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German Pages 948 [184] Year 1982
Gierloff-Emden • Das Eis des Meeres
H.-G. Gierloff-Emden
Das Eis des Meeres
w G_ DE
Walter de Gruyter • Berlin • New York 1982
Autor
P r o f . D r . rer. n a t . H a n s - G ü n t e r
GIERLOFF-EMDEN
Lehrstuhl für G e o g r a p h i e u n d Geographische Fernerkundung Institut für G e o g r a p h i e der Ludwig-Maximilians-Universität
München
L u i s e n s t r a ß e 37 8000 M ü n c h e n 2
Titel D a s Eis des M e e r e s N a c h d r u c k a u s : L e h r b u c h d e r A l l g e m e i n e n G e o g r a p h i e , B a n d 5 , T e i l 2: G e o g r a p h i e des M e e r e s • O z e a n e u n d Küsten, Kapitel 8 „Meereis" ergänzt durch e i n e n Nachtrag, A b b i l d u n g e n , Literatur
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutschen
Bibliothek
Gierloff-Emden, Hans-Günter: D a s Eis d e s M e e r e s : P h ä n o m e n e , G e n e s e , Morphologie / H.-G. Gierloff-Emden. Nachdr. - Berlin ; N e w York : de Gruyter, 1982. I S B N 3-11-007281-5
C o p y r i g h t © 1982 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz und Druck: Kupijai &'Prochnow, Berlin. - Bindearbeiten: Mikolai, Berlin.
Vorwort Das Buch Das Eis des Meeres soll dem aktuellen Informationsbedarf zu diesem Thema begegnen. Im Zusammenhang mit der wiederaufgenommenen Aktivität der deutschen Polarforschung wurde auch in der Meeresforschung der Schritt zum Anschluß an internationale Arbeit und Programme für polare Regionen aufgenommen. Die Bundesrepublik Deutschland trat 1978 dem internationalen „Scientific Committee on Antarctic Research" ( S C A R ) bei. Forschungsreisen wurden seit 1975/76 von verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen, vornehmlich in antarktisdien Gewässern, unternommen. Seit 1979/80 ist der Aufbau von zwei festen Stationen in der Antarktis im Gange: Auf dem Ronne-Eisschelf (AlfredWegener-Station) und an der Atka-Bucht (Georg-von-Neumayer-Station). Ein eigenes großes Forsdiungs- und Versorgungsschiff für Polargewässer befindet sich im Bau. Die Forschungsarbeiten werden u. a. gefördert vom Bundesministerium für Forschung und Technologie und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Gründung des „Alfred-Wegener-Institutes für Polarforschung" erfolgte 1980 (Standort Bremerhaven). Alle Forschungen, ob zur Geophysik, Geologie, Geographie, Meteorologie, Ozeanographie, Biologie u. a., haben es auch mit dem Eis des Meeres zu tun, sei es als Forschungsgegenstand oder als Phänomen, dem man auf der Reise zum Forschungsgebiet begegnet. Die Passagen durch das Nordpolarmeer für diverse Frachten (Sektor U d S S R ) und ö l (Sektoren K a n a d a und U S A ) werden in steigendem Maße befahren. Die Eislage der Polarmeere wird durch Satelliten global überwacht. Die Polarmeere sind sogar Ziele des Ferntourismus geworden. D a in deutscher Sprache bisher kein spezielles Buch zum Thema Eis des Meeres vorliegt, soll diese Zusammenfassung ein erster Schritt zur Vorstellung und Verbreitung der Kenntnisse vom Eis des Meeres sein. Es soll besonders der Vermittlung von Kenntnissen in geographischen und anderen geowissenschaftlichen Lehrveranstaltungen, Vorlesungen und Seminaren dienen. Der Verfasser studierte in Hamburg Geographie und Ozeanographie. Seine Lehrer zum Thema Meere waren in Hamburg die Professoren L. Mecking und F. Nusser. Eigene Erfahrungen konnte er als Marineoffizier und mit Hilfe von Flügen mit der N A S A in der Polarregion gewinnen. Der Inhalt des Buches wurde dem Band Geographie des Meeres*, Kapitel 8, Meereis, entnommen und durch Nachträge ergänzt. Für zugehörige Probleme zu diesem Thema sei auf andere Kapitel dieses Werkes verwiesen. H . G. Gierloff-Emden * Lehrbudi der Allgemeinen Geographie, Band 5 H . G. Gierloff-Emden Geographie des Meeres Ozeane und Küsten Walter de Gruyter, Berlin • N e w York 1980
München, April 1982
Inhalt
8. Meereis
767
Phänomene, Genese und Morphologie Zur Erforschung des Meereises Das Meereis als komplexe Erscheinung Das Meereis als Substrat Eisbildung und Gefriervorgänge Eisbildung auf dem Meere und S t r u k t u r der Meereisdecke Eisnomenklatur Formen des Meereises und Definitionen (Klassifikation) Eisbildungsphänomene an der oberen Grenzschicht des Meeres Schiffsvereisung, eine Erscheinung der Grenzschicht Hydrosphäre Atmosphäre (Ozean - I.uft)
767 769 771 773 774 778 788 790 794
Meereis an Küsten Eisbildung am Strand Eis u n d Eisbildung auf Watten Eisbildung an Steilküsten
798 800 802 805
Das Meereis des Nordpolarmeeres und seiner Randmeere Z u r Erforschung des Nordpolarmeeres und des polaren Meereises . . . Nansen's Drift mit der „Fram" im Nordpolarmeer
807 811 813
Die Driftbewegungen des arktischen Meereises des Nordpolarmeeres mit seinen Randmeeren Die Dynamik des Meereises im Nordpolarmeer nach Drifteis-Stationen Die jahreszeitliche Schwankung der Eisbedeckung des Nordpolarmeeres F o r m des Meeresbodens des Nordpolarmeeres Bilanz u n d Wassermassenaustausch des Nordpolarmeeres mit dem Atlantischen u n d Pazifischen Ozean Die Vereisung des Nordpolarmeeres und seiner Randmeere in ihrem Zusammenhang mit dem Wasserhaushalt Anthropogene Eingriffe und Projekte zur Veränderung der polaren Umwelt Eis des Meeres als Hindernis f ü r den Seeverkehr Das Eis als besondere Grenzschicht des Meeres f ü r die Schiffahrt . . . . Die Nordostpassage, arktischer Seeweg zwischen Atlantischem und Pazifischem Ozean innerhalb des eurasischen Kontinents: der sibirische Seeweg Der sibirische Seeweg Die Nordwestpassage - arktische Seeverbindung zwischen Atlantischem u n d Pazifischem Ozean um den nordamerikanischen Kontinent
795
819 823 828 830 832 833 835 836 837
842 843 851
VIII
Inhalt Erdöl in den Randmeeren des N o r d p o l a r m e e r e s : T r a n s p o r t p r o b l e m und Ausbeute Umweltbedingungen und N u t z u n g der arktischen Region
854 856
Meereis im Nordatlantischen Ozean und Nebenmeeren Eisberge im Nordatlantischen Ozean und Eis um Grönland Eiserkundung mit Luft- und Satellitenbildern Die Vereisung der Ostsee Zur Vereisung von Nebenmeeren in N o r d a m e r i k a
859 859 871 872 882
Das Meereis im Jahreshaushalt W i r k u n g und Mechanismus von Flußsystemen auf Wasser und Eis des
884
Nordpolarmeeres Eisbedeckung des N o r d p o l a r m e e r e s und Klimaschwankungen
886 891
Das Meereis der Antarktis Zur Erforschung des Meereises um die Antarktis Die Eisschelfe: Größe, F o r m , Entstehung, Haushalt Eisberge der Antarktis Packeis der antarktischen Meeresregionen Eisgrenzen und Wassermassen des Südpolarmeeres Das Meereis, besonders der Antarktis, als klimatischer F a k t o r Die Polkappen der E r d e im Satellitenbild
895 897 899 902 904 906 908 909
Nachtrag (Ergänzung) Mehrjährige Variation der antarktischen Meereisbedeckung (Südpolarregion) Antarktischer Meereisaufbruch im Satellitenbild Die Eiskappe der Antarktis D e r Meeresboden des Südpolarmeeres in bathymetrischen Profilen . . . Rechtsverhältnisse der Antarktis und des südlichen Polarmeers Zur gegenwärtigen Polarforschung der B R D Polarexpeditionen der B R D Zu den Rechtsverhältnissen im N o r d p o l a r m e e r Das Polarmeer in morphographischer Darstellung D y n a m i k v o n Packeisfeldern (Ergänzung) Literatur Institutionen zur Polarforschung
911 912 913 914 917 918 918 920 921 922 923 933
Eisschlüssel und Eissymbole Sachregister
934 937
8. Meereis Phänomene, Genese und Morphologie Meereis ist eine Erscheinung der oberen Grenzfläche des Meeres bzw. der Grenzschicht zwischen Hydrosphäre und Atmosphäre. Es entsteht durch Wechselwirkung der Medien Luft und Wasser. Es sind bis zu 7°/o des Weltmeeres von Meereis bedeckt. Zur Hydrosphäre des Meeres gehört ein Teil der Kryosphäre (Eis-Sphäre). In der praktischen Bedeutung standen die Belange der Schiffahrt und Fischerei an erster Stelle der Meereisforschung. In der ozeanographischen und geographischen Wissenschaft waren regionale Aspekte vorhanden und zwar in besonderem Zusammenhang mit der Entdeckung und Erforschung der großen Eisregionen der Erde, den Polargebieten. Seit Mitte des 20. Jh. ist das Meereis in besonderem Maße Gegenstand der Forschung der geophysikalischen Disziplin geworden, sowohl in hydrographischer als in meteorologisch-klimatologischer Betrachtung (das erste Internationale Polarjahr fand 1882-83 statt). Im Jahre 1957-58 wurde das Internationale Geophysikalische Jahr, anschließend „Dekade" veranstaltet. Seit der Mitte des 20. Jh. sind außerdem einige Ereignisse und technische Innovationen hinzugekommen, durch welche die Meereisforschung sehr intensiviert wurde, z. B. die Entwicklung der Flugzeuge zur Überquerung der Polarroute (seit 1955) zwischen Europa, Nordamerika und Japan, die Entwicklung moderner Waffensysteme wie Atom-U-Boote, die unter dem Eis des Nordpolarmeeres fahren, die Entwicklung von Raketen, deren Reichweite die Uberquerung des Nordpolarmeeres, das zentral zwischen Asien und Nordamerika liegt, ermöglichen, die Intensivierung von Schiffahrtsrouten im Nordpolarmeer, des sibirischen und amerikanischen Seeweges, die Intensivierung von Schiffahrtsrouten in winterlich vereisten Nebenmeeren wie Ostsee und St.-Lorenz-Golf, die allgemeine Nahrungssuche und Ausweitung der Fischerei am Rande vereister Seegebiete, die Suche nach Rohstoffen auf den Kontinentalschelfen mit der Entwicklung der Offshore-Bohrtechnik, die Intensivierung der Meteorologischen Dienste zur Wettervorhersage mit der Entwicklung von Satelliten, mit deren Hilfe großräumige Wetterkarten der Polarregion hergestellt werden, und schließlich die Entwicklung der Grundlagenforschung zu Meereis. Das Nordpolarmeer ist mit der technischen Innovation überschaubarer, „kleiner" geworden. Die Entfernungen zwischen den Küsten Nordamerikas und Asiens betragen über den Pol nur um 3000 bis 4000 km. Die hydrographischen Institute der Nationen hatten Eisdienste für die für ihre Schiffahrt und Fischerei interessanten Meeresareale eingerichtet. Der erste dänische Eisjahresbericht erschien 1897. Nach der Schiffskatastrophe der „Titanic" wurde ein regelmäßiger Eiswarndienst für die Nordatlantikschiffahrt eingerichtet. Vgl. Kap. Eisberge.
768
Meereis
Das ist eine Reihe von Aspekten, die auch geographische Probleme betreffen wie sie u. a. in übergreifenden Themen zum Ausdruck kommen, z. B. im Rahmen der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Polarforschung, 4. Internationale Polartagung in München, 1973, „Die Eisgebiete der Erde in ihrer klimatischen und ökologischen Bedeutung". In einigen modernen Büchern zur Ozeanographie ist diese Problematik meist nur sehr kurz behandelt, z. B. in der „Allgemeinen Meereskunde", 3. Aufl., Dietrich, Kalle, Krauss, Siedler [1975] als kleineres Kapitel: „Eis im Weltmeer" auf nur neun Seiten. (Bei Krümmel gab es ein größeres Kapitel, bei Bruns ein umfangreiches unter Betonung von Bisklassifikation und Meßmethoden, bei Scharnow eines unter Betonung der Belange der Ostsee-Schiffahrt.) Diese Feststellung soll keine Kritik bedeuten, jedoch die Notwendigkeit einer ausführlicheren Behandlung stützen. Für die polaren Räume mit ihren Ozeanen gelten besondere Rechtsverhältnisse. Sowohl im Nordpolarmeer als auch auf dem antarktischen Kontinent mit seinen Küsten wurde das „Sektorenprinzip" eingeführt, wonach Anliegernationen (Antarktis auch andere) von ihren Küsten aus den Sektor bis zum Pol als Hoheitsgebiet beanspruchen. Da der kanadische Arktische Archipel 1930 noch nicht völlig bekannt und kartiert war, gab es vor dieser Zeit noch Auseinandersetzungen um einzelne Inseln mit den USA. H. P. Kosack [1967]: Die Polarforschung. P. D. Baird [1964]: The Polar World. A. G. Shalowitz [1962]: Shore and Sea Boundaries. L. Breitfuß [1939]: Arktis. L. Breitfuß [1950]: Erforschung der Polargebiete 1932 bis 1947. R. V. A. Thoren [1964], D. Mountfield [1974]: A History of Polar Exploration.
Das Meereis kommt permanent in den polaren Regionen des Weltmeeres vor. Die polaren Regionen des Weltmeeres sind den drei großen Ozeanen zugehörig. Die Umgrenzung und Namengebung der einzelnen Meere und Seen wird auf speziellen Karten dargestellt. In der deutschen Sprache sind die übergreifenden Bezeichnungen: „Nordpolarmeer" und, mit den Zusätzen vorangestellt: Atlantisches, Indisches, Pazifisches „Südpolarmeer" geläufig. Die Bezeichnungen Arktischer und Antarktischer Ozean sind häufig im Sprachgebrauch, jedoch nicht im Sinne der ozeanographischen-geographischen eindeutigen Benennung benutzt. „1845 wurde in London von einer Kommission der Royal Geographical Society beschlossen (veröffentlicht 1893, Geogr. J. 1, 535 ,Nomenclature of the Oceans'), einen selbständigen antarktischen und arktischen Ozean anzunehmen, jeweils durch die Polarkreise zum Äquator hin begrenzt. Während das Nordpolarmeer bald allgemein als Nebenmeer des Atlantischen Ozeans bezeichnet wurde, kam man nur in der deutschen Literatur aus Gründen, die von A. Penck [1894] und O. Krümmel [1907] dargelegt worden sind, dazu, den antarktischen Ozean als Teilgebiete den drei Ozeanen anzugliedern (u.a. Wüst [1936]). Auch weist G. Wüst [1939] darauf hin, daß der Auffassung des Internationalen Hydrographischen Bureaus [1937] eines selbständigen vierten Ozeans nicht beigepflichtet werden kann. 1950 hat das Internationale Hydrographische Bureau sich dieser Auffassung angeschlossen." G. Koopmann [1953] Entstehung und Verbreitung von Divergenzen in der oberflächennahen Wasserbewegung der antarktisdien Gewässer, D H Z ErgH. 2 S. 6.
