdeckt. 5. Konsequenzen de lege ferenda Sowohl der Gesichtspunkt der Vereinfachung, als auch die Bewertung der praktischen Konsequenzen, als auch das Prinzip der Privatautonomie sprechen somit dafür, an den Rechtsprechungsregeln, neben den insolvenzrechtlichen Novellenregeln, nicht länger festzuhalten oder anders gesagt: sie abzuschaffen. Da sie praktisch gewohnheitsrechtliche Geltung erlangt haben, bedarf es hierzu einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung 172. 172 Vgl. auch Grunewald/Noack GmbHR 2005, 189, 194. Ob es sich dabei um eine „Klarstellung“ handelt (so Grunewald/Noack) oder um eine Änderung geltenden Rechts, mag hier auf sich beruhen.

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Deshalb sollte durch Zusätze zu § 30 GmbHG und zu § 57 AktG angeordnet werden, dass die Rückzahlung von Krediten, die der Gesellschafter der Gesellschaft gewährt hat, die Zahlung der vereinbarten Zinsen auf solche Kredite, die Zahlung von Miet- und Pachtzinsen aus Miet- und Pachtverträgen, die der Gesellschafter mit der Gesellschaft abgeschlossen hat 173, und ähnliche Leistungen 174 nicht als Rückgewähr der Einlage gelten, und dass es insoweit bei den Regelungen der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO und des § 6 AnfG sein Bewenden hat 175.

VIII. Sonderfragen 1. Kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung Die bisherige Rechtsprechung hat die Regeln des Kapitalersatzrechts auch auf die sogenannte kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung erstreckt. Es geht um Fälle, in denen der Gesellschafter seiner Gesellschaft betriebsnotwendiges Vermögen – z. B. Betriebsgrundstücke, Maschinen, Fahrzeuge – durch Miet- oder Pachtverträge überlässt. Die Rechtsprechung sieht dies als eine der Gewährung eines kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens wirtschaftlich entsprechende Handlung im Sinn des § 32 a Abs. 3 Satz 1 GmbHG an, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses oder der Fortsetzung des Gebrauchsüberlassungsvertrags insolvenzreif (zahlungsunfähig oder überschuldet) oder nicht „überlassungswürdig“ 176 ist 177. Die Fortsetzung des Vertrags nach Eintritt der 173 Auch auf solche Forderungen werden die Regeln des Kapitalersatzrechts von der Rechtsprechung angewendet, wenn die Überlassung des Gebrauchs „kapitalersetzende“ Funktion hat. Vgl. BGHZ 109, 55, 69. Dazu nachfolgend VIII 1 S. 423 ff. 174 Das bezieht sich auf Forderungen aus Geschäften, die der Gewährung von Gesellschafterdarlehen „wirtschaftlich entsprechen“, im Sinn des bisherigen § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG. 175 Grunewald/Noack schlagen vor, § 30 Abs. 1 GmbHG durch einen Satz 2 zu ergänzen, der bestimmt: „Satz 1 findet auf Gesellschafterdarlehen keine Anwendung“. Die Formulierung erklärt sich daraus, dass Grunewald/Noack davon ausgehen, dass der Sache nach an der Regelung des § 32 a GmbHG festgehalten wird. Dann ergibt sich die Gleichstellung der „wirtschaftlich entsprechenden“ Rechtsverhältnisse mit den Gesellschafterdarlehen aus § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG. Da nach dem hier unterbreiteten Vorschlag § 32 a Abs. 3 Satz 1 entfällt (vgl. oben VI 2 S. 407), muss wohl eine etwas ausführlichere Formulierung gewählt werden, die klarstellt, dass § 30 GmbHG (bzw. § 57 AktG) nicht nur für Leistungen auf Forderungen aus Gesellschafterdarlehen, sondern auch für Leistungen auf Forderungen aus vergleichbaren Rechtsverhältnissen zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter ausgeschlossen sein soll. 176 Das heißt, wenn sie nicht imstande ist, sich den für den Erwerb des Gegenstands erforderlichen Kredit zu marktüblichen Bedingungen zu verschaffen, und wenn ein vernünftig handelnder Dritter auch nicht bereit wäre, ihr den Gegenstand unter

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Krise kann auch darin liegen, dass der Gesellschafter, der den Vertrag vor Eintritt der Krise abgeschlossen hatte, nach deren Eintritt von einer Liquidation der Gesellschaft absieht, obwohl seine Stimmenmehrheit ausreichen würde, um den Auflösungsbeschluss herbeizuführen 178. Der „kapitalersetzende“ Charakter der Gebrauchsüberlassung hat nach der Rechtsprechung zwei unterschiedliche Rechtsfolgen.

a) Bis zur Verfahrenseröffnung entstandene Miet- und Pachtzinsforderungen Erstens werden Miet- und Pachtzinsforderungen genauso behandelt wie Zinsforderungen aus kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen. Das heißt sie unterliegen analog §§ 30, 31 GmbHG einer Zahlungssperre, solange die Zahlung nicht durch ausschüttungsfähiges Vermögen (also durch spätere Gewinne) der GmbH gedeckt ist 179. Zusätzlich sind auch die insolvenzrechtlichen Regeln der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (bzw. des § 32 a Abs. 1 GmbHG), 135 InsO anwendbar 180. Daran würde sich durch den hier unterbreiteten Vorschlag im Prinzip nichts ändern. Zwar entfiele die analoge Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG 181. Dagegen unterlägen die Miet- und Pachtzinsforderungen ohne weiteres der Rangrückstufung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und etwaige darauf im letzten Jahr vor der Antragstellung oder zwischen der Antragstellung und Verfahrenseröffnung geleistete Zahlungen ohne weiteres der Anfechtung gemäß § 135 Nr. 2 InsO. Der Erwerb von Sicherheiten für die Miet- oder Pachtzinsforderungen (auch von Vermieter- und Verpächterpfandrechten durch Einbringung von Sachen der GmbH gemäß §§ 562, 582 Abs. 2 BGB) wäre gemäß § 135 Nr. 1 InsO anfechtbar. Eine Vereinfachung würde dadurch eintreten, dass es nicht mehr der Feststellung bedürfte, dass die Gebrauchsüberlassung „kapitalersetzenden“ Charakter hat 182.

177 178 179 180 181 182

denselben Verhältnissen und zu denselben Bedingungen zu überlassen. Vgl. BGHZ 109, 55, 62 ff.; 121, 31, 32f. BGHZ 109, 55ff.; 121, 31ff.; 127, 1ff.; 127, 17ff.; 140, 147ff.; zuletzt BGH NZG 2005, 346 = GmbHR 2005, 534; NZG 2005, 395. Kritisch Karsten Schmidt (Fn. 3) § 37 IV 3b; Altmeppen (Fn. 3) Rdn. 202 ff. BGHZ 121, 31, 36; 127, 1, 6. BGHZ 109, 55, 66f.; 121, 31 (Leitsatz c); 127, 1, 7; 127, 17, 21; 140, 147, 149f. Vgl. BGHZ 109, 55, 66f. (Anwendbarkeit des § 32a Abs. 1 GmbHG); 121, 31, 43 (zu § 32 a GmbHG und § 32a KO, jetzt § 155 InsO); 127, 1, 7 (ebenso); 127, 17, 21 (ebenso). Dazu oben VII S. 414 ff. Dazu oben VI S. 405 ff. Damit würde sich auch die Streitfrage erledigen, ob es überhaupt sinnvoll ist, die entgeltliche Gebrauchsüberlassung durch den Gesellschafter mit der Gewährung eines kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens gleichzustellen (dazu kritisch Karsten Schmidt und Altmeppen aaO. Fn. 177).

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Hat der Gesellschafter der Gesellschaft ein Grundstück vermietet oder verpachtet, das zugunsten eines Dritten mit einer Hypothek oder Grundschuld belastet ist, so endet nach der zutreffenden Rechtsprechung des BGH die gemäß § 30 GmbHG (analog) bestehende Zahlungssperre mit der Beschlagnahme zugunsten des Grundpfandgläubigers analog §§ 1123 Abs. 2 Satz 2, 1124 Abs. 2 BGB 183. Wenn das für die bisherigen „Rechtsprechungsregeln“ zutrifft, kann für die „Novellenregeln“ nichts anderes gelten. Nach der Beschlagnahme bis zur Eröffnung des Verfahrens entstandene Miet- und Pachtzinsforderungen, die der Zwangsverwalter im Insolvenzverfahren geltend macht, unterliegen daher auch in Zukunft nicht der Rangrückstufung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5, und vor Verfahrenseröffnung an den Zwangsverwalter geleistete Zahlungen unterliegen nicht der Anfechtung gemäß § 135 Nr. 2 InsO.

b) Rechtslage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zweitens hat die Rechtsprechung aus dem kapitalersetzenden Charakter der Gebrauchsüberlassung die Folge abgeleitet, dass der Gesellschafter verpflichtet sei, auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das „Nutzungsrecht“ weiterhin bis zum Ende der vorgesehenen Laufzeit des Vertrags, mindestens aber für eine angemessene Dauer 184, der Insolvenzmasse zu überlassen 185. Die hieraus resultierende Entgeltforderung des Gesellschafters soll ebenfalls der Zahlungssperre analog § 30 GmbHG unterliegen 186. Praktisch soll also die Gebrauchs183 BGHZ 140, 147, 150 ff. in Abweichung von dem obiter dictum BGHZ 109, 55, 66; zuletzt bestätigt durch BGH NZG 2005, 346 = GmbHR 2005, 534 und NZG 2005, 395. 184 Maßgeblich soll nach der Rechtsprechung grundsätzlich die vertraglich vereinbarte Dauer der Gebrauchsüberlassung sein. Wäre jedoch ein inhaltsgleicher Vertrag mit einem außenstehenden Dritten nur unter Vereinbarung einer längeren Vertragsdauer oder längerer Kündigungsfrist vereinbart worden (wobei die Interessen sowohl der Gesellschaft, als auch des hypothetischen Vermieters/Verpächters berücksichtigt werden sollen), so soll der sich hieraus ergebende Mindestzeitraum maßgeblich sein. Vgl. BGHZ 127, 1, 10f. Diese hypothetische Mindestdauer wird hier abkürzend als „angemessene Dauer“ bezeichnet. 185 Grundlegend BGHZ 127, 1, 10 ff.; 127, 17, 26. 186 Vgl. dazu BGHZ 140, 147, 149f. und 153. Auch BGHZ 127, 1, 10ff. und 127, 17, 26 gehen offensichtlich hiervon aus. In BGHZ 109, 55, 66 hat der BGH den Ausschluss des Anspruchs auf die ab Konkurseröffnung fälligen Mietzinsen auch auf § 32a Abs. 1 (i.V.m. § 32a Abs. 3) GmbHG gestützt. Diese Äußerung bezog sich indessen auf die frühere Fassung des § 32a Abs. 1 GmbHG. Nach der Anpassung der Vorschrift an den neu eingeführten § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist die Bestimmung als Grundlage für den Ausschluss des Anspruchs auf die nach Verfahrenseröffnung entstehenden Mietzinsforderungen nicht mehr geeignet, weil der Gesellschafter insoweit kein „Insolvenzgläubiger“ ist; vgl. dazu den nachfolgenden Text (S. 426 f.).

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überlassung an die Insolvenzmasse bis zum Ende der vertraglich vorgesehenen oder der notfalls vom Gericht zu bestimmenden angemessenen Laufzeit unentgeltlich erfolgen 187. Voraussetzung für all dies ist, dass der Insolvenzverwalter imstande ist, das Nutzungsrecht mit Vorteil für die Insolvenzmasse auszuüben (sei es, indem er den Betrieb der Gesellschaft weiterführt und dabei die Sache selber gebraucht, sei es, dass er die Sache, sofern dies möglich ist, an einen Dritten weitervermietet). Hat der Gesellschafter der Gesellschaft ein Grundstück vermietet, das zugunsten eines Dritten mit einem Grundpfandrecht belastet ist, so soll ab Anordnung der Zwangsverwaltung nach dem Rechtsgedanken der §§ 1123, 1124 BGB das Recht des Insolvenzverwalters zur unentgeltlichen Nutzung ausgeschlossen sein 188. Das heißt der Insolvenzverwalter muss an den Zwangsverwalter entweder den zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter vereinbarten Miet- oder Pachtzins zahlen (§ 108 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO) oder er muss den Vertrag kündigen (§ 109 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Insolvenzverwalter soll in diesem Fall das Recht haben, vom Gesellschafter für die der Insolvenzmasse entgangene unentgeltliche Nutzung, sofern sie tatsächlich möglich gewesen wäre, eine Entschädigung zu verlangen 189. Dasselbe soll gelten, wenn der Gesellschafter eine mögliche Nutzung der Sache durch den Insolvenzverwalter vereitelt 190. Aus den hier vorgeschlagenen insolvenzrechtlichen Regeln lässt sich eine derartige Rechtsfolge nicht ableiten. Der Fall des § 39 Abs. 1 Nr. 5 (in der Fassung der hier vorgeschlagenen Änderung 191) ist nur gegeben, soweit der Gesellschafter rückständige Miet- oder Pachtzinsen für die Zeit vor Eröffnung des Verfahrens geltend macht. Denn hierbei handelt es sich um Insolvenzforderungen (vgl. § 108 Abs. 2 InsO für die Gebrauchsüberlassung unbeweglicher Sachen, § 105 Satz 1

187 Theoretisch besteht allerdings gegen die Gesellschaft weiterhin ein Anspruch auf das vereinbarte Entgelt für den Fall, dass die Gesellschaft wieder ausschüttungsfähiges Vermögen erwirbt, vgl. BGHZ 140, 147, 153, was allerdings nur eine rein theoretische Möglichkeit ist. Praktisch entscheidend ist, dass der Gesellschafter nach der Rechtsprechung nicht berechtigt ist, diesen Anspruch gegen die Insolvenzmasse geltend zu machen. 188 BGHZ 140, 147, 150ff., 155. 189 BGH NZG 2005, 346 = GmbHR 2005, 534; NZG 2005, 395 im Anschluss an BGHZ 127, 1, 14 f. Das führt übrigens zu einer paradoxen Doppelbelastung des Gesellschafters, wenn er das Grundpfandrecht bestellt hat, um eine Gesellschaftsschuld zu sichern, und wenn dieses Geschäft ebenfalls kapitalersetzenden Charakter hat. Dann werden die Nutzungen, im Weg der Zwangsverwaltung, dazu verwendet, die Gesellschaftsschuld zu tilgen; der Rückgriffsanspruch des Gesellschafters ist nachrangig gemäß §§ 32a Abs. 1, 3 Satz 1 GmbHG, 139 Abs. 1 Nr. 5 InsO und damit praktisch wertlos. Außerdem ist der Gesellschafter verpflichtet, für die Nutzungen an die Insolvenzmasse eine Vergütung zu zahlen. 190 Etwa durch Weiterveräußerung, dazu BGHZ 127, 1, 14f. 191 Dazu oben VI 4b (S. 411).

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InsO für die Gebrauchsüberlassung beweglicher Sachen), und insoweit greift die Rangrückstufung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ohne weiteres ein. Dagegen handelt es sich bei der Verpflichtung, den Miet- oder Pachtzins für die Zeit nach Eröffnung des Verfahrens bis zum Ende der Vertragslaufzeit zu bezahlen, um eine Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO i.V.m. §§ 108, 109 InsO bei unbeweglichen, i.V.m. § 103 InsO bei beweglichen Gegenständen). Masseverbindlichkeiten werden aber von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht erfasst. Wollte man hieran etwas ändern und im Ergebnis an der bisherigen Rechtsprechung festhalten, so müsste man eine entsprechende Ausnahmeregel zu § 55 InsO vorsehen. In einem der Vorschrift einzufügenden Absatz 4 müsste vorgeschrieben werden, dass § 55 Abs. 1 Nr. 2 nicht für Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen gilt, die zwischen einer Gesellschaft, bei der keine natürliche Person unbeschränkt haftet, und ihren Gesellschaftern abgeschlossen sind, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet ist, und dass auf solche Verbindlichkeiten § 39 Abs. 1 Nr. 5 (mit den dafür geltenden, dem jetzigen § 32 Abs. 3 Satz 2 und 3 GmbHG entsprechenden Ausnahmen) sinngemäß anzuwenden ist. Die besseren Gründe sprechen indessen dafür, von einer solchen Sonderregel Abstand zu nehmen. Sie würde in einer ganz und gar systemwidrigen, durch die oben dargelegte ratio legis des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO 192 nicht zu rechtfertigenden Weise den Grundsatz durchbrechen, dass der Insolvenzverwalter Leistungen aus gegenseitigen Verträgen des Schuldners nach Verfahrenseröffnung nur in Anspruch nehmen darf, wenn er bereit ist, das hierfür zwischen dem Schuldner und dem anderen Vertragsteil vereinbarte Entgelt zu bezahlen. Dass es sich beim anderen Vertragsteil um einen Gesellschafter handelt, kann hieran nichts ändern. Der Gesellschafter ist zu Nachschüssen in der Insolvenz der Gesellschaft nicht verpflichtet. Genau eine solche Nachschusspflicht wird ihm aber auferlegt, wenn ihn die Verpflichtung trifft, nach Verfahrenseröffnung der Insolvenzmasse der Gesellschaft den Gebrauch weiterhin zu überlassen, ohne von ihr hierfür ein Entgelt zu erhalten 193. Auch unter ökonomischen Gesichtspunkten ist es nicht zu billigen, dass der Insolvenzverwalter das Recht haben soll, vermögenswerte Leistungen von einem Vertragspartner des Schuldners in Anspruch zu nehmen, ohne etwas dafür zu zahlen. 192 Vgl. oben V 1 S. 393 ff. 193 Besonders deutlich wird der Charakter der dem Gesellschafter auferlegten Pflicht als Nachschusspflicht in den Fällen, in denen die Rechtsprechung annimmt, dass den Gesellschafter statt des dem Insolvenzverwalter vorenthaltenen Nutzungsrechts eine Ersatzpflicht trifft (vgl. oben Fn. 189, 190). Im Normalfall ergibt sich der Charakter der dem Gesellschafter auferlegten Überlassungspflicht als Nachschusspflicht aus dem Charakter von Miete und Pacht als Dauerschuldverhältnis, das vom Vermieter (Verpächter) durch fortlaufende Überlassung des Gebrauchs bzw. der Nutzung zu erfüllen ist.

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Was die praktischen Konsequenzen angeht, so handelt es sich nicht um einen Gegenstand von zentraler Bedeutung. Die effektiven Vorteile, die die unentgeltliche Nutzungsbefugnis für den Insolvenzverwalter mit sich bringt, sind nur von begrenztem Wert 194. Vielfach wird dem Verwalter weder die Eigennutzung noch die Weitervermietung möglich sein. Überdies ist die Entscheidung für die weitere Nutzung mit rechtlichen Unsicherheiten belastet, sowohl hinsichtlich der Frage des „kapitalersetzenden“ Charakters der Nutzungsüberlassung, als auch hinsichtlich der angemessenen Nutzungsdauer. Probleme für den Insolvenzverwalter ergeben sich im Fall der Weitervermietung auch aus der Garantiehaftung gemäß § 536a Abs. 1 BGB und bei längerer Nutzungsdauer aus der mit der Weitervermietung verbundenen Verlängerung des Insolvenzverfahrens. Überdies kann der Gesellschafter versuchen, die Nutzungsdauer durch Vertrag mit der Gesellschaft möglichst zu beschränken. Selbst wenn die Wirksamkeit solcher Vertragsklauseln zweifelhaft ist 195, schafft er hierdurch für den Insolvenzverwalter und auch für einen Dritten, der an sich bereit wäre, den Gegenstand für die Dauer des Nutzungsrechts vom Insolvenzverwalter zu mieten, erhebliche Prozessrisiken, die das Nutzungsrecht wirtschaftlich entwerten. Der Verzicht auf das problematische Rechtsinstrument der unentgeltlichen Nutzungsberechtigung des Insolvenzverwalters sollte deshalb auch unter dem praktischen Gesichtspunkt nicht allzu schwer fallen; der zu erwartende Nutzen rechtfertigt kaum den erheblichen Regelungsaufwand, der mit einer Beibehaltung verbunden wäre.

c) Keine Zugehörigkeit der zum Gebrauch überlassenen Sache zur Insolvenzmasse der Gesellschaft Von zentraler Bedeutung auch für die Zukunft ist dagegen eine negative Aussage der Rechtsprechung des BGH. Das Aussonderungsrecht des Gesellschafters hinsichtlich des zur Nutzung überlassenen Gegenstands wird (vorbehaltlich des dem Insolvenzverwalter zugebilligten zeitlich begrenzten Nutzungsrechts) vom

194 Vgl. dazu auch v. Gerkan ZGR 1997, 192; Lutter/Hommelhoff (Fn. 3) Rdn. 148. Jedenfalls ist dem Problem der sprichwörtlichen „Aschenputtelgesellschaft“ – das gesamte Betriebsvermögen liegt bei den Gesellschaftern oder einer von ihnen kontrollierten „Besitzgesellschaft“ und der gesamte Betriebsgewinn fällt dort an, die gesamten Schulden und Verluste treffen die Gesellschaft („Betriebsgesellschaft“), vgl. BGHZ 68, 312 ff. – auf diese Weise nicht beizukommen. Das ist vielmehr ein Missstand, der mit Mitteln der Durchgriffshaftung und der Insolvenzverschleppungshaftung zu bekämpfen ist. Man sollte das Kapitalersatzrecht nicht mit Aufgaben befrachten, zu deren Lösung es weder bestimmt noch geeignet ist. 195 Entweder weil sie, da spezifisch auf den Insolvenzfall bezogen, unwirksam sind, oder weil die vertraglich festgesetzte Frist durch eine „angemessene Frist“ ersetzt wird. Dazu oben Fn. 184.

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BGH nicht in Zweifel gezogen. Der Gegenstand ist weder kraft Gesetzes als Bestandteil der Insolvenzmasse der Gesellschaft anzusehen, noch ist der Gesellschafter verpflichtet, den Gegenstand (oder sein Äquivalent in Geld) auf die Insolvenzmasse zu übertragen 196. Jede andere Entscheidung wäre mit Grundprinzipien des geltenden Rechts unvereinbar: mit dem Prinzip der Privatautonomie, das es verbietet, einen Gebrauchsüberlassungsvertrag zwangsweise in eine Übereignung oder ein Übereignungsversprechen umzuwandeln, mit dem Grundprinzip der sachenrechtlichen Güterzuordnung, das es verbietet, massefremde Sachen kurzerhand als Massebestandteil auszugeben, und mit dem Prinzip der beschränkten Haftung, das es verbietet, den Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft zu Nachschüssen heranzuziehen 197. Der Gesetzgeber sollte hieran keinesfalls etwas ändern. Der hier unterbreitete Gesetzesvorschlag führt ohne weiteres zu dem mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH übereinstimmenden Ergebnis. Denn weder § 39 Abs. 1 Nr. 5, noch § 135 InsO bietet irgendeine Handhabe dafür, den im Eigentum des Gesellschafters verbliebenen Gegenstand, dessen Nutzung der Gesellschaft überlassen wurde, oder seinen Substanzwert zur Masse zu ziehen 198.

d) Konsequenzen de lege ferenda Besondere Bestimmungen zur kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung sind de lege ferenda nicht zu empfehlen.

196 Dazu grundlegend BGHZ 127, 1, 8 ff.; 127, 17, 22 ff.; vgl. auch schon BGHZ 121, 31, 45 f. 197 Vgl. auch Altmeppen (Fn. 3) Rdn. 202 f.; Lutter/Hommelhoff (Fn. 3) Rdn. 148. 198 Konsequenterweise kann (entgegen einer in der Literatur vielfach vertretenen und auch in die Rechtsprechung der Instanzgerichte übergegangenen Ansicht) für Sachen, die der Gesellschafter der Gesellschaft durch Leasingvertrag überlassen hat, und für Sachen, die er ihr unter Eigentumsvorbehalt geliefert hat und die noch nicht bezahlt sind, nichts anderes gelten, zutreffend Altmeppen (Fn. 3) Rdn. 212ff., 208ff. mit umfassenden Nachweisen. Leasingverträge sind Mietverträge besonderer Art und im vorliegenden Zusammenhang nicht anders zu behandeln als gewöhnliche Mietverträge. Vollends unzulässig erscheint es, den Gesellschafter im Fall eines Verkaufs unter Eigentumsvorbehalt bei Insolvenz der Gesellschaft kurzerhand zu enteignen. Der hier unterbreitet Gesetzesvorschlag bietet auch für derartige Übergriffe in das Vermögen des Gesellschafters keine Handhabe. Die §§ 103, 105, 107, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO finden unverändert Anwendung, es sei denn, dass der Gesetzgeber hieran etwas zum Nachteil des Gesellschafters ändert, was er aber aus den im Text bereits dargelegten Gründen nicht tun sollte.

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2. Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens a) Die Unzulänglichkeit der bisherigen Regelung Die einjährige Anfechtungsfrist des § 6 Nr. 2 AnfG ist der Anfechtungsfrist des § 135 Nr. 2 InsO nachgebildet. Dabei ist folgendes nicht hinreichend bedacht worden: Zur Einjahresfrist des § 135 Nr. 2 InsO kommt die Frist, die zwischen dem Insolvenzantrag und der Verfahrenseröffnung verstreicht, hinzu. Anschließend läuft die neuerdings weit ausgedehnte Verjährungsfrist des § 146 InsO (i.V. m. §§ 195, 199 Abs. 1, 4 BGB: mindestens drei Jahre ab Jahresschluss, äußerstenfalls zehn Jahre), die es dem Insolvenzverwalter ermöglicht, die Vorgänge im Vorfeld der Insolvenz anhand der in seinem Besitz befindlichen Unterlagen und der ihm verfügbaren sonstigen Informationen zu überprüfen. § 135 Nr. 2 InsO versetzt also den Insolvenzverwalter in die Lage, Vorgänge aufzugreifen, die bei Erhebung der Anfechtungsklage sehr viel länger zurückliegen als ein Jahr. Die Einjahresfrist des § 6 Nr. 2 AnfG ist nur scheinbar gleich lang. Denn sie ist nur gewahrt, wenn der Gläubiger innerhalb eines Jahres nach der Rückzahlung die Anfechtungsklage erhoben oder zumindest die Anfechtungsabsicht schriftlich mitgeteilt hat (§ 7 AnfG). Der Gläubiger, der außerhalb des Insolvenzverfahrens anficht, hat dazu also sehr viel weniger Zeit als der Insolvenzverwalter, der im Insolvenzverfahren anficht – und dies, obwohl seine Informationslage sehr viel schlechter ist als die des Verwalters. Bei der Frist des § 6 AnfG besteht also Korrekturbedarf auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die Frist des § 135 Nr. 2 InsO für ihren Anwendungsbereich das Richtige trifft. Die Anfechtung sollte möglich sein bei allen Zahlungen der Gesellschaft, die im letzten Jahr erfolgt sind, bevor der Gläubiger den vollstreckbaren Titel erlangt hat, auf den er die Anfechtung stützt. Ab diesem Zeitpunkt sollte, in Analogie zu § 146 InsO, eine reguläre Verjährungsfrist beginnen. Ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels Masse abgewiesen worden, bevor der Gläubiger den vollstreckbaren Titel gegen die Gesellschaft erlangt hat, so ist, in Parallele zu § 135 Nr. 2 InsO, die Einjahresfrist ab dem Zeitpunkt zurückzurechnen, zu dem der Insolvenzantrag gestellt worden ist. Denn die Anfechtbarkeit von Leistungen, die die Gesellschaft im letzten Jahr vor der Stellung eines an sich begründeten Insolvenzantrags erbracht hat, darf nicht davon abhängen, ob eine für die Durchführung des Verfahrens ausreichende Insolvenzmasse vorhanden ist oder nicht. Die Zehnjahresfrist für die Bestellung von Sicherheiten (§ 6 Nr. 1 AnfG) ist aus den bereits zu § 135 InsO dargelegten Gründen abzuschaffen 199.

199 Vgl. oben VI 4 d S. 412.

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Ein Mangel eher technischer Art der bisherigen Regelung besteht schließlich darin, dass es im Anfechtungsgesetz an einer dem jetzigen § 32b GmbHG entsprechenden Bestimmung fehlt. Dieser Mangel wird sich, folgt man dem hier unterbreiteten Vorschlag, in Zukunft nicht mehr durch Rückgriff auf die „Rechtsprechungsregeln“ ausgleichen lassen und muss deshalb durch eine entsprechende Ergänzung des Anfechtungsgesetzes behoben werden. Es geht dabei um den Fall, dass ein Gesellschafter, dessen Forderungen gegen die Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO im Rang zurückgestuft sind, der Gesellschaft mittelbar Kredit gewährt hat, indem er für den Kredit eines Dritten eine Sicherheit bestellt hat, und dass die Gesellschaft innerhalb der Anfechtungsfrist des § 6 AnfG diesen Kredit zurückgezahlt hat, mit der Folge, dass die vom Gesellschafter gestellte Sicherheit freigeworden ist. Diese Freistellung des Gesellschafters muss genauso anfechtbar sein, als hätte die Gesellschaft in entsprechender Höhe unmittelbar eine Leistung an den Gesellschafter erbracht. Der Gesellschafter, dessen Sicherheit innerhalb des kritischen Zeitraums mit Mitteln der Gesellschaft ausgelöst worden ist, darf im Fall, dass das Insolvenzverfahren an mangelnder Masse scheitert, nicht besser stehen als in dem durch § 32b GmbHG bisher allein erfassten Fall der Durchführung des Insolvenzverfahrens.

b) Konsequenzen de lege ferenda § 6 AnfG ist demnach in folgendem Sinn abzuändern: Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters, die in der Insolvenz der Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig zu befriedigen ist, a) Sicherung gewährt (ohne zeitliche Begrenzung), oder b) Befriedigung gewährt, wenn die Handlung im letzten Jahr vorgenommen worden ist, bevor der Gläubiger den vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat, auf den er die Anfechtung stützt, oder wenn sie nach diesem Zeitpunkt vorgenommen worden ist. Die auf die Anfechtung gestützten Ansprüche verjähren ab dem Zeitpunkt, zu dem der Gläubiger den vollstreckbaren Schuldtitel erworben hat und, wenn die Rechtshandlung später vorgenommen worden ist, ab dem Zeitpunkt ihrer Vornahme nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die regelmäßige Verjährung. Ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft nur mangels Vorhandelseins einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt worden, bevor der Gläubiger den vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat, so wird die Anfechtungsfrist von dem Zeitpunkt an berechnet, zu dem der Insolvenzantrag gestellt worden ist. Außerdem ist § 6 AnfG durch einen neuen § 6 a AnfG zu ergänzen, der sinngemäß die Regelung des bisherigen § 32 b GmbHG übernimmt. Die neue Bestimmung müsste etwa folgendes besagen: § 6 AnfG ist sinngemäß anwendbar, wenn ein Gesellschafter, dessen Forderungen in der Insolvenz der Gesellschaft gemäß

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§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig zu befriedigen sind, einem Dritten für dessen gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen eine dingliche Sicherheit oder eine Bürgschaft oder eine ähnliche Sicherheit gewährt hat und wenn die Gesellschaft die gesicherte Forderung innerhalb der in § 6 genanten Fristen befriedigt hat. Die Anfechtung beschränkt sich auf den Betrag, der dem Wert der von dem Gesellschafter bestellten Sicherheit entspricht oder für den er als Bürge oder aufgrund einer ähnlichen Sicherheit haftbar war. Der Gesellschafter wird frei, wenn er die Gegenstände, die dem Dritten als Sicherheit gedient hatten, dem Gläubiger zu seiner Befriedigung zur Verfügung stellt. IX. Ergebnisse 200 1. An den Novellenregeln mit den Kernbestimmungen der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO sollte im Prinzip festgehalten werden 201. 2. Die Rangrückstufung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und die Anfechtbarkeit gemäß § 135 InsO sollte auf alle Gesellschafterforderungen erstreckt werden, die sich gegen eine Gesellschaft richten, bei der keine natürliche Person unbeschränkt haftet. Ob der der Gesellschaft gewährte Kredit im Sinn des bisherigen § 32a Abs. 1 GmbHG und der bisherigen Rechtsprechung „kapitalersetzend“ ist oder nicht, sollte keinen Unterschied machen202. 3. Die bisherigen Rechtsprechungsregeln sollten aufgegeben werden 203. Dies sollte durch entsprechende Zusatzbestimmungen zu den §§ 30 GmbHG und 57 AktG zum Ausdruck gebracht werden 204. 4. An dem Kleinbeteiligungsprivileg für Beteiligungen bis zu zehn Prozent (bisher: § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG) sollte festgehalten werden 205. 5. Die Zehnprozentgrenze sollte in Zukunft auch für Aktiengesellschaften gelten. Anders als nach der bisherigen Rechtsprechung sollten die Regeln also nicht erst ab einer Aktienbeteiligung von mehr als 25 Prozent Anwendung finden. Meint man dagegen, im Fall der Aktiengesellschaft an der Freigrenze von 25 Prozent festhalten zu müssen, so sollte für die GmbH dieselbe Begrenzung gelten 206. 6. Das Sanierungsprivileg des bisherigen § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG sollte aufrechterhalten werden. Von einer Erweiterung des Privilegs sollte abgesehen werden 207. Das Privileg sollte immer dann eingreifen, wenn der Kreditgeber An200 201 202 203 204 205 206 207

Zu den folgenden Thesen vgl. auch Huber/Habersack BB 2006, 1ff. Vgl. oben V 1–3 S. 393–399, V 5a S. 402–404. Vgl. oben VI 1–3 S. 405–410, VI 4b S. 411. Vgl. oben VII 1–4 S. 414–422. Vgl. oben VII 5 S. 422 f. Vgl. oben V 4a S. 399 f. Vgl. oben V 4 b S. 401. Vgl. oben V 5 S. 402–404.

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teile an einer notleidenden Gesellschaft zu Sanierungszwecken erworben hat. Es sollte keiner zeitlichen Begrenzung unterworfen werden 208. 7. Die Bestimmungen der §§ 32 a Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 und 3 und 32b GmbHG sollten mit den erforderlichen Modifikationen in die Insolvenzordnung integriert werden 209, während die §§ 32 a Abs. 1 und 32 a Abs. 3 Satz1 GmbHG nach dem hier unterbreiteten Vorschlag wegfallen würden. 8. Von Sonderregeln im Hinblick auf die „kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung“ sollte Abstand genommen werden. Die Folge ist, dass der Gesellschafter, anders als nach der bisherigen Rechtsprechung, nicht verpflichtet ist, dem Insolvenzverwalter den Gegenstand unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen 210. 9. An der einjährigen Anfechtungsfrist gemäß § 135 Nr. 2 InsO sollte festgehalten werden. Der Vorschlag einer Verlängerung auf zwei Jahre ist zwar erwägenswert, doch sind hierfür bisher keine durchschlagenden Gründe ersichtlich 211. Die Anfechtung von Sicherheiten sollte ohne zeitliche Begrenzung möglich sein 212. 10. Bei der Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 6 AnfG) sollte der Zeitpunkt, von dem an die Anfechtungsfrist zurückgerechnet wird, vorverlegt werden. Maßgeblich sollten wahlweise der Zeitpunkt sein, zu dem der Gläubiger den vollstreckbaren Titel erlangt hat, oder der Zeitpunkt, zu dem ein Insolvenzantrag gestellt worden ist, der mangels Masse abgelehnt worden ist, je nachdem, welcher Zeitpunkt für den Gläubiger günstiger ist. Auch hier sollte die Anfechtung von Sicherheiten ohne zeitliche Begrenzung möglich sein. Der Anfechtungsanspruch sollte, in Analogie zu § 146 InsO, in zwei Jahre verjähren, nachdem es dem Gläubiger möglich war, ihn geltend zu machen. Außerdem sollte eine dem bisherigen § 32 b GmbHG entsprechende Bestimmung ins Anfechtungsgesetz eingefügt werden 213. 11. Gesellschafterforderungen, die der Rangrückstufung gemäß dem neugefassten § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterliegen, sollten bei der Aufstellung der für die Insolvenzantragspflicht maßgeblichen Überschuldungsbilanz außer Betracht bleiben. Es empfiehlt sich, dies in einem entsprechenden Zusatz zu § 19 InsO klarzustellen 214. 12. Es empfiehlt sich nicht, die gesetzestypische Kommanditgesellschaft kraft Gesetzes in den Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO einzubeziehen 215. 208 209 210 211 212 213 214 215

Vgl. oben VI 4c S. 411. Vgl. oben VI 4e S. 412 f. Vgl. oben VIII 1 S. 423–429. Vgl. oben VII 3 d S. 418–420. Vgl. oben VI 4d S. 412. Vgl. oben VIII 2 S. 430–432. Vgl. oben VI 3b S. 409 f., VI 4 f S. 413. Vgl. oben V 3b S. 398.

Das Recht der Insolvenzanfechtung und Gläubigerschutz

von Professor Dr. Christoph G. Paulus, Berlin

Inhaltsübersicht I. Allgemeine Erwägungen . . . . II. Rechtsvergleichender Überblick 1. Deutschland . . . . . . . . . 2. Belgien . . . . . . . . . . . . 3. Dänemark . . . . . . . . . . 4. Frankreich . . . . . . . . . . 5. England . . . . . . . . . . . 6. Italien . . . . . . . . . . . . . 7. Niederlande . . . . . . . . . 8. USA . . . . . . . . . . . . . 9. Weitere Länder . . . . . . . III. Schlussfolgerungen . . . . . . .

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I. Allgemeine Erwägungen Soweit dem Kapitalerfordernis die Funktion des Gläubigerschutzes zugewiesen ist, deckt sich diese Intention mit denen des Vollstreckungsrechts. Allerdings unterscheiden sich dabei die einschlägigen Stoßrichtungen, weil auch die Ausgangspunkte unterschiedlich sind. Während das Kapitalerfordernis den Gläubigern präventiv Sicherheit und damit Schutz garantieren soll, greift das Vollstreckungsrecht regelmäßig erst dann ein, wenn das Kind gleichsam schon in den Brunnen gefallen ist, wenn also bereits feststeht, dass der Schuldner der ihm obliegenden Pflicht nicht nachkommen will oder kann. Den Eintritt dieses Szenarios wenn nicht zu verhindern, so doch wenigstens unwahrscheinlicher zu machen, ist einer der wesentlichen Zwecke des vorsorglich bestimmenden und vorsorgenden Kapitalerfordernisses. Es mag zur Erhellung von größeren Zusammenhängen am Rande vermerkt werden, dass auf eben dieser Linie, nämlich der Vermeidung des als worst case angesehenen Vollstreckungsrechts (und hier insbesondere des Insolvenzrechts 1), auch die Bemühungen um eine das Unternehmen 1 Zu dem zumindest partiellen, durch die Einführung des Planverfahrens in den

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erhaltende und damit zugleich die Gläubiger schützende adäquate Corporate Governance liegen; ebenso das Kreditsicherungsrecht, das dem worst case zwar ins Auge blickt, ihm aber dadurch aus dem Weg geht, dass es eine gegenüber den anderen Gläubigern privilegierte Position verschafft.2 Der Gläubigerschutz ist aber auch gewissermaßen eine der Fahnen, die das gesamte deutsche Vollstreckungsrecht – also nicht nur das Recht der Einzelzwangsvollstreckung sondern auch das Insolvenzrecht – in mehr oder minder ausgeprägter Form hoch hält. Nicht von ungefähr haben diese beiden Rechtsmaterien in Gestalt der schon seit langem 3 und auch heute noch vielfach so genannten Actio Pauliana eine Gemeinsamkeit, deren Wirkmechanismus einige Besonderheiten aufzuweisen hat.4 Sowohl das Recht der Gläubigeranfechtung nach dem Anfechtungsgesetz als auch das der Insolvenzanfechtung nach den §§ 129ff. InsO belassen es nämlich zunächst (bei diesem „zunächst“ handelt es sich im deutschen Recht um gegebenenfalls 10 Jahre, vgl. § 3 AnfG, § 133 InsO) bei der durch die in Frage stehende Rechtshandlung geschaffenen Rechtslage. Erst und nur dann, wenn bestimmte Voraussetzungen in der Vermögenslage des Schuldners eingetreten sind, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, privatautonomes Handeln des Schuldners zum Schutze eines einzelnen Gläubigers oder gar aller Gläubiger zusammen einzuschränken bzw. aufzuheben, versuchen sie, im Nachhinein – retroaktiv – die vom Gesetz als gesollt angesehene Haftungsmasse wiederherzustellen. Ein wenig anders formuliert, sind demnach nicht nur all diejenigen pfändbaren Vermögensgegenstände des Schuldners dem Haftungszugriff der Gläubiger ausgesetzt, die er zum Zeitpunkt dieses Zugriffs hat, sondern auch diejenigen, die er früher einmal hatte, deren er sich aber in anfechtbarer Weise entledigt hat. Das Anfechtungsrecht schützt einen Vollstreckungsgläubiger bzw. die Gesamtheit aller Gläubiger also dergestalt, dass es nachträglich die zuvor (nach dem allgemeinen Vermögensrecht) vollwirksam 5 erworbenen Rechte einzelner Gläubiger rückgängig macht, § 11 AnfG, § 143 InsO. Für die dem Anfechtungsrecht

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§§ 217ff. InsO ausgelösten Paradigmenwechsel hinsichtlich der im Text getroffenen Aussage s. etwa Paulus, Das Insolvenzverfahren als Chance – ein Plädoyer, ZGR 2005, 309. S. auch Haarmeyer, Die Insolvenz kann eine strategische Option sein, FAZ v. 15. 11. 2005, S. 7. Dazu, dass das Kreditsicherungsrecht den betreffenden Gläubigern auch Kontrollrechte einräumt, sehr aufschlussreich Westbrook, The Control of Wealth in Bankruptcy, 82 Texas L.R. 795 (2004). Zur Geschichte der Actio Pauliana s. insbesondere Ankum, De Geschiedenis der „Actio Pauliana“, 1962. Grundlegend dazu G. Paulus, Sinn und Formen der Gläubigeranfechtung, AcP 155, 1956, 277. Sofern ein weiterer Unwirksamkeitsgrund vorliegt, konkurriert er grundsätzlich frei mit den Vorschriften über die Anfechtbarkeit.

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ausgesetzte, rückwirkende Zeitspanne von maximal 10 Jahren wird damit das Individualinteresse einzelner Gläubiger zu Gunsten der Interessen der Gesamtheit der Gläubiger verdrängt. Dadurch stülpt dieses Rechtsinstrumentarium nachträglich den insolvenzrechtlichen Grundsatz der par condicio creditorum – also das Gleichbehandlungsgebot der Gläubiger – einem Geschehen auf, das aus einer ex-ante-Perspektive dieses Schutzes möglicherweise gar nicht zu bedürfen schien. Das gilt selbst für die relativ kurze Dreimonatsfrist der so genannten besonderen Insolvenzanfechtung in den §§ 130 bis 132 InsO; denn diese Frist deckt sich keineswegs immer und notwendig mit der Dauer der Krise – sie kann durchaus branchenabhängig (etwa im Bereich moderner Kommunikationstechnologien) kürzer sein. Insofern entbehrt es nicht einer gewissen Konsequenz, wenn der BGH das durch das Anfechtungsrecht retroaktiv statuierte Gebot der Gläubigergleichbehandlung dem Geschäftsführer einer GmbH zumindest für die Dauer einer Krise auch prospektiv auferlegt.6 Unbeschadet einer derartigen Wechselwirkung ist gleichwohl eine gewisse Warnung davor anzubringen, dem Anfechtungsrecht allzu leichtfertig und vorschnell eine Kompensationswirkung für den ins Auge gefassten Verlust des Gesellschaftskapitals zuzuschreiben. Denn auf Grund eben des rückwirkenden Mechanismus des Anfechtungsrechts wird den Gläubigern eine ex-ante-Kalkulierbarkeit erheblich erschwert, die bei einer von Gesetztes wegen geforderten Kapitalausstattung zumindest erleichtert ist. Der Erfolg einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter (und noch mehr der eines einzelnen Gläubigers) ist nämlich regelmäßig von einer Vielzahl von Unsicherheitsfaktoren abhängig, die sich im Voraus schwerlich je exakt festlegen, geschweige denn steuern lassen werden. Aus dieser ex-post-Perspektive resultiert eines der maßgeblichen Probleme eines jeden Anfechtungsrechts; in dem UNCITRAL Legislative Guide on Insolvency Law wird das folgendermaßen beschrieben: As is the case with a number of core provisions of an insolvency law, the disign of avoidance provisions requires a balance to be reached between competing social benefits such as, on the one hand, the need for strong powers to maximize the value of the estate for the benefit of all creditors and, on the other, the possible undermining of contractual predictability and certainty.7

II. Rechtsvergleichender Überblick Die insbesondere im Anschluss an die Ostasienkrise Mitte der neunziger Jahre ausgelöste Welle insolvenzrechtlicher Gesetzgebung,8 die sich in zuneh6 BGH ZIP 2003, 1005. 7 Tz. 154 des in Fn. 11 zitierten Guide. 8 S. dazu Paulus, Der Internationale Währungsfonds und das Internationale Insolvenzrecht, IPRax 1999, 148ff.

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menden Maße an den Vorgaben der durch den Internationalen Währungsfonds,9 die Weltbank 10 und nunmehr auch UNCITRAL 11 geschaffenen „Anleitungsfibeln“ orientiert, führt unbeschadet der nach wie vor bestehenden großen Unterschiede der nationalen Insolvenzrechte doch zu einer gewissen Konvergenz. Zu ihr gehört, dass es heutzutage wohl weltweit kein einziges Insolvenzrecht mehr geben dürfte, das nicht – in welcher Form auch immer – eine Variante dessen aufweist, was nach deutschem Rechtsverständnis dem Recht der Insolvenzanfechtung entspricht.12 Überall also trägt man dem Bedürfnis der in einem Insolvenzverfahren zusammengefassten Gläubigergesamtheit Rechnung, vor bestimmten nachteiligen Verfügungen – oder allgemeiner: Rechtshandlungen – des Schuldners im Vorfeld von dessen Insolvenz geschützt zu werden.

1. Deutschland Das in den §§ 129 ff. InsO geregelte Recht der Insolvenzanfechtung hat sich aus seinen Vorgängervorschriften in den §§ 29 ff. KO fortentwickelt – und zwar bewusst in Gestalt einer Verschärfung. Neben die allgemeinen, in § 129 InsO aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen müssen noch die weiteren der einzelnen, in den §§ 130 bis 136 InsO geregelten Tatbestände hinzutreten. Die letztgenannte Normengruppe wird herkömmlicherweise in die Vorschriften der besonderen Insolvenzanfechtung, §§ 130 bis 132 InsO, und die der allgemeinen Insolvenzanfechtung, §§ 133 bis 136 InsO, unterteilt. Die erstere Untergruppe, der eine einheitliche Rückwirkungsspanne von drei Monaten (vielfach auch Suspektperiode genannt) gemeinsam ist, ist eine Besonderheit des Insolvenzrechts, während die zweite Untergruppe dieselben Tatbestände wie das nur im Kontext der Einzelzwangsvollstreckung einschlägige Anfechtungsgesetz aufweist. Was zunächst die gemeinsamen Voraussetzungen anbelangt, so sind dies – ein wenig vereinfachend – das Vorliegen einer Rechtshandlung, die Herbeiführung einer Gläubigerbenachteiligung sowie die Kausalität 13 zwischen diesen beiden Elementen. Ziel einer Anfechtung ist gerade die Nihilierung dieser Gläubiger be-

9 Orderly & Effective Insolvency Procedures, 1999; abrufbar unter www.imf.org/ external/pubs/ft/orderly. 10 Principles and Guidelines for Effective Insolvency and Creditor Rights Systems, 2001; abrufbar unter www.worldbank.org/ifa/ipg_eng.pdf. 11 Legislative Guide on Insolvency Law, 2005; s. www.UNCITRAL.org/english/texts/ insolven/insoguide.pdf. 12 Paradigmatisch etwa das im Jahre 2006 zu reformierende armenische Insolvenzgesetz, das in Art. 54 eine knappe Regelung enthält. 13 Es verdient hervorgehoben zu werden, dass grundsätzlich eine mittelbare Kausalität genügt – d. h. es genügt für eine Anfechtbarkeit, dass sich am Ende der mündlichen Verhandlung eines betreffenden Prozesses eine Benachteiligung herausstellt.

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nachteiligenden Wirkung; sie soll mit dem in § 143 InsO vorgesehenen Rückgewähranspruch beseitigt werden. Resultierend aus einer buchstäblich uralten, einschlägigen Erfahrung werden nahe Angehörige des Schuldners, § 139 InsO, als Empfänger anfechtbarer Transaktionen beweisrechtlich benachteiligt; denn bei ihnen liegen Verschleierungsversuche besonders nahe. Dagegen sind ausweislich des § 142 InsO solche Rechtsgeschäfte von der besonderen Insolvenzanfechtung ausgeschlossen, die im Rahmen eines marktgerechten Austauschs vorgenommen wurden.14 Die besondere Insolvenzanfechtung zeigt sich zunächst im § 130 InsO, demzufolge so genannte kongruente Deckungen angefochten werden können. Dabei handelt es sich um solche Leistungen des Schuldners, die dieser in völligem Einklang mit dem der Transaktion zu Grunde liegenden Regelungsplan (etwa Vertrag oder Gesetz) erbracht hat. Voraussetzung für die Anfechtbarkeit ist die Kumulation von objektivem und subjektivem Erfordernis – nämlich Zahlungsunfähigkeit des (späteren) Schuldners und Kenntnis davon beim Leistungsempfänger. Entsprach die Leistung des Schuldners dagegen nicht dem zugrunde liegenden Regelungsplan (oder ergeben sich sonstwie Abweichungen), etwa indem der Schuldner etwas anderes als das Gesollte oder früher als gesollt leistet oder Sicherheiten statt der Leistung gewährt, liegt der Verdacht einer beabsichtigten Bevorzugung des Leistungsadressaten nahe und rechtfertigt eine Verschärfung. Das Gesetz bezeichnet derartige Abweichungen vom Sollzustand als inkongruente Deckungen, § 131 InsO, die – ebenso wie eine im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherheit, § 88 InsO – ohne weitere Voraussetzungen unwirksam sind, wenn sie innerhalb eines Monats vor Antragstellung vorgenommen wurden; liegt der Zeitpunkt ihrer Vornahme dagegen in dem Zeitraum von 2 Monaten vor diesem einen Monat, so genügt für die Anfechtbarkeit alternativ das Vorliegen eines objektiven (Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) oder eines subjektiven (Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung beim Empfänger der Leistung) Tatbestandsmerkmals. Den dritten Tatbestand der besonderen Insolvenzanfechtung stellen die in § 132 InsO geregelten unmittelbar benachteiligenden Rechtsgeschäfte des Schuldners dar. Paradigmatisch hierfür sind die üblichen Verschleuderungsgeschäfte, die Schuldner in der heraufziehenden Krise bevorzugt tätigen, um an flüssige Mittel heranzukommen, die sie zum Stopfen der krisenbedingt immer wieder neu aufbrechenden Löcher benötigen. Die Tatbestände der allgemeinen Insolvenzanfechtung werden durch die zumindest nach der derzeitigen Rechtsprechung des BGH immer mehr zur Generalnorm 15 denaturierende Vorsatzanfechtung des § 133 InsO eingeleitet. Wenn 14 Die wohl hM beschränkt allerdings unzulässigerweise den Anwendungsbereich des § 142 InsO – entgegen seinem ausdrücklichen Wortlaut – auf den Tatbestand des § 130 InsO (kongruente Deckung). 15 Eine solche Entwicklung wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn an anderer Stelle

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der Schuldner eine Rechtshandlung mit dem (auch bedingten) Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und hatte der andere Kenntnis (sie wird unter den in § 133 I 2 InsO genannten Voraussetzungen vermutet) von eben diesem Vorsatz, so kann diese Rechtshandlung angefochten werden, wenn sie innerhalb von 10 Jahren vor der Antragstellung vorgenommen worden war. Eine unentgeltliche Leistung des Schuldners kann dagegen gemäß § 134 InsO auch noch über diesen Zeitraum hinaus angefochten werden, sofern nicht der Empfänger (!) der unentgeltlichen Leistung nachweist, dass sie früher als vier Jahre vor der Antragstellung bewirkt worden ist. § 135 InsO dient der systematisierenden Richtigstellung, indem er die Sicherung bzw. die Rückgewähr eigenkapitalersetzender Leistungen einer zehnjährigen bzw. einjährigen Suspektperiode aussetzt. § 136 InsO schließlich hat den alten § 237 HGB – ebenfalls der Systemgerechtigkeit wegen – in das Recht der Insolvenzanfechtung inkorporiert; demnach kann also die binnen Jahresfrist vor Antragstellung erfolgte Rückgewähr der Einlage eines stillen Gesellschafters wieder rückgängig gemacht werden.

2. Belgien 16 Belgien hat seit 1997 ein rundum erneuertes Konkursgesetz (Faillissementswet – Loi sur les Faillites), das ein bis dahin 146-jähriges Vorgängergesetz abgelöst hat. Art. 20 des neuen Gesetzes wiederholt bzw. spezifiziert für den Konkursfall, was Art. 1167 des belgischen Code civil für den Einzelgläubiger als Actio Pauliana vorsieht – nämlich die Nichtigkeit einer den anfechtenden Gläubiger benachteiligenden Transaktion, die von dem Schuldner mit der Absicht der Gläubigerbenachteiligung und bei Kenntnis davon auf Seiten des Empfängers vorgenommen wurde. Im Konkursfall wird das auf die Benachteiligung aller Gläubiger erstreckt, und die Geltendmachung dieses Behelfs ist allein dem Verwalter vorbehalten. Zeitliche Beschränkungen gibt es nicht – allein die schwieriger werdende Beweisbarkeit lang zurückliegender subjektiver Tatbestandsvoraussetzungen bewahrt davor, 10 Jahre und noch mehr zurückreichende Transaktionen der Anfechtung auszusetzen. Gleiches gilt für unentgeltliche Zuwendungen, bei denen außer der Unentgeltlichkeit allein der gläubigerbenachteiligende Wille des Schuldners maßgeblich ist und auf jegliches subjektive Erfordernis auf Seiten des Empfängers 17 (wie auch im deutschen Recht) verzichtet wird. im Recht Instrumente des Gläubigerschutzes reduziert werden – also etwa dann, wenn das Kapitalerfordernis bei juristischen Personen reduziert würde. 16 Die Ausführungen der nachfolgenden Länderberichte beruht auf dem von McBryde/Flessner/Kortmann 2003 herausgegebenen Buch: Principles of European Insolvency Law. 17 Dahinter steckt der bereits von Cicero formulierte Grundsatz, dass niemand auf Kosten seiner Gläubiger freigebig sein solle – „nemo liberalis nisi liberatus“.

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Zusätzlich zu diesem generellen Anfechtungstatbestand erlaubt Art. 12 Loi sur les Faillites dem Konkursgericht (= Handelsgericht), im Einklang mit der französischen Rechtstradition eine Suspektperiode von maximal sechs Monaten festzulegen, für die die materielle Insolvenz des Schuldners mit der Folge unterstellt wird, dass eine gegenüber dem generellen Anfechtungstatbestand erleichterte, spezielle Anfechtung möglich ist. So wird etwa die fraudulöse Grundrichtung von Rechts wegen unterstellt bei allen Rechtsgeschäften, die gegenüber dem normalen Geschäftsgang gewisse Auffälligkeiten aufweisen – wie etwa Leistung vor Fälligkeit, Verschleuderung von Waren oder Bestellung von Sicherheiten für zuvor unbesicherte Forderungen. In derartigen Fällen tritt automatische Nichtigkeit dieser Rechtsgeschäfte ein, ohne dass es weiterer subjektiver Erfordernisse auf Seiten des Schuldners oder des Empfängers bedürfte. Schließlich sieht Art. 18 Loi sur les Failittes noch vor, dass alle Transaktionen innerhalb der (vom Gericht festgelegten) Suspektperiode dann anfechtbar – d. h. nichtig – sind, wenn sie in Kenntnis der drohenden Insolvenz vorgenommen wurden.

3. Dänemark Das dänische Konkursgesetz stammt aus dem Jahr 1977, ist aber seither schon mehrfach wieder geändert worden. Hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen unterscheidet es zwischen einer generellen Regelung und mehreren speziellen Anfechtungstatbeständen. In § 74 ist die allgemeine Anfechtungsnorm enthalten; danach sind alle Verfügungen rückforderbar, die einen Gläubiger in ungebührlicher Weise vor den anderen bevorzugt, die Vermögensgegenstände des Schuldners einem Gläubigerzugriff entziehen oder die zu einer die Gläubiger benachteiligenden Vermehrung der Passivmasse des Schuldners führen – vorausgesetzt, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Verfügung bereits insolvent war bzw. dies infolge der Verfügung wurde und dass der Verfügungsempfänger in Kenntnis der die Anfechtbarkeit begründenden Umstände wusste bzw. grob fahrlässig nicht wusste, dass der Schuldner insolvent war bzw. wurde. Eine zeitliche Begrenzung enthält § 74 demnach nicht, aber die Praxis erstreckt die Anfechtbarkeit auf Verfügungen in dem Zeitraum von maximal acht vor der Verfahrenseröffnung liegenden Monaten. Die speziellen Anfechtungstatbestände verzichten weitgehend auf subjektive Tatbestandsmerkmale – und erleichtern damit naturgemäß die Anfechtbarkeit aus Gründen der leichteren Beweisbarkeit. Diese speziellen Tatbestände beziehen sich auf bestimmte Transaktionen, die den Verdacht auf Gläubigerbevorzugung gewissermaßen auf der Stirn tragen. Der Beginn der Suspektperiode ist nicht durch das Gesetz vorgegeben, er wird vielmehr durch den Richter bestimmt (vielfach der Zeitpunkt der Antragstellung). So unterliegen etwa Schenkungen gemäß

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§ 64 einer Anfechtbarkeit, wenn sie der Schuldner innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vorgenommen haben sollte. § 67 erfasst für einen Zeitraum von drei Monaten bestimmte, verdächtige Leistungen wie etwa die Zahlung mit ungewöhnlichen Mitteln. § 70 schließlich bezieht sich auf nachträgliche Sicherheitenbestellungen für zunächst unbesicherte Schulden, wenn dies innerhalb einer dreimonatigen Suspektperiode erfolgt ist. Die Rechtsfolge des grundsätzlich dem Konkursverwalter zugewiesenen Anfechtungsrechts variiert zwischen Schadensersatzpflichtigkeit (im Falle vornehmlich des § 74) und einer Restitution nach Maßgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, vgl. §§ 75f.

4. Frankreich Das französische Insolvenzrecht ist im Code de Commerce geregelt und hat durch dessen Neufassung im Jahre 2000 eine neue Nummerierung erhalten, Artt. L 611-1 bis L 612-4 und Artt. L 620-1 bis L 628-3, die aber die aus dem (mehrfach geänderten) Gesetz von 1984/1985 übernommenen Vorschriften substantiell nicht verändert hat. Anders als in den meisten anderen Staaten ist in Frankreich der Name action paulienne für Anfechtungen reserviert, die in etwa der deutschen Regelung der Gläubigeranfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung entsprechen, Art. 1167 Code Civil. Die Insolvenzanfechtung selbst unterscheidet zwischen automatischer Nichtigkeit, Art. L 621-107, und bloß fakultativer Vernichtbarkeit, Art. L 621-108. Nichtigkeit ex lege liegt bei solchen, innerhalb der Suspektperiode vorgenommenen Transaktionen vor, die entweder unentgeltlich bzw. gegen unangemessene Gegenleistung erfolgten, oder die in Abweichung von dem nach der Rechtsgrundlage Gesollten dem Leistungsempfänger anderes, mehr oder verfrüht bringen oder die nicht geschuldete Sicherheiten gewähren. Eine Art Ermessensspielraum ist dem Richter in den Fällen der bloß fakultativen Vernichtbarkeit eingeräumt; sie greift dann ein, wenn die fragliche Transaktion keine der o. a. Unregelmäßigkeiten aufweist, der Empfänger der schuldnerischen Leistung aber die (vom anfechtenden Verwalter oder Gläubigervertreter oder dem Planvollstrecker zu beweisende) positive Kenntnis von der Insolvenz bzw. Zahlungseinstellung hatte. Das Datum dieser Zahlungseinstellung ist nicht notwendigerweise ein objektives Faktum, sondern wird vom Richter festgesetzt und kann einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten vor Verfahrenseröffnung umfassen. Aus der Festsetzung dieses Datums ergibt sich die Suspektperiode für die Anfechtungstatbestände. Daraus folgt, dass eine Suspektperiode im Einzelfall auch einmal ganz entfallen kann – wenn nämlich der Richter darüber keine Entscheidung trifft.

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5. England Das englische Konkursgesetz (Insolvency Act mitsamt Insolvency Rules) stammt aus dem Jahr 1986 (mit wesentlichen Ergänzungen insbesondere durch den Enterprise Act 2002). Es unterscheidet zwischen dem finanziellen Zusammenbruch von natürlichen Personen (bankruptcy) und Gesellschaften (insolvency). Diese Trennung führt zu einer nicht immer leicht überschaubaren Doppelung von Regelungen von hierzulande als einheitlich gesehenen Themenbereichen. Das gilt auch (und besonders) für das Recht der Insolvenzanfechtung.18 Der Anfechtungstatbestand der unentgeltlichen Leistung des Schuldners bzw. deutlich unterwertigen Gegenleistung der anderen Partei findet sich in beiden Regelungskomplexen, sec. 339 und 238. Im Falle der Gesellschaftsinsolvenz entfällt jedoch die Anfechtbarkeit, wenn die Gesellschaft gerechtfertigterweise hatte davon ausgehen können, dass die fragliche Rechtshandlung zu ihrem Vorteil ausschlagen werde. Die Suspektperiode ist im Fall einer insolvency zwei Jahre, im Fall einer bankruptcy fünf Jahre. Eine weitere übereinstimmende Anfechtungsregelung, sec. 340, 239, existiert bezüglich solcher Transaktionen, die der Schuldner mit der Absicht vorgenommen hat, den Empfänger der Leistung vor den anderen Gläubigern zu bevorzugen – vorausgesetzt, diese Leistung erfolgte binnen der letzten sechs Monate vor Verfahrenseröffnung (im Falle nahe stehender Personen verlängert sich die Frist auf zwei Jahre). Eine schließliche Parallele der Regelungen existiert für Kredite, die binnen drei Jahren vor Verfahrenseröffnung in einer den üblichen Maßstäben fairen Handels erheblich widersprechenden Weise gegeben wurden. In derartigen Fällen, zu denen gegebenenfalls auch Darlehen der Gesellschafter an die Gesellschaft zählen können, ist dem Gericht die Möglichkeit eingeräumt, die zugrunde liegende Vereinbarung entweder zu annullieren oder zu modifizieren, sec. 244 III und 343 III. Wenn eine Gesellschaft das Sicherungsrecht einer floating charge eingeräumt hat – in den Worten der Europäischen Insolvenzverordnung, Art. 6 I, also ein dingliches Recht „an einer Mehrheit von nicht bestimmten Gegenständen mit wechselnder Zusammensetzung“ des schuldnerischen Vermögens –, so wird diese

18 Hierzu insbesondere Kranemann, Insolvenzanfechtung im deutschen Internationalen Insolvenzrecht und nach der Europäischen Insolvenzrechtsverordnung, 2002; Beissenhirtz, Die Insolvenzanfechtung in Deutschland und England, 2003. Beide richten besonderes Augenmerk auf die Komplikationen, die sich aus der Unübersichtlichkeit der englischen Rechtsmaterie in Verbindung mit dem nach den Artt. 4 II lit. m) und 13 EuInsVO erforderlichen Vergleich mit dem deutschen Recht ergeben. S. auch Meyer-Löwy/Poertzgen, Einführung in das englische Insolvenzrecht, ZInsO 2005, 297.

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im Falle der insolvency nur dann wirksam, wenn zu jenem Zeitpunkt dem Schuldner neue Mittel zugeführt worden sind. Ist das nicht der Fall gewesen, handelt es sich um eine Bevorzugung des Gläubigers, die für ein Jahr (bzw. zwei Jahre im Falle nahe stehender Personen) der Anfechtbarkeit ausgesetzt ist, sec. 245. Anders aber als bei der zuvor beschriebenen Variante der Gläubigerbevorzugung bedarf es hier nicht des Nachweises einer entsprechenden Absicht. Sec. 423 gewährt nicht nur dem (je nach Verfahrensart unterschiedlich benannten) Verwalter, sondern auch den Gläubigern sowohl von natürlichen wie auch von juristischen Personen und sowohl innerhalb wie auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens eine Anfechtungsmöglichkeit, sofern von Seiten des Anfechtenden nachgewiesen wird, dass die betreffende Rechtshandlung die Interessen der Gläubiger beeinträchtigen, und hier insbesondere Vermögensgegenstände beiseite schaffen sollte. Eine zeitliche Begrenzung ist für diese Zugriffsmöglichkeit nicht vorgesehen.

6. Italien Das italienische Insolvenzrecht ist im Wesentlichen in dem Konkursgesetz (Legge Fallimentare) aus dem Jahr 1942 geregelt – und zwar in Gestalt von vier verschiedenen Verfahren (Konkurs (fallimento), Vergleich (concordato preventivo), Reorganisation (amministrazione controllata) und Liquidation (liquidazione coatta amminnistrativa)). Ein fünftes Verfahren, die Amministrazione Straordinaria delle Grandi Imprese Insolventi aus dem Jahr 1979, hat durch die Insolvenz der Parmalat-Gruppe und des Volare-Verfahrens eine nicht über jede Anrüchigkeit erhabene Berühmtheit erlangt. Änderungen an diesem Gesetz sind zurzeit dermaßen häufig, dass ihnen selbst italienische Experten kaum noch folgen können. Was die Anfechtungstatbestände anbelangt,19 so ist – wie im deutschen Recht auch – zwischen denen der allgemeinen Anfechtung und der besonderen, weil insolvenzspezifischen, zu unterscheiden. Die Erstgenannte ist in Art. 2901 Codice Civile enthalten; sie erfasst all diejenigen binnen der fünf der Insolvenz vorhergegangenen Jahre vorgenommenen Rechtshandlungen des Schuldners, die dieser zum Zweck der Benachteiligung seiner Gläubiger vorgenommen hat und bei denen der Empfänger Kenntnis von dieser Benachteiligung hatte. Die besonderen Tatbestände finden sich in der Legge Fallimentare. Gemäß den Artt. 64f. sind unentgeltliche Verfügungen sowie Zahlungen vor Fälligkeit binnen zweier Jahre vor Verfahrenseröffnung automatisch unwirksam – bedürfen also keiner gesonderten, wie auch immer gestalteten Anfechtungserklärung. Eine

19 Sie sind erst jüngst, im März und Mai 2005, durch Gesetz geändert worden.

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solche Erklärung ist dagegen nach Art. 67 I sehr wohl erforderlich, wenn der Schuldner innerhalb eines Jahres Rechtshandlungen vorgenommen hat, die entweder gegen inadäquates 20 Entgelt erfolgten, oder bei denen eine Leistung an Erfüllungs statt erbracht wurde oder wenn eine ungesicherte Forderung nachträglich besichert wurde; die hierbei erforderliche Kenntnis des anderen Teils von der zur Zeit der Transaktion bestehenden (materiellen) Insolvenz des Schuldners wird (widerleglich) vermutet. Gleiches (allerdings nur für eine Suspektperiode von sechs Monaten) gilt auch für Sicherheiten, die für bereits fällige Schulden gegeben wurden, Art. 67 I.21 Schließlich ist noch gemäß Art. 67 II jede binnen Jahresfrist vorgenommene Zahlung, Verfügung oder Sicherheitenbestellung anfechtbar, wenn diesmal der Verwalter nachweist, dass die andere Partei Kenntnis von der (materiellen) Insolvenz des Schuldners zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung hatte. Art. 69 stellt die Vermutung für alle vorgenannten Anfechtungstatbestände auf, dass der Ehepartner des Schuldners immer Kenntnis von der (materiellen) Insolvenz hat. Die vorerwähnten Anfechtungsmöglichkeiten existieren grundsätzlich für sämtliche fünf Varianten von Insolvenzverfahren. Erwähnenswert ist aber noch, dass im Falle der Amministrazione Straordinaria die Suspektperiode erheblich verlängert wird für Transaktionen, die innerhalb des Konzerns vorgenommen worden sind.

7. Niederlande Das niederländische Konkursgesetz (Faillissementswet) stammt derzeit noch aus dem Jahr 1896, doch soll es demnächst durch ein neues Gesetz abgelöst werden. Derzeit enthält das niederländische Konkursrecht drei verschiedene Verfahrenstypen: Konkurs (faillissement), Zahlungsaufschub (surseance van betaling) und Schuldenregulierung natürlicher Personen (schuldsaneringsregeling). Für den Zahlungsaufschub gelten die Vorschriften über die Insolvenzanfechtung nicht; stattdessen können die Gläubiger auf die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelte Einzelanfechtung zugreifen. Die Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters umfassen folgende Rechtsakte: Wenn der Schuldner auf eine nicht erzwingbare vertragliche Schuld gezahlt hat; wenn die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger beeinträchtigt wurden – sei es durch Verkleinerung der Aktiv- sei es durch Vergrößerung der Passivmasse; wenn der Schuldner und (im Falle entgeltlicher Transaktionen) der

20 D. h., die Leistung des Schuldners übersteigt die Gegenleistung um ein Viertel. 21 Die Sicherheitenbestellung wird also nicht als eine Leistung an Erfüllungs statt angesehen.

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Empfänger wussten bzw. hätten wissen müssen, dass die Transaktion die Insolvenzgläubiger benachteiligen würde. Schließlich kann auch eine „reguläre“ Transaktion angefochten werden, wenn der Verwalter nachweisen kann, dass der Empfänger zum Zeitpunkt der Zahlung Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis von dem Konkursantrag hatte, oder dass Schuldner und Empfänger bewusst zum Nachteil der Gläubiger agierten. Eine Suspektperiode legt das Gesetz in keinem Fall fest. Gleichwohl kommt es dadurch nicht etwa zu einer Flut von Anfechtungen; denn das Gesetz sieht hinsichtlich der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen eine Beweislastumkehr zu Lasten des jeweiligen Anfechtungsgegners vor, wenn und sofern die in Frage stehende Transaktion in einem Zeitraum von einem Jahr vor Verfahrenseröffnung erfolgt ist. Da der Nachweis der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen ganz allgemein (aus der Sicht der Insolvenzverwalter) so etwas wie die Crux einer jeden Anfechtung darstellt, ist mit dieser Beweislastregel die Suspektperiode mittelbar wenn nicht fixiert, so doch für den Regelfall vorgegeben.

8. USA Das Recht der Insolvenzanfechtung (avoidance) im Konkursgesetz der USA ist durch die grundsätzliche Unterscheidung zwischen fraudulent conveyances und preferential transfers gekennzeichnet.22 Damit wird zutreffend die zumindest bis zum spätklassischen römischen Juristen Iulius Paulus zurückreichende Klassifizierung typischer Schuldnerhandlungen im Vorfeld eines Konkurses aufgegriffen: Schuldner schaffen seit je und überall in dieser Zeitspanne gern Vermögen beiseite oder bevorzugen – sei es eigennützig, sei es unter Druck – einzelne ihrer Gläubiger. Ohne allzu große Mühe lässt sich diese Differenzierung auf sämtliche Anfechtungsrechte weltweit übertragen.23 Transfers bzw. conveyances werden in § 101 (54) des Bankruptcy Code (BC) definiert; demgemäß handelt es sich dabei um „every mode, direct or indirect, absolute or conditional, voluntary or involuntary, of disposing or parting with property or with an interest in property, including retention of title as security interest and foreclosure of the debtor’s equity of redemption.“ Fraudulent conveyances sind in den §§ 544 (b) und 548 BC geregelt. Diese Doppelung resultiert aus dem Umstand, dass das Konkursrecht der USA federal

22 Die nachfolgenden Ausführungen basieren weitgehend auf einem bislang noch nicht veröffentlichten Manuskript Stefan Riesenfelds zum Insolvenzrecht (für die International Encyclopedia of Comparative Law, s.v. „Insolvency Proceedings“). 23 Speziell hinsichtlich des deutschen Anfechtungsrechts Paulus, Germany: Lessons to Learn from the Implementation of a New Insolvency Code, 17 Connecticut Journal of International Law 89 ff. (2001).

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law ist, und dass es außerdem noch einen Uniform Fraudulent Transfer Act (also eine Art Modellgesetz für die Einzelstaaten) gibt. § 544 (b) BC verweist auf diesen Act, während § 548 BC eine federal rule aufstellt. Beiden Regelungsinstrumenten ist gemeinsam, dass sie ihrem Anwendungsbereich all diejenigen transfers unterstellen, die mit tatsächlicher (oder auch – wie insbesondere im Falle (teil-) unentgeltlicher Leistungen – mit bloß unwiderleglich vermuteter (constructive)) Absicht, einen Gläubiger zu schädigen (hinder, delay or defraud), getätigt wurden – vorausgesetzt allerdings noch, dass der Schuldner zur Zeit der Vornahme dieses transfer bereits insolvent war bzw. als Folge davon insolvent wurde. Der Unterschied beider Instrumentarien liegt darin, dass der Uniform Act eine Suspektperiode von vier Jahren, § 548 BC dagegen nur eine solche von zwei Jahren 24 erfasst. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass die konkursrechtliche Anfechtbarkeit grundsätzlich in jedem Insolvenzverfahren Anwendung finden kann, während eine Anfechtung nach dem Uniform Act nur dann möglich ist, wenn an dem Konkursverfahren mindestens ein Gläubiger teilnimmt, der seine Forderung schon vor der Begehung der fraglichen Rechtshandlung innehatte. Ein preferential transfer wird durch § 547 folgendermaßen umschrieben: „… a transfer of an interest in property of the debtor in property (1) to or for the benefit of a creditor, (2) for or on account of an antecedent debt owed by the debtor before such transfer was made, (3) made while the debtor was insolvent, (4) made on or within 90 days before the filing of the petition or between 90 days and one year before the filing of the petition if such creditor was an insider, and (5) that enables such creditor to receive more than such creditor would receive (but for the transfer in a liquidation).“ Demnach werden also keinerlei subjektive Erfordernisse verlangt, die Suspektperiode beträgt grundsätzlich 90 Tage. § 547 (c) BC enthält allerdings noch eine Reihe von Ausnahmen von der Anfechtbarkeit – insbesondere die so genannte „new value exception“, d. h. wenn der präferierte Gläubiger nachträglich (d. h. in der Folge) unbezahlte und ungesichterte Leistungen erbringt, oder auch all diejenigen Transaktionen, die im Rahmen eines ordinary course of business erfolgen.

9. Weitere Länder Um die Ubiquität des Rechts der Insolvenzanfechtung zu veranschaulichen, mögen noch einige weitere Insolvenzgesetze gleichsam am Rande erwähnt werden. So mag es der Erwähnung wert sein, dass sich auch China ein Konkursrecht für wirtschaftlich tätige Unternehmen bzw. Unternehmer – und zwar nicht nur 24 Unter bestimmten Umständen kann diese Frist auch auf 10 Jahre verlängert sein, § 548 (e) BC.

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staatseigene, sondern auch privatrechtlich tätige – zuzulegen gedenkt, obgleich man sich lange Zeit dagegen aus ideologischen Gründen gesperrt hatte.25 Hier ist Vieles im Fluss, doch sah der Entwurf des Jahres 2000 ein recht detailliertes Anfechtungsrecht für den Konkursverwalter vor. Die regelmäßige Suspektperiode betrug danach sechs Monate vor der Verfahrenseröffnung und erfasste etwa einen Eigentumsverkauf zu einem ungewöhnlich geringen Preis, die nachträgliche und nicht geschuldete Besicherung einer Verbindlichkeit oder Zahlungen des Schuldners an einzelne Gläubiger bei beiderseitiger Kenntnis der grundsätzlichen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Nicht nur anfechtbar, sondern gleich nichtig sollten Rechtshandlungen des Schuldners sein, mittels derer einzelne Vermögensgegenstände beiseite geschafft und außerhalb des Verfahrens verteilt werden oder auch das Vorspiegeln bzw. Anerkennen einer nicht bestehenden Schuld. Indonesien hat als „Sorgenkind“ und zugleich Vorzeigeprojekt des Internationalen Währungsfonds seit 1998 ein neues Insolvenzgesetz.26 In seinen Artt. 41ff. regelt es Anfechtungstatbestände: So ist ein vor Konkurseröffnung vorgenommenes Rechtsgeschäft angreifbar, wenn es von beiden Vertragsparteien mit der Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen worden ist – es sei denn, das Rechtsgeschäft erfolgte auf Grund vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtung. Bei einigen besonders verdächtigen Transaktionen – etwa bei den aus Sicht des Schuldners ungünstigen Geschäften oder bei Geschäften mit dem Schuldner eng verbundenen Personen – wird die Gläubigerbenachteiligung vermutet, wenn das Geschäft innerhalb eines Jahres vor Konkurseröffnung vorgenommen worden war. Kroatien hat seit 1996 ein Konkursgesetz, das sich recht eng an die deutsche Insolvenzordnung anlehnt.27 Gemäß den Artt. 127 ff. können danach sowohl kongruente wie inkongruente Deckungen angefochten werden, wenn sie binnen einer Dreimonatsfrist vor Antragstellung vorgenommen wurden; ebenso Rechtgeschäfte, die die Konkursgläubiger unmittelbar oder vorsätzlich benachteiligen. Auch unentgeltliche Leistungen unterliegen der Anfechtung für eine Suspektperiode von vier Jahren. Gleiches gilt für Rückgewähr bzw. Sicherung eigenkapitalersetzender Leistung sowie die gläubigerbenachteiligende Rückzahlung stiller Einlagen. Das Insolvenzgesetz von Rumänien stammt aus dem Jahr 1995 und enthält in seinen Artt. 42ff. Vorschriften zur Insolvenzanfechtung.28 Danach sind alle

25 Dazu Gebhard/Olbrich, Das Chinesische Konkursrecht auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, DZWIR 2001, 186 ff. 26 Vgl. dazu Kilgus/Yayang Setiadarma, Das neue indonesische Insolvenzrecht, RIW 1999, 47 ff. 27 S. dazu Boochs, Das Insolvenzrecht Kroatiens, KTS 1998, 385. 28 Vgl. Teves, Rumänien: Reorganisation, Liquidation und Gläubigerbefriedigung nach dem Insolvenzgesetz, RIW 2000, 681 ff.

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Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar, die dieser binnen eines Zeitraums von drei Jahren vor Eröffnung des Verfahrens mit dem Vorsatz getätigt hat, seine Gläubiger zu benachteiligen. Dazu gehören ausweislich einer besonderen Vorschrift beispielsweise solche Handelsgeschäfte, bei denen der Wert der Leistung des Schuldners offensichtlich den der erhaltenen Gegenleistung überschreitet. Außerdem können u. U. solche Rechtshandlungen des Schuldners angefochten werden, die dieser binnen einen Jahres vor Verfahrenseröffnung mit anderen Gesellschaftern bzw. Aktionären, mit Geschäftsführungsmitgliedern oder mit eng verbundenen Personen vorgenommen hat, wenn nur aus ihnen eine Gläubigerbenachteiligung resultiert. Schweden hat seit 1988 ein neues Konkursgesetz.29 Die Anfechtung richtet sich grundsätzlich auf eine Suspektperiode von fünf Jahren vor Antragstellung. Diese Befristung gilt nicht, wenn Empfänger der Leistung eine dem Schuldner eng verbundene Person ist. Der Anfechtbarkeit unterliegen Rechtshandlungen, durch die ein Gläubiger vor anderen Gläubigern ungerechtfertigt begünstigt wird, durch die den Gläubigern Vermögen des Schuldners entzogen wird oder durch die die Schuldenmasse des Schuldners vergrößert wird. Schenkungen unterliegen darüber hinaus einer gesonderten Anfechtbarkeit, wenn sie innerhalb von sechs Monaten vorgenommen worden sind; für sie bedarf es keinerlei weiterer Nachweise, als dass es sich eben um Schenkungen handelte. Gesondert anfechtbar sind ferner die Befriedigung von Forderungen mit anderen als den üblichen Mitteln sowie die Gewährung von Sicherheiten, auf die kein Anspruch (oder nicht in dieser Form) bestand. Polen hat sich am 1. 10. 2003 ein neues Insolvenzrecht in Gestalt des „Konkurs- und Reorganisationsrecht(s)“ gegeben, das die Konkurs- und Ausgleichsordnung aus dem Jahr 1934 abgelöst hat.30 In den Artt. 127 bis 135 ist das Recht der Insolvenzanfechtung geregelt, das sich nur auf Rechtshandlungen erstreckt, die gerade der Schuldner vorgenommen hat. Danach unterfallen der Anfechtbarkeit bzw. sind nichtig zunächst einmal unentgeltliche bzw. inäquivalent ausgeglichene Transaktionen binnen eines Jahres vor Antragstellung oder auch die Sicherung bzw. Erfüllung noch nicht fälliger Forderungen binnen eines rückreichenden Zeitraums von zwei Monaten (sofern zu dem fraglichen Zeitpunkt bereits ein Insolvenzgrund vorgelegen hat). Einen Zeitraum von sechs Monaten erfasst die Anfechtbarkeit solcher entgeltlicher Rechtsgeschäfte, die der Schuldner mit nahestehenden Personen abgeschlossen hat. Ferner kann der Insolvenzrichter erhöhte Bezüge der Unternehmensleitung nachträglich reduzieren oder auch die Gewährung von Sicherheiten ohne Gegenleistung binnen Jahresfrist annullieren. Weitere Tatbestände ergeben sich aus einem Verweis auf das Zivilgesetzbuch, ge29 Vgl. Hallberg/Jungmann, Unternehmensinsolvenzen nach schwedischem Recht, RIW 2001, 337ff. 30 Dazu etwa Reisch, Polnisches Insolvenzrecht, ZIK 2005, 21ff.

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nauer: dessen Artt. 527 ff. Danach unterliegen sind solche Rechtsgeschäfte anfechtbar, die die Gläubiger eines Insolvenzverfahrens benachteiligen – was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Schuldner durch sie zahlungsunfähig oder seine bereits bestehende Zahlungsunfähigkeit vertieft wurde.

III. Schlussfolgerungen Der vorstehende Überblick vermittelt vielleicht ein Gefühl dafür, dass im Detail die Unterschiede zwischen den einzelnen Anfechtungsrechten erheblich sind – so erheblich, dass diese Rechtsmaterie innerhalb des internationalen Insolvenzrechts als die – vielleicht neben der Behandlung von Steuerforderungen und von Sicherheiten – konfliktträchtigste gilt, die nicht von ungefähr das Zustandekommen sowohl des UNCITRAL model law als auch des Europäischen Insolvenzübereinkommens 31 erheblich gefährdet hat. Die Unterschiede betreffen nicht nur die – hier aufgelisteten – Tatbestände, sondern auch die – im Voranstehenden vereinzelt nur am Rande erwähnten – Ausgestaltungen hinsichtlich Beweislast, Durchsetzung und Anfechtungsberechtigung. Gleichwohl lassen sich Grundmuster erkennen: So findet sich eine wie auch immer ausgestaltete Rückforderbarkeit in jedem der genannten (wie auch sämtlicher anderer) Insolvenzgesetze. Sie wird regelmäßig mit der Notwendigkeit begründet, im Nachhinein die par condicio creditorum herzustellen. Die einzelnen Tatbestände lassen gleichfalls Gemeinsamkeiten erkennen – und zwar über die Grobeinteilung fraudulent und preferential conveyances hinaus: So sind unentgeltliche Verfügungen primäre und (wohl) ubiquitäre Kandidaten für eine Rückforderung; hier wirkt nach, was Cicero in klassischer Weise so formuliert hat „nemo liberalis nisi liberatus“.32 Aber auch solche Leistungen des Schuldners, die vom üblichen Ablauf des alltäglichen Geschäftslebens abweichen wie etwa Leistungen an Erfüllungs Statt, Vorfälligkeitszahlungen oder nachträgliche Sicherheitenbestellungen bilden regelmäßig eigene Anfechtungstatbestände. Über diesen Grundbestand hinaus beginnen dann allerdings die Abweichungen. Die Tatsache, dass Anfechtung manchmal automatische Nichtigkeit, manchmal etwas anderes bedeutet, ist nicht sonderlich erheblich, sondern nur rechtstechnische Ausgestaltung. Dagegen ist für die praktische Effizienz der Anfechtungsregeln von nachhaltiger Bedeutung, wie die Beweislast – und hier 31 So hieß der im Wesentlichen wortgleiche Vorläufer der jetzigen Europäischen Insolvenzverordnung. 32 Freilich impliziert der Hinweis darauf, dass niemand freigebig sein solle, wenn er selbst nicht schuldenfrei ist, dass er zum Zeitpunkt der Schenkung seine Gläubiger kennt. Davon ist heutzutage keine Rede mehr: Wer z. B. in Deutschland oder Kroatien schuldenfrei schenkt und drei Jahre später pleite geht, löst damit die Anfechtbarkeit nach § 134 InsO aus.

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insbesondere hinsichtlich der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen – verteilt ist. Nur in den USA mit ihrer starken Ausprägung der pre trial discovery kommt dieser Frage weniger Bedeutung zu; in den kontinentaleuropäischen Prozessrechten dagegen entscheidet sie in den allermeisten Fällen über Erfolg oder Nichterfolg einer Anfechtungsklage. Schließlich aber noch zurück zum Ausgangspunkt: Welche Erkenntnis lässt sich aus dem Voranstehenden ziehen, wenn die allgemeine Fragestellung dahin geht, ob überhaupt und bejahendenfalls inwieweit die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln einen Beitrag zum Gläubigerschutz darstellen? Das ist eine Frage, deren Beantwortung sich ähnlich wie die Beurteilung eines halb vollen oder halb leeren Glases nach der persönlichen Befindlichkeit richtet. Dem einen Gläubiger wird genommen, was nach Einschätzung des Gesetzes (oder der Judikative) allen Gläubigern gebührt und diesen anteilig zugeführt werden soll. Da das Anfechtungsrecht eine eigenständige Rechtsmaterie ist, ist regelmäßig also das, was der eine Gläubiger im Vorfeld der Insolvenz des Schuldners erhalten hat, an sich rechtmäßig und, gemessen am Maßstab des allgemeinen Vermögens- und Wirtschaftsrechts, wirksam erworben; nur und erst die nachfolgende Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet die Angreifbarkeit. Dieses Risiko wirkt sich zu Gunsten der allgemeinen ungesicherten Gläubiger aus, oft genug aber nur in Gestalt des allbekannten Tropfens auf den heißen Stein. Wenn es allerdings zutreffen sollte, dass Gesellschaften ohne Eigenkapitalerfordernis stärker insolvenzanfällig sind als solche mit (eine unbeschadet aller prima vista einleuchtenden Stringenz m.E. nicht leicht nachweisbare Prämisse), dann ließe sich wohl sagen, dass das Recht der Insolvenzanfechtung mit seinem Ex-Post-Mechanismus zumindest eine Funktion übernähme, die derzeit dem ex ante wirkenden Eigenkapital überantwortet ist – nämlich Sorge dafür zu tragen, dass der Schuldner ein seriöses Geschäftsgebaren an den Tag legt. Allerdings lässt sich auch das wiederum nur auf einem hohen Abstraktionsniveau sagen; denn ex ante ist grundsätzlich niemand zur Gleichbehandlung seiner Gläubiger verpflichtet. Genau das ist aber, wie gezeigt, das primäre Anliegen der Insolvenzanfechtung. Das Problem einer direkten Parallelisierung von Eigenkapital mit Anfechtung ergibt sich somit letzten Endes daraus, dass das Insolvenzverfahren eine Situation darstellt, in der die Regeln des allgemeinen Vermögensrechts gerade aufgehoben sind.33 Damit verbleibt als wenig erhellende und nicht wirklich befriedigende Erkenntnis, dass beide Rechtsinstitutionen in irgendeiner Weise zum Gläubigerschutz beitragen, ansonsten aber kaum miteinander komplementäre Funktionen erfüllen. Um sie zu erreichen, müssten all diejenigen Rechtsakte, die das derzeitige Gesellschaftsrecht etwa in den §§ 30, 31 GmbHG zum Schutz der Gläubiger sanktioniert, von den Anfechtungsvorschriften erfasst werden. 33 Dazu statt vieler Paulus, Passivierungspflicht und Rangordnung eigenkapitalersetzender Darlehen in der Insolvenz, ZGR 2002, S. 320ff.

Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes

von Professor Dr. BERNHARD PELLENS und Dr. THORSTEN SELLHORN, MBA, Bochum 1

Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gegenwärtige Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rolle der Rechnungslegung in einem künftigen Gläubigerschutzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufgabe des bilanziellen Kapitalschutzes . . . . . . . . . . . . . 3. Funktion von Gewinnermittlungsregeln . . . . . . . . . . . . . 4. Eignung der International Financial Reporting Standards (IFRS) 5. Eignung der Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Solvenztest als zusätzliches Gläubigerschutzinstrument . . . . . . 1. Idee eines Solvenztests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Solvenztests im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . 3. Vorschlag der Rickford-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anforderungen an einen Solvenztest für Ausschüttungszwecke 5. Bestehende Instrumente zur Solvenzeinschätzung . . . . . . . . 6. Ausgestaltung eines Solvenztests . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassende Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einleitung In Kontinentaleuropa sind Kapitalschutzvorschriften als Korrelat der Haftungsbeschränkung von Anteilseignern ein zentraler Baustein im System der Gläubigerschutzregeln bei Aktiengesellschaften. Sie wurden durch die 2. Gesellschaftsrechtsrichtlinie 2 (Kapitalrichtlinie, KapRL) in den 1970er Jahren EU-weit 1 Die Verfasser danken Herrn Dr. Marc Richard für wertvolle Hinweise und Diskussionen. 2 77/91/EWG, ABl. EG Nr. L 26 v. 31. 1. 1977, S. 1 ff.

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harmonisiert. In Form von Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsregeln, flankiert von vorsichtigen Bilanzansatz- und -bewertungsregeln zur Ermittlung des Kapitals auf der Basis der 4. Richtlinie (Bilanzrichtlinie, BilRL),3 sind Kapitalschutzvorschriften – nicht nur in Deutschland – als Instrument des Gläubigerschutzes verankert.4 Auch in ihrem jüngsten Vorschlag zur Änderung der KapRL vom 21. 9. 2004, der Teil des Aktionsplans für Gesellschaftsrecht und Corporate Governance ist, will die EU-Kommission an den Fundamenten dieses Rechnungslegung und Gesellschaftsrecht verzahnenden Systems vorerst nicht rütteln. Insbesondere der Stellenwert des Gläubigerschutzes durch bilanzielle Kapitalerhaltung soll unangetastet bleiben bzw. in Einzelheiten noch ausgebaut werden.5 Mit der sog. IAS-Verordnung der EU vom 19. 7. 2002 6 und deren Umsetzung in deutsches Bilanzrecht durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) 7 wird diese Diskussion neu belebt. So zeichnet sich ab, dass künftig auch im Einzelabschluss, der bisher nach den vorsichtigen Bilanzierungsregeln des HGB aufzustellen ist und u. a. als Bemessungsgrundlage gläubigerschützender Höchstausschüttungsregeln dient, nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu bilanzieren sein könnte. Diese Einschätzung wird in der Literatur nicht nur durch den Verweis auf die deutsche Bilanzrechtshistorie,8 sondern auch mit Effizienzargumenten begründet.9 Die vom International Accounting Standards 3 78/660/EWG, ABl. EG Nr. L 222 v. 14. 8. 1978, S. 11ff. 4 Vgl. auch Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, 6. Aufl. 2006, S. 12. 5 Vgl. S. 4 des Entwurfes und Abs. (2) der Präambel. 6 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19. 7. 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABlEG L 243 v. 11. 9. 2002, S. 1ff. 7 Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz) vom 4. 12. 2004 (BGBl I 2004 Nr. 65 v. 9. 12. 2004). 8 Vgl. Küting, StuB 2004, 683, der argumentiert, dass Neuerungen in einem Teilgebiet der Rechnungslegung auf andere Bereiche auszustrahlen pflegen. Als Präzedenzfälle nennt er das AktG 1965, dessen zunächst auf Aktiengesellschaften beschränkte Bewertungsvorschriften schon nach kurzer Zeit als allgemein verbindliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) galten, sowie das BiRiLiG 1985, dessen allein für Kapitalgesellschaften vorgesehene Regeln auf freiwilliger Basis von allen Unternehmen übernommen wurden. Merkt, ZGR 2004, 307, spricht in diesem Zusammenhang von einer „Sogwirkung“, welche die IAS-Verordnung in diesem Punkt entfalten könnte. Vgl. ähnlich Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft (nachfolgend: AKBHR), BB 2002, 2372. 9 Böcking, WPg 2001, 1435, argumentiert, dass Unternehmen, die ihren Konzernabschluss nach IFRS aufstellen müssen, aus Effizienzgründen auch ihren Einzelabschluss nach diesem System werden aufstellen wollen. Verbunden mit seiner Forderung an den Gesetzgeber, die IFRS für alle Konzernabschlüsse verbindlich vorzuschreiben, ergäbe sich ein Drängen aller konzernrechnungslegungspflichtigen deutschen Unternehmen auf eine Öffnung des (befreienden) Einzelabschlusses für die IFRS.

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Board (IASB) entwickelten IFRS sind jedoch primär der Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen verpflichtet und zielen nicht auf einen Gläubigerschutz durch bilanzielle Kapitalerhaltung ab.10 Von ihrer „drohenden“ Übernahme auch in deutsche Einzelabschlüsse befürchten viele eine Schwächung des Gläubigerschutzes.11 Damit stehen in Europa das tradierte Gläubigerschutzsystem durch bilanzielle Kapitalerhaltung und die Ermittlung von Höchstausschüttungen an die Anteilseigner anhand von Jahresabschlussdaten erneut auf dem Prüfstand. Zahlreiche juristische und ökonomische Argumente für und wider den Gläubigerschutz durch Kapitalaufbringung und -erhaltung werden diskutiert. Anhänger einer angloamerikanisch geprägten Alternativregelung sprechen sich dafür aus, dass ein Gläubigerschutz durch Information und liquiditätsorientierte Solvenztests, ggf. flankiert von privatvertraglichen Selbstschutzmechanismen, an die Stelle des tradierten Systems eines Gläubigerschutzes allein durch bilanzielle Kapitalerhaltung treten soll.12 Auf der Basis des derzeitigen Erkenntnisstandes fällt eine Entscheidung zu Gunsten des einen oder anderen Systems schwer, weil die mit den Alternativen jeweils verbundenen Kosten und Nutzen bisher nur unzureichend untersucht sind und die isolierte Übertragbarkeit angloamerikanisch geprägter Elemente in die gewachsene (kontinental-)europäische Rechtsordnung in ihren Folgen nur schwer abschätzbar ist. Aus transaktionskostentheoretischer Sicht spricht jedoch vieles für die Festlegung auf ein System innerhalb der EU. Ob die Auswahl über einen Marktselektionsprozess, in dem den Unternehmen bzw. Mitgliedsstaaten beide Systeme zur Wahl gestellt werden, erfolgen kann, wäre zu prüfen. Angesichts dieser zunehmenden Bedeutung der IFRS beschäftigt sich der Arbeitskreis „Kapital in Europa“ u. a. mit der Frage, ob und ggf. wie Gläubigerschutz und Bilanzrecht künftig zu verknüpfen sind. Der nachfolgend zu entwickelnde Vorschlag stellt primär auf solche Aktiengesellschaften ab, die einer Verpflichtung zur IFRS-Anwendung unterliegen oder die IFRS freiwillig anwenden. Zu diesen zählen insbesondere kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen, welche unmittelbar von Art. 4 der IAS-Verordnung erfasst werden, sowie ferner weitere Gesellschaften, die nach ihren jeweiligen nationalen Regeln zur IFRS10 Vgl. dazu Abschnitt II. 11 Vgl. etwa Gelter, GesRZ 2004, 177; Gelter, Neue Rechnungslegungsnormen im Handelsrecht, 2001, S. 270–273. Von der Diskussion steuerlicher Folgen einer Einführung der IFRS im Einzelabschluss, welche durch die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) für die steuerliche Gewinnermittlung aufgeworfen werden, sei hier abgesehen. Vgl. dazu etwa Herzig/Bär, DB 2003, 1–8. 12 Vgl. hierzu grundlegend bereits Kübler, ZHR 1995, 550ff; Richard, Kapitalschutz der Aktiengesellschaft – Eine rechtsvergleichende und ökonomische Analyse deutscher und US-amerikanischer Kapitalschutzsysteme, Diss. Bochum, 2006.

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Bilanzierung verpflichtet sind oder ein entsprechendes nationales Wahlrecht wahrgenommen haben.13 Der Beitrag ist wie folgt aufgebaut: In Abschnitt II wird die aktuelle Mehrfachbelastung vieler Unternehmen durch ein Nebeneinander mehrerer Rechnungslegungssysteme betrachtet. Anschließend erfolgt eine Diskussion zentraler Fragen zur künftigen Ausgestaltung eines Gläubigerschutzsystems und zur diesbezüglichen Rolle der Rechnungslegung: – Welche Gewinnermittlungsregeln (IFRS oder Steuerrecht) sollten für den Kapitalerhaltungs- und Ausschüttungsbemessungsabschluss gelten (Abschnitt III)? – Kann ein Solvenztest als flankierende Maßnahme etwaige Vorbehalte gegenüber dem IFRS-Abschluss als Grundlage der bilanziellen Kapitalerhaltung entkräften (Abschnitt IV)? Schließlich wird in Abschnitt V ein neues System vorgeschlagen, das aus einer bilanziellen Kapitalerhaltung auf der Grundlage des informationsorientierten IFRS-Jahresabschlusses besteht, die durch einen liquiditäts- und zukunftsorientierten Solvenztest flankiert wird.

II. Gegenwärtige Situation Derzeit besteht in Deutschland für kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen ein Nebeneinander von mindestens drei Abschlüssen mit unterschiedlichen Zielsetzungen: Konzernabschluss nach IFRS, Einzelabschluss nach HGB und Steuerbilanz.14 Mit der IAS-Verordnung harmonisiert die EU die Rechnungslegung – nach der 4. und 7. EG-Richtlinie 15 – nun ein zweites Mal: dieses Mal auf Basis der 13 Eine weitergehende Verpflichtung sieht das deutsche BilReG nicht vor. Allerdings eröffnet der durch das BilReG eingeführte § 315a Abs. 3 HGB nicht-kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen ein Wahlrecht zur IFRS-Anwendung im Konzernabschluss. Zudem erlaubt § 325 Abs. 2a HGB die Erstellung eines IFRSEinzelabschlusses für Offenlegungszwecke. Die Umsetzung der Wahlrechte der IAS-Verordnung in den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist folgender Zusammenstellung zu entnehmen: http://europa. eu.int/comm/internal_market/accounting/docs/ias/ias-use-of-options_en.pdf (Stand: 21. 4. 2006). 14 Zudem müssen die in den USA gelisteten Unternehmen zentrale Größen ihres IFRSKonzernabschlusses auf die entsprechenden Werte nach den U. S. Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) überleiten. 15 Siebente Richtlinie (83/349/EWG) des Rates v. 13. 6. 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluß, ABlEU Nr. L 193 v. 18. 7. 1983, S. 1–17.

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IFRS. In Deutschland wurden die Mitgliedstaaten- und Unternehmenswahlrechte durch das BilReG in nationales Recht umgesetzt. Während seit Anfang 2005 bzw. ab 2007 16 zunächst primär die Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter (Pflicht) bzw. nicht-kapitalmarktorientierter Unternehmen (Wahlrecht) von der IFRS-Umstellung betroffen sind, darf ein IFRS-Jahresabschluss (Einzelabschluss) fakultativ lediglich für Offenlegungszwecke erstellt werden (§ 325 Abs. 2a HGB). Für die Anwendungsbereiche, in denen die IFRS somit gültig sind, entfalten diese mit ihrer Anerkennung (endorsement) durch die Europäische Kommission unmittelbar bindende Kraft. Ein IFRS-Abschluss hat gemäß Abs. 12 des Frameworks 17 den (primären) Zweck, „to provide information about the financial position, performance and changes in financial position of an entity that is useful to a wide range of users in making economic decisions“,18 also entscheidungsnützliche Informationen für einen breiten Adressatenkreis bereit zu stellen.19 Hinzu tritt der in Abs. 14 des Frameworks kodifizierte, untergeordnete Zweck der Rechenschaftslegung gegenüber den Adressaten. Als Grundlage für Rechtsfolgen und insbesondere für Höchstausschüttungsregeln, die dem Gläubigerschutzgedanken verpflichtet sind, ist der IFRS-Abschluss hingegen nicht intendiert.20 Hierzu wäre seine Einbindung in (nationale) gesellschaftsrechtliche Vorschriften erforderlich, was einen entsprechenden Entschluss der zuständigen Gesetzgebungsinstanzen voraussetzte. 16 Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, eine entsprechende Übergangsfrist bis zum 1. 1. 2007 denjenigen Unternehmen zu gewähren, von denen lediglich Schuldtitel zum Handel in einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats zugelassen sind oder deren Wertpapiere zum öffentlichen Handel in einem Nichtmitgliedstaat (etwa in den USA) zugelassen sind und die zu diesem Zweck international anerkannte Standards (etwa die US-GAAP) anwenden. Der deutsche Gesetzgeber hat dieses Wahlrecht mit dem BilReG an die deutschen Unternehmen weitergegeben. 17 Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements. 18 Vgl. ähnlich IAS 1, Abs. 13. 19 Vgl. auch Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, S. 106; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 8. Aufl. 2005, S. 143ff. In der Literatur wird vielfach davon ausgegangen, dass hierin der alleinige Zweck der IFRS bestehe. Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen, 7. Aufl. 2004, S. 85. Der empirischen Frage, ob und inwieweit eine IFRS-Abschluss diesen Informationszweck tatsächlich erfüllt, kann hier nicht nachgegangen werden. In der Literatur wird dies oftmals ungeprüft unterstellt. Zweifelnd vgl. Kahle, WPg 2003, 262ff. Zu diesbezüglichen empirischen Ergebnissen vgl. Bonse, Informationsgehalt von Konzernabschlüssen nach HGB, IAS und US-GAAP, 2004. 20 „Der Einzelabschluss nach IFRS dient nur Informationszwecken und soll nicht Grundlage für steuerliche Zwecke, Gewinnausschüttungen oder das Feststellen einer Überschuldung sein“, AKEU 2003, S. 1585. Dies betonen auch AKBHR, BB 2002, 2373, die darauf verweisen, dass bei der Prüfung internationaler Standards auf Übernahme in das Gemeinschaftsrecht nicht darauf abgestellt werden muss, ob diese für die Funktion der Kapitalerhaltung geeignet sind und dem Grundsatz vorsichtiger Bilanzierung entsprechen.

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Für Zwecke der Ausschüttungsbemessung und insolvenzrechtliche Rechtsfolgen ist den hier interessierenden Gesellschaften weiterhin ein HGB-Einzelabschluss vorgeschrieben, so dass sich im deutschen Kapitalschutzsystem durch IAS-Verordnung und BilReG allein zunächst keine Änderungen ergeben. Zu beachten ist jedoch, dass im HGB-Einzelabschluss selbst künftig möglicherweise eine stärkere Orientierung an „IFRS-ähnlichen“ Gewinnermittlungsregeln, insbesondere ein Vordringen der Fair Value-Bewertung zu beobachten sein könnte. So hat der EU-Richtliniengeber am 27. 9. 2001 mit der Fair-Value-Richtlinie 21 sowie am 18. 6. 2003 mit der Modernisierungsrichtlinie 22 die EU-Rechnungslegungsrichtlinien in dieser Richtung reformiert und damit die Voraussetzungen für eine entsprechende Anpassung auch im deutschen HGB geschaffen. Eine solche Modernisierung wird jedoch insbesondere für den HGB-Einzelabschluss kritisch gesehen, da gegen eine „IFRS-nahe“ HGB-Bilanzierung im Einzelabschluss in der Tendenz dieselben Vorbehalte geltend gemacht werden können wie für eine direkte Öffnung des Einzelabschlusses für die IFRS.23 Für den deutschen Gesetzgeber besteht indes kein Zwang, diese weitgehende Fair Value-Bilanzierung in die für den Einzelabschluss geltenden HGB-Vorschriften zu übernehmen, so dass der für den Gläubigerschutz relevante Einzelabschluss hiervon freigehalten werden könnte.24 Bisher ist für den HGB-Einzelabschluss von Kapitalgesellschaften ein Nebeneinander mehrerer Zwecke charakteristisch.25 Zunächst kommt ihm eine Informationsfunktion zu, die sich insbesondere in § 264 Abs. 2 HGB, nach dem „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln“ ist,26 konkretisiert.27 Neben 21 Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 9. 2001 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG und 86/635/EWG des Rates im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen und von Banken und anderen Finanzinstituten zulässigen Wertansätze, ABlEU Nr. L 283 v. 27. 10. 2001, S. 28ff. 22 Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. 6. 2003 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, ABlEU Nr. L 178 v. 17. 7. 2003, S. 16ff. 23 Vgl. etwa Bieker/Schmidt, KoR 2002, 216. Vgl. ausführlich Abschnitt III.4.a). 24 Vgl. Schulze-Osterloh, BB 2004, 2568, 2570. 25 Vgl. zum Folgenden etwa Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, S. 10–13. Vgl. auch Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, S. 94–102; Streim, Grundzüge der handels- und steuerrechtlichen Bilanzierung, 1988, Kap. 1 C. 26 Dieser Passus findet seine EU-rechtliche Grundlage in Art. 2 Abs. 3 der 4. Richtlinie. 27 In dieser Generalnorm kommt auch der Rechenschaftsgedanke zum Ausdruck, den Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, S. 95–98, betonen. So auch Pellens/Fülbier/ Gassen, Internationale Rechnungslegung, S. 11.

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dieser Informationsfunktion, die ggf. auch durch einen nach § 325 Abs. 2a HGB zusätzlich aufgestellten, freiwilligen IFRS-Einzelabschluss verwirklicht werden könnte, werden aus dem HGB-Einzelabschluss bestimmte Rechtsfolgen wie z. B. die Gewinnausschüttung abgeleitet.28 Insoweit hier Höchstausschüttungsregeln festgelegt werden, dient der HGB-Einzelabschluss auch dazu, im Interesse des Gläubigerschutzes ein „Zuviel“ an Ausschüttung zu verhindern. Diesem Ziel sind auch die „vorsichtigen“ handelsrechtlichen Gewinnermittlungsregeln (Bilanzansatz und -bewertung) gewidmet, auf deren Basis ein hinreichend gesicherter, also „ausschüttbarer“ Gewinn ermittelt werden soll.29 Weiterhin sind die handelsrechtlichen GoB – und damit der HGB-Einzelabschluss – zumindest noch formal Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung.30 Dieses Maßgeblichkeitsprinzip ist in § 5 Abs. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) kodifiziert.31 Schließlich knüpfen auch haftungsrechtliche Konsequenzen an den HGB-Einzelabschluss an, in dem die Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gläubigern auf das Eigenkapital – soweit alle Einlagen vollständig erbracht sind – beschränkt ist. Hinzu treten die Anzeigepflicht des Vorstandes bei Verlust der Hälfte des Grundkapitals gemäß § 92 Abs. 1 AktG sowie der Dokumentationszweck des HGB-Einzelabschlusses, etwa bei Rechtsstreitigkeiten.32 Eine gewisse Uneinigkeit besteht in der Literatur hinsichtlich der Frage, in welchem (Rangordnungs-) Verhältnis diese multiplen Zwecke des HGB-Einzelabschlusses zueinander stehen. Während der Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. (AKEU) davon ausgeht, dass die Informationsfunktion die „Kernfunktion“ des Einzelabschlusses bilde,33 weisen andere vehement darauf hin, dass die Ausschüttungsbemessungsfunktion dieser „zumindest gleichrangig“ gegenüberstehe oder sie gar dominiere.34 Insofern ist der handelsrechtliche Einzelabschluss nicht allein

28 Vgl. insbesondere die Höchst- und Mindestausschüttungsregeln für die AG in §§ 57 Abs. 3, 58, 150, 158 Aktiengesetz (AktG). 29 Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, S. 12. Der AKBHR, BB 2002, 2373, sieht demgemäß eine „vorrangige Bedeutung des Vorsichtsprinzips und des Imparitätsprinzips im deutschen Bilanzrecht.“ 30 Vgl. etwa Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, S. 178–180. 31 In der Regel erfolgt die steuerliche Gewinnermittlung in einer „Einheitsbilanz“, in der handels- wie steuerrechtlichen Vorschriften gleichermaßen entsprochen wird. Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, S. 12. 32 Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, S. 12. 33 Vgl. AKEU, DB 2001, 161 (These 7). 34 AKBHR, BB 2002, 2373. Vgl. auch Moxter, DB 2001, 606: „Der Einzelabschluss hat zwei ‚Kernfunktionen‘, von denen man weiß, dass sie in erheblichem Maß konfliktär zueinander stehen“. Auch Watrin, DB 2001, 936, verweist auf die „Ausschüttungsbemessungsfunktion, die traditionell als die wesentliche Aufgabe des Einzelabschlusses angesehen wird“.

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und explizit auf die gläubigerschützende Ermittlung eines ‚ausschüttbaren‘ Gewinns gerichtet, sondern verfolgt parallel eine Vielzahl von Zwecken, zu denen nicht zuletzt die Information der Kapitalgeber und des Managements selbst gehört. Die Steuerbilanz ist eine Aufstellung des Betriebsvermögens unter Beachtung steuerlicher Grundsätze.35 Mit ihr wird nach Maßgabe der §§ 4ff EStG der steuerliche Gewinn ermittelt, der die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen widerspiegeln soll.36 Wie erwähnt, sind die handelsrechtlichen GoB über das Maßgeblichkeitsprinzip mit der Steuerbilanz verknüpft. Da diese Verknüpfung in den letzten Jahren zunehmend aufgeweicht wurde, sind zunehmend von den handelsrechtlichen Bestimmungen abweichende Bewertungsgrundsätze für die einzelnen Vermögensgegenstände zu beachten, was die Aufstellung einer Einheitsbilanz erschwert.37 Beispielsweise werden handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte vielfach zu steuerlichen Aktivierungsgeboten und handelsrechtliche Passivierungswahlrechte zu steuerlichen Passivierungsverboten umgedeutet. Die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften sind zudem häufig von fiskalischen Erwägungen geprägt, die dem Ziel einer vorsichtigen Gewinnermittlung und damit dem Gläubigerschutzgedanken tendenziell zuwiderlaufen können.

III. Rolle der Rechnungslegung in einem künftigen Gläubigerschutzsystem 1. Vorbemerkung Ob die beschriebene Bilanzierungsvielfalt den betroffenen Unternehmen, den für die Fortentwicklung der Rechnungslegung zuständigen Institutionen, der Rechtsprechung und auch den für die Rechnungslegungsausbildung Verantwortlichen aus ökonomischer Sicht auf Dauer zugemutet werden kann, ist zweifelhaft. Da die Steuerbilanz und der IFRS-Konzernabschluss für die kapitalmarktorientierten Konzernmutterunternehmen auch künftig zwingende Rechtsinstitutionen sein werden, wäre zu erwägen, die bilanzielle Kapitalerhaltung und damit die Ausschüttungsbemessung zur Vermeidung von ausufernden Rechnungslegungskosten an einen dieser Abschlüsse zu koppeln.

35 Vgl. etwa Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 17. 36 Vgl. zum Leistungsfähigkeitsprinzip Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 82ff sowie m.w.N. Sellhorn, Steuersatz und Verfassungsrecht, 1998, S. 66ff. 37 Zu den Ausnahmen vom Maßgeblichkeitsprinzip vgl. etwa Pannen, Meßtheoretische Grundprobleme des Maßgeblichkeitsprinzips, 2000, S. 34–44. Für Herzig/Bär, DB 2003, 3, hat sich die Maßgeblichkeit „infolge zahlreicher Durchbrechungen zu einem Torso entwickelt“.

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2. Aufgabe des bilanziellen Kapitalschutzes Soll ein Rechnungslegungssystem hinsichtlich seiner Eignung, als Grundlage für Ausschüttungen einen Beitrag zum Gläubigerschutz zu leisten, auf den Prüfstand gestellt werden, ist zunächst die Aufgabe von Höchstausschüttungsregeln aus der Perspektive des Gläubigerschutzes zu konkretisieren. Nach Auffassung des AKBHR sollen die Regeln über Kapitalaufbringung und -erhaltung „nicht in erster Linie den Gläubigern die Risiken betriebswirtschaftlichen Scheiterns einer Unternehmung abnehmen, sondern sie durch eine Differenzhaftung und Ausschüttungssperren vor Manipulationen des Gesellschaftsvermögens durch die Gesellschafter schützen.“ 38 Aber auch die Ansicht, Höchstausschüttungsregeln zielten auf den Schutz der Gläubiger vor Insolvenz des Schuldners ab, ist in der Literatur zu finden.39 Ebenso wird argumentiert, zum traditionell verstandenen Gläubigerschutz gehöre „auch die Sicherung des Kapitalwerts der einmal getätigten Investition“,40 oder das Ziel bilanzieller Höchstausschüttungsregeln sei es sicherzustellen, dass das Gläubigerrisiko seinen Ursprungswert am Periodenanfang nicht übersteigt.41

3. Funktion von Gewinnermittlungsregeln Die Diskussion um die Eignung von Rechnungslegungssystemen als Basis einer am Gläubigerschutz orientierten Ausschüttungsbemessungsrechnung konzentriert sich vielfach auf Gewinnermittlungsvorschriften und damit auf Bilanzansatz- und -bewertungsregeln.42 Aus ökonomischer Sicht kann nicht nur die Notwendigkeit von Schutznormen angesichts unterstellter rationaler Erwartungen der Gläubiger generell hinterfragt werden,43 sondern auch die relative Vorteil-

38 AKBHR, BB 2002, 2375. 39 Vgl. Watrin, DB 2001, 936, der als ökonomisches Argument für die Regulierung von gesetzlichen Höchstausschüttungsregeln anführt, „dass die Gläubiger von Unternehmen, deren Anteilseigner beschränkt haften, gegen eine Insolvenz des Schuldners geschützt werden müssen“, weil anderenfalls „Risiken der Unternehmenstätigkeit externalisiert“ würden. 40 Schön, WPg 2001, S75. 41 Vgl. Rammert, BFuP 2004, 583. 42 So vertritt Merkt, ZGR 2004, 318, freilich im Zusammenhang mit kreditbegleitenden covenants, die Auffassung, dass die Qualität des Gläubigerschutzes entscheidend von den Rechnungslegungsregeln abhänge, die der Gewinnberechnung zu Grunde gelegt werden. 43 Bei rationalen Erwartungen sind Gläubiger nicht schutzbedürftig, denn zum Zeitpunkt der Kreditgewährung tragen die Eigner alle Marktwertminderungen durch zu erwartende, nachträglich eintretende Reichstumsverlagerungen selbst. Damit hat Gläubigerschutz nicht primär das Ziel der Verteilungsgerechtigkeit. Vgl. Wagen-

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haftigkeit bestimmter Gewinnermittlungsvorschriften kann aus der Perspektive des Gläubigerschutzes nicht eindeutig bewertet werden. So wird im Zusammenhang mit der Wirkung bilanzieller Ausschüttungsrestriktionen auf eine ‚dunkle‘ Seite des Vorsichtsprinzips im Zusammenhang mit Überinvestitionsproblemen und einer daraus resultierenden Verschlechterung der Gläubigerposition hingewiesen.44 Eine grundsätzliche Überlegenheit des Vorsichtsprinzips bezüglich des Gläubigerschutzes kann daher nicht festgestellt werden, sondern hängt von den Investitionsmöglichkeiten und dem gesamten Restriktionenbündel ab. Damit ist auch eine Aussage über die Vorziehenswürdigkeit bestimmter Gewinnermittlungsregeln schwer möglich.45 Aus agency-theoretischer Sicht sei allenfalls ein Verbot fremd- und liquidationsfinanzierter Ausschüttungen, also die Forderung, die Ausschüttungshöhe generell an wie auch immer ermittelte Periodengewinne zu knüpfen, zu rechtfertigen.46 Dennoch werden in der aktuellen Reformdebatte vielfältige Argumente für und wider die Anknüpfung von Höchstausschüttungsregeln an IFRS-Abschluss oder Steuerbilanz vorgebracht. Diese sollen im Folgenden kurz dargestellt und kritisch gewürdigt werden.

4. Eignung der International Financial Reporting Standards (IFRS) Übereinstimmend mit dem traditionellen, bilanziellen Ansatz der Kapitalerhaltung könnte eine Höchstausschüttung an die Anteilseigner prinzipiell auch mit Hilfe eines IFRS-Abschlusses ermittelt werden. Wie die HGB- bildet auch die IFRS-Bilanz eine Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden, ermittelt nach dem Prinzip der doppelten Buchhaltung, als deren Saldo das Eigenkapital (Nettovermögen) des Unternehmens abzulesen ist. In der Literatur wird dem IFRS-Abschluss unter Hinweis auf seine Fokussierung auf die Informationsfunktion eine Eignung als Bemessungsgrundlage für den „ausschüttungsfähigen“ Gewinn und damit als Instrument der Kapitalerhaltung vielfach abgesprochen.47 Kritisiert wird primär die zunehmende (teilweise

44 45 46 47

hofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2003, S. 158–160, 166–167; Watts and Zimmerman, 1986, S. 186–191. Vgl. Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, S. 176–178, 191. Vgl. Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, S. 180–181. Vgl. Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, S. 181. Stellvertretend Schön, WPg 2001, S76: „Es ist unbestritten, dass die … IAS … nicht geeignet sind, die Funktionsanforderungen einer bilanzrechtlich geprägten und gesellschaftsrechtlich vorgeschriebenen Kapitalerhaltung zu erfüllen.“ Nach AKBHR, BB 2002, 2374 (m.w.N. in Fn. 14), handelt es sich hierbei um die verbreitete Meinung im Schrifttum. Vgl. auch Bieker/Schmidt, KoR 2002, 216 (m.w.N.). Gegen einen

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ergebniswirksame) Fair Value-Bilanzierung, in deren Folge eine Ausschüttung unrealisierter Gewinne möglich sei. Dieser verbreiteten Ansicht entspringen rigorose Vorbehalte gegenüber einer Öffnung des Einzelabschlusses für die IFRS.48 Jedoch lassen sich auch für eine solche Öffnung Argumente finden. Eine Korrektur der IFRS-Bilanz durch Ausschüttungssperren oder Überleitungsrechnungen führte hingegen de facto zu einer eigenen „Ausschüttungsbilanz“, die nur unter Inkaufnahme fortlaufenden gesetzgeberischen Anpassungsbedarfs mit der dynamischen Entwicklung der IFRS Schritt halten könnte.

a) Vorbehalte gegenüber einer Kapitalerhaltung auf Basis der IFRS Aus Sicht der Gegner einer Übernahme der IFRS in den am Gläubigerschutz orientierten Einzelabschluss wird als ein Hauptargument genannt, dass diese im Vergleich zum HGB dem Vorsichtsprinzip einen weitaus geringeren Stellenwert einräumten.49 „Ein größeres Aktivierungspotenzial bei gleichzeitiger Verminderung der Passivierungsmöglichkeiten“ 50 ermögliche eine „Ausschüttung von Scheingewinnen“ 51. Damit widersprächen die IFRS der Ausschüttungsbemessungsfunktion.52 Die Gefahr eines gegenüber dem Vergleichsmaßstab HGB potenziell erhöhten Nettovermögens wird an einer geringeren Bedeutung des Vorsichtsprinzips festgemacht und am asset-Begriff sowie an einem Einzelpositionenvergleich konkretisiert. Das Vorsichtsprinzip sei ein hinter dem Gesamtziel der Vermittlung eines true and fair view 53 zurücktretender Sekundärgrundsatz, nicht wie im System der GoB ein übergeordnetes Fundamentalprinzip, und damit nicht in der Lage, einen angemessenen Gläubigerschutz sicherzustellen.54 Der Begriff des Vermögenswertes (asset), welcher der IFRS-Aktivierungskonzeption zu Grunde liegt, stelle nicht wie sein HGB-Pendant „Vermögensgegenstand“ auf Einzelverwertbarkeit ab, sondern sei weiter gefasst und erlaube die Aktivierung bloßer

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fakultativen IFRS-Einzelabschluss zu Offenlegungszwecken, also als reines (zusätzliches) Informationsinstrument, bestehen indes keinerlei Vorbehalte, wie auch das entsprechende Unternehmenswahlrecht in § 325 HGB zeigt. Der AKBHR, BB 2002, 2373, zeigt auf, dass der deutsche Gesetzgeber eine diesbezügliche Auffassung bereits im Zusammenhang mit der Öffnung des Konzernabschlusses für internationale Rechnungslegungsvorschriften durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) von 1998 vertreten hat. Vgl. etwa Gelter, GesRZ 2004, 184. AKBHR, BB 2002, 2373. Schön, WPg 2001, S76. Vgl. Gelter, GesRZ 2004; Kirsch, WPg 2003, 276; Moxter, DB 2001, 606; Watrin, DB 2001, 936. Vgl. Abs. 46 des Frameworks. Vgl. Gelter, GesRZ 2004, 183–184.

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Nutzenpotenziale.55 Zu den einzelnen Bilanzierungsfragen, die zu einem – im Vergleich zum HGB – tendenziell höheren IFRS-Nettovermögen beitragen, zählen (selbst erstellte) immaterielle Vermögenswerte und hier insbesondere Entwicklungskosten, die Teilgewinnrealisierung bei langfristiger Auftragsfertigung nach der percentage-of-completion method, unrealisierte Gewinne aus Finanzinstrumenten und Renditeimmobilien sowie die geringere Möglichkeit zur Rückstellungsbildung.56 Zudem wird beklagt, dass die IFRS aufgrund der hohen Bedeutung beizulegender Zeitwerte erhebliche Ermessensspielräume gewährten.57 Gerade diese Ermessensspielräume sind es jedoch, die vielfach ebenso gegen die handelsrechtlichen GoB ins Feld geführt werden und dazu beitragen können, dass das wesenhaft dem Gläubigerschutz verpflichtete Vorsichtsprinzip zur Legung stiller Willkürreserven missbraucht wird, deren Bildung und Auflösung den Anreizen des Managements, einen stetigen Ergebnistrend auszuweisen, und nicht den Interessen der Gläubiger folgt. Zudem führen handelsrechtliche Vorschriften in wirtschaftlich durchaus bedeutsamen Einzelfällen – wie etwa bei der Bilanzierung von Pensionsrückstellungen 58 – zu einer weitaus weniger vorsichtigen Bilanzierung als die IFRS. Auch habe das Vorsichtsprinzip aufgrund der zunehmenden Durchlöcherung des Maßgeblichkeitsprinzips seinen wichtigen ökonomischen Zweck, das Erzielen von Steuerstundungseffekten, weitgehend eingebüßt.59 Schließlich ist festzuhalten, dass Aktienrückkäufe im IFRS-Jahresabschluss als eigenkapitalmindernde Ausschüttungen erscheinen, während sie in der HGB-Rechnungslegung als eigenkapitalneutrale Anschaffungsvorgänge interpretiert werden.60 Ein weiteres Argument gegen die IFRS bezieht sich weniger auf materiellinhaltliche Aspekte, sondern auf die Schwierigkeit der Einbindung der IFRS in die deutsche Rechtsordnung. Die enge Verzahnung von Gesellschaftsrecht und Rechnungslegung wird durch die Übernahme von Standards, die ein privatrechtliches, ausländisches Gremium mit Sitz in London beschließe, in Frage gestellt.61 Hieraus resultiere erhebliche Rechtsunsicherheit. Allerdings wird eingewandt, dass angesichts einer inflationär gewachsenen Kommentarliteratur auch in Bezug auf das HGB-Bilanzrecht von eindeutigen Bilanzierungsregeln keine Rede sein könne und dass das EU-Anerkennungsverfahren (endorsement mechanism) die IFRS in EU-Recht transformiere und damit der Rechtsweg vor dem EuGH gegeben sei.62 Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit, auf den Standardsetzungs55 56 57 58 59 60 61 62

Vgl. AKBHR, BB 2002, 2374; Gelter, GesRZ 2004, 181–183. Vgl. etwa AKBHR, BB 2002, 2374; Gelter, GesRZ 2004, 182. Vgl. AKBHR, BB 2002, 2374. Vgl. etwa Pellens/Fülbier/Sellhorn, DBW 2004. Vgl. Böcking, WPg 2001, 1437. Vgl. Pellens/Schremper, BFuP 2000, 132. Dieses Argument nennt etwa Böcking, WPg 2001, 1437. Vgl. Böcking, WPg 2001, 1437.

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prozess des IASB – ob direkt, über den Deutschen Standardisierungsrat (DSR) oder über die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) – mitgestaltend Einfluss zu nehmen. Diese Einwände könnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit den für die Ausschüttungsbemessung sowie für Haftungsfragen maßgebenden Gewinnermittlungsregeln ein entscheidender Bestandteil des deutschen Kapitalschutzsystems nicht der deutschen Gesetzgebung unterliege.63 Diese Einwirkung angelsächsischer Normen auf das deutsche Recht könnte rechtssystematische und Auslegungsprobleme nach sich ziehen.64 Dies gelte umso stärker, solange nicht sichergestellt ist, dass die IFRS-Einführung von einer wirksamen Durchsetzungsinfrastruktur (enforcement) flankiert wird.65 Ein solcher Mechanismus ist jedoch durch das Bilanzkontrollgesetz und die Gründung der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) inzwischen geschaffen worden.66 Gegen eine Übernahme der IFRS in den HGB-Einzelabschluss wird weiterhin eingewandt, hierdurch würde das Maßgeblichkeitsprinzip abgeschafft, der Zusammenhang zwischen Handels- und Steuerbilanz zerschnitten und damit die insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen elementare Einheitsbilanz aufgegeben.67 Dem wird jedoch entgegengehalten, dass „das Maßgeblichkeitsprinzip bereits heute faktisch aufgehoben“ 68 und die Steuerbilanz zunehmend von steuergesetzlichen und richterrechtlichen Sonderregeln geprägt sei, die teilweise das Vorsichtsprinzip zurückdrängten.69 Dennoch ist bisher immer noch davon auszugehen, dass die Fortentwicklung der handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegungsregeln einen gemeinsamen Ausgangspunkt in den handelsrechtlichen GoB besitzen und insofern beide Jahresabschlüsse miteinander verbunden sind. Dies kann zu einer Disziplinierungsfunktion des Fiskus führen. Auch auf das Argument, ein IFRS-Einzelabschluss leiste dem Mittelstand gute Dienste als (Selbst-) Informations- und Steuerungsinstrument,70 kann entgegnet werden, dass kleine und mittelständische Unternehmen wegen ihrer fehlenden Kapitalmarktorientierung nicht gezwungen werden sollten, einen solchen Abschluss zu erstellen, so lange ihnen die Möglichkeit gegeben wird, dies auf freiwilliger Basis zu tun. Aber nicht nur aus der Perspektive des Gläubigerschutzes ist eine Öffnung des HGB-Einzelabschlusses für die IFRS kritisch zu sehen. Sollten die IFRS-Gewinnermittlungsregeln künftig zur Grundlage zwingender Rechtsfolgen gemacht 63 64 65 66 67 68 69 70

So auch Kirsch, WPg 2003, 277. Vgl. Schulze-Osterloh, BB 2004, 2570. So auch Böcking, WPg 2001, 1439. Vgl. dazu Zülch, StuB 2005, 565 ff sowie www.frep.info. Vgl. etwa Ernst, BB 2001, 825. Böcking, WPg 2001, 1436. Vgl. etwa Böcking, WPg 2001, 1435–1436. Vgl. Böcking, WPg 2001, 1437.

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werden, ist zu erwarten, dass die Einflussnahme von Interessenvertretern auf das privatrechtliche IASB eine bisher ungeahnte Vehemenz und Dynamik annehmen könnte. Wenn sich das IASB beispielsweise künftig verstärkt dem Lobbyismus der Kreditwirtschaft ausgesetzt sähe, drohten die IFRS systematisch in eine zweckfremde, weil der Informationsfunktion möglicherweise systematisch zuwider laufende Richtung gedrängt zu werden. Die Vehemenz, mit der IFRS-kritische Einschätzungen in der Literatur bisweilen geäußert werden, kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass – abgesehen von einzelnen IFRS-Bilanzierungsregeln wie z. B. bezüglich der Bilanzierung von eigenen Aktien und Pensionsverpflichtungen – auch andere gewichtige Argumente für eine Übernahme der IFRS in den am Gläubigerschutz orientierten Einzelabschluss sprechen.

b) Argumente für eine IFRS-Kapitalerhaltungsund Ausschüttungsbemessungsrechnung Für kapitalmarktorientierte Konzerne wären mit einem befreienden IFRSEinzelabschluss erhebliche Kostenersparnisse verbunden. Ein – neben die Steuerbilanz tretendes – einheitliches Rechenwerk könnte die Anforderungen des internen sowie des externen Rechnungswesens für den Einzel- und den Konzernabschluss gleichermaßen erfüllen,71 womit erhebliche Mehrkosten der Befolgung unterschiedlicher Normensysteme vermieden würden.72 Dies hätte insbesondere dann erhebliche volkswirtschaftliche Vorteile, wenn die IFRS künftig, wovon vielfach ausgegangen wird, von allen konzernrechnungspflichtigen Unternehmen im Konzernabschluss anzuwenden sein sollten.73 Über die tatsächliche Höhe eingesparter Kosten herrscht indes Uneinigkeit. Zudem könnte eine Verlagerung der Ausschüttungsbemessungsfunktion auf einen IFRS-Einzelabschluss Kosten an anderer Stelle verursachen, denn es müssten neue Regeln für die steuerliche Gewinnermittlung kodifiziert werden und die Unternehmen hätten möglicherweise eigenständige Steuerbücher zu führen.74

71 Diese „Konvergenzthese“ vertritt Böcking, WPg 2001, 1439. 72 Vgl. Niehues, WPg 2001, 1221. 73 Hiergegen wird indes eingewandt, dass nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen von der Verpflichtung, einen IFRS-Konzernabschluss zu erstellen, freigehalten werden sollten, wenn damit aus ihrer Sicht kein entsprechender Mehrnutzen einhergehe. Die Mehrkosten der zweifachen Bilanzierung (IFRS-Konzernabschluss und HGBEinzelabschluss) stellten damit den Preis dar, den kapitalmarktorientierte Konzerne für die Vorteile der Nutzung internationaler Kapitalmärkte zahlen. Hierbei handele es sich um eine zutreffende „Internalisierung von Kosten“. Vgl. AKBHR, BB 2002, 2377. 74 Vgl. AKBHR, BB 2002, 2377.

