Das Erbbaurecht: Geschichtlich und wirtschaftlich dargestellt [1 ed.] 9783428567454, 9783428167456


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Das Erbbaurecht: Geschichtlich und wirtschaftlich dargestellt [1 ed.]
 9783428567454, 9783428167456

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Das Erbbaurecht Geschichtlich und wirtschaftlich dargestellt

Von Daniel Pesl

Duncker & Humblot reprints

Das

E r b b au r e eh t. Geschichtlich und wirtscha�lich dargestellt von

Dr. jur. D. Pesl, Rechtsanwalt am Oberlandesgericht München.

Leipzig, Ver 1 a g

Y

o n D u n ck er & H um b 1 o t. 1910.

A 11 e Re c h t r ,. o 1· b e h a I tt\ 11.

Altenburg Pierersche Hofbuchdruokerei Stephan Geibel & Co.

Inhaltsverzeichnis. Seitr

Einleitung· . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1. Geschichte dN· supertlciarischen lerhältnisse rom römi7 schen Altertum bis zur Neuzeit 1. im alten Rom . . . . 7 14 2. im deutschen Mittelalter :t in Preußen . 35 4. in Bayern . . 35 37 5. in Sachsen . . 37 (i. in Frankreich . 7. in Belgien . 39 8. in Italien . . 40 9. in Holland . . 40 41 10. in der Schweiz 11. in Schleswig-Holstein 42 12. in Österreich . . . 43 13. in England. . . . 48 14. in Rumänien usw. 58 11. Das deutsche Erbbaurecht in wirtschaftlicher Beziehung 58 58 1. Inhalt des Rechtes 72 2. Dauer des Rechtes 75 :t Erbbauzins 8(i 4. Beendigung des Rechtes 95 5. Die Gebäude . . . ·117 6. Die Mietpreise . . . 125 7. Das Einfamilienhaus . 141 8. Das Baudarlehen . 15:! III. Ergebnis . . . . . . . . 151i Anhang: :\Iustercrhhauvertrag

Einleitung. Ais man daran ging, ein neues Bürgerliches Gesetzbuch für das Deutsche Reich zu schaffen, da wollte man auch die in einigen Staaten vorkommenden superfiziarischen Ver­ hältnisse r egeln und zugleich die Möglichkeit bieten, neue solche Rechte begründen zu können. Viele Bestimmungen wurden nicht getroffen, vielleicht weil man damals doch nicht so recht an eine weitere und umfangreichere Verbrei­ tung des Erbbaurechtes glaubte, aber immerhin war es denkbar, daß von diesem Institute hie und da Gebrauch ge­ macht werde, wenigstens da, wo der Boden unveräußerlich ist. Andererseits gab es allerdings Leute, die in dem einzu­ führenden Erbbaurechte ein hervorragendes Mittel zur Besserung der Wohnungsnot und des Wohnungswesens er­ blickten. Freilich als dann das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft trat, wunderten sich diese Leute, daß nur sehr wenig und langsam von dem Erbbaurechte Gebrauch gemacht wurde und gaben dem Gesetze nun schuld, weil es zu wenig Bestimmungen getroffen habe, um das Erbbaurecht lebens­ fähig zu machen, und jeder Schriftsteller wußte neue Vor­ schriften zu finden, die notwendig seien. Die Ursache der langsamen Anwendung des Erbbaurechtes lag zum größten Teile nicht auf einer mangelhaften Gesetzgebung, sondern in der völligen �euheit dieses Instituts; gab es doch juristische und volkswirtschaftliche Schriftsteller, denen ganz unbekannt war, daß es überhaupt noch superfiziarische Verhältnisse in modernen Staaten gibt. Dem Volke selbst

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ist das Erbbaurecht durchaus etwas Fremdes, und so ist es nicht zu verwundern, daß sich nur allmählich Leute herbei­ lassen, vom Erbbaurechte Gebrauch zu machen. Je früher die Kenntnis und Zweckmäßigkeit vom Erbbaurechte in weitere Kreise gedrungen sein wird , desto eher wird es zweifellos Anwendung finden und tatsächlich werden auch immer mehr solche Verträge geschlossen; in einigen Städten ist es schon sogar etwas allgemein Bekanntes und Gewöhn­ liches geworden. Gegenstand vorliegender Arbeit ist, zu untersuchen, wie die bisher abgeschlossenen Erbbaurechtsverträge recht­ lich und wirtschaftlich zu beurteilen sind, ob und in welcher Weise Verbesserungen des Erbbaurechtsinstitutes em­ pfehlenswert sind, möglicherweise unter gesetzlicher Rege­ lung, und unter welchen Voraussetzungen das Erbbaurecht wirklich als ein Mittel gegen die Wohnungsnot in Betracht kommt. Doch bevor ich auf diese wirtschaftliche Seite des Erbbaurechts näher eingehe, habe ich von superfiziarischen Verhältnissen in älterer Zeit oder in außerdeutschen Staaten zu sprechen, um eine Beurteilung des deutschen Erbbau­ rechtes zu erleichtern.