Phänomene, Genese und Morphologie
769
Zur Erforschung des Meereises Die analytische Erforschung des Meereises kann mit der Arbeit von J . Stefan [1891] angesetzt werden: „Uber die Theorie der Eisbildung, insbesondere über die Eisbildung im Polarmeere". Wegweisend waren die Arbeiten von F. Nansen [1893-96] mit der Drift der „Fram". An der Forschung zum Meereis waren zahlreiche deutsche Geographen beteiligt, eine Entwicklung, die seit E. v. Drygalski verstärkt einsetzte. E. v. Drygalski [1898]: Die Aufgaben der Forschung am Nordpol und Südpol. Ders. [1904]: Zum Kontinent des eisigen Südens. Deutsche Südpolarexpedition 1901-1903. Vgl. Kap. Meeresforschung. F. Malmgren [1927] brachte nach seiner Teilnahme an der norwegischen Expedition mit der „Maud", 1918-1925, eine bedeutende Arbeit heraus: „On the Properties of Sea-Ice", in der er Thermodynamik (Wärmeleitung und Eisbildung), Mechanik (Dichte) und Chemie (Salzgehalt) des Meereises behandelte. Uber geophysikalische Messungen zum Meereis und Eisbeobachtungen gibt es ein Kapitel von Seite 281-343, bei E. Bruns [1962]: „Ozeanologie", Bd. 2. Eine übersichtliche Zusammenfassung zur Geophysik des Eises ist von E. R. Pounder 1965 erschienen: „The Physics of Ice". Und: A. Defant [1961]: Physical Oceanography, Bd. II. Der enorme Ausbau moderner Forschung zu Meereis und zu glaziologischen Problemen wird z. B. durch die zahlreichen Bände der International Association of Scientific Hydrology dokumentiert. Zu den klassischen Forschungsarbeiten zu Meereis mit Expeditionen über das Eis zu Fuß und mit Schiffen in die eisbedeckten Gebiete der Meere und Ballonaufstiegen und Luftschiffen kamen die modernen Methoden mit Unterseebootfahrten unter dem Eis und mit Flugzeug und vor allem Satelliten, die mit den verschiedenen Meßgeräten der Fernerkundung (Remote Sensing) ausgerüstet sind. Vor allem hat zur Verbreitung des Meereises in der Arktis und Antarktis und auch in Nebenmeeren der Einsatz von Satelliten mit den verschiedenen optischen und elektrischen Aufnahmesystemen grundlegende neue Erkenntnisse über das Meereis erbracht. Während vor Beginn des „Geophysikalischen Jahrzehnts" im Jahre 1957 immer noch relativ wenig über die Verbreitung der großen Meereisareale und ihre Dynamik bekannt war, ist erst mit der Nutzbarkeit von synoptischen Aufnahmen, die mit Aufnahmesystemen der Satelliten seit den 60er Jahren gewonnen werden konnten, eine entscheidende neue Phase in der Meereisforschung erreicht worden. Bis dahin war über das Meereis im Vergleich zu dem Festeis auf den Kontinenten relativ wenig bekannt. S. Schneider [ 1 9 7 5 ] : Luftbild und Luftbildauswertung, L A G , Walter de Gruyter Sc C o . H . G. Gierloff-Emden u. H . Schroeder-Lanz [1970/71]: Luftbildauswertung, Bd. 1 - 3 . J . Bodechtel u. H . G. Gierloff-Emden [ 1 9 7 5 ] : Weltraumbilder, die dritte Entdeckung der Erde. H . G. Gierloff-Emden [ 1 9 6 1 ] : Luftbild und Küste im deutschen Nordseeraum. W. J . C a m p bell, W. F. Weeks, R. O. Ramseier u. P. Gloersen [ 1 9 7 5 ] : Geophysical Studies of Floating Ice by Remote Sensing. P. Gloersen u. V. V. Salomonson [ 1 9 7 5 ] : Satellites — N e w Global Observing Techniques for Ice and Snow.
770
Meereis
Die Anwendbarkeit von Satellitenaufnahmen erwies sich in der Ozeanographie für das Meereis als optimal, da es sich um ein flächenhaftes Objekt großer Ausdehnung handelt. Der Einsatz erfolgte vom Stadium der Forschung zum operationeilen Stadium rasch: schon wenige Jahre nach ersten Versuchen gab es Meereiskarten nach Satellitenaufnahmen, von den Eisdiensten herausgegeben. Entsprechend den Anforderungen der Schiffahrt waren bis zu den 60er Jahren des 20. Jh. die Erkundung der kurzfristigen (täglichen) Eisränder und der längerfristigen jahreszeitlich wechselnden Ränder vereister Meeresareale (der Eisgrenzen) und die Art des Meereises in Arealen dichter Schifffahrt (Nebenmeere wie Ostsee und St. Lorenz-Bucht) sowie Gefährdung von Schiffahrtswegen durch treibende Eisberge im Vordergrund des Interesses.
Abb. 8.1 Erforschung des Eises, hier der Eisausbreitung, mit H i l f e von Satellitenbildern Satellitenbild von ESSA-2 (Environmental Survey Satellite) mit Fernsehzeilenbildaufnahme. A u f n a h m e h ö h e : 1450 km, D a t u m : 12. 4. 1966, Zeit: 09.17 U h r . E m p f a n g und Übertragung als P h o t o : H . Kaminski, Sternwarte der Stadt Bochum. Originalmaßstab etwa 1 : 20 Mill., vorliegende Abb. annähernd in diesem Maßstab. Region: Skandinavien mit Norwegischer See und Ostsee. Interpretationsobjekt: Ostsee, Bottnischer Meerbusen, Eislage. Vereiste Fläche: weiß, offenes Wasser: schwarz. Der U m r i ß der freien Wasserfläche ist sehr ähnlich von solchen anderer Jahre, z. B. A u f n a h m e Nimbus I V Satellit vom 13. August 1970 Die A u f n a h m e n von Landsat haben eine wesentlich bessere Auflösung, ihre Repititionsrate ist jedoch größer
Die Suche nach Erdöl und anderen Bodenschätzen in den Schelfgebieten des Nordpolarmeeres führte zur Intensivierung der Meereisforschung gerade zu der Zeit, als die Innovation der Satellitenbildaufnahmen eintrat. K. Ströbing [1970]: Satellitenbild und Meereiserkundung. M. Ostheider [1975]: Möglichkeiten der Erkennung und Erfassung von Meereis mit H i l f e von Satellitenbildern ( N O A A - 2 V H R R ) .
Seit 1978 werden mit dem SAR (Synthetic Apertur Radar) vom Satelliten Seasat vom Tageslicht unabhängige Aufnahmen des Meereises genommen. Seasat hat eine Repititionsrate von 14 Tagen. Wissenschaftliches Arktis-Forschungsinstitut der UdSSR [1955]: Über neue sowjetische Forschungen und Entdeckungen in der Zentralarktis. A. F. Treshnikow (Ed.) [1973]: Problems of the Arctic and Antarctic.
Phänomene, Genese und Morphologie
771
Das Meereis als komplexe Erscheinung E i n e wissenschaftliche B e h a n d l u n g des Meereises k a n n n a c h d e n v e r s c h i e d e nen Kategorien
der P h ä n o m e n e
und Prozesse m i t ihren meßbaren
Para-
m e t e r n , w e l c h e das M e e r e i s als M e r k m a l e a u f w e i s t , e r f o l g e n :
Eigenschaften
des Substrates
Meereis
physikalische und chemische mit meßbaren Parametern wie Temperatur, Salzgehalt, Dichte, Festigkeit, Farbe, morphologische mit meßbaren Parametern wie vertikale Ausdehnung, Dicke (Mäditigkeit), Oberflächen form, z. B. einer Eisscholle oder eines Eisberges, genetische, erkennbar an Schichtung mit meßbaren Parametern Salzgehalt, Temperatur, Kristallstruktur, Farbe, und erkennbar an Form und Größe von Eisschollen, mit meßbaren Parametern Dicke und Salzgehalt, nautische wie räumliche Verteilung der Eisarten (nach Parametern der Passierbarkeit des Eises durch Schiffe bestimmter Größe und Bauart), dynamische, Bewegung des Eises, nach meßbaren Parametern Richtung und Geschwindigkeit, unter Berücksichtigung der Maßstabskategorien z. B. Rotation einer Scholle: kleiner und mittlerer Maßstab, Drift von Packeisfeldern: großer Maßstab, geographische, und Meeren.
besondere Form und Bewegung des Eises, regional zu unterscheiden nach Ozeanen
Entsprechend
d e r k o m p l e x e n E r s c h e i n u n g des Meereises g i b t es z a h l r e i c h e
Klassifikationsschemata
und Terminologien.
Die Klassifikationen u n d
m i n o l o g i e n d e r E i s d i e n s t e v e r s c h i e d e n e r N a t i o n e n sind,
Ter-
zweckentsprechend
w i e sie a u f d e n v e r s c h i e d e n e n r e g i o n a l e n E i s k a r t e n e r s c h e i n e n , u n t e r s c h i e d l i c h . A l s u m f a n g r e i c h s t e T e r m i n o l o g i e u n d K l a s s i f i k a t i o n sei h i e r g e n a n n t : W.M.O. Classification (World Meteorological Organization), W.M.O. Sea-Ice Nomenclature, Terminology, Codes and illustrated Glossary, Ed. 1970, Geneve, W.M.O. No 259. PP. 145. Für den Eisdienst in der Ostsee sei auf die Klassifikation zur Karte „Eisbericht" des D H I hingewiesen. Oceanographic Atlas of the Polar Seas, Teil I u. II Washington.
[1958], US Hydrographie Office,
772
Meereis
Größenskalen Dimension o
von Phänomenen des Meereises in zeitlicher und räumlicher
MIKROSKALA
Größenordnung
10"4m
wichtigstes Merkmal
individuelle innere Eisstruktur
^
Übergangs-
10m
MESOSKALA 100m
5 Km
Übergangsbereich
50km
Zusammenspiel von Schollen, Rinnen, Preßeisrücken,
chemische Zusammensetzung.; Sa^k'^nilbiklung
Z'Zf/^X^
MAKROSKALA 100km
1000km
Verhalten des Treibeises als Ganzes
=Oberflächen- Topographie, = = = = = = = = = = = a u s g e d e h n t e Schmelzwässer, = Ausdehnung der Schneedecke. = - kleinere Öffnungen im Eis. =
EIS PARAMETER von Eisdicke / - alter, = = l
BEOBACHTUNGSORT
I
Boden
Flugzeug
ERFORDERLICHE BODENAUFLÖSUNG
2m
Satellit
20m
10km
• Luftbild
kurzfristig
gangs-
Zettintervall
ERTS
gangsWoche
Auflösung)
zeitvariable EISPARAMETER
1 Bildung von R i s s e n , ^ ^ ^ ^^Übereinanderschieben; W / des* Eises
200km
VHRR
MAKROSKALA
mittelfristig
bereich
(erforderliche Zeit-
1180 km
MESOSKALA
MIKROSKALA Zeitablauf
20km
bereich
langfristig Monat
^ Änderung der Konzentration.: S Anordnung.: = größere Öffnungen im E s § Topographie.1 E Schmelzwässer
¿¿Schneedecke.;
VHRR
ERTS (bedingt)
O
GröBenmäBige Skalenklassifikation der Meereisparameter
(
n
0
l
J
r
bedingt verwendbar)
Zeit- Skalenklassifikation der Meerelsparameter
Abb. 8.2 Klassifikation von Meereis nadi der Größenskala und seiner D y n a m i k nach der Z'eitskala in bezug auf Fernerkundungssysteme (Remote Sensing) Gez. n a d i : M. Ostheider [1975] Möglichkeiten der Erkennung und Erfassung von Meereis mit H i l f e von Satellitenbildern ( N O A A - 2 V H R R ) , in: Münchener Geographische Abhandlungen, Bd. 18, Dissertation, ausgeführt beim Lehrstuhl Gierloff-Emden, Abteilung Fernerkundung. Skalen unter Benutzung der Quellen von W. F. Weeks, W. D. Hibler, S. F. Ackley [1973] Sea Ice, Scales, Problems and Requirements.
In der Natur kommen Phänomene des Meereises in verschiedenen Ausmaßen metrischer Dimension und Prozesse der Eisdynamik in verschiedenen Intervallen zeitlicher Dimension vor. Die Klassifikation solcher Größenskalen kann erfolgen entsprechend festgelegter Maschennetze von Gitterpunktabständen nach: Entfernungen von Beobaditungsstationen in einer Region, natürlidien Phänomenen, entsprechend gewählte Stufen, abstrakt gewählten Stufen nadi Meßsystemen, Erkennbarkeitsgrenzen von Objekten mit Fernerkundungssystemen, Bodenauflösung von L u f t und Satellitenbildern.
Phänomene, Genese und Morphologie
773
Das Meereis als Substrat Als Eis wird der feste Aggregatzustand des Wassers bezeichnet, d. h. seine Erstarrungsphase, die durch Gefrieren aus der flüssigen Phase entsteht. Als Meereis wird Eis bezeichnet, das aus dem Meerwasser durch Gefriervorgänge entstanden ist. Die Eisarten ergeben sich aus den chemischen Beimengungen des Wassers: Man unterscheidet reines Eis, Frischwasser-Eis, Brackwasser-Eis und Meereis nach dem Salzgehalt. Ab 24,7 °/oo Salzgehalt wird salziges Wasser als Meerwasser bezeichnet und das daraus gebildete Eis als Meereis. Dieser Wert stellt den Kreuzungspunkt der Funktion von Temperatur des Dichtemaximums und Temperatur des Gefrierpunktes dar. Jedoch wird auch das Eis nicht sehr salzhaltiger Meere wie das der Ostsee als Meereis bezeichnet, also nach der Entstehung in einem Meeresraum. Das Meereis ist ein aus drei Komponenten bestehendes komplexes Gebilde aus 1. der festen Komponente, harten Kristallen des Salz- und Süßwassereises, 2. der flüssigen Komponente, Salzlake und 3. gasförmiger Komponente, sehr kleinen Luftbläschen. Die harte Komponente wird durch poröse Skelette aus Eiskristallen gebildet, deren Zwischenräume voneinander mit Salzlake und Luftbläschen gefüllt sind. Zu den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Meereises zählen u. a.: Dichte, Temperatur, thermale Ausdehnung, Salzgehalt, insgesamt eine Vielzahl von Merkmalen, die in komplexer Weise miteinander verknüpft sind und funktional voneinander abhängig sind. Die mechanischen Eigenschaften des Meereises sind durch die physikalisch-chemischen bestimmt und bedingen sein Verhalten bei Verformungen wie Stauchung, Biegung, Scherung, Dehnung. Das sind Eigenschaften, die von Bedeutung für Schiffbau und Eisbrecher sind, z. B. herrscht bei niedrigen Temperaturen größere Festigkeit des Eises als bei höheren; bei Verminderung des Salzgehaltes wächst sie. Schwimmendes Eis auf dem Meere ist in der klassischen Literatur erwähnt von Pytheas von Massilia (330 v. Chr.). Pytheas schrieb, auf seiner Reise nach Thüle (Seegebiet um Island) sei er in eine dickflüssige und zähgeronnene See geraten; wahrscheinlich handelte es sich um Treibeis. Das Meereis als Substrat ist Forschungsgegenstand der Geophysik und Kristallographie geworden. Von praktischer Bedeutung sind u. a. das Eis in seinem Verhalten als Radar- und Sonarreflektor (Eisbergortung) und hinsichtlich seiner Durchlässigkeit von Längstwellen (Funkempfang auf U-Booten unter dem Eis). Das Meer eis als Substrat wurde im „Handbuch für Ozeanographie" von O. Krümmel, Bd. 1, für den derzeit vorhandenen Stand der Erkenntnisse verhältnismäßig detailliert behandelt; für den neueren Stand der Wissenschaft kann das Buch „The Physics of Ice" von E. R. Pounder [1965], mit 150 Seiten als Zusammenfassung gelten.
774
Meereis
Eisbildung und Gefriervorgänge Eisbildung tritt ein, wenn das Wasser bis zum Gefrierpunkt abgekühlt wird. Der Gefrierpunkt von reinem Wasser liegt bei 0° C, von Wasser mit Salzgehalt tiefer. (Auf den Zusammenhang mit dem atmosphärischen Druck wird hier nicht eingegangen.) Die Gefriertemperatur fällt linear von 0° C bei einem Salzgehalt von 0%o auf - 1 , 3 3 2 ° C bei einem Salzgehalt von 24,7 °/oo und auf —1,85° C bei einem Salzgehalt von 32,5 °/oo und weiter ab. Der Zusammenhang zwischen Eis, Salzen und Temperatur wird von Assur [1958] in einem Phasendiagramm dargestellt, das die sogenannten eutektischen Temperaturen - 8 , 2 ° C, - 2 2 , 9 ° C - 4 3 , 2 ° C und - 5 4 ° C als Ausfällungstemperaturen von speziellen Salzen des fein kristallinen Gemenges bzw. der Lösung aufweist. Bei — 8,2° C kristallisiert Natriumsulfat (Na2SO.j), bei - 23° C kristallisiert Natriumchlorit (NaCl), (bei - 36° KCl, bei - 54° CaCl). Von großer Bedeutung für die Eisbildung auf dem Meere ist der Zusammenhang zwischen Gefrierpunkt und Dichtemaximum bei jeweils verschiedenem Salzgehalt. D a s Wärmeverhalten des Seewassers ist insofern anormal, weil sein spezifisches Volumen (unter spezifischem Volumen versteht man den Kehrwert der Dichte (cm s /g), bei Abkühlung (bei chemisch reinem Wasser) bis + 4 ° C abnimmt; hier ist also sein Dichtemaximum erreicht. Bei weiterer Abkühlung nimmt sein spezifisches Volumen wieder zu, bis es beim Gefrieren bei 0 ° C sprunghaft um ca. 97 %0 zunimmt, d. h. das Eis schwimmt. Diese Verhältnisse bleiben grundsätzlich auch im Meerwasser erhalten, lediglich die Werte für das Dichtemaximum und den Gefrierpunkt werden verschoben. G. H a u x : Tauchtechnik.