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Zu Gunsten der IFRS kann agency-theoretisch aufgezeigt werden, dass sich mit dem Gläubigerschutzgedanken eine Präferenz für eine vorsichtige Bilanzierung und Bewertung nicht zwingend begründen lässt. Vielmehr kann das Vorsichtsprinzip über die Verstärkung bzw. Induktion von agency-Problemen die Position der Gläubiger in Einzelfällen sogar verschlechtern. Die Komplexität der auf die Gläubigerposition einwirkenden Umstände lässt jedoch eindeutige Aussagen kaum zu, so dass ein optimaler Gläubigerschutz stets unternehmensspezifisch auszugestalten wäre.75 Damit stehe „der Anwendung von IAS für den Einzelabschluss aus Sicht des Gläubigerschutzes nicht wirklich etwas entgegen“.76 Wie bereits ausgeführt, müsste eine Öffnung des Einzelabschlusses für die IFRS mit einer Aufgabe der Maßgeblichkeit einhergehen. Eine solche Entwicklung hätte den Vorteil, dass die einander zumindest in einigen Aspekten widersprechenden Funktionen der Ausschüttungs- und Steuerbemessung getrennt würden. Mit einer eigenständigen Steuerbilanz würde insbesondere der Gefahr begegnet, dass „fiskalpolitisch orientierte Manipulationen der Steuergesetzgebung zugleich zum Nachteil des Gläubigerschutzes im Gesellschaftsrecht wirken“ würden.77 Die Mehrzahl der Argumente für eine Anknüpfung von Höchstausschüttungsregeln an einen IFRS-Einzelabschluss bezieht sich jedoch nicht auf konkrete Vorteile, welche den IFRS für diesen Zweck inhärent sind, sondern leitet sich aus einer Grundsatzkritik am bestehenden Kapitalschutzsystem bzw. an den handelsrechtlichen GoB ab. Zum einen wird argumentiert, Gläubiger seien auf Höchstausschüttungsregeln, die an eine vorsichtige Gewinnermittlung anknüpfen, nicht angewiesen, sondern schützten sich durch andere Instrumente wie etwa Sicherheiten oder andere privatvertragliche Vereinbarungen wie die in den USA üblichen covenants, in denen sie mit den Schuldnern die Einhaltung bestimmter, den vorsichtigen HGB-Vorschriften ähnlicher Restriktionen vereinbarten.78 Hiergegen wurde bereits eingewandt, dass derartige Schutzmöglichkeiten nur verhandlungsmächtigen Vertragsgläubigern offen stünden, während insbesondere Deliktsgläubiger, aber beispielsweise auch Lieferanten und Arbeitnehmer, auf gesetzliche Schutzvorschriften angewiesen seien.79

75 76 77 78 79

Vgl. Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, S. 190–191. Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, S. 191. AKBHR, BB 2002, 2377. Vgl. Schön, WPg 2001, S78; Böcking, WPg 2001, 1437. Vgl. etwa Merkt, ZGR 2004, 313–314, der darauf hinweist, dass in den meisten Fällen auch der oft beschworene „Rechtsreflex“ solcher Verträge den Kleingläubigern keinen ausreichenden Schutz biete. Hinzu kämen nachteilig die erheblichen Transaktionskosten, die eine individualvertragliche Lösung des Gläubigerschutzproblems mit sich bringe. Vgl. Schön, WPg 2001, S78; abwägend auch Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, S. 182.

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Zum anderen wird für die „Unbedenklichkeit“ der IFRS ins Feld geführt, ein Gläubigerschutz durch faire Information sei einem Gläubigerschutz durch vorsichtige Gewinnermittlung überlegen.80 Diese Einschätzung spiegelt sich insbesondere in der jüngeren europarechtlichen Rechtsprechung wider, in welcher der EuGH das kapitalmarktrechtliche Informationsmodell dem gesellschaftsrechtlichen Konzept des gesetzlichen Kapitalschutzes vorzieht.81 Der Gläubigerschutz durch Information ist auch Gegenstand des rechtswissenschaftlichen Schrifttums, wird jedoch zumeist nicht als Ersatz, sondern Ergänzung für das tradierte System gesehen.82 Gegen ihn ist einzuwenden, dass eine informative Rechnungslegung allein gegen informationsbezogene Risiken schützen kann, gegen Risiken also, die aus einer asymmetrischen Informationsverteilung zu Lasten der Gläubiger resultieren. Ein Kleingläubiger, der im Nachhinein von einer seine Gläubigerposition verschlechternden liquidations- oder fremdkapitalfinanzierten Ausschüttung erfährt, hat ohne entsprechende Rechtsnormen im Zweifelsfall keinerlei Möglichkeit, hiergegen vorzugehen. Für die flächendeckende Einführung der IFRS sprechen aus Sicht ihrer Befürworter auch die erhöhte, rechtsformunabhängige Mindestvergleichbarkeit und Kapitalmarkteffizienz, die mit einer möglichst weitgehenden Harmonisierung von Rechnungslegungsvorschriften einhergingen. Als Rahmenbedingungen für internationalen Wettbewerb trügen sie dazu bei, Kapital in die vorteilhaftesten Anlagemöglichkeiten zu lenken.83 Dieses Argument überzeugt ohne weiteres für den Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Unternehmen, die sich dem globalen Wettbewerb auf Kapital-, Produkt- und Faktormärkten stellen und ihren (potenziellen) Investoren international vergleichbare Informationen bieten wollen.84 Es impliziert jedoch nicht zwingend die Vorteilhaftigkeit zwingender IFRSEinzelabschlüsse für alle Unternehmen. Auch die u. a. von der Regierungskommission Corporate Governance geäußerte Prognose, Fremdkapitalgeber forderten zunehmend, u. a. wegen Basel II, eine IFRS-Rechnungslegung von ihren (potenziellen) Schuldnern,85 kann nicht restlos überzeugen. Da eine solche Forderung allein durch die Hoffnung auf verbesserte Informationen motiviert sein kann, dürfte sie auf den Konzernabschluss abzielen, dessen Informationsfunktion nicht, wie die des Einzelabschlusses, durch konfliktäre andere Zwecke beeinflusst ist. Wegen der „optimistischen 80 Vgl. schon Kübler, ZHR 1995, 550 ff. 81 Vgl. dazu ausführlich und m.w.N. Merkt, ZGR 2004, 309–310. 82 Vgl. Schön, WPg 2001, S. 74–75, der für den Fall, dass der Einzelabschluss nach IFRS aufgestellt wird, eine „Kapitalschutzfunktion allerdings zumindest im Wege von bilanziellen Ausschüttungssperren“ fordert. 83 Vgl. Böcking, WPg 2001, 1438. 84 Es ist auch Grundlage von Art. 4 der IAS-Verordnung. 85 Vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Tz. 268. Vgl. auch Merkt, ZGR 2004, 308.

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Konzeption“ der IFRS könne dem vorsichtigeren HGB-Einzelabschluss sogar eine Rolle als zusätzliches Informationsinstrument in Kreditverhandlungen zukommen.86 Aber selbst wenn einzelne Kreditgeber an einem IFRS-Einzelabschluss interessiert wären, könnte hieraus nicht die Forderung nach einer zwingend für alle Unternehmen wirksamen Anknüpfung von Höchstausschüttungsregeln an einen IFRS-Einzelabschluss abgeleitet werden. Vielmehr können einzelne Unternehmen bereits jetzt jederzeit auf freiwilliger Basis einen IFRSEinzelabschluss anfertigen.87 Offen bleibt ferner, ob sich Fremdkapitalgeber durch eine nach IFRS – kosmetisch und ggf. nur vorübergehend – höhere Eigenkapitalquote tatsächlich zum freihändigen Austeilen von Krediten bewegen lassen.88 Dieser Annahme wird entgegengehalten, sie unterschätze den Sachverstand der Gläubiger. Im Gegenteil könne dieser Umstand sogar Misstrauen erwecken und so die Kreditverhandlungen verkomplizieren.89 Schließlich sei ein IFRS-Einzelabschluss wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Corporate Governance-Systems, der durch die Verbesserung von Transparenz und Rechenschaft einen Beitrag zur Lösung des Prinzipal-Agenten Problems leiste und damit das Investorenvertrauen fördere. Ein Konzernabschluss allein sei hier nicht ausreichend, sondern auch der Einzelabschluss müsse Informationen über die einzelnen Konzernunternehmen liefern und nicht nur der Ausschüttungsbemessung dienen.90 Daher sei es unzweckmäßig, dass Einzelund Konzernabschluss nach unterschiedlichen Rechnungslegungsnormen erstellt würden, was zum Ausweis unterschiedlicher Gewinngrößen für dieselbe Periode führe und die Adressaten irritiere.

c) Gläubiger schützende Anpassungen des IFRS-Abschlusses Auch wenn eine mangelnde Eignung der IFRS als Grundlage für einen am Gläubigerschutz orientierten Einzelabschluss nicht eindeutig nachzuweisen ist, wird die Übernahme der IFRS in den Einzelabschluss derzeit noch überwiegend kritisch gesehen. Daher wird in der Literatur vielfach vorgeschlagen, die informationsbedingten Vorteile des IFRS-Einzelabschlusses zu nutzen und seine ausschüttungsbedingten Nachteile durch Ausschüttungssperren oder andere Korrekturen und Anpassungen zu beseitigen.91 Fraglich ist jedoch, welche Form

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Vgl. AKBHR, WPg 2002, 2377. So auch AKBHR, WPg 2002, 2377. Vgl. etwa Böcking/Müßig/Herold, Der Konzern 2004, 668–669. Vgl. Schulze-Osterloh, BB 2004, 2569. Vgl. hierzu bereits Pellens, Der Informationswert von Konzernabschlüssen, 1989. Stellvertretend die Forderung von Kirsch, WPg 2003, 278, der deutsche Gesetzgeber solle „die Anwendung der IAS … im Einzelabschluss nur unter sehr restrik-

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derartige Ausgleichsmechanismen annehmen sollen, wie und von wem sie konkret auszugestalten sind und mit welchem Aufwand sie verbunden wären. Zum einen wäre es denkbar, den Einzelabschluss nach IFRS aufzustellen, um ihn anschließend für Ausschüttungsbemessungszwecke in Form einer Überleitungsrechnung auf die HGB-Normen zu überführen.92 Einen identischen Zweck würden bilanzielle Ausschüttungssperren erfüllen, durch die bestimmte Ergebnisbestandteile, die auf „unvorsichtige“ IFRS-Bilanzierungsmethoden zurückzuführen sind, als Teil des nicht für Ausschüttungen zur Verfügung stehenden Kapitals designiert würden.93 Hierdurch könne man zudem der Gefahr begegnen, dass Ausschüttungsentscheidungen durch die Ausübung von Ermessensspielräumen in den IFRS beeinflusst werden.94 Durch eine solche Vorgehensweise würde allerdings, neben dem problematischen Ausweis zweier Gewinngrößen, der unmittelbare Zusammenhang von Gewinnermittlung und Gewinnverwendung zerschnitten und es müssten zusätzliche gesellschaftsrechtliche Regelungen geschaffen werden.95 Damit käme es zu einer Rückdelegation des Ausschüttungsproblems an den nationalen bzw. EU-Gesetzgeber.96 Es sei nicht sinnvoll, erst die IFRS zu übernehmen und diese dann an die HGB-Vorschriften anzupassen. Stattdessen seien die HGB-Normen unter Beibehaltung des Kapitalerhaltungsgedankens soweit wie möglich an die IFRS anzupassen. Damit könne eine gewisse Vergleichbarkeit erreicht werden, ohne dass nachteilige Folgen rechtssystematischer Art entstünden.97

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tiven Bedingungen und mit geeigneten Ausgleichsmechanismen zulassen, da IASAbschlüsse nicht als Zahlungsbemessungsgrundlage geeignet sind.“ Ähnlich auch Gelter, GesRZ 2004, 186: „Ein an der Beibehaltung der Kapitalerhaltung interessierter Gesetzgeber muss, will er auch die Wahlrechte nutzen, durch Ausschüttungssperren und zwingende Rücklagenbildung gegensteuern; insofern steht dem die Internationalisierung der Rechnungslegung auch nicht entgegen.“ Vgl. etwa AKBHR, BB 2002, 2376 zur Möglichkeit einer Überleitungsrechnung zur asymmetrischen Erfassung nicht realisierter Gewinnkomponenten. Vgl. etwa Ballwieser, KoR 2003, 163, der solche Ausschüttungssperren insbesondere für unrealisierte Gewinne in Betracht zieht. Zustimmend Schön, WPg 2001, S79 (m.w.N.). Ausführlich zu ausschüttungsgesperrten Rücklagen vgl. Gelter, GesRZ 2004, 185–187. Vgl. etwa Böcking, WPg 2001, 1439. Aus ökonomischer Sicht könnten solche Anpassungen ggf. den Effekt von ‚unvorsichtigen‘ IFRS-Bilanzierungsweisen zumindest der Art nach und im Durchschnitt kompensieren; vgl. Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2003, 180–181, allerdings im Kontext von Kreditverträgen. Vgl. Böcking/Herold/Müßig, Der Konzern 2004, S. 670. Hiergegen wendet sich Schulze-Osterloh, BB 2004, 2570: „Jede Regelung der Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter setzt ein Rechenwerk voraus, das sinnvollerweise nicht neben der handelsrechtlichen Rechnungslegung entwickelt wird, sondern sich ohne Übergangsrechnungen aus ihr ergibt.“ Vgl. Kirsch, WPg 2003, 277.

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Den in der Literatur zu findenden konkreten Vorschlägen zur Ausgestaltung einer Überleitungsrechnung bzw. von ausschüttungsgesperrten Rücklagen ist gemeinsam, dass mit ihnen die Ausschüttung unrealisierter Gewinne verhindert und zudem der Einfluss von Ermessensspielräumen begrenzt werden soll.98 Allerdings wird gelegentlich hinterfragt, ob diese Anpassungen bei allen Vermögenswerten erforderlich sind, oder ob solche mit hoher Liquiditätsnähe über die Anschaffungskosten hinaus zugeschrieben werden können, ohne dass hierfür eine ausschüttungsgesperrte Rücklage zu bilden wäre.99 Der Schwerpunkt der Vorschläge zur „Modernisierung“ des HGB liegt demgegenüber stärker auf der Abschaffung von Wahlrechten und der Umkehrmaßgeblichkeit.100 So wird etwa dafür plädiert, die Vollkostenbewertung bei den Herstellungskosten verpflichtend zu machen, eine Aktivierungs- und Abschreibungspflicht für derivative Geschäfts- oder Firmenwerte einzuführen, die Aktivierung von aktivischen Rechnungsabgrenzungsposten und latenten Steuern zwingend vorzuschreiben, die Möglichkeit außerplanmäßiger Abschreibungen einzuschränken, ein striktes Wertaufholungsgebot einzuführen sowie die Passivierung von Aufwandsrückstellungen und die Aktivierung von Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs zu verbieten.101 Diese Modernisierung soll jedoch nicht so weit gehen, das Aktivierungsverbot für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in § 248 Abs. 2 HGB abzuschaffen.102 Die Frage der Vorteilhaftigkeit der oben beschriebenen Korrekturen ist nicht ohne eine Kosten-Nutzen-Analyse zu beantworten. Dabei muss abgewogen werden, ob die für eine „Kapitalerhaltungs- und Ausschüttungsbilanz“ erforderlichen Korrekturen eines IFRS-Einzelabschlusses so aufwändig sind, dass sie die Vorteile einer solchen Lösung aufwiegen. Hier gehen die Auffassungen in der Literatur weit auseinander. Auf der einen Seite wird die Auffassung vertreten, eine fortlaufend zu führende Nebenrechnung dürfte „etwa denselben Aufwand bedeuten wie ein parallel aufgestellter HGB-Abschluss“, weil „die Abweichungen zwischen den Regeln der IAS und den Regeln des Handelsgesetzbuches nahezu jeden Posten des Jahresabschlusses betreffen“.103 Besondere Schwierigkei98 Vgl. etwa Schulze-Osterloh, BB 2004, 2567, der auch auf die Begründung zum Entwurf des BilReG (BT-Drucks. 15/3419, S. 23) verweist. Im Rickford-Bericht (Rickford, EBLR 2004, 921) findet sich der explizite Hinweis auf zu befürchtende Volatilität durch eine zunehmende Fair Value-Orientierung. 99 Vgl. etwa Gelter, GesRZ 2004, 186. 100 Vgl. Schulze-Osterloh, BB 2004, 2570. 101 Vgl. Kirsch, WPg 2003, 277–278. Vgl. auch den Katalog von Ansatz- und Bewertungsvorschriften für eine ‚Einheitsbilanz‘ bei AKEU, DB 2003, 1586–1587. Kirsch, WPg 2003, 277, verweist auf Vorschläge des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) und des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC). 102 Vgl. AKEU, DB 2003, 1588; Kirsch, WPg 2003, 278. 103 AKBHR, BB 2002, 2376 (beide Zitate). Vgl. auch Schildbach, BFuP 2002, 272.

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ten bereite das überperiodische Aufrechterhalten und Nachverfolgen der Ausschüttungssperren,104 denn jedes aktivseitige Abgehen von der HGB-Bilanzierung müsse passivseitig durch eine entsprechende Rücklage „begleitet“ werden.105 Weiterhin wird darauf verwiesen, dass angesichts der Entwicklungsdynamik der IFRS erheblicher Aufwand in Form einer laufenden Parallelgesetzgebung zu erwarten sei, um „zu sämtlichen IAS/IFRS eine ergänzende Regelung zu treffen, in der für den Einzelabschluss festgestellt wird, ob eine Ansatz- oder Bewertungsregel … durch eine Ausschüttungssperre kompensiert werden muss.“ 106 Hierbei wäre zudem zu klären, ob diese Parallelgesetzgebung von den nationalen Gesetzgebern vorzunehmen oder aber – im Interesse eines harmonisierten Vorgehens – hier eine EU-Gesetzgebung zu fordern wäre. Als wenig aufwändige Alternative wird eine pauschale Erhöhung der gesetzlichen Rücklagen ins Spiel gebracht.107 Andererseits wird argumentiert, ein IFRS-Abschluss beinhalte bereits alle für die Ausschüttungsbemessung erforderlichen Informationen in Gestalt der Eigenkapitalveränderungsrechnung, weshalb keine Nebenbuchhaltung nötig sei.108 Diese Einschätzung könnte durch aktuelle Entwicklungen im IASB möglicherweise künftig gestärkt werden. Aus dem Projekt „Performance Reporting“, das derzeit von einer international besetzten Arbeitsgruppe im Auftrag von IASB und FASB vorangetrieben wird, ist möglicherweise eine neue Form von kombinierter Gewinn- und Verlustrechnung und Eigenkapitalveränderungsrechnung zu erwarten, an dessen Größen bilanzielle Höchstausschüttungsregeln ohne aufwändige Zusatzrechnungen oder Korrekturen ansetzen könnten.109

5. Eignung der Steuerbilanz Alternativ könnte erwogen werden, den IFRS-Abschluss allein für Informationszwecke vorzusehen und die Fragen der Kapitalerhaltung und Gewinnausschüttung an die ohnehin zu erstellende Steuerbilanz zu binden. Beide Rechnungslegungssysteme haben mit der vorsichtigen Ermittlung eines ausschüttbaren Betrages eine durchaus vergleichbare Zielsetzung und durch ihre Vereinigung könnte die Zahl der anzuwendenden Bilanzierungssysteme auf maximal zwei reduziert werden. Gegen eine Ausschüttungsbemessung auf Basis der Steuerbilanz spräche indes – wie bisher – die Gefahr einer Verzerrung durch fiskalisch geprägte Gewinn-

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Vgl. Schön, WPg 2001, S79. Vgl. Gelter, GesRZ 2004, 186. AKBHR, BB 2002, 2376. Vgl. IDW, WPg 2002, Abschn. 2.2. Vgl. Böcking/Herold/Müßig, Der Konzern, S. 670. Vgl. zum aktuellen Stand (21. 4. 2006) des Projekts www.iasb.org.

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ermittlungsregeln, welche einer Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip potenziell zuwiderlaufen. Aus diesem Grunde spricht sich u. a. die „Kommission Steuergesetzbuch“, in der sich unter dem Dach der Stiftung Marktwirtschaft in Berlin 70 namhafte Steuerexperten zusammengefunden haben, für eine eigenständige steuerliche Gewinnermittlung und damit für eine Trennung von Steuerbilanz und Handelsrecht aus.110 Hinzu kommt die bisher fehlende europäische Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlungsregeln, so dass bei Anknüpfung der bilanziellen Kapitalerhaltungsregeln an die (unterschiedlichen) nationalen steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften in jedem Mitgliedstaat nicht nur unterschiedliche Gewinnsteuervorschriften, sondern auch unterschiedliche Kapitalerhaltungsregeln gelten würden.

IV. Solvenztest als zusätzliches Gläubigerschutzinstrument In diesem Abschnitt soll diskutiert werden, ob ein zukunfts- und liquiditätsorientierter Solvenztest als flankierende Maßnahme neben die bilanzielle Kapitalerhaltung auf Basis eines IFRS-Abschlusses treten könnte.111 Im Folgenden soll zunächst der Grundgedanke eines Solvenztests kurz dargestellt werden. Anschließend wird zum einen seine rechtstatsächliche Existenz und Funktionsfähigkeit anhand einer Beschreibung ausgewählter US-amerikanischer Regulierungen nachgewiesen. Zum anderen wird der Vorschlag der RICKFORD-Gruppe dargestellt, die einen solchen Test als alleiniges Gläubigerschutzinstrument vorschlägt. Anschließend werden Kriterien entwickelt, die ein Solvenztest aufweisen sollte, um Gläubiger effizient schützen zu können. Anhand einiger Beispiele für bereits bestehende Verfahren zur Solvenzeinschätzung wird gezeigt, dass das für diesen Test erforderliche Instrumentarium bereits weitgehend zur Verfügung steht. Der Abschnitt schließt mit einem Vorschlag für die konkrete Ausgestaltung eines Solvenztests.

1. Idee eines Solvenztests Die Gesellschaftsrechtsexperten der im Herbst 2001 durch die EU-Kommission eingesetzten „High Level Group of Company Law Experts“ plädieren dafür, ein gänzlich neues Kapitalschutzkonzept für Europa zu entwickeln.112 Die von der 110 Vgl. FAZ, Nr. 181 v. 6. 8. 2005, S.13. 111 Vgl. zum Folgenden bereits Pellens/Jödicke/Richard, DB 2005, 1393ff. 112 Vgl. High Level Group, Abschlussbericht vom 04. 11. 2002, S. 94, im Internet abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/ (Stand: 21. 4. 2006).

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High Level Group skizzierten Hauptmerkmale dieses möglichen Alternativkonzepts orientieren sich weitgehend an US-amerikanischen Ausschüttungsregulierungen. Weitere Charakteristika sind eine Solvenzbescheinigung, mit der die Unternehmensleitung die Zulässigkeit einer Ausschüttung mit Hilfe eines Solvenztests zu prüfen und ggf. schriftlich zu bestätigen hätte. Aber auch ohne einen solchen radikalen Systemwechsel könnte die Institution „Solvenztest“ als flankierende Maßnahme möglicherweise dazu dienen, den beschriebenen Vorbehalten gegen einen IFRS-Abschluss als alleiniges Gläubigerschutzinstrument zu begegnen. Der Zweck eines Solvenztests besteht darin, zu prüfen, ob die betreffende Gesellschaft in einem bestimmten Zeitraum, z. B. innerhalb eines Jahres, nach einer geplanten Ausschüttung voraussichtlich über ausreichende liquide Mittel verfügt, um ihre Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können. Er soll verhindern, dass eine Ausschüttung an die Anteilseigner vorgenommen wird, obwohl die Gesellschaft hierdurch insolvent wird oder es bereits ist. Gläubiger werden insofern geschützt, als die Gesellschaft eine Ausschüttung an die Anteilseigner nur dann vornehmen darf, wenn sämtliche Ansprüche der Gläubiger in dem festgelegten Zeitraum befriedigt werden können. Ebenso wie im Falle der rein bilanziellen Kapitalerhaltung tritt dieser Schutz der Gläubiger ex ante, also vor der anstehenden Ausschüttung ein, besteht also nicht in einer lediglich ex post greifenden Inhaftnahme der Geschäftsleitung und/oder der Anteilseigner. Im Vergleich zur rein bilanziellen Kapitalerhaltung, die auf Jahresabschlussdaten eines abgelaufenen Geschäftsjahres aufbaut, erfolgt der Gläubigerschutz durch Solvenztests primär anhand von zukunftsorientierten Cashflow-Prognosen, die zu einem Finanzplan verdichtet werden. Dieser Ansatz zeichnet sich folglich aus Gläubigersicht durch eine höhere Relevanz des verwandten Datenmaterials aus. Da der Finanzplan stärker als der Jahresabschluss auf Prognosen aufbaut, ergeben sich jedoch zwangsläufig Einschränkungen hinsichtlich der Verlässlichkeit und Nachprüfbarkeit.

2. Solvenztests im US-amerikanischen Recht Gesetzliche Ausschüttungsrestriktionen der US-amerikanischen corporation finden sich in den Kapitalgesellschaftsrechten (corporation statutes) der 50 Einzelstaaten.113 Welches Gesellschaftsrecht anzuwenden ist, hängt grundsätzlich davon ab, in welchem Staat die corporation gegründet ist. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf den equity insolvency test des Model Business Corporation Act (MBCA) und des California Corporations Code (Cal.Corp.Code).114 113 Vgl. Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2006, S. 153. 114 Zur Ausschüttungsregulierung in Delaware vgl. z. B. Black, Corporate Dividends and Stock Repurchases, 2004, § 2.22–30, und jüngst Fleischer, RIW 2005, S. 92–97.

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Der equity insolvency test ist in § 6.40(c)(1) MBCA kodifiziert: „No distribution may be made if, after giving it effect, the corporation would not be able to pay its debts as they become due in the usual course of business“. Eine Ausschüttung ist folglich nur erlaubt, wenn die Gesellschaft anschließend in der Lage ist, ihre im gewöhnlichen Geschäftsverlauf fällig werdenden Verbindlichkeiten zu begleichen.115 Offen bleibt, wann von einer Solvenz des Unternehmens im Sinne des § 6.40(c)(1) MBCA auszugehen ist. Ein erster Anhaltspunkt wird darin gesehen, dass der Kassenbestand die kurzfristigen Verbindlichkeiten übersteigt.116 Eine rein stichtagsbezogene Betrachtung auf Basis von Bilanzdaten reicht jedoch nicht aus, sondern es werden zudem die absehbaren Auswirkungen zukünftiger Geschäftsvorfälle, etwa in Kürze erwarteter Rechnungen oder Umsatzeinzahlungen, berücksichtigt.117 Meist kann von der Solvenz im Sinne des § 6.40(c)(1) MBCA ausgegangen werden, wenn das Unternehmen in regelmäßigen Abständen geprüfte Bilanzen vorlegt, der jüngste Bestätigungsvermerk die Annahme der Unternehmensfortführung (going concern) nicht einschränkt und seitdem keine wirtschaftlich ungünstigen Ereignisse eingetreten sind.118 Liegen Hinweise vor, die auf wirtschaftliche Schwierigkeiten oder Liquiditätsengpässe des Unternehmens hindeuten, muss das board of directors weitergehende Untersuchungen zur Beurteilung der Solvenz durchführen. Indikatoren für mögliche Liquiditätsprobleme könnten z. B. ein Konjunktureinbruch, ein starker Umsatzrückgang oder eingeleitete Klagen mit Existenz bedrohendem Streitwert darstellen.119 In diesen Fällen muss das Management die Fähigkeit der 115 Der im Vergleich zur Kapitalrichtlinie weiter gefasste Ausschüttungsbegriff beinhaltet nach § 1.40(6) MBCA nicht nur Dividenden, sondern jede Form der direkten oder indirekten Übertragung von Vermögenswerten an die Aktionäre, insbesondere auch Aktienrückkäufe. 116 Vgl. Emanuel, Corporations, 4. Aufl., 2002, S. 556. 117 Vgl. aber Brownstein v. Fiberonics Industries, Inc., 110 N.J. Super. 43, 264 A.2d 262, 7 U.C.C. Rep. Serv. 866 (Ch. Div. 1970). Das Gericht diagnostiziert die Insolvenz der Gesellschaft, indem es die kurzfristigen Schulden mit dem Umlaufvermögen vergleicht und feststellt, dass die Gesellschaft die kurzfristigen Schulden nur durch den Verkauf von betriebsnotwendigen Maschinen tilgen könnte. Vgl. dazu kritisch Black, Corporate Dividends and Stock Repurchases, 2004, § 3.7, S. 9. In dem Fall In re R.M.L., Inc., 92 F3d 139 (3d Cir. 1996) hat das Gericht ein negatives Eigenkapital in beträchtlicher Höhe als Indiz für die Insolvenz der Gesellschaft gewertet. 118 Vgl. MBCA Annotated, 3. Aufl., 2002, § 6.40, S. 198. Vgl. zu dieser Einschätzung auch In re Omni Mechanical Contractors, Inc., 114 B.R. 518 (Bankr. E.D. Tenn. 1990), S. 530–531. Das Kapitalgesellschaftsrecht von North Dakota sieht einen safe harbor vor, wenn die directors sich bei der Ausschüttungsentscheidung auf testierte Abschlüsse verlassen. Vgl. § 10–19.1–92(2) North Dakota Century Code. 119 Nach Ansicht des Gerichts in F.T.C. v. Med Resorts Intern., Inc., 2000 WL 1889635 (N.D. Ill. 2000) sind solche Faktoren bei der Beurteilung der Solvenz zwingend zu berücksichtigen.

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Gesellschaft, künftige Zahlungsverpflichtungen zu begleichen, unter Berücksichtigung der erwarteten Umsatzentwicklung und etwaiger Refinanzierungsmöglichkeiten genauer analysieren.120 Hierzu sollte eine detaillierte CashflowPlanung für einen angemessenen Zeitraum aufgestellt werden.121 Bei den notwendigen Schätzungen hat die Unternehmensleitung bestimmte Sorgfaltspflichten nach § 8.30 MBCA zu beachten. Ein director, der für eine unrechtmäßige Dividendenzahlung gestimmt hat und dem ein Verstoß gegen seine Sorgfaltspflichten nachgewiesen wird, haftet persönlich gegenüber der Gesellschaft in Höhe der unzulässigen Ausschüttung. Dabei soll die Unternehmensleitung aber nicht für unvorhersehbare Entwicklungen verantwortlich gemacht werden können.122 Zusammenfassend zeigt sich, dass weder im Modellgesetz noch in der offiziellen Kommentierung konkrete Handlungsempfehlungen für die Durchführung des equity insolvency test gegeben werden. Nicht explizit vorgegeben ist weiterhin, welchen Zeitraum eine gegebenenfalls zu erstellende Cashflow-Analyse umfassen sollte.123 Der equity insolvency test ist in § 501 Cal.Corp.Code wie folgt geregelt: „Neither a corporation nor any of its subsidiaries shall make any distribution to the corporation’s shareholders (…) if the corporation or the subsidiary making the distribution is, or as a result thereof would be, likely to be unable to meet its liabilities (except those whose payment is otherwise adequately provided for) as they mature.“ Eine Besonderheit des § 501 Cal.Corp.Code besteht darin, dass der Solvenztest jeweils auf der höchsten Konzernstufe durchzuführen ist. Ein Konzern-Mutterunternehmen kann nur dann eine Ausschüttung beschließen, wenn die Solvenz des Konzerns sichergestellt ist. Durch die Formulierung „likely to be unable to meet its liabilities“ stellt die kalifornische Regelung im Vergleich zum

120 Vgl. MBCA Annotated, § 6.40, S. 198–199. 121 Vgl. MBCA Annotated, § 6.40, S. 199. Eine detaillierte Cashflow-Analyse wird allerdings von kleinen closely-held corporations nicht notwendigerweise gefordert. Vgl. Black, Corporate Dividends and Stock Repurchases, 2004, § 3.3, S. 4. Es existieren zahlreiche insolvenzrechtliche Fälle, in denen Gerichte Cashflow-Rechnungen zur Bestimmung der equity insolvency bei der Urteilsfindung herangezogen haben. Vgl. z. B. U.S. v. Gleneagles Inv. Co., Inc., 565 F.Supp.556 (MD Pa 1983); Telefest, Inc. v. VU-TV, Inc., 591 F. Supp. 1368 (D.C.N.J. 1984); Credit Managers Ass’n of Southern California v. Federal Company, 629 F. Supp. 175 (C.D. Cal. 1985). 122 Vgl. MBCA Annotated, § 6.40, S. 199. 123 In dem Fall Pereira v. Cogan, 294 B.R. 449 (S.D. N.Y. 2003), S. 501, 509–511, hat sich das Gericht auf eine drei Jahre umfassende Cashflow-Analyse gestützt, die von einem Wirtschaftsprüfer erstellt worden war. Nach Ansicht des Gerichts im Fall In re Vista Eyecare, Inc., 283 B.R. 613 (Bankr. N.D. Ga. 2002) muss die CashflowRechnung der directors mindestens den Zeitraum umfassen, in dem Kredite in erheblicher Höhe zu tilgen sind.

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Testverfahren des MBCA eine Verschärfung dar, da Dividenden bereits dann ausgeschlossen sind, wenn die Gesellschaft hierdurch wahrscheinlich nicht in der Lage wäre, ihre Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.124 Zur Durchführung der Solvenzprüfung gibt jedoch auch das kalifornische Recht kein bestimmtes Verfahren oder konkrete Anweisungen vor.125

3. Vorschlag der RICKFORD-Gruppe Die im Mai 2003 gegründete „Interdisciplinary Group on Capital Maintenance“ 126 hat – wie von der High Level Group angeregt – die europäischen Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften überprüft und einen Reformvorschlag erarbeitet. Der nach dem Vorsitzenden RICKFORD benannte Abschlussbericht wurde im April der EU-Kommission überreicht.127 Die RICKFORD-Gruppe stellt das bestehende Kapitalsystem grundsätzlich in Frage und schlägt als zentrale Ausschüttungsregulierung die Überprüfung der Solvenz der Gesellschaft vor.128 Nach dem two part solvency test muss die Gesellschaft nach Ansicht der Unternehmensleitung erstens unmittelbar nach der Ausschüttung in der Lage bleiben, ihre Schulden zu tilgen, und zweitens unter der Prämisse der Unternehmensfortführung wirtschaftlich fähig sein, ihre im folgenden Geschäftsjahr fällig werdenden Verbindlichkeiten zu zahlen. Nach Ansicht der Experten sollten bei diesem Testverfahren sowohl Eventual- und künftige Verbindlichkeiten als auch Eventualforderungen und künftige Vermögenswerte berücksichtigt werden.129 Es wird aber betont, dass bei der Analyse ein Vorsichtsmaßstab zu beachten sei. Eine lediglich mögliche Kapitalerhöhung sei z. B. nicht zu berücksichtigen. Die Expertengruppe will den zweistufigen Solvenztest nicht um einen zusätzlichen Bilanztest ergänzen. Bilanzinformationen seien aber nicht gänzlich zu vernachlässigen. Sollte die vorgeschlagene und den Solvenztest erfüllende Ausschüttung das traditionell ausschüttungsgesperrte Eigenkapital – also die Summe aus

124 Vgl. Black, Corporate Dividends and Stock Repurchases, 2004, § 3.10, S. 15. 125 In einem wiederholten Ausbleiben von Zahlungen an einen Kreditgeber ist kein hinreichendes Indiz für die Insolvenz zu sehen. Vgl. In re Jacks, 266 B.R. 728 (B.A.P. 9th Cir. 2001). 126 Der Gruppe gehören Rechnungslegungs- und Gesellschaftsrechtsexperten aus Wissenschaft und Praxis sowie Vertreter von Verbänden und Ministerien an. 127 Vgl. Rickford, EBLR 2004, 919–1027. Soweit ersichtlich wird in der Literatur bisher nur vereinzelt auf den Rickford-Bericht verwiesen. Vgl. z. B. Schön, EBOR 2004, 431, 444; Hopt, ZIP 2005, 464. 128 Vgl. dazu ausführlich Rickford, EBLR 2004, 921–922, 968–988, insbesondere 979–981. 129 Vgl. Rickford, EBLR 2004, 979.

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gezeichnetem Kapital und nicht ausschüttungsfähigen Rücklagen – vermindern, müsse die Unternehmensleitung darauf hinweisen und erklären, warum sie dennoch von der Zulässigkeit der Ausschüttung überzeugt ist.130 Eine Beweislastumkehr, nach der die Unternehmensleitung bei einem Rechtsstreit beweisen muss, dass ein Abweichen von der Bilanz gerechtfertigt war, ist nicht vorgesehen.131 Bei jeder Ausschüttung soll die Geschäftsleitung verpflichtet werden, in einer Solvenzbescheinigung (solvency certification) die Einhaltung des Solvenztests zu bestätigen und diese offen zu legen. Die Solvenzbescheinigung soll nach Ansicht der Rickford-Gruppe aber nicht obligatorisch von einem Wirtschaftsprüfer geprüft werden; vielmehr sollen effiziente Sanktionen bei Verstößen gegen pflichtgemäßes Verhalten greifen.132 Vorstände sollen zivilrechtlich und in besonders schweren Fällen strafrechtlich haften, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten schuldhaft nicht eingehalten haben. Auch Aktionäre sollen bei Verschulden verpflichtet werden, unrechtmäßig erhaltene Ausschüttungen an die Gesellschaft zurückzuzahlen. Darüber hinaus sprechen sich die Experten ebenso wie die High Level Group für erhöhte Verantwortlichkeiten der Vorstände bei einer drohenden Insolvenz aus (wrongful trading). Der Reformvorschlag enthält allerdings keine genauen Handlungsanweisungen für die Unternehmensleitung mit der Begründung, zur Analyse der Solvenz könnten keine allgemeingültigen Regeln aufgestellt werden.133 Aus demselben Grund sei es auch nicht möglich, einen safe harbor für die Geschäftsleitung gesetzlich zu verankern.

4. Anforderungen an einen Solvenztest für Ausschüttungszwecke Mit Hilfe eines Solvenztests soll bestimmt werden, ob und gegebenenfalls wie viel ein Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt maximal an seine Anteilseigner ausschütten darf, um trotz dieses ausschüttungsbedingten Abflusses von Vermögenswerten (Bar- und Sachausschüttungen, Aktienrückkäufe) die Forderungen der Gläubiger vertragsgemäß erfüllen zu können. Ein Solvenztest sollte vier Anforderungen erfüllen: Zukunftsorientierung, Abstellen auf Zahlungsgrößen, Unverzerrtheit der Zukunftserwartungen und Berücksichtigung konzernspezifischer Sachverhalte. Die Zukunftsorientierung als erste Anforderung an einen Solvenztest leitet sich direkt aus der Zielsetzung der Gläubiger ab, Informationen über die gegenwärtige und insbesondere die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Kreditnehmers 130 131 132 133

Vgl. Rickford, EBLR 2004, 921, 980. Vgl. Rickford, EBLR 2004, 977. Vgl. Rickford, EBLR 2004, 973–975. Vgl. Rickford, EBLR 2004, 981.

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zu erhalten.134 Ein Solvenztest sollte zweitens auf Zahlungsgrößen aufbauen, da sie periodisierten Größen hinsichtlich einer Schuldendeckungskontrolle überlegen sind.135 Um drittens verzerrte Planungen möglichst zu verhindern,136 sollten die in einem Solvenztest getroffenen Annahmen zum einen nachprüfbar sein. Sie sollten zum anderen für den Fall bewusster Manipulation sanktionsbewehrt sein. Als Sanktionsmechanismus käme eine Haftung der Unternehmensleitung für die Ordnungsmäßigkeit des Solvenztests in Frage.137 Um viertens konzernspezifische Risiken abzubilden, sollte der gesamte Konzern, bestehend aus Mutter- und Tochterunternehmen, die Grundlage des Solvenztests darstellen. Da es in Grenzfällen innerhalb eines Konzerns möglich erscheint, dass der Konzern über hinreichende liquide Mittel verfügt, die z. B. aufgrund von Transferbeschränkungen nicht zum Mutterunternehmen gelangen können, wäre zu überlegen, zusätzlich einen zweiten Solvenztest auf Ebene der rechtlichen Einheit vorzuschreiben.

5. Bestehende Instrumente zur Solvenzeinschätzung Kreditinstitute und andere Finanzgläubiger analysieren im Rahmen der Kreditwürdigkeitsanalyse die zukünftige Finanzkraft potenzieller Kreditnehmer. So prüfen etwa Rating-Gesellschaften, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unternehmen in der Lage sein wird, die vereinbarten Zins- und Tilgungsleistungen vertragsgemäß aufzubringen. Da ihre Zielsetzung insofern mit der des Solvenztests vergleichbar ist, wäre zu prüfen, ob die zur Solvenzeinschätzung bereits entwickelten Bilanzanalyse- und Ratingverfahren auch für einen Solvenztest zum Zwecke der Ausschüttungsbemessung geeignet sind. Darüber hinaus prüfen Wirtschaftsprüfer regelmäßig die Fähigkeit zur Unternehmensfortführung (going concern) sowie fallweise den Eintritt oder das Drohen einer Zahlungsunfähigkeit.

134 Zu den Zielsetzungen von Gläubigern vgl. Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. Aufl., 2005; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzanalyse, 2. Aufl., 2004, S. 27, S. 921; Küting/Weber, Die Bilanzanalyse, 7. Aufl., 2004, S. 11–12. 135 Vgl. Moxter, Bilanzlehre Band I, 3. Aufl., 1984, S. 151–155; Ballwieser, in: Ballwieser (Hrsg.), FS Clemm 1996, S. 16–17; Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, 2003, S. 251–265. Auch in der Praxis wird die Bedeutung von Cashflow-Prognoserechnungen für die Kreditvergabeentscheidung betont. Vgl. Schuster, AG 1998, 380; Walter, AG 1998, 370; S& P, Corporate Ratings Criteria, 2005, S. 29. 136 Vgl. zur Verfälschungsgefahr einer finanzplanorientierten Rechnungslegung Ballwieser, in: Ballwieser (Hrsg.), FS Clemm 1996, S. 16; Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, 2003, S. 252–253. 137 Sicherlich schützt auch ein Solvenztest, der diese Anforderungen erfüllt, die Gläubiger nicht vor ex-post-Überraschungen. Vgl. Schneider, Betriebswirtschaftslehre, Band 2: Rechnungswesen, 2. Aufl., 1997, S. 376.

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Ein Solvenztest könnte z. B. mit Hilfe statistischer Verfahren (Diskriminanzbzw. Regressionsanalyse) oder durch Ansätze der künstlichen Intelligenz in Form neuronaler Netze durchgeführt werden. Diese quantitativen Verfahren versuchen, anhand der Zahlen insolvent gewordener Unternehmen Muster zu erkennen, die Aufschluss über die Existenzgefährdung eines Unternehmens geben.138 Trotz der hohen Trenngenauigkeit 139 bleibt anzumerken, dass quantitative Verfahren ausschließlich auf Jahresabschlussdaten vergangener Geschäftsjahre aufbauen. Ein Solvenztest für Ausschüttungszwecke sollte dagegen explizit auf die Zukunft gerichtet sein und die Solvenzsituation eines Unternehmens nach Durchführung einer Ausschüttungsmaßnahme beurteilen. Daher werden die quantitativen Verfahren den eingangs gestellten Anforderungen an einen Solvenztest für Ausschüttungszwecke nur eingeschränkt gerecht. Sie können jedoch als Indikator dienen. Kreditinstitute sowie spezialisierte Ratinggesellschaften beurteilen die Bonität von Unternehmen durch Ratings. Hierzu nutzen die Ratingersteller sowohl öffentlich verfügbare Daten als auch von Unternehmen bereitgestellte interne Daten.140 Hierauf aufbauend wird eine standardisierte Einschätzung über die Bonität eines Unternehmens abgeleitet. Mit dem Rating soll eine Aussage darüber getroffen werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unternehmen seinen Zinsund Tilgungsverpflichtungen fristgerecht nachkommen wird.141 Da ein Rating somit eine ähnliche Zielsetzung wie ein Solvenztest verfolgt, wäre zu überlegen, ob die Ausschüttung direkt an das Erreichen einer bestimmten Ratingklasse gekoppelt wird. Eine solche Schwelle wäre normativ herzuleiten. Unabhängig von dieser Problemstellung erfolgt die Erstellung eines Rating derzeit jedoch nicht zwingend vor jeder Ausschüttungsmaßnahme. Die Gläubiger sind an der Solvenz des Unternehmens nach Durchführung der Ausschüttung interessiert. Ein Rating müsste demnach vor jeder Ausschüttungsmaßnahme erstellt werden und die geplante Ausschüttung explizit berücksichtigen. Darüber hinaus wird ein Rating von Unternehmensexternen erstellt. Daher könnte die Unternehmensleitung kaum für ein fehlerhaftes Ratingergebnis haftbar gemacht werden, so dass ein wirkungsvoller Sanktionsmechanismus derzeit fehlt. Ratingprozesse stellen zudem für Unternehmensin- und -externe weitgehend eine „black box“ dar. Zwar 138 Vgl. Baetge/Huß/Niehaus, WPg 1986, 605–613; Günther/Grüning, DBW 2000, 39–59; Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 937–944. 139 Wie das künstliche neuronale Netz BP-14 anhand von 5.320 untersuchten Jahresabschlüssen und einer richtigen Klassifizierung insolvent gewordener Unternehmen von 91,25 % zeigt, weisen diese Verfahren eine hohe Trenngenauigkeit auf. Es werden allerdings 33,55 % der solventen Unternehmen fälschlicherweise als insolvent klassifiziert. Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzanalyse, S. 562. 140 Vgl. S &P, Corporate Ratings Criteria, 2005, S. 8. Zum Ratingprozess vgl. Paul/ Stein, Rating, Basel II und die Unternehmensfinanzierung, 2002, S. 93–95. 141 Vgl. S & P, Corporate Ratings Criteria, 2005, S. 11.

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legen Ratinggesellschaften wesentliche verwendete Kennzahlen ihrer Ratingsysteme offen; 142 die exakten Bewertungsprozesse bleiben jedoch ihr Geschäftsgeheimnis. Die Übernahme des Unternehmensratings für die Ausschüttungsbemessung im Rahmen eines Solvenztests erscheint daher wenig geeignet. Komponenten der bestehenden Ratingverfahren könnten gleichwohl in die Entwicklung eines Solvenztests einfließen. Unternehmen und Wirtschaftsprüfer müssen im Rahmen der Abschlusserstellung bzw. -prüfung regelmäßig über die Angemessenheit der Prämisse der Unternehmensfortführung (going concern) entscheiden.143 Hierzu ist zu beurteilen, ob Zweifel an der Fähigkeit zur Fortführung des Unternehmens bestehen.144 Ist dies der Fall, so ist die Unternehmensfortführung anhand interner Planungsunterlagen, insbesondere mittels eines Finanzplans, zu beurteilen.145 Der Zeitraum der Fortführungsprognose umfasst dabei ausgehend vom Abschlussstichtag mindestens 12 Monate.146 Außer einer Befragung der gesetzlichen Vertreter ist der Wirtschaftsprüfer nicht zu zusätzlichen Prüfungshandlungen zur Beurteilung bestandsgefährdender Tatsachen im Anschluss an den Prognosezeitraum verpflichtet.147 Die Methodik einer solchen going concern-Prüfung entspricht weitgehend den eingangs gestellten Anforderungen an einen Solvenztest für Ausschüttungszwecke. Allerdings ist ein Finanzplan nur in den Fällen zu erstellen, in denen Zweifel an der Fähigkeit zur Unternehmensfortführung bestehen. Der kurze Detailprognosezeitraum sowie die unzureichende Beurteilung der Unternehmensfortführungsprämisse im Anschluss an diesen Zeitraum schränken die Eignung, die Ausschüttungsentscheidung an eine solche Beurteilung anzuknüpfen, ein. Auch hier lassen sich jedoch Anhaltspunkte gewinnen, die für die Entwicklung eines Solvenztestverfahrens hilfreich sein könnten. Nach §§ 17–19 InsO existieren für deutsche Kapitalgesellschaften drei Insolvenzgründe: Überschuldung, eingetretene Zahlungsunfähigkeit sowie drohende Zahlungsunfähigkeit. Während Überschuldung und eingetretene Zahlungsunfähigkeit auf einer Beurteilung der Solvenz zum Zeitpunkt der Überprüfung ab-

142 Vgl. bezüglich der genutzten Kennzahlen bspw. S & P, Corporate Ratings Criteria, 2005, S. 43. 143 Hierzu verpflichten sowohl die deutsche Prüfungsnorm IDW PS 270 als auch die internationale Norm ISA 570. Zur Vereinfachung wird im Folgenden lediglich auf den deutschen Prüfungsstandard eingegangen, der dem internationalen Standard bis auf wenige Ergänzungen entspricht. Vgl. IDW PS 270.4. Zur Prüfung der going concern-Annahme vgl. auch Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, 2. Aufl., 2003, S. 387–395. 144 Vgl. IDW PS 270.9 und 270.13. 145 Vgl. IDW PS 270.10. und 270.29. 146 Bei längeren Produktionszyklen können auch längere Prognosezeiträume sachgerecht sein. Vgl. IDW PS 270.8–9. 147 Vgl. IDW PS 270.25.

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stellen oder nur einen sehr kurzen Zeithorizont betrachten,148 sind zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit Prognoserechnungen erforderlich. Eine solche Prüfung erfolgt auf Grundlage eines detaillierten Finanzplans, dessen Prognosezeitraum in der Praxis jedoch häufig auf das laufende sowie das kommende Geschäftsjahr beschränkt sein wird.149 Zielsetzung und Methodik einer Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit anhand von prognostizierten Zahlungsflüssen entsprechen damit im Wesentlichen den Anforderungen an einen Solvenztest für Ausschüttungszwecke. Wie auch bei der going concern-Prüfung sollten jedoch Sachverhalte im Anschluss an den Prognosezeitraum in eine Ausschüttungsentscheidung einbezogen werden.

6. Ausgestaltung eines Solvenztests Aufbauend auf den dargestellten Verfahren zur Solvenzeinschätzung soll im Folgenden der Vorschlag eines Solvenztests für Ausschüttungszwecke skizziert werden, der den formulierten Anforderungen gerecht wird. Ein Finanzplan sollte sämtliche Zukunftsereignisse und ihre Konsequenzen für die Zahlungsmittelebene eines Unternehmens in einer Periode abbilden.150 Er erfasst damit, wie eine etwaige Liquiditätsüberdeckung angelegt bzw. das Liquiditätsdefizit einer Periode gedeckt werden kann. Insofern bildet der Finanzplan als Plan-CashflowRechnung ein interdependentes Rechenwerk zu Plan-Bilanz und Plan-Gewinnund Verlustrechnung.151 Ein solcher im internen Rechnungswesen genutzter Finanzplan könnte in Anlehnung an International Accounting Standard (IAS) 7 „Kapitalflussrechnung“ folgendermaßen aufgebaut sein: 152

148 In Abgrenzung zur rechtlich unerheblichen vorübergehenden Zahlungsstockung betrachtet die Zahlungsunfähigkeit einen Zeitraum von einem Monat. Vgl. IDW PS 800.24. und 800.7. Vgl. zur Überschuldungsprüfung Fromm, GmbHR 2004, S. 940–945. 149 Vgl. IDW PS 800.12. 150 Vgl. Süchting, Finanzmanagement, 6. Aufl., 2003, S. 275; Wöhe/Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 9. Aufl., 2002, S. 400. 151 Vgl. Chmielewicz, Finanz- und Erfolgsplanung, 1972, S. 100–104; Schneider, Betriebswirtschaftslehre, Band 2: Rechnungswesen, S. 48; Wöhe/Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 399; Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 633. 152 Die Ermittlung des Cashflows aus betrieblicher Tätigkeit könnte wie in Tab. 1 dargestellt direkt erfolgen. Alternativ könnte dieser Cashflow auch indirekt aus dem Jahresergebnis ermittelt werden. Vgl. IAS 7.18. Zu stärker untergliederten Finanzplänen vgl. ausführlich AK „Finanzierungsrechnung“ der SG, in: Mansch/v. Wysocki (Hrsg.), Finanzierungsrechnung im Konzern, ZfbF-Sonderheft 37, 1996, 10–26.

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Geschäftsjahr 1 Monat 1



Monat 12

Geschäftsjahr 2 Monat 1



Monat 12

Betriebliche Einzahlungen – betriebliche Auszahlungen = Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit (1) Desinvestitionseinzahlungen – Investitionsauszahlungen = Cashflow aus Investitionstätigkeit (2) Finanzierungseinzahlungen – Finanzierungsauszahlungen = Cashflow aus Finanzierungstätigkeit (3) Finanzmittelfond am Monatsanfang + Veränderung des Finanzmittelfonds ((1)+(2)+(3)) = Finanzmittelfond am Monatsende

Tab. 1: Schema eines Finanzplans Je nach zugrunde gelegter Planungsebene sind die einzelnen Finanzpläne der rechtlich selbständigen Gesellschaften innerhalb eines Konzerns anschließend aufeinander abzustimmen, um einen Finanzplan für den gesamten Konzern zu erhalten.153 Ein solcher Finanzplan im engeren Sinne auf Monats- oder Wochenbasis wird ergänzt durch eine langfristige Kapitalbedarfsplanung.154 Diese stellt eine langfristige Grobplanung der Finanzpolitik über mehrere Jahre dar. Auf diese im Rechnungswesen zumindest der kapitalmarktorientierten Konzerne meist bereits verfügbaren Daten könnte ein Solvenztest aufbauen. Ausschüttungen wären demnach möglich, wenn das Unternehmen dennoch seinen zukünfti153 Zur Darstellung der unterschiedlichen Prognosemethoden bei der Erstellung eines Konzernfinanzplans vgl. z. B. Seppelfricke, Handbuch Aktien- und Unternehmensbewertung, 2. Aufl., 2005, S. 296–299 sowie zur Erstellung konsolidierter Finanzierungsrechnungen AK „Finanzierungsrechnung“ der SG, in: Mansch/ v. Wysocki (Hrsg.), Finanzierungsrechnung im Konzern, ZfbF-Sonderheft 37, 1996, 31–37. 154 Vgl. Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 631–633.

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gen Zahlungsverpflichtungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachkommen kann. Eine solche Prüfung könnte in Anlehnung an das Vorgehen bei Unternehmensbewertungen 155 sowie mit Blick auf die verfügbaren Daten in zwei Phasen unterteilt werden. Eine erste Phase umfasst eine Detailplanung für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten,156 an die sich eine längerfristige Kapitalbedarfsplanung als zweite Phase anschließt. Der Solvenztest sollte als bestanden gelten, wenn ausgehend von den zum Zeitpunkt der Erstellung verfügbaren Informationen, erstens, dem Unternehmen trotz Ausschüttung in den nachfolgenden zwei Jahren gemäß Finanzplan mit hoher Wahrscheinlichkeit ausreichende Liquidität zur Fortführung der Geschäftstätigkeit zur Verfügung stehen wird und, zweitens, aus der langfristigen Kapitalbedarfsplanung keine Existenz gefährdenden Risiken erkennbar sind.

7. Kritische Würdigung Die Eignung des hier beschriebenen Solvenztests als zusätzliches Gläubigerschutzinstrument neben dem IFRS-Jahresabschluss ist u. a. von der Datenverfügbarkeit und -verlässlichkeit abhängig. Jede Aktiengesellschaft sollte über interne Planungsdaten, wie z. B. Planbilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen und Plan-Cashflow-Rechnungen zur Sicherung der notwendigen Rentabilität und Liquidität verfügen.157 Obwohl die Erstellung dieser Rechenwerke nicht im Einzelnen gesetzlich kodifiziert ist, sind derartige Planungsrechnungen integraler Bestandteil eines effizienten Controllings.158 Finanzpläne als Grundlage eines Solvenztests sollten demnach aus dem internen Rechnungswesen ohne wesentliche Zusatzkosten verfügbar sein. Mit dem Argument, aufgrund der vielfältigen Ermessensspielräume bei der Aufstellung eines Finanzplans unter Unsicherheit sei das Rechenwerk nicht objektivierbar und mithin für die Ableitung von Rechtsfolgen unbrauchbar, wird dem Solvenztest in der deutschen Literatur eine Gläubiger schützende Wirkung vielfach abgesprochen.159 Dem kann entgegen gehalten werden, dass Prognose155 Vgl. IDW S 1.80–85. 156 Abhängig von der Branche sind Cashflow-Prognosen unterschiedlich schwer zu erstellen. In Branchen mit gut planbaren Cashflows sollte die Detailprognosephase daher mehr als 12 Monate betragen. Auch die High Level Group sowie der Rickford-Bericht schlagen einen Detailprognosezeitraum von mindestens 12 Monaten für einen Solvenztest vor. Vgl. High Level Group, Abschlussbericht vom 4. 11. 2002, S. 95; Rickford, EBLR 2004, 921. 157 Eine Verpflichtung hierzu ergibt sich für Kapitalgesellschaften auch aus den durch das BilReG erweiterten Lageberichterstattungsanforderungen gemäß § 289 HGB. 158 Vgl. z. B. Horváth, Controlling, 9. Aufl., 2003, S. 440–461. 159 Vgl. hier und im Folgenden z. B. Bauer, Gläubigerschutz durch eine formelle Nennkapitalziffer – Kapitalgesellschaftsrechtliche Notwendigkeit oder überholtes

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daten bereits heute sowohl von Wirtschaftsprüfern als auch von Gerichten regelmäßig genutzt werden. Wie erwähnt liegen Einschätzungen über die Zukunft z. B. der Prämisse der Unternehmensfortführung (going concern) und der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit zugrunde. Auch ein Goodwill Impairment Test 160 setzt die Erstellung und Prüfung detaillierter Cashflow-Prognosen voraus. Ebenso stellt z. B. der Risikobericht als Teil des Lageberichts Einschätzungen des Unternehmens über die Zukunft dar.161 Im Rahmen der Überprüfung der Angemessenheit von Abfindungszahlungen für ausscheidende Anteilseigner oder bei der Prüfung eines Verschmelzungsberichts haben Gerichte bereits heute Zukunftsprognosen zu beurteilen. Die Prämissen der hierzu genutzten investitionstheoretischen Verfahren sind im Vergleich zu dem hier geforderten Solvenztest deutlich schwieriger zu beurteilen. Zum einen liegen weitaus längere Prognosezeiträume vor, zum anderen kommt die erforderliche Bestimmung eines angemessenen Diskontierungszinsfußes erschwerend hinzu. Die Ablehnung von Solvenztests allein aufgrund mangelnder Nachprüfbarkeit eines Finanzplans ist daher kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus weist der hier vorgeschlagene Solvenztest mit der Anlehnung an IAS 7 und dem vorgeschlagenen zweistufigen Testverfahren eine deutlich konkretere Ausgestaltung als die US-amerikanischen Regulierungen auf. Aufgrund der internen Planungsdaten, die für einen Solvenztest auf Basis eines Finanzplans benötigt werden, scheint eine Verpflichtung zur Offenlegung des Tests nicht angemessen. Lediglich das Testergebnis sollte in Form einer Solvenzerklärung veröffentlicht werden. Die Unternehmensleitung sollte für die in den Finanzplänen gemachten Zukunftsprognosen persönlich haften, sofern sie bei der Erstellung die Sorgfaltspflichten einer gewissenhaften Geschäftsführung nicht beachtet, also fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt hat.162 Der Vorstand sollte einen „bestandenen“ Solvenztest durch eine Solvenzbescheinigung dokumentieren. Im Falle einer Insolvenz des Unternehmens könnten Gläubiger ausgehend von der letzten Solvenzbescheinigung eine gerichtliche Überprüfung der ordnungsgemäßen Durchführung des Solvenztests fordern. Um die Ordnungsmäßigkeit eines Solvenztests sicher zu stellen und die gesetzten Planungsprämissen zu überprüfen, sollte der Solvenztest weiterhin von einem Wirtschaftsprüfer Konzept?, 1995, S. 235–237, 320; Schildbach, ZfbF-Sonderheft 40, 1998, 76; Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, 1999, S. 56–57; Watrin, Internationale Rechnungslegung und Regulierungstheorie, 2001, S. 231–232. 160 Vgl. ausführlich Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rechnungslegung, S. 697–703; Sellhorn, Goodwill Impairment, 2004, Kap. 4. 161 Vgl. zur Risikoberichterstattung Kajüter, DB 2004, 197–203; Kaiser, DB 2005, 345–353. 162 Wann und in welcher Höhe eine Haftung greift, wäre noch zu konkretisieren. Auf europäischer Ebene wird derzeit eine stärkere Verantwortung der Geschäftsführung diskutiert. Vgl. High Level Group, Abschlussbericht vom 04. 11. 2002, S. 71–75.

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zu testieren sein. Ausschüttungen an die Anteileigner sollten nur bei einem uneingeschränkten Testat des Prüfers möglich sein.

V. Zusammenfassende Empfehlung Durch die Anwendung der IFRS auf europäischer Ebene kommen darüber hinausgehende nationale Rechnungslegungssysteme zunehmend unter Rechtfertigungs- und Anpassungsdruck. Die Mehrfachbelastung vieler deutscher Unternehmen mit IFRS-Konzernabschluss, HGB-Einzelabschluss und Steuerbilanz erscheint unter Kosten-Nutzen-Aspekten überdenkenswert. Vor daher könnte die anstehende Reform des europäischen Kapitalschutzsystems dazu genutzt werden, die Zukunft der bilanziellen Kapitalerhaltung neu zu ordnen. Auf der Grundlage der vorgebrachten Argumente wird für Aktiengesellschaften künftig eine zweistufige Vorgehensweise empfohlen: Erstellt das Unternehmen einen IFRS-Jahresabschluss, so ist dieser künftig Grundlage für die Kapitalerhaltung und damit für die bestehenden gesellschaftsrechtlichen Höchstausschüttungsregeln.163 Um den diskutierten Vorbehalten gegenüber einer IFRSRechnungslegung als Basis von Kapitalerhaltungs- und Ausschüttungsregeln zu begegnen, wird als zusätzliche, flankierende Maßnahme ein bei anstehenden Ausschüttungsmaßnahmen durchzuführender, liquiditäts- und zukunftsorientierter Solvenztest etabliert.164 Dieser aus Sicht der ausschüttenden Aktiengesellschaft durchzuführende Test hat die konzernweite Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu berücksichtigen. Ausschüttungsmaßnahmen wären demnach nur dann zulässig, wenn die beiden folgenden Bedingungen im Sinne eines „doppelten Minimums“ kumulativ erfüllt sind: Erstens liegt nach dem IFRS-Einzelabschluss 165 der betreffenden

163 Zu berücksichtigen wären zudem Anpassungserfordernisse, etwa im Insolvenzrecht, wenn neben der Ausschüttungsbemessung auch andere Rechtsfolgen, die bisher am HGB-Jahresabschluss anknüpfen, an den IFRS-Abschluss gebunden werden sollen. 164 Alternative flankierende Maßnahmen in Gestalt von „vorsichtsorientierten“ Anpassungen des IFRS-Jahresabschlusses, sei es durch Ausschüttungssperren oder durch eine pauschal höhere Vermögensbindung, werden als wenig geeignet abgelehnt. Derartige Vorschläge verkennen, dass solche Ausschüttungssperren eine „Parallelrechnungslegung“ erfordern, welche die erhofften Kostenersparnisse wieder zunichte macht. Zudem wären fortlaufende gesetzgeberische Anstrengungen nötig, um die sich dynamisch entwickelnden IFRS mit „Gläubiger schützenden“ Anpassungen zu begleiten. 165 Hier bleibt noch zu prüfen, ob die bilanzielle Kapitalerhaltung bei konzernverbundenen Aktiengesellschaften nicht sinnvoller anhand eines IFRS-Konzernabschlusses gemessen werden kann. Vgl. hierzu bereits Lutter, Rücklagenbildung im Konzern, 1987, 327; Pellens/Gassen/Richard, DBW 2003, 309–331.

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Gesellschaft ausschüttungsfähiges Eigenkapital vor. Zweitens zeigt ein zeitnah durchgeführter Solvenztest, dass auch bei Berücksichtigung der anstehenden Ausschüttungsmaßnahme die Zahlungsfähigkeit der ausschüttenden Gesellschaft in den anschließenden 24 Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gefährdet ist. Der Gläubigerschutz beruhte künftig folglich auf drei Säulen: Erstens bliebe mit der bilanziellen Kapitalerhaltung ein tragendes Element des bewährten Systems, wenn auch in veränderter Form auf der Grundlage eines IFRS-Jahresabschlusses, erhalten (Gläubigerschutz durch bilanzielle Kapitalerhaltung). Als flankierende Maßnahme würde, zweitens, erstmals ein Solvenztest etabliert, durch den solvenzgefährdende Ausschüttungen an die Anteilseigner ex ante unterbunden werden sollen (Gläubigerschutz durch zukunftsgerichtete Liquiditätsplanung). Drittens trüge eine IFRS-Bilanzierung zu einer Verbesserung der Informationsfunktion des Abschlusses gegenüber der HGB-Rechnungslegung bei (Gläubigerschutz durch Information). Durch den Solvenztest als neue, flankierende Gläubigerschutzmaßnahme sollen solvenzgefährdende Ausschüttungen verhindert werden, auch wenn diese aus der Perspektive der bilanziellen Kapitalerhaltung als zulässig erscheinen. Daher ist vor jeder geplanten Ausschüttungsmaßnahme durch einen aktuellen vom Vorstand der Gesellschaft aufzustellenden Finanzplan nachzuweisen, dass die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens bzw. (Teil-)Konzerns unter Berücksichtigung der anstehenden Ausschüttung in den kommenden 24 Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit gewährleistet ist. Dabei sind absehbare, später fällig werdende, wesentliche Zahlungsverpflichtungen zu berücksichtigen.166 Der Solvenztest sollte auch dann notwendig werden, wenn Ausschüttungsmaßnahmen in Form eines Aktienrückkaufs vorgesehen sind.167 Schließlich sollte erwogen werden, weitere (insolvenzrechtliche) Konsequenzen in dem Fall einzuleiten, dass der Solvenztest eine drohende Illiquidität anzeigt. Instrumente, mit deren Hilfe die künftige Solvenz abgeschätzt und zum Gegenstand einer entsprechenden Erklärung durch den Vorstand gemacht werden könnte, stehen, wie in Abschnitt IV dargestellt, zur Verfügung. Einschlägige Beispiele sind etwa die im Rahmen der Abschlussprüfung abzugebende going con166 Die 24-monatige Planungsdauer stellt eine pragmatische Vereinfachung dar. So bestimmt IDW PS 800.12: „Bei der Prüfung drohender Zahlungsunfähigkeit wird der Prognosezeitraum grundsätzlich durch die letzte Fälligkeit der bestehenden Verbindlichkeiten determiniert. In der Praxis wird der Prognosezeitraum jedoch in der Regel durch das laufende und das kommende Geschäftsjahr begrenzt sein, da darüber hinausgehend Höhe und Zeitpunkt der Zahlungen nicht hinreichend sicher bestimmbar sind.“ 167 Entsprechend beinhaltet der US-amerikanische Ausschüttungsbegriff nach § 1.40(6) MBCA jede Form der Übertragung von Vermögenswerten an die Aktionäre, also auch Aktienrückkäufe.

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cern-Einschätzung sowie die Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach IDW PS 800. Zudem stehen in vielen Unternehmen die erforderlichen Daten in Gestalt von Finanzplänen, nicht zuletzt für Zwecke der zunehmend Fair Valueorientierten IFRS-Rechnungslegung, schon heute bereit. Der Solvenztest ist durch den Abschlussprüfer zu prüfen. Zudem haftet der Vorstand der Gesellschaft im Rahmen der Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung für dessen Richtigkeit. Gegenüber dem primär durch bilanzielle Kapitalerhaltung geprägten Status quo sowie im Vergleich zu dem Vorschlag der Rickford-Gruppe ist von dem vorgeschlagenen System eine Verstärkung des Gläubigerschutzes zu erwarten. Zwar kompensiert der Solvenztest nicht in systematischer Weise genau jene Risiken, die der IFRS-Jahresabschluss bezüglich der Schutzwirkung der bilanziellen Kapitalerhaltung ggf. hervorruft. Jedoch werden erstmals explizit Illiquiditätsrisiken sowie die Konzernproblematik berücksichtigt. Zudem werden im IFRSJahresabschluss auch Aktienrückkäufe als eigenkapitalmindernde Ausschüttungen abgebildet, während sie in der HGB-Rechnungslegung bisher grundsätzlich nicht als Ausschüttung interpretiert werden. Der Vorschlag verspricht weiterhin eine günstigere Kosten-Nutzen-Relation, indem die Mehrfachbelastung vieler Unternehmen mit einem Nebeneinander dreier Rechnungslegungssysteme reduziert würde. Die mit regelmäßigen Solvenztests verbundenen Mehraufwendungen dürften durch diejenigen Einsparungen überkompensiert werden, die für die betroffenen Unternehmen aus dem Wegfall der eigenständigen HGB-Rechnungslegung resultieren.168 Vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Vordringens der IFRS in Europa erscheint ein „deutscher Sonderweg“ in Form eines Festhaltens am eigenständigen HGB-Abschluss oder an einer Einheitsbilanz, die gleichzeitig steuerlichen Zwecken dient, zudem schon aus rechtspolitischen Gründen wenig sinnvoll. Das hier empfohlene zweistufige System einer bilanziellen Kapitalerhaltung auf Basis eines IFRS-Jahresabschlusses, flankiert durch einen liquiditätsorientierten Solvenztest, verspricht Kostenentlastungen für kapitalmarktorientierte Gesellschaften, die zur IFRS-Rechnungslegung verpflichtet sind.169 Diese sollten daher ein Wahlrecht zum Wechsel auf das vorgeschlagene System erhalten. Bei Inanspruchnahme dieses Wahlrechts entfiele die Pflicht zur Aufstellung eines HGBJahresabschlusses. Zwar führt die Ausgestaltung als Unternehmenswahlrecht

168 Genauere Erkenntnisse über Kosten/Nutzen-Aspekte müssten im Rahmen von Feldstudien mit den beteiligten Unternehmen und Institutionen künftig noch detaillierter generiert werden. 169 Dies betrifft gemäß Art. 4 der IAS-Verordnung streng genommen lediglich die Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Gesellschaften. Nach der hier vertretenen Ansicht soll die folgende Empfehlung jedoch ebenso für kapitalmarktorientierte Gesellschaften gelten, die lediglich einen Einzelabschluss aufstellen.

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sowohl innerhalb der Mitgliedsstaaten als auch EU-weit zu unterschiedlichen Kapitalschutzsystemen und trägt damit nur unzureichend zu einer Harmonisierung bei. Sie ermöglicht jedoch, dass die Entscheidung zwischen den beiden alternativen Kapitalschutzsystemen auf der Grundlage unternehmensindividueller Kosten-Nutzen-Kalküle getroffen werden kann. Nicht-kapitalmarktorientierte Gesellschaften besitzen gemäß § 315a Abs. 3 HGB (Konzernabschluss) sowie § 325 Abs. 2 a HGB (Einzelabschluss für Offenlegungszwecke) ein Wahlrecht zur IFRS-Rechnungslegung. Wenn ein Unternehmen von einem dieser Wahlrechte Gebrauch macht, soll es ebenso das Wahlrecht zum Wechsel auf das hier vorgeschlagene System erhalten. Ein gemäß § 325 Abs. 2a HGB aufgestellter Einzelabschluss für Offenlegungszwecke wirkte dann insofern befreiend, als kein HGB-Jahresabschluss mehr aufzustellen wäre. Die gesamtwirtschaftlichen Einsparungen einer vollständigen Abschaffung des HGB sind mit dem hier unterbreiteten Vorschlag nicht zu erreichen. Dies setzte vielmehr zum einen voraus, dass alle – nach ggf. neu zu definierenden Kriterien – veröffentlichungspflichtigen Unternehmen auf die IFRS-Rechnungslegung und das neue Kapitalschutzsystem wechseln. Zum anderen wäre für die übrigen Unternehmen eine Alternative zu suchen, die möglicherweise in einer Einheitsbilanz auf der Basis steuerrechtlicher Regeln bestehen könnte.

Reicht das Vertragsrecht für einen angemessenen Schutz der Gesellschaftsgläubiger und ihrer Interessen aus?

von Professor Dr. Peter Mankowski *, Hamburg

Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzliche Gläubiger (insbesondere Deliktsgläubiger) . . . . . . . 1. Der ungelöste Fall der gesetzlichen Gläubiger . . . . . . . . . . . 2. Gibt es andere Wege, die gesetzlichen Gläubiger ausreichend zu schützen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bevorzugte Behandlung im Fall der Insolvenz der Gesellschaft? b) Pönalisierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Pflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verbraucher als Gesellschaftsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rationale Apathie und Handlungsschwelle . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlende Verhandlungsstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Professionelle Gläubiger als Sachwalter für Verbrauchergläubiger? IV. Waren- und Dienstleistungsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ineffizienz vertraglicher Schutzmechanismen . . . . . . . . . . . . . VI. Gesetzliche Festkapitalregeln als Transaktionskostenersparnis . . . VII. Kapitalbindung der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Kombination von Festkapital und vertraglichen Schutzmechanismen IX. Wettlauf der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

488 489 490 491 491 492 493 494 494 495 495 497 500 501 502 504 506 506

I. Einleitung Vor allem unter dem Einfluss von law and economics ist häufig behauptet worden, dass Festkapital durch einen vertraglichen Schutz der Gesellschaftsgläubiger ersetzt werden könne.1 Dies wirft zwangsläufig die Frage auf, ob man die * Der Autor ist Ordinarius für Bürgerliches Recht, Internationales Privat- und Prozessrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Hamburg und Geschäftsführender Direktor des Seminars für ausländisches und internationales Privat- und Prozessrecht der Universität Hamburg. 1 Zur Klarstellung und zur Vermeidung ungerechtfertigter Kritik sei darauf hingewie-

Ausreichender Gläubigerschutz durch Vertragsrecht?

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Regeln über das Festkapital abschaffen und den Schutz der Gesellschaftsgläubiger vollständig dem Vertragsrecht überlassen kann. Lebe wohl, Gesellschaftsrecht, willkommen, Vertragsrecht? Einfach die Magie des Marktes frei wirken lassen? Kann es wirklich so einfach sein? Haben sich Generationen begnadeter Gesellschaftsrechtler kontinentalrechtlicher Prägung so grundlegend geirrt? Individuelle Absprachen mögen geeigneter sein als abstrakt generelle Regelungen, um die finanziellen Bedürfnisse einzelner Gläubigern zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass die Zinsrate einen angemessen Ausgleich für das verbleibende Ausfallrisiko darstellt.2 Vertragliche Gläubiger haben zudem die Möglichkeit, für die bestehenden Risiken Sicherheiten zu verlangen.3 Weit vorteilhafter ist zudem, dass die finanziellen Richtgrößen, die zur Ermittlung des Ausschüttungsverhalten der Gesellschaft herangezogen werden, sich nicht auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit beziehen, zu dem die Gesellschaft gegründet wurde, sondern vielmehr auf den Zeitpunkt, zu dem der Kredit gewährt wird.4 Dies hilft, die aktuelle Situation der Gesellschaft einzuschätzen und zu bewerten. Die sachgerechte Vorbereitung eines Vertrages läuft insoweit auf eine effektive Kontrolle der Gesellschaft hinaus. Auf diese Weise werden indirekt willkommene Anreize für Geschäftsführung oder Vorstand gesetzt, wenn diese wollen, dass die Gesellschaft einer Überprüfung standhält. Bis zu einem gewissen Grad simulieren finanzielle Absprachen brauchbar die Regeln über Festkapital.5

II. Gesetzliche Gläubiger (insbesondere Deliktsgläubiger) Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Ansatz mit Blick auf Gläubiger, deren Ansprüche gegen die Gesellschaft nicht auf Vertrag beruhen, dringend verfeinert werden muss. Soll man wirklich von einem Deliktsgläubiger verlangen, Verhandlungen mit der Gesellschaft aufzunehmen, um seine Position vertraglich abzu-

2

3 4 5

sen, dass der Bericht der Rickford Group (ECFR 2004, 391) diese Argumentationsrichtung nicht unterstützt. Siehe nur Macey/P. Miller, (1993) 43 U. Toronto L. Rev. 401, 406f.; R.B. Campbell jr., 23 Fla. St. U. L. Rev. 561, 562 (1996); Armour, (2000) 63 Mod. L. Rev. 355, 373f.; Enriques/Macey, 86 Cornell L. Rev. 1165, 1184f. (2001); Kübler, in: Hopt/ Wymeersch (eds.), Capital Markets and Company Law, 2003, S. 95, 105f.; Wolfgang Schön, EBOR 5 (2004), 429, 439; ders., Der Konzern 2004, 162, 166f. Aber siehe auch Keay, (2003) 66 Mod. L. Rev. 665, 690f. Siehe nur Posner, 43 U. Chi. L. Rev. 499, 501f. (1976); Easterbrook/Fischel, 52 U. Chi. L. Rev. 89, 105 (1985); dies., The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S. 50. Armour, (2000) 63 Mod. L. Rev. 355, 374; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 716; Wolfgang Schön, EBOR 5 (2004), 429, 439; ders., Der Konzern 2004, 162, 166. Wolfgang Schön, ZGR 2000, 706, 727; Hopt, FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 1013, 1018 f.

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sichern? Wäre dies nicht gleichbedeutend damit, seine günstige Stellung, die ihm das Deliktsrecht gewährt, zu minimieren? Jedenfalls würde dies die Position der Gesellschaft erheblich verbessern, da dem gesetzlichen Gläubiger kein umfassender Schutz zu Teil würde. Die Gesellschaft könnte sogar die Aufnahme von Verhandlung von Anreizen, z. B. einer Anspruchskürzung, abhängig machen. Überspitzt könnte man dies als eine Art Eintrittsgebühr bezeichnen.

1. Der ungelöste Fall der gesetzlichen Gläubiger Wenn und soweit der Gläubigerschutz hauptsächlich von einem Vertrag abhinge, wäre die Gesellschaft in der Lage, ihre Gläubiger hinzuhalten. Sie könnte eine Gegenleistung für ihre Zustimmung zu jedweder Vereinbarung verlangen. Die Sicherung eines Anspruchs mag gerechtfertigter Weise dann ihren Preis haben, wenn der Gläubiger und die Gesellschaft beides zu Beginn, also vor Entstehung der Verbindlichkeit, aushandeln (z. B. die Senkung der Zinsrate für ein Darlehen gegen die Absicherung desselben Darlehens mit einem Grundpfandrecht). Gesetzliche Gläubiger, vor allem Deliktsgläubiger, befinden sich nicht in einer derart vorteilhaften Lage. Sie haben sich nicht freiwillig die Gesellschaft als Deliktsschuldnerin ausgesucht. Vielmehr besteht die Besonderheit der Deliktshaftung gerade darin, dass über das schädigende Ereignis nicht im Voraus verhandelt werden kann. Die Gläubiger können sich nicht vorab Sicherheiten ausbedingen oder auf eine höhere, dem Ausfallrisiko entsprechende Zinsrate dringen.6 Allein schon aus dem Begriff des gesetzlichen Gläubigers ergibt sich, dass diese nicht in der Position sind, zu wählen oder Selbstschutzmaßnahmen zu ergreifen.7 Sie sind generell ungeschützt, besonders aber gegenüber Opportunismus und Fahrlässigkeit.8 Dies kann auch über den in den meisten Fällen bedeutendsten Gläubiger von allen, nämlich den Staat als Steuergläubiger, gesagt werden.9 Körperschaftssteuern und Umsatzsteuer sind die Hauptfaktoren bei der Schätzung und Bewertung von Gesellschaftsschulden. Das gleiche gilt für Sozialabgaben, soweit diese anfallen.10

6 Gerhard Wagner, FS Walter Gerhardt, 2004, S. 1043, 1047. 7 Siehe nur Eidenmüller/Engert, GmbHR 2005, 433, 436. 8 Hertig/Kanda, in: Kraakman/Davies/Hansmann/Hertig/Hopt/Kanda/Rock, The Anatomy of Corporate Law, 2004, S. 71, 76. 9 Steuerbehörden sind die wichtigsten Gläubiger, die sich als quasi-gesetzliche Gläubiger charakterisieren lassen; Bebchuk/Fried, 105 Yale L.J. 857, 884 (1996); Warren/Westbrook, 118 Harv. L. Rev. 1198, 1216 (2005). 10 Zugestandenermaßen hat der Staat seine eigenen Mittel, um sich zu schützen: namentlich sich durch Finanzgesetzgebung selbst als Gläubiger zu begünstigen. Zusätzlich mag der Staat bereits Gesetze z. B. über erweiterte Möglichkeiten, Gesellschaftsanteile zu beschlagnahmen oder ähnliches erlassen haben. Der Staat verfügt

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Eins steht jedenfalls fest: Gesetzliche Gläubiger sind in keinem Fall eine quantité négligeable. Es gibt sie, und sie (oder zumindest einige von ihnen) sind von herausragender Bedeutung. Ihre Lage wird zusätzlich verschlechtert, soweit gesicherten Gläubigern Vorrang zukommt. Der Einsatz der gesellschaftlichen Vermögenswerte zur Sicherung von Darlehensforderungen und zur Senkung von Zinssätzen erhöht ihr Risiko zusätzlich. Unter diesen Vorzeichen kontrahieren gesicherte Vertragsgläubiger und Gesellschaft zu Lasten der gesetzlichen Gläubiger.11

2. Gibt es andere Wege, die gesetzlichen Gläubiger ausreichend zu schützen? a) Bevorzugte Behandlung im Fall der Insolvenz der Gesellschaft? Kürzlich wurde vorgeschlagen und diskutiert, ob man die Belastung der gesetzlichen Gläubiger nicht dadurch abmildern könne, indem man sie im Fall der Insolvenz der Gesellschaft bevorzugt behandle. Das Schlagwort lautet Superpriorität auch (und vor allem) über gesicherte Vertragsschuldner.12 Dieses Heilmittel würde aber nur zum Ausbruch einer anderen Krankheit oder einem anderen Leiden führen. Um wirklich erfolgreich zu sein, müssten die Sicherheiten umgangen werden, die sich große Kreditgeber vertraglich ausbedungen haben. Eine Superpriorität der gesetzlichen Gläubiger würde aber im Gegenzug diese Sicherheiten entwerten (und würde damit zu einer Erhöhung entweder des Zinssatzes, der den Vertragsgläubigern geschuldet wird, oder der Beiträge für eine mehr oder weniger obligatorische Versicherung führen).13 Zu behaupten, dass eine solche Abwertung die Zinsrate auf ein angemessenes Niveau erhöhe,14 hieße, vom Ideal des gerechten Preises auszugehen. Jede Bevorzugung gesetzlicher Gläubiger würde zum

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über Mittel, sich selbst zu schützen und der Gesellschaft Einschränkungen aufzuerlegen, die anderen gesetzlichen Gläubigern fehlen. In wenigen Worten zusammengefasst: Der Staat kann zu einem ganz besonderen, wenn auch gesetzlichen Schuldner werden. Seine Möglichkeiten, Risken zu verschieben, unterscheiden sich auch von denen, die anderen gesetzlichen Gläubigern offen stehen; Fauerholdt Thommesen/Krogh, Justitia Nr. 2-2005, 3, 22. LoPucki, 80 Va. L. Rev. 1887, 1899 (1994); Bebchuk/Fried, 105 Yale L.J. 857, 868f. (1996). Siehe LoPucki, 80 Va. L. Rev. 1887 (1994); Gerhard Wagner, FS Walter Gerhardt, 2004, S. 1043, 1067f. Siehe vertiefend, aber im Ergebnis mit einer anderen Tendenz, Gerhard Wagner, FS Walter Gerhardt, 2004, S. 1043, 1070 f. Zur Vertiefung siehe auch Painter, 36 Stan. L. Rev. 1045 (1984); Leebron, 91 Colum. L. Rev. 1565, 1636f. (1991); Price, 2 Geo. Mason L. Rev. 439, 462 f. (1995); Bebchuk/Fried, 82 Cornell L. Rev. 1279 (1997). Gerhard Wagner, FS Walter Gerhardt, 2004, S. 1043, 1070.

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deutlichen Nachteil kleinerer Vertragsgläubiger erfolgen, deren Verhandlungsmacht nicht ausreicht, um Sicherheiten für ihre Ansprüche herauszuhandeln. Verbraucher sind nur ein Teil dieser Fraktion, Handwerker und kleine Kaufleute der andere. Augenblicklich eintretende Folge wäre, dass jeder versuchen würde, seine Ansprüche auf das Deliktsrecht zu stützen.15 Obwohl die Insolvenz der ultimative Test für jede Lösung ist, muss auch bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein effektiver und beständiger Schutz der gesetzlichen Gläubiger gewährleistet sein. Die bevorzugte Behandlung einer bestimmten Gruppe von Gläubigern setzt sicherlich Anreize, aber hilft diesen Gläubigern nicht, wenn sie nicht willens sind, ihre Interessen mit aller Macht zu verfolgen und zwar auch dann, wenn eine Insolvenz droht. Die Insolvenz ist aber der worst case schlechthin, und die meisten Gläubiger versuchen, diesen zu vermeiden. Wo würde aber auf der anderen Seite ein Rückzug auf das Vertragsrecht die gesetzlichen Gläubiger hinführen, wenn die Gesellschaft wirtschaftlich gut dasteht? In dieser Situation hilft eine bevorzugte Stellung in der Insolvenz nicht weiter, weil eine Insolvenz eben nicht in Frage steht. Bis jetzt mag die Lösung eher primitiv sein: Wird eine Gesellschaft als Schuldnerin, die finanziell gut dasteht, wirklich einen Rückgriff auf ihr Fixkapital notwendig werden lassen? Das Fixkapital ist eine Art letzte Reserve, und je weniger die Gläubiger gezwungen sind, sich auf diese Minimalsicherheit zu verlassen, umso besser verhält es sich. Wenn eine Gesellschaft in der Lage ist, ihre Schulden aus ihren liquiden Mitteln zu begleichen, werden die Gläubiger deutlich zufriedener sein, unabhängig davon, ob es vertragliche oder gesetzliche Gläubiger sind.

b) Pönalisierung? Nach einer anderen kürzlich diskutieren Idee soll versucht werden, durch das Strafrecht Anreize für die Mitglieder der Leitungsorgane einer Gesellschaft zu setzen. Diese Anreize würden aber nur dahingehen, dass die betroffenen Personen zu verhindern suchten, dass gesetzliche Gesellschaftsverbindlichkeiten überhaupt entstehen. Wenn dieser Ansatz fehlschlägt, helfen Strafverfahren dem gesetzlichen Gläubiger nicht, an sein Geld zu kommen. Im Gegenteil könnte eine erhobene oder drohende Anklage die Situation der Gläubiger insoweit verschlechtern, als den Verantwortlichen negative Anreize gesetzt würden, die erzielten Ergebnisse geschickter zu verschleiern oder sogar zu fliehen. Soweit solche Anklagen den Verantwortlichen die Möglichkeit entziehen würden, weitere Vermögenswerte zu erwerben, nachrangige Schuldner also möglicherweise die

15 Siehe Gerhard Wagner, FS Walter Gerhardt, 2004, S. 1043, 1072f.

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Rolle der Gesellschaft übernähmen, würden die gesetzlichen Gläubiger auch nicht profitieren. Insoweit als die Verhängung und Durchsetzung solcher Strafen den Verantwortlichen Möglichkeiten nehmen würde, zusätzliche Vermögenswerte zu verdienen und so effektive subsidiäre Haftungsschuldner nach der Gesellschaft zu werden, würden die gesetzlichen Gläubiger ebenfalls nicht profitieren. Vielleicht wäre eine Durchgriffshaftung von Geschäftsführern oder Mitgliedern des Aufsichtsrates eine wirksamere Waffe, welche den möglichen zusätzlichen Schuldnern die geeigneten und richtigen Anreize übermitteln würde. Allerdings könnte auch dieses System durch eine mehr oder weniger betrügerische Übertragung von Vermögenswerten der Mitglieder der Leitungsorgane an ihre Ehepartnern oder Verwandte umgangen werden, also durch eine Reduzierung des für die Haftung verfügbaren Kapitals.

c) Pflichtversicherung Zuletzt wird noch vorgeschlagen, die Gesellschaft zu verpflichten, Versicherungen abzuschließen, die das Risiko von Deliktsgläubigern absichern.16 Im Rahmen der Betriebshaftungsversicherung wurde dieser Ansatz in Deutschland bereits ins geltende Recht übernommen. Allerdings hilft dies nicht den gesetzlichen Gläubigern, deren Ansprüche nicht so richtig deliktischer Natur sind. Eine Pflichtversicherung für Steuerschulden erscheint ziemlich absurd und würde zudem vom Markt nicht angeboten werden. Offenbar ist eine Versicherungspflicht keine allumfassende Gesamtlösung für sämtliche Probleme. Soweit sie geeignet ist, kann sie einen besseren Schutz für die begünstigten Gläubiger gewährleisten als das Festkapital. Letzteres mag verbraucht oder zu gering sein, um alle Risiken abzusichern, während eine angemessene Versicherung einen höheren Deckungsgrad garantieren kann. Wie bei Gesamtkosten erscheint die Bemessung eher schwierig. Sicherlich werden die Kosten für eine Versicherung im Vergleich zu den Kosten für die Aufbringung des Festgeldes zu Beginn der Tätigkeit der Gesellschaft höher sein. Daher ist eine genaue Kalkulation der Wahrscheinlichkeiten notwendig, die aber zusätzliche Transaktionskosten verursachen würde. Eine Versicherung würde sich nur bezahlt machen, wenn die Ausschüttung größerer Summen auf dem Spiel steht. Die Transaktionskosten können bei kleinen Ansprüchen den errechneten Vorteil, der der Versicherung entspringt, übersteigen. Nur Haftpflichtausfallversicherungen, die alle von der Gesellschaft geschuldeten Beträge erfassen, wären unter diesem Gesichtspunkt vermutlich geeignet. Auf der anderen Seite würde 16 Armour, (2000) 63 Mod. L. Rev. 355, 372; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 725; Wolfgang Schön, Der Konzern 2004, 162, 165; Kirchner, FS Thomas Raiser, 2005, S. 181, 198.

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eine Versicherungspflicht die Kosten für eine Kreditaufnahme auch für wirtschaftlich gut dastehende Unternehmen erhöhen, da diese die Leistungsfähigkeit und den cash-flow nur auf der Ebene der Versicherungskosten widerspiegeln, nicht aber auf der Ebene der Notwendigkeit eines Versicherungsschutzes.

III. Verbraucher als Gesellschaftsgläubiger 1. Rationale Apathie und Handlungsschwelle Gesellschaftsgläubiger müssen nicht zwangsläufig Unternehmer sein. Ganz im Gegenteil werden vielmehr in zunehmendem Maße Verbraucher Gesellschaftsgläubiger. Dies geschieht sich nicht nur, indem Verbraucher Schuldverschreibungen und andere Finanzierungsinstrumente derivativ erwerben, sondern auch in dem Bereich außerhalb der Kreditgewährung, namentlich den alltäglichen Austausch von Waren oder Leistungen, bei dem der Verbraucher das Recht erwirbt, die Lieferung von Waren oder die Durchführung von Dienstleistungen zu verlangen oder Schadensersatzansprüche erlangt. Immer wenn Verbraucher beteiligt sind, entstehen die typischen Probleme der kleinen Ansprüche.17 Der Käufer, der Garantieansprüche durchsetzen will, ist nicht in erster Linie am Kapital der Gesellschaft interessiert. Der Schadensersatzanspruch, der sich aus der Mangelhaftigkeit der von der Gesellschaft vertriebenen Ware ergeben mag, erreicht nur einen begrenzten Umfang. Eine solvente Gesellschaft muss nicht ihr Kapital anzapfen, um den Anspruch erfüllen zu können. Vielmehr werden ihre liquiden Mittel in den meisten Fällen ausreichen. Falls die Gesellschaft sich weigert zu leisten, muss die Anspruchshöhe eine bestimmte Schwelle überschreiten, bevor der Verbraucher es die Mühe Wert erachtet, seinen Anspruch durchzusetzen. Unterhalb dieser Schwelle setzt sich die rationale Apathie als die vom Verbraucher bevorzugte Strategie durch. Selbst der Verbraucherinvestor wird mit den schwerwiegenden Problemen des kollektiven Vorgehens konfrontiert. Sein eigener Anteil am gesamten Darlehen der Gesellschaft ist viel zu klein, um auch nur annähernd so etwas wie eine Verhandlungsposition innezuhaben. Nur wenn er in einer Gemeinschaft mit anderen aufgeht und diese ihre gesammelten Kräfte einsetzt, mag ein power-broking möglich sein. In der Praxis tauchen Investmentfonds als Lösung von Kollektivhandlungsproblemen auf. Der einzelne Verbraucherinvestor wird zu einem bloßen Mitglied einer Einheit, die zusammen einen professionellen Investor bilden. Dies geht jedoch einher mit den erheblichen Kosten der Prinzipa-AgentProblematik.

17 Blumber, 11 J. Corp. L. 573, 618 (1986).

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2. Fehlende Verhandlungsstärke Verbraucher sind nicht in der Position, Sicherungen in Form von kreditbegleitenden Zusagen, sog. financial covenants, einzuführen 18 oder sie in Verträgen auftauchen zu lassen. Zuerst müssten sie in Informationen investieren, um die notwendigen Kenntnisse über den Inhalt und die Angemessenheit der jeweiligen Zusagen zu erhalten. Diese Investition erscheinen für einen einzelnen Kleingläubiger ziemlich unattraktiv. Zweitens würden sie bei der Erfüllung der Zusagen mit ernstzunehmenden Problemen konfrontiert. Die Kontrolle würde wieder Investitionen in erheblichem Umfang verlangen. Bedenkt man den relativ geringen Betrag, der auf dem Spiel steht, wird rationale Apathie wieder zur bevorzugten Strategie der Verbraucher. Drittens ergeben bestimmte ökonomische Zusagen in der typischen Lage der Verbraucher keinen Sinn. Zum Beispiel wäre eine wechselseitige Ausfallklausel in einer Garantie sinnlos. Der einzelne Verbraucher ist an der Erfüllung seiner individuellen Garantie interessiert. Es interessiert ihn nicht, wie die Gesellschaft sich gegenüber ihren anderen Gläubiger verhält. Das Hauptinteresse betrifft die Erfüllung individueller Pflichten, die sich aus der Garantie ergeben ohne Rücksicht auf die generelle Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Vielleicht bemüht sich die Gesellschaft sogar darum, die Fassade nach außen aufrecht zu erhalten, indem sie solche Garantien vorrangig bedient. Selbst wenn die Verbraucher viertens entsprechende Investitionen vorgenommen hätten (oder das Wissen über angemessene finanzielle Zusagen durch Zufall oder durch vorherige Verträge erlangt haben), hätten sie nicht die Verhandlungsmacht, die Gesellschaft dazu zu bringen, die entsprechenden Zusagen zu machen. Der einzelne Verbraucher häuft dazu nicht die erforderliche kritische Masse an. Er kann die Gesellschaft nicht zwingen, ihm zuzuhören. Diese mag aus eigenem Antrieb Zusagen machen, um ihre Seriosität und Reputation unter Beweis zu stellen. Diese financial covenants würden dann aber von der Gesellschaft gestaltet (oder wären in Verhandlung mit Großgläubigern erzielt worden soweit sie diesen nachgebildet wären oder mit geringen Modifikationen aus den entsprechenden Darlehensverträgen entlehnt wären).

3. Professionelle Gläubiger als Sachwalter für Verbrauchergläubiger? Eine andere Argumentationslinie bringt Banken oder andere professionelle Gläubiger in das Gesamtbild. Professionelle Gläubiger sollen hiernach, soweit sie die Gesellschaft kontrollieren und diese so im Ergebnis dazu zwingen, über das 18 Über da mögliche Spektrum von financial covenants, die von professionellen Kreditgebern genutzt werden Böckmann, Gläubigerschutz bei GmbH und close corporation, 2005, S. 142–163.

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notwendige Kapital zu verfügen, andere Gläubiger einschließlich der Verbraucher schützen. Außerdem sollen die financial covenants, die von den Großgläubigern ausgehandelt werden, einen gewissen Schutzreflex zu Gunsten der Kleingläubiger entfalten.19 Teilweise werden sogar Trittbrettfahrereffekte angenommen.20 Diese Annahme sind aber schlecht begründet: Großgläubiger verfolgen ihre eigenen Interessen. Sie kümmern sich nicht sonderlich um andere Gläubiger, noch weniger als diese Konkurrenten um die begrenzten Geldmittel der Gesellschaft sind oder zu solchen werden können. Professionelle Gläubiger sind in der Position, Zusagen zu ihren Gunsten zu erwirken. Im Wettkampf um begrenzte Ressourcen wird der Vorteil und Nutzen des einen Gläubigers zum Schaden des anderen. Im Konzert der Gläubiger spielen die professionellen Gläubiger die erste Geige. Insoweit tritt noch nicht einmal eine echt principal-agent-Unruhe auf, da die Berufsgläubiger nicht im eigentlichen Sinn als Vertreter der Verbraucher handeln. Die Anreizsituation begünstigt auch keinen indirekten Verbraucherschutz. Großgläubiger sorgen sich in erster Linie über ihre eigenen Investitionen oder ihr eigenes Darlehen. Um andere kümmern sie sich nur, wenn sie dazu gezwungen sind. Ansonsten werden sie ihr Handeln nur an ihren eigenen Interessen ausrichten. Wohlstand für alle ist nicht ihr Ziel. Für den Fall, dass der professionelle Gläubiger Sicherheiten aushandelt, ist dies offensichtlich. Jede Sicherheit, die einem einzelnen Gläubiger gewährt wird, reduziert die Höhe der Vermögenswerte, auf die die anderen Gläubiger, einschließlich der Verbraucher, zugreifen können. Es bestehen weitere externe Effekte zu Lasten der anderen Gläubiger. Noch auf den ersten Blick mag man argumentieren, dass Kleingläubiger indirekt von den Zusagen, die die professionellen Gläubiger ausgehandelt haben, profitieren, soweit diese prophylaktische Effekte haben und ggf. sogar die Gesellschaftsschuldnerin davon abhalten, zu risikoreichen Strategien zu greifen. Die Verbraucher sind aber in keinem Fall in der Position, auf Änderungen der financial covenants hinzuwirken oder Einfluss auf ihre Beendigung zu nehmen.21 Was gut für eine Bank ist, muss noch lange nicht für einen Verbrauchergläubiger gut sein. Von einem anderen Blickpunkt aus betrachtet, kann sich der Gläubiger durch eine zu intensive Einflussnahme auf die unternehmerische Strategie oder das Verhalten der Gesellschaft einer Haftung aussetzen.22 Großgläubiger können sich in einer Situation wieder finden, in der sie zu sehr mit der Gesellschaftsschuldnerin verwickelt sind und daher so behandelt werden, als seien sie ihre Aktionäre oder ihr Geschäftsführer. Die Schlagworte, die von dem jeweils anwendbaren Recht abhängen, lauten: shadow directors, faktisches Organ, faktischer Gesellschafter.23

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Hopt, FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 1013, 1019; Merkt, ZGR 2004, 305, 313. Group of German Experts on Corporate Law, ZIP 2002, 1310, 1317. Siegel, BFuP 1998, 593, 594; Merkt, ZGR 2004, 305, 313f. Merkt, ZGR 2004, 305, 314. Für Deutschland BGHZ 119, 1.

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Risikoaverse Gläubiger werden daher Strategien anwenden, die einen zu großen Einfluss verhindern. Zusätzlich zum eigenen Geschäft auch noch als Vertreter für andere tätig zu werden, kann sich als zu gefährlich erweisen und zum Überschreiten dieser Grenze führen und wird daher nicht die bevorzugte Strategie sein, umso mehr als der Gewinn dieser Strategie für die handelnden Gläubiger nicht erkennbar ist. Zugestanden sei, selbst das Handeln in eigenem Namen und in eigenem Interesse kann eine Überschreitung jener Grenze sein. Andererseits ist Verträgen und financial covenants eine Verschiebung der Kontrolle über die Gesellschaft hin zu den Großgläubigern inhärent. Das Ermessen des Geschäftsführers und die kaufmännische Entscheidungsfreiheit können stark durch bestehende finanzielle Zusagen eingeschränkt sein. Die sachgerechte Zuordnung und Zuweisung von Verantwortung mag bereits im bestehenden System gefährdet sein, selbst ungeachtet der Bewegung weg von den Gesellschaftern und deren Teilhaberechten. In einigen Fällen kann es bereits heute wert sein zu überprüfen, ob die Zustimmung der Aktionäre zur Ein- und Durchführung weit reichender Zusagen eingeholt werden muss. Auch bei Verhandlungen über die Neustrukturierung von Gesellschaftsschulden oder, noch wichtiger, der Gesellschaft selbst, vertreten die professionellen Gläubiger nicht die Interessen der Verbraucher. Es wird mit großem Kaliber geschossen, und die Interessen der Kleingläubiger können unter den ersten Opfer sein. In Krisen setzen sich individuelle Lösungen durch und die Hauptfolge wechselseitige Ausfallklauseln ist die vorzeitige Fälligkeit der Schulden.24 Der einzige Nebeneffekt mag darin liegen, dass der Wille der Großgläubiger dahin geht, die Gesellschaft durch Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten am Markt zu erhalten und so das Vertrauen der Verbraucher zu behalten. Aber frisches Geld in die Gesellschaft zu stecken, um diese am Markt zu halten, ist keine Frage des Gläubigerschutzes durch den ursprünglichen Vertrag. Es entspricht sicher den höchsteigenen Interessen der Gläubiger, beinhaltet nichtsdestoweniger eine Laufzeitverlängerung für den alten Vertrag, wenn nicht sogar den Abschluss neuer Vereinbarungen.

IV. Waren- und Dienstleistungsgläubiger Als dritte Gruppe von Gläubigern verdienen weiterhin die Waren- und Dienstleistungsgläubiger besonderes Augenmerk, d. h. Gläubiger, die die Gesellschaft nicht im engen Sinne finanziell kreditieren, sondern ihr Waren liefern oder Dienste erbringen. Hierzu zählen klassische Lieferanten und Subunternehmer, insbesondere aber die für eine Gesellschaft tätigen Angestellten.25 Häufig, aber 24 Wolfgang Schön, Der Konzern 2004, 162, 167. 25 Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 713.

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nicht notwendig macht jene Klasse von Gläubigern Kleinforderungen geltend. Zumindest in der Vergangenheit hat die Kreditierung durch Waren- und Dienstleistungsgläubiger deutlich stärker als jene durch echte Finanzgläubiger beruht.26 Waren- und Dienstleistungsgläubiger haben häufig vergleichsweise geringe Informationskosten, weil die Kreditwürdigkeit des Schuldners aus vergangenen Transaktionen bekannt ist.27 Ergänzende Informationsmöglichkeiten verschafft außerdem der nicht selten vorhandene und gut ausgeprägte Kontakt mit anderen Waren- oder Dienstleistungsgläubigern.28 Dennoch lässt sich an der Güte von Informationen, die für Waren- oder Dienstleistungsgläubiger verfügbar sind, häufig zweifeln. Erstens tun sich kleinere Gläubiger in der Praxis mit einem angemessenen Screening schwer.29 Zweitens können die Kosten der Informationsbeschaffung und -verarbeitung für jeden einzelnen Gläubiger, gemessen an dem potentiell relativ geringen Forderungsausfall, außer Verhältnis stehen. Die nahe liegende Schlussfolgerung kann für einzelne Gläubiger in der Zuflucht zu rationaler Apathie bestehen, nicht anders als bei Geschäften zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen, deren Erschließung in jedem Detail der einzelnen Klauseln vergleichsweise zu aufwändig wäre.30 Drittens haben professionelle Informationslieferanten mit einem stark ausgeprägten free-rider-Problem zu kämpfen.31 Viertens können Hintergedanken und Eigeninteressen eines Informationslieferanten oder Wettbewerbers das wahre Bild verzerren.32 Zwei weitere Faktoren fallen erheblich ins Gewicht: Zum einen werden professionelle Informanten grundsätzlich nicht unentgeltlich tätig. Daraus kann für den Gläubiger erhebliche Kostenlast entstehen, etwa auch dann, wenn der Gläubiger um Versicherungsdeckung für Forderungsausfall oder um Risikoverlagerung auf Faktoren bestrebt ist. Versicherungen und Factoringgesellschaften sind professionelle Informationsbroker. In beiden Fällen wird der Zugang zur Information jedenfalls durch Entgelte, d. h. Prämien oder Abschläge, erkauft – Kosten, die der Gläubiger internalisieren muss, weil sie in die Forderungssumme nicht einfließen können. Als kostspielige Wege der Informationsbeschaffung erhöhen beide Möglichkeiten die Apathieschwelle. Zum anderen kann die Tätigkeit professioneller Informations-

26 Drukarczyk/Duttle/Rieger, Mobiliarsicherheiten, 1985, S. 58 Tafel U-14 ist ein Prozentsatz von 38,2 % im Vergleich zu nur 21,5 % bei Finanzgläubigern zu entnehmen (in Bezug auf deutsche GmbHs). 27 Escher-Weingart, Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht, 2001, S. 114; Böckmann (Fn. 18), S. 182 ff.; siehe auch Landers, 43 U. Chi. L. Rev. 527, 531 (1976); Jackson/Kronman, 88 Yale L.J. 1143, 1160f. (1979). 28 Drukarczyk/Duttle/Rieger (Fn. 26), S. 79 Tafel U-43; Escher-Weingart (Fn. 27), S. 114ff., 129; Böckmann (Fn. 18), S. 183. 29 Ronald J. Mann, 110 Harv. L. Rev. 625, 643 ff. (1997); Böckmann (Fn. 18), S. 184. 30 Eidenmüller/Engert, GmbHR 2005, 433, 436. 31 Ronald J. Mann, 54 Vand. L. Rev. 1627, 1653 (2001); Böckmann (Fn. 18), S. 184. 32 Ronald J. Mann, 54 Vand. L. Rev. 1627, 1653 (2001); Böckmann (Fn. 18), S. 185.

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broker durch Daten- und Geheimnisschutz nachhaltig behindert sein. Als nicht minder transaktionskostenintensiv und schwierig kann sich der Ausweg einer individualvertraglichen Begründung von Informationspflichten zu Lasten der Schuldnergesellschaft herausstellen.33 Zwar können freiwillig veröffentlichte Ratings des Schuldners eine gewisse Signalwirkung zu Gunsten von Finanzgläubigern sowie Waren- und Dienstleistungsgläubigern gleichermaßen entfalten. Am Problem einer denkbaren hidden agenda beim Informationsintermediär ändert dies allerdings nichts. Weiterhin bedeutet selbst publiziertes Bedienen der Verpflichtungen gegenüber Banken noch lange kein Wohlverhalten gegenüber Waren- und Dienstleistungsgläubigern. Ratings geben nicht wieder, dass die Schuldnergesellschaft Hinhaltestrategien verfolgen kann, so dass sich aus der Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Finanzgläubigern externe Effekte zu Lasten der Waren- und Dienstleistungsgläubiger ergeben. Außerdem entstehen weitere Probleme in der Phase der Vertragsverhandlung. Waren- und Dienstleistungsgläubiger stehen dem Verhandlungsprozess strukturell oft fern. Als überdurchschnittlich häufig unerfahrenen Gläubigern fehlt ihnen regelmäßig die notwendige Expertise, um die Reichweite von Vertragsbedingungen zu ermessen; die von ihnen ausgehende Verhandlungstätigkeit ist grundsätzlich gefahrgeneigt.34 Als schwache Vertragsparteien sind solche Gläubiger besonders angreifbar und leicht Ausbeutungsstrategien der Schuldnergesellschaft (und „hinter“ dieser der Anteilseigner) ausgesetzt. Dass solche Gläubiger ein nur periodisches Interesse an der Gesellschaft, etwa einen Erwartungshorizont von einem Monat bis zu drei Monaten hätten,35 verallgemeinert zu stark. Besonders fragwürdig ist eine derartige Annahme im Bereich der langfristig gebundenen Angestellten, aber auch im Falle typischer repeat player aus dem Bereich des Subunternehmertums. Solche Gläubiger sind nicht nur an Erfüllung der singulären Schuld, sondern nicht minder an der Deckung auch mittel- bis langfristiger Obliegenheiten interessiert.36 Dass die Liquidität in diesem Zusammenhang eine größere Rolle als die Bilanzsituation spielt,37 ist weder ein Widerspruch noch ein Gegenargument. Jedenfalls ist eine sorgfältige und aufwändige vertragliche Risikoplanung strukturell stets mit erhöhten Informations- und Screeningkosten verbunden.38 Die Kosten zu tragen ist aus der Gläubigerperspektive nur jenseits einer gewissen Kreditierungshöhe sinnvoll.39 Unterhalb dieser Interessenschwelle wäre 33 Cheffins, Company Law: Theory, Structure and Operation, 1997, S. 518; Böckmann (Fn. 18), S. 185. 34 Warren/Westbrook, 118 Harv. L. Rev. 1198, 1216 (2005). 35 Wie im Einzelnen dargelegt bei Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 713. 36 Entgegen Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 713. 37 Siehe Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 713. 38 Klose-Mokroß, Gläubigerschutz am Beispiel der Lehre von der verdeckten Sacheinlage, 1997, S. 177. 39 Böckmann (Fn. 18), S. 188.

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es uneffizient, zu hohe Investitionen in den Informationsbeschaffungsprozess vorzunehmen, wie sich oben am Beispiel des Nachsuchens um Versicherungsdeckung für Forderungsausfall gezeigt hat. Dennoch dürfte das Hauptproblem von Waren- und Dienstleistungsgläubigern deren Mangel an Verhandlungsmacht sein, insbesondere im Vergleich zur typischerweise weit stärker ausgeprägten Verhandlungsmacht von Finanzgläubigern. Waren- und Dienstleistungsgläubiger haben geradezu regelmäßig nicht die Möglichkeit, finanzielle Absicherungen in die Vertragsgrundlagen einzubringen. Besonders ist dies der Fall, wenn diese Gläubiger die Schuldnergesellschaft in der Vergangenheit ungesichert kreditiert haben. Rückwirkende Besicherungen sind für jene Gläubiger dann kaum verhandelbar. Wiederum kann nicht eingewandt werden, dass Finanzgläubiger als potentielle Interessenvertreter der Waren- und Dienstleistungsgläubiger agierten, so dass letztere vom Einsatz der Verhandlungsmacht ersterer profitieren könnten.40 Im Gegenteil arbeiten Finanziers den Interessen der Waren- und Dienstleistungsgläubiger tendenziell entgegen und weit eher nur im Sinne der Schuldnergesellschaft, wenn sie letzterer in der Krise Kreditsicherheiten abverlangen.41 Dies ist insbesondere der Fall im Verhältnis zu Dienstleistungsgläubigern, die anders als Warenlieferanten nicht einmal ihre erbrachte Leistung als körperliches Surrogat für die Forderung zurückverlangen bzw. Rechte hierzu vertraglich implementieren können.42

V. Ineffizienz vertraglicher Schutzmechanismen Unter den Grundannahmen, die zugunsten vertraglicher Schutzmechanismen ins Feld geführt werden, nimmt die Möglichkeit, das jeweilige Erfüllungsrisiko der Zinssatzkalkulation zugrunde zu legen, eine prominente Stellung ein. In der Vertragswirklichkeit ist die Praxis starker Kreditrationierung indes bis heute vorherrschend.43 Das zentrale Kennzeichen starker Kreditrationierung besteht darin, auf welches Risiko auch immer mit demselben Zinssatz zu reagieren, was im Ergebnis auf eine Politik des „Ja oder Nein“ bzw. des “take it or leave it” hinausläuft.44 Dass sich diese Praxis möglicherweise gegen „Basel II“ behaupten wird, liegt maßgeblich an Standardisierung und Pooling auf dem Wege der Kreditversicherung. Ein weiterer Grund ist das Absinken der Transaktions-, insbesondere der Informationskosten. Allerdings ist die zuletzt genannte Begründung nicht entscheidend, weil professionelle Gläubiger Schuldnergesellschaften ohnedies 40 Siehe aber Thießen, ZBB 1996, 19, 25; Klose-Mokroß (Fn. 38), S. 181. 41 Wolfgang Schön, ZGR 2000, 706, 727; Andreas C. Förster, System einer Insolvenzauslösung bei der GmbH, 2000, S. 367 ff.; Böckmann (Fn. 18), S. 188ff. 42 Siehe nur Ziegel, Cah. dr. 31 (1990), 1075, 1083; Böckmann (Fn. 18), S. 189. 43 Stiglitz/Weiß, 71 Am. Econ. Rev. 393, 408 ff. (1981). 44 Krümmel, in: Handwörterbuch der Finanzwirtschaft, 1976, Sp. 498f.

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zur Werterfassung und zur Abschätzung der Erfüllungsquote einem Screening unterziehen. Zuzugeben ist, dass „Basel II“ in seiner Gesamtheit in der Zukunft tendenziell eher auf individuelle Kreditkalkulation hinauslaufen könnte. Wenn der Standardzinssatz das Erfüllungsinteresse nicht reflektiert, so werden potentielle Finanzgläubiger (zumindest theoretisch) nicht mit der Schuldnergesellschaft kontrahieren. Der Hauptvorteil des Gläubigers liegt schlicht darin, dass er die Kosten für die geforderte Zinssatzanpassung einzusparen imstande ist. Wenn ein solcher Gläubiger vom Vertragsschluss absieht, so unterbleibt eine Investition, die im Interesse beiderseitiger Wohlfahrt gelegen hätte. Der Gläubiger beraubt sich selbst einer Gelegenheit, den Standardzinssatz zu verdienen, während der Schuldnergesellschaft die Möglichkeit versagt bleibt, den den Zinssatz übersteigenden Gewinn zu realisieren. Dieses Ergebnis muss nicht im Ganzen negativ sein, weil Risiken für den Gläubiger darin nicht einfließen, aber jedenfalls ist eine (möglicherweise) wohlfahrtssteigernde Gelegenheit verschenkt und verschwendet.45 Im anderen denkbaren Falle, dass der Gläubiger dem Vertragsschluss zustimmt, ist der zugrunde gelegte Zinssatz entweder zu hoch oder zu niedrig. Trifft ersteres zu, so ist das Ergebnis ineffizient, weil die Schuldnergesellschaft für ein nicht vorhandenes Risiko bezahlt. Ist der Zinssatz zu niedrig, so ist die Risikoverteilung ineffizient, weil nicht die Schuldnergesellschaft – gleichermaßen cheapest risk bearer und cheapest cost avoider – das Risiko trägt, sondern der Gläubiger.46 Außerdem können vertragliche Absicherungen eine zu starke Schutzwirkung entfalten, so dass Venturekapital nur um den Preis eines Zinsverlustes in die Schuldnergesellschaft investiert werden kann.47

VI. Gesetzliche Festkapitalregeln als Transaktionskostenersparnis Beachtung verdient ein weiterer, in engem Zusammenhang stehender Aspekt: Gesetzliche Festkapitalerfordernisse sparen dem Gläubiger Transaktionskosten, die ansonsten anfielen, um individualvertragliche Sicherungen zu implementieren.48 Dies gilt besonders für Screeningkosten.49 Dabei ist allerdings zu fragen, als wie erheblich derartige Transaktionskostenersparnisse und die aus ihnen realisierbaren Vorteile tatsächlich zu achten sind. Statuarische Festkapitalregeln kommen vertraglichen Standardbedingungen zugunsten sämtlicher Gläubiger nahe. Be45 Edward Renger, Gläubigerschutz durch § 32 a GmbHG, 2004, S. 93f. 46 Edward Renger (Fn. 45), S. 94. 47 Enriques/Macey, 86 Cornell L. Rev. 1165, 1199 (2001); Merkt, ZGR 2004, 305, 321. 48 Baetge, FS Heinrich Beisse, 1997, S. 11, 22f.; Kirchner, FS Heinrich Beisse, 1997, S. 267, 279f.; Armour, (2000) 63 Mod. L. Rev. 355, 373; Wolfgang Schön, ZGR 2000, 706, 727; ders., Der Konzern 2004, 162, 167. 49 Fauerholdt Thommesen/Krogh, Justitia Nr. 2-2005, 3, 19.

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sonders Angestellte und Bagatellgläubiger ohne ausreichende eigene Verhandlungsmacht, individualvertragliche Sicherungen durchzusetzen, dürften dies begrüßen.50 Auf der anderen Seite verfügen Banken ohnedies über eigene standardisierte Kreditvergaberichtlinien.51 Ob sich über Festkapitalregeln tatsächlich ein effektiver Standardvertrag vermittelt,52 erscheint insgesamt zweifelhaft.53

VII. Kapitalbindung der Anteilseigner Die Kapitalausstattung der Gesellschaft ist das Aushängeschild für die Selbstbindung der Anteilseigner. Deren Risiko, das eingebrachte Eigenkapital zu verlieren, befördert risikoaverses Verhalten der Anteilseigner im Sinne der Gläubigerinteressen. Das Festkapital ist der Mindesteinsatz, welchen die Anteilseigner ins Spiel bringen. Mit ihm haben sie etwas zu verlieren und verpflichten sich dadurch auf das Gesellschaftsinteresse. Das Festkapital markiert zugleich das Investitionsminimum; es zwingt die Anteilseigner dazu, einen Mindestanteil des Unternehmerrisikos der Gesellschaft zu übernehmen.54 Eigenkapital ist damit grundsätzlich Risikokapital.55 Aufgrund dessen agieren die Anteilseigner auch als Interessenvertreter der Gesellschaftsgläubiger.56 Festkapital setzt damit wünschenswerte Anreize, indem diese Anteilseigner-Interessenvertreter auf eigenes Risiko handeln. Dass die Anteilsinhaber gegenwärtigen und künftigen Gläubigern gegenüber schon durch die Kapitalausstattung ein Minimum an Eigenbindung signalisieren, setzt positive Signale für die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft und vermindert die ansonsten bestehende Informationsasymmetrie.57 Insoweit wird ein Kollektivangebot gemacht.58 Festkapital verringert das Risiko eines nachträg-

50 Stellungnahme der Group of German Experts on Corporate Law zum Konsultationsdokument der High Level Group of Experts on Corporate Law, ZIP 2002, 1310, 1317; Wolfgang Schön, Der Konzern 2004, 162, 167; Hertig/Kanda (Fn. 8), S. 71, 72. 51 Merkt, ZGR 2004, 305, 320. 52 Wie vorgebracht von Rossing Lønberg NTS 2002:2, 178, 182. 53 Fauerholdt Thommesen/Krogh, Justitia Nr. 2-2005, 3, 23. 54 Siehe Wiedemann, FS Karl Beusch, 1993, S. 893, 909. 55 Siehe nur Fleischer, Finanzplankredite, 1995, S. 87; Wiedemann, FS Karl Beusch, 1993, S. 893, 909. 56 Siehe nur Jensen/Meckling, 3 J. Fin. Econ. 306 (1976); Engert, ZGR 2004, 813, 820. 57 Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 727 f.; Wolfgang Schön, EBOR 5 (2004), 429, 440; ders., Der Konzern 2004, 162, 166; Eidenmüller, FS Andreas Heldrich, 2005, S. 581, 593. 58 Kirchner, FS Heinrich Beisse, 1997, S. 267, 278; Wolfgang Schön, EBOR 5 (2004), 429, 440; ders., Der Konzern 2004, 162, 166.

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lichen Opportunismus der Anteilseigner und internalisiert insoweit externe Effekte, vorausgesetzt, der geforderte Mindestkapitaleinsatz ist hoch genug.59 Das riskierte Festkapital kommt auch den Zwangsgläubigern der Gesellschaft zugute und verringert darin die ökonomische Plausibilität der gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung 60, soweit dieselbe gerade im Interesse der Zwangsgläubiger befürwortet wird.61 Ökonomisch stellt sich der entscheidende Vorteil der juristischen Person, insbesondere einer solchen mit Haftungsbeschränkung, als Separierung von Vermögensmassen dar. Das Eigenvermögen der Anteilseigner ist (defensiv) ausschließlich deren Privatgläubigern vorbehalten, wohingegen die Vermögensgegenstände der Gesellschaft (affirmativ) nur den Gesellschaftsgläubigern zur Verfügung stehen.62 Insoweit bewirken Normativbestimmungen zur Bildung juristischer Personen nichts anderes als eine Reorganisation von Gläubigerrechten.63 Finanzgläubiger befinden sich zuweilen in einer demgegenüber vergleichsweise besseren Position, Risiken durch risikospezifischen Auf- und Ausbau ihres Kreditportfolios abzufangen.64 Festkapital soll danach als Eintrittspreis für Vermögensseparierung und insbesondere für korporative Haftungsbeschränkungen gelten.65 Sehr oft ermöglicht es erst Investitionen durch Risikobegrenzung für die Anteilseigner 66 and wirkt sich auf die Überwachungskosten aus, die die Gesellschaftsgläubiger aufzuwenden haben.67 Eine Abschaffung gesetzlicher Festkapitalregeln würde die Durchsetzungskosten, z. B. von Geschäftsleiterhaftung, vergleichsweise erhöhen.68

59 Kirchner, FS Thomas Raiser, 2005, S. 181, 198. Gegenüber messbarem Einfluss auf die Risikokontrolle wesentlich skeptischer Blaurock, FS Thomas Raiser, 2005, S. 3, 12. 60 Insbesondere Hansmann/Kraakman, 100 Yale L.J. 1879 (1991); Haar, EBOR 1 (2000), 317; Mendelson, 102 Colum. L. Rev. 1203 (2002); siehe dazu Knöfel, JA 1997, 723ff. 61 Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 724f.; Kübler (Fn. 1), S. 95, 106; Wolfgang Schön, EBOR 5 (2004), 429, 441. 62 Maßgeblich Hansmann/Kraakman, 110 Yale L.J. 387 (2000); aufgegriffen von Lombardo, EBOR 4 (2003), 301, 314–319; Armour/Whincop, in: McCahery/ Raaijmakers/Vermeulen (eds.), The Governance of Close Corporations and Partnerships, 2004, S. 73, 83f.; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 679; Lombardo/Wunderlich, in: Claus Ott/Hans-Bernd Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Sozialschutzprinzips im Zivilrecht, 2004, S. 381, 391–396. 63 Hansmann/Kraakman, 31 J. Leg. Stud. 373, 405 (2002). 64 Eidenmüller/Engert, GmbHR 2005, 433, 434; Cheffins (Fn. 33), S. 499f. 65 Siehe nur Andersson, in: Langsted (ed.), Selskabers capital, Århus 1999, S. 37; Enriques/Macey, 86 Cornell L. Rev. 1165, 1173 (2001). 66 Eidenmüller/Engert, GmbHR 2005, 433, 434. 67 Kirchner, FS Thomas Raiser, 2005, S. 181, 192. 68 Hachney/Benso, 43 U. Pitt. L. Rev. 837, 857 (1982); Coffee, 89 Colum. L. Rev. 1618 (1989); Easterbrook/Fischel (Fn. 3), S. 35; Miller, 36 Am. Bus. L.J. 73 (1998); Merkt, ZGR 2004, 305, 320.

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Das durch Festkapital gesetzte Signal für Kreditwürdigkeit darf indes auch nicht überschätzt werden. Erstens ist es nur ein flüchtiges Eingangssignal, weil verlorene Zuschüsse zur Kapitalausstattung nicht ersetzt werden müssen.69 Zweitens steht das Signal nicht notwendig mit dem tatsächlichen Risikoprofil der Gesellschaft in Zusammenhang.70 Verborgene Risken können das Kreditwürdigkeitssignal nachträglich entwerten.71 Eine korporative Haftungsbeschränkung erhöht grundsätzlich das Interesse der Anteilseigner und der Investoren an risikoreichem Gesellschaftshandeln, weil die potentiellen Profite unbegrenzt, die eigenen Verluste dagegen begrenzt sind und externe Effekte zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger gehen.72 Unzweifelhaft kann sich eine hohe Kapitalausstattung mit einer transparenten Risikostruktur zu einem exzellenten Signal für Kreditwürdigkeit zusammenfügen. Die Gesellschaft profitiert von günstigen, d. h. niedrig aushandelbaren Zinssätzen umso mehr, je mehr Festkapital die Anteilseigner tatsächlich einsetzen.73 Drittens kann der erwartete und zukünftige cash flow für Gläubiger wesentlich interessanter sein als die theoretische, für sich genommen vergleichsweise weniger aussagekräftige Festkapitalausstattung.74 Dies gilt umso mehr, als die Kapitalausstattung dem Geschäftsvolumen angepasst werden muss. Demgegenüber sind die prohibitiven Signale, die von fehlendem Festkapital oder von einer geringen tatsächlichen Kapitaldecke ausgehen, stets aus sich heraus eindeutig und anders als die positiven Signale für Kreditwürdigkeit nicht erst zusammen mit anderen Umständen aussagekräftig.75

VIII. Kombination von Festkapital und vertraglichen Schutzmechanismen Möglicherweise empfiehlt es sich, bei der Herangehensweise einerseits an statuarische Kapitalerfordernisse, andererseits an individualvertragliche Schutzmechanismen einen Mittelweg einzuschlagen: Weshalb sollen Festkapitalregeln und vertragliche Sicherungsinstrumente als streng logische Alternativen betrachtet werden können? Könnten sie einander nicht unterstützen und strukturell ergänzen? 76 Zumindest die Praktiken professioneller Kreditgeber deuten stark da-

69 70 71 72 73 74 75 76

Siehe Eidenmüller, FS Andreas Heldrich, 2005, S. 581, 593. Eidenmüller, FS Andreas Heldrich, 2005, S. 581, 593. Kirchner, FS Thomas Raiser, 2005, S. 181, 197. Ross/Westerfield/Jaffe, Corporate Finance, 7. Aufl. 2005, S. 438ff.; Eidenmüller, JZ 2001, 1041, 1048 f.; Engert, ZGR 2004, 813, 822f.; Eidenmüller/Engert, GmbHR 2005, 433, 435. Kirchner, FS Thomas Raiser, 2005, S. 181, 191f. Eidenmüller, FS Andreas Heldrich, 2005, S. 581, 593. Kirchner, FS Thomas Raiser, 2005, S. 181, 197. Im Ergebnis genauso Hertig/Kanda (Fn. 8), S.71, 72; Wolfgang Schön, EBOR 5 (2004), 429, 440; ders., Der Konzern 2004, 162, 166.

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rauf hin. Die moderne Bankpraxis basiert in letzter Konsequenz entscheidend auf vertraglich vereinbarten Kreditsicherheiten. Financial covenants in all’ ihren Varianten kehren in sämtlichen von professionellen Finanzgläubigern entworfenen und verwendeten Vertragsmustern wieder. Vertragliche Sicherungsinstrumente bieten dem Gläubiger den Vorteil, in der Krise ggf. aus seinen eigenen Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft aussteigen zu können. Gesellschaftsgläubiger, soweit sie zugleich Schuldner der Gesellschaft sind, sind dann nicht mehr gezwungen, den Eigeneinsatz zu 100 % erbringen und sich nur mit einer minimalen Rückzahlungsquote begnügen zu müssen. Allerdings gilt dies eben nur zugunsten ihrerseits der Gesellschaft verpflichteter Gläubiger, eine Rolle, die gerade Banken vergleichsweise selten zufällt. Nur-Gläubiger der Gesellschaft – nicht Schuldner-Gläubiger in Personalunion – müssen sich demgegenüber auf andere Mechanismen der Vertragsdurchsetzung verlassen. Dies läuft im Ergebnis auf nichts anderes hinaus, als den Zugriff auf die Vermögensgegenstände der Gesellschaft sicherzustellen. In dieser Hinsicht können Festkapitalerfordernisse insoweit manche Handreichung bieten, als sie das Vorhandensein eines Mindestbestands von Vermögensgegenständen garantieren. Die Durchsetzung vertraglicher Verpflichtungen muss von effektiven Möglichkeiten flankiert sein, Druck auf den Schuldner auszuüben zu können; sie ist auf Drohpotential angewiesen. Die Vermögensgegenstände der Gesellschaft spielen insoweit eine zentrale Rolle, als sie als zentrale Besicherungsgrundlage fungieren, dies in Abhängigkeit davon, inwieweit das anwendbare Gesellschaftsrecht die Verwendung als Kreditsicherheit gestattet. Die Gegenstände des Gesellschaftsvermögens sind zwar nicht als solche Ergebnisse von Festkapitalregeln. Aber es lässt sich auch nicht behaupten, dass Festkapitalerfordernisse das Gesellschaftsvermögen reduzieren. Auf der anderen Seite ist Festkapital zumindest geeignet und geneigt, die Vermögensausstattung der Gesellschaft zu erhöhen. Je mehr die Gesellschaft in die Waagschale werfen kann, umso besser fährt sie im Hinblick auf Kreditbedingungen und -besicherungen. Etwas in der Hinterhand zu haben und zu behalten ist mit Sicherheit keine dem Gesellschaftsinteresse abträgliche Politik. Der Wert der vorhandenen Vermögensgegenstände kann sogar bestimmend für die erste Kreditentscheidung eines potentiellen Finanzgläubigers wirken. Demgemäß sind wechselseitige Abhängigkeiten zwischen Festkapital, dem Umfang des Gesellschaftsvermögens und vertraglichen Kreditsicherheiten mindestens wahrscheinlich. Allerdings wird das Kombinieren von Festkapital mit vertraglichen Schutzmechanismen von einer anderen Warte aus kritisiert: Man spricht von einer Anhäufung von Sicherungsinstrumenten und demgemäß besonders strikter Kreditrationierung, die im Ergebnis auf Übersicherung hinauslaufe.77 Allerdings überzeugt derartige Kritik nicht vollständig. Das

77 Merkt, ZGR 2004, 305, 321.

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angesprochene Risiko geht nur von überbordenden, dezidiert restriktiven vertraglichen Sicherungsmechanismen aus. Die Gefahr der Übersicherung ist hingegen eine allgemeine, die jeglicher vertraglichen Besicherung innewohnt, nicht aber spezifisch einer Kombination vertraglicher Kreditsicherung mit Festkapitalregeln anhaftet. Überhaupt jegliche vertragliche Sicherungsklausel kann zu Übersicherung führen, je nachdem, ob sie jenseits der legitimen Vertragzwecke liegt.78

IX. Wettlauf der Gläubiger Ein schwerwiegendes Problem, das keiner der dargestellten Ansätze vollständig zu lösen vermag, stellt der Wettlauf von Gläubigern in der Krise dar. In der Krise der Gesellschaft kann keine noch so elaborierte normative Ordnung jedem einzelnen Gläubiger gleichberechtigten und uneingeschränkten Zugriff auf die Vermögensgegenstände der Gesellschaft garantieren. Dem stehen fast immer einige, zumeist sehr einschneidende Behinderungen im Wege, zuvörderst die stets latente Möglichkeit von Anfechtungsrechten der Gläubiger, soweit ein Insolvenzverfahren eröffnet werden muss. Andere durchschlagende Modelle der Gläubigerbevorzugung ergeben sich aus dem berühmt-berüchtigten Chapter 11 des US Bankruptcy Code. Offenbar entwickelt sich derzeit eine Paralleldebatte zur Frage, inwieweit vertragliche und gesetzliche Schutzmechanismen zusammen passen, auf dem (Neben-)Kriegsschauplatz des „Kontrahierens aus der Insolvenz“. Dort trifft ein kontraktualistischer Ansatz 79 auf erbitterte Widersacher.80

X. Schlussfolgerung Verträge allein sind keine geeigneten Instrumente, um Festkapitalregeln zu ersetzen. Zu viele verschiedene Gruppen von Gläubigern sind vertraglich nicht ausreichend – wenn überhaupt – geschützt. Das Spektrum derartiger Gesellschaftsgläubigern reicht von Zwangsgläubigern über Inhaber von Bagatellforderungen an die Gesellschaft (insbesondere Verbraucher) bis hin zu reinen Waren- bzw. Dienstleistungsgläubigern. Die ökonometrische Effizienzbewertung fällt insoweit bestenfalls zwiespältig aus.81 Allerdings kann vertragliche Kreditsicherung

78 Merkt, ZGR 2004, 305, 321. 79 Beispielsweise Bebchuk, 101 Harv. L. Rev. 775 (1988); Robert K. Rasmussen, 71 Tex. L. Rev. 51 (1992); Adler, 45 Stan. L. Rev. 311 (1993); Alan Schwartz, 107 Yale L.J. 1807 (1998). 80 Siehe LoPucki, 109 Yale L.J. 317 (1999); dens., 98 Mich. L. Rev. 2216 (2000); Block-Lieb, 2001 U. Ill. L. Rev. 503; Warren/Westbrook, 118 Harv. L. Rev. 1198 (2005).

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als ergänzendes und unterstützendes Schutzmittel im Verhältnis zu bestehenden Festkapitalregeln dienen. Insoweit kann sie legitimen Zwecken dienen. Gerade eine Kombination von Festkapital mit individualvertraglichen Besicherungsmechanismen könnte den einzuschlagenden Weg des künftigen Gläubigerschutzes vorzeichnen – allerdings stets eingedenk der Tatsache, dass ein Kombinationsmodell seinerseits strukturelle Defizite zu bewältigen hat.