I.

Geschichte des Erbbaurechtes. Bereits im r ö m i s c h e n R e c h t e finden wir das Erbbaurecht als die Superfizies, clie auf der Anschauung be­ ruht, daß jemandem ein Bauwerk oder eine sonstige An­ lage auf dem Grundstücke eines anderen gehöre. Der eine hat das Eigentum am Gr u nd u n d Bod e n , der andere das an dem darauf errichteten B a u w e r k e 1). Eine solche Auffassung, daß jemandem ein Haus, nicht aber der Boden, auf dem es steht, gehöre, ist eine Neuschöpfung des alten römischen Rechtes, das immer streng an dem Satze „super­ ticies solo cedit" festhielt 2). Nur die pra ktische Notwendig­ keit ließ ein solches dem Geiste und Wesen des römischen Rechtes durchaus fremdes Rechtsgebilde entstehen. So wird die Superfizies zu einem Rechte an f r e m d er Sache, dessen Inhalt aber sehr weit geht und dem Eigentume ziem ­ lich nahe kommt. Natürlich war das Recht der Superfizies nicht sofort ganz ausgebildet, wie es uns später im Codex erscheint, sondern es hatte eine lange Entwicklung durch­ zumachen. Der I n h a l t der Superfizies ist ein unbe­ schränktes Benutzungsrecht des fremden Bodens; ur1) ,, Superficiarias aedes appellamus quae in conducto solo positae sunt: quorum proprietas et civili et naturali jure eius est, cuius et solum." (1 . 2 D. de superf. 43, 18, Gaius; vgl. 1. 86, § 4, D. 30, 1. 19 pr. D. 39, 2, 1. 49 D. 50, 16, 1. 10 D. 10, 2 .) 2) Id quod in solo nostro ab aliquo aedificatum est, quamvis ,, ille suo nomine aedificaverit, jure naturali nostrum fit, quia super­ ficies solo cedit ." ( Gaj. II, 73) und „naturale jus, quod super­ ficies ad dominum soli ·pertinet" (l. 50 D . ad leg. Aquil. 9, 2 [lllpianus]). Vgl. Windseheid, Lehrbuch des Pandektenrechtes. 9. Aufl., Bd. l, § 213, �ote 5.

- 8 sprünglich war die Superfizies nur ein obligatorisches Recht und wurde erst auf Grund der vom Prätor verliehenen actio in rem ein dingliches Recht; denn mehrere Eigentums­ rechte an ein und derselben Sache sind nach dem römischen Rechte unmöglich; das Zivilrecht blieb auch dabei, nur ein einfaches S c h u 1 d v e r h ä 1 t n i s zwischen dem Grund­ eigentümer und dem Superliziar anzunehmen. Der Prätor dehnte nun das alte Recht weiter aus und schuf neue Rechts­ sätze; zunächst erhielt der Superfiziar ein besonderes Inter­ dikt (de superficiebus) gegen Besitzstörung, dann gewährte er ihm die dingliche Klage und schließlich erhielt der Be­ rechtigte von den Juristen auch das Interdikt (unde vi) wegen Besitzentziehung, sodaß er sein Recht gegen jeder­ mann geltend machen und sowohl die dem Grundstücke zu­ stehenden Dienstbarkeiten als auch die Freiheit des Grund­ stücks von Dienstbarkeiten im Prozesse verfolgen kann; er hat die utilis petitio rei, utilis confessoria und negatoria actio und jede derselben auch als Publiciana 1 ). Begründet wird die Superfizies durch Verleihung seitens des Grundstückseigentümers, durch Vertrag oder durch letztwillige Verfügung, dann durch richterlichen Spruch und durch Ersitzung. Die B e e n d i g u n g des Rechts erfolgte durch den Eintritt der auflösenden Bedingung und Befristung, unter welcher das Recht verliehen war; ferner durch Aufgabe seitens des Superfiziars und durch Ver­ jährung. Verschlechterte sich der Boden oder ging das Haus durch Erdbeben oder Feuer unter, so erlosch das Recht noch nicht, sondern die Gebäude mußten neu er­ richtet werden. Da der Supertiziar die Gebäude -errichtet hatte, so stand es ihm an sich auch frei, diese wieder abzu­ brechen: wenn nicht die Gebäude vertragsgemäß für die Zinsleistung haften mußten. Hatte der Grundstücks­ eigentümer die Gebäude errichtet und diese dem Superfiziar 1) Windseheid a. a. 0.