Auftragungen der Dichte von Eis über die Temperatur, abhängig vom Salzgehalt, zeigen, daß auch Meereis zwischen - 1 0 ° C und - 2 5 ° C und unterhalb - 30° C, je nach Salzgehalt, sich so verhält, wie reines Eis, nämlich sich zusammenzieht und bei Behinderung der Dehnung rissig wird. Nur im Bereich 0° C bis etwa - 1 0 ° C und zwischen - 2 5 ° C und — 30° C dehnt sich Meereis bei Temperaturabfall aus. Als wichtigste Eigenschaft des Meereises ist also hervorzuheben: Meereis schwimmt auf dem Wasser; die Ozeane vereisen nicht vom Boden her, d. h. bei Vereisung entsteht auf den entsprechenden Meeresgebieten eine Isolierschicht, die die Wassermassen vor weiterer Auskühlung gegen die Atmosphäre schützt. Das Eis auf dem Meere stellt eine Trennschicht dar mit scharfen Temperaturgradienten zur oberen und unteren Grenzfläche. Die thermischen Eigenschaften und Prozesse sind sehr unterschiedlich von denen der Grenzfläche Land gegen Luft. Im Meere gibt es keine Phänomene des Dauerfrostbodens. Bei reinem Wasser liegen das Dichtemaximum bei + 4° C und der Gefrierpunkt bei 0° C, bei Wasser mit Salzgehalt von 24,7 %o liegen Dichtemaximum und Gefrierpunkt bei —1,33° C. Bei Wasser mit größerem Salzgehalt liegt das Dichtemaximum bei tieferen Temperaturen als der Gefrierpunkt. Bei Meerwasser von 35 °/oo Salzgehalt liegt der Gefrierpunkt bei - 1 , 9 ° C und das Dichtemaximum bei — 3,5° C.
P h ä n o m e n e , Genese u n d M o r p h o l o g i e
775
Bei Abschätzung v o n Berechnungen z u m W ä r m e h a u s h a l t sind Überlegungen physikalischer Z u s a m m e n h ä n g e n o t w e n d i g . Wasser k o m m t in drei Phasen v o r : gasförmig ( W a s s e r d a m p f ) , flüssig (Wasser), fest (Eis). Mit d e m Ü b e r g a n g v o n einer Phase in die andere ereignen sich besondere energetische Prozesse (latente W ä r m e ist n o t w e n d i g ) . U m 1 g Eis in W a s s e r d a m p f zu ü b e r f ü h r e n , sind bei 1 A t m L u f t d r u c k U m 1 g Eis in Wasser (flüssig) zu ü b e r f ü h r e n , sind U m 1 g Wasser in Wasserdampf zu ü b e r f ü h r e n , sind
720 cal/g nötig 80 cal/g nötig 540 cal/g nötig
Zu den thermodynamischen Eigenschaften des Eises sind die Begriffe der spezifischen Wärme und der latenten Wärme zu behandeln. Beide sind Funktionen von Salzgehalt und Temperatur. Die physikalischen Erscheinungen von Schmelzund Gefrierprozessen werden in geophysikalischen Werken behandelt. Dampfspannung und Verzögerung im Gefrierpunkt von Salzlösung wurden um 1875 untersucht. A. D e f a n t [1928, 1961]: Physical O c e a n o g r a p h y . Tabellen siehe H a n d b o o k of M a r i n e Science [1974], O Vi,
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Salzgehalt 35
40
Salzgehalt (%«)
Schematische
Darstellung der
(%o)
Salzge-
haltsänderungen des Meereises in v e r -
Abhängigkeit von Gefrierpunkt und Dichtemax. des
schiedenen Tiefen von Eis im sibirischen
Meerwassers vom Salzgehalt. Wasser von der Cha-
Schelfgebiet von Oktober bis August auf
rakteristik wie im Schraffierten Sektor sinkt ab:Was-
Grund von Beobachtungen der „Maud"-
seraustausch i. d. Wassersäule durch Konvektion.
Expedition.
G e f r i e r v o r g ä n g e u n d Salzgehalt des Meerwassers A b b . 8.3 links Beziehung zwischen T e m p e r a t u r des G e f r i e r p u n k t e s u n d des Dichtemaximums u n d Salzgehalt Bei einem Salzgehalt v o n 24,7 % 0 kreuzen sich die F u n k t i o n s k u r v e n . Wasser v o n der C h a r a k t e r i s t i k des rechten unteren Dreiecks zwischen den F u n k t i o n e n gefriert an der Oberfläche, b e v o r es absinken k a n n ; als Eis schwimmt es: D i e Wassersäule k ü h l t bis z u m Boden nicht weiter aus. Wasser mit größerem Salzgehalt als 24,7 %0 gilt als Meerwasser. N a c h : A m e r i c a n P r a c t i c a l N a v i g a t o r , U S N a v a l H . O . W a s h i n g t o n , Publ. N r . 9, G r u n d l a g e H . U . S v e r d r u p et al. [1942] T h e O c e a n rechts Beispiel der Ä n d e r u n g des Salzgehaltes in verschiedenen Tiefenlagen des Meereises N a c h : „ M a u d " Expeditionsberichten, 1922—24, Eis der ostsibirischen D r i f t . F. M a l m g r e n [ 1 9 2 7 ] : O n t h e Properties of Sea Ice, the N o r w e g i a n N o r t h P o l a r E x p e d i t i o n w i t h the „ M a u d " , 1918—1925, Scientific Results, Bd. I, N r . 5
776
Meereis
Abkühlung und Konvektion des Meerwassers bis zur Eisbildung. Als einfachstes Modell sind die Vorgänge der Eisbildung folgendermaßen zu beschreiben: Im Sommer schmilzt die Eisdecke oben ab. Im Winter friert die Eisdecke von unten an. Diese Vorgänge spielen sich in einer Schicht ab, die etwa 0,5 m Eis pro Jahr betrifft. Die genannten Beziehungen zwischen Dichtemaximum, Gefrierpunkt und Salzgehalt sind für die Eisbildung und die Erscheinung der Eisbildung auf den Meeren von größter klimatischer Bedeutung in Bezug auf Hydrosphäre und Atmosphäre. Die Abkühlung des Meerwassers erfolgt an der Grenzfläche durch eine kalte Atmosphäre (spezielle Phänomene wie Grundeisbildung und unterkühlte Wassernüssen sind hier nicht diskutiert). Bei Abkühlung einer Wassermasse durch die Atmosphäre kann der Gefriervorgang beginnen, wenn die Wassermasse auf den Gefrierpunkt abgekühlt ist. Solange die Temperatur des Dichtemaximums des Wassers über der Temperatur des Gefrierpunktes liegt, wird es durch Abkühlung zu seiner gegenüber der Umgebung größer gewordenen Dichte absinken und nicht gefrieren: Es entsteht die Konvektion. Das bedeutet, daß eine Wassersäule zunächst durch Konvektion auf den jeweiligen Gefrierpunkt abkühlt bevor Eisbildung an der Oberfläche des Meeres durch weitere Abkühlung eintritt. Konvektion und Gefrieren des Meerwassers infolge Abkühlung an der Oberfläche erfolgt: (bei einer Lufttemperatur von - 10° C) bei Salzgehalt von Konvektion bis zu Diditemax. Eisbildung an Oberfläche + 4°C bei 0° C - 1,07° C -0,3° C - 1,9° C Eisbildung
Das bedeutet, daß die Konvektion im Meerwasser von einem Salzgehalt von 24,7 °/oo an bei - 1 , 3 3 ° C aufhört, d. h. daß damit Meerwasser an der Oberfläche zu Eis erstarrt, wenn weitere Abkühlung erfolgt und das Wasser nicht mehr absinkt, während darunter liegende Wassermengen bei der Temperatur des Dichtemaximums stagnieren. Meerwasser von größerem Salzgehalt als 24,7 %o, z. B. 35 °/oo hat seinen Gefrierpunkt erst bei - 1 , 9 ° C , aber seine größte Dichte erst bei - 3 , 5 ° C erreicht. Das bedeutet, daß bei Wasser von solchem Salzgehalt die Konvektion bis - 1 , 9 ° C anhält. Die Meere sind jedoch z. gr. T. nicht von homogenen Wasserkörpern erfüllt, sondern mehrfach geschichtet. In vielen Meeresräumen befinden sich die Schichten außerdem in Bewegung. So gibt es Sprungschichten, an denen die thermische Konvektion von der Oberfläche her aufhört; d. h. es wird nicht die gesamte Wassersäule bis zum Meeresboden durch Konvektion auf den Gefrierpunkt abgekühlt. Außer den genannten Bedingungen sind noch eine Reihe von Faktoren für die Eisbildung auf dem Meere maßgebend: die Wassertiefe der Gewässer
Phänomene, Genese und Morphologie
777
(flache Gewässer kühlen schnell aus, z. B. Hudson Bay, St. Lorenz Golf (südlicher Teil), Ostsee, Wassermassenaustausch der Strömungen, Modifikation der Grenzflächen durch Schneefall (beschleunigend wegen Schmelzerwärmung und Süßwasserzufuhr), Wellen retardierend, und die Zeitspanne, in der die Abkühlung erfolgt. So verläuft die Eisbildung auf dem Meere, durch solche Bedingungen modifiziert, regional sehr viel differenzierter als nach dem einfachen Modell (siehe oben). Meerwasser mit 35 °/oo Salzgehalt würde erst nach Abkühlung der gesamten unterlagernden Wassersäule auf —1,9° C gefrieren. Das salzarme (30-32 %o) arktische Oberflächenwasser des Nordpolarmeeres mit einem Gefrierpunkt von - 1 , 6 ° C bis - 1 , 8 ° C schafft aber günstige Voraussetzungen für die Eisbildung. Besonders im sibirischen Schelfbereich, wo der Salzgehalt mit 22 °/oo sehr niedrig ist, kommt es bei Abkühlung rasch zur Entwicklung einer mehrere 100 km breiten Festeisdecke, die mit dem Land verbunden ist. „Diese Wasserschiditen (Sprungsdiichten) werden auch als Eisträgerschichten bezeichnet, weil sie f ü r die Eisbildung von entscheidender Bedeutung sind. Eine typische Eisträgerschicht finden wir bei bestimmten Wetterlagen in der Beltsee, den Gewässern zwischen D ä n e m a r k und Schweden.
Abb. 8.4 Eisrand, augenblickliche Grenze des Neueises, „Ice Edge", Tschuktschen-See I. Neubildung des Randes der polaren Eisdecke, vorrückend. Eisrand besteht aus kleinen Fragmenten ( < 2 m), „Brush", durch Wind und Strömung zusammengedriftet. a) Eisbildung durch Gefrieren des Meerwassers (Veränderung in vertikaler Dimension). b) Eisrand durdi Gefrieren des Meerwassers und Zusammendriften (horizontal). Bogenförmiger Verlauf des Eisrandes, „Bights". II. Atmosphärische Erscheinung an diesem dreifachen Grenzsaum Wasser-Eis-Atmosphäre, „Triple I n t e r f a c e " : Seerauch, „Frost Smoke", verursacht durch warmes Wasser (3° C) und kalte Luft (— 8° C); diese Nebelflocken (werden auch „Cumulus fractus" genannt) mit Schattenbildung auf dem Eis. Wellen: Seegang 3 bis 4. A u f n a h m e : H . G. Gierloff-Emden [11. O k t . 1975] Tschuktschen-See, von N A S A Convair Galileo II, Pilot F. Drinkwater, Flughöhe ca. 250 m, Leiter der Mission: E. Petersen
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Meereis
Eine besonders dünne Eisträgerschicht tritt in der Nordsee auf, wenn sich das leidite Flußwasser bei Ostwind in der Deutschen Bucht ausbreiten kann und nicht durch Wellengang vermischt wird. Diese Wasserschicht ist sehr dünn und kühlt schnell ab, so daß eine relativ dünne Eisschicht entsteht, die aber für die Schiffahrt harmlos ist, da sie sich nicht verstärken kann und durch aufkommenden Seegang schnell zerstört wird." Scharnow [1958]: Ozeanographie für Nautiker.
Der Vorgang der Eisbildung und des Eisschmelzens auf dem Meere spielt sich an der oberen Grenzfläche des Meeres ab unter Einbeziehung der Wechselwirkungen in der Grenzschicht der Atmosphäre mit dem Strömungsfeld der wasser- und eisnahen Luftschicht und der Hydrosphäre mit Abkühlung, Erwärmung und Austausch von Wasser. G. Weller [1968].
Eisbildung auf dem Meere und Struktur der Meereisdecke Beim Gefriervorgang auf dem Wasser entstehen zunächst kleine Eisplättchen, die durch Eisbrücken zusammengehalten werden. Die Eisplättchen haben bis zu 2 cm Durchmesser, sind salzfrei, haben Kristallstruktur; die optische Achse steht senkrecht auf den Plättchen. Äußeres Anzeichen ist makroskopisch eine ölig metallische Oberfläche des Meerwassers. Dieser Zustand der Vereisung wird als Frazil Ice bezeichnet. Im nächsten Stadium wird diese Masse zu einer dickeren Suppe, Grease Ice genannt. Bei weiterer Verfestigung durch Gefrieren entstehen kleine, runde Schollen, wegen gegenseitiger Kollision mit aufgebogenem Rand, die als Pancake Ice (Pfannkucheneis) bezeichnet werden. Die Kristalle sind zusammengefroren. Es ist Neueis entstanden, je nach Abkühlung von einigen cm Dicke, z. B. bei — 20° C um 2 cm in einigen Stunden. Die Eisschicht wächst durch Anwachsen nach unten. Junges Meereis hat durch Einschluß von Meerwasser zunächst einen Salzgehalt von 5 °/oo, doch wurden auch schon Maximalwerte von 8 bis 10 °/oo gemessen. Bei rascher Abkühlung ist ein größerer Prozentsatz von Salzen aus dem Meerwasser enthalten. Das Salz ist als Substrat als Lauge (Brine) in H o h l r ä u m e zwischen den Kristallen eingeschlossen. Infolge weiterer Gefriervorgänge und unterschiedlichen Gewichtes k o m m t es zur Differenzierung. Die Salzlösungen sinken nach unten ab; das Neueis wird salzärmer. Eis bei anfänglich etwa 10 %o Salzgehalt hat später im Laufe des Winters nur noch 5 °/oo, am Ende eines Jahres aber nur noch ca. 4 %o Salzgehalt. Eiskristallsuspensionen wachsen in Wirbeln oder schnell strömenden Wasserkörpern besonders schnell heran und bilden Eisbrei, da die bei der Eiskristallisation frei werdende Wärme abgeführt werden muß, um die Kristalle nicht wieder zu schmelzen. Andererseits entstehen bei sehr schnellem Gefrieren Eisund Salz-Kristalle auf der Oberfläche: „Indem die feinen Eisnadeln, die an ihrer Spitze die Salzkristalle tragen, immer dichter aneinander rücken, bilden sie nach 24 Stunden eine mattweiße Schicht, die der Uneingeweihte für frischen Schnee halten könnte. Die sibirischen Elfenbeinsammler, die im Frühjahr vom Festland nach den Neusibirischen Inseln hinüberfahren verwenden das ausgeblühte Salz zu Speisezwecken und nennen es „Rassol" (Lake oder Sole): daher dann die ganze Erscheinung ihren Namen empfangen hat." O. Krümmel, Hdb. Ozeanographie, Bd. I [1907], S. 502-503.
Phänomene, Genese und Morphologie
779
Abb. 8.5 Eisfeld am Packeis des Nordpolarmeeres mit Schollen, Tschuktschen-See Weißes Eis mit dünner Schneedecke, Eisbedeckung 8 /io- Schollen aus mehrjährigem Eis mit Brüchen, „Cracks", Vordergrund, und eingefrorenen älteren Schollen, kenntlich durch Preßrücken, „Ridges", Relief sichtbar durch Schattenbildung. Bildausschnitt ca. 300 m in der Breite. Schrägluftbild. A u f n a h m e : H . G. Gierloff-Emden [11. Okt. 1975] Tsdiuktschen-See, von N A S A Convair „Galileo I I " , Pilot F. Drinkwater, Flughöhe ca. 300 m, Leiter der Mission: E. Petersen
Abb. 8.6 Eisfeld mit dichten Schollen am Packeis in der nördlichen Tschuktschen-See Eisbededkung 9/io- Eisschollen (bis 50 m Durchmesser), Pfannkuchen-Eisschollen, rundlich, dicke Ränder, bis 20 m. Die Eisschollen stammen aus mehrjährigem Eis. Ihre Oberfläche ist reliefiert und durch Rücken geformt. Sie sind bis zu 2 m dick. Pfannkuchen-Eisschollen erstjährig (weiß-grau). Bildausschnitt ca. 300 m in der Breite. A u f n a h m e : H . G. Gierloff-Emden [11. O k t . 1975] wie Abb. 8.5.
