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German Pages 22 [24] Year 1895
DAS
FORUM ROMANUM DER KAISERZEIT VON
L. L E V Y PROFESSOR
UND
UND
ARCHITEKT
H. L U C K E N B A C H PROFESSOR
IN KARLSRUHE
AM
GYMNASIUM
IN KARLSRUHE.
MÜNCHEN UND LEIPZIG. DRUCK UND VERLAG VON R. OLDENBOURG. 1895.
Vorwort. Die vorliegende kleine Schrift ist die gemeinsame Arbeit eines Architekten und eines Philologen. Die von dem Ersteren entworfene Forumansicht (Fig. 3) veranlafste am 29. Juni 1894 auf der neunten Versammlung des badischen Vereins akademisch gebildeter Lehrer in Heidelberg einen Vortrag über das F o r u m R o m a n u m , wobei jeder Zuhörer einen Abdruck erhielt. Damals lag der Gedanke an eine besondere Herausgabe fern. Erst dringendes Zureden von Heidelberger und Karlsruher Gymnasiallehrern, die die Bedeutung des Blattes namentlich für Gymnasien betonten, hat uns veranlafst, dasselbe mehrfach verbessert hiermit weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Neue Forschungen bieten weder Bild noch Wort, der Kenner findet leicht die Anlehnung an das F o r u m R o m a n u m von H ü l s e n heraus, dem wir zudem für die grofse Liebenswürdigkeit, mit der er Auskunft aller Art gegeben hat, herzlichen Dank schulden und aussprechen.
Die Verfasser.
AA AF AS ATi AT Ca Cc Co CT Cv DJ L
A r r a s Augusti. T.Antoniniet Faustina. A reus S e p t . S e v e n . Arcus T i b e n i . Arcus Titi. T . Castoris. Career T . Concordiae. Columna Traiana. Curia Julia. Aedes D . Juiii. Puieal J j t a n i s et
Marsyas. M Miliarium a u r e a m . MU T . V a r t i s Ultorrs. PCD P o r t i c u s d e o r u m Confi R o s t r a . [sentium. R g Regia. S T . Saturni. ST Saxum Tarpeium. TJ T . Jani. TIC TR TSU TV U V Vt
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FORUM der Bepublik im doppelten Malsstab. F i g . 1.
a) Das F o r u m der Republik (nach H ü l s e n ) ,
b) Fora der Kaiserzeit.
T . Jovis Capitolini. T . Romuli. T . Sacrae Urbis. T . Vespasiani. Umbilicus. Aedes Vestae. Vortumnus.
A. Geschichtlicher Überblick. I. Das Forum und Komitium der älteren Zeit 1 ). Fig. 1 unten.
Das F o r u m zu Rom, auch F o r u m R o m a n u m genannt, war ein freier Platz inmitten der Stadt, auf dem das Volk zu Handel und Wandel zusammenkam. Er diente vornehmlich für Märkte und Gerichtsverhandlungen; auch öffentliche Spiele, wie Gladiatorenkämpfe, wurden dort abgehalten. An den Marktplatz stiels ein kleinerer Platz an, das K o m i t i u m 2 ) ; dort hielt das Volk seine politischen Versammlungen ab3). Am Komitium lag das Rathaus (curia), in dem der Senat seine Sitzungen zu halten pflegte. C u r i a H o s t i l i a hiefs "es, man glaubte, weil es von dem Könige Tullus Hostilius erbaut sei4). Auf der Grenze von Forum und Komitium lag die R e d n e r b ü h n e , rostra genannt, seitdem die Römer im J. 338 v. Chr. ') Darüber hat mehrfach Ch. H ü l s e n geschrieben : a) Forum Eomanum 1892, Kärtchen 3. b) Köm. Mitteilungen VIII (1893) S. 79 ff. c) Ebenda im topographischen Jahresbericht S. 283. s ) So stöfst heute in Venedig an den Markusplatz (la Piazza) ein kleinerer Platz, die Piazetta, an. s ) So regelmässig die comitia curiata, gewöhnlich die comitia tributa; die comitia centuriata dagegen wurden auf dem campus Martius abgehalten. Eine glückliche Schilderung des religiösen, politischen und geschäftlichen Lebens auf dem Forum gibt E. S c h u l z e , das römische Forum 1893. *) Warum die Kurie die hostilische genannt wurde, läfst sich mit Sicherheit nicht angeben. Im J. 52 fiel sie, als man hier den Leichnam des Clodius verbrannte dem Feuer zum Raube.
die Stadt Antium bezwungen und mit den Schnäbeln der erbeuteten Kriegsschiffe die Rednerbühne geziert hatten. Ebenfalls auf der Grenze beider Plätze lag die G r a e c ö s t a s i s 1 ) , ein Raum für die Gesandten fremder Völker, sowie das S e n a c u l u m , ein den Senatsmitgliedern vorbehaltener Raum. Forum und Komitium werden ringsum allmählich mit öffentlichen Gebäuden geschmückt, vor allem mit Tempeln: 1. Im 0. lag das Heiligtum der V e s t a , ein Rundtempel, über dessen Gründung nichts bekannt ist; es scheint der früheste Tempel am Forum gewesen zu sein. 2. Im SW. ersteht im J. 497 der Tempel des S a t u r n u s , er dient zur Aufbewahrung des Staatsschatzes (aerarium). 3. Im SO. wird im J. 484 nach der Schlacht am See Regillus, die der Sage nach durch Kastor und Pollux gewonnen war, der Tempel des K a s t o r (und Pollux) erbaut. 4. Im W. errichtet im J. 366 Camillus nach Beendigung des Ständekampfes der K o n k o r d i a einen Tempel,2). *) Wörtlich »Griechenstand«, die Griechen vertreten in diesem Wort alle fremden Völker. ') Die Götter dieser vier Tempel ruft C i c e r o de imp. Pomp. § 70 an, wenn er sagt testor omnes deos et eos maxime, qui huic loco temploque praesident. Mit der geweihten Stätte (locus templumque) meint er die Rednerbühne.
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Geschichtlicher Überblick.