Teil 2 Länderberichte

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von Professorin Dr. Eva Micheler, MJur (Oxon), MLitt (Oxon), Wien, Senior Lecturer (London School of Economics)

Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mindestkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sacheinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geltende Rechtslage und Reform . . . . . . . . . . . . . 2. Zustimmungsrechte der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . 3. Verwässerungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verwässerungsschutz – Minderheitsaktionäre . . . . . . 5. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zustimmungsrechte der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . a) Nominelle Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . b) Rückzahlungen an Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . c) Reduktion von Einlageverpflichtungen . . . . . . . . . 2. Minderheitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gleichheitsvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Qualifizierte Mehrheit und Angebote an alle Aktionäre c) Satzungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aktiengattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ungerechtfertigte Benachteiligung . . . . . . . . . . . V. Einlagenrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einleitung Dieser Beitrag analysiert das geltende englische Kapitalschutzrecht und den jüngsten von Jonathan Rickford vorgelegten Reformvorschlag. Er baut auf Überlegungen auf, die im Jahre 2004 in der ZGR veröffentlicht wurden 1. 1 Micheler, Gläubigerschutz im englischen Gesellschaftsrecht – Reformvorschläge mit Implikationen für Europa, ZGR 2004, 324.

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Ergebnis des ZGR-Beitrags war, dass das geltende englische Kapitalschutzrecht ein festes Grundkapital zwingend vorschreibt und sich im Wesentlichen an denselben Prinzipien orientiert wie das deutsche Kapitalschutzregime. Die Regeln des englischen Rechts wurden analysiert und mit dem deutschen Recht verglichen. Darüber hinaus wurden der Reformvorschlag und seine Auswirkungen auf das geltende englische Recht untersucht. Diese Analyse des geltenden englischen Rechts und vor allem des Reformvorschlags beschränkte sich jedoch auf den Gläubigerschutz. Aktionärs- und Minderheitenschutz werden in der ZGR Publikation nicht untersucht. Der vorliegende Beitrag holt dies nach. Er analysiert, welche Auswirkungen der Rickfordvorschlag auf den Schutz der Rechte von Aktionären und Aktionärsminderheiten hat. Dabei werden folgende Regeln untersucht: Mindestkapital, Sacheinlagen, Ausschüttungen, Einlagenrückgewähr.

II. Mindestkapital Die Regeln über das Mindestkapital bezwecken in erster Linie den Schutz der Gläubiger. Aus der Sicht von Aktionären einschließlich Minderheitsaktionären hat der von Rickford vorgeschlagene Wegfall der Regeln über das Mindestkapital keinerlei Auswirkungen. Ihre Interessen sind dadurch nicht beeinträchtigt. Eine Abschaffung der Mindestkapitalregeln benachteiligt weder Aktionäre im Allgemeinen noch Minderheitsaktionäre im Besonderen.

III. Sacheinlagen 1. Geltende Rechtslage und Reform Das geltende englische Kapitalaufbringungsrecht wird in dem ZGR Beitrag ausführlicher analysiert 2. Einlagefähig ist nur geldwertes Vermögen. Bei der public limited company können keine Arbeits- und Dienstleistungen als Sacheinlagen eingebracht werden. Eine Sacheinlagenprüfung durch unabhängige Sachverständige ist nur bei der public limited, nicht hingegen bei der private limited company vorgesehen. Überdies überprüfen nach den bisher vorliegenden Entscheidungen die englischen Gerichte die Bewertung von Sacheinlagen durch Aktionäre bzw Direktoren nur in Ausnahmefällen. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Direktoren „dishonestly“ oder in „bad faith“ gehandelt haben, oder wenn sich aus dem Sachverhalt ergibt, dass kein vernünftiger Mensch zum Schluss kommen würde, dass die Einlagen 2 Micheler, ZGR 2004, 326 f.

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dem dafür gutgeschriebenen Wert entsprechen. Die Tatsache, dass die Gesellschaft einen offensichtlich überhöhten Preis für bestimmte Einlagen zahlt, reicht für die Differenzhaftung der Gesellschafter nicht aus 3. Zur Haftung kommt es lediglich, wenn die Bewertung in Schädigungsabsicht durchgeführt wurde 4. Rickford schlägt die Abschaffung des festen Grundkapitals vor. Ebenso sollen die Regeln über die Veröffentlichung des Grundkapitals wegfallen. Weiters können aus Gläubigersicht („as far as creditors are concerned“) auch die Regeln über die Kapitalaufbringung aufgehoben werden 5. Die Reform soll aber zu keiner Beeinträchtigung von Aktionärsinteressen führen. 2. Zustimmungsrechte der Aktionäre Aktionärsinteressen sollen dadurch geschützt werden, dass nach wie vor neue Aktien nur mit Zustimmung der Aktionäre ausgegeben werden können. Die Regeln über das Bezugsrecht sollen ebenfalls in Geltung bleiben 6. 3. Verwässerungsschutz Rickford hält außerdem fest, dass die Vorschriften zur Sacheinlagenbewertung neben dem Gläubigerschutz auch den Zweck haben, Aktionäre vor Verwässerung ihrer Beteiligung an der Gesellschaft zu bewahren (“provisions on capital raising, notably the valuation requirements for non-cash payment up of shares, are intended to protect members from dilution”) 7. Verwässerungschutz sei aber ein allgemeines gesellschaftsrechtliches Problem, das daher auch im Zusammenhang mit den sonstigen für die Unternehmensverwaltung geltenden Vorschriften zu lösen sei. Der Rickfordbericht führt aus, dass folgende Vorschriften einschlägig seien. Die Gesellschaft muss den Sacheinlagenvertrag und die für die Sacheinlage gewährte Gegenleistung dem Gesellschaftsregister gegenüber offenlegen. Bestimmte Maßnahmen können nicht von den Direktoren in eigener Verantwortung, sondern nur mit Zustimmung der Aktionäre durchgeführt werden. Direktoren sind verpflichtet, „in good faith“ und im ausschließlichen Interesse der Gesellschaft zu handeln. Es gibt überdies Vorschriften, die Minderheitsaktionäre gegen Übervorteilung schützen 8.

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Pennington8, 175, 178. Re Wragg Ltd [1897] 1 Ch 796. Rickford, EBLR 2004, 68. Rickford, EBLR 2004, 68. Rickford, EBLR 2004, 69. Rickford, EBLR 2004, 69; siehe dazu unten 520 ff.

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Die erwähnten Vorschriften schützen nach Auffassung von Rickford Aktionäre und Minderheitsaktionäre in ausreichender Weise. Der Bericht weist darauf hin, dass vor Umsetzung der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie das Fehlen einer Sachverständigenbewertung von niemandem bemägelt wurde. Die Richtlinie schreibt besondere Kapitalaufbringungsregeln überdies nur für public limited companies vor. Obwohl es nunmehr besondere Sacheinlagenbewertungsregeln im englischen Recht gibt, forderte bisher niemand, dass der Anwendungsbereich der Regeln auf private limited companies ausgedehnt werde. Rickford kommt zu dem Schluss, dass die Abschaffung der Regeln der zweiten Richtlinie über die Kapitalerhaltung daher ausschließlich Vorteile bringen könne (clearly and wholly advantageous) 9. Die letzte Schlussfolgerung beschränkt er jedoch auf Großbritannien und schreibt weiter, dass für die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen der Europäischen Union nicht zwingend die gleichen Überlegungen gelten 10. Insbesondere scheinen die Haftungspflichten von Direktoren und der Minderheitenschutz, aber auch die Einflussrechte der Aktionäre in einigen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen weniger stark ausgeprägt zu sein. Rickford spielt dabei auf die tatsächlich besonders ausgeprägte fiduziarische Haftung von Direktoren an. Es gibt beispielsweise eine Judikturlinie, nach der Direktoren ohne Zustimmung der Gesellschaft bestimmte Transaktionen selbst dann nicht im eignen Namen oder für eigene Rechnung abschließen dürfen, wenn die Gesellschaft selbst nicht in der Lage war, das Geschäft selbst zu tätigen, oder wenn die Gesellschaft Vorteile daraus zieht, dass Direktoren das Geschäft im eigenen Namen und für eigene Rechnung durchführen11. Rickford weist mit seiner Anmerkung auch darauf hin, dass die Aktionärsversammlung Direktoren bei private und public limited companies jeder Zeit und ohne Grund mit einfacher Mehrheit abberufen kann 12. Die Direktoren einer public limited company in England sind daher anders als beispielsweise die Aktionäre einer Aktiengesellschaft in Deutschland in ihrer Rechtsstellung von der Hauptversammlung in direkter Weise abhängig. Aktionäre können den Direktoren außerdem jederzeit mit qualifizierter Mehrheit Weisungen erteilen 13. Die letzte Vorschrift gilt ebenfalls für die private und die public limited company. Aktionäre einer englischen Aktiengesellschaft haben stärkere direkte Einflussrechte auf das Management ihrer Gesellschaft als Aktionäre einer deutschen Aktiengesellschaft.

9 Rickford, EBLR 2004, 69. 10 Rickford, EBLR 2004, 69. 11 Keech v Sandford (1726) Sel Cas Ch 61; Regal (Hastings) Ltd v. Gulliver [1967] 2 AC 134, [1942] 1 All ER 378 (HL); Boardman v Phipps [1967] 2 AC 46. 12 Sec 303 CA 1985. 13 Table A Article 70.

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Dieser Unterschied in der corporate governance von englischen und einigen kontinentaleuropäischen Gesellschaften kann nach Rickford Sacheinlagenvorschriften erforderlich machen 14. Er schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass der Wegfall des Regelungskatalogs der zweiten Richtlinie durch eine Vorschrift kompensiert werden soll, die Leitungsorgane dazu verpflichtet, eine faire Bewertung zum Vorteile der Gesamtheit der Aktionäre vorzunehmen (explicit duty to achieve fair value for the benefit of the shareholders as a whole). Rickford zitiert in diesem Zusammenhang auch den Winterbericht, wonach eine allgemeine Pflicht, Kapital fair zu bewerten, den Schutz der Aktionäre im Vergleich zu geltenden Rechtslage in Europa verbessern würde15. Der Rickfordbericht geht ganz allgemein davon aus, dass der gegenwärte ex ante Schutz, der durch besondere Sachaufbringungsvorschriften erreicht wird, ohne Schaden für die Aktionäre abgeschafft werden kann. Die ex post Kontrolle, die im Rahmen der allgemeinen Organhaftung durchgeführt wird, reicht nach dieser Auffassung aus, um Aktionärsrechte in angemessenem Umfang zu schützen. Aus Rickfords Perspektive genügen im Rahmen des englischen Rechts in diesem Zusammenhang die allgemeinen Regeln zur Organhaftung 16. Aus der Sicht dieses Beitrags ist dazu anzumerken, dass die englischen Gerichte die von Direktoren durchgeführte Sacheinlagenbewertung nicht in allen Fällen inhaltlich überprüfen. Eine solche Überprüfung findet, wie bereits erwähnt, nur statt, wenn gar keine Bewertung durchgeführt wurde, oder wenn die Bewertung „in bad faith“ als wissentlich bösgläubig vorgenommen wurde 17. Strengere Regeln gelten, wenn Direktoren selbst eine Sacheinlage vornehmen. Derartige Sacheinlagen unterliegen den hoch entwickelten fiduziarischen Regeln des englischen Rechts. Eine von Direktoren eingebrachte Sacheinlage, die eine bestimmte Wertgrenze überschreitet, fällt überdies mit hoher Wahrscheinlichkeit unter den An14 Rickford, EBLR 2004, 70. 15 Jaap Winter, Bericht der Hochrangingen Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa (2002) 96 ff abrufbar unter http://www.europa.eu.int/comm/internal_market/ company/docs/modern/report_de.pdf. 16 Siehe dazu den Beitrag von Bachner, EBOR 2004, 293 ff. 17 Micheler, ZGR 2004 326, 327; in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechungslinie, die diesen Grundsatz entwickelt hat, sich etabliert hat, bevor sich der allgemeinen Haftungsstandard von Direktoren von einem subjektiven Haftungsstandard (Marquis of Bute’s Case [1892] 2 Ch 100; Re Brazilian Rubber Plantations and Estates Ltd [1911] 1 Ch 425; Re City Equitable Fire Insurance Co Ltd [1925] Ch 407) zu einer objektiven Fahrlässigkeitshaftung (Norman v. Theodore Goddard [1992] BCC 14, [1991] BCLC 1028; Re D’Jan of London Ltd [1993] BCC 646, [1994] BCLC 561) entwickelt hat. Es kann daher durchaus vertreten werden, dass sich der neue objektive Haftungsstandard auch auf die Sacheinlagenbewertung bezieht. Einschlägiges case law (und darauf kommt es im common law an) gibt es in diesem Zusammenhang jedoch nicht.

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wendungsbereich von section 320 Companies Act 1985. Sec 320 CA 1985 erfasst alle Geschäfte, durch die die Gesellschaft Vermögen von einem Direktor oder einer mit ihm verbundenen Person erwirbt, vorausgesetzt der Wert des Vermögens übersteigt 10 % des Wertes des Gesellschaftsvermögens bzw £ 100.000,– (mindestens jedoch £ 2.000,–). Der Wert des Gesellschaftsvermögens wird dabei nach Maßgabe der Bilanz des letzten Finanzjahres bestimmt. Als mit dem Direktor verbunden gelten Ehegatten, Kinder, Stiefkinder und Gesellschaften, an denen der Direktor beteiligt ist (sec. 346 CA 1985). Geschäfte, die unter sec 320 CA 1985 fallen, sind von der Hauptversammlung zu bewilligen. Das englische case law hat bisher zwar keine Entscheidung in diesem Zusammenhang hervorgebracht, es kann daher aus der Sicht des englischen Rechts keine abschließende Aussage getroffen werden. Dennoch ist anzunehmen, dass Sacheinlagen, im Rahmen derer die Gesellschaft Vermögen erwirbt, unter die Vorschrift fallen. Nimmt man dies an, so müssen Sacheinlagengeschäfte, die ein Direktor tätigt oder ihm verbundene Personen mit der Gesellschaft tätigen, von den Aktionären genehmigt werden. Dies dient dem Schutz der Aktionäre. 4. Verwässerungsschutz – Minderheitsaktionäre Verfügt ein Direktor, der eine Sacheinlage einbringt, selbst über die Mehrheit der Anteile an einer Gesellschaft, so ist zu prüfen, durch welche Vorschriften das englische Recht die Minderheit der Aktionäre der Gesellschaft schützt. Das englische Recht schützt Minderheitsaktionäre durch section 459 CA 1985. Nach dieser Vorschrift können Aktionäre, die eine ungerechtfertigte Benachteiligung (unfair prejudice) ihrer Interessen nachweisen können, bei Gericht die Anordnung bestimmter Maßnahmen beantragen. Zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung führte beispielsweise der Beschluss einer Kapitalerhöhung, bei der der Minderheitsgesellschafter, weil er nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügte, sein Bezugsrecht nicht ausüben konnte 18. Es existiert bislang zwar keine Entscheidung, nach der eine Überbewertung einer Sacheinlage unter sec 459 CA 1985 fällt. Dennoch ist aber davon auszugehen, dass eine Überbewertung, die zu einer Vermögensverschiebung von der Minderheit weg zur Aktionärsmehrheit führt, grundsätzlich von der Vorschrift erfasst ist. 5. Abschließende Bemerkungen Aus der Sicht des Rickfordberichts reichen die allgemeinen englischen Regeln über Verhaltenspflichten der Organe, Aktionärsrechte und Minderheitensschutz aus, um die Probleme, die sich bei der Bewertung von Sacheinlagen stellen, zu be18 Re Cumana Ltd [1986] BCLC 430.

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wältigen. Der Rickfordbericht vertritt, dass die durch besondere Bewertungsvorschriften vorgenommene ex ante Kontrolle von Sacheinlagen nicht erforderlich ist. Diese Auffassung entspricht der allgemeinen Einstellung englischer Gerichte, dass Richter prinzipiell nicht in der Lage sind, betriebswirtschaftliche Entscheidungen inhaltlich zu überprüfen. Das englische Recht erreicht Aktionärs- und Minderheitsschutz daher nicht durch inhaltlich zu überprüfende Sachregeln, sondern durch Normen, die die betroffenen Interessenskreise in den Entscheidungsprozess einbinden. Anstelle von objektiven Bewertungsvorschriften treten daher Regeln, die besonders suspekte Transaktionen von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig machen. Das deutsche Recht steht inhaltlich verhaltenssteuernden Regeln traditionell weniger skeptisch gegenüber. Aus dieser Sicht sind daher besondere Bewertungsregeln für Sacheinlagen im Interesse von Aktionären und Aktionärsminderheiten durchaus zu empfehlen. IV. Ausschüttungen Der ZGR Beitrag hat bereits ausgeführt, dass nach dem Rickfordvorschlag nicht zwischen Gewinn- und Kapitalausschüttung zu unterscheiden ist. Das feste Grundkapital soll durch einen flexibleren Solvenztest (solvency test) und eine Solvenzbestätigung (solvency statement) ersetzt werden. Direktoren sind vor jeder Ausschüttung verpflichtet, die finanzielle Lage der Gesellschaft zu prüfen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie nur den Bilanzgewinn oder einen darüberhinausgehenden Betrag ausschütten. Bei dieser Solvenzprüfung haben die Direktoren die Bilanz der Gesellschaft zu berücksichtigen. Sollte die Bilanz keinen Gewinn ausweisen und stellen die Direktoren dennoch fest, dass eine Ausschüttung ohne Gefährdung der Solvenz der Gesellschaft durchgeführt werden kann, so müssen sie ihre Auffassung begründen 19. Der Solvenztest und die mit ihm verbundene Solvenzbestätigung sollen für alle Arten von Ausschüttungen zur Anwendung kommen. Dazu gehören neben der Ausschüttung von Dividenden auch Kapitalherabsetzungen und der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft 20. Die Auswirkungen des Reformvorschlages auf Gläubigerrechte wurden bereits in dem ZGR Beitrag analysiert. Jene Vorschriften, die für Kapitalmaßnahmen gelten und den Schutz der Aktionäre bzw von Minderheitsaktionären bezwecken, sollen unverändert in Geltung bleiben. Diese Maßnahmen werden in der Folge untersucht.

19 Rickford, EBLR 2004, 62. 20 Rickford, EBLR 2004, 68.

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1. Zustimmungsrechte der Aktionäre Nach geltendem englischen Recht bedarf eine Kapitalherabsetzung der Zustimmung der Aktionäre 21. Nach dem Rickfordvorschlag gibt es kein festes Kapital, daher fällt auch die Kapitalherabsetzung als selbstständige Transaktion weg. Kapitalherabsetzungen sind von sonstigen Ausschüttungen nicht mehr zu unterscheiden 22. Rickford schreibt nicht, in welcher Weise Aktionärsrechte vor diesem Hintergrund geschützt werden. Der Aktionärsschutz nach geltendem englischen Recht ist daher unter der Annahme, dass die Reformen implementiert werden, zu prüfen. Eine Kapitalherabsetzung kann in drei Formen durchgeführt werden 23: 1. durch Streichung von einbezahltem aber durch Verluste aufgebrauchtem Kapital (nominelle Kapitalherabsetzung); 2. durch Rückzahlungen an Aktionäre; 3. durch Reduzierung oder Erlass von ausstehenden Einlagenverpflichtungen. Diese drei Formen werden in der Folge untersucht. a) Nominelle Kapitalherabsetzung Die Regeln über die nominelle Kapitalherabsetzung werden mit Abschaffung des festen Grundkapitals völlig verschwinden. Gesellschaften können freiwillig einen Puffer auf der Passivseite der Bilanz einrichten. Der Umfang dieses Puffers wird aber nicht durch die Summe der Einlagen der Aktionäre bestimmt, sondern richtet sich nach der Risikoeinschätzung der Direktoren der Gesellschaft. Die Höhe des Puffers kann, solange die Gesellschaft weiterhin in der Lage ist, den Ansprüchen des Solvenztests genüge zu tun, verändert und daher auch reduziert werden. Der Rickfordbericht schlägt nicht vor, dass Veränderungen des Puffers der Zustimmung der Aktionäre bedürfen. b) Rückzahlungen an Aktionäre Der Rickfordbericht erwähnt die Rückgewähr von Einlagen an Aktionäre nicht ausdrücklich. Er behandelt aber einen Fall der Einlagenrückgewähr, den Rückkauf bzw die Einlösung von Aktien durch die Gesellschaft. Beide Fälle werden im Rickfordbericht unter dem Begriff „shares buy-back“ zusammengefasst 24. 21 22 23 24

Sec 135 (1) CA 1985. Rickford, EBLR 2004, 68. Gower and Davies 7, 242. Rickford, EBLR 2004, 23.

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Ein Rückkauf (purchase) liegt vor, wenn die Gesellschaft eigene Aktien erwirbt. Eine solche Transaktion bedarf der Zustimmung der Gesellschaft und der verkaufenden Aktionäre. Zu einer Einlösung (redemption) von Aktien kommt es, wenn die Gesellschaft oder je nach Ausgestaltung des Einlösungsrechts der betroffene Aktionär durch einseitige Erklärung eigene Aktien erwirbt bzw an die Gesellschaft verkauft. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die Aktien ursprünglich als einlösbare Aktien ausgegeben wurden. Sowohl der Rückkauf als auch die Einlösung von Aktien bedürfen nach geltendem Recht der Zustimmung der Aktionäre. Diese Vorschriften sollen weiterhin in Geltung bleiben. Sie werden in der Folge untersucht. Einlösbare Aktien können nur unter den in der Satzung der Gesellschaft normierten Bedingungen rückerworben werden 25. Die Vorschrift dient dem Schutz der Aktionäre, deren Aktien nicht einlösbar sind 26. Aktionäre, die Aktien erwerben, mit denen kein Einlösungrecht verbunden ist, sollen davon in Kenntnis gesetzt werden, dass die Gesellschaft einlösbare Aktien ausgegeben hat. Nachträglich können einlösbare Aktien nur durch eine Satzungsänderung eingeführt werden. Eine Satzungsänderung bedarf einer qualifizierten Mehrheit. Hinsichtlich des Rückkaufs von Aktien wird zwischen einem market und einem off-market Kauf unterschieden. Marktkäufe werden an der Börse, off-market Käufe werden außerhalb der Börse getätigt. Ein off-market Kauf bedarf der Zustimmung der Aktionäre mit qualifizierter Mehrheit. Aktionäre, deren Aktien erworben werden sollen, sind dabei nicht stimmberechtigt. Ein Börsenkauf bedarf ebenfalls der Zustimmung der Aktionärsversammlung. In diesem Fall reicht jedoch die einfache Mehrheit aus 27. Hervorzuheben ist auch, dass die englischen Listing Rules vorschreiben, dass Rückkäufe von über 15 % des Aktienkapitals durch ein anteiliges Angebot an alle Aktionäre durchzuführen sind 28. Alle sonstigen Rückzahlungen an Aktionäre fallen unter den Solvenztest und die Solvenzbestätigung und bedürfen daher offensichtlich keiner Zustimmung durch die Aktionäre. c) Reduktion von Einlageverpflichtungen Der Rickfordbericht erwähnt, abgesehen share buy-backs von Aktien, keine Fallkonstellationen, in denen die Zustimmung der Aktionäre erforderlich wäre. Insbesondere der Fall, dass Einlageverpflichtungen reduziert oder gänzlich erlassen werden, wird nicht ausdrücklich erwähnt. Gleichzeitig betont der Bericht, 25 26 27 28

Sec 160 (3) CA 1985. Gower and Davies, 7. Aufl., 248. Gower and Davies, 257 ff. Para 12.4 Listing Rules abrufbar von http://fsahandbook.info/FSA/html/handbook/ LR/12/6.

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dass die Rechte der Aktionäre und der Aktionärsminderheit durch die Reform nicht verändert werden sollen. Dies ist aber nur möglich, wenn gleichzeitig mit der Reform des Kapitalerhaltungsrechts eine Vorschrift eingeführt wird, nach der die Reduzierung und der Erlass von Einlageverpflichtungen, der nicht zur Einziehung von Aktien führt, der Zustimmung der Aktionärsversammlung bedarf. Eine solche Veränderung der Einlagepflicht befreit Aktionäre von einer vertraglichen Verpflichtung, die sie beim Erwerb der Aktien eingegangen sind. Wenn ein Rückkauf von Aktien die Zustimmung der Aktionäre erfordert, sollte dies auch für Modifikationen der Einlagepflicht zum Nachteil der Gesellschaft gelten. 2. Minderheitsschutz Das geltende englische Recht beschränkt Gesellschaften hinsichtlich ihrer Ausschüttungen. Dividenden können nur ausgezahlt werden, wenn die Bilanz der Gesellschaft einen Gewinn ausweist. Weist die Bilanz keinen Gewinn aus, so sind die Regeln über die Kapitalherabsetzung zu beachten. Der Reformvorschlag löst die Ausschüttung von der strengen Bindung an die Bilanz. Direktoren bestimmen unter Berücksichtigung der Bilanz und unter Einbeziehung ihrer betriebswirtschaftlichen Einschätzung, ob eine Ausschüttung ohne die Gefährdung der Solvenz der Gesellschaft durchgeführt werden kann. Dies kann zwar auch dazu führen, dass eine Gesellschaft, die gegenwärtig eine Ausschüttung vornehmen kann, weil ein Bilanzgewinn vorliegt, diese Ausschüttung nicht durchführen kann, weil sie den Solvenztest nicht besteht. In den allermeisten Fällen ist aber davon auszugehen, dass Ausschüttungen leichter möglich sein werden als nach geltendem Recht. Gesellschaften, die bisher mangels Bilanzgewinn keine Ausschüttung vornehmen können, werden dies in Hinkunft tun können. Dadurch alleine werden Minderheitsrechte nicht beeinträchtigt. Solange die Gesellschaft Ausschüttungen anteilig nach Maßgabe der Beteiligung der einzelnen Aktionäre vornimmt, sind die Interessen einer Aktionärsminderheit nicht betroffen. Minderheitsrechte sind nur dann genauer zu untersuchen, wenn die Gesellschaft Ausschüttungen vornimmt, von der bestimmte Aktionäre ausgeschlossen werden. Das geltende Kapitalerhaltungsrecht schützt Minderheitsinteressen daher grundsätzlich nicht. Fragen der Aktionärsgleichbehandlung liegen außerhalb des Kapitalschutzrechts. Der vorgelegte Reformvorschlag beeinträchtigt Aktionärsminderheiten daher nicht mehr oder weniger als das geltende Recht. Dennoch werden in der Folge die einschlägigen Regeln des englischen Rechts analysiert.

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a) Gleichheitsvermutung Das englische Recht geht davon aus, dass alle Aktien den gleichen Rang haben. Ausschüttungen haben daher anteilig zu erfolgen. Diese Vermutung kann nur durch eine ausdrückliche Satzungsbestimmung, die bestimmten Aktionärsgattungen bestimmte Rechte gibt, widerlegt werden 29. Der Rickfordbericht schlägt keine Veränderung dieser Regeln vor. b) Qualifizierte Mehrheit und Angebote an alle Aktionäre An dieser Stelle sind die bereits erwähnten Regeln zum Aktienerwerb durch die Gesellschaft nochmals kurz in Erinnerung zu rufen. Aktienrückkäufe sind im gegenwärtigen Zusammenhang zu behandeln, weil die Gesellschaft gegen Rücknahme der Aktien Zahlungen an die betreffenen Aktionäre tätigt. Ein Aktienkauf durch die Gesellschaft, der nicht über die Börse abgewickelt wird, erfordert die Zustimmung der Aktionärsversammlung mit qualifizierter Mehrheit. Das besondere Mehrheitserfordernis dient dem Schutz der Minderheitsaktionäre. Minderheitsaktionäre werden auch durch die Vorschrift in den Listing Rules geschützt, nach der ein Aktienerwerb von mehr als 15 % durch die Gesellschaft nur durch ein anteiliges Angebot an alle Aktionäre durchgeführt werden kann. Aktien können überdies nur eingelöst werden, wenn sie ursprünglich als einlösbare Aktien ausgegeben wurden. Die Gesellschaft kann nachträglich einlösbare Aktien einführen, ist dabei aber an die vom englischen common law entwickelten Grundsätze gebunden. Die einschlägigen Regeln werden in der Folge analysiert. c) Satzungsänderungen Das englische common law hat Regeln entwickelt, die die Gesellschaft inhaltlich darin beschränken, Satzungsänderungen durchzuführen. Ganz allgemein gilt der Grundsatz, dass eine Satzungsänderung nur dann durchgeführt werden kann, wenn die Aktionäre in gutem Glauben gehandelt haben. Das Vorliegen gutgläubigen Verhaltens wird vermutet. Die englischen Gerichte erklären Satzungsänderungen daher nur in Ausnahmefällen für unwirksam. Eine Judikaturlinie, in der Satzungsänderungen jedoch erfolgreich bekämpft wurden, betrifft Fälle, in denen ein satzungsändernder Beschluss der Aktionäre zur „Enteignung“ von Aktionären (resolutions to expropriate members’ shares) führt 30. 29 Gower and Davies, 618 ff. 30 Gower and Davies, 618 ff.

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Diese Judikaturlinie ist hier zu behandeln, weil eine solche „Enteignung“ auch dann stattfindet, wenn die Gesellschaft beschließt, eine Bestimmung in die Satzung aufzunehmen, wonach die Aktien einer Minderheit von der Gesellschaft erworben und annulliert werden können. Wird eine solche Satzungsermächtigung nachträglich ohne Zustimmung der betroffenen Aktionäre eingeführt, kommt es zu einer Enteignung der Minderheit. Die betroffenen Aktionäre können den satzungsändernden Beschluss anfechten. Die Gerichte geben Anfechtungsklagen statt, wenn nachgewiesen wurde, dass die Änderung nicht „bona fide and for the benefit of the company“ erfolgt ist. So wurde beispielsweise eine Satzungsänderung, die 90 % des Aktienkapitals ermächtigte, die Aktien der restlichen Aktionäre zu erwerben, für unwirksam erklärt 31. Das englische common law hat bisher nicht vollständig geklärt, welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung vorliegen müssen 32. Dennoch ist aus der Sicht dieses Beitrag festzuhalten, dass der Rickfordbericht das common law in diesem Punkt nicht ändern will. d) Aktiengattungen Für Gesellschaften, die verschiedene Aktiengattungen ausgeben, gelten besondere Vorschriften hinsichtlich der Änderung der Rechte einzelner Gattungen 33. Demnach ist zu unterscheiden, ob die Sonderrechte der einzelnen Gattungen in die „articles of association“ oder ins „memorandum“ der Gesellschaft aufgenommen wurden 34. Sonderrechte, die Teil des memorandums sind, können nur durch einstimmigen Beschluss der berechtigten Aktionäre verändert werden 35. Gattungsrechte, die in den articles of association verankert sind, können durch Satzungsänderung modifiziert werden. Für eine solche Änderung bedarf es der qualifizierten Mehrheit aller Aktionäre. Zusätzlich müssen die betroffenen Aktionäre ebenfalls mit qualifizierter Mehrheit die Satzungsänderung genehmigen. Ein Sonderbeschluss der Aktionärsgattung ist aber nur dann erforderlich, wenn die Satzungsänderung unter sec 125 ff CA 1985 fällt. Die einschlägigen Bestimmungen werden von den englischen Gerichten eng ausgelegt.

31 Brown v British Abrasive Wheel Co [1919] 1 Ch 290; Dafen Tinplate v Llannley Steel [1920] 2 Ch 124; Gambotto v WCP Ltd (1995) 127 ALR 417. 32 In Sidebottom v Kershaw [1920] 1 Ch 154, CA wurde eine Anfechtung vom Gericht abgewiesen, obwohl sie enteignende Wirkung hatte; Gower and Davies, 488 ff. 33 Sec 125–137 CA 1985; Gower and Davies, 494ff. 34 Die Satzung einer englischen Gesellschaft besteht aus zwei Teilen. Dem memorandum und den articles of association. 35 Eine weitere Ausnahme ist ein besonderes dem deutschen Recht unbekanntes gesellschaftsrechtliches Reorganisationsverfahren das als „scheme of arrangement“ bezeichnet wird (sec 126 CA 1985); Gower and Davies, 497.

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Hervorzuheben ist, dass eine Satzungsänderung, durch die eine Kapitalherabsetzung im Wege der Annullierung einer Aktiengattung beschlossen wird, nicht unter sec 125 ff CA 1985 fällt. Zu einer solchen Satzungsänderung kommt es beispielsweise, wenn eine Gesellschaft Vorzugsaktien ausgegeben hat, die mit hohen fixen Dividenden verbunden sind. Ist seit Ausgabe der Aktien das allgemeine Zinsniveau gesunken, so hat die Gesellschaft ein Interesse daran, die hochzinsigen Vorzugsaktien zu dem in den Ausgabebedingungen vorgesehenen Konditionen zurückzuerwerben und statt dessen neue Vorzugsaktien auszugeben, die mit niedrigeren Zinsen verbunden sind. Ein Satzungsbeschluss, mit dem der Rückerwerb solcher Vorzugsaktien vorgesehen wird, fällt nicht unter sec 125 ff CA 1985. Nach Auffassung der englischen Gerichte werden durch den Beschluss die Sonderrechte der Gattung nicht modifiziert. Der Beschluss dient lediglich der Ausübung vertraglicher Rechte, die in den Ausgabebedingungen enthalten sind 36. Der Rickfordbericht schlägt keine Reform von sec 125 ff CA 1985 vor. e) Ungerechtfertigte Benachteiligung Das englische Recht schützt die Interessen einer Aktionärsminderheit durch sec 459 CA 1985. Aktionäre können nach dieser Vorschrift klagen, wenn sie nachweisen, dass sie in ungerechtfertigter Weise benachteiligt wurden. Eine ungerechtfertigte Benachteiligung liegt beispielsweise vor, wenn ein Aktionär, der auch als Direktor fungiert, von seinem Direktorenamt abberufen wird 37. Für diesen Beitrag sind jene Entscheidungen von Interesse, in denen eine ungerechtfertigte Benachteiligung angenommen wurde, weil Mehrheitsgesellschafter sich Gesellschaftsvermögen unter Ausschluss der Minderheitsgesellschafter angeeignet haben. Zusätzlich ist erforderlich, dass die Mehrheit, zu deren Gunsten die Vermögensverschiebung stattgefunden hat, das Management der Gesellschaft beherrscht. In Clark v Cutland 38 lag beispielsweise eine ungerechtfertigte Benachteilung vor, weil der Mehrheitsaktionär und Direktor der Gesellschaft Gesellschaftsmittel dafür verwendet hatte, Zahlungen an einen Pensionsfonds zu seinen Gunsten zu tätigen. Diese Zahlungen waren offenbar höher, als ihm als

36 Scottish Insurance v Wilson & Clyde Coal Co [1949] AC 462; Prudential Assurance v Chatterley-Whitfield Collieries [1949] AC 512; beide Entscheidungen betrafen Gesellschaften, die verstaatlicht wurden. Die Gesellschaft beschloss, das Kapital durch Auszahlung der Vorzugsaktionäre herabzusetzen. Dies führte im Ergebnis dazu, dass die Vorzugsaktionäre nicht finanziell an der Enteignungsentschädigung beteiligt wurden; Gower and Davies, 625. 37 Re A company [1986] BCLC 376; Re Haden Bill Electrical Ltd [1995] 2 BCLC 260; Ebrahimi v Westbourne Galleries [1973] AC 360, HL. 38 [2004] 1 WLR 783.

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Entlohnung für seine Dienstleistungen als Direktor zustand. Aufgrund einer Klage einer Aktionärsminderheit hatte der Direktor die Vermögensverschiebung rückzuerstatten. Ein anderer Fall betraf das Unterlassen der Ausschüttung von Dividenden. In Re Sam Weller and Sons 39 hatte die Gesellschaft 37 Jahre lang keine Dividenden ausgezahlt, obwohl die Bilanzen der Gesellschaft Gewinne auswiesen. Die Mehrheitsaktionäre waren bei der Gesellschaft angestellt, die Minderheitsaktionäre nicht. Vor diesem Hintergrund hatte die Aktionärsmehrheit kein Interesse an der Zahlung von Dividenden, weil sie, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten, es vorzogen, das langfristige Fortkommen der Gesellschaft sicherzustellen. Darüber hinaus erwarb die Gesellschaft unter dem Einfluss der Aktionärsmehrheit Vermögensgegenstände, die keinerlei Bezug zur Geschäftstätigkeit der Gesellschaft hatten, sondern lediglich den persönlichen Interessen der Gesellschaft dienten. Das Gericht entschied, dass dies grundsätzlich zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung führen kann 40. Der Rickfordbericht ändert nichts an sec 459 CA 1985. Die beschriebene Rechtslage soll daher weiterhin in Geltung bleiben.

V. Einlagenrückgewähr Die Regeln zur Einlagenrückgewähr wurden bereits in dem ZGR Aufsatz analysiert. An dieser Stelle soll nur nochmals darauf hingewiesen werden, dass diese Vorschriften unverändert in Geltung bleiben sollen. Nach dem vorgeschlagenen Gläubigerschutzmodell liegt eine Einlagenrückgewähr dann vor, wenn eine Ausschüttung vorgenommen wurde, ohne dass der Solvenztest durchgeführt und eine Solvenzerklärung abgegeben wurde.

VI. Schlussbemerkungen Rickford hat vorgeschlagen, die Kapitalaufbringung und -erhaltung, die derzeit durch ein festes Grundkapital erreicht wird, durch einen Solvenztest, der von einer Solvenzbestätigung begleitet wird, zu ersetzen. Der Rickfordbericht betont ausdrücklich, dass durch die Einführung des neuen Gläubigerschutzmodells die Interessen von Aktionären und Aktionärsminderheiten nicht beeinträchtigt werden sollen. Die in diesem Zusammenhang einschlägigen Regeln des englischen Rechts wurden in diesem Beitrag analysiert. 39 [1990] Ch 682. 40 Siehe auch McGuiness v Black 1990 SC 21, 24 und Re A Company (no 00370 of 1987) [1988] 1 WLR 1068.

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Hinsichtlich der Kapitalaufbringung vertritt Rickford, dass das allgemeine Haftungsrecht ausreicht, um Überbewertungen zu verhindern. Ergebnis der Analyse dieses Beitrags war, dass dies aus englischer Sicht zutreffen mag, dass aber aus deutscher Sicht der gänzliche Verzicht von Sachaufbringungsregeln zu empfehlen ist. Nach dem Rickfordmodell werden alle Formen der Ausschüttung der gleichen Kombination aus Solvenztest und Solvenzbestätigung unterliegen. Eine Dividendenausschüttung unterscheidet sich nicht von einer Kapitalausschüttung. Noch nicht ganz geklärt ist, wie in diesem Zusammenhang die derzeit für die Kapitalherabsetzung vorgesehenen Mitwirkungsrechte der Aktionäre erhalten werden sollen. Der Beitrag hält überdies fest, dass Minderheitsrechte durch ein festes Grundkapital alleine nicht geschützt werden. Minderheitenschutz ist durch andere gesellschaftsrechtliche Maßnahmen sicherzustellen. Der Beitrag untersucht die einschlägigen englischen Vorschriften.

Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht in England

von Assistenzprofessor Dr. Thomas Bachner, LL.M., Wien

Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Insolvenztatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Insolvenzverfahren im Insolvency Act 1986 . . . . . . . . . . . 2. Antragsgründe für die Eröffnung eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Insolvenzverfahren der außergerichtlichen Abwicklung im Gläubigerinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Massearme Insolvenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Systematik des englischen Anfechtungsrechts . . . . . . . . 3. Anfechtung von transactions at an undervalue . . . . . . . . . . 4. Anfechtung von preferences . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Insolvenzreife als Anfechtungsvoraussetzung . . . . . . . . . . 6. Funktionen des Insider-Tatbestands im Anfechtungsrecht . . . 7. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Exkurs: Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Insolvenzverschleppungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wrongful trading . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die West Mercia-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kollisionsrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Tätigkeitsverbote gegen Direktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verurteilungszahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfolgungsbehörden und Informationsbeschaffung . . . . . . 5. Befreiung vom Tätigkeitsverbot unter Auflagen . . . . . . . . . 6. Directors’ disqualification als Politik- und Medienthema . . . . 7. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . 527 . . 528 . . 528 . . 528 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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530 531 533 533 534 535 536 537 538 538 540 542 543 546 550 551 551 551 557 560 561 563 566 568 571

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I. Einleitung In der Debatte um die Sinnhaftigkeit der Kapital-Richtlinie fällt die geschlossene Ablehnung des Kapitalschutzkonzepts durch die Vertreter der englischen Rechtswissenschaft auf.1 Diese Beobachtung führt zwangsläufig zu der Frage, wie denn das englische Recht den Schutz der Gläubiger von Kapitalgesellschaften verwirklicht. Die Antwort lenkt den Blick auf das Insolvenzrecht, dessen literarische Aufarbeitung in England in personeller und inhaltlicher Hinsicht wesentlich stärker mit dem Gesellschaftsrecht verbunden ist, als dies – bedauerlicherweise – in Deutschland und Österreich der Fall ist. Aus zivilrechtlicher Sicht sind dabei neben den Eröffnungsgründen für ein Insolvenzverfahren vor allem zwei Aspekte zu behandeln, nämlich zum einen die Insolvenzanfechtung, die aus englischer Sicht anscheinend mehr für die Bekämpfung von Vermögensverschiebungen leistet als die Doktrin der verdeckten Einlagenrückgewähr,2 und zum anderen die Haftung der Geschäftsleiter für ein Fehlverhalten in der Krise der Gesellschaft, das in England durch eine komplizierte Gemengelage von Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht charakterisiert ist.3 Ergänzt – und in gewisser Hinsicht in den Schatten gestellt – wird dieses zivilrechtliche Instrumentarium durch einen ausgeprägten öffentlich-rechtlichen Einschlag des englischen Insolvenzrechts, der sich unter anderem im Rechtsinstitut der Directors’ Disqualification, also der Verhängung eines Tätigkeitsverbots, äußert. Das englische Recht offenbart somit eine grundsätzlich andere Herangehensweise an das Phänomen der beschränkten Haftung und der damit verbundenen Gefahr eines Missbrauchs zu Lasten der Gläubiger. Dieser Beitrag will die bedeutende Rolle des Insolvenzrechts für den Gläubigerschutz im englischen Recht beleuchten, nicht ohne zugleich auf gewisse Schwachstellen in diesem System hinzuweisen.

1 Lange vor dem Rickford-Bericht (Reforming Capital – Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, [2004] EBLR 919–1027) bereits John Armour, Share Capital and Creditor Protection: Efficient Rules for a Modern Company Law; (2000) 63 Modern Law Review 355–378 sowie jüngst Eilís Ferran, The Place for Creditor Protection on the Agenda for Modernisation of Company Law in the European Union, ECGI – Law Working Paper No. 51/2005 (Oktober 2005). 2 Demnächst ausführlich Bachner, Creditor Protection in Private Companies – AngloGerman Perspectives after Centros, Kapitel 2 und 3. 3 Ebendort Kapitel 4.

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II. Insolvenztatbestände 1. Insolvenzverfahren im Insolvency Act 1986 Überlegungen zu einem insolvenzrechtlich konzipierten Gläubigerschutz setzen sinnvollerweise an den Insolvenzauslösetatbeständen der jeweiligen Rechtsordnung an. Eine Diskussion der Insolvenzeröffnungsgründe im englischen Recht lässt sich freilich nicht ohne Kenntnis der verschiedenen Verfahrensarten führen. Das englische Recht unterscheidet sich nämlich nicht nur vom geltenden deutschen Recht mit seinem einheitlichen Insolvenzeröffnungsverfahren, sondern auch vom früheren deutschen Recht, wo zwar die Wahl zwischen Konkurs und Vergleichsverfahren durch den Antrag bestimmt war, aber immerhin für beide Verfahren einheitliche Eröffnungstatbestände normiert waren. Um die Systematik des englischen Rechts zu verstehen, muss man wissen, dass der offizielle Kurztitel “Insolvency Act 1986” (in s. 444 IA) eigentlich irreführend ist. Erst der Langtitel 4 macht deutlich, dass es in diesem Gesetz nicht nur um insolvente Gesellschaften geht. Die vorliegende Darstellung beschränkt sich auf jene Verfahren, die auf eine Abwicklung (“winding up”) des Rechtsträgers abzielen. Das im Zuge der jüngsten Insolvenzrechtsnovelle (Enterprise Act 2002) stark aufgewertete Sanierungsverfahren der Administration bleibt ebenso außer Betracht wie das früher besonders bedeutsame Verfahren der Administrative receivership, welches durch die genannte Novelle massiven Einschränkungen unterworfen wurde.5 Die Liste der Insolvenzgründe in s. 123 IA, auf die sogleich zurückzukommen sein wird, betrifft nur das Verfahren der gerichtlichen Abwicklung (“winding up by the court”, auch “compulsory winding up”). Daneben besteht ein gleichwertiges außergerichtliches Abwicklungsverfahren, das sogenannte “voluntary winding up”, dessen “Freiwilligkeit” darin liegt, dass die Initiative von der Gesellschaft ausgeht.

2. Antragsgründe für die Eröffnung eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens Die komplette Liste jener Gründe, aus denen das Gericht ein “winding up by the court” anordnen kann, basiert auf dem erwähnten Umstand, dass der Insolvency Act nicht nur die Insolvenz, sondern auch die Auflösung und Abwicklung solventer Gesellschaften regelt. Die insgesamt acht Eröffnungsgründe in s. 122 (1)

4 “An Act to consolidate the enactments relating to company insolvency and winding up (including the winding up of companies that are not insolvent, and of unregistered companies); …” 5 Vgl. zu beidem Jungmann/Bisping, Die Reform des britischen Unternehmensinsolvenzrechts durch den Enterprise Act 2002, RIW 2003, 930.

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IA haben gemeinsam, dass sie die gerichtliche Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft rechtfertigen, aber nur einer von ihnen, nämlich Buchstabe (f), nimmt dabei auf eine materielle Insolvenzsituation Bezug, während ein zweiter, Buchstabe (fa) 6, auf das Scheitern eines Vergleichsversuchs (company voluntary arrangement nach Teil I des Insolvency Act) während eines Zahlungsmoratoriums abstellt. Der Eröffnungsgrund nach s. 122 (1) (f) IA ist freilich der in der Praxis bei weitem häufigste.7 Die Bestimmung lautet schlicht: “A company may be wound up by the court if the company is unable to pay its debts.” Hier ist sogleich eine terminologische Klarstellung nötig. Es wäre ganz falsch, die Wendung “unable to pay its debts” mit „zahlungsunfähig“ zu übersetzen. Wie sich nämlich aus der unmittelbar anschließenden Legaldefinition von “inability to pay debts” in s. 123 IA ergibt, umfasst dieser Begriff die Insolvenzreife schlechthin, die nach dem Gesetz vier Fälle umfasst: •

• • •

die Nicht-Entsprechung (innert 3 Wochen) eines statutory demand, d. i. eine formgebundene Aufforderung zur Zahlung einer fälligen Geldschuld über zumindest £ 750; 8 eine erfolglose Einzelvollstreckung gegen den Schuldner; 9 “the company is unable to pay debts as they fall due” 10 (auch “cash flow insolvency”); “the value of the company’s assets is less than the amount of its liabilities, taking into account its contingent and prospective liabilities” 11 (auch “balance sheet insolvency”).

Während es sich in den zwei erstgenannten Fällen nur um Vermutungstatbestände handelt,12 die für die weitere Darstellung außer Betracht bleiben können, lassen sich hinter den beiden letztgenannten Tatbeständen unschwer Vorstellungen erkennen, die den vertrauten Begriffen der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und der Überschuldung (§ 19 InsO) nahe stehen.

6 7 8 9

Eingefügt durch die Insolvenzrechtsnovelle 2000. Keay/Walton, Insolvency Law: Corporate and Personal (2003) 215. Insolvency Act, s 123 (1) (a). Insolvency Act, s 123 (1) (b), (c), (d), wobei die drei Tatbestände lediglich die unterschiedlichen Prozessrechte in England und Wales, Schottland und Nordirland widerspiegeln. 10 Insolvency Act, s 123 (1) (e). 11 Insolvency Act, s 123 (2). 12 Keay/Walton, Insolvency Law (Fn. 7) 215.

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3. Das Insolvenzverfahren der außergerichtlichen Abwicklung im Gläubigerinteresse Unter den Begriff des “voluntary winding up” fällt zunächst die Abwicklung einer nicht insolventen Gesellschaft im Interesse der Gesellschafter als Letztbegünstige nach Art der §§ 264 ff AktG, §§ 66 ff GmbHG, die in England als “members’ voluntary winding up” bezeichnet wird und in ss. 84 bis 96 IA geregelt ist. Sie wird durch einen Beschluss der Gesellschafter in Gang gesetzt (s. 84 IA), und die Gesellschafter bleiben auch danach Herren des Verfahrens, insbesondere was die Bestellung des Liquidators betrifft (ss. 91, 92 IA). Dieses Verfahren ist allerdings nur zulässig, wenn die Direktoren der Gesellschaft vor jener Gesellschafterversammlung, die über die Einleitung der Abwicklung beschließt, eine Solvenzerklärung (declaration of solvency) vorlegen können, deren zentrales Kriterium in s. 89 (1) IA wie folgt umschrieben wird: “that the company will be able to pay its debts in full within such period, not exceeding 12 months form the commencement of the winding up, as may be specified in the declaration”. Der Sache nach handelt es sich also um eine Kombination aus einem Überschuldungsstatus und einer zeitlich klar begrenzten Zahlungsstrombetrachtung. Wenn sich die Direktoren nicht in der Lage sehen, eine solche Solvenzerklärung abzugeben, oder wenn sich später herausstellt, dass die Bedingung nicht erfüllt werden kann, muss das “voluntary winding up” als ein “creditors’ voluntary winding up” (auch “creditors’ voluntary liquidation” oder CVL) eingeleitet bzw. fortgesetzt werden, dessen Besonderheiten gegenüber dem “members’ voluntary winding up” in ss. 97 bis 106 IA normiert sind. Bei dieser außergerichtlichen Abwicklung im Gläubigerinteresse muss im Anschluss an die Gesellschafterversammlung, welche auch hier die Einleitung des Verfahrens beschließt, eine Gläubigerversammlung einberufen werden, der die Bestellung des Liquidators obliegt; eine gerichtliche Bestellung ist nur ausnahmsweise vorgesehen, wenn sich Gesellschaft und Gläubiger nicht auf einen Kandidaten verständigen können (s. 100 IA). Von entscheidender Bedeutung sind die Gemeinsamkeiten von gerichtlicher Abwicklung und außergerichtlicher Abwicklung im Gläubigerinteresse (CVL). Die wichtigsten Instrumente in der Hand des Liquidators, vor allem die Klagen wegen fraudulent trading und wrongful trading sowie die Anfechtungsbehelfe, stehen in beiden Verfahren zur Verfügung. Auch bietet die Eröffnung einer außergerichtlichen Abwicklung im Gläubigerinteresse den Direktoren denselben Schutz gegen den Vorwurf eines fortgesetzten wrongful trading wie die gerichtliche Abwicklung. Ein Direktor, der sich der Aussichtslosigkeit der Lage bewusst ist und einer persönlichen Haftung entgehen will, hat also die Wahl, entweder die Gesellschafter zur Einleitung einer außergerichtlichen Abwicklung zu bewegen,

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oder die gerichtliche Verfahrenseröffnung zu betreiben, wofür allerdings ein Organbeschluss des board of directors nötig ist.13 In der Praxis scheinen Anträge auf gerichtliche Verfahrenseröffnung, die von der Gesellschaft oder von den Direktoren ausgehen, kaum vorzukommen.14 Gläubiger wiederum können zwar formell nur auf gerichtlichem Weg die Initiative zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens ergreifen. In der Realität kann jedoch vor allem die Hausbank Druck auf die Gesellschafter ausüben, um sie zur Einleitung einer außergerichtlichen Abwicklung zu bewegen. Das dürfte in der Praxis ein gar nicht selten beschrittener Weg sein, denn die amtliche Statistik dokumentiert kontinuierlich eine höhere Zahl von außergerichtlichen Abwicklungen im Gläubigerinteresse (CVL) als von gerichtlichen Abwicklungsverfahren.15 Aus kollisionsrechtlicher Sicht ist anzumerken, dass auch eine außergerichtliche Abwicklung im Gläubigerinteresse (CVL) in den Anwendungsbereich der EuInsVO fällt, sofern sie “gerichtlich bestätigt” worden ist.16 Zur innerstaatlichen Ausführung dieser EU-Norm wurde extra die Möglichkeit einer solchen “Bestätigung” geschaffen, die sich jedoch als reiner Formalakt ohne irgendeine inhaltliche Prüfung durch das Gericht darstellt.17

4. Massearme Insolvenzen Ein Thema, das in Deutschland seit vielen Jahren für Diskussionsstoff sorgt und auch die Überlegungen zur juristischen Ausgestaltung des Gläubigerschutzes beeinflusst hat, ist jenes der massearmen Insolvenzen. Sedes materiae in verfahrensrechtlicher Hinsicht ist bekanntlich § 26 InsO, der dem Gericht vorschreibt, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzuweisen, wenn

13 Die Wendung in s. 124 (1) IA “an application to the court for the winding up of a company shall be by petition presented either by the company or the directors” wird von den Gerichten dahingehend interpretiert, dass die zweite Alternative nur zum Tragen kommt, wenn alle Direktoren gemeinsam den Antrag stellen: Re Instrumentation Electrical Services Ltd. [1988] BCC 301 = [1988] BCLC 550. 14 Vgl. Keay/Walton, Insolvency Law (Fn. 7) 208–209. 15 Im Beobachtungszeitraum 2004–05 (per 31.3.) in England und Wales 7.837 außergerichtliche und 5.450 gerichtliche Abwicklungen; in den Jahren davor war der Überhang der außergerichtlichen Abwicklungen noch deutlicher (Quelle: DTI, Companies in 2004–05, Tab. C2). Interessanterweise ist das Verhältnis in Schottland umgekehrt; dort überwiegen die gerichtlichen gegenüber den außergerichtlichen Abwicklungen ungefähr im Verhältnis von 2 : 1. 16 Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, ABl. L 160/1, idF der Verordnung (EG) Nr. 603/2005 vom 12. April 2005, ABl. L 100/1: “Creditors’ voluntary winding up (with confirmation by the court)” in Anhang A und Anhang B. 17 Rules 7.62 and 7.63 der Insolvency Rules, eingefügt durch SI 2002/1307.

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das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Da mag es für den Leser überraschend kommen, dass der Insolvency Act genau das Gegenteil anordnet. In s. 125 (1) wird unter der Überschrift “Powers of court on hearing of petition” dem Gericht zwar ein sehr weites Ermessen hinsichtlich der Eröffnung des Verfahrens eingeräumt, aber einschränkend heißt es: “[T]he court shall not refuse to make a winding-up order on the ground only that the company’s assets have been mortgaged to an amount equal to or in excess of those assets, or that the company has no assets.” Es wird dem Gericht also ausdrücklich untersagt, die Eröffnung einer gerichtlichen Abwicklung allein mit der Begründung abzulehnen, dass die Aktiva der Gesellschaft über ihren Wert hinaus mit Sicherheiten belastet sind oder dass die Gesellschaft über gar keine Aktiva verfügt. Aus einem Größenschluss folgt, dass das Vorhandensein geringfügiger Aktiva, die zur Deckung der Verfahrenskosten nicht ausreichen, erst recht nicht Ablehnungsgrund sein darf. Zum Verständnis dieser aus deutscher Sicht erstaunlichen Rechtslage sei auf die nachfolgenden Ausführungen zur Rolle staatlicher Organe in der Abwicklung von Insolvenzverfahren verwiesen, bei denen letztlich auch das Kostenrisiko hängen bleibt.18 Den rechtspolitischen Hintergrund bildet der starke öffentlich-rechtliche Einschlag im englischen Insolvenzrecht, der sich in einem umfassenden administrativen Untersuchungs- und Sanktionierungsauftrag an diese Behörden manifestiert. Diesen Aspekt des englischen Insolvenzrechts hat das House auf Lords erst jüngst wieder mit Nachdruck in Erinnerung gerufen.19 Roy Goode bringt die Sache – fast beiläufig, in einer Fußnote – auf den Punkt: “The fact that all the assets are mortgaged up to the hilt or that there are no assets at all is not a ground for refusing a winding-up order; there may well be matters to be investigated.” 20 Diese von Deutschland markant abweichende Rechtslage darf allerdings nicht zur Annahme verleiten, dass es in England eine Vollbeendigung einer Kapitalgesellschaft ohne geordnetes Abwicklungs- oder Insolvenzverfahren von vornherein nicht gäbe. Im Gegenteil ist die Anzahl jener Gesellschaften, die ohne ein solches Verfahren als vermögenslos aus dem Register gelöscht werden um ein Vielfaches höher als die Anzahl der Verfahren nach dem Insolvency Act.21 Dazu, 18 19 20 21

Unter „Tätigkeitsverbote gegen Direktoren“, Abschnitt VI. 4. Re Pantmaenog Timber Co. Ltd. [2004] 1 AC 158; vgl. unten bei Fn. 173 und 174. Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 3. Aufl. 2005, Rn. 5–05 (in Fn. 61). Im Beobachtungszeitraum 2004–05 (per 31.3.) ca. 167.000 Löschungen (bei stark steigender Tendenz: + 47 % seit 1999–2000) gegenüber ca. 15.800 Abwicklungen (geringfügig über dem Durchschnitt der letzten Jahre) (Quelle: DTI, Companies in 2004–2005, Tab. C1).

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wie viele dieser Gesellschaften unbefriedigte Gläubiger zurücklassen, scheint es keine empirischen Daten zu geben.22

III. Insolvenzanfechtung 1. Überblick Der britische Insolvency Act normiert für England und Wales 23 insgesamt sechs Tatbestände, die in der englischen Literatur unter dem Titel transaction avoidance bzw. avoidance of pre-insolvency transactions zusammengefasst werden: • • • • • •

Section 127. Avoidance of property dispositions, etc.24 Section 238. Transactions at an undervalue Section 239. Preferences Section 244. Extortionate credit transactions Section 245. Avoidance of certain floating charges Section 423. Transactions defrauding creditors

Von diesen Anfechtungstatbeständen hat s. 244 IA über extortionate credit transactions, der seinen Ursprung im Verbraucherschutzrecht hat und vom Gesetzgeber aus unerfindlichen Gründen auf das Insolvenzrecht der Kapitalgesellschaften erstreckt worden ist, in der Praxis offenbar überhaupt keine Bedeutung.25 Die Norm in s. 127 IA muss vor einem bestimmten systematischen Hintergrund gesehen werden. Während das deutsche Recht seine Anfechtungstatbestände sowohl auf Handlungen vor der Stellung eines Insolvenzantrags als auch auf Handlungen im Zwischenzeitraum zwischen Antrag und Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezieht,26 erfassen die englischen Tatbestände nur Handlungen vor jenem Zeitpunkt, der als “commencement of the winding up” bezeichnet wird 27 und der in s. 129 (2) IA als der Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht definiert wird. Die hierdurch entstehende Lücke schließt s. 127 IA mit einem

22 Näher zu dieser Lücke im System Andrew Hicks, Director Disqualification: Can it Deliver?, [2001] JBL 433, 443–445. 23 Für Schottland gelten zum Teil dieselben, zum Teil jedoch abweichende Bestimmungen. 24 Die nahe verwandte Bestimmung in s. 128 IA betrifft Verfahrenshandlungen in der Einzelvollstreckung, die von der Lehre aber offenkundig nicht als zum Bereich der transaction avoidance gehörig empfunden werden. 25 Vgl. Rebecca Parry, Transaction Avoidance (2001) Kapitel 6. 26 Vgl. nur § 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO. 27 Vgl. etwa s. 240 (3) (b) IA.

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eigenen Tatbestand für Vermögensdispositionen nach dem commencement of the winding up, die bei näherem Hinsehen nicht bloß anfechtbar, sondern vorbehaltlich einer nachträglichen gerichtlichen Genehmigung der Transaktion absolut nichtig sind.28 Obwohl die Bestimmung naturgemäß von großer praktischer Bedeutung ist, muss ihre Darstellung im vorliegenden Rahmen nicht vertieft werden. Näher zu behandeln sind demnach die übrigen vier Anfechtungstatbestände.

2. Zur Systematik des englischen Anfechtungsrechts Will man die innere Logik des englischen Anfechtungsrechts verstehen, so beginnt man am besten, indem man sich von der gewohnten Systematik des deutschen Anfechtungsrechts möglichst vollständig löst. Die gängige Lehrbucheinteilung in Absichtsanfechtung, Schenkungsanfechtung und besondere Insolvenzanfechtung,29 die in den §§ 130 bis 134 InsO ihren Niederschlag gefunden hat, bringt für die Analyse des englischen Rechts kaum einen Ertrag. Dem englischen Recht fehlt sogar ein einheitlicher dogmatischer Oberbegriff, wie er in § 129 InsO in Gestalt der „Gläubigerbenachteiligung“ prominent verankert ist. Das schließt nicht aus, dass zwischen den einzelnen Anfechtungstatbeständen Gemeinsamkeiten bestehen, auch in Gestalt konkreter Gesetzesbestimmungen. So enthalten s. 240 und s. 241 IA gemeinsame Bestimmungen zu den Fristen und Rechtsfolgen bei der Anfechtung von transactions at an undervalue gemäß s. 238 IA und von preferences gemäß s. 239 IA. Viel wichtiger ist jedoch die gedankliche Trennung dieser beiden Grundtatbestände des englischen Anfechtungsrechts, die sich in ganz ähnlicher Form auch in anderen common law Rechtsordnungen findet.30 Die Rechtsprechung beurteilt die beiden Tatbestände als einander wechselseitig ausschließend,31 und in der Lehre werden vor allem ihre unterschiedlichen Zielsetzungen hervorgehoben. Demnach soll es bei der Anfechtung von transactions at an undervalue in erster Linie darum gehen, das Vermögen ungeschmälert für die Gesamtheit der Gläubiger zu erhalten, während die Anfechtung von preferences der Aufrechterhaltung der Rangfolge der Gläubiger untereinander dienen soll.32 28 Anzumerken ist, dass auch s. 245 IA keine bloße Anfechtbarkeit normiert, sondern eine automatisch wirkende Nichtigkeit der flaoting charge im Falle der nachträglichen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Die Norm wird in der englischen Literatur dennoch dem Bereich der transaction avoidance zugeordnet. 29 Vgl. nur Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 21. Aufl. 1999, 246– 51. 30 Vgl. § 547 (Preferences), § 548 (Fraudulent transfers and obligations) im U.S. Bankruptcy Code; s. 588FA (Unfair preferences), s. 588FB (Uncommercial transactions) im Australischen Corporations Law. 31 Re M.C. Bacon Ltd. [1990] BCC 78 = [1990] BCLC 324. 32 Rebecca Parry, Transaction Avoidance (2001) Rn. 2.28–2.39; John Armour in

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3. Anfechtung von transactions at an undervalue Der englische Tatbestand der “transaction at an undervalue” in s. 238 IA entspricht dem, was in der rechtsvergleichenden Literatur oft als “fraudulent conveyance” abgehandelt wird.33 Sein Kerngedanke liegt in einem Leistungsaustausch zu objektiv unangemessenen Bedingungen, der das Vermögen der Schuldnergesellschaft mindert und damit gleichsam im Reflex die Gläubiger schädigt. In s. 238 (4) IA wird das wie folgt umschrieben: “(a) [T]he company makes a gift to that person or otherwise enters into a transaction with that person on terms that provide for the company to receive no consideration, or (b) the company enters into a transaction with that person for a consideration the value of which, in money or money’s worth, is significantly less than the value, in money or money’s worth, of the consideration provided by the company.” Dieser Tatbestand ist ähnlich wie jener in § 134 InsO objektiv konzipiert. Auf ein subjektives Merkmal beim Anfechtungsgegner kommt es nicht an. Allerdings geht s. 238 IA weit über § 134 InsO hinaus, indem nicht nur unentgeltliche Dispositionen erfasst werden, sondern jede Vermögensdisposition ohne objektiv äquivalente Gegenleistung. Eine gewisse Einschränkung dieses rein objektiven Charakters enthält s. 238 (5) IA, der die Anfechtbarkeit ausschließt, wenn die Transaktion seitens der Gesellschaft in gutem Glauben zum Zweck der Fortführung des Unternehmens vorgenommen wurde (subjektives Kriterium), und wenn im Zeitpunkt der Transaktion bei vernünftiger Betrachtung die Annahme gerechtfertigt war, die Transaktion werde für die Gesellschaft von Nutzen sein (ein weiteres objektives Kriterium). Nach den Gesetzesmaterialien sollen damit Sanierungsmaßnahmen ermöglicht werden.34 Die Beweislast für das Vorliegen dieser Umstände liegt beim Anfechtungsgegner.35 Allerdings kommt es dabei auf die Gutgläubigkeit der Schuldnergesellschaft an, nicht auf die Gutgläubigkeit der Gegenpartei. Diese wird zu ihrem Schutz darauf verwiesen, sich vor dem Abschluss einer einschlägigen Transaktion die Vorstandsprotokolle mit den (hoffentlich aussagekräftigen) Überlegungen zur Rechtfertigung der Maßnahme vorlegen zu lassen.36

33

34 35 36

Armour/Bennett, Vulnerable Transactions in Corporate Insolvency (2003) Tz. 2.23– 2.25. Vgl. Marcel Kahan, Legal Capital Rules and the Structure of Corporate Law: Some Observations on the Differences Between European and U.S. Approaches, in: Klaus J. Hopt/Eddy Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets and Company Law (2003) 145. Vgl. Armour (Fn. 32) Tz. 2.111 (bei Fn. 242). Re Barton Manufacturing Co. Ltd. [1998] BCC 827 = [1999] 1 BCLC 740. Armour (Fn. 32) Tz. 2.112 (in fine).

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In enger Verwandtschaft zu s. 238 IA steht s. 423 IA. Die beiden Bestimmungen haben den oben widergegebenen Kerntatbestand der objektiv fehlenden Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung gemeinsam. Für eine Anfechtung nach s. 423 IA muss allerdings eine positiv nachzuweisende Schädigungsabsicht des Schuldners gegenüber den Gläubigern hinzutreten. Andererseits hat die Bestimmung einen wesentlich weiteren Anwendungsbereich, weil sie Transaktionen rückwirkend ohne zeitliche Befristung erfasst,37 während s. 238 IA nur bei solchen Transaktionen zur Anwendung kommen kann, die in den letzten zwei Jahren vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens stattgefunden haben. Gedanklich lässt sich s. 423 IA mit der Absichtsanfechtung nach § 3 AnfG und § 133 InsO in Verbindung bringen, die ebenfalls eine lange Frist von 10 Jahren kennt, allerdings im Gegensatz zu s. 423 IA nicht auf eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch einen inäquivalenten Leistungsaustausch beschränkt ist und dafür auch auf Seiten der Gegenpartei ein subjektives Merkmal (Kenntnis des Schädigungsvorsatzes) verlangt. Für die weitere Analyse kann s. 423 IA außer Betracht bleiben.

4. Anfechtung von preferences Der zweite Grundtatbestand des englischen Anfechtungsrechts betrifft die Gewährung einer Vorzugsbehandlung (“preference”) an einen Gläubiger der Schuldnergesellschaft. Ihr Kern ist in s. 239 (4) IA denkbar weit umschrieben: “[A] company gives a preference to a person if – (a) that person is one of the company’s creditors or a surety or guarantor for any of the company’s debts or other liabilities, and (b) the company does anything or suffers anything to be done which (in either case) has the effect of putting that person into a position which, in the event of the company going into insolvent liquidation, will be better than the position he would have been in if that thing had not been done.” Im Gegensatz zur transaction at an undervalue in s. 238 IA ist der Tatbestand der preference in s. 239 IA höchst subjektiv gefärbt, wobei es wiederum nur auf die Einstellung der Schuldnergesellschaft ankommt. Diese muss nämlich “von dem Wunsch geleitet sein” (“influenced by a desire”), gerade dem begünstigten Gläubiger eine Vorzugsbehandlung zuteil werden zu lassen.38 Auf dessen Kenntnis der Vorzugsbehandlung oder auch nur der Insolvenzreife der Schuldnergesellschaft kommt es nicht an. 37 Es gilt jedoch eine allgemeine Verjährungsfrist von 6 bzw. 12 Jahren; vgl. dazu Re Priory Garage (Walthamstow) Ltd. [2001] BPIR 144. 38 Verständliche rechtspolitische Kritik bei Goode, Corporate Insolvency Law (Fn. 20) Rn. 11–142.

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Der letzte zu besprechende Anfechtungstatbestand in s. 245 IA lässt sich als ein Spezialfall der Vorzugsbehandlung eines Gläubigers begreifen. Erfasst wird darin die Einräumung einer floating charge, d. i. ein Generalpfandrecht am Unternehmensvermögen, das wegen seiner Reichweite für die übrigen Gläubiger besonders gefährlich ist. Eine floating charge, die innerhalb der Verdachtsfrist eingeräumt wird, ist in einer Insolvenz insoweit unwirksam 39, als der Schuldnergesellschaft nicht gleichzeitig mit der Einräumung der floating charge oder später bis zur Insolvenzeröffnung tatsächlich neuer Kredit zugeführt wird oder bestehende Verbindlichkeiten abgedeckt werden. Auf irgendwelche subjektiven Merkmale kommt es hier nicht an. Bei der Verdachtsfrist differenziert s. 245 IA aber gleich in zweifacher Hinsicht danach, ob die floating charge einer nahestehenden Person gewährt worden ist oder nicht. Die Bestimmung erfasst jedwede floating charge, die einer nahestehenden Person innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens eingeräumt worden ist. Bei einem unbeteiligten Dritten hingegen beträgt die Verdachtsfrist nur 12 Monate, und die Gesellschaft muss außerdem im Zeitpunkt der Einräumung der floating charge materiell insolvent gewesen sein.

5. Insolvenzreife als Anfechtungsvoraussetzung Das leitet über zu dem wohl auffälligsten Aspekt am englischen Anfechtungsrecht. Neben dem Anfechtungstatbestand in s. 245 IA, soweit es sich um eine floating charge zu Gunsten einer nicht nahestehenden Person handelt, greifen nämlich die beiden Haupttatbestände in s. 238 IA und s. 239 IA generell nur bei Handlungen ein, die von der Gesellschaft im Zustand der Insolvenzreife (inability to pay debts) vorgenommen worden sind. Nach deutschem Verständnis gehören sie somit in die Kategorie der besonderen Insolvenzanfechtung (vgl. §§ 130 bis 132 InsO). Hier springen jedoch die wesentlich längeren Anfechtungsfristen des englischen Rechts ins Auge. Bei Rechtshandlungen der Gesellschaft mit einer nahestehenden Person (connected person, dazu sogleich unten) reicht der maßgebliche Zeitraum bei allen drei Tatbeständen jeweils zwei Jahre zurück, während es in Deutschland nur drei Monate sind. Ein derart langer Zeitraum wäre für sich genommen nur bedingt wirkungsvoll, wenn man – wie das deutsche Recht – die besondere Insolvenzanfechtung auf die Phase der Zahlungsunfähigkeit beschränkt. Das englische Recht stellt jedoch mit der Insolvenzreife (inability to pay debts) auf sämtliche Tatbestände in s. 123 IA ab, umfasst somit insbesondere auch die bloße Überschuldung (balance sheet insolvency). Mangels einer gesetzlichen Pflicht der Direktoren zur Stellung eines Insolvenzantrags liegt hier das eigent-

39 Siehe Fn. 28.

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liche Wirkungsfeld des Überschuldungstatbestands im englischen Recht, nämlich in der ex post-Beurteilung, ob im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung eine Überschuldung vorgelegen hat.

6. Funktionen des Insider-Tatbestands im Anfechtungsrecht Eine weitere aus deutscher Sicht überraschende Entdeckung liegt darin, dass das englische Recht ganz ohne subjektive Tatbestandsmerkmale auf der Seite des Anfechtungsgegners auskommt, obwohl diesen doch nach hierzulande vorherrschender Idee eine zentrale Aufgabe bei der Abgrenzung des Kreises jener Personen zukommt, die auf Grund ihrer mangelnden Schutzwürdigkeit überhaupt als Anfechtungsgegner in Betracht kommen.40 An diesem Punkt wird auch deutlich, dass der Rechtsfigur der familia suspecta, die in beiden Insolvenzrechtsordnungen Verwendung findet und jeweils eine gesetzliche Definition erfährt (“nahestehende Personen” in § 138 InsO; “connected persons” in ss. 249, 435 IA), in England eine ganz andere Funktion zukommt als in Deutschland. Während sie im deutschen Recht in erster Linie dazu dient, dem anfechtenden Insolvenzverwalter die Beweislast für das Vorliegen des subjektiven Tatbestandmerkmals beim Anfechtungsgegner abzunehmen (was in England von vornherein kein Thema ist), dient sie in England drei völlig anderen Zwecken. Als erstes verlängert sich bei einzelnen Tatbeständen die Anfechtungsfrist (im Fall einer preference nach s. 239 IA immerhin von sechs Monaten auf zwei Jahre). Zweitens macht eine Nahebeziehung im Fall der s. 245 IA die Anfechtung der floating charge vom Vorliegen einer materiellen Insolvenzreife unabhängig. Und drittens wird bei einer Nahebeziehung im Fall einer transaction at an undervalue nach s. 238 IA das Vorliegen der Insolvenzreife gemäß s. 240 (2) IA vermutet, sodass es dem Anfechtungsgegner obliegt zu beweisen, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der angefochtenen Transaktion weder überschuldet noch zahlungsunfähig war.

7. Schlussfolgerungen Während sich für eine typische Centros-Gesellschaft mit Satzungssitz in England und Verwaltungssitz in Deutschland die Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen aus der Gesellschaft an nahestehende Personen unter Anwendung der Kapitalerhaltungsgrundsätze kollisionsrechtlich wohl nach dem engli-

40 Vgl. Helmut Koziol, Grundlagen und Streitfragen der Gläubigeranfechtung (1991) 23 f; Franz Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts (1996) 309 ff.

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schen Gesellschaftsstatut richtet, bewirkt Art. 13 iVm. Art. 4 (2) (m) EuInsVO bei Annahme eines inländischen Insolvenzforums (Art. 3) die grundsätzliche Anwendbarkeit des deutschen Anfechtungsrechts. Allenfalls tritt eine Sperrwirkung eines im konkreten Fall milderen englischen Anfechtungsrechts ein, was aber nach den bisherigen Ausführungen eher nicht das zentrale Thema sein dürfte. Vielmehr dürfte s. 238 IA (transaction at an undervalue) das Potenzial zu einer recht schneidigen Sanktion gegen Vorgänge haben, die in Deutschland mit der Rechtsfigur der verdeckten Ausschüttung bewältigt werden. Zwar wird die Anfechtungsfrist mit zwei Jahren vor Insolvenzeröffnung oft nicht so weit zurück reichen wie die fünfjährige Verjährungsfrist für die Rückforderung unzulässiger Leistungen nach § 31 Abs. 5 GmbHG, die freilich über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus bis zur Erhebung der Klage durch den Insolvenzverwalter weiter läuft. Dennoch dürfte auch diese Zwei-Jahres-Frist ausreichen, um den stärksten Anreizen zur Vermögensverschiebung entgegenzuwirken, die ab dem Erkennen der Krise durch die Insider wirksam werden. Beide Ansprüche sind prinzipiell verschuldensunabhängig. Die Einbettung in das Anfechtungsrecht hat jedoch gegenüber der deutschen Lösung aus der Kapitalerhaltung den unschätzbaren Vorteil, dass die Passivlegitimation nicht an die Gesellschafterstellung anknüpft, was ja in Deutschland die schwierigen und noch nicht befriedigend gelösten Probleme mit der Einbeziehung von den Gesellschaftern nahestehenden Dritten aufwirft. Das englische Insolvenzrecht wendet hier seinen im Verhältnis zu § 138 InsO tendenziell weiteren Begriff der nahestehenden Person (ss. 249, 435 IA) an, der Familienverhältnisse ebenso erfasst wie Gruppenverbindungen und trusts. Das könnte aus deutscher Sicht das Augenmerk verstärkt auf Insolvenzanfechtungstatbestände lenken, die in ihrer Wirkung s. 238 IA nahekommen, insbesondere § 133 Abs. 2 InsO. Nach dieser Bestimmung werden bei einem innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Insolvenz geschlossenen entgeltlichen Vertrag 41 des Schuldners mit einer nahestehenden Person, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden, sowohl der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch die Kenntnis dieses Vorsatzes beim Anfechtungsgegner vermutet. Dieser kann die Anfechtung nur abwenden, wenn er beweist, dass ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Zeitpunkt des Geschäfts nicht existierte oder ihm doch nicht bekannt war. Trotz dieser anfechtungsfreundlichen Ausgestaltung bleibt die Norm im Ergebnis deutlich hinter den Kapitalerhaltungsregeln zurück. Denn bei einem inäquivalenten Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, der als verdeckte Ausschüttung zu qualifizieren ist, kommt es überhaupt nicht auf ein subjektives Merkmal bei der Gesellschaft an,42 und die Gutglaubenseinrede des Empfängers in § 31 Abs. 2 GmbHG kommt 41 Zur Problematik des in diesem Zusammenhang zu eng gewählten Begriffes „Vertrag“ vgl. MünchKommInsO/Kirchof, § 133 Rn. 40. 42 KölnerKommAktG/Lutter, 2. Auflage, § 57 Rn. 27; MünchKommAktG/Bayer,

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im Fall der Insolvenz nicht zum Tragen.43 Gesellschaftsrechtlich wird also ein solcher Vorgang nach rein objektiven Kriterien zum Anlass für eine „Rückabwicklung“ 44 genommen, und es fragt sich, warum das nicht auch anfechtungsrechtlich möglich sein sollte. Ein Beispiel für einen völlig objektiv konzipierten Anfechtungstatbestand findet sich bereits in § 135 InsO, der vom Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter im Zusammenhang mit kapitalersetzenden Darlehen handelt. Eine Kombination der Rechtsgedanken in § 133 Abs. 2 und § 135 InsO sollte es mE erlauben, auch für verdeckte Ausschüttungen an einen Gesellschafter einen rein objektiven Anfechtungstatbestand zu formulieren, der sich als harmonische Fortentwicklung der geltenden Rechtslage darstellt, aber den kollisionsrechtlichen Vorteil hätte, dem Insolvenzstatut zu unterfallen. In weiterer Folge wäre dann zu überlegen, ob man zwecks Vermeidung von Umgehungshandlungen auch Leistungen an nahe Angehörige eines Gesellschafters einem rein objektiven Anfechtungstatbestand unterstellt, was allerdings einer sorgfältigen Abwägung von Gläubigerinteressen und Verkehrsschutzinteressen bedarf.

IV. Exkurs: Eigenkapitalersatzrecht Das Eigenkapitalersatzrecht wird in Deutschland traditionell eher nicht als Teilgebiet des Insolvenzrechts, sondern zumeist in engem Zusammenhang mit dem gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutz abgehandelt. Das ist freilich aus einem funktionalen Blickwinkel alles andere als zwingend. Für eine insolvenzrechtliche Sichtweise verwandter Institute finden sich internationale Vorbilder.45 Vor allem wäre mit einer insolvenzrechtlichen Qualifikation der Vorteil verbunden, dass man über die EuInsVO zur Anwendung innerstaatlichen Rechts am Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners, also häufig am altbekannten Verwaltungssitz gelangt. Will man das englische Recht unter der Rubrik „Eigenkapitalersatzrecht“ darstellen, so kommt dafür als Ausgangspunkt nur die Feststellung in Betracht, dass das englische Recht kein funktional entsprechendes Rechtsinstitut kennt. Das schließt nicht aus, dass einzelne Rechtsvorschriften punktuell einen Rangrücktritt von Forderungen eines bestimmten Inhalts oder bestimmter Gläubiger anordnen. In zwei Fällen betrifft dies Forderungen, die ihre Wurzel im Gesell2. Auflage, § 57 Rn. 39; Heidinger in Michalski, GmbHG § 30 Rn. 46; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Auflage, § 30 Rn. 42. 43 Heidinger in Michalski, GmbHG § 31 Rn. 51; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG § 31 Rn. 27. 44 Der Ausdruck wird hier nicht in einem technischen Sinn gebraucht; die bekannten Streitfragen rund um eine allfällige Nichtigkeit etc. bleiben ausgeklammert. 45 Vgl. den Beitrag von Ulrich Huber und Mathias Habersack in diesem Band, S. 370 ff.

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schaftsverhältnis haben und somit abstrakt der Sphäre der Eigenkapitalfinanzierung zugeordnet werden könnten, nämlich Ansprüche, die ihren Rechtsgrund in der Satzung haben, vor allem stehen gelassene Gewinnansprüche (s. 74 (2) (f) IA), sowie Ansprüche gegen die Gesellschaft aus dem Rückerwerb eigener Aktien (s. 178 (6) CA). Vom Prinzip her ordnet auch s. 215 (4) IA einen vom Willen des Gläubigers unabhängigen Rangrücktritt an. Man sollte hier jedoch einer gewissen Gefahr – zumal vom Standpunkt deutscher und österreichischer Leser – entgegenwirken, dass s. 215 (4) IA als eigenständige Rechtsinstitution vergleichbar der equitable subordination in den USA oder eben dem Eigenkapitalersatzrecht verstanden wird. Tatsächlich handelt es sich bei s. 215 (4) IA bloß um eine ergänzende Sanktion im Fall einer Verurteilung wegen fraudulent trading (s. 213 IA) oder wrongful trading (s. 214 IA), die in erster Linie als ein Hilfsinstrument für den Richter zu sehen ist, damit dieser im Rahmen seines weit reichenden Ermessens einzelfallorientierte Lösungen zurecht schneidern kann. In diesen Fällen besteht ja die primäre Rechtsfolge in einer Verlustausgleichspflicht, soweit sich die Verluste als Folge des fraudulent trading bzw. des wrongful trading ansprechen lassen. Allfälligen Forderungen eines von s. 215 (4) IA erfassten Gläubigers gegen die Gesellschaft steht also eine Gegenforderung der Gesellschaft gegenüber, welche bei genügender Solvenz des in Anspruch Genommenen den Schaden der übrigen Gläubiger beseitigt. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass s. 215 (4) IA vor allem die Effektivität dieser Haftung sichert, indem sie einer (abstrakt vorstellbaren) Aufrechnung entgegenwirkt bzw. vermeidet, dass eine wegen der beschränkten Solvenz des Haftenden unvollständige Ersatzleistung noch durch seine Teilnahme an der Verteilung partiell wieder in seine Taschen zurück fließt. Außerdem muss der Gläubiger formell wegen fraudulent trading oder wrongful trading (ggf. als shadow director) verurteilt worden sein, damit s. 215 (4) IA zur Anwendung kommen kann. Die formelle Bindung an eine solche Verurteilung bewirkt, dass mittellose Direktoren, bei denen eine Klagsführung nicht lohnend erscheint und deshalb unterbleibt, mit ihren Forderungen gegen die Gesellschaft nicht nach s. 215 (4) IA zurück gestuft werden können, obwohl die Vorwerfbarkeit ihres Handelns um nichts geringer ist. Aus der veröffentlichten Rechtsprechung ist bisher nur ein einziger Fall bekannt, in dem s. 215 (4) IA auch tatsächlich angewendet wurde.46 Der Kern dessen, was in Deutschland und Österreich unter Eigenkapitalersatzrecht verstanden wird, liegt in der generellen Sonderbehandlung des von einem Gesellschafter bereit gestellten Fremdkapitals in der Krise des Unternehmens. Deren Ratio wird in der Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters als Korrelat seines Haftungsprivilegs gesehen, womit auch der Zusammenhang

46 Re Purpoint [1991] BCC 121 = [1991] BCLC 491.

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mit dem Kapitalerhaltungsprinzip hergestellt ist. Anderswo, etwa in den USA, mag dagegen der Gedanke einer Sanktionierung von vorwerfbarem Verhalten in der Krise der Gesellschaft im Vordergrund stehen, der nicht auf Gesellschafter beschränkt ist, sondern auch andere Insider erfassen kann.47 Unabhängig davon, für welches Prinzip man sich entscheidet, kennt das englische Recht keinen allgemeinen Tatbestand, wonach von einem Gesellschafter oder einem sonstigen Insider bereit gestelltes Fremdkapital unter einem dieser Aspekte in der Krise bzw. in der Insolvenz der Gesellschaft anders zu behandeln wäre als Fremdkapital, das von einem Dritten unter regulären Bedingungen zur Verfügung gestellt worden ist. Hintergrund ist nicht zuletzt die ehrwürdige Salomon-Entscheidung 48 des House of Lords, die bis auf den heutigen Tag in keiner Darstellung des englischen Gesellschaftsrechts als Eckpfeiler des Trennungsprinzips fehlen darf und deren Sachverhalt u.a. eine Gesellschafter-Fremdfinanzierung betraf. Soweit in England überhaupt an eine originäre Fortentwicklung des Rechts in diesem Bereich zu denken ist, dürfte diese am ehesten Anleihen bei den nahe verwandten common law Rechtsordnungen nehmen.49 Das Cork Committee zur Reform des Insolvenzrechts hat vor über zwei Jahrzehnten eine Empfehlung für eine gesetzliche Zurückstufung von langfristigen, somit häufig kapitalersetzenden Forderungen nahe stehender Personen ausgesprochen,50 die jedoch vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen worden ist. An diesem Unwillen zu einem legislativen Eingreifen dürfte sich bis heute nichts geändert haben.51 Ob das jüngst beobachtbare Eindringen der equitable subordination US-amerikanischen Zuschnitts in das kanadische Recht 52 längerfristig auch dem englischen Recht neue Impulse versetzen wird können, lässt sich aus heutiger Sicht nicht abschätzen.53

V. Insolvenzverschleppungshaftung Zum Themenkreis der Haftung der Geschäftsleiter für ein allfälliges Fehlverhalten in der Krise der Gesellschaft existieren im englischen Recht zwei Rechtsinstitute, die deutlich unterschieden werden müssen und von denen bisher in der

47 Vgl. Huber/Habersack (Fn. 45), S. 370, 381 ff. 48 Salomon v Salomon & Co. Ltd. [1897] AC 22. 49 Vgl. die Hinweise auf australisches, neuseeländisches und irisches Recht bei Eilís Ferran, Company Law and Corporate Finance (1999) 38–39. 50 Her Majesty’s Stationery Office, Cmnd. 8558 (1982), Tz. 1963. 51 Vgl. auch die ablehnende Haltung des Rickford-Berichts (Fn. 1) 985. 52 Vgl. Thomas G. W. Telfer, Transplanting Equitable Subordination: The New FreeWheeling Equitable Discretion in Canadian Insolvency Law?, (2001) 36 Canadian Business Law Journal 36. 53 Eher ablehnend Goode, Corporate Insolvency Law (Fn. 20) Rn. 7–29; eine vertiefte literarische Rezeption ist bis dato nicht feststellbar.

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deutschsprachigen Literatur nur eines, nämlich wrongful trading, die gebührende Aufmerksamkeit erhalten hat. Beide Institute haben sich fast zeitgleich, aber ohne erkennbare wechselseitige Beeinflussung entwickelt. Sie beruhen auf völlig verschiedenen dogmatischen Grundlagen und unterscheiden sich auch im Hinblick auf ihre Rechtsfolgen und praktischen Wirkungsweisen.

1. Wrongful trading Das Konzept des wrongful trading ist in seiner Gesamtheit eine Schöpfung der Gesetzgebung, die durch den Bericht des Cork Committee 1982 54 vorbereitet und im Zuge der Insolvenzrechtsreform der Jahre 1985/86 umgesetzt wurde. Die geltenden Bestimmungen finden sich in s. 214 IA, der den Tatbestand in seinen einzelnen Merkmalen definiert und die zentrale Rechtsfolge der persönlichen Haftung ausspricht, sowie in s. 215 IA, der verschiedene prozessuale Durchführungsbestimmungen enthält.55 Im Vergleich zum deutschen Recht ist unbedingt hervorzuheben, dass wrongful trading in keiner Weise an eine Insolvenzantragspflicht der Geschäftsleiter anknüpft, da eine solche Pflicht in England nicht normiert ist. Vielmehr basiert die Regelung auf einem höchst unbestimmten 56 Prognosetatbestand in s. 214 (2) (b) IA: “[A]t some time before the commencement of the winding up of the company, [a director or shadow director] knew or ought to have concluded that there was no reasonable prospect that the company would avoid going into insolvent liquidation.” Zahlungsunfähigkeit bildet hiefür ein starkes Indiz, aber selbst ihr Eintritt löst den Tatbestand nicht automatisch aus; bloße Überschuldung tritt demgegenüber völlig in den Hintergrund.57 Die in der Literatur geäußerte Meinung, aus wrongful trading ließen sich vor-insolvenzliche Handlungspflichten der Direktoren ableiten,58 findet in der bisherigen Praxis der englischen Gerichte keine Bestätigung. Einen wichtigen Fortschritt, der zur Zeit der Gesetzwerdung eingehend gewürdigt wurde,59 bildet der Sorgfaltsmaßstab in s. 214 (4) IA, der ein objektives 54 Fn. 50, Tz. 1775 bis 1806. 55 Vgl. den Exkurs zum Thema „Eigenkapitalersatz“ (oben IV.). 56 Len Sealy/David Milman, Annotated Guide to the Insolvency Legislation, 7. Auflage 2004, 224: “The section itself is singularly imprecise in defining just what conduct on the part of a director will bring him within its scope.” 57 Ausführlich Bachner, Wrongful trading – a new European model for creditor protection?, EBOR 5 (2004), 293, 300 ff. 58 Forum Europaeum Konzernrecht, Konzernrecht für Europa, ZGR 1998, 672, 754. 59 D. D. Prentice, Creditor’s Interests and Director’s Duties, (1990) 10 OJLS 265, 277: “one of the most important developments in company law in this century”.

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und ein subjektives Merkmal so verbindet, dass sich daraus jedenfalls ein objektiver Mindeststandard ergibt: “[T]he facts which a director of a company ought to know or ascertain, the conclusions which he ought to reach and the steps which he ought to take are those which would be known or ascertained, or reached or taken, by a reasonably diligent person having both – (a) the general knowledge, skill and experience that may reasonably be expected of a person carrying out the same functions as are carried out by that director in relation to the company, and (b) the general knowledge, skill and experience that that director has.” In seiner praktischen Handhabung scheint dieser objektive Maßstab allerdings stark von dem Bestreben der Richter geprägt zu sein, einen hindsight bias zu Lasten der Direktoren zu vermeiden und so im Zweifel deren eigenes Urteil in der Krise hinzunehmen.60 Ob man das ohne weiteres mit der jetzt in aller Munde befindlichen business judgment rule gleichsetzen kann,61 bedürfte noch einer näheren Untersuchung. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut kann der Anspruch aus s. 214 IA nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, sodass man ihn nach deutscher Klassifikation als einen Fall einer Innenhaftung ansprechen kann. Mit solchen Einteilungen ist jedoch Vorsicht geboten. Dogmatisch handelt es sich bei wrongful trading nicht um eine Geschäftsleiterpflicht im engeren Sinn dessen, was unter englischen Juristen als “directors’ duties” diskutiert wird, sondern um ein insolvenzrechtlich konzipiertes Instrument, das eine gewisse Verwandtschaft zur Insolvenzanfechtung aufweist, vor allem im Hinblick auf die Verteilung des Erlöses unter den Gläubigern. Der Anspruch auf die Ersatzleistung gehört nämlich nicht zum Vermögen der insolventen Gesellschaft im eigentlichen Sinn, sondern bildet eine Sondermasse, deren Verteilung unter die Gläubiger ohne Rücksicht auf bestehende Kreditsicherheiten erfolgt. Das hat für die ungesicherten Gläubiger den Vorteil, dass eine (in der Praxis überaus häufige) floating charge den Anspruch nicht erfassen und einem übermächtigen Sicherungsnehmer zuweisen kann. Die Kehrseite ist jedoch, dass dem Insolvenzverwalter wegen der Auszehrung der Masse durch die floating charge häufig der finanzielle Rückhalt für die Verfolgung von Ansprüchen aus s. 214 IA fehlt. Es hat in der Vergangenheit mehrfach gerichtliche Anläufe gegeben, dieses Hindernis wenn schon nicht zu beseitigen, so doch zu umgehen, jedoch sind alle diese Versuche im Ergebnis gescheitert.62 60 Vgl. das konkrete Beispiel bei Bachner (Fn. 57), EBOR 5 (2004), 293, 307–309. 61 So nämlich Eidenmüller/Rehm, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht § 10 Rn. 64. 62 Re Oasis Merchandising Services Ltd. [1998] Ch. 170 = [1997] 1 All ER 1009; Re Floor Fourteen Ltd., Lewis v IRC [2001] 3 All ER 499; Buchler v Talbot [2004] 2 AC 298 = [2004] 1 All ER 1289.

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Abhilfe könnte die neue Bestimmung in s. 176A IA bringen, die durch die Insolvenzrechtsnovelle 2002 (Enterprise Act) eingeführt worden ist. Sie greift einen Vorschlag auf, den das Cork Committee schon 1982 gemacht hat.63 Das Gesetz reserviert einen Teil des Verwertungserlöses aus dem mit der Sicherheit belasteten Vermögen – in der Praxis also häufig dem gesamten Unternehmensvermögen – für die ungesicherten Gläubiger. Nach der einschlägigen Durchführungsverordnung 64 beträgt dieser Teil immerhin 50 % aus den ersten £ 10.000 des Verwertungserlöses und 20 % aus dem Rest, allerdings nach oben begrenzt mit £ 600.000. Mit diesem Geld dürfte der Liquidator nun vielfach in der Lage sein, einen Prozess nach s. 214 IA anzustrengen, wenn entsprechende Aussicht besteht, damit die Dividende für die ungesicherten Gläubiger zu erhöhen. Aus der insolvenzrechtlichen Herleitung von wrongful trading folgt als weitere wichtige Konsequenz, dass die Bestimmung ganz dem Grundsatz par condicio creditorum verpflichtet ist. Sie erlaubt daher keine Differenzierung zwischen Altgläubigern und Neugläubigern,65 wie sie in Deutschland dogmatisch über den deliktischen Charakter der Insolvenzverschleppungshaftung begründet wird. Das ist für das englischen Recht zwar systematisch konsequent, hat aber rechtspolitisch einen Haken (siehe unten, VII.). Eine weitere Einschränkung der Effektivität von wrongful trading ergibt sich daraus, dass der Haftungsumfang sogar geringer ist als der Quotenschaden nach deutschem Verständnis. Nach der Rechtsprechung soll nämlich der Umfang des nach s. 214 IA zu ersetzenden Schadens nur soweit reichen, als die Gesellschaft selbst durch eine Fortführung der Geschäfte geschädigt worden ist.66 Es wird somit allein auf die Position der Gesellschaft abgestellt, nicht auf jene der Gläubiger. Der Unterschied liegt in der Behandlung von Zahlungen an einzelne Gläubiger, die als Vorzugsbehandlung (preference, s. 239 IA) zwar die übrigen Gläubiger benachteiligen, aber das Nettovermögen der Gesellschaft nicht verringern, weil zugleich eine Verbindlichkeit getilgt wird. Diesbezüglich steht dem Liquidator nicht der Anspruch gegen den Direktor nach s. 214 IA offen, sondern nur die Anfechtung gegenüber dem Empfänger der Zahlung nach s. 239 IA (freilich mit den oben erwähnten Einschränkungen auf Grund der Subjektivität dieses Tatbestands).

63 Fn. 50, Tz. 1538 bis 1549 (allerdings mit einer niedrigeren Quote von 10 % des Verwertungserlöses). 64 Insolvency Act 1986 (Prescribed Part) Order 2003, SI 2003/2097. 65 Re Purpoint [1991] BCC 121 = [1991] BCLC 491. 66 Re Continental Assurance Company of London plc [2001] BPIR 733, 862 ff (unter Pkt. 5 ff des Zwischenurteils in Annex B); ausführliche Darstellung bei Bachner (Fn. 57), (2004) EBOR 5 (2004), 293, 311–313.

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2. Die West Mercia-Doktrin Neben der Verantwortlichkeit der Direktoren gemäß s. 214 IA gibt es im englischen Recht einen zweiten Ansatz, dessen funktionale Verwandtschaft mit wrongful trading unübersehbar ist, der allerdings dogmatisch ganz woanders angesiedelt ist. Es handelt sich dabei um eine Schöpfung der Rechtsprechung, die ursprünglich in Neuseeland 67 und Australien 68 entwickelt, jedoch bald in England rezipiert wurde, nämlich in der namengebenden Entscheidung des Court of Appeal in West Mercia Safetywear v Dodd.69 Demnach schuldet jeder Direktor seiner Gesellschaft eine Pflicht, Gläubigerinteressen zu berücksichtigen, wenn sich die Gesellschaft in oder nahe einer Insolvenzlage befindet.70 Umfangmäßig geht diese Haftung des Direktors über jene für wrongful trading nach s. 214 IA hinaus, weil sie auch die (anfechtbare) Befriedigung eines einzelnen Gläubigers erfasst, die bei s. 214 IA von der Ersatzpflicht ausgeschlossen sein soll.71 Der Sachverhalt in West Mercia Safetywear v Dodd betraf einen solchen Fall. Damit dürfte der Umfang der Ersatzpflicht dem Quotenschaden des deutschen Rechts entsprechen. Ebenso bedeutsam ist, dass die Haftung auch in zeitlicher Hinsicht über wrongful trading hinausgeht. Interessanterweise scheint sich lange Zeit jedenfalls in der publizierten Literatur niemand mit der Frage beschäftigt zu haben, wie sich die beiden Auslösetatbestände des wrongful trading und der West Mercia-Doktrin zueinander verhalten. Erst Andrew Keay hat diese Lücke mit einem Aufsatz geschlossen, dessen Schlüsselpassage es wert ist, vollständig wiedergegeben zu werden: “While wrongful trading cannot occur until there is an end to all reasonable hope of the company’s recovery, liquidators are able to take action against directors for breach of duty, and claim for amounts lost at an early point of time, namely when the company’s solvency is questionable, there is a risk of insolvency or even if there is financial instability. These are likely to precede that time when the directors knew or ought to have concluded that there was no reasonable prospect of the company avoiding going into insolvent liquidation.

67 Nicholson v Permakraft (NZ) Ltd. [1985] 1 NZLR 242 (New Zealand Court of Appeal). 68 Kinsela v Rusell Kinsela Pty. Ltd. (1986) 4 ACLC 215 = (1986) 10 ACLR 395 = (1986) 4 NSWLR 722 (New South Wales Court of Appeal). 69 [1988] BCC 30 = [1988] BCLC 250. 70 Diesen Grundsatz haben etliche Folgeentscheidungen bestätigt: Yukong Line Ltd. of Korea v Rendsburg Investments Corp. of Liberia (No 2) [1998] 4 All ER 82 = [1998] 1 WLR 294; Facia Footwear Ltd. v Hinchliffe [1998] 1 BCLC 218; Re Pantone 485 Ltd., Miller v Bain [2002] 1 BCLC 266; Colin Gwyer & Associates Ltd. v London Wharf (Limehouse) Ltd. [2003] BCC 885 = [2003] 2 BCLC 153. 71 Siehe oben bei Fn. 66.

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It can be concluded that the liability of directors for breach of duty can be identified in many cases at an earlier point in time than the trigger which imposes liability for wrongful trading, so, with a breach of duty claim either there is a greater likelihood of succeeding, or else there is a chance of obtaining a larger sum from the court, because the period of the director’s wrongdoing would be longer.” 72 Damit dürfte die West Mercia-Doktrin in etwa jene Rechtsfolge verwirklichen, die der Bericht der Winter-Gruppe 73 und der Aktionsplan der Kommission vom Mai 2003 74 auf europäischer Ebene verankern wollten, nämlich einen rechtlichen Auftrag an die Geschäftsleiter zur frühzeitigen Reaktion auf eine finanzielle Krise des Unternehmens, den manche irrtümlich mit dem Begriff des wrongful trading in Verbindung gebracht haben. Allerdings ist die West MerciaDoktrin in England selbst nach wie vor umstritten, und einer ihrer heftigsten Kritiker ist ausgerechnet Jonathan Rickford, der bekanntlich Mitglied in der WinterGruppe war. Rickford dürfte maßgeblichen Anteil daran gehabt haben, dass der Endbericht zur Company Law Review bei seiner Empfehlung, das Recht der Geschäftsleiterpflichten zu kodifizieren, ausgerechnet zu West Mercia eine unentschiedene Haltung einnahm und insoweit von einer Empfehlung zur gesetzlichen Festschreibung des Status quo Abstand nahm.75 Das bildet den Hintergrund zu jener Passage in seinem bekannten Bericht, wo sich Rickford zu West Mercia wie folgt äußert: “Recent cases have found a duty on company directors to have regard to the interest of creditors not only when insolvency is […] substantially unavoidable, but also when there would be a substantial threat of insolvency. This is the case law surrounding the West Mercia line of cases, which require directors to consider the threat of insolvency at any time. Where it is significant, they are said to be bound to make greater provision to protect creditors at the expense of shareholders, the protection required varying according to the severity of the threat. The British government is still considering whether to leave this body of law in place, or to codify it, or rather to abolish it in response to prevailing business opinion, which regards it as too severe on companies in practice and likely to ‘chill’ entrepreneurial activity.” 76

72 Andrew Keay, The Duty of Directors to Take Account of Creditors’ Interests: Has It Any Role to Play?, [2002] JBL 379, 388. 73 Kapitel III, Punkt 4.4. 74 Abschnitt 3.1.3. 75 Siehe dort, Tz. 3.12–3.20. 76 Reforming Capital Maintenance, [2004] EBLR 919, 985.

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Dementsprechend reserviert fällt die abschließende Beurteilung aus: “This body of law proved controversial in the UK company law review and there is no agreement in favour of its adoption or imitation in Europe.” 77 Ein wichtiger Grund für die Ablehnung der West Mercia-Doktrin könnte darin liegen, dass die Gerichte nie zu einer einheitlichen Definition für den Tatbestand der Insolvenznähe gefunden haben. Die Ratio für das Entstehen der Pflicht zum Schutz der Gläubigerinteressen ist unbestritten die finanzielle Krise der Gesellschaft, weil mit ihr das Risiko für die Gläubiger einhergeht, bei einer Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit in ihren Befriedigungsaussichten beeinträchtigt zu werden. Allerdings nimmt die Rechtsprechung verschiedene Kriterien für das Eingreifen der Pflicht an, die (noch) keine einheitliche Linie erkennen lassen. Als die wohl am weitesten gehende Tatbestandsumschreibung wurde erwogen, die Gesellschaft müsse sein: insolvent, or near insolvent, or of doubtful solvency, or if a contemplated payment or other course of action would jeopardise its solvency, wie das mit etwas anderen Worten auch in der oben wiedergegebenen Passage von Keay zum Ausdruck gebracht wird. Am anderen Ende des Spektrums dürfte die Pflicht jedenfalls mit der bilanziellen Überschuldung einsetzen, also in vielen Fällen immer noch deutlich vor dem Eingreifen von wrongful trading. Vielleicht wird man dem Kerngedanken der West Mercia-Doktrin am ehesten gerecht, wenn man in der Vielfalt an Formulierungen nicht einfach Rechtsunsicherheit sieht, sondern ein bewegliches System, wo sich mit Fortschreiten der Krise auch die Handlungspflichten der Direktoren immer stärker konkretisieren und zugleich ihren Inhalt verändern können. In England wird dafür manchmal das Bild einer sliding scale gebraucht, einer Waage, bei der die Gewichte auf einer Achse hin- und hergeschoben werden. Auch der oben wiedergegebenen Aussage von Rickford scheint ein solches Verständnis zugrunde zu liegen. Dass Juristen mit einer solchen Konstruktion besser leben können als Geschäftsleute, mag wohl stimmen, und der von Rickford angesprochene chilling effect könnte eine Folge davon sein. Nur sollte man sich keinen Illusionen hingeben, dass es bei wrongful trading um die Rechtssicherheit besser bestellt wäre.78 Gesichert ist nur, dass wrongful trading in seiner faktischen Handhabung durch die Gerichte später eingreift als West Mercia. Das dürfte freilich aus Sicht der betroffenen Direktoren der springende Punkt sein. Die allerjüngste Entwicklung bestärkt freilich die Befürworter der West Mercia-Doktrin. In der Anfang November 2005 im Parlament eingebrachten Regierungsvorlage der Company Law Reform Bill wird zwar das Konzept einer Kodifikation der Geschäftsleiterpflichten auf Basis der bisherigen Rechtsprechung

77 Ebendort (Fn. 76). 78 Siehe Fn. 56.

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verwirklicht. In clause 156, welche die Verpflichtung der Direktoren auf das Wohl der Gesellschaft zum Gegenstand hat, heißt es aber nunmehr in Abs. 4: “The duty imposed by this section has effect subject to any enactment or rule of law requiring directors, in certain circumstances, to consider or act in the interests of creditors of the company.” In den amtlichen Erläuterungen wird dazu ausgeführt (Tz. 329–330): “Subsection (4) recognises that the duty to promote the success of the company is displaced when the company is insolvent. Section 214 of the Insolvency Act 1986 provides a mechanism under which the liquidator can require the directors to contribute towards the funds available to creditors in an insolvent winding up, where they ought to have recognised that the company had no reasonable prospect of avoiding insolvent liquidation and then failed to take all reasonable steps to minimise the loss to creditors. It has been suggested that the duty to promote the success of the company may also be modified by an obligation to have regard to the interests of creditors as the company nears insolvency. Subsection (4) will leave the law to develop in this area.” Während sich also der Ausdruck enactment in clause 156 (4) erkennbar auf s. 214 IA bezieht, kann mit rule of law in diesem Zusammenhang nur die West Mercia-Doktrin gemeint sein, die auch nach der Vorstellung der Gesetzesverfasser über das wrongful trading hinausgeht, indem es die Situation der Insolvenznähe miterfasst. Angesichts dieser klaren Rückendeckung des Gesetzgebers für die West Mercia-Doktrin und ihre Weiterentwicklung durch die Gerichte lohnt ein Blick auf ihre systematische Einordnung, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich zur Haftung für wrongful trading zu verstehen. Dogmatisch gehört West Mercia zu den fiduziarischen Pflichten der Direktoren.79 Aus dieser Zugehörigkeit leiten sich eine Reihe unbestrittener Konsequenzen ab. Die Pflicht des Direktors besteht gegenüber der Gesellschaft. Damit steht der Gesellschaft auch der Anspruch aus ihrer Verletzung zu, der somit Teil ihres Vermögens ist. Daraus folgt wiederum, dass dieser Anspruch von einer entsprechend weit formulierten floating charge erfasst werden kann. Der Liquidator kann in diesem Fall den Anspruch nur im Umfang des neuen s. 176A IA zu Gunsten der ungesicherten Gläubiger verwerten, während andererseits für den gesicherten Gläubiger ein Anreiz bestehen kann, die Anspruchsverfolgung zu finanzieren, wenn der 79 Der Ausdruck “fiduciary duty” wird in England anders verwendet als in den USA und darf auch nicht ohne weiteres mit dem deutschen Begriff „Treuepflicht“ gleichgesetzt werden; demnächst näher Bachner, Creditor Protection in Private Companies – Anglo-German Perspectives after Centros, Kapitel 4.

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Wert der sonstigen Sicherheiten zu seiner vollständigen Befriedigung nicht ausreicht. Abgesehen von dieser Sondersituation (die jedoch praktisch gar nicht selten ist), dient die Pflicht dem Schutz der Gläubigergesamtheit, nicht dem Schutz einzelner Gläubiger, weshalb auch hier eine Differenzierung zwischen Altgläubigern und Neugläubigern nicht in Betracht kommt. Aus der Einordnung in die Kategorie der fiduziarischen Pflichten folgt schließlich noch eine andere, weniger eindeutige Konsequenz. Nach traditioneller Auffassung sind fiduziarische Pflichten nämlich verschuldensunabhängig. Das ist ein Aspekt, welcher in der Dissertation von Boris Kasolowsky ganz stark herausgestellt wird, der deshalb jede Verknüpfung der West Mercia-Doktrin mit einem Maßstab von due care and skill ablehnt.80 In einer Reihe von erstinstanzlichen Entscheidungen kommt jedoch klar zum Ausdruck, dass das Verhalten der Direktoren sehr wohl an einem solchen – objektiven – Maßstab von due care and skill zu messen ist,81 wie er seit der bahnbrechenden Entscheidung in Re D’Jan of London Ltd.82 aus s. 214 IA auch für die common law-Haftung abgeleitet wird.83 Daraus folgt, dass es jedenfalls hinsichtlich des anzuwendenden Sorgfaltsmaßstabs keinen Unterschied zwischen wrongful trading und der West Mercia-Doktrin geben sollte.

3. Kollisionsrechtliche Aspekte Für die kollisionsrechtliche Anknüpfung von wrongful trading kommt im Ergebnis nur das Insolvenzstatut in Betracht; das entspricht auch dem Standpunkt von Rechtsprechung 84 und Lehre 85 in England. Für die Anknüpfung der Geschäftsleiterpflichten auf der Grundlage der West Mercia-Doktrin ist hingegen das (englische) Gesellschaftsstatut maßgeblich.86 Geht man – wiederum für die typische Centros-Gesellschaft – von einem deutschen Insolvenzforum und einem allgemeinen Gerichtsstand der Direktoren in Deutschland aus, so hätten die deutschen Gerichte zwar nicht s. 214 IA anzuwenden, wohl aber die West MerciaDoktrin. Wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit, und weil auch deren

80 Boris Kasolowsky, Fiduciary Duties in Company Law (2003) 76–77, 298. 81 Facia Footwear Ltd. v Hinchliffe [1998] 1 BCLC 218; Re Pantone 485 Ltd., Miller v Bain [2002] 1 BCLC 266. 82 [1993] BCC 646 = [1994] 1 BCLC 561. 83 Siehe noch unten bei Fn. 101. 84 Re Howard Holdings Inc. [1998] BCC 549. 85 Gabriel Moss/Ian F. Fletcher/Stuart Isaacs, The EC Regulation on Insolvency Proceedings: Commentary and Annotated Guide (2002) Rn. 8.50. 86 Base Metal Trading Ltd. v Shamurin [2005] 1 WLR 1157 = [2005] 1 All ER (Comm) 17 = [2005] BCC 325 = [2005] 2 BCLC 171.

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Haftungsgrundsätze kaum über die Insolvenzverschleppungshaftung gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG, § 823 Abs. 2 BGB hinausgehen, müsste das deutsche Bestreben eher darauf gerichtet sein, die eigene Insolvenzverschleppungshaftung entweder als Teil des materiellen Insolvenzrechts über Art. 4 EuInsVO oder über das Deliktsstatut zur Geltung zu bringen. Die diesbezügliche Diskussion in Deutschland muss hier nicht vertieft werden.87

4. Schlussfolgerungen Dass wrongful trading angesichts der Erwartungen, die damit verbunden waren, bisher in der Realität alles andere als ein rauschender Erfolg geworden ist, dürfte sich herumgesprochen haben und bedarf hier keiner näheren Darlegung. Einer der wesentlichen Gründe dafür war das mit der floating charge verbundene Problem der Prozessfinanzierung, für das s. 176A IA nun hoffentlich eine brauchbare Lösung anbietet. Allerdings leidet das Konzept des wrongful trading – wie gezeigt – noch unter anderen Restriktionen. Soweit Kritik an der West MerciaDoktrin mit dem Hinweis auf das vorhandene Instrument des wrongful trading begründet wird,88 ist dem entgegenzuhalten, dass der Gläubigerschutz nach der West Mercia-Doktrin oft früher eingreift und umfangmäßig weiter reicht. Veröffentlichte Entscheidungen zur West Mercia-Doktrin gibt es, aber nicht viel mehr als zu wrongful trading und unvergleichlich weniger als zum Tätigkeitsverbot nach dem Company Directors Disqualification Act. Das Übergewicht dieser quasi-strafrechtlichen Sanktionierung gegenüber der zivilrechtlichen Haftung der Direktoren insolventer Gesellschaften ist mit Händen zu greifen. Dennoch dürfte es lohnend sein, die Entwicklungen zu wrongful trading und zur West MerciaDoktrin aufmerksam zu verfolgen.

VI. Tätigkeitsverbote gegen Direktoren 1. Tatbestände Der Company Directors Disqualification Act (CDDA) 1986 enthält eine Kodifikation des Rechts der Tätigkeitsverbote (disqualifications) für Direktoren von Kapitalgesellschaften, das sich seit den 1920er-Jahren in mehreren Etappen entwickelt hatte und im Zuge der großen Insolvenzrechtsreform der Jahre 1985/86

87 Vgl. nur Eidenmüller/Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht § 9 Rn. 31 ff; Mock/Schildt in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften § 16 Rn. 43 ff (je mwN). 88 Etwa bei Len Sealy, Directors’ Duties – An Unnecessary Gloss, [1988] CLJ 175.

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nach heftiger rechtspolitischer Debatte entscheidend verschärft wurde.89 Die Tatbestände in diesem Gesetz lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen.90 a) Tätigkeitsverbot als zusätzliche Sanktion für bestimmte Gesetzesverstöße Die erste Kategorie umfasst eine Reihe von Tatbeständen, die den Gerichten ein Ermessen einräumen (“the court may make a disqualification order …”), ein Tätigkeitsverbot als zusätzliche Sanktion zu einer anderweitig verwirkten Rechtsfolge auszusprechen. Dazu zählen die Tatbestände in den ss. 2, 3, 4 und 5 CDDA mit einem optionalen Tätigkeitsverbot als Sanktion für eine Vielzahl von Rechtsverstößen (etwa die Verletzung gesellschaftsrechtlicher Offenlegungspflichten, s. 3 CDDA). Überwiegend (ss. 2, 5 CDDA, teilweise auch s. 3 CDDA) setzt die Verhängung eines Tätigkeitsverbots eine Verurteilung wegen eines solchen Tatbestands voraus, während das Gericht in anderen Fällen die Erfüllung des Tatbestands als Vorfrage selbst beurteilen kann (insbesondere s. 4 CDDA). Eine ähnliche Akzessorietät kennzeichnet den Tatbestand in s. 10 CDDA, wonach das Gericht – auch ohne entsprechenden Antrag, somit von Amts wegen – zusätzlich zu einer zivilrechtlichen Verurteilung nach s. 213 IA (fraudulent trading) oder s. 214 IA (wrongful trading) ein Tätigkeitsverbot aussprechen kann. b) Tätigkeitsverbot wegen mangelnder Eignung (unfitness) In die zweite Kategorie fällt der mit Abstand bedeutsamste Tatbestand innerhalb des CDDA, nämlich die in s. 6 normierte disqualification for unfitness (mangelnde Eignung). In der Literatur wird vielfach hervorgehoben, dass es sich hier um eine zwingendes (mandatory) Tätigkeitsverbot handelt, dem Gericht also kein Ermessen zukommt.91 Daran ist richtig, dass der gesetzliche Tatbestand eindeutig in diesem Sinn formuliert ist (“the court shall make a disqualification order …”). Allerdings ist die Umschreibung der Tatbestandsmerkmale im höchsten Maße unbestimmt, sodass dem Gericht ein denkbar weiter Beurteilungsspielraum zukommt. In s. 6 (1) (b) CDDA heißt es zunächst lapidar: “… that his conduct as a director of that company (either taken alone or taken together with his conduct as a director of any other company or companies) makes him unfit to be concerned in the management of a company.”

89 Historischer Überblick bei Adrian Walters/Malcolm Davis-White, Directors’ Disqualification & Bankruptcy Restrictions (2005) Rn. 1–25 ff. 90 Die durch den Enterprise Act 2002 neu geschaffene Möglichkeit, ein Tätigkeitsverbot auch im Gefolge eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht zu verhängen (CDDA, ss. 9A bis 9E), bleibt hier wie in der gesamten folgenden Darstellung außer Betracht. 91 Etwa bei Goode, Corporate Insolvency Law (Fn. 20) Rn. 12–51; Vanessa Finch, Corporate Insolvency Law (2002) 521.

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In s. 9 CDDA findet sich dann der Verweis auf einen Anhang zum Gesetz, der eine Liste von Umständen aufzählt, die das Gericht bei seiner Entscheidung in Betracht ziehen muss. Dazu gehören Verstöße gegen fiduziarische Pflichten, die missbräuchliche Verwendung von Gesellschaftsvermögen, die Verantwortlichkeit für anfechtbare Rechtshandlungen der Gesellschaft, die Verantwortlichkeit für Verstöße gegen Buchführungs- und Offenlegungspflichten sowie persönliche Verstöße des Direktors gegen Kooperationspflichten im Insolvenzverfahren und schließlich generell das Ausmaß der Verantwortlichkeit des Direktors für den Eintritt der Insolvenz der Gesellschaft. Die Liste ist, wie sich aus dem Wortlaut von s. 9 (1) CDDA eindeutig ergibt, nicht abschließend. Deshalb und wegen der Fülle von teils wiederum sehr allgemein gehaltenen, untereinander nicht gewichteten Kriterien leistet sie im Ergebnis nur wenig zusätzliche Determinierung. Immerhin haben sich die Gerichte festgelegt, dass die Beurteilung der unfitness keine Prognoseentscheidung darstellt. Maßgeblich ist allein das Verhalten des Angeklagten in der Vergangenheit, und zwar primär in Bezug auf jene Gesellschaft, deren Insolvenz den Anlass für die Einleitung des Verfahrens gebildet hat. Die Führung anderer Gesellschaften kann als Nebenaspekt in die Beurteilung einfließen.92 Hingegen schließt nach der Rechtsprechung ein Verhalten des Direktors nach dieser Insolvenz eine Verurteilung selbst dann nicht aus, wenn sich daraus Anhaltspunkte ergeben, dass der Direktor aus der Insolvenz die richtigen Lehren gezogen hat.93 Ein Tätigkeitsverbot setzt nicht voraus, dass gerade der betreffende Direktor eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt, oder in den Worten von Lord Justice Hoffmann (inzwischen Lord Hoffmann): “Parliament has decided that it is occasionally necessary to disqualify a company director to encourage the others.” 94 Wenn sich das Verfahren über Jahre hinschleppt (ein nicht ganz seltenes Phänomen, das dem Vereinigten Königreich bereits Verurteilungen seitens der Straßburger Instanzen eingetragen hat 95), kann die perverse Situation eintreten, dass sich der Angeklagte inzwischen durch die einwandfreie Führung einer anderen Gesellschaft eine neue Existenz aufgebaut hat, die dann durch seinen Ausschluss von der Führung dieser Gesellschaft abrupt gestört wird.96 Für diesen Fall soll

92 Re Bath Glass [1988] BCC 130 = [1988] BCLC 329. 93 Re Grayan Building Services Ltd. [1995] Ch. 241 = Secretary of State for Trade and Industry v Gray [1995] 1 BCLC 276; Secretary of State for Trade and Industry v Dawes [1997] BCC 121 = Re Dawes & Henderson (Agencies) Ltd. [1997] 1 BCLC 329. 94 Re Grayan Building Services Ltd. [1995] Ch. 241, 253. 95 EKMR 26. 2. 1997 EDC v United Kingdom [1998] BCC 370; EGMR 16. 7. 2002 Davies v United Kingdom (2002) 35 EHRR 29; EGMR 20. 7. 2004 Eastaway v United Kingdom (2005) 40 EHRR 17. 96 Vgl. Andrew Hicks, Disqualification of Directors: No Hiding Place for the Unfit? (1998) 11.

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dennoch allein die Abschreckungswirkung eines Tätigkeitsverbots für die Allgemeinheit eine ausreichende Rechtfertigung für eine Verurteilung darstellen. Allerdings ist das Gericht aufgerufen, bei der Festlegung der Dauer des Tätigkeitsverbots in weitem Umfang auch Umstände aus der persönlichen Sphäre des Direktors (etwa sein Alter und seinen Gesundheitszustand) sowie sein Verhalten seit der Insolvenz zu berücksichtigen.97 Außerdem besteht die Möglichkeit, eine Erlaubnis des Gerichts zur Weiterführung der Geschäfte dieser Gesellschaft zu erwirken (näher dazu unter 5.). Einen wichtigen Beitrag leistete das Tätigkeitsverbot wegen unfitness zur dogmatischen Weiterentwicklung der Sorgfaltspflichten (duties of care and skill).98 Das englische Recht war lange Zeit geprägt durch die Entscheidung in Re City Equitable Fire Insurance Co. Ltd.99, worin an die vom Direktor zu prästierenden Kenntnisse und Fähigkeiten ein stark subjektiv gefärbter Maßstab angelegt wurde. Der entscheidende Schritt zur Überwindung dieser Doktrin kam in Gestalt des erwähnten objektiven Standards bei der Haftung für wrongful trading in s. 214 (4) IA.100 Dieser objektive Maßstab wurde in der Folge durch zwei Entscheidungen von Lord Hoffmann in das common law übernommen, die allgemein als richtig anerkannt sind und als Leitentscheidungen zitiert werden.101 Während damit die Rechtslage im Grundsätzlichen geklärt ist, hält sich die Zahl der veröffentlichten Entscheidungen sowohl zu wrongful trading als auch zur Haftung auf der Grundlage des common law nach wie vor in Grenzen, was der weiteren Durchdringung des Problems nicht förderlich ist. Dieser Gesichtspunkt ist umso mehr von Bedeutung, als die englische Rechtslehre weder in ihrer Breite noch in ihrem Tiefgang mit der deutschen Rechtswissenschaft mithalten kann und auch nicht denselben autoritativen Stellenwert hat. Nur eine gewisse Menge an Verfahren und darin gefällten (veröffentlichten) Urteilen erlaubt den englischen Juristen eine einigermaßen sichere Erkenntnis über die Auslegung ihrer Rechtsnormen. Mit seiner hohen Anzahl an Verfahren kann das Tätigkeitsverbot wegen unfitness diese Lücke füllen. Mindestens zwei Entscheidungen zu s. 6 CDDA gelten heute auch als Leitentscheidungen zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten der Direktoren. Re Barings plc (No. 5) betrifft die eklatant nachlässige Beaufsichtigung subalterner Entscheidungsträger innerhalb des Unternehmens,102 während Re Landhurst Leasing plc 97 Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths, Re Westmid Packing Services Ltd. (No. 3) [1998] BCC 836, 845F. 98 Vgl. allgemein Adrian Walters, Directors’ duties: the impact of the Company Directors Disqualification Act 1986, (2000) 21 Company Lawyer 110. 99 [1925] Ch. 407. 100 Fn. 59. 101 Norman v Theodore Goddard (a firm) [1992] BCC 14 = [1991] BCLC 1028; Re D’Jan of London Ltd. [1993] BCC 646 = [1994] 1 BCLC 561. 102 [1999] 1 BCLC 433 (Chancery Division), [2000] 1 BCLC 523 (Court of Appeal).

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den Grundsatz festhält, dass in einem mehrgliedrigen Direktorium jedem einzelnen Mitglied gewisse Überwachungspflichten auferlegt sind.103 Ungeachtet dieser wichtigen Entscheidungen ist freilich die grundsätzliche Frage, ob bloße Fahrlässigkeit infolge mangelnder Befähigung tatsächlich die schwerwiegende Sanktion eines Tätigkeitsverbots nach sich ziehen soll, nicht abschließend beantwortet. Gerade Re Barings plc (No. 5) wird insoweit von manchen als überzogen betrachtet, weil die mangelhafte Beaufsichtigung von Devisenhandelsaktivitäten in einem Bankkonzern ein spezifisches Tätigkeitsverbot im Finanzdienstleistungssektor rechtfertigen mag, aber kaum den Ausschluss von jedweder unternehmerischen Betätigung in einer Kapitalgesellschaft.104 Einzelne Richter haben sich zu dieser Frage unterschiedlich geäußert. In einer sehr frühen Entscheidung meinte ViceChancellor Browne-Wilkinson (später Lord Browne-Wilkinson): “In the normal case, the conduct complained of must display a lack of commercial probity, although I have no doubt that in an extreme case of gross negligence or total incompetence disqualification could be appropriate.” 105 Dem hielt später Lord Justice Dillon im Court of Appeal mit Zustimmung der beiden anderen Richter des Senats entgegen: “I have no doubt at all that [the defendant] is unfit to be concerned in the management of a company. His trouble is not dishonesty, but incompetence or negligence in a very marked degree and that is enough to render him unfit; I do not think it is necessary for incompetence to be ‘total,’ as suggested by the Vice-Chancellor [s. oben], to render a director unfit to take part in the management of a company.” 106 Lord Hoffmann mahnt dagegen zur Vorsicht. Angesichts der Schwere der Sanktion, der Unbestimmtheit des Tatbestands und einer gewissen prozessualen Unterlegenheit des Angeklagten gegenüber der Anklagebehörde dürfe ein Tätigkeitsverbot wegen unfitness nicht allein auf Inkompetenz abstellen, sondern verlange stets ein Missbrauchselement.107

103 [1999] 1 BCLC 286. 104 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) 42. Die Pikanterie dieses Falles lag darin, dass der betroffene Direktor ein drohendes Berufsverbot durch die zuständige Finanzmarktaufsicht nach dem ganz ähnlich formulierten Kriterium “fit and proper person” erfolgreich abgewendet hatte, dann aber wegen “unfitness” von der Ausübung jedweder Tätigkeit als Direktor einer Kapitalgesellschaft ausgeschlossen wurde; vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Baker (No. 2) [1999] WLR 1985. 105 Re Lo-Line Electric Motors Ltd. [1988] Ch. 477, 486. 106 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd. [1991] Ch. 164, 184. 107 “The Fourth Annual Leonard Sainer Lecture”, (1997) Company Lawyer 194, 197. Siehe zum Ganzen noch unten bei Fn. 166.

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Voraussetzung für den Ausspruch eines Tätigkeitsverbots nach s. 6 CDDA ist, dass die vom betroffenen Direktor geleitete Gesellschaft insolvent geworden ist, wenn auch erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt. Für andere Fälle ermächtigt s. 8 CDDA das Gericht (“the court may make a disqualification order …”) zur Verhängung eines Tätigkeitsverbots, wenn sich die – nach denselben Kriterien festzustellende – mangelnde Eignung im Zuge einer behördlichen Untersuchung der Gesellschaft ergeben hat. Besondere Aufmerksamkeit verdient schließlich noch der Umstand, dass sich die Befugnis der Gerichte zur Verhängung eines Tätigkeitsverbots wegen mangelnder Eignung (unfitness) nach s. 6 CDDA und s. 8 CDDA auch auf “shadow directors” erstreckt. Die Definition des Begriffs in s. 22 (5) CDDA, nämlich: “a person in accordance with whose directions or instructions the directors of the company are accustomed to act (but so that a person is not deemed a shadow director by reason only that the directors act on advice given by him in a professional capacity)”, entspricht jener im Companies Act 1985 (s. 741) und im Insolvency Act 1986 (s. 251). Einer allzu engherzigen Interpretation ist der Court of Appeal mit deutlichen Worten entgegen getreten und hat dabei klargestellt, dass zur Erfüllung dieses Kriteriums weder ein völliges “Abdanken” der formell bestellten Direktoren noch eine Einflussnahme auf den gesamten Geschäftsbetrieb erforderlich ist; auch muss die betreffende Person keineswegs aus dem Verborgenen agieren, wie dies der blumige Ausdruck “shadow director” allenfalls nahe legen könnte. Selbst ein Gesellschafter, der den Direktoren nur gelegentlich offen Weisungen erteilt, könnte demnach ein “shadow director” sein.108 c) Automatisch wirkendes Tätigkeitsverbot für die Dauer einer persönlichen Insolvenz Eine eigene Kategorie bildet das ex lege, also ohne besonderes Verfahren wirksam werdende Tätigkeitsverbot nach s. 11 (1) (a) CDDA während der Dauer einer undischarged bankrupcty einer natürlichen Person, das ist der Zeitraum von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum Eintritt der Restschuldbefreiung.109,110 Die Strenge dieser Sanktion wird durch die auch hier, wie bei allen Tat-

108 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340 = [2000] 2 WLR 907 = [2000] 2 All ER 365 (Tz. 35–36). 109 Der Tatbestand wird ergänzt durch ein ebenso automatisch wirkendes Tätigkeitsverbot für den Fall, dass ein Gericht gemäß s. 429 IA wegen Nichtleistung einer fälligen Zahlung das Zahlungsplanverfahren nach Part VI des County Courts Act 1984 aufhebt (s. 12 CDDA). 110 Durch den Enterprise Act 2002 wurde in s. 11 (1) (b) CDDA ein weiterer Tatbestand geschaffen, der formal betrachtet ebenfalls ein automatisch wirkendes Tätig-

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beständen, mögliche Nachsicht gemildert. Allerdings sind gerade für diesen Tatbestand Zweifel angebracht, ob sich auf diese Weise Gerechtigkeit im Einzelfall herstellen lässt. Bei den Personen, die von einem Tätigkeitsverbot gemäß s. 11 (1) (a) CDDA betroffen sind, handelt es sich nämlich bei weitem um die größte Gruppe – eine Studie aus 1998 spricht von geschätzten 80.000 Personen.111

2. Rechtsfolgen Gemeinsame Rechtsfolge aller erwähnten Tatbestände ist das in s. 1 CDDA umschriebene Verbot, als Direktor einer Kapitalgesellschaft oder in bestimmten anderen Funktionen (z. B. als Insolvency Practitioner) tätig zu sein oder sich in irgendeiner Form, direkt oder indirekt, an der Vorbereitung, Gründung oder Führung einer Kapitalgesellschaft zu beteiligen (“in any way, whether directly or indirectly, be concerned or take part in the promotion, formation or management of a company”), sofern der Betreffende nicht eine besondere Erlaubnis des Gerichts dafür erhalten hat. Diese Sanktion wird von den Gerichten zum Teil sehr weit ausgelegt. So soll etwa auch die Tätigkeit als “independent management consultant” für eine Kapitalgesellschaft unzulässig sein.112 Im Ergebnis soll der Verurteilte für die Dauer des Tätigkeitsverbots von jedweder maßgeblichen Einflussnahme auf eine Kapitalgesellschaft ferngehalten werden. Einer unternehmerischen Tätigkeit kann der Betroffene nur im Rahmen eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft nachgehen.113 Das Tätigkeitsverbot wird vom Gericht für eine bestimmte Zeitdauer ausgesprochen, wobei der gesetzliche Rahmen je nach Tatbestand bis zu 15 Jahre bekeitsverbot für die Dauer einer bankruptcy restrictions order gegen eine natürliche Person vorsieht. Diese kann verhängt werden, wenn ein Schuldner vor oder während seiner Insolvenz ein im Gesetz näher umschriebenes Verhalten an den Tag legt. Funktional handelt es sich dabei in mancherlei Hinsicht um ein Gegenstück zum Tätigkeitsverbot wegen mangelnder Eignung (disqualification for unfitness) gemäß s. 6 CDDA, denn auch eine bankruptcy restrictions order bzw. ein entsprechendes undertaking basiert auf einer einzelfallbezogenen Beurteilung individuellen Fehlverhaltens. Obwohl die einschlägigen Bestimmungen erst am 1. April 2004 in Kraft getreten und nur auf ein Verhalten nach diesem Zeitpunkt anwendbar sind, rechnet das Insolvency Service des DTI für das Finanzjahr 2005–06 bereits mit rund 1.000 bankruptcy restrictions orders bzw. undertakings: Insolvency Service, Annual Report & Accounts 2004–05, 23. 111 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) 51. 112 R v Campbell (1984) Cr.App.Rep. 95. 113 Zur etwas verworrenen Rechtslage hinsichtlich der klassischen Personengesellschaften (unincorporated partnerships) siehe Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Rn. 14–19. Auf die erst vor wenigen Jahren geschaffene Rechtsform der limited liability partnership (LLP) findet hingegen der CDDA grundsätzlich Anwendung: Limited Liability Partnership Regulations, SI 2001/1090, reg. 4 (2).