780
Meereis
D a s N e u e i s k a n n i m B e r e i c h des N o r d p o l a r m e e r e s i n n e r h a l b eines J a h r e s bis z u 2 m D i c k e a n w a c h s e n . Es w i r d F i r s t Y e a r Ice g e n a n n t . I n f o l g e S c h m e l z u n d w i e d e r G e f r i e r v o r g ä n g e e r f o l g t w e i t e r e D i f f e r e n z i e r u n g v o n Eisskelett u n d S a l z l a u g e n , so d a ß d e r S a l z g e h a l t auf d e r O b e r f l ä c h e des M e e r e i s e s auf u n t e r 1 °/oo a b s i n k e n k a n n . D a m i t w i r d ä l t e r e s M e e r e i s f ü r die G e w i n n u n g v o n T r i n k w a s s e r n u t z b a r . D i e s e Tatsache w a r d e n W a l f ä n g e r n u n d R o b b e n -
Abb. 8.7 Oberfläche des mehrjährigen festen Packeises im Nordpolarmeer mit Eispreßrücken u. Brüchen Aufnahmen mit Methoden der Fernerkundung (aus 1200 m Höhe) Panchromatische Luftbildaufnahme (oben) und Infrarot Scanning Darstellung (SensorAufnahme) (unten). Aufnahmen bei Tageslicht. Das bedeutet eine Beeinflussung der Eisoberfläche durch Sonneneinstrahlung bezüglich der Wärmeausstrahlung, die die Infrarotabbildung wiedergibt. Die Sonneneinstrahlung gibt im sichtbaren Spektrum einen Sdiatteneffekt (oberes Bild, Licht von links) der Eispreßrüdten und bewirkt eine Erwärmung der angestrahlten Rücken auf dieser Seite, die sich bei der Infrarotabbildung als weißer Streifen anzeigt. Aufnahme der Eisoberfläche mit Radar vgl. S. Schneider: Das Luftbild als Hilfsmittel bei der Untersuchung hydrologischer und meereskundlicher Probleme, in: S. Schneider [1974]: Luftbild und Luftbildauswertung, S. 285, LAG-Reihe, Walter de Gruyter & Co. Nach: P. Badgley, L. Miloy u. L. Childs [1969] Ocean from Space, S. 164, Gulf Publishing Company. Mit freundlicher Genehmigung von L. Childs. J. H. McLellan [1969] Remote Sensing and Interpretation of Sea Ice Features
Phänomene, Genese und Morphologie
781
Schlägern der vergangenen Jh. bekannt (vgl. auch Berichte von Cook und Nansen), ist auch heute noch f ü r die Versorgung der driftenden arktischen Stationen auf dem Meer von Bedeutung. Trinkwasser kann von Schmelztümpeln auf Eisschollen stellenweise direkt abgepumpt werden. Wenn das First Year Ice im Bereich des Nordpolarmeeres den folgenden Sommer überdauert, nimmt es durch Anfrieren von unten an Dicke wieder zu und wird zum Second Year Ice. Eisschollen nach dem zweiten Jahr an Alter werden als Multi Year Ice bezeichnet und erreichen im Nordpolarmeer Dicken von 3 m. Infolge von Ubereinanderschieben entstehen Doppelschichtungen (Rafting) und Preßrücken (Ridges). (Ausführliche Beschreibungen gab F. Nansen [1897] mit zahlr. Abb.). An diesen kann das Eis 5 - 8 m über dem Meeresspiegel und 10-30 m unter dem Meeresspiegel an Dicke erreichen, „Keel" genannt, vgl. Abb. 8.8, wie es die Sonar-Messungen von Atom-U-Booten bei Eis-Preßrücken Sea-Level
U-Boot zwischen Eisdecke und Meeresboden in der BeaufortSee vor Alaska (Projekt). Die Wasserschicht überdem Schelf wird durch Eispreßrücken (unterer Teil „Keel") und Frosteishügel „Pingo"am Meeresboden eingeengt. Die Keels können im flachen Wasser den M e e r e s boden erreichen . modifiziert nach: DEHN u. HUGHES (1972)
Verteilung der maximal, (obere Linie) und der minimalen (untere Linie)Eisdicke(H)in m, im Nordpolarmeer, gemessen von U. S. Submarine „Nautilus" entlang Meridian 0°-180°u. 126°. modifiziert nach: A. F. TRESHNIKOW u. G. I. BARANOW (1972) Übersetzung Jerusalem (1973)
Abb. 8.8 a und b Die Dicke der Eisschicht auf dem Nordpolarmeer Abb.. 8.8 a oben Meereis, Eisdicke und bathymetrische Verhältnisse auf dem Schelf im Nordpolarmeer vor der Küste von Alaska, Beaufort See, und das Projekt von U-Tankern Nach Untersuchungen von W. S. Dehn u. F. D. Hughes [1972] Good Sea-Ice Forecasting can be indispensible to Arctic Condition; Oilgas Journ. Oct. 23, p. 82—90 und in H . J. Walker [1975] Geoscience and Man, Vol. x l l , Baton Rouge. Abb. 8.8 b unten Eisschicht im Verlaufe eines Profiles über das Nordpolarmeer
782
Meereis
Fahrten unter dem Polareis ergaben. Das Eis bekommt Substanzzuwachs durch Schneeauflagen und Substanzverlust durch Schmelzen infolge Überspülung. Der Zustand der unteren Fläche der Eisdecke, die Anzahl der Salze und ihr Inhalt an Luftbläschen beeinflussen ihr Auseinanderbrechen und das Absorbieren akustischer Schwingungen bei Sonar-Messungen. O. C. Diachok [1976]: Recent Advances in Arctic Hydro-acoustics (Naval Research). Und ders. [1975]: Effect of Sea Ice Ridges on Sound Propagation in the Arctic Ocean. Wenn eine Eisdecke entstanden ist, so d ä m p f t diese eine einlaufende Dünung sehr stark. Die Eisdecke hemmt den Lichteinfall in das Wasser stark (Polarsommer). Abb. 7.98 Eis hat je nach seiner Konsistenz und Dicke Farben von Dunkelgrau bis Weiß. Dickes Multi Year Ice erscheint weiß. Eine Eisdecke wirkt als Isolator der oberen Grenzschicht des Meeres. Temperaturmessungen an Eisschollen des Nordpolarmeeres ergaben folgende Werte, die nach Jahreszeit und Tiefe im Eis variieren: im Winter in 0,25 m Tiefe —26° C, in 2 m Tiefe - 1 0 ° C, im Sommer in 0,25 m Tiefe 0° C, in 2 m Tiefe - 1 , 2 ° C. Oberfläche und Unterfläche nehmen etwa die Temperatur der Grenzschichten L u f t und Wasser an.
Abb. 8.9 Arktisches Packeis mit Brüchen und Öffnungen, nördliche Beaufort-See Altes Eis, mindestens zweijährig (Multiyear). Dicke 1 m, z. T. 2 m, weiß. Graues Eis über überfrorenen Ö f f n u n g e n „Polynyas", neugefrorenes an Frakturen, ca. 20 cm dick, mit dünner Kruste, „Nilas", welche zu kleinen Spannungsrissen (Cradcs) und zu schmalen Rinnen, 10—50 m breit, „Leads", erweitert waren (große Ö f f n u n g e n im Eis, d. h. ausgedehnte Wasserflächen heißen Polynyas, hier in Abb. nicht vorhanden). Luftbildschrägaufnahme: H . G. Gierloff-Emden [10. O k t . 1975] Beaufort-See 75° N Breite Von N A S A Convair „Galileo I I " , Pilot F. Drinkwater, Flughöhe ca. 7500 m, Bildbreite ca. 2,5 km, Leiter der Mission: E. Petersen
Phänomene, Genese und Morphologie
783
Eine Eisscholle im Nordpolarmeer besteht also nicht aus homogenem Material. Bei Eisschollen von einem Alter von über fünf Jahren hat die ehemalige Unterschicht infolge Abschmelzens der Oberschicht allmählich die Oberfläche selbst erreicht, während nach der Unterseite Zuwachs durch Gefrieren erfolgt ist. Im Nordpolargebiet beträgt das jährliche Abschmelzen an der Oberfläche etwa 0,5 m, entsprechender Zuwachs findet im Winter statt. Da Meereis sich häufig in Bewegung befindet, entstehen vielerlei Eisformen durch Dynamik: Festformen durch Aufschiebungen (Veränderung der Topographie), Öffnungen in der Eisdecke durch Zerrungen und Drift (Veränderung der Bedeckung). Infolge von Bewegungen wird die Eisdecke zu Packeis, in welchem einzelne Schollen unterschiedliche Rotationsbewegungen durchführen können.
Abb. 8.10 Packeis in der Bering See, März 1973. Didite Schollen 9 /io Eisbedeckung Weißes Eis, erstjährig. Heliokopter der USSR auf den Stationen R3 und R5 ca. 600 km SW der Bering-Straße. Länge des Heliokopters l i m . Messung der Eisdicke und Schneeauflagc. links: Station R3 Position: 61° 20' N, 177° 48' W Eisdicke 0,59 m Schneeauflage 0,13 m
redits : Station R5 Position: 61° 05' N, 177° W Eisdicke 0,81 m Schneeauflage 0,07 m
Nadi USSR/USA Bering Sea Experiment Proceedings of the final Symposium on the Results of the Joint Soviet-American Expedition, Leningrad, 12—17 May, 1974. Edited by: K. Ya. Kondratyev, Yu. I. Rabinovich u. W. Nordberg, Leningrad [1975], R. O. Ramseier, P. Gloersen, W. J. Campbell and T. C. Chang: Meso Scale Description for the principal Bering Sea Experiment
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Meereis
7.ur Dynamik von Treibeis
Abb. 8.11 Kinematik von Treibeis auf dem Meere im Gezeitenbereich der Nordsee Treibeisfelder werden mit dem Gezeitenstrom bewegt und zeigen nach Position und Form die Bewegung des Wassers an der Oberfläche an. Hier im Bild: Eisband (Eisstreifen), Gezeitenströmung in der Inneren Deutschen Bucht mit Stromband (rechts) und Verwirbelung (links Mitte). Aufnahme umfaßt einen Rahmen von etwa 1,4 km Breite, 1 km Höhe. Wirbel an Treibeisfeld ca. 600 m Durchmesser. Minimum Yisible: kleine erkennbare Eisschollen, weiße Punkte, ca. 1 m Durchmesser. (Lockeres Treibeis). Bild Region ca. 3 sm von Scharhörn, über Robbenplate, Elbe-Einfahrtsbereich. Eisbedeckung 4/io> Schollen klein bis sehr klein. Lit. vgl. D H I [1956] Atlas der Gezeitenströme für die Nordsee, den Kanal und die Britischen Gewässer. V. W. Ekman [ 1 9 0 6 ] Beiträge zur Theorie der Meeresströmungen. Aufnahme: Hansa-Luftbild G m b H , freigegeben: Reg.-Präs. Münster/Westf., N r . 123 v. 25. 1. 1968 Auftrag: Institut für Geographie, Universität Hamburg, Prof. Dr. A. Kolb, 6. 2. 1963 Flugsenkrechtaufnahme im Maßstab 1 : 8000, 22. 2. 1963, 15.35 Uhr, (Ausschnitt) Flughöhe ca. 800 m, Reihenbild 23 X 23 cm, Bild N r . 1628, Film N r . 3 mit W I L D R C 8, 15/23, Avignon N r . 86, f =
152,34 mm, Panchromatischer Film
Nach: H . G. Gierloff-Emden [ 1 9 6 7 ] Das Luftbild als Hilfsmittel zur Aufklärung der Dynamik von Schweb- und Sinkstofftransport in der Nordsee, D H Z , H . 6, S. 2 6 6 — 2 7 8 ,
Phänomene, Genese und Morphologie
785
Abb. 8.12 Treibeisfeld in der Nordsee. Vom Treibeis eingeschlossene Insel N e u w e r k Links im Bilde (Osten) Küstenfesteis, oben Schollenbildung, im übrigen Treibeis, Schollen, angedriftet, Schollengröße klein bis mittel, auf der Oberfläche geschlossenes Eis A u f n a h m e : Zeiss R M K 15/23 im Jan. 1968, Flughöhe 4000 m, Maßstab hier 1 : 27 000. N o r d e n ist im Bilde unten. Die A u f n a h m e ist so orientiert, daß Schatten auf Beobachter gerichtet ist (siehe Deich der Insel). Insel und Außendeichsland schneebedeckt (weiß). Aufnahmezeit: H W . Das Bild liegt im Raum der Seekarte D H I N r . 138. Infrarot-Film, kontrastreich, Wasser erscheint schwarz (vgl. Priele und Außendeichsland). Region bei N W - S t a n d vgl.: H . G. Gierloff-Emden [1961] Luftbild und Küstengeographie an der deutschen Nordseeküste. A u f n a h m e : Vermessungsbüro N . Rüpke, H a m b u r g . Freigegeben durch L A H unter N r . 43/68.
786
Meereis
Ein Schema der Entwicklung der Meereisarten wurde von Scharnow [1955] entwickelt. Dabei wird unterschieden nach der Entstehung von Meereis in ruhiger See und in bewegter See (bei Seegang). Bei ruhiger See entsteht kristallines Neueis und dann primäres Festeis. Bei Seegang entsteht loser Eisbrei und daraus primäres Treibeis. Aus dem primären Festeis kann sekundäres Treibeis entstehen, wenn Seegang einsetzt. Aus dem primären Treibeis kann sekundäres Festeis entstehen, wenn Seegang aufhört und weiter Frost herrscht. Aus beiden Entstehungsarten kann Packeis entstehen. W. Schwarzacher [1959]: Pack-ice Studies on the Arctic Ocean. J. Stefan [1891]: Uber die Theorie der Eisbildung, insbesondere über die Eisbildung im Polarmeer. N . Untersteiner u. F. Badgley [1965]: The Roughness Parameters of Sea Ice. N . Untersteiner u. G. A. Maykut [1970]: Arktisches Meereis. Das Schwimmen von Eis auf dem Meere und die Eintauchtiefe Ein Stück Eisscholle schwimmt auf dem Meere in hydrostatischem Gleichgewicht, bestimmt von Dichte des Eises und des Wassers. Die Dichte von Wasser des Nordpolarmeeres kann z. B. zu 1,025 g/cm 3 angenommen werden (abhängig von Temperatur und Salzgehalt). Die spezifische Schwere von Meereis variiert zwischen 0,85 und 0,93; diejenige von Süßwasser beträgt etwa 0,917. Damit schwimmt Süßwassereis im Seewasser mit 0,105 seiner Dicke über der Oberfläche. Für Meereis von einer spezifischen Schwere von 0,89 gilt, daß es mit 0,131 seiner Dicke über der Oberfläche schwimmt, d. h. Frischwassereis schwimmt mit 9 0 % seines Volumens unter der Oberfläche (Eisberge), und Meereis schwimmt mit 87 °/o seines Volumens unter der Oberfläche. Die Eintauchtiefe von schwimmendem Eis variiert mit der Dichte des Seewassers (in Abhängigkeit von Temperatur und Salzgehalt) und mit der Dichte des Eises (ebenfalls in Abhängigkeit von Temperatur und Salzgehalt). Eintauchtiefe von Eis in Meerwasser bei einer Form mit senkrechten Wänden Dichte des Eises Dichte des Wassers
1.00 1.03
0.6
0.7
0.8
0.9
1.5 1.4
2.3 2.1
4.0 3.5
9.0 7.0
Tabelle nach Werten v o n N . H . Zubov [1957]: Oceanological Tables, Hydrometeorological Inst. Leningrad, UdSSR, aus: F. Walton Smith (Ed.) [1974]: Handbook of Marine Science, Bd. I.