Den Tempeln gesellen sich im zweiten Jahrhundert v. Chr. die Basiliken zu, grofse Gebäude, die einen doppelten Zweck haben; sie dienen dem Handel 1 ) und werden zu Gerichtsverhandlungen benutzt. 1. B a s i l i c a P o r c i a , 184 von M. Porcius Cato Censorius neben dem Komitium erbaut. 2. B a s i l i c a F u l v i a e t A e m i l i a , 179 nördlich vom Forum angelegt. 3. B a s i l i c a S e m p r o n i a , 170 von Ti.Sempronius Gracchus, dem Vater der berühmten Gracchen, südlich vom Forum erbaut. 4. B a s i l i c a O p i m i a , 121 neben dem Konkordiatempel errichtet.
man die Südreihe, neue die Nordreihe, seit ein Brand diese in Asche gelegt hatte und ein Neubau an ihre Stelle getreten war 1 ). Nahe den tabernae novae stand der kleine J a n u s t e m p e l , dessen Thüren nur im Frieden geschlossen waren. Das Forum war eine Niederung, in der die Wasser von den umliegenden Höhen sich sammelten und in einem Bache dem Tiber zuflössen. Bei zunehmendem Verkehr erhielt der Bach ein geregeltes Bett und wurde überwölbt 2 ), er fiofs
Den östlichen Abschlufs des Forums bildet aufser dem Vestatempel die gleichfalls aus ältester Zeit stammende R e g i a , das Amtsgebäude des Pontifex Maximus. I m W. wurde am Abhang des kapitolinischen Hügels das T a b u l a r i u m , das Staatsarchiv, erbaut 2 ). Erwähnt sei endlich noch, dafs an der dem Abhang des Kapitols zugewandten Seite des Komitiums das Staatsgefängnis (carcer) sich befand. Auf dem Forum hatten in zwei Reihen von B u d e n (tabernae) Metzger 3 ) und andere Händler ihren Stand. Später durften Lebensmittel auf dem Forum überhaupt nicht mehr verkauft werden, und in die Buden zogen die \Vechsler (argentarii) ein. Alte Buden nannte
jetzt als Teil der C l o a c a M a x i m a dem Tiber zu. Ein kleiner Teich in der Nähe hiefs L a c u s C u r t i u s 3 ) , ein zweiter Teich, der auf der Karte fehlt, lag bei dem Kastortempel, der L a c u s J u t u r n a e , aus ihm hatten die Dioskuren nach der Schlacht am See Regillus (496) ihre Rosse getränkt.
*) In dieser Hinsicht hat man die Basilika oft einer Börse verglichen. 2 ) Im J. 78 von Q. Lutatius Catulus, dem Sohn des Kimbernsiegers. 3 ) Bekannt ist die Erzählung von L. Yerginius, der, um seine Tochter nicht in die Hände des Decemvirn Appius Claudius fallen zu lassen, von einer Bude ein Messer ergriff und sie tötete.
*) Daher die Ortsbezeichnungen sub novis und sub veteribus. 2 ) Wie es scheint, erst im 3. Jahrhundert v. Chr. 3 ) M. Curtius stürzte sich in einen durch ein Erdbeben entstandenen Schlund, den zu füllen bisher nicht gelungen war. Dadurch sühnte er den Zorn der Götter, der Schlund schlofs sich, und nur das kleine Wasser blieb zurück.
F i g . 2. Einmündung der C l o a c a M a x i m a in den Tiber (der äufsere R i n g ist späteren Ursprungs).
II. Die Fora der Kaiserzeit. F i g . 1 oben.
a) Das Forum Romanum. Durch Cäsar und Augustus erhielten Forum und Komitium ein anderes Aussehen. Im S. begann Cäsar im J. 54 die gewaltige B a s i l i c a J u l i a , vor der die Basilica Sempronia und die tabernae veteres verschwanden. Gröfser noch war die Veränderung auf der gegenüberliegenden Seite. Ein Stück des Komitiums wurde dem neuen Forum, das Cäsar anlegte, dem F o r u m J u l i u m oder F o r u m C a e s a r i s einverleibt. Die Curia Hostilia wurde abgebrochen und die neue Kurie (curia Julia) in der Südostecke des Komitiums erbaut, die Rednerbühne verschwand von ihrer alten Stelle, ihren Platz sollte sie im W. des alten Forums erhalten. Dort wurde sie von Augustus im J. 42 vollendet; zwischen ihr und dem Saturntempel erhob sich damals der Meilenzeiger, das M i l i a r i u m a u r e u m . Im 0. des Forums erbaute der gleiche Kaiser den Tempel des zum Gott gewordenen Cäsar (Divus Julius) und einen Triumphbogen (arcus Augusti). Die alten Bauten, die das Forum umgaben, waren dem damaligen Geschmack zu einfach, der mit Stuck überzogene Tuff genügte nicht mehr, und so wurden unter Augustus mit Ausnahme des Vestatempels 1 ) alle älteren Bauten am Forum niedergerissen und mit Verwendung von Marmor neu erbaut. Es waren das die Tempel des Saturnus, des Kastor und der Konkordia 2 ), ferner die ämilische Basilika3) und die Regia. Unter den späteren Kaisern wurde das Aussehen des Forums nicht wesentlich geändert. Von den Denkmälern, die hinzukamen, liegen auf dem Forum in der Nähe der Rednerbühne: 1. Der B o g e n d e s T i b e r i u s , 2. der B o g e n d e s S e p t i m i u s S e v e r u s , 3. der U m b i l i c u s R o m a e , von Konstantin errichtet, ein Gegenstück zum Miliarium aureum des Augustus. l
) Unverändert blieben damals auch das Tabularium und der Oarcer, aber beide Bauten liegen nicht unmittelbar am Forum. a ) Dem vergröfserten Konkordiatempel mufste die Basilica Opimia weichen. *) Jetzt verschwanden auch die tabernae novae.