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trägt und das Gesetz im Fall der disqualification for unfitness im Gefolge einer Insolvenz (s. 6 CDDA) eine Untergrenze von zwei Jahren statuiert. Um das weite Ermessen des Gerichts innerhalb dieser Spanne besser handhabbar zu machen, haben die Gerichte eine Dreiteilung entwickelt, die nach der Leitentscheidung des Court of Appeal unter der Bezeichnung “Sevenoaks brackets” oder “Sevenoaks bands” Eingang in den juristischen Sprachgebrauch gefunden hat und sogar in der amtlichen Statistik Anwendung findet.114 Demnach soll das oberste Band, nämlich ein Tätigkeitsverbot von mehr als 10 Jahren, für besonders schwere Fälle vorbehalten bleiben, unter anderem wenn ein Direktor bereits zum zweiten Mal disqualifiziert wird. Das unterste Band von zwei bis fünf Jahren soll in denjenigen Fällen Anwendung finden, in denen zwar ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden muss, der Fall aber vergleichsweise kein sehr schwerwiegender ist. Das mittlere Band soll schließlich für schwerwiegende Fälle Anwendung finden, die es aber nicht verdienen, in das oberste Band eingereiht zu werden.115 Diese – in intellektueller Hinsicht nicht gerade welterschütternde – Durchdringung der Materie (die hier annähernd wörtlich aus dem Englischen übersetzt wiedergegeben ist) wird seither von den Gerichten in ständiger Übung als Leitlinie herangezogen. Inwieweit das tatsächlich die Spruchpraxis hinsichtlich der Dauer der verhängten Tätigkeitsverbote vereinheitlicht hat, wird skeptisch beurteilt.116 Bedeutsam ist diese Dreiteilung jedenfalls deshalb, weil der Court of Appeal als Berufungsinstanz die Ermessensentscheidung des Erstrichters hinsichtlich der Dauer des Tätigkeitsverbots grundsätzlich nur in solchen Fällen korrigiert, wo die Zuordnung auf der Sevenoaks-Skala fehlerhaft erscheint.117 Den erheblichen Freiraum der Gerichte bei der Anwendung des CDDA zeigt ein Fall, der im vorletzten Jahresbericht des Insolvency Service als besonders krass herausgestrichen wird. Der Schaden für die Gläubiger belief sich auf gerade einmal £ 66.000. Dennoch wurde ein Tätigkeitsverbot für 9 Jahre ausgesprochen, weil der Direktor illegal Ausländer beschäftigt hatte und weil (angesichts des Verbots der Doppelbestrafung vielleicht eher: obwohl) er im Zusammenhang damit wegen Dokumentenfälschung bereits zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt worden war.118 Mit einer Maßnahme zum gezielten vorbeugenden Schutz von Gläubigern einer Kapitalgesellschaft hat das nur mehr am Rande zu tun. Zur Absicherung des Tätigkeitsverbots normiert s. 13 CDDA einen Straftatbestand, der für einen Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot eine Geldstrafe und/ 114 Vgl. unten ab Fn. 129. 115 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd. [1991] Ch. 164, 174. 116 Abbas Mithani/Sally Wheeler, The Disqualification of Company Directors (1996) 2.05: “The banding exercise has proved unsuccessful in achieving uniformity of treatment of periods of disqualification imposed.” 117 Secretary of State for Trade and Industry v McTighe (No. 2) [1996] 2 BCLC 477, 485; Re Westmid Packaging Services Ltd. (No. 2) [1998] 2 All ER 124, 130–131. 118 Insolvency Service, Annual Report & Accounts 2003–04, 16.

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oder eine Haftstrafe bis zu zwei Jahren vorsieht. Das klingt abschreckend, dürfte aber in der Realität wenig Wirkung zeigen. Andrew Hicks schätzt auf Grund seiner empirischen Umfrage, dass etwa 20 % der von ihm befragten Ex-Direktoren gegen das Tätigkeitsverbot verstoßen, ohne dass auch nur einer von ihnen deswegen einer Strafverfolgung ausgesetzt gewesen wäre.119 Seine Schlussfolgerung stützt sich außerdem auf die verdächtig niedrige Anzahl von Strafverfahren gemäß s. 13 CDDA. Dazu wird jährlich im Bericht des DTI an das Parlament eine Zahl veröffentlicht, die allerdings Strafverfolgungen gemäß s. 11 CDDA (automatisch wirksames Tätigkeitsverbot gegen einen undischarged bankrupt) und gemäß s. 13 CDDA unter einem ausweist. Hicks referiert für die sechs Finanzjahre von 1991–92 bis 1996–97 jeweils die folgenden Zahlen an Verurteilungen: 83, 66, 67, 54, 78 und 70. Verglichen mit den 67 Verurteilungen im Jahr 2003–04 120 dürfte sich am Gesamtbild kaum etwas verändert haben. Weniger als die Hälfte dieser Verurteilungen dürfte auf gerichtlich verhängte Tätigkeitsverbote entfallen. Angesichts tausender Direktoren, die aktuell einem Tätigkeitsverbot unterliegen, kann man Hicks kaum widersprechen, wenn er schließt: “The level of prosecutions of those infringing their disqualification orders thus appears to be disturbingly low.” 121 Im Wesentlichen scheint das Risiko des “Auffliegens” darin zu bestehen, erneut Pleite zu machen. Das kann freilich ein durchaus heilsamer Effekt sein. Als weitere flankierende Maßnahme statuiert s. 15 CDDA eine persönliche Haftung für alle Verbindlichkeiten einer Gesellschaft, die während der verbotenen Geschäftsführungstätigkeit entstanden sind. Die Haftung trifft nicht nur denjenigen, der trotz eines gegen ihn verhängten Tätigkeitsverbots an der Führung der Geschäfte teilnimmt, sondern auch denjenigen, der Anweisungen von einer Person entgegen nimmt, von der er weiß, dass sie einem Tätigkeitsverbot unterliegt. Die Bestimmung normiert allein eine Außenhaftung gegenüber den Gläubigern und bietet dem Liquidator in einem allfälligen Insolvenzverfahren keine Handhabe, die Masse zu Gunsten der Gläubigergesamtheit aufzufüllen.122 Der Umstand, dass in dem enzyklopädischen Werk von Walters und Davis-White von 730 Seiten Text nur etwas mehr als eine Seite dieser Bestimmung gewidmet ist,123 dürfte ebenso wie das Fehlen von Rechtsprechung 124 die geringe praktische Bedeutung dieser Norm belegen. 119 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) Kapitel 3 und 11. 120 DTI, Companies 2003–2004, Tab. D2. Seltsamerweise fehlt die Tabelle D2 im Jahresbericht 2004–2005. 121 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) 51. 122 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) 57. 123 Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Rn. 14–91 f. 124 Westlaw UK liefert eine einzige unveröffentlichte Entscheidung, in der die Haftung effektiv geltend gemacht wird: Revenue and Customs Commissioners v McEntaggart [2004] EWHC 3431.

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Gemäß s. 18 CDDA werden alle aufrechten Tätigkeitsverbote, die von einem Gericht ausgesprochen oder in einem freiwilligen disqualification undertaking 125 akzeptiert worden sind (somit nicht die automatisch wirkenden Tätigkeitsverbote gemäß s. 11 CDDA), in einem öffentlich einsehbaren Register erfasst, das auch im Internet abrufbar ist.126 Angegeben werden darin neben Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit auch die genaue Adresse (die jedoch häufig nicht mehr aktuell ist 127) sowie Zeitraum und Rechtsgrund des Tätigkeitsverbots. Mit dieser Publizität verbindet sich nicht nur der Gedanke des Schutzes derjenigen, die mit dem betreffenden Direktor in geschäftlichen Kontakt treten, sondern auch die durch Presseaussendungen des DTI in den Medien128 lancierte Idee, die Allgemeinheit möge sich an der behördlichen Verfolgung von Verstößen beteiligen, indem Personen, die gegen das Tätigkeitsverbot verstoßen, bei der Behörde angezeigt werden. Sogar eine Telefonhotline ist dazu eingerichtet worden.

3. Verurteilungszahlen Nach der jüngsten amtlichen Statistik129 stellt sich die Häufigkeit der gerichtlich verhängten Tätigkeitsverbote nach dem CDDA wie folgt dar: Rund 90 % aller Tätigkeitsverbote entfallen auf den Tatbestand der mangelnden Eignung im Gefolge einer Insolvenz (disqualification for unfitness) gemäß s. 6 CDDA. Nach einem starken Anstieg während der 1990er-Jahre, hat sich die Häufigkeit der Tätigkeitsverbote zuletzt merklich reduziert. Während der Spitzenwert der Verurteilungen im Finanzjahr 2001–02 (per 31. März) jenseits der Marke von 1.700 lag, verringerte sich diese Zahl bis 2003–04 auf 1.367 Fälle und fiel im Beobachtungszeitraum 2004–05 weiter auf 1.145 Fälle. Von den 1.367 Fällen im Berichtsjahr 2003–04 entfielen 851 auf das untere, 480 auf das mittlere und 36 auf das obere Band der “Sevenoaks-Skala”.130 Seit der Insolvenzrechtsnovelle 2000 werden mehr als 80 % dieser Fälle mittels eines disqualification undertaking erledigt, einer Art plea bargaining zwischen der Anklagebehörde und dem betroffenen Direktor, bei dem dieser einem Tätigkeitsverbot für einen gewissen Zeitraum zustimmt und dafür die Kosten einer mündlichen Gerichtsverhandlung vermeidet. Die in der Statistik unter einem zusammen gefassten “akzessorischen” Tätigkeitsverbote der ss. 2 bis 5 CDDA pendeln seit Jahren einigermaßen konstant um 125 126 127 128 129

Dazu sogleich im folgenden Abschnitt. Unter http://www.companieshouse.gov.uk/ddir/. Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) 53. Vgl. noch unten 6. DTI, Companies 2004–2005, Tab. D1 (mit Vergleichswerten auch für die vier vorangegangenen Jahre). 130 Insolvency Service, Annual Report & Accounts 2003–04, 15.

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die Marke von etwa 150 Fällen pro Jahr. Tätigkeitsverbote, die nach s. 8 CDDA wegen mangelnder Eignung auf Grund der Ergebnisse einer behördlichen Untersuchung der Gesellschaft ausgesprochen wurden, lagen in der Vorjahren mit unter 20 Fällen pro Jahr zahlenmäßig hart an der Wahrnehmungsgrenze, verdoppelten jedoch im Berichtsjahr 2004–05 sprunghaft auf 38 Fälle. Hier dürfte es sich außerdem um gravierende Fälle handeln, da die Einleitung einer derartigen Untersuchung ein gewisses öffentliches Interesse voraussetzt.131 Geradezu armselig wirkt hingegen die Berichtszeile zu den Tätigkeitsverboten gemäß s. 10 CDDA als zusätzliche Maßnahme bei einer zivilrechtlichen Verurteilung wegen fraudulent trading oder wrongful trading. Zuletzt wurde im Berichtsjahr 1999–2000 sage und schreibe eine (!) derartige Disqualifikation registriert, seither keine einzige – ein mehr als deutliches Zeichen für das (vorläufige) Scheitern von wrongful trading bei der Bekämpfung unlauterer Umtriebe zum Schaden der Gläubiger.

4. Verfolgungsbehörden und Informationsbeschaffung Der zentrale Tatbestand in s. 6 CDDA ermöglicht die Verhängung eines Tätigkeitsverbots grundsätzlich nur über Antrag des Secretary of State for Trade and Industry.132 Faktisch übt der Secretary of State seine Zuständigkeit durch das Insolvency Service, eine selbständige Behörde im Vollzugsbereich des Department of Trade and Industry (DTI), aus. Neben den zentralen Einrichtungen des Insolvency Service existieren als nachgeordnete dezentrale Dienststellen die Official Receiver mit über 30 Regionalbüros in England und Wales. Ihre Etablierung reicht zurück in das 19. Jahrhundert. Seit damals nehmen sie öffentliche Aufgaben im Zuge eines gerichtlichen Abwicklungsverfahrens wahr. Dem Official Receiver ist per Gesetz die Pflicht auferlegt, bei jeder gerichtlichen Abwicklung einer Kapitalgesellschaft eine Untersuchung einzuleiten, die sich mit den Ursachen für den Zusammenbruch der Gesellschaft und allgemein mit ihrer Gründung und Geschäftsgebarung befasst.133 Diese Untersuchung ist keine zukunftsbezogene Analyse für die nachfolgende Verwertung oder allenfalls Sanierung des Unternehmens (eine Aufgabe, die normalerweise dem Liquidator zufällt), son-

131 Zu den Kriterien für die Einleitung einer solchen Untersuchung vgl. http://www. dti.gov.uk/cld/intro.htm; als Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Bairstow [2005] 1 BCLC 136 im Gefolge eines Bilanzskandals bei der börsenotierten Hotelkette Queens Moat Houses plc in den 1990er-Jahren. 132 Das ist nach deutschem wie österreichischem Sprachgebrauch der Minister, nicht ein Staatssekretär. 133 Insolvency Act, s. 132.

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dern eine strikt vergangenheitsbezogene Nachforschung mit dem Ziel, Organe oder sonstige Personen mit maßgeblichem Einfluss auf die Gesellschaft für ein allfälliges Fehlverhalten zur Rechenschaft zu ziehen. Dementsprechend gehört auch die Einbindung in das Verfahren nach s. 6 CDDA zu den Routineaufgaben des Official Receiver, und der Secretary of State (das Insolvency Service) kann die förmliche Antragstellung bei Gericht an den Official Receiver übertragen.134 Von Bedeutung ist schließlich der Umstand, dass der Official Receiver in allen Fällen, die kein privatwirtschaftlich tätiger Insolvenzverwalter übernehmen will, die Aufgabe des Liquidators übernimmt (liquidator of last resort). In dieser Funktion kann der Official Receiver auch Ansprüche wegen Insolvenzanfechtung oder wrongful trading geltend machen. Das erklärt, weshalb das englische Recht keine Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse kennt und – jedenfalls von der Konzeption des Systems her – auch in solchen Fällen zivilrechtliche Behelfe gegen gläubigerschädigende Umtriebe zum Einsatz bringen kann. Für die Effektivität jedes behördlichen Aufsichtsverfahrens ist die Gewinnung verlässlicher Informationen über das zu beurteilende Geschehen von zentraler Bedeutung. Während diese Aufgabe bei der gerichtlichen Abwicklung weitgehend dem Official Receiver obliegt, nimmt das englische Recht bei der außergerichtlichen Abwicklung im Gläubigerinteresse (CVL) sowie im Sanierungsverfahren der administration jeweils die Insolvenzverwalter für diesen Zweck in die Pflicht, deren Kosten den Gläubigern zur Last fallen. Von diesen Amtsträgern verlangt s. 7 (3) CDDA einen Bericht an den Secretary of State. Eine eigene Verordnung 135 legt dafür Formblätter fest (die sogenannten “D-Forms”), die auszufüllen und an das Insolvency Service einzuschicken sind. Zur Unterstützung hat das Insolvency Service Guidance Notes herausgegeben.136 Der Aufwand für das Ausfüllen hält sich mit etwa zwei bis vier Stunden in Grenzen.137 Allerdings müssen bei einem für den Direktor negativen Bericht auch Unterlagen, die diesen Befund stützen, beigelegt werden. Darüber hinaus ermächtigt s. 7 (4) CDDA den Secretary of State (das Insolvency Service) und den Official Receiver, von jedem gegenwärtigen oder vormaligen Amtsträger in einem Insolvenzverfahren (auch vom Liquidator in einem gerichtlichen Abwicklungsverfahren) alle weiteren Auskünfte und Unterlagen einzufordern, die für den Vollzug des Gesetzes erforderlich sind. In jedem Fall stellt der Inhalt des formularmäßigen Berichts gemäß s. 7 (3) CDDA die erste zentrale Weichenstellung auf dem Weg zu einem Tätigkeitsver134 CDDA, s. 7 (1). 135 Insolvent Companies (Reports on Conduct of Directors) Rules 1996, SI 1996/1909, in der Fassung der Insolvent Companies (Reports on Conduct of Directors) (Amendment) Rules 2001, SI 2001/764. 136 Im Internet abrufbar unter http://www.insolvency.gov.uk/guidanceleaflets/dus_ guide/contents.htm. 137 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) 16.

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bot dar, weil ohne einen entsprechend substantiierten negativen Bericht keine weiteren Verfolgungshandlungen gesetzt werden. Im Hinblick auf die große praktische Bedeutung dieses Berichts haben sich auch empirische Studien mit der Vorgangsweise von Insolvenzverwaltern in dieser Situation befasst.138 Dabei zeigt sich, dass das Zusammenspiel zwischen den privatwirtschaftlich tätigen Insolvenzverwaltern und der Behörde nicht zuletzt deshalb einigermaßen gut funktioniert, weil erstere ganz überwiegend aus einem Gefühl von Pflicht und Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit handeln, obwohl sie zugleich erhebliche Zweifel an der Effektivität des Systems hegen.139

5. Befreiung vom Tätigkeitsverbot unter Auflagen Ein Element, das im System der directors’ disqualification eine wichtige Ausgleichsfunktion erfüllt, ist die Ermächtigung an das Gericht, einer Person über ihren Antrag die Erlaubnis zu erteilen, noch vor Ablauf des gegen sie ausgesprochenen Tätigkeitsverbots wieder eine Funktion als Direktor zu bekleiden oder sich anderweitig im Management einer Kapitalgesellschaft zu betätigen. Damit wird ein Gegengewicht zur einschneidenden Sanktion des Tätigkeitsverbots geschaffen, welches ja nicht nur denkbar weit gefasst ist, sondern auch ohne Rücksicht auf die konkrete Gefährlichkeit der betroffenen Person verhängt wird.140 Die Möglichkeit zur Erteilung einer solchen besonderen Erlaubnis wird im CDDA sowohl in s. 1 (disqualification order) als auch in s. 1A (disqualification undertaking) vorausgesetzt. Die Bestimmung in s. 17 CDDA beschäftigt sich fast ausschließlich mit Zuständigkeitsfragen und geht materiell kaum über die Erwähnung dieser Erlaubnis hinaus. In s. 17 (5) heißt es nur kryptisch, der Secretary of State (in der Praxis das Insolvency Service) habe in der Verhandlung gegenüber dem Gericht alle Umstände darzulegen, die er (es) für relevant hält (“shall call the attention of the court to any matters which seem to him to be relevant”), ohne die Entscheidung des Gerichts inhaltlich näher zu determinieren. Das Gericht verfügt über ein denkbar weites Ermessen (unfettered discretion) und kann dabei – wie bei der Festlegung der Dauer des Tätigkeitsverbots – auch Umstände aus der persönlichen Sphäre des Antragstellers berücksichtigen.141 138 Sally Wheeler, Directors’ disqualification: insolvency practitioners and the decision-making process, (1995) 15 Legal Studies 283; Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) Kapitel 4 und 5. 139 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) Kapitel 4 und Anhang 8. 140 Vgl. oben bei Fn. 96 und 112. 141 Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths, Re Westmid Packing Services Ltd. (No. 3) [1998] BCC 836, 845G (Court of Appeal); für eine konkrete Anwendung vgl. Shuttleworth v Secretary of State for Trade and Industry, Re Dawes & Henderson (Agencies) Ltd. [2000] BCC 204 = [1999] 2 BCLC 317 (Erzielung eines Steuervorteils für den Antragsteller).

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In der Realität dürfte sich eine gewisse Praxis herausgebildet haben, Direktoren, denen kein Vorwurf von dishonesty (Unredlichkeit, Betrug) zu machen ist, eine bedingte Nachsicht unter Auflagen zu gewähren.142 Dem verurteilten Direktor soll eine fortgesetzte unternehmerische Tätigkeit ermöglicht werden, während zugleich der spezialpräventive Gedanke des Tätigkeitsverbots durch die vom Direktor zu beobachtenden Auflagen gefördert wird. Instruktiv ist die aktuelle Entscheidung des High Court in Re Hennelly’s Utilities Ltd.143, nicht weil der Fall besonders typisch wäre144, sondern weil er in etwa die Grenzen auslotet, bis zu denen manche Richter bereit sind, diese bedingte Nachsicht zu gewähren. Im konkreten Fall war dem Direktor zwar keine Unredlichkeit vorzuwerfen, dennoch bewegte sich sein Fehlverhalten nicht mehr im geringfügigen Bereich, was sich in einem Tätigkeitsverbot für ursprünglich acht Jahre niedergeschlagen hatte. Anscheinend wurde jedoch das Unternehmen mehr oder weniger nahtlos weitergeführt, wobei Mr. Hennelly sorgsam darauf bedacht sein musste, seine geschäftlichen Kontakte einzubringen, ohne dabei gegen das Tätigkeitsverbot zu verstoßen. Diese Gratwanderung dürfte sich letzten Endes als undurchführbar erwiesen haben, worauf Mr. Hennelly nach etwa fünf Jahren um Dispens gemäß s. 17 CDDA ansuchte. Das Gericht erteilte die Erlaubnis, obwohl Hinweise vorlagen, dass es um das Management der Gesellschaft nicht zum Besten stand und erneut Zahlungsrückstände gegenüber öffentlichen Gläubigern aufgelaufen waren. Der interessanteste Aspekt bei dieser Entscheidung ist die lange Liste von Auflagen, unter denen die Erlaubnis gewährt wurde und mit denen der Richter die Hoffnung verband, die Gläubiger besser schützen zu können als bei einem unkontrollierten “Weitermachen wie bisher”, während andererseits bei einem Festhalten am Tätigkeitsverbot die weitere Expansion des Unternehmens (mit immerhin mehreren hundert Arbeitnehmern) behindert worden wäre. Der Richter machte zunächst die rechtswirksame Erteilung der Erlaubnis vom Vorliegen dreier Voraussetzungen abhängig: • •



Alle aushaftenden Darlehen der Gesellschaft an verbundene Gesellschaften mussten in voller Höhe rückgeführt werden. Mr. Hennelly musste hinsichtlich aller Ansprüche gegen die Gesellschaft, die ihm oder einer von ihm kontrollierten Gesellschaft zustanden, einen vertraglichen Rangrücktritt zu Gunsten aller übrigen Gläubiger erklären. Ein gewisser Mr. Dalton, den Mr. Hennelly für diese Zwecke angeworben hatte und den der Richter als erfahren und unabhängig einstufte, musste die

142 Ausführliche Darstellung bei Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Kapitel 15. 143 [2004] EWHC 34 = [2005] BCC 542. 144 Vgl. Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Rn. 15–25: “permission to act was given in somewhat surprising circumstances”.

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Annahme seiner Bestellung zum Direktor der Gesellschaft erklären, und zwar nachdem ihm eine Ausfertigung des Gerichtsbeschlusses vorgelegt worden war. Ihm redet der Richter in den Entscheidungsgründen nachdrücklich ins Gewissen, welche Verantwortung er übernehme.145 Die besondere Rolle dieses Mr. Dalton hängt damit zusammen, dass der Richter für die Ausübung des Direktorenamts durch Mr. Hennelly nicht weniger als acht Dauerauflagen erteilt, die zum kleineren Teil bloß die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften anmahnen, überwiegend jedoch erheblich in die Freiheit unternehmerischer Betätigung eingreifen. •

• • • • •





Dem Direktorium (board of directors) muss auf Dauer neben Mr. Dalton als geschäftsführendem Direktor auch der namentlich angeführte Leiter des Finanz- und Rechnungswesens der Gesellschaft (oder eine gleich qualifizierte Person) angehören. Das Direktorium muss monatlich zusammen treten. In jeder Sitzung muss ein aktueller Zwischenabschluss vorgelegt und behandelt werden. Umsatzsteuererklärungen müssen pünktlich eingereicht werden. Umsatzsteuer (VAT), Lohnsteuer (PAYE) und Sozialabgaben (NIC) müssen pünktlich abgeführt werden. Dividenden dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn der geprüfte und eingereichte Jahresabschluss einen Überhang des Umlaufvermögens (current assets) über die kurzfristigen Verbindlichkeiten (current liabilities) ausweist. Die Gesellschaft darf kein Unternehmen irgendeiner anderen Person oder Gesellschaft finanzieren oder Darlehen an Mr. Hennelly oder Mitglieder seiner Familie gewähren. Für die verbleibende Zeitdauer des Tätigkeitsverbots darf Mr. Hennelly jährlich maximal £ 110.000 als Entgelt für seine Dienstleistungen erhalten.

Bei einem derartigen “Mikromanagement” der Gesellschaft stellt sich natürlich die Frage, wie die Einhaltung der Auflagen kontrolliert werden soll. Der Rechtsvertreter des DTI wies in der Verhandlung mit Nachdruck darauf hin, dass das Insolvency Service mit derartigen Überwachungsaufgaben überfordert wäre und keinen direkten Zugriff auf Daten der Steuerbehörden hätte, um etwa unpünktliche Zahlungen festzustellen. Hier kommt nun Mr. Dalton ins Spiel, von dem sich der Richter erwartet, dass er regelmäßig an das Insolvency Service über die Einhaltung der Auflagen berichten werde. Das Insolvency Service müsse im Normalfall gar nicht ermitteln, sondern könne sich darauf beschränken einzugreifen, wenn der Bericht entweder Beanstandungen melde oder überhaupt ausbleibe.146 Eigenartigerweise übersieht der Richter dann aber offenbar, die regel145 Tz. 83, 84. 146 Tz. 72.

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mäßige Berichterstattung ebenfalls zu einer Auflage zu machen, durch deren Nichtentsprechung das Tätigkeitsverbot wieder voll in Wirksamkeit tritt. Auch kann der Gerichtsbeschluss nicht als individuelles Gebot an Mr. Dalton verstanden werden, weil dieser in das Verfahren nicht einbezogen war. Vielmehr baut der Richter darauf, dass Mr. Dalton einen Ruf zu verlieren habe und bei einem Scheitern der Gesellschaft seinerseits mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein Verfahren nach dem CDDA zu erwarten habe; deshalb könne man vernünftigerweise hoffen (sic! – “it may reasonably be hoped”), dass Mr. Dalton die vorhandenen Missstände abstellen werde.147 Ausdrücklich wird klar gestellt, dass die Verletzung auch nur einer einzelnen Auflage die erteilte Erlaubnis unwirksam macht, womit die weitere Amtsführung von Mr. Hennelly als Direktor den Straftatbestand in s. 13 CDDA verwirklichen würde.148 Über die Anzahl der Fälle, in denen ein Tätigkeitsverbot im Wege des s. 17 CDDA in seinen Auswirkungen abgemildert wird, scheinen keine gesicherten empirischen Daten vorzuliegen. Andrew Hicks berichtet allerdings, Anträge gemäß s. 17 CDDA seien “selten und teuer”.149 Vielleicht helfen zwei Beobachtungen aus der Entscheidung Re Hennelly’s Utilities Ltd., das Bild ein wenig zu verdichten. Zum einen scheint der Richter durchaus Zweifel gehegt zu haben, wie denn eigentlich die bisherige umfassende Einbindung von Mr. Hennelly in die Aktivitäten der Gesellschaft mit dem gegen ihn bestehenden Tätigkeitsverbot vereinbar war, obwohl dieses doch von den Gerichten denkbar weit ausgelegt wird.150 Dieser Punkt wurde im Verfahren anscheinend nicht weiter erörtert, dürfte aber immerhin den Befund von Andrew Hicks bestätigen, wonach Verstöße gegen das Tätigkeitsverbot gar nicht selten vorkommen.151 Zum anderen ist der leicht resignative Unterton kaum zu überhören, mit dem der Richter der Macht des Faktischen Tribut zollt: “Utilities will continue to trade anyway as it has done in the past. There is nothing that this court on this application can do about that.”152

6. Directors’ disqualification als Politik- und Medienthema So nüchtern die Zahlen der Verurteilungsstatistik auf den ersten Blick erscheinen, darf man doch nicht übersehen, dass sie bis zu einem gewissen Grad “gestaltbar” sind. Deshalb bleibt auch die Vollziehung des CDDA von der seit lan-

147 148 149 150 151 152

Tz. 74 (in den Punkten 7 und 8). Tz. 85. Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) iii. Tz. 79; zum Umfang des Verbots siehe bei Fn. 112. Siehe oben, Text bei Fn. 119 bis 121. Tz. 75.

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gem in England grassierenden Kultur der politischen Zielvorgaben (targets) nicht verschont. Im Jahr 1987 brachte das Insolvency Service bei Gericht 180 Anträge auf Verhängung eines Tätigkeitsverbots ein, denen in 81 Fällen stattgegeben wurde. Insgesamt hatte das Insolvency Service damals etwa 600 Fälle in Bearbeitung. Dessen ungeachtet wurde im April 1987 ein Zwei-Jahres-Ziel von 85 Disqualifikationen pro Monat (!) publiziert.153 Über die Grundlagen derartiger Planungen mag man sich ebenso wundern wie über das darin zum Ausdruck kommende Verständnis von Recht und Gerechtigkeit. Tatsächlich blieb die Anzahl der Verurteilungen deutlich unter dieser selbst gesetzten Marke. Einige Jahre später brachte daher ein Bericht des National Audit Office samt nachfolgender parlamentarischer Debatte erhebliche Kritik vor, die in noch mehr Druck mündete, die Effizienz des Systems (oder, wie es das NAO formulierte: “value for money”) durch gesteigerte Verurteilungszahlen unter Beweis zu stellen.154 Ein solcherart politisiertes Thema hat naturgemäß auch eine mediale Komponente. Am 5. Juni 1997 verfasste das DTI eine Presseaussendung, in der dem damaligen Staatssekretär (engl. Minister) Nigel Griffiths eine besondere Form des politischen Aktionismus zugeschrieben wurde: “Griffiths goes gunning against cowboy directors”.155 Darüber hinaus scheint es die gängige Praxis des DTI zu sein, bei Verurteilungen nach dem CDDA Pressemitteilungen mit konkreten Angaben zu den betroffenen Personen zu versenden.156 Spätestens an diesem Punkt sollte man sich der Brisanz des Themas bewusst werden. Gerade wegen der Eigenschaft von directors’ disqualification als staatliches Repressionsinstrument – und damit seiner Nähe zum Strafrecht – eignet sich das Thema für politische Instrumentalisierungen, die weit abseits nüchterner Rechtspolitik liegen. In der Tat scheinen die unermüdliche Pressearbeit des DTI und die Bereitschaft der Medien, über das Thema zu berichten, in der öffentlichen Meinung zu einer gewissen Beschwichtigung geführt zu haben, dass die “Schurken unter den Direktoren” (“rogue directors” 157) tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden.158 Aber die Konzentration des Medieninteresses auf jene Fälle, die sich pu153 ‘The Times’ 29. 4. 1987, zitiert nach Charles D. Drake, Disqualification of Directors – The Red Card, [1989] JBL 474, 486. 154 Vgl. Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) S. 4 und Kapitel 10. 155 DTI Press Release P/97/365, abrufbar unter http://www.gnn.gov.uk/environment/ dti/. Eine Hitliste mit ähnlich griffig formulierten Presseaussendungen bieten Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Rn. 2–13 (in Fn. 39). 156 Nachzulesen ebendort (Fn. 155). Siehe auch die richterliche Kritik in einem Fall, wo die Pressemitteilung schon vor Einleitung des Verfahrens hinausgegangen war (mit Vorwürfen, die sich nachträglich als haltlos erwiesen): Secretary of State for Trade and Industry v Gill [2004] EWHC 933 Tz. 172–174. 157 Ein medialer Terminus Technicus – eine Lexis-Nexis-Abfrage liefert auf Anhieb Dutzende britische Zeitungsartikel zu diesem Stichwort. 158 Vgl. auch Brian Cheffins, Company Law – Theory, Structure and Operation (1997) 551–552.

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blizistisch ausschlachten lassen, hat auch seine Schattenseiten, weil dadurch möglicherweise ein Klima von Misstrauen und Risikoaversion gefördert wird.159 Hinzu kommt ein gewisses Unbehagen, dass die Behörden bei Aufsehen erregenden Skandalen zur Besänftigung der öffentlichen Meinung allzu leicht mit einem Tätigkeitsverbot zur Stelle sind.160 An diesen Phänomenen erweist sich deutlich die Nähe von directors’ disqualification zum Strafrecht, allerdings ohne dass das Verfahren gegen den Direktor mit denselben Garantien ausgestattet wäre.161 Das Ganze geht Hand in Hand mit einer Grundüberlegung der Blair-Regierung zur Regulierung wirtschaftlicher Aktivitäten, die sich dabei unter bewusster Zurücknahme genereller rechtlicher Normen einer Strategie des individuellen “name and shame” verschrieben hat.162 Es ist letztlich eine Frage der politischen Ideologie, aber auch der Rechtskultur, ob man glaubt, das Recht für solche Zwecke einsetzen zu müssen – nicht gerade glückliche Ausgangsbedingungen für eine Rechtsvereinheitlichung auf europäischer Ebene.163

7. Schlussfolgerungen Angesichts der praktischen Verhältnisse kann sich eine Analyse auf das Tätigkeitsverbot wegen mangelnder Eignung im Gefolge einer Insolvenz gemäß s. 6 CDDA beschränken. Dessen Einführung dürfte im englischen Recht einiges bewegt haben. Rechtsdogmatisch hat es einen wichtigen Betrag zur Entwicklung eines objektiven Sorgfaltsmaßstabs geleistet, wenngleich die Frage, ob und in welchem Ausmaß schlichte Inkompetenz zur Verhängung eines Tätigkeitsverbots führen soll, auch de lege lata noch nicht abschließend beantwortet ist. Diese Diskussion muss man bis heute vor dem historischen Hintergrund sehen, dass erst die große Insolvenzrechtsreform der Jahre 1985/86 die Überwindung der bis dahin laxen Standards für Sorgfaltspflichten und den Durchbruch zu einem objektiven Maßstab für die von Direktoren zu erwartenden Kenntnisse und Fähig-

159 Vgl. Hicks, [2001] JBL 433, 459. 160 Siehe den Fall der Barings Bank, oben bei Fn. 104. 161 Insbesondere kann der Direktor gemäß s. 235 IA unter Strafandrohung dazu verhalten werden, im Rahmen der behördlichen Untersuchung des Insolvenzfalles (vgl. oben, bei Fn. 133) ihn selbst belastende Angaben zu machen, die dann im Verfahren zur Verhängung eines Tätigkeitsverbots gegen ihn verwendet werden dürfen: EGMR 14. 9. 1999 DC v United Kingdom [2000] BCC 710; EGMR 23. 11.1999 WGS v United Kingdom [2000] BCC 719 (jeweils unter Hinweis auf den fehlenden strafrechtlichen Charakter des Verfahrens zur Verhängung eines Tätigkeitsverbots). 162 Gary Wilson, Business, State, and Community: ‘Responsible Risk Takers’, New Labour, and the Governance of Corporate Business, (2000) 27 Journal of Law and Society 151. 163 Siehe den Aktionsplan der Kommission vom Mai 2003, Punkt 3.1.3.

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keiten ermöglicht hat.164 Das sollte aber nicht den Blick dafür trüben, dass wrongful trading und disqualification for unfitness zwar in gewisser Hinsicht Instrumente mit ähnlicher Zielsetzung, jedoch mit ganz unterschiedlichem normativem Inhalt sind. Allein die verschiedenen Rechtsfolgen legen eine differenzierte Sicht der Tatbestandsvoraussetzungen nahe, noch dazu wo das Tätigkeitsverbot nach der Rechtsprechung nicht an einer konkreten Gefährlichkeit des verurteilten Direktors anknüpft 165 und damit viel stärker als die Ersatzpflicht nach s. 214 IA potentiell punitiven Charakter hat. Die Gerichte haben diese Unterscheidung zwischen zivilrechtlicher Haftung und aufsichtsrechtlichem Tätigkeitsverbot allerdings, soweit ersichtlich, noch nicht mit der wünschenswerten Klarheit ausgesprochen. Dahinter steht möglicherweise eine tiefere Unsicherheit über den mit der Verhängung eines Tätigkeitsverbots verfolgten Normzweck. Vanessa Finch kommt in einer eingehenden und auf umfassender Auswertung der Rechtsprechung beruhenden Analyse zu dem Schluss, dass die Gerichte nach wie vor zwischen einem eher strafrechtlich verstandenen Prinzip der Vergeltung für schuldhaftes Verhalten und einem gleichsam “maßnahmenrechtlichen” Prinzip der Abwehr von Gefahren für den Geschäftsverkehr schwanken. Ersteres beruhe sehr stark auf Überlegungen zur subjektiven Vorwerfbarkeit des Verhaltens, während letzteres auch Verstöße gegen objektive Verhaltensstandards auf Grund mangelnder Befähigung zum Anlass für ein Tätigkeitsverbot nehme.166 Eine ähnliche Unsicherheit scheint es hinsichtlich der Frage zu geben, ob der präventive Aspekt des Tätigkeitsverbots eher eine generalpräventive Ausprägung im Sinne einer an die Allgemeinheit gerichteten Abschreckungswirkung oder eine spezialpräventive Ausprägung im Sinne eines “Aus-dem-Verkehr-Ziehens” eines gefährlichen Individuums haben soll. Das wiederum hat wesentliche Implikationen für die Kriterien bei der Gewährung einer bedingten Nachsicht vom Tätigkeitsverbot.167 In beiden Zusammenhängen besteht die eminente Gefahr eines Kommunikationsproblems zwischen englischen und deutschen Juristen, weil der englische juristische Diskurs nur allzu bereitwillig auf das richterliche Ermessen

164 Vgl. oben Fn. 59 (zeitgenössische Würdigung von wrongful trading in s. 214 IA), Fn. 82 (Übertragung dieses Sorgfaltsmaßstabs in das common law) sowie Fn. 98 und den dort folgenden Text (Häufigkeit der Verfahren nach s. 6 CDDA und ihre Bedeutung für die Konkretisierung dieses Sorgfaltsmaßstabs). 165 Siehe oben bei Fn. 94. 166 Finch, Corporate Insolvency Law (Fn. 91) 522–531. Die Unterscheidung zieht auch eine wichtige verfahrensrechtliche Konsequenz nach sich; siehe Re Cedac Ltd., Secretary of State for Trade and Industry v Langridge [1991] Ch. 402 und die Analyse dieses Falles bei Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Rn. 2–25. 167 Näher dazu Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Rn. 15– 28 ff.

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verweist, während das Unbefriedigende aus der Sicht des deutschen juristischen Diskurses gerade darin bestehen muss, dass es für dieses richterliche Ermessen an einer zureichenden Determinierung auf der Basis klarer gesetzgeberischer Wertentscheidungen fehlt. Mit der generalpräventiven Wirkung der Tätigkeitsverbote scheint es überdies nicht weit her zu sein.168 Erneut leistet die empirische Untersuchung von Andrew Hicks wertvolle Dienste. Er kommt zu dem Ergebnis, dass zwar das Wissen um die Existenz des Instruments weit verbreitet ist, dass es aber kaum einen Einfluss auf die konkrete Geschäftsführung von Direktoren hat, auch nicht in der Krise.169 Allerdings macht Hicks dazu eine wichtige Einschränkung. Bei professionellen Managern größerer Gesellschaften dürfte das Risiko eines Tätigkeitsverbots ihr Handeln deutlich stärker bestimmen, als das im Bereich kleiner und kleinster Unternehmen der Fall ist. Er empfiehlt deshalb eine Konzentration auf größere Fälle anstelle der bisherigen Jagd nach höheren Zahlen in der Statistik.170 Aber auch mit Spezialprävention lässt sich das Tätigkeitsverbot wegen unfitness in seiner existierenden Ausprägung trotz der anscheinend voll auf Einzelfallbeurteilung abstellenden Praxis der Gerichte aus mehreren Gründen kaum rechtfertigen. Das beginnt damit, dass die Beurteilung der unfitness ausschließlich vergangenheitsbezogen erfolgt und eine konkrete Gefährlichkeit des Direktors zur Zeit des Prozesses nicht Voraussetzung für die Verhängung eines Tätigkeitsverbots ist.171 Ob die Möglichkeit einer Nachsicht unter Auflagen geeignet ist, hier regelmäßig für einen Ausgleich zu sorgen, ist gerade die Frage, die einer Antwort harrt. Die wirkliche quantitative Schwachstelle dürfte freilich in der Effektivität der Durchsetzung von Tätigkeitsverboten und der im Fall einer Nachsicht erteilten Auflagen liegen. Angesichts der großen Zahl von verurteilten Direktoren und der vielfältigen Umgehungsmöglichkeiten wäre für eine halbwegs zuverlässige Überwachung ein Aufwand erforderlich, der anscheinend nicht leistbar ist. Angesichts der Mannigfaltigkeit des Wirtschaftslebens muss man sich aber auch fragen, ob eine dirigistische “Umerziehung” von Unternehmerpersönlichkeiten in der Art, wie sie in Re Hennelly’s Utilities Ltd. versucht wird, überhaupt Aufgabe der staatlichen Gerichte sein kann und soll.

168 Zusammenfassung der Debatte dazu bei Finch, Corporate Insolvency Law (Fn. 91) 532–536. 169 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) 10; ders., [2001] JBL 433, 435. 170 Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) 70–71. 171 Oben, bei Fn. 93.

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VII. Gesamtbetrachtung Der Blick auf das englische Insolvenzrecht lohnt meines Erachtens aus (mindestens) zwei Gründen. Zum einen bietet es nützliche Anregungen, wie eine zivilrechtliche Ausgestaltung von Gläubigerschutz über die Grenzen eines traditionell gesellschaftsrechtlich konzipierten Kapitalschutzes hinausreichen kann. Das gilt besonders für die Insolvenzanfechtung als Ergänzung zur Kapitalerhaltung.172 Im Hinblick auf die EuInsVO verbinden sich damit – über die selbst gestellte Aufgabe dieser Arbeitsgruppe hinaus – auch konkrete Ansatzpunkte für den Umgang mit englischen private limited companies. Zum anderen zeigt die Analyse auf, dass englische Juristen, wenn sie von Insolvenzrecht sprechen, damit etwas meinen, was aus deutscher Sicht einen ganz erheblichen öffentlich-rechtlichen Einschlag aufweist. Ganz und gar typisch ist insoweit eine Passage im Bericht des Cork Committee zur Reform des Insolvenzrechts, wo man unter der Überschrift “The Public Interest” liest: “Insolvency proceedings have never been treated in English law as an exclusively private matter between the debtor and his creditors; the community itself has always been recognised as having an important interest in them.” 173 Konkret manifestiert sich dieses öffentliche Interesse in einer historisch gewachsenen und finanziell entsprechend dotierten Behördenstruktur mit ihrem gesetzlichen Auftrag zu amtswegigen Untersuchungen und eben auch in dem quasi-strafrechtlichen Sanktionssystem der Tätigkeitsverbote. Die markante Überschneidung von privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Aspekten im englischen Insolvenzrecht lässt sich gut an zwei der bedeutendsten Innovationen der großen Insolvenzrechtsreform der Jahre 1985/86 beobachten, nämlich an der zivilrechtlichen Haftung für wrongful trading und am Tätigkeitsverbot wegen mangelnder Eignung (disqualification for unfitness). Im Rückblick wird klar, dass sich wrongful trading kaum entwickelt hat, während die disqualification regelrecht aufgeblüht ist und heute ein Thema von größter praktischer Relevanz darstellt. Man könnte die beiden als kommunizierende Gefäße deuten, wobei der disqualification die undankbare Aufgabe zufällt, das Scheitern von wrongful trading zu kompensieren. In diesem Lichte betrachtet könnte die erwähnte Debatte, ob ein Tätigkeitsverbot allein auf Grund von Inkompetenz verhängt werden darf, manches von ihrer Brisanz verlieren, wenn die

172 Zum ähnlichen Befund für das US-amerikanische Recht siehe den Beitrag von Engert in diesem Band, S. 743 ff (insbesondere seine Darstellung zum „Fraudulent Transfer Law“). 173 Her Majesty’s Stationery Office, Cmnd. 8558 (1982), Tz. 1734. Lord Millett zitiert unter anderem diese Passage in Re Pantmaenog Timber Co. Ltd. [2004] 1 AC 158, 173D.

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Haftung für wrongful trading, die unzweifelhaft auch bei bloßer Inkompetenz eingreift, endlich in nennenswertem Ausmaß durchgesetzt würde. Ganz entscheidend wirken sich dabei die unterschiedlichen Anreizstrukturen aus. In der Vergangenheit waren Liquidatoren bei der Durchsetzung der Haftung für wrongful trading durch Finanzierungsprobleme behindert, für die nun s. 176A IA hoffentlich eine Lösung bereithält. Allerdings bleibt das Problem, dass Liquidatoren wenig Interesse haben dürften, sich auf langwierige und riskante Prozesse einzulassen, wenn der zu erwartende finanzielle Ertrag gering ist und für die einzelnen Gläubiger bloß in einer marginalen Aufbesserung der Quote sichtbar wird. Insoweit erinnert dieses Problem an die bekannten Argumente zur Insolvenzverschleppungshaftung aus der Zeit vor der Wendeentscheidung des BGH im Jahr 1994. Weil sowohl wrongful trading als auch die West Mercia-Doktrin auf Grund ihrer jeweiligen dogmatischen Ableitung eine unterschiedliche Behandlung von Altgläubigern und Neugläubigern nicht vorsehen, wird es möglicherweise auch in Zukunft am entscheidenden Impetus zur zivilrechtlichen Verfolgung von Direktoren fehlen, wie er in Deutschland für die Neugläubiger sehr wohl besteht. Ob das in der empirischen Studie von Andrew Hicks gefundene ausgeprägte Pflichtgefühl der Insolvency Practitioners bei der Zusammenarbeit mit dem Insolvency Service diese auch dazu motivieren wird, die wesentlich größere Bürde einer Klagsführung vor dem Zivilgericht zu schultern, bleibt abzuwarten. Für das Insolvency Service hingegen ist die Verfolgung von Direktoren mit Tätigkeitsverboten quasi ein Teil seiner Lebensaufgabe, die Rechtfertigung seiner Existenz. So gesehen überrascht es nicht, dass ein bürokratischer Apparat, dem man ein derartiges Mittel an die Hand gibt, davon nach besten Kräften Gebrauch macht. Vielleicht der verblüffendste Aspekt der englischen Debatte ist, wie deutlich dieses System der Tätigkeitsverbote als das quid pro quo für das “Privileg” der beschränkten Haftung verstanden wird,174 wie das in ganz ähnlicher Weise in Deutschland für den Kapitalschutz gesagt wird.175 Dabei wird sogar ausdrücklich auf die Bekämpfung derjenigen Missbräuche hingewiesen, die sich aus der Existenz unterkapitalisierter Gesellschaften ergeben.176 Mehr noch, in der empirischen Studie von Andrew Hicks, die dem gegenwärtigen System der Tätigkeitsverbote nach dem CDDA generell eher kritisch gegenübersteht, wird die Frage, 174 Nachweise zu diesem “Privileg”-Gedanken in den parlamentarischen Materialien bei Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Rn. 2–06 (in Fn. 18); zur Rechtsprechung Finch, Corporate Insolvency Law (Fn. 91) 522 f; jüngst Lord Walker of Gestingthorpe im House of Lords: Re Pantmaenog Timber Co. Ltd. [2004] 1 AC 158, 180G. 175 Vgl. nur die zusammenfassenden Überlegungen von Lutter in diesem Band, S. 1 ff. 176 So nämlich der Cork Report (Fn. 173), Tz. 1815; vgl. auch Tz. 1834 f (Verzicht auf eine dort empfohlene Durchgriffshaftung [die dann ohnedies nicht in das Gesetz aufgenommen wurde] bei einem eingezahlten Stammkapital von zumindest £ 50.000).

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ob ein Mindestkapitalerfordernis auch für private limited companies als Maßnahme für einen verantwortungsvollen Umgang mit der beschränkten Haftung mehr Augenmerk verdiene, von zwei Dritteln der darin repräsentierten Insolvenzpraktiker bejaht – mehr als für jede andere der vorgeschlagenen Maßnahmen (einschließlich wrongful trading).177 Das ist nicht die offizielle Linie der britischen Regierung, sollte aber vielleicht ein Anlass sein, diese offizielle Linie ein wenig stärker zu hinterfragen. Die englische Literatur akzeptiert im Großen und Ganzen das geltende Recht als Ergebnis einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung zugunsten eines Systems, das für die Gründung von Kapitalgesellschaften kaum Hindernisse aufstellt, aber dann versucht, mittels eines einzelfallbezogenen administrativen Prozesses den “schwarzen Schafen” die zukünftige Verwendung einer Kapitalgesellschaft zu untersagen und zugleich eine Abschreckungswirkung gegenüber allzu sorglosem oder bewusst unverantwortlichem unternehmerischem Handeln zu erzielen.178 Man mag die Gründe für die Entscheidung für oder gegen ein solches System auf der Ebene rechtsökonomischer Effizienzanalyse suchen, doch steht hier wohl ein eindeutiger Befund noch aus. Das Ganze hat jedenfalls seinen Preis. Der Personalstand des Insolvency Service im operationellen Bereich (“Service Delivery”) belief sich im Durchschnitt des Finanzjahres 2004–05 auf 1.458 Mitarbeiter.179 Auch wenn diese Mitarbeiter neben der Vollziehung des CDDA noch andere Aufgaben erfüllen, dürfte der Personal- und Sachaufwand für diese eine Funktion eine erhebliche Größe darstellen, die bei allfälligen Überlegungen zu einer Rezeption englischer Strukturen sicher an vorderster Stelle zu berücksichtigen ist. Die Segmentberichterstattung im Jahresbericht des Insolvency Service weist jedenfalls für den Tätigkeitsbereich “Investigation and Enforcement” Gesamtausgaben von £ 29,3 Mio. aus, denen Einnahmen von £ 2,3 Mio. gegenüberstehen. Die Differenz wird aus dem Budget des DTI abgedeckt.180 Kosten aus der Inpflichtnahme der Insolvenzverwalter, die auf die Insolvenzgläubiger abgewälzt werden,181 sind in dieser Zahl ebenso wenig enthalten wie die Kosten für den erstmaligen Aufbau der nötigen administrativen Infrastruktur. Neben der unbestreitbaren politischen Relevanz budgetärer Überlegungen meine ich jedoch, dass es ein Fehler wäre, nur wegen des allenthalben um sich greifenden rechtsökonomischen Denkens rechtskulturelle Faktoren einfach zu übergehen. Man sollte sich nicht um die Frage drücken, ob man das, was in England – auch medial – unter dem Schlagwort “name and shame” praktiziert wird, als Teil der hiesigen Rechtskultur haben möchte oder nicht. 177 178 179 180 181

Hicks, Disqualification of Directors (Fn. 96) Appendix 8, Frage 21. Walters/Davis-White, Directors’ Disqualification (Fn. 89) Rn. 2–13. Insolvency Service, Annual Report & Accounts 2004–05, 71. Insolvency Service, Annual Report & Accounts 2004–05, 46, 67. Vgl. Abschnitt VI.4.

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In einem Punkt dürfte freilich ein signifikantes Maß an Übereinstimmung mit unseren englischen Kollegen bestehen: Die Ermöglichung einer unternehmerischen Betätigung mit beschränkter Haftung, die weder der disziplinierenden Wirkung des Einsatzes eigener Mittel in Form eines Mindeststammkapitals noch einem nachträglich eingreifenden Ausschluss in Form eines Tätigkeitsverbots unterliegt, wäre wohl auch für die meisten von ihnen nicht akzeptabel.

Das Kapital der Aktiengesellschaft in Frankreich

von Professorin Isabelle Urbain-Parleani, Paris 1

Inhaltsübersicht I. Einführung: Das Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Debatte über das Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Mindestkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschaften, für die der Gesetzgeber kein obligatorisches Mindestkapital vorgesehen hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschaften, für die ein Mindestkapital notwendig ist . . . . II. Themen 1 und 2: Die Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Bareinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Modalitäten der Bareinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sanktionen bei Nichtleistung der Einlage . . . . . . . . . . . . 2. Die Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die verschiedenen Arten der Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . aa) Einlage in Form von Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einlage eines Nutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einlage in Form von Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bewertung von Sacheinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Thema 3: Schutz des Kapitals und Regelungen zur Vermeidung von Kapitalausschüttungen oder Dividenden . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Prinzip der Unveränderlichkeit des Kapitals . . . . . . . . . . a) Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Prinzip des realen Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Thema 4: Die Pflichten der Geschäftsführer und der Gesellschafter im Falle des Verlustes von mehr als der Hälfte des Kapitals . . . . . . 1. Pflicht zur Einschaltung der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . 2. Pflicht zur Aufstockung des Eigenkapitals . . . . . . . . . . . . . V. Thema 5: Gründe der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Haftung im Falle der verspäteten Erklärung der Zahlungseinstellung (cessation de paiement) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 Aus dem Französischen übersetzt von Beate Mühlens-Scaramuzza und Felix Steffek, LL.M.

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1. Zum Begriff der Zahlungseinstellung: Art. L. 631-1 C. com. . . . 2. Zahlungseinstellung, die nicht automatisch zum Insolvenzverfahren führt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftung bei verspäteter Erklärung der Zahlungseinstellung . . . . VI. Thema 6: Persönliche Haftung von Geschäftsleitern und ähnliche rechtliche Konstruktionen (z. B. action en comblement du passif) . . . 1. Die Gesellschaft ist „in bonis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftungsklage der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) „Action sociale“ oder Haftung des Geschäftsleiters gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) „Action individuelle“ oder Haftung der Geschäftsführer gegenüber einem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsklagen von Seiten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung der Geschäftsleiter im Insolvenzverfahren . . . . . . . . a) Die action en comblement du passif . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen der Klageerhebung . . . . . . . . . . . . aaa) Der Geschäftsführungsfehler . . . . . . . . . . . . . bbb) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Kausalität zwischen Fehler und Schaden . . . . . . . bb) Maßnahmen im Falle der Nichtzahlung bei Verurteilung . b) L’obligation aux dettes sociales (Art. L. 652-1 C. com.) . . . . . VII. Thema 7: Haftung des Geschäftsführers und Geschäftsführungsverbot 1. Strafen wirtschaftlicher Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Faillite personnelle (persönlicher Konkurs) . . . . . . . . . . . b) Tätigkeitsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strafrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII.Thema 8: Festes Kapital und seine Bedeutung für den Schutz der Minderheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Thema 9: Spezielle Regelungen bei Gesellschafterdarlehen . . . . . . X. Thema 10: Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Geschäften der Gesellschaft im „verdächtigen Zeitraum“ (période suspecte) . . . 1. Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geschäfte ohne Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unübliche Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verdächtige Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sicherheiten für Altschulden (Art. L. 632-1 al. 6 C. com.) . bb) Dépot und consignation judiciaire . . . . . . . . . . . . . . cc) Sichernde Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fälle fakultativer Nichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einführung: Das Kapital Bevor wir auf die Fragen des Mindestkapitals (2.) eingehen, betrachten wir die Diskussion in der französischen Literatur über das Kapital (1.).

1. Die Debatte über das Kapital Das gesellschaftliche Kapital ist für die französischen Juristen ein bedeutender und traditioneller Bezugspunkt. Dennoch ist es relativ neu in der Geschichte des französischen Gesellschaftsrechts. Die wirtschaftsrechtlichen Abkommen Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts erwähnen das Wort Kapital nicht. Erst nach und nach hat das französische Recht den Forderungen nach einem Mindestkapital Rechnung getragen, zunächst durch spezielle Gesetze, später allgemein durch das Gesetz vom 24. Juli 1966. Die 2. Richtlinie 77/91 vom 13. Dezember 1976 trägt vor allem Züge des deutschen Rechts. Die heute auf europäischer Ebene diskutierten Projekte in der Folge des SLIM-Reports und des Winter-Reports, gefolgt von der Mitteilung der Kommission über die ‚Modernisierung des Gesellschaftsrechts‘ beunruhigen französische Juristen nicht besonders 2. Der Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 77/91/CEE des Rates soll lediglich die Regeln zum Kapital (z. B. Umfang, Struktur, Sacheinlagen, Eigentum) 3 auflockern. Er richtet sich nicht auf eine „nouvelle redéfinition de la fonction du capital social“ 4. Der Vorschlag nimmt die von der Kommission in ihren Empfehlungen von 2003 angeregte Einführung eines Solvenztests nicht auf. Bei aller Dynamik der Entwicklungen auf europäischer Ebene ist daran zu erinnern, dass zwischen der vorgesehenen und der tatsächlichen Funktion des Grundkapitals eine Diskrepanz besteht. Das Grundkapital hat traditionell drei Funktionen: – – –

Garantiefunktion gegenüber den Gesellschaftsgläubigern; Schlüssel zur Verteilung der Befugnisse innerhalb der Gesellschaft und Finanzierungsfunktion. Tatsächlich werden diese Funktionen aber nicht mehr vollständig erfüllt:



Garantiefunktion: Nur die Aktiva der Gesellschaft, d. h. ihre pfändbaren Werte, bieten einen reellen Schutz. Die Höhe des Grundkapitals allein sagt nichts über den guten oder schlechten Zustand der Gesellschaft aus.

2 Siehe „Quel avenir pour le capital social?“, herausgegeben von A. Couret und H. Le Nabasque, éd. Dalloz, Coll actes 2004, S. 227. 3 Siehe B. Lecourt, Chronique de droit européen, Revue des Sociétés 2005, Nr. 1, S. 240. 4 Siehe B. Lecourt, aaO.

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Verteilung der Befugnisse innerhalb der Gesellschaft: Der Zugang zu bestimmten Wertpapierbörsen oder die Einführung gewisser Klauseln können eine Abkoppelung des Grundkapitals von den Befugnissen der Gesellschafter zur Folge haben. Finanzierungsfunktion: Hier gibt es andere Möglichkeiten der Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen, etwa durch Gesellschafterdarlehen. Bei börsennotierten Gesellschaften spielt das Grundkapital sicherlich eine Rolle, wenn sie durch Neuemission von Aktien eine Kapitalerhöhung vornehmen. Die gesetzlichen Regeln zum Kapital werden jedoch als zu kompliziert angesehen. Die Marktmechanismen werden faktisch so wahrgenommen, dass sie die dem Kapital zufallende Rolle übernehmen. Darüber hinaus gibt es natürlich auch andere Möglichkeiten zur Finanzierung als die Neuemission von Aktien.

Eines ist festzustellen: Obwohl das Grundkapital im französischen Recht immer noch durch das Prinzip des tatsächlichen Kapitals und seiner Unantastbarkeit geschützt ist, hat es, wie es einmal ausgedrückt wurde, „Falten“ (rides) bekommen 5. Das neue Gesetz vom 1. August 2003, „initiative économique“ genannt, beschreitet den Weg einer Veränderung des Grundkapitals, indem es das Erfordernis eines Mindestkapitals für die société à responsabilité limitée (SARL), die französische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, aufhebt (s. Art. L. 223-2 Code de commerce bzw. C. com., dazu noch unten). Damit entspricht das französische Recht für die SARL demjenigen für entsprechende britische und amerikanische Gesellschaften 6 sowie den Regelungen in Neuseeland, Australien, Südafrika, Kanada und den USA. Einige Stimmen in der Literatur stellen nun die Frage, ob das, was für die SARL gut ist, nicht auch für die société anonyme (SA), die französische Aktiengesellschaft, oder die société par actions simplifiée (SAS), die vereinfachte Aktiengesellschaft, gut wäre 7. Fasst man die allgemeine Tendenz in Frankreich zusammen, dann ist festzustellen, dass man am Grundkapital trotz seiner „Falten“ für geschlossene Gesellschaften festhalten möchte, da es ein einfach zu handhabendes 8 Instrument ist. Im Gegenzug könnte man das Grundkapital bei börsennotierten Gesellschaften auf lange Sicht aufgeben und einen Solvenz- oder Liquiditätstest einführen. Die Aufteilung finanzieller und administrativer Rechte richtete sich dann nach der Zahl der gehaltenen Anteile.

5 P. Le Cannu, „Les rides du capital social“, in: Quel avenir pour le capital social?, éd. Dalloz 2004, S. 3. 6 Rapport sénat Nr. 217. 7 A. Pietrancosta, art. Préc. spéc., S. 140. 8 Ph. Bissara, Quel avenir pour le capital social?, préc., S. 217 et h.

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2. Das Mindestkapital Das französische Recht unterscheidet zwei Arten von Gesellschaften: – –

Gesellschaften, für die der Gesetzgeber kein obligatorisches Mindestkapital vorgesehen hat (a), und Gesellschaften, für die ein Mindestkapital erforderlich ist (b).

a) Gesellschaften, für die der Gesetzgeber kein obligatorisches Mindestkapital vorgesehen hat Die Höhe des Kapitals wird in der Satzung frei festgelegt. aa) Aus dem Kreis der Handelsgesellschaften gehören zu dieser Kategorie die offene Handelsgesellschaft (société en nom collectif oder SNC) sowie die Kommanditgesellschaft (société en commandite simple). Die unbeschränkte solidarische Haftung der Gesellschafter der SNC (Art. L. 221-1 C. com.) und der Komplementäre begründen diese Lösung: Die Gesellschafter haften persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. bb) Eine wichtige Neuerung wurde im französischen Recht mit dem Gesetz vom 1. August 2003 zur „initiative économique“ eingeführt (siehe Art. L. 223-2 C. com.) 9. Das Kapital der SARL wird seitdem nach dem Wortlaut von Art. L. 223-2 C. com. frei in der Satzung festgelegt. Diese Freiheit gilt ebenso für die EURL. Das bisherige Mindestkapital von 7.500 € wurde abgeschafft. Die Literatur spricht im Zusammenhang mit dieser Reform häufig von der „1-EuroSARL“. Der Betrag von 1 Euro ist jedoch nicht vorgeschrieben. Die Gründung einer Gesellschaft mit einem Kapital von weniger als 1 Euro ist denkbar. Art. L. 223-2 C. com. präzisiert nur, dass das Gesellschaftsvermögen aus gleichen Anteilen bestehen muss, und man hat sich darauf geeinigt, dass kein Geschäftsanteil kleiner als 1 Cent sein darf 10. Es ist jedoch hinzuzufügen, dass die Rechtsprechung Satzungsklauseln gestattet, nach denen das Kapital variabel ist 11. Die Reform wurde von dem Willen getragen, die Gründung eines Unternehmens zu vereinfachen und von der Hürde der Aufbringung von 7.500 Euro zu befreien. Das Gesetz vom 15. Mai 2001, das neue wirtschaftsrechtliche Regelungen betrifft, hatte allerdings schon erlaubt, bei Gründung der Gesellschaft nur eine Bareinlage von 20 % des Kapitals zu leisten und den Rest auf 5 Jahre zu verteilen. Der Gesetzgeber fand dies nicht ausreichend. Die Begründung dazu lautet 9 P. Le Cannu, La loi pour l’initiative économique et le droit de sociétés, Revue des Sociétés 2003, Nr. 3, S. 409. 10 Ders., aaO., Nr. 14f. 11 CA Douai, 23. Sept. 1999, Bull. Joly 2000, S. 718, § 168, Anm. G. Baranger; adde Rép. Min Souvet, Bull. Joly 1999, S. 921.

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(übersetzt): „Es ist keine Logik darin zu sehen, dass das Gesetz willkürlich festlegt, wie hoch das Kapital sein muss, um wirtschaftlich tätig zu werden. Es muss jedem Unternehmer selbst überlassen sein, es im Hinblick auf seine geschäftlichen Planungen festzulegen“ 12. In Frankreich hat lediglich das tribunal de commerce (Handelsgericht) in Paris hier relevante Statistiken erstellt. Von 3.000 SARL, die monatlich gegründet werden, nehmen 559 hinsichtlich der Höhe des Kapitals die Satzungsfreiheit in Anspruch. Die Höhe des Grundkapitals beträgt im Durchschnitt immerhin 3.000 Euro, und nicht, wie häufig gesagt, 1 Euro. Solche Gesellschaften betätigen sich in sämtlichen Geschäftsfeldern. Die Statistik der Gerichtskanzlei zeigt auch, dass die Gründer das ursprüngliche Grundkapital der Gesellschaft schnell erhöhen. Dadurch wird das Vertrauen Dritter in die Gesellschaft gestärkt. Nur über 0,35 % aller so gegründeten Gesellschaften wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Die gesetzliche Neuerung hat vielerlei Reaktionen hervorgerufen. Manche zeigten sich erstaunt über die Reform und haben sie als demagogisch und gefährlich 13 bezeichnet, da in Frankreich üblicherweise die unzureichenden Eigenmittel der Unternehmen beklagt werden. Andere haben festgestellt, dass es verschiedene Arten der Finanzierung von Gesellschaften gibt, und das Kapital, wie es auch die Parlamentsmaterialien unterstreichen, der Funktion des Gläubigerschutzes tatsächlich nicht mehr gerecht wird 14 (siehe oben). Trotzdem müssen die Gründer einer SARL vorsichtig sein und nach den uns vorliegenden Statistiken sind sie das auch. Denn die Rechtsprechung beurteilt es als Pflichtverletzung des Geschäftsführers, eine Gesellschaft mit nicht ausreichenden finanziellen Mitteln für das normale Funktionieren ihres Unternehmens zu gründen. Eine solche Unterkapitalisierung kann im Falle eines Insolvenzverfahrens zur action en comblement du passif führen.

b) Gesellschaften, für die ein Mindestkapital notwendig ist Es gibt nur noch zwei Kategorien von Gesellschaften, für die der Gesetzgeber ein Mindestkapital vorgesehen hat: die sociétés anonymes und die sociétés par actions simplifiées. Die Höhe des Grundkapitals ist in beiden Gesellschaften auf 37.000 Euro festgelegt. Dieses muss bei Eintragung der Gesellschaft mindestens zur Hälfte eingezahlt sein, der Rest innerhalb einer Frist von 5 Jahren. Sind die Gesellschaften börsennotiert, liegt die Höhe des Grundkapitals bei 225.000 Euro.

12 Raport Sénat Nr. 217. 13 Ph. Merle, Sociétés commerciales, Dalloz 2005, Nr. 178. 14 A. Pietrancosta, Capital zéro ou zéro capital, in: Quel avenir pour le capital social, S. 127 f.

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II. Themen 1 und 2: Die Einlagen Jeder Gesellschafter muss gemäß Art. 1832 des Code civil (C. civ.) eine oder mehrere Einlagen leisten. Ohne Einlage wird er nicht Gesellschafter. Art. 1843-3 C. civ. benennt drei Arten von Einlagen: – – –

die Bareinlage, die Sacheinlage und die Einlage in Form von Diensten 15.

1. Die Bareinlage Die Modalitäten der Bareinlage werden dargestellt unter (a), die Haftung der Gesellschafter unter (b).

a) Die Modalitäten der Bareinlage Die Bareinlage ist ein Geldbetrag, zu dessen Einlage in die Gesellschaft sich der Gesellschafter verpflichtet. Diese Art der Einlage kommt am häufigsten vor und bereitet die wenigsten Schwierigkeiten. Die Bareinlage kann bar, per Scheck oder durch Erfüllung von Verbindlichkeiten geleistet werden. Der Aufbringung durch Erfüllung von Verbindlichkeiten begegnet man nicht bei Gründung der Gesellschaft sondern anlässlich einer Kapitalerhöhung. •



Bei Personengesellschaften, bei denen das Kapital aufgrund der unbeschränkten gemeinschaftlichen Haftung keine grundlegende Rolle spielt, kann die Zahlung so lange aufgeschoben werden, wie die Beteiligten es wünschen. Bei den Kapitalgesellschaften (SA, SARL, SAS) muss ein Teil des Kapitals sofort aufgebracht werden. So erlaubt Art. L. 225-3 C. com. für die SA und die SAS eine Einzahlung in Höhe von nur der Hälfte des Nominalwertes der Aktien, also 18.500 Euro. Bei der SARL muss bei Zeichnung lediglich ein Fünftel eingezahlt sein (Art. L. 223-7 C. com.). Die Einzahlung von nur einem Fünftel des Kapitals bei der SARL, eingeführt durch das Gesetz betr. neue wirtschaftsrechtliche Regelungen vom 15. Mai 2001, wurde als demagogisch kritisiert. Heute, wo das Grundkapital in dieser Gesellschaftsform frei in der Satzung bestimmt werden kann und nur wenige Euro betragen braucht, kann diese sehr progressive Kapitalaufbringung bei der SARL kaum noch Kritik provozieren. Der Restbetrag muss bei den hier angesprochenen Gesellschaftsformen innerhalb von 5 Jahren eingezahlt werden, beginnend mit der

15 Der apport en industrie wird hier nicht behandelt.

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Eintragung der Gesellschaft, zu in der Satzung festgelegten Zahlungsterminen und in Folge eines Zahlungsaufrufs der Geschäftsleiter. Bei den Gesellschaften mit beschränktem Risiko werden die Einlagen auf einem bei einem Kreditinstitut eröffneten Konto auf den Namen der sich gründenden Gesellschaft hinterlegt. Auf diese Weise ist das Grundkapital bei Eintragung der Gesellschaft vorhanden. Das Konto kann während der Wartezeit bis zur Eintragung der Gesellschaft auch bei einem Notar oder einer caisse des dépots eröffnet werden. Für die Gesellschaften mit unbeschränktem Risiko hat das Gesetz keine speziellen Vorschriften vorgesehen. Das birgt jedoch das Risiko, dass unredliche Gründer die Gelder vor der Eintragung der Gesellschaft veruntreuen. Etwas, was im Zusammenhang mit den Modalitäten der Bareinlage im französischen Recht zu Schwierigkeiten geführt hat und daher der Präzisierung bedarf, ist die Einlage durch Erfüllung von Verbindlichkeiten anlässlich einer Kapitalerhöhung. Es stellte sich die Frage, ob diese Art der Einlage als Sacheinlage oder als Bareinlage zu werten sei. Die Diskussion darüber nahm an Schärfe zu, wenn die Aktiva (actif brut) niedriger lagen als die Passiva (passif externe) 16. Die Verordnung vom 24. Juni 2004 hat diesen Unklarheiten ein Ende gesetzt. Die Neufassung des Art. L. 225-128 C. com. setzt die Aufbringung mittels der Erfüllung von Verbindlichkeiten mit einer Bareinlage gleich. Die Erhöhung muss deshalb zu dem Anteil einbehalten werden, den die Gesellschaft ohne vorrangiges Bezugsrecht ausgeben kann. b) Sanktionen bei Nichtleistung der Einlage Art. 1843-3 C. Civ. besagt, dass (Übersetzung) „jeder Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft Schuldner der von ihm zugesagten Einlage“ ist. Art. 1843-3 Abs. 5 C. civ. präzisiert, dass ein Gesellschafter, der seine Einlage nicht innerhalb der von Satzung oder Gesetz vorgeschriebenen Frist erbringt, ohne weiteres Zinsen ab dem Fälligkeitszeitpunkt schuldet. Eine vorherige Mahnung ist (außer bei Kapitalgesellschaften) nicht erforderlich17. Im Übrigen muss der säumige Gesellschafter für Folgeschäden und anfallende Gebühren aufkommen (Art. 1843-3 C. civ.). Für die Folgeschäden und Gebühren muss der Gesellschafter auch dann einstehen, wenn er nicht bösgläubig gehandelt hat. Für SAs sind spezielle Regeln vorgesehen: Wird nicht innerhalb der festgelegten Frist geleistet, muss die Gesellschaft dem Aktionär eine Mahnung zustellen. Bleibt die Mahnung nach Ablauf eines Monats ohne Wirkung, wird die Gesellschaft den Verkauf der nicht eingezahlten Aktien betreiben (Art. L. 228-27 C. 16 I. Urbain-Parleani, Les comptes courants d’associé, LGDJ 1986, Nr. 636 f. 17 Siehe unten.

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com.). Der Verkauf notierter Aktien erfolgt an der Börse (Art. L. 228-27 C. com.). Bei nicht notierten Gesellschaften erfolgt der Verkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung. Hinzuzufügen ist, dass einem Gerichtsurteil zufolge eine Gesellschaft die Wahl hat, ob sie den Gesellschafter auf Zahlung verklagt oder die nicht gezahlten Anteile verkauft 18. Die Nichtleistung der Bareinlage kann durch Untersagung der Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen sowie Verweigerung des Stimmrechts sanktioniert werden (Art. L. 228-29 C. com.). Die Anteile werden bei der Berechnung des Quorums nicht berücksichtigt. Das Recht auf Dividende und das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhung werden in Bezug auf diese Anteile ausgesetzt. Wenn die Geschäftsführer der Gesellschaft von der Zahlungsaufforderung innerhalb der vorgesehenen Fristen absehen, gibt das Gesetz vom 15. Mai 2001 jedem Betroffenen die Möglichkeit, die Angelegenheit dem Präsidenten des Gerichts vorzulegen und durch ihn eine Zahlungsaufforderung der Geschäftsführer zu erwirken oder einen Bevollmächtigten zu bestimmen, der diesen Vorgang übernimmt (Art. 1843-3 al. 5 C. civ.).

2. Die Sacheinlage Als Sacheinlage wird jede Einlage einer Sache außer Geld bezeichnet. Alle Arten von Mobilien oder Immobilien, verkörpert oder nicht verkörpert können Sacheinlagen sein. Bei Handelsgesellschaften sind Sacheinlagen jedoch beschränkt auf wirtschaftlich verwertbare Güter. Da es verschiedene Arten von Sacheinlagen gibt (unter a), betrifft die heikelste Frage die Bewertung der Einlagen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften (unter b). a) Die verschiedenen Arten der Sacheinlage Die Rechte, welche der Gesellschaft gewährt werden, variieren danach, ob die Einlage in Form von Eigentum (propriété) (unter aa), Nutzungsrechten (jouissance) (unter bb) oder Nießbrauch (usufruit) (unter cc) geleistet wird. Die drei Kategorien werden im folgenden kurz beschrieben. aa) Einlage in Form von Eigentum Die Einlage wird durch Übertragung von Eigentum an die Gesellschaft geleistet. Im Unterschied zu den anderen Arten der Sacheinlage fließt hier Eigentum in das Kapital der Gesellschaft.19 18 Paris, 27. Nov. 1990, D. 1991 IR 42. 19 Siehe unten.

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Der Eigentumsübergang (Art. 1843-3 al. 2 C. civ.) kann die Erfüllung förmlicher Publizität erfordern. Diese ist je nach Art des eingebrachten Eigentums unterschiedlich. So ist die Einbringung einer Immobilie den Regeln der Publizität von Grundbesitz unterworfen und muss zur Erhaltung von Grundpfandrechten veröffentlicht werden. So ist auch die Einlage eines Geschäfts der Übertragung eines Geschäfts angenähert und unterliegt den in Art. 141-5 C. com. festgelegten Formalitäten. Schließlich ist noch auf die Einbringung von Patenten und Marken hinzuweisen, die dem Institut National de la Propriété Intellectuelle (Patentamt) mitzuteilen ist. Derjenige, der eine Einlage erbringt, ist gegenüber der Gesellschaft in derselben Position wie ein Verkäufer. Art. 1843-3 al. 3 C. civ. ist in dieser Hinsicht eindeutig. Der Einbringende muss der Gesellschaft für verborgene Mängel Gewähr leisten (Art. 1641 C. civ.). Des Weiteren muss er eine garantie d’éviction (Rechtsmängelgewähr) abgeben (Art. 1626 C. civ.). Nach Übergang des Eigentums trägt die Gesellschaft selbst das Risiko für das eingebrachte Gut. Bei Auflösung der Gesellschaft und Aufteilung des Gesellschaftsvermögens besteht keine Sicherheit, dass der Einbringende seine eingebrachte Sache zurückerhält. Sie kann z. B. im Laufe der Geschäftstätigkeit veräußert oder zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger verkauft worden sein. Der Einbringende kann lediglich dann sein Gut zurückerhalten, sofern dem nichts entgegensteht und es in der aufzuteilenden Masse noch vorhanden ist (Art. 1844-9 C. civ.). bb) Einlage eines Nutzungsrechts Im Falle des Nutzungsrechts ist der Einbringende gegenüber der Gesellschaft in der Position eines Verpächters. Das eingebrachte Gut steht der Gesellschaft lediglich zur Nutzung zur Verfügung, ohne in ihr Eigentum überzugehen. Der Einbringende gewährt der Gesellschaft unter vertraglich festgelegten Bedingungen die bloße Nutzung des Gutes. Diese Form der Einlage hat daher dauerhaften Charakter. Die Gesellschaft muss das Gut bewahren und es nach Ablauf der festgelegten Nutzungsdauer zurückgeben. Der Einbringende erhält also seine Einlage nach Ablauf der Frist garantiert zurück, auch wenn noch nicht alle Gläubiger der Gesellschaft befriedigt sein sollten. Er muss der Gesellschaft lediglich die uneingeschränkte Nutzung des Gutes für die vereinbarte Zeit versichern (Art. 1842-3 al. 14 C. civ.). Die Risiken für Verlust oder Verschlechterung der Sache verbleiben beim Einbringenden, dem alleinigen Eigentümer. cc) Einlage in Form von Nießbrauch Bei der Einlage in Form von Nießbrauch wird der Gesellschaft ein Nießbrauch am eingebrachten Gut eingeräumt. Der Nießbrauch kann nicht länger als

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30 Jahre gewährt werden. Die Gesellschaft erhält ein dingliches Recht an der eingebrachten Sache. Sie kann die Sache benutzen (usus), sie kann Früchte durch Vermietung der Sache ziehen (fructus), aber sie kann die eingebrachte Sache nicht veräußern. Diese Art der Einlage hat augenblicklichen, nicht dauerhaften Charakter. Ist Eigentum mit einem Nießbrauch belastet (nue-propriété), erhält die Gesellschaft unbelastetes Eigentum, sobald der Nießbrauch erlischt. Diese Form der Einlage wird im Wesentlichen als Mittel der Vermögensverwaltung bei bürgerlichrechtlichen Immobiliengesellschaften genutzt.

b) Die Bewertung von Sacheinlagen Prinzipiell legt derjenige, der die Einlage erbringt, den Wert fest und die übrigen Gesellschafter bestätigen die Bewertung durch ihre Unterschrift unter die Satzung. Der Einbringende könnte jedoch versucht sein, den Wert des eingebrachten Gutes zu überschätzen, weil er im Gegenzug einen höheren Anteil an gesellschafterlichen Rechten erhält. Eine solche Überbewertung wäre unehrlich den anderen Gesellschaftern gegenüber und gefährlich für Dritte, die über die Finanzkraft der Gesellschaft in die Irre geleitet würden. Bei Personengesellschaften ist die Gefahr weniger gravierend. Die Gläubiger können stets auf das persönliche Vermögen der Gesellschafter zurückgreifen, wenn das Gesellschaftsvermögen nicht ausreicht. Im anderen Fall, wenn die Haftung der Gesellschafter auf ihre Einlagen beschränkt ist, erscheint eine Regelung des Problems der Bewertung von Sacheinlagen geboten. Bei SARL und Aktiengesellschaften ist ein besonderes System der Bewertung eingeführt worden. Dieses System sieht die Einschaltung einer unabhängigen Person vor, des commissaire aux apports (des Einlagenprüfers), der entweder aus einer Liste der commissaires aux comptes (Wirtschaftprüfer) oder einer Liste von Experten ausgewählt wird, die von den Gerichten geführt wird (Art. L. 223-9 C. com. für die SARL; Art. L 225-14 C. com. und 64 der Verordnung vom 23. März 1967 für Handelsgesellschaften). Der commissaire aux apports nimmt eigenverantwortlich eine Bewertung der Sacheinlagen vor und erstellt ein Gutachten, das den zukünftigen Gesellschaftern vor Unterschrift der Satzung zugeleitet wird. Bei der SARL wird der commissaire aux apports entweder einstimmig von den zukünftigen Gesellschaftern oder vom Präsident des tribunal de commerce ernannt. Die Gesellschafter können einstimmig entscheiden, auf den commissaire aux apports zu verzichten, wenn keine Sacheinlage den Wert von 7.500 Euro übersteigt und der Gesamtwert der nicht vom commissaire aux apports bewerteten Sacheinlagen nicht die Hälfte des Grundkapitals überschreitet (Art. L. 223-9 C. com.). Eine solche Entscheidung kann zur Vermeidung von Kosten getroffen werden.

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Folgen die Gesellschafter der SARL der Bewertung des commissaire aux apports nicht oder wird ein solcher nicht eingeschaltet, haften die Gesellschafter gemeinsam gegenüber Dritten auf den Wert, den sie für die Einlage bestimmt haben, und das fünf Jahre lang (Art. L. 223-9 C. com.). Die Haftung spielt nur im Fall der Überbewertung eine Rolle und wird am häufigsten als Haftungsklage im Insolvenzverfahren geltend gemacht. Die betrügerische Überbewertung kann auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen und zwar unter dem Titel majoration frauduleuse des apports en nature (Art. L. 242-2 C. com.). Bei der S. A. ist die Einschaltung eines commissaire aux apports obligatorisch (Art. 225-14 C. com.). Er wird auf Ersuchen vom Präsidenten des tribunal de commerce ernannt und erstellt eigenverantwortlich einen Sachgründungsbericht. Die Unterschrift der Satzung bestätigt die Bewertung. Der Einbringende und die Aktionäre haften in diesem Fall gegenüber Dritten jedoch nicht für den Wert der Einlage. Dieser Ansatz wird von zwei Seiten kritisiert: –



Ein Teil der Lehre und Praktiker fordern eine bestimmte Anzahl festgelegter Bewertungskriterien, um eine objektive Bewertung herbeizuführen, anstatt – wie heute – mit verschiedenen verwendeten Methoden zu verschiedenen Bewertungsergebnissen zu kommen. Die Regelung kann umgangen werden. Es genügt, der Gesellschaft eine Sache zu verkaufen, die Einlage bar in dieser Höhe zu tätigen und auf diese Weise Aktien oder Anteile an der Gesellschaft zu erhalten 20. In der S. A. ist dieses Risiko geringer, aber auch nicht ausgeschlossen. Denn die Bewertungsprozedur muss immer dann durchlaufen werden, wenn die Gesellschaft innerhalb von zwei Jahren nach der Eintragung Gegenstände von einem Aktionär erwirbt, das allerdings nur, wenn der Gegenstand den Wert von mindestens 1/10 des Grundkapitals erreicht (Art. L 225-101 C. com.).

III. Thema 3: Schutz des Kapitals und Regelungen zur Vermeidung von Kapitalausschüttungen oder Dividenden Das Kapital der Gesellschaft wird im Allgemeinen als Faustpfand der Gesellschaftsgläubiger verstanden. Diese Funktion ist, wie man heute weiß, überholt. In der Realität zählt allein das Nettoaktivvermögen, auf das bei Verfolgung der Gesellschaft zugegriffen werden kann. „Der praktische Nutzen des Grundkapitals ist Null, wenn die Aktiva der Gesellschaft auf Null gefallen sind“ 21. Auch wenn das Grundkapital heutzutage nicht mehr als stets effektive Sicherheit für die 20 Siehe M. Lutter, L’apport en numéraire fictif, une théorie allemande et un problème de droit européen, Revue des Sociétés 1991, 331. 21 Y. Guyon, Droit des affaires T.1., 2003, 12 Aufl., Nr. 110 (übersetzt).

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Gläubiger der Gesellschaft angesehen werden kann, gibt es in diesem Bereich eine bestimmte Zahl rechtlicher Regelungen. Sie gruppieren sich um zwei Achsen: (1) das Prinzip der Unveränderlichkeit des Kapitals und (2) das Prinzip des realen Kapitals.

1. Das Prinzip der Unveränderlichkeit des Kapitals Dieses ist durch mehrere Bestimmungen gesichert: •



Die Gesellschaft kann an die Gesellschafter keine Entnahmen aus dem Kapital ausschütten. Bei Zuwiderhandlung würden sich die Geschäftsführer dem Vergehen der Ausschüttung von Scheindividenden schuldig machen. Kapitalveränderungen sind gesetzlich geregelt. Diese Regelungen sind in Frankreich in letzter Zeit allerdings gelockert worden.

Dabei wird zwischen Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung unterschieden: a) Kapitalherabsetzung Der Vorgang der Kapitalherabsetzung kann Gläubigern der Gesellschaft Schaden zufügen. Sie besitzen deshalb ein Widerspruchsrecht, jedoch nur wenn die Kapitalherabsetzung nicht durch Verluste begründet ist. Kapitalherabsetzungen können allerdings auch nützlich sein. Etwa wenn das Kapital im Vergleich zum Bedarf der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zu hoch angesetzt ist. Die Gesellschaft vermeidet durch die Kapitalherabsetzung die Entlohnung von Anteilen oder Aktien. Im französischen Recht besteht die Tendenz, die Kapitalherabsetzung bei der S. A., insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften, zu vereinfachen: Auf diese Weise kann die Hauptversammlung den Aufsichtsrat oder, je nach Fall, den Vorstand ermächtigen, Aktien von bis zu 10 % des Gesellschaftskapitals zu kaufen. Die Ermächtigung kann für eine Dauer von bis zu 18 Monaten erteilt werden. Die Verordnung vom 24. Juni 2004 hat dem Aufsichtsrat oder dem Vorstand erlaubt, die Befugnis zur Verwirklichung eines Aktienrückkaufprogramms an den Aufsichtsratsvorsitzenden oder den Vorstandsvorsitzenden zu delegieren (Art. L. 225-209 al. 2 C. com.). Außerdem erlaubt die Verordnung vom 24. Juni 2004 die Ausgabe von Aktien rachetables de droit commun (Art. L. 228-12 al. 2 C. com.). Der Rückkauf solcher Aktien kann automatisch oder auf Initiative der Gesellschaft oder des Aktionärs vonstatten gehen. Im zuletzt genannten Fall verfügt der Aktionär über eine unbeschränkte Put-Option.22 Die Verordnung hat außer22 R. Mortier, Rachat d’actions et actions rachetables, Revue des Sociétés 2004, Nr. 3, S. 639.

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dem die Emission spezifischer rückkaufbarer Aktien für börsennotierte Gesellschaften gestattet. b) Kapitalerhöhung Kapitalerhöhungen können die finanzielle Solidität einer Gesellschaft nur stärken. Die Verordnung vom 24. Juni 2004 hat die Regeln der Kapitalerhöhung gelockert und sie tiefgreifend verändert.

2. Das Prinzip des realen Kapitals In das Kapital dürfen nur wirkliche und sichere Werte einfließen. Dieses Prinzip der „Realität“ wird durch mehrere Regeln gesichert: (1) Einlagen in Form von Diensten werden niemals Bestandteil des Kapitals, auch wenn sie erlaubt sind. (2) Die Überwertung von Sacheinlagen muss vermieden werden. (3) Die gegenseitige Übernahme von Anteilen zwischen Gesellschaften wird reglementiert. Denn sie können die Aktiva der verschachtelten Gesellschaften teilweise, ja sogar vollständig, verfälschen. Also präzisiert Art. L. 233-29 C. com., dass eine Gesellschaft „A“ keine Aktien einer anderen Gesellschaft „B“ halten darf, wenn diese (also „B“) Anteile von mehr als 10 % ihres Kapitals hält. (4) Der Kontrolle eigener Aktien wird Rechnung getragen: Selbst kontrollierte Anteile sind im Prinzip neutralisiert (Art. L. 233-31 C. com.). Ihr Besitz ist nicht verboten, aber sie haben kein Stimmrecht und werden beim Quorum nicht berücksichtigt. Bei börsennotierten Gesellschaften kennt diese Regel Ausnahmen. Die Hauptversammlung kann der Gesellschaft erlauben, 10 % des Kapitals zu halten, entweder im Hinblick auf ihre Annullierung oder um sie Mitarbeitern zuzuteilen.

IV. Thema 4: Die Pflichten der Geschäftsführer und der Gesellschafter im Falle des Verlustes von mehr als der Hälfte des Kapitals Der Gesetzgeber hat für den Fall des Verlustes von mehr als der Hälfte des Kapitals Sonderregelungen eingeführt, die auf SARLs und Aktiengesellschaften Anwendung finden (société anonyme, société en commandite par actions (SCA), und société par actions simplifiée). Sie sollen vermeiden, dass die Gesellschaft Insolvenz anmelden muss. Bemerkenswert ist, dass der Gesetzgeber die SARL in die Regelung einbezogen hat, obwohl er das Erfordernis eines Mindestkapitals für diese Gesellschaftsform abgeschafft hat. Nach einer Literaturansicht wird

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diese Regel niemals auf „Gesellschaften mit ganz geringem oder nur symbolischem Kapital anwendbar sein. Gesellschaften, deren Eigenkapital sich auf weniger als die Hälfte eines Euros belaufen, sind unwillkürlich insolvent“ (übersetztes Zitat aus A. Lienhard, Loi pour l’initiative économique: quoi de neuf pour les sociétés? D. 2003, 1900). Die Regelung sieht zwei Schritte vor: (1) Das Gesetz schreibt zum einen die Pflicht zur Einschaltung der Gesellschafter vor. (2) Wenn sich diese für die Fortführung der Geschäftstätigkeit entscheiden, müssen sie eigene finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.

1. Pflicht zur Einschaltung der Gesellschafter (Art. L. 233-42 al. 19 C. com. für die SARL, Art. L. 225-248 al. 19 C. com. für die SA, Art. L. 226-1 C. com. für die SCA, Art. L. 244-1 al. 1 C. com. für die SAS) Im Fall des Verlustes der Hälfte des Kapitals müssen der Geschäftsführer der SARL, der Aufsichtsrat oder das Direktorium der SA, der Präsident der SAS oder aber die in der Satzung festgelegten Geschäftsführer die Gesellschafter zu Rate ziehen, um zu ermitteln, ob sie die Gesellschaft auf die vorgeschriebene Art und Weise abwickeln wollen. Bei Aktiengesellschaften findet die Beratung darüber in einer außerordentlichen Hauptversammlung statt (Art. L. 225-248 al. 19 C. com.). Bei der SARL findet die Entscheidung der Gesellschafter mit der zu einer Satzungsänderung erforderlichen Mehrheit statt (Art. L. 223-42 al. 2 C. com.). Bei der SAS kann die Auflösung nur durch einstimmige Entscheidung der Gesellschafter nach den in den Statuten vorgegebenen Bedingungen beschlossen werden (Art. L. 297-9 al. 2 C. com.). Die Beratungen müssen innerhalb von 4 Monaten nach Billigung der den Verlust ausweisenden Bilanz abgehalten werden. Anderenfalls kann jeder Interessierte beim tribunal de commerce die Auflösung der Gesellschaft beantragen. Diese Regelung ist für börsennotierte Gesellschaften näher zu betrachten. Die gesetzliche Pflicht zur Aufstockung der Mittel wird wenig beachtet 23. Wenn eine Rekapitalisierung nötig ist, fordert sie der Markt. Das Recht jedes Interessierten, die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft zu verlangen, ist unpassend und gefährlich 24. Der Verstoß gegen die Pflicht zur Einschaltung der Gesellschafter wird strafrechtlich verfolgt. Die Geschäftsführer (Verwalter, Geschäftsführer, Mitglieder 23 Ch. Baker und E. Guyon-Abinal, Le capital en droit francais et en droit américain: Le point de vue du praticien, in: Quel avenir pour le capital social?, aaO., S. 177. 24 Ch. Baker und E. Guyon-Abinal, siehe vorgehende Fußnote.

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des Direktoriums, der Präsident der SAS oder die Geschäftsführer der SAS) riskieren eine Geldstrafe in Höhe von 4.500 Euro und eine Haftstrafe von 6 Monaten (Art. L. 241-61er C. com., L. 242-29 C. com., L. 243-1 C. com. und L. 244-1 al. 1er C. com.). Die Beratung knüpft zwingend allein an der Tatsache der Feststellung des Verlustes in der Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres an. Dementsprechend muss sie auch dann stattfinden, wenn die Gesellschafter die Angelegenheit geregelt haben, bevor die Versammlung sich zur Auflösung äußern kann. Die von den Gesellschaftern getroffene Entscheidung muss Dritten durch dreifache Veröffentlichung bekannt gemacht werden: im amtlichen Anzeigenblatt, beim Handels- und Gesellschaftsregister und bei der Geschäftsstelle des Gerichts. Beschließen die Gesellschafter in ihrer Versammlung, die Gesellschaft nicht aufzulösen, müssen sie Eigenkapital beschaffen.

2. Pflicht zur Aufstockung des Eigenkapitals Die Gesellschafter unterliegen bei der Aufstockung des Eigenkapitals der Gesellschaft einer Frist. Sie muss spätestens bis zum Abschluss des zweiten Geschäftsjahres nach demjenigen erfolgen, während dessen der Verlust festgestellt wurde. Die Aufstockung des Eigenkapitals kann auf verschiedene Art erfolgen: Gewinnrealisation, Kapitalerhöhung, Kapitalisierung der Gesellschafterkonten, Schuldenerlass. Gelingt der Gesellschaft nicht die Aufstockung der Eigenmittel, muss sie ihr Kapital herabsetzen. Die Kapitalherabsetzung muss mindestens der Höhe der nicht ausgeglichenen Verluste entsprechen. Hinzuweisen ist auf die von der Cour de Cassation erlaubte Praxis, die im französischen Recht unter dem Namen „coup d’accordéon“ (Akkordeon-Schnitt) bekannt ist (Cass. com. 17. Mai 1994, Rev. Sociétés, S. 485). Eine Gesellschaft, die Bilanzverluste erlitten hat, kann entscheiden, die Verluste mit dem Kapital zu verrechnen. Sie reduziert ihr Kapital auf Null und nimmt dann eine Kapitalerhöhung vor. Die alten Aktien werden annulliert. Die Altaktionäre müssen die Kapitalerhöhung zeichnen. Sie werden jedoch aus der Gesellschaft verdrängt, wenn sie auf ihr Bezugsrecht verzichten.

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V. Thema 5: Gründe der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Haftung im Falle der verspäteten Erklärung der Zahlungseinstellung (cessation de paiement) Das Gesetz vom 26. Juli 2005 hat die Gestalt der kollektiven Vollstreckungsverfahren im französischen Recht verändert. Diese loi de sauvegarde (Schutzgesetz) zielt auf eine große Reform des Rechts für Gesellschaften in wirtschaftlichen Schwierigkeiten 25. Es ermöglicht die rechtzeitige Befassung mit den Problemen der Unternehmen zum Zweck der Sanierung und bringt Verbesserungen des Insolvenzverfahrensrechts und des Rechts der Liquidation 26. Außerdem wird die Anwendbarkeit der Verfahren auf die freien Berufe erstreckt. Das französische Recht kennt heute demnach vier Verfahren: • •

• •

das Vergleichsverfahren (procédure de conciliation) (Art. L. 611-4 C. com.) – unter der alten Gesetzgebung noch gütliche Regelung genannt; das Verfahren zur Rettung der Gesellschaft (procédure de sauvegarde), eine Neuerung der Reform, die dem Gesetz auch den Namen gegeben hat (Art. L 620-1 seq. C. com.); das Insolvenzverfahren (procédure de redressement judiciaire) und die Liquidation (procédure de liquidation judiciaire). Letzteres macht 90 % der verkündeten Verfahren aus. Nach der Reform werden die Verfahren in drei Kategorien unterteilt: Erste Kategorie:

Ein Verfahren, das ohne Zahlungseinstellung eröffnet wird, oder bei dem die Zahlungseinstellung nicht mehr als 45 Tage zurückliegt (Art. 611-4 C. com.). Dieses Modell betrifft das Vergleichsverfahren (Art. 611-4 C. com.). Dabei beantragen die Geschäftsführer des Unternehmens beim Gerichtspräsidenten die Ernennung eines Vermittlers. Mit seiner Hilfe verhandeln sie mit den Hauptgläubigern mit dem Ziel, eine gütliche Einigung zu erreichen, welche die Schwierigkeiten der Gesellschaft beendet (Art. L. 611-7 C. com.). Dieses Verfahren dürfte eine Wiederbelebung erfahren, weil der Gesetzgeber das Privileg des Vergleichs eingeführt hat: Diejenigen, die versucht haben der Gesellschaft zu helfen, insbesondere bei der Kapitalbeschaffung (Art. L. 611-11 C. com.), werden im Insolvenz- oder Liquidationsverfahren vorrangig befriedigt.

25 Siehe Declaration du Ministre de la Justice, Gazette du Palais 2005 Nr. 250, S. 3. 26 J. O., 27. Juli 2005. Ein erster Kommentar findet sich in der Numéro spécial der Gazette du Palais vom 7. und 9. September 2005, Nr. 250 und 252 f.

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Zweite Kategorie: Das Verfahren, das nur eröffnet werden kann, wenn die Gesellschaft die Zahlungen noch nicht eingestellt hat. Dies ist das Verfahren zur Rettung der Gesellschaft (procédure de sauvegarde), das man auch als vorweggenommenes Insolvenzverfahren bezeichnen könnte. Der Schuldner befindet sich, nach den Worten des Art. L. 620-2 C. com. in (übersetzt) „Schwierigkeiten, die er nicht überwinden kann und die zur Zahlungseinstellung führen“. Das Verfahren kennzeichnet die vorläufige Aussetzung der Einzelzwangsvollstreckung – eine solche Aussetzung ist im Rahmen des Vergleichsverfahrens ausgeschlossen – und die Verhandlungen mit den Gläubigern mittels des Gläubigerausschusses. Der Schuldner führt seine Geschäfte weiter. Der Gesetzgeber erhofft sich viel von diesem Verfahren, die Praxis ist zurückhaltender. Dritte Kategorie: Die Verfahren, deren Eröffnung der Zahlungseinstellung folgen: Insolvenzund Liquidationsverfahren. Eine genaue Abgrenzung zwischen diesen beiden Verfahren ist kaum vorzunehmen: ein Unternehmen, welches das Vergleichsverfahren und den Rettungsversuch durchlaufen hat, muss im Falle des Scheiterns und bei Zahlungsunfähigkeit in ein Insolvenz- oder Liquidationsverfahren überführt werden. Die Zahlungseinstellung ist der zentrale Begriff. Er ist ausschlaggebend für die Wahl des anzuwendenden Verfahrens. Es sei daran erinnert, dass die Geschäftsführer im Falle der Zahlungseinstellung seit weniger als 45 Tagen die Wahl haben, entweder das Vergleichsverfahren oder das Insolvenzverfahren zu beantragen. Der Geschäftsführer wird das Vergleichsverfahren nur dann beantragen, wenn sich das Unternehmen finanziell nicht in einer besonders miserablen Lage befindet. Der Begriff Zahlungseinstellung muss also zunächst einmal präzisiert werden (unter 1.); die Fälle, in denen bei Zahlungseinstellung nicht automatisch das Insolvenzverfahren eröffnet wird, werden nochmals erläutert (unter 2.). Und schließlich muss darauf hingewiesen werden, dass vor der Reform durch das Gesetz vom 26. Juli die Meinung vorherrschte, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei unabhängig von der Zahlungseinstellung 27. Die loi de sauvegarde hat diese Fälle jedoch abgeschafft 28. 27 Das neue Gesetz streicht die Fälle einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf einen titre de sanction hin (Nichterfüllung eines gütlichen Vergleichs hinsichtlich der finanziellen Engagements; Nichterfüllung eines Insolvenzplans; unterbliebener Kauf durch den Betriebspächter; Geschäftsleiter haben in dem alten Art. 624-5 genannte Verstöße begangen). 28 Siehe vorgehende Fußnote.

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1. Zum Begriff der Zahlungseinstellung: Art. L. 631-1 C. com. Die Zahlungseinstellung wird von Art. L. 631-1 C. com. definiert als Unfähigkeit des Schuldners, den fälligen Verbindlichkeiten mit dem verfügbaren Aktivvermögen nachzukommen. Das verfügbare Aktivvermögen wird restriktiv verstanden. Darunter fasst man Liquidität, die sofort verfügbar ist. Die berücksichtigten Verbindlichkeiten sind die fälligen Verbindlichkeiten und nicht die eingeforderten Verbindlichkeiten. Um die Zahlungseinstellung festzustellen, vergleicht das Gericht die nicht gezahlten Verbindlichkeiten mit dem verfügbaren Aktivvermögen. In die fälligen Passiva gehen die liquiden und bestimmten Forderungen ein. Die Natur der Forderung interessiert wenig. Eine zivilrechtliche Forderung kann die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens genauso erlauben 29 wie Forderungen des Fiskus. Diese Definition der Zahlungseinstellung wurde durch die loi de sauvegarde nicht geändert. Das Gericht kann den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung zurückdatieren, wenn sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass die Zahlungseinstellung in Wirklichkeit schon vor dem Ereignis, das sie zu Tage gebracht hat, entstanden ist. Der Zeitpunkt der Zahlungseinstellung darf nicht mehr als 18 Monate vor dem gerichtlich verkündeten Termin der Verfahrenseröffnung liegen. Stellt ein Schuldner die Zahlung ein, muss er gemäß Art. L. 631-1 C. com. innerhalb einer Frist von 45 Tagen Insolvenz anmelden. Die loi de sauvegarde hat diese Frist auf 45 Tage verlängert, da die alte Vorschrift mit einer Frist von 15 Tagen sehr kurz und folglich schwierig einzuhalten war. Neben dieser buchhalterischen Zahlungseinstellung gibt es auch eine verdeckte Zahlungseinstellung. Damit ist gemeint, dass die Gesellschaft ihre Geschäfte mit geschäftswidrigen Praktiken aufrecht erhält (Verkauf mit Verlust, Gefälligkeitswechsel, Darlehen zu ruinösen Bedingungen). Solche Praktiken werden häufig nicht bei Verfahrenseröffnung, sondern erst im Laufe des Verfahrens aufgedeckt. Der Richter wird also den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung korrigieren, jedoch darf er nicht mehr als 18 Monate vor dem feststellenden Urteil liegen. Hat ein Unternehmen ein Vergleichsverfahren durchlaufen, kann der Zeitpunkt der Zahlungseinstellung nicht auf einen Zeitpunkt vor Anerkennung der gütlichen Einigung verschoben werden (Art. L. 631-8 C. com.). Auf diese Weise – Betrug ausgenommen – kann eine Handlung nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens und vor Genehmigung der Einigung, sofern es eine gibt, nicht erneut über den Umweg der Nichtigkeit Streitgegenstand sein. Diese Bestimmung soll Gläubiger und Lieferanten eines Unternehmens dazu bewegen, an einem Vergleichsverfahren teilzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass Rechtsgeschäfte mit dem Schuldner später wieder aufgerollt werden.

29 Com. 22. Juni 1993, Bull. civ. IV, Nr. 264 S. 186.

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2. Zahlungseinstellung, die nicht automatisch zum Insolvenzverfahren führt Das betrifft folgende zwei Fälle: –



Über einen landwirtschaftlichen Betrieb kann nach französischem Recht nicht allein aufgrund der Zahlungseinstellung ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Geht der Antrag von einem Gläubiger aus und ist der landwirtschaftliche Betrieb nicht als handelsrechtliche Gesellschaft organisiert, kann das Verfahren nur eröffnet werden, wenn beim Präsidenten des Tribunal de Grande Instance vorab ein Vergleichsantrag gestellt wurde (Art. L. 631-5 C. com.). Ein Unternehmen, das die Zahlung seit weniger als 45 Tagen eingestellt hat, kann ein Vergleichsverfahren verlangen (Art. L. 611-4 C. com.).

3. Haftung bei verspäteter Erklärung der Zahlungseinstellung Der frühere Art. L. 625-5 al. 5 C. com. hatte nur eine fakultative Sanktion vorgeschrieben. Im Fall mangelnder Erklärung der Zahlungseinstellung fiel sie jedoch besonders schwer aus. Das Gericht konnte den Schuldner oder Geschäftsführer, der nicht innerhalb von 15 Tagen die Zahlungseinstellung kundtat, für bankrott erklären. Die Bankrotterklärung hat von Natur aus (s. unten) erhebliche Konsequenzen, da damit das Verbot jeglicher Handelsgeschäftstätigkeit und Geschäftsführung eines Unternehmens oder einer juristischen Person verbunden ist. Sie bewirkt, dass der Schuldner mit den Passiva belastet wird. Sie hat weiterhin die Aberkennung zahlreicher Rechte zur Folge. Der Bankrotteur verliert seine zivilen und insbesondere seine politischen Rechte. Geschäftsführer gehen ihres Stimmrechts verlustig (Art. L. 625-9 al. 1 C. com.) und können der Verpflichtung ausgesetzt sein, ihre Aktien oder Anteile veräußern zu müssen (Art. L. 625-9 al. 2 C. com.) (siehe auch unten). Die Sanktion war übermäßig belastend, denn die Feststellung der Zahlungseinstellung eines Unternehmens ist eine diffizile Aufgabe. Die Loi de sauvegarde behält eine Sanktion für diejenigen bei, die weder die Erklärung der Zahlungseinstellung innerhalb von 45 Tagen abgeben, noch die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens beantragen (Art. L. 653-8 al. 3 C. com.). Die verbleibende fakultative Sanktion ist nunmehr auf ein Geschäftsführungs- und Verwaltungsverbot beschränkt. Die Sanktion ist weniger einschneidend, da die Geschäftsführer eine Frist von 45 Tagen zur Abgabe der Erklärung der Zahlungseinstellung haben und selbst nach bereits eingetretener Zahlungseinstellung ein Vergleichsverfahren beantragen können.

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VI. Thema 6: Persönliche Haftung von Geschäftsleitern und ähnliche rechtliche Konstruktionen (z.B. action en comblement du passif) Geschäftsführer sehen sich häufig Haftungsklagen ausgesetzt. Diese können sowohl erhoben werden, wenn die Gesellschaft „in bonis“ ist (unter 1.) , als auch wenn über sie ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde (unter 2.).

1. Die Gesellschaft ist „in bonis“ Die zivilrechtliche Haftung von Geschäftsleitern setzt voraus, dass sie einen Fehler begangen haben. Nach den Worten von Art. 1850 C. civ. haften Geschäftsleiter „envers la société et envers les tiers, soit des infractions aux lois et règlement, soit de la violation des statuts, soit des fautes commises dans la gestion“. Art. L. 225-251 C. com. greift diese drei Formen der Fehler für Vorstände und Vorstandsvorsitzende auf und präzisiert, dass Vorstände je nach Fall persönlich oder als Gesamtschuldner haften. Dieselbe Vorschrift fügt hinzu, dass, wenn mehrere Vorstände und der Vorstandsvorsitzende gemeinsam agiert haben, das Gericht den Anteil eines jeden einzelnen an der Schadensbehebung festlegt. Art. L. 223-22 C. com. enthält analoge Vorschriften für den Geschäftsführer der SARL. Was die Vorstandsmitglieder betrifft, so haften sie in gleichem Maße wie der Vorstandsvorsitzende (Art. L. 225-56 C. com.). Die Geschäftsleiter sind nach diesen Vorschriften also unter einer der folgenden Voraussetzungen haftbar für den durch sie verursachten Schaden: – – –

Verletzung von Gesetzen oder Vorschriften, Verletzung der Satzung, fehlerhafte Geschäftsführung.

Es sind offensichtlich die Fehler bei der Geschäftsführung, die uns die größten Schwierigkeiten bereiten. Solche Fehler können nicht nur in einem aktiven Handeln bestehen. Auch die mangelhafte Überwachung kann einen Fehler begründen, der zur Haftung führt. Die Haftungsklage kann entweder von den Gesellschaftern oder von Dritten erhoben werden. a) Haftungsklage der Gesellschafter Diese findet man recht selten. Der Gesellschafter kann zum einen den Ersatz des Schadens verlangen, welcher der Gesellschaft entstanden ist. Das französische Recht nennt diese Klage „action sociale“. Zum anderen kann er Ersatz des Schadens verlangen, der ihm persönlich entstanden ist. Dann spricht man von der „action individuelle“.

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aa) „Action sociale“ oder Haftung des Geschäftsleiters gegenüber der Gesellschaft Die „action sociale“ ist in Art. 1843-5 C. civ. geregelt. Sie kann in allen Gesellschaften erhoben werden. Die Klage wird von den Geschäftsleitern im Namen und zugunsten der Gesellschaft angestrengt. Schadensersatz und Zinsen fließen an die Gesellschaft. Es sind also die Geschäftsleiter, die den der Gesellschaft entstandenen Schaden geltend machen. Eine solche Klage würde jedoch häufig die Frage nach ihrer eigenen Verantwortung aufkommen lassen. Folglich werden sie – außer im Falle des Wechsels der Geschäftsleitung – keinen Schaden geltend machen, der durch eigene schlechte Geschäftsführung entstanden ist. Nur die Klage „ut singuli“ erlaubt den Ersatz des der Gesellschaft entstandenen Schadens. Das Gesetz vom 5. Januar 1988 hat Vorschriften eingeführt, die zur Beseitigung von Hemmnissen dieser Klageart führen sollen: • • •

Die action sociale „ut singuli“ ist nicht von der vorherigen Entscheidung der Gesellschafterversammlung abhängig, die Entlastung des Vorstands kann sich nicht auf die Klage ut singuli erstrecken, ein Ausschluss in der Satzung ist nicht möglich.

Die Klage kommt in der Praxis selten vor, denn sie setzt voraus, dass die Gesellschafter die Prozesskosten vorstrecken und den Fehler nachweisen können.

bb) „Action individuelle“ oder Haftung der Geschäftsführer gegenüber einem Gesellschafter • •

Der Gesellschafter erhebt Klage gegen die Geschäftsführer auf Ersatz des Schadens, der ihm persönlich durch deren Fehlverhalten entstanden ist. Nur wenige solcher Klagen kommen zu Stande, denn die Richter verlangen den Nachweis eines individuellen Schadens, der vom Schaden, welcher der Gesellschaft entsteht, unterschieden wird. Daher findet sich im französischen Recht eine umfangreiche Rechtsprechung zur Frage, ob der durch Fehler der Geschäftsführung verursachte Wertverlust von Gesellschaftsanteilen einen persönlichen Schaden des Anteilsinhabers darstellt (z. B. Cass. com. 26 janv. 1970, D. 1970, S. 463. mit Anm. J. Guyénot, JCP 1970. II. 16385, mit Anm. Y. Guyon; 18 juill. 1989; Defrénois 1990, art. 34788, S. 633, mit Anm. J. Honorat; Cass. com. 4 mars 1986, Bull. Joly 1986, S. 887).

Die Fälle, in denen der Gesellschafter einen ihm persönlich entstandenen Schaden nachweisen kann, sind selten. Die Rechtsprechung zusammenfassend kann man sagen, dass ein persönlicher Schaden erst dann angenommen wird, wenn der Gesellschafter Opfer einer diskriminierenden Behandlung geworden ist, beispielsweise bei Nichtzahlung der Dividende oder Nichteinladung zur Gesellschafterversammlung.

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In der Literatur fordern Stimmen die Einführung von Vorschriften, die den Ersatz des Schadens ermöglichen, der einer Gruppe von Gesellschaftern entstanden ist. Nach derzeitigem Recht können sich Aktionäre zusammentun, um eine „action sociale“ anzustrengen, jedoch nicht für eine „action individuelle“ (siehe Paul Le Cannu, Droit des Sociétés, Montchrestien Nr. 481). Lediglich Aktionärsvereinigungen oder Investorenverbände können die „action individuelle“ anstrengen (Art. L. 225-120 C. com. in Verbindung mit Art. L. 225-252 C. com.). Abschließend kann man sagen, dass Klagen, die von Gesellschaftern ausgehen, selten sind; unabhängig davon, ob es um den Ausgleich des Schadens der Gesellschaft oder des persönlich erlittenen Schadens geht. Kommt es zu einer solchen Klage, ist die Chance gering, sie zu gewinnen. Neben den von Gesellschaftern erhobenen Klagen gibt es auch Haftungsklagen Dritter.

b) Haftungsklagen von Seiten Dritter Geschäftsleiter haftbar zu machen, ist schwierig, zumindest solange die Gesellschaft in bonis ist. Die Rechtsprechung erlaubt Dritten Haftungsklagen gegen Geschäftsleiter nur dann, wenn sie „einen nicht mit ihrer Funktion verbunden Fehler“ („une faute détachable de leur fonction“) begangen haben (Cass. Com. vom 4. Oktober 1988, Rev. Société 1989, 213, mit Anm. Viandier). Die Lehre hat darauf hingewiesen, dass diese Rechtsprechung im Grunde dazu geführt hat, dass Geschäftsleiter nicht haftbar gemacht werden können. Denn der Dritten entstehende Schaden wird von den Geschäftsleitern in aller Regel durch Fehler bei Ausübung ihrer Aufgaben verursacht. Die Übernahme einer Bürgschaft ohne Zustimmung des Aufsichtsrats stellt keine „faute détachable“ dar. Die Cour de Cassation hat den Begriff „faute détachable“ im Urteil vom 20. Mai 2003 näher erläutert (Cass. Com. 20. Mai 2003, D. 2003, S. 1502, obs. Alain Liehnard ) (übersetzt): „Die Haftung des Geschäftsleiters im Hinblick auf Dritte kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn er einen von seiner Aufgabe abtrennbaren Fehler begangen hat. Ein solcher liegt dann vor, wenn der Geschäftsleiter vorsätzlich einen besonders schweren Fehler begeht, der nicht im Zusammenhang mit einer Handlung der Gesellschaft steht.“ Diese Definition der „faute séparable des fonctions“ führt in der Realität dazu, die Haftung der Geschäftsleiter zu beschränken (einige Stimmen meinen sogar, ein solcher Fehler sei niemals auszumachen). Die faute détachable liegt dann vor, wenn der Geschäftsleiter einen strafrechtlichen Verstoß begangen hat (Cass. Crim. vom 19. Februar 2003, Dr. Penol 2003, Nr. 87), eine Fälschung (Cass. Com. vom 7. Juli 2004, Bull. Joly 2004, S. 1531) oder bei einem Fehler aus persönlichen

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Beweggründen (siehe Mehuet articles 52 al. 15 und 244 des Gesetzes vom 24. Juli 1966 und die persönliche Haftung des Geschäftsleiters gegenüber Dritten, Bericht der Cour de Cassation 1998; s. Paris 10. September 1999, RJDA 12/1999, Nr. 1345; Paris 22. März 2002, RJDA 2002, Nr. 901). Man kann also behaupten, dass eine Haftung von Geschäftsleitern bei Gesellschaften in bonis sehr selten vorkommt, wenn Klagen auf Ersatz des der Gesellschaft oder Dritten entstandenen Schadens angestrengt werden. Die Geschäftsleiterhaftung kommt im französischen Recht praktisch also nur im Falle des Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens vor.

2. Haftung der Geschäftsleiter im Insolvenzverfahren Das Gesetz vom 26. Juli 2005 hat die Bestimmungen zur Geschäftsleiterhaftung im Insolvenzverfahren tiefgreifend verändert. Unter altem Recht wurde unterschieden zwischen der action en comblement du passif und der Ausweitung des Verfahrens auf den Geschäftsführer. Die action en comblement du passif wurde beibehalten (unter a), die Klageerweiterung gemäß Art. L. 624-5 wurde durch die loi de sauvegarde abgeschafft. Der Gesetzgeber zog es vor, die finanziellen Sanktionen durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen die Geschäftsleiter zu ersetzen (unter b).

a) Die action en comblement du passif (Klage gegen den Geschäftsführer der insolventen Gesellschaft auf gänzliche oder teilweise Übernahme des ungedeckten Verlustes) Art. L. 652-1 C. com. (ehemals Art. L. 624-3 C. com.) sieht für die Geschäftsführer im Falle eines Insolvenzverfahren eine drastische Verpflichtung vor: die Übernahme des ungedeckten Verlustes im Falle unzureichenden Aktivvermögens. Der Gesetzgeber musste anlässlich des Gesetzes vom 25. Januar 1985 eingreifen, um das Regime dieser Klage abzumildern. Sie kann gegen die Geschäftsleiter sämtlicher juristischer Personen des Privatrechts erhoben werden (Art. L. 624-2 C. com.). Bei Gesellschaften mit unbeschränkter Haftung stößt sie auf geringeres Interesse, da die Gesellschafter bei dieser Gesellschaftsform unbeschränkt und solidarisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. Folglich muss der Geschäftsführer für die Verbindlichkeiten aufkommen, sofern er Gesellschafter ist. Nur wenn der Geschäftsführer nicht gleichzeitig Gesellschafter ist, hat der Rückgriff auf Art. L. 651-1 C. com. seinen Nutzen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bei Vorliegen aller Voraussetzungen die Verurteilung im Ermessen des Gerichts liegt. Die Anzahl der Verurteilungen ist zurzeit niedrig: 431 Verurteilungen im Jahre 2002, 450 im Jahre 2001.

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Art. L. 651-2 C. com. führt eine besondere Haftung ein. Der Text lautet: „lorsque la résolution d’un plan de sauvegarde ou de redressement judiciaire ou la liquidation judiciaire d’une personne morale fait apparaître une insuffisance d’actif, le tribunal peut, en cas de faute de gestion ayant contribuée à cette insuffisance d’actif, décider que les dettes de la personne morale seront supportées en tout ou partie avec ou sans solidarité par tous les dirigeants de droit ou de fait rémunérés ou non ayant contribué à la faute de gestion. En cas de pluralité de dirigeants, le tribunal peut par décision motivée, les déclarer solidairement responsables“ Diese Klage soll im Hinblick auf ihre Erhebung (unter aa) und ihre Funktion (unter bb) näher erläutert werden. aa) Voraussetzungen der Klageerhebung Die Klage gegen die Geschäftsleiter kann nur von dem im Gesetz enumerativ aufgezählten Personenkreis erhoben werden. Das Gesetz vom 26. Juli 2005 bringt hier einige Veränderungen. Nach altem Recht war die Klage dem Verwalter, dem Vertreter der Gläubiger, dem Liquidator und dem Gericht von Amts wegen eröffnet. Außerdem konnten der Staatsanwalt und der commissaire à l’exécution du plan Klage erheben. Das neue Gesetz ändert das Verfahren vor Gericht. Weder das Gericht, noch der commissaire à l’exécution du plan, noch der Verwalter haben das Recht, die Klage zu erheben.30 Die action en comblement du passif kann gem. Art. L. 651-3 C. com. seither nur von dem Vertreter der Gläubiger, der heute mandataire judiciare genannt wird, dem Staatsanwalt, dem Liquidator und den sog. créanciers controleurs erhoben werden. Die créanciers controleurs bilden ein zusätzliches Organ, das kollektive Interessen vertritt 31. Die Klage steht Gläubigern, die ihre individuellen Ansprüche verfolgen, nicht offen, obwohl die Gläubiger die Geschädigten der unzureichenden Aktiva sind. Der Ausschluss der persönlichen Klage erklärt sich durch den kollektiven Charakter des Insolvenzverfahrens. Die Klage setzt voraus, dass der Antragsteller den Geschäftsführungsfehler, den Gläubigerschaden und den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nachweist. Die Voraussetzungen der Schadensersatzklage fin-

30 Zu den Gründen dieser Reform, die zur Untätigkeit bzw. einer Verwirrung der Funktionen führt, siehe Th. Montéran, Les sanctions pécuniaires et personnelles dans la loi du 26 juillet 2005, Gazette du Palais, 9. September 2005, Numéro spécial préc., S. 37. 31 Siehe Ph. Roussel-Galle, Les controleurs, gardien de l’intéret collectif, Gazette du Palais, aaO., S. 3.

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den sich in Art. 1382 C. civ. De facto ist die action en comblement du passif eine spezielle Haftungsklage. aaa) Geschäftsführungsfehler Der Begriff Geschäftsführungsfehler wird sehr weit verstanden. Ein leichter Fehler genügt. Der Fehler darf – in Bezug auf die Funktionen des Geschäftsführers – nicht détachable sein (Com. 28. April 1998, JCP 1998, éd. 1258 mit Anm. Y. Guyon). Allerdings zeigen einige Urteile die Tendenz, einen abgrenzbaren Fehler (faute détachable) zu verlangen. Sollte sich diese Tendenz verfestigen, wäre die heute häufig erhobene action en comblement du passif, auch wenn Verurteilungen eher selten sind, in ihrer Wirksamkeit ernsthaft beeinträchtigt. Der Fehler muss nach geltendem Recht nachgewiesen werden. bbb) Schaden Der Schaden besteht in den unzureichenden Aktiva. Der Mangel an Aktiva muss bereits bei Verfahrenseröffnung vorliegen. Allerdings wird erst am Ende des Verfahrens die Summe der berücksichtigten Passiva bestimmt. Das Gericht kann die Geschäftsführer auch nur mit einem Teil der Passiva belasten. ccc) Kausalität zwischen Fehler und Schaden Art. L. 651-2 C. com. verlangt nur einen „leichten“ kausalen Zusammenhang, in dem Sinne, dass ein Fehler, der zu den Passiva beiträgt, genügt und kein Fehler, der die Verbindlichkeiten verursacht, erforderlich ist. Dem Geschäftsführer steht jedoch der Nachweis offen, dass die Pflichtverletzung keinen Einfluss auf die Passiva gehabt hat. bb) Maßnahmen im Falle der Nichtzahlung bei Verurteilung Eine Vorschrift gibt dem Gericht die Möglichkeit, für die Effizienz der Klage zu sorgen, indem die Verheimlichung von Vermögenswerten und deren Beiseiteschaffung durch die Geschäftsleiter verhindert wird. Art. L. 651-4 C. com. sieht vor, dass der vorsitzende Richter oder ein anderes vom Präsidenten benanntes Mitglied des Gerichts Einsicht in alle Schriftstücke und Mitteilung sämtlicher Informationen von Behörden und Kreditinstituten über die wirtschaftliche Situation der Geschäftsführer verlangen kann „ungeachtet jeglicher entgegenstehender Vorschriften“ (übersetzt). Das Gericht kann außerdem notwendig erscheinende Sicherungsmaßnahmen gegen die Geschäftsführer anordnen. Der Gesetzgeber möchte auf diese Weise verhindern, dass die Geschäftsführer Vermögenswerte in Sicherheit bringen und dem Zugriff der Gläubiger entziehen.

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Übernahm ein Geschäftsführer trotz Verurteilung nicht die ungedeckten Verluste, konnte nach altem Recht das Insolvenzverfahren über sein Privatvermögen eröffnet werden (Art. L. 624-4 a. F. C. com.). Die loi de sauvegarde hat das geändert. Der Geschäftsführer kann nunmehr in den persönlichen Konkurs geschickt werden (Art. L. 653-6 C. com.). b) L’obligation aux dettes sociales (Art. L. 652-1 C. com.) Die loi de sauvegarde hat eine neue Klageart geschaffen: l’obligation aux dettes sociales. Sie hat zum Ziel, die Zahlungsverpflichtung finanzieller Art durch die Klage auf Ausweitung des Insolvenzverfahrens auf die Geschäftsführer zu ersetzen. Diese Klage auf Ausweitung war vom alten Art. L. 624-5 C. com. geschaffen worden. Sie begründete eine fakultative Sanktion gegenüber Geschäftsführern, die einen der im alten Art. L. 624-5 C. com. enumerativ aufgelisteten Fehler begangen hatten. Die obligation aux dettes sociales richtet sich an Geschäftsführer, die Pflichtverletzungen begangen haben, die heute in Art. L. 652-1 C. com. aufgezählt sind. Sie umfassen die folgenden fünf vorwerfbaren Tatbestände: • • • • •

Verfügung über Vermögenswerte der Gesellschaft als wären es eigene; Vornahme von Geschäften im eigenen Interesse; Missbrauch von Vermögenswerten der Gesellschaft; Veruntreuung sämtlicher Aktiva; teilweise Veruntreuung von Aktiva.

Die Bestimmung übernimmt auch die Verfehlungen des alten Art. L. 624-5 C. com. bis auf zwei Ausnahmen: • •

Scheinbuchführung, keine Buchführung oder Unterdrückung von Buchführungsunterlagen (L. 624-5 al. 5 C. com. a. F.) und regelwidrige Buchführung (Art. L. 624-5 C. com. a. F.).

Diese Fehlverhalten werden nun anderweitig verfolgt. Gemäß Art. L. 652-1 C. com. ist es nicht möglich, im Fall der oben genannten fünf Tatbestände einen Antrag auf Deckung der nicht ausreichenden Aktiva durchzusetzen. Nur die Klage auf obligation aux dettes sociales kann eingeleitet werden. Der Richter hat, wie beim comblement du passif, die Wahl, den Geschäftsführern die Übernahme der ungedeckten Verluste ganz oder teilweise aufzubürden. Haben mehrere Geschäftsführer schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen, muss der Richter die Verluste entsprechend der Schwere der Pflichtverletzungen aufteilen 32. 32 Rapport Ass. Nat. Nr. 2095, Februar 2005, Sauvegarde des entreprises, S. 417 f.

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Die Klage auf obligation aux dettes sociales kann von demselben Personenkreis angestrengt werden wie die action en comblement du passif (siehe oben). Die Sanktionen bei Nichtzahlung der Gesellschaftsschulden sind ebenfalls identisch (Art. L. 653-5 C. com.). Der Geschäftsführer kann in den persönlichen Konkurs geschickt werden. Die Klage unterscheidet sich aber auch in mehreren Punkten von der action en comblement du passif. Sie kann nur im Liquidationsverfahren erhoben werden und nur, wenn es eine Verbindung zwischen der Pflichtverletzung und der Zahlungseinstellung gibt.

VII. Thema 7: Haftung des Geschäftsführers und Geschäftsführungsverbot Die Haftung des Geschäftsführers wurde bereits in Thema 7 angesprochen. Nun sollen die Aspekte persönlicher Konsequenzen im Falle der Zahlungseinstellung untersucht werden. Die Konsequenzen, die den Geschäftsführer bei Zahlungseinstellung treffen, können wirtschaftlicher oder strafrechtlicher Natur sein.

1. Strafen wirtschaftlicher Art Hier ist zu unterscheiden zwischen den umfassenden Sanktionen der faillite personnelle (unter a) und der beschränkten Sanktion eines Geschäftsführungsverbots (unter b). a) Faillite personnelle (persönlicher Konkurs) Die faillite personnelle ist fakultativ. Sie kommt jedoch häufiger vor als die Verurteilung zur Übernahme der ungedeckten Verluste: 2002 wurden 1.200 faillites personnelles ausgesprochen (bei 63.333 eröffneten Insolvenzverfahren) und 431 Verurteilungen zur Übernahme der ungedeckten Verluste. In den Artikeln L. 653-1, 653-2 und 653-3 C. com. sind mögliche Pflichtverletzungen, die zur Eröffnung der faillite personnelle führen können, aufgelistet. Es handelt sich um schwerwiegende Verfehlungen. Hier seien nur einige davon genannt: • • •

missbräuchlich defizitäre Geschäftsführung; Fehlen einer Buchführung nach den gesetzlichen Bestimmungen (keine Buchführung, Scheinbuchführung oder unvollständige Buchführung); Unterschlagung von Teilen der Aktiva oder betrügerisches Aufblähen der Aktiva;

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gegen Handelsbräuche verstoßende Handlungsweisen, um die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verhindern oder zu verzögern.

Zum letzten Punkt seien nur zwei der ins Auge gefassten Fälle genannt (die Aufzählung ist nicht abschließend): die Anwendung ruinöser Praktiken zum Zwecke der Liquiditätsbeschaffung und die Verhinderung der ordnungsgemäßen Verfahrensdurchführung 33. Festzustellen ist, dass dieselben Sachverhalte sowohl die faillite personnelle als auch die obligation aux dettes sociales begründen können (Art. L. 653-4 C. com. mit Verweis auf Art. L. 652-1 C. com.). Die faillite personnelle ist stets fakultativ (Art. L. 625 C. com.). Sie hat strafähnlichen Charakter (Yves Guyon, Droit des affaires, T. 2, Nr. 1410). Der Schuldner kann sich anwaltlich vertreten lassen. Die faillite personnelle kann auch vom Strafrichter zusätzlich zur Strafe wegen betrügerischen Bankrotts ausgesprochen werden (Art. L. 653-4 C. com., s. unten). Die faillite personnelle hat eine ganze Reihe von Auswirkungen. Zuerst ist sie eine Sicherungsmaßnahme. Gegen den Geschäftsführer wird ein Verbot jeglicher Geschäftsführungs- und Verwaltungstätigkeit ausgesprochen; er muss für die Verbindlichkeiten aufkommen; ihm werden die Bürgerrechte entzogen und er verliert sein Stimmrecht als Geschäftsführer (Art. L. 653-9 al. 1 C. com.). Das alles bedeutet das berufliche Aus. Schließlich kann das Gericht auch die Abtretung der Aktien des Geschäftsführers anordnen (Art. L. 625.9 al. 2 C. com.). Das Gericht legt die Dauer der Sanktion fest (Art. L. 653-11 C. com.). Vor der Reform vom 26. Juli 2005 war für die faillite personnelle eine Mindestdauer von fünf Jahren vorgeschrieben. Vorschriften für eine Höchstdauer gab es nicht. Das neue Recht ist flexibler. Die Mindestdauer von fünf Jahren wurde abgeschafft und eine Höchstdauer von 15 Jahren eingeführt. Die Sanktion kann auch vor Fristablauf durch Entscheidung des Gerichts ausgesetzt werden, wenn der Schuldner ausreichend zur Begleichung der Verbindlichkeiten beigetragen hat oder das Verfahren wegen Tilgung der Schulden eingestellt wird (Art. L. 625-10 C. com.).

b) Tätigkeitsverbote Das Tätigkeitsverbot ist, wie die faillite personnelle, eine fakultative Sanktion. Diese Sanktion wird am häufigsten ausgesprochen (2.500 Verbote im Jahre 2002). Das Anwendungsgebiet umfasst dieselben Tatbestände wie die faillite personnelle sowie zwei besondere Fälle: •

zum einen die nicht pflichtgemäße Übermittlung der erforderlichen Unterlagen des Geschäftsführers an den Insolvenzverwalter oder den Liquidator bei Eröffnung des Verfahrens;

33 Siehe Art. L. 653-1, L. 653-2 und L. 653-3.

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zum anderen die mangelnde Erklärung der Zahlungseinstellung durch den Geschäftsführer (Art. L. 625-8 C. com.).

Letzteres führte zuvor zur faillite personnelle (siehe oben). Das Verbot der Geschäftsführung ist eine Maßnahme, die verschiedentlich variiert werden kann. Das Gericht kann zum einen ein absolutes Verbot der Geschäftsführung, Leitung und Kontrolle jeglichen Unternehmens und jeglicher juristischer Person aussprechen. Es kann das Verbot aber zum anderen auch auf die Leitung und Kontrolle juristischer Personen beschränken. Der Schuldner oder Geschäftsführer behält dann das Recht, eine eigene Erwerbstätigkeit auszuüben. Schließlich kann das Gericht das Verbot auch auf die Geschäftsleitung bestimmter juristischer Personen beschränken. Die Dauer des Verbots kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen.

2. Strafrechtliche Konsequenzen Das Gesetz vom 26. Juli 2005 reformiert nicht die strafrechtlichen Maßnahmen 34. Die Eröffnung eines kollektiven Verfahrens kann zur Anwendung des Bankrott-Tatbestandes gemäß Art. L. 654-1 C. com. führen (im Jahre 2002 gab es 1269 Verurteilungen wegen Bankrotts). Darin sind fünf Arten strafbarer Handlungen aufgeführt: • • • • •

Rechtswidrige Handlungsweisen, welche die Eröffnung eines kollektiven Verfahrens verzögern (Art. L. 654-2 1° C. com.); Unterschlagung oder Verschleierung von Aktiva (Art. L. 654-2 2° C. com.); betrügerische Aufblähung der Passiva des Schuldners (Art. L. 654-2 3° C. com.); Unterlassen der Buchführung oder Scheinbuchführung (Art. L. 654-2 4° C. com.); offensichtlich unvollständige oder falsche Buchführung (Art. L. 654-2 5° C. com.).

Da betrügerischer Bankrott eine vorsätzliche Straftat ist, muss der Vorsatz des Geschäftsführers nachgewiesen werden. Der Bankrotteur riskiert eine Haftstrafe von 5 Jahren und 75.000 Euro Geldstrafe (Art. L. 654-3 al. 1 C. com.). Die Haftstrafe beläuft sich auf 7 Jahre und die Geldstrafe auf 100.000 Euro, wenn der Bankrotteur Geschäftsführer einer Gesellschaft ist, die Finanzdienstleistungen erbringt.

34 Siehe C. Robaczewski, La non réforme des sanctions pénales dans la loi de sauvegarde des entreprises, Gaz. Pal. 9. September 2005, préc. S. 48.