Eiszerfall und Schmelzen. Der Eiszerfall mit seinen Schmelz- und Bewegungsvorgängen wird näher beschrieben bei E. Bruns [1962]: Ozeanologie. Bd. 2. Sobald sich die Eistemperatur 0° nähert, setzt der Schmelzprozeß ein. Die Salzwasserzellen vergrößern sich und verbinden sich untereinander, was zu
Phänomene, Genese und Morphologie
787
einem verstärkten Aussickern der Lauge führt. Das Eis schmilzt von innen heraus, aber auch an der Oberfläche kommt es zur Bildung von Schmelzwasserpfützen und -tümpeln (Puddles). Im letzten Stadium wird das Eis körnig und porös, es „rottet" (Rotten Ice) und enthält freies Wasser. Vgl. Abb. 8.39. Schmelzwasserseen auf dem Eis vergrößern sich im Sommer sehr rasch, weil die Albedo (Reflexionsvermögen) für die wärmewirksame Infrarotstrahlung bei Eis 1 2 % , im Wasser nur 1 ®/o beträgt, während f ü r die Gesamtstrahlung auf der Eisoberfläche der reflektierte Anteil 50 °/o ausmacht. Die Wasserflächen auf dem Eise sind im Gegensatz zum trockenen Eis oder Schnee mit Hilfe von Infrarotaufnahmen wegen der kontrastreichen Abbildung gut feststellbar, jedoch nicht im Gegensatz zu eisfreien Wasserflächen des Meeres. Das Meereis als tragende Schicht auf dem Wasser. Geschlossene Eisdecken werden bzw. wurden wegen ihrer Tragfähigkeit als Verkehrswege genutzt, z. B. in den Bereichen der H a f f s an der Ostseeküste. Die Expeditionen zum Nordpol mit Schlitten wurden und werden noch über die Eisdecke unternommen; die russischen Forschungs-Stationen befinden sich auf Eisschollen. D o r t fahren Traktoren und landen und starten Flugzeuge. Im Ostseebereich wurde von der Eisdecke aus die Eisfischerei betrieben. Die Tragfähigkeit von Meereis ist von Dicke und Festigkeit abhängig; diese variiert mit Temperatur und Salzgehalt. Kälteres Eis hat eine wesentlich größere Tragfähigkeit als wärmeres Eis. Bruns (Bd. 2) gibt an, daß die minimale Stärke von See-Eis f ü r Skiläufer zwischen 4 cm und 7 cm beträgt, f ü r PKW von 3 t zwischen 21 cm und 28 cm, f ü r Traktoren von 6 t zwischen 29 cm und 38 cm, f ü r Traktoren von 12 t zwischen 42 cm und 55 cm. Tiere als ökologisch-morphologischer
Faktor für das Meereis
Das Eis kann in einigen Regionen des Nordpolarmeeres und in Baffin Bay und Davis Street auch von Meerestieren verändert werden. Robben können von der Unterseite der Eisschicht größere Hohlräume zustandebringen und offenhalten, von denen aus sie nach oben zur Oberfläche des Eises Atemlöcher offenhalten. Diese Verhaltensweise wird von Eskimos zur Seehundjagd ausgenutzt. Die Oberfläche des Meereises wird durch eine Anzahl von Tieren in regelmäßigem Kontakt beeinflußt: Eisbär, Walroß und mehrere Robbenarten verbringen einen großen Teil ihres Daseins auf dem Eis. Sie hinterlassen Spuren der Verformung im Eis wie Ruhe- und Bewegungsspuren oder Fäkalienspuren. In den USA und in Kanada wurden einige große Forschungsprogramme zu dieser Problematik eingerichtet. C. Ray führte schon in den 60er Jahren eine Expedition zum Tauchen unter das Eis durch, um die Lebensverhältnisse von arktischen und antarktischen Tieren aus der direkten Beobachtung zu erforschen. C. Ray et al. [1978] : Strategies for Protecting Marine Mammal Habitats.
788
Meereis
Eisnomenklatur Eine Eisnomenklatur für den internationalen Gebrauch wurde im Jahre 1956 von der WMO (World Meteorological Organization) eingeführt. Die deutsche Ubersetzung (mit englischen Begriffen) gab F. Nusser [1956], D H Z , Bd. 9, H . 4, heraus. F. Nusser hatte als Vertreter der B R D in der internationalen Working Group mitgewirkt. F. Nusser hat 1964 im Handbuch für die Fischereigebiete des Nordwestatlantischen Ozeans eine Definition der Eisbezeichnungen gegeben. Diese Eisnomenklatur der WMO war vor allem für die Vereisung der polaren Gewässer bestimmt, konnte jedoch auch für den Vereisungstyp der Nebenmeere gemäßigter Breiten, wie z. B. Ostsee, verwendet werden. Nach einer rasdien Weiterentwicklung der Erforschung des Meereises wurde im Jahre 1967 von der Arbeitsgruppe „Schnee und Eis" der Kommission für Maritime Meteorologie in der WMO eine neue Fassung der Eisnomenklatur ausgearbeitet. Diese neue WMO-Eisnomenklatur wurde unter dem Titel „WMO Sea Ice Nomenclature" 1970 viersprachig (englisch, französisch, russisch, spanisch) herausgegeben. Edition: Secretary of the WMO, Geneva, N r . 259, 147 S. In dieser neuen WMO-Eisnomenklatur wurden auch die Bewegungsvorgänge des Eises besonders berücksichtigt. Sie enthält: 1. Eine Gliederung der Eisbezeichnungen, die nach hauptsächlichen Merkmalen des E i s v o r kommens vorgenommen wurden, in Dezimalklassifikation. 2. Eine Definition der in a l p h a b e t i s i e r Reihenfolge angeordneten Eisbezeidinungen. 3. Einen Bildteil v o n über 100 Seiten mit Schwarz-Weiß- und einigen F a r b p h o t o s zu den B e g r i f f e n der K l a s s i f i k a t i o n , zumeist L u f t b i l d e r .
Eine Übersetzung der WMO-Eisnomenklatur von 1967 in deutscher Sprache wurde von G. Koslowski [1969] in der D H Z , H. 6, S. 57-67, veröffentlicht. Diese Ubersetzung enthält die englischen Begriffe der WMO und die deutsche Ubersetzung. Die jeweilige Beschreibung der einzelnen Eisbegriffe ist hier nur im alphabetischen Teil gegeben. Der Bildteil des Originales der WMO ist nicht enthalten. Die Nomenklatur umfaßt 10 Seiten und enthält etwa 110 Klassifikationsbegriffe. Für Satellitenaufnahmen davon nur etwa 45. In der W M O - E i s n o m e n k l a t u r v o n 1970 erfolgt die Gliederung der Eisbezeidinungen: 1. Schwimmendes Eis - F l o a t i n g ice 2.
Entwicklung - D e v e l o p m e n t
3. Arten des Festeises - F o r m s of f a s t ice 4.
Treibeis - Pack ice
5. B e w e g u n g s v o r g ä n g e des Treibeises - Pack ice motion processes 6.
D e f o r m a t i o n s v o r g ä n g e - D e f o r m a t i o n processes
7.
Ö f f n u n g e n im Eis - Openings in the ice
8. Besonderheiten der Eisoberfläche - Ice surface features 9.
Abschmelzstadien - Stages of melting
10.
I m Meer v o r k o m m e n d e s Landeis - Ice of land origin
11.
H i m m e l s - und Luftanzeichen - S k y a n d air indications
12.
Bezeichnungen f ü r die S c h i f f a h r t auf dem Wasser - Terms relating to s u r f a c e shipping
13.
Bezeichnungen f ü r Unterseebootfahrten - Terms relating to submarine navigation
Phänomene, Genese und Morphologie
789
Koslowski [1969] publizierte das Gliederungsprinzip der Eisnomenklatur der WMO in Form einer graphischen Darstellung, die die Struktur der Klassifikation erkennen läßt: „Die WMO Eisnomenklatur", DHZ, Jg. 22, H. 6. Eine Aufstellung der WMO-Eisnomenklatur von 1967 (Gliederung und Definition) ist auch (Gliederung in verkürzter Form) ohne Abbildungen jedoch mit alphabetischem Verzeichnis in dem nautischen Buch des Deutschen H y drographischen Institutes, Nr. 2000, „Für Brücke und Kartenhaus", wiedergegeben. Eine sehr ausführliche Beschreibung der Arten des Meereises mit Klassifikationen in Anlehnung an sowjetrussische Autoren, K. K. Derjuginou, D. B. Karelin [1954]: Eisbeobachtungen auf den Meeren. Hydrometeorologischer Verlag Leningrad (russisch) gab E. Bruns [1962], Bd. II: Arten des Meereises und die Beobachtung der Eisverhältnisse. Und: Klassifikation, äußere Merkmale und Definitionen. Die Anzahl der möglichen Eisklassifikationen ist groß. Gegliedert wird z. B. nach den Kategorien: Genese, Morphologie, Alter, Struktur, physikalisdimechanische Parameter, geochemische Parameter, nautische Aspekte (Verteilung von Passierbarkeit), geographische Aspekte (regional), Dynamik des Eises. Auf den Eiskarten der verschiedenen Nationen werden noch immer unterschiedliche Merkmale für die Legende verwendet. Das ist durch den Maßstab der Karten, ihren Verwendungszweck und die dargestellte Region bedingt. Beispiele vgl. Kap. Sibirischer Seeweg und Vereisung der Ostsee. Die Eisbedeckung, auch „Eisdichte" genannt, wird nach Zehntel des Verhältnisses Eis zur freien Wasserfläche angegeben, in den Eismeldungen einiger Länder nach Achteln. Das ist ein statistischer Wert in bezug auf die Flächenverteilung, mit dem keine Aussage über viele kleine Schollen oder nur wenige große gegeben ist. Die Beschreibung der Eisarten erfolgte bis 1945 bei der Eiserkundung durch Flugzeuge, die auf die Schiffbarkeit der Gewässer ausgerichtet war, nach 10 Hauptarten der Eisverhältnisse: 0) Eisfrei, 1) Neueis oder loser Eisbrei, 2) Festeis (bis 15 cm dick), 3) Treibeis (Schollen bis 15 cm dick), 4) zusammengeschobener Eisbrei oder dichte Treibeisstreifen, 5) offene Seerinne längs der Küste, 6) starkes Festeis (über 15cm dick), 7) starkes Treibeis (Schollen über 15 cm dick), 8) Packeis, 9) Eispressung. Merkblatt für die Eiserkundung durch Flugzeuge. Bearbeitet von der Deutschen Seewarte, Januar 1945, Nr. 2310.
790
Meereis
Die geographischen Typen der
Meeresvereisung.
Mehrere dieser „geographischen Typen" der Meeresvereisung wurden aufgestellt. Diese Typen bieten viel Diskussionsstoff, und Einteilungsprinzipien sind wie bei Küstenklassifikationen reichlich vorhanden. Meist werden in der Begriffsbildung verschiedene Kategorien durcheinander verwendet, wie klimatologische und topographische, z. B. Polarer Typ und Buchtentyp. J. Büdel [1950]: Atlas der Eisverhältnisse des Nordatlantischen Ozeans und Übersichtskarten der Eisverhältnisse des N o r d - und Südpolargebietes: D H I N r . 2325 u. a. Publikationen.
Bedeutung der Eisarten für Aufstellung eines zonalen Systems für die Kalkulationsgrundlagen zu Arbeitseinsätzen im Norden Amerikas. Vgl. Abb. 8.42 Von L. E. Hamelin, Centre d'Etudes Nordiques, Univ. Laval, Quebec: " A zonal System of Allowances for northern Workers, an Example for applied Geography". The Musk-Ox, a Journal of the North, P u b l . N r . 10, S. 5-20 (1972), Univ. Saskatchewan, Saskatoon, Canada.
Unter dem Grad „Nordicity" wird diejenige erschwerter Arbeitsbedingungen und Naturverhältnisse einzelner Zonen verstanden. Die Region „Extreme North" umfaßt den kanadischen arktischen Archipel. Zu den Kriterien „Valeurs polaires" gehören u. a. z. B. monatliche Kältegrade und „Types of Ice"; und „Floating Ice". Grad der Bewertung, „Nordicity", als Lebensraum nach Meereisbededkung Wert Permanent Pack in the Arctic Ocean Pack on Peri-arctic Seas Pads for 9 Months
100 90 60
Wert Pack for 6 Months Pack for 4 Months Pack for less than 1 month
40 20 0
Formen des Meereises und Definitionen (Klassifikation) (zusammengestellt von Franz Nusser [1958/59], Hamburg, Geographisches Taschenbuch). Die Commission for Maritime Meteorology (CMM) der World Meteorological Organization (WMO) stellte 1956 folgende offizielle, in Auswahl wiedergegebene internationale Eisnomenklatur auf. (Bezeichnungen in russischer Sprache sind weggelassen.) Die Formen des Meereises und Definition werden hier nach der Aufstellung von F. Nusser gegeben, weil sich diese Aufstellung nach Umfang und Ausführlichkeit der Beschreibung für eine Darstellung im Rahmen dieses Buches eignet. (Mit freundlicher Genehmigung.) Neuere Klassifikationen siehe vorherige Seiten. I. 1.
Meereis Entwicklung
Neueis - N e w ice - . Eine allgemeine Bezeichnung, die Kristalle, Eissdilamm, Eisbrei, P f a n n kucheneis und Eishaut einschließt. Eiskristalle - Ice crystals - . Feine Nadeln oder Plättchen aus Eis, im Wasser schwebend. Eissdilamm - Ice slush - . Eine Anhäufung von zusammengefrorenen Eisnadeln auf der Wasseroberfläche. Sie bilden Flecken oder eine dünne, zusammenhängende Schicht von grauer oder bleierner Farbe. Die Meeresoberfläche, die mit Eisschlamm bedeckt ist, hat eine dunkle Farbe. Schneeschlamm - Snow slush - . Eine zähe Masse, die bei starkem Schneefall im abgekühlten Wasser entsteht.
Phänomene, Genese und Morphologie
791
Eisbrei - Sludge Schwammartige, weißliche Eisklumpen von wenigen Zentimetern Durchmesser. Pfannkudieneis/Tellereis - Pancake ice - . Neu gebildete Eisstücke, gewöhnlich fast kreisförmig mit einem Durchmesser von ungefähr 30 cm bis 3 m. Als Folge des Aneinanderstoßens der einzelnen Eisstücke durdi Wind und Seegang ist der Rand erhöht. Eishaut - Ice rind - . Eine dünne, elastische, glänzende Eiskruste, weniger als 5 cm dick, entstanden durch das Zusammenfrieren von Eisschlamm oder Eisbrei auf einer ruhigen Meeresoberfläche. Sie wird durch Wind oder Seegang leicht zerbrochen. Beim Durchfahren eines Schiffes ist ein klirrendes Geräusch zu hören. Jungeis - Young ice - . Frisch gebildetes ebenes Eis, gewöhnlich im Übergangsstadium von der Eishaut oder dem Pfannkucheneis zum Wintereis. Dicke des Eises 5-15 cm. Es kann in der Regel nicht betreten werden. Das Reisen auf ihm mit Hundeschlitten oder das Landen von Flugzeugen mit Ski oder Rädern ist gefährlich. Wintereis - Winter-ice - . Mehr oder weniger ungebrochenes ebenes Eis, das in einem Winter aus dem Jungeis entstand. Dicke des Eises von 15 cm bis 2 m. Absolut sicher für Reisen über das Eis. Unterteilung: Mittelstarkes Wintereis - Medium winter-ice (15-30 cm dick), starkes Wintereis - Thick winter-ice (mehr als 30 cm dick). Polareis - Polar ice - . Außerordentlich starkes Meereis, 3 m oder noch dicker, in mehr als einem Winter gebildet, stark aufgepreßt. Durch Verwitterung kann es schließlich eine mehr oder weniger ebene Oberfläche erhalten. Unterteilung: Junges Polareis, Arktisches Polareis. Junges Polareis - Young polar ice - . Polareis, das im ersten Sommer seines Bestehens nicht geschmolzen und in die zweite Wachstumsperiode eingetreten ist. Am Ende des zweiten Winters hat es eine Dicke von 2 oder mehr Metern. Es unterscheidet sich von dem 1 Jahr alten Eis dadurch, daß ein größerer Teil aus dem Wasser ragt und die Aufpressungen abgerundeter sind. Arktisches Packeis - Arctic pack - . Fast salzfreies Eis, über 2 Jahre alt. Dicke des Eises mehr als 2,5 m. Die Eisoberfläche ist gewellt. Die Eisaufpressungen unterlagen mehr als einmal einer Oberflächenabschmelzung und sind deshalb gerundet. Wenn eine Schneedecke fehlt oder nur sehr dünn ist, hat das Eis eine blaue Farbe verschiedener Schattierungen. Buchteis - Bay-ice - . Ebenes Eis, das in mehr als einem Winter gebildet und nicht aufgepreßt wurde. Schneeschichten auf der Oberfläche trugen zum Dickenwachstum bei. Die Höhe des Eises und Schnees über dem Meeresspiegel kann bis etwa 2 m betragen. Schelfeis - Ice-shelf - . Eis mit ebener Oberfläche, das mehr als 2 m über den Meeresspiegel ragt. Es bildet sich durch den jährlichen Zuwachs von Firnschnee auf dem Buchteis oder auf einem in die See vorgeschobenen Gletscher. Eisinsel - Ice island - . Von einem Sdielfeis losgelöster treibender Teil. 2.