Andere Bauten liegen in der Nähe des Forums, es sind: 4. der T e m p e l d e s V e s p a s i a n u n d T i t u s am Fufs des Kapitols, 5. der T e m p e l d e s A n t o n i n u s Pius und seiner Gattin Faustina neben der Basilica Aemilia, 6. die P o r t i c u s D e o r u m C o n s e n t i u m neben dem Vespasiantempel. Über das Forum lief die h e i l i g e S t r a f s e {Sacra via); auf der Strecke, die auf dem Plane sichtbar ist, führt sie durch drei 1 ) Triumphbogen hindurch. Zunächst durch den des Titus an der Velia, einem Ausläufer des Palatin; dort erhebt sich die Sacra via am höchsten (28,5 m über dem Meer), um bis zum vicus Tuscus, der Strafse zwischen Kastortempel und Basilica Julia, unablässig zu fallen. Der Weg geht zwischen dem Faustinatempel und der Regia, darnach an der Rückseite des Cäsartempels vorbei, dann durch den Augustusbogen dem Kastortempel und der Basilica Julia entlang, hier durch den Tiberiusbogen und nun, da die Steigung beginnt, in langer Schleife rechts um den Saturntempel herum. C l i v u s C a p i t o l i n u s heilst der Weg von nun an, er führt den Berg hinauf bis zum Tempel des kapitolinischen Juppiter. b) Die Fora der Kaiser. Wie Cäsar ein neues Forum anlegen liefs, so auch Augustus, Vespasian, Nerva und Trajan. War schon das alte Forum ein ringsumschlossener Raum gewesen, vergleichbar dem Hofraum (atrium) eines römischen Hauses ä ), so waren die neuen Fora von einer hohen Mauer umgeben und somit ganz einem Hofe ähnlich; auf dem Forum erhob sich gewöhnlich ein Tempel 3 ). ') Ein vierter Bogen war der fornix Fabianus, dessen Stelle nicht genau bekannt ist; vielleicht stand er zwischen Regia und Faustinatempel. 2 ) Noch mehr eingeschlossen und weniger von Strafsen durchschnitten ist das Forum von Pompeji. s ) Tempel der V e n u s G e n e t r i x auf dem Forum Casars; in dem Tempel des M a r s U l t o r 2
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Geschichtlicher Überblick.
A m groisartigsten war die Anlage des T r a j a n : a n d e n von Säulenhallen u m g e b e n e n , f a s t quadratischen freien Platz, das eigentliche F o r u m , in dessen Mitte das Bild des Kaisers zu P f e r d x ) auf dem Augustusforum wurden die von den Parthern zurückgegebenen römischen Feldzeichen aufbewahrt (vgl. S. 11), im Tempel der P a x auf dem Vespasiansforum befanden sich die in Jerusalem erbeuteten Tempelschätze, der Tempel auf dem Nervaforum war der M i n e r v a geweiht. ') Auch auf anderen Fora stand ein Reiterstandbild ( = equus), so auf dem Forum Julium Cäsar auf seinem merkwürdigen Rofs (Sueton,
stand, schlofs sich eine gedeckte Halle (basilica Ulpia) an. E s folgen zwei Bibliotheksgebäude x ), zwischen d e n e n sich die Trajansäule (columna Traiana) erhebt. Den Abschlufs der unvergleichlich prächtigen Anlage bildete ein von seinem Nachfolger H a d r i a n i h m zu E h r e n erbauter Tempel. Div. Jul. 61: pedibus prope humanis et in modurn digitorum ungulis fissis). Vgl. W. H. R o s c h e r , j u n . , Ber. Sachs. Ges. Wiss. Leipz. Phil. hist. Klasse XLIII. 1891 S. 96 ff. ') Eines für griechische, das andere für lateinische Bücher.
B. Das Forum Romanum der Kaiserzeit1). Fig. 3 und 4.
Der freie Raum inmitten der stattlichen Bauten ist das F o r u m R o m a n u m . Man überblickt das Ganze von Osten aus; die Gebäude sind in der Gesamtanordnung 2 ) isometrisch gezeichnet, d. h. alle in der Gröfse zu einander, die der Grundrifs angibt, also nicht so wie sie uns von e i n e m bestimmten Punkt aus betrachtet in Wirklichkeit erscheinen. Rechts d. h. im Norden sieht man Stücke der Kaiserfora in ihren Grundrissen, links d. h. im Süden liegt zwischen Kapitol und Palatin eine gewerbfieiisige Gegend. Das Häusermeer hier ist willkürlich erdacht, ebenso auch die Bauten, welche die Abhänge des kapitolinischen Hügels bedecken. Dieser bildet mit seinen zwei Erhebungen den Hintergrund, darüber hinaus werfen wir noch einen Blick in die Ferne bis zum befestigten Janikulus jenseits des Tibers3). Wir haben nicht die Zeit des Augustus, sondern eine viel spätere gewählt, weil von den oben erwähnten Denkmälern und Gebäuden, die nach Augustus hinzukamen, mehrere noch wohl erhalten, von andern bedeutende Reste übrig sind. ') Bei der Herstellung dieser neuen Forumansicht wurde vor allem Ch. H ü l s e n , das Forum Romanum (1892) benutzt; von grofsem Wert war auch die Ansicht des Forum Romanum von Fr. O t t o S c h u l z e in Bädekers Mittelitalien (1893) zwischen S. 214 und 215. 4 ) Jedes einzelne Gebäude allein für sich ist perspektivisch gezeichnet, was vor allem an der Basilica Julia sichtbar ist. 3 ) Unter den angedeuteten Bauten kann man den Circus Flaminius, das Pantheon und das Grabmal Hadrians erkennen.
Der Mafsstab mufste sehr klein sein; man täusche sich nicht in den Verhältnissen. Die meisten Bauten waren gewaltig. Man bedenke, dafs die Säulen des Kastortempels 14 m hoch sind, der Severusbogen fast 24 m, und beachte, dals nach den Bauordnungen deutscher Städte heutige Privatbauten nirgends das Mafs von 20 m bis zum Dachanfang (Hauptgesims) erreichen dürfen. Unsere genaue Betrachtung beginnen wir im 0., also Fig. 3 und 4 unten. 1. Vestatempel (aedes Vestae)1).