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Ist das Gericht für Strafsachen mit Bankrott befasst, kann es auch die faillite personnelle des Geschäftsführers oder ein Geschäftsführungsverbot aussprechen. Erkennt der Strafrichter auf diese Sanktionen, kann er sie rechtskräftig verhängen. Spricht er sie dagegen nicht rechtskräftig aus, darf die Dauer des Verbots 5 Jahre nicht überschreiten (Robert und Matsopoulou, Traité de droit pénal des affaires, 2004, Puf Nr. 345).

VIII. Thema 8: Festes Kapital und seine Bedeutung für den Schutz der Minderheitsgesellschafter 35 Die Festlegung des Grundkapitals bedeutet für Dritte nur einen sehr relativen Schutz (siehe oben). Den eigentlichen Schutz bietet das Gesellschaftsvermögen. Dieses kann aber höher oder niedriger als die Kapitalziffer sein. Die Regel über das feste Grundkapital erfährt jedoch eine Abschwächung durch die Satzungsklauseln betreffend die Veränderlichkeit des Kapitals. Solche Klauseln sind für alle Gesellschaften zulässig, außer für die société anonyme non coopérative (Art. L. 231-1 C. com.). Es gibt noch weitere Aufweichungen: Die französische Gesetzgebung hat sich zum System des „autorisierten Kapitals“ hin entwickelt. So sieht Art. L. 225-129 C. com. in seiner Fassung vom 24. Juni 2004 vor, dass die außerordentliche Hauptversammlung den Organen der Geschäftsführung nicht nur die Befugnis zur sofortigen oder späteren Kapitalerhöhung erteilen kann, sondern auch die Befugnis zur Festlegung der Modalitäten der Zuteilung der Rechte (s. Art. L. 225-129-1 C. com.). Die außerordentliche Hauptversammlung kann auch die Entscheidungsbefugnis über eine Kapitalerhöhung innerhalb gesetzter Grenzen auf die Organe der Geschäftsführung delegieren (Art. L. 225-129-2 C. com.). Die Minderheitsaktionäre riskieren marginalisiert zu werden, wenn die Höhe des Gesellschaftskapitals verändert oder – besser gesagt – erhöht wird. Im Falle der Kapitalerhöhung – und darum geht es hier – werden die Rechte der Aktionäre durch zwei Regelungen geschützt: das Emissionsagio und das Vorzugsrecht auf Zeichnung. Das Emissionsagio ist ein Eintrittsrecht, das den Unterschied zwischen dem Nominalwert und dem Handelswert der alten Aktien kompensieren soll (Art. L. 225-128 C. com.) 36. Es kompensiert den Vorteil, der den Inhabern der neuen Aktien gewährt wird. Denn diese erwerben tatsächlich Rechte an den stillen Reserven. Die Aktien werden deshalb über pari ausgegeben, als ob die stillen Reserven 35 Die in Paris von deutschen Anwälten angefertigte Übersetzung des Fragebogens führt zu dem Schluss, dass es um das Schicksal von Gesellschaftern bei Kapitalveränderungen geht. 36 Y. Guyon, Droit d’Affaires, T. 1, 2003, Nr. 430.

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gehoben worden wären. In der Praxis vermeiden die Aktionäre der SA durch das eigene Vorzugsrecht auf Zeichnung das Risiko der Verwässerung ihrer Rechte. Dieses Vorzugsrecht auf Zeichnung (droit préférentiel de souscription, DPS) ist durch Art. L. 225-132 C. com. geregelt: „Les actionnaires ont proportionnellement au montant de leurs actions, un droit de préférence à la souscription des actions de numéraire émises pour réaliser une augmentation de capital“. Die Verordnung vom 24. Juni 2005 hat das Prinzip des DPS beibehalten, auch wenn sie einige Zwänge verringern wollte, „qui pèsent sur la décision de l’assemblée lorsqu’elle supprime ce droit préférentiel“ 37. Art. L. 228-91 C. com. verschafft den Aktionären der Gesellschaft – wiederum proportional zur Anzahl der Aktien – ein Vorzugsrecht auf Zeichnung von Wertpapieren, die Zugang zum Kapitalmarkt gewähren. Der DPS ist ein fundamentales Recht des Aktionärs, da er im Falle der Zeichnung in der Gesellschaft denselben Einfluss behält wie vor der Kapitalerhöhung. Er ist jedoch nicht zur Zeichnung verpflichtet und kann seine DPS auch abtreten. Aber ein DPS kann auch entzogen werden. Er erlischt automatisch bei Umwandlung von Vorzugsaktien in normale Aktien (Art. L. 225-132 al. 5 C. com.) und wenn am Kapitalmarkt handelbare Wertpapiere in Aktien umgewandelt werden. In diesen Fällen können sich die Aktionäre nicht auf ein DPS berufen (Art. L. 225-132 C. com.). Er kann auch von der Hauptversammlung entzogen werden (Art. L. 225-135 C. com.). Die Reform durch die Verordnung vom 24. Juni hat hier wichtige Änderungen eingeführt 38.

IX. Thema 9: Spezielle Regelungen bei Gesellschafterdarlehen Gesellschafterdarlehen sind eine in der Praxis häufig vorkommende Art der Unternehmensfinanzierung. Die Gesellschafter, natürliche und juristische Personen, gewähren der Gesellschaft ein Darlehen, indem sie die ihnen zustehenden Zinsen, Dividenden oder Entgelte der Gesellschaft zur Verfügung stellen. Diese Summen werden in den Büchern der Gesellschaft einem auf den Namen des Gesellschafters eröffneten Gesellschafterkonto gutgeschrieben 39. Darlehen können von Gesellschaftern in Form natürlicher Personen (1) oder in Form juristischer Personen (2) gewährt werden. 1. Werden Darlehen von natürlichen Personen (Gesellschaftern oder Geschäftsführern) gewährt, stellt sich nur die Frage, ob sie Kontrollverfahren unterliegen, die für einige Gesellschaftsformen eingeführt wurden. 37 A. Couret und H. le Nabasque, Valeurs mobilières, augmentation de capital, ed. Lefebvre, Nr. 193. 38 A. Couret und H. le Nabasque, aaO., Nr. 199 f. 39 I. Urbain-Parleani, Les comptes courants d’associé, aaO.

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Bei Personengesellschaften gibt es kein Kontrollverfahren. Darlehen können frei gewährt werden, unabhängig ob von natürlichen oder juristischen Personen. Bei der SARL, der SA sowie bei der SAS (Art. L. 223-19 C. com.; Art. L. 22538 C. com.) findet ein Kontrollverfahren Anwendung auf die Bedingungen, die zwischen einem Gesellschafter oder einem Geschäftsführer und der Gesellschaft vereinbart werden. Es ist nicht notwendig, hier auf die Details solcher Vereinbarungen einzugehen, denn das Gesetz nimmt bei den genannten Gesellschaftstypen solche Vereinbarung aus, die das laufende Geschäft betreffen und zu normalen Bedingungen gewährt werden. Darlehen einer Gesellschaft werden im allgemeinen zu dieser Kategorie gezählt. 2. Erfolgt ein Darlehen zwischen juristischen Personen, muss beachtet werden, in welche Richtung das Kapital fließt. Wenn der Gesellschafter eine juristische Person, eine Muttergesellschaft oder beteiligte Gesellschaft ist und beispielsweise einer Tochtergesellschaft ein Darlehen gewährt, so ist auch dieser Vorgang prinzipiell vom Kontrollverfahren freigestellt, da es sich um einen normalen Vorgang des laufenden Geschäfts handelt. Die darlehensgebende Gesellschaft darf sich mit diesem einfachen Aspekt der Rechtsanwendung jedoch nicht begnügen. Das Darlehen muss auch im Interesse der Gesellschaft sein, die es gewährt, und es darf für den Geschäftsführer dieser Gesellschaft keinen Missbrauch des Gesellschaftsvermögens darstellen (Art. L. 240-3 C. com.; Art. L. 242-6 C. com.). Die das Darlehen gewährende Gesellschaft muss also eine Gegenleistung erhalten und sie darf durch das Darlehen keinem Verlustrisiko ausgesetzt werden. Die Rechtsprechung beurteilt bei Unternehmensgruppen ohnehin nicht nur den Vorgang für sich, sondern das Interesse der gesamten Gruppe 40. Ein nicht zu rechtfertigendes Darlehen oder eines ohne Gegenleistung könnte als Pflichtverletzung des Managements ausgelegt werden, die eine Haftung der Geschäftsführer nach sich ziehen könnte. Außerdem könnte es steuerrechtlich als nicht normaler Geschäftsvorgang angesehen werden. Die Notwendigkeit konzerninterner Finanzierungsströme hat den Gesetzgeber zur Statuierung einer Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Darlehensgewährung einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter in Fällen veranlasst, in denen der darlehensempfangende Gesellschafter eine juristische Person ist (Art. 223-21 und 225-39 C. com.). Aber auch in diesem Fall muss das Darlehen im Interesse der gewährenden Gesellschaft sein.

40 Cass. com. 1996, Revue de Sociétés 1997, 365 m. Anm. Bouloc.

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X. Thema 10: Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Geschäften der Gesellschaft im „verdächtigen Zeitraum“ (période suspecte) Der verdächtige Zeitraum (période suspecte) erstreckt sich vom Tag der Zahlungseinstellung bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Urteil. Er kann maximal auf 18 Monate erstrecken. Während dieser Zeit besteht die Gefahr, dass der Schuldner angesichts der drohenden Insolvenz der Versuchung erliegt, bestimmte Vermögenswerte dem kollektiven Verfahren zu entziehen oder bestimmte Gläubiger zu bevorzugen. Der Gesetzgeber hat daher ein besonderes Rechtsregime für Geschäfte erlassen, die in dieser Zeitspanne getätigt werden. Mit dem Ziel der Wiederherstellung der Aktiva des Schuldners hat er bestimmte Fälle kodifiziert, in denen Geschäfte entweder von Rechts wegen (Art. L. 632-1 C. com.) (unter 1.) oder bloß fakultativ (unter 2.) unwirksam sind.

1. Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften Art. L. 632-1 C. com. benennt sieben Arten von Rechtsgeschäften, die, sofern sie innerhalb der verdächtigen Zeit vollzogen werden, nichtig sind. Dem Gericht steht insofern kein Ermessen zu. Diese sieben Arten von Rechtsgeschäften können in drei Gruppen eingeteilt werden: – – –

Geschäfte ohne tatsächliche Gegenleistung; unübliche Zahlungen und verdächtige Garantien. a) Geschäfte ohne Gegenleistung

Art. L. 632-1 al. 1 C. com. erfasst „tous les actes à titre gratuit translatifs de propriété mobilières ou immobilières“. Das umfasst alle Schenkungen, gleich welcher Natur oder Form und gleich, welches Gut verschenkt wird. Bei der Subsumtion sind zwei Probleme zu beachten. Auf der einen Seite können sich unentgeltliche Geschäfte hinter einem anderen Geschäft verbergen, beispielsweise die Übernahme einer Bürgschaft ohne Gegenleistung. In solchen Fällen entscheidet der Richter über die Umqualifizierung und die Nichtigkeit. Auf der anderen Seite gibt es Geschäfte, die nur scheinbar unentgeltlich sind. Dazu gehören das Mäzenat und das Sponsoring, die zu den actes intéressés zählen und daher nicht der Nichtigkeit unterliegen. Die Verkündung der Nichtigkeit verpflichtet den Schenker zur Erstattung. Art. L. 631 al. 3 C. com. betrifft auch „tout contrat commutatif dans lequel les obligations du débiteur excèdent notablement celles de l’autre partie“. Die Beurteilung des beachtlichen Ungleichgewichts liegt in den Händen des Gerichts. Das

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ist nur ein Beispiel eines Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. In diesen Fällen ist die Frage zu klären, ob der Vertrag im Ganzen als nichtig anzusehen ist, oder ob sich die Nichtigkeit nur auf die übermäßigen Verpflichtungen des Schuldners bezieht. Die völlige Nichtigkeit des Vertrages ist dabei möglichst zu vermeiden. b) Unübliche Zahlungen In diese Gruppe gehören zwei Arten von Zahlungen: (1) Zahlung von Schulden, die am Tage der Zahlung noch nicht fällig sind (Art. L. 632-1 al. 1 C. com.). Das lässt den Willen des Schuldners vermuten, einen Gläubiger zu bevorzugen. Die Zahlung verdient daher die Annullierung. (2) Zahlung fälliger Schulden in unüblicher Art und Weise. Art. L. 632-1 al. 4 C. com. erklärt „tout paiement pour dettes échu, fait autrement qu’en espèces, effets de commerce, virement, bordereaux de cession de créance professionnelle ou tout autre mode de paiement communément admis dans les relations d’affaires“ für nichtig. Damit wird die Verwendung sämtlicher unüblichen Zahlungsweisen erfasst. Demgegenüber zählt Art. L. 632-1 al. 4 C. com. übliche Zahlungsweisen auf. Ohne die Auflistung in Art. L. 632-1 al. 4 C. com. umfassend wiedergeben zu wollen, ist dennoch zu erwähnen, dass zu den im zitierten Text genannten Verfahren die im Vertrag vorgesehene Übergabe der Sache oder in Geschäftsbeziehungen übliche Zahlungsweisen hinzuzufügen sind (beispielsweise ist die im Bausektor übliche Forderungsabtretung keine im Fleischhandel übliche Zahlungsart, Cass. Com. 30 Nov. 1993, Bull. civ. IV, Nr. 439). Eine Frage, die Schwierigkeiten aufwirft, betrifft die Aufrechnung. Die gesetzliche Aufrechnung ist erlaubt; ohne Konnexität wird die vertragliche Aufrechnung im verdächtigen Zeitraum jedoch nicht als übliche Zahlungsweise angesehen. Die datation en paiement wird ebenfalls nicht als übliche Zahlungsweise angesehen, es sei denn, sie war im Vertrag vorgesehen. Die Nichtigkeitserklärung einer Zahlung verpflichtet den Gläubiger zur Erstattung des in untersagter Weise erhaltenen Geldes und zur Anmeldung einer Insolvenzforderung. c) Verdächtige Garantien Es gibt drei Arten, von denen hier nur die erste erheblich ist. aa) Sicherheiten für Altschulden (Art. L. 632-1 al. 6 C. com.) Sicherheiten werden im Allgemeinen beim Forderungskauf gewährt und als Garantie für einen neuen Kredit. Sicherheiten für Altforderungen sollen vermei-

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den, dass ein Gläubiger die Begleichung seiner Forderung verlangt oder sie sollen einen Gläubiger bevorzugen, indem die Gleichbehandlung der Gläubiger durchbrochen wird. Das Verbot von Sicherheiten für Altschulden erstreckt sich auf alle Realsicherheiten. Dies führt zu Schwierigkeiten im Fall der Einräumung von Sicherheiten für den Saldo des Kontokorrents. Die Nichtigkeit der Sicherheit bezweckt die Rückführung des Gläubigers in den Rang eines einfachen Insolvenzgläubigers. bb) Dépot und consignation judiciaire Nichtig sind „tout dépôt et toute consignation de sommes d’argent effectuées, sur décision de justice à titre de garantie ou pour obtenir le cautionnement d’une saisie“ (Art. L. 632-1 al 5 C. com.). Die Nichtigkeit verhindert hier die privilegierte Position, welche der Gläubiger während des verdächtigen Zeitraums erlangen wollte. cc) Sichernde Maßnahmen Erfasst werden sichernde Zugriffe, die ein Rechtsgut der Verfügung entziehen, aber auch gerichtlich bestellte Sicherheiten. Diese Art der Nichtigkeit soll vermeiden, dass ein Gläubiger die Eintragung einer Sicherheit betreibt, um seine Position zu stärken (Art. L. 632-1 al. 7 C. com.). Das neue Gesetz hat einen Fall zwingender Nichtigkeit hinzugefügt. Er betrifft Geschäfte, die im Zusammenhang mit Stock-Options stehen. Von Rechts wegen nichtig sind Zustimmungen zur Zuteilung von Stock-Options, die Ziehung einer Option zur Zeichnung von Aktien und der Wiederverkauf von Optionen. Die neuen Fälle der Nichtigkeit überraschen etwas. Sie haben zum Ziel, Mechanismen verschiedener Entlohnungsarten zu kontrollieren.41 Die Klagen auf Nichtigkeit von Rechts wegen können nur – dasselbe gilt übrigens für die Klagen auf fakultative Nichtigkeit – von Personen erhoben werden, die in Art. L. 632-4 C. com. aufgezählt sind: der Insolvenzverwalter oder der mandataire judiciaire (ehemals Repräsentant der Gläubiger), der Liquidator, der commissaire à l’exécution du plan und die Staatsanwaltschaft. Andere Personen haben kein Klagerecht.

41 Amendement Montebourg JO, Débats AN 3ème séance, 8. März 2005, S. 1174–1176.

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2. Fälle fakultativer Nichtigkeit Der Bereich fakultativer Nichtigkeit ist im Vergleich zur zwingenden Nichtigkeit sehr weit gefasst. Art. L. 632-2 C. com. stellt klar, dass die Zahlung fälliger Schulden und entgeltliche Geschäfte nach dem Zeitpunkt der Zahlungseinstellung für nichtig erklärt werden können, wenn die Beteiligten Kenntnis von der Zahlungseinstellung des Schuldners hatten. Ein neuer Fall fakultativer Nichtigkeit wurde durch die loi de sauvegarde hinzugefügt; siehe dazu Art. L. 632-2 al. 2 C. com. Betroffen sind also alle Zahlungen fälliger Schulden in gängiger Art und Weise sowie entgeltliche Handlungen. Das Nichtigkeitsurteil setzt voraus, dass der Beweis erbracht wird, dass der Vertragspartner den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung kannte. Der Insolvenzverwalter oder der mandataire judiciaire müssen diesen Beweis erbringen. Selbst wenn der Beweis gelingt, liegt es noch am Gericht zu beurteilen, ob die Verkündung der Nichtigkeit zweckmäßig ist. In diesem allgemeinen Bereich rechtlicher Regelungen zur fakultativen Nichtigkeit sind zwei Dinge zu präzisieren: (1) Unentgeltliche Handlungen, die innerhalb von sechs Monaten vor Zahlungseinstellung vorgenommen wurden, können fakultativ für nichtig erklärt werden. Der Begünstigte der unentgeltlichen Handlung muss hier – im Gegensatz zu den allgemeinen Regelungen der fakultativen Nichtigkeit – keine Kenntnis von der Zahlungseinstellung des Schuldners haben. (2) Die Bestimmungen des Art. L. 632-1 wie auch diejenigen des Art. L. 632-2 C. com. beeinträchtigen nicht die Gültigkeit von Wechseln, Eigenwechseln oder Schecks. Der Insolvenzverwalter oder der Vertreter der Gläubiger können aber gegen den Inhaber des Wechsels oder den Begünstigten des Schecks oder des Eigenwechsels klagen, wenn erwiesen ist, dass sie von der Zahlungseinstellung Kenntnis hatten. Abschließend kann man sagen, dass im französischen Recht – abgesehen von den Fällen in Art. L. 632-1 C. com. – der Richter über die Nichtigkeit entscheidet. Die zurückerlangten Güter oder Gelder fließen in das Aktivvermögen des Schuldners.

Legal Capital Rules in Italian Company Law and the EU Perspective

by Professor Massimo Miola, Napoli*

Table of contents I. Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Legal capital formation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Minimum capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Shareholders contributions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Valuation of contributions in kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Allotment of shares out of proportion to the consideration . . . . . 5. Participative financial instruments different from shares . . . . . . . III. Legal capital maintenance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Principles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dividend distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Companies’ transactions in own shares . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Segregation of assets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Legal capital maintenance rules and accounting standards . . . . . . IV. Legal capital and alternative creditor protection systems . . . . . . . . 1. The solvency test for corporate distributions . . . . . . . . . . . . . 2. Legal capital rules and directors’ liability in the vicinity of insolvency V. Legal capital as a minimal, but non exclusive, system of creditor protection . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Conclusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Introduction The legal capital doctrine already played a central role in the Italian company law, before the implementation of the Directive 77/91/EEC (Second Directive). In particular, the functions performed by the legal capital, and the question whether its prevailing function is the direct protection of corporate creditors, or to provide the essential assets in order to carry out the firm’s activity (and thus * Professor of Commercial Law and Director, Department of “Diritto comune patrimoniale”, Università di Napoli “Federico II”.

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fund its profitability), have long since been widely debated. This debate exerts a direct influence on the identification of the assets which may form the subscribed capital, as required by the Directive 77/91/EEC 1. In recent years there was in Italy a short discussion on the usefulness of the legal capital system in comparison with other techniques of creditor protection, and especially in relation to the questions posed by the competition on corporate charters and by the need for modernisation and competitiveness in Italian company law. The main paper which has treated this matter 2, has encountered little approval 3, nor are there Expert Groups working on this matter: strong doctrine on legal capital in Italy might be considered at moment substantially confirmed. In this frame, the recent reform of the Italian company law (Legislative Decree 17-1-2003, No. 6, which amended the Civil Code: c. c.), has recognised the function of the legal capital in providing the assets to carry out the firm’s activity 4, that was initially realized by largely mandatory rules. More particularly, attention was paid to making legal capital rules as flexible as possible, also with a view to strengthening the company’s financing, at the same time preserving the compatibility with the basic features of the legal capital discipline and with the

1 On the first opinion, see Simonetto, Responsabilità e garanzia nel diritto delle società, Padova, 1959, p. 214 et seq., as well as, more recently, Olivieri, I conferimenti in natura nella società per azioni, Padova, 1990, p. 84 et seq.; on the second opinion, see especially, Di Sabato, Capitale e responsabilità interna nelle società di persone, Napoli, 1967, p. 52 et seq.; Portale, Capitale sociale e conferimenti nella società per azioni, Riv. soc., 1970, p. 33 et seq. This second formulation has prevailed after the introduction of the Directive 77/91/EEC: see Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, 1**, Torino, 2004, p. 15 et seq.; Ferri jr., Investimento e conferimento, Milano, 2001, p. 345 et seq.; Miola, I conferimenti in natura, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, vol. 1***, Torino, 2004, p. 36 et seq.; see also Cass., 24-4-1998, no. 4236, Foro it., 1998, I, c. 892. 2 See Enriques-Macey, Raccolta di capitale di rischio e tutela dei creditori: una critica radicale alle regole europee sul capitale sociale, Riv. soc., 2002, p. 78 et seq.; Enriques, Capitale sociale, informazione contabile e sistema del netto: una risposta a Francesco Denozza, Giur. comm., 2005, I, p. 607 ss. 3 Denozza, A che serve il capitale? (Piccole glosse a L. Enriques-J.R.Macey, Creditors Versus Capital Formation: The Case against the European Legal Capital Rules), Giur. comm., 2002, I, p. 585 et seq.; Portale, Dal capitale “assicurato” alle “tracking stocks”, Riv. soc., 2002, p. 146 et seq. 4 See art. 4 (5) (a), Law No. 366/2001 (enabling the principles for the delegated law concerning the company law reform): «to arrange a discipline of shareholders contributions such as to allow the acquisition by the company of every asset helpful for the profitable carrying out of the corporate firm, on condition that it is ensured the effective formation of the legal capital»; see also the Official Report to the Legislative Decrete No. 6/2003, Riv. soc., 2003, p. 112 et seq., Ch. 11.

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EU company law 5. Notwithstanding, in some cases it might be recognised a loyalty crisis for Italian law, in comparison with the EU harmonization 6. The simplifications of the legal capital discipline introduced by the reform are more significant in regard to the Italian corporate form for the limited liability company, the società a responsabilità limitata (s. r. l.). This has been to accomplish the aim of making this corporate form much more clearly distinct from the società per azioni (s. p. a.), than in the past, in order to allow this form to be used to the same extent as the corresponding English, French, and German legal entities. For this reasons, the mandatory rules have been restricted as much as possible in favour of non mandatory legal rules, with a wide emphasis on the freedom of contract relating to the articles of association 7. More generally, in this way the legislator aims at re-balancing the usage of these two corporate forms in Italy, so far largely oriented in favour of the public limited company. The object of this article is to outline only the essential features of the legal capital discipline in the società per azioni and in the società a responsabilità limitata, on the whole, paying greater attention to the innovations introduced in this field by the company law reform of 2003.

II. Legal capital formation 1. Minimum capital The minimum capital amount is fixed at 120.000 Euro (art. 2327 c. c.): this amount has been raised by the reform, in order to reconcile it with the minimum amount of the SE (art. 4 (2) reg. n. 2157/2001 CE). Higher minimum capital is required by the law for companies carrying out particular activities (banks, insurance companies, and so forth) 8. The minimum capital amount is noticeably higher than that provided by the art. 6 of the Directive 77/91/EEC (25.000 Euro), as well as the amounts fixed by other EU Member States, for public limited companies. In accordance with Italian law, the minimum capital has the function of a seriousness test: that is to say, 5 Olivieri, Capitale e patrimonio nella riforma delle società, Riv. dir. civ., 2004, II, p. 257 et seq. 6 See Portale, La riforma delle società di capitali tra diritto comunitario e diritto internazionale privato, Europa e diritto privato, 2005, p. 101 et seq. 7 Miola, Capitale sociale e conferimenti nella “nuova” società a responsabilità limitata, Riv. soc., 2004, p. 657 et seq.; see the complete description of the new discipline, by Wooldridge, The New Legal Provisions Governing Italian Private Companies, EBLR, 2005, p. 99 et seq. 8 Benatti, Il capitale minimo nella disciplina degli intermediari finanziari, Milano, 1998, p. 13 et seq.

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to prevent the formation of a company whose business lacks any potential for success. In addition to that minimum capital is directed to confine the use of the public limited company to business organizations of suitable dimensions 9. In the Italian legal system too, there is a debate on minimum capital inadequacy, especially considering that its amount is undifferentiated, because it does not take account of the needs of the different business activities, and the widespread tendency towards under-capitalization, particularly of the closely-held company. Nevertheless, it is strongly debated whether the law should impose a duty to endow the company with a legal capital suitable for the business’s purpose or, at least, not insufficient to carry out the firm’s activity, and whether in cases of breach of this duty, the company would be barred from registration or be wound up 10. Moreover, it is still under discussion whether, being a situation of material undercapitalization of the company, not only the directors – the shadow directors too (thus the controlling shareholders) – but all the shareholders may be held liable to an unlimited extent, if the firm’s activity was carried on with an absolutely insufficient legal capital and this caused the company’s insolvency. The unlimited liability could be founded on the ordinary rules of tort liability 11, or alternatively on piercing the corporate veil 12. A directors’ liability is expressly provided for, if the capital is reduced below the minimum, and the directors carry on the firm’s activity without preserving the company’s assets 13. A great deal of attention is paid, by courts and scholars, and recently also by the legislator, to the phenomenon of the nominal undercapitalization, through the practice of shareholders’ loans to the company. When these loans present some characteristics, in terms of duration, remuneration, and so on, and the lender acts as a shareholder, the courts have attributed to them, under such circumstances, the character of contributions which form the company’s net assets (contribution

9 Niccolini, Il capitale sociale minimo, Milano, 1981, p. 31 et seq.; Tantini, Capitale e patrimonio, Padova, 1980, p. 33 et seq.; Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 15 et seq. 10 See especially, with a wide comparative perspective, Portale, Capitale sociale e conferimenti (nt. 1), p. 69 et seq., and more recently, Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 63 et seq.; on the opposite opinion see, among the many studies, Tantini, Capitale e patrimonio (nt. 9), p. 38 et seq.; Spolidoro, Capitale sociale, in Enciclopedia del diritto, Appendix, vol. IV, Milano, 2000, p. 229 et seq. 11 Nigro, La società per azioni nelle procedure concorsuali, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, 9**, Torino, 1993, p. 436 et seq. 12 Bigiavi, La teoria dell’ “imprenditore occulto” nell’opera di Walter Bigiavi, Riv. dir. civ., 1966, I, p. 670 et seq.; Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 130 et seq., where further references may be found. 13 See below, § IV. 2.

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to legal capital), and then they have applied the same rules, i.e. they are distributable to shareholders only under a decision of the general meeting 14. The company law reform has introduced a specific discipline concerning the capitalization of società a responsabilità limitata by means of shareholders loans. Such loans are postponed to the claims of the other creditors and, if they were repaid within one year of the company’s becoming insolvent, the loans must be restricted to the company, if the loans are granted in presence of a peculiar patrimonial situation of the company: precisely, when there is an excessive disequilibrium between the company’s net assets and its debts, or it would have been reasonable to make a contribution to its capital (art. 2467 c. c.) 15. Similar rules govern groups of companies, as regard loans from parent company to subsidiaries (art. 2497-quinquies c. c.). It is under discussion whether this rule might also be applied by analogy to the società per azioni 16.

2. Shareholders contributions The main influence, for the future of legal capital, is held by the reduction of costs of the legal capital formation. The core rules of the legal capital formation in Italy concern the selection of the assets which may form the legal capital, in the

14 See Cass., 3-12-1980, no. 6315, Giur. comm., 1981, II, p. 895, nt. Ferro-Luzzi; Cass., 19-3-1996, no. 2314, Società, 1996, p. 1267; Cass., 14-12-1998, no. 12539, Notariato, 1999, p. 538 (noted Busi); Cass., 6-7-2001, no. 9209, Società, 2002, p. 35; Trib. Milano, 28-6-2001, Banca, borsa, tit. cred., 2002, II, p. 723 (noted Ginevra). Apart from the jurisprudence, under the Italian law the subordination may flow from the principles on legal capital: on the adverse opinion, see Terranova, Art. 2467, in Niccolini-Stagno d’Alcontres (Eds.), Società di capitali. Commentario, Napoli, 2004, who deduces that the Italian rule is less efficient, in this sense, that the German one. 15 On the rule introduced by the art 2467 c. c., see Terranova, Art. 2467 (nt. 14), p. 1464 et seq.; Angelici, La riforma delle società di capitali. Lezioni di diritto commerciale, Padova, 2003, p. 35 et seq. On the shareholders loans in the company law, in general, see Abbadessa, Il problema dei prestiti dei soci alla società: una proposta di soluzione, Giur. comm., 1988, I, p. 507 et seq.; Irrera, I «prestiti» dei soci alla società, Padova, 1992; Parrella, Versamenti in denaro dei soci e conferimenti nelle società di capitali, Milano, 2000; Rubino De Ritis, Gli «apporti» spontanei in società di capitali, Torino, 2001; Tantini, I versamenti dei soci alla società, in ColomboPortale (Eds.), Trattato delle società per azioni, vol. 1***, Torino, 2004, p. 743 et seq.; Portale, I “finanziamenti” dei soci nelle società di capitali, Banca, borsa, tit. cred., 2003, I, p. 663 et seq.; Maugeri, Finanziamenti “anomali” dei soci e tutela del patrimonio nelle società di capitali, Milano, 2005. 16 Portale, I “finanziamenti” dei soci nelle società di capitali (nt. 15), p. 668 et seq.; Maugeri, Finanziamenti “anomali” dei soci e tutela del patrimonio nelle società di capitali (nt. 15), p. 231 et seq.

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light of the rules coming from the Directive 77/91/EEC, also by legal implication, sometimes more rigorously. The main distinction, stemming from the EU law, is between cash contributions and non-cash contributions: moreover, the Italian law does not follow this distinction literally, because the non-cash contributions are described as contributions in kind, and this has sometimes made it difficult to include some contributions in the legal capital system 17. Cash consideration for shares can be executed either in cash or by cheque and, according to art. 9 of the Directive 77/91/EEC, it is required that shareholders have only to pay up one quarter of the shares at the time of their subscription (art. 2342 (2) c. c.). Cash contribution raises minor questions 18, but more often discussed is the payment of cash contributions through set-off. Only recently the case law has admitted set-off not only for cash contributions to increase capital, but in the formation of the company too, with the exception only of the 25 % of the initial contribution 19. The main questions, concerning the eligible consideration for shares issued, regard the non-cash consideration, such as contributions not only in ownership, but in enjoyment or in usufruct too, of knowledge and of negative performances 20. Such contributions may consist of assets which have an economic value; non-cash consideration for shares needs to be fully paid at the time the capital is subscribed: that is to say, under Italian law, when the memorandum and the articles of association are drawn up (art. 2343 (3) c. c.) 21. This rule is compatible not only with the contributions in ownership, but with the contribution in enjoyment too, in which the ownership of the contributed property is not transferred to the company 22. 17 It is the case, in particular, of the Treasury Bonds: see Miola, I conferimenti in natura (nt. 1), p. 143 et seq. 18 See Spolidoro, I conferimenti in danaro, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, vol. 1**, Torino, 2004, p. 247 et seq. 19 See, Spolidoro, I conferimenti in danaro (nt. 18), p. 410 et seq., where further references.; Cass., 24-4-1998, no. 4236, Foro it., 1998, I, c. 2892; but, on the adverse opinion, see Trib. Genova, 14-6-2005, Società, 2005, p. 1000. 20 See, Miola, I conferimenti in natura (nt. 1), p. 112 et seq., where further references. 21 Particularly, the principle of full payment may be interpreted in different ways, mostly with the effect of reducing the eligible contributions, if it is intended as converging with the principle of mutual consent, so to include the contributions in ownership only (Pisani Massamormile, Conferimenti in s.p.a. e formazione del capitale, Napoli, 1992, p. 80 et seq.); under the contrary opinion, the eligible contributions may be enlarged, if the principle of full paying up is meant as requiring the real and definitive disposal of the assets by the company, also without ownership (Portale, Principio consensualistico e conferimento di beni in società, Riv. soc., 1970, p. 913 et seq.; Ferri jr., Investimento e conferimento (nt. 1), p. 307 et seq.; Miola, I conferimenti in natura (nt. 1), p. 63 et seq.). 22 The shareholder is in the same position as an agent, so he must guarantee a quiet enjoyment of the property to the company (art. 1575 c. c.), but this does not avoid the

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Undertakings to do work or perform services as consideration for shares are forbidden (art. 2342 (4) c. c.).

3. Valuation of contributions in kind The protection of the effective legal capital formation is supported by a valuation report on the non-cash consideration: this is characterized by a first phase, in which an independent expert is required to drawn up a report whose contents correspond to art. 10 of Directive 77/91/EEC, and in a second phase, in which the report undergoes a check, and eventually also a revision, by the company’s directors and, before the company law reform, by the internal audit too (art. 2343 c. c.) 23. If the report has verified that the assets have not been duly valued, the company must reduce the capital, otherwise the shareholder may complete the contribution with other assets, with an exception for the shareholder’s withdrawal from the company. In this case, the shareholder might get his contribution back, wholly or in part, if it is possible (art. 2343 (4) c. c.), instead of a sum of money corresponding to the value of the contribution, but including the gains and losses incurred in the meantime 24. Moreover, the report is accepted, if it verifies a loss from the effective value of the contribution, within a fifth of its value. Consequently, and unlike other countries such as Germany, in Italy the shareholder is not liable in any case where the contributions are overvaluated by the expert report. If the valuation requirements are not complied with, a liability towards the company, as well as the other shareholders and the third parties, will attach to the expert and the directors (art. 2343 (2) c. c.). The whole expert’s report procedure is designed to prevent the company from issuing shares at price lower than their par value (or, where there is no no-

consideration being fully paid at the time the capital is subscribed (see Miola, I conferimenti in natura (nt. 1), p. 118 et seq.). In case of contributions in ownership, the shareholder is in the position of a seller: consequently, he must warrant the company against hidden defects of the contribution (art. 1483 et seq. c. c.), while the company, as a legal owner, assumes the risks of the contributed property at the time the capital is subscribed. 23 On the expert’s report, see Pisani Massamormile, I conferimenti nella società per azioni. Acquisti “pericolosi”. Prestazioni accessorie, in Schlesinger (Ed.) Il codice civile. Commentario, Milano, 1994, p. 43 et seq.; Miola, I conferimenti in natura (nt. 1), p. 303 et seq. 24 See Miola, I conferimenti in natura (nt. 1), p. 535 et seq. This is an exception to the absence of the shareholder’s right to get his property back at the winding up of the company and the distribution of its assets.

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minal value, their accountable par), in accordance with the rule of art. 8 of Directive 77/91/EEC. In fact, the report must include a statement that the value of the contributions is at least equal to that attributed to them for the purpose of determining the company’s capital and the share premium. The law does not attempt to obtain uniformity by setting out which valuation method could be applied to non-cash contributions. The expert may choose, being liable, among a great variety of valuation methods suggested by business economists. He may choose the methods depending on the value of the assets, or those based on the cash flow, especially for evaluating so called intangible assets, from which future gains are expected, but which do not currently have a certain value 25. The increasing penetration of the EU accounting rule by the IAS/IFRS principles, might have some consequences on the evaluation of these assets when they form legal capital 26. However, the report tends to ascertain eventual disparities in the value of the non-cash consideration at the date to which the expert report is referred: that is to say, the date of the drafting of the articles of association. Eventual disparities following this time and preceding the company’s incorporation will be reflected in the company’s assets: hence, they will be sustained by all the shareholders. Nevertheless, the prevailing view is that a lack of an independent expert report does not make the formation of the company invalid, albeit that there is a duty on directors to obtain an expert report, even though it is late 27. The possible avoidance of the non-cash consideration rules, concerning either the eligible assets, or their submission to the valuation report, is limited, particularly through the rules on the «dangerous transactions» (art. 2343-bis c. c.), by which art. 11 of Directive 77/91 EEC, concerning the transactions of the company with its shareholders during an initial period of two years, is implemented quite faithfully 28. The Italian courts have paid less attention to the avoidance of the non-cash consideration discipline when it is accomplished through so called «hidden noncash considerations» 29, and to the advisability of introducing stricter rules in this area than those stemming from the implementation of the EU discipline. Particularly, it has been proposed to return to the fraud on a statute (art. 1344 c. c.), the consequence of which should not be necessarily the enforceability of the transaction between company and shareholder and the consideration con25 On the evaluation methods that the expert could apply, see Miola, I conferimenti in natura (nt. 1), p. 352 et seq. 26 See the principle IAS/IFRS n. 38: Immaterial Entities. 27 Pisani Massamormile, I conferimenti nelle società per azioni (nt. 23), p. 100. 28 See Pisani Massamormile, I conferimenti nella società per azioni (nt. 23), p. 211 et seq.; Spolidoro, Gli acquisti pericolosi, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, vol. 1***, Torino, 2004, p. 679 et seq. 29 Cass., 21-6-1985, no. 3718, Giur. it., 1987, I, 1, c. 349; Trib. Treviso, 13-4-1977, Riv. dir. comm., 1977, II, p. 385; App. Milano, 15-12-2000, Giur. it., 2001, p. 2110.

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nected with the former, but the application of the legal capital rules which were broken, hence the duty to pay up the share issues in cash, or the application of the expert’s report 30. A specific rule concerns the case of non payment of a cash contribution: after a formal demand to the shareholder, the directors will sell the corresponding unpaid shares. If the shares are not sold by the company, the directors may declare the lapsing of the shareholder and, after one year, the shares must be extinguished, and consequently the capital be reduced (art. 2344 c.c.). This rule is specifically designed for cash contributions: as regards non-cash contributions which, for any reason, are not executed, in the majority view the shareholder is compelled to make a cash contribution, whose value is equivalent to the first 31. The reform of the Italian company law has admitted the issue of no par-value shares, as just admitted by the Directive 77/91/EEC (art. 8, 9, and so forth) 32. The advantages of non-par value shares consist in simplifying the increase and reduction of legal capital, as in the case of transition to the Euro. The no par-value shares represent a legal capital-sharing, however: for this reason, it is not possible to achieve through them a flexible fixing of the price at which new shares are issued, in such a way to fall below the accountable value of the shares already issued 33.

4. Allotment of shares out of proportion to the consideration The reform of the Italian company law has introduced some simplifications in the legal capital formation rules, directed to allowing the company to receive assets that may not form the subscribed capital, by virtue of the Directive 77/91/ EEC. First of all, there is the rule of allotment of shares out of proportion to the value of the contribution made by each shareholder (art. 2346 (4) and (5) c. c.). In 30 Portale, I conferimenti in natura “atipici” nella s. p. a., Milano, 1974, p. 1 et seq.; De Stasio, Formazione del capitale sociale in collegamento con operazioni di scambio fra società e socio, Riv. soc., 1999, p, 440 et seq.; De Stasio, Invalidità dell’accordo di conferimento in natura mascherato, Giur. it., 2001, p. 2110; Spolidoro, Gli acquisti pericolosi (nt. 28), p. 727 et seq. 31 See Portale, La mancata attuazione dei conferimenti in natura, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle soc. per az., vol. 1***, Torino, 2004, p. 569 ss., where further references. 32 Figà-Talamanca, Il valore nominale delle azioni, Milano, 2001, p. 14 et seq.; Spolidoro, Capitale sociale, valore nominale delle azioni e transizione all’Euro, Riv. soc., 1999, p. 356 et seq. 33 See Figà-Talamanca, Il valore nominale (nt. 32), p. 71 et seq.; Figà-Talamanca, Euro ed azioni, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, vol. 1**, Torino, 2004, p. 326 et seq.: as it is provided in Belgium, with the variable accountable par, by the art. 583 Code des sociétés; with criticism, instead, see Portale, Dal capitale “assicurato” (nt. 3), p. 161 s.

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accordance with this rule and according to the freedom of contract, it may be established in the articles of association the number of the shares allotted to each shareholder independently, relating to the value of the asset conveyed by each shareholder and that may form the subscribed capital 34. The only condition is that the value of all contributions altogether is not lower than the total amount of the subscribed capital. In this way a distinction is drawn between the internal relationships among the shareholders, in which it is permissible to allocate the number of the shares in any way, regardless of the value of the assets conveyed by each of them, and the principles on the legal capital formation. Moreover, the economic relationship between contributions and legal capital is broken: the effectiveness of the legal capital does not depend on the basis of the value of the contribution by each shareholder and of the number of shares allotted to him, but according to the «total amount of the legal capital» in relation to the value of all contributions, which cannot be «lower than the whole» of the former (art. 2346 (5) c. c.) 35. The principle now stated does not constitute a breach of the prohibition against the issue of shares at less than their par value (or their accounting value); therefore, it does not contradict art. 8, para 1, of the Directive 77/91/EEC, since the effectiveness of legal capital is complied with even when, though there is no payment of shares by the allottee, the total amount of the contributions corresponds to the amount of the subscribed capital 36.

34 Portale, Profili dei conferimenti in natura nel nuovo diritto delle società di capitali, in Mansel u. a., Festschrift für Erik Jayme, München, 2004, p. 1562, who notices that the allotment of shares disproportionately to the consideration was suggested, under the Italian commercial code of 1865 (see Borsari, Codice di commercio del Regno d’Italia, I, Torino, 1868, sub art. 141, n. 503, p. 447), with the purpose of favouring the contributions of work and services, in consideration of their importance for the company’s activity. 35 On analogous theories, with the intent to allow contributions of work and services, and other contributions not in accordance with the Directive 77/91/EEC, see Portale, Profili dei conferimenti in natura (nt. 34), p. 1560 et seq.; Miola, I conferimenti in natura (nt. 23), p. 227 et seq. 36 In other jurisdictions there are not rules which explicitly allow to alteration, as regards the single shareholder, of the relationship between the contribution’s value and the nominal value (or the accountable par) of the shares to be issued for them. In fact, the same § 9 AktG in Germany is intended in the sense that the forbidding of shares issued at an undervalue is referred to the single share, not to the entire amount of the legal capital: see, MünchKommAktG/Heider, 2. Aufl. 2000, § 9, Rn. 9; Hüffer, AktG, 5. Aufl. 2002, § 9, Rn. 2; see too GroßkommAktG/Brändel, 4. Aufl. 1997, § 9, Rn. 10a and 16, who considers as exceptional the increase of the legal capital using the reserve; the same principle is expressed by the art. 1843-2 (1), of the French code civil, but a wider perspective on exceptions to the relationship between contributions and nominal value of the shares is contained in art. L. 225-127 (2), of the

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The disproportionate allotment of shares does not imply in principle a departure, even from the expert report’s requirements for the non-cash consideration, nor from the prohibition against their overvaluation: in any case, the expert’s report (art. 2343 (1) c. c.), in full accordance with what is provided by the art. 10, para. 2, of the Directive 77/91/EEC, shall state the correspondence between the contribution’s value and the value «attributed to them in view of the determination of the legal capital and of the eventual share premium»: it is to say, the number and the nominal value, plus the share premium, of the shares to be issued for them. Therefore, it is not a question of whether some assets are overvalued, whereas others are undervalued: it is only allowed that, pursuant to the consent expressed by the shareholders in the articles of association, a part of the contribution value, assessed in the valuation report, is used in order to determine the number of shares allotted to another shareholder 37. The disproportionate allotment of shares is suitable for various purposes 38: i.e., additional or exclusive remuneration for services to the company; the attribution to the assets of a value not corresponding with that resulting from the expert’s report; above all, the “atypical” non-cash consideration 39, which are is not capable either of forming legal capital, or of being entered in the balance-sheet assets, but useful however, or even essential, for the firm’s activity, such as the intangible assets, and avoiding the recourse to the hidden non-cash consideration. As a consequence of this rule, someone may become a shareholder in the absence of a contribution, even minimal, coming from him that may form the legal capital. A contribution, although not assigned to the legal capital, must be nevertheless be held necessary in order to become shareholder: otherwise, permitting a shareholding beyond the exclusion from the risk of the business would be the same, as altering the consideration of the corporate contract and exonerating some shareholders from sharing (the profits and) the losses, amounting to case of leonina societas (art. 2265 c. c.) 40.

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French Code de commerce: see Merle, Droit commercial. Sociétés commerciales 7, Paris, 2000, p. 644 et seq. In favour of the accordance of the Italian rule with the art. 8 of the Directive 77/91/EEC, see Portale, La mancata attuazione dei conferimenti in natura (nt. 31), p. 577 nt. 9; on the contrary, see Spolidoro, I conferimenti in denaro (nt. 18), p. 339. Miola, I conferimenti in natura (nt. 23), p. 235 s. See Rescio, Distribuzione di azioni non proporzionale ai conferimenti effettuati dai soci di s. p. a., in Benazzo-Patriarca-Presti (Eds.), Il nuovo diritto societario fra società aperte e società private, Milano, 2003, p. 107 et seq. Miola, I conferimenti in natura (nt. 23), p. 224 et seq. The leonina societas might flow because if the nominal value of the shares allotted to the shareholder who don’t make a contribution is reduced, the shareholder will not suffer a sharing of loss, but only the absence of profits which he expected, his personal estate being untouched.

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At the opposite extreme, it is possible that someone who subscribes to the memorandum of association and makes contributions, which are wholly used for the allotment of shares to one or other shareholders, does not became a shareholder. Such situation should be regarded as a stipulation for the benefit of third parties; therefore, it could constitute a leonina societas, because of the non-attribution to the author of the contribution of some rights attaching to shares and particularly of dividend rights. The reorganization of the internal relationships between the shareholders does not necessarily involve an alteration of the organizational role of the legal capital. In fact, by the disproportionate allotment of shares, the number of the shares, although released from the value of the contribution, maintains the function of measuring the corporate rights. On the other hand, there is an evident risk of accentuating the alteration of the proportion between business risk and management power, with a result similar to that caused by the creation of shares with multiple voting-rights, which are banned (art. 2351 (4) c. c.).

5. Participative financial instruments different from shares The company law reform has introduced hybrid financial instruments from two different perspectives. On the one hand, company may issue hybrid financial instruments conditioning the time of repayment of capital or its amount to the company’s economic performance: these financial instruments are similar to bonds, and are subject to the same rules (art. 2411 (3) c. c.), notwithstanding the reference to economic performance is a characteristic of equity. More strictly linked to the legal capital and to the equity are the hybrids called participating financial instruments. The società per azioni is allowed to issue such financial instruments, which are different from shares, in order to favour the acquisition by the company of any sort of contribution, and especially of assets which may not form the subscribed capital, as it is the case of performances of work or services by the shareholders or third parties (art. 2346 (6) c. c.). The participative financial instrument can attribute patrimonial rights only, or additionally, governance rights, to holders, among which are voting rights on specific issues of the general shareholders’ meeting, but without an all-inclusive voting right. The voting rights can concern, especially, the appointment of an independent director or a statutory auditor (art. 2351 (5) c. c.). For these reasons they are called «participative financial instruments», but they may not form, differently from shares, a fraction of the legal capital 41. 41 See especially, Lamandini, Autonomia negoziale e vincoli di sistema nell’emissione di strumenti finanziari da parte delle società per azioni e delle cooperative per azioni, Banca, borsa, tit. cred., 2003, I, p. 519 et seq.; Notari, Le categorie speciali di azioni

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Because of these features, the participative financial instruments do not interfere, strictly speaking, with the legal capital system and thus are not subjected to the rules of the Directive 77/91/EEC: rather, considering the variety of the assets that can be conveyed – cash or whichever non-cash consideration – and the right attaching to them, they are an expression, as hybrid financial instruments, of the tendency to shift from a formal notion of legal capital to a substantive one, and therefore to a concept of a “company’s own capital”, comprising of all the net assets clearly destined for the firm’s activity 42.

III. Legal capital maintenance 1. Principles The protection of the legal capital maintenance is accomplished through a set of rules addressing, on the one hand, legal capital reduction; on the other, dividend distributions and other type of asset distribution to shareholders. Looking at the central features of the system, the legal capital reduction is mandatory in presence of losses exceeding the third part of the legal capital (art. 2446 c. c.). Moreover, whenever losses cause the company’s net assets to fall below the legal minimum level, the company must be wound-up, barring the adoption of different measures, such as the recapitalization or its reorganization into a different corporate form with a lower minimum capital (art. 2447 c. c.) 43. Only in this sense, Italian company law applies the rule, known as “recapitalize or liquidate”, which is destined not only to prevent the company’s insolvency, but especially to inform the relevant parties, before the fact, that such a situation could happen, in pursuance of the art. 17 and 34 of the Directive 77/91/

e gli strumenti finanziari partecipativi, in Il nuovo ordinamento delle società. Lezioni sulla riforma e modelli statutari, Milano, 2004, p. 45 et seq.; Miola, I conferimenti in natura (nt. 23), p. 259 et seq.; Enriques, Quartum non datur: appunti in tema di “strumenti finanziari partecipativi” in Inghilterra, negli Stati Uniti e in Italia, Banca, borsa, tit. cred., 2005, I, p. 166 ss. 42 See Lutter, Von formellen Mindestkapital zu materiellen Finanzierungsregeln im Recht der Kapitalgesellschaften, in Festschrift für St. Riesenfeld, Heidelberg, 1983, p. 185 et seq.; in the Italian law, see Portale, La ricapitalizzazione delle aziende di credito, in Portale (Eds.), Ricapitalizzazione delle banche e nuovi strumenti di ricorso al mercato, Milano, 1983, p. 15 et seq., and more recently Portale, “Prestiti subordinati” e “prestiti irredimibili” (appunti), in Banca, borsa, tit. cred., 1996, I, p. 1 et seq.; Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 102 et seq. 43 Nobili-Spolidoro, La riduzione di capitale, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, vol. 6*, Torino, 1993, p. 197 et seq.; on the operative modality, see Busi, S. p. a. – S. r. l. Operazioni sul capitale, Milano, 2004, p. 402 et seq.

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EEC. In Italy, the application of the rule “recapitalize or liquidate” is less strict as provided in other EU Member States, which requires the company’s winding up, or take other measures, whenever the losses cause the net assets to fall below a certain percentage (e.g. the 50 %) of the legal capital 44.

2. Dividend distribution With regard to the distribution of the company’s assets to shareholders, Italian company law accepts, as is the tradition of the legal capital systems, the principle of fixed legal capital. In fact, in accordance with art. 15 of the Directive 77/ 91/EEC, it is expressly provided for that there should be a prohibition against dividend distributions which do not correspond to profits effectively gained by the company and resulting from a regularly approved balance-sheet (art. 2433 c. c.) 45. A central role in dividend distribution is played by the balance-sheet, through a net asset balance-sheet test: distributions to shareholders are not allowed, if the net assets of the company become lower of the subscribed capital plus those reserves which are not distributable. Differently from the Directive 77/91/EEC, Italian company law expressly forbids the dividend distribution only; such prohibition is sanctioned under criminal law too (art. 2627 c.c.). It is uncertain if the rules on dividend distribution include any corporate distribution to shareholders, indirect even: that is to say, all sorts of transfer of assets between the company and shareholders, and especially the intragroup transactions, like loans and guarantee, that might be able to reduce the legal capital of a single company of the group to the benefit of the others 46. Apart from specific rules which prevent corporate distribution to shareholders different from dividends, like share repurchases (art. 2357 et seq. c. c.), or dangerous transactions (art. 2343-bis c. c.), criminal law generally forbids the repayment of contribution to shareholders (art. 2626 c. c.): this rule is applicable to all transactions between company and its shareholders, that might compromise the maintenance of legal capital to detriment of creditors 47. Another question regards the intragroup transactions, which might compromise the legal capital of the subsidiary company, through the indirect repayment 44 See for example in France the art. L. 225–248 Code de commerce. 45 See Rossi, Utili di bilancio, riserve e dividendo, Milano, 1957, p. 107 ss.; Ferri, Partecipazione agli utili, in Enciclopedia del diritto, XXXII Milano, 1982, p. 14 ss.; Preite, La destinazione dei risultati nei contratti associativi, Milano, 1998, p. 218 ss.; Colombo, Il bilancio d’esercizio, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, vol. 7*, Torino, 1994, p. 482 et seq. 46 See Miola, Le garanzie intragruppo, Torino, 1993, p. 253 ss. 47 See Mormando, Capitale sociale, conferimenti e legge penale, Padova, 2002; Musco, I nuovi reati societari, Milano, 2002, p. 91 et seq.

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of the contributions to the parent company. The rules on the groups of companies which have been introduced by the company law reform may be useful. In detail, the parent company may be liable against the creditors of the subsidiary for a wrongful exercise of its power to direct the whole group (art. 2497 c.c.), in the case of intragroup transactions made at the market value to detriment of the legal capital of the subsidiary 48. Furthermore, indirect illegal distributions of the company’s assets to shareholders to detriment of the corporate creditors can fall under the fraudulent transfer law (art. 2901 c. c.), which might be enforceable especially when the company is insolvent (art. 65 et seq. Italian Insolvency Law: l. fall.). Dividend distributions and other transfers of company assets, such as share repurchases, do not take effect when they are undervalued 49: that may reinforce legal capital rules, e.g. if during undercapitalization there is a fraudulent lack of net assets, to the extent that the insolvency of the company could have been prevented 50. Similar consequences could fall on the intragroup transactions too, in the case of the insolvency of a group of companies 51. The use of the fraudulent conveyance law is relevant in a regulatory competition system because it is not subject to the «incorporation» theory for the solution of the conflicts of law. Thus it permits discouraging the establishment of foreign companies lacking a legal capital and it strengthens the application of the law of the State where the business is effectively being carried out 52. An increased amount of the company’s net assets distributable to shareholders may be achieved only by a formal reduction of capital, which creditors are entitled to oppose (art. 2445 c. c.). Under the previous regime, the capital reduc48 As regard of the groups of companies and the new art. 2497 et seq. c. c., see Cariello, Direzione e coordinamento di società: spunti interpretativi iniziali per una riflessione generale, Riv. Soc., 2003, p. 1229 et seq.; Guizzi, Eterodirezione dell’attività sociale e responsabilità per mala gestio nel nuovo diritto dei gruppi, Riv. dir. comm., 2003, p. 439 et seq.; Tombari, Riforma del diritto societario e gruppo di imprese, Giur. comm., 2004, I, p. 1164 ss.; Galgano, La riforma del diritto societario, in Tratt. dir. comm. dir pubbl. econ. diretto da Galgano, vol. XXIX, Padova, 2005. 49 About the verdeckte Gewinnausschüttungen, see Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2002, § 29. II, 2, p. 890 et seq.; about the creditor protection accomplished through the fraudulent transfer law, see Drury-Hicks, The Proposal for a European Private Company, Jour. Bus. Law, 1999, p. 443; Armour, Transaction at an Undervalue, in Armour-Bennett (Eds.), Vulnerable Transactions in Corporate Insolvency, Oxford, 2003, p. 37 ss.; Conac, Le capital dans le droit américan des sociétés, in Couret-Le Nabasque (Eds.), Quel avenir pour le capital social?, Paris, 2004, p. 172. 50 See Lecourt, De l’utilité de l’action paulienne en droit des sociétés, in Mélanges en honneur de Guyon, Paris, 2003, p. 62. 51 See Miola, Le garanzie intragruppo (nt. 46), p. 216 ss. 52 Kahan, Legal Capital Rules and the Structure of Corporate Law: Some Observations on the Differences Between European and U.S. Approaches, in HoptWymeersh (Eds.), Capital Markets and Company Law, Oxford, 2003, p. 147 s.

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tion depended on a test to ascertain whether the amount of the share capital was “excessive” for the attainment of the company’s objects. The company law reform has cancelled this provision: capital reduction remains conditioned for a period of 90 days on the ending of the creditors’opposition, but in some circumstances courts can order the reduction, notwithstanding the opposition.

3. Company’s transactions in its own shares Attention has to be paid to the legal capital maintenance in connection with the company’s transactions in its own shares: that is, the company’s purchase and subscription of its own shares and financial assistance by the company for the purchase of its own shares. In principle, the Italian rules are entirely in accordance with the Directive 77/91/EEC: the company’s purchase of its own shares is allowed out of the distributable profits and of the reserves which may not be distributed under the law or the statute, and cannot exceed as amount the 10 % of the legal capital (art. 2357 et seq. c.c.); subscription for its own shares is absolutely forbidden: but it is allowed, as an exception introduced by the company law reform, for the company to have a pre-emption right on its own shares (art. 2357-quater c.c.); financial assistance is totally forbidden, even out of the legal capital protection 53. The discipline of the company’s transactions is subject to criticism in Italy too, because of its excessive rigidity. On the other hand, such criticism supports the simplification contained in the draft of amended Directive 77/91/EEC (21/9/ 2004 COM2004) 54. In this respect there are some changes introduced by the company law reform, in relation to which some doubts could rise about the conformity with the European discipline. Among these, there is the enlargement of the circumstances in which it is permitted for the company to purchase its own shares. In particular, the company may purchase its own shares from the shareholders who withdraw from the company, if the shares are not bought by other shareholders or by third parties. In that case, the company may purchase its own shares out of distributable profits, then with assets which are not part of the amount of the subscribed capital plus

53 Partesotti, Le operazioni sulle azioni, in Colombo-Portale (Eds.), Trattato delle società per azioni, vol. 2*, Torino, 1991, p. 301 et seq.; Pozzo, L’acquisto di azioni proprie, Milano, 2003; Campobasso, Acquisto di azioni proprie, in Armonie e disarmonie nel diritto comunitario delle società di capitali, a cura di Campobasso, Milano, 2003, vol. I, p. 467 et seq.; Cerrato, Le azioni proprie tra diritto interno riformato e prospettive comunitarie, Riv. soc., 2004, p. 350 et seq. 54 For further details, see Miola, Legal Capital and Limited Liability Companies: the EU Company Law Perspective, EFLR, 2005, p. 413 et seq.

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the reserves which may not be distributed, but even out of the 10 % of the subscribed capital (art. 2437-quater (5) c. c.). It is a particularly meaningful breach of the art. 19 of the Directive 77/91/EEC, considering the Italian company law reform of 2003 provides a wide range of cases of withdrawal, and a lot of those are cases, the circumstances of which are left to the articles of association 55. Neither it can be held that, in case of purchase of own shares beyond the limit of 10 %, the duty for the company to sell the shares acquired beyond such limit is effective; the same is true of the duty to reduce the capital of the amount in excess, as prescribed by the art. 2357 (3) c. c.56. Moreover, the company law reform provides that the general meeting can authorize the company to make continuous transactions of purchase and selling of its own shares, that is the trading of its own shares, even out for the purpose to stabilising the trading of shares (art. 2357-ter c.c.). Also in such case, the limit of 10 % is not recalled, but it must be right that exceeding it triggers the duty to transfer the shares acquired in surplus. This sanction is very trivial in comparison with the substantial concern about the company’s trading in its own shares 57. However, the limit of 10 % of the subscribed capital (art. 19 Directive 77/91/ EEC) will be repealed by the art. 3, para. 1, of the draft of amended Second Directive (21/9/2004 COM 2004), unless the Member State chooses differently. The only limits that are preserved in the draft, are those concerning the amount of the subscribed capital plus the undistributed reserves, according to the law or to the articles of association. A more evident exception to the rule that a company may not subscribe for its own shares (art. 18, para. 1, Directive 77/91/EEC) is represented by the provision according to which the general meeting may authorize the directors, under the same conditions of the company’s purchase of its own shares, to exercise totally or partly the option rights on the new share issues attaching the company’s own shares (artt. 2357-ter (2) and 2357-quater (1) c.c.) 58. 55 Cfr. Portale, La riforma delle società di capitali (nt. 6), p. 109 et seq.; Carmignani, Art. 2437-quater, in Sandulli-Santoro (Eds.), La riforma delle società, Torino, 2003, vol. II, p. 896; Callegari, Art. 2437-quater, in Cottino u.a. (Eds.), Il nuovo diritto societario. Commentario, Bologna, 2004, p. 1432. Other exceptions to the limits of 10 % come from the withdrawal rules, which are applied in the case of share repurchases as a consequence of redemption of redeemable shares by the company (art. 2437-sexies c. c.) and, especially, in the situation where a director’s consent to the transfer of shares is lacking (art. 2355-bis (2) c. c.) (see Cerrato, Le azioni proprie (nt. 53), p. 372 et seq.). 56 Moreover, in favour of this interpretation, see Cerrato, Le azioni proprie (nt. 53), p. 372 et seq. 57 See Cerrato, Le azioni proprie (nt. 53), p. 387 et seq.; and previusly, Partesotti, Le operazioni sulle azioni (nt. 53), p. 434 et seq. 58 Portale, La riforma delle società di capitali (nt. 6), p. 111; Bione, Art. 2357-ter, in Niccolini-Stagno d’Alcontres (Eds.), Società di capitali. Commentario, vol. I,

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It has to be held that the judge may not apply the rule, since it is in violation of the Directive 77/91/EEC, neither may the violation be excluded, when the company subscribes for its own shares exercising the pre-emption right with the distributable profits or the available reserves 59; the subscription is allowed even outside the other limit, provided by the current art. 19 of the Directive 77/91/ EEC, of 10 % of the company’s subscribed capital. Another provision of the company law reform which has raised doubts, in relation to its compatibility with the prohibition against financial assistance by the company, provided by the art. 23 of the Directive 77/91/EEC, concerns the rule admitting the legality of the merger leveraged buyout (art. 2501-bis c. c.) 60. This rule has its basis in art. 7 of the Law No. 366/2001, which mandated the Italian government to adopt a provision validating the MLBO, with respect to the legal regime of financial assistance. The art. 2501-bis c. c. could be criticized to the extend that it is meant as an indirect breach of the prohibition against financial assistance of the Directive 77/91/EEC, if the rule so introduced is considered as an authentic interpretation of the prohibition against financial assistance, springing in Italy from the art. 2358 c. c.: as a consequence, the merger leveraged buyout would not be prevented in any way 61. However, it is surely the prevailing opinion in EU company law that MLBO transactions under the foregoing rules are not illegal in principle, to the extent that they would not be in individual cases in breach of the prohibition of loans or guarantees by the company for the purchase of its own shares 62. In other worlds, the validity of MLBO depends on the fact that the target company did not take part in the planning and execution of the LBO.

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Napoli, 2004, p. 376 et seq.; Donativi, Art. 2357-ter, in Sandulli-Santoro (Eds.), La riforma delle società (nt. 55), p. 200; Pozzo, L’acquisto di azioni proprie (nt. 53), p. 524. Cerrato, Le azioni proprie (nt. 53), p. 421 et seq. The compatibility with the Directive 77/91/EEC occurs when the pre-emptive right does not consist in the subscription of own shares, but this right is sold to third parties. The art. 2501-bis c. c. requires that the merger project points at the assets which may be used for paying the debts of the target company, and that the director’s report contains an economic and financial plan with the description of the financial resources and the purpose to be achieved. On this opinion, as regard to art. 7 (d) of the Law No. 366/2001, concerning the principles of the company law reform, Schlesinger, Merger leveraged buy out e riforma societaria, Corr. giur., 2003, p. 705 s. Montalenti, Art. 2501-bis, in Cottino u.a. (Eds.), Il nuovo diritto societario. Commentario, Bologna, 2004, p. 2322; Montalenti, Il leveraged buyout nel nuovo diritto penale commerciale e nella riforma del diritto societario, Giur. comm., 2004, I, p. 791 et seq.; Portale, La riforma delle società di capitali (nt. 6), p. 118 et seq.; Picone, Il leveraged buy out nella riforma del diritto societario, Contr. e impr., 2003, p. 1391 et seq.

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4. Segregation of assets Finally, a question of conformity of the company law reform with the EU rules on the legal capital maintenance is posed by the new rules concerning the segregation of assets within the company, destined to perform a specific business (art. 2447-bis et seq. c. c.) 63. These rules allow the company to form one or more segregations of assets, by legally separating the relevant assets and liabilities in consideration of a specific business: consequently, only the creditors of the related transactions may be satisfied (art. 2447-quinquies c. c.), whereas the “general” creditors may proceed only against the residual company assets 64. The segregated assets cannot exceed 10% of the company’s net assets (art. 2447-bis (3) c. c.). Segregation of assets requires a lot of rules, concerning i.e. the decision to make a segregation, the insolvency of the company, the insolvency of specific business, and the rights of creditors. As regard the relationship with the legal capital rules, they do not allow legal capital to be employed, initially or as consequence of losses of the company’s assets on the whole, in order to form the segregation of assets. In other words, it must not happen that the legal capital would be covered exclusively by the value of the segregated assets, with the consequence that only creditors of the latter are guaranteed, and none of the rest of the company’s creditors 65. A similar effect, which could lead one to think that the segregation of assets must have a legal capital on its own, would be contrary to Directive 77/91/EEC. As reply, it is possible to take account of the fact that the segregation of assets is

63 Another type of segregation of assets, which does not involve the legal capital, is the “financing destined to perform a specific business” (art. 2447-decies c. c.): the company agrees in the contract for the financing of a specific business that the proceeds of the same shall be either totally or partially applied to the reimbursement of the amount received. 64 See Zoppini, Autonomia e separazione del patrimonio, nella prospettiva dei patrimoni separati della società per azioni, Riv. dir. civ., 2002, I, p. 545 et seq.; FerroLuzzi, La disciplina dei patrimoni separati, Riv. soc., 2002, p. 121 et seq.; Inzitari, I patrimoni destinati ad uno specifico affare (artt. 2447-bis, lettera a, c.c.), Contratto e impresa, 2003, p. 164 et seq.; Arlt, I patrimoni destinati ad uno specifico affare: le protected cell companies italiane, Contratto e impresa, 2004, p. 319 et seq. 65 See d’Alessandro, Patrimoni destinati e vincoli comunitari, in Società, 2004, p. 1061 et seq.; Portale, La riforma delle società di capitali (nt. 6), p. 121 et seq., who suggest the following example: a company with a subscribed capital of 2.000.000 Euro establishs a segregated asset of 200.000 Euro. As consequence of losses for 1.800.000 Euro of its general assets, the capital may be reduced to 200.000 Euro, an amount which corresponds to those of the segregated asset: meanwhile, this amount is shown in the company document as legal capital, but it will protect in substance only the creditors of the segregated assets.

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represented within the company’s assets on the whole and that creditor protection, as function of the legal capital, does not require a singling out of the assets which compose the percentage of the net assets covered by it. 5. Legal capital maintenance rules and accounting standards As corollary of the legal capital system there are the financial accounting and disclosure standards deriving from the EU harmonisation; these standards are intended to promote self-financing of the firms through restrictions on distribution of dividends. They allow the balance sheet, on the basis of prudent evaluation criteria 66, to function as a means of assessing profits and dividend distribution in such a way as to support the effectiveness and strengthen the efficacy of the legal capital maintenance rules (art. 15, para. 1, (a), Directive 77/91/EEC) 67, though this may, in fact, be deleterious to the aim of an up-to-date disclosure to shareholders 68. Nevertheless, the constant updating of the EU accounting standards, as a result of the introduction of the IAS/IFRS principles, is considered to be an implicit, albeit not irrelevant boost towards overcoming the legal capital system. In Italy, the introduction of these principles has been definitively realised with the Legislative Decrete No. 38/2005 69.

66 Hertig-Kanda, Creditor Protection, in Kraakman-Davies-Hansmann-HertigHopt-Kanda-Rock (Eds.), The Anatomy of Corporate Law. A Comparative and Functional Approach, Oxford, 2004, p. 81 et seq. However, the adoption of the “true and fair view” by the Directive 78/660/CEE, derived from the Anglo-Saxon accounting tradition, indicates a tendency to a switch of protection towards shareholders. 67 The close anchorage of the earned surplus, then of creditor protection, to an accounting-based dividends distribution, leaving the criteria to take the balance-sheet out of consideration, makes the legal capital system more reliable, because it is founded on objective rules (see Schön, Gesellschafter-, Glaubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, ZGR, 2000, p. 706 et seq.; about the U.S. accounting standards, see Kübler, Institutioneller Gläubigerschutz oder Kapitalmarkttransparenz?, ZHR, 159 (1995), p. 554; Schön, Wer schützt den Kapitalschutz?, ZHR, 166 (2002), p. 5), in comparison with the U.S. regime that, due the enforcement of the solvency test, allows the directors to derogate at their discretion to the historical cost, so as to permit the capitalization of «re-evaluation surplus» arising from unrealised assets, making reference to a fair valuation or to other accounting methods (see Revised Model Business Corporation Act, § 6.40 (d); on the various dividend distribution methods, see Pellens-Jödicke-Richard, Solvenztests als Alternative zur bilanziellen Kapitalerhaltung?, DB, 2005, p. 1393 ss.). 68 Kübler, The Rules on Capital Under the Pressure of the Securities Markets, in Hopt-Wymeersh (Eds.), Capital Markets and Company Law, Oxford, 2003, p. 105. 69 See Reg. n. 1606/2002/CE, on the mandatory compliance to the IAS principles adopted by the EU Commission, with the object of drawing up the consolidated balance sheet of the listed companies. In Italy, the artt. 3 and 4 of the Legislative Decrete No. 38/2005, pursuant to the options provided by the art. 5 of the Reg. n. 1606/2002/CE,

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According to a wide range of opinion, the strict linkage of distributable dividends to accounts does not reflect the company’s real capacity to make distributions. The adoption of the “fair value” approach, especially with respect to financial instruments, presents a particular difficulty. The results generated through this method provide an unreliable and volatile basis for a prudent distribution policy: the accounts may in fact produce surpluses which do not correspond to the real prospects of solvency; these same values may cause an unduly restricted outcome. This undermines the consistency of the company’s net assets and then the same attribute of the legal capital 70. In any case, the greater precision of these criteria leads to values, which ordinarily cover legal capital, emerging as profits: this in turn eliminates a multiplying effect of legal capital with respect to creditor protection, and consequently jeopardizes its financial basis and effect 71. have prescribed the adoption of the IAS/IFRS principles not only for the ordinary and consolidated balance sheets of the listed companies, of the banks and other financial intermediaries, but also, as optional, for all the other companies, then for different corporate forms too, in the same way as the società a responsabilità limitata, with the only exception of the small companies, which are allowed to draw a simplified balance sheet (art. 2435-bis c. c.): see Lolli, Il regolamento di adozione dei principi contabili internazionali IAS/IFRS, Nuove leggi civ. comm., 2003, 785 ss.; Caratozzolo, L’introduzione del «fair value» nella IV e VII direttiva comunitaria: una prima valutazione, in Società, 2002, p. 1340 et seq.; Caratozzolo, Le modifiche alla IV e VII Direttiva per consentire l’applicazione dei principi IASC, ivi, 2003, p. 143 et seq.; Sottoriva, Verso l’adozione dei principi contabili internazionali: modificate le direttive comunitarie su conti annuali e consolidati, in Società, 2003, p. 1145 et seq.; Sottoriva, Principi contabili internazionali e coordinamento con il TUIR, in Società, 2005, p. 590 et seq.; Strampelli, L’adeguamento della disciplina del bilancio ai principi contabili internazionali, Tesi di Dottorato, Università Cattolica di Milano, a.a. 2003/2004. 70 See High Level Group of Company Law Expert, A Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe, hereinafter referred to as High Level Group, Ch. IV, 1, p. 79; EU Commission, Synthesis of the Responses to the Communication of the Commission to the Council and the European Parliament, A Working Document of DG Internal Market, Bruxelles, 15 November 2003, p. 19; Rickford (Ed.), Reforming Capital. Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, EBLR, 2004, p. 937 et seq.; Strampelli, L’adeguamento della disciplina del bilancio ai principi contabili internazionali (nt. 69), p. 187 et seq.; see too, Kübler, Institutioneller Gläubigerschutz oder Kapitalmarkttransparenz? (nt. 67), p. 550 et seq.; Kübler, Rules on Capital (nt. 68), p. 100 e 105. 71 Merkt, Creditor Protection and Capital Maintenance from a German Perspective, EBLR, 2004, p. 1046 s.; Merkt, Der Kapitalschutz in Europe – ein roche de bronze?, ZGR, 2004, p. 307 s.; Mülbert-Birke, Legal Capital – Is There a Case Against the European Legal Capital Rules?, EBOR, 3, (2002), p. 698 s.; Schön, Wer schützt den Kapitalschutz? (nt. 67), p. 3; Schön, Die Zukunft der Kapitalaufbringung/Kapitalerhaltung, Der Konzern, 2004, p. 164; Schön, The Future of Legal Capital, EBOR, 5 (2004), p. 429 ss.; Mülbert, Zukunft der Kapitalaufbringung/Kapitalerhaltung, Der Konzern, 2004, p. 152; Hertig-Kanda, Creditor Protection (nt. 66), p. 84.

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However, modifications of the accounting standards within the EU through the implementation of a duty of disclosure, as in the U.S., turned out being no less capable of protecting creditors than investors 72; the capital markets can, at a more general level, offer criticism on that method of corporate financing, but this most likely will not directly impact the discipline and operation of the legal capital system. Firstly, the application of the IAS-IFRS standards under the EU company law sounds equally variable. In fact, the Member States may prescribe their adoption not only by the listed companies, but by public limited companies as a whole, and to different corporate forms too, including the limited liability company: the reduced presence or total absence of the last corporate form from the financial markets avoids that the creditor protection may depend only from the disclosure through the balance-sheet. For this reason, the legal capital system may not be substituted by a balance-sheet disclosure model which relies on the IAS-IFRS principles and especially on the fair value, and the creditor protection regime has to be completed by the adoption of solvency tests, which by their nature are able to summarise the economic outlook of the firm’s activity 73. For this reason, at least until the distribution of the company’s net assets to shareholders depends mainly on the balance-sheet, the accounting standards which have been recently adopted in the EU do not compromise the objective of legal capital, because the restrictions on distribution to the shareholders may be swept away in this manner, and in larger forms too, without the financial cushion which is provided by legal capital. In fact, it is possible to reconcile, through different techniques, capital maintenance rules with more accentuated informative functions deriving from the balance-sheet. This is done in the context of the IAS-IFRS principles, i.e. either drawing up a double balance-sheet, in compliance with the European accounting base profit distribution discipline, or drawing up, with reduced costs, proper connecting accounts in relation to items such as those to which the fair value standard applies, where there are still divergences with the EU rules 74. Hence it will be possible to forbid the distribution as profits of the gains originating from the application of the fair value rule, and to require them to be ac-

72 Kübler, Institutioneller Gläubigerschutz (nt. 67), p. 1045 et seq. 73 See Pellens-Jödicke-Richard, Solvenztests als Alternative zur bilanziellen Kapitalerhaltung? (nt. 67), 1400 s. 74 Schön, Gesellschafter-, Glaubiger- und Anlegerschutz (nt. 67), p. 738. However, adjusting IAS/IFRS accounts by establishing restricted “fair value” reserves would have a result equivalent to a separate “creditor protection oriented” accounts, which would have furthermore to be continuously adapted to the dynamically changing IAS/IFRS, with additional costs (see Pellens-Sellhorn, A Proposal for the Future of Capital Maintenance and Creditor Protection, in this volume, p. 451.

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counted for in a specific not optional reserve, as prescribed in Italy by the art. 6 of the Legislative Decret No. 38/2005. Failing that, creditor protection could be achieved through the formation of higher reserves pursuant to the assessment of profits as per the standards outlined in IAS-IFRS. Alternatively, the higher the legal capital, the more significant is the index in favour of creditors, which is intended to discourage, through budget manoeuvring, the emergence of fictitious earnings. In any case, legal capital reduces the most relevant cases of misleading accounting, for example the fair value accounting of stock options, which leads to an enormous increase in the compensation costs shown on the company’s balance sheet, and to a proportionate decrease in the earnings of the company 75. Moreover, the maintenance of the legal capital system allows for moderating and neutralizing the different application of the IAS-IFRS principles in the various Member States, due to the options offered by the EU company law. This makes relevant, with respect to these aspects, the choice of the proper State for the seat of the company, and then the competition for corporate charters 76. The compromise thus achieved, between opposite exigencies, is not in substance more burdensome than the standardized contractual restrictions to distribution of dividends as provided in the U.S, e.g. through dividend covenants, which are negotiated by the company with each individual creditor. On the contrary, the contractual techniques correspond, as to their effects, with the principles of prudence manifested in EU accounting standards 77.

IV. Legal capital and alternative creditor protection systems 1. The solvency test for corporate distributions Also under Italian company law, the legal capital system is destined to be more and more frequently comparable with alternative models, based above all on the ability of creditors to negotiate the techniques of their protection directly with the borrowing company. In practice, it is observed that creditors, either ac-

75 On the tendency to oppose the introduction of the fair value accounting standard, see Mock, Accounting for Stock-based Compensation, EBLR, 2005, p. 359 et seq. 76 On the different use by EU Member States of the options offered by the reg. n. 1606/ 2002/CE, see UE Commission, Internal Market, Planned Implementation of the IAS Regulation (1606/2002) in the EU and EAA, Bruxelles, 17 January 2005. See Westhoff, Rechnungslegung bei ausländischen Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland, in Hirte-Bücher (Hrsg.), Handbuch zum Grenzüberschreitenden Gesellschaftsrecht, Köln, 2005, § 17, p. 493 et seq. 77 For an overview of these contractual agreements, see Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1054.

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tual or potential, with the object of considering whether their loans should be granted, pay attention to parameters of the company’s solvency which are more reliable than the legal capital. For example: compliance with the business plan made with the banks in the act of the loan’s endowment, and cash flow, especially with regard to trade creditors and employers 78. Thus, these criteria are utilized, before taking recourse to legal capital, to determine the ratings issued by the credit rating agencies so as to measure the creditworthiness of a corporate debtor. In fact, even a legal capital of low or trivial amount, such that creditors cannot give it significant weight anyway, may be compensated for by a high cash flow, capable not only of repaying the cost of the borrowed money and avoiding a surplus of liabilities, but also of generating a capital gain. For this reason, attention should be paid not only to the legal capital, but to the whole of the net assets, which, exceeding the legal capital, are destined to vary in relation to the profitability of the company 79. As far as insolvency law is concerned, this kind of evaluation contributes to reducing the risk that a company with a trivial legal capital will, according to the balance-sheet test, become insolvent immediately after starting up and that it would lead automatically to charging the directors with a civil and criminal liability; the same applies before the company’s winding up, apart from taking unjustifiable risks with the conduct of company’s business 80. In particular, it deserves mention that the financial markets require the correct capital structure and leverage 81, through both financial ratios and the determination of a debt-equity ratio. This is especially important if there is widespread raising of capital on the credit market. This aims at acknowledging some economic rules according to which the financial structure of the company, and then the debt/equity ratio and its costs, when there are some market imperfections, e.g. imperfect available information, relates to the company’s value and the costs involved in formation of its assets, as happens in the limited liability companies 82. 78 Kübler, The Rules on Capital (nt. 68), p. 107; Walter, Gesetzliches Garantiekapital und Kreditentscheidung der Banken, AG, 1998, p. 370 et seq.; High Level Group (nt. 70), Ch. IV, n. 2. 79 Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 102 et seq. In this regard, much depends on the calculation of the company’s net assets, on the adoption of the historical value as opposite to fair value accounting standard, and on the assets which may not recorded in the balance-sheet. 80 In respect of the private company, see Davies, Legal Capital in Private Companies in Great Britain, AG, 1998, p. 348 s.; on the directors’ liability as alternative to the legal capital doctrine, see however, below, § IV. 2. 81 About the role of the capital structure and the leverage, on the assignment of the rating, see Standard & Poor, Corporate Rating Criteria, p. 24 et seq. 82 Modigliani-Miller, The Cost of Capital. Corporation Finance and the Theory of Investment, Am. Econ. Rev., vol. 48, 1958, p. 261 et seq.; Bratton, Corporate Finance. Cases and Materials5, New York, 2003, p. 474 et seq.

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The alternative regime intended to protect creditors and shareholders which has been proposed for Europe by the High Level Group is characterized by a solvency test, which is composed by a balance sheet test (or net assets test) and a liquidity test (or current assets/current liabilities test): this is in accordance with the most recent tendencies in the U.S., and in other countries like New Zealand, although with some modifications 83, especially the issue of a solvency certificate by the directors of the company, in which they explicitly confirm that the proposed distribution meets the solvency test 84. According to the High Level Group, the adoption of the alternative regime, through preferred, should be left to the discretion of the Member States, on the basis of an equivalent efficiency test. Therefore, the alternative regime is destined to co-exist with the legal capital system. The criticism levelled at the dismantling of the legal capital 85, which motivated the European Commission, represents the abolition of the legal capital as a long-term initiative (since 2009), and is preceded in the medium term (2006–2008) by a study as to the feasibility of an alternative to the capital maintenance regime 86. A similar approach – perhaps with a more radical disapprobation of the legal capital – is contained in the reforms proposed in Great Britain in the Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance 87, that at the same time predicts that more areas of UK public company law will liberalise within EU constraints, and, anyway, that this represents the application of this optimal regime to the private company 88. 83 So, as regards the liquidity test, the time period in order to which the directors have to determine the debts to fall due in the future (e.g., the forthcoming twelve months). The development of these tests, as well as the valuation methods to be used is postponed for further studies. It is suggested that there should be the formulation of a margin of solvency too, which substantially reproduce the legal capital maintenance (High Level Group (nt. 70), Ch. IV, n. 4, a). 84 The solvency certificate, which contains the comment of the directors on the future liquidity as well on the coverage of the liabilities by the assets, may be used as a test for a breach of the fiduciary duties of the directors and their liabilities. There is a difference in comparison with the RMBCA in the U.S., where the results of the solvency tests falls under the business judgment rule, then the directors have to attend to the duty of care: but only in exceptional cases is a judicial review of the decision carried out, like fraud, bad faith or abuse of discretion. 85 On that subject, with many criticisms, see, Group of German Experts on Corporate Law, ZIP, 2003, IV, 1–2, p. 871 s. 86 EC Commission, Modernising Company Law and Enhancing Corporate Governance in the European Union. A Plan to Move Forward, Bruxelles, 21-5-2003, § 3.2, p. 17 s. 87 Especially, the additional balance sheet test is considered redundant, on the arguable economic argument that there is no difference between an assessment of the net asset position of a company, once the accounting figures are subjected to proper business appraisal, and an assessment of solvency (see Rickford (Ed.), Reforming Capital (nt. 70), p. 971 et seq., especially p. 977). 88 See Rickford (Ed.), Reforming Capital (nt. 70), p. 988 et seq. Among these, there

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2. Legal capital rules and directors’ liability in the vicinity of insolvency An alternative regime to legal capital should be characterized by the fact that it shifts the task of creditor protection from company law to contract law, especially to insolvency law. As in the U.S., the removal of the capital maintenance rules makes a distribution of the company’s assets possible up to the limit of driving the company into insolvency. At this rate, the most effective criteria for characterising the various techniques of creditor protection and their allocative efficiency appears to be the powers of the directors, such as their freedom to select the company’s assets which may be distributed and related liabilities. Broadly speaking, the ex-post remedies are considered preferable to the legal capital rules for punishing opportunistic behaviour on the part of shareholders. Such remedies consist essentially in the imposition of fiduciary duties on company insiders for the sake of creditors (directors, controlling shareholders), and on professional partners (auditors, “inside” creditors preferred by the company at expense of other creditors) 89. Within this framework, special attention has to be paid to the situation preceding insolvency, rather than the point of time when the insolvency has occurred. Under such circumstances creditors dealing with the company, especially unsecured creditors, are exposed to directors’ gross negligence in the distribution of the company’s assets to shareholders, in compliance with the results of the solvency test: in fact, the solvency certificate issued by the directors contains a prognostic judgment, as regards the future liquidity as well as the coverage of the liabilities by the assets, which cannot be precisely regulated by law 90. The solvency certificate, as regards the prognostic judgment, might be under scrutiny only ex post, so

are proposals to exempt private companies from the provisions of art. 33 of the Directive 78/660/EEC, which require that the special «revaluation reserve» can only be reduced by capitalization or by reduction of capital; this would be a more stringent regime on distribution of unrealised profits of private companies (a stricter earned surplus test) than public limited companies. 89 Hertig-Kanda, Creditor Protection (nt. 66), p. 88 et seq. For a summary on the fiduciary duties of the directors in the various countries, see Fleischer, The Responsibility of the Management and its Enforcement, in Ferrarini-Hopt-Winter-Wymeersch (Eds.), Reforming Company and Takeover Law in Europe, Oxford, 2004, p. 373 et seq. On the debate on the efficiency of the directors’ fiduciary duty to creditors, in the light of the contractual approach in corporate law, see Keay, Directors’ Duties to Creditors: Contractarian Concerns relating to Efficiency and Over-Protection of Creditors, Modern Law Review, vol. 66, 2003, p. 672 et seq. 90 The Rickford group allows the directors to consider the company as solvent, notwithstanding the result of the test is a deficit, if they explain “why they take a favourable view”, see Rickford (Ed.), Reforming Capital (nt. 70), p. 971 et seq., p. 979 et seq.

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the consequence of the dividend distribution will depend on the efficiency of the rules on directors’ liability. A main role is performed by the national rules applied in bankruptcy litigation to the prognostic decisions the directors may take. That may increase the cost of the alternative systems, and the need for a civil liability insurance of the directors. A very important model for a creditor protection system as an alternative to legal capital is represented by the liability for wrongful trading under s. 214 Insolvency Act 1986, which is imposed on the directors (and any shadow directors) vis-à-vis the creditors, in case of the company’s insolvency. Such liability occurs when, before insolvency, the directors did know or ought to have concluded that there was no reasonable prospect that the company was going to avoid insolvent liquidation, and these directors failed to take every step they ought to have taken to minimize the potential loss to the company’s creditors 91. This is similar to the French action en comblement du passif (art. L. 624-3 et seq. Code Com.) through which, in the event of a company’s winding up, the directors are liable for the loss of assets resulting from the breach of their managerial duties («faute de gestion») 92, and especially for the continuation of the business with an absolutely inadequate legal capital; this is the case for the liability in case of undercapitalization of the company 93. 91 Cheffins, Company Law. Theory, Structure and Operation, Oxford, 1997, p. 537 et seq.; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, London, 1997, p. 446 et seq.; Finch, Corporate Insolvency Law, London, 2002, p. 513 et seq. Habersack-Verse, Wrongful Trading – Grundlage einer Europäischen Insonvenzverschleppunghaftung?, ZHR, 2004, p. 174 et seq.; Hirt, The Wrongful Trading Remedy in UK Law: Classification, Application and Pratical Significance, ECFR, 2004, p. 71 et seq.; Mock-Schildt, Insolvenz ausländischer Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland, in Hirte-Bücker (Hrsg.), Handbuch zum Grenzüberschreitenden Gesellschaftsrecht (nt. 76), § 17, p. 468 et seq. Another statutory mechanism, which complements the wrongful trading provision, is provided by the Company Directors Disqualification Act 1986. 92 See See Guyon, Droit des affaires, T. 2, Entreprises en difficultés. Redressment judiciare. Faillite8, Paris, 2001, p. 425 et seq.; Jacquemont, Droit des entreprises en difficulté3, Paris, 2003, p. 377 et seq.; Habersack-Verse, Wrongful Trading (nt. 91), p. 202 et seq. 93 See Cass. com. 19-3-1996, Rev. soc., 1996, p. 840, obs. Bruguier; Cass. com. 23-111999, RJDA, 4/00 n. 457; App. Aix-en-Provence, 16-5-2001, Rev. dr. banc. fin., 2001, p. 291, obs. Lucas; Dana-Demaret, Le capital social, Paris, 1989, p. 342 et seq.; Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 84 nt. 127; p. 68 nt. 91; moreover, it is frequently discussed whether the risk that a wide use of the action en comblement du passiv when the legal capital is merely symbolic, and then the liability for the undercapitalization of the company, as it is very frequent for the limited liability company, lead to the end of the limited liability: see Conac, Le capital social dans le droit american des sociétés (nt. 49), p. 159. On the similar directors’ liability in case of the insolvency of a private company, under art. 248 of Dutch Company Code, see De Kluiver, The European Private Company? A Dutch Perspective, in De Kluiver-van Gerven (Eds.), The European Private Company, Maklu, 1995, p. 120 s.

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In most EU Member States, like in France, there are similar rules on the directors’ duties in the proximity of insolvency, and specifically as regards the duty to file a petition in bankruptcy, and the conduct of business in this circumstances. In the Italian company law, this duty, and the associated liability for its breach, is not expressly regulated. However, it may be interpreted on the criminal law on bankruptcy: art 217 (1) n. 4, in connection with art. 224 of the Italian Insolvency Law, prescribes the criminal liability of the directors of the company, for the increasing of the company’s losses arising from their failure to file a petition for the institution of insolvency proceedings 94. A similar prescription is principally directed to offer to creditors a preventive protection against the insolvency of the company. For this reason, this rule must be connected with the company law, that makes the company’s directors directly liable against creditors if, having they breached their duties of correct conduct of business, the assets became insufficient for the payment to creditors (art. 2394 c. c.) 95. The directors’ liability to creditors covers every case of breach of the director’s duties in the conduct of business, which has consequences for creditors: anyway, it is destined to operate especially when the company is insolvent, because in these circumstances the assets are generally insufficient in comparison to liabilities 96. Probably, there is a theoretical difference from the liability for failure to file a petition for the institution of insolvency proceedings: notwithstanding that these two liabilities are directed in practice to repair the same damage, that is to say, the insufficiency of assets, so it is possible that a director’s liability under company law (art. 2394 c. c.), includes the omitted petition in bankruptcy; differences

94 See Pajardi, Codice del fallimento, Milano, 2004, under Art. 217 p. 896 et seq. It is uncertain if a tort liability may arise from these rules: see Hirte-Vicari, La responsabilità degli amministratori di società di capitali verso i creditori in caso di omessa o ritardata presentazione della richiesta di fallimento al tribunale, nel diritto tedesco ed italiano, Giur. comm., 1996, II, p. 337 et seq., where further references. 95 Alongside the general rule on the director’s liability against creditors, there are the specific rules as regard the maintenance of the legal capital. 96 The inadequacy of the company’s assets in comparison with liabilities does not coincide with the insolvency, in Italy, because it is accepted that there is a balance sheet test to ascertain the insolvency of the company. Consequently, the inadequacy of assets might occour before the insolvency (Cass., 8-2-1989, no. 795, Foro it., 1989, I, c. 3454; Nobili-Spolidoro, La riduzione del capitale (nt. 43), 329; Cassottana, La responsabilità degli amministratori e dei sindaci nel fallimento delle società, in Ragusa Maggiore-Costa (Eds.), Le procedure concorsuali. Il fallimento, Torino, 1997, p. 745 e nt. 6). However, in the majority of cases, the directors will be held liable for the inadequacy of assets, when the company is insolvent (see Bonelli, La responsabilità degli amministratori, in Colombo-Portale (Eds.), Tratt. delle soc. per az., vol. 4, Torino, 1991, p. 435 et seq.; p. 443 et seq.; Cass. S.U., 6-10-1981, no. 5281, Giur. comm., 1982, II, p. 770).

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might include the quantum of damages and the identity of old or new creditors that can proceed against directors. A specific director’s liability is set out in connection with legal capital maintenance. In fact, the winding up of the company is called for when the capital is reduced below its minimum level, unless it recapitalizes or changes into another business association (art. 2482-ter c. c.). This rule, criticized as excessively harsh, coexists with another, pursuant to which the directors are liable to the corporate creditors, for the loss of the company’s assets from carrying on business activity, which was not intended only to preserve the integrity and value of the assets (art. 2486 (1) c. c.) 97. Under the Italian perspective the directors’ liability does not depend on the fact that the insolvency is drawing near, nor on the inadequacy of the assets 98: it is connected with the company’s winding-up and liquidation for a number of reasons, among them the effective reduction of the legal capital below its minimum level, or even its entire loss 99. However, in the last case the situation could be very close to the insolvency, apart from the difference in accounting standards used for the assessment of the assets, and respectively, the liquidation value, rather than the going concern basis, in case of improbable prosecution of the activity 100. For this reason, if the com97 On the directors’ liability towards corporate creditors, in order to regulate their conduct when the company is in the proximity of insolvency, after the reform of the Italian company law, see, expecially, Niccolini, Gestione dell’impresa nella società in liquidazione: prime riflessioni, Riv. soc., 2003, p. 895 et seq.; Ferri jr., La gestione di società in liquidazione, Riv. dir. comm., 2003, I, p. 421 et seq.; Bonelli, Gli amministratori di s.p.a. dopo la riforma, Milano, 2004, p. 165 ss. The reform has enlarged the powers of directors in these circumstances: in fact, the preceding rule (art. 2449 c. c.), had forbidden the directors to perform any sort of new transactions (see Cassottana, La responsabilità degli amministratori e dei sindaci nel fallimento delle società (nt. 96), p. 798 et seq.; Niccolini, Scioglimento, liquidazione ed estinzione della società per azioni, in Colombo-Portale (Eds.), Tratt. delle soc. per az., vol. VII***, Torino, 1997, p. 466 ss.); consequently, the director’s liability against creditors, under the new regime, is a specific instance of their general liability under company law (art. 2394 c. c.). Alongside the director’s liability, these might be a lender liability of the banks, which have allowed the carrying on of business activity in the proximity of insolvency (see Miola, La banca tra concessione ed interruzione del credito, in Attività bancaria e responsabilità, Avellino, 2004, p. 230 et seq.). 98 In fact, also if the legal capital is entirely lost, assets might be equivalent to liabilites (Cass. S. U., 6-10-1981, no. 241 (nt. 96)). 99 Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 82 et seq., nt. 127. 100 On the loss of legal capital as indicator of the financial crisis, see Wellensiek, in Schmidt-Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz3, Köln, 2003, p. 21. If anything, the duties of net asset maintenance, from which this liability derives, could be evaluated in a more rigorous manner, when the reduction of capital below the minimum is accompanied by a state of insolvency.

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pany goes bankrupt after its winding up, this might be taken into account in fixing the amount of the directors’ liability against creditors 101. Consequently, the directors’ liability could be closely connected with the decision to carry on the business activity without filing a petition for the institution of insolvency proceedings. Besides, it is possible that all the shareholders, and not only the shadow directors, may be held liable under these circumstances, e.g. during evident undercapitalization of the company 102. Creditor protection focused on directors’ liability seems, however, to impose an excessive penalty on their conduct and risks restraining their managerial discretion 103. Furthermore, it is often difficult for the judge to determine the degree of foreseeability of the insolvency and the ability of directors to prevent it; consequently, this limits the effective possibility of offering compensation to creditors 104. For this reasons, it must be held that ex post remedies, such as a director’s liability, do not alone exhaust creditors’ protections from opportunistic behaviour, but they should and must coexist with preventive techniques based on legal capital. The capital maintenance rules, though unable to prevent the explosive beginning of an insolvency, may serve as an index to determine the scope of the di101 The courts are inclined to make directors liable for the difference between assets and liabilities, if they conduct the business notwithstanding that there is a winding up, and consequently the company goes bankrupt. This rule is highly criticized by scolars (see Cassottana, La responsabilità degli amministratori nel fallimento di s.p.a., Milano, 1984, p. 27 et seq.; p. 87 et seq.; Jorio, Perdita del capitale sociale, responsabilità degli amministratori e par condicio creditorum, Giur. comm., 1986, I, p. 175 et seq.; Gabrielli, La quantificazione del danno nell’azione di responsabilità verso amministratori e sindaci della società fallita, Riv. dir. priv., 2004, p. 7 et seq.), and recently the courts are inclined to overcoat it (Cass., 22-10-1998, no. 10488, Foro it., 1999, I, c. 1967). 102 On this specific application of the German «Existenvernichtungshaftung», see Lutter-Banerjea, Die Haftung wegen Existenzvernichtung, ZGR, 2003, p. 402 et seq.; Wiedemann, Reflexionen zur Durchgriffshaftung, ZGR, 2003, p. 283 et seq.; Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 112 et seq., with further wide references. 103 Mülbert-Birke, Legal Capital (nt. 71), p. 726; just for that, in addition to the poor results of those remedies, creditors are scarcely interested in a legal regime, by virtue of which those who manage a company are personally accountable for corporate debts. 104 On the wrongful trading remedy’s presumed failure, considering the lack of reported cases, see Hirt, The Wrongful Trading Remedy in UK Law (nt. 91), p. 102 et seq. For that reason, the grounds for directors’ disqualification which are unfit to be concerned in the management of companies, also, but not only, in relation to their insolvent liquidation are held to be wider and easier to rebut, Cheffins, Company Law (nt. 91), p. 548 et seq.

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rectors’ duty of care: first, as regards the liquidation of a company, second, the continuation of business with eventual recapitalization, assuming there is a desire for it, and third, to assess their liability for the conduct of business in the vicinity of insolvency, in a wrongful trading perspective, as an alternative to the recourse to a solvency test, as in the U.S.105. Furthermore, the same level of the legal capital may be intended as an adequate index of the directors’ diligence, in order to hold them liable for undercapitalization, in contrast with the view that the level of the risk to the shareholders in equity financing has to be tested outside the legal capital system 106. In substance, there is not a radical distinction between company law and insolvency law as regards creditor protection systems, considering too the uneasy distinction between the duties and the liabilities of the directors in the vicinity of insolvency, which fall under these two disciplines 107, and those falling more generally, under the tort law, in the various EU Member States 108. The only difference lies in the presence or, on the contrary, in the absence of an index for their enforcement, which is objectively verifiable with respect to legal capital. In fact, a series of opportunistic behaviours on the part of directors which are capable of constituting wrongful trading include, e.g., the request for further loans while simultaneously disregarding the difficulties of the firm. The consistency of legal capital offers a preventive protection to the creditors, similar to the eventual liability of directors who requested such loan. The restrictions on distributions of the company’s net assets, as posed by the legal capital rules, sound objectively and in the abstract contrary to the economic principle of reconciling creditor protection with maximum flexibility in a company’s operations: thus it would appear disadvantageous compared to the U.S. model. That model allows restitution of net assets up to the threshold of insolvency, but in reality it may reveal itself as more practicable. The rule which prevents restitution of assets to shareholders at the insolvency threshold – thus allowing restitutions which, according to an ex post evaluation, may lead to the insolvency – isn’t open to criticism in the abstract, but appears less effective than the legal capital system in concreto, which is able to prevent such transactions ex ante, due to its function of insolvency prophylaxis 109. This is much more relevant, if the assessment of the distributable net assets depends on 105 Hertig-Kanda, Creditor Protection (nt. 66), p. 85. 106 See Eidenmüller-Engert, Die angemessene Höhe des Grundkapital der Aktiengesellschaft, AG, 2005, p. 100 et seq. 107 So as regard the directors’ duty to file a petition for a insolvency proceeding under the German law (§ 64 Abs. 1 GmbHG; § 92 Abs. 1 AktG), with the following liability (Insolvenzverschleppungshaftung). 108 See Kalss-Adensamer-Oelkers, Die Rechtspflichten der Geschaftsleiter in der Krise der Gesellschaft sowie damit verbundene Rechtsfolgen im Rechtsvergleich, in this volume. 109 Mülbert, Zukunft der Kapitalaufbringung/Kapitalerhaltung (nt. 71), 2004, p. 160 s.

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the directors’ diligence 110; if tests are based on favouring the assessment of profits, this erodes every possible margin for tolerance between the preservation of the company’s liquidity after the restitution, and its insolvency. This confirms that creditor protection may not be separated from company law and indeed depends above all on accounting rules 111.

V. Legal capital as a minimal, but non exclusive system of creditor protection Minimum legal capital constitutes the minimum level of protection granted to those creditors who cannot or do not want provide independently for more intensive tools; this is typical for a mandatory rules system which coexists with contractual autonomy 112. This is especially true if, as happens in corporate forms different from the public limited company, such as the limited liability companies, the minimum level of capital would be otherwise lower. In this case, the minimum capital may prevent frivolous incorporations, without being at the same time too burdensome 113. Even better: legal capital is not considered damaging by itself 114, but is rather endowed with a function apt for the system of creditor protection as a whole 115. Therefore, minimum capital may be viewed as a sort of collective guarantee with current and future creditors of the company 116, or even as a king of financial covenants provided for by law (more accurately, an implied covenant) 117. The de-

110 Wymeersch, Current Company Law Reform Initiatives in the OECD Countries. Challenges and Opportunities, Financial Law Institute. Universiteit Gent, Working paper, 2001–04, p. 42. 111 Schön, Die Zukunft (nt. 71), p. 170. 112 Under mandatory rules, and not depending of freedom of contract, the creditors are protected from unexpected and arbitrary changes of the articles of association to their detriment and without their knowledge (on the limits of creditor protection depending on differing mandatory rules of company law, see Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1052). 113 Freedman, Limited Liability: Large Company Theory and Small Firms, Modern Law Rev., vol. 63, 2000, p. 336 et seq. In fact, the costs of the legal capital formation, the expert’s report procedure included, are very scanty, even in the case of large companies, if they choose, as is probable, the minimum capital level required by the law (see Eidenmüller-Engert, Die Angemessene Höhe (nt. 106), p. 98 et seq.). 114 Lutter, Gesetzliches Garantiekapital als Problem europäischer und deutscher Rechtspolitik, AG, 1998, p. 375. 115 Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, Köln– Berlin–Bonn–München, 2002, p. 85 et seq. 116 Schön, Die Zukunft (nt. 71), p. 166 et seq.; on the limits of that comparison, because the contractual freedom would be limited by the conclusive nature of the rules relating to legal capital, see Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1055. 117 See Mülbert-Birke, Legal Capital (nt. 71), p. 729 et seq.

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cision of the shareholders to contribute to the formation of the company with a given amount of equity capital should be seen as signal of their confidence in the business; this brings with it consequences in the event of a breach 118. Through legal capital rules, involuntary and unsophisticated creditors in particular are protected through legal provisions which attempt to reproduce results which may be obtained by way of a contract with the company, i.e. a standardized contract; accordingly, this makes it possible to equivalate, at least from a formal point of view, both systems of protection 119. As opposed to covenants, minimum capital rules ensure in principle that creditors are protected by law and treated equally. Legal capital aims, through a sort of legislative paternalism, at avoiding transaction costs which originate from the unfettered rules of the capital market. These transaction costs would otherwise be offloaded onto individual creditors, especially those who may not be able to bear their weight 120. Furthermore, covenants impose restrictions on the independent management of firms, especially when combined by a single creditor, and sometimes in conflicting between themselves, for example in start-up firms and other small enterprises 121. Especially when the market rules, the creditor and debtor bargain freely on the basis of the information available on the financial situation of the company. Creditor protection then depends on this information. When comparing costs

118 Schön, Wer schützt den Kapitalschutz (nt. 67), p. 4; Mülbert, Zukunft (nt. 71), p. 156; Mülbert-Birke, Legal Capital (nt. 71), p. 726 et seq. This does not mean that the legal capital offers a direct creditor protection. This is because of the “dissipatibility” of the assets which constitute it (for criticisms, on that matter, see Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 18 et seq.). 119 See Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1050; Hopt, Gesellschaftsrecht im Wandel, in Rolf-Hirte-Frey-Fleischer-Thüsing (Hrsg.), Festschrift für H. Wiedemann, München, 2002, p. 1018 et seq. On the other side, it is thought that financial covenants and freedom of contract may reproduce the mandatory rules of the legal capital. 120 Apart from the difficulties of a cost-benefit analysis, the lower costs coming from the abolition of the legal capital system might well be equalised by higher costs of the director’s liability actions and the other techniques of the insolvency law that support the covenants, for creditors protection: see Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1051. 121 Schön, Gesellschafter-, Glaubiger- und Anlegerschutz (nt. 67), p. 710 et seq. e p. 227; Armour, Share Capital and Creditor Protection: Efficient Rules for a Modern Company Law, Modern Law Rev., 2000, p. 373; Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1050; Hopt, Gesellschaftsrecht im Wandel (nt. 119), p. 1019; Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, Baden-Baden, 2005, p. 211 et seq.; see too Kirchner, Bilanzrecht und neue Istitutionenökomik: Interdisziplinäre Überlegungen, in Budde u. a. (Hrsg.), Handelsbilanzen und Steuerbilanzen. Festschrift für Heinrich Beisse, Düsseldorf, 1997, p. 278 et seq., on the equivalent protection offered by the financial statements to some categories of creditors.

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and advantages of information provided by the indebted company with its needs to be favoured in obtaining a loan, a set of variables including the reliability of the financial information, and its different weight and consequences, depending on the creditors involved, must also be taken into account 122. The only peculiarity of the legal capital rules, in comparison with contract law-based creditor protection, consists in the fact that the company’s assets as raised through contributions are not set aside in order to satisfy reimbursement claims when necessary, but rather are directly used in the company’s business. Thus, the contribution to the formation of the legal capital also performs a function in the company’s business activity; on the part of the company, only the conservation of an equivalent amount is required 123. When companies are permitted to have a lower minimum capital, as in the case of the limited liability company, the risk is greater that the limited liability regime will be exploited to the detriment of creditors, although this concern is counterbalanced by greater restrictions on credit capacity. Moreover, it is because of the legal capital system that creditors are able to know exactly about the level of the risk, and the corresponding liabilities, that the shareholders are willing to sustain in order to conduct the firm’s activity. It is the market which has the right to decide if the level of the legal capital chosen by shareholders in order of the financial structure of the company give them a full assurance, especially if it corresponds to the minimum capital prescribed by the law, or whether it is more advisable that they do not contract with the company, or request further guarantees 124. For these reasons, the creditor protection offered by legal capital is capable of coexisting and even being intensified, either through individual agreements or through financial covenants 125, with individual creditors, especially banks, or through the legal capital rules, e.g. by fixing a higher amount, as provided for on occasion by the legislator vis-à-vis certain activities 126. Another solution may be 122 Denozza, A che serve il capitale? (nt. 3), p. 589 et seq. 123 A different creditor protection technique would be to require companies to raise a certain minimum amount of capital and to put it on one side, or to take out a bond to a certain amount, so that the capital, or the bond, can be made available to meet the claims of the creditors. This system makes the corporate form very unattractive for business, see Davies, Introduction to Company Law, Oxford, 2002, p. 84 et seq. 124 See Barta, Das Kapitalsystem von GmbH und AG – Inhalt und Zweck der Regelungen über Stamm- bzw. Grundkapital, GmbHR, 2005, p. 661 et seq.; Eidenmüller-Engert, Die Angemessene Höhe (nt. 106), p. 105 et seq. 125 Schön, Die Zukunft (nt. 71), p. 167; see for criticism, due the rigidity of the plurality of techniques of protection, Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1056. Moreover, as voluntary, the accumulation will depend on benefits which are greater of the costs: the legal capital offers to the unsophisticated creditors, who are indirectly protected by covenants, a direct protection too. 126 Besides, for the company’s listing: see Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie (nt. 115), p. 88.

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the transformation of the earned surplus into legal capital, as expressly provided for by the Directive 77/91/EEC. This is widespread among firms, in spite of tighter restriction on dividend distributions 127. Also noteworthy are different techniques, such as an insurance policy for the benefit of the involuntary creditors, which sometimes are even required by law 128. Besides, the more strictly the financial covenants bind the company, the easier it is to make the sophisticated creditors liable as shadow directors when the company becomes insolvent: thus it would be possible to classify their loans as capital 129. Of course, though the legal capital may be low, insofar as it is above the minimum, the creditor protection will be strengthened. For this reason, it is preferable that the flexibility inherent in the legal capital regime should be based on a mandatory mechanism, rather than on default rules. This would reserve for shareholders a system of opting out or opting into various legal options and, in particular, the choice of alternative default terms, which correspond to a range of loans covenants 130. Above all, with respect to avoiding opportunistic behaviour on the part of shareholders through confusion between the shareholder’s assets and company assets especially in the default phase (which is, in fact, the main reason for the legal capital rules and extends itself to the law of corporate groups) 131, what it is necessary is the prohibition against asset distributions to the shareholders, if net assets do not remain equivalent at least to the amount of the legal capital (and this should be supported by the director’ liability), rather than to the amount of the minimum capital. In fact, a substantial continuity can be assumed between legal systems accepting legal capital rules and those based on solvency tests, since they meet a common requirement, apart from the higher or the lower amount of the minimum capital required, according to the type of company and the legal system in consideration 132. The mechanism of creditor protection, in order to limit the distri127 Mülbert-Birke, Legal Capital (nt. 71), p. 716 et seq. 128 Freedman, Limited Liability: Large Company Theory and Small Firms (nt. 113), p. 340 et seq. 129 See Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1051. 130 Armour, Share Capital and Creditor Protection (nt. 121), p. 375 et seq.; on the role of contract in corporate law, see generally Fleischer, Gesetz und Vertrag als alternative Problemlösungmodelle im Gesllschaftsrecht, ZHR, 168 (2004), p. 673 et seq. 131 Schmidt, Gesellschafterhaftung und «Konzernhaftung» bei der GmbH – Bemerkungen zum «Bremen Vulkan»-Urteil des BGH vom 17. 9. 2002, NJW, 2001, p. 3577 et seq.; Altmeppen, Zur Entwicklung eines neuen Gläubigerschutzkonzeptes in der GmbH, ZIP, 2002, p. 1553 et seq.; Roth, Gläubigerschutz durch Existenschutz, NZG, 2003, p. 1081 et seq.; see too before, § IV, 2. 132 Schön, Wer schützt den Kapitalschutz (nt. 67), p. 5. At worst, the lower amount of the minimum capital may be substantially assimilated to the insolvency surplus test

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butions of assets to shareholders, may operate in the abstract if, in regard to capital maintenance, the legal system provides legal capital rules, even if it does not require a minimum capital or fixes it at a merely symbolic amount (e.g., 1 Euro), as for the English private company and the French société à responsabilité limitée; such legal capital, of course, lacks the effect of a “financial cushion” 133. It is evident that, especially in this last case, capital maintenance rules and evidence of losses – even with an objective assessment not dependent on the judgement of directors – have the same effect as solvency tests in countries where legal capital is absent. This meets the primary interest of creditors, namely avoiding a distribution of resources capable of making the company insolvent, or quickly ascertaining insolvency when it happens 134. It may be added that the substantial absence of a minimum capital is constrained in these circumstances by statutory or judicial rules on shareholders’ loans, because this technique of financing the company is destined to became prevalent, if not crucial, in comparison with non-shareholders’ loans 135 Rules on shareholders loans are diffuse in States which do not adopt the legal capital, and this shows that the legal capital function consists in furnishing an adequate level of equity which is not distributable to shareholders, under a duty of fair financing of the firm, while it is not required that this objective necessarily be realized through the amount of the legal capital which has in fact been fixed. Moreover, the amount of the legal capital is relevant, as on it depend the effects of the corporate veil and, as a consequence, the limited liability of the shareholders 136. The rules on share-

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in the U.S., then to the withdrawal of the prohibition against the return, with reference to an insolvency caused by a deficit. Davies, Introduction to Company law (nt. 123), p. 86 et seq. In this case, it may be applied the rules concerning the reduction of capital for losses (sect. 142 Companies Act 1985); see too, in the perspective of a Ein-Euro-GmbH, Grunewald-Noack, Zur Zukunft des Kapitalsystems der GmbH – Die Ein-Euro-GmbH in Deutschland, GmbHR, 2005, p. 193 et seq. The same, in the French société à responsabilité limitée it may be a mandatory winding up of the company, if the net assets of the company become less than half of the legal capital, as consequence of losses (art. L. 223-42 Code de commerce). It’s obvius, too, that «la société dont les capitaux propres se retrouveraient inférieurs à la maitié d'un euro serait quasi inévitablement en situation de cessation des paiements» (Lienhard, Loi pour l’initiative économique: quai de neuf pour les sociétés, Dalloz, 2003, Doctr., p. 1901). On the short relevance of that distinction, see Micheler, Gläubigerschutz im englischen Gesellschaftsrecht. Reformvorschläge mit Implikationen für Europa, ZGR, 2004, p. 341 et seq. See Grunewald-Noack, Zukunft (nt. 133), p. 194 et seq., with further references to the rules on Eigenkapitalersatz relating the GmbH: moreover, these rules, due the interferences between the legal and the jurisprudential one, are less competitive on the market for corporate charters, then the Authors suggest the elimination of the latter. See Barta, Das Kapitalsystem von GmbH und AG (nt. 124), p. 659 et seq.; Eiden-

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holders’ loans, as used to limit the corporate veil if there is an abuse, may be of use especially when there is a nominal undercapitalisation 137. As regards to these objectives, which are the strict concerns of the legal capital principles, the amount fixed as legal capital addresses further objectives, such as a seriousness test of the purpose of the business 138, or to establish a kind of debt/equity ratio, the absence of which is deplored by those opposing minimum capital because of the assumption that this relationship could be integrated conventionally by way of financial covenants, without introducing ab origine a much more onerous mandatory discipline. However, there are some advantages to specifying the amount of legal capital in the company articles. In this way, the legislator allows the implementation of a function performed principally by legal capital, which in this case may be shaped and graduated through the autonomy provided for by the company articles; through this, the protection offered by minimum capital may eventually be strengthened by the various different techniques co-existing with it 139. In that way the legal capital system always has strict mandatory content, but it also offers a flexible mechanism with respect to discretionary decisions on whether and to what extent to use it or not, and furthermore on whether to reduce its consequences to an extremely low level, putting it aside for other techniques considered to be preferable 140. Particularly, the legal capital may be combined with contractual protections, as it forms the company’s assets whose amount is determinant in terms of loan conditions and other financial covenants to be applied for 141. That criticism which claims that the legal capital is not able to prevent a company’s insolvency should similarly be rejected 142. In fact, that is not the function of the legal capital, except with a view to avoiding a discrepancy between net as-

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müller-Engert, Die Angemessene Höhe (nt. 106), p. 98 et seq., who refer to Wilhelm, Rechtform und Haftung bei der juristichen Person, Köln, 1981, p. 330 et seq. As regards the art. 2467 c. c., in the Italian company law, see before, § II. 1. Lutter, Gesetzliches Garantiekapital (nt. 114), p. 376; Schön, Wer schützt den Kapitalschutz? (nt. 67), 3; Schön., Die Zukunft (nt. 71), p. 165; High Level Group (nt. 70), Ch. IV, n. 3, (a); Group of German Experts on Company Law (nt. 85), IV, 1–2, p. 871 et seq. Experience shows in fact the tendency of companies to choose a capital considerably higher than the minimum; in the same way the gratuitous increase is allowed (Mülbert-Birke, Legal Capital (nt. 71), p. 716 et seq.). That corresponds to the position of Group of German Experts on Corporate Law (nt. 85), p. 872. Mankowski, Does contract suffice to protect the interests of the creditors of a company properly?, in this volume, p. 488; for criticism as to the combination of protection techniques, see Merkt, Der Kapitalschutz in Europe (nt. 71), p. 321. Moreover, the risk of over-protection may be properly weighed and opposed. Kübler, The Rules on Capital (nt. 68), p. 100 et seq.

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sets and liabilities at the moment of the incorporation; rather, it is to inform before the fact, through the financial cushion-effect, that such situation could happen and, at worst, lead to the company’s liquidation. Therefore, the legal capital has a preventive function. In fact, insolvency does not actually depend on the amount of the legal capital, whatever it may be, since there is no assurance that it will be preserved throughout the course of business. That is related to the managerial skills of directors and to their liabilities. Rather, the risk of insolvency is connected to the debt/equity ratio; the lower the equity, the higher the risk that the costs of creditors’ remuneration will exceed net assets, so that they cannot be drawn on successfully 143. For this reason, directors’ liability for material undercapitalization of the company or for the destruction of the economic basis of the company does not depends on the inefficiency of the legal capital rules, but establishes a useful corollary to it on a statutory or judicial basis 144. This demonstrates that the two techniques are different from each other and can coexist, but need not necessarily do so.145. However, the determination of the debt-equity ratio is implicitly similar to the minimum capital requirement, whereas the reverse is not true. The reduction of the risk of insolvency due to a well-balanced net assets-debts ratio may be fixed conventionally on the granting of credit. That does not exclude minimum capital from serving as an advanced device for protection against the risk of altering the debt/equity ratio. In other words, a minimum capital may be the means to prevent alteration of the mentioned ratio and to protect creditors before such alteration even occurs. Coexistence is further clearly demonstrated by the special discipline imposed vis-à-vis the internalisation of risks in certain hazardous industries: given an excessively risky investment policy, the minimum capital rule is supposed to protect creditors by specific rules. If supported even when fixed at a higher amount than ordinary law 146, it would be considered insufficient in relation to the aims pursued 147. That is what happens with respect to the rules on capital adequacy (e.g. 143 Mülbert-Birke, Legal Capital (nt. 71), p. 718 et seq. 144 For criticism on that motive, see Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1049. 145 Ferran, «Creditors» Interest and «Core» Company Law, Company Lawyer, 1999, p. 316 et seq. It is revealing a rule provided by the recent reform of the Italian company law for the cooperative: also in a system of variable capital, requiring however a basic minimum capital, the article 2545-quinquies c.c. provides that dividend distribution and other returns to shareholders can take place if the assets/liabilities ratio is superior to one to a quarter (see Terranova, Riserve, dividendi e ristorni nelle cooperative: scopo mutualistico e problemi di sottocapitalizzazione dell’impresa, Dir. Fall., 2004, I, p. 1213 et seq.), with clear similarity to the prescription of the § 500 (b) California Corporation Code. 146 About the provisions of a higher amount of the legal capital in Italy, see Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 17 nt. 29. 147 Armour, Share Capital and Creditor Protection (nt. 121), p. 371 et seq.

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patrimonial coefficients for the banks, solvency margin for the insurances). These also are the object of EU harmonisation, as well as the mandatory insurance schemes for other industries 148. The different purpose of the capital adequacy rules derives from the fact that the debt-equity ratio is intended to prevent the company’s insolvency, and as such it constitutes a rule of fair management of the firm, whereas the legal capital rules, thanks to the financial cushion effect, are intended to provide a preventive alarm for creditors in the event of its erosion; this in turn avoids opportunistic behaviour on the part of shareholders. In other words, legal capital avoids asset distribution and permits the establishment of a front line of defence for creditors when it comes to encompassing the major risk situations involving shareholder exploitation 149, especially when contrasted with the application of solvency tests (or, since they are identical, the former is also again en vogue), provided that the prohibitions would have to be extended to the situation of dividend distributions by an insolvent company even though without loss of capital 150.

VI. Conclusion The preservation of the legal capital system seems to be directed to a reduction of costs and to an increase in efficiency, compared with what would happen in the circumstances of its radical removal and its substitution for other techniques 151: that is especially so considering the costs required for the introduction in small companies of a disclosure system in favour of the creditors, which might be able to replace the legal capital system. In this sense, capital maintenance rules, in Italian company law just as in others Member States, may be seen as inspired not only by practical convenience, but also by path dependence, as a technique intended to make more efficient the adjustment of corporate structures as directed to a reduction of costs and to an increase in efficiency, in contrast with the consequences of its radical removal and its displacement by other techniques 152. 148 Mülbert-Birke, Legal Capital (nt. 71), p. 725 et seq. 149 Schön, Die Zukunft (nt. 71), p. 168 et seq. 150 About the inconsistency of the legal capital system, that allows an insolvent company to distribute dividends unless there are losses of the legal capital, see Denozza, A che serve il capitale? (nt. 3), p. 597 et seq. 151 On the difference between the costs necessary for the removal of legal capital rules and their substitution with an alternative systems of creditor protection, and the costs for coexistence of the legal capital with another system, see Merkt, Creditor Protection (nt. 71), p. 1056. 152 Lutter, Gesetzliches Garantiekapital (nt. 114), p. 375, with remarks about the equi-

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If the legal capital system is also included in the area where the historical basis of national corporate laws has become less important for the determination of further legal developments 153, it is to be kept in mind that any release from that system, through a legislative competition in a single field of regulation as could happen with the introduction of the solvency test, must be considered in the context of path dependence of the entire legal system 154. A significant example is the question of the consequences of a distribution to shareholders that has been made in breach of solvency requirements. In this regard there are different solutions: they vary between making the consequences dependent on the domestic law of the Member States, or the difficulties of drawing up detailed EU-wide mechanisms that are able to work effectively within 25 different legal systems, and the introduction of a EU-wide wrongful trading regime, i.e. the director’ duty in the proximity of insolvency and related liabilities, as element of the creditor protection 155. As with other EU Directives, its implementation in national law might take place in different ways, and be differently interpreted because of the different cultural tradition of each Member State. In this sense, the efficiency of art. 16 of the Directive 77/91/EEC, which provides for the return of unlawful distributions by shareholders, is a fundamental point of reference 156. Anyway, the introduction in the EU of such liability is considered a way to raise the efficacy of the legal capital doctrine, rather than a substitute for it 157. For these reasons, the dismantling of the legal capital rules needs to be connected with the increasing influence of insolvency law, especially as regards the protection of the non-professional creditors, and with the role of the harmoniza-

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valence among the various systems, considering the relationship between the respective costs and advantages. See Hansmann-Kraakman, The End of History for Corporate Law, in GordonRoe (Eds.), Convergence and Persistence in Corporate Governance, Cambridge, 2004, p. 33 et seq. Heine, Regulierungswettbewerb im Gesellschaftsrecht, Berlin, 2003, p. 229 et seq.; Mock, Perspectives of Regulatory Competition in European Company Law, German Law Journal, vol. 6, 2004, p. 777 et seq. See EU Commission, Modernising Company Law and Enhancing Corporate Governance in the European Union. A Plan to Move Forward (nt. 86), p. 16. The reinforcement of the directors’ liability, through the development of the wrongful trading rule, under the approach of the EU Commission, may coexist with the legal capital system. See Ferran, The Place for Creditor Protection on the Agenda for Modernisation of Company Law in the European Union, ECGI Law Working Paper n. 51/2005, October 2005. High Level Group (nt. 70), Ch. IV, 3 (i); and, in accordance with that, see the Group of German Experts on Corporate Law (nt. 85), III, 13, p. 870. The introduction of fiduciary duties towards creditors, at an earlier stage of the insolvency, when there is «a substantial probability of al insolvent liquidation», is also suggested by the Company Law Reform Steering Group, Modern Company Law for a Competitive Economy. Final Report, London, DTI, 2001, § 3.8 et seq.

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tion in that matter too. In fact, we need to carefully scrutinise the relationship between the solvency test, as regards dividend distribution, and the requirement for the corporate insolvency, it is to say, the methods of establishing inability to pay debts: cash flow and balance sheet test. Consequently, in States, like Italy, where the balance sheet test, i.e., Überschuldung, is not accepted as a significant test for the insolvency of the company 158, the application of the solvency test might result in a lack of effects, as regards the director’s liability for the conduct of business in the proximity of the insolvency: in fact, the director’s liability in this circumstance will depend on the prognostic decisions they take on a balancesheet test basis in order to declare a dividend; failing this, their liability will be determined only by company law, not by insolvency law. One should consider the use of piercing of the corporate veil as an alternative to legal capital or even to a stricter system of directors’ and shareholders’ liability; this applies in particular to controlling shareholders’ liability, in the situation where managerial choices drain corporate assets to the detriment of creditors. However, these forms require a more complete arrangement of the corporate structure 159, and as result, they are less efficacious in the preventing conduct which constitutes the confusion of assets 160. More generally, the removal of the legal capital requirement involves a further shift in power from the shareholders’ general meeting to the directors, as is already happening in some countries, like in Italy. This is directed at achieving, in the absence of legal capital rules, for example, the flexibility of corporate financing through giving choice to directors as to whether to issue new shares without the shareholders’ consent 161. In substance, the removal of legal capital rules would require the adoption of a set of more sophisticated and stricter techniques than those already used, for the purpose of preventing forms of material and nominal undercapitalisation. Specifically, the various remedies founded on liability for undercapitalization – it is the case of the recent Existenzvernichtungshaftung in Germany – although developing, have not yet reached a sufficient level of standardisation, which is able to support the protection offered by the legal capital: as consequence, they seem practically inadequate to take over the functions of legal capital 162. 158 See Terranova, Il concetto di insolvenza, in Terranova (Ed.), Lo stato di insolvenza, Torino, 1998, p. 1 ss., especially p. 43 ss.), where further references. 159 See Mülbert-Birke, Legal Capital (nt. 71), p. 724 et seq. 160 Kübler, Rules on Capital (nt. 68), p. 105 et seq.; about the path dependence in general, see Roe, Chaos and Evolution in Law and Economics, Harv. Law Rev., 1996, p. 641 et seq.; Bebchuck-Roe, A Theory of Path Dependence in Corporate Law, Stanford Law Rev., 1999, p. 127 et seq. 161 High Level Group (nt. 70), Ch. IV, n. 1. 162 For a complete treatment of these techniques, see Portale, Capitale sociale e società per azioni sottocapitalizzata (nt. 1), p. 41 et seq.; see too Böckmann, Gläubigerschutz bei GmbH und close corporation, Köln, 2005, p. 235 et seq.

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It is especially necessary to have a harmonised insolvency law to protect the non professional creditors. In fact, it has to be considered that this choice does not involve itself the removal of any question concerning the creditor protection, but rather the arising of new, and probably more complex needs of correction. Given that such techniques are often not mandatory, the adoption of legal capital may be more justified from a systematic point of view in the civil law, where judges prefer to enforce relatively bright-line rules, rather than developing standards for the protection of corporate creditors, such as fiduciary duties, as in the common law 163. In other words, the legal capital system may be considered only one of the features available to distinguish between debtor oriented systems from creditor oriented systems. This distinction is undoubtedly narrowing, a fact evidently reflected in the evolution of the balance-sheet rules. But it seems extremely premature for the EU to take a position on legal capital systems, without a full awareness of the overall development of EU company law. Above all, such a radical change should not happen before capital markets develop all their numerous facets, as this will afford a sense of balance during a change of the legal system with respect to creditor protection and furthermore make it less traumatic 164. However, the dismantling of the legal capital system might not be generalised, because the relevance of the creditor protection arising from the capital market is varied, and depends on the nature of the corporate form. The abolition of legal capital should return the limited liability rule and corporate personality to a normal rule; this will have the consequence that the limited liability company will become similar to the individual enterprise, as concerns the conduct of business. In both of these forms, it is possible to dispose of the enterprise’s net assets with considerable freedom, insofar this does not make the company insolvent, i.e., it must comply with solvency tests. If the enterprise became insolvent, as a voluntary choice regarding the conduct of the business, this would cause damage to creditors; but there are remedies, including in tort, which generate unlimited liability of shareholders 165. Given these terms, the U.S. offers a wide range of remedies due to its willingness to pierce the corporate veil: the removal of legal capital may be part and parcel of the need for a complete alternative system of creditor protection. Above all, this objective may be not reached before the development of the capital markets, as a whole, makes the change of the legal system of creditor pro-

163 Hertig-Kanda, Creditor Protection (nt. 66), p. 87. 164 Hopt, Gesellschaftsrecht im Wandel (nt. 119), p. 1019; on the close link between capital markets and company law, see Winter, EU Company Law at the CrossRoads, in Hopt-Wymeersch, Reforming Company and Takeover Law in Europe (nt. 89), p. 10 et seq. 165 See Conac, Le capital dans le droit américan des sociétés (nt. 49), p. 177 et seq.

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tection more well-balanced and less traumatic, from the side of the company law 166, and especially, before capital markets law has reached a degree of harmonization like in the U.S. This appears to be the case in the introduction of the IAS/IFRS principles, which has been neither complete nor uniform in the different EU Member States 167, with the risk of large differences in the treatment of the creditor, especially given the possibility of corporate mobility under the principle of freedom of establishment; the same happens as regards the absence of substantial rules, side by side to those procedural ones, in the EU insolvency law 168. An indication in such direction may come from the way legal capital doctrine is shaped by the various EU legal systems with respect to limited liability companies. In fact, the area reserved by the European Court of Justice for jurisdictional and regulatory competition on legal capital raises the problem as to the relative consequences, in general, if competition will engender a race to the «top» or to the «bottom». The result will depend chiefly on the evaluation of the legal capital system as compared with other creditor protection systems. This comparison would follow along lines of costs and advantages and go deeper than in the past, especially in light of what has emerged from the preceding pages 169. It may be assumed, however, as a constant factor in regulatory competition, that the issue would not result in a rigid division between certain States which adopt legal capital and others States which completely reject it. More likely, the issue will melt into different forms of deregulation and lead to solutions trying to combine legal capital with other forms of creditor protection, perhaps through harmonisation from the top down, as was shown in the perspective above, as outlined in this paper.

166 Hopt, Gesellschaftsrecht im Wandel (nt. 119), p. 1019; on the close link between capital markets and company law, see Winter, EU Company Law at the CrossRoads (nt. 163), p. 10 et seq. 167 See before, V, 1. 168 See Mock, Perspectives of Regulatory Competition in European Company Law (nt. 154), p. 782 et seq. 169 Böckmann, Gläubigerschutz bei GmbH und close corporation (nt. 161), p. 142 et seq. As an example, the lower the legal capital (maybe even reduced to zero) the more the corporate creditors will require guarantees from the shareholders or managers, with a substantial lifting of the corporate veil, as the shareholders are in a more burdensome position than with the unlimited liability, especially if the amount of the guarantees is fixed in proportion to their own assets, see Brocard, De l’utilité de constituer une SARL?, Rev. soc., 2004, p. 825 et seq., with reference to the French société à responsabilité limitée.

Capital and Capital Protection in The Netherlands: A Doctrine in Flux

by Professor Dr. Harm-Jan de Kluiver, University of Amsterdam and Senior Lecturer Dr. Stephan F. G. Rammeloo, Maastricht

Table of Contents I. Legal Capital in the Netherlands: under review and reconstruction . . 1. Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Public and private companies: converging paths up to now . . . . . 3. Private companies: diverging path of fundamental reform . . . . . . 4. Fundamental Criticism on legal capital and capital protection . . . . 5. Exploration of alternatives . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Alternative creditor protecting measures . . . . . . . . . . . . . . . 7. Contemplated: introduction under Dutch law of no par shares . . . 8. Conclusions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Capital of Companies – Legislation for the B.V.: a front running experience for the N.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ius constitutum and Ius constituendum . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Minimum capital requirement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Consideration in cash and kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Consideration in cash; declaration of banks . . . . . . . . . . . . . . 6. Consideration in kind: services? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Consideration in kind: expert’s report . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Acquisition or set-off by the company of goods after the incorporation (,Nachgründung‘, i.e. ‘quasi contribution’) . . . . . . III. Distributions to shareholders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Payment of dividends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Repurchase of shares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reduction of capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Capital Protection and Dutch public companies (“N.V.”) . . . . . . . 1. Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. EC Proposals to mitigate the Second Company Law Directive . . . 3. Comments by Dutch Listed Companies . . . . . . . . . . . . . . . 4. Contributions in kind and expert valuation (and „Nachgründung“)

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5. Acquisition of its own shares by the company . . . . . 6. Pre-emptive rights and reduction of capital . . . . . . . 7. Buy-out rights for majority and minority shareholders 8. Conclusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Financial Assistance in B.V. and N.V. . . . . . . . . . . . . 1. Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Obstacle to financial practices . . . . . . . . . . . . . . 3. Proposals for the B.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Proposals for the N.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Comments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Conclusions and Outlook . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Legal Capital in the Netherlands: under review and reconstruction 1. Introduction Capital and capital protection is a subject which in the Netherlands is not self evident anymore. The wave that has swept away the vast body of capital protection rules from US company law, seems to have crossed the Atlantic as well. Over the past decade the criticism on capital protection rules in the Netherlands has increased and has led to official initiatives to mitigate capital protection rules and even abolish part of them. This tendency got further momentum by the case law of the European Court of Justice on the freedom of establishment. All know what is meant when we hear of Centros, Überseering and Inspire Art. The Netherlands does not differ from other countries in this respect although maybe the message sent by the European Court of Justice hit harder as two of the three seminal cases actually involved Dutch companies and Dutch Company Law. 2. Public and private companies; converging paths up to now What may distinguish the Netherlands from other countries is that up to now public and private companies basically are regulated along the same lines. Almost all Dutch company law rules do apply to public companies (“Naamloze Vennootschap”) and private companies (“Besloten Vennootschap”) alike. Therefore under current Dutch law the N.V. and B.V. do relate to each other differently than the AG and the GmbH in Germany, the Plc and Private Company in the UK or the SA and the SARL in France.1 For that reason, broadly speaking, the Second EC Company Law Directive regime applies to the B.V. as well.2 1 Doctrine, notably handbooks, tend to a parallel treatment of issues such as formation, capital regime, functioning of company officers, liabilities, etc., whereafter exceptions are given notice. Under existing law, differences between N.V. and B. V. mainly

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Over the last decade Dutch legal scholars and practitioners have increasingly advocated a fundamental change and a drastic overhaul of the law specifically in respect of private companies. The prevailing opinion nowadays is that a private company should not be overregulated but should leave much room to shareholders to shape the company as they see fit and primarily let it meet their needs, of course without doing away with fundamental safeguards for creditors.