Bd. I, § 223, Note 9.

- 9 mit dem Rechte der Superfizies verliehen, so hatte der Superfiziar nicht das Recht, die Gebäude abzubrechen oder absichtlich zu verschlechtern. - Das Recht der Superfizies war veräußerlich und vererblich und konnte auch ver­ pfändet und mit Dienstbarkeiten, Reallasten und anderen Rechten belastet werden. Als Entschädigung für die Be­ nutzung des fremden Bodens hatte der Superfiziar eine jährliche Abgabe (solarium, pensio) an den Grundstücks­ eigentümer zu bezahlen; jedoch war der Zins durchaus nicht wesentlich, aber fast immer vorhanden. Nach Degenkolb 1) hatte er nicht bloß den Sinn eines Nutzungsäquivalentes, sondern auch den einer Nutzungsgebühr. Paulus 2) nimmt daher die Verpflichtung der Zinsleistung geradezu in die Begriffsbestimmung des Superfiziars auf. Die auf dem Grundstücke ruhenden Lasten hatte immer der Superfiziar zu tragen. Wie und wann die Superfizies entstanden ist, wissen wir nicht, d. h. wir besitzen keine sicheren Quellen, die uns unmittelbar darüber Aufschluß geben könnten 3). Einige ältere Schriftsteller, wie Pufendorf4 ), Leyser 5 ), Hert6 ) wollten ein Beispiel der Superfizies in dem Vertrage zwischen der Königin Dido und den Numidern hinsichtlich des Bodens, auf dem Karthago stand, finden. Danz'), Dittmar 8) und 1)

Degenkolb, Platzrecht und Miete. 1868. S. 42. 1. 74 D 1. 6, 1 (superficiario) id est „qui in alieno solo super­ ficium ita habet ut certam i,ensionem prestet." 3) Vgl. Du-Roi, ,,Noch einige Bemerkungen über actio in rem und actio in personam, jus in re und obligatio" im Archiv f. d. zivil. Praxis. Heidelberg 1823. Bd. VI, S. 386 ff. 4) Pufendorf, De jure naturae et gentium. Kap. VIII, § 14. 5) Leyser, Meditationes ad pandectas spec, 509 vol. VII. 6) Hert, 1. M., De jure superficiario, in dem Comment. atque opus c. tom. III. Frankfurt 1716, Abt. II und III. 7) Danz, Lehrbuch der Geschichte des römischen Rechtes I, s. 210-211. 8) Dittmar, De superficiei notione. Lipsia 1810, S. 32. 2)