In dem Rundbau 2 ) zur Linken erkennen wir den Vestatempel, 20 korinthische Säulen bildeten den Umgang. Ein Bild der Göttin war nicht darin, es befand sich vermutlich in der benachbarten Kapelle (aedicula). Im Innern des Tempels brannte vielmehr das ewige Feuer, das Tag und Nacht von den Priesterinnen der Vesta, den Vestalinnen (virgines Vestales), erhalten ') H. J o r d a n , der Tempel der Vesta 1886; H. A u e r , der Tempel der Vesta 1888. ') Wie kommt es, dafs der Tempel der Vesta ein Rundbau ist? Eine Antwort darauf ist zur Zeit nicht möglich. Wenn H e i b i g (die Italiker in der Po-Ebene S. 52 ff.) den Rundbau durch den Hinweis auf die ebenfalls runde altitalische Bauernhütte in den uralten Niederlassungen der Italiker in der Po-Ebene erklären will, so verkennt er die Entwicklung der römischen Architektur. Vgl. J o r d a n , der Tempel der Vesta, S. 77 f. Dies zu erwähnen wäre überflüssig, wenn nicht neuerdings E n g e l m a n n (Guhl & Koner, Leben der Griechen und Römer 1893, S. 489) Helbigs Vermutung wieder aufgenommen hätte.
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Vestatempel. Regia. Faustinatempel.
werden mufste. Diese wohnten in dem grofsen Haus oder Palast, der nahe dem Tempel stand. Um einen grofsen prächtigen Hof (atriurn) lagen in zwei Stockwerken die Gemächer der sechs Priesterinnen, hier wohnten sie wie in einem Kloster. Wenn sie zwischen dem 6. und 10. Jahre stehend in den Dienst der Gottheit eingetreten waren, so mufsten sie 30 Jahre, in denen Keuschheit das höchste Gebot war, in demselben verharren. Nach dieser Zeit durften sie austreten, sich auch verheiraten; indes zogen die meisten es vor, bis an ihr Ende im Dienst der Gottheit zu bleiben. Am Jahresanfang — das Jahr begann in älterer Zeit am 1. März — wurde das Feuer im Tempel erneuert, es wurde am eigenen Herde der Vestalinnen neu entzündet und aus dem Atrium in den Tempel hinübergetragen. Übrigens war der Tempel mit dem Atrium durch eine in Fig. 3 nur angedeutete Mauer, die Unbefugten den Eintritt wehrte, verbunden. 2. Regia1).
Cäsartempel.
kollegium der Salier mit diesen Schilden mehrere Tage seine Umzüge durch die Stadt, An den Hauptbau schliefst sich noch ein ; grofser Raum an, der aber zum gröfsten Teil j unbedeckt gewesen zu sein scheint 1 ). 3. Faustinatempel.
Rechts von der Regia liegt ein Tempel, den Antoninus Pius seiner Gattin Faustina erbaute. Nach des Kaisers Tode wurde auf Senatsbeschlufs die Widmung auch auf ihn ! selbst übertragen. Das erkennt man noch deutj lich an den Inschriften; denn während auf dem Architrav zu lesen ist Divae Faustinae ex s. c. (= ex senatus consulto), steht darüber auf dem Fries in Buchstaben anderer Form Divo Avtonino et. Der Tempel ist ein Prostylos mit einer Vorhalle von zehn korinthischen Säulen, von denen sechs in der Front stehen. 4. Cäsartempel (aedes Divi Juli)2). Der Tempel wurde von Augustus an der Stelle erbaut, wo Cäsar, wie es scheint, eine Rednerbühne errichtet und später das von Antonius zur Wut entflammte Volk Cäsars Leichnam verbrannt hatte. Mit dem Tempel zugleich wurde dann die Rednerbühne neu erbaut und mit ihm eng verbunden. Fig. 5 zeigt die Anlage von vorn. Der Tempel war ein Prostylos mit einer Vorhalle von acht ionischen Säulen, von denen sechs in der Front standen; der Platz vor dieser Säulenhalle war als Rednerbühne eingerichtet (rostra Julia oder rostra ad Divi Juli), die wie die grofse mit Schiffsschnäbeln geschmückt war. Über die Schnäbel vgl. S. 15. In Fig. 5 ist links ein Stück der Basilica Aemilia, sowie Dach und Langseite des Faustinatempels sichtbar. Hinter dem Tempel erblickt man rechts die Front der im Vergleich zum Cäsartempel niedrigen Regia, zwischen
Rechts neben dem Vestatempel steht die Regia, das Amtshaus des Pontifex Maximus, angeblich von König Numa erbaut. Am Hauptgebäude, das ein unregelmässiges Viereck bildet, und mit einem Giebeldache versehen ist, waren an der Süd- und Westwand Verzeichnisse der höchsten Beamten bis zur Zeit des Augustus in vier Doppelreihen angebracht (nach dem Hauptinhalt gewöhnlich fasti consulares genannt); eine dieser Doppelreihen erblickt man in Fig. 5 zwischen zwei Pilastern der Westwand; auf vier Pilastern der Südwand standen alle Triumphe der gleichen Zeit aufgeschrieben (fasti triumphales). Die gesamten Inschriften, soweit sie erhalten sind, werden von ihrem jetzigen Aufbewahrungsort im Konservatorenpalast auf dem Kapitol fasti Capitolini genannt. In der Regia wurden auch die A n c i l i a , die zwölf heiligen Schilde, aufbewahrt. Ihrer *) Mehrfach werden Vestatempel und Regia einer war vom Himmel gefallen. Als dann die zusammen genannt. Bis an sie heran treten bei Nymphe Egeria dem Numa verkündete, an der einer Überschwemmung die Wasser des Tiber, Erhaltung dieses Schildes hange die Erhaltung 1 Horaz, c. I 1, 12 viditnus flavurn Tiberim . . vre Roms, liefs er elf gleiche anfertigen, um so ! deiectum monumenta regis templaque Vestae. — Moden Raub des echten Schildes leichter verhüten | numenta regis (Numae) = regia. a zu können. Im Monat März hielt das Priester- ' ) 0. R i c h t e r im Jahrbuch des archäol. Instituts IV (1889) S. 137 bis 162; dazu die Zeichnung ') Ch. H ü l s e n im Jahrbuch des archäol. In- | von Fr. O t t o S c h u l z e im Centralblatt der Baustituts IV (1889) S. 228 bis 253. | verwaltung XII. (1892) S. 571.