3. Private companies: diverging path of fundamental reform To advise the government on such drastic overhaul, the ministers of Justice and Economic Affairs in 2003 have instituted a Commission of Experts – chaired by the first co-author of this report (De Kluiver) – to advise on a new legal ramework for the private company (“Besloten Vennootschap”). This Commission – generally referred to as the “Expertgroup” – has submitted its report in May 2004.3 The report of the Commission has been received very well and the ministers of Justice and Economic Affairs have submitted a draft Bill in which the vast majority of the proposals of the Expertgroup have been adopted. This draft bill has been published on the websites of the ministries of Justice and Economic Affairs and has been made subject to public consultation. On the basis of that consultation a final Bill is expected to be introduced to the Dutch Parliament in 2006. The consultation process already has led to many responses which give an excellent overview of the opinions currently held in the Netherlands. For all those reasons we will in this report primarily focus on the proposals and discussions in respect of the private company (B.V.). However, as indicated before and will be illustrated hereafter in Part IV of this report, the views expressed on capital protection in respect of private companies do not differ fundamentally from the views held in respect of the capital protection regime of public comare the closed character, i.e. restricted transferability of shares; mandatory ‘Vinkulierungsklausel’; issuance of registered shares only; no transfer of shares at stock exchanges. As concerns the minimum capital threshold, this is for the N.V. € 45.000,–, for the B.V. € 18.000,–. For an extensive explanation of the B.V. and N.V. see S. F. G. Rammeloo/N. J. de Kluiver in Heribert Hirte/Thomas Bücker (eds.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, Köln/Berlin/München 2005, p. 170–240. 2 Terefore the jurisdiction of the European Court of Justice is also extended to large parts of the regulation of the B. V. under current law. See in this respect for example the ECJ decision in the case Leur/Bloem. See interalia Harmonisation of Law, Substantive Review and Abuse of Rights in EC – Some observations from the Perspective of EC Company Law – by Harm-Jan de Kluiver. In: Auslegung europäischen Privatrechts und angeglichenen Rechts, Reinier Schulze (Hrsg.), Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden. 3 See for an overview in English, Harm-Jan de Kluiver, Towards Simpler and More Flexible Law of Private Companies, ECFR 2006, p. 45–68.

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panies (N.V.). In this respect the envisaged changes in the law on the B.V. are a front running experience for the positions to be adopted for the N.V. We will further illustrate this by refering to the comments and criticism on the EC Commission proposals with a view to amend the Second EC Directive on Company Law in Part IV of this report.

4. Fundamental Criticism on legal capital and capital protection Before we further explore the current situation and proposals which have been put forward in respect of Dutch law in respect of capital protection, it might be good to outline what the fundamental points of criticism are and why in the Netherlands it is felt that the regime set out in the Second EC Directive is no longer appropriate. We think that the following six developments may be deemed to be essential. 1. serious doubts as to the effectiveness of capital protection rules partly because they seem to be formal in character and, connected therewith, may be circumvented as it it is impossible to cover all situations and circumstances; 2. the capital protection rules either are not effective or too inflexible and unable to deal with case by case situations properly, and therefore hinder new finance practices which in itself are not necessarily prejudicial; 3. the rather dramatic development of the rules and case law concerning personal liability of directors and investigations into company affairs, which is felt to be much more effective than capital protection rules; 4. a re-evaluation of the importance of small businesses for the economy and policies to promote business activities and start-ups; 5. the growing possibilities and easy access to foreign company forms and the case law of the European Court of Justice in this respect as well as the mobility of the international business community which is looking for company forms they feel more or less accustomed to and comfortable with; 6. developments in foreign company law, including the United States of America, the U.K., Australia but also France, Spain and the Netherlands Antilles (which has adopted a new and quite flexible Companies Act in 2003).

5. Exploration of alternatives The foregoing does not mean that the goals underlying the Second EC Company Law Directive are not accepted anymore. There still is a commonly shared view that the interests of creditor protection and, in some ways, shareholder protection deserve to be safeguarded and that abuses of the legal forms carrying limited liability should be fought. However, the focus has been shifted to the

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question which instruments would protect the goals best.4 One way to do this may be to further detail and refine the capital protection regime. Including stricter requirements in respect of public financial information, i.e. more detailed, up to date information. Another way to further develop the system could be to relate the amount of (minimum) capital to the company’s business, its goals and its targets (like to some extent has been implemented in Belgian law). Of course other refinements may be devised as well (like for example, subordination of loans provided to the company by shareholders as developed in German case-law (“Gesellschafterdarlehen”)). However, in the Netherlands it is felt that other concepts than a (refined) system of capital protection may be more promising in safeguarding the interest of creditors and shareholders and providing business efficiency. On the other hand it is not a given that the concepts currently adopted in the Netherlands (basically personal liability based on tort law, bona fides and duties of care and loyalty) provide sufficient and efficient tools to safeguard the interests of company creditors and shareholders.

6. Alternative creditor protecting measures Therefore new legal concepts as developed in other jurisdictions are explored as well (wrongful trading, requirements in respect to liquidity and solvency in case of distributions etc). It might be good to note that such remedies – for example remedies based on ‘solvency’and/or ‘liquidity’ requirements – may even go beyond what the Second Directive requires. The liquidity approach could very well mean that distributions which in itself are lawful under the current regime (i.e. respect the thresholds set by the Second Directive) would lead to personal liability of directors if under the circumstances 5 the decision to distribute dividends would put the creditors at risk of not being paid. This shift in focus seems to fit in well with, for example the anglo-saxon approach which does not require a minimum capital but, (too some extent,) is rather strict in respect of ‘unlawful’ dividends, other distributions, repurchase of shares etc. This will be the subject of Chapter III of this report.

4 Compare, inter alia, Harm-Jan de Kluiver, Inspiring a New European Company Law?, ECFR 2004 p. 121–134. 5 Cf. HR 8 November 1992, NJ 1992, 174 (Nimox) and HR 6 February 2004, JOR 2004/67 (Reinders).

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7. Contemplated: introduction under Dutch law of no par shares On the basis of the foregoing one could go one step further in questioning the fundaments of the capital protection regime i.e. the requirement that shares should have a nominal value. Should it not be allowed to have no-par value shares (commonly accepted in Anglo-Saxon jurisdictions)? Dutch Company Law as it now stands does not allow the issue of no-par shares. The authorized capital is the maximum par value for which shares may be issued according to the articles of association. Each share should carry at least one vote and in principle voting rights are apportioned in relation to the nominal value of share. The nominal value requirement of shares is criticised for creating a false image, as it provides for misleading information with a view to the historical value only, not the real underlying economic value of shares. Apart from that, the company’s plans to issue new shares may be frustrated as a consequence of the prohibition to issue new shares below par.6 Notably reorganisation attempts may be thwarted by this prohibition, as a capital reduction should precede any new issuance of shares. Real value no par shares would solve such problems.7 Shares would no longer be issued as ‘nominal’ value shares; instead the only price referred to would be the ‘issue price’, or the ‘subscription amount’. Two categories of shares without nominal value may be distinguished. ‘Accountable par’ shares (also referred to as ‘notional no par shares’) represent a calculable part of the totally issued capital. Likewise, a relationship between the ‘participation’ and the company’s issued capital can be calculated. Thus, it is possible at least to calculate a ‘fictitious’ pseudo-nominal value of each share. Usually, this type of shares is combined with the well known concept of creditor protection via mandatory law provisions concerning the maintenance of the company’s capital. Things appear to be different for “real” no par value shares. In its report the Expertgroup rejected the introduction of no-par shares but not so much on principle but on the basis of practical considerations, as the nominal value seems quite convenient in taking care of matters such as voting rights and the distribution of profits.8 However, in Dutch practice and literature there is a strong tendency to say farewell to the nominal value approach. It goes without saying that going down that road would have a substantial effect on deregulation of capital and capital protection.

6 Cf. art. 8 of the second EC Company Law Directive. 7 M. L. Lennarts/J. N. Schutte-Veenstra, versoepeling van het BV-Kapitaalbeschermingsrecht, Kluver – Deventer, 2004 p. 51 e.v. 8 See the report of the Expert Group, Vereenvoudiging en flexibilisiering van het Nederlandse BV-recht, (www.flexbv.ez.nl) p. 87.

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8. Conclusions As will be explained in the following chapters of this report, on the basis of the foregoing there is a fundamental willingness among Dutch scholars and practitioners to accept farreaching changes and, for example, to reconsider the whole legal framework of capital and capital protection and accept no-par shares. This is reinforced by developments in Netherlands-Antilles law (see I.2. (6)), which accepts no-par shares. Clearly if no-par shares are accepted, an important and rather fundamental prerequisite for a capital protection regime as we know it (and upon which the Second EC Directive is based), will fall away. This will have fundamental consequences for the subject of this report.

II. Capital of Companies – Legislation for the B.V.: a front running experience for the N.V. 1. Introduction After the preceding introductory and explanatory remarks and observations it is time to focus on the core issue of this report; capital protection and capital protection rules in the Netherlands. For the reasons explained before, this report will largely focus on the B.V. as this will illustrate what the current law for both B.V. and N.V. is (as those two legal forms are up to now largely being identical; see I.2) and what may be expected of the future law. In underpinning what the future law may be expected to look like, we will rely on the findings of the Expertgroup and the draft Bill (see paragraph I.3) which, on the basis of that report, has been published by the Dutch government. As indicated the Expertgroup proposes a drastic overhaul of Dutch company law.9 9 Proposed measures aiming at simplification and flexibility, rather than relating to the subject-matter of capital requirements are: – shareholders will be free to assign voting rights as they see fit and the articles of association may determine how many votes are attached to different classes of shares (including differentiating the number of votes dependent on the character of a specific resolution which is proposed) as long as every share at least carries one vote; – directors do not necessarily have to be appointed by the shareholdersmeeting but may be appointed by shareholders holding a certain class of shares; – the shareholdersmeeting may have the right to give specific instructions to the board of directors if the articles of association provide so; – resolutionmaking outside a meeting will be further facilitated; – the articles of association may determine that shareholders will have additional obligations (exceeding their obligation to pay up on the shares); – transfer restrictions (cf. above) will no longer be mandatory. The articles of association may determine whether shares in a B.V. will be freely transferable or not and (if the free transfer is limited) what kind of restrictions are appropriate.

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2. Ius constitutum and Ius constituendum Hereafter we will discuss both the current Dutch law in respect of the essential issues of capital protection as well as the proposals related thereto. More specifically the treatment is as follows. First, we will provide on each item a brief description of current Dutch company law as it now stands (ius constitutum). Subsequently – under the heading “under discussion” – we will discuss proposals, criticism and opinions (ius constituendum).

3. Minimum capital requirement Under Netherlands company laws, the minimum issued and paid-up share capital of an NV upon incorporation should be € 45.000 and for a B.V. the minimum issued and paid-up share capital is set at € 18.000. Under discussion: The Expertgroup has proposed to abolish the minimum capital requirement. In short the reasons for this position are that the amount of money required to ‘earn’ the privilege of limited liability hardly ever equals creditor claims and business activities. A false image of securities for creditor protection is created therewith. Giving up the fixed minimum formation capital sum, combined with rules on maintenance of capital and (more) sophisticated laws on financial transparency might be more effective.10 The draft Bill provides that the minimum capital for the B.V. will be abolished.

4. Consideration in cash and kind Pursuant to art. 2:80 Civil Code, shares of an N.V.11 issued capital must be paid up up to at least nominal value, unless on the basis of an agreement shareholders are allowed to pay up 25 %, the remaining 75 % at the company’s later request. Under discussion: From time to time the issue is raised whether a postponement of payment upon the issued capital is acceptable or whether the rule should not be that issued capital must be entirely paid up immediately. The argument is that this would considerably reduce the company’s risks i.e. non-payment by shareholders, extinction of company’s claims 12, etc. The Expertgroup has proposed to keep the possibility to postpone payments upon shares but to extend the 10 In this sense both Lennarts/Schutte-Veenstra, p. 88 and the Expert Group, p. 88. 11 Cf., correspondingly, art. 2 : 191 for the B. V. 12 Currently, the extinction period is five years from the date payment was due, cf. HR 17 October 2003, NJ 2004, 282.

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period after which company’s claims are extinct, or suspension of shareholders right until due payment has been effectuated. The draft Bill provides that paying up the shares may be postponed but without a summons the statute of limitations is five years.

5. Consideration in cash; declaration of banks Currently in case of payment of cash, a document must be drawn up by a bank, whereafter this document is attached to the notarial deed on the company’s official formation by the notary.13 The commonly used option (‘b-verklaring’), is that the bank declares that a sum of money, is transferred to a bank account, which upon its incorporation will be available to the company. The highest Dutch Court held that this however is not enough to conclude that shares have been paid up but that the very essence is that there is a real transfer of money ‘from the outer world’ to the company, rather than presupposing that such a transfer can only be considered as accomplished if there is a bank document indeed.14 Under discussion: as a consequence of the highest Court’s observations, doubts are expressed as to added value of the bank documents mentioned. When a certain sum of money is deposited this will not demonstrate where it actually came from or will go to.15 This view is shared by the Expertgroup and a vast majority of the legal literature. Therefore the draft Bill proposes to do away with the requirement of such declaration. Instead the preferred approach is to institute liability for incorporators and directors.16

6. Consideration in kind: services? Both for N.V. and B.V. a consideration in kind is allowed only if explicitly agreed upon by the company founders, or explicitly approved by the founders.17 Contributions may not consist of rendering of services.Background thereof is that such ‘contribution’ up to now is not considered as ‘real’ transfer and not tangible for enforcement. Under discussion: One has to admit that services may very well be of substantial economic value like for example goodwill and know-how. If one would not allow services as such as payment on issued shares, one may circumvent this by

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This procedure equally applies to the NV, art. 2 : 93 (a) and the B.V. art. 2 : 203 (a). Cf. HR 24 March 2000, NJ 2000, 354; HR 11 July 2003, JOR 2003, 193. Lennarts/Schutte-Veenstra, p. 21 et seq. Expert Group, p. 90. Art. 2 : 94 and 94 (a) for the N.V., art. 2 : 191 (a) and 191 (b) for the B.V.

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setting up another corporate entity and contribute the shares of such entity. The draft Bill opens up the possibility to pay up shares by contribution of services and/or labour.

7. Consideration in kind: expert’s report In case of contributions in kind, strict mandatory law provisions have to be obeyed. The agreement referred to above must explicitly be incorporated in the formation deed, or has to be attached thereto. Further, a proper valuation of the assets on the basis of a report drawn up by an independent expert as required by the Second EC Company Law Directive (‘accountantsverklaring’) should prevent shareholders from any ‘overvaluation’, at the detriment of both company creditors and shareholders contributing in cash. Under discussion: The Expertgroup advocates abolishment of the expert’s report, maintaining however the duty of directors to specify the assets. The latter principle is important with a view to joint and several liability of managers in case they knew or must have been aware of the fact that the assets were overvalued. In this respect is has been noted by the Expertgroup as well as by others that many countries do not require expert’s opinions in case of contributions in kind.18 The draft Bill has adopted this approach.

8. Acquisition or set-off by the company of goods after the incorporation (‘Nachgründung’, i.e ‘quasi contribution’) Both the approval of the general meeting and a statement of an auditor are required for the acquisition by the company of goods, including the set-off of receivables, which belonged to an incorporator (including in the case of a B.V. a shareholder), if the acquisition or set-off takes place within two years after the incorporation (“Nachgründung”).19 Netherlands law as well applies to transactions comprising less than 10 % of the totally issued capital. Exceptions are made if assets are acquired at a public auction or exchange or within the regular course of business of the company or as a result of a legal merger or scission. Under discussion: The question is raised whether and to what extent all situations which fall in the category of Nachgründung, i.e. transactions between founders and (future) shareholders on the one hand, and the company on the other, can and ought be dealt with in hard and fast rules. Alternative approaches to fight transactions that are potentially detrimental to the company may be more 18 Lennarts/Schutte-Veenstra p. 26/27. 19 For the N.V., cf. art. 2 : 94 (c).

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appropriate. One could think of e.g. introducing personal liability of company managers if the company is involved in insolvency proceedings. The Expertgroup proposes to relinquish the detailed legal Nachgründung approach all together. In its view it would be sufficient to rely on the rules in respect of duties, obligations and liabilities of directors.20 The draft Bill adopts this view and deletes the Nachgründung provision.

III. Distributions to shareholders 1. Introduction As already indicated above a fundamental element in the approach adopted by the Expertgroup is that it concluded that minimum capital is not a central element of capital protection, but that the focus should be on the maintenance of capital or, to put it differently, on distributions to shareholders. In further considering this approach, the Expertgroup has underlined that distributions may be made in different legal forms. The most obvious of course is a simple distribution of dividend (either in cash or in kind). However, other transactions concerning shares may also have the same effect to distribute assets from the company to shareholders. This may range from capital reduction to repurchase of shares. The Expertgroup felt that all those legal mechanisms, which from a strict legal point of view may be quite different, should be regulated in basically the same way. As will be illustrated in this Chapter III an important aspect of this approach is that the board of directors should have the final say on whether or not such transactions may go through.

2. Payment of dividends Payment of dividens to shareholders is currently submitted to principles which, at first sight, appear to be strict, in that the law prescribes that distributions are allowed only in so far they do not fall below the company’s capital and reserves prescribed by the law and the articles of association of the company.21 Any interim distribution further requires an interim report on the N.V.’s actual financial state.22

20 Expert Group, p. 92. 21 Art. 2 : 105. 22 This exclusively applies to the N.V. Art. 2 :105, subs. 4. For the B.V. this was considered unnecessary, as its registered shareholders can, with a view to repayment of interim dividend, be approached by the company more easily. Cf. Expert Group, p. 79.

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Under discussion: A principally different approach would, once again, be that the existing detailed regime on capital maintenance would be relinquished and substituted by a liquidity (and maybe some solvency) test.23 In its report, the Expertgroup considers that opinions on how to structure this vary.24 An annual ‘cash flow’ statement by the board would, in the view of the Expertgroup, put too heavy a burden on the directors. Instead the Expertgroup proposes the following: the company’s board should decide if and when distributions may be payable. Directors must take into account whether upon any such distribution the company shall remain able to meet its obligations or not. Correspondingly, directors must be held responsible and liable if they knew or should have been aware of the fact that the company would no longer be able to pay its debts when they would become due upon paying the dividends. In case of the company’s bankruptcy within one year after distributions have been made, there is a rebuttable presumption in that respect of directors’ knowledge.25 The draft Bill adopts this approach and goes even one step further in providing that a resolution of the general meeting cannot be taken without the approval of the board. Furthermore the board may not approve a distribution if the equity of the company would be negative. A neigbouring problem is that of interim dividends. Taking into consideration that the company’s annual account ultimately must be published 13 months after closure of the fiscal year, the question arises how certain events (losses, distributions, repurchase of its ow shares by the company) that took place in the course of this period must be dealt with. One possible view which has been submitted is that distributions and repurchase of shares during this period should be taken into account, not however losses suffered. The opposite view is that developments subsequently occurring do not have to be taken into account. An intermediate view is that distribution of dividend is permitted only if the accounts demonstrates that profits were made. So far, there is no authority on this subjectmatter. In that respect, the legislature should provide for more certainty. Inspiration could offer e.g. Section 274 of the United Kingdom 1985 Companies Act, (obliging the company to take into account the developments described above), combined with a proposal of the Company Law Review Steering Group that any loss suffered subsequent to the annual account should be calculated. For the B.V., the Expertgroup confines itself to the view that any interim distribution calls for an interim financial report (however not audited) of the company. This approach

23 Lennart/Schutte-Veenstra, p. 38. 24 For an overview with further references, Lennarts/Schutte-Veenstra, p. 39 et seq. and, with further reference, the Expert Group, p. 78 et seq. 25 Expert Group, p. 81.

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appears to be in line with case law, observing that it is not always sufficient to rely on the latest annual account.26 The draft Bill will treat interim dividends in the same way as other distributions (see above).

3. Repurchase of shares Shares repurchased by the company remain part of the issued capital (until redeemed), although the equity of the company will be reduced as a result of the repurchase. Repurchased shares may not be activated in the company’s balance sheet. Subject to several conditions, both the N.V. and the B.V. are allowed to repurchase their own shares and depositary receipts. The N.V., however, is limited in the repurchase up to 10 per cent of the issued capital 27 For both company types, any repurchase of shares which are not fully paid-up is null and void. Furthermore the equity (issued share capital plus reserves) should not be less than the amount to be maintained by law or according to the articles of association. In principle the authority to repurchase shares rests with the general meeting. However, it may be delegated to another corporate body. Such delegation shall indicate how many shares may be acquired in which manner and the maximum as well as minimum price per share. Violation of the provisions set forth above, renders the repurchase of the shares and/or depositary receipts null and void. The managing directors are jointly and severally liable to the transferor who suffers damages as a result of the nullity, provided the latter acted in good faith. If bearer shares or share certificates have been acquired (this is only possible in case of an N.V. as the B.V. can only issue registered shares), the shares or share certificates acquired by the company in violation of the provisions described above, become the common property of the joint managing directors. Each managing director is jointly and severally liable to indemnify the company for the purchase price and the (statutory fixed) interest. The rules set out before only apply to an acquisition of shares by a company against consideration. If shares are acquired ‘for free’ or by operation of law (e.g. in case of a legal merger!) the principle is that this situation may only last for three years after the statutory threshold has been passed. If the shares are not redeemed or re-issued before that time, those shares will be transferred to the directors who will be jointly and severally liable towards the company for the payment of the value of those shares to the company.

26 Expert Group, p. 81, with reference to (footn. 22) court decisions. Further, the expectation is outspoken that due to new technologies it shall in the near future be less burdensome to dispose of the company’s immediate financial position any moment. 27 Art. 2: 98 subs. 2 (b). The B.V. may repurchase shares up to 50 per cent of its issued capital.

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Under discussion: The crucial question, again, is to what extent a repurchase by a company of its own shares ought be restricted, if any such repurchase does not affect the minimum ‘threshold’ of issued and paid up capital plus reserves as mandatorily prescribed by law. Again, a liquidity test as set out earlier is proposed by the Expertgroup.28 The draft Bill provides that basically the same test should apply as required for distributions (and dividends) in general (see above).

4. Reduction of capital The amount of issued capital may be reduced by a resolution of the general meeting of shareholders either to redeem part of the outstanding shares or to reduce the par value of the shares.29 The notice convening the general meeting of shareholders should include the purpose of the reduction and the method to be used. In the case of the N.V. a special majority is required of at least two-thirds of the votes cast if less than 50 per cent of the issued capital is present. Moreover, prior to the resolution by the general meeting or simultaneously therewith, a resolution is required of the holders of each class of shares whose rights are prejudiced. If the company’s capital is reduced by way of a reduction of the par value of the shares, an amendment of the articles of association will be required since the par value of the shares is stated therein. Dutch law generally does not prescribe a special majority for such an amendment.30 However, the articles of association of most companies do. In case of the N.V., a resolution to reduce the par value and the authorized capital requires at least the special majority mentioned above (two-thirds if less than 50 per cent is present). The reduction of the par value can occur either with reimbursement or release of the obligation to pay-up on the shares, or without such consideration. The resolutions with respect to the reduction of the capital have to be filed with the relevant trade register and published in a daily newspaper with nationwide distribution. A resolution to reduce capital may be opposed by the company’s creditors within two months after publication of the resolution.31 They may request that the company guarantees the payment of their claims. In case of such opposition the shareholders’ decision will only become effective after the opposition has been withdrawn or after a court order setting aside the opposition becomes enforceable. However, if the company has suffered losses and therefore reduces its 28 29 30 31

Expert Group, p. 93. Art. 2 : 99 and 100 for the NV. Art. 2 : 99 subs. 4. Art. 100 subs. 2.

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capital to an amount which is not less than its equity, the resolution will become effective immediately and the obligation to provide security to creditors and the waiting period of two months do not apply. Under discussion: The Expertgroup proposes that the rules on capital reduction will be supplemented by the obligation of the Board to apply a liquidity test and the power of the board to block a reduction if the outcome of such a test is negative. Meanwhile, everyday practice demonstrates that hardly ever creditors oppose a reduction of capital. This tool therefore appears to be ineffective.32 The Expertgroup adopts this view and proposes to abolish this procedure.33 The draft Bill follows this proposal and will apply the same criteria to reduction of capital as set out for distributions (and dividends) in general.

IV. Capital Protection and Dutch public companies (“N.V.”) 1. Introduction In the foregoing we highlighted the discussions in the Netherlands in respect of the most imporatnt elements of capital protection. As explained before this discussion is focusing on the private company, Besloten Vennootschap. However, in more general terms the prevailing view among scholars and practioners in the Netherlands is that in view of necessary regulation, no fundamental differences would exist between public and private companies. This may be illustrated by refering to the comments on the proposed changes to the Second Directive on Company Law which have been made by the European Commission.

2. EC Proposals to mitigate the Second Company Law Directive Before we will provide an overview of the comments in the Netherlands on the proposals to amend the Second EC Directive, it might be good to summarize the most important proposals: A. Mitigation of requirements in case of contributions in kind (not necessarily requiring an expert opinion); B. Acquisition of its own shares by a company above the threshold of 10 percent of the capital (provided the limits of the freely distributable reserves will be observed); C. Some relaxation of the rules in respect of pre-emptive rights and capital reduction; 32 Lennarts/Schutte-Veenstra, p. 46 ff. 33 Expert Group, p. 95.

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D. Right for majority shareholders to buy out minorities as of a level of 90 % and a right for the minority to be bought out in certain circumstances. E. Amendment of the Financial assistance regime.This will be discussed in Chapter V. 3. Comments by Dutch Listed companies The Dutch view on these proposals may very well be illustrated by the official reaction of the Dutch Asscociation of Listed Companies (VEUO), which organises the vast majority of public companies listed at the Amsterdam (Euronext) stock exchange, and its legal advisers. First the VEUO underlines that Directives should not hinder the business community to react to market developments in a prompt, adequate and flexible way. This ability is crucial in being able to contribute to the overriding goal of the EU, promoting economic growth and its objective to become one of the most competitive integrated economies of the world. The VEUO refers to the Explanatory Memorandum of the European Commission to the proposal for a Directive amending the Second Directive itself. This states (i) that the Commission recognises that the modernisation of the Directive “ought to make a contribution to the promotion of business efficiency and competitiveness without reducing the protection offered to shareholders and creditors” (1.1), (ii) that the Commission supports the recommendations of the Company Law SLIM Working Group (1.2, 2.1and 2.2), (iii) that the Commission deems a revision of the Second Directive a “priority for the short term” (1.2) as well as “one of the most important modernisations of company law which should be executed in a short term” (1.5) and (iv) that the Commission acknowledges that the importance of simplification of the Second Directive “has been strongly re-confirmed by a large majority of respondents”. Finally it is noted that the Commission recognises that “companies ought to be in a position to react more promptly and in a less costly and protracted manner to developments in the markets that are relevant to them” (2.3). However, the VEUO feels that the proposals do not meet the criteria which have been set and adopted by the Commission in its Explanatory Memorandum. The general approach in almost all proposals is that on the one hand certain requirements for transactions have been made less rigid, but that on the other hand this effect is neutralised and even adversely affected by a number of newly introduced additional requirements. These newly introduced requirements are generally of a nature which may easily result in uncertainty and costly and protracted procedures. It would therefore have an effect which the Commission, according to its Explanatory Memorandum, wants to avoid. On balance, therefore, the current proposal does not meet the test the Commission itself has formulated and the goals it has set. Hereafter we will specify this for each subject which the Commission addresses in its proposal.

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4. Contributions in kind and expert valuation (and “Nachgründung”) The first envisaged change to the Second Directive aims to mitigate the requirements set out in Article 10 of the Second Directive. Basically this entails that an expert valuation report should be drawn up in case of a contribution in kind. The Commission proposes that Member States may allow not to have such an expert report if the contribution exists of transferable securities which are listed on a recognised regulated market. In itself this is a logical simplification. It is not easy to see what would be the added value of an expert report in this respect. However, to this logic the Commission adds unnecessary uncertainty by (i) prescribing that the price should be the weighted average over a three month period preceding the contribution and (ii) by prescribing that an expert opinion nevertheless is required if the price of the security has been affected by “exceptional occurrences” that would significantly change the value of the asset. These requirements are neither logical nor practicable. There is no good reason why the value of a security should be the weighted average over a three month period. In three months many things may happen. The actual value of a listed security should reflect the market price at the time of contribution. On the basis of that principle there is no reason for any additional requirements. This is different in the situation which is addressed in the envisaged second paragraph of the proposed Article 10a: assets which have already been valued less than three months prior to the contribution. In itself, the criterion of new qualifying circumstances may be acceptable in that context. It could also be acceptable that the administrative or management body has to assume responsibility in making a statement that such circumstances did not arise. However, the Commission departs from the logic of its approach when it provides in addition to the foregoing that “in any event, shareholders holding at least 5 % of the company’s capital, may require a re-valuation by an independent expert”. It is not easy to understand the rationale of this proposal. This right of shareholders, which according to the proposal may be invoked without any limitation, will create substantial uncertainty for all parties involved. In fact it means that the option not to have an expert report is not very attractive as it might expose all involved to the uncertainty which may be created by a valuation request of shareholders. This is even more so as apparently the request may be made arbitrarily and should be complied with by the company. The proposed third paragraph of Article 10a addresses the situation that the value of a certain asset is derived from statutory accounts (which implies a certain degree of expert evaluation by an auditor). As explained in discussing the envisaged second paragraph of Article 10a, in this situation the criterion of newly qualifying circumstances may be in point. At the same time, as in the context of the second paragraph, there is no good reason why the Commission subsequently departs from its logic in giving shareholders holding at least 5 % of the

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company’s capital, the – apparently discretionary – right to request re-valuation of the asset. The foregoing is even more questionable when one realises that in addition to Article 10a, Article 10b requires that in case of a contribution in kind without an expert report, the directors always have to submit a declaration to the commercial register basically stating that in its view the asset actually conforms at least the value of issued shares. In itself such a rule may be sensible. However, consequently Article 10b adds unnecessary complexity, uncertainty and cost to the company as it requires each Member State to designate an independent administrative or judicial authority which may examine “the legality of the considerations other than in cash”. It is unclear who actually would have the right to institute such a judicial review, but from the text one may even infer that not only the holders of 5 % of the capital, but maybe all shareholders would have this right. It is evident that granting such a right to shareholders exactly opens up what the Commission according to its Explanatory Memorandum wants to avoid: “costly and protracted procedures” and the creation of uncertainty. According to the Commission the system laid down in Articles 10a and 10b should also apply to Article 11 of the current Directive, the so-called “Nachgründung”. In addition to the foregoing the VEUO notes the following. Over the last decade doubt has increased in many jurisdictions whether the principle of Article 11 on balance actually contributes to an effective and efficient system of company law. In the Netherlands it is rather strongly felt that this is not the case and that the provision only adds unnecessary complexity and uncertainty in practice.

5. Acquisition of its own shares by the company Article 19 of the Second Directive addresses the acquisition by a company of its own shares. The mitigation which the Commission proposes in this respect is rather minimal. Basically it comes down to taking out the compulsory restriction of the 10% limitation now enshrined in Article 19 (1) (b) of the Second Directive. The logic of this proposal is undisputed. The 10 % limitation always lacked a justification in light of the requirements in Article 19 (1) (a) and the possibility to increase the acquisition of own shares after redemption of acquired shares. This is even more so taking into account that the procedure for redemption in practice is a mere, albeit sometimes time-consuming, formality. (See already III.3) However, also with regard to this subject, the Commission adds unnecessary complexity and uncertainty. An important element thereof is the additional requirement envisaged in a new paragraph 19 (1) (d). This expressly provides that the principle of equal treatment of shareholders shall apply “in particular” in case of “acquisition and sale by a company of its own shares on a regulated market”. This could easily be interpreted by shareholders and courts as implying that a

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company may only acquire listed securities on the market on a pro rata parte basis. This would be a very serious obstacle to current financial practices which assume that companies are able to acquire and sell shares by way of block trades as well. Would this no longer be possible, that would not only mean that essential and beneficial financial arrangements could not be executed, it would also mean that the shareprice could be adversely affected. For the avoidance of doubt we underline that of course such transactions require a careful and diligent decision making process within the board in which the board should establish that transactions are in the interest of all shareholders and beneficial to shareholders on an equal basis. However, such an approach differs from what is required by the envisaged proposal of the EC Commission. 6. Pre-emptive rights and reduction of capital Article 29 addresses the issue of pre-emptive rights of existing shareholders. Again the VEUO notes that on the one hand a certain mitigation of an administrative requirement is proposed, but on the other hand this mitigation is of limited relevance by the proposed rule that each and every shareholder may request the administrative or management body to indicate the reasons for the restriction or withdrawal. As management would have to be prepared to address such a question, in practice management will not rely upon this rule and prepare a statement. For the B.V. we discussed capital reduction already in III.4. Reduction of capital is the subject of Article 32. Although the proposed provision affords Member States somewhat more flexibility in determining the relevant procedures, the provision does not fundamentally change any of the requirements set out in Article 32 in its current fashion. 7. Buy-out rights for majority and minority shareholders New proposals, which are not yet part of the Second Directive, are laid out in Articles 39a and 39b. In short these Articles provide for the right to buy out minority shareholders and the right of minority shareholders to be bought out by the majority shareholder(s). It is not quite clear – taking account of the principles of subsidiarity and proportionality which should be leading in EU legislation – why these provisions should be introduced in the Second Directive. At the moment it is left to the Member States to decide on such mechanisms in conformity with its national legislation. Most Member States have introduced such mechanisms and procedures in their national company law. The added value of the current proposal is therefore not evident. In respect of the proposed Article 39a it is submitted that the effect is even more doubtful as the proposal authorises the Member States to set a higher thre-

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shold and restrict the right to buy out minority shareholders to a certain class. Although this flexibility is to be appreciated, it also illustrates that a rationale for inserting such a rule in an EC Directive seems to be lacking. In addition it would be noted that the way in which the appraisal requirement is laid down in the envisaged paragraph 4 may easily lead to substantial procedural problems and complications. It may seem for example that each and every single shareholder may start appraisal proceedings. In practice this would be very unfortunate and could end up in a procedural chaos. It is therefore highly to be recommended that such proceedings are coordinated in a way that the decision of a court is binding on the company and shareholders alike. In a number of jurisdictions this has been achieved by giving the majority shareholder a right to request a court decision in which subsequently all minority shareholders may join and bring forward their arguments on the appraisal issue. We would very much regret if the wording of the proposed paragraph 4 would stand in the way of such effective and efficient rules and regulations. Article 39b aims to give the right to be bought out to minority shareholders. The current wording of this provision raises many questions and is creating unnecessary and substantial uncertainty. This already starts out by not offering any clarity on the thresholds which may apply as the first sentence of Article 39a is explicitly not referred to in paragraph 3 of Article 39b. It is also completely unclear what the timing and procedural aspects of such rights to be bought out are and should be. In the current wording the proposed Article 39b grants each and every shareholder the right to be bought out at each and every moment in time she sees fit. This would imply an enormous potential cost to majority shareholders and – indirectly – to the company. It would therefore be highly unfortunate if the current proposal would become (European) applicable law. The VEUO feels it would be much better to leave the regulation of these issues to the national legislatures. But if the EU would not be willing to concede, the VEUO strongly feels that one should strive for fundamental review of this provision, which would be more balanced and flexible.

8. Conclusion It may be concluded that the current proposal does not meet the standards that have been set by the Commission itself. These proposals basically do not contribute to a company law which is less rigid, more flexible and offers the level of certainty that the business community needs. The proposals do not try to limit legislative action to provide for a more simple and flexible regime, and therefore are not in accordance with the principles of subsidiarity and proportionality.

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V. Financial Assistance in B.V. and N.V. 1. Introduction A Dutch company, regardless whether it is an N.V. or B.V., may not provide financial assistance i.e. ‘provide security, give a guarantee as to the price of the shares or otherwise, or commit itself, whether alone or jointly with others’ to a subscriber for, or acquirer of its shares (or depositary receipts), with a view to facilitating the acquisition of such securities.34 An N.V. in particular is prohibited to extend loans to prospective subscribers or acquirers.35 The prohibition also applies to the company’s subsidiaries. This prohibition does not apply if shares or depositary receipts in an N.V. are acquired by or for the account of employees of the N.V. or its group companies.

2. Obstacle to financial practices In practice it might not be easy to draw the line between what does and what does not constitute prohibited financial assistance. Until recently for example a highly debated issue in the Netherlands was whether a company is allowed to take out a loan from a Bank while providing the Bank with security on the assets of the company and pass on such a loan to a shareholder to purchase shares in that company even if in itself the company did have adequate and freely distributable reserves (but no cash). Only recently, in its decision of 7 May 2004 (in the case Rabobank / Muller), the Dutch Supreme Court ruled that under these circumstances a loan is allowed and valid. It is somewhat remarkable that under the current regime of art. 23 of the second EC Company Law Directive a total prohibition on financial assistance is imposed. After all, as under the approach followed by said Directive neither distribution and/or financial assistance may fall below the company’s minimum capital and reserves ‘threshold’ anyway, any prohibition reaching even beyond would become redundant, as no more danger from the point of view of protecting the company’s capital would remain.36 Does this only prohibit that a company provides financial assistance to a subscriber for, or acquirer of its shares (or depositary receipts), with a view to facilitating the acquisition of such securities?

34 Art. 2 : 98 (c) for the NV, art. 2 : 207 (c) for the B.V. 35 A B.V. may extend loans, but only up to its freely distributable reserves, provided that this is permitted by the articles of association. 36 Lennarts/Schutte-Veenstra, p. 39 ff. For the B.V. a mitigated regime was prescribed by Dutch legislator, as a severe regime such as enshrined in the Directive would have a negative impact on e.g. a management-buy-out by employees.

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The description appears to provoke legal incertainty and inpredictability, as it is not clear which transactions precisely are prohibited. This is even more pressing as (international) financial practices develop rapidly into complex schemes to facilitate take-overs, restructurings, etc. 3. Proposals for the B.V. It has been suggested to abolish distinctions between various financial assistance constructions and instead introduce the principle earlier mentioned, namely that a company may not make distributions (or provide financial assistance) endangering the company’s minimum capital. It has also been suggested to abolish the existing regime in favour of a solvency and/or liquidity test and declaration by the company’s board, at the penalty of joined and several liability of directors. The most farreaching proposal made is to do away with the financial assistance prohibition all together and tot rely fully on the duties of care and loyalty of directors and personal liability if such standards are neglected. Upon careful consideration the Expertgroup distinguished between shareprice guarantees and financial assistance. In view of shareprice guarantees the Expertgroup felt such price guarantees would generally not in the best interest of the company and/or its shareholders. In view of financial assistance however, the Expertgroup concluded that basically there is no rationale for prohibiting financial assistance provided a few conditions are met like a fair and realistic interest rate and appropriate level of security. In the draft Bill the prohibition is deleted alltogether. 4. Proposals for the N.V. In respect of the N.V. of course the starting point necessarily has to be the Second Directive and the proposals of the EC Commission. In the preceding Chapter we already discussed the other proposals of the EC Commission to amend the Second Directive. In this chapter we will finally look into the matter of Financial Assistance in a more detailed way. Let us first summarize the proposal of the Commission. Basically this aims to facilitate financial assistance provided however that: – – – – –

financing will take place at fair market conditions (including interest levels and security); liquidity and solvency for the next five years demonstrated by detailed cash flow analysis; ex-ante approval general meeting on the basis of a report of management; limits set by freely distributable reserves should be observed; and each shareholder has the right to submit the proposal to judicial review.

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5. Comments In itself the proposal is a logical step taking account of current finance and business practices which are fully acceptable and even beneficial to companies and its shareholders for example management buy outs (MBO’s). Again however this logic is highly qualified by additional requirements the European Commission proposes. As indicated (V.4) financial assistance is made subject to five new additional requirements of which some are of a rather draconic nature. A good example of such a draconic measure is requiring a liquidity and solvency statement and detailed cash flow analysis for the period of five years (!) after financial assistance has been provided. Not only is such a requirement unrealistic and overlooking what under reasonable business practices may be feasible, but it is also unnecessary in light of the other requirements (in short the obligation to observe ‘fair market standards’ with respect to interest, security and credit standing). The foregoing is even more so taking into account that financial assistance would require ex-ante approval of the general meeting. As an aside we add that even this requirement of ex-ante approval is as such not necessary in light of the fair market standards to be observed. But if the Commission would stick to this requirement, it is certainly not logical to also require that an acquisition must be made “at a fair price” in order to avoid dilution of existing shareholders. It should be up to the shareholdersmeeting to decide what constitutes a fair price. By including the fair price requirement in this provision the Commission creates unnecessary uncertainty as to its actual meaning and consequences. A number of fully accepted business practices may become questionable if this requirement is specifically enshrined in Article 23. An example is the broadly accepted practice that management – with the approval of the shareholdersmeeting – are awarded shares for no (or minimal) consideration if certain targets are realised. Another could be the issue of special shares, for example with certain preferences of which a fair price is not easily to be established. The uncertainty and impracticability of the proposed Article 23 are increased by the envisaged Article 23a. According to this Article, each and every shareholder will have the right to contest the general meetings’s approval (irrespective of the size of the majority vote) by applying to an administrative or judicial authority which will decide “on the legality of that transaction”. Once again this provision does exactly what the Commission it its explanatory memorandum wanted to avoid: It could easily lead to costly and protracted procedures which in practice block any financial assistance operation. This is not exactly what earlier communications by the Commission seemed to strive at and what was expected by the market after the publication of the relevant SLIM report.

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VI. Conclusions and Outlook Company law in the Netherlands clearly is in a state of flux. The whole body of rules is under evaluation and may change rapidly. Whereas in the past, the private company (B.V.) closely followed the approach laid down in the second EC Company Law Directive, at present the view is adopted that the B.V. should follow its own course. There is a broad support for a fundamental overhaul of the B.V. legal structure. This B.V. approach reflects a more general view in the Netherlands which is critical on legal capital and capital protection for both B.V. en N.V. For the B.V. this will undoubtedly result in a fundamental change of the existing legal regime. A number of rules of capital protection will be replaced by alternative instruments (like a “liquidy test”) which ultimately will be related to personal liability of directors (and persons actually and factually acting as a director). For the N.V. this approach has led and will lead to rather fundamental criticism on EC proposals with a view to amend the Directives in a much more fundamental way than currently envisaged by the European Commission. Moreover, the debate in respect of the B.V. will stir debates with a view to N.V. law reform, as well.

Capital Protection in Spanish Company Law

by Professor José Miguel Embid Irujo, Valencia

Table of Contents I. Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Roles and principles of corporate capital in joint-stock companies under Spanish Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Minimum capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Capital integration. Corporate contributions . . . . . . . . . . . . V. Capital preservation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Corporate capital protection and corporate insolvency . . . . . . VII. Final remarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Introduction Essentially, this paper aims to describe briefly the legal system for capital protection in Spanish company law, with particular attention to the public limited company, as per the regulations in force (Ley de sociedades anónimas – LSA-Public Limited Company Act, of 22 December 1989) strongly influenced by Directive 77/91/EEC. Therefore, the paper is not intended to assess this protection form on the basis of the long lasting debate on the effectiveness of Europe’s continental corporate capital system versus the undoubtedly different American model 1. For this reason I will just concentrate on the essential aspects of Spanish Statute Law in relation with the most relevant features of the subject. Of special importance are the following three: capital fixing, with special incidence on the minimum capital needed, capital integration – which requires brief reference to corporate contributions – and capital maintenance or preservation, a question under the influence of numerous aspects of the joint-stock company legal system 2. Notwithstanding the attention to be paid to these matters, we shall briefly ad-

1 See, recently, Merkt, Der Kapitalschutz in Europa – ein rocher de bronze? ZGR, 2004, p. 305 and following ones. 2 The literature on these topics in Spanish law is certainly vast. Since it is impossible to quote all the relevant papers on the subject, we shall just mention a few of the most significant ones depending on the issue addressed at each moment.

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dress other issues which affect the capital system. Among such issues is the “lifting or piercing of the corporate veil” of the legal status and the repercussions of the company’s insolvency. Once the scope of work staked, please note that a great deal of the ideas described in the paper could easily apply to other company formats, particularly to the limited liability company. Very common in the Spanish corporate panorama, this legal entity is regulated by corporate capital principles which are very similar to those of the public limited company. Notwithstanding its much lower capital stocks, the standards regulating capital integration and preservation in the limited liability company are considerably similar to those of the public limited company, this being further noticeable in recent years in relevant subjects like the buy-back of shares. On the other hand, the preferential attention paid by the paper to jointstock companies is in line with the European Law approach of the second directive, whose precepts – as is well known – are exclusively applied to the mentioned company form 3.

II. Roles and principles of corporate capital in joint-stock companies under Spanish Law Before delving into the three main questions of the paper, brief reference must be made to the roles and principles that define share capital in a joint-stock corporation under Spanish company law. As the essential element of a corporation (and also of a limited liability company and a limited partnership) corporate capital plays a number of roles in the currently in force law of Spain that can be summarised as follows 4: first, an organising role within the company, defining the position of the shareholders and, in general terms, the whole corporate dimension of the company; second, an economic-productive role, making possible the gathering of asset-related means for better fulfilling the corporate purpose; and finally, an important security role for the benefit of the company’s creditors, withholding

3 Legislative references throughout the paper will mainly refer to the LSA of 1989. However, for a deeper knowledge of this section of the Spanish law on joint-stock companies (like in other matters typical of this discipline and, in general, of company law), it is necessary to analyse the regulation contained in the Reglamento del Registro Mercantil 19 July 1996. 4 The following authors and works have been considered: Arroyo, I./Mercadal Vidal, F., Comentario al art. 1, in Arroyo, I./Embid, J. M. (coord.), Comentarios a la ley de sociedades anónimas, I, cit., p. 39, with numerous references; among many others, see Massaguer, J., El capital nominal. Un estudio del capital de la sociedad anónima como mención estatutaria, RGD, 1990, p. 5547 and following ones. On the other hand, what the text points out is common doctrine in Spain, as is the case in many other European countries.

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from the company’s balance assets accounting for at least the statutory capital sum. In turn, the corporate capital regulation in the LSA of 1989 – scattered throughout its articles – could be summarised into some general rules consistently referred to as “principles” by Spanish doctrine. Their number ranges from paper to paper, but for our purpose the following can be noted 5: a) Determination principle: requirement to record the corporate capital sum in the Articles of Association (Art. 9, f, LSA), at least in the amount set by the Act as minimum capital. Omitting this record renders the company null and void (Art. 34, 1, b, LSA). b) ‘Exact incorporation’ principle: it is expressive of capital regulation on foundation of the company. Among other things, it means the stock must be joint – this logically not being in opposition with the existence of the authorised capital (Art. 153, 1, b, LSA) 6; it must be fully subscribed and at least a fourth of it paid up (Art. 12 LSA) 7; finally, it must be real, i.e. must be in line with the actual contributions made (Art. 47, 1, LSA). c) Preservation principle: it condenses capital regulatory rules during the company’s actual operation. Some significant consequences are derived from this principle, such as the stability of the stocks, any modification of their sum having to conform to the legal procedure for capital increase and reduction (Articles 151– 170 LSA); the prohibition to distribute ‘fictitious’ dividends (Art. 213 LSA); the absolute prohibition to subscribe the company’s own shares (and those of the parent company), and the relative prohibition to acquire the company’s own shares (and those of the parent company), for acquisition is allowed under certain circumstances (Articles 74–79 LSA); finally, the obligation to reduce the capital and even wind up the company in case of serious asset loss (art. 163, 1, LSA; art. 260, 1, 4º, LSA).

5 Basically, the list of principles put together by Quintana, I. is followed, El capital social, in Rojo, A. (dir.), La reforma de la Ley de sociedades anónimas, Madrid, 1987, p. 112–113. To the principles cited in the text, some add the minimum capital principle; in this respect, Arroyo, I./Mercadal Vidal, F., Comentario al art. 1, cit. p. 33. 6 See Flaquer, J., El capital autorizado, Palma de Mallorca, 1995. 7 On the so-called “capital call” in Spanish law, that is, the contribution not paid up on foundation, see Beltrán, E., Los dividendos pasivos, Madrid, 1988, López Ortega, R., Los dividendos pasivos, Madrid, 1998, Otero Lasters, J. M., Dividendos pasivos, in Uría, R./Menéndez, A./Olivencia, M. (dir.), Comentario al régimen legal de las sociedades mercantiles, III-3º, Madrid, 1994.

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III. Minimum capital Under Spanish law, all public limited companies are requested to have a minimum capital of 60,000 euros or, as still mentioned in Art. 3 LSA, ten million pesetas 8. This sum is to remain intangible from company constitution to termination, no reduction being possible. In this respect, reducing the stock below legal limits is a specific cause for company dissolution (art. 260, 1, 5º LSA); however, such a reduction would be possible if at the same time an agreement were reached to transform the company into another company format or to increase the capital shares up to an amount equal or higher than the aforesaid minimum sum (Art. 169, 1 LSA). In Spanish law, the idea of fixing a minimum capital sum to set up a public limited company is indeed a novelty 9 that stems from the need to reform it following the adhesion of Spain to the EU. As known, the LSA previously in force (1951) 10 – like the Commercial Code (Código de Comercio) derogated by this act- did not set any obligations as to the establishment of a minimum capital; this actually allowed many companies with ludicrous corporate capital amounts to be set up and operate. This circumstance gives way to the well-known material undercapitalization phenomenon 11, the object of abundant criticism in Spanish doctrine. As readers would have noticed, the current minimum sum is considerably higher than that set by Directive 77/91/EEC. To start with, this should not be understood as a wrong implementation of its orders (in this case, the community rule only sets minimum standards). Apart from that, it is true that, since the LSA of 1989 came into effect (1st January 1990), the doctrine pointed out the insufficiency of the minimum capital set for a public limited company to become the legal entity chosen par excellence by large companies. Despite the initial criticism, in practice the use of the public limited company format has actually waned, this benefiting the limited liability corporation, with a considerably lower capital requirement (3,000 €) 12. 8 For the transition from the peseta to the euro in company law, see Echebarría Saénz, J. A., La conversión de los capitales sociales al euro en la Ley de introducción del euro, RdS, 12 (1999), p. 230 and following ones. 9 See García Villaverde, R., Capital mínimo, en AA.VV., Derecho de sociedades anónimas. I. La Fundación, Madrid, 1991, p. 111 and following ones; on LSA reform, Rojo, A./Beltrán, E., El capital social mínimo. Consideraciones de política y técnica legislativas, RDM, 187–188 (1988), p. 149 and following ones. 10 On the meaning and orientation of this act, see, inter alia, Girón, J., Derecho de Sociedades anónimas, Valladolid, 1952, and Garrigues, J./Uría, R., Comentarios a la Ley de Sociedades anónimas, 3rd ed., Madrid, 1976. 11 On undercapitalization, see, inter alia, Paz-Ares, C., Sobre la infracapitalización de las sociedades, ADC, 1983, p. 1587 and following ones; later, by the same author, La infracapitalización. Una aproximación contractual, in AA.VV., Derecho de sociedades de responsabilidad limitada, I, Madrid, 1996, p. 65 and following ones. 12 See figures in Sánchez Calero, F./Sánchez-Calero Guilarte, J., Instituciones de Derecho Mercantil, 27th ed., I, Madrid, 2004, p. 223.

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Logically, the minimum capital established by the 1989 LSA applies to all public limited companies regardless of their corporate purpose and specific activities. Nonetheless, Spanish law also sets higher corporate capital standards for certain public limited companies on the basis of a singular entrepreneurial activity and the need to offer a particular level of solvency to their customers. For obvious reasons, this paper can neither list all the companies affected by this circumstance nor specify the amount they are requested on constitution. Suffice it to say that, among many other, banking and insurance companies are subject to stricter regulations, their required minimum capital being certainly high 13. We should therefore conclude that Spanish law lacks a sufficient capitalisation standard, i.e. a rule imposing the adequacy of the capital sum to the entrepreneurial entity or significance of the purpose to fulfil 14. This issue has been paid some attention by Spanish doctrine, although contributions in recent years have been poor. Having established the inexistence of such a standard, a capital sum – inadequate for the development of the corporate object but respectful of the minimum amount set – could become the basis for the application of the Durchgriffshaftung or the ‘lifting of the corporate veil’. In fact, Spanish courts usually resort to this theory to avoid unfair results through the use of a licit institution, in this case the minimum corporate capital of the public limited company. In Spanish case law practice the consequences of “lifting the veil” are neither clear nor uniform, but could make the shareholders liable for the company’s debts 15. However, as is well known, in the Spanish Law on public limited companies “shareholders cannot be held liable for the debts of the corporation” (Art. 1 LSA) 16. The possibility of resorting to the “lifting of the veil” as a remedy to a situation of material undercapitalisation is subjected under Spanish doctrine 17 to two conditions: first, manifest capital inadequacy in respect of the risk resulting from the corporate pur-

13 For the complete list, see Arroyo, I./Mercadal Vidal, F., Comentario al art. 4, in Arroyo, I./Embid, J. M. (coord.), Comentarios a la Ley de sociedades anónimas, I, Madrid, 2001, p. 62–63. 14 Among others, Sánchez Calero, F., Comentario al art. 1, in Sánchez Calero, F. (dir.), Comentarios a la ley de sociedades anónimas, I, Madrid, 1998, p. 22. 15 On this complex matter, see Boldó, C., Levantamiento del velo y persona jurídica en el Derecho privado español, 3rd ed., Pamplona, 2000. 16 The establishment of a similar consequence (the shareholders’ liability for the corporate debts) is not found in Spanish statute law; thus, its potential application by case law requires to find in practice a situation of abuse or fraud “justifying” such a significant consequence. On the performance of Spanish courts, see Embid Irujo, J. M., Protección de acreedores, grupo de sociedades y “levantamiento del velo” de la personalidad jurídica, RdS, 11 (1999), p. 363 and following ones. 17 See Paz-Ares, C., La infracapitalización. Una aproximación contractual, cit., p. 262, Boldó Roda, C., Levantamiento del velo y persona jurídica en el Derecho privado español, cit., p. 448–449.

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pose 18; second, the “lifting the veil” cannot be used as a previous mechanism of control of the company’s capital sum. Together with the material undercapitalisation assumption, i.e. the capital allocated to the company is evidently unsuitable for the fulfilment of the corporate purpose, one must also talk about nominal undercapitalisation, as known. Different assumptions are here possible; the most common is the one in which the partners provide enough resources but via credit or loans. If the company goes bankrupt and goes into receivership, the owners of the company will become creditors to it in the receivership procedure. Attempts have been made in the Spanish legal system to regulate such a situation, particularly by Bankruptcy Law, so that such credit is deferred in respect of all remaining credit once bankruptcy declared 19. This issue will be addressed in more detail in section VI.

IV. Capital integration. Corporate contributions Art. 1 LSA reads: “the capital of public limited companies – divided into shares – is composed of the shareholders’ contributions”. After this general statement reflecting the exact correspondence between capital and shareholders’ contributions as a basic principle of public limited companies, the Act lays down the basics of such contributions, defining the eligible goods and their valuation, as well as some rules relative to the liability of the contributor. As one would imagine, the influence of Directive 77/91/EEC is very strong on this point, without detriment to some rules in force in Spanish law which are more in line with the traditional approach of the Spanish system 20. Obviously, the valuation of cash contributions does not pose any problems. Difficulties are found, though, as far as their reality is concerned, that is, in irrefutably proving that the contribution was actually made. Superseding the very succinct system established in this respect by LSA 1951, the current Act sets the need to prove its reality by issue of the contribution with the Notary Public authorising the memorandum of association or by producing proof of the actual payment into a bank (Art. 40 LSA). By doing so, problems caused by purely formal cash contributions – rather common before the LSA 1989 – are avoided. This 18 Thus, the undercapitalisation doctrine does not apply to financial creditors but to the extra-contractual creditors and “ignorant” ones not previously warned (Boldó Roda, C., Levantamiento del velo y persona jurídica en el Derecho privado español, cit., p. 448 and the authors quoted there). 19 In this respect, Boldó Roda, C., Levantamiento del velo y personalidad jurídica en el Derecho privado español, cit., p. 429 and next pages. 20 A detailed analysis of Spanish law from the viewpoint of European law can be seen in Beltrán, E., in Campobasso, G. F. (a cura di), Armonie e Disarmonie nel Diritto comunitario delle società di capitali, I, Milano, 2003, p. 385 and following ones.

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type of situation had repercussions on the shareholders’ equity and was detrimental to the company’s creditors. Further problems are posed by non-cash contributions, a matter regulated in detail by the LSA, as established by Directive 77/91/EEC 21. As to the eligible goods, Art. 36 LSA underlines “only those goods or property rights susceptible of economic appraisal shall be contributed”, labour or services not being allowed as corporate capital. Both labour and services could be considered additional duties (Art. 36 LSA), especially interesting to “closed” or family-owned companies 22. In spite of their genuine nature as public limited companies, the latter companies are strongly characterised by the intuitus personae or trust-based relationship of the shareholders, more typical of general partnerships. Spanish doctrine has argued that certain elements or rights might actually become genuine (non-cash) contributions to the capital of a public limited company. In essence, the problem has to do with the contribution of a right of use 23; to start with, that legal title would be possible; it would just have to be explicitly noted upon contribution, otherwise Art. 36, 2 LSA establishes the iuris tantum assumption that “all contributions are deemed effective for ownership purposes, unless otherwise stated“. To better understand the debate, let us remember that LSA 1951 established a stricter regime on possible contributions, in accordance with the prevailing doctrinal interpretation at the time. Of course, the objects of contribution had to have a property component and be susceptible of performance by creditors. The latter element is not included in Art. 36 LSA, in turn inspired in Art. 7 of Directive 77/91/EEC; as already said, both precepts exclude labour or services as the object of the contribution. Therefore, to start with, contributing a right of use would be lawful, as corroborated by most opinions; however, authors abound too that query it 24. With regard to the valuation of non-cash contributions, the contents of Art. 38 LSA and Art. 10 of Directive 77/91/EEC are to be taken into account. As is known, both precepts request the intervention of one or several independent experts to assess the value of the non-cash contributions made during the setting up

21 In general, see Mambrilla, V., Fundación con aportaciones “in natura”, in AA.VV., Derecho de sociedades anónimas. I. La Fundación, cit., p. 729 and following ones. 22 See López Sánchez, M. A., La configuración estatutaria de las prestaciones accesorias en la sociedad anónima, in AA.VV., Derecho de sociedades anónimas. I. La Fundación, cit., p. 835 and following ones; more recently, Viñuela, M., Las prestaciones accesorias en la sociedad de responsabilidad limitada, Madrid, 2004. 23 With special emphasis, Paz-Ares, C., La aportación de uso en sociedades de capital, en Estudios jurídicos en homenaje al profesor Aurelio Menéndez, II, Madrid, 1996, p. 2219 and following ones. 24 For detailed information on the debate, see Bonardell, R./Cabanas, R., Comentario al art. 36, en Arroyo, I./Embid, J. M. (coord.), Comentarios a la Ley de sociedades anónimas, I, cit., p. 396–397.

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of the public limited company. The resulting evaluation report is then annexed to the company’s deed of incorporation (Art. 38, 3 LSA). Originally German, this technique is a clear deviation from the model of the 1951 LSA, which assigned this task to the directors. Apart from the criticism the new system raised in the doctrine from the viewpoint of corporate capital safeguard, the fact is it brought along an ‘unexpected’ consequence when the LSA 1989 was enacted: the abandonment of the public limited company figure by economic operators and its replacement by the limited liability company. The reasons for this change in legal formats are varied, but they do point to the greater rigidity of the foundation process of a joint-stock company and the higher costs incurred as a result of having to hire an independent expert. Apart from that, the replacement of joint-stock corporations by limited liability companies evidences a company typology issue, this being a topic not addressed by the paper 25. Nevertheless, such a circumstance is most interesting from the viewpoint of Spanish companies, the situation being therefore comparable to that in Germany and breaking away from tradition in Spain: the predominance of the public limited company as a “universal instrument” from the perspective of the legal organisation of the company regardless of its size 26. The fundamental effect of the external evaluator’s report is the fact that companies want to meet this legal requirement to be able to set up the company. Once the report submitted, no obstacles are found in the subsequent foundation stages leading to the attainment of the company’s legal status. Therefore, thinking of not having the independent expert report when trying to set up a public company is not particularly realistic. Basically because of the dual check – by the Notary Public and the Registrar of Companies – that the procedure has to undergo under Spanish Law. Should the report not be submitted, it would bear no consequences on the existence of the company, since it cannot be used as nullity grounds (Art. 34

25 From the perspective of the limited liability company, see, among many, Fernández de la Gándara, L., La sociedad de responsabilidad limitada en el sistema español de sociedades de capital, in AA.VV., Derecho de sociedades de responsabilidad limitada, I, Madrid, 1996, p. 5 and following pages, and Embid Irujo, J. M., Cuestiones tipológicas en la sociedad de responsabilidad limitada, in AA.VV., La sociedad de responsabilidad limitada, Madrid, 1998, p. 53 and following ones. 26 Given the predominantly descriptive aims of this paper, it does not seem appropriate to delve into digressions about the “independent expert” notion, legal regime, and particularities of its intervention in the foundation process of a joint-stock company. By many, see Bonardell, R./Cabanas, R., Comentario al art. 38, en Arroyo, I./ Embid, J. M., (coord.), Comentarios a la Ley de sociedades anónimas, I, cit., p. 406 and following ones. Finally, please note that the independent expert does not only participate at the company’s foundation stage but also when a survey of non-cash assets is required, for instance, when the capital is increased by non-cash contributions (Articles 38, 3 and 155 LSA), on the occasion of mergers and company break-up (Articles 236 and 254 LSA), always within a specific regulatory framework.

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LSA). Spanish doctrine has proposed to consider the contribution effective, notwithstanding the absence of the report; in that case, if the actual value of the contribution were lower than the corresponding own resources, then the balance between both magnitudes would have to be restored, either through a complementary contribution or a capital reduction, the creditors not being entitled to oppose 27. Regarding non-cash contributions, brief reference must be made now to the regulations on the contributor’s liability 28 resulting from the evolution of the contribution object. This is dealt with by Art. 39 LSA, which to a great extent follows the rules already included in LSA 1951, in order to add to the adequate safeguard of the capital. With a view to specifying such liability, the law puts contribution on a level with the sales contract, understanding the former as an example of a translative act (from the contributor to the company), whose evolution (defects or vices, risk transmission) must be resolved in accordance with the sales discipline contained in the Civil Code and the Commercial Code. Particular rules are also dictated on the contribution of credit, the contributor being obliged to cover the debtor’s potential insolvency. Finally, a singular disencumbrance obligation is established when the contributed object is a company or a trading establishment 29. Brief reference will be made next to what the act calls “burdensome acquisitions” (Art. 41 LSA). According to the lawmaker, these acquisitions are dangerous: they are completed immediately after the foundation process; for that very reason, they may negatively affect the capital shares, as overestimating the goods acquired by the company is not infrequent a practice. This technique was already considered by LSA 1951 and, in any case, follows the model of the so-called “delayed constitution”, typical of German Law, as known. The precept now under examination is inspired not only by a continuity purpose with regard to Spanish tradition (without detriment to the German influence), but also by the need to include the orders of Art. 11 of Directive 77/91/EEC, even though the discipline established by LSA 1989 has a greater scope that the Community one. In essence, under Spanish law “any burdensome acquisition within the first two years whose price may surpass a tenth of the share capital shall be previously approved by the general meeting” 30. Apart from other details that cannot be addressed here, the 27 See Bonardell, R./Cabanas, R., Comentario al art. 38, cit., p. 415. 28 Synthetically, Beltrán, E., in Armonie e Disarmonie, I, cit., pages 395–397. 29 See Polo, E., La aportación de empresa a sociedad, in Estudios de Derecho bancario y bursátil. Homenaje a Evelio Verdera y Tuells, III, Madrid, 1994, p. 2205 and following ones. 30 On the general meaning of this rule, see Rojo, A., Adquisiciones onerosas por sociedad anónima durante el período inicial, in Derecho Mercantil de la Comunidad Económica Europea. Estudios en homenaje a José Girón Tena, Madrid, 1991, p. 271 and following ones.

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main difference between the Spanish regulation and the European law lies in the subjective indifference of the former versus the limitation by the latter of any transmission made by the founders and promoters of the company. Under the law of Spain, the acquisition, by the company, of assets meeting the requirements in Art. 41 LSA is subject to the control specified in the Act regardless of whoever the transferor is 31.

V. Capital preservation From the many questions that could be touched upon in this section, we shall refer to two only in order to ensure the synthetic and descriptive nature of the paper and, as far as possible, avoid matters of detail. On the one hand, this question has to do with the subscription and acquisition of the company’s own shares (and those of the holding company), that is, the buy-back of shares. On the other, it has to do with the effects that serious losses can have on capital stability, this leading to obligatory reduction, and on the very existence of the company, with an obligation to liquidate if the amount set by law is reached. As to the first issue, reference must be made – in an introductory attempt – to the prohibitive viewpoint included in the LSA of 1951 – with very few exceptions – when dealing with the acquisition by the company of its own shares 32. Of scarce practical significance, this criterion was only amended on the occasion of the enactment of LSA 1989 which, as known, incorporated the community discipline on public limited companies and the share buy-back issue in particular. Although the dangers of these acquisitions are obvious – not only for capital protection but also for the very corporate organisation of the company – the currently applicable legal regime 33 lays down two clear principles about the question: on the one hand, the absolute prohibition of the originating acquisition, what has come to be known as buy-back of own shares and those of the parent company (Art. 74 LSA); on the other, the acceptance, in some assumptions, of the derivative acquisition of the company’s shares and those of the controlling company (Art. 75 LSA).

31 A minor divergence between Directive 77/91/EEC and Art. 41 LSA is the fact that the former talks about the acquisition of “assets” while the latter uses the term “goods”. Despite the different wording, Spanish doctrine understands both terms as being equivalent; in this respect, Rojo, A., Adquisiciones onerosas, cit., pages 864– 865, and, lately, Bonardell, R./Cabanas, R., Comentario al art. 41, in Arroyo, I./ Embid, J. M. (coord.), Comentarios a la Ley de sociedades anónimas, I., cit., p. 431. 32 In general, Velasco san Pedro, L., La adquisición por la sociedad emisora de sus propias acciones, Valladolid, 1985. 33 Decisively influenced by the exhaustive paper by Paz-Ares, C., Negocios sobre las propias acciones, in AA.VV., La reforma del Derecho español de sociedades de capital, Madrid, 1987, p. 473 and following ones.

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Thus, the prohibition idea remains, though evidently relativised. They are two ways of referring to the same reality: limited admission or relative prohibition; both of them emphasize a particular way of designating the goal pursued by the Spanish lawmaker, to a great extent following the dictates of Community law. Yet, this alternative approach is not totally accurate, for a derivative acquisition of shares failing to observe legal requirements is (implicitly) considered valid by the legislator, notwithstanding some specific sanctions. Finally, LSA 1989 extends the basic regime on subscription and acquisition of own shares to identical phenomena when these affect the corporate parent of the subsidiary taking up or acquiring the shares. On this point, the Spanish legislator actually got ahead of the approach taken on later by European Law on the occasion of Directive 92/101/ EEC, on indirect portfolio 34. In any case, for the derivative acquisition of shares to be admitted a number of requirements have to be met (Art. 75 LSA): it has to be authorised by the company’s General Meeting; the nominal value of the purchased shares – added to that of the shares already owned by the purchasing company and its subsidiaries and, if applicable, the parent company and its subsidiaries, must not exceed 10 % of the share capital; the acquired shares must be fully paid out 35. Should these requirements be unobserved, the acquiring company shall alienate the shares within a year as from the first acquisition (Art. 76, 1 LSA). In any case, if the shares were legally purchased, that is, observing the described requirements, the company would necessarily have to respect certain provisions that basically affect the exercise of the derivative rights of the purchased shares. Thus, administrative rights – e.g. voting – would be suspended, whereas economic rights, like dividends, would be proportionally attributed to the rest of the shares. Apart from that, the acquiring company cannot keep the acquired shares in its assets sine die; whichever the deadline, whether the shares were bought in compliance with the legal requirements or against them, the acquired shares (the company’s own or those of the holding company) will have to be alienated 36. 34 Art. 87 LSA determines what is to be understood by parent company; in this regard, Embid Irujo, J. M., Comentario al art. 87, in Arroyo, I./Embid, J. M. (coord.), Comentarios a la Ley de sociedades anónimas, I, cit., p. 847 and following ones. 35 However, Art. 77 LSA lays down a series of situations in which the derivative acquisition of the company’s own shares or those of the parent company is deemed free, this meaning the requirements described in the text do not have to be necessarily met. 36 The acquisition of the company’s own shares and those of the parent company has been paid great attention by Spanish doctrine; the following are some of the main contributions: García Villaverde, R., Adquisición y aceptación en garantía por la sociedad de las propias acciones, en AA.VV., Derecho de sociedades anónimas. II-2º. Capital y acciones, Madrid, 1994, p. 1333 and following pages, Vázquez Cueto, J. C., Régimen jurídico de la autocartera, Madrid, 1995, Velasco san Pedro, L., Negocios con acciones y participaciones propias. Estudios jurídicos, Valladolid, 2000,

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Again, in line with Directive 77/91/EEC, Spanish law considers other business avenues for the company’s own shares or those of the parent company, among which is the so-called financial assistance (Art. 81 LSA), the object of strict prohibition, unlike what we just saw with the derivative acquisition of shares 37; however, the acceptance of the shares as a security seems to benefit from a regime comparable to the latter business type (Art. 80 LSA). Finally, we shall refer to the reciprocal holding of shares or cross holding (Articles 82–86) 38 regulated by the lawmaker within the same framework as the business with own shares or shares of the parent company, notwithstanding the differences between both situations. Perhaps their commonality lies, once again, in the pursued safeguard of the share capital. The cross holding phenomenon is deemed lawful provided it does not account for more than 10 % of the share capital of the participated companies (Art. 82). The second phenomenon I would like to refer to in this section is that of the repercussion of losses on the corporate capital39. Spanish legislators have laid down two different loss levels with immediate consequences for the affected company. On the one hand, a reduction in the share capital is dictated if the losses caused the assets to drop under two thirds of the capital and if, throughout the financial year, the loss was not made up for (Art. 163, 1 LSA) 40. The consequence is even more radical if the losses account for more than half of the share capital, unless it is increased or reduced; in which case, it is a cause for liquidation 41, as per Art. 260, 1, 4. In this case, the Board of Directors must call a General Meeting

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Recalde, A., in Armonie e Disarmonie, I., cit., p. 531 and following ones, GarcíaCruces, J. A., in Arroyo, I./Embid, J. M. (coord.), Comentarios a la ley de sociedades anónimas, I., cit., p. 687 and following ones. From the abundant literature on financial assistance, Flores Doña, Mª, Adquisición de acciones financiada por la sociedad, Madrid, 2000, Bayona Giménez, R., La prohibición de asistencia financiera para la adquisición de acciones, Navarra, 2002, Vaquerizo Alonso, A., Asistencia financiera para la adquisición de acciones propias, Madrid, 2003. See Alonso Ureba, A., Participaciones recíprocas: ámbito objetivo y subjetivo de la disciplina, in AA.VV., Derecho de sociedades anónimas. II-2º. Capital y acciones, cit., p. 1425 and following ones. Already in the LSA of 1951, see Menéndez, A., Pérdida del capital social y continuación de la sociedad anónima, en Estudios de Derecho Mercantil en homenaje al profesor Antonio Polo, Madrid, 1981, p. 495 and following ones. See García Villaverde, R., Algunas cuestiones sobre la reducción del patrimonio a una cantidad inferior a la mitad del capital social por consecuencia de pérdidas, en Derecho Mercantil de la Comunidad Económica Europea. Estudios en homenaje a José Girón Tena, Madrid, 1991, p. 467 and following ones. In general, Beltrán, E., La disolución de la sociedad anónima, 2nd ed., Madrid, 1997; more synthetically, Sequeira, A., Comentario a los arts. 260–265, in Arroyo, I./ Embid, J. M. (coord.), Comentarios a la ley de sociedades anónimas, III, Madrid, 2001, p. 2470 and following ones.

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to agree on the winding up. If the wind up is not agreed, the Directors will apply for liquidation from the judicial authorities. Should the Directors not meet their duties under such circumstances (calling a general meeting, apply for judicial dissolution), the law will held them jointly liable for the company’s debts. Typical of Spanish law, this is certainly a strict measure; in the practice it has become a significant instrument to avoid the formal maintenance of companies with serious losses or companies with almost no assets. Yet, it is not an example of the “lifting of the corporate veil” of the corporate entity, since only the directors are held liable (not the shareholders). Rather than a situation of liability for damages to the corporate stock, this is a genuine civil sanction imposed upon by law. This rule has been intensely discussed by the doctrine and frequently applied by courts; in actual fact, this precept has been used to avoid a receivership order in companies with serious losses, for the unquestionable benefit of the company’s creditors 42.

VI. Corporate capital protection and corporate insolvency Two questions in the still recent Bankruptcy Act of 9 July 2003 (in force since 1 September 2004) are noteworthy. On the one hand, the Act created a credit category classed as “subordinated”. This type of credit is deferred with respect of all other credit recognised in the receivership 43. When the debtor under receivership is a corporation, this credit type encompasses the credit of those shareholders holding 5 % of the corporate capital, should the company under receivership have stock (basically shares) in the stock market, or 10 % if this condition does not apply (Art. 93, 2, 1 in relation with Art. 92, 5, both in the Bankruptcy Act) 44. Please note that the conversion of the shareholders’ credit into subordinated credit against their own company for the cases described occurs regardless of the nominal undercapitalisation situation. In this respect, the Bankruptcy Act put

42 From the very extensive literature, see Machado Plazas, J., Pérdida del capital social y responsabilidad de los administradores, Madrid, 1997, Suárez Llanos, L., La responsabilidad por deudas de los administradores de sociedad anónima, en Estudios jurídicos en homenaje al profesor Aurelio Menéndez, II, cit., p. 2481 and following pages; lately, with abundant case law and doctrine information, Rojo, A., Los deberes legales de los administradores en orden a la disolución de la sociedad de capital como consecuencia de pérdidas, en Derecho de sociedades. Homenaje a Fernando Sánchez Calero, II, Madrid, 2002, p. 1437 and following ones. 43 The literature on subordinated credit is Spanish doctrine is extensive. See Garrido, J. Mª, “Créditos subordinados” (art. 92), in Rojo, A./Beltrán, E. (dir.), Comentario de la Ley Concursal, I, Madrid, 2004, p. 1659 and following ones. 44 See Garrido, J. Mª, “Personas especialmente relacionadas con el deudor” (Art. 93), in Rojo, A./Beltrán, E. (dir.), Comentario de la Ley Concursal, I, Madrid, 2004, p. 1677–1678.

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forward a generic principle, hence applicable to any case. Likewise, according to the act, the credit of those shareholders with a lower corporate capital participation than that previously stated is not deemed subordinated; a criterion laid down in a bill previous to the Bankruptcy Act is followed here to include situations in which the shareholders hold a significant or relevant part of the company’s equity. The second situation worthy of note with regard to corporate social protection and bankruptcy is to be found among the effects of the bankruptcy declaration and debtors being a corporation (Art. 48, Bankruptcy Act) 45. On the one hand, as far as the full integration of corporate capital is regarded, the receiver is entitled to claim for any deferred capital (basically “call money”) to be reimbursed, whichever the term in the Deed or the Articles of Association (Art. 48, 4). On the other, the referee can order the seizure of the assets of the director and the official receiver – or de facto- and of those holding such positions in the two years previous to the bankruptcy statement. This legal declaration shall only apply in case of firm assumption that the bankruptcy will be found ‘guilty’ and the stock is not enough to settle all debts. This possibility is intended to increase the receivership ‘mass’ by adding to it the assets of those who managed or liquidised the company, whose behaviour is presumed to be negligent. The precept has a realistic orientation, as explicit reference is made to the ‘de facto’ directors and receivers, this being a well-known category in the Spanish legal practice, particularly because it affects the former 46.

VII. Final remarks This paper briefly describes the main features of corporate capital protection under the Spanish Law on joint-stock companies. As already pointed out, the influence of European law, essentially through Directive 77/91/EEC, is most relevant, notwithstanding some prominent particularities in the Spanish legal system versus other European regimes. Although the joint-stock company figure is the focus of the paper, a great deal of the ideas described is applicable to the remaining company formats of Spain: limited liability companies, very important in the Spanish entrepreneurial practice 47, and the limited partnership, with no significance whatsoever 48. 45 On this precept, Beltrán, E., “Efectos sobre el deudor persona jurídica” (Art. 48), en Rojo, A./Beltrán, E. (dir.), Comentario de la Ley Concursal, I, Madrid, 2004, p. 963 and following pages. 46 On de facto directors, in general, Latorre, N., El administrador de hecho en las sociedades de capital, Granada, 2003. 47 In addition to the works on limited liability companies mentioned in the paper, see Arroyo, I./Embid, J. M. (coord.), Comentarios a la ley de sociedades de responsabi-

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As a conclusion, share capital protection under the Spanish law of joint-stock companies is indeed part of the “classic” approach to the subject and initially very far from reformist considerations that have become widespread in Europe following the example of the US. In the practice, some instruments seem to have worked better than others, and so an overall appraisal allowing to maintain the current approach in all its terms or to reject its guidelines with the same intensity is not possible. In my opinion, we must ponder about the scope and orientation of the possible reform with a view to having a number of precepts in line with the actual needs of the ‘business traffic’ of today’s joint-stock companies.

lidad limitada, Madrid, 1997, Bercovitz, A. (dir.), La sociedad de responsabilidad limitada, Pamplona, 1998, Garrido de Palma, V. (dir.), Estudios sobre la sociedad de responsabilidad limitada, Madrid, 2004. 48 On this company type, Fernández de la Gándara, L., La sociedad comanditaria por acciones (artículos 151 a 157 del Código de Comercio), in Uría, R./Menéndez, A./Olivencia, M. (dir.), Comentario al régimen legal de las sociedades mercantiles, XIII, Madrid, 1993.

A Report on Selected Aspects of Legal Capital under Polish Code of Commercial Companies

by Professor Andrzej Kidyba, Lublin Professor StanisŁaw SoŁtysinski, ´ Warszawa and Professor Andrzej Szuman´ski, Cracow

Table of Contents I. Themes 1 and 2: Shareholders’ Contributions . . . . . . . . . . . . . II. Theme 1: Cash Contributions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Modes of Cash Contributions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sanctions in Case of Non-payment . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Theme 2: Contributions and Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. The consequences of negative definition of in-kind contribution in Polish law (Art. 14 § 1 CCC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Particular regulation of the conversion into share capital of shareholder’s receivables from the company (Art. 14 § 4 CCC) . . . . 3. The valuation of Contributions in Kind . . . . . . . . . . . . . . IV. Theme 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Personal liability of shareholders (in joint-stock and limited liability companies), management board members and other individuals under the Polish Commercial Companies Code (“CCC”) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Protection of Initial (Share) Capital . . . . . . . . . . . . . . . b) Overvaluation of an in-kind contribution or an excessive payment for in-kind contributions . . . . . . . . . . . . . . . c) Liability for providing false information . . . . . . . . . . . . d) Liability for damage caused on the establishment of a company e) Culpable action of the company’s management board members f) Liability of certified auditor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Liability of a shareholder for physical and legal defects of inkind contributions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organisational liability of members of governing bodies . . . . . 3. Liability under provisions of the Civil Code . . . . . . . . . . . . 4. Penal sanctions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Theme 4: Shareholders’ loans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. The Focus of the Inquiry . . . . . . . . . . . . . . . . 3. The assumed functions of shareholders’ loans pursuant to Art. 14 § 3 of the CCC . . . . . . . . . . . . . . . . 4. The scope of application of Art. 14 § 3 of the CCC . . 5. Conclusions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Themes 1 and 2: Shareholders’ Contributions * In Polish law, the obligation to pay contributions to a commercial company, including also a ‘capital company’ (limited liability company, joint-stock company) is one of the essential elements required of the articles of association as they relate to its object. This is evidently underscored in Art. 3 CCC (Commercial Companies Code). Therefore, Polish law precludes the establishment of company without contributions in which a shareholder only undertakes the liability for debts of the company, without the obligation to actually pay in cash or provide in-kind contribution. Moreover, the obligation of a shareholder to make the contribution to a company has an additional legal basis in Art. 163 point 2 CCC in the case of a limited liability company, and in Art. 306 point 2 CCC – in the case of a joint-stock company, providing one of the premises of the establishment of the company, or, later, one of the premises of the increase of share capital (Art. 431 § 7 CCC). The obligation to make full contribution towards the shares is again provided for in Art. 329 § 1 CCC. In a limited liability company there is a binding principle of paying full contribution by a shareholder prior to the registration of the company, or prior to the registration of the increase in share capital (Art. 163 point 2, Art. 167 § 1 point 2, Art. 262 § 2 point 3 CCC). On the other hand, in a joint-stock company it is allowed to apply the certain sequence in paying in the capital in such a manner that prior to the registration of the company, or prior to the registration of the increase in share capital, it is necessary to pay in at least one fourth of the contribution (Art. 306 point 2, Art. 309 § 3 and 4, Art. 320 § 1 point 3, Art. 431 § 7 CCC).

* Professor Andrzej Szumański, Jagiellonian University, Cracow.

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II. Theme 1: Cash Contributions 1. Modes of Cash Contributions The object of cash contribution shall be both money in cash as well as money in non-cash form (e.g. deposit into a bank account, transfer order, remittance, certified banker’s draft). It may not be, however, so-called “private money” in the form of a promissory note issued and delivered by a shareholder to a company (see reasons provided with the resolution of the Supreme Court of 22. 05.1992, III CZP 52/92, OSP 1993 No. 6, item 120, where the Supreme Court declared that “the promissory note may not constitute cash contribution”, and reasons provided with the resolution of a panel of seven justices of the Supreme Court of 2 March 1993, III CZP 123/92, OSP 1993, No. 10, item 167, “a promissory note is not a surrogate for money and delivering the former may not be deemed an equivalent to payment”). Making cash contributions to a limited liability or joint-stock company is the subject of declaration provided in representation of each member of the management board (Art. 167 § 1 point 2, Art. 262 § 2 point 3 CCC, Art. 320 § 1 point 3, Art. 431 § 7 CCC). This representation is an attachment to the application for registration of the company in the register (the National Court Register) of a capital company or for the registration of an increase of share capital of such a company. Providing a representation containing false data shall be a basis of a liability towards the creditors of the company as provided in Art. 291 CCC in 479 CCC (liability for false representation, see Theme 3 below). In a joint-stock company, the provision of Art. 320 § 1 point 4 CCC additionally requires attaching a proof, certified by a bank or a brokerage house, of payment for the shares made to the bank account of the company in organisation, or to the account of the company already registered in the event of increasing the share capital thereof (Art. 431 § 7 CCC).

2. Sanctions in Case of Non-payment The sanctions in the case of non-payment or incomplete or delayed contribution towards the company are regulated expressly only in the case of a joint-stock company. These provisions are included in Art. 330 through 332 CCC. If the shareholder fails to make the payment on the set-out date he shall be obliged to pay statutory default interest or damages unless the statute provides otherwise (Art. 330 § 5 CCC). The most far-reaching sanction shall be the invalidation of the share certificates as provided in Art. 331 CCC, in the event that the shareholder fails to pay the amount overdue for shares, damages or any other dues expressly provided for in the statute (e.g. contractual damages). The new share

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certificates issued under the previous numbers are sold through a notary, brokerage house or bank. In the case of a limited liability company, however, in pursuance of the provisions of Art. 2 CCC, stating that in the matters which are not regulated by the Commercial Companies Code shall be governed by the relevant provisions of the Civil Code (hereinafter abbreviated as CC), the sanction for the failure to pay the agreed cash contribution shall be the liability of the shareholder for damages under Art. 471 CC, that is the liability for damages for the non-performance or improper performance of the obligation. III. Theme 2: Contributions and kind The selected legal issues pertaining in particular to the contribution in kind made by a shareholder to a capital company are regulated by Art. 14 CCC in the General Provisions of the Code. These had no equivalent provisions in the Polish Commercial Code of 1934. The provision regulate: a) negative definition of a contribution from a shareholder of a company (§ 1), which definition, for practical reasons, pertains to an in-kind contribution only; then b) the issue of inadmissibility of any setting off the receivables of the company vis-à-vis the shareholder concerning the payments for the shares (§ 4), as well as regulating legal effects of c) making a defective inkind contribution to the company, i.e. creating the liability of a shareholder for making good the difference in value of such contribution (§ 2), and d) extending a loan by the shareholder to a capital company which, under certain circumstances may be, against his will, treated as his contribution to the company (§ 3). This last case pertains to both cash and in-kind contributions. 1. The consequences of negative definition of in-kind contribution in Polish law (Art. 14 § 1 CCC) Polish Commercial Companies Code does not include a positive definition of the object of contribution from a shareholder of a capital company. The provision of Art. 14 § 1 CCC gives only so-called negative definition, indicating that a nontransferable right or provision of work or services may not constitute an in-kind contribution. An example of non – transferable right which was used as in-kind contribution in practice of Polish companies, prior to the CCC entering into force on 1 January 2001, was granting by a shareholder the right to use items or rights (limited property right) to the company. That was actually tantamount to making illusory contributions. The above legal provision does not allow, however, drawing a conclusion that all potential objects of in-kind contribution which are not covered by the nega-

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tive catalogue in Art. 14 § 1 CCC are indeed capable of becoming an in-kind contribution, under the “what is not prohibited is allowed” principle. Such a conclusion will constitute a methodological error. The above principle is not of absolute nature. It should be applied with due consideration given to the provisions on the protection of own capital of the company, taking into account the protective function of this capital, characteristics of Polish law (which belongs to continental law). On the other hand, the content of Art. 14 § 1 CCC does allow drawing a positive conclusion that in Polish law there is no binding principle of numerus clausus for in-kind contributions. By this virtue, it allows inclusion in the concept of in-kind contribution to a capital company also these new categories of rights which will only emerge in future. These rights should, however, pass the test of capacity to become the in-kind contribution, established in Poland by both legal doctrine and court decisions. These categories include: a) capacity of the contribution to become a balance-sheet item (i.e. the possibility to describe, value and place it as an asset in the balance sheet of the company), b) transferability of the right, i.e. the possibility of legal disposition of the object of contribution to the company, c) usability of the contribution and its actual availability to the company, d) subsidiary application of the criterion of possibility of including the object of contribution as an item of an estate in bankruptcy or in liquidation (e.g. the entire share capital should not be covered exclusively by know-how). These criteria should be met jointly, but it is not always that they must be met to the same degree i.e. the highest degree. A lower intensity of one feature can be compensated by a strong presence of other features (typological method). The body of legal literature contains also certain directions for the interpretation of provisions on in-kind contributions to capital companies (see A. Szumański, Dyrektywy weryfikacji zdolności aportowej wkładów niepieniężnych do spółek kapitałowych przez sąd rejestrowy, Przegląd Sądowy 1997, No. 9. pp. 15–33, and by the same author, Wkłady niepieniężne do spółek kapitałowych, Warszawa 1997, pp. 205–224), such as: a) more rigorous evaluation of the capacity to become in-kind contributions in the newly established companies than in those increasing their share capital; the risk of bankruptcy is higher in the former, and for this reason more weight should be attached to this auxiliary criterion evaluating the capacity of a an inkind contribution to be used as item in bankruptcy or liquidation proceedings. b) more rigorous evaluation of the capacity to become in-kind contributions in joint-stock companies than in limited liability companies, because of possible liability towards the company borne by the shareholders making contribu-

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tions and members of the management board for incorrect valuation under Art. 175 § 1 CCC. c) the necessity to take into account the structure of the share capital, i.e. the types of assets corresponding to that capital. It is a point in the event that the whole of share capital is covered by in-kind contribution which is not meeting all four criteria of capacity to become such a contribution, in a manner which does not raise any doubt (e.g. in the case of know-how – the lack of capacity to become an item of an estate in bankruptcy or in liquidation). d) the necessity of taking into account the lines of functional interpretation of the provisions on in-kind contributions, for example: the need to provide protection of interests of the creditors of the company, the company itself, or of the shareholders contributing in cash. The latter are actually in a worse legal position than the shareholders contributing in-kind, because prior to the registration of the company or the registration of the increase in share capital, the former freeze their own assets, in a particular contrast to the shareholders of a joint-stock company who may release the object of in-kind contribution later (Art. 309 § 3 first sentence CCC). The issue of lower liquidity of in-kind contribution is also a matter of significance. Thence the adherence to the principle that such contributions should not be valued with any preference towards the shareholders providing (contra proferentem principle) is justified. In the Polish legal doctrine and court decisions there is a consensus in principle that the following have the capability to be an in-kind contribution: a) in terms of property rights – ownership of real property and chattel, ownership of a complex property in the form of enterprise or its organized part, share in a co-owned property, perpetual usufruct, c) in terms of property rights to intangible assets – rights in sphere of inventions, i.e. patent or right to patent for an invention, certificate of protection or a right to such certificate for a utility model; licence to use an invention or utility model; know-how, trademark, and author’s personal legal rights, c) in terms of obligation rights – constitutively contributed tenant or lessee rights, share rights, bonds, shareholder’s receivables from a third party or from an existing and already registered company (and not from a company which is just being formed).

2. Particular regulation of the conversion into share capital of shareholder’s receivables from the company (Art. 14 § 4 CCC). Both Polish legal doctrine and court decisions do not raise doubts about the in-kind contribution capacity of: a) receivables of a shareholder vis-à-vis a third party and b) receivables of a third party towards the company. The Supreme

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Court, in its resolution by a panel of seven justices of 3 March 1993 (III CZP 123/92, OSNCP 1993, No. 10, item 167) adopted the following position: “The obligation of the shareholder to provide in future a certain amount of money towards the liability company being formed may not constitute the coverage of shares in the company”. The position taken by courts in their decisions has been principally approved by legal doctrine. An attempt to solve practically the issue of so-called “capacity to become a contribution in kind” of a receivable due from the company to a shareholder is made in Art. 14 § 4 CCC, which reads: “A shareholder may not set off his receivables due from the company against the company’s receivables due from the shareholder by means of a payment due for the shares. This shall not preclude contractual set-off”. This provision pertains to a situation when the shares of a capital company are to be covered by shareholder by his cash contribution and the latter, in his performance of the obligation, presents to the company his own receivables due from the company. In such an event the statutory set-off under Art. 498 CC is prohibited under the provision of Art. 14 § 4 first sentence 1 CCC. Allowing in such case of a contractual set-off (Art. 14 § 4 zd. 2 CCC) increases the flexibility of legal relationships between the company and a shareholder. Therefore the potential liability to the company of the members of management board for the damage caused (Art. 293, Art. 483 CCC) shall allow elimination of the practice of so-called hidden in-kind contributions, which practice would otherwise be possible by applying a statutory set-off (Art. 498 CC). The doctrine universally accepts that the statutory set-off referred to in Art. 14 § 4 second sentence CCC should meet the conditions set for the statutory set-off in Art. 498 CC, namely: a) the parties are simultaneously debtors and creditors in respect to each other, and both claims are b) money or things of the same quality defined only generically, c) are enforceable, and d) may be vindicated before a court or other state organ.

3. The valuation of Contributions in Kind The valuation of non-cash contributions is subject to different legal regimes in limited liability companies and joint-stock companies. In the limited liability company this regime is more liberal than in the joint-stock company. In both cases, however, the CCC does not impose on a company or shareholder any particular method of valuation. The choice of the method is left as matter of freedom of contracts between a company and a shareholder. In the limited liability company there is no formalized valuation of a noncash contribution. This contribution as well as a person making it should only be set forth in detail in the articles of association (Art. 158 § 1 CCC). The actual

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valuation of an in-kind contribution is effected by assigning a specified number of shares and their nominal value It is made possible only because in the event that the value of in-kind contribution is considerably overestimated in comparison to its sales value as at the date of execution of the articles of association), the shareholder who made such contribution and members of the management board who, while being aware of this fact, applied for the company’s registration, shall be jointly and severally liable to compensate of the company for the shortfall (Art. 175 § 1 CCC). In a joint-stock company the valuation of in-kind contribution is made by the management board which should, in its report, detail not only the object of the in-kind contributions and the number and class of shares issued for these contributions, but also present the method of valuation employed (Art. 311 § 1 point 1 and 5, Art. 431 § 7 CCC). The valuation is next audited by an auditor appointed by the registry court (Art. 312, Art. 431 § 7 CCC).

IV. Theme 3 1. Personal liability of shareholders (in joint-stock and limited liability companies), management board members and other individuals under the Polish Commercial Companies Code (“CCC”)* a) Protection of Initial (Share) Capital In both limited liability and joint-stock company, there is a whole range of provisions whose purpose is to protect the initial capital.1 The key among them include for example Article 158 § 2 CCC, disallowing any payments from initial capital to be made for services provided upon the incorporation of the company or the crediting of the same towards the shareholder’s contribution; Article 179 CCC, proscribing reimbursement of additional payments (dopłaty) which are required to cover losses in the share capital disclosed in the balance sheet; Article 189 CCC and Article 344 CCC, disallowing reimbursement of contributions towards shares; Article 192 and 348 CCC, restricting the distribution of dividend; Article 311 CCC, laying down obligations for founders on making in-kind contributions to the joint-stock company; Article 350 CCC, under which shareholders in a joint-stock company who, in contravention of the law or articles of association (statut), have received any distributions from the company (otherwise than receiving in good faith a share in profit) are under an obligation to return the same; etc. * Prof. A. Kidyba, Maria Curie Skłodowska University, Lublin. 1 A. Kidyba, Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością [Limited liability company], Warsaw 2005, pp. 54–55.

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b) Overvaluation of an in-kind contribution or an excessive payment for in-kind contributions A breach of these provisions can result in personal liability of shareholders (in joint-stock or limited liability company) or of management board members. The key provisions in that respect are Article 175 CCC 2 applicable to the limited liability company and Article 481 CCC for the joint-stock company. Under the former provision, if in-kind contributions are significantly overvalued compared to their transfer value on the date of the deed of formation (umowa spółki), the shareholder, who has made such contribution, and members of the management board, who knowingly filed for registration, are required jointly and severally to make up the resulting shortfall to the company. The shareholder of members of the management board of the company cannot be released from the said obligation. And thus a certain degree of freedom enjoyed by limited liability company shareholders, in contrast to the joint-stock company (where the making of contributions in-kind is subject to a strict regime) is offset by the requirements set forth in Article 175 CCC. The regulation applies to both situations, when in-kind contributions are made on the incorporation of the company and subsequently upon increasing the initial capital. The joint and several liability applies to the shareholder making the in-kind contribution, whether or not they have been aware of the contribution being overstated, and members of the management board who, while being aware of the in-kind contribution being overvalued, filed for registration. The liability is limited to the requirement to make up for the shortfall between the transfer value and the value indicated in the deed of formation. This is not a liability for damages but a liability for the shortfall. Therefore, under the provision no other limits of damages can be delineated (damnum emergens, lucrum cessans). This has also been confirmed by the decision of the Supreme Court of 11th December, 2002 (I CkN 1315/00, Lex no. 75349). On the other hand, Article 481 CCC, pertaining to the liability of shareholders in a joint-stock company, is to a certain extent equivalent to Article 175 CCC (the difference being who it applies to and the nature of the liability). Pursuant to Article 481 CCC, any person who, on the incorporation of a joint-stock company or on the increase of its share capital, provides though his own fault to himself or a third party payment materially in excess of the transfer value of in-kind contributions or the assets acquired, or special remuneration or benefits incommensurate with the services rendered, he is under an obligation to redress the damage so caused to the company.3 The provision applies to all those 2 A. Kidyba, op. cit., pp. 284 and so on. 3 J. Fra˛ckowiak, Kodeks spółek handlowych. Komentarz [CCC. Commentary], Warsaw 2002, p. 774.

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who provided benefits to themselves or third parties, including without limitation founders, management board members and certified auditors, yet excluding shareholders. The liability arising under Article 481 CCC is a liability towards the company and it is – unlike the one laid down under Article 175 CCC – a liability for damages.4 And thus, a damage has to occur, the fault of the actor and the causality between the damage caused and the action. The liability includes both damnum emergens and lucrum cessans.

c) Liability for providing false information The liability of management board members for disclosing false information is provided in both a limited liability company (Article 291 CCC) and joint-stock company (Article 479 CCC).5 Pursuant to Article 291 CCC, if management board members intentionally or negligently disclose false information in the statement referred to in Article 167 § 1(2) or Article 262 § 2(3), they are liable to the company’s creditors jointly and severally with the company for a period of three (3) years after incorporation or registration of the increase of the initial capital. Further, pursuant to Article 479 CCC, if management board members intentionally or negligently disclose false information in the statement referred to in Article 320 § 1(3) and (4) or in Article 441 § 2(5), are liable to the company’s creditors jointly and severally with the company for a period of three (3) years after incorporation or registration of the increase of the initial capital. In both of the above circumstances, the liability for making a false statement is involved. In the case of a limited liability company, reference is made to the statement of the management board members confirming that the contributions with respect to the initial capital have been fully made by all the shareholders. In the case of a joint-stock company, a counterpart of the limited liability statement is involved plus the management board’s confirmation of the assurance of the inkind contributions to be made if the articles allow making in-kind contributions after the incorporation of the company. The liability specified in the above provisions applies only – in principle – to members of the management board. The liability is a liability for conscious disclosure of false information (dolus) and for negligence (culpa levis). It is a quasi-tortious liability based on the principle of fault.

4 A. Szajkowski, Kodeks spółek handlowych. t. IV Komentarz, [CCC. Vol. IV. Commentary] , Warsaw 2004, p. 118 5 A. Kidyba, Kodeks spółek handlowych. Komentarz. t. I i t. II, [CCC. Commentary,] Cracow 2005, vol. I p. 1295 and vol. II, p. 900.

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d) Liability for damage caused on the establishment of a company Article 292 CCC (limited liability company) and Article 480 CCC (jointstock company) regulate the liability arising on the establishment of a company when damage is inflicted in contravention of the provisions of the law through a fault of the perpetrator.6 In the case of a joint-stock company, Article 480 § 2 CCC adds by way of example cases of liability indicating that a person who discloses or aids the disclosure in the articles of association, statements, opinions, notices or provisions of false information or otherwise disseminates such information or omits or aids the omission in such documents of information that is material for the establishment of the company, including without limitation inkind contributions, acquisition of assets and granting remuneration or special benefits to shareholders or other persons, or aids actions resulting in the incorporation of the company on the basis of a document containing false disclosures, is required to redress the damage. The provisions referred to above regulate liability towards the company and cover management board members, shareholders involved in the establishment of the company and others. Activities that may be deemed as causing damage to the company’s assets include in particular payment of remuneration for services from the initial capital, failure to remedy defects in the deed of formation or articles of association as to the initial capital or contributions, resulting in the winding up the company (Article 21 CCC). Under Article 292 CCC and 480 CCC, the company may assert claims, and therefore it is a liability towards the company. The liability is conditional on causing damage to the company, rather than the individual shareholders. Besides damage, the other grounds for liability include: fault (intentional – dolus or negligence – culpa levis), causality between the damage and the intended subjective action. The provision includes an additional objective condition, namely acting against the law. Hence, not every damage would do, but only such where the causality between the damage and fault results from breaching the law, both either through an act and failure to act (omission).

e) Culpable action of the company’s management board members Article 293 and 483 CCC provide that a member of the management board, supervisory board, and liquidator is liable towards the company for damage caused through an act or omission that is contrary to the law or the provisions of the deed of formation, unless no fault is attributable to them. A member of the man-

6 A. Kidyba, Spółka … [Company …], op. cit., pp. 873–4 and so on, as well as A. Szajkowski, Kodeks … [Code …], op. cit., pp. 110 and so on.

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agement board, supervisory board and liquidator should, while performing their duties exercise due care resulting from the professional nature of their actions. In a limited liability company, the same applies also to the auditing committee. The above provisions regulate liability towards the company, rather than towards third parties. The drafters of the Commercial Companies Code did not give third parties the right to assert direct claims against members of the company’s corporate bodies; such right being reserved to the company only. The provisions cover both corporate bodies (management board, supervisory board) but also liquidators, trustees, etc. The liability is triggered by breach of the law or provisions of the deed of formation. The damage has to result from a fault, and causality must exist between the culpable act or omission, and damage. The scope of the provision is broad and it without doubt covers all the obligations relating to the protection of the initial capital. The obligations of the governing bodies can arise not only under the Commercial Companies Code, but also under other regulations, such as – to name just a few – the Act on Accounting of 29th September, 1994 or the Act on Rules for Taxation of 29th August, 1997, Act on Goods and Services Tax of 11th March, 2004. The liability of members of governing bodies is joint and several.7 In passing, one should also bear in mind a provision offering additional protection to the respondent. Pursuant to Article 295 § 1 and Article 486 § 1 CCC, if the company does not take an action for redressing damage suffered by it within a year after the discovery of the act causing such damage, each shareholder may file an action for redressing the damage so inflicted on the company. The granting of an exceptional right to the shareholders (actio pro socio) belongs to minority rights and is expected to serve the purpose of protecting the company in the event its governing bodies become incapacitated.

f) Liability of certified auditor In a joint-stock company, pursuant to Article 482 CCC, any person who while auditing the financial statements of the company through their own fault allows damage to be done to the company, is required to redress the same. The liability applies only to a closed group of persons, that is auditors, governed by the provisions of the Act on Auditors of 13th October, 1994.

7 A. Kidyba, Spółka … [Company …], op. cit. p. 881.

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g) Liability of a shareholder for physical and legal defects of in-kind contributions Pursuant to Article 14 § 2 CCC, in the event a shareholder (of a limited liability of joint-stock company) has made a defective in-kind contribution, they are obligated to redress the commercial company for the difference between the value of the contribution set in the deed of formation or articles of association, as the case may be, and the transfer value of the same.8 Under such circumstances, the deed of formation or articles of association, as the case may be, can also vest the company with other rights. A defective in-kind contribution occurs when a shareholder’s contribution has physical or legal defects, as a result of which its value and utility for the company is less than the one represented in the deed of formation of a limited liability company and the act of subscribing shares in a joint-stock company. The compensatory liability (Differenzhaftung) should not be confused with the liability of a shareholder of a limited liability company arising under Article 175 § 1 CCC. In that last case this is not about a defective contribution due to physical or legal defects but about liability for incorrect valuation of the shareholders’ contribution. The transfer value of the contribution (zbywcza wartość) means the value the defective contribution would fetch at the time of being contributed and it is its fair market value. The date of determination of the transfer value of the in-kind contribution should be the date the shares are taken by the shareholder, rather than the date of discovering the defect or filing the claim. The liability for the difference means that if the shareholder makes a defective in-kind contribution, they are obliged to make up to the company for the difference between the value recorded in the foundation documents and the transfer value of the contribution. The compensatory liability is a specific solution adopted only for commercial companies. This is not about the application of provisions on liability for defects or statutory warranty (rękojmia). The purpose of Article 14 § 2 CCC is to make up for the difference between the value specified in the deed of formation (articles of association) and the transfer value of the contribution. This is the interest of company law. Yet, there is nothing to prevent the application of the provisions of the Civil Code on statutory warranty for defects of a thing sold, with the exclusion however of the right to withdraw from the agreement. A deed of formation of a limited liability company or articles of association of a joint-stock company can provide additional rights which become the obligation of a shareholder making the defective in-kind contribution. These can include the determination of the principles governing liability for damages, liquidated damages, redemption of shares, etc. 8 A. Szuman´ski, Kodeks … [Code …], op. cit. pp. 156 and so on.

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2. Organisational liability of members of governing bodies As a result of a violation of the principles of protection of the initial capital, notwithstanding the liability for damages or quasi-liability for damages, members of governing bodies may shoulder organisational liability. This may involve dismissal at any time of a member of the management board or supervisory board as well as suspension from office. In the case of employment at the company, this can involve the official liability relating to the employment relationship.

3. Liability under provisions of the Civil Code In addition, the general principles of civil liability set forth in the Civil Code (“CC”) apply also to the limited liability company and the joint stock company. It should be concluded that in any matters not regulated under the Commercial Companies Code, the provisions of the Civil Code apply. And thus, the limited liability company is covered by the contractual liability regime, that is the liability for damage caused in violation of the obligations that the company has contracted (Article 471 and the following CC) and liability in tort, i.e. liability for intentional acts seeking to inflict damage on a third party with which the company is not bound under any agreement (Article 415 and the following CC). In the case of the contractual liability, in order to be released from it, the obligor carries the burden of proof to demonstrate that they have exercised due care, while in the case of liability in tort, the relation is the opposite, that is the company shoulders the burden of proof being required to prove the perpetrator guilty. In both these cases, apart from the problem of fault – as before – the need for damage to occur and causality between the act and damage also holds. Liability for unjust enrichment is also not at all out of the question (Article 405 and the following CC).

4. Penal sanctions Regardless of the above cases of liability, the Commercial Companies Code – notwithstanding the Criminal Code regulating the problem of business fraud – in Article 585–595 CCC introduces special principles of criminal liability.9 In the context of the initial capital protection issues, the following provisions of the of

9 A. Kidyba, Kodeks … [Code …]. vol. II. op. cit. pp. 1275 and so on.

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the Commercial Companies Code needs pointing out (they are often related to the civil liability provisions discussed earlier): Article 585 – Any person who, while taking part in the establishment of a commercial company or acting in the capacity of a member of its management board, supervisory board or auditing committee or a liquidator, acts to its detriment – shall be liable to penalty of imprisonment of up to five years and a fine. Any person who incites the person referred to in § 1 above to act to the detriment of the company or assists said person in committing such offence shall be liable to the same penalty. Article 586 – Any person who, while acting in the capacity of a member of the management board or a liquidator of a company, fails to file a petition in bankruptcy of the commercial company despite the occurrence of circumstances which give grounds for bankruptcy of the company under legal regulations – shall be liable to a fine, penalty of restriction of freedom or imprisonment of up to one year. Article 587 – Any person who, while performing the duties referred to in Title III and IV CCC, discloses false information or provides it to the company’s governing bodies, state authorities or a person appointed to conduct the audit – shall be liable to a fine, penalty of restriction of freedom or imprisonment of up to two years. Where the perpetrator acts unintentionally – shall be liable to a fine, penalty of restriction of freedom or imprisonment of up to one year. Article 588 – Any person who, while acting in the capacity of a member of the management board or a liquidator of a commercial company allows it to acquire its own shares or become a pledge thereof – shall be liable to a fine, penalty of restriction of freedom or imprisonment of up to six months. Article 592 – A member of the management board who permits the issue of shares: which have not been paid-up sufficiently, before the company is registered, in the case of increase in the share capital, before the increase is registered, shall be liable to a fine, penalty of restriction of freedom or imprisonment of up to one year. Article 594 § 1(5) and (6) – Any person who, while acting in the capacity of a member of the management board of a commercial company, and contrary to his duties, allows the management board not to submit an application to the registry court for the appointment of expert auditors, not to announce the filing by the expert auditor of his opinion with the registry court in accordance with the provisions of Article 312 § 7, shall be liable to a fine of up to PLN 20,000.

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V. Theme 4: Shareholders’ loans * 1. Introduction The so-called General Part of the Polish Code of Commercial Companies10 contains a summary regulation of the shareholders’ loans. According to Art. 14 § 3 of the Code: “A receivable of a shareholder under a loan extended to a company shall be deemed his contribution to the company in the event of declaration of the company’s bankruptcy within two years of the date of execution of the loan contract.” Provisions of §§ 32a and 32b of the German GmbHG constituted the main source of inspiration of the drafters of the rule presented above. The regulation of the shareholders’ loans represents just one of several illustrations of a general tendency of the Code to assure proper capitalization of the capital companies.11 Although the drafters of the Code were inspired by the aforementioned German regulation, they have chosen a materially different approach by adopting a laconic rule instead of a much more elaborate set of rules dealing with several specific factual situations addressed in §§ 32a and 32b of the German GmbHG. The deep differences of opinion found in German legal literature on the subject of shareholders’ loans, coupled with the difficulties inherent in the interpretation of the basic standard of application of the said rules, namely, the requirements of their application set forth in § 32a of the GmbHG, have spoken against a slavish importation of the German model.12 Apart from its brevity, the Polish regulation differs from the German rules in many other respects. First, it covers only loans. Second, it applies to all shareholders’ loans extended within a two-year period prior to the declaration of bankruptcy, regardless of the financial situation of the company at the time of execution of the loan contract. Third, it provides for just one “sanction”, namely treating such loans as the shareholder’s capital contribution rather than a receivable of the least privileged category in the insolvency proceedings. Fourth, Art. 14 § 3 of the CCC applies both to the limited liability company and the joint stock company. * Prof. S. SoŁtysiŃski, A. Mickiewicz University, Poznań. 10 Ustawa z dnia 15 września 2000 r., Dziennik Ustaw Nr 94, poz. 1037, as amended, here-and-after “the CCC“ or “the Code”. 11 The latter term denotes joint stock company (spółka akcyjna) and limited liability company (spółka z ograniczoną odpowiedzialnością). See art. 4 § 1(2) of the CCC. 12 The interpretation of the terms of „ordentliche Kaufleute“ and „Zeitpunkt“ used in § 32a of the GmbHG are subject of clashing interpretations. Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 15 Aufl. 2000, p. 417 et seq.

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Of course, such summary and succinct rule has both advantages and disadvantages. Below, I describe the interpretation of the Polish rule on shareholders’ loans and its evaluation against the background of the current discussion on the reform of the legal capital. 2. The Focus of the Inquiry I focus on how the lapidary regulation of the shareholders’ loans in the CCC is interpreted by Polish legal commentators and, in particular, how issues specifically addressed by the German legislator in §§ 32a and 32b of the GmbHG are answered under the Polish Code. Furthermore, this note contains a preliminary evaluation of the hitherto functioning of the rule. Given our interest in the usefulness of the legal capital concept, I will try to answer the question whether the company laws should contain rules on the treatment of shareholders loans in the event of the company’s insolvency proceedings. 3. The assumed functions of shareholders’ loans pursuant to Art. 14 § 3 of the CCC Commentators agree that the regulation set fort in Art. 14 § 3 of the Code is interlinked with the institution of legal capital.13 First, it is aimed at protecting a company against the risk that its shareholders would obtain privileged access to the company’s assets. Second, indirectly it obligates the shareholders to assure their company sufficient capitalization. Although, in principle, the Code does not obligates the shareholders to finance the company beyond their capital contributions, Art. 14 § 3 in conjunction with Art. 233 and Art. 397 of the CCC provide that in the event of a risk of insolvency, the shareholders shall finance the company by way of additional capital or financial assistance by third parties. Alternatively, when the balance sheet shows a loss in excess of the total of the spare and reserve capital and one-half of the share capital, the management board is obliged to convene a shareholders’ meeting to adopt a resolution on the further existence of their company.14 Thus, it is clear from the above, that the purpose of Art. 14 § 3 and Art. Art. 233 and 397 of the Code is to assure the capital companies sufficient financing by way of capitalization and preventing its shareholders to circumvent the tenet that they 13 See. A. Szumanski ´ [in] So Łtysi nski, ´ Szajkowski, Szuma nski, ´ Szwaja, Komentarz KSH, Warszawa 2001, p. 171. 14 The obligation to convene the shareholders’ meeting for such purpose arises „when the balance sheet drawn up by the management board shows a loss in excess of the total of the spare and reserve capital and half of the share capital” (Art. 233 § 1 of the CCC). A similar requirement is imposed on the shareholders of a joint stock company (Art. 397 of the CCC).

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are primarily responsible for the risk of economic activities of their company and that, in the event of insolvency or liquidation proceedings, they participate in the distribution of the company assets remaining after satisfying or securing the creditors of the company.15 Of course, the shareholders are not prevented from extending loans to their company. Such loans are valid but the shareholders bear the risk that in the event the loan is concluded within a two-year period prior to the declaration of bankruptcy, it shall be deemed a capital contribution to the company. Thus, unlike under the GmbHG, negative consequences to the shareholder do not depend upon any other criteria such, as for instance, the criterion of “ordentliche Kaufman”. Moreover, the consequences of the declaration of bankruptcy of the company that received a loan from its shareholder are deeper under Polish than the German law. While under German law such a loan is payable as receivable of the last category during the insolvency proceedings, Polish law treats the loan as a capital contribution. Therefore, such contribution cannot be regarded as a shareholders receivable but as his/her capital contribution.16 As a consequence, the shareholder, who has extended the loan, may not demand the repayment of such a loan. In the event, the loan was executed but not performed, the receiver, has the right to demand the amount due as a capital contribution owed to the company.17

4. The scope of application of Art. 14 § 3 of the CCC Unlike § 32a subs. 3 of the GmbHG, Art. 14 § 3 of the CCC does not contain a rule extending its command to similar legal acts executed between the company and its shareholders or third parties. Some authors maintain that the rule on shareholders’ loans should be applied by analogy (analogia legis) to similar transactions, whereby the shareholder offers financial assistance to its company (e.g. by guaranteeing a loan or credit extended to the company by a third party).18 The opposite view seems to be correct. The regulation incorporated in Art. 14 § 3 of the CCC constitutes an exception to the principles of freedom of contract 19 and the limited liability of the shareholders of the capital companies.20 15 Ib id. 16 F. Zedler, Wpływ ogłoszenia upadłości spółki kapitałowej na umowę pożyczki udzielonej upadłej spółce przez wspólnika albo akcjonariusza [in:] Prawo prywatne czasu przemian. Księga pamiątkowa dedykowana Profesorowi S. Sołtysińskiemu (red. A. Nowicka), Poznań 2005, p. 613 et seq.; J. Napierała, [in:] Koch, Napierała, Prawo handlowe. Spółki handlowe, Kraków 2002, p. 111. 17 F. Zedler, op. cit., p. 614–615. 18 R. L. Kwa´snicki, Pożyczki udzielone spółce kapitałowej przez wspólnika lub akcjonariusza, Monitor Prawniczy, Nr 23/2001, p. 1970. 19 Art. 3531 of the Civil Code. 20 Art. 151 § 3 and Art. 301 § 4 of the CCC. A. Szuma nski, ´ note 4, p. 174–175.

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Therefore, the exceptional rule shall be subject to strict interpretation (exceptiones non sunt extendendae). Moreover, where the risk of financing a company is shared by a third party and a shareholder, who provides a security to the lender, the arguments for punishing the shareholder are weak, if any. It is also doubtful whether a loan extended to company (A) by a company controlled by a shareholder (company B) shall be also deemed as a capital contribution or a legal act performed in fraudem legis and, thus, invalid. The Code attributes only specific legal acts of a controlled company to its dominant company. There is no general principle imputing all acts of a controlled company to its dominant company.21 As already mentioned Art. 14 § 3 of the CCC is located in the General Part of the Code. Thus, it is applicable both to the limited liability companies and the joint stock companies. The analyzed rule does not apply to shareholders’ loans which have been extended and repaid by the company during the critical two year period preceding the declaration of bankruptcy. Upon repayment, the debt is extinguished. Therefore, on the day of the declaration of the company’s bankruptcy, the shareholder does not have a receivable against the bankrupt’s estate. However, the creditors may be protected under actio Pauliana (Art. 527 of the Civil Code) or Art. 128 subs. 1–3 of the Law on Bankruptcy and Debt Restructuring.22 According to Art. 128 of the Insolvency Law legal acts subject to consideration which have been executed between the bankrupt company and its shareholders, as well as its connected companies, made within six months prior to the date of filing a bankruptcy petition, shall not be enforceable against the bankrupt’s estate. Moreover, the shareholders’ loan may not be set off. In the event the shareholder’s loan was executed during the relevant two year period prior to the declaration of bankruptcy but not performed, the receiver or the court appointed manager (zarządca sądowy) 23 may enforce it against the

21 A. Szumanski ´ indicates, however, that certain loans extended to a company by third parties based on understanding with a shareholder may be held as legal acts in fraudem legis and, therefore, null and void. Op. cit. p. 174. In my opinion, the sanction of invalidity is inappropriate since it would deprive the company the needed financing. The purpose of Art. 14 § 3 is quite different, as it is not aimed at invalidation of such loans but at transforming them ex lege into capital contributions. However, one cannot exclude the argument that Art. 2 of the CCC justifies a mutatis mutandis application of Art. 58 § 1 of the Civil Code permitting substitution of the sanction of nullity by a milder sanction provided in Art. 14 § 3 of the CCC. According to Art. 2 of the CCC, where the nature of the legal relationship so requires, the provisions of the Civil Code shall be modified or excluded, if necessary. 22 Prawo upadłościowe i naprawcze of February 28, 2003, Dziennik Ustaw, No. 60, item 535, as amended (here-in-after „the Insolvency Law). 23 The latter situation arises when the insolvent company is subject to debt restructuring proceedings. In such a situation the task of management of the estate may be left to the management board of the insolvent company.

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shareholder. Such a contribution constitutes a receivable belonging to the bankrupt’s estate and may be enforced against the shareholder. A promised receivable is deemed to be a capital contribution.24 The problem whether the assignee of the receivable is covered by the scope of Art. 14 § 3 of the CCC is subject to a lively discussion in the Polish legal doctrine. According to one view, the pertinent rule does not apply to the shareholder’s assignee. Again, the principle of interpretation exceptiones non sunt extendendae is invoked to support this proposition.25 Other commentators argue that the assignee of the shareholder-lender steps into the “shoes” of the assignor, therefore, he should be deemed to be a shareholder. The problem is difficult, indeed. I share the former opinion according to which the exceptional rule of Art. 14 § 3 does not apply to the assignee of a shareholder. However, the assignment of such receivable to a third party may be contested by a receiver in bankruptcy as a transaction in fraudem legis entered into by the parties for the avoidance of the application of Art. 14 § 3 of the CCC. Such argument can be advanced in the event the assignment is made between dominant and dependent companies or between parties connected by capital or other close links. The proximity of the dates of the declaration of bankruptcy and the assignment may constitute a prima facie evidence of the parties intention to circumvent the applicable rule of law. Securitization of the shareholder’s loan executed within the critical period provided in Art. 14 § 3 of the CCC is null and void upon the declaration of bankruptcy of the recipient company, as capital contributions shall not be secured by the company.26 Unlike, § 39 of the German Insolvenzordnung, upon the judicial declaration of bankruptcy the shareholder-lender does not acquire a receivable under the loan contract. His obligation is deemed to be a capital contribution. Hence, he acquires additional shares in the subscribed capital of the bankrupt company. Therefore, in the event of termination of the insolvency proceedings, where the company regains its powers to manage its own affairs,27 the shareholder-lender is 24 F. Zedler, note 7, p. 614–615. According to A. Szumanski, ´ note 4, in case the loan has not been performed the lender has not acquired any receivable (wierzytelność) and, therefore, Art. 14 § 3 does not apply. Note 3, p. 173. In my opinion, a loan subject to consideration is a bilateral contract pursuant to which the lender and the borrower acquire their respective rights (receivables) upon the entry into force of the contract. Of course, in case the loan is not performed by the lender he has a conditional receivable. Besides, Art. 14 § 3 of the CCC does not require that the loan shall be actually performed before the declaration of bankruptcy. 25 K. Oplustil, Pożyczki wspólników udzielane spółkom kapitałowym. Analiza regulacji Art. 14 § 3 and Art. 189 § 2 KSH. Kraków 2000, p. 77. 26 A. Szumanski, ´ note 4, p. 174–175. 27 I have in mind a situation when all shareholders have been satisfied and the company has still assets enabling it to continue its activities or when the shareholders decide to liquidate thereof.

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entitled to exercise additional corporate rights in proportion to the value of the performed loan. Such additional shares enable him to participate in the liquidated assets of the company. In the event, the shareholders decide to “revive” their company, the amount of the loan shall be reflected in the subscribed capital thereof. Since such loan is not treated as a shareholder’s receivable, he should not be “double punished” but accorded additional shares in the capital of the company pursuant to Art. 14 § 3 of the Code. 5. Conclusions The consequences of the hitherto functioning of Art. 14 § 3 of the Code are mixed. The succinct regulation of the shareholder’s loan seems to provide sufficiently clear answers to the majority of questions arising in practice. However, the overall evaluation of the analyzed institution is inconclusive. The rule strengthens the capital contribution and maintenance concepts. However, several commentators and practitioners consider it to be harsh and formalistic. It is also argued that the financing of the company by debt rather than by capital contributions constitutes a modern business reality. Furthermore, it is rightly argued that shareholders are frequently the only persons to provide additional financing to their company. For reasons set forth above, I am of the opinion that Art. 14 § 3 of the CCC should be repealed rather than modified. The potential abuses by shareholders made to the detriment of the creditors are sufficiently limited by the Insolvency Law and actio Pauliana. Conclusions regarding replacement of legal capital by liquidity test 1. The discussion on the fundamental reform of the legal regime protecting the company and its creditors under the Second Company Directive has also started in Poland. Some authors have advocated the replacement of the legal capital by a liquidity test and, in particular, liberalization of statutory protective measures applicable to a limited liability company (an equivalent of the German GmbH and the Dutch B.V.). 2. The authors of this report do not opt for a replacement of the legal capital rules by a liquidity test at least until the completion of the reform of the EU Second Directive. Instead, we agree with those authors who advocate supplementing fixed capital rules with a liquidity test or other measures (e.g. further information requirement). 3. We also advocate liberalization of the legal regimes of the limited liability company (spółka z o.o.) in comparison with that of the joint stock company (spółka akcyjna).

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4. Furthermore, we are of the opinion that the recent decisions of the E.C.J. in Centros, Inspire Arts, etc. have resulted in establishing an unequal playing ground for private companies, which are subject to practically no-creditor protection disciplines (e.g. British and Irish plc-ies) and private companies in those jurisdictions which impose strict minimum capital requirements. While regulatory and legislative competition has meaningful advantages, the European Commission should prevent the risk of a “race to the bottom”. In the event foreign private companies subject to nominal or no minimum capital requirements would become very popular in Poland, we would recommend the Polish Government to analyze the situation and implement a “cheap” version of the Polish equivalent of the German Gmbh (spółka z o.o.). 5. While we agree that the legal capital rules are not perfect and somewhat rigid, we are of the opinion that they have several advantages. First, they eliminate will-be shareholders who do not possess a minimum resources to set up a viable business entity. Second, the fixed capital defines the minimum corporate risk fund to be provided by the founders of the company for the benefit of its creditors. Third, by imposing a requirement of a statutory minimum capital, “the legislator saves the creditors the transaction costs which might otherwise be incurred in order to implement contractual protection, in particular, screening costs”.28 Fourth, the traditional rules provide for reasonably clear guidelines on distribution of dividends and other payments to the shareholders, thus protecting the company and its shareholders. Finally, the legal capital rules are products of the long continental legal tradition and corporate culture. The path dependence theory speaks against a revolutionary overhall of the existing fundamental company law rules.29 6. We also think that the advantages of the liquidity test and contractual or criminal sanctions advocated by the proponents of radical reforms are exaggerated. First, the liquidity test is by no means clear and it is already adopted in many Continental jurisdictions in their bankruptcy/insolvency laws. Second, only professional creditors and sophisticated business actors may take advantage of contractual protections in dealing with companies. Yet, it is clear that they do not care about the remaining creditors, in particular consumers. As a rule, their contractual initiatives weaken the position of the other creditors of a company. Third, the “shadow” directors rules and proposals aimed at intro-

28 P. Mankowski, Does Contract Suffice to Protect the Creditors of a Company and Their Interests Properly at. 8. 29 See further L. Bebchuk, M. J. Roe: A Theory of Path Dependence in Corporate Ownership and Governance, 52 Stanford Law Review (1999), pp. 127, et seq. The authors rightly emphasize that “[P]ath dependence is an important force – one that students of comparative corporate governance need to recognize – in shaping corporate governance and ownership around the world”. Ib. id., at. 170.

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Andrzej Kidyba, Stanisław Sołtysiński and Andrzej Szumański

ducing tougher criminal sanctions against company directors do not seem to be panacea against the risk of insolvency. There is no evidence that such legal sanctions are effective or even widely used to combat corporate crimes, except for a few recent decisions in the U.S. rendered against notorious public company executives who committed crimes of expropriation of hundreds of millions of dollars despite the existence of tough criminal laws in the United States. By contrast, the meaningful preventive effect of increasing the minimum legal capital for the limited liability company in Poland from 5.000 to 50.000 zlotys (i.e. from about 1.000 to 22.000 Euro) in 2001 has almost eliminated the phenomenon of using the LLC as a component of illegal “chains” of private companies established for illegal purposes, in particular, for charging the Treasury with sham VAT reimbursement claims.30 Fourth, contractual instruments of creditors protection are used less frequently in our region. Thus, the creditors should be protected by state imposed rules although they are frequently rigid and imperfect. 7. We believe that especially the public companies shall be subject to stricter information requirements. More radical changes in the field of creditors’ protection, including relaxation of legal capital rules should be preceded by more discussion at the E.U. level and in Member States. For instance, it is by no means clear whether Polish economic actors, in particular, managers are in favor of replacing the capital rules by the liquidity test and tougher sanctions imposed on company directors. Hence, future reforms should be preceded by a meaningful dialogue with business circles.

30 There is a risk that the English and Irish “mailbox” plc-ies may be used for such purposes soon.

Capital Requirements in United States Corporation Law

by Professor Richard A. Booth, Marbury Research Professor of Law, University of Maryland School of Law Baltimore, Maryland

Table of Contents I. II. III. IV.

History and Evolution of Legal Capital Rules Legal Capital in Current Practice . . . . . . . Other Sources of Creditor Protection . . . . Conclusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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This article focuses on corporation law in the United States as it relates to capital contributions and capital maintenance. In other words, this article addresses the provisions of corporation law relating to (1) the obligation of investors to contribute to the corporation a specified amount of capital and (2) the obligation of the corporation to maintain a specified amount of capital (and not to pay it back to the stockholders in the form of dividends or payments to repurchase or redeem shares). Traditionally, the amount of capital that must be contributed to and maintained by a corporation is called the legal capital of the corporation.1 Thus, I refer here to the rules relating to these matters as legal capital rules. It is important to recognize that corporation law in the United States is state law. There is no general federal corporation law, although there are a few federally chartered corporations. And there is no federal common law relating to corporations. The legal capital rules vary widely from state to state. Indeed, it is arguable that the legal capital rules differ more from one state to the next than any other feature of corporation law. Accordingly, it is fair to say that there is little agreement among lawmakers as to the rationale for and wisdom of such rules. It is also fair to say, however, that few American legal scholars perceive that these rules are important. Few bother to focus on them in their law school classes, and few publish any significant scholarship on the subject. On the other hand, the subject is quite interesting from an historical perspective and offers important insights into how corporation law evolved in the United States. 1 See generally Bayless Manning & James J. Hanks, Jr., Legal Capital (1990) (hereinafter Manning & Hanks).

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The legal capital rules, such as they are, apply only to corporations. There are no legal capital rules applicable to other forms of organization such as partnerships and limited liability companies (although there are few very general default rules about capital accounts in connection with these forms of organization). This article is divided into three parts. First, I outline the history and evolution of legal capital rules in the United States. Although these rules have been deemphasized in recent years, particularly in the Model Business Corporation Act (MBCA) and the states that follow it, the legal capital rules remain on the books of numerous states and continue to be litigated from time to time. Second, I describe and analyze the legal capital rules currently in force in the major commercial jurisdictions, including Delaware, New York, and California. In addition, I will describe the rules as currently set forth in the MBCA. Again, there are remarkable variations in the rules from state to state. For example, as I discuss further below, California requires its corporations to maintain a balance sheet conforming to generally accepted accounting principals (GAAP) and limits the payment of dividends to either retained earnings or assets in excess of 125 percent of liabilities. Delaware, on the other hand, permits dividends without reference to a formal balance sheet. For example, under Delaware law a corporation may pay a dividend to the extent that going concern value exceeds long term debt and stated capital. Third, I describe the various rules that have taken the place of the legal capital rules in the United States. These include federal securities law, stock exchange regulations, fraudulent transfer statutes, bulk sale statutes, veil piercing doctrine, successor liability doctrine, fiduciary duty doctrine relating to corporations operating on the edge of insolvency, and a variety of corporation statutes relating to particular transactions such as sales of assets and dissolution. (I do not address any industry-specific capital rules such as those relating to banks, brokers, or insurance companies.)

I. History and Evolution of legal capital rules The best way to understand corporation capital requirements in the United States is to consider the matter from an historical perspective. Prior to 1811, one could not form a corporation except by legislative act. In that year, New York enacted legislation permitting the formation of manufacturing corporations without specific legislative action.2 In 1845, Louisiana adopted a new constitution that prohibited the legislative charter of corporations, apparently as a result of the perception that legislative charters smacked of privilege and elitism.3 Whatever the 2 See William T. Allen & Reinier Kraakman, Commentaries and Cases on the Law of Corporations 85 (2003). 3 Id. at 85–86.

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reason, it presumably became necessary to set up more or less standard rules relating to the amount of capital that must be contributed to a corporation in order for it to commence doing business. In the days of legislative charters, such matters could be individually negotiated according to the nature of the business. With incorporation under a general act, one needs rules. In 1875, New Jersey enacted the first general corporation statute. That statute was revised in 1896, among other things, to permit one corporation to hold the shares of another and thus to permit the formation of so-called trusts such as Standard Oil. This statute was copied virtually verbatim by Delaware, where it was enacted in 1899. In 1913, under the leadership of Governor Woodrow Wilson, New Jersey eliminated several of the more liberal provisions of its corporation law, leaving Delaware as a more attractive place to incorporate, a position that it has maintained since that time.4 It is widely believed that the various states compete with each other to attract corporations.5 Although such competition does not appear to be a problem in other areas of the law, it is perhaps understandable that corporation law is different in that the corporations of one state are essentially free to operate in all states. Thus, many observers have suggested that the dilution of substantive rules such as those relating to legal capital may be attributable to destructive competition and the so-called race to the bottom in corporation law as each state competes to attract corporations by eliminating restrictions on their activities. Nevertheless, it is important not to jump to conclusions about the temptation of states to compete with each other. Indeed, several studies indicate that stock price tends to be higher for Delaware corporations than for corporations of other states, which suggests that stockholders may view the supposedly lax Delaware rules as better than those of other states.6 There is no reason to think that the states would not compete with each to offer the best possible legal product. Thus, although it may be tempting to assume that the demise of the legal capital rules is an example of increasing laxity in corporation law, it may also be the case that such rules proved to be inefficient and that other more efficient rules have evolved. In any event, after the advent of free incorporation, state law required (1) that the charter of a corporation to be formed specify some minimum amount of capital for which subscriptions must be obtained and (2) that some specified portion of this amount in fact be paid before the corporation could legally commence doing business.7 Many of these provisions were included in state constitutions. 4 5 6 7

See Mark J. Roe, Delaware’s Competition, 117 Harv. L. Rev. 588 (2003). See id. See id. See Nixon v. Nixon, 196 Ga. 148; 26 S.E.2d 711; 1943 Ga. LEXIS 355 (citing statute providing that persons who organize a company and transact business in its name, before the minimum capital stock has been subscribed for, are liable to creditors to make good the minimum capital stock with interest).