Formen
des
Festeises
Festeis - Fast-ice - . Meereis, das gewöhnlich an der Stelle, an der es ursprünglich entstanden ist fest bleibt. Es kann eine beträchtliche Dicke erhalten. Es kommt entlang den Küsten vor, wo es am Ufer befestigt ist, oder über Untiefen, wo es durdi Inseln, gestrandete Eisberge oder durch gestrandetes Packeis am Ort gehalten wird. Küstenfesteis - Shore ice - . Grundform des Festeises. Es ist eine an den Küsten befestigte, im flachen Wasser auch bis zum Grund reichende kompakte Eisdecke. Bei Änderungen des Meeresspiegels können vertikale Schwankungen beobachtet werden. Das Küstenfesteis kann mehrere Hunderte von Kilometern breit werden. Winterfesteis - Winter fast-ice - . Festeis in Fjorden, Buchten und Meeresstraßen, hauptsächlich durch Wachstum von den Küsten aus, aber auch das Zusammenfrieren von Treibeis/ Packeis entstanden. Winterfesteis hebt und senkt sich entsprechend den Gezeiten.
792
Meereis
Buchteis - Bay-ice - . (Siehe oben). Polares Küstenfesteis - P o l a r fast-ice - . Festeis, e n t s t a n d e n durch S t r a n d u n g u n d Z u s a m m e n frieren v o n Polareis. A m E n d e des Winters k a n n es mehrere Zehner v o n K i l o m e t e r n in die See hinausreichen. E i s f u ß - I c e f o o t - . Eisstufe, an der Küste befestigt, w i r d durch die Gezeiten nicht bewegt u n d bleibt zurück, w e n n das Küstenfesteis abtreibt. Es gibt verschiedene E i s f u ß f o r m e n . Grundeis - Anchor i c e / G r o u n d ice - . A m Boden befestigtes oder verankertes Eis, gleichgültig welcher E n t s t e h u n g s a r t . 3.
Treibeis/Packeis
—
Drifl-ice/Pack-ice
a) Eisbedeckung B e m e r k u n g : Diese w i r d in einigen Eisberichten nach Achteln, in anderen nach Z e h n t e l n gerechnet. Sehr dichtes/zusammenhängendes Treibeis/Packeis - V e r y close drift-ice/pack-ice - . Eisbedekk u n g praktisch 1 0 /io oder 8 /g. Wenig oder gar kein offenes Wasser v o r h a n d e n . Dichtes Treibeis/Packeis - Close drift-ice/pack-ice - . Zusammengesetzt aus sich meist b e r ü h r e n d e n Schollen. Eisbedeckung 7 / i o - 9 / i o oder 6/g—7/sLockeres Treibeis/Packeis - O p e n drift-ice/pack-ice - . Die Schollen b e r ü h r t e n sich n u r selten, viele R i n n e n u n d Stellen o f f e n e n Wassers sind v o r h a n d e n . Eisbedeckung 3
4
/ i o - e / i o oder
/8-5/8.
Sehr lockeres Treibeis/Packeis - V e r y open drift-ice/pack-ice
M e h r Wasser als Eis. Eisbe-
deckung V i o - 3 / i o oder Ve-'Vsb) G r ö ß e der Schollen Eisscholle - Ice-floe/Flohe - . Ein einzelnes Stück Meereis aber nicht Festeis, groß oder klein, je nach der Dicke als „schwach" oder „ s t a r k " bezeichnet. Sehr g r o ß Groß Mittelgroß Klein Sehr klein
-
vast big medium small Ice-cake
= Durchmesser über 20 k m = Durchmesser 1 bis 10 k m = Durchmesser 200 bis 1000 m = Durchmesser 10 bis 200 m = Durchmesser weniger als 10 m
Eisbergstück - Bergy-bit - . Ein mittelgroßes Eisstück, gewöhnlich weniger als 5 m über den Wasserspiegel ragend, u n g e f ä h r v o n der G r ö ß e eines kleinen Hauses. I n den meisten Fällen aus Gletschereis bestehend, gelegentlich aber auch ein massives Meereisstück oder losgebrochenes Preßeis. W e n n die E n t s t e h u n g aus Meereis sicher ist, k a n n der Ausdruck Schollenberg - Floeberg gebraucht w e r d e n . G r o w l e r / E i s h ü m p e l - G r o w l e r - . Eisstück, kleiner als ein Eisbergstück, h ä u f i g v o n grünlicher F a r b e u n d n u r wenig über das Wasser ragend. Es k a n n sowohl aus Meereis als auch aus Gletschereis e n t s t a n d e n sein. T r ü m m e r e i s - Brash-ice - . A n h ä u f u n g v o n kleinen Bruchstücken mit nicht m e h r als 2 m D u r c h messer; T r ü m m e r f o r m v o n a n d e r e n E i s f o r m e n . c) A n o r d n u n g Eisfeld - Ice-field - . Ein Gebiet mit Treibeis/Packeis, bedeckt mit Schollen irgendeiner G r ö ß e u n d von so weiter A u s d e h n u n g , d a ß seine G r e n z e n v o n der Ausgucktonne eines Schiffes nicht übersehen w e r d e n k ö n n e n .
Phänomene, Genese und Morphologie
793
Eisgürtel - Belt - . Langgestrecktes Gebiet mit Treibeis/Packeis, von wenigen Kilometern bis mehr als 100 km breit. Eisbank - Patch - . Eine Ansammlung von Treibeis/Packeis mit weniger als 10 km Durchmesser. Die Grenzen sind von der Ausgucktonne übersehbar. Bucht - Bay/Bight - . Eine Einbuchtung des Eisrandes, durdi Wind oder Strömung entstanden. Zunge - Tongue - . Ein bis mehrere Kilometer langer Vorsprung des Eisrandes, durch Wind oder Strömung entstanden. Streifen/Band - Stream/Strip/String - . Ein langes schmales Gebiet mit Treibeis/Packeis, ungefähr 1 km oder weniger breit, gewöhnlich zusammengesetzt aus kleinen Brudistücken, die sich von der Haupteismasse losgelöst haben und durch Wind, Seegang oder Strömung zusammengetrieben wurden. Eisrand - Ice-edge - . Die zu irgendeiner Zeit vorhandene Grenze zwischen dem offenen Wasser und dem Meereis, sei es Treibeis oder Festeis. Dichter Eisrand/Eisbarre - Ice-bar - . Eisrand, aus Schollen bestehend, die durch Wind, See und D ü n u n g zusammengepackt w u r d e n ; f ü r Schiffe schwierig zu durchdringen. O f f e n e r Eisrand - Open ice-edge - . Unbeständiger und nicht scharf ausgeprägter Eisrand, der ein Gebiet lockeren Eises begrenzt. In den meisten Fällen liegt er im Lee. Eisgrenze - Ice limit - . Mittlere Lage des Eisrandes in einem bestimmten Monat oder einer bestimmten Periode auf G r u n d von mehrjährigen Beobachtungen. 4. Aufbau
und
Oberflächenbeschaffenheit
Flacheis - Level ice - . Eis mit einer ebenen Oberfläche, das niemals aufgepreßt wurde. Typisch f ü r Buchten, Golfe, Sunde, Archipele und flaches Wasser, w o die Eisbildung ungestört vor sich geht. Preßeis - Pressure-ice/Screw-ice - . Eine allgemeine Bezeichnung f ü r zusammengepreßtes und stellenweise aufgeschobenes Eis. Unterarten sind: Schiebeeis, aufgepreßtes Eis und Preßrüdken. Schiebeeis - Rafted-ice - . Art des Preßeises, gebildet durch das Aufschieben von einer Scholle auf die andere. Aufgepreßtes Eis/Hügeleis/Packeis - Hummocked ice - . Willkürlich übereinandergehäuftes Eis. Preßrücken - Pressure ridge - . Rüdken oder Wall von aufgepreßtem Eis, in dem die Schollen übereinandergehäuft wurden. Preßeishügel - Hummock - . Ubereinandergehäufte Eisblöcke auf einer sonst verhältnismäßig ebenen Eisoberfläche. Verwittertes Eis - Weathered Ice - . Aufgepreßtes Polareis, das der Verwitterung unterliegt, die den Aufpressungen und Preßrücken abgerundete Formen gibt. H ä l t die Verwitterung an, so kann die Oberfläche mehr oder weniger eingeebnet werden. Eissporn - Ram - . Ein unter Wasser liegender Vorsprung eines Eisberges oder einer aufgepreßten Eisscholle. Er bildet sich gewöhnlich infolge der stärkeren Abschmelzung des über dem Wasser befindlichen Eises. 5. Öffnungen
im Eis
Riß, Spalte - Crack - . Jeder Bruch oder Riß im Meereis, der nicht so breit ist, daß er als Rinne bezeichnet werden kann. Ein Riß kann gewöhnlich übersprungen werden. Gezeitenriß/Gezeitenspalte - Tide crack - . Ein Riß, der sich zwischen dem Küstenfesteis und dem Eisfuß infolge der Schwankungen des Meeresspiegels bildet. Typisch nur f ü r Gebiete mit Küstenfesteis.
794
Meereis
Rinne/Wake - Lead/Lane - . Eine fahrbare Rinne durch Treibeis/Packeis. Küstenrinne - Shore lead Eine Rinne zwischen dem Treibeis und der Küste oder zwischen dem Treibeis und einem schmalen Küstenfestsaum. Polynya - Polynya - . Gebiet offenen Wassers von Eis, gewöhnlich Festeis, umschlossen. Dieses Gebiet offenen Wassers ist beständig und hat gewöhnlich eine längliche Form. Polynya vor dem Rand des Küstenfesteises - Polynya off edge of shore ice - . Polynya zwischen dem Küstenfesteis und dem Treibeis/Packeis, gebildet durch ablandige Winde und Strömungen. Tümpel - Pool - . Ein von Treibeis/Packeis umschlossenes, relativ kleines Gebiet offenen Wassers, anders als eine Rinne. Offenes Wasser - Open water - . Ein verhältnismäßig großes, frei befahrbares Wasser in einer sonst eisbedeckten See. II. Im Meer vorkommendes Landeis Gletschereis - Glacier-ice - . Jedes bergförmige, im Meer treibende Eis, das von einem Landgletscher stammt. Schelfeis - Ice-shelf - . (Siehe oben). Eisinsel - Ice island - . (Siehe oben). Eisberg - Iceberg - . Eine große Masse von treibendem oder gestrandetem Eis, mehr als 5 m über die Wasserfläche ragend, die entweder von einem Gletscher oder einem Schelfeis abgebrochen ist. Unterarten sind: Gletschereisberg und Tafeleisberg. Tafeleisberg - Tabular berg, Barrier berg - . Ein oben flacher Eisberg mit horizontaler Firnschichtung, gewöhnlich von einem Schelfeis abgebrochen. Gletschereisberg - Glacier berg - . Gletschereis, das von einem an die Küste reichenden Gletscher abgebrochen ist und entweder im Meere treibt, gewöhnlich mindestens 5 m über dem Meeresspiegel ragend, oder auf einer Untiefe gestrandet ist. Eisbergstück - Bergy-bit - . (Siehe oben). Growler/Eishümpel - Growler - . (Siehe oben). Trümmereis - Brash-ice - . (Siehe oben).
Eisbildungsphänomene an der oberen Grenzschicht des Meeres Wasserhimmel - Water-sky - . Charakteristische dunkle Flecken und Streifen auf niedrigen Wolken über offenem Wasser im Eis oder außerhalb des Eisrandes. Manchmal zeigen sie offenes Wasser an, das außerhalb der Sichtweite liegt. Eisblink - Ice blink - . Ein typischer weißlicher Schimmer auf niedrigen Wolken über einer Ansammlung entfernt liegenden Eises. Besonders deutlich am Horizont ausgeprägt. Frostrauch - Frost-smoke - . Nebelähnliche Wolken, entstanden durch die Berührung von kalter Luft mit verhältnismäßig warmem Wasser. Er tritt über neugebildeten Rinnen und eisfreien Stellen oder im Lee des Eisrandes auf und kann auch während der Bildung von Eisschlamm oder Eisbrei und Jungeis bestehen bleiben. Vgl. Abb. 8.4, auch „Seerauch". Seerauch
(ursprünglich
„arktischer
Seerauch")
vgl. Abb. 8.4
Wo kalte Luft über wesentlich wärmeres Wasser strömt, bildet sich ein schwadenförmiger, nicht sehr hochreichender Nebel, den man wegen seines Aussehens als Seerauch bezeichnet.
Phänomene, Genese und Morphologie
795
Ursache ist die starke Verdunstung an der warmen Wasseroberflädie und die Abkühlung des Wasserdampfes in der wesentlich kälteren Luft unter den Taupunkt. Auch hier kann man sagen, daß die sehr kalte Luft durch die starke Wasserdampfzufuhr übersättigt wird. Daß der Seerauch in Schwaden auftritt, wird von der Turbulenz der Luft verursacht, die nebeneinanderliegende A u f - und Abwindwirbel bedingt. In den Aufwindteilen wird viel Wasserdampf mitgenommen und schnell unter den Taupunkt abgekühlt, in den Abwinden kommt die trockenere Luft von oben mit über dem Taupunkt liegender Temperatur an. Seerauch kann für kleinere Schiffe gefährlicher sein als für größere. Wenn er z . B . 1 5 m hoch reicht, steht man auf der Brückennock eines größeren Frachters schon über der Nebelzone und sieht Teile benachbarter Schiffe herausragen, während man auf kleineren Schiffen keine Fernsicht mehr hat. Dieser Seerauch wird besonders in arktisdien Gebieten über Waken (Rinnen offenen Wassers im Eis) oder offenen Stellen in Eisfeldern beobachtet, wenn die Luft wesentlich kälter als das Wasser ist. Daher stammt der Name „arktischer Seerauch". H. Prügel [1973], Wetterführer, S. 62
Schiffsvereisung, eine Erscheinung der Grenzschicht Hydrosphäre—Atmosphäre (Ozean—Luft) Zahlreiche Schiffsverluste werden durch Vereisung verursacht. Besonders betroffen sind Fischdampfer und Fischkutter, die im nördlichen Atlantik und im Pazifischen Ozean in gefährdeten Zonen operieren. Auf Fischdampfern im Nordmeer wurden Eismäntel bis zu 0,7 m Dicke beobachtet. In der Zeit von 1955 bis 1968 wurden sechs Fischdamfpferuntergänge infolge Spritzwasservereisung im Nordatlantischen Ozean gemeldet. Die Windstärken betrugen um 10-11, die Lufttemperatur - 5 °C bis - 1 2 °C, die Wassertemperatur + 1 °C bis + 1,5 °C. Wenn überkommendes Seewasser oder Spritzwasser infolge von Lufttemperaturen unter 0° C, in der Wirkung verstärkt durch Wind, an Deck, Aufbauten, Takelagen und dem Fischereigeschirr gefriert, kann es rasch zu gefährlichen Stabilitätsveränderungen und Verdrängungszunahme (geringerer Freibord) und zum Kentern des Schiffes führen. Außerdem kann ein Nebel, der aus unterkühlten Wassertropfen (Seerauch) besteht, am Schiff zu gefährlichem Vereisungsabsatz führen, „black frost" genannt. Sicher ist, daß Wasserund Lufttemperatur, Kurs und Fahrt sowie Bauweise und Seeverhalten den Grad der Vereisung beeinflussen: Fahrzeuge, die viel Wasser übernehmen, sind besonders gefährdet. Bei schwerer See ist ein Entfernen des Eispanzers durch Abschlagen nicht möglich. Als neues Problem erwies sich die Spritzwasservereisung von Containern in Oberdeckslast, deren Enteisung kostspielig und zeitraubend ist. In der Ostseefahrt sind Kümos mit Holzladung an Oberdeck stark gefährdet, zumal das salzarme Ostseewasser schneller gefriert, als Meerwasser mit größerem Salzgehalt. H. C. Mertins [ 1 9 6 8 ] : Icing on Fishing Vessels due to Spray. Muschkeit [1968]: Eisgefährdung in der Hochseefischerei. M. Rodewald [ 1 9 5 5 ] : Das Ende von „Rodrigo" und „Lorella". P. Emmrich [ 1 9 7 1 ] : Über Wetter, Eis und Vereisung auf den Fischgründen Labradors im Winter.
796
Meereis
Abb. 8.13 Eisbildung in der Grenzschicht Ozean — L u f t Spritzwasservereisung. Vereister Fischkutter, südliche Küste Alaskas Der Kutter „ O l a f " , Länge 26 m, wurde von der US Coast G u a r d am 17. J a n u a r 1974 vor der Südküste von Alaska in der Jute Bay, Shelikof Straße, Insel Kodiak, auf G r u n d gelaufen vorgefunden; der Freibord war überflutet. Die vierköpfige Crew hatte den Kutter verlassen und blieb vermißt. A m Vortage herrschte hoher Seegang mit 10 m hohen Wellen und Windstärke von 70 kn, L u f t t e m p e r a t u r —10° C. Der Kutter war durch Vereisung von Spritzwasser instabil geworden.