Triumphbogen des Augustus.
den Pfeilern sind die Konsularfesten angebracht. Im Hintergrunde sieht man den Romulustempel 1 ), die hochragende Basilika des Konstantin und eins von den Gebäuden, die sich nördlich an das Atrium der Vesta anschlössen. 5. Der Triumphbogen des Augustus
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Die Fundamente des Triumphbogens sind noch erhalten, andere Bauglieder aber nicht, daher wir auch die architektonische Gestaltung im Einzelnen nicht kennen. Denn die gleichzeitigen Münzen, auf denen der Bogen dargestellt ist, — wir geben in Fig. 6 eine unter dem Münzmeister Vinicius geprägte vergröfsert wieder 1 ) — bieten keine genaue Nachbildung desselben 2 ).
mit drei Durchgängen war zur Seite des Tempels gebaut worden, als Augustus im J. 20 die durch Krassus bei Kapitol lag,aufKarcha im bewahrt. Weil J. 54 verloaber das Kapirenen Feldtol dem Jupzeichen wiepiter gehört, dergewonnen kann H o r a z , hatte. Dieses c. IV. 15, 6 von Augustus saEreignis wird gen signa restioft erwähnt, tuit Jovi. — und Augustus Auf dem Panselbst sagt dazer der Augurüber (M o n. stusstatue von Anc. V40ff.): Primaporta Parthos . . . sieht man in spolia et signa der Mitte, wie reddere mihi ein Parther dem Mars ein supplicesque Feldzeichen amicitiam poausliefert, abpuli Bomani gebildet u. a. petere coegi; B1 ü m n e r , ea autem signa das Kunstgein penetmli werbe im Alterquod est in tum H. S. 216, templo Mortis Luckenbach, Ultoris repoAbbild, zur alt. Fig. 5. Der Cäsartempel. Gesch. Fig. 169. sui. Mit die*) Die Inschrift lautet senatus populusque Rosem Tempel meint Augustus den auf seinem Forum (,forum, Augusti) liegenden Tempel des manus Imperatori Caesari. *) R i c h t e r hat a. 0. S. 153 ff. (von P. G r a f M a r s U l t o r , der im J. 2 v. Chr. geweiht wurde 2 ). Dem Romulus, dem 309 n. Chr. gestorbenen Sohne des Kaisers Maxentius, zu Ehren errichtet. 3 ) Bis dahin hatte man die Feldzeichen in einem kleinen Tempel des Mars Ultor, der auf dem
verleitet) nachzuweisen versucht, dafs auf der anderen Seite (also im N.) des Cäsartempels gleichfalls ein Triumphbogen gestanden habe. Diesen läfst er zum Andenken an die Rückgabe der von den Parthern erbeuteten Feldzeichen erbaut sein, 3
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Marsyas und Puteal Libonis. Kastortempel.
6. Marsyas und Puteal Libonis. Zwischen dem Tempel der Vesta und dem des Kastor — an welchem Platze weifs man nicht genauer — stand eine Statue des M a r s y a s als Sinnbild der städtischen Freiheit1).
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Last und eines Weindaher erhebt die gröisert abbilden, ist zur Zeit Sullas unter dem Münzmeister L. Marcius Censorinus geschlagen. Nahe beim Marsyas befand sich das P u t e a l d e s L i b o 3 ) , eine von einem Blitz getroffene Stelle, die gleich einem Brunnen mit einem Steinring umgeben war. Beim Marsyas und dem Puteal des Libo war das Tribunal des Prätors. pjg
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7. Kastortempel (aedes Castoris). Mit Kastor, dem der Tempel gehört, ist sein Bruder Pollux eng verbunden 4 ). Wie das den andern zur Erinnerung an den Sieg bei Aktion. Dieser Ansicht folgt S c l i u l z e , das römische Forum S. 58. Ähnlich E n g e l m a n n (Guhl & Koner S. 635), der in dem südlichen den parthischen Bogen, in dem nördlichen den Fabierbogen erkennen will. Gegen Richter wendet sich H ü l s e n , Rom. Mitteil. IV. (1889) S. 244. Uns scheint die von Richter so betonte Symmetrie in der Anlage der Rednerbühnen und Triumphbogen mehr dem modernen als dem antiken Empfinden zu entsprechen. ') H. J o r d a n , Marsyas auf dem Forum in Rom, 1883. Über diese Statue des Marsyas in römischen Kolonien vgl. auch H e i s t e r b e r g k im Philologus 1891, S. 639 bis 647. a ) Dies deutet H o r a z (s. I. 6, 120 f.) scherzhaft so, als ob er den Wucherer Novius wegjagen wolle: Marsya, qui se voltum ferre negat Noviorum posse minoris. Verfehlt ist die Erklärung von O. J ä g e r , Fleckeisens Jahrb. 1881 S. 348 bis 356, wieder abgedruckt Pro domo (1894) S. 246 bis 256. 3 ) Im J. 204 v. Chr. von L. Scribonius Libo hergestellt, daher auch puteal Scribonianum genannt; Horaz ep. I. 19, 8. s. II. 6, 35. 4 ) Daher wird der Tempel auch aedes Castorum genannt (Castorum = Castoris et Pollucis wie Cererum = Cereris et Proserpinae).