10 Puchta 1) sehen ein Beispiel einer Superfizies in dem, was Dionysios über die lex Icilia de Aventino publicando vom Jahre 298 a: u. c. berichtet. Dieses Gesetz gestattete den Plebejern, den Aventin zu bewohnen. Zahlreiche Familien bauten dann Gebäude auf dem gemeinschaftlichen Boden und verteilten die einzelnen Stockwerke unter sich. Aber zweifellos ist hier an kein superfiziarisches Recht zu denken, denn es müßten dann bei dieser Annahme genauere An ­ gaben darüber vorhanden sein, daß der Staat sich den Boden als Eigentum vorbehalten habe und ein Zins (sola­ rium) an den Staat von diesen Leuten für die Benutzung dieses fremden Bodens gezahlt worden sei ; rl avon ist nirgends ein Wort gesagt. Ebensowenig ist an eine Super ­ fizies zwischen den Besitzern der einzelnen Stockwerke zu denken ; denn auch nur dann würde eine Superfizies anzu­ nehmen sein, wenn e i n e r von den Besitzern das Eigen­ tum an Grund und Boden besessen und den übrigen bloß die einzelnen Stockwerke eingeräumt hätte ; aber auch davon sagt Dionysios nichts 2 ). Rudorff 3) nimmt mit Recht an, daß es sich bei dieser Bebauung des Aventins um eine communio pro indiviso handelte. Auch die lex Thoria agraria vom J ahre 643 spricht von Superfizies, aber ohne daß näher erklärt is t, was damit gemeint sei. Mommsen 4) denkt an Hütten der pecuarii oder an die villae der ara tores, für deren Errichtung oder Besitz ein besonderer Zins (vectigal) zum Weidegeld oder zum Zehnten hinzugetreten sei. Wirkliche superfiziarische Rechte sind die Verpach­ tungen von Baustellen, die locatio der loca publica, die in späterer Zeil öfters Yorkom men . Für d ie älteren Zeiten 1) Puchta, Instit. I I , § 244 Anm. 2) Vgl. Degenkolb, Platzrecht und Miete. 1868, S. 1 08 ; und Art. im Archivio giuridico . Pisa 1893, Bd . L I, S. 251 ff. 3 ) In der Ztschr . f. geschichtl. Rechtswissensch., herausg. von Savigny, Eichhorn und RuclorfI. Berlin 1 842, Bd. X I, S. 21 9. 4) C l. I L . I, S . 1 0 1 .

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haben wir freilich auch hier keine bestimmlen Anhalts­ punkte, n amentlich wissen wir nicht, ob die in der republi­ kanischen Zeit öfters erwähnten location es loci publici, z. B. der lex Julia municipalis vom Jahre 73, wirklich super­ liziarische Rechte sind. - Degenkolb 1) erblickt den tat­ sächlichen Ursprung der Superfizies in der Gemeindepacht, die rechtliche Individualisierung habe sich dort vorzugs­ weise vollzogen. Als die Stadt Rom nach dem Einfall der Gallier (388 oder 387 v. Chr.) von diesen zerstört worden war und man mit dem Wiederaufbau begann, da betrachtete der Staat alles Eigentum an Grund und Boden für erloschen. Wenn nun jemand bauen wollte, so erhielt er einen Platz dazu an­ gewiesen, und zwar zu seinem Eigentum; später erfolgten diese Anweisungen zu freiem Eigentum immer seltener ; die den Boden an sich nahmen, um darauf zu bauen, mußten wenigstens ein solarium bezahlen als Rekognitionsgebühr zum Zeichen dafür, daß der Boden öffentliches Eigentum sei, so wie bei dem ager Trientius und Tabulius. In der gleichen Weise verfuhren die Priesterkollegien und sonstigen großen Grundbesitzer. Man unterschied zwischen domus und insulae . Domus war das Haus oder der Palast als Eigentum der römischen Großen ; die insulae dagegen waren nur zum Teil Eigentum der Besitzer (domini); sehr viele d i eser Gebäude waren nur s u p e r f i z i a r i s c h be­ sessen ; die area, auf der das Haus stand, gehörte dem Staat, den Priestern, einem Großgrundbesitzer oder sonst einem Dritten . Der Besitzer eines solchen Hauses bewohnte regel­ mäßig mit seiner Familie ein Stockwerk (coenaculum), die übrigen Stockwerke vermietete er an Inquilinen oder coena­ cularii ; solche Häuser waren in Rom die Regel. Dagegen d arf man als sicher annehmen, daß der Besitzer eines von einer einzigen Familie bewohnten Palastes immer auch der 1 ) Degenkolb a. a. 0.