Meereis an Küsten
797
Stärkegrad der Vereisung leicht : 1 - 3 c m / 2 4 h stark : 7-14cm/24h mäßig : 4-6 cm/ 24 h sehr stark = 15cm /24h Abb. 8.14 Spritzwasser-Vereisung als Erscheinung der Grenzschicht Hydrosphäre — Atmosphäre Vereisung von Fischereifahrzeugen durch Spritzwasser bei geringer Fahrt. Aus der Abb. ist die Bedeutung des Windes bei Gefriervorgängen in der Grenzschicht Wasser — L u f t erkennbar. The J a n u a r y 1974 issue of the Mariners Weather Log contained an article on superstructure icing. The marine forecasts issued by the Anchorage Weather Service Forecast O f f i c e include superstructure icing when air and sea temperatures and winds indicate icing is probable. The phrases light freezing spray, moderate freezing spray, heavy freezing spray with rapid accumulation of ice, and very heavy freezing spray with very heavy accumulation of ice are now a part of the marine forecast. The following accumulation rates are based on ships in the 100- to 250-ton class: Slow accumulation of ice is defined as less than 1.0 tons per hour. Moderate accumulation of ice is defined as 1.0 to 2.0 tons per hour. R a p i d accumulation of ice is defined as 2.0 to 4.0 tons per hour. Very rapid accumulation of ice is defined as more than 4.0 tons per hour. N a c h : O. Mertins [1968] Icing on Fishing Vessels due to Spray. Mar. Obs. 38 und Mariners Weather Log [May 1974] N r . 3
Zu Abb. 8.13 A u f n a h m e : Official Coast G u a r d Photograph, Kodiak, Alaska, Photographer 011974-02 Nach: Example of Super Structure Icing. Mariners Weather Log, [Mai 1974], Bd. 18, N r . 3 Mit freundlicher Genehmigung von US Department of Commerce, N a t i o n a l Oceanic and Atmospheric Administration, Environmental D a t a Service, Ed.: E. E. Wilson [1975]
798
Meereis
Meereis an Küsten Die Wirkungen des Meereises an den Küsten sind von Bedeutung für Küstenmorphologie (Formung), Sedimentologie (Meeresboden), Küstenbau und Küstenschutz. Besondere Bedeutung kommt der Wirkung des Eises an Küsten und auf flachen Meeresböden im Meer mit Gezeitenerscheinungen zu. H. Sverdrup [1927] : Dynamics of Ice on the North Sibirian Shelf. Bedeutende Forschungen zu dieser Thematik wurden von deutscher Seite im
Abb. 8.15 Eisbildung an der Nordwestküste von Alaska, Tschuktschen See, Flachküste m. Nehrungen Prozesse: A n d r i f t von Schollen und A b d r i f t von Festeis oben: Eisschollen, durch Wind an die Küste gedriftet, Land von Schnee bedeckt; graues Eis, jung, Dicke 10 cm bis 15 cm; Beginn des Winters. Oktober. (Am Strand zwei Hütten), unten: Küsteneis von Brandung und von Gezeitenstrom von Küste losgerissen, lange Platten von Festeis (enthalten am Boden Sediment), Land von Schnee bedeckt; Beginn des Winters, schwimmend: Meereisbildung, „Frazil Ice". H . G. Gierloff-Emden [11. O k t . 1975] von N A S A Convair „Galileo II", Flughöhe ca. 800 m.
Meereis an Küsten
799
Ostseeraum von den Geographen der Universitäten Königsberg und Greifswald während der 20er und 30er Jahre geleistet, u. a. von Pratje [1933], Blüthgen [1954] und später Reinhard [1954, 1958/59]. Als älteste Arbeit sei die von Bornhöft [1885]: Der Greifswalder Bodden, genannt. Eine Arbeit über die Verhältnisse an der nordamerikanischen Ostküste gab J . C. Dionne [1970], die eine sehr umfangreiche Bibliographie zum Thema der morphologischen Wirkung des Eises an Küsten enthält. Für die Küsten Alaskas zum Nordpolarmeer erbrachte. H. J . Walker während der 60er und 70er Jahre detaillierte Ergebnisse. Besondere Formen und Bildungsmechanismen kommen an den Küsten des Nordpolarmeeres dort vor, wo Permafrost im Boden vorhanden ist. In diesem Zusammenhang sind erosive und akkumulative Prozesse im jahreszeitlichen Rhythmus zu nennen. Eiswälle von großer Erstreckung kommen z. B. an den Ufern des Weißen Meeres und der sibirischen Küste vor, wo diese langen Uferwälle den Namen „Korga" tragen. U. Varjo [I960]. J . C. Dionne [ 1 9 7 0 ] : Aspects morpho-sédimentologiques du glaciel, en particulier des côtes du Saint-Laurent, Quebec. Ders. [ 1 9 7 2 ] : Caractéristiques des schorres des régions froides, en particulier de l'estuaire du Saint-Laurent. H . J . Walker [ 1 9 7 3 ] : Morphology of the N o r t h Slope, in Alaskan Arctic Tundra. E. Reimnitz u. P. W. Barnes [ 1 9 7 4 ] : Sea Ice as a geologic Agent on the Beaufort Sea Shelf of Alaska. Dies. [ 1 9 7 2 ] : Sea Ice as a geological Agent affecting the Margin of the Arctic. A . D . Short u. W . J . Wiseman [ 1 9 7 3 ] : Freezing E f f e c t s on Arctic Beaches. W . J . Wiseman et al. [ 1 9 7 3 ] : Alaskan Arctic Coastal Processes and Morphology. H . G. Greene [ 1 9 7 0 ] : Microrelief of an Arctic Beach. H . E. Reineck [ 1 9 7 6 ] : D r i f t Ice Action on Tidal Flats, N o r t h Sea, hat besonders die Wirkungen von Eisbildung auf den Watten bezüglich der Formen des Sedimentes behandelt.
Mit der winterlichen Eisbildung entsteht an Küsten von Flachwasserregionen Eis, das an Ufern und am Grunde aufsitzt, Festeis. Dieses Festeis hat Kontakt mit dem Substrat des Bodens. Durch Seegang, Gezeiten und Winde kann das Küstenfesteis zerbrochen und bewegt werden. Es folgt Eispressung, wodurch Eiswälle aufgeschoben werden - an arktisdien Küsten bis zu 7 m hoch - und Eisschub, wodurch Geschiebe des Bodens bewegt wird. Auf diese Weise entstehen an den Ufern verschiedene zahlreiche Kleinformen. Bei größerem Ausmaß solcher Vorgänge kommt es zur Zerstörung an Küstenbauwerken und Seezeichen. Im Bereich der arktischen Küsten Nordamerikas gilt das Eis als Merkmal zur Gliederung der Küste im Gezeitenbereich in Stockwerke. Ellis et al. [1969]: Arctic and Subarctic Examples of Intertidal Zonation. Gliederung des Küsteneises von L a n d nach See: I.
Der Eisfuß (ice foot), d. h. Eis, welches ständig, auch während des Niedrigwasserstandes auf dem Boden fest aufliegt. Der Eisfuß ist an felsigen Küsten sehr schmal, an Flachküsten breit. 2. Der als Scharnier bewegte Teil des landfesten Eises auf dem Strand, mit dem landseitigen R a n d stets fest auf dem Grund, mit dem seewärtigen R a n d nur bei extremem Niedrigwasserstand auf dem Grunde fest. 3. Der seewärtige Teil des „Küstenfesteises", das bei allen Wasserständen frei schwimmt ohne Grundberührung.
800
Meereis
Eisbildung am Strand PINGOK ISLAND
•
POINT LAY
Sediment O ]
May 16,1972
Snow
May 1973
Ice E 3
Ice £23
Ice loot (frozen spray and swash)
Ice foot (frozen spray and swash) [ ] : Ice boulders (relative sizes, not to scale)
Ice boulders (relative sizes, not to scale) Imbedded swash mass & sediment
Snow C D Sediment •
Imbedded swash mass & sediment
M
I—I
5 / 1 5 / 7 3 Top of frozen sediment
20
30 -
Meters
Abb. 8.16 a
Abb. 816 b
Eisformen an der Küste des Nordpolarmeeres Eisfuß und Strandeisform und -bildung. Profil (überhöht) durch Strand von Pingok Island, Nordküste Alaska, nahe Point Lay. Winterstrand (Mai 1973) mit Absatz von Drifteis während des letzten Herbststurmes 1972 auf Neueis und folgender Meereseisbildung und Schnee-Akkumulation. Untere Linie: Mean Sea Level. Links oben: Tundra-Steilkante.
Eisformen an der Küste des Nordpolarmeeres Eisrücken, Eisfuß im Profil (überhöht), Strand von Point Lay mit Wechsellagen von Eis und Schnee, Winterstand (Mai 1972). Typisch für 50 km Küstenlänge mit Strandprofil nach Eisaufbruch 23. Juni. Untere Linie: Mean Sea Level. Links oben: Stranddüne. Gerissene Linie: unterer Eisrücken aus Eisblöcken, boulders, (rechts im. B. unten) ist hypothetisch. Die Masse des Eises, die an dieser Stelle der Küste eingebettet war, wurde zu 10 m3/m Küstenlänge geschätzt.
Nach: A. D. Short [1976]: Observations on Ice deposited by Waves on Alaskan Arctic Beaches, S. 120, in: Rev. Geogr. Montr., Bd. 30, Nr. 1 - 2 , S. 115-1222. Coastal Studies Institute, Louisiana State University, Baton Zusammenfassung „Beobachtungen über das von Wellen abgelagerte Eis an arktischen Meeresstränden in Alaska". „Das entlang der Nordküste Alaskas angeschwemmte Eis stammt vom Packeis oder aus neugebildetem Eis. Wind und gezeitenabhängige Strömungen bringen das Eis in Küstennähe und der Wellengang deponiert es auf dem Strand. Man findet drei verschiedene Eistypen: Treibeis, Eisbrei und Gischteis. Treibeis kann während dem ganzen Sommer herangeführt werden. Eisbrei bildet sich zuerst in brackischen Lagunen und Aestuaren; es wird von Strömungen regelmäßig in küstennahe Gebiete gespült, wo es von Wellen auf den Strand geworfen wird. Gischt, Schaum und Sprühwasser gefrieren an der Oberfläche des Strandes, sobald die Luft- und Wassertemperatur unter 0° C fallen. Alle genannten Vorgänge bewirken die Bildung von Strandstrukturen bestehend aus eingebetteten Eisstücken, Eisbreistufen, Lagen von gefrorener Gischt, Sprühwasser und Meeresschaum sowie Schnee, wobei jeweils Sedimente dazwischen eingelagert werden können. Im Winter zeigt der Strand auch 2—3 m hohe Eiskämme, die durch den sich bildenden Eisfuß entstehen, sowie von neugebildetem Küsteneis umgebenes Packeis. Das Schmelzen von Eis und Schnee stört die Schichtung und führt zu Senkungs- und Thermokarstformen." nach A. D. Short [1976], Vgl. W. J. Wiseman et al. [1973] Alaskan Arctic Coastal Processes and Morphology
Meereis an Küsten
801
Die Wirkungen des Küsteneises werden besonders intensiv, wenn es zum Eisaufbruch k o m m t , und die T r ü m m e r des Küsteneises Erosionserscheinungen am Ufer, Meeresboden und an Bauwerken bewirken. Regional können große Steinblöcke mit diesem Eis verfrachtet werden. In der Ostsee wurden die vom Eis aus den Steilküsten der Moränenlandschaft herausbeförderten Blöcke im flachen Wasser nach dem Ausschmelzen aus dem Eis von den Steinfischern gesucht. Dem Sedimenttransport durch Küsteneis k o m m t große geologische Bedeutung zu. Mit den Auftauvorgängen k o m m t es regional zu speziellen hydrologischen Erscheinungen an der Küste. Im Nördlichen Bottnischen Meerbusen der Ostsee entstehen so auf flacher Schorre Blockfelder.
"Milde' Winter (=Eij»e75)
Anklam Uckermunde*-
Mtlch, Schweni Go/dberg
Neubrandenburg Waren Sfargard
'tisgeno'
/\eus 're
A b b . 8.16 c
Stettin
'Sehr strenge' Winter ( • Eiswert) 75 + Streuung)
'z,f
Mittlere Ausbreitung des Eises an der Küste der Ostsee
N a d i : P r ü f e r [1942], aus: J. Blüthgen [1954] Die Eisverhältnisse der Küstengewässer von Mecklenburg u n d V o r p o m m e r n , K a r t e 40 „ I m S p ä t w i n t e r spielt gelegentlich der M a t e r i a l t r a n s p o r t durch Eis eine nicht zu unterschätzende Rolle. B a n c r o f t glaubt, d a ß in einem einzigen Falle auf diese Weise über 3 Millionen T o n n e n Sedimente umgelagert w u r d e n . Dabei w i r d das Sediment mit dem Treibeis teilweise weiter hinaus in die Buchten geschafft, teilweise aber auch durch gestrandete Eisschollen bei hohen Fluten auf der hohen Marsch abgelagert. So k a n n es passieren, d a ß im F r ü h j a h r die Marschflächen mit lauter kleinen H ü g e l n bedeckt sind, ähnlich Ameisenhaufen. H i n d schätzte den S e d i m e n t t r a n s p o r t eines einzigen kleinen Eisfeldes in der A v o n m ü n d u n g auf über 93 000 T o n n e n . E r glaubt, d a ß die von den Eisschollen b e w i r k t e Erosion in den Marschen g r ö ß e r sei als ihre Ablagerungen u n d f ü h r t v o r allem die breiten M ü n d u n g s t r i d i t e r der Flüsse auf diesen E i s t r a n s p o r t zurück. I n den v e r h ä l t n i s m ä ß i g kleinen Marschen der N o r t h u m b e r l a n d straße sollen durch Eisstauungen a m A u ß e n r a n d e der Marschen stellenweise 1—1,50 m hohe natürliche Deiche e n t s t a n d e n sein." C . Sdiott [ 1 9 5 5 ] : Die Kanadischen Marschen, S. 18.
Küsteneis
und fischereiliche
Nutzung
Bei W l a d i w o s t o k w u r d e n im J a n u a r 1979 r u n d 3000 Personen v o m Treibeis im Japanischen Meer gerettet, die sich in zwei Meeresbuchten auf dem Eis z u m Fischen b e f a n d e n . Völlig überraschend f ü r die Jahreszeit setzte T a u w e t t e r ein, u n d die meisten der Fischer w u r d e n auf plötzlich abbrechenden Schollen ins o f f e n e Meer getrieben. U b e r 1000 Fischer k o n n t e n v o m Eisbrecher „ I l j a M u r o m e z " geborgen w e r d e n . Die d u r c h g e f ü h r t e R e t t u n g s a k t i o n d a u e r t e 48 S t u n d e n . Es w u r d e n zwei D u t z e n d Schiffe, ein Flugzeug u n d ein H e l i o k o p t e r eingesetzt.
802
Meereis
Eis und Eisbildung auf Watten Abb. 8.17 Küstenfesteis und Grundeis an der Gezeitenküste der Nordsee auf dem Watt der Dithmarscher Bucht vor Meldorf bei Niedrig-W. Jüngeres Eis (weiß), von Schnee bedeckt, über älterem Eis (weiß-grau), z. T. aufgelöst, bröckelig, mit Bodenkontakt. Schichten jeweils etwa 0,25 m dick. Im Vordergrund Grundeis, flache Eisfladen, grau, am Grund angefroren. Aufnahme: H . G. GierloffEmden [Febr. 1963]
Helgoland
In der östlichen Nordsee bildet sich im Winter nicht regelmäßig Eis. Scholleneis im Anschluß an zusammenhängendes Treibeis erreicht in 8 o/o aller Winter Helgoland. Der äußere Eisrand von zusammenhängendem Treibeis des Eiswinters 1955 entspricht im langjährigen Durchschnitt dem äußeren Eisrand von Scholleneis. Die Schiffahrtunterbrediung beträgt zwischen 0 und 18 Tagen, für Kleinschiffahrt um 30 Tage. Dithmarscher Bucht, Lage bei 54° N , 9° W, kreuzschraffiert
°°°°
lcf°°°°°[ Dichtes
Bremerhaven
Treibeis
Zusammenhängendes Treibeis Zusammengeschobenes Treibeis (Packeis) Starkes
Küstenfesteis
Abb. 8.18 Maximale Eislage im Winter 1955 an der Deutschen Nordsee-Küste (nach F. Nusser) Vgl.: Die Eisverhältnisse in der östlichen Nordsee, D H I , N r . 2006 [1973] in NordseeHandbudi, östlicher Teil, S. 116 ff.