Bruderpaar in der Schlacht am See Regillus gemeinsam gekämpft hat, so erscheinen sie auch oft zusammen auf römischen Münzen, beritten mit dem Speer in der Hand (Fig. 8), und beide bewohnen den Tempel am Forum. Dieser ist ein Perípteros mit acht korinthischen Säulen in der Front. An ihm sieht man (wie übrigens auch an allen andern Tempeln) die Eigentümlichkeit römiF i g . 7. Marsyas. scher Tempel im Gegensatz zu den griechischen. Während diese auf a l l e n Seiten einen Stufenumlauf haben, so der römische nur auf e i n e r Seite, und zwar liegt hier nicht eine dreifache Stufe vor, wie bei den griechischen Tempeln, sondern eine hohe Freitreppe führt zwischen zwei kräftigen Treppenwangen empor. Notwendige Folge davon ist das Emporheben des ganzen Tempels über den Erdboden, und es ist nicht zu leugnen, dafs dadurch der Bau ein monumentaleres Ansehen gewinnt. Die Treppe unseres Tempels hatte 18 Stufen, und das eigentliche Gotteshaus lag nicht weniger als 7 m hoch. Diesen günstigen Umstand benutzte Clodius. In den schlimmen Zeiten, da er mit seinen Scharen von Sklaven Fig. 8. und Gladiatoren der Schrecken Sesterz mit den Roms war, legte er in den Tempel Dioskuren. eine Besatzung und machte ihn dadurch, dafs er die Treppen wegnehmen liefs, zu einer starken Feste 2 ). Die hohe Lage des Tempels scheint es auch zu erklären, dafs besonders in unruhigen Zeiten häufig im Innern Senatssitzungen stattfanden. Eine kleine Zahl Bewaffneter konnte leicht den Eingang verteidigen, und wie der Kastortempel, so nahm auch oftmals der Tempel der Konkordia, bei besonderem Anlafs auch der des kapitolinischen Juppiter, die Senatoren zum Zweck der Beratungen auf 3 ). ') Die Sterne über den Köpfen erinnern an Horazens Worte c. I. 3,2 fratres Heieime, lucida sidera, ») Cicero pro Sestio § 34. 85. *) So berief Cicero am 3. und 5. Dez. 63 den Senat zur Verhandlung gegen die K a t i l i n a r i e r in
Basilica Julia. Triumphbogen des Tiberius. Saturntempel.
Porticus Deorum Oonsentium.
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Seitdem auf dem F o r u m auch Volksversamm10. Saturntempel. lungen stattfanden, diente die Treppe des KastorDer Saturntempel springt weit vor die F r o n t tempels häufig als Rednerbühne, zur Mittags- j der Basilika vor, besonders m i t seiner Freitreppe, zeit stand hier der Redner u n d auch ein Teil | der n a c h u n t e n zu eine schmälere Treppe vordes Volkes i m Schatten. So h ö r e n war auch gelagert ist. Erklärt wird diese Bildung d u r c h von Cäsar, dafs er von dort zum Volke sprach'). den Anstieg des Terrains. Sind wir an der Basilika, deren sich m i n d e r n d e Stufenzahl die Unebenheit des Bodens zeigt, vorbei u n d durch 8. Basilica Julia. den T r i u m p h b o g e n des Tiberius gegangen, so Der gewaltigste Bau a m F o r u m war die wird die Steigung bedeutender, der W e g geht B a s i l i c a J u l i a , 101 m lang u n d 49 m breit. in W i n d u n g e n , u m die H ö h e leichter zu geDer Mittelbau, dessen R ä u m e von oben ihr winnen, es beginnt der C l i v u s C a p i t o l i n u s . Licht erhalten, war ringsum von zwei SeitenDieser W i n d u n g des Weges h a t sich die Treppenschiffen umgeben, die offene Hallen bildeten. anlage angepafst. Der Tempel war ein Prostvlos Die F u n d a m e n t e sind zwar erhalten, sonst n u r von zehn jonischen Säulen, von denen sechs die geringe Reste des unteren Stockwerks, so dafs F r o n t bildeten. E r war der Überlieferung nach die Ergänzung des Baues n u r in der Hauptim J. 497 erbaut u n d im J . 44 erneuert; in i h m sache richtig sein kann 2 ). befand sich der Staatsschatz (aerarium Satumi), Die h o h e n S ä u l e n vor der Basilika wurden u n d zu diesem Zweck h a t der Saturntempel unter Konstantin errichtet; die sieben Basen zu allen Zeiten dienen müssen. Bekannt ist die sind noch erhalten, aber was einst auf den Erzählung von Cäsar. Als er im J . 49 als Sieger Säulen stand, wissen wir nicht. in R o m eingezogen war, ging er zum SaturntemI m 0 . der Basilika m ü n d e t e die tuskische pel, u m sich des Staatsschatzes zu bemächtigen; Strafse (vicus Tuscus) ins F o r u m ein, im W. dort f a n d er den Volkstribunen L. Metellus, die Jochmacherstrafse (vicus Tugarivs). Über der ihm den W e g versperren wollte. Aber Cäsar dieser sieht m a n im Grundrils einen sog. Janusliefs den widerspenstigen Tribunen davontragen bogen, der den E i n d r u c k des F o r u m s als eines geschlossenen Platzes vermehrte. Man vermutet, u n d d u r c h Schlosser die T h ü r erbrechen. dafs ein solcher Bogen a u c h die tuskische Strafse überspannte u n d dafs wir darin den J a n u s erkennen müssen, den Horaz (ep. I. 20, 1) in d e m bekannten Verse Vortumnum Janumquc, Uber, spectare videris erwähnt. Wenigstens war die Statue des Gottes Vortumnus 3 ) a m vicus Tuscus aufgestellt. 9. Der Triumphbogen des Tiberius. Der einthorige T r i u m p h b o g e n des Tiberius war errichtet zur E r i n n e r u n g an die Wiedergewinnung der Feldzeichen, die in der Schlacht i m Teutoburger Walde verloren gegangen u n d d u r c h Germanicus zurückgeholt waren.
A u c h die Feldzeichen wurden in Friedenszeiten im Tempel des Saturn aufbewahrt 1 ). Dort waren ferner die Staatsurkunden (in Stein gehauen), aber allmählich mehrte sich das Aktenmaterial derart, dafs der Tempel es nicht m e h r fassen konnte. Da wurde an den Kapitolinischen Hügel angelehnt das grofse Tabularium erbaut, u n d hier wurden von jetzt an die U r k u n d e n aufgehoben, hier befanden sich auch die Diensträume zahlreicher Beamten (scribae), zu denen auch Horaz längere Zeit gehörte. 11. Porticus Deorum Consentium.