S. 1 1 1 .

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Eigentümer des ganzen Baues samt dem Boden war (aedes = solum et superficies) 1). Unzweifelhafte Fälle von super­ licies sind uns nur ganz wenige überliefert aus leicht be­ greiflichen Gründen. Die juristischen Schriftsteller inter­ essierte nur die rechtliche Seite der Superfizies ; die prak­ tische Anwendung, überhaupt die wirtschaftliche Be­ deutung des Instituts war ihnen gleichgültig . Die Histori ­ ker und die Klassiker hatten keine Veranlassung, davon zu sprechen ; Urkunden mit superfiziarischen Verträgen sind kaum erhalten. Aber verfehlt wäre es, aus dem Schweigen der Schriftsteller bzw. aus dem Mangel an Urkunden zu folgern, dieses Recht habe keine Verbreitung gehabt ; im Gegenteil ist anzunehmen, daß es besonders in Rom über­ aus häufig angewendet wurde. Seneca 2) setzt die Super­ fizies in seinen Schriften als etwas allgemein Bekanntes voraus. Man muß nur bedenken, daß Roms Bevölkerung ungeheuer zunahm ; man schätzt die Bevölkerung Roms gegen das Ende der Republik auf etwa zwei Millionen Ein­ wohner, für welche große Häuser, in denen zahlreiche Parteien wohnten, notwendig waren, wenn sie alle auf dem verhältnismäßig nicht sehr ausgedehnten Gebiete der Stadt Platz finden sollten. Den Grund und Boden konnten selbst die reichen Zuwanderer nicht kaufen, da er meist in feste11 Händen war. Der Grundeigentümer pflegte das auf seinem Grunde stehende Haus nicht selbst zu vermieten, sondern überließ es einem procurator, dem Superfiziar. Die häufige Abwesenheit von Rom, die Unbequemlichkeit, zu allen Terminen die Mietgelder einzukassieren und sich mit der plebs abzugeben, alles das würde den Großen zu viel Mühe 1) Vgl. Rudorff i. d. Ztschr. f. gesch. Rechtsw . Berlin 1 842, Bd. X I, S. 225. 2) Seneca, op. 88, ,,non est autem ars sui j uris, cui precarium fundamentum est. Philosophia nil ab alio petit, totum opus a solo excitat. Mathematica, ut ita dicam, superficiaria est, in alieno aedificat . . . "

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bereite t haben ; da war die Superfizies ein praktisches Mittel ; der Große hatte bloß mit e i n e m Superfiziar anstatt mit v i e 1 e n Mietern zu tun; der Superfiziar hatte bloß den Bodenzins (solarium) an den Herrn zu leisten, und s e i n e Sache war es, das Haus an die einzelnen Familien weiter­ zuvermieten, was er natürlich mit Aufschlag tat, um sich selbst eine Rente zu sichern, ähnlich wie wir es heute be­ sonders in England finden . Etwaige Verluste an den Miet­ einnahmen hatte der Superliziar zu tragen, der Grundeigen­ tümer wurde davon nicht betroffen. Diese bequeme Rege­ lung der Geschäfte war nichts neues für Rom, denn genau dasselbe finden wir noch öfters z . B. bei der Verpachtung der Zölle und Steuern, wo die Verpachtung für den Em­ pfänger (Staat) das sicherste und angenehmste war. Durch den Brand unter Nero erloschen in den zehn zerstörten Regionen viele dieser superfiziarischen Verträge, aber es wurden wieder neue geschlossen. - Ein sicheres Beispiel einer Superfizies erwähnt RudorfP). Man fand 1 777 bei den Ausgrabungen auf dem Monte Citorio eine Steinplatte mit einer Inschrift, die besagt, daß einem ge­ wissen Adrastus auf ein Gesuch der zwei Rationalen des betreffenden Stadtgebietes (Aelius Achilles und Flavianus Eutyches) an die Kuratoren der öffentlichen Bauten (Saevius Superstes und Fabius Maximus) eine genauer be­ zeichnete Baustelle für ein Haus gegen den gewöhnlichen Erbzins angewiesen werden solle. Das Haus sollte die ;\mtswohnung des Adrastus sein, der die Aufsicht über die Ehrensäule Marc Aurels, die auf staatlichem Grund und Boden stand 2), hatte; das Haus sollte auf diesem staat­ lichen Boden in kleiner Entfernung von der Säule gebaut werden. Ausdrücklich ist gesagt, daß Adrastus das Ge­ bäude i n n e h a b e n soll (habere), aber nicht als Eigen­ t ümer, wohl aber wie ein eigenes Hech l , nicht etwa als ein 1 ) RudorfI, a. a. 0. S. 2 1 9 ff. 2 ) Heute die piazza Colonna am Corso .