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Many of these statutes remained in force through the 1920s and a few persisted until later particularly in more heavily regulated businesses. Presumably, state corporation commissioners reviewed the proposed amounts in much the same fashion as they would later review the merits of a securities offering. Hence, these requirements were likely seen as the quid pro quo for limited liability. In other words, they were probably viewed as a way to protect creditors who could not pursue their claims against the assets of individual stockholders if a business failed as they would be able to do against partners in an ordinary partnership.8 Nevertheless, it is not clear that the rules relating to par value and watered stock were intended to protect creditors. Rather, they may have been intended to assure equal treatment among subscribing stockholders, a function that was largely supplanted by the federal Securities Act of 1933. In addition, most states placed limits on the maximum amount of capital that a corporation could raise from the sale of stock.9 In many cases, these limitations varied according to the nature of the business. New York abolished such limitations in 1890, but they persisted in several states into the 1920s and beyond.10 Limits on the maximum amount of capital that a corporation might raise were undoubtedly the vestige of popular suspicion about the mystical idea that a corporation could have the legal status of a person and possibly even the older worry that corporations were an arm of the state. In any event, state corporation statutes combined provisions that were designed both to assure that a corporation raised sufficient capital for its purposes and to prevent the amassing of too much capital (and economic power). The fact that corporation law sought to accomplish both of these ends undoubtedly confused matters among lawmakers and gave rise to many opportunities for messy compromises. In any case, given the minimum capital requirements, it was necessary for an entrepreneur who sought to form a corporation for purposes of conducting business (usually called a promoter in the older cases) to specify in advance the number of shares to be sold and the price at which those shares would be sold. Practically speaking, investors would not likely invest unless they knew these facts. Moreover, this system had the effect of ensuring that all investors would be treated more or less equally at least in the initial round of share sales. (Various other rules made it difficult to sell additional shares later.) It seems fairly clear that the idea of par value came from this practical necessity. Although it is now obvious that setting par at the price at which one expects to sell shares can be unduly confining if it later becomes necessary to sell more shares, it is understandable

8 It is not clear precisely when the first statutes expressly granted limited liability to stockholders, though the common law doctrine appears to have been well established from an early date. 9 See Liggett Co. v. Lee, 288 U.S. 517 (1933). 10 See id.

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that in the early days promoters gave little thought to the possible need for a subsequent issue of shares because of the relatively low limits that many states placed on maximum capital.11 This system also required a special rule relating to contracts to sell shares. It is the corporation that must issue shares. But the corporation may not exist at the time an investor agrees to invest. In such circumstances, there is no counterparty to the investor’s agreement to invest. Therefore, there is no enforceable contract. Thus, the states enacted statutes that made subscription agreements enforceable by the corporation to be formed for some specified period of time. These statutes remain on the books in most states, but they are rarely used today, because it is very easy to form a corporation, and because a share subscription constitutes an offering of securities under the 1933 Act, which therefore must be registered.12 This system also had the effect of protecting creditors or at least affording them a possible remedy. If the corporation became insolvent, creditors could pursue subscribers who had not yet paid for their shares. In addition, if a promoter failed to garner sufficient subscriptions or payments, but began to do business in the name of the corporation anyway, the promoter could be held personally liable for the debts of the business.13 In addition to rules relating to the minimum amount of capital that must be paid in before commencing business, corporation law limited the nature of the 11 This may also be due to the fact that it was possible to make subsequent assessments on shares. Today, shares are invariably fully paid and non-assessable. 12 These statutes also contain provisions relating to the manner of making calls on subscribers that are designed to assure that all are treated equally in having their subscription agreements enforced. 13 This system was particularly strong in southern states such as Georgia and Virginia and gave rise to litigation into the late 1930s. It is worth noting that the word promoter is more or less a term of art in the older case law, referring to a person who seeks to form a corporation and find investors. Although the term remains in some use, it is so easy to incorporate today that it is foolish not to form a corporation before taking any other steps in connection with promoting the business. (If one has already formed a corporation before taking any other steps to sell stock or enter into other contracts for the benefit of the business, then the corporation itself can enter into contracts including contracts with investors and avoid the issue of personal liability at least in the absence of fraud.) Today, cases involving promoters are typically viewed as examples of stupid mistakes made by business people without the most basic knowledge of corporation law. In fairness, it may often have been rather difficult to convince potential investors to subscribe or thereafter pay without first lining up various inputs for the business. In other words, it seems likely that many promoters faced a serious chicken and egg problem in setting up a business. Many of the older cases involving promoters may have come up during the period following a successful subscription but before investors had in fact paid in their capital contributions. Thus, it is hardly fair to dismiss the older cases as simple examples of promoters who did not know enough to complete formation of the corporation before commencing business.

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capital that could be contributed. It seems fairly obvious that one way to circumvent the requirement of payment for shares pursuant to a subscription would be to pay with a promissory note, in effect substituting one obligation for another. Some states appear to have required that contributions be in cash, though most states ultimately adopted statutes that simply prohibited payment in the form of a promise to pay or a promise of future services. The par value system was a passable way of assuring equal treatment among new stockholders, but it failed to protect new stockholders from promoters who might have sold themselves stock on the cheap before selling stock to the general public. In such a case, a new stockholder has no standing to sue, because the corporation is presumed to have assented to the terms on which it sold stock and the new stockholder is presumed to have paid a fair price for his stock.14 Undoubtedly part of the problem lay in the fact that promoters had begun seeking capital from strangers who had little access to information about the businesses being promoted. As a result of this problem the states began to pass so-called blue sky laws. The first such law was enacted by Kansas in 1911.15 Within a short period of time virtually every state had some such law. In most cases, these laws empowered the state securities commissioner to review the merits of an offering, and to prohibit the sale of investments that were found not to be fair, just, and equitable to investors. Hence, the system came to be known as merit regulation. State blue sky laws had numerous problems. For one, it was difficult for a securities commissioner to pursue unscrupulous promoters across state lines. Accordingly, Congress enacted the Securities Act of 1933.16 Unlike most state blue sky laws at the time, the 1933 Act mandates only disclosure.17 It establishes a system under which an offeror must file a registration statement with the Securities & Exchange Commission, disclosing all material facts about an offering, including any prior issuance of stock to promoters. In addition, a prospectus (which is essentially a copy of the registration statement without the exhibits) must be delivered to every investor. Finally, the 1933 Act provides straightforward remedies for investors if the issuer misrepresents or fails to disclose any material fact about the offering. In effect, the 1933 Act solved the stockholder standing problem by giving the stockholder a more or less absolute right to get

14 See Old Dominion Copper & Smelting Co. v. Lewisohn, 210 U.S. 206 (1907). But see Old Dominion Copper & Smelting Co. v. Bigelow, 203 Mass. 159 (1909). 15 See Paul G. Mahoney, The Origins of the Blue-Sky Laws: A Test of Competing Hypotheses, 46 J. Law & Econ. 229 (2003). 16 15 USC 77a et seq. 17 The initial proposal to Congress was for a system of federal merit regulation. State blue sky law was essentially pre-empted by federal securities law by the passage of the National Securities Markets Improvement Act (NSMIA) in 1998.

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back his money. It also swept away most of the rationale for the par value system (as far as stockholders are concerned) in that it effectively required that public offerings be conducted by the sale of a fixed amount of stock at a fixed price per share.18 Another well recognized problem with the par value system was that it could create difficulties in connection with subsequent offerings of stock. Suppose that a company sets its par value at $ 100 per share and sells the entire initial offering at that price. Five years later, market prices generally have fallen by 30 percent, and the shares of the company are selling for $ 70. Given that most companies tend to follow the market up and down, one would expect the stock to be trading at $ 70 even if the business has performed as expected. The company wants to sell additional shares, but its charter requires that the shares be offered at $ 100 – which no investor will pay. There was some authority to the effect that a corporation could sell shares at less than par under such circumstances, but it was arguably limited to situations in which the corporation would otherwise fail.19 The obvious solution to this problem is to amend the charter to reduce par value to $ 70 or some lower number. But there appears to have been a strict rule against reducing capital.20 As a result of this problem, New York amended its corporation law in 1912 to permit the use of no par stock.21 Despite the name, no par stock is still very much part of the par value system. The general rule with no par stock is that the stock may be sold for any amount set by the board of directors, but the entire amount received for stock must be treated as stated capital.22 It is fairly clear that neither the ability to amend the charter to reduce par value nor the practice of issuing low par stock was widespread or even extant as of 1912. But it is not surprising that after 1933 corporations began to issue stock with a low par value simply to plan for the possibility of further sales of stock in the future. After all, the 1933 Act effectively protected investors against overpayment and dilution far better than the par value system had done. Neither is it 18 Despite the 1933 Act, blue sky laws remain in force in every state. Although many states follow the Uniform Securities Act, there are significant variations state to state. NSMIA further limited the reach of state blue sky laws, preempting them in connection with any offering governed by federal law. Thus, they apply only to offerings wholly within a state, which are also exempt from federal law. On the other hand, many state blue sky laws govern a broad range of financial services that are not within the scope of federal securities law. 19 See Handley v. Stutz, 139 U.S. 417 (1891). 20 See, e.g., Charles T. Boone, Manual of the Law Applicable to Corporations Generally § 114 (1882). See also Bove v. Community Hotel Corp., 249 A.2d 89 (R.I. 1969) (noting that as late as the 1960s Rhode Island law did not permit amendment in connection with terms of outstanding preferred stock except by unanimous vote). 21 See Vaughan v. State of New York, 272 N. Y. 102 (1936). 22 The rule was later modified to permit the board of directors to designate some lesser amount as stated capital. See MBCA 21.

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surprising that although the states could have eliminated the par value rules at this point – if the only concern was equal treatment among stockholders – they were probably reluctant to eliminate the par value requirement entirely because of the rights that creditors had come to enjoy. Nevertheless, those protections had become quite slim. The par value system had other another independent set of implications for dividends (distributions of property) to stockholders.23 In the traditional system, the corporation could make distributions to its own stockholders only to the extent that it had generated profits – funds in excess of its capital. To return capital would in effect violate the par value system by permitting stockholders to pay par formally at the outset and then to get a rebate of some of the money. Thus, the par value system required rules about distributions. To borrow a phrase from trust law, the most basic rule was in essence that a corporation could not invade capital to pay a dividend. Practically speaking this meant that the corporation could pay dividends only out of profits. But there were many variations on this basic theme, as I discuss further below. One problem with a strict rule against invasion of corporate capital is that sometimes a corporation may raise more capital than it needs. Presumably, the corporation should be able to refund unneeded capital to its stockholders. Arguably it might even be required to do so.24 So a strict non-invasion rule might be too strict. In any event, the rules relating to distributions offered (some) creditor protection in addition to the rules relating to the issue of stock. The point for present purposes is that there were two somewhat independent but related rationales for the par value system: regulation of stock issuance and regulation of distributions to stockholders. Taken together, they must have appeared to be good reasons not to do away with the par value system altogether despite the increasingly common practice of using low par stock. In effect, the idea may have been to permit corporations to specify some amount of minimum capital that would be raised and maintained, but it is unclear that by 1950 either stockholders or creditors placed much reliance on these rules.

II. Legal Capital in Current Practice Legal capital rules vary widely from state to state, but there are essentially five models in common use. I classify these according to the rules relating to ordinary distributions to stockholders. The 1950 Model Business Corporation Act 23 The MBCA uses the word distribution to refer to payments of cash or property to stockholders. The word dividend is used only in connection with distributions of stock (stock dividends and stock splits). 24 See, e.g., Dodge v. Ford Motor Co., 170 N. W. 668 (1919) (requiring payment of dividend to the extent corporation had retained funds for which it had no use).

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(MBCA) follows an earned surplus rule. The 1984 Revised Model Business Corporation Act (RMBCA) follows a simple balance sheet rule.25 Both Delaware and New York follow simple surplus rules. California follows a percentage test. Finally, Massachusetts has no balance sheet rules at all. I discuss each of these schemes below.

1. 1950 Model Business Corporation Act In the early 1940s, the Committee on Corporate Laws of the ABA Section of Business Law began work on the Model Business Corporation Act. There were several reasons for the development of the MBCA. There was a perception that the federal government was likely to call for a uniform federal incorporation law. There was also a perception that Delaware law was too management friendly and that there was a need for a statute that gave more weight to the interests of stockholders. And undoubtedly there was a need for a more organized statute (with commentary) that might make some sense out of the various state statutes that had evolved in a somewhat random fashion.26 The 1950 Model Act was quite influential and came to be followed in whole or large part by as many as thirty-five states before it was revised in 1984. It continues to be followed in several states today. Nevertheless, it is important to recognize that the MBCA was developed and continues to revised and updated by a committee of the ABA. Although it has been widely followed by the states, it has no independent legal status.27 In any event, this model statute gives a good snapshot of how corporate lawyers thought at that time and presumably reflects what were seen as best practices at the time.28 Today, the 1950 Model Act may be seen as fairly simple statement of the traditional par value rules.

25 The Revised Model Business Corporation Act was officially renamed the Model Business Corporation Act in 1988, dropping the word revised from the name. Nevertheless, for clarity, I will here refer to the 1984 Act as the RMBCA in order emphasize the differences between the two acts. 26 See Richard A. Booth, A Chronology of the Evolution of the Model Business Corporation Act, 56 Bus. Law. 63 (2000). 27 It is important to note that the MBCA is a model act not a uniform act. Whereas a uniform act is intended to be identical from state to state, a model act is intended more as a standard form from which to develop a statute that suits the particular needs of the jurisdiction. There was in fact a uniform business corporation act under development in the 1930s and 1940s, which confusingly also went by the name Model Business Corporation Act. The name was subsequently changed to the Uniform Business Corporation Act. It was adopted by a handful of states in the 1950s, but never achieved the popularity of the MBCA. It has apparently been withdrawn. 28 The original MBCA was patterned on the Illinois Business Corporation Act.

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Under the 1950 Model Act, the articles of incorporation must specify a par value for shares and must specify the maximum number of shares that may be issued.29 There is no minimum par value for common shares. If the shares are to have special rights – such as preferred shares – those rights must be spelled out with specificity.30 The 1950 Model Act also permits no par shares.31 Shares with par value may be issued at any price determined by the board of directors but only if the price is at least equal to the par value of the shares.32 In other words, a stockholder who acquires newly issued shares from the corporation must pay at least par for those shares. Notwithstanding the express requirement that a stockholder pay at least par for shares, the 1950 Model Act makes it clear that the stockholder is obligated to pay the agreed consideration for the shares and that when the agreed consideration is paid the shares are deemed to be fully paid and non-assessable.33 The idea behind this provision is that is that the stockholder should be protected against a claim that the board of directors may have sold shares too cheaply. The provision does not purport to protect the board of directors against a possible claim that it sold shares too cheaply. It is also worth noting that the provision that deems shares to be fully paid and non-assessable is significant in that the law of some states (for example, California) presumed that shares were assessable until well into the 1900s.34 The 1950 Model Act provides that a stockholder or subscriber is under no obligation to the corporation or its creditors other than to pay the agreed price for shares to the corporation.35 This provision is ambiguous on several levels and probably intentionally so. It is clear that the obligation to pay runs to the corporation, but the provision does not necessarily preclude action by a creditor on behalf of the corporation. And indeed some states permit creditors to maintain a derivative action. (It does not appear that the creditors may sue and recover directly.) Practically speaking, creditors are likely to sue only if the corporation is insolvent. If so, the corporation will likely be in the hands of a receiver or bankruptcy trustee who can sue in the name of the corporation anyway. Thus, it does not appear that it makes much difference whether the creditors have standing to enforce the pay-in obligation. The 1950 Model Act makes no distinction between the portion of the payment equal to par value and any excess amount that a stockholder may have agreed to pay. Some state statutes suggest such a distinction and even suggest that 29 30 31 32 33 34 35

MBCA 15, 54. MBCA 15. See, e.g., Southern Pacific Co. v. Bogert, 250 U.S. 483 (1919). MBCA 15, 54. MBCA 18. MBCA 19. See Martin v. Palmer Union Oil Co., 184 Cal. 386, 193 P. 950, 1920 Cal. LEXIS 334. MBCA 25.

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creditors may sue directly for such amounts but not for amounts in excess of par value.36 Under the MBCA, shares that have been validly issued by a corporation and then reacquired by it are classified as treasury shares.37 These shares are treated as if they are still outstanding in the hands of a stockholder (except for the fact that the shares cannot be voted). None of the legal capital rules relating to the pay-in obligations of stockholders apply in connection with the subsequent (re)disposition of treasury shares. Treasury shares may be sold for any amount or form of consideration (on the theory that a stockholder could resell shares for any amount or form of consideration). The 1950 Model Act includes restrictions on the form of payment for shares. Promissory notes and future services are prohibited as payment, but payment may be in the form of tangible or intangible property.38 The 1950 Model Act included a provision requiring minimum paid in capital of $ 1000 before a corporation might lawfully commence doing business. That provision was eliminated in 1969.39 Thus, the Model Act has never included a significant minimum pay – in requirement in addition to the minimal protections afforded by the par value rules. The 1950 Model Act includes detailed definitions and rules relating to the legal capital accounts that must be set up and maintained by a corporation in the equity portion of the balance sheet. These include stated capital, capital surplus, and earned surplus. In essence, stated capital is the amount paid for stock that equals the par value of the stock, capital surplus is any additional amount that is paid in (or otherwise generated on the balance sheet), and earned surplus is surplus that arises from profitable operations. That is, earned surplus is essentially the same thing as retained earnings under GAAP.40 The 1950 Model Act does not require that the corporation adhere to any particular accounting method in making the determination that a dividend or distribution may be paid.41 36 It may matter, however, if the court interprets fiduciary duty as a duty to serve stockholder interests exclusively rather than as one running to the corporation as an entity. For example, a court might rule that the obligation to pay in par value is a statutory obligation that runs to the entity, while the obligation to get top dollar for each share is an obligation that runs only to the existing stockholders. If so, the court might conclude that a bankruptcy trustee would be precluded from pursuing claims for amounts in excess of par value. This distinction has been glossed over until recently. Bankruptcy trustees have been largely free to pursue any claim that the stockholders might have had. See, e.g., Costello v. Fazio, 256 F.2d 903 (9th Cir. 1958). 37 See RMBCA 6.31, Official Comment; Manning & Hanks at 84–86. 38 MBCA 19. 39 See Richard A. Booth, A Chronology of the Evolution of the MBCA, 56 Bus. Law. 63 (2000). 40 MBCA 21. 41 Thus, one might say that the corporation is permitted under the MBCA to keep its

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The dividend rules under the 1950 Model Act are quite complex and difficult to summarize. All dividends and distributions are subject to a solvency requirement. That is, the dividend may not render the corporation unable to pay its bills as they become due.42 There are in essence four separate sets of rules applying to distributions under the 1950 Model Act.

a) Ordinary Dividends Ordinary dividends may be paid out of earned surplus (retained earnings) only.43 There is an optional provision that permits distribution also out of current earnings (a so called nimble dividend), which may be important for a corporation that has built up losses over several years but that has become profitable more recently. The statute also permits dividends to the extent of depletion or amortization for wasting assets corporations.

b) Return of Capital Dividends may be paid out of capital surplus if the articles of incorporation permit it or if the distribution is approved by stockholder vote.44 No such distribution may be made if it would reduce remaining net assets below aggregate outstanding liquidation preferences.

c) Repurchases A corporation may repurchase its own shares to the extent of earned surplus (or capital surplus if the articles of incorporation permit or the stockholders approve).45 In other words, the rules here are essentially the same as those that apply to ordinary dividends.

42 43 44 45

books relating to legal capital in any reasonable way. It is also worth noting that under US law, there is yet another separate accounting system imposed for federal income tax purposes. Thus, it is quite possible for a corporation to have three sets of books. MBCA 6, 45, 46, 66. MBCA 45. MBCA 46. MBCA 6.

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d) Redemptions A corporation may redeem redeemable shares as long as net assets are not reduced below the liquidation preferences attributable to shares with equal or prior rights.46 This is the most liberal standard in the MBCA. Theoretically, the corporation could even invade stated capital to redeem redeemable shares. Practically speaking, the above rules boil down to a rule that a corporation may not invade stated capital to make distributions to stockholders. Capital surplus is freely available if the articles of incorporation so state or if the stockholders approve. Thus, these rules afford little protection to creditors. Moreover, stated capital may be reduced by an ordinary amendment to the articles of incorporation, which can also be achieved by a simple stockholder vote.47 Despite the fact that the legal capital rules do little to protect creditors, the solvency test which overarches all of the various balance sheet tests, affords some genuine protection for creditors, although it is unclear that it adds any level of protection beyond that provided by state fraudulent conveyance and fraudulent transfer laws (which similarly are based on both equitable solvency and balance sheet tests). On the other hand, the intricate balance sheet rules may afford important protections among various classes of stockholders. If a dividend is paid illegally, the directors who assented to it (that is, those who failed to register an express objection) are liable to the corporation for the illegal portion of the dividend, and stockholders who receive a dividend knowing that it is illegal are liable in contribution to the directors who are held liable.48 In addition to the foregoing rules relating to distributions of cash and property, there are elaborate rules relating to the distribution by a corporation of its own shares. For the most part, these rules specify how stated capital should be augmented when stock is issued by means of a stock dividend or in connection with a merger or other fundamental change.49

2. 1984 Revised Model Business Corporation Act The MBCA was thoroughly revised in 1984 (although many of the substantive changes had been effected by the 1980 amendments to the earlier version of the act). All references to par value (and shares without par value) were eliminated.50 This also had the effect of eliminating capital accounts. The RMBCA also

46 47 48 49 50

MBCA 66. MBCA 58. MBCA 48. MBCA 18, 21, 45, 70. The RMBCA does state, however, that a corporation may provide in its charter that

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eliminates rules relating to the form of payment that may be used for shares. The RMBCA retains the somewhat ambiguous rule that a purchaser of shares is not liable to the corporation or its creditors except for the amount agreed to be paid for shares.51 In addition, the RMBCA eliminates all reference to treasury shares. Shares reacquired by the corporation become authorized but unissued shares.52 The RMBCA adopts a single unified test for all distributions.53 There is no special rule relating to repurchases or the redemption of redeemable shares under the RMBCA. As under the earlier act, this is a two part test consisting of a balance sheet and solvency test. As under the earlier act, the solvency test simply requires that the corporation remain able to pay its bills as they become due. The balance sheet test is greatly simplified (due in large part to the elimination of the various capital accounts). In essence, the test is simply that assets must be at least equal to liabilities after giving effect to the distribution.54 The RMBCA retains and extends the requirement that liquidation preferences (if any) be treated as roughly equivalent to stated capital. In other words, a corporation may not make a distribution to common shares if the distribution would decrease assets to an amount less than liabilities plus liquidation preferences on preferred shares. This rule was limited to dividends out of capital surplus under the 1950 Model Act but is extended to all distributions under the 1984 Act. But the RMBCA permits waiver of this rule in the articles of incorporation. The RMBCA specifies that repurchase debt – a promissory note given by the corporation in payment to a stockholder selling his shares back to the corporation – is on par with (ranks equal to) third party debt if the corporation is able to satisfy the balance sheet test as to the full amount of debt at the time of repurchase. The case law has been in conflict on this point. In some cases, stockholders who have resold their shares to the corporation in good faith have seen the notes they received subordinated to obligations to third parties because of vague notions that a selling stockholder should rank after third party creditors. The approach taken by the RMBCA is essentially that if the corporation could have distributed the cash up front, the debt should be treated as equal to any third party creditor claim, on the theory that the selling stockholder could have lent the money back to the corporation. If the corporation is unable to satisfy the balance sheet test as to the entire amount of repurchase debt at the time of repurchase, the RMBCA also permits repurchase using debt with a payment contingent on satisfying the balance sheet

51 52 53 54

its stock shall have a specified par value. RMBCA 2.02. It is not clear what effect this would have. It could imply that traditional rules apply. RMBCA 6.22. RMBCA 6.31. RMBCA 6.40. RMBCA 6.40.

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test as each payment comes due. The RMBCA makes it clear that such a debt does not itself count as debt for purposes of the balance sheet test.55 Subsequent amendments have also made it clear that interest on contingent debt would be treated as a distribution (rather than as true interest) and must meet statutory tests.56 These provisions relating to stockholder debt may well be among the most important innovations contained in the RMBCA. Prior to the promulgation of the 1984 Act, the status of such debt was often unclear. Thus, it is not entirely fair to say that these provisions necessarily favor stockholders at the expense of creditors. Rather, they simply clarify the situation and presumably facilitate the ability of stockholders and creditors alike to negotiate protections more effectively.57 The RMBCA eliminates financial tests for stock dividends and stock splits. It treats these distributions as new issues of stock subject only to limitations on the distribution of shares of one class to holders of another class.58 The 1984 Model Act retains the rule that the board of directors may use any reasonable method to determine assets and liabilities and makes it clear that this determination may be based on a fair valuation or other method that is reasonable under the circumstances. 3. Delaware General Corporation Law Delaware is the most important source of state corporation law in the United States at least for publicly traded corporations. About half of all publicly traded corporations are incorporated there. As a result, the Delaware General Corporation Law (DGCL) applies to the internal affairs of these corporations. Accordingly, most of the important judicial decisions relating to corporation law come from the Delaware courts. Although the courts of other states, as well as federal courts, may render decisions governed by Delaware law, the Delaware Court of Chancery is more or less dedicated to disputes involving corporation law – together with the law of other forms of business organization. As a result, this court is quite efficient with regard to such disputes, and litigants tend to prefer to litigate there, which also has the effect of concentrating business disputes in that forum.

55 Thus, in this connection, the act effectively dictates accounting treatment that may differ from GAAP. 56 Such interest payments are probably nevertheless deductible for federal income tax purposes. See Mountain State Steel Foundries, Inc. v. Commissioner, 284 F.2d 737 (4th Cir. 1960). 57 These provisions also apply to repurchase of shares in lieu of dissolution under MBCA 14.34. There was no comparable provision under the 1950 Model Act. 58 RMBCA 6.23.

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Delaware continues to follow traditional legal capital rules, but with several important twists. A Delaware corporation must specify a par value for its shares (or that the shares are without par value). Shares may not be issued by the corporation for any amount less than par value. Limitations on the form of payment for shares are limited to the amount paid to cover par value. In other words, future services and promissory notes may be used to pay for any amount over and above par value that is paid for shares. Although most observers had assumed that treasury shares could be sold (reissued) for any amount and for any form of consideration, a recent decision suggests that treasury shares are subject to the same restrictions on payment of at least par value as are newly issued shares.59 A Delaware corporation may pay dividends (and repurchase shares) to the extent of surplus or to the extent of net profits from the current or preceding year (a nimble dividend).60 There is no explicit solvency test in the DGCL, but such a test applies as a matter of fraudulent transfer law and maybe implied in the notion of impainment of capital. The term surplus is defined as the amount by which net assets exceed capital.61 (Presumably, the term net assets is the amount by which assets exceed liabilities, and the term capital refers to stated capital, that is, aggregate par value of shares outstanding. Thus, Delaware law permits a corporation to pay dividends to the extent that assets exceed liabilities plus stated capital.) The courts frequently refer to this test as an impairment of capital test. In other words, Delaware law makes no distinctions among sources of surplus. Thus, under the DGCL a corporation may use additional paid in capital (APIC) to pay a dividend or repurchase shares. In effect, the DGCL combines a simple surplus test with a very liberal earned surplus test and permits a corporation to use either test. A dividend may not be paid out of net profits (nimble dividend) if capital representing preferred shares is impaired. On the other hand, it is generally agreed that under Delaware law a liquidation preference does not constitute capital.62 There is a special rule for corporations engaged primarily in the business of exploiting so-called wasting assets such as natural resources, patents, or copyrights, or the liquidation of specific assets. Such companies may in essence add accumulated depreciation, amortization, or depletion to net profits for purposes of calculating dividend paying capacity. The rationale for this decision is that such a company generates profits in effect by using up its assets. Potential profits are

59 See Byrne v. Lord, 1996 WL 361503 (Del Ch. 1996). See also Public Investment Ltd. v. Bandeirante Corp., 740 F.2d 1222 (D.C. Cir. 1984) (construing DC law derived from the 1950 MBCA). 60 DGCL 160, 170. 61 DGCL 154. 62 See David A Drexler, et al., Delaware Corporation Law & Practice § 20.03(2) (2004).

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thus offset by a decrease in assets such that the company may never show any retained earnings even though the business is quite successful. This exception is presumably limited to dividends based on (adjusted) net profits.63 Delaware law permits net assets to be calculated in any reasonable manner. There is no requirement that the corporation adhere to GAAP or any other specific accounting method. Thus, a corporation may revalue assets at current value or fair market value for purposes of calculating net assets even though GAAP mandates historical cost accounting.64 To be sure, any such revaluation must be undertaken in good faith and should thus include a consistent and comprehensive review of both assets and liabilities and not merely a selective write up of particular assets. It is also clear that the board of directors may rely on outside experts such as accountants. The Delaware courts have taken a broad view of board discretion in this area. For example, in one recent case, Klang v. Smith’s Food and Drug Centers Inc., the Delaware Supreme Court approved the calculation of net assets based on a valuation of discounted cash flow (DCF) less long term liabilities.65 As the court recognized, this test ignores the balance sheet altogether or rather permits the use of projected future earnings to construct an alternative balance sheet. In effect, Klang conflates the two separate tests based on net assets and net profits into one. It is quite contrary to the traditional rule.66 4. New York Business Corporation Law The New York Business Corporation Law (NYBCL) was substantially revised in 1998, but despite trends to the contrary, New York law retains most of the traditional rules relating to legal capital. New York law continues to require that a par value be specified (with the usual no-par alternative).67 A stockholder who purchases shares from the corporation must pay at least par value.68As under Delaware law, promises of future services or future payment may not be used to

63 Arguably, all corporations should be able to ignore depreciation and similar decreases in assets in connection with authorizing distributions on the theory that all assets get used up over time. 64 See Morris v. Standard Gas & Electric Co., 63 A.2d 577 (Del. Ch. 1949), citing, Randall v. Bailey, 23 N.Y.S.2d 173, 184 (App. Div. 1940), aff’d, 288 N.Y. 280, 43 N.E.2d 43 (1942). See also Kohls v. Duthie, C.A. 17762 (Del. Ch. July 26, 2000) (failure of directors to revalue assets in order to repurchase large block of stock at advantageous terms may be breach of fiduciary duty); Mountain State Steel Foundries, Inc. v. Commissioner, 284 F.2d 737 (4th Cir. 1960). 65 Klang v. Smith’s Food and Drug Centers Inc., 702 A.2d 150 (Del. 1997). 66 See See v. Heppenheimer, 61 A. 843 (N. J. Equity 1905). 67 NYBCL 501. 68 NYBCL 504(c).

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satisfy this requirement, but such consideration is acceptable for any amount to be paid for shares in excess of par value.69 In contrast to Delaware law, the New York statute expressly provides that treasury shares may be sold for any amount or form of consideration.70 New York law specifies that consideration received for shares shall constitute stated capital to the extent of the par value of the shares issued.71 When no par shares are issued, the entire amount of the consideration received is deemed to be stated capital unless the board of directors specifies some lesser amount within 60 days. The statute requires, however, that some amount must be designated as stated capital, a requirement that is merely implied in many other traditional statutes.72 If the corporation issues no par preferred stock, the entire amount of consideration received for up to the amount of the liquidation preference for such stock must be deemed to be stated capital.73 In other words, only the amounts in excess of par value may be transferred to surplus. Under New York law, dividends and distributions may be declared and paid only to the extent of surplus.74 As under Delaware law, a wasting assets corporation may invade stated capital to the extent of depletion or amortization but only if stated capital sufficient to cover liquidation preferences, if any, is maintained.75 There is no other general requirement that stated capital be maintained to the extent of liquidation preferences. Thus, if the corporation issues low-par preferred stock (as opposed to no-par preferred stock), the surplus attributable to such stock may apparently be – paid out in dividends even on common – stock. It may be that such limitations are typically left to negotiation. 5. California Corporations Code The California Corporations Code (CCC) relating to legal capital was thoroughly revised in 1975.76 The concept of par value was eliminated. A system of dividend regulation based on GAAP was imposed. There are essentially two alternative tests for dividends. Under the retained earnings test, a corporation may pay a dividend to the extent of retained earnings. Under the remaining assets test a corporation may pay a dividend to the extent that remaining assets will equal at least 125 percent of liabilities and current assets at least equal current lia-

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NYBCL 504(h). NYBCL 504(e). NYBCL 506(a). NYBCL 506(b). NYBCL 506(b). NYBCL 510(b). NYBCL 510(b). See Manning & Hanks at 176.

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bilities after the dividend.77 If average earnings are less than average interest expense, then current assets must equal at least 125 percent of current liabilities after the dividend. In comparing assets and liabilities certain intangible assets and liabilities are excluded. California law also imposes an equity insolvency test.78 California law expressly requires that assets be valued as they are for financial statement purposes under GAAP.79 In other words, the corporation must use historical cost rather than fair market value except to the extent that GAAP permits the use of fair market value. Repurchase debt is treated as a liability for purposes of testing subsequent distributions except for distributions in payment of the repurchase debt itself. This is roughly equivalent to traditional accounting for treasury stock. If a corporation has preferred stock outstanding, it may make a distribution on common stock only if (1) remaining assets are at least equal to liabilities plus liquidation preferences and (2) retained earnings are least equal to the proposed distribution plus any cumulative preferred dividends in arrears. These provisions may be waived.80 As under the RMBCA, the term distribution is used to refer both to ordinary dividends and to repurchases. But several types of repurchases are excluded from the definition of distribution, including court ordered rescission (presumably including rescission in lieu of dissolution in a closely held corporation), voluntary rescission where it is likely to be ordered, and repurchases under an employee stock ownership plan. The latter two exceptions are nonetheless subject to the equity solvency test. In contrast, RMBCA 14.34 specifically requires the application of the distribution tests under RMBCA 6.40 to any payment in lieu of dissolution. Under California law a distribution by a subsidiary corporation to parent stockholders is also deemed to be a distribution by the parent. Thus, a corporation must use consolidated financial statements to the extent that GAAP so requires. In contrast, RMBCA 6.40 specifically permits the use of unconsolidated statements.81 III. Other sources of creditor protection As should be apparent from the foregoing discussion, legal capital rules in the United States afford little protection to creditors or to stockholders for that matter. To be sure, stockholders are well protected by federal securities law in 77 78 79 80 81

CCC 500. CCC 501. CCC 500(c). CCC 502, 503. See RMBCA 6.40, Official Comment 4.

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connection with the issuance of shares by the corporation. While many bondholders also enjoy the protections of federal securities law (because public offerings of bonds must be registered), corporation law contains almost nothing that is designed to protect the interests of creditors. Rather, creditors must rely primarily on negotiated contractual protections, fraudulent transfer law, and ultimately the bankruptcy courts to protect themselves from overreaching for the benefit of stockholders. The legal capital rules do a somewhat better job of protecting rights as among various classes of stockholders, although evenso preferred stockholders must depend primarily on privately negotiated contract. Common stockholders seem to need relatively little protection, because they typically control the board of directors and if anything are on the receiving end of most questionable transactions.82 Thus, few observers in the United States are at all unhappy with the demise of the par value system. Indeed, most would likely agree that the system created unnecessary legal work and amounted to little more than a trap for the unwary. This in not to say, however, that creditors do not enjoy significant protections under United States law. Indeed, these protections exist on several levels. First, corporation law itself affords significant protection by providing a remedy for the payment of illegal distributions to stockholders. To be sure, this remedy is ultimately based on the rules relating to when dividends may be paid, which is to say, the legal capital rules. But in addition to the balance-sheet-based legal capital rules, every state imposes an equity insolvency test in connection with the payment of dividends. In other words, a corporation may not make a distribution when to do so would render the corporation unable to pay its bills as they become due. In most cases, these rules are found in the corporation law itself. In some states (such as Delaware) the rule is imposed by case law or is found in a separate fraudulent conveyance or fraudulent transfer statute. In short, the law is quite clear that a corporation may not make a distribution to its stockholders if to do so would result in the inability of the corporation to pay its creditors. In the event that a corporation does make an illegal distribution to its stockholders, the directors are jointly and severally liable to the corporation for the amount of the dividend in excess of the legal amount. The directors in turn have a remedy against stockholders who received the illegal dividend knowing that it was illegal.83 There are few reported cases involving actions against directors for illegal distributions. This may be due to a variety of factors. For one, it may be that the

82 To be sure, common stockholders may suffer when management or a controlling stockholder has engaged in overreaching by extracting some sort of benefit from the corporation in violation of the general rule requiring equal treatment within a class of stock, but these are not problems that the legal capital rules ever addressed effectively. 83 See RMBCA 8.33.

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legal capital rules make it too easy to pay dividends or that the courts have found it difficult to apply the equity solvency test. It may also be that other remedies are simpler or more familiar to litigators. Second, in addition to the rules relating to illegal dividends, every state has a statute prohibiting fraudulent transfers.84 These rules are very similar to the rules relating to dividends. In most cases, they prohibit transfers of property for less than fair value if (1) the transfer renders the debtor (corporation) unable to pay its bills as they become due, or (2) the transfer occurs at a time when the debtor (corporation) is insolvent.85 These rules are considerably broader than those found in corporation law in several respects. For example, a creditor has standing to challenge a fraudulent transfer directly. There is no need to rely on a bankruptcy trustee or to commence a derivative action on behalf of the corporation. Moreover, a creditor may recover funds from the transferee. The problem with fraudulent transfer statutes is that they give rise to the possibility that some creditors may recover (those who sue) while others do not. This problem could be avoided by treating such actions as derivative (for the benefit of the corporation) and permitting creditors to maintain such actions, but in most states only stockholders have standing to maintain a derivative action.86 The same problem arises in connection with an action against the directors for an illegal dividend. Generally, corporation law provides that the corporation may recover for an illegal dividend. And needless to say, the stockholders as the recipients of the illegal distribution are unlikely to sue. On the other hand, if the corporation is insolvent or in the vicinity of insolvency, it appears that a creditor may maintain a derivative action in some states, including Delaware.87 Practically speaking, it would be unusual for creditors to resort to a derivative action. The bankruptcy process will ordinarily preempt any such lawsuit. Once a corporation declares bankruptcy, all legal actions outside the bankruptcy proceeding are stayed and may proceed only with the approval of the court and only for the benefit of the bankrupt estate (the corporation).88 In most cases, a corporation that is on the verge of insolvency will voluntarily declare bankruptcy in order to obtain protection from actions by creditors.

84 The Uniform Fraudulent Transfer Act (UFTA) has been adopted by most states, but a few continue to follow the older but very similar Uniform Fraudulent Conveyance Act (UFCA). 85 See UFTA § 4, UFTA § 5. These rules apply to individuals as well as corporations and other entities. 86 See RMBCA 7.41. See also ALI, Principles of Corporate Governance (PCG) 7.02; Federal Rules of Civil Procedure 23.1 (FRCP). 87 See Production Resources Group, L.L.C. v. – should be lawer case NCT Group, Inc., 863 A.2d 772, 2004 Del. Ch. LEXIS 174. 88 Bankruptcy Code § 362.

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It is possible for creditors to force a corporation into bankruptcy involuntarily, but it is rare.89 It is usually in the interest of the debtor corporation to control the process, because in most cases incumbent management will continue to run the company during the course of the bankruptcy as a debtor-in-possession (DIP). There is no requirement that a corporation be bankrupt or insolvent in order to file a bankruptcy petition. Thus, a corporation is free to declare bankruptcy whenever it wants to do so. And there have been notable cases in which solvent companies facing substantial contingent liabilities have sought bankruptcy protection to deal with such claims in a more orderly fashion. By the same token, a corporation is never required as a matter of law to file for bankruptcy protection. But practically speaking a corporation that is threatened with an involuntary proceeding will almost always file voluntarily first. The bankruptcy court may appoint a trustee in either a voluntary or involuntary case if a party so moves, but a trustee is likely to be appointed only upon a showing of fraud, dishonesty, mismanagement, or incompetence.90 Still, in most cases in which it appears that the corporation has paid an illegal dividend, it is likely that a trustee will be appointed. And if a trustee is appointed, the trustee may maintain an action on behalf of the corporation to recover it. In such a case there is no need for a derivative action. The action by the trustee amounts to the same thing. There have been numerous cases in recent years in which a bankruptcy trustee has sought to recover illegal distributions from directors, recipient stockholders, and the agents through which the distributions were paid.91 Most of these cases have been unsuccessful because bankruptcy law precludes the recovery of settlement payments in connection with transactions in securities and commodities.92 Specifically, this provision exempts such payments from avoidability. (The rationale is that unwinding such payments could cause disruptions in the financial system that would undermine many subsequent transactions involving the cash from the original transaction.) In practice, this rule is not likely to apply except to publicly traded corporations, because only such corporations have shares that clear through the clearance and settlement system. In summary, the rules relating to illegal distributions and fraudulent transfers are usually enforced within a bankruptcy proceeding when they are enforced. Such claims are assets of the bankrupt corporation and must be marshaled as

89 Bankruptcy Code § 303. In most cases, three or more creditors must join in the petition. 90 Bankruptcy Code §1104. 91 See Munford v. Valuation Research Corp. (In re Munford, Inc.), 98 F.3d 604 (11th Cir. 1996); Kaiser Steel Corp. v. Pearl Brewing Co. (In re Kaiser Steel Corp.), 952 F.2d 1230 (10th Cir. 1991); Zahn v. Yucaipa Capital Fund, 218 B.R. 656 (D.R.I. 1998). 92 Bankruptcy Code § 546.

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other assets. These claims are usually litigated by the trustee as a separate case in a state or federal court of general jurisdiction rather than in the bankruptcy court. It is also possible for a variety of remedies contained within the Bankruptcy Code itself to come into play. For example, the Bankruptcy Code contains its own parallel fraudulent transfer provision.93 The Bankruptcy Code also contains additional remedies – such as the ability to avoid preferential transfers within the previous year – that may often obviate the need to resort to the law relating to illegal dividends or fraudulent transfers.94 Nevertheless, these laws are subject to the same limitations discussed above when the payment is made through the clearance and settlement system. Yet another doctrine that may apply in many cases is equitable subordination. For example, where a stockholder has resold shares to the corporation in exchange for a note or has attempted to extract funds from the corporation by reducing a claim for salary or wages or other purported obligations to a judgment or promissory note, a bankruptcy court (or other court) may subordinate such claims to those of bona fide creditors on various grounds.95 It is also quite common for a corporation’s creditors with unsatisfied claims to seek to pierce the corporate veil and to hold individual stockholders liable for the debts of the corporation notwithstanding the fact that corporation law expressly provides that stockholders shall have no personal liability for the obligations of the corporation.96 Although the law relating to piercing is confused, such cases almost always involve fraud or undercapitalization.97 It should be emphasized that piercing is different from equitable subordination in that in a successful piercing case, a defendant stockholder (or sometimes a director or officer) is held liable personally to the plaintiff creditor for the debts of the corporation. In a

93 Bankruptcy Code § 548. 94 Bankruptcy Code § 547. 95 See Pepper v. Litton, 308 U.S. 295 (1939); Taylor v. Standard Gas Co., 306 U.S. 307 (1939); In re Multiponics, Inc., 622 F.2d 709 (5th Cir. 1980); Costello v. Fazio, 256 F.2d 903 (9th Cir. 1958). The courts may also subordinate the claims of otherwise legitimate creditors who have attempted to gain priority over other creditors. For example, where a bank lends funds to a corporation in order to permit the corporation to buy back its own shares, knowing that the corporation may be rendered insolvent as a result, and the lender has taken a security interest in connection with the loan, the security interest may be nullified and the claim in effect subordinated to those of other lenders. 96 My own search of the Lexis database, indicates that there were more than 400 such reported cases in 2004 alone. 97 See DeWitt Truck Brokers, Inc. v. W. Ray Flemming Fruit Co., 540 F.2d 681 (4th Cir. 1976). See generally Robert B. Thompson, Piercing the Veil Within Corporate Groups: Corporate Shareholders as Mere Investors, 13 Conn. J. Int’l L. 379 (1999). See also Richard A. Booth, Limited Liability and the Efficient Allocation of Resources, 89 Nw. U. L. Rev. 140, 147 (1994).

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subordination claim, a stockholder-creditor (or other creditor) is simply made to wait to be paid until after other creditors have been paid. There are no reported cases of piercing in which the stockholders of a publicly held corporation have been held liable personally for the debts of the corporation.98 But there have been numerous cases in which creditors of publicly held corporations have been threatened credibly with having their claims subordinated.99 An emerging doctrine that is closely related to piercing is the doctrine of successor liability. Most cases of successor liability involve either a purported sale of assets without assumption of liabilities or the continuation of an existing business under a new name. Many of these cases involve an attempt to escape products liability claims or environmental cleanup costs. Many also involve the sale of assets at a discount from fair market value, which tends to suggest that both seller and buyer were aware of contingent claims.100

98 Some scholars have proposed that limited liability should be abolished and that stockholders of even publicly traded corporations should be personally liable for the excess debts of the corporations in which they invest. See Henry Hansmann & Reinier Kraakman, Toward Unlimited Shareholder Liability for Corporate Torts, 100 Yale L. J. 1879 (1991). 99 Subordination claims almost always arise in connection with a bankruptcy proceeding. In contrast, piercing claims often arises outside a bankruptcy proceeding. 100 See Nissen Corp. v. Miller, 594 A.2d 564 (Md. 1991). A few states also retain laws relating to bulk sales that effectively require a company (no matter what form it takes) to notify creditors in connection with a sale of assets transaction. See UCC 6-101 et seq. It is worth noting that corporation law generally requires a stockholder vote in connection with a merger or sale of assets and that in the case of a publicly traded corporation, bondholders will thus have notice of any such transaction. RMBCA 11.04, 12.02. Most bond indentures require that bonds be paid off in the event of a sale of all or substantially all of the assets. See Sharon Steel Corp. v. Chase Manhattan Bank, N.A., 691 F.2d 1039 (2d Cir. 1982). Many states have also enacted business combination statutes that preclude a corporation after a hostile takeover (a change of control not approved by the board of directors) from engaging in any merger or disposition of assets for a period of three years (but only if the takeover involved the acquisition of more than 15 percent but less than 85 percent of the shares of the target company). See DGCL 203. This provision is somewhat akin to EU rules against financial assistance in that it precludes a hostile bidder from using target assets to finance an acquisition. But it does not preclude financial assistance in either friendly transactions or transaction in which more than 85 percent of the stockholders tender their shares. Finally, corporation law provides that creditors be notified in the event of dissolution and that adequate funds be set aside to satisfy their claims before any distribution may be made to the stockholders. Known creditors who receive individual notice must sue within 90 days if their claim is rejected. Unknown creditors must sue within three years of the publication of a general notice. If the corporation fails to give adequate notice, creditors may recover directly from the directors or the stockholders to the extent of any distribution. RMBCA 14. 07–14. 09. Otherwise, such claims are presumably subject to the statute of limitation applicable to the claim.

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In a closely held corporation, these doctrines (as well as fraudulent transfer law) effectively require a stockholder to insure that the corporation is adequately capitalized in light of the needs of the business. There is, however, very little law relating to how much capital is enough or even what constitutes capital.101 Nevertheless, there has been no suggestion in recent years that corporation law should reinstate any specific capital requirements. Thus, it appears that most corporation law scholars and practitioners see the admittedly vague requirements implicit in the common law as preferable to a bright-line standard that would undoubtedly be wrong for individual businesses much more often than it would be right. On the other hand, stock exchange regulations do effectively impose capital requirements on listed companies. For example, the New York Stock Exchange requires that a company’s publicly held shares have a market value of at least $ 100 million in order to be listed. The NYSE also requires that listed companies maintain market capitalization of at least $ 25 million. NASDAQ requires that the market value of publicly held shares be at least $ 5 million for initial listing and $ 1 million for continued listing. Although the remedies discussed above serve to protect the interests of creditors, they generally do not require that a corporation take positive steps to protect the interests of creditors even when the corporation is on the verge of insolvency. For example, it is quite common in the context of a struggling business for a stockholder to lend additional capital to the business in an effort to save it but also in an effort to avoid putting more equity capital at risk. The courts have almost always treated such stockholder loans as bona fide creditor claims at least where the business appears to have been adequately capitalized in the first place.102 On the other hand, in recent years, the courts have begun to recognize that when a corporation is operating on the edge of insolvency, the board of directors assumes a fiduciary duty to protect the interests of creditors.103 It is not completely clear what the duty to creditors entails or when it is triggered.104 It might be

101 One notable counter-example is Radaszewski v. Telecom Corp., 981 F.2d 305, 310 (8th Cir. 1992) (insurance may constitute capital). 102 See Arnold v. Phillips, 117 F.2d 497 (CA5 1941). 103 See Credit Lyonnais Bank Nederland, N.V. v. Pathe Communications Corp., 1991 Del Ch. LEXIS 215; Official Comm. of Unsecured Creditors of Buckhead Am. Corp. v. Reliance Cap. Group (In re Buckhead Am. Corp.), 178 B. R. 956 (D. Del. 1994); Brandt v. Hicks, Muse & Co. (In re Healthco Int’l Inc.), 208 B.R. 288 (D. Mass. 1997) (applying Delaware law). 104 See Geyer v. Ingersoll Pubs. Co., 621 A.2d 784, 787–88 (Del. Ch. 1992) (in determining when duty attaches Delaware law is concerned with insolvency in fact rather than insolvency as defined by a statutory filing). The prevailing view appears to be that the duty may be triggered somewhat before the appointment of a receiver or trustee. See Pereira v. Cogan, 294 B.R. 449; 2003 U.S. Dist. LEXIS 7818 (SDNY

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argued that the duty is one primarily to preserve assets for the benefit of creditors. Or it might be argued that the board of directors remains free to pursue risky strategies that may entail losses for creditors, but should not undertake transactions for the benefit of the stockholders at the expense of creditors. Thus, some courts have limited the duty to creditors. For example, one court, in applying Delaware law, has limited the duty to situations where directors of an insolvent corporation diverted corporate assets for the benefit of insiders or preferred creditors.105

IV. Conclusion Although United States legal capital rules once imposed significant requirements in connection with the amount of capital that must be contributed to and maintained in a corporation, those rules have lost virtually all of their significance and force for stockholders and creditors alike. Today, creditors must rely primarily on negotiated contractual protections, as augmented by a variety of statutory and common law protections. This system appears to work reasonably well, however, in that limited liability entities, which are entirely devoid of legal capital rules, have proliferated in recent years, and do not appear to be disfavored in the credit markets. The story is slightly different in connection with maintenance of capital, where solvency requirements appear to have real effect in regulating distributions to stockholders. Moreover, in practice such rules are equally applicable in the form of fraudulent transfer statutes to unincorporated entities. In summary, legal capital rules in the United States have evolved over time from a rigid one-size-fits-all (or one-size fits-no-one) system into an array of statutes, common law rules, and contractual conventions. Although this system may appear to be haphazard, it affords multiple protections to stockholders and creditors, who have voiced few complaints about it.

2003) (under Delaware law, directors and officers owe a fiduciary duty to the corporation’s creditors at a point short of actual insolvency, that is, when the corporation is in the vicinity of insolvency). 105 See In re Ben Franklin Retail Stores, 225 B.R. 646, 655–56 (Bankr. N.D. Ill. 1998) (“Creditors have a right to expect that directors will not divert, dissipate or unduly risk assets necessary to satisfy their claims. That is the appropriate scope of duty that exists only to protect the contractual and priority rights of creditors.”). See also Bank of America v. Musselman, 222 F. Supp. 2d 792, 799-800 (E.D. Va. 2002) (applying Virginia law but referring to Delaware law) (individual creditor could not recover its own debt from officers and directors of an insolvent corporation absent self-dealing or other illegal conduct).

Kapitalgesellschaften ohne gesetzliches Kapital: Lehren aus dem US-amerikanischen Recht

von Wiss. Ass. Dr. Andreas Engert, LL.M. (Univ. Chicago), München 1

Inhaltsübersicht I. Der Revised Model Business Corporation Act – ein Modell für Europa? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesamtvergleich von Kapitalrichtlinie und amerikanischem Recht 1. Funktionen der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Übernahme eines Eigenrisikos durch die Gesellschafter (bb) Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutz von (Minderheits-)Gesellschaftern . . . . . . . . . . (aa) Zwingende Hauptversammlungskompetenzen . . . . . (bb) Gleichbehandlung bei der Ausgabe von Aktien . . . . . (cc) Gleichbehandlung bei der Einlagenleistung . . . . . . . (dd) Gleichbehandlung bei Ausschüttungen . . . . . . . . . (ee) Allgemeiner Grundsatz der Gleichbehandlung . . . . . 2. Funktional entsprechende amerikanische Regelungen . . . . . . a) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Übernahme eines Eigenrisikos durch die Gesellschafter (bb) Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutz von (Minderheits-)Gesellschaftern . . . . . . . . . . (aa) Zwingende Hauptversammlungskompetenzen . . . . . (bb) Gleichbehandlung bei der Ausgabe von Aktien . . . . . (cc) Gleichbehandlung bei der Einlagenleistung . . . . . . . (dd) Gleichbehandlung bei Ausschüttungen . . . . . . . . . 3. Zur begrenzten Bedeutung des gesetzlichen Kapitals . . . . . . III. Ausschüttungsbegrenzung nach amerikanischem Recht . . . . . .

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1 Dank für wertvolle Hinweise und Anregungen schulde ich Prof. Richard Booth, Andreas Fleckner, Prof. Marcel Kahan, Prof. Reinier Kraakman, Prof. Jonathan Macey und Prof. Detlev Vagts. Die Thyssen-Stiftung hat das Entstehen des Aufsatzes ermöglicht, indem sie meinen Forschungsaufenthalt an der Harvard Law School finanziell unterstützt hat. Für die freundliche Aufnahme dort danke ich dem Harvard Law School Graduate Program und Prof. Detlev Vagts.

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1. Ausschüttungssperren im amerikanischen Gesellschaftsrecht . . . 762 a) Restbestände des gesetzlichen Kapitals . . . . . . . . . . . . . . 762 b) Das Gewinn- und Finanzkennzahlenkriterium des kalifornischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764 c) Das Insolvenzkriterium des Revised Model Business Corporation Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 766 2. Gläubiger- und Konkursanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 769 a) Geltendmachung der Gläubiger- und Konkursanfechtung . . . 770 b) Tatbestand der Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . 770 (aa) Übertragung eines Vermögensgegenstandes oder Übernahme einer Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771 (bb) Ohne nach vernünftiger Beurteilung ausreichenden Gegenwert 771 (cc) Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774 (dd) Unvernünftig geringes Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . 777 c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779 3. Haftung der Direktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 781 IV. Bewertung der Ausschüttungssperren des amerikanischen Rechts . . . 784 1. Bewirken die amerikanischen Ausschüttungsbegrenzungen einen angemessenen Schutz der Gläubiger? . . . . . . . . . . . . . . . . . 784 a) Vertraglicher Selbstschutz als Alternative . . . . . . . . . . . . . 784 b) Rechtfertigung zwingender gesetzlicher Ausschüttungssperren: kritische Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 785 (aa) Aneignung von Vermögenswerten in der Krise . . . . . . . 786 (bb) Verringerung des Eigenkapitals im laufenden Betrieb: Leveraged Buy-outs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 786 (cc) Ausschüttungen im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 2. Gibt es aus Sicht des amerikanischen Rechts Gründe, Ausschüttungen weniger streng zu begrenzen? . . . . . . . . . . . 789 a) Der Verwaltungsrat als Garant einer angemessenen Kapitalstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 b) Schuldnerfreundliches Konkursrecht . . . . . . . . . . . . . . . 791 c) Unterschiedliche Ansätze zum Schutz von Gläubigern und anderen Unternehmensbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . 792 V. Schlussfolgerungen für die europäische Debatte . . . . . . . . . . . . . 795 1. Beschränkte Funktion des gesetzlichen Kapitals . . . . . . . . . . . 795 2. Vollständige Erfassung des amerikanischen Modells . . . . . . . . . 795 a) Rechtsfolgen unzulässiger Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . 796 b) Schutz nicht anpassungsfähiger Gläubiger außerhalb des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 797

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I. Der Revised Model Business Corporation Act – ein Modell für Europa? 1979 begannen die Bearbeiter des Model Business Corporation Act damit, das gesetzliche Kapital aus dem Modellgesetz zu entfernen.2 Seit Abschluss der umfassenden Überarbeitung im Jahre 1983 – einschließlich der vollständigen Abschaffung des gesetzlichen Kapitals – spricht man vom Revised Model Business Corporation Act (RMBCA).3 Zwanzig Jahre später könnte der RMBCA nun auch zum Modell für die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten werden: Kritiker des europäischen Systems eines gesetzlichen Kapitals verweisen auf das Vorbild der USA. Auch die von der EU-Kommission eingesetzte „hochrangige Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts“ hatte ganz offensichtlich die Regelung des RMBCA im Sinne, als sie vorschlug, die bestehende Ausschüttungssperre der Kapitalrichtlinie 4 durch einen „Solvenztest“ zu ersetzen.5 Die Europäische Kommission erwägt nun, die Kapitalrichtlinie auf dieser Grundlage tief greifend zu verändern und dabei das gesetzliche Kapital aufzugeben.6 Die folgenden Ausführungen leisten einen Beitrag zu dieser rechtspolitischen Diskussion. Es wird gezeigt, wie das amerikanische Recht die Fragen löst, die nach europäischer Auffassung zum gesetzlichen Kapital gehören. Dabei wird einer ausführlicheren Darstellung Raum gegeben, um die amerikanische Rechtslage möglichst vollständig wiederzugeben. Des Weiteren wird zu einer möglichen Reform der Kapitalrichtlinie Stellung genommen. Der Vergleich mit dem amerikanischen Recht liefert dabei zwei wichtige Erkenntnisse. Zum einen ist die Kapitalrichtlinie systematisch sehr viel weniger kohärent, als europäische Juristen dies häufig annehmen: Viele Regelungen der Richtlinie haben wenig oder nichts mit der Konzeption eines gesetzlichen Kapitals zu tun. Dessen Abschaffung zöge daher nur relativ wenige Veränderungen nach sich. Umgekehrt sollte über die Beibehaltung des gesetzlichen Kapitals auch nur mit Blick auf die Regelungen entschieden werden, die zwingend von ihm abhängen. Diese bestehen in ihrem Kern (nur) darin, dass ein bestimmter Nominalbetrag als Nettovermögen gegen Ausschüttungen an die Gesellschafter gesichert wird.

2 Siehe Committee on Corporate Laws, 34 Bus. Law. 1867 (1979). Der Model Business Corporation Act ist eine unverbindliche Empfehlung an die einzelstaatlichen Gesetzgeber, die das Committee on Corporate Laws des amerikanischen Anwaltsvereins (American Bar Association) erarbeitet. 3 Vgl. Goldstein/Hamilton, 38 Bus. Law. 1019 (1983). 4 Richtlinie 77/91/EWG vom 13. 12. 1976 (ABl. EG Nr. L 26 v. 31. 1.1977, S. 1ff.). 5 Hochrangige Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, Moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, 2002 (abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/company/company/modern/ index.htm), S. 94ff. 6 KOM(2003) 284 endg. vom 21. 5. 2003 (abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/ internal_market/de/company/company/modern/index.htm), S. 21.

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Das zweite wesentliche Ergebnis der Untersuchung bezieht sich auf den Nutzen eines derartigen Systems. Es kann kaum überraschen, dass die Rechtsordnung der Vereinigten Staaten – der größten Volkswirtschaft der Welt – eine funktionsfähige Regelung für Ausschüttungen entwickelt hat. Zu fragen ist allenfalls, welcher der beiden Regelungsansätze – der amerikanische oder das gesetzliche Kapital europäischer Prägung – der bessere ist. Dies erfordert einen äußerst komplexen Vergleich, dessen Ergebnis kaum eindeutig ausfallen wird. Zum Glück lassen sich aber auch sehr viel einfachere Aussagen treffen: Sollten die EU und die Mitgliedstaaten das gesetzliche Kapital aufgeben, so genügt es jedenfalls nicht, statt dessen einfach einen Solvenztest amerikanischer Prägung im Gesellschaftsrecht zu verankern. Das amerikanische Recht beschränkt Ausschüttungen nämlich nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern vor allem mit den Mitteln der Gläubiger- und Konkursanfechtung. Schaffte man das gesetzliche Kapital ab, ohne zugleich ähnliche Vorkehrungen zu treffen, so würde man den europäischen Gläubigerschutz noch unter das in den USA erreichte Schutzniveau absenken. Die Ausführungen gliedern sich in vier weitere Abschnitte. Zunächst werden in Abschnitt II. die verschiedenen Funktionen der Kapitalrichtlinie den entsprechenden Regelungen des amerikanischen Rechts gegenübergestellt. Hieraus ergibt sich als erste Schlussfolgerung, dass die „Kapitalrichtlinie“ nur zu einem relativ geringen Teil vom gesetzlichen Kapital handelt. Abschnitt III. untersucht sodann, wie im amerikanischen Recht die Kernfunktion des gesetzlichen Kapitals – die Begrenzung von Ausschüttungen an Gesellschafter – geregelt wird. In Abschnitt IV. wird versucht, diesen abweichenden Regelungsansatz zu bewerten. Abschnitt V. schließt mit Folgerungen für die europäische Rechtspolitik.

II. Gesamtvergleich von Kapitalrichtlinie und amerikanischem Recht In ihrem zweiten Erwägungsgrund setzt sich die Kapitalrichtlinie das Ziel, „beim Schutz der Aktionäre einerseits und der Gläubiger der Gesellschaft andererseits ein Mindestmaß an Gleichwertigkeit sicherzustellen“. Hierzu hat das europäische Gesellschaftsrecht eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen in der Kapitalrichtlinie gebündelt. Ob das gesetzliche Kapital abgeschafft werden kann (oder sollte), scheint demnach von einem Vergleich mit einem umfassenden Alternativsystem – etwa dem amerikanischen Recht – abzuhängen. Es erweist sich jedoch, dass die meisten gesetzgeberischen Entscheidungen der Kapitalrichtlinie nicht vom gesetzlichen Kapital abhängen. Die rechtspolitische Frage stellt sich nur dahin, ob die EU am gesetzlichen Kapital in seiner wesentlichen Funktion – als Ausschüttungsbegrenzung – festhalten sollte.

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1. Funktionen der Kapitalrichtlinie Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung muss ein Vergleich zwischen europäischem und amerikanischem Recht „funktional“ angelegt sein.7 Zunächst sollen daher die verschiedenen Funktionen der Kapitalrichtlinie aufgezeigt werden. a) Gläubigerschutz Aus Sicht vieler europäischer Juristen dient die Kapitalrichtlinie vor allem dem Schutz der Gläubiger. Dies wird erreicht, wenn und insoweit das gesetzliche Kapital die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses 8 der Gesellschaft senkt. Die Begründung mit einem verringerten Konkursrisiko sollte – insbesondere gegenüber amerikanischen Gesprächspartnern – deutlich abgehoben werden von der Behauptung, das gesetzliche Kapital sichere den Gläubigern „Haftungsmasse“ für den Fall eines Konkurses. Diese zweite Rechtfertigung wird zwar immer noch häufig vorgetragen, sie ist aber nicht haltbar: Zwar soll das gesetzliche Kapital der Gesellschaft ein gewisses Nettovermögen erhalten. Im Konkursfall ist dieses die Schulden übersteigende Vermögen aber regelmäßig aufgebraucht. Das gesetzliche Kapital schützt die Gläubiger deshalb allein dadurch, dass es die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses verringert. (aa) Übernahme eines Eigenrisikos durch die Gesellschafter Zunächst einmal sollen die Gesellschafter mit Hilfe des gesetzlichen Kapitals dazu angehalten werden, einen Teil des mit dem Unternehmen verbundenen Risikos zu übernehmen. Dies erhöht im Durchschnitt die Kreditwürdigkeit von Kapitalgesellschaften, weil damit zumindest einige wenig aussichtsreiche Geschäftsvorhaben verhindert werden, die sich aus Sicht der Gesellschafter nur lohnen, wenn sie den größten Teil des Risikos auf die Gläubiger abwälzen können. In gewissem Umfang sorgt das Mindestkapitals für diese angestrebte Risikotragung der Gesellschafter: Art. 6 Abs. 1 Kapitalrichtlinie schreibt einen Mindestbe-

7 Eine funktionale Analyse im Vergleich von Gesellschaftsrechten muss heute fast zwangsläufig auf die (rechts-)ökonomische Methode zurückgreifen, Hansmann/ Kraakman, What is Corporate Law?, in: Kraakman u. a., The Anatomy of Corporate Law, Oxford, 2004, S. 4. 8 Die Bezeichnung „Konkurs“ wird verwendet, um den Unterschied zwischen insolvency und bankruptcy im Deutschen wiedergeben zu können. Dies ist vor allem deshalb wichtig, weil die Insolvenz einer Gesellschaft in den USA keine Pflicht zur Einleitung eines Konkursverfahrens auslöst.

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trag des gesetzlichen Kapitals in Höhe von 25.000 Euro vor; das deutsche Recht geht darüber hinaus und verlangt 50.000 Euro (§ 7 AktG). Kritiker des gesetzlichen Kapitals weisen allerdings immer wieder gerne darauf hin, dass ein solches Erfordernis kaum auf alle Kapitalgesellschaften passen kann.9 Das ist richtig, aber kein durchgreifender Einwand. Denn das Mindestkapital ist ohnehin nicht als Maßstab einer angemessenen Kapitalisierung gemeint, sondern allein als Untergrenze. Als solche hat es keine überragende Bedeutung, verursacht aber auch keine besonderen Kosten.10 Befürworter und Gegner des gesetzlichen Kapitals täten gut daran, nicht mehr allzu viel Zeit auf das Mindestkapital zu verwenden.11 Das europäische Kapitalsystem unternimmt noch einen weiteren – potentiell wirksameren – Versuch, die Gesellschafter zur Übernahme eines nennenswerten Eigenrisikos zu bewegen: Art. 3 Buchst. b, Buchst. c Kapitalrichtlinie schreibt die Publizität des gezeichneten Kapitals vor.12 Darüber hinaus stellt eine Reihe von Vorschriften sicher, dass die Aktionäre Einlagen zumindest in Höhe des gezeichneten Kapitals erbringen.13 Im Ergebnis verlangen diese Regelungen zwar keine bestimmte Mindestinvestition der Gesellschafter, sie können aber als „Signalmechanismus“ verstanden werden: Gläubiger können sich anhand des gezeichneten Kapitals vergewissern, ob die Gesellschafter bei der Gründung (oder einer nachfolgenden Kapitalerhöhung 14) ein angemessenes Eigenrisiko übernommen haben. Dies wiederum kann die Aktionäre dazu zwingen, in nennenswertem Umfang eigene Mittel zu investieren, um die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft zu „signalisieren“.15 Ob europäische Aktiengesellschaften das gezeichnete Kapital tatsäch-

9 Armour, Mod. L. Rev. 63 (2000), 355, 371 f.; Enriques/Macey, Cornell L. Rev. 86 (2001) 1165, 1185 f.; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 718. 10 Schön, EBOR 5 (2004), 429, 437f.; Ders., DK 2004, 162, 165; Eidenmüller/ Engert, GmbHR 2005, 433, 435 ff. 11 Hochrangige Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (Fn. 5), S. 88. 12 Bei nennwertlosen Aktien (vgl. Art. 3 Buchst. c Kapitalrichtlinie) ergibt sich das gezeichnete Kapital aus der Zahl der gezeichneten Aktien mal ihrem rechnerischen Nennwert, vgl. Art. 8 Abs. 1 Kapitalrichtlinie. 13 Vgl. das grundlegende Verbot der Unter-pari-Emission in Art. 8 Abs. 1 Kapitalrichtlinie. Näher unten II.1.b)(cc). 14 Unterschreitet im Zeitpunkt einer geplanten Kapitalerhöhung der wirtschaftliche Wert einer Aktie den (rechnerischen) Nennbetrag, so kann die Gesellschaft wegen des Verbots der Unter-pari-Emission (Art. 8 Abs. 1 Kapitalrichtlinie) neue Aktien nur ausgeben, wenn sie zuvor das Kapital und damit den (rechnerischen) Nennbetrag herabsetzt, weil sich anderenfalls für die neuen Aktien keine Zeichner finden würden. Im Ergebnis können sich außen stehende Gläubiger darauf verlassen, dass im Anschluss an die Ausgabe neuer Aktien das Nettovermögen der Gesellschaft mindestens dem gezeichneten Kapital entspricht. 15 Vgl. Schön, EBOR 5 (2004), 429, 439 ff.; Ders., DK 2004, 162, 166 ff.

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lich als Signal einsetzen, ist freilich ungewiss.16 Immerhin liegt damit aber eine Hypothese vor, wie das gesetzliche Kapital unternehmerische Vorhaben besonders schlechter Qualität von vornherein verhindern könnte. (bb) Kapitalerhaltung Selbst wenn das gezeichnete Kapital als Signal dient, schwindet dessen Informationsgehalt sehr bald: Dass die Gesellschafter vor einem, zwei oder fünf Jahren eine bestimmte Einlage geleistet haben, besagt recht wenig darüber, ob sich ihr Optimismus in der Zwischenzeit als berechtigt erwiesen hat. Dauerhafter und wichtiger ist deshalb für die Gläubiger, dass das Kapitalsystem einen bestimmten Betrag an Eigenmitteln gegen den Zugriff der Gesellschafter schützt. Art. 15 Kapitalrichtlinie gestattet Ausschüttungen nur, soweit das Nettovermögen der Gesellschaft das gezeichnete Kapital (zuzüglich nicht ausschüttungsfähiger Rücklagen) übersteigt.17 Es ist heftig umstritten, inwieweit auf diese Weise Eigenkapital tatsächlich erhalten wird und ob ein solcher Schutz überhaupt erforderlich ist. Zwei Bemerkungen müssen an dieser Stelle genügen. Erstens ist klarzustellen, auf welche Weise die Erhaltung von Eigenkapital zum Gläubigerschutz beiträgt: Übersteigt der Unternehmenswert die Schulden nicht oder nur unwesentlich, so haben die Gesellschafter einen starken Anreiz,

16 Zweifelnd Eidenmüller/Engert, AG 2005, 97, 105. Grund zur Skepsis besteht, weil der Informationswert des Signals gering sein dürfte: Erstens ist das von den Aktionären übernommene Eigenrisiko nur eine unter zahlreichen Informationen über die Kreditwürdigkeit. Zweitens ist insoweit das Kapitalsystem nur für solche Gläubiger von Interesse, die einerseits ihre Entscheidung tatsächlich auf den Betrag des gezeichneten Kapitals stützen und andererseits ohne Kapitalsystem nicht in der Lage wären, die Höhe der Gesellschaftereinlagen einzuschätzen. Zumindest Finanzkreditgeber werden regelmäßig wissen, welche Eigenkapitalinvestitionen die Gesellschafter erbracht haben, woraus sich ein dritter Einwand ergibt: Weniger gut informierte Gläubiger können sich darauf verlassen, dass Finanzkreditgeber das Geschäftsmodell der Gesellschaft überprüft und dabei auch auf hinreichende Eigenkapitalinvestitionen der Aktionäre geachtet haben. Zu dem Gedanken einer solchen „Kreditkaskade“ allgemein Engert, Die Haftung für die drittschädigende Kreditgewährung, München 2005, S. 83 ff. 17 Siehe auch die entsprechenden Beschränkungen für Aktienrückkäufe in Art. 19 Abs. 1 Buchst. c Kapitalrichtlinie. Zudem untersagen Art. 23 f. Kapitalrichtlinie jede Finanzierungshilfe der Gesellschaft zugunsten eines Aktienerwerbers etwa durch Darlehen, Personal- oder Sachsicherheiten. Nimmt man dieses Verbot ernst, so ist die übliche Finanzierungsstruktur von Leveraged Buy-outs (LBO) für Aktiengesellschaften ausgeschlossen, weil die finanzierende Bank dabei regelmäßig Zugriff auf das Vermögen der Zielgesellschaft erhalten soll. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, Finanzierungshilfen künftig zuzulassen, wenn die Solvenz der Gesellschaft gesichert erscheint, vgl. Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG, KOM(2004) 730 endg., S. 12 f.

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hohe Risiken einzugehen. Dieser besteht auch dann, wenn eine solche Geschäftspolitik ineffizient ist, d. h. den insgesamt zu erwartenden Unternehmenswert verringert („Überinvestitionsproblem“).18 Zudem neigen die Aktionäre schon vorher dazu, der Gesellschaft Eigenkapital zu entziehen 19 und damit ihren eigenen Fehlanreiz im Hinblick auf die Geschäftspolitik erst hervorzurufen. Vor diesem Hintergrund muss den Gläubigern daran gelegen sein, die Gesellschafter an übermäßigen Entnahmen zu hindern.20 Zweitens dürfte die europäische Kapitalerhaltung wirkungsvoller sein, als ihre Kritiker unterstellen. Ein weiteres Mal sorgt in diesem Zusammenhang das Mindestkapital für Verwirrung. In der Tat wäre der Kapitalschutz weit gehend sinnlos, wenn er sich nur auf 25.000 Euro beziehen würde. Indes sorgt das europäische Kapitalsystem dafür, dass das nach Art. 15 Kapitalrichtlinie zu erhaltende Eigenkapital nicht ohne Beziehung zu der Größe und dem Risiko des Unternehmens ist: Finanzkreditgeber werden auf einer ausreichenden Eigenkapitalausstattung bestehen. Diese Anforderung vergrößert regelmäßig auch den Betrag des nach Art. 15 Kapitalrichtlinie gebundenen Eigenkapitals, weil die Richtlinie es den Aktionären erschwert, Einlagen zu leisten, ohne zugleich das gezeichnete Kapital zu erhöhen.21 Der europäische Kapitalschutz ist zudem konsequenter verwirklicht als die noch vorhandenen Regelungen zum gesetzlichen Kapital in den USA. Insbesondere erfasst die Kapitalerhaltung nicht nur Dividenden und andere offene Ausschüttungen, sondern auch „verdeckte“ Ausschüttungen, etwa Austauschverträge mit Aktionären, die einem Drittvergleich nicht standhalten und damit zu einem Mittelabfluss aus der Gesellschaft führen. Zudem entscheidet nach europäischem Recht der Jahresabschluss der Gesellschaft darüber, ob und in welcher Höhe Mittel für Ausschüttungen zur Verfügung stehen. Dieser wiederum ist europarechtlich eingehend geregelt 22 und unterliegt einer zwingenden Abschlussprüfung.

18 Grundlegend Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), 306, 312ff. Vgl. die Darstellung in Engert, ZGR 2004, 813, 820 ff. 19 Dies kann man als „Unterinvestitionsproblem“ bezeichnen, grundlegend hierzu Myers, J. Fin. Econ. 5 (1977), 147. 20 Grundsätzlich könnte hierzu allerdings auch der vertragliche Selbstschutz der Gläubiger ausreichen, siehe näher unten IV.1.a). 21 Der Schlüssel zu diesem Ergebnis liegt darin, dass Ausgabeaufschläge wie gezeichnetes Kapital behandelt werden, dazu Eidenmüller/Engert, AG 2005, 97, 100 ff. Zum Teil wird allerdings angenommen, dass Art. 15 Kapitalrichtlinie – anders als das englische und deutsche Recht – Ausgabeaufschläge nicht notwendig mit erfasse, so etwa Ferran, The Place for Creditor Protection on the Agenda for Modernisation of Company Law in the European Union, ECGI Working Paper Series in Law, 2005, S. 14. 22 Richtlinie 78/660/EWG vom 25. 7. 1978 (ABl. EG Nr. L 222 v. 14. 8. 1978, S. 11ff.). Zur fortschreitenden Ersetzung dieser Regelungen durch die International Financial Reporting Standards siehe aber den Beitrag von Pellens/Sellhorn in diesem Band.

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Ausschüttungen sind grundsätzlich nur auf Basis eines aufgestellten Jahresabschlusses zulässig.23 b) Schutz von (Minderheits-)Gesellschaftern Neben dem Gläubigerschutz soll die Kapitalrichtlinie auch die Interessen der (Minderheits-)Gesellschafter wahren, indem sie Management, Mehrheitsgesellschafter und andere Insider daran hindert, deren Vermögens- und Verwaltungsrechte zu schmälern. (aa) Zwingende Hauptversammlungskompetenzen Dem Gesellschafterschutz dient es zunächst einmal, dass Kapitalerhöhungen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen (Art. 25 Abs. 1, 30 Kapitalrichtlinie). Da die Gesellschaft neue Aktien nur aufgrund einer Kapitalerhöhung schaffen kann, kontrolliert die Hauptversammlung auf diese Weise die Konditionen der Ausgabe. Dies hilft zwar nichts, wenn es im Interesse eines Mehrheitsaktionärs liegt, die Verwässerung der bestehenden Beteiligungen hinzunehmen.24 Immerhin kann die Zuständigkeit der Hauptversammlung aber verhindern, dass das Management neu auszugebende Aktien als „billige Währung“ missbraucht, etwa für die eigene Vergütung, Arbeitnehmerbeteiligungen oder für Unternehmensübernahmen.25 Um eine gewisse Flexibilität zu gewährleisten, kann die Hauptversammlung das Management allerdings für jeweils bis zu fünf Jahre ermächtigen, das Kapital bis zu einem festgelegten Betrag zu erhöhen (Art. 25 Abs. 2 Kapitalrichtlinie).26 Neben Kapitalerhöhungen besteht die Zuständigkeit der Hauptversammlung grundsätzlich auch für Aktienrückkäufe und Kapitalherabsetzungen (Art. 19 Abs. 1 Buchst. a, 30 Kapitalrichtlinie). Die Regelungen dürften ebenfalls dazu dienen, das Management an einer Verwässerung der bestehenden Beteiligungsverhältnisse zu hindern.27 23 Eine Ausnahme von dieser Regel gewährt nur Art. 15 Abs. 2 Kapitalrichtlinie. Zumindest nach deutschem Recht muss der Jahresabschluss nicht nur aufgestellt, sondern auch bereits geprüft worden sein, §§ 57 Abs. 3, 59, 174 Abs. 1 AktG, 316 Abs. 1 HGB. 24 Nicht zu unterschätzen ist allerdings, dass die Zuständigkeit der Hauptversammlung eine gewisse Transparenz bewirkt, was der Machtausübung durch einen Mehrheitsaktionär Grenzen setzt. Das deutsche Recht verlangt für alle kapitalbezogenen Entscheidungen zudem eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln, §§ 182 Abs. 1, 193 Abs. 1, 202 Abs. 1, 207 Abs. 2, 222 Abs. 1, 229 Abs. 3 AktG. 25 „Billig“ ist die Ausgabe neuer Aktien aus Sicht des Managements, weil keine Vermögenswerte der Gesellschaft aufgewendet werden müssen. Die Kosten treffen die Altaktionäre, deren Beteiligung verwässert wird. 26 Nach deutschem Recht ist ein solches genehmigtes Kapital nur bis zur Hälfte des gezeichneten Kapitals zulässig, § 202 Abs. 3 AktG. 27 Bei Aktienrückkäufen ist aus Sicht der übrigen Aktionäre zu befürchten, dass die

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(bb) Gleichbehandlung bei der Ausgabe von Aktien Wenig Wirkung haben zwingende Hauptversammlungszuständigkeiten gegenüber einem beherrschenden Aktionär. Zudem gestehen die Gesellschafter dem Management in der Rechtspraxis häufig ein genehmigtes Kapital zu. Vor dem Hintergrund dieser weit reichenden Entscheidungsspielräume gewährt Art. 29 Kapitalrichtlinie dem einzelnen Aktionär ein zwingendes Bezugsrecht. Soweit dieses Schutzinstrument reicht, schließt es eine Verwässerung aus: Bleibt der Ausgabebetrag der neuen Aktien hinter ihrem wirtschaftlichen Wert zurück, so können betroffene Altgesellschafter ihr Bezugsrecht entweder ausüben und so eine Verwässerung verhindern oder es veräußern und damit einen Wertausgleich in Geld erhalten. Das Problem besteht darin, dass ein Bezugsrecht sinnvollerweise nicht bei allen Kapitalerhöhungen gewährt werden kann, insbesondere nicht bei einer Aktienausgabe gegen Sacheinlagen. Dementsprechend sieht die Kapitalrichtlinie das Bezugsrecht nur vor, wenn Aktien gegen Bareinlagen ausgegeben werden. Selbst bei Barkapitalerhöhungen kann die Hauptversammlung (oder aufgrund Ermächtigung der Hauptversammlung das Management) das Bezugsrecht ausschließen (Art. 29 Abs. 4 Kapitalrichtlinie).28 (cc) Gleichbehandlung bei der Einlagenleistung Auch wenn der Ausgabebetrag der neuen Aktien angemessen ist, können Zeichner mit besonderen Beziehungen zum Management immer noch versuchen, nur einen Teil der geschuldeten Leistung tatsächlich zu erbringen. Dem begegnet der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung: Die Gesellschaft kann auf ihren Einlagenanspruch weder ganz noch zum Teil verzichten (Art. 12 Kapitalrichtlinie). Sacheinlagen müssen durch einen Sachverständigen auf ihre Werthaltigkeit überprüft werden (Art. 19 Kapitalrichtlinie).29 Um Umgehungen der Sacheinlagenprüfung vorzubeugen, hat die deutsche Rechtsprechung die Lehre der „verdeckten Sacheinlage“ entwickelt: Hat ein Aktionär seine Anteile aufgrund einer Gesellschaft einen zu hohen Preis bezahlt. Demgegenüber scheint eine Kapitalherabsetzung für die Aktionäre zunächst nur Vorteile zu bieten, indem sie Ausschüttungen erleichtert. Auch bei einer Kapitalherabsetzung kann es jedoch zu einem Interessenkonflikt zwischen Management und Gesellschaftern kommen: Fällt der wirtschaftliche Wert der Aktien in einer Unternehmenskrise unter den (rechnerischen) Nennbetrag, so kann die Gesellschaft neue Aktien nur ausgeben, wenn zuvor das gezeichnete Kapital herabgesetzt wird. In einer solchen Lage wird das Management häufig einen starken Anreiz zur Aufnahme frischen Eigenkapitals haben, auch wenn dabei die Anteile der Altaktionäre stark verwässert werden. 28 Im deutschen Gesellschaftsrecht wird seit langem versucht, den Ausschluss des Bezugsrechts zu begrenzen. Einen Eindruck dieser Bemühungen vermittelt EuGH Slg. 1996, I-6017 (Siemens/Nold). 29 Dabei bezieht sich „Werthaltigkeit“ auf die gesamte geschuldete Einlage, also auf den (rechnerischen) Nennwert der Aktie zuzüglich eines Ausgabeaufschlages.

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Bareinlage erhalten und verkauft er beispielsweise kurz nach Ausgabe der Aktien der Gesellschaft einen Gegenstand, so werden die beiden Geschäfte als Einheit behandelt – nämlich als Ausgabe von Aktien gegen eine Sacheinlage.30 (dd) Gleichbehandlung bei Ausschüttungen Amerikanische Beobachter wird es wundernehmen, dass sogar die Kapitalerhaltung dem Schutz von Minderheitsaktionären dienen soll. Das europäische Recht setzt dabei als selbstverständlich voraus, dass Dividenden und andere Ausschüttungen im Verhältnis der Aktienbeteiligung zu verteilen sind. Wiederum werden einflussreiche Aktionäre aber versucht sein, diesen Grundsatz zu umgehen, indem sie scheinbar harmlose Geschäfte mit der Gesellschaft dazu ausnutzen, sich auf Kosten der übrigen Gesellschafter zu bereichern. Aus diesem Grund umfasst die europäische Kapitalerhaltung auch derartige „verdeckte Ausschüttungen“, was letztlich auf ein Verbot solcher Geschäfte hinausläuft.31 Neben verdeckten Ausschüttungen können einflussreiche Aktionäre auch durch überteuerte Aktienrückkäufe versuchen, sich Gesellschaftsvermögen anzueignen. Anders als die neueren amerikanischen Gesetze bezeichnet die Kapitalrichtlinie den Rückerwerb von Aktien nicht als „Ausschüttung“, sondern regelt ihn gesondert in ihrem Art. 19. Danach bedarf es nicht nur einer Zustimmung der Hauptversammlung, sondern der Rückkauf darf auch nicht mehr als 10 % des gezeichneten Kapitals umfassen.32 Zudem würde es gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 42 Kapitalrichtlinie verstoßen, wenn die Gesellschaft ihre Aktien zu überhöhten Preisen zurückerwerben würde. (ee) Allgemeiner Grundsatz der Gleichbehandlung Soweit das gesetzliche Kapital dem Aktionärsschutz dient, geht es zumeist darum, Vermögensverschiebungen zugunsten einzelner Gesellschafter zu unterbinden. Die zugehörigen Einzelvorschriften lassen sich daher als Ausdruck des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Aktionäre – gemessen an ihrem Kapitalanteil – begreifen. Art. 42 Kapitalrichtlinie stellt diesen Grundsatz in allgemeiner Form auf. Im Vergleich zum amerikanischen Recht fällt auf, dass dieser Gleichbehandlungsgrundsatz und seine Ausprägungen die wichtigsten Abwehr30 Siehe grundlegend BGHZ 110, 47 und (aus europäischer Perspektive) EuGH Slg. 1992, I-4871 (Meilicke/ADV). Auch die Kapitalrichtlinie enthält in Art. 11 einen – allerdings sehr engen – Umgehungstatbestand. 31 So zumindest die deutsche Lesart der Kapitalerhaltung bei Aktiengesellschaften. Siehe näher den Beitrag von Fleischer in diesem Band. 32 Des Weiteren darf die Gesellschaft nur Vermögenswerte einsetzen, die anderenfalls für Ausschüttungen zur Verfügung stünden, Art. 19 Abs. 1 Buchst. c Kapitalrichtlinie.

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mittel ausschließen, die von US-amerikanischen Gesellschaften gegen feindliche Übernahmeangebote eingesetzt werden können. So lässt die Kapitalrichtlinie nicht zu, dass sich das Management durch eine Zahlung der Gesellschaft an den feindlichen Bieter freikauft („greenmail“), neue Aktien unterhalb ihres wirtschaftlichen Wertes an alle Aktionäre außer den Bieter ausgibt („poison pill“) oder eigene Aktien zu einem überhöhten Preis von allen Aktionären außer dem Bieter zurückkauft („selective self-tender“). Das Behinderungsverbot der Übernahmerichtlinie 33 hat insofern die Rechtslage in Europa sehr viel weniger verändert, als dies der Fall wäre, wenn eine entsprechende Regelung in den USA erlassen würde.

2. Funktional entsprechende amerikanische Regelungen Wie behandelt das amerikanische Recht die Regelungsprobleme, die in Europa unter die Kapitalrichtlinie fallen? Amerikanische Beobachter sehen die Institution des gesetzlichen Kapitals zumeist als lange überholtes und befremdliches Überbleibsel des 19. Jahrhunderts.34 Ein Teil dieser Kritik ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass das gesetzliche Kapital in den USA schon früh im Niedergang begriffen war: Amerikanische Gerichte haben wenig Mühe darauf verwandt, eine Umgehung der gesetzlichen Regelungen zu verhindern. Das amerikanische Recht hat stattdessen andere Lösungen gesucht und gefunden. Damit bietet es lebendiges Anschauungsmaterial für Alternativen zum System des gesetzlichen Kapitals. Im Folgenden werden die oben herausgearbeiteten Funktionen der Kapitalrichtlinie den entsprechenden Ansätzen des amerikanischen Rechts gegenübergestellt.

33 Art. 9 Abs. 2 Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 (ABl. EG Nr. L 142 v. 30. 4. 2004, S. 12 ff.). 34 Siehe etwa Manning/Hanks, Legal Capital, 3. Aufl., 1992, S. 92: „[S]tated capital is simply a fortuitously-derived number that could as well have been taken from a telephone directory as from a series of unconnected and irrelevant historical events“ („Nennkapital ist nichts weiter als eine nach dem Zufallsprinzip ermittelte Zahl, die ebenso gut dem Telefonbuch hätte entnommen werden können wie einer Reihe unzusammenhängender und irrelevanter vergangener Ereignisse“); Bainbridge, Corporation Law and Economics, 2002, S. 78: „[V]ast and arcane body of law [… most of which] has fallen into decrepitude“ („Riesenhafter, geheimnisumwobener Regelungskomplex, der überwiegend in Verfall begriffen ist“); Clark, Corporate Law, 1986, S. 610: „[O]bjective and mechanical, but trivial, rules“ („objektive und mechanisch anwendbare, dabei aber belanglose Regelungen“).

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a) Gläubigerschutz (aa) Übernahme eines Eigenrisikos durch die Gesellschafter Weder der RMBCA noch die Gesellschaftsrechte Delawares, New Yorks oder Kaliforniens kennen ein Mindestkapital. Der RMBCA und der California Corporations Code haben das gesetzliche Kapital und damit auch den Gedanken eines Aktiennennwertes ganz abgeschafft.35 In Delaware und New York gibt es Nennwertaktien zwar noch,36 doch bereitet es keine Schwierigkeiten, den Nennwert beliebig klein zu halten. Gesellschaften können auch nennwertlose Aktien ausgeben und damit im Ergebnis das gesetzliche Kapital abbedingen.37 Zu erwähnen ist allerdings, dass amerikanische Gerichte in vergleichsweise mehr Fällen eine Durchgriffshaftung in Betracht ziehen, wobei der Vorwurf materieller Unterkapitalisierung eine Rolle spielen kann.38 (bb) Kapitalerhaltung Da das gesetzliche Kapital somit in den USA entweder abgeschafft oder bedeutungslos ist, hat sich das amerikanische Recht auf andere Möglichkeiten einer Ausschüttungsbegrenzung besonnen. Diese werden ausführlich unten in Abschnitt III. behandelt, worauf an dieser Stelle verwiesen sei. b) Schutz von (Minderheits-)Gesellschaftern39 (aa) Zwingende Hauptversammlungskompetenzen Die Gesellschaftsrechte der einzelnen Bundesstaaten geben der Hauptversammlung weit weniger Entscheidungsbefugnisse bei Ausgabe und Rückerwerb von Aktien als die Kapitalrichtlinie. Zumeist wird nur verlangt, dass die articles of incorporation – die nur mit Zustimmung der Hauptversammlung geändert werden können – eine Zahl von genehmigten Aktien bestimmen.40 Sofern die articles 35 Näher unten III.1.b) und III.1.c); vgl. auch Conac in: Quel avenir pour le capitel social?, Dalloz, thèmes et commentaires, 2004. 36 Vgl. Del. Code Ann. tit. 8, § 151(a); N.Y. Bus. Corp. § 501(a). 37 Del. Code Ann. tit. 8, § 151(a); N. Y. Bus. Corp. § 501(a). Als erster Staat ermöglichte 1912 New York nennwertlose Aktien. 38 Zur statistischen Relevanz dieses Gesichtspunktes in Durchgriffsfällen Thompson, Cornell L. Rev. 76 (1991) 1036, 1063. Zur Durchgriffshaftung im amerikanischen Gesellschaftsrecht allgemein Spindler/Merkt in diesem Band. 39 Einen Überblick zu vertraglichen Klauseln gegen die Verwässerung von in Aktien wandelbaren Wertpapieren geben Woronoff/Rosen, Fordham L. Rev. 74 (2005), 129. 40 Vgl. § 6.01(a) RMBCA. Der RMBCA erlaubt es auch, weit gehend frei Gattungen und Serien von Aktien mit unterschiedlichen Berechtigungen zu schaffen. Die articles können diese Gestaltungsfreiheit auch auf den Verwaltungsrat übertragen,

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keine abweichende Regelung treffen, obliegt es dem Verwaltungsrat, genehmigte Aktien auszugeben sowie Art und Höhe der zu leistenden Einlage festzusetzen.41 Der Verwaltungsrat kann auch jederzeit eigene Aktien der Gesellschaft erwerben, die dadurch wieder den Status von genehmigten Aktien annehmen.42 Das amerikanische Recht setzt also deutlich mehr Vertrauen in die Verwaltung als die europäische Kapitalrichtlinie. Die Direktoren genießen dabei den weiten Ermessensspielraum der business judgment rule, sofern sie nicht einem Interessenkonflikt unterliegen. Allerdings nimmt das Kapitalmarktrecht die Entscheidungsfreiheit des Verwaltungsrates teilweise wieder zurück: Die Regeln der New Yorker Börse (ebenso wie die der anderen großen Wertpapierbörsen 43) schreiben vor, dass in bestimmten Fällen die Hauptversammlung der Ausgabe neuer Aktien zustimmen muss. Zum Teil spiegeln diese Regelungen den Grundgedanken der business judgment rule wider. Danach sollten die Direktoren immer dann einer Kontrolle unterworfen werden, wenn ihre eigenen Interessen bei der in Frage stehenden Transaktion denen der Gesellschaft oder der Aktionäre zuwiderlaufen. Dementsprechend muss nach den New Yorker Börsenregeln die Hauptversammlung entscheiden, wenn neue Aktien als Vergütung für Direktoren, officers 44 oder Arbeitnehmer dienen sollen oder wenn sie – aus welchem Anlass auch immer – an Direktoren, officers oder Inhaber größerer Wertpapierpositionen ausgegeben werden.45 Darüber hinaus muss die Hauptversammlung besonders schwer wiegenden Transaktionen zustimmen. Als solche sehen es die New Yorker Börsenregeln an, wenn neue Aktien ausgegeben werden sollen, die nach ihrer Anzahl oder ihrem Stimmgewicht die Grenze von 20 % der bestehenden Stammaktien überschreiten, und wenn dabei eine Sacheinlage 46 geleistet wer-

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§ 6.02 RMBCA. Für das Recht von Delaware findet sich die die entsprechende Bestimmung in Del. Code Ann. tit. 8, § 151(a). § 6.21(b), (c) RMBCA. Siehe auch Del. Code Ann. tit. 8, §§ 152, 153(a), (b). So die moderne Regel des § 6.31 RMBCA. Ältere Gesellschaftsrechte weisen zurückerworbenen Aktien demgegenüber den besonderen Status von „Aktien im Gesellschaftsvermögen“ (treasury shares) zu, so etwa Del. Code Ann. tit. 8, §§ 160, 243. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf das New York Stock Exchange Listed Company Manual (NYSE Listed Company Manual, abrufbar unter http://www. nyse.com/audience/listedcompanies.html). Ähnliche Regelungen finden sich auch in §§ 711 ff. des American Stock Exchange Company Guide (abrufbar unter http:// wallstreet.cch.com/AMEX/CompanyGuide/) und in Rule 4350(i) des National Association of Securities Dealers Manual (abrufbar unter http://nasd.complinet.com/ nasd/display/index.html). Zur Rolle von Börsenregeln jüngst Fleckner, Stock Exchanges at the Crossroads, Fordham L. Rev. 74 (2006), im Erscheinen (als Arbeitspapier abrufbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id= 836464, dort S. 47 f.). Officers leiten – unter der Aufsicht und Verantwortung des Verwaltungsrates – die täglichen Geschäfte der Gesellschaft. Rule 312.03(a), (b) und Rule 303A.08 NYSE Listed Company Manual. Im Bezug auf Sacheinlagen wurde diese Börsenregel im Jahre 1999 auch in den RMBCA übernommen, vgl. § 6.21(f) RMBCA.

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den soll oder die Höhe der zu leistenden Einlage aus anderen Gründen problematisch ist.47 Damit werden Fälle erfasst, in denen das Management dazu neigt, neue Aktien als „billige Währung“ einzusetzen.48 Die Regelung ergänzt auch sinnvoll das Erfordernis einer Zustimmung der Hauptversammlung bei Verschmelzungen; 49 das europäische Recht hat diese Parallele von Verschmelzung und Aktienausgabe gegen Sacheinlage bislang übersehen.50 Schließlich sind die Aktionäre nach den New Yorker Börsenregeln auch dann zur Entscheidung berufen, wenn die Ausgabe neuer Aktien einen Kontrollwechsel zur Folge haben würde.51 (bb) Gleichbehandlung bei der Ausgabe von Aktien Wie die Kapitalrichtlinie sah auch das amerikanische common law ein Bezugsrecht vor, das die Aktionäre gegen eine Verwässerung ihrer Beteiligung schützen sollte.52 Die meisten Staaten haben diese Regelung mittlerweile abgeschafft, auch wenn sie die Einführung eines Bezugsrechts durch die articles of incorporation gestatten.53 Wiederum bringt das amerikanische Recht dem Verwaltungsrat also größeres Vertrauen entgegen. In der Tat haben Direktoren keinen Anlass, eine Verwässerung der bestehenden Anteile zuzulassen, sofern nicht die Direktoren selbst die neuen Aktien zeichnen, es keinen beherrschenden Aktionär gibt oder ein sonstiger Interessenkonflikt vorliegt.54 Eine wirksame Haftungsdrohung für Treuepflichtverletzungen erscheint daher ausreichend, zumal auch ein Bezugsrecht von vornherein keinen Schutz gewährleistet, wenn Aktien gegen eine Sacheinlage ausgegeben werden sollen – also gerade dann, wenn die Gefahr besonders groß ist, dass die Verwaltung neue Aktien als „billige Währung“ missbraucht.55

47 Nämlich dann, wenn Aktien zwar gegen eine Bareinlage, aber außerhalb eines öffentlichen Angebots und außerhalb eines „bona fide private financing“ zu einem Ausgabepreis unter dem Markt- und Buchwert ausgegeben werden sollen, vgl. Rule 312.03(c), 312.04(f) NYSE Listed Company Manual. 48 Vgl. oben Fn. 25 und zugehöriger Text. 49 § 11.04(g)(4) RMBCA. 50 So kann beispielsweise nach deutschem Recht der Vorstand zu Kapitalerhöhungen von bis zu 50 % des gezeichneten Kapitals ermächtigt werden, vgl. oben Fn. 26. 51 Rule 312.03(d) NYSE Listed Company Manual. Die Börsenregeln definieren den Begriff der Kontrolle nicht. Rule 204.11 legt allerdings nahe, ihn ebenso zu verstehen wie im Securities Exchange Act von 1934. 52 Etwa Stokes v. Continental Trust Co., 78 N.E. 1090, 1094 f. (1906). 53 § 6.30(a) RMBCA; N. Y. Bus. Corp. § 622(b)(2); Del. Code Ann. tit. 8, § 102(b)(3). 54 Gevurtz, Corporation Law, 2000, S. 137 f. 55 Vgl. oben II.1.b)(bb).

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(cc) Gleichbehandlung bei der Einlagenleistung Wie das europäische Recht kann auch das amerikanische nicht sicherstellen, dass die Gesellschaft neue Aktien nur gegen eine Einlage in angemessener Höhe ausgibt. Es obliegt dem Verwaltungsrat, die von den Zeichnern zu erbringende Gegenleistung zu bestimmen.56 Anders als die Kapitalrichtlinie verlangt das amerikanische Gesellschaftsrecht häufig nicht einmal, dass die Einlage in Geld beziffert wird: Viele Staaten folgen dem RMBCA und verzichten auf die Festlegung eines bestimmten Einlagebetrages. In diesen Gesellschaftsrechtsordnungen sind alle Arten von Sacheinlagen zulässig, auch vergangene oder zukünftige Dienstleistungen. Der Verwaltungsrat entscheidet bindend über die Angemessenheit der erbrachten Einlage.57 In anderen Bundesstaaten muss weiterhin ein Einlagebetrag festgelegt werden 58 und bestimmte Arten von Einlagen sind ausgeschlossen.59 Wiederum entscheidet aber der Verwaltungsrat mit bindender Wirkung, ob die Zeichner den Einlagebetrag tatsächlich aufgebracht haben.60 Dennoch versucht auch das amerikanische Recht der Gefahr zu begegnen, dass Insider auf Kosten außen stehender Zeichner nur eine unangemessen niedrige Einlage als Gegenleistung für ihre Beteiligung erbringen. Wie häufig sucht man die Lösung aber nicht im Gesellschafts-, sondern im Kapitalmarktrecht – was durchaus sinnvoll erscheint, da sich das Problem vor allem bei Publikumsgesellschaften stellt. Sollen Wertpapiere öffentlich angeboten werden, so müssen sie zuvor gemäß dem Securities Act von 1933 registriert werden. Verbriefen die Wertpapiere eine Beteiligung am Eigenkapital, muss der Emittent bei der Registrierung unter anderem auch die im Rahmen des öffentlichen Angebots für die Aktien geforderten Einlagen den Leistungen gegenüberstellen, die während der fünf vorangegangenen Jahren effektiv von officers, Direktoren, Initiatoren und den mit ihnen verbundenen Personen für Aktien zu erbringen waren, sofern sich diese Beträge wesentlich unterscheiden.61 56 Vgl. § 6.21(b) RMBCA. 57 § 6.21(b), (c) RMBCA. 58 Dabei muss die Einlage den Nennbetrag übersteigen, sofern die Aktien einen Nennbetrag haben, Del. Code Ann. tit. 8, § 153(a), (b); N. Y. Bus. Corp. § 504(c), (d). 59 Z. B. lässt Del. Code Ann. tit. 8, § 152 als Einlagegegenstände nur zu: „cash, services rendered, personal property, real property, leases of real property, or a combination thereof“. Vgl. auch Cal. Corp. Code § 409(a)(1); N.Y. Bus. Corp. § 504(a). 60 Siehe Del. Code Ann. tit. 8, § 152 („in the absence of actual fraud“); vgl. auch Cal. Corp. Code § 409(b); N.Y. Bus. Corp. § 504(a). 61 Siehe Regulation S-K, 17 C.F.R. § 229.506, auf die in den Forms S-1, S-2 und S-3 nach dem Securities Act verwiesen wird. Beachte auch die zusätzlichen Offenlegungspflichten nach Satz 2 der genannten Vorschrift, die auch in dem weiteren Fall eingreifen, dass der Emittent während der drei vorangegangenen Jahre Verluste erlitten hat. Eine weitere Offenlegungspflicht – Regulation S-K, 17 C.F.R. § 229.404(d), auf die Item 11(n) des Form S-1 verweist – zeigt eine gewisse Ähnlichkeit zu Art. 11 Kapitalrichtlinie und der deutschen Lehre von der verdeckten Sacheinlage.

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(dd) Gleichbehandlung bei Ausschüttungen Wie oben festgestellt, verfolgt die Kapitalrichtlinie auch das Ziel, die Gleichbehandlung der Aktionäre bei Ausschüttungen zu gewährleisten. Hierzu unterscheidet das europäische Recht zwischen (zulässigen) offenen Ausschüttungen – auf Grundlage eines Jahresabschlusses festgesetzte Dividenden – und unzulässigen „verdeckten“ Ausschüttungen. Wiederum geht das amerikanische Recht andere Wege: Wenn sich einzelne Aktionäre durch Geschäfte mit der Gesellschaft zu unangemessenen Bedingungen bereichern, hält man dies konzeptionell nicht für eine Frage von zulässigen oder unzulässigen „Ausschüttungen“.62 Stattdessen setzt man auch hier auf die dogmatische Allzweckwaffe der Treuepflichten von Direktoren und kontrollierenden Gesellschaftern. Wiederum konzentriert sich das amerikanische Recht damit auf die wirklich problematischen Fälle, in denen die außen stehenden Aktionäre tatsächlich gefährdet sind: In einer Publikumsgesellschaft in Streubesitz – ohne einzelne, besonders einflussreiche Aktionäre – hat ein Verwaltungsrat keine Veranlassung, einzelne Gesellschafter auf Kosten anderer zu bevorzugen. Bei Geschäften mit Aktionären liefert daher die business judgment rule wiederum einen sinnvollen Lösungsansatz, indem Entscheidungen des Verwaltungsrats nur dann gerichtlich überprüft werden, wenn ein Interessenkonflikt vorlag. Dieselbe Ausrichtung liegt auch der kapitalmarktrechtlichen Offenlegungspflicht für Transaktionen mit nahe stehenden Personen zugrunde. Danach müssen Emittenten von Wertpapieren, die nach dem Securities Exchange Act von 1934 registriert sind, über alle Transaktionen im Wert von mehr als 60.000 US-Dollar Bericht erstatten, wenn ein Aktionär mit mehr als 5 % der Stimmrechte an ihnen ein „direktes oder indirektes wesentliches Interesse“ hatte.63

62 Siehe etwa The Mann-Paller Foundation, Inc. v. Econometric Research, Inc., 644 F.Supp. 92 (D.C. Cir. 1986) m. w. N., wo das Gericht den Gedanken einer „De factoDividende“ ausdrücklich verwarf, zugleich aber auf die abweichende Beurteilung im Steuerrecht hinwies. Vgl. auch Wessin v. Archives Corp., 592 N.W.2d 460, 465 (Minn. 1999). Anders aber Hanson v. Kake Tribal Corp., 939 P.2d 1320, 1324 (Alaska 1997): Wenn ein Geschäft „nichts weiter als eine Methode zur Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen“ („merely a method of distributing corporate assets“) ist, ist es als Dividende anzusehen und muss allen Gesellschaftern angeboten werden. 63 Regulation S-K, 17 C.F.R. § 229.404(a)(3), auf die Item 13 des Form 10-K für Jahresberichte nach § 13(a) des Securities Exchange Act verweist. Vgl. auch die ähnlichen Anforderungen des International Accounting Standards 24, enthalten im Anhang zu der Übernahmeverordnung der Kommission (EG) Nr. 2238/2004 vom 29. 12. 2004 (ABl. L 394 v. 31.12.2004, S. 1, 110 ff.).

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3. Zur begrenzten Bedeutung des gesetzlichen Kapitals In einigen Regelungsfragen weicht das amerikanische Recht deutlich von der Kapitalrichtlinie ab, in anderen ähneln sich die Lösungen. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung ginge es zu weit, die Regelungen in allen Hinsichten vergleichen zu wollen. An dieser Stelle soll nur gezeigt werden, dass die meisten Unterschiede wenig oder nichts mit dem gesetzlichen Kapital zu tun haben: So wäre es ohne weiteres möglich gewesen, auch im RMBCA ein zwingendes Bezugsrecht zu verankern, ohne dafür zum gesetzlichen Kapital zurückkehren zu müssen. Gleiches gilt für die meisten Regelungen der Kapitalrichtlinie: Wie sich am amerikanischen Recht zeigt, kann für die Ausgabe neuer Aktien eine Zustimmung der Hauptversammlung verlangt werden, ohne diesen Vorgang als „Kapitalerhöhung“ aufzufassen. Das amerikanische Kapitalmarktrecht könnte auch vorschreiben, dass die Einlagen von Insidern in der Zeit vor einem öffentlichen Angebot in Form eines bestimmten Dollarbetrages offen zu legen sind, womit eine ähnliche Transparenz wie nach den europäischen Kapitalaufbringungsregeln erreicht würde. Ebenso besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen einem Verbot verdeckter Ausschüttungen und dem gesetzlichen Kapital. Damit führt eine funktionale Analyse zu der wichtigen Schlussfolgerung, dass die Bestimmungen der „Kapitalrichtlinie“ überwiegend auch ohne gesetzliches Kapital denkbar wären. Allerdings trifft dies nicht für alle Regelungen der Richtlinie zu: Während alle Rechtsordnungen vor der Notwendigkeit stehen, Ausschüttungen an Gesellschafter in irgendeiner Weise zu begrenzen,64 bezeichnet das gesetzliche Kapital eine besondere Konzeption zur Regelung dieser Frage. Das System des gesetzlichen Kapitals zeichnet sich gerade dadurch aus, dass ein bestimmter nominaler Betrag („Kapital“) als Nettovermögen erhalten und nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden soll. Die Kapitalerhaltung im Interesse der Gläubiger bildet somit die Kernfunktion des gesetzlichen Kapitals. Darüber hinaus wird man dem gesetzlichen Kapital auch die weitere gläubigerschützende Funktion zuordnen können, dass die Gesellschafter – durch ein Mindestkapital und die Publizität des gezeichneten Kapitals – zur Übernahme eines Eigenrisikos angehalten werden sollen.65 Die Verbindung zur Kapitalerhaltung ergibt sich daraus, dass es wenig sinnvoll wäre, die Investition eigener Mittel der Gesellschafter zu verlangen, ohne diese gegen eine Rückzahlung zu sichern. Wie oben angedeutet erscheint die Bedeutung dieser weiteren gläubigerschützenden Funktion aber eher gering.66 Die folgende Tabelle stellt die Funktionen der Kapitalrichtlinie den entsprechenden Regelungen des amerikanischen Rechts gegenüber. 64 Schön, EBOR 5 (2004), 429, 442 ff.; Ders., DK 2004, 162, 168 ff. 65 Hierzu oben II.1.a)(aa). 66 Oben II.1.a)(aa).

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Kapitalrichtlinie

Amerikanisches Recht

Zusammenhang zwischen Regelung der Kapitalrichtlinie und gesetzlichem Kapital?

Übernahme eines Eigenrisikos durch die Gesellschafter im Interesse der Gläubiger: • Mindestkapital • Gezeichnetes Kapital als „Signalmechanismus“

Keine entsprechenden Regelungen

Ja

Kapitalerhaltung im Interesse der Gläubiger (anwendbar sowohl auf offene als auch auf verdeckte Ausschüttungen und den Erwerb eigener Aktien)

Solvenztest für Ausschüttungen und Recht der Gläubiger- und Konkursanfechtung (vgl. im Einzelnen unten Abschnitt III.)

Ja

Erfordernis einer Zustimmung der Hauptversammlung bei Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen

Zustimmung der Hauptversammlung für bestimmte Fälle der Ausgabe neuer Aktien erforderlich (nur börsennotierte Gesellschaften)

Nein

Erfordernis einer Zustimmung der Hauptversammlung bei Aktienrückkäufen

Kein derartiges Erfordernis

Nein

Bezugsrecht

Kein Bezugsrecht

Nein

Einlage für ausgegebene Aktien muss in voller Höhe erbracht werden; bei Sacheinlagen Werthaltigkeitsprüfung durch Sachverständigen

Bei öffentlichem Angebot ist Gegenüberstellung von zu erbringenden Einlagen der außen stehenden Aktionäre mit denen von Insidern offen zu legen

Nein

Verbot verdeckter Ausschüttungen

Offenlegung von Transaktionen mit nahe stehenden Personen (nur börsennotierte Gesellschaften); Haftung von Direktoren und kontrollierenden Gesellschaftern bei Treuepflichtverletzung (alle Kapitalgesellschaften)

Nein

Ausdrücklicher allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz

Stillschweigender Gleichbehandlungsgrundsatz

Nein

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III. Ausschüttungsbegrenzung nach amerikanischem Recht Die Kernfunktion des gesetzlichen Kapitals europäischer Prägung besteht darin, Ausschüttungen an die Gesellschafter zu beschränken. Ob die EU am gesetzlichen Kapital festhalten sollte, hängt deshalb von einem Vergleich dieser Form der Ausschüttungsbegrenzung mit anderen Möglichkeiten ab. Zu diesem Zweck wird im Folgenden der amerikanische Regelungsansatz vorgestellt.

1. Ausschüttungssperren im amerikanischen Gesellschaftsrecht 67 a) Restbestände des gesetzlichen Kapitals Zum Jahr 2000 haben ungefähr 35 Bundesstaaten eine gesellschaftsrechtliche Ausschüttungssperre nach dem Muster des RMBCA eingeführt.68 Allerdings findet sich das gesetzliche Kapital weiterhin in zwei besonders bedeutenden Gesellschaftsrechtsordnungen, Delaware und New York. In beiden Staaten besteht der Grundsatz, dass Dividenden nur aus einem „Überschuss“ über die Kapitalziffer (surplus) gezahlt werden dürfen; das Gesellschaftsrecht New Yorks verlangt darüber hinaus, dass die Gesellschaft nicht insolvent ist oder wird.69 Das Überschusskriterium scheint zunächst den Regelungen der Kapitalrichtlinie nahe zu kommen. In seiner Wirksamkeit bleibt es jedoch weit hinter der europäischen Kapitalerhaltung zurück. Mit den Worten zweier amerikanischer Kommentatoren gleicht es einem „Schweizer Käse, der hauptsächlich aus Löchern besteht“.70 Die Gründe für diesen Befund sind vielfältig: So darf eine in Delaware gegründete Gesellschaft auch ohne Überschuss aus den Gewinnen des laufenden und vorangegangenen Geschäftsjahres Dividenden zahlen – so genannte „flüchtige Dividenden“ (nimble dividends).71 Sowohl in Delaware als auch in New York bezieht sich das Überschusskriterium auf das „festgesetzte Kapital“ (stated capital).72 Der Überschuss ergibt sich dabei aus dem Wert der Aktiva abzüglich der

67 Siehe hierzu auch den Beitrag von Booth in diesem Band. 68 Siehe American Bar Association, Model Business Corporation Act Annotated, 3. Aufl., Losebl. (Stand: 2000). Für das Jahr 2004 wird die Zahl mit 37 Staaten angegeben, Black, Corporate Dividends and Stock Repurchases, Rn. 3:1, Losebl. (Stand: 2004). 69 Del. Code Ann. tit. 8, § 170(a); N.Y. Bus. Corp. § 510. Das Insolvenzkriterium findet sich auch im Recht Delawares, dort allerdings als Zulässigkeitsbedingung für eine Kapitalherabsetzung, Del. Code Ann. tit. 8, § 244(b). 70 So Manning/Hanks, aaO. (Fn. 34), S. 194, allerdings in Bezug auf das gesetzliche Kapital in den USA allgemein. 71 Del. Code Ann. tit. 8, § 170(a)(2). 72 Ohne inhaltliche Abweichung differenziert die Gesetzesterminologie in Delaware noch etwas genauer, indem sich der Begriff des stated capital nur auf das einer einzel-

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Schulden und des festgesetzten Kapitals. Die Höhe des festgesetzten Kapitals aber steht weit gehend im Belieben des Verwaltungsrates. Dieser bestimmt das festgesetzte Kapital und kann es jederzeit ändern.73 Allerdings darf das festgesetzte Kapital die Summe der Nennwerte der ausgegebenen 74 Aktien – sofern es sich überhaupt um Nennwertaktien handelt – nicht unterschreiten.75 Sogar Aktiennennwerte können aber nachträglich herabgesetzt oder abgeschafft werden, was jedoch eine Änderung der articles of incorporation erfordert.76 Das Recht Delawares gestattet seinen Gesellschaften ferner, eigene Aktien auch ohne ausreichenden Überschuss zurückzuerwerben, wenn das Kapital im Anschluss durch Einziehung der Aktien herabgesetzt werden soll. Die einzige weitere Voraussetzung ist, dass keine Vorzugsaktien ausgegeben wurden oder nur Vorzugsaktien zurückerworben werden sollen.77 Häufig braucht der Verwaltungsrat nicht einmal das festgesetzte Kapital zu verändern, um eine Ausschüttung zu ermöglichen. Die Rechtsprechung in New York und Delaware gewährt viel Spielraum bei der Bewertung des Gesellschaftsvermögens. Als geradezu absurd wurde dabei der Gedanke verworfen, zur Ermittlung des Überschusses die Buchwerte oder ein anderes formales Verfahren heranzuziehen.78 Stattdessen bleibt die Bewertung dem Verwaltungsrat überlassen. Da eine solche Schätzung mit großen Unsicherheiten behaftet ist, lehnen die Gerichte eine Überprüfung weit gehend ab.79 Das Überschusskriterium ist damit praktisch bedeutungslos geworden.80 Ein Richter eines amerikanischer Bundesdistriktgerichts brachte dies auf folgenden Nenner: „Die Direktoren können die Berechnung des Überschusses lenken und so in einem formalistischen Sinne Di-

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nen Aktie oder Aktiengattung zugeordnete Kapital bezieht, während im Bezug auf die Gesellschaft insgesamt der Begriff capital verwendet wird, vgl. Del. Code Ann. tit. 8, § 154. Erhöht werden kann das festgesetzte Kapital allerdings nur im Rahmen eines vorhandenen Überschusses. Genauer spricht man im amerikanischen Gesellschaftsrecht von outstanding shares. Damit sind Aktien gemeint, die ausgegeben wurden, ohne später von der Gesellschaft zurückerworben worden zu sein, d. h. ausgegebene Aktien unter Ausschluss der Aktien im Gesellschaftsvermögen (treasury shares). Del. Code Ann. tit. 8, §§ 154, 244; N.Y. Bus. Corp. §§ 506, 516. Dies wiederum setzt einen Mehrheitsbeschluss der Hauptversammlung und ggf. einen getrennten Beschluss der betroffenen Aktiengattungen voraus, Del. Code Ann. tit. 8, § 242(a)(3), (b); N.Y. Bus. Corp. §§ 801(b)(10), (11), 803(a), 804(a)(2). Del. Code Ann. tit. 8, §§ 160(a), 243, 244(a). Vgl. aber N.Y. Bus. Corp. § 513(a). Randall v. Bailey, 23 N.Y.S.2d 173, 184 (Sup. Ct. 1940); Morris v. Standard Gas & Electric Co., 63 A.2d 577, 581 f. (Del. Ch. 1949); Klang v. Smith’s Food and Drug Centers, 702 A.2d 150, 152 ff. (Del. 1997). Morris v. Standard Gas & Electric Co., 63 A.2d 577, 583 (Del. Ch. 1949); Klang v. Smith’s Food and Drug Centers, 702 A.2d 150, 155 (Del. 1997). Vgl. Gevurtz, aaO. (Fn. 54), S. 159: „something of a joke“.

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videndenzahlungen ‚rechtmäßig‘ machen, die anderenfalls als gläubigerbenachteiligende Vermögensverschiebungen (fraudulent transfers) zu gelten hätten“.81 Einige wenige Staaten verwenden – ebenso wie der Model Business Corporation Act bis zu seiner Reform im Jahre 1979 – statt des Überschusses das Kriterium eines „Gewinnüberschusses“ (earned surplus). Diese Bezeichnung legt es an sich nahe, dass nur das aus Gewinnen (über die von den Gesellschaftern geleisteten Einlagen hinaus) gebildete Eigenkapital für Dividenden zur Verfügung steht. Die Rechtslage auf der Grundlage des alten Modellgesetzes wich von diesem Ausgangspunkt jedoch wiederum ab, indem sie Ausschüttungen auch aus dem „Kapitalüberschuss“ (capital surplus) 82 zuließ, wenn die articles of incorporation dies vorsahen.83 Als Folge dieser und weiterer Ausnahmen ergaben sich kaum Unterschiede zu Ausschüttungssperren auf der Grundlage des Überschusskriteriums.84

b) Das Gewinn- und Finanzkennzahlenkriterium des kalifornischen Rechts Mit seinem Corporation Code aus dem Jahre 1975 unternahm Kalifornien einen grundlegend neuen Anlauf zur Regelung von Ausschüttungen. Eine Innovation des kalifornischen Gesetzes bestand darin, einen einheitlichen Begriff der „Ausschüttung“ (distribution) zu schaffen, der alle Vermögenstransfers an die Gesellschafter umfasst und damit die unterschiedliche Behandlung von Dividenden und dem Erwerb eigener Aktien aufhebt; einzig die Ausgabe weiterer Anteile an die Gesellschafter als (Sach-)Dividende bleibt ausgeklammert.85 Noch sehr viel radikaler war, dass sich der kalifornische Gesetzgeber von den Begriffen des festgesetzten Kapitals und des Nennwerts trennte. Ausschüttungen sind demgegenüber in zwei Fällen zulässig: Eine Gesellschaft darf ihre einbehaltenen Gewinne (retained earnings) ausschütten. Daneben bzw. darüber hinaus ist eine Ausschüttung aber auch zulässig, wenn (i) ein Verhältnis von fünf zu vier zwischen den Aktiva und den Schulden der Gesellschaft gewahrt bleibt und (ii) das Umlaufvermögen die kurzfristigen Verbindlichkeiten deckt bzw. – falls die Erträge vor Zinsen und Steuern in den zwei vorangegangenen Geschäftsjahren nicht für die Zinszahlungen ausreichten – ein Verhältnis von fünf zu vier zwischen Umlaufver-

81 Official Committee of the Unsecured Creditors of Color Tile, Inc. v. Blackstone Family Investment Partnership, L.P. (In re Color Tile, Inc.), 2000 U.S. Dist. LEXIS 1303 (D. Del. 2000). 82 Nach deutscher Terminologie also der Kapitalrücklage. 83 Mod. Bus. Corp. Act § 46 (1979). 84 Darstellung der verschiedenen Gesetzeslücken bei Manning/Hanks, aaO (Fn. 34), S. 79 ff. 85 Siehe die Definition in Cal. Corp. Code § 166.

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mögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten eingehalten werden kann.86 Daneben verlangt das kalifornische Recht wie in den meisten anderen Bundesstaaten auch, dass die Ausschüttung nicht die Insolvenz der Gesellschaft verursachen darf.87 Aus europäischer Sicht ist bemerkenswert, dass das kalifornische Recht ausdrücklich die Bilanzierungsregeln der Generally Accepted Accounting Principles (GAAP) für maßgeblich erklärt.88 Einbehaltene Gewinne, Aktiva, Schulden, Umlaufvermögen und kurzfristige Verbindlichkeiten nehmen also Bezug auf die Bilanz der Gesellschaft. Bei der Berechnung der Verhältniskennzahlen sind bestimmte Modifikationen in Richtung einer vorsichtigeren Bewertung vorgeschrieben. So werden Ansätze für Goodwill und Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen ausgeschlossen.89 Anders als die europäische Kapitalrichtlinie greift das kalifornische Recht nicht auf den Einzelabschluss, sondern auf die Konzernbilanz zurück.90 Die Abschaffung von gesetzlichem Kapital und Aktiennennwerten durch den kalifornischen Gesetzgeber halten amerikanische Kommentatoren für bahnbrechend.91 Die neue kennzahlenorientierte Ausschüttungssperre – die sich wohl an gebräuchlichen Klauseln (covenants) in Darlehensverträgen orientiert 92 – wird demgegenüber eher kritisch gesehen.93 Nur Alaska folgt insoweit dem kalifornischen Vorbild.94 Die Verfasser des RMBCA und die meisten anderen Bundesstaaten haben sich für eine andere Lösung entschieden. Unabhängig von ihrer rechtspolitischen Bewertung erscheint die kalifornische Regelung aber selbst aus europäischer Sicht streng. An sich wäre deshalb zu erwarten, dass sie zumindest in bestimmten Situationen das Ausschüttungsverhalten beeinflusst. Überraschenderweise liegt aber aus nunmehr fast dreißig Jahren praktisch keine Rechtsprechung vor.95 Es ist kaum anzunehmen, dass die Regelung so eindeutig ist, dass sie 86 Cal. Corp. Code § 500(a), (b). Das Gesetz modifiziert die genannten Bilanz- und Erfolgsgrößen zum Teil, siehe näher im folgenden Absatz. 87 Cal. Corp. Code § 501. Auch in diesem Punkt verfährt das kalifornische Recht strenger als der RMBCA (dazu unten III.1.c)), indem eine Ausschüttung schon untersagt wird, wenn nur die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz besteht (wobei die so genannte equitable insolvency gemeint ist, dazu näher unten III.2.b) (cc)). Da es keine einschlägige Rechtsprechung gibt, lässt sich nicht sagen, ob und wie sich dieser Unterschied praktisch auswirkt. 88 Cal. Corp. Code § 114. 89 Cal. Corp. Code § 500(b)(1). Auch für das Umlaufvermögen sind Anpassungen vorzunehmen, Cal. Corp. Code § 500(b)(2). 90 Was ökonomisch sinnvoller sein dürfte, siehe den Beitrag von Pellens/Sellhorn in diesem Band. 91 Siehe etwa Manning/Hanks, aaO. (Fn. 34), S. 176. 92 Dies vermuten Ackerman/Sterrett, U.C.L.A. L. Rev. 23 (1976), 1052, 1053. 93 Siehe etwa Dooley, Fundamentals of Corporate Law, 1995, S. 147. Anders aber Gevurtz, aaO (Fn. 54), S. 164: „reasonable attempt to craft a compromise“. 94 Alaska Stat. §§ 10.06.358, 10.06.360. 95 Vgl. Credit Managers Ass’n v. Federal Co., 629 F.Supp. 175, 188 (C.D. Cal. 1985),

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keinen Anlass zu Rechtsstreitigkeiten bieten würde. Vielmehr scheint sie für die Praxis ohne Bedeutung geblieben zu sein. Hierfür kommen wenigstens zwei Gründe in Betracht. Zum einen könnte es sein, dass Gesellschaften der Regelung ausweichen, indem sie sich gegebenenfalls in einem anderen Staat – etwa in Delaware – reinkorporieren. Diese Möglichkeit besteht indes nicht für Gesellschaften, deren Geschäftsaktivitäten sich hauptsächlich in Kalifornien abspielen. Denn die kalifornische Ausschüttungssperre ist auch auf derartige Scheinauslandsgesellschaften (pseudo-foreign corporations) anwendbar.96 Entscheidend dürfte die zweite Erklärung sein, dass den amerikanischen Gesellschaftsrechten die Vorstellung einer „verdeckten Ausschüttung“ fremd ist.97 Die entsprechenden Fälle löst man im Rahmen der Haftung für Treuepflichtverletzung oder der Gläubiger- und Konkursanfechtung.98 Unter anderem folgt daraus, dass die kalifornische Ausschüttungssperre einem Leveraged Buy-out (LBO) auch dann nicht entgegenstehen würde, wenn die Kennzahlenkriterien verletzt würden.99 Die strenge kalifornische Ausschüttungssperre schränkt Gesellschaften also sehr viel weniger ein, als dies bei einem entsprechenden Tatbestand im europäischen Recht der Fall wäre. Die Rechtswirklichkeit in Kalifornien besagt daher wenig darüber, wie sich eine Ausschüttungssperre nach kalifornischem Vorbild in der EU auswirken würde. c) Das Insolvenzkriterium des Revised Model Business Corporation Act Die Mehrzahl der amerikanischen Bundesstaaten verlangt weder die Erhaltung eines bestimmten Nettovermögens noch die Beachtung von Finanzkenn-

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wo der geltend gemachte Anspruch aber bereits an der fehlenden Aktivlegitimation scheiterte. In Kupetz v. Wolf & Vine, 845 F.2d 842, 851 (9th Cir. 1988) ging es u. a. um die Frage, ob die Veräußerer im Rahmen eines LBO eine Ausschüttung erhalten hatten, was verneint wurde. Siehe das outreach statute in Cal. Corp. Code § 2115(b). Hierzu eingehend Kersting, Brook. J. Int’l L. 28 (2002), 1, 25 ff. Siehe oben Fn. 62 und zugehöriger Text. Im Zusammenhang mit dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger ist der nach dem Recht von Delaware entschiedene Fall Pereira v. Cogan, 249 B.R. 449 (S.D.N.Y. 2003) aufschlussreich. Die Beklagten hatten unterschiedliche Transaktionen mit dem Ziel durchgeführt, der Gesellschaft Vermögen zu entziehen. Das Gericht wandte die gesellschaftsrechtliche Ausschüttungssperre nur insoweit an, als die Transfers offen in Form von Dividenden durchgeführt worden waren. Vgl. allerdings die folgenden, nicht zum kalifornischen Recht entschiedenen Fälle: In Wieboldt Stores, Inc. v. Schottenstein, 94 B.R. 488, 511f. (N.D. Ill. 1988) bejahte das Gericht mit ausführlicher Begründung, dass ein LBO zu einer „indirekten Ausschüttung“ (i. S. d. § 1.40(6) RMBCA) führe, wenn der gesamte Kaufpreis durch ein Darlehen finanziert werde und die Gesellschaft hierfür eine Garantie und Sachsicherheiten gewähre. Ähnliche Überlegungen finden sich in Pereira v. Cogan, 249 B.R. 449, 543 (S.D.N.Y. 2003) und In Matter of Munford, Inc., 97 F.3d 456, 459 f. (11th Cir. 1996).

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zahlen. Stattdessen haben diese Staaten – mit einzelnen Unterschieden – das Regelungsmodell des RMBCA übernommen.100 Dieser baut wie der kalifornische Gesetzgeber auf einem einheitlichen Ausschüttungsbegriff auf.101 Jedoch ersetzten seine Verfasser die für untauglich befundenen Kapitalregeln nicht durch neuartige Kriterien wie retained earnings oder Finanzkennzahlen. Stattdessen machten sie die Vermeidung der Insolvenz zum allein maßgeblichen Tatbestand. Für eine gläubigerschützende Norm schien sich dies geradezu aufzudrängen: 102 Zum einen verwirklicht sich erst mit Eintritt der Insolvenz das Gläubigerrisiko. Zum anderen hatte man schon zuvor häufig das Insolvenzkriterium als zweite Begrenzung neben der herkömmlichen Kapitalerhaltung eingesetzt.103 (Dies erscheint weniger befremdlich, wenn man in Rechnung stellt, dass das amerikanische Recht keine Konkursantragspflicht kennt.) Aus europäischer Sicht muss der Eindruck entstehen, dass der RMBCA den Gläubigerschutz in den USA drastisch verringert hat. Nimmt man das Insolvenzkriterium beim Wort, so brauchen die Anteilseigner der Gesellschaft keinerlei Eigenkapital und damit keinen Risikopuffer zu belassen.104 Den Verfassern des RMBCA lagen solche Bedenken indes fern. Umgekehrt bereitete ihnen vor allem Sorge, dass das Insolvenzkriterium die Direktoren einem zu großen Haftungsrisiko aussetzen könnte.105 Einem Teilnehmer zufolge war diese Befürchtung ausschlaggebend dafür, das Insolvenzkriterium in Form von zwei unterschiedlichen Bedingungen zu normieren.106 Der einschlägige § 6.40(c) RMBCA lautet wie folgt: 100 101 102 103

Vgl. oben Fn. 68 und zugehöriger Text. Siehe die Definition in § 1.40(6) RMBCA. Manning/Hanks, aaO (Fn. 34), S. 182. Siehe etwa N.Y. Bus. Corp. §§ 510(a), 102(a)(8). Wie bereits erwähnt hatte auch Kalifornien die Insolvenz als zusätzliches Kriterium beibehalten, dazu näher oben Fn. 87. Zur Rechtslage in Delaware siehe oben Fn. 69. In Massachusetts ist die Insolvenzvermeidung seit alters her der einzige Tatbestand, Mass. Gen. Laws ch. 156B, § 61. 104 Auch einzelne amerikanische Autoren halten dies für sehr weit gehend, siehe etwa Murphy, U. Rich. L. Rev. 15 (1981), 839, 839 („extremely liberal“); Gevurtz, aaO (Fn. 54), S. 162; Black, aaO (Fn. 68), Rn. 3 : 6. 105 Der offizielle Kommentar zu § 6.40 RMBCA, 2. und 4. Abschnitt, betont mehrfach den Beurteilungsspielraum (business judgment) des Verwaltungsrates. Die Verfasser des Modellgesetzes suchten das Haftungsrisiko auch durch eine besondere Einwendung für den Fall zu verringern, dass sich ein Direktor bei einer Entscheidung berechtigterweise auf andere Direktoren, officers, Angestellte oder Wirtschaftsprüfer verlässt, §§ 8.33(a), 8.30(d) RMBCA. Dies ist großzügiger als etwa das Recht von Delaware, siehe z.B. Sheffield Steel Corp. v. HMK Enters. (In re Sheffield Steel Corp.), 320 B.R. 423, 451 f. (Bankr. N.D. Okl. 2004) (Verwaltungsrat muss die Existenz eines Überschusses positiv feststellen); Pereira v. Cogan, 249 B.R. 449, 540 (S.D. N.Y. 2003) (blindes Vertrauen auf Vorlagen schützt nicht vor der Haftung gemäß Del. Code Ann. tit. 8, § 172). 106 Manning/Hanks, aaO (Fn. 34), S. 185 f.