Zwischen Saturntempel u n d dem Tabular i u m lag eine Säulenhalle in gebrochener Linie. Von den zwölf Kapellen, in denen die D i C o n den Konkordiatempel. Am Abend des 3. Dez. teilte s e n t e s , die zwölf höchsten Götter, ihren Platz er dem Volk in der dritten katilinarischen Rede g e f u n d e n hatten, standen drei vor dem Tabuladas Ergebnis der Senatsberatung mit. rium, die anderen n e u n gingen von der Ecke ') Cass. Dio XXXVIII. 6, '2, «rp oimeo bcelvo* des Tabulariums nach der Rückwand des SaturntSij/iTjyogei. tempels zu. Dort sieht m a n ein Stück des m i t '') Die an die Südseite angebauten Buden (Fig 4) sind in Fig. 3 nicht sichtbar. *) Vgl. z. B. Liv. III. 69, 8 signa . . . a quae3 ) Auch erwähnt s. II. 7, 14. ¡¡toribus ex aerario prompia (sunt).
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Vespasiantempel.
Denkmälern reich verzierten C l i v u s C a p i t o l i n u s , der an der Rückwand der Portikus und am Tabularium entlang hinaufführt. Die Portikus ist das späteste Denkmal unserer Forumansicht, im J. 367 n. Chr. erbaut.
Konkordiatempel. 14. Carcer.
Durch den Stufenweg ist vom Konkordiatempel das Staatsgefängnis, der Carcer, getrennt. Es besteht aus zwei Teilen, von denen der eine nicht sichtbar ist, da er unter dem Boden liegt. Das war das T u l l i a n u m , zu deutsch 12. Vespasiantempel. Brunnenhaus, schon in alter Zeit des Wassers Vor dem Tabularium zur Seite der Portikus 1 ) wegen, das hier am FuTs des Kapitols hervorhegt der Tempel des Vespasian, ein Prostylos quoll, erbaut. Es ist kein grofser Raum, blofs von acht korinthischen Säulen, von denen sechs 2 m hoch; die Decke wird durch Überkragung die Front bildeten. Er wurde von der Steine gebildet. Als Rom dann mit Domitian seinem Vater Vespasian Wasserleitunge n versehen war, und seinem Bruder Titus zu verlor das Tullianum seine BeEhren erbaut. deutung, auch den Namen verstand man nicht mehr, 13. Konkordiatempel. man glaubte, er besage, dafs König Servius TulVon der Gründung lius den Bau errichtet des Tempels war schon habe. Als dieser Raum S. 5, von seiner Benun aufhörte, Brunnutzung zu Senatsnenstube zu sein, besitzungen S. 12 die nutzte man ihn zur Rede. Seit dem UmHinrichtung der Verbau durch Tiberius brecher. So haben (7 v. Chr.) wurde hier Pontius, Jugurder Bau auch als tha, Vercingetorix Museum benutzt, und andere überzahlreiche Kunstwundene Feinde werke waren hier zu sehen. Auffallend Roms geendet. ist der Bau durch Wenn der Triumphseine eigentümliche zug das Forum pasGestalt. Sonst besiert hatte und sich finden sich Eingang F i g . 9 . Das T u l l i a n u m mit d e m d a r ü b e r g e b a u t e n C a r e e r . dem Clivus Capiund Vorhalle an tolinus näherte, wureiner Stirnseite (Schmalseite), hier an einer den die gefesselten Fürsten reehtsab zum TulLangseite; natürlich ist die Säulenhalle nicht lianum geführt, um hier meist enthauptet oder der ganzen Langseite, sondern nur dem mitt- erwürgt zu werden. Jugurtha sollte den Hungerleren Teile vorgelegt. Sie hat zehn korinthi- tod hier erleiden, aber nachdem er sechs Tage sche Säulen, von denen sechs die Front bilden. lang mit dem Hungertode gerungen hatte, 1 Am Konkordiatempel begann ein Stufen- wurde er erdrosselt ). weg, der zur Seite desselben und des TabulaVom Aussehen des Ortes im Altertum gibt riums empor zur Höhe führte. uns S a l l u s t (Cat. 55, 3 bis 4) bei der Erzählung von der Hinrichtung der Genossen Kati') Der kleine Bau mit den vier Räumen, der linas ein Bild: es ist im Gefängnisse (in carcere) senkrecht zu den drei Kapellen stellt und dem ein Raum, Tullianum genannt, etwa 12 Fufs Vespasiantempel parallel liegt, wird fast ganz von unter dem Boden. Umgeben ist der Raum von diesem verdeckt. Name und Zweck des Baues sind unbekannt. Nicht sichtbar in Fig. 3 ist ferner die zwischen den Tempeln des Vespasian und der Konkordia liegende K a p e l l e d e r F a u s t i n a .
*) Plut. Mar. 12. Bekannt sind Jugurthas Worte, als er nackt ins Tullianum hinabgelassen wurde:
. . . . a'e ifv/oov vjidv TO ßalnveiov
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Triumphbogen des Septimius Severus.
Wänden, über denen eine durch steinerne Bogen hergestellte Decke liegt. Doch wirkt der Ort durch Schmutz, Finsternis und Gestank grauenhaft. Die christliche Legende erzählt, hier hätten Petrus und Paulus unter Nero gefangen gesessen, und Petrus habe dann den Quell hervorgerufen, um seine Kerkermeister zu taufen. So heilst denn auch seit dem 15. Jahrhundert der Raum S. P i e t r o i n C a r c e r e und ist bis auf den heutigen Tag eine Kapelle. Über diesem Raum wurde nun der eigentliche Carcer, das Staatsgefängnis, mit Gewölbe in Steinschnitt erbaut. Von der Höhe und Ausdehnung des Carcer wissen wir nichts; unsere Ergänzung in Fig. 3 ist daher willkürlich. Erhalten ist nur ein Raum, der gerade über dem Tullianum liegt. Fig. 9 zeigt uns den Durchschnitt durch das Tullianum und das trapezförmige Gemach des Carcer. Wir hören von einer Treppe, die am Carcer lag, den S c a l a e G e m o n i a e . Sie wird öfter als der Ort bezeichnet, an den die Leichen der Hingerichteten geworfen wurden. Wir haben die Treppe rechts am Carcer angebracht. 15.
Der Triumphbogen des Septimius Severus.