H Mieter ; er soll es auch vererben können und muß j ä h rlic h einen Zins (solarium) für die Benutzung des staatliche n Grund und Bodens zahlen. Hauptsächlich wurde, wie wir gesehen haben, die Superfizies in Rom angewendet, doch linden wir sie bis­ weilen auch in der Provinz 1). Freilich kann man sagen, daß im gewissen Sinne hier alle Gebäude auf fremdem Boden stehen, denn nach römischer Auffassung ist hier in den Pro­ vinzen der populus Romanus oder der Kaiser Eigentümer des gesamten Bodens ; aber mit dieser öffentlich rechtlichen Anschauung hat die Superfizies nichts zu tun ; nur die privatrechtliche Anwendung kommt in Betracht . Dem ganzen Wesen und der Bestimmung nach ist die Superfizies bloß für Rom in allererster Reihe von Bedeutung; da hatte sie ihren Ursprung, und wenn sie in den Provinzen er­ scheint, so sind es nur ganz vereinzelte, zweifellos durch besondere Umstände gebotene Fälle gewesen. * Auch dem d e u l s c h e n R e c h l c d e s M i L L e 1 a l l e r s waren Bauten auf fremdem Grund und Boden nicht unbekannt, ja in vielen Städten bildeten sie die Regel 2). Sehr bestritten ist, ob d er römischrechtlichc Grundsatz „ superficies solo cedil" auch im älteren deutschen Rechte gegolten habe. Man darf wohl als sicher anneh men , daß ein solcher Satz dem deutschen Rechte durchaus f r e m d war, wie er es auch zweifellos in den ältesten Zeilen in Rom war ; man braucht nur an die Einfachheit des Verkehrs, des Rechtes und des Bedürfnisses zu denken, um von selbst zu erkennen, daß keine Ursache vorlag, den 1 ) Vgl. Lex Thoria cap . 46, Gaius lib . 25 ad ed . provinciale, l 2 de superficiebus und Rudorff a. a . 0 . S. 266 . 2) Vgl. Wolff, , , Der Bau auf fremdem Boden, insbesondere der Grenzüberbau" in Fischers Abhandlungen zum Privatrecht und Zivilprozeß des deutschen Rechts. Jena 1 9 0 0, Bd. VI.

15 Grund und Boden mit dem, was darauf s leh l, als juristische Einheit zu betrachten. Der Boden war in ungeheuerer Menge vorhanden ; jeder konnte sich seine Hütte bauen, wo er wollte, oder wo er bei der Flurteilung einen Platz an­ gewiesen erhielt. Privates Eigentum gab es in der ältesten Zeit des deutschen Rechtes nicht, wenigstens nicht an Grund und Boden ; erst allmählich entwickelte sich ein Sondereigentum, auch am Boden, aber früher noch an den Häusern ; aber selbst dann blieben die Häuser, die höchst einfach aus Holz hergestellt waren, nicht dauernd an dem gleichen Platze, sondern sie konnten sehr leicht abgebrochen und an anderer Stelle wieder aufgerich tet werden. Die gleiche Beobachtung machen wir bei allen Nomadenvölkern. Was einer aus ihm gehörigem Material auf einem Grund­ stücke baute, blieb sein Eigentum, selbst wenn der Boden einem andern gehörte ; auf das Eigentum des Hauses hat der Boden zunächst keinen Einfluß. Dem deutschen Rechte waren im mer so präzise, strenge, einheitliche Rechtssätze wie die im römischen Rechte unbekannt, und · selbst heu le noch wirkt diese echt germanische Auffassung in unserem Bürgerlichen Gesetzbuche nach, weil häufig das Sonder­ eigentum am Boden und dem, was darauf steht, einem not­ wendigen und praktischen Bedürfnisse entspricht 1 ). Ja, d as deutsche Recht ging nicht selten noch weiter und kehrte d en Sa lz „ superficies solo cedi l" in das Gegenteil um „solum superficici cedit", d. h. wenn jemand ein H aus auf fremdem Grund gebaut h a l, wird das Haus nicht Bestandteil des Bodens, sondern der Bauende erhält den Boden zum Hause unter gewissen Voraussetzungen ; diese m erkwürdige Wir1 ) § 95, Abs. 1 , B. G. B . , ,Zu den Bestandteilen eines Grund­ stückes gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorüber­ gehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderem Werke, das in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstücke von dem Berechtigten mit dem Grundstücke verbunden worden ist.''

16 kung hat sich bis auf die neueste Zeit erhalten, so z. B. im preußischen Landrecht 1), im österreichischen bürgerlichen Gesetzbuche 2) und in einigen schweizerischen Gesetzen 3) . Wenn Arnold 4) sagt, der Satz superficies solo cedit sei so natürlich, daß er mehr oder weniger bei dem Grund­ eigentum eines j eden Volkes wirksam werden müsse, so ist