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„Keine Ausschüttung darf durchgeführt werden, wenn (1) die Gesellschaft anschließend nicht in der Lage ist, ihre Verbindlichkeiten im gewöhnlichen Geschäftsverlauf bei Fälligkeit zu begleichen oder (2) das Aktivvermögen der Gesellschaft anschließend die Gesamtsumme ihrer Schulden nicht mehr deckt. Sofern die articles of incorporation nichts Abweichendes vorsehen, ist den Schulden der Betrag hinzuzurechnen, der bei einer zum Zeitpunkt der Ausschüttung erfolgenden Liquidation gebraucht würde, um Gesellschafter mit Vorzugsrechten zu befriedigen, wenn deren Vorzugsrechte den Rechten der Gesellschafter vorgehen, die die Ausschüttung erhalten sollen.“ 107

Es muss also erstens dafür gesorgt sein, dass die Gesellschaft voraussichtlich in der Lage bleiben wird, zu jedem Zeitpunkt ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die Vermeidung dieser so genannten insolvency in the equity sense (oder kurz equitable insolvency) war schon bisher von vielen Bundesstaaten verlangt worden.108 Die zweite Anforderung fügten die Verfasser des Modellgesetzes neu ein, um dem Verwaltungsrat mehr Rechtssicherheit bei der Prüfung der Solvenz zu geben.109 Nach dieser bilanzbezogenen Bedingung – der insolvency in the bankruptcy sense 110 (oder bankruptcy insolvency) – muss das Aktivvermögen der Gesellschaft zumindest die Schulden decken. Nach Auffassung der Verfasser ist eine bankruptcy insolvency in jedem Fall auszuschließen, wenn eine Bilanzierung nach den GAAP genug Nettovermögen ausweist, um die Ausschüttung durchzuführen.111 Das Modellgesetz lässt aber auch alle anderen „vernünftigen“ Bewertungsmethoden zu (§ 6.40(d) RMBCA). Obwohl die Insolvenz zum wichtigsten Maßstab für die Zulässigkeit von Ausschüttungen aufgerückt ist, spielt sie in der Rechtsprechung eine erstaunlich

107 Englischer Text: „No distribution may be made if, after giving it effect: (1) the corporation would not be able to pay its debts as they become due in the usual course of business; or (2) the corporation’s total assets would be less than the sum of its total liabilities plus (unless the articles of incorporation permit otherwise) the amount that would be needed, if the corporation were to be dissolved at the time of the distribution, to satisfy the preferential rights upon dissolution of shareholders whose preferential rights are superior to those receiving the distribution.“ 108 Vgl. Del. Code Ann. tit. 8, § 244(b); Cal. Corp. Code § 501; N.Y. Bus. Corp. § 102(a)(8). 109 Manning/Hanks, aaO (Fn. 34), S. 185 f.; Dooley, aaO (Fn. 93), S. 148 ff. Dooley, aaO., S. 149, räumt allerdings selbst ein, dass sich die Rechtsunsicherheit eigentlich nicht dadurch verringern kann, dass eine zusätzliche Anforderung an die Zulässigkeit von Ausschüttungen gestellt wird. Er geht jedoch davon aus, dass es auch im Hinblick auf die equitable insolvency nicht ohne Einfluss auf ein Gericht bleibe, wenn jedenfalls eine bankruptcy insolvency auszuschließen sei. 110 Die Terminologie erklärt sich daraus, dass die Definition der bankruptcy insolvency dem Konkursgesetz (Bankruptcy Code) entnommen ist, dazu näher unten III.2.b) (cc). 111 Offizieller Kommentar zu § 6.40 RMBCA, Abschnitt 4.a.

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geringe Rolle. Die wenigen veröffentlichten Entscheidungen beziehen sich häufig auf Auseinandersetzungen zwischen den Anteilseignern oder auf Rückgaberechte bzw. Verkaufsoptionen eines Anteilseigners gegenüber der Gesellschaft.112 Das geringe Fallaufkommen unterstreicht wiederum, dass nach amerikanischem Recht nur offen geleistete Dividenden und der Erwerb eigener Anteile als Ausschüttungen gelten.113 Verdeckte Ausschüttungen im Sinne des europäischen Rechts können als Treuepflichtverletzung oder als anfechtbare Gläubigerbenachteiligung sanktioniert werden. Dementsprechend orientiert sich die Auslegung der beiden Insolvenzbegriffe im Gesellschaftsrecht an den parallelen Tatbeständen der Gläubiger- und Konkursanfechtung.114

2. Gläubiger- und Konkursanfechtung Sehr viel bedeutsamer als die gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungsbeschränkungen ist im amerikanischen Recht das law of fraudulent transfers oder, mit der älteren Bezeichnung, das law of fraudulent conveyances, also die Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung. Wie die Gläubiger- und Konkursanfechtung in anderen Rechtsordnungen geht auch das fraudulent transfer law auf die römische actio Pauliana zurück.115 Das amerikanische Recht hat der Anfechtung jedoch besonders breiten Raum gegeben, indem es einen im Grundsatz rein objektiven Tatbestand entwickelt hat; die subjektive Seite des „betrügerischen“ Verhaltens – ein Vorsatz zur Benachteiligung der Gläubiger – wird bei Vorliegen der objektiven Merkmale fingiert (constructive fraud). Dieser objektivierte Tatbestand der Gläubigerbenachteiligung erweist sich als wirksame Begrenzung von Ausschüttungen an Gesellschafter. Man kann sich vor diesem Hintergrund durchaus fragen, wozu es im amerikanischen Recht neben der Gläubiger- und Konkursanfechtung überhaupt noch gesellschaftsrechtlicher Ausschüttungssperren bedarf. Wie bei einer nach dem RMBCA unzulässigen Ausschüttung hat auch eine erfolgreiche Anfechtung zur Folge, dass die Gesellschafter das Erlangte zurückzugewähren haben, wenn die 112 Siehe z. B. den Fall Lerner v. Lerner Corp., 711 A.2d 233, 240 f. (Md. App. 1998), cert. denied, 711 A.2d 233 (Md. 1998), in dem eine Gesellschafterminderheit eine Ausschüttung an einen großen Anteilseigner unterbinden wollte; ferner In re Vista Eyecare, Inc., 283 B.R. 613 (Bankr. N.D. Ga. 2002) (Verkaufsoption); In Re JOBS.COM, Inc., 283 B.R. 209 (Bankr. N.D.Tex. 2002), aff’d sub nom. Carrieri v. Jobs.com, Inc., 301 B.R. 187 (N.D. Tex. 2003), aff’d, 393 F.3d 508 (5th Cir. Tex. 2004) (Rückgaberecht); Vowteras v. Argo Compressor Service Corp., 441 N.Y.S.2d 562 (2d Dep’t 1981) (Rückgaberecht). 113 Vgl. oben Fn. 56 und zugehöriger Text sowie den Text nach Fn. 97. 114 Tucker, New Eng. L. Rev. 28 (1994), 1025, 1051 ff.; Black, aaO (Fn. 68), Rn. 3 : 7. 115 Für die Rechtsordnungen des common law wurde es schon früh im Statute of 13 Elizabeth gesetzlich geregelt.

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Gesellschaft insolvent war oder durch die Ausschüttung insolvent wurde. Immerhin kann die gesellschaftsrechtliche Regelung aber als Grundlage einer Direktorenhaftung dienen.116 Die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten der Direktoren werden auf diese Weise für offene Ausschüttungen ergänzt.117 a) Geltendmachung der Gläubiger- und Konkursanfechtung Die Regelungen zur Anfechtung gehören überwiegend zum Recht der einzelnen Bundesstaaten. Viele von ihnen haben Anfechtungsgesetze auf der Grundlage des älteren einheitlichen Modellgesetzes Uniform Fraudulent Conveyance Act (UFCA) oder seines Nachfolgers, des 1984 veröffentlichten Uniform Fraudulent Transfer Act (UFTA) erlassen. Die genannten Gesetze gewähren das Recht, gläubigerbenachteiligende Vermögensverschiebungen (fraudulent transfers) durch einen Schuldner anzufechten. Wie die Kapitalerhaltung nach europäischem Recht hat dies vor allem im Rahmen eines Konkursverfahrens praktische Bedeutung. Dementsprechend hat auch der Bundesgesetzgeber eigene Anfechtungstatbestände normiert (§ 548(a) Bancruptcy Code). Die Anfechtung nach dem bundesrechtlichen Bankruptcy Code erfasst jedoch nur Vermögensverschiebungen innerhalb eines Jahres vor Stellung des Konkursantrags.117a Aus diesem Grund stehen auch in Konkursverfahren zumeist die einzelstaatlichen Anfechtungsgesetze im Vordergrund. Diese gewähren zwar nur den Gläubigern ein Anfechtungsrecht. Jedoch gestattet es § 544(b)(1) Bankruptcy Code dem Konkursverwalter, auch die Anfechtungsrechte eines ungesicherten Gläubigers auszuüben, wenn ungesicherte Ansprüche bestehen und im Konkurs geltend gemacht werden können (so genannte strong arm clause). Die Anfechtungsfrist nach dem UFTA beträgt vier Jahre.118 b) Tatbestand der Gläubigerbenachteiligung Anfechtbar ist zunächst jede Handlung des Schuldners mit Benachteiligungsabsicht („with actual intent to hinder, delay, or defraud any creditor“).119 Der UFTA zählt eine Reihe von Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht 116 Cox/Hazen, Cox & Hazen on Corporations, Band 3, 2. Aufl., 2003, Rn. 20.16. Nach New Yorker Recht sind verbotene Ausschüttungen sogar strafbar, N.Y. Penal Law § 190.35(1)(a), (b). 117 Zu den Treuepflichten noch näher unten III.3. 117a Der Bankruptcy Abuse Prevention and Consumer Protection Act of 2005 verlängert diese Frist in seinem § 1402 auf nunmehr zwei Jahre. 118 § 9(b) UFTA. Für Ansprüche nach Anfechtungsgesetzen auf der Grundlage des alten UFCA gelten die allgemeinen Verjährungsregeln, siehe den offiziellen Kommentar zu § 9 UFTA, Abschnitt 2. 119 § 4(a)(1) UFTA. Vgl. auch § 7 UFCA und § 548(a)(1)(A) Bankruptcy Code.

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auf.120 Auch hierüber gehen aber die Tatbestände des constructive fraud noch hinaus. Sie geben in Ausschüttungsfällen regelmäßig den Ausschlag. Im Ergebnis bilden sie die entscheidende Beschränkung für Verschiebungen von Gesellschaftsvermögen an die Anteilseigner (zumal sich die Rechtsprechung, wie angedeutet, auch bei den gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungssperren am Anfechtungsrecht orientiert). Es gibt eine Reihe verschiedener Arten des constructive fraud. Für die Kontrolle von Ausschüttungen sind nur einige von ihnen bedeutsam.121 Diese Tatbestände weisen eine gemeinsame Struktur auf. Ganz allgemein muss das Vermögen der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt vermindert worden sein, in dem die qualifizierte Gefahr eines Ausfalles für die Gläubiger bestand; dies wird objektiv beurteilt, subjektive Merkmale sind nicht erforderlich. Im Einzelnen muss der Schuldner (i) einen Vermögensgegenstand übertragen oder eine Verbindlichkeit übernommen haben, (ii) ohne dafür einen nach vernünftiger Beurteilung ausreichenden Gegenwert erhalten zu haben, und zwar (iii) zu einem Zeitpunkt, in dem der Schuldner insolvent oder mit einem unvernünftig geringen Eigenkapital ausgestattet war oder ein solcher Zustand durch die Transaktion eintrat. (aa) Übertragung eines Vermögensgegenstandes oder Übernahme einer Verbindlichkeit Schüttet eine Gesellschaft Geld oder andere Vermögensgegenstände an ihre Anteilseigner aus, so erfüllt dies ohne weiteres das erste Tatbestandsmerkmal. Gleiches gilt aber auch, wenn die Gesellschaft eine Sach- oder Personalsicherheit gewährt. Damit kann sich das Anfechtungsrecht nicht nur gegen Gesellschafter, sondern etwa auch gegen Kreditgeber richten. Wie zu zeigen sein wird, trägt gerade dies maßgeblich zur Wirksamkeit der Gläubiger- und Konkursanfechtung auch als Ausschüttungssperre bei. (bb) Ohne nach vernünftiger Beurteilung ausreichenden Gegenwert Mehr Probleme stellen sich beim zweiten Tatbestandsmerkmal. Eine Anfechtung wegen constructive fraud setzt voraus, dass der Schuldner keinen nach vernünftiger Beurteilung ausreichenden Gegenwert (reasonably equivalent value) erhalten hat.122 Bei der Zahlung von Dividenden fehlt eine solche Gegenleistung

120 § 4(b) UFTA. Diese so genannten badges of fraud gehen auf eine englische Entscheidung aus dem Jahre 1601 zurück, den Twyne’s Case, 3 Coke Rep. 80b, 76 Eng. Rep. 809 (Star Chamber 1601). 121 Nämlich §§ 4(a)(2), 5(a) UFTA; §§ 4, 5, 6 UFCA; § 548(a)(1)(b) Bankruptcy Code. 122 Siehe die Definitionen in § 3(a), (b) UFTA, § 3 UFCA, § 248(d)(2)(A) Bankruptcy Code.

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von vornherein, weil der Gesellschaft überhaupt nichts zufließt. Mit Recht beurteilen die Gerichte aber auch den Erwerb eigener Anteile nicht anders.123 Die Tatbestände des constructive fraud erfassen somit fraglos Ausschüttungen an Gesellschafter. Abweichend von der europäischen Kapitalerhaltung unterliegen aber nicht nur Gesellschafter der Haftung.124 Insbesondere im Verhältnis zu Kreditgebern stellt die Rechtsprechung entscheidend darauf ab, ob der Gesellschaft selbst ein ausreichender Gegenwert zugeflossen ist; unerheblich ist, ob die Anteilseigner, eine andere Konzerngesellschaft oder sonst ein Dritter aus der Transaktion einen gleichwertigen Vorteil erlangt haben. Es genügt allerdings ein nur mittelbarer Vorteil für den Schuldner.125 Übernimmt dieser beispielsweise eine Bürgschaft für ein Tochterunternehmen, so kann die verbesserte Kreditwürdigkeit der Tochter einen mittelbaren, aber ausreichenden Gegenwert bilden.126 Personal- oder Sachsicherheiten „abwärts“ – also zugunsten von Tochteroder Enkelunternehmen – sind daher vergleichsweise unbedenklich. Ganz anders liegen die Dinge bei Sicherheiten „aufwärts“ oder „seitwärts“, also zugunsten herrschender oder sonst verbundener Unternehmen. Wiederum entsteht ein unmittelbarer Vorteil, weil Kredite überhaupt oder zu besseren Konditionen aufgenommen werden können. Da allerdings die Sicherheiten gewährende Tochter nicht an ihrer Mutter beteiligt ist, profitiert sie zumindest nicht auf diesem Wege von deren verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten. Die Rechtsprechung lehnt es auch ab, eine Interessenidentität der verschiedenen Konzerngesellschaften kurzerhand zu unterstellen. Stattdessen beurteilen amerikanische Gerichte die mög-

123 In re Roco Corp., 701 F.2d 978, 982 f. (1st Cir. 1983); Joshua Slocum, Ltd. v. Boyle (In re Joshua Slocum, Ltd.), 103 B.R. 610, 618 f. (Bankr. E.D. Pa. 1989), aff’d, 121 B.R. 442 (E.D. Pa. 1989); Vadnais Lumber Supply, Inc. v. Byrne (In re Vadnais Lumber Supply, Inc.), 100 B. R. 127, 136 (Bankr. D. Mass. 1989). Allerdings soll nach den ersten beiden Entscheidungen die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft für die Frage zu berücksichtigen sein, ob die von den Gesellschaftern erworbenen Anteile einen ausreichenden Gegenwert bilden. 124 Art. 16 Kapitalrichtlinie hindert die Mitgliedstaaten zwar nicht daran, eine Haftung auch auf Dritte zu erstrecken. Jedenfalls nach der in Deutschland herrschenden Meinung beschränken sich die Sanktionen aber auf Gesellschafter und Organwalter, so dass eine Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften beispielsweise nicht die einer Bank gewährten Kreditsicherheiten unwirksam macht, vgl. stellvertretend Mülbert, ZGR 1995, 578, 601 ff. 125 Siehe z. B. den Fall Butler Aviation Int’l, Inc. v. Whyte (In re Fairchild Aircraft Corp.), 6 F.3d 1119 (5th Cir. 1993), in dem ein Hersteller von Flugzeugen für Treibstoffkosten eines Abnehmers aufgekommen war, um dessen Konkurs abzuwenden. 126 Cosoff v. Rodman (In re WT Grant Co.), 699 F.2d 599, 609 (2d Cir. 1983), cert. denied, 464 U.S. 822 (1983). Zutreffend weist Alces, The Law of Fraudulent Transactions, 2002, Rn. 5 : 68 darauf hin, dass dies anders zu beurteilen sein kann, wenn die Beteiligung des Schuldners deutlich weniger als 100 % beträgt.

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lichen mittelbaren Vorteile ganz nach den Umständen des Einzelfalles.127 Von der Tatsacheninstanz wird erwartet, die geltend gemachten Vorteile möglichst genau abzuschätzen, um sie mit dem Wert des übertragenen Vermögensgegenstandes bzw. der übernommenen Verbindlichkeit vergleichen zu können.128 In Bezug auf Leveraged Buy-outs (LBOs) hält es die Rechtsprechung dabei für nicht hinreichend feststellbar, ob ein neues Management für die Zielgesellschaft einen wirtschaftlichen Wert hat. In dem Eignerwechsel liegt daher noch kein zu berücksichtigender Gegenwert für die von der Zielgesellschaft gestellten Sicherheiten.129 Grundsätzlich anerkannt werden demgegenüber mittelbare Vorteile durch die Einbindung in einen Konzernverbund, insbesondere durch verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten oder Synergien in Produktion und Marketing.130 Solche Vorteile müssen hinreichend konkret aufgezeigt werden, etwa wenn die Gesellschaft einen bestimmten Kredit ohne Konzernzugehörigkeit nicht hätte aufnehmen können. Es genügt regelmäßig nicht, allgemein eine Interessenübereinstimmung zwischen Zielgesellschaft und Erwerber zu behaupten. Die mittelbaren Auswirkungen einer Transaktion sind aber auch in einer weiteren Hinsicht zu berücksichtigen: Ein LBO kann in der Weise durchgeführt werden, dass nicht der Erwerber, sondern die Zielgesellschaft das Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises aufnimmt (um es sogleich an den Erwerber oder die Altgesellschafter weiterzuleiten). In diesem Fall könnte sich der Darlehensgeber auf den Standpunkt stellen, dass die Gesellschaft in Form der ausgereichten Valuta einen hinreichenden Gegenwert für die Übernahme der Zins- und Tilgungsverpflichtung sowie möglicher Kreditsicherheiten erhalten hat. In der amerikanischen Rechtsprechung hat sich jedoch eine andere Beurteilung durchgesetzt: Danach ist der LBO als eine einheitliche Transaktion anzusehen. Diese läuft im Ergebnis darauf hinaus, vorhandenes Eigenkapital durch zusätzliche Ver127 Grundlegend Rubin v. Manufacturers Hanover Trust Co., 661 F.2d 979, 993 f. (2d Cir. 1981). Ferner auch Mellon Bank, NA v. Metro Communications, Inc., 945 F.2d 635, 646 f. (3d Cir. 1991), cert. denied, 112 S.Ct. 1476 (1992); Ohio Corrugating Co. v. Security Pac. Business Credit, Inc. (In re Ohio Corrugating Co.), 70 B.R. 920, 927 (Bankr. N.D. Ohio 1987). 128 Rubin v. Manufacturers Hanover Trust Co., 661 F.2d 979, 993 f. (2d Cir. 1981). 129 Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 127 B.R. 958, 993 (W.D. Pa. 1991), aff’d, 971 F.2d 1056 (3d Cir. 1992); Credit Managers Ass’n v. Federal Co., 629 F.Supp. 175, 182 (C.D. Cal. 1985); U.S. v. Gleneagles, 565 F. Supp. 556, 576 (M.D. Pa. 1983), aff’d sub nom. U.S. v. Tabor Court Realty Corp., 803 F.2d 1288 (3d Cir. 1986), cert. denied, 483 U.S. 1005 (1987). 130 Mellon Bank, NA v. Metro Communications, Inc., 945 F.2d 635, 647 (3d Cir. 1991), cert. denied, 112 S.Ct. 1476 (1992); In re Xonics Photochemical, Inc., 841 F.2d 198, 202 (7th Cir. 1988); In re Augie/Restivo Baking Co., 87 B.R. 242, 247 (Bankr. E.D.N.Y. 1988); Telefest, Inc. v. VU-TV, Inc., 591 F. Supp. 1368, 1379 ff. (D.N.J. 1984). Anders aber In re Consolidated Capital Equities Corp., 143 B.R. 80, 87 ff. (Bankr. N.D. Tex. 1992), wonach nur Vermögensgegenstände, die in einer Bilanz ansatzfähig sind, als ausreichender Gegenwert in Betracht kommen sollen.

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bindlichkeiten zu ersetzen.131 Die Gesellschaft selbst erhält dabei keinen Gegenwert. Wiederum weist das amerikanische Recht auch Kreditgebern eine Verantwortlichkeit für von ihnen finanzierte Ausschüttungen zu. (cc) Insolvenz Auch wenn ein Schuldner einen Vermögensgegenstand übertragen oder eine Verpflichtung übernommen hat, ohne einen ausreichenden Gegenwert zu erhalten, kommt eine Anfechtbarkeit nur in Betracht, wenn die wirtschaftliche Lage des Schuldners in qualifizierter Weise als kritisch zu beurteilen war. Die wichtigste tatbestandliche Ausprägung einer solchen Lage ist die Insolvenz der Gesellschaft. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion in der EU ist dieses Merkmals von besonderem Interesse, weil es Aufschluss darüber geben könnte, wie ein „Solvenzkriterium“ anstelle der bisherigen Kapitalerhaltung konkret gehandhabt werden könnte. Die amerikanische Rechtslage wird europäische Juristen in dieser Hinsicht aber fast mit Sicherheit enttäuschen. Das amerikanische Recht bleibt weit hinter den differenzierten Bilanzierungsregeln zurück, die nach der Kapitalrichtlinie über die Zulässigkeit von Ausschüttungen entscheiden. Feste Regeln und Grundsätze lassen sich kaum aufstellen, die Rechtsprechung entscheidet von Fall zu Fall.132 Die Rechtssicherheit dürfte im Vergleich zum europäischen Recht deutlich geringer sein. Zunächst einmal ist festzustellen, dass in den einschlägigen Gesetzen zwei verschiedene Insolvenztatbestände anzutreffen sind. § 101(32) Bankruptcy Code versteht die Insolvenz bilanzbezogen als Zurückbleiben des Aktivvermögens hinter den Schulden. Eben dieser Ansatz der bankruptcy insolvency findet sich auch in § 2(a) UFTA. Im Gegensatz dazu definiert § 2(a) des alten UFCA (der immer noch das Anfechtungsrecht von New York und einigen anderen Staaten bestimmt) die Insolvenz dahin, dass „der gegenwärtige, durch Verkauf zu realisierende, wahre Wert der Vermögensgegenstände geringer ist als der Betrag, der aufzuwenden ist, um die wahrscheinlichen Forderungen aus bestehenden Ver-

131 Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 127 Bankr. 958, 992 (W.D. Pa. 1991), aff’d, 971 F.2d 1056 (3d Cir. 1992); U.S. v. Tabor Court Realty Corp., 803 F.2d 1288, 1296 (3d Cir. 1986), cert. denied, 483 U.S. 1005 (1987) (dort behandelt als ein Problem der Gutgläubigkeit nach der dem § 3 UFCA entsprechenden Bestimmung des Anfechtungsgesetzes von Pennsylvania). Häufig wird eine Ausnahme von der einheitlichen Betrachtungsweise zugelassen, wenn einer Partei (z. B. den verkaufenden Anteilseignern) nur ein Teil der Gesamttransaktion bekannt war, siehe Kupetz v. Wolf & Vine, 845 F.2d 842, 848, 851 (9th Cir. 1988); Wieboldt Stores, Inc. v. Schottenstein, 94 B.R. 488, 500 ff. (N.D. Ill. 1988). 132 Sarkastisch etwa R. Posner in der von ihm verfassten Entscheidung In re Taxman Clothing Co., Inc., 905 F.2d 166, 168 (7th Cir. 1990): „a ‚fair valuation,‘ […] – whatever that means.“

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pflichtungen bei Fälligkeit zu begleichen.“ 133 Wie schon erwähnt 134 wird diese Definition als equitable insolvency bezeichnet. Sie scheint eine liquiditätsbezogene Betrachtungsweise nahe zu legen, bei der die Abstimmung zwischen Liquidität und der Fristigkeit von Verbindlichkeiten im Vordergrund steht.135 Indes schenken viele Entscheidungen dem Unterschied kaum Beachtung. Zum Teil wird angenommen, dass die equitable insolvency den Begriff der bankruptcy insolvency enthalte, der Schuldner darüber hinaus aber auch deshalb insolvent sein könne, weil seine Vermögensgegenstände nicht hinreichend liquide seien und er auch auf andere Weise nicht genug flüssige Mittel aufbringen könne, um seine Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu erfüllen.136 Die meisten Gerichte neigen dazu, die beiden Insolvenzbegriffe in ganz ähnlicher Weise anzuwenden. Das Erfordernis eines „gegenwärtigen, durch Verkauf zu realisierenden“ Wertes bei der equitable insolvency soll einer Bewertung auf der Basis einer Unternehmensfortführung nicht entgegenstehen (sofern nicht die unmittelbare Gefahr eines Konkurses droht).137 Andererseits soll einer zutreffenden Bewertung der Vermögensgegenstände im Sinne der bankruptcy insolvency ein Verkauf „innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes“ zugrunde gelegt werden.138 Zunächst scheint dies nun wiederum auf Liquidationswerte hinzudeuten. Da die Gerichte zugleich aber Fortführungswerte für maßgeblich erklären,139 dürfte letztlich wohl der bei einem Verkauf des Unternehmens insgesamt zu er133 Englischer Text: „the present fair salable value of assets is less than the amount that will be required to pay [the debtor’s] probable liability on his existing debts as they become absolute and matured.“ 134 Vgl. den Text oben zu Fn. 108 bis 110. 135 In dieser Weise wird das Kriterium z. B. in den folgenden Entscheidungen verstanden und angewandt: Brown v. Riley (In re Omni Mechanical Contractors, Inc.), 114 B.R. 518, 530 f. (Bankr. E.D. Tenn. 1990); In re Vista Eyecare, Inc., 283 B.R. 613 (Bankr. N.D. Ga. 2002) (zu einer gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungssperre). 136 So etwa Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 971 F.2d 1056, 1064, 1066 (3d Cir. 1992), wo dies dahin formuliert wird, dass nach dem UFCA sowohl bankruptcy insolvency als auch equitable insolvency gemeint seien; ferner Joshua Slocum, Ltd. v. Boyle (In re Joshua Slocum, Ltd.), 103 B.R. 610, 625 f. (Bankr. E.D. Pa. 1989), aff’d, 121 B.R. 442 (E.D. Pa. 1989); U.S. v. Gleneagles, 565 F. Supp. 556, 578 ff. (M.D. Pa. 1983) (mit Liquiditätsanalyse); Larrimer v. Feeney, 192 A.2d 351, 353 (Pa. 1963). 137 Grundlegend Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 971 F.2d 1056, 1064, 1066 ff. (3d Cir. 1992); ferner Vadnais Lumber Supply, Inc. v. Byrne (In re Vadnais Lumber Supply, Inc.), 100 B.R. 127, 131 f. (Bankr. D. Mass. 1989). Tendenziell a. A. aber Murphy v. Meritor Savings Bank (In re O’Day), 126 B.R. 370, 402 ff. (Bankr. D. Mass. 1991). 138 Travellers International AG v. Trans World Airlines, Inc., 134 F.3d 188, 193 f. (3d Cir. 1998) („within reasonable time“); Pioneer Home Builders, Inc. v. Intern’l Bank of Commerce (In re Pioneer Home Builders, Inc.), 147 B.R. 889, 892 f. (Bankr. W. D. Tex. 1992) („market value“). 139 Travellers International AG v. Trans World Airlines, Inc., 134 F.3d 188, 193 (3d Cir. 1998); In re Taxman Clothing Co., Inc., 905 F.2d 166, 169 f. (7th Cir. 1990).

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zielende Preis ausschlaggebend sein.140 Nach beiden Insolvenzbegriffen kommt jedenfalls den Buchwerten keine entscheidende Bedeutung zu.141 Die Gerichte nutzen die Bilanz zwar als Ausgangspunkt, nehmen dann aber Zu- und Abschreibungen vor, um eine marktgerechte Bewertung zu erreichen.142 Zahlreiche Ansatz- und Bewertungsfragen sind dabei bis heute ungelöst, so zum Beispiel, ob ein Goodwill angesetzt werden darf.143 Unklar ist auch, welche Verbindlichkeiten einzustellen sind und wie sie gegebenenfalls zu bewerten sind.144 Im Ergebnis hängt es sehr stark von der jeweiligen Herangehensweise des Gerichts ab, ob eine Gesellschaft als insolvent anzusehen ist. Dies wird eindrucksvoll dadurch bestätigt, dass die Berufsregeln der amerikanischen Wirtschaftsprüfer dringend davon abraten, Gutachten über die Solvenz von Schuldnern zu erstellen, weil der Begriff der Insolvenz „im Buchführungssinne nicht eindeutig definiert“ sei.145 Sogar das anzuwendende Beweismaß und die Beweislast sind umstritten.146

140 In diese Richtung etwa Sheffield Steel Corp. v. HMK Enters. (In re Sheffield Steel Corp.), 320 B.R. 423, 443 ff. (Bankr. N.D. Okl. 2004) (Bewertung unter Fortführungsannahme, wobei aber alle Vermögensgegenstände einzeln zu bewerten sind). Möglicherweise a. A., aber schwer verständlich In re Consolidated Capital Equities Corp., 143 B.R. 80, 90 (Bankr. N.D. Tex. 1992): Das Gesetz verlange weder eine Fortführungs- noch eine Liquidationsbewertung, sondern „the court must determine the value of assets if the assets were individually sold with reasonable promptness in arms-length transactions in an existing and not theoretical market“. 141 Peltz v. Hatten, 279 B.R. 710, 736 (D. Del. 2002); Lawson v. Ford Motor Co. (In re Roblin Indus.), 78 F.3d 30, 36 (2d Cir.1996); Vadnais Lumber Supply, Inc. v. Byrne (In re Vadnais Lumber Supply, Inc.), 100 B.R. 127, 132 (Bankr. D. Mass. 1989); Sierra Steel, Inc. v. Totten Tubes, Inc. (In re Sierra Steel, Inc.), 96 B.R. 275, 278 (B.A.P. 9th Cir. 1989); Morgan Guaranty Trust Co. v. Hellenic Lines Ltd., 621 F.Supp. 198, 220 (S.D.N.Y. 1985). 142 Ein gutes Beispiel dieses Vorgehens findet sich in Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 127 Bankr. 958, 978 ff. (W.D. Pa. 1991), aff’d, 971 F.2d 1056 (3d Cir. 1992). 143 Siehe Mellon Bank, NA v. Metro Communications, Inc., 945 F.2d 635, 647 (3d Cir. 1991), cert. denied, 503 U.S. 937 (1992) (ja – allerdings obiter dictum); Consove v. Cohen (In re Roco Corp.), 701 F.2d 978, 983 f. (1st Cir. 1983) (nur bei starken Indizien für Existenz und Wert des Goodwill); In re Consolidated Capital Equities Corp., 143 B.R. 80, 92 (Bankr. N.D. Tex. 1992) (nein). 144 Siehe z. B. In re Xonics Photochemical, Inc., 841 F.2d 198, 201 (7th Cir. 1988) (zur Frage, unter welchen Umständen ein Garantieversprechen zu berücksichtigen ist); Travellers International AG v. Trans World Airlines, Inc., 134 F.3d 188, 196 f. (3d Cir. 1998) (Bewertung von Verbindlichkeiten zum Nominal-, nicht zum Marktwert). 145 „[N]ot clearly defined in an accounting sense“, American Institute of Certified Public Accountants, J. Acc. 1988, 178. 146 Siehe Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 971 F.2d 1056, 1065 (3d Cir. 1992): Wenn Übertragung eines Vermögensgegenstandes ohne ausreichenden Gegenwert nachgewiesen, muss Anfechtungsgegner die Solvenz nach dem Maßstab des clear and convincing evidence beweisen; dies soll zumindest in LBO-Sachverhalten gelten. Siehe auch Credit Managers Ass’n v. Federal Co., 629 F. Supp. 175, 183 (C.D.

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(dd) Unvernünftig geringes Eigenkapital Neben der Insolvenz beschreiben noch zwei weitere Tatbestände eine derart kritische Lage des Schuldners, dass eine Vermögensverschiebung als constructive fraud gilt. Das ist zum einen der Fall, wenn der Schuldner vorhat, Verbindlichkeiten einzugehen, die er bei Fälligkeit nicht wird erfüllen können,147 zum anderen dann, wenn ihm für seine Geschäftstätigkeit nach der Vermögensverschiebung nur ein unvernünftig geringes Eigenkapital (unreasonably small capital) verbleibt.148 Das erste dieser beiden Kriterien hat keine Bedeutung erlangt. Demgegenüber gibt es eine Reihe von Entscheidungen zur Frage einer Unterkapitalisierung. Das Eigenkapital eines Schuldners kann unvernünftig gering sein, ohne dass er deshalb bereits insolvent sein müsste.149 Der Zweck des Kriteriums wird darin gesehen, zu verhindern, dass unterkapitalisierte Unternehmen im Markt auftreten und arglose Gläubiger schädigen.150 Darüber hinaus lässt sich dem Gesetz nur wenig entnehmen. Die Rechtsprechung verfährt zumeist einzelfallbezogen und unterzieht die wirtschaftliche Lage und die Aussichten des Unternehmens einer eingehenden Würdigung. Man ist sich überwiegend einig, dass dabei der Maßstab des vernünftigerweise Vorhersehbaren (reasonable foreseeability) Anwendung

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Cal. 1985) (zur Unterkapitalisierung). Anders aber Mellon Bank, NA v. Metro Communications, Inc., 945 F.2d 635, 648 (3d Cir. 1991), cert. denied, 503 U.S. 937 (1992) (Anfechtender trägt Beweislast). Zum Beweismaß siehe ferner Pajaro Dunes Rental Agency, Inc. v. Spitters (In re Pajaro Dunes Rental Agency, Inc.), 174 B.R. 557, 573 (Bankr. N.D. Cal. 1994) und Ferrari v. Barclays Business Credit, Inc. (In re Morse Tool, Inc.), 148 B.R. 97, 131 (Bankr. D. Mass. 1992), die beide den preponderance standard für anwendbar halten. „[I]ntended to incur […] debts beyond the debtor’s ability to pay as such debts matured“, § 548(a)(1)(B)(ii)(III) Bankruptcy Code. Ähnlich § 4(a)(2)(ii) UFTA und § 6 UFCA. „[Engaged] in a business or transaction for which any property remaining with the debtor was an unreasonably small capital“, § 548(a)(1)(B)(ii)(II) Bankruptcy Code. Vgl. § 5 UFCA. Die Verfasser des § 4(a)(2)(i) UFTA ersetzten den Begriff „(Eigen-) Kapital“ (capital) durch „Aktivvermögen“ (assets), um eine Verwechslung mit dem gesetzlichen Kapital auszuschließen, siehe hierzu den offiziellen Kommentar, Abschnitt 4. Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 971 F.2d 1056, 1070 (3d Cir. 1992); Murphy v. Meritor Savings Bank (In re O’Day), 126 B.R. 370, 407 (Bankr. D. Mass. 1991); Vadnais Lumber Supply, Inc. v. Byrne (In re Vadnais Lumber Supply, Inc.), 100 B.R. 127, 137 (Bankr. D. Mass. 1989). Abweichend Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 127 Bankr. 958, 996 (W.D. Pa. 1991), aff’d, 971 F.2d 1056 (3d Cir. 1992) (Unterkapitalisierung entspricht weit gehend der equitable insolvency). „[T]o prevent an under-capitalized company from being thrust into the market place to attract unwary creditors to inevitable loss“, Wells Fargo Bank v. Desert View Building Supplies, 475 F. Supp. 693, 696 (D. Nev. 1978), aff’d, 633 F.2d 225 (9th Cir. 1980).

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findet; zu fragen ist, ob ein Zusammenbruch des Schuldners in diesem Sinne absehbar war.151 Ein Konkursgericht brachte die vorherrschende Herangehensweise im Zusammenhang mit einem LBO auf den folgenden Nenner: „Unvernünftig geringes Eigenkapital ist gleichbedeutend mit einem Zustand finanzieller Schwäche, die zwar noch keine Insolvenz (im Sinne von bankruptcy oder equity insolvency) ist, die Insolvenz aber vernünftigerweise vorhersehbar macht. Anders gewendet führt eine Transaktion dann zu einem unvernünftig geringen Eigenkapital, wenn sie ein unvernünftig hohes Insolvenzrisiko erzeugt, ohne dass die Insolvenz schon wahrscheinlich sein müsste. Damit ähnelt der Begriff dem der Fahrlässigkeit, bei der es um ein Verhalten geht, das ein unvernünftig hohes Risiko der Schädigung anderer hervorruft. Ob ein Leveraged Buy-out eine Gesellschaft mit einem unvernünftig geringen Eigenkapital zurücklässt, hängt typischerweise von der Vernünftigkeit der cash flow-Prognosen ab; diese sind nur als vernünftig anzusehen, wenn sie einen Sicherheitsabschlag enthalten.“ 152

Beim Anlegen dieser Richtschnur prüfen amerikanische Gerichte genau, ob die Geschäftspläne und insbesondere die erwarteten Zahlungsflüsse (cash flows) „vernünftig“ sind.153 Da das Management und die beteiligten Banken häufig zu optimistisch sind, müssen die Planungen eine Grundlage in der bisherigen Profitabilität haben.154 Dabei darf das Überleben des Schuldners davon abhängen, dass ihm in der Zukunft weitere Mittel zugeführt werden, sofern mit einer solchen

151 Als grundlegend gilt die Entscheidung Credit Managers Ass’n v. Federal Co., 629 F. Supp. 175, 183 ff. (C.D. Cal. 1985), in der allerdings kein allgemeiner Maßstab formuliert wurde. Siehe ferner Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 971 F.2d 1056, 1073 (3d Cir. 1992); Ferrari v. Barclays Business Credit, Inc. (In re Morse Tool, Inc.), 148 B.R. 97, 132 f. (Bankr. D. Mass. 1992); Vadnais Lumber Supply, Inc. v. Byrne (In re Vadnais Lumber Supply, Inc.), 100 B.R. 127, 137 (Bankr. D. Mass. 1989). Anders aber Pajaro Dunes Rental Agency, Inc. v. Spitters (In re Pajaro Dunes Rental Agency, Inc.), 174 B.R. 557, 591 ff. (Bankr. N.D. Cal. 1994): Das Kriterium der Unterkapitalisierung erfordere die Aufstellung einer Bilanz nach Liquidationswerten (!). 152 „[Unreasonably small capital] connotes a condition of financial debility short of insolvency (in either the bankruptcy or equity sense) but which makes insolvency reasonably foreseeable. In other words, a transaction leaves a company with unreasonably small capital when it creates an unreasonable risk of insolvency, not necessarily a likelihood of insolvency. This is similar to the concept of negligence, which is conduct that creates an unreasonable risk of harm to another’s person or property. Whether a leveraged buyout leaves a company with unreasonably small capital typically depends upon the reasonableness of the parties’ cash flow projections. To be reasonable, the projections must leave some margin for error.“ Brandt v. Hicks, Muse & Co. (In re Healthco International, Inc.), 208 B.R. 288 (Bankr. D. Mass. 1997) (Hervorhebungen wurden weggelassen). 153 Siehe die in Fn. 151 genannten Entscheidungen. 154 Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 971 F.2d 1056, 1073 (3d Cir. 1992); Ferrari v. Barclays Business Credit, Inc. (In re Morse Tool, Inc.), 148 B.R. 97, 133 (Bankr. D. Mass. 1992).

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Finanzierungsmöglichkeit zu rechnen ist.155 Prognosen müssen „vernünftig“ sein und die Gefahr von Fehleinschätzungen berücksichtigen.156 Das Risiko eines Konkurses braucht jedoch nicht ausgeschlossen zu sein. Bricht der Schuldner beispielsweise infolge stark verringerter Umsätze, eines Streiks, einer unerwarteten Rechtsänderung oder nicht vorhersehbaren Missmanagements zusammen, so lässt sich hieraus nicht ableiten, dass das Eigenkapital unvernünftig gering war.157 Die Beurteilung ändert sich, wenn die Probleme, die letztlich zum Scheitern des Unternehmens führten, bereits zum Zeitpunkt der Vermögensverschiebung vorlagen. In einem solchen Fall liegt es aus Sicht der amerikanischen Rechtsprechung nahe, dass das Unternehmen unterkapitalisiert war.158 c) Rechtsfolgen Eine erfolgreiche Anfechtung hat zur Folge, dass die gläubigerbenachteiligende Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen Konkursmasse und Empfänger für unwirksam erklärt wird. Der Konkursverwalter kann den übertragenen Vermögensgegenstand oder dessen Wert zur Masse herausverlangen (§ 550(a) Bankruptcy Code). Eine vom Schuldner eingegangene Verpflichtung wird entweder unwirksam oder ist zumindest nur noch nachrangig zu erfüllen.159 Gutgläubige Empfänger werden in gewissem Umfang geschützt: Soweit sie einen (nicht ausreichenden) Gegenwert geleistet haben, steht ihnen an dem Vermögensgegenstand ein Pfandrecht zu (bzw. behalten sie eine empfangene Kreditsicherheit oder bleibt ihre Forderung durchsetzbar).160 Anteilseigner können sich auf diese Einwendung indes nicht berufen, weil sie für eine Ausschüttung keine Gegenleistung erbringen; von der Gesellschaft zurückerworbene Anteile bleiben wiederum außer Betracht. Überraschenderweise gilt aber nichts anderes für Kre-

155 So im Fall Peltz v. Hatten, 279 B.R. 710, 736 (D. Del. 2002), wo der Schuldner davon ausging, durch eine Aktienemission zusätzliches Eigenkapital aufnehmen zu können. 156 Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 971 F.2d 1056, 1073 (3d Cir. 1992). 157 Credit Managers Ass’n v. Federal Co., 629 F. Supp. 175, 185 ff. (C.D. Cal. 1985); Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 127 B.R. 958, 998 (W.D. Pa. 1991), aff’d, 971 F.2d 1056 (3d Cir. 1992). 158 Ferrari v. Barclays Business Credit, Inc. (In re Morse Tool, Inc.), 148 B.R. 97, 133 (Bankr. D. Mass. 1992); Vadnais Lumber Supply, Inc. v. Byrne (In re Vadnais Lumber Supply, Inc.), 100 B.R. 127, 138 (Bankr. D. Mass. 1989). 159 Pajaro Dunes Rental Agency, Inc. v. Spitters (In re Pajaro Dunes Rental Agency, Inc.), 174 B.R. 557, 596 ff. (Bankr. N.D. Cal. 1994). 160 § 548(c) Bankruptcy Code, § 8(d) UFTA, § 9(2) UFCA. Im Hinblick auf nachfolgende Erwerber des Gegenstandes siehe § 550(a) (1), (b) Bankruptcy Code bzw. – im Falle einer von einem Gläubiger betriebenen Anfechtung – § 8(b) (2) UFTA, § 9(1) UFCA.

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ditgeber, die eine Ausschüttung finanzieren: Wie oben dargelegt 161 betrachtet die Rechtsprechung die Beziehung zwischen Darlehensnehmer und -geber im Zusammenhang der Gesamttransaktion. Wenn diese nur darauf zielt, Eigenkapital durch Fremdkapital zu ersetzen, so leistet der Darlehensgeber die Valuta nicht der Gesellschaft, sondern den Anteilseignern.162 Seine Zins- und Rückzahlungsforderungen gegen die Gesellschaft und seine aus dem Gesellschaftsvermögen erhaltenen Kreditsicherheiten sind dementsprechend nicht durchsetzbar (bzw. werden subordiniert), soweit die Valuta für Ausschüttungen benutzt wurden. Zudem könnte ein Darlehensgeber in einer solchen Transaktion durchaus auch als bösgläubig anzusehen sein mit der Folge, dass seine Forderungen und Sicherheiten insgesamt unwirksam würden.163 Kreditgeber gehen also ein erhebliches rechtliches Risiko ein, wenn sie – insbesondere in LBOs – Ausschüttungen finanzieren und damit Eigenkapital ersetzen: Zum gewöhnlichen Ausfallrisiko kommt die Gefahr, dass ihre Forderungen und Sicherheiten anfechtbar sind, weil die Gesellschaft nach Ansicht eines Gerichts zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung insolvent oder unterkapitalisiert war. Ein irgendwie geartetes Verschulden ist hierfür keine Voraussetzung.164 Im eigenen Interesse werden Kreditgeber daher einen weiten Bogen um LBOs machen, bei denen die Kreditqualität der Zielgesellschaft in Zweifel steht. Dabei wiegt die Anfechtungsdrohung für besicherte Kredite besonders schwer, weil bei ihnen an sich auch im Konkursfall noch erhebliche Rückflüsse zu erwarten wären. Der Kreditgeber verliert also durch die Anfechtung ökonomisch besonders viel. Zugleich wird er sich gerade dann besichern lassen wollen, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses besonders hoch ist. Der Abschreckungseffekt ist damit für besonders riskante LBOs am stärksten. Das Gläubiger- und Konkursanfechtungsrecht hat sich damit zur wichtigsten gläubigerschützenden Regelung für LBOs entwickelt. Teilweise wurde dies als eine Überdehnung des Anwendungsbereiches kritisiert; zudem verwies man auf die Vorteile von LBOs, nicht zuletzt durch ein effizienteres Management der Zielgesellschaft.165 Frühere Entscheidungen setzten sich denn auch mit der Frage 161 Siehe oben Fn. 131 und zugehöriger Text. 162 Pajaro Dunes Rental Agency, Inc. v. Spitters (In re Pajaro Dunes Rental Agency, Inc.), 174 B.R. 557, 596 (Bankr. N.D. Cal. 1994). 163 Pajaro Dunes Rental Agency, Inc. v. Spitters (In re Pajaro Dunes Rental Agency, Inc.), 174 B.R. 557, 596 (Bankr. N.D. Cal. 1994). Für insgesamt unwirksam erklärt wurden die Forderungen und Sicherheiten der Darlehensgeber in U.S. v. Tabor Court Realty Corp., 803 F.2d 1288, 1300 f. (3d Cir. 1986), cert. denied, 483 U.S. 1005 (1987), allerdings ohne auf die Frage der Gutgläubigkeit einzugehen. 164 Nach Ansicht mancher Gerichte trägt der Darlehensgeber sogar die Beweislast für die Solvenz bzw. die ausreichende Kapitalisierung, vgl. oben Fn. 146. 165 Grundlegend Baird/Jackson, Vand. L. Rev. 38 (1985) 829, 852 f. („A firm that incurs obligations in the course of a buyout does not seem at all like the Elizabethan deadbeat who sells his sheep to his brother for a pittance.“)

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auseinander, ob das Anfechtungsrecht auf LBOs Anwendung finde.166 Mittlerweile steht dies außer Streit.167 Allerdings versucht zumindest das für den wichtigen neunten Circuit zuständige Bundesberufungsgericht, die Reichweite des Anfechtungsrechts in LBO-Fällen zu begrenzen: Danach soll eine Anfechtung ausgeschlossen sein, wenn die betroffenen Gläubiger ihre Forderungen erst nach Durchführung des LBOs erworben haben und dabei von dem hohen Fremdkapitalanteil wissen mussten, weil dieser öffentlich bekannt war.168 Die praktischen Auswirkungen halten sich indes in Grenzen, weil es für die strong arm-Anfechtungsbefugnis des Konkursverwalters ausreicht, wenn auch nur eine einzige ungesicherte Konkursforderung bereits vor dem LBO entstanden ist.

3. Haftung der Direktoren Während die gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungssperren in den USA verdeckten Vermögensverschiebungen zugunsten der Gesellschafter nur wenig entgegensetzen, schließt die Gläubiger- und Konkursanfechtung schon einen großen Teil der entstehenden Lücke. Mit ihr lässt sich allerdings keine Haftung der Personen begründen, die für die Bewahrung des Gesellschaftsvermögens verantwortlich sind, vor allem also der Direktoren. Hierfür bedient sich das amerikanische Recht der gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten. Deren Systematik – insbesondere die Unterscheidung zwischen Sorgfalts- und Loyalitätspflichten – stößt beim Gläubigerschutz allerdings auf besondere Schwierigkeiten. Denn die ganz herrschende Meinung im amerikanischen Gesellschaftsrecht geht von einem Vorrang der Gesellschafterinteressen aus; 169 dementsprechend fasst man die Treuepflichten als Pflichten gegenüber den Gesellschaftern auf. Dieser Grundsatz kann nicht uneingeschränkt gelten, wenn die Treuepflichten Ausschüttungen an

166 Etwa U.S. v. Tabor Court Realty Corp., 803 F.2d 1288, 1297 (3d Cir. 1986), cert. denied, 483 U.S. 1005 (1987) und zweifelnd Credit Managers Ass’n v. Federal Co., 629 F. Supp. 175 (C.D. Cal. 1985). 167 Moody v. Security Pac. Bus. Credit, Inc., 971 F.2d 1056, 1064 (3d Cir. 1992): „[W]e think it settled, as a general matter at least, that the fraudulent conveyance provisions of the UFCA extend to leveraged buy-outs“. 168 Kupetz v. Wolf & Vine, 845 F.2d 842, 849 ff. (9th Cir. 1988); Lippi v. City Bank, 955 F.2d 599, 606 f. (9th Cir. 1992). Auseinandersetzung mit diesen Entscheidungen und Abgrenzung in Pajaro Dunes Rental Agency, Inc. v. Spitters (In re Pajaro Dunes Rental Agency, Inc.), 174 B.R. 557, 574 ff. (Bankr. N.D. Cal. 1994). 169 Siehe Production Resources Group, L.L.C. v. NCT Group, Inc., 863 A.2d 772, 787 (Del. Ch. 2004): „[O]ur corporate law (and that of most of our nation) expects that the directors of a solvent firm will cause the firm to undertake economic activities that maximize the value of the firm’s cash flows primarily for the benefit of the residual risk-bearers, the owners of the firm’s equity capital.“

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die Gesellschafter begrenzen sollen. In welcher Weise eine Ausnahme angenommen werden sollte, ist aber wenig geklärt. Fest steht jedenfalls, dass die amerikanische Rechtsprechung dem Verwaltungsrat auch dann noch einen großzügigen unternehmerischen Beurteilungsspielraum zugesteht, wenn die Gesellschaft bereits am Rande der Insolvenz steht oder diese Grenze sogar überschritten hat. Dies ist bemerkenswert, sind doch die Gläubigerinteressen zu diesem Zeitpunkt in höchster Gefahr. Offenbar setzen die Gerichte darauf, dass der Verwaltungsrat seine ihm von Rechts wegen übertragene Aufgabe als Repräsentant der Gesellschaft – nicht der Anteilseigner – tatsächlich wahrnimmt, auch wenn er nur von den Anteilseignern gewählt wird. Die business judgment rule findet daher Anwendung.170 Die Beweislast trifft damit im Ausgangspunkt den Kläger, meist den Konkursverwalter oder einen gesonderten Rechtsträger, mit dem die Gesellschaftsgläubiger ihre Ansprüche gemeinschaftlich verfolgen. Zudem schützt die business judgment rule die Direktoren weit gehend gegen eine Haftung für Verletzungen der Sorgfaltspflicht (duty of care): Die Gerichte sind außerordentlich zurückhaltend, Entscheidungen des Verwaltungsrates nachträglich zu hinterfragen, wenn sie auf der Grundlage ausreichender Informationen getroffen wurden.171 Eine wichtige Fortentwicklung dieser Grundsätze geht auf den berühmten Fall Smith v. Van Gorkom zurück. Der Supreme Court von Delaware hatte Direktoren zu Schadensersatz verurteilt, weil der Verwaltungsrat eine wesentliche Entscheidung ohne ausreichende Information und Beratung getroffen hatte.172 Für die Praxis erwies sich das Urteil als so schockierend, dass der Gesetzgeber eingriff: § 102(b)(7) Delaware General Corporation Law (ebenso wie der RMBCA173) erlaubt es Gesellschaften nunmehr, auf eine Haftung der Direktoren zu verzichten; eine Ausnahme gilt unter anderem für Verletzungen der Loyalitätspflicht und für rechtswidrige Dividendenzahlungen. Viele Gesellschaften haben von dieser Möglichkeit in ihren articles of incorporation Gebrauch gemacht. Für die Kontrolle von Ausschüttungen ergibt sich hieraus – ähnlich wie bei der Anwendung der business judgment rule – die Frage, ob sich die Gläubiger eine von den Gesellschaftern gewährte Haftungsbefreiung entgegenhalten lassen müssen. Der Court of Chancery von Delaware hat dies kürzlich bejaht: Die Direktoren müssten nach dem Zweck der Regelung auch im Verhältnis zu Gläubigern davor geschützt werden, nachträglich im Licht der späteren Entwicklung beurteilt zu werden.174 170 Anders noch New York Credit Men’s Adjustment Bureau, Inc. v. Weiss, 110 N.E.2d 397, 398 (N.Y. 1953) (Anwendung des strengeren trust law). 171 Lehrreicher Überblick bei Gevurtz, aaO (Fn. 54), S. 278ff. 172 488 A.2d 858 (Del. 1985). 173 § 2.02(b)(4) RMBCA und offizieller Kommentar hierzu, Abschnitt 3.i. 174 Production Resources Group, L.L.C. v. NCT Group, Inc., 863 A.2d 772, 793 f. (Del. Ch. 2004). A.A. aber Pereira v. Cogan, 2001 WL 243537, 10 f. (S.D. N.Y. 2001).

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Im Ergebnis werden Gläubiger nur selten einen Anspruch wegen Verletzung einer Sorgfaltspflicht begründen können. Es bleibt daher nur der Weg über die Loyalitätspflicht (duty of loyalty). Ein Kernproblem bildet dabei der bereits erwähnte Grundsatz vom Vorrang der Gesellschafterinteressen. Eine Loyalitätsverletzung setzt einen Interessenkonflikt voraus; die Direktoren müssen also einen eigenen Vorteil aus der Entscheidung gezogen haben, bei der sie von Rechts wegen nur das Gesellschaftsinteresse verfolgen durften. Unter gewöhnlichen Umständen ruft es keinen derartigen Interessenkonflikt hervor, wenn ein Direktor eine maßgebliche Beteiligung an der Gesellschaft hält (solange er sich nicht Sondervorteile zulasten anderer Anteilseignern verschafft).175 Denn es ist eben vom Vorrang der Gesellschafterinteressen auszugehen: Was den Gesellschaftern dient, dient auch der Gesellschaft. In der Krise gilt diese Gleichsetzung aber nicht mehr. Dementsprechend könnte ein Interessenkonflikt anzunehmen sein, wenn die Interessen eines Direktors zu sehr an denen der Gesellschafter ausgerichtet sind. In diesem Fall käme der Direktor nicht mehr in den Genuss der business judgment rule. Damit träfe ihn die Beweislast für die vollständige Angemessenheit (entire fairness) des in Frage stehenden Geschäfts – beispielsweise die Gewährung von Sicherheiten im Rahmen eines LBO – gegenüber der Gesellschaft und ihren Gläubigern. Die vorstehenden Überlegungen geben keinen gesicherten Erkenntnisstand wieder; die Direktorenhaftung gegenüber Gläubigern bleibt im Fluss. So ist auch umstritten, ab wann die Direktoren ihre Treuepflicht nicht mehr (nur) den Anteilseignern, sondern (auch) den Gläubigern schulden. In der viel zitierten Entscheidung Credit Lyonnais des Court of Chancery von Delaware aus dem Jahre 1991 wurde die Konkursnähe (vicinity of bankruptcy) als maßgeblicher Zeitpunkt bestimmt.176 In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung mochte sich dasselbe Gericht auf eine Erkundung der „metaphysical boundaries of the zone of insolvency“ nicht einlassen und berief sich demgegenüber auf den Grundsatz, dass jedenfalls bei eingetretener Insolvenz die Treuepflichten den Gläubigern zugute kommen müssten.177 Die strittigen Fragen sollten indes auch nicht überbewertet werden. Viele verdeckte Ausschüttungen (im Sinne der europäischen Kapitalerhaltung) beeinträchtigen nicht nur die Interessen der Gläubiger, sondern auch die anderer Gesell175 Als klassische Entscheidung gilt Sinclair Oil Corp. v. Levien, 280 A.2d 717 (Del. 1971), die allerdings die Haftung nicht eines Direktors, sondern eines kontrollierenden Gesellschafters betraf. 176 Credit Lyonnais Bank Nederland, N.V. v. Pathe Communications Corp., 17 Del. J. Corp. L. 1099, 1155 (Del. Ch. 1991). Besonders bekannt wurde die dieser Aussage angefügte Fußnote, in der Chancellor Allen ausdrücklich auf das ökonomische Risikoanreizproblem einging. 177 Production Resources Group, L.L.C. v. NCT Group, Inc., 863 A.2d 772, 790 (Del. Ch. 2004).

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schafter. In solchen Fällen wirken sich die Treuepflichten im amerikanischen Gesellschaftsrecht auch zugunsten der Gläubiger aus, selbst wenn sie nur an den Interessen der Gesellschafter ausgerichtet sind.

IV. Bewertung der Ausschüttungssperren des amerikanischen Rechts Die entscheidende Frage lautet natürlich, ob die verschiedenen Ausschüttungskontrollen des amerikanischen Rechts insgesamt einen ausreichenden Schutz für Gläubiger und andere Unternehmensbeteiligte gewährleisten. Eine solche Bewertung des amerikanischen Rechts im Vergleich mit dem europäischen Kapitalsystem ist außerordentlich schwierig. Im Folgenden werden zwei unterschiedliche Versuche unternommen: Zum einen soll eine allgemeine ökonomische Analyse zeigen, ob das amerikanische Recht wesentliche Schutzlücken aufweist. Zum anderen soll gefragt werden, ob es aus amerikanischer Sicht Gründe geben könnte, Ausschüttungen weniger streng zu begrenzen als im europäischen Recht. Dabei ist vor allem an mögliche funktionale Äquivalente beim Gläubigerschutz zu denken.

1. Bewirken die amerikanischen Ausschüttungsbegrenzungen einen angemessenen Schutz der Gläubiger? Bei den Anforderungen an einen gesetzlichen Gläubigerschutz ist zu berücksichtigen, dass Gläubiger in gewissem Maße auch selbst Vorkehrungen treffen können. Diese Möglichkeiten sind bei der Bewertung des amerikanischen Rechts mit einzubeziehen. a) Vertraglicher Selbstschutz als Alternative In den USA werden Gesellschaften heute ganz überwiegend als Vertragsverbund (nexus of contracts) der Unternehmensbeteiligten – Gesellschafter, Kreditgeber, Lieferanten, Abnehmer, Arbeitnehmer usw. – angesehen.178 Von diesem Blickwinkel aus drängt sich die Frage auf, weshalb man es nicht den Gläubigern selbst überlassen kann, einen angemessenen Schutz ihrer Interessen auf vertraglichem Wege durchzusetzen. Die USA bieten für ein solches Vorgehen reichhaltiges Anschauungsmaterial in Form von vertraglichen Regelungen, mit denen dem Schuldner bestimmte Handlungen ausdrücklich untersagt werden (covenants);

178 Siehe Hansmann/Kraakman, aaO (Fn. 7), S. 6 f., wo die nexus of contracts-Sichtweise als unbestrittene Grundannahme dargestellt wird.

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darunter finden sich auch Klauseln zur Ausschüttungsbegrenzung.179 Hiergegen wird zumeist eingewandt, dass nur Banken sowie mit Einschränkungen Anleihegläubiger und größere Lieferanten oder Abnehmer dazu in der Lage sind, vertragliche Schutzregelungen durchzusetzen. Für andere Gläubiger wie kleine Lieferanten oder Abnehmer, Deliktsgeschädigte oder Arbeitnehmer 180 wäre das Aushandeln solcher Regelungen, ihre Überwachung und Anpassung an geänderte Umstände zu kostspielig oder sogar unmöglich. Große Kreditgeber haben nur ihre eigenen Interessen im Auge, wenn sie den Bewegungsspielraum des Schuldners vertraglich beschränken. Sie haben im Allgemeinen keinen Grund, sich auch um den Schutz kleinerer, „nicht anpassungsfähiger“ 181 Gläubiger zu bemühen. Zum Teil können sie vertragliche Regelungen sogar ausnutzen, um sich auf Kosten anderer Gläubiger Sondervorteile zu verschaffen. All dies gilt indes nur sehr eingeschränkt für vertragliche Ausschüttungsbeschränkungen. Verhindert ein großer Kreditgeber, dass eine Gesellschaft ihren Anteilseignern Dividenden zahlt, so teilt er seinen Vorteil notwendigerweise mit den anderen Gläubigern: Die Wirkung eines höheren Eigenkapitals kommt unweigerlich allen Gläubigern zugute. Da praktisch alle Gesellschaften auf große Darlehensgeber angewiesen sind, ist es daher keineswegs ausgemacht, weshalb es überhaupt einer gesetzlichen Ausschüttungssperre bedürfen sollte. b) Rechtfertigung zwingender gesetzlicher Ausschüttungssperren: kritische Fälle Gesetzliche Ausschüttungssperren lassen sich dennoch rechtfertigen. Zwar können Darlehensgeber die Vorteile der von ihnen vereinbarten Ausschüttungsbegrenzungen den übrigen Gläubiger nicht vorenthalten. Nicht gesagt ist damit aber, dass sie auch einen hinreichend starken Anreiz haben, dem Schuldner solche Begrenzungen vorzuschreiben und sie gegebenenfalls durchzusetzen. Denn die wirtschaftliche Position eines Darlehensgebers stimmt keineswegs immer mit der anderer Gläubiger überein. Der entscheidende Prüfstein für das amerikanische wie für das europäische Recht lautet daher, ob es in diesen kritischen Situationen Ausschüttungen hinreichend begrenzt. Im Folgenden sollen drei derartige Fälle näher beleuchtet werden.

179 Zu covenants grundlegend Smith/Warner, J. Fin. Econ. 7 (1979), 117. Siehe auch den neuen Überblick in Bratton, EBOR (im Erscheinen, 2006). 180 Zu beachten ist, dass die Hauptinteressen von Arbeitnehmern nicht so sehr in ausstehenden Vergütungsforderungen bestehen (diese sind zum Teil versichert oder genießen in manchen Rechtsordnungen einen Befriedigungsvorrang). Wirtschaftlich bedeutender ist die Anwartschaft eines Arbeitnehmers auf künftige Vergütungen, mit anderen Worten also die Sicherheit seines Arbeitsplatzes. 181 Der Begriff non-adjusting creditors geht auf Bebchuk/Fried, Yale L.J. 105 (1996), 857, 864 zurück.

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(cc) Aneignung von Vermögenswerten in der Krise Am offensichtlichsten bedarf es einer gesetzlichen Regelung während des Niedergangs der Gesellschaft. Anteilseigner und Gläubiger folgen in einer Krise demselben Kalkül: Beide Gruppen unterliegen einem starken Anreiz, der Gesellschaft so viele Mittel wie irgend möglich zu entziehen.182 Vor diesem Hintergrund könnte ein Kreditgeber durchaus eine Ausschüttung an die Anteilseigner zulassen, wenn ihm im Gegenzug eine teilweise Rückzahlung oder zusätzliche Kreditsicherheiten zugestanden werden. Anteilseigner und Kreditgeber können also kollusiv zusammenwirken, um sich einen Teil des Gesellschaftsvermögens anzueignen. Da dies zugleich die Gefahr eines Zusammenbruchs erhöht, geht ihr Vorteil zulasten der nicht anpassungsfähigen Gläubiger. In einer solchen Situation ist daher nicht mehr damit zu rechnen, dass große Kreditgeber übermäßige Ausschüttungen verhindern. Der europäische Kapitalschutz erfasst die meisten derartigen Krisenfälle, indem es Ausschüttungen nur zulässt, wenn ein nennenswerter Betrag an Eigenkapital erhalten bleibt. Im Gegensatz dazu greifen sowohl die Anfechtung als auch die gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungssperren nach amerikanischem Recht erst später ein. Allerdings dürften die Tatbestände der Insolvenz und Unterkapitalisierung immer noch deutlich vor dem Zeitpunkt gegeben sein, zu dem Anteilseigner und große Kreditgeber die Hoffnung auf eine Rettung gänzlich verlieren und deshalb jede Rücksicht aufgeben. Bevor die Gesellschaft endgültig todgeweiht ist, wird für Kreditgeber aber häufig die Drohung mit einer Kündigung ihres Kredites ausreichen, um Teilrückzahlungen oder eine Nachbesicherung zu erzwingen. Ausschüttungen brauchen sie in dieser Lage noch nicht zuzulassen, um die Mitwirkung der Anteilseigner (bzw. des Managements) zu erreichen. „Insolvenz“ und „unvernünftig geringes Kapital“ greifen daher in den meisten Fällen vermutlich noch früh genug ein. (bb) Verringerung des Eigenkapitals im laufenden Betrieb: Leveraged Buy-outs Anteilseigner und große Kreditgeber können auch bei anderer Gelegenheit zum Schaden nicht anpassungsfähiger Gläubiger zusammenwirken. LBOs sind

182 Im Hinblick auf die Gesellschafter handelt es sich um das bereits erwähnte Unterinvestitionsproblem, oben Fn. 19. Kreditgeber wiederum werden ihren Kredit zurückführen wollen, weil dessen Konditionen – die vor der Krise festgelegt wurden – nicht mehr das erhöhte Ausfallrisiko widerspiegeln. Natürlich werden sowohl Gesellschafter als auch Kreditgeber vermeiden wollen, durch ihren Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen eine mögliche Rettung zunichte zu machen, sofern eine hinreichend große Chance dazu besteht. Tendenziell werden sie sich Vermögenswerte aber auch dann aneignen, wenn dies die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs ineffizient erhöht.

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hierfür ein deutliches Beispiel. Blickt man nur auf die Kapitalstruktur, so wird bei einem LBO Eigenkapital durch Verbindlichkeiten ersetzt. Hierin läge noch kein Grund zur Besorgnis, wenn die neu aufgenommenen Kredite ungesichert wären. In diesem Fall würde der finanzierende Darlehensgeber nämlich genau darauf achten, dass der Gesellschaft ein ausreichendes Eigenkapital verbleibt.183 Typischerweise wird bei einem LBO aber nicht nur ein Teil des Eigenkapitals, sondern auch sämtliche bestehenden Darlehen durch den neuen Kredit ersetzt. Die Zielgesellschaft muss dem finanzierenden Kreditgeber hierfür umfangreiche Sicherheiten einräumen. Damit lassen sich LBOs als ein kollusives Zusammenwirken deuten: Die alten Darlehensgeber werden abgelöst; sodann gestatten die neuen Kreditgeber den Anteilseignern eine übermäßige Verminderung des Eigenkapitals, wofür sie – vor allem zulasten der nicht anpassungsfähigen Gläubiger – mit Kreditsicherheiten entschädigt werden. Wiederum erweisen sich große Kreditgeber als unzuverlässige Wächter über die Kapitalstruktur der Gesellschaft. Natürlich gibt es neben Kollusion auch andere Gründe, LBOs durchzuführen. Insbesondere kann es die Anreize von Managern und Investoren für eine effiziente Unternehmensführung verbessern, wenn ein Teil des Eigenkapitals durch Kredite ersetzt wird. Die Gewährung von Kreditsicherheiten liegt dabei zwar stets im Interesse des finanzierenden Kreditgebers, braucht aber nicht ausschlaggebend für die Durchführung des LBO überhaupt gewesen zu sein. Die Effizienzanalyse von LBOs führt somit zu keinem eindeutigen Ergebnis. LBOs bieten Anteilseignern und Kreditgebern eine Möglichkeit, der Gesellschaft kollusiv Eigenkapital zu entziehen. In anderen Fällen kann es wiederum ökonomisch sinnvoll sein, Eigenkapital durch Fremdkapital zu ersetzen. Da es für Kreditgeber und Gesellschafter stets vorteilhaft ist, das Gesellschaftsvermögen zur Besicherung einzusetzen, liegt hierin kein Indiz für die Ineffizienz des jeweiligen LBO. Um wünschenswerte Transaktionen von schädlichen zu unterscheiden, bedarf es anderer Kriterien. Das gesetzliche Kapital könnte hierzu ein Ansatz sein. Es unterbindet – grob gesagt – die Ausschüttung aller von den Gesellschaftern geleisteter Einlagen. Dieser Betrag dürfte jedoch wenig geeignet sein, um zwischen wirtschaftlich sinnvollen und übermäßigen Fremdkapitalfinanzierungen zu unterscheiden: In einem LBO wechseln sowohl die Eigner als auch die Strategie des Unternehmens. Häufig liegt darin eine Reaktion auf Änderungen im Geschäftsbetrieb und in den Marktbedingungen. Der aus der Vergangenheit her-

183 In begrenztem Umfang wäre ein kollusives Zusammenwirken möglich, indem der Kreditgeber für das neue Darlehen einen höheren Zinssatz als die nicht anpassungsfähigen Gläubiger erhält und im Gegenzug eine schmalere Eigenkapitaldecke zulässt. Indes vermindern die höheren Zinsansprüche das Eigenkapital nochmals, was nicht nur die außen stehenden Gläubiger, sondern auch den Darlehensgeber belastet. Dieser Effekt schränkt die Möglichkeit eines kollusiven Zusammenwirkens ohne Kreditsicherheiten ein.

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rührende Betrag der Gesellschaftereinlagen besagt nur relativ wenig darüber, wie viel Eigenkapital die Gesellschaft unter diesen geänderten Umständen benötigt.184 Das amerikanische Recht scheint demgegenüber auf den ersten Blick sogar jede Verringerung des Eigenkapitals bis hin zur Insolvenz der Gesellschaft zuzulassen. Dies wäre viel zu großzügig: Ein Eigenkapital von null ist niemals effizient, solange Verschuldung zu Konkurs- und Agenturkosten führt. Indes dürfte die amerikanische Lösung letztlich doch zu angemessenen Ergebnissen führen: Die Kriterien der Insolvenz oder Unterkapitalisierung im Gläubiger- und Konkursanfechtungsrecht reagieren sehr empfindlich auf die konkrete Lage und die Aussichten des Schuldners. Besonders gilt dies für den Tatbestand des „unvernünftig geringen Kapitals“, bei dem letzten Endes entscheidend ist, ob das Gericht den LBO für zu riskant hält oder nicht.185 Damit verlangt das amerikanische Recht im praktischen Ergebnis sehr wohl ein Eigenkapital größer null.186 Seine Grenzziehung beruht aber nicht auf den Zahlen der Rechnungslegung, sondern spiegelt alle Umstände des Falles wider. Im Gegensatz zu klaren Regeln (rules) führt eine solche einzelfallbezogene Norm (standard) zu größerer Rechtsunsicherheit. Unsicherheit braucht indes nicht schädlich zu sein: Rechtsfolge einer Anfechtung sind nur die Unwirksamkeit und ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten. Für einen Kreditgeber wiegt es zwar schwer, wenn ihm das Gesellschaftsvermögen nicht mehr als Sicherheit zur Verfügung steht. Gerade diese einschneidende Sanktion bewirkt aber, dass Kreditgeber einen Sicherheitsabstand zu allzu riskanten LBOs einhalten. Die genaue Berücksichtigung des Einzelfalles zusammen mit der damit verbundenen Rechtsunsicherheit könnten ein vergleichsweise treffsicheres Instrument sein, um (nur) ineffiziente LBOs zu verhindern. In jedem Fall beruht die Wirksamkeit des amerikanischen Rechts darauf, dass es mit Hilfe der Gläubiger- und Konkursanfechtung nicht nur die Anteilseigner, sondern auch die finanzierenden Kreditgeber zur Verantwortung zieht. Dieser rechtsökonomische Zusammenhang ist bislang noch nicht hinreichend beachtet worden. Seine Bedeutung dürfte groß sein: Gesellschafter sind häufig auf zusätzliches Fremdkapital angewiesen, wenn sie ihr Eigenkapitalengagement maßgeblich verringern wollen. Auch wenn sie keine neuen Darlehen benötigen, wird der beabsichtigte Mittelabzug nicht ohne die Zustimmung der wichtigsten Kreditgeber möglich sein, die im Gegenzug zumeist weitere Sicherheiten verlangen. In all diesen Fallgestaltungen sind Kreditgeber außerordentlich empfänglich für die

184 Selbst wenn sich die Bedingungen nicht oder nur wenig verändert haben, verliert das gesetzliche Kapital im Zeitablauf seine Bedeutung, weil es die Inflation nicht berücksichtigt. 185 Vgl. oben III.2.b)(dd). 186 Es ist etwas ungenau, von einem bestimmten Eigenkapital zu sprechen. Finanzierungstheoretisch geht es um den Barwert der erwarteten Einzahlungen abzüglich der Verbindlichkeiten.

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Drohung, dass sich ihre Forderungen oder Kreditsicherheiten als anfechtbar erweisen könnten. Nimmt sich der europäische Gesetzgeber das amerikanische Recht zum Vorbild, so sollte er diesen Zusammenhang nicht übersehen. (cc) Ausschüttungen im Konzern Auch in einer weiteren Konstellation ist nicht davon auszugehen, dass große Kreditgeber die Interessen der nicht anpassungsfähigen Gläubiger mit wahrnehmen: In einem Konzern schuldet häufig nicht nur die abhängige Gesellschaft die Rückzahlung eines Darlehens, sondern auch das herrschende Unternehmen, etwa aufgrund eines Schuldbeitritts oder einer Bürgschaft. In der Konsequenz verliert der Darlehensgeber jedes Interesse an einer angemessenen Kapitalstruktur der Tochtergesellschaft und wird einem Abzug von Mitteln zugunsten der Mutter – und zulasten der außen stehenden Gläubiger – keinen Widerstand entgegensetzen. Das amerikanische Anfechtungsrecht ist gegen solche Vermögensverschiebungen im Konzern weit gehend machtlos.187 Seine Wirkungen beschränken sich in diesem Fall auf das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Hat die abhängige Gesellschaft weitere Anteilseigner, so gewähren die Treuepflichten der Direktoren und des kontrollierenden Gesellschafters einen gewissen Schutz. Ohne eine Gesellschafterminderheit bewirken sie hingegen nicht viel.188 Aber auch das gesetzliche Kapital europäischer Prägung leistet kaum mehr. Theoretisch bindet es zwar einen gewissen, positiven Betrag an Eigenkapital in der Tochtergesellschaft, und dies auch dann, wenn es keine weiteren Gesellschafter gibt. Jedoch wird häufig nur ein sehr geringer Betrag von dieser Bindung erfasst, insbesondere wenn die Tochtergesellschaft von vornherein als Teil des Konzerns gegründet wurde.189

2. Gibt es aus Sicht des amerikanischen Rechts Gründe, Ausschüttungen weniger streng zu begrenzen? Das Ergebnis der bisherigen Überlegungen lässt sich vorsichtig dahin zusammenfassen, dass der in den USA gewählte Ansatz hinter dem gesetzlichen Kapital zumindest nicht wesentlich zurückbleibt. Ergänzend kann man fragen, ob die wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen in den USA es möglicherweise zu-

187 Anfechtbar kann allerdings eine Kreditsicherheit sein, die eine abhängige Gesellschaft einräumt, um ein Darlehen an das herrschende Unternehmen zu sichern. 188 Zu den Treuepflichten vgl. oben III.3. 189 Denn in diesem Fall kann das herrschende Unternehmen das gezeichnete Kapital beliebig niedrig ansetzen, vgl. oben Fn. 21 und zugehöriger Text.

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lassen, Ausschüttungen weniger stark zu beschränken. In der Tat gibt es Anhaltspunkte, dass in Europa das Bedürfnis nach einer zwingenden Ausschüttungsbegrenzung größer ist. a) Der Verwaltungsrat als Garant einer angemessenen Kapitalstruktur Nicht nur die bereits erwähnten Finanzkreditgeber, sondern auch der Verwaltungsrat einer Gesellschaft kann ein Interesse daran haben, Ausschüttungen zu verhindern. Amerikanische Autoren sehen dies überwiegend als Problem: Die Verwaltung neige dazu, Kapital auch dann noch in der Gesellschaft zu binden, wenn es dort keine hinreichend rentablen Investitionsmöglichkeiten mehr gebe.190 Tatsächlich dürfte das Management im Allgemeinen einen Anreiz haben, der Gesellschaft möglichst viel Eigenkapital zu erhalten. Hierfür spricht in einer Publikumsgesellschaft unter anderem, dass ein Konkurs die Manager härter trifft als die Aktionäre, weil sie weniger diversifiziert sind.191 Da Publikumsgesellschaften im Streubesitz als typisch für die Vereinigten Staaten gelten,192 könnte man vermuten, dass die Begrenzung von Ausschüttungen dort weniger problematisch ist als in Kontinentaleuropa. Indes ist zu beachten, dass auch breit gestreute Aktionäre genügend Druck auf einen Verwaltungsrat aufbauen können, um Ausschüttungen zu erzwingen. In Extremfällen mag hierfür die Aussicht auf eine feindliche Übernahme erforderlich sein; zumeist wird aber der Aufbau einer nennenswerten Minderheitsbeteiligung durch einen aktiven Aktionär genügen. Ein gutes Beispiel aus Deutschland bietet der Angriff einiger Hedge Fonds auf die Deutsche Börse im Frühjahr 2005, mit dem ein umfangreicher Aktienrückkauf durchgesetzt wurde. Es kommt hinzu, dass die Vergütung des Managements heute stark am Aktienkurs ausgerichtet ist, was die Interessenlage weiter angleicht.193 Schließlich ist es zwar richtig, dass es in den USA viele breit gestreute Publikumsgesellschaften gibt; für die Mehrzahl der amerikanischen Gesellschaften trifft dies aber nicht zu.194 Zumindest im Hinblick auf Ausschüttungen (und abgesehen vom Konkursrecht) dürf190 Siehe stellvertretend nur Gevurtz, aaO (Fn. 54), S. 155. Grundlegend zur excess cash-flow theory Jensen, Am. Econ. Rev. 76 (1986), 323. Zum empirischen Zusammenhang von Unabhängigkeit des Managements gegenüber den Aktionären und geringerer Verschuldung siehe Berger/Ofek/Yermack, J. Fin. 52 (1997) 1411. 191 Hierzu etwa Booth, Bus. Law. 53 (1998) 429, 430, 436. 192 Für diese verbreitete Annahme wird zumeist auf die einflussreiche Studie von La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, J. Fin. 54 (1999), 471, 491 ff., verwiesen. 193 Holmstrom/Kaplan, J. Econ. Persp. 15 (2001), 121, 133 führen hierauf zurück, dass sich im Laufe der neunziger Jahre die Orientierung der Unternehmensführung am Aktienwert (shareholder value) durchgesetzt habe. 194 Nach Gadhoum/Lang/Young, Eur. Fin. Man. 11 (2005) 339, 344 haben 28 % der börsennotierten (!) Gesellschaften in den USA zumindest einen Aktionär mit mehr als 20 % der Stimmrechte.

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ten Direktoren amerikanischer Gesellschaften nicht wesentlich unabhängiger von ihren Anteilseignern sein als ihre europäischen Kollegen. b) Schuldnerfreundliches Konkursrecht Ein weiteres Charakteristikum des amerikanischen Unternehmensrechts ist das sehr „schuldnerfreundliche“ Konkursrecht. Über dessen Vor- und Nachteile ist an dieser Stelle nicht zu urteilen. Mit Sicherheit ist aber davon auszugehen, dass in den USA weniger Unternehmen in einem Konkursverfahren liquidiert werden, die an sich sanierungsfähig gewesen wären. Die volkswirtschaftlichen Kosten eines Konkurses insbesondere für Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer dürften daher geringer sein.195 Umgekehrt kommt in „gläubigerorientierten“ Rechtsordnungen der Konkursvermeidung von Konkursen größere ökonomische Bedeutung zu, was das gesetzliche Kapital als zusätzliche Vorkehrung rechtfertigen könnte. Man kann hiergegen einwenden, dass ein „härteres“ Konkursrecht zugleich die Verwaltung dazu anhält, einer Risikoerhöhung durch übermäßige Ausschüttungen mehr Widerstand entgegenzusetzen. Indes mag dies nicht immer genügen, um dem Druck der Anteilseigner standzuhalten. Das unterschiedliche Konkursrecht erklärt damit wenigstens zum Teil die europäische Vorliebe für einen präventiven Gläubigerschutz. Der Vergleich der Konkursrechte fördert noch einen weiteren Gesichtspunkt zutage. Dabei geht es nochmals um die Interessenlage der Direktoren. Die soeben angestellten Überlegungen führten zu der Schlussfolgerung, dass das Management in den USA zumindest nicht erheblich unabhängiger von den Anteilseignern ist als in Europa. Indes könnte das Konkursrecht diesen Befund für die Krise einer Gesellschaft verändern: Die Einleitung eines Reorganisationsverfahrens nach Chapter 11 des amerikanischen Bankruptcy Codes kann es dem Verwaltungsrat ermöglichen, auch gegen den Willen der Anteilseigner die Kontrolle 195 An dieser Stelle sei nur eine unter zahlreichen empirischen Untersuchungen für die USA herausgegriffen. Danach erzielten ungesicherte Anleihen von amerikanischen Gesellschaften in den drei Tagen um das Bekanntwerden eines Konkursantrages (negative) Sonderrendite (excess returns) von ungefähr – 11 %; die entsprechenden Zahlen für Aktien und gesicherte Anleihen beliefen sich auf – 34 % und + 1 %, Datta/Iskandar-Datta, J. Bank. & Fin. 19 (1995) 903, 912f. (1995). Diese Einbußen erscheinen vergleichsweise gering. Zum Unterschied zwischen gläubiger- und schuldnerfreundlichen Konkursrechten siehe auch López Gutiérrez/Garcia Olalla/Torre Olmo, Insolvency Problems in the European Union: Bankruptcy Law Orientation and Market Valuation, SSRN Arbeitspapier, 2005, S. 14 f., Tabelle 5 (abrufbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=712501): Zwischen 1990 und 2002 sanken die Aktienkurse während der zwölf Monate vor dem Konkurs unter dem gläubigerorientierten Konkursrecht des Vereinigten Königreiches durchschnittlich um 72 % im Vergleich zu 59 % unter dem schuldnerfreundlicheren spanischen Recht.

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über die Gesellschaft zu behalten.196 Vor diesem Hintergrund dürfte es Direktoren in den USA leichter fallen, sich dem Zugriff von Anteilseignern auf das Gesellschaftsvermögen entgegenzustellen. c) Unterschiedliche Ansätze zum Schutz von Gläubigern und anderen Unternehmensbeteiligten Eine letzte Beobachtung zielt auf die allgemeine Konzeption des Gläubigerschutzes. Wie dargelegt 197 besteht das zu lösende Kernproblem darin, dass bestimmte Gläubiger (oder sonstige Unternehmensbeteiligte) „nicht anpassungsfähig“ sind, weil sie das Ausfallrisiko einer individuellen Gesellschaft nicht gut einschätzen und deshalb ihre Kreditbedingungen nicht individuell anpassen bzw. ganz auf Kreditgeschäfte mit bestimmten Schuldnern verzichten können. Stark vereinfachend sind zwei grundlegende Regelungsansätze zu unterscheiden: Zum einen kann versucht werden, die Organisation des Unternehmens rechtlich so zu verfassen, dass den Interessen nicht anpassungsfähiger Gläubiger Rechnung getragen wird. Dies könnte man als den europäischen Ansatz bezeichnen, wie er sich besonders deutlich in der Institution des gesetzlichen Kapitals widerspiegelt. Zum anderen kann man die Unternehmensorganisation aber auch ausschließlich auf die Gesellschafterinteressen ausrichten 198 und den Schutz der Gläubiger und übrigen Unternehmensbeteiligten anderen Rechtsgebieten überlassen (etwa dem Vertrags-, Sachen-, Konkurs-, Arbeits- und Kapitalmarktrecht). Da amerikanische Gesellschaften ihr Gesellschaftsrecht seit jeher frei wählen konnten, über-

196 Nach LoPucki, Vand. L. Rev. 57 (2004), 741, 757 f. hindern Konkursgerichte die Anteilseigner typischerweise daran, die Direktoren während des Konkursverfahrens auszutauschen. Skeel, U. Pa. L. Rev. 152 (2003) 917, 930 ff. zeigt weitere Beweggründe für die Direktoren auf, im Rahmen des Chapter-11-Verfahrens den Interessen der Gläubiger Vorrang vor denen der Gesellschafter zu geben. Siehe schließlich auch Bernstein, All’s Fair in Love, War & Bankruptcy?: Corporate Governance Implications of CEO Turnover in Financial Distress, SSRN Arbeitspapier, 2005, S. 11: Mehr als die Hälfte der CEOs börsennotierter amerikanischer Gesellschaften gelang es im Jahr 2001, während des Konkursverfahrens ihre Position zu behalten. Interessanterweise bestand insoweit kein Unterschied zu vergleichbaren Gesellschaften, die ohne gerichtliche Beteiligung reorganisiert wurden. 197 Siehe oben IV.1.a). 198 Ein „Vorrang der Gesellschafterinteressen“ (shareholder primacy) kann allerdings unterschiedlich verstanden werden: Im hier gemeinten Sinne handelt es sich um ein Leitprinzip für die Gestaltung des Gesellschaftsrechts. Daneben kann man den Begriff aber auch nur auf die rechtliche Aufgabenstellung der Aufsichts- und Geschäftsführungsorgane beziehen (insbesondere bei der Konkretisierung der Treuepflichten, die nur zum Tragen kommen, soweit keine ausdrücklich geregelten gesetzlichen Pflichten eingreifen). Das gesetzliche Kapital widerspricht einem Vorrang der Gesellschafterinteressen im ersten, nicht aber im zweiten Sinne.

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rascht es nicht, dass sich das US-Recht in Richtung des zweiten Ansatzes entwickelt hat: Der Wettbewerb der einzelnen Bundesstaaten um Gesellschaftsgründungen dürfte sich für die Anteilseigner (und Manager) vorteilhaft auswirken oder ihnen zumindest nicht schaden.199 Kleinen Lieferanten und Arbeitnehmern fällt es demgegenüber schwer, sich ein Urteil darüber zu bilden, wie sich unterschiedliche Gesellschaftsrechte auf ihre Interessen auswirken. Entsprechend ist zu erwarten, dass sich die konkurrierenden Gesellschaftsrechtsordnungen vor allem auf die Interessen der Anteilseigner (und Manager) ausrichten und weniger Gewicht auf den Schutz nicht anpassungsfähiger Unternehmensbeteiligter legen.200 Gesellschaftsrecht wird so zu einem Organisationsrecht (nur) der Gesellschafter. Für den erforderlichen Ausgleich zu widerstreitenden Interessen müssen andere Rechtsgebiete sorgen. Diese Aufteilung wird bei der amerikanischen Ausschüttungsbegrenzung besonders deutlich: Die Gläubiger- und Konkursanfechtung als mit Abstand wirksamster Regelungsmechanismus gehört zum Delikts- und Konkursrecht, nicht zum Gesellschaftsrecht. Wenn das amerikanische Gesellschaftsrecht den Interessen der Anteilseigner also grundsätzlich den Vorrang einräumt, sind darüber hinaus noch weitere Schutzvorkehrungen zugunsten nicht anpassungsfähiger Unternehmensbeteiligter außerhalb des Gesellschaftsrechts zu erwarten. Tatsächlich scheint das amerikanische Recht Lieferanten und Dienstleistern mehr gesetzliche Sicherungsrechte einzuräumen als das deutsche.201 Dem Fiskus als großem Gläubiger der meisten Gesellschaften fällt es ebenfalls schwer, die Bonität seiner Schuldner zu kontrollieren. Dementsprechend werden seine Forderungen im Konkurs gemäß § 507(a)(8) Bankruptcy Code vorrangig befriedigt. Noch bedeutsamer ist ein weiterer Unterschied: Rückstellungen aufgrund von Leistungszusagen (defined benefits) der betrieblichen Altersversorgung haben einen erheblichen Anteil an der Bilanzsumme deutscher Gesellschaften.202 Eine dingliche Sicherung fehlt jedoch.

199 Stellvertretend Romano, The Genius of American Corporate Law, 1993, S. 14 ff. 200 Für die Bevorzugung der Gesellschafterinteressen spricht vor allem folgende Überlegung: In kleinen Gesellschaften entscheiden die Anteilseigner überwiegend selbst, nach welchem Recht sie die Gesellschaft gründen. Handelt es sich hingegen um eine Publikumsaktiengesellschaft, so hängt der Aktienkurs nicht etwa von schlecht informierten Kleinanlegern ab, sondern vom smart money der institutionellen Investoren. Ein aus Sicht der Anteilseigner nachteiliges Gesellschaftsrecht führt damit zu einer geringeren Marktkapitalisierung. Im Gegensatz dazu bleiben einzelne Lieferanten und Arbeitnehmer bei der Beurteilung des anwendbaren Gesellschaftsrechts auf sich gestellt, was eine sehr viel größere Informationsasymmetrie zur Folge hat. 201 Knapper Überblick bei Böckmann, Gläubigerschutz bei GmbH und close corporation, 2005, S. 181 f. 202 Im Jahre 2003 beliefen sich die Pensionsrückstellungen nach einer Schätzung der Deutschen Bundesbank auf 8 % der Bilanzsumme deutscher Unternehmen, Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober, 2005, S. 33, 44. Die meisten Pensionsrückstellungen haben große Gesellschaften mit Umsätzen über 50 Millionen Euro;

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Sowohl die Arbeitnehmer als auch der Pensionssicherungsverein sind aber geradezu paradigmatische Beispiele für nicht anpassungsfähige Gläubiger.203 Die amerikanische Rechtslage weicht denn auch entscheidend von der deutschen ab: Leistungszusagen müssen dort aufgrund des Employee Retirement Income Security Act of 1974 (ERISA) durch ein Anlagevermögen gedeckt sein, das treuhänderisch – in trust und damit konkursfest – zugunsten der Arbeitnehmer verwaltet wird.204 Insgesamt erscheint es durchaus als sinnvoller Regelungsansatz, den verschiedenen Gruppen nicht anpassungsfähiger Gläubiger durch Sicherungsrechte oder auf andere Weise 205 einen Befriedigungsvorrang einzuräumen, ansonsten aber nicht in die Finanzierungsstruktur und in die übrigen Entscheidungen der Gesellschaft einzugreifen.206 Idealerweise wären die nicht anpassungsfähigen Gläubiger nach diesem Modell vollständig vor Ausfällen geschützt. Gesellschafter, Management und Finanzkreditgeber blieben frei, das einzugehende Konkursrisiko in Verhandlungen selbst festzulegen. Ihre Entscheidungen wären in dieser idealen Welt effizienter als jede zwingende Regulierung, weil Externalitäten zulasten Dritter ausgeschlossen wären. Um einen solchen Regelungsansatz in Europa zu verwirklichen, genügt es natürlich nicht, das gesetzliche Kapital abzuschaffen. Vielmehr müsste der Gesetzgeber jede einzelne Gläubigergruppe durchgehen, um gegebenenfalls gesondert für ihren Schutz zu sorgen. Wie in den USA müssten diese Vorkehrungen aber nicht notwendig auf derselben Regelungsebene getroffen werden. Schafft etwa der europäische Gesetzgeber das gesetzliche Kapital ab, könnte er es den Mitgliedstaaten überlassen, die nötigen Sicherungen für die schutzbedürftigen Gläubiger vorzusehen. Rechtspolitisch zu beachten ist allerdings, dass der „amerikanische“ Regelungsansatz unvermeidlich Lücken aufweist: Für bestimmte Gruppen nicht anpassungsfähiger Unternehmensbeteiligter lassen sich keine

203 204

205 206

bei ihnen beliefen sie sich im Jahre 2001 auf 12 % der Bilanzsumme, Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober, 2003, S. 29, 50. Die Beiträge zum Pensionssicherungsverein unterscheiden nicht nach der Kreditwürdigkeit des jeweiligen Arbeitgebers. Siehe § 403(a) ERISA = 29 U.S.C. § 1103(a), wo das Erfordernis eines trust aufgestellt wird. Die Bereitstellung einer ausreichenden Deckungsmasse durch den Arbeitgeber ist in §§ 301 ff., 3(34), (35) ERISA = 29 U.S.C. §§ 1081 ff., 1002(34)(35) geregelt. Eine gut lesbare Einführung hierzu bietet Myers, Minimum Funding Requirements, in: Schneider/Freedman, ERISA: A Comprehensive Guide, 2. Aufl. 2003. Leebron, Col. L. Rev. 91 (1991) 1565, 1643 ff. schlägt de lege ferenda vor, auch Deliktsgläubiger im Konkurs vorrangig zu befriedigen. Hierzu jüngst G. Wagner, FS Gerhardt, 2004, S. 1043, 1067 ff. Die ökonomische Effizienz von Kreditsicherheiten wird zum Teil ähnlich begründet, grundlegend Jackson/Kronman, Yale L. J. 88 (1979) 1143, 1152 ff.; am Beispiel die Verkaufskommission Eidenmüller/Engert, FS Kollhosser, 2004, S. 103 ff., 116 f.

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spezifischen Vorkehrungen treffen. Das wichtigste Beispiel ist die Sicherheit von Arbeitsplätzen. Viele europäische Arbeitsrechtsordnungen gewährleisten einen starken Schutz für die Aussicht auf langfristige Beschäftigung und den damit verbundenen Einkommensstrom. Diese Anwartschaft lässt sich nicht schützen, ohne in die Risikopolitik der Gesellschaft einzugreifen.

V. Schlussfolgerungen für die europäische Debatte Der folgende Abschnitt fasst zusammen, welche Konsequenzen aus dem amerikanischen Recht für die rechtspolitische Diskussion um das gesetzliche Kapital in Europa zu ziehen sind.

1. Beschränkte Funktion des gesetzlichen Kapitals Die erste Schlussfolgerung ist das wichtigste Ergebnis des Abschnittes II.: Die Kapitalrichtlinie enthält zahlreiche Regelungen, die von der amerikanischen Rechtslage abweichen. Über jede dieser gesetzgeberischen Entscheidungen mag man unterschiedlicher Auffassung sein. Man sollte sich aber vor Augen halten, dass die meisten von ihnen nichts mit dem gesetzlichen Kapital zu tun haben: Sie sind zwar in der „Kapitalrichtlinie“ geregelt, sie könnten aber ebenso gut anders lauten, wenn es beim gesetzlichen Kapital bleibt, wie sie bei seiner Abschaffung beibehalten werden könnten. Konkreter: Die Beteiligung der Hauptversammlung an der Ausgabe neuer Anteile, das Bezugsrecht, die Offenlegung der Einlagen von Insidern und das Verbot verdeckter Ausschüttungen hängen nicht vom gesetzlichen Kapital ab.207 Nur zwei Bestandteile der Kapitalrichtlinie lassen sich nicht vom gesetzlichen Kapital trennen: zum einen das gezeichnete Kapital als offen gelegte Anfangsinvestition der Gesellschafter, das als Signal gegenüber den Gläubigern dienen kann, und zum anderen das gezeichnete Kapital als Messlatte für die Zulässigkeit von Ausschüttungen. Der zweite Regelungskomplex ist der weitaus bedeutendere.

2. Vollständige Erfassung des amerikanischen Modells Nimmt man die Kernfunktion des gesetzlichen Kapitals – die Ausschüttungsbegrenzung – in den Blick, so erlauben die hier angestellten Überlegungen kein abschließendes Urteil, ob die EU das gesetzliche Kapital beibehalten oder ab-

207 Oben II.3.

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schaffen sollte. Klar ist aber, dass es nicht ausreicht, das gesetzliche Kapital einfach durch eine gesellschaftsrechtliche Ausschüttungssperre nach Art eines Solvenzkriteriums zu ersetzen: Der Revised Model Business Corporation Act spiegelt das amerikanische Regelungsmodell nur höchst unvollständig wider. Vielmehr muss man über die gesellschaftsrechtliche Regelung hinausgreifen, um den amerikanischen Regelungsansatz und damit die einzige real erprobte Alternative zum gesetzlichen Kapital vollständig zu erfassen. Würde man das gesetzliche Kapital in Europa abbauen, ohne zugleich die zusätzlichen Schutzvorkehrungen des amerikanischen Rechts zu übernehmen, so ergäbe dies eine schwächere Ausschüttungsbegrenzung als in den USA. a) Rechtsfolgen unzulässiger Ausschüttungen Lehrreich ist das amerikanische Recht zunächst und vor allem im Hinblick auf die Rechtsfolgen unzulässiger Ausschüttungen. Die Solvenz als zentrales Zulässigkeitskriterium des amerikanischen Rechts ist tendenziell weniger streng als das gesetzliche Kapital, weil nicht verlangt wird, dass der Gesellschaft ein Nettovermögen größer null erhalten bleibt. Kennzeichnend ist ferner, dass die Kriterien des US-Rechts stark einzelfallbezogen gehandhabt werden, während das gesetzliche Kapital vergleichsweise klare Regeln vorgibt.208 Regeln (rules) können hinter dem eigentlich Beabsichtigten und Angemessenen zurückbleiben oder darüber hinausgehen; mit einzelfallbezogenen Normen (standards) kann demgegenüber ein bestimmtes Sorgfalts- oder Schutzniveau genauer angesteuert werden. Indes ist dieser Vorteil einzelfallbezogener Normen nur um den Preis höherer Rechtsunsicherheit zu haben. Diese ist im Hinblick auf Organwalter der Gesellschaft besonders problematisch. Sofern sie nicht zugleich eine größere Beteiligung halten, ziehen sie aus Dividenden oder anderen Ausschüttungen keine persönlichen Vorteile. Der Wert einer bestimmten Ausschüttung – und damit der Umfang einer möglichen Haftung – ist häufig größer als ihr privates Vermögen und erst recht als ihre Vergütung. Es erscheint daher wenig sinnvoll, Organwalter einer scharfen Haftung auf Grundlage einer stark einzelfallbezogenen Pflicht auszusetzen.209 Das amerikanische Recht ist denn auch mit

208 Zu diesem grundlegend unterschiedlichen Regelungsansatz im Gläubigerschutz vgl. Fleischer, RIW 2005, 92, 97. 209 Ökonomisch bedeutet eine solche Haftung für die betroffenen Organwalter ein hohes Risiko, das sie nicht durch Diversifizierung vermindern können. Hierfür müssen sie kompensiert werden. Geschieht dies nicht, so werden zunehmend nur noch sehr risikobereite Personen für eine Tätigkeit in den Gesellschaftsorganen zu gewinnen sein. Das wäre von Nachteil, wenn – was nahe liegt – eine sehr hohe Risikobereitschaft mit geringerer Qualifikation einhergeht.

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einer solchen Haftung für unzulässige Dividendenzahlungen höchst zurückhaltend.210 Die Kriterien der Insolvenz und Unterkapitalisierung scheinen also mit ihrer Einzelfallbezogenheit den Gläubigerschutz noch zusätzlich zu schwächen. Gesellschaftsrechtlich müssen die Anteilseigner allenfalls unrechtmäßig erhaltene Ausschüttungen zurückgewähren. Ist aber die Rechtsfolge auf eine bloße Rückgewähr beschränkt, so führt jede Unsicherheit zu einer zu geringen verhaltenssteuernden Wirkung, weil man allenfalls mit einem Vorteil davonkommen, aber in Summe nichts verlieren kann. Hier nun bewirkt das Recht der Gläubiger- und Konkursanfechtung eine wesentliche Verbesserung. Indem es die Rückgewährpflicht auf Kreditgeber ausdehnt, gibt es diesen einen starken Anreiz, sich der Solvenz und hinreichenden Kapitalisierung der Gesellschaft zu vergewissern. Da die Kreditgeber durch Ausschüttungen keinen unmittelbaren Vorteil erlangen, sie zugleich aber hohe Einbußen durch einen Verlust ihrer Sicherheiten und Forderungen zu befürchten haben, werden sie keine großen Risiken in Kauf nehmen. Rechtsunsicherheit führt insoweit zu einer etwas zu starken Abschreckung, was aber angesichts der großzügigen Kriterien der Insolvenz bzw. des unvernünftig geringen Eigenkapitals ein durchaus erwünschtes Gegengewicht ist. Die Gläubiger- und Konkursanfechtung bildet damit einen wesentlichen Bestandteil des amerikanischen Regelungsansatzes. Eine starke Verringerung des Eigenkapitals setzt zumeist voraus, dass stattdessen eine zusätzliche Kreditfinanzierung gefunden wird. LBOs sind hierfür paradigmatisch. Gerade in derartigen Fällen gewährt das gesetzliche Kapital in Europa heute einen Schutz, der über die bloße Solvenz hinausgeht, indem ein nennenswerter Betrag an Nettovermögen gegen Ausschüttungen gesperrt wird.211 Das amerikanische Recht leistet Vergleichbares, indem es Kreditgeber im Rahmen von LBOs einem Anfechtungsrisiko aussetzt. Entschließt sich der europäische Gesetzgeber, auf das gesetzliche Kapital zu verzichten, sollte er diesen wichtigen Zusammenhang beachten. b) Schutz nicht anpassungsfähiger Gläubiger außerhalb des Gesellschaftsrechts Löst sich das europäische Gesellschaftsrecht vom gesetzlichen Kapital, so bliebe es den verschiedenen Unternehmensbeteiligten überlassen, die Kapitalstruktur und damit das Konkursrisiko vertraglich zu regeln. Dies hätte den Vorteil, dass Management, Anteilseigner und große Kreditgeber der konkreten Situation Rechnung tragen könnten. Andererseits blieben bestimmte nicht anpassungsfähige Unternehmensbeteiligte ungeschützt, weil sie nicht sinnvoll dazu in der Lage sind, eigene vertragliche Regelungen mit der Gesellschaft zu tref-

210 Siehe oben III.1.c). 211 Siehe oben IV.1.b) (bb).

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fen.212 Will man stärker auf vertraglichen Selbstschutz setzen, sollte man deshalb wie das amerikanische Recht für mehr gezielte Vorkehrungen zugunsten nicht anpassungsfähiger Gläubiger sorgen, also insbesondere für gesetzliche Sicherungsrechte und Vorrangrechte im Konkurs. Für jede Gruppe nicht anpassungsfähiger Gläubiger wäre zu prüfen, ob der von ihnen gewährte Kredit eine sinnvolle ökonomische Funktion erfüllt und, wenn ja, wie die fragliche Gruppe vor einem zu ihren Lasten überhöhten Risiko geschützt werden kann. Indes wird es nicht möglich sein, gezielte Vorkehrungen für alle Typen nicht anpassungsfähiger Unternehmensbeteiligter zu treffen. Die Arbeitsplatzsicherheit von Arbeitnehmern ist hierfür ein gutes Beispiel. Da Gesellschafter und Finanzkreditgeber solche Anwartschaften nicht berücksichtigen, dürfte eine Abschaffung des gesetzlichen Kapitals die Wahrscheinlichkeit von Konkursen erhöhen. Das System des Gläubigerschutzes in den USA deutet darauf hin, dass ein „schuldnerfreundliches“ Konkursrecht – bei dem mehr Gewicht auf der Chance einer Reorganisation liegt – besser zu einem Modell passt, das der Privatautonomie größeren Raum gibt: Ein Kapitalgesellschaftsrecht ohne gesetzliches Kapital erhöht die Bedeutung des Konkursrechts.

212 Siehe oben IV.1.a).

Sachregister

Aktiengesellschaft, Europäische, s. Societas Europaea Arbeitskreis „Kapital in Europa“ – Aufgabenstellung 14 – Empfehlungen für die Europäische Kommission 13 f Belgien – erhebliche Verluste des Nennkapitals 142 f – Geschäftsleiterhaftung 290 f – Insolvenzanfechtung 439 f – Insolvenzverschleppungshaftung 143 Bilanzrecht – u. Kapitalschutz, s. Kapitalschutz, bilanzieller China – Insolvenzanfechtung 446 f Dänemark – erhebliche Verluste des Nennkapitals 143 f – Insolvenzanfechtung 440 f – Insolvenzverschleppungshaftung 144 f – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff Durchgriffshaftung – in Deutschland, s. Durchgriffshaftung in Deutschland – in England, s. Durchgriffshaftung in England – in Frankreich, s. Durchgriffshaftung in Frankreich – Rechtsvergleich 275 f – in Spanien, s. Durchgriffshaftung in Spanien – Überblick 12, 208 ff – in den USA, s. Durchgriffshaftung in den USA Durchgriffshaftung in Deutschland – u. existenzgefährdender Eingriff 215 ff – Grundlagen 210 ff, 218 ff – u. Rechtsformmissbrauch 215 – u. Unterkapitalisierung 214 f – u. Vermögens-/Sphärenvermischung 213 f

Durchgriffshaftung in England – Bedeutung 239 ff – Gesetzgebung 248 ff – u. Institutsmissbrauch 244 – u. Unterkapitalisierung 247 f – u. Vermögensvermischung 246 f – u. Vermögensverschiebung 243 f – u. wirtschaftliche Einheit 241 ff Durchgriffshaftung in Frankreich – u. action en comblement de passif 222 ff – Bedeutung 221 – u. confusion de patrimoine 228 ff – u. faute de gestion 227 f – Reichweite 225 ff – u. société fictive 228 ff Durchgriffshaftung in Spanien – Bedeutung 230 f – Haftungsvoraussetzungen 231 ff, 236 f – u. Umgehung außervertraglicher Haftung 236 – u. Umgehung vertraglicher Pflichten 235 f – u. Umgehung zwingender Vorschriften 234 f – Vergleich mit dem deutschen Recht 239 Durchgriffshaftung in den USA – u. deliktische Haftung 259 ff – u. Gesetzesumgehung 264 f – u. Haftung von Gesellschaften 265 ff – Haftungsvoraussetzungen 257 ff – u. Insolvenzrecht 269 ff – u. Kartellrecht 271 – rechtspolitische Diskussion 272 ff – u. Steuerrecht 268 f – Überblick 253 ff, 736 ff – Verfahrensfehler, Sanktionierung 263 – u. vertragliche Haftung 259 ff Eigenkapitalersatz – eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen, s. Gesellschafterdarlehen, eigenkapitalersetzend – u. Insolvenzrecht in England 540 ff Einlagenrückgewähr – in England 524

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Sachregister

England – Ausschüttungen 517 ff – Bezugsrecht u. Minderheitenschutz 362 ff – Durchgriffshaftung, s. Durchgriffshaftung in England – Einlagenrückgewähr 524 – erhebliche Verluste des Nennkapitals 145 f – Geschäftsleiterhaftung 294 ff – Gesellschafterdarlehen 386 f – Insolvenzrecht, s. Insolvenzrecht in England – Minderheitsschutz 520 ff – Mindestkapital 512 – Sacheinlagen 512 ff – Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter, s. Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in England – Überschuldung u. Insolvenz 196 ff – verdeckte Vermögenszuwendungen 121 ff – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff Finnland – erhebliche Verluste des Nennkapitals 147 ff – Insolvenzverschleppungshaftung 149 f Frankreich – Durchgriffshaftung, s. Durchgriffshaftung in Frankreich – erhebliche Verluste des Nennkapitals 150 f – Geschäftsleiterhaftung, s. Geschäftsleiterhaftung in Frankreich – Gesellschafterdarlehen 387 f, 606 f – Insolvenzanfechtung 441, 608 ff – Insolvenzantragspflicht 198 f – Insolvenzverschleppungshaftung 151 ff, 594 – Kapitalaufbringung, s. Kapitalaufbringung in Frankreich – Kapitalerhaltung, s. Kapitalerhaltung in Frankreich – Minderheitenschutz durch festes Kapital 605 f – Mindestkapital 579 f – Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter, s. Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in Frankreich

– verdeckte Vermögenszuwendungen 123 ff – Verlust der Hälfte des Nennkapitals 150 f, 588 ff – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff Geschäftsleiter – u. erhebliche Verluste des Nennkapitals, s. Verluste des Nennkapitals, erheblich – u. Haftung, s. Geschäftsleiterhaftung – u. Insolvenzverschleppung, s. Insolvenzverschleppungshaftung – u. Kapitalerhaltung, Haftung 102 f, 107 ff – Tätigkeitsverbote, s. Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote Geschäftsleiterhaftung – u. Abbau des Kapitalschutzes 299 f – Aktivlegitimation 283 f – allemeine Sorgfaltspflicht 278 ff – Ausschluss von Verzicht, Vergleich, Haftungsbefreiung durch Entlastung 284 f – in Belgien 290 f – in Deutschland 285 ff – in England 294 ff – in Frankreich, s. Geschäftsleiterhaftung in Frankreich – u. Gläubigerschutz 280 f, 298 f – Haftungsvoraussetzungen 283, 285 ff – in Italien 291 f, 637 ff – u. „Markt für Führungskräfte“ 281 f – in den Niederlanden 289 f – in Polen 296 ff, 701 ff – in Portugal 294 f – in Spanien 292 ff – Überblick 277 f – in den USA 741 f, 781 ff Geschäftsleiterhaftung in Frankreich – action en comblement du passif 598 ff – Haftung im Insolvenzverfahren 598 ff – Haftungsklage der Gesellschafter 595 ff – Haftungsklage durch Dritte 597 f – l’obligation aux dettes sociales 601 f – Überblick 287 ff Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote – u. Berufsverbot 306 – in England, s. Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in England

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– in Frankreich, s. Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in Frankreich – u. Forderungssicherungsgesetz 309 – u. Gewerbeverbot 306 ff – u. Gläubigerschutz 302 f – u. Insolvenzstraftat 305 f – u. Kapitalmarktschutz 303 – Kritische Betrachtung der bestehenden Regelungen 309 ff – Nachteile 304 f – Rechtsfolgen 308 f – Reformempfehlung 330 ff – Überblick 13 – in den USA, s. Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in den USA – Vorteile 304 – zivilrechtliches T. 308 Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in England – u. Aufsichtsverfahren 313 – Befreiuung unter Auflagen 563 – Durchsetzung 317 – u. Insiderhandelsverbot 314 – u. Kartellrecht 313 – u. persönliche Insolvenz des G. 556 f – Rechtsfolgen 316, 557 ff – Sanktionierung 317 – u. Straftaten 312 – Überblick 311 f – u. „Unfitness“ im Falle der Insolvenz 314 f, 552 ff – Verfahren 561 ff – u. Verfahren wegen wrongful/ fraudulent trading 314, 552 – u. Verletzung von Publizitätsvorschriften 312 – Verurteilungszahlen 560 f Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in Frankreich – Durchsetzung u. Sanktionierung 321 – u. faillite personnelle (persönlicher Konkurs) 318 ff, 602 f – u. interdiction de gérer 320 f – Überblick 317, 603 f Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in den USA – u. Gesellschaftsrecht (removal remedy) 322 ff – u. Insolvenzverschleppung 326 – u. Kapitalmarktrecht 327 f – Überblick 321 f

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Gesellschafterdarlehen – eigenkapitalersetzendes G., s. Gesellschafterdarlehen, eigenkapitalersetzend – Überblick 13 Gesellschafterdarlehen, eigenkapitalersetzend – in England 386 f – u. Europarecht 388 ff – in Frankreich 387 f, 606 f – u. Kapitalverfassung der Gesellschaft 379 ff – in Italien 384 – in Österreich 383 f – in Polen 709 ff – Reformvorschlag, s. Gesellschafterdarlehen, eigenkapitalersetzend, Reformvorschlag – in Spanien 384 f, 691 f – Überblick 372 ff – in den USA 381 ff – Wesen 376 ff Gesellschafterdarlehen, eigenkapitalersetzend, Reformvorschlag – u. Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens 430 ff – Ausweitung der insolvenzrechtlichen Rückstufung 405 ff – u. bisherige Rechtsprechungsregeln 414 ff – erfasste Gesellschaften u. Personen 397 ff – Grundgedanken 390 ff – u. insolvenzrechtliche Rückstufung 393 ff, 405 ff – u. kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung 423 ff – u. Kleinbeteiligungen 399 ff – u. Sanierungskredite 402 ff Gläubigerschutz – alternative Schutzmodelle in Italien 634 ff – u. bilanzieller Kapitalschutz, s. Kapitalschutz, bilanzieller – u. Geschäftsleiterhaftung 280 f, 298 f – durch die Kapitalrichtlinie 747 ff – u. Insolvenzanfechtung 434 ff – durch Insolvenzrecht in England, s. Insolvenzrecht in England – u. Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter 302 f

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– in den USA, s. Gläubigerschutz in den USA – vertraglicher G. anstelle des Festkapitals, s. Gläubigerschutz durch Vertragsrecht Gläubigerschutz in den USA – durch Gesellschaftsrecht 755 – durch Haftung der Gesellschafter 736 ff – durch Kapitalmarktrecht 735 f – durch Kapitalschutz, s. Kapital, gesetzliches, in den USA – durch Vertragsrecht 784 f Gläubigerschutz durch Vertragsrecht – u. gesetzliche Gläubiger 489 ff – u. Kapitalbindung der Anteilseigner 502 ff – Kombination mit Festkapitalregeln 504 ff – professionelle Gläubiger als Sachwalter 495 ff – Transaktionskostenersparnis bei gesetzlichen Festkapitalregeln 501 f – Überblick 488 f – in den USA 784 f – u. Verbraucherschutz 494 – u. Waren- u. Dienstleistungsgläubiger 497 ff – u. Wettlauf der Gläubiger 506 Grundkapital – Aufbringung, s. Kapitalaufbringung – Funktionen, s. Grundkapital, Funktionen – Überblick 2 ff Grundkapital, Funktionen – Anlegerschutz 53 – Betriebskapital 47 ff – Haftungsfonds 46 – mäßigende Wirkung auf die Gesellschafter 50 f – Seriösitätsschwelle 51 f – Signalwirkung 52 f – Überblick 53 f Haftungsbeschränkung – ökonomische Funktion 21 ff – u. Risikoanreiz 23 f Indonesien – Insolvenzanfechtung 447 Insolvenz u. Kapital – Überblick 12

Insolvenzanfechtung – in Belgien 439 f – in China 446 f – in Dänemark 440 f – in Deutschland 437 ff – in England, s. Insolvenzanfechtung in England – in Frankreich 441, 608 ff – in Indonesien 447 – in Italien 443 f – in Kroatien 447 – in den Niederlanden 444 f – in Polen 448 f – in Rumänien 447 f – in Schweden 448 – Überblick 434 ff – in den USA 445 f, 769 ff Insolvenzanfechtung in England – u. Insidertatbestand 538 – Insolvenzreife als Anfechtungsvoraussetzung 537 f – u. preferences 536 f – u. transactions at an undervalue 535 f – Systematik 534 – Überblick 442 f, 533 f Insolvenzantragspflicht – in Deutschland 199 – in England 199 – in Frankreich 198 f – in Italien 199, 637 ff – in Österreich 199 – in Spanien 198 f – Zweck 198 Insolvenzeröffnungsgründe – in Frankreich 591 ff, 593 f – Überblick 205 – Überschuldung 196 ff, 199 f – Zahlungsunfähigkeit 193 ff Insolvenzrecht in England – außergerichtliches Insolvenzverfahren 530 f – u. Eigenkapitalersatzrecht 540 ff – gerichtliches Insolvenzverfahren 528 ff – Insolvenzanfechtung, s. Insolvenzanfechtung in England – Insolvenzantragspflicht 199 – Insolvenzverschleppungshaftung, s. Insolvenzverschleppungshaftung in England – massearme Insolvenzen 531 ff

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– Tätigkeitsverbote der Direktoren, s. Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in England Insolvenzverschleppungshaftung – Adressaten, Überblick 184 – Anspruchsberechtigte/-begünstigte, Überblick 184 – Ausgangspunkt, Überblick 182 f – in Belgien 143 – in Dänemark 144 f – in Deutschland 139 ff, 201, 203 – u. Europarecht 137 f – in Finnland 149 f – in Frankreich 151 ff, 203 f, 594 – Haftungsmodelle, Überblick 203 ff – in Italien 156 ff – in den Niederlanden 159 – in Norwegen 161 – in Österreich 164 ff, 201 – u. Rechtsformen, Überblick 182 – Schutzbereich, Überblick 183 f – in Schweden 170 f – in Slowenien 172 f – in Spanien 175 f, 204 – Überblick 205 – Umfang der Haftung, Überblick 184 – u. Verlust des Nennkapitals, Überblick 184 f Insolvenzverschleppungshaftung in England – Kollisionsrecht 550 f – Überblick 146 f, 201 ff – West Mercia-Doktrin 546 ff – wrongful trading 543 ff Italien – alternative Gläubigerschutzmodelle 634 ff – erhebliche Verluste des Nennkapitals 154 ff – Geschäftsleiterhaftung 291 f, 643 ff – Gesellschafterdarlehen 384 – Insolvenzanfechtung 443 f – Insolvenzantragspflicht 199, 643 ff – Insolvenzverschleppungshaftung 156 ff – Kapitalaufbringung, s. Kapitalaufbringung in Italien – Kapitalerhaltung, s. Kapitalerhaltung in Italien – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff

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Kapitalaufbringung – u. Befreiung von der Einlageverpflichtung 58 – in Frankreich, s. Kapitalaufbringung in Frankreich – in Italien, s. Kapitalaufbringung in Italien – Leistung der Mindesteinlage 57, 79 ff – u. Mindestkapital 20, 55 f – in den Niederlanden, s. Kapitalaufbringung in den Niederlanden – in Polen, s. Kapitalaufbringung in Polen – u. Prüfung, s. Kapitalaufbringung, Prüfung – Reformüberlegungen, s. Kapitalaufbringung, Reform – u. Sacheinlage, s. Kapitalaufbringung, Sacheinlage – in Spanien, s. Kapitalaufbringung in Spanien – Überblick 8 f, 54 f, 87 ff – in den USA, s. Kapital, gesetzliches, in den USA – Übernahme durch die Gründungsgesellschafter 56 f Kapitalaufbringung in Frankreich – Bareinlage 581 f – Bewertung der Sacheinlage 585 f – Sacheinlage 583 ff – Sanktionen bei Nichtleistung 582 f Kapitalaufbringung in Italien – Bareinlage 617 – Bewertung der Sacheinlage 618 ff – Mindestkapital 614 ff – Sacheinlage 617 – sonstige Beteiligungsformen 623 f Kapitalaufbringung in den Niederlanden – Bareinlage 662 f, 663 – Bewertung der Sacheinlage 664 – Nachgründung 664 f – Sacheinlage 662 f, 663 f – Überblick 661 Kapitalaufbringung in Polen – Bareinlage 696 f – Bewertung der Sacheinlage 700 f – Sacheinlage 697 ff – Überblick 695 Kapitalaufbringung, Prüfung – in Frankreich 585 f – Reform 38, 70 ff, 75 ff

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Sachregister

– Wesen u. Zweck 60 Kapitalaufbringung, Reform – u. Abschaffung des Mindest-/Festkapitals 65 ff – u. Abschaffung des präventiven Systems 69 f – u. Entbehrlichkeit der Werthaltigkeitsprüfung 75 ff – u. Kompensation durch Geschäftsleiterhaftung 299 f – u. Kontrolle allein durch den Abschlussprüfer 74 – u. Kosten 84 ff – u. Leistung des Agios 81 f – u. Minderheitenschutz 364 ff – u. Mindesteinzahlung 79 ff – u. Nachgründungsrecht 82 ff – u. nennwertlose Aktien 67 ff – u. Prospekthaftung statt Sacheinlagevorschriften 74 f – u. verdeckte Sacheinlage 77 ff – u. Werthaltigkeitskontrolle 70 ff Kapitalaufbringung, Sacheinlagen – s. auch Kapitalaufbringung, Reform – Differenzhaftung 60 – Einlagefähigkeit 58 f – in England 512 ff – in Frankreich 583 ff – Haftung bei falschen Angaben 62 f – in Italien 617 – Nachgründung 63 f – in den Niederlanden 662 f, 663 f – in Polen 697 ff – Prüfung, s. Kapitalaufbringung, Prüfung – u. Publizität 61 f, 69 f – Reformüberlegungen 70 ff, 74 f, 75 ff, 77 ff – in Spanien 685 – u. verdeckte Sacheinlage 60 f, 77 ff Kapitalaufbringung in Spanien – Bareinlage 684 f – Bewertung der Sacheinlage 685 ff – Mindestkapital 682 ff – Sacheinlage 685 Kapitalerhaltung – u. Ausschüttungssperre, s. Kapitalerhaltung, Ausschüttungssperre – u. Bilanzierung nach IFRS 452 ff, 460 ff – in Frankreich, s. Kapitalerhaltung in Frankreich

– in Italien, s. Kapitalerhaltung in Italien – u. Kapitalschutz 94 – u. Kompensation durch Geschäftsleiterhaftung 299 f – u. Mindestkapital 20 – in den Niederlanden, s. Kapitalerhaltung in den Niederlanden – in Polen 701 ff – in Spanien 688 ff – Überblick 9 ff, 92 f, 93 f – in den USA 96 ff, s. zudem Kapital, gesetzliches, in den USA – u. verdeckte Gewinnausschüttung, s. verdeckte Gewinnausschüttung Kapitalerhaltung, Ausschüttungssperre – in England 517 ff – u. Haftung der Geschäftsleiter 102 f, 107 ff – u. Haftung der Gesellschafter 101, 106 – u. Kapitalrichtlinie, 95, 104 – Minderheitenschutz bei Abschaffung der A. 367 – u. Publizität 101 ff – u. situative Ausschüttungssperre 96 ff, 105 f – u. Simple Balance Sheet Test 100 f, 110 ff – u. Solvenzbestätigung 98 f – in den USA, s. Kapitalerhaltung, Ausschüttungssperre in den USA Kapitalerhaltung, Ausschüttungssperre in den USA – u. Aneignung von Vermögenswerten in der Krise 786 – u. gesetzliches Kapital 762 f – in Kalifornien 764 ff – im Konzern 789 – Kriterien des Revised Model Business Corporation Act 766 ff – u. Leveraged Buy-outs 786 ff – rechtspolitische Rechtfertigung 785 ff – rechtspolitische Überlegungen zur Lockerung 789 ff – u. vertraglicher Selbstschutz 784 f Kapitalerhaltung in Frankreich – u. Kapitalerhöhung 588 – u. Kapitalherabsetzung 587 f – u. Prinzip des realen Kapitals 588 Kapitalerhaltung in Italien – u. Bilanzrecht 631 ff – Erwerb eigener Aktien 627 ff

Sachregister

– Gewinnverteilung 625 ff – Überblick 624 f Kapitalerhaltung in den Niederlanden – Erwerb eigener Aktien 667 f, 672 f – Gewinnverteilung 665 ff – Kapitalherabsetzung 668 f, 673 – Überblick 665, 669 Kapitalersatz, s. Eigenkapitalersatz Kapital, gesetzliches – u. Anlegerschutz 350, 367 f – Bedeutung 760 f – Ersetzung durch vertraglichen Gläubigerschutz, s. Gläubigerschutz durch Vertragsrecht – u. Gewinnrücklagen 355 f – u. Kapitalrücklagen 351 ff – u. Minderheitsschutz 345 ff, 356 ff, 605 f – in den Niederlanden, s. Kapital, gesetzliches, in den Niederlanden – Rechtsfolgen 343 ff – in den USA, s. Kapital, gesetzliches, in den USA – Wesen 343 Kapital, gesetzliches, in den Niederlanden – alternative Gläubigerschutzmodelle 659 – nennwertlose Aktien 660 – Überblick 656 ff Kapital, gesetzliches, in den USA – u. California Corporations Code 734 f – u. Delaware General Corporation Law 731 ff – historische Entwicklung 718 ff – u. 1950 Model Business Corporation Act 725 ff – u. New York Business Corporation Law 733 f – u. 1984 Revised Model Business Corporation Act 729 ff Kapitalrichtlinie – u. erhebliche Verluste des Nennkapitals 136 f – u. Gläubigerschutz 747 ff – u. GmbH 36 f – u. Kapitalerhaltung 93 ff, 104 f – u. Minderheitsschutz 751 ff – u. Mindestkapital 33 ff – Reform 35 f – u. verdeckte Gewinnausschüttung 118 ff, 130 ff

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Kapitalschutz, bilanzieller – Anpassung des IFRS-Abschlusses 467 ff – u. Bilanzierung nach IFRS 452 ff, 460 ff – gegenwärtige Situation 454 ff – in Italien 631 ff – u. Solvenztest, s. Kapitalschutz, bilanzieller, Solvenztest – u. Steuerbilanz 470 f – zukünftige Aufgabe 459 f Kapitalschutz, bilanzieller, Solvenztest – Anforderungen für Ausschüttungszwecke 476 f – Ausgestaltung 480 ff – bestehende Instrumente zur Solvenzeinschätzung 477 ff – Kritik 482 ff – u. Rickford-Bericht 475 f – Überblick 471 f – in den USA 472 ff Kroatien – Insolvenzanfechtung 447 Minderheitsschutz – u. Abschaffung des festen Kapitals durch nachgiebiges Recht 359 ff – u. Abschaffung des festen Kapitals durch zwingendes Recht 357 ff – u. Ausschüttungen in England 520 ff – u. Bezugsrecht 361 f – u. Gewinnrücklagen 355 f – u. Gleichbehandlung bei Ausgabe von Aktien in den USA 757 – u. Gleichbehandlung bei Ausgabe von Aktien in Europa 752 – u. Gleichbehandlung bei Ausschüttungen in den USA 759 u. Gleichbehandlung bei Ausschüttungen in Europa 753 – u. Gleichbehandlung bei Einlageleistungen in den USA 758 – u. Gleichbehandlung bei Einlagenleistung in Europa 752 f – u. Grundkapital 345 ff – u. Hauptversammlungskompetenzen, zwingende, in den USA 755 ff – u. Hauptversammlungskompetenzen, zwingende, in Europa 751 – Instrumente des M. 356 f – u. Kapitalaufbringung 364 ff

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Sachregister

– u. Kapitalerhaltung 367 – u. Rücklagensicherung 351 ff – Schutzdefizite 348 ff, 354 f Mindestkapital – u. Effizienz 24 ff, 30 f – in England 512 – in Frankreich 579 f – u. Gründungserschwernis 27 f – u. Gründungsprüfung 29 f – u. Haftungsbeschränkung 21 ff – u. Kapitalaufbringung 20 – u. Kapitalerhaltung 20 – u. Kapitalrichtlinie 33 ff – Kosten 27 ff – Nutzen 24 ff – rechtspolitische Diskussion 17 ff – Reformmodelle zur Änderung 38 ff, 65 ff, 67 ff – Reformmodelle zur Erhaltung 36 ff – Relevanz 20 f – u. SE 31 f – in Spanien 682 ff – Überblick 7 f, 40 f Niederlande – erhebliche Verluste des Nennkapitals 158 – Geschäftsleiterhaftung 289 f – gesetzliches Kapital, s. Kapital, gesetzliches, in den Niederlanden – Insolvenzanfechtung 444 f – Insolvenzverschleppungshaftung 159 – Kapitalaufbringung, s. Kapitalaufbringung in den Niederlanden – Kapitalerhaltung, s. Kapitalerhaltung in den Niederlanden – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff Norwegen – erhebliche Verluste des Nennkapitals 160 – Insolvenzverschleppungshaftung 161 – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff Österreich – erhebliche Verluste des Nennkapitals 162 f – Gesellschafterdarlehen 383 f – Insolvenzantragspflicht 199 – Insolvenzverschleppungshaftung 164 ff

– Überschuldung u. Insolvenz 196 ff – verdeckte Vermögenszuwendungen 126 f – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff Polen – Geschäftsleiterhaftung 296 ff, 701 ff – Gesellschafterdarlehen 709 ff – Insolvenzanfechtung 448 f – Kapitalaufbringung, s. Kapitalaufbringung in Polen – Kapitalerhaltung 701 ff Portugal – Geschäftsleiterhaftung 294 f Rickford-Bericht – u. bilanzieller Kapitalschutz 475 f – Kapitalerhaltung 97 ff – Überblick 1 f Rumänien – Insolvenzanfechtung 447 f Sacheinlagen – in England 512 ff – Kapitalaufbringung, s. Kapitalaufbringung, Sacheinlagen Schweden – erhebliche Verluste des Nennkapitals 167 ff – Insolvenzanfechtung 448 – Insolvenzverschleppungshaftung 170 f – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff Schweiz – Überschuldung u. Insolvenz 196 ff – verdeckte Vermögenszuwendungen 127 ff Slowenien – erhebliche Verluste des Nennkapitals 172 – Insolvenzverschleppungshaftung 172 f Spanien – Durchgriffshaftung, s. Durchgriffshaftung in Spanien – erhebliche Verluste des Nennkapitals 173 f – Geschäftsleiterhaftung 292 ff – Gesellschafterdarlehen 384 f, 691 f – Insolvenzantragspflicht 198 f – Insolvenzverschleppungshaftung 175 f

Sachregister

– Kapitalaufbringung, s. Kapitalaufbringung in Spanien – Kapitalerhaltung 688 ff – Mindestkapital 682 ff – Zahlungsunfähigkeit u. Insolvenz, 193 ff Societas Europaea – Mindestkapital 31 f USA – Ausschüttungssperren, s. Kapitalerhaltung, Ausschüttungssperre in den USA – Durchgriffshaftung, s. Durchgriffshaftung in den USA – Geschäftsleiterhaftung 781 ff – Gesellschafterdarlehen 381 ff – Gläubigerschutz 755 – Insolvenzanfechtung 445 f, 769 ff – Minderheitsschutz 755 ff – Solvenztests 472 ff – Tätigkeitsverbote für Geschäftsleiter, s. Geschäftsleiter, Tätigkeitsverbote in den USA verdeckte Gewinnausschüttung – u. abhängige AG, s. verdeckte Gewinnausschüttung, abhängige AG – gesellschaftsrechtlicher Zusammenhang 115 ff – u. unabhängige AG, s. verdeckte Gewinnausschüttung, unabhängige AG – Wesen 115 verdeckte Gewinnausschüttung, abhängige AG – u. Kapitalrichtlinie 130 ff

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– Reformvorschläge 132 f verdeckte Gewinnausschüttung, unabhängige AG – in England 121 ff – in Frankreich 123 ff – u. Kapitalrichtlinie 118 ff – in Österreich 126 f – Reformvorschläge 129 f – in der Schweiz 127 ff – Überblick 150 f Verluste des Nennkapitals, erhebliche – in Belgien 142 f – in Dänemark 143 f – in Deutschland 138 f – u. Eigenkapitalersatz, Überblick 179 ff – in England 145 ff – „erheblicher Verlust“, Überblick 176 f – in Finnland 147 ff – in Frankreich 150 f, 588 ff – u. General-/Hauptversammlung, Überblick 177 f – u. Insolvenzantragspflicht 184 f – in Italien 154 ff – u. Kapitalrichtlinie 136 f, 176 – in den Niederlanden 158 – in Norwegen 160 – in Österreich 162 f – Rechtsformen 176 – Sanktionen bei Pflichtverletzung, Überblick 178 f – in Schweden 167 ff – in Slowenien 172 – in Spanien 173 f – stille Reserven, Überblick 177 – Verhaltenspflichten der Geschäftsleitung, Überblick 177