Gehen wir vom Carcer zurück zum Forum, so sehen wir vor uns den einzigen noch heute auf dem Forum stehenden Triumphbogen, den des Septimius Severus. Er ist dreithorig. Auf dem Oberbau (der Attika) lesen wir, dals der Bogen im J. 203 n. Chr. von Senat und Volk dem Kaiser Septimius Severus und seinen Söhnen Caracalla und Geta zum Andenken an ihre Siege über die Parther, Adiabener und Araber errichtet ist. 16. Rednerbühne 1 ).
Die ursprüngliche Rednerbühne lag auf der Grenze von Forum und Komitium. Beim Wort Rednerbühne dürfen wir nicht an eine Art Katheder oder Kanzel denken, sondern sie bestand aus einem hohen und langen Aufbau ') Um die Herstellung der Rednerbühne hat sich 0. R i c h t e r grofse Verdienste erworben, besonders in seiner Schrift »Rekonstruktion und Geschichte der römischen Rednerbühne« 1884 und im Jahrbuch des archäol. Instituts IV. (1889) S. 1 bis 18.
Rednerbühne.
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(suggestus und suggestum), der zugleich einen Platz für Denkmäler aller Art bietet. Die spätere Rednerbühne, die wir auf unserer Abbildung sehen, war 24 m lang, 10 m breit und 3 m hoch. Viel kleiner wird die der alten Zeit auch nicht gewesen sein. Von den Denkmälern, die darauf standen, sei die lex duodecim tabularum und die columna rostrata des Duilhus, der den Römern die erste Seeschlacht gewonnen hatte, erwähnt. Seit dem J. 338 war die Bühne mit den Schnäbeln der volskischen Seeräuberschiffe aus Antium geziert, und seit der Zeit ist der gewöhnliche Name R o s t r a . Ein solches Rostrum hatte den Zweck, dem feindlichen Schiff beim Anrennen ein Leck beizubringen, steht also der Ramme unserer heutigen Kriegsschiffe gleich. Fig. 10. Es bestand wenigstens an seinem vorderen Ende aus Erz und lief gewöhnlich in drei Zacken aus, die in das feindliehe Schiff eindringen sollten; an dem hintern Ende wurde es mit zwei Zapfen in die Bugseite eingefügt. Auf der Münze Fig. 10 sieht man deutlich an dem dargestellten Stück eines Schiffes den dreigeteilten Rammsporn; mit den Zapfen bringt ihn Fig. 11, dem Tiberiusbogen von Orange entnommen, zur Anschauung. Hatte man ein Schiff erobert, so nahm man den Rammsporn ab, es war die Trophäe. Mit den gleichen Zapfen, mit denen er am Schiff befestigt gewesen war, wurde er dann in die Rednerbühne eingelassen. Auf Cäsars Veranlassung wurde die alte Rednerbühne abgebrochen und am westlichen Ende des Forums neu erbaut. Unter Hadrian mufste sich die Bühne noch einmal einen Neubau gefallen lassen, und wie sie nach dieser Zeit ausgesehen hat, sucht unsere Forumansicht darzustellen. An der Vorderseite sieht man in zwei Reihen die Rostra, die vermutlich nicht wirklichen Schiffen entnommen, sondern eigens für den Bau hergerichtet waren. Man wird sie
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Curia Julia. Basilica Aemilia. Janustempel. Equus Constantini.
sich vergoldet denken müssen. Eine Reihe | Dort wo das Argiletum einmündete, lag Denkmäler stehen auf der Bühne 1 ). Erhalten j der kleine J a n u s t e m p e l , von dem nichts sind unter anderem von dem Bau zwei Reliefs, j aufgefunden ist, so dafs nicht einmal sein Platz die den Kaiser Trajan verherrlichen: das eine genau bestimmt werden kann. Nach einer bezieht sich auf die Stiftung Trajans für arme Münze des Nero, die hier abgebildet wird 1 ), Kinder (pueri et puellae alimentariae), das zweite ist die Ergänzung vorgenommen. In ungeauf den Erlafs der rückständigen Steuern. Diese schickter Weise hat der Stempelschneider zwei Reliefs sind in der Mitte des Geländers der Seiten des Tempels dargestellt. Die eine Seite Seitenflächen eingefügt 2 ), wie ein scharfes Auge hat zwischen zwei Pfeilern nur die zwei Thürerkennen kann. flügel, an der andern etwas gröfsern Seite, die Hinter der Rednerbühne sieht man das unten aus Quadern besteht, ist die Mitte durch M i l i a r i u m a u r e u m des Augustus, einen Meilenstein, von dem aus alle Entfernungen von Rom ab gerechnet wurden, und den U m b i l i c u s R o m a e , den ideellen Mittelpunkt Roms, von Konstantin als Gegenstück dazu errichtet. 17. Curia Julia3). Die von Cäsar erbaute Kurie besteht aus zwei Gebäuden, die durch einen Säulenhof verbunden werden. In diesem vermutet H ü l s e n das A t r i u m M i n e r v a e , der gröfsere Bau enthielt den Sitzungssaal des Senates, ist also die Kurie im engeren Sinne, in dem kleineren Bau erkennen wir ein Archiv, das S e c r e t a r i u m s e n a t u s . Heute geht zwischen der Kurie und dem Secretarium eine Strafse durch, die beiden Gebäude sind in Kirchen verwandelt worden. In allen Einzelheiten erhebt die Wiederherstellung keinen Anspruch auf Richtigkeit. 18. Basilica Aemilia4). Auch über das Aussehen der B a s i l i c a A e m i l i a sind wir nicht genau unterrichtet. Heute liegt sie unter Gebäuden, an deren Abtragung einstweilen nicht gedacht werden kann. 19. Janustempel. Zwischen der Kurie und der Ämilischen Basilika mündete in älterer Zeit eine Strafse, das A r g i l e t u m , ins Forum ein, von der ein Teil durch Nerva ins Nervaforum verwandelt wurde. *) Nach der Darstellung der Rednerbühne auf dem Konstantinsbogen. s ) So nach der mündlich geäufserten (noch ungedruckten) Ansicht Richters. s ) C h. H ü l s e n in den Römischen Mitteilg. VIII. (1893) S. 278 bis 281.