Meereis an Küsten
803
Abb. 8.19 Eisform und Eisdynamik auf dem W a t t einer Gezeitenküste Küsteneis an der Gezeitenküste der Nordsee auf dem W a t t der Dithmarscher Bucht vor Meldorf bei Niedrigwasser. Lage vgl. Abb. 8.18. oben: Eisschubwälle, Eispressung, gestrandete Eisschollen, Seezeichen (Prigge) verdriftet durch Eis. Auf dem P h o t o F. Nusser, der damalige Leiter des Eisdienstes des D H I , vor der seeseitigen Grenze des Festeises. unten: Priel mit Wasser und Eisschollen, am W a t t gestrandete Eisschollen mit Sedimentbrocken und eingefrorenen Pfählen der Lahnungen, auf dem W a t t abgehobenes Festeis und aufliegendes Festeis, Wattoberfläche stellenweise wieder eisfrei. A u f n a h m e n : H . G. Gierloff-Emden [Febr. 1963]
804
Meereis
Abb. 8.20
Erosion und Sedimenttransport durch Eisschollen auf dem W a t t an der Nordseeküste
Schollen von Festeis (im Bild oben) und aus den Grüppen (Gräben im Watt, im Bilde Mitte und unten), Küste südwestlich Duhnen; nahe Cuxhaven, Niedrigwasserstand. (Tidenhub 3,5 m). Küstenverhältnisse nach dem starken Winter 1962/63, 4. Tauwettertag nach zehnwöchigem Frostwetter mit Küstenfesteis. A u f n a h m e : [8. März 1963] 14.00 Uhr, Flughöhe 150 m, Maßstab etwa 1 : 1000, Luftbild Dr. Lüneburg, Bremerhaven. Freigeg.: Niedersächs. Min. f. Verkehr, 18. 4. 1963, N r . 1355/69
Abb. 8.21 Erosion und Sedimenttransport durch Eisschollen auf dem W a t t an der Nordseeküste Schleifspuren (Grooves) und Wannen (dunkle Streifen und Flecken) bei Niedrigwasserstand, Knechtsand, gestrandete Eisschollen, Größe 2 bis 7 m, N W (Tidenhub 3,5 m). Küsteneisverhältnisse nach dem starken Winter 1962/63, 4. Tauwettertag nach zehnwöchigem Frostwetter mit Küstenfesteis und Packeis. A u f n a h m e : Wie Abb. 8.20
D a s Meereis des P o l a r m e e r e s u n d seine R a n d m e e r e
805
Eisbildung an Steilküsten An felsigen Küsten ist das Küsteneis durch Bildung eines sogenannten Eisfußes erosiv signifikant. Die Beteiligung solcher Vorgänge an Strandflatvorgängen wurde oft diskutiert. Vgl. Strandfiats in Kap. Schelfe u. Kap. Meereis, Schelfeis der Antarktis. Von Bedeutung für die Ausdehnung des Küstenfesteises sind die Gezeitenverhältnisse. Bei geringem Tidenhub, wie z. B. in der Ostsee und im Nordpolarmeer, bildet sich das Küsteneis als feste, und mit Steilufern als fest verbundene Eisdecke aus. Bei großem Tidenhub wird eine Eisdecke nur als schmaler Saum am Steilufer als Festeis ausgebildet; es entsteht ein beweglicher Eisrand seewärts.
A b b . 8.22 E i s b i l d u n g an Steilküste v o n N o r d w e s t - A l a s k a bei K a p L i s b u r n e P l a t e a u schneebedeckt, an der K ü s t e E i s f u ß b i l d u n g durch beginnendes Festeis ( W i n t e r a n f a n g ) . V o r der K ü s t e B r a n d u n g ( w e i ß e r schmaler S t r e i f e n ) . S c h r ä g l u f t b i l d . A u f n a h m e : H . G . G i e r l o f f - E m d e n [11. O k t . 1975] mittags, v o n N A S A C o n v a i r „ G a l i l e o I I " , P i l o t F. D r i n k w a t e r , Leiter der Mission: E. Petersen
Die Bedeutung der Gefriervorgänge an der Küste wurde von E. G. Kannenberg [1951]: Die Steilufer der schleswig-holsteinischen Ostseeküste, behandelt.
Abb. 8.23 a u. b Steilküste und Kliff unter Einfluß der Prozesse während des Winters mit Frost und Meereis Steilküste Brodtener U f e r bei Travemünde, Lübecker Bucht, Ostsee, Kliffhöhe ca. 20 m, Küste mit sehr geringer Gezeitenerscheinung (einige dm). Das Kliff ist aus Geschiebemergel aufgebaut, an dem Grundwasser an Gleitflächen austritt. Der Abrutsch ereignet sich mit dem A u f t a u p r o z e ß . Als Erscheinung, verursacht durch winterliche Vereisung des Strandes, ist zu vermerken, u. a. das Erodieren von submarinem Strand durch gestrandete Eisblöcke. Diese Blöcke schützen den Strand gegen Wellen. P h o t o : H . G. Gierloff-Emden [Dez. 1970], Auswerteskizze: H . G. Gierloff-Emden
Das Meereis des Polarmeeres und seine Randmeere
807
Das Meereis des Nordpolarmeeres und seiner Randmeere In astronomischer Beschreibung der Erde wird diese (ähnlich der Mars) als Planet mit Polkappen bezeichnet. Die Vereisung der polaren Regionen der Erde ist jedoch unterschiedlich, entsprechend der Verteilung von Land und Wasser: Die zentrale Polarregion des Nordens (Arktis) wird vom N o r d polarmeer (und Randmeeren) eingenommen, die zentrale Polarregion des Südens (Antarktis) vom antarktischen Kontinent. Das Meereis (Packeis) der nördlichen Polarregion (des Nordpolarmeeres) ist polares Eis der zentralen Polarregion. Das Meereis (Packeis) der südlichen Polarregion ist polares Eis der Zirkumpolarregion. Die Z u f u h r von Eis vom Festland erfolgt zum Nordpolarmeer zentripetal. Die Z u f u h r von Eis vom Festland (und hier Schelfeis) erfolgt zum Meer der südlichen Polarregion zentrifugal von der zentralen südpolaren Eiskappe. Dementsprechend gibt es in der Polarregion des Nordens auf dem N o r d polarmeer mit seinen Randmeeren die größte zusammenhängende Fläche schwimmenden Meereises und in der Polarregion des Südens auf dem antarktischen Kontinent die größte zusammenhängende Kappe von Gletschereis, Inlandeiskappe. Der antarktische Kontinent ist von größeren oder kleineren Schelfeisflächen, die z. T. auf dem Meer schwimmen, umgeben. Bis zu 7 fl/o der Fläche des Weltmeeres ist von Meereis bedeckt. Die Fläche des Meereises des Nordpolarmeeres und seiner Randmeere verändert sich periodisch mit den Jahreszeiten. Sie wächst während des N o r d winters auf rund 12 bis 13 Mio. km 2 an und schwindet während des Sommers auf etwa die Hälfte, etwa 6 bis 7 Mio. km 2 . Die jährlichen Schwankungen für den Wert der Fläche des Sommers (minimal) betrugen 1966 von 7,4 Mio. km 2 bis 1973 6,3 Mio. km 2 . R. M. Sanderson [1976]. Das Nordpolarmeer hat auf einem Meridian zwischen den Inseln des amerikanischen Kontinents (Ellesmere Inseln) und dem euro-asiatischen Kontinent (Sewernaja Semlja) ein Ausmaß von etwa 2000 km, auf einem Meridian zwischen dem N o r d k a p von Spitzbergen und dem Kap an der Nordküste von Alaska, Point Barrow, ein Ausmaß von rund 3300 km, und auf einem Meridian zwischen den Küsten der Kontinente einschließlich der Randmeere vom N o r d k a p Skandinaviens bis Point Barrow ein Ausmaß von rund 4500 km. Die Randmeere des Nordpolarmeeres nehmen 36 fl/o der Fläche ein, da sie größtenteils auf Schelfen vorkommen und z. T. sehr flach sind, haben sie nur 2 °/o des Volumens. Die Verbindung zum Atlantischen Ozean über Grönland See und Norwegische See - Barents See zwischen Norwegen, Spitzbergen, Grönland, ist breit (1400 km) und, tiefer als die Schelfe, stellenweise sehr tief. Es gibt kleinere, schmalere Verbindungen vom Atlantischen Ozean über Davis Straße, Baffin Bay und den Kanadischen Archipel. Die Verbindung zum Pazifischen Ozean
808
Meereis
ist schmal zwischen Sibirien und Alaska (Bering Straße rund 80 km) und flach, 20 m bis 40 m, als Schelfsee. Die Küsten der Kontinente Nordamerika-Asien liegen (etwa nahe dem 70. Breitengrad) sich also auf einer Entfernung von 4000 km gegenüber. Die Einteilung der Meeresregion um den Nordpol zwischen den Kontinenten Eurasien und Nordamerika wird nach der Einteilung der Grenzen und Namen der Meere von 1953, International Hydrographie Bureau, derart getroffen, daß der zentrale Teil als Nordpolarmeer bezeichnet wird, von Linien zwischen der Nordküste von Spitzbergen, Franz-Josephs-Land, Sewernaja Semlja und nördliche Neusibirische Inseln, Wrangel Inseln, Point Barrow, Alaska, Nordküste von Parry Insel, Ellesmere Inseln, Grönland - Spitzbergen umgrenzt, während die peripheren Teile südlich der Linien als Randmeere einzeln bezeichnet werden, von Spitzbergen aus bezeichnet nach Osten: Barents See, Weißes Meer, Kara See, Laptev See, Ostsibirische See, Tschuktschen See, Beaufort See, Baffin Meer, Grönland See, Norwegen See. Vgl. Abb. 8.24. Detaillierte Angaben der Grenzen der Nebenmeere, die mit den Angaben des IHB, International Hydrographie Bureau, übereinstimmen, und Seen werden gegeben bei A. L. Shalowitz [1961]: Shore and Sea Boundaries, und bei E. Bruns [1960]: Ozeanologie. P. D. Baird [1964]: The Polar World.
Der geläufige Begriff „Europäisches Nordmeer" für die Regionen Grönland See und Norwegen See zusammen wird bei der genannten Einteilung nicht mehr geführt. Das Nordpolarmeer und seine Randmeere werden nach der genannten Einteilung als Nebenmeere des Atlantischen Ozeans gerechnet. Das Nordpolarmeer mit Nebenmeeren und Randmeeren, vgl. Abb. 8.24 Nordpolarmeer
Randmeere Größe der Areale
Nordpolarmeer North Polar Sea Grönland See Greenland Sea Barents Sea Barents See Kara See Kara Sea Laptev See Laptev Sea Ost-Sibir. See E. Siberian Sea Tschuktschen See Chukot Sea Nord Bering See N. Bering Sea Beaufort See Beaufort Sea Kanad. Archipel Straße Canadian island's straits Baffin Bay Baffin Bay Hudson Bay Hudson Bay and Strait und Straße Baffin and Labrador coastal Baffin u. Labrador Küstengewässer 'waters Süd-Grönland Küstengewässer S. Greenland coastal waters
Fläche in km 2 4,700,000 1,200,000 1,400,000 900,000 650,000 900,000 600,000 700,000 450,000 750,000 850,000 1,200,000 200,000 150,000 14,650,000
Vol. in 1000 km 3
mittl. Tiefe m
322 104 338 53 51
229 118 519 58 88
478
1004
Nach P. D. Baird [1964] The Polar World und E. Bruns [1962] Ozeanologie, Bd. II
Das Meereis des Polarmeeres und seine Randmeere
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Es muß bemerkt werden, daß die wissenschaftlichen Arbeiten und Statistiken zu Meereis, Wassermassentransport u. a. nicht einheitlich nach dieser Einteilung in ihren Titeln benannt sind und mit ihren Inhalten, die z. T. dynamische Probleme behandeln, nicht mit dieser genannten geographisch-topogra-
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Abb. 8.24 a Das N o r d p o l a r m e e r mit polarer und subpolarer Region: N a m e n der Nebenmeere, Fläche, Eisgrenzen Die eingetragenen Grenzen des Packeises repräsentieren statistische Werte, keine synoptischen. Die Grenzen sind generalisiert. Es wurde keine Korrelation zu bestimmten „Trends" von Jahresreihen berücksichtigt. Die Grenzen des Packeises von Sommer (Minimalausbreitung) und Winter (Maximalausbreitung) der polaren Eisdecke sind von J a h r zu J a h r verschieden ausgebildet. Die Verbreitung von Festeis an Küsten, besonders in Buchten und Fjorden ist nicht eingetragen. Eisbedeckung: Minimum i. Sept. 6—7 Mio. km 2 , Maximum i. März 12—13 Mio. km 2 . Eisgrenzen nach versch. Quellen, u. a. U S Weather Log, Pilot Charts E n t w u r f : H . G. Gierloff-Emden, Kartogr. Bearb.: J. Bregel
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Meereis
phischen Einteilung übereinstimmen. In den folgenden Darstellungen zu Meereis soll, vereinfachend, unter Eis des „Nordpolarmeeres" auch N o r d polarmeer mit seinen Randmeeren verstanden werden, wenn nicht anders gekennzeichnet, d. h. den gesamten Raum betreffend. Atlasov et al. [1964]: N e w tectonic M a p of the Arctic. Atlasov et al. [1964, 1967]: Tectonic M a p of the Arctic and Subarctic. Egiazarov et al. [1969]: Tectonic Map of the Polar Regions of the Earth.
Annähernd maximale und minimale Meereisgrenzen und Vereisung des Nordpolarmeeres f ü r das J a h r 1973 nach ESMR-Satelliten-Abbildung Bei „Winter-ice" ist nicht zwischen Festeis an Küsten sowie Buchten und dem Eis auf dem offenen Meer unterschieden. ESMR = Electronically Scanned Microwave Radiometer von Satellit N I M B U S 5 Nach: P. Gloersen et al. [1974] N A S A , aus: W. J. Campbell et al.: Floating Ice by Remote Sensing, Journal of Glaciology, Bd 15, N r 13, S. 319
Das Nordpolarmeer und seine Randmeere in Darstellungen au} Karten. Die Gestalt des Nordpolarmeeres und seiner Randmeere wird auf Karten zumeist mit Hilfe der Azimutalprojektion (auf eine Ebene) mit ihren verschiedenen Perspektiven mit dem Mittelpunkt des Nordpoles dargestellt. Bemerkenswert sind Darstellungen der Erdhalbkugel in natürlicher „photographischer Perspektive" mit dem Mittelpunkt im nördlichen Atlantischen Ozean, welche dem Blick aus dem Weltraum (aus verschiedenem Abstand möglich) auf die Erde entspricht und den Zusammenhang des Nordpolarmeeres mit dem Atlantischen Ozean gut erkennbar macht. (Vgl. u. a. G. Schott [1935]: Geographie des Atlantischen Ozeans, S. 49, und J. Bertin [1974]: Graphische Semiologie, Kap. I I I „Karten", das. Projektionen S. 295 ff. (de Gruyter Verlag) und Karte „Atlantischer O z e a n " , N o r d , S. 6—7 in G. Dietrich u. J. Ulrich [1968]: Atlas zur Ozeanographie, B. I. Mannheim, Entwurf von K. H . Wagner, und Kartendarstellungen in diesem Budi).
Das Meereis des Polarmeeres und seine Randmeere
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Zur Erforschung des Nordpolarmeeres und des polaren Meereises Die N o r d k ü s t e des nordamerikanischen Kontinentes und die Inseln des kanadischen Arktischen Archipels wurden von Westalaska aus von den Eskimos, also von Westen her, „entdeckt", die in diesen R a u m als Lebensraum eindrangen und bis in die B a f f i n B a y und nördlich um Grönland bis nach Ostgrönland gelangten. Diese Wanderungen haben im Zeitraum von 1000 n. Chr. bis etwa 1200 n. Chr. stattgefunden, einem Zeitraum mit wärmerem Klima, deshalb in diesen Zonen. P. D . Baird [ 1 9 6 4 ] : The Polar World. Die Erforschung erfolgte in zeitlicher Reihenfolge aus verschiedenen Motiven: im Anschluß an die Entdeckungen Amerikas und Ostasiens zur Auffindung eines Seeweges - auf der K a r t e von Mercator war die Region des N o r d p o l a r meeres noch von einem Kontinent ausgefüllt im 16. J h . zur Ausdehnung der Walfangregion. Theorien um ein arktisches Festland im Nordpolarmeer wurden noch lange Zeit bis ins 19. Jh. diskutiert. J . K . Wright [1953]: The open Polar Sea. Der Walfang im Europäischen Nordmeer wurde im 16. Jh. vorwiegend von Franzosen und Holländern betrieben. Im 17. Jh. war die Blütezeit des Walfanges, während der seit 1643 die Ostfriesen und N o r d friesen stark beteiligt waren. Wie stark das N o r d m e e r damals von diesen
K. Forewell (^acr^on/s
!
Abb. 8.25 a Walfang im Europäischen Nordmeer während des 18. Jh. Eisgrenzen auf alten Tagebuchkarten nach einer Walfangreise Drift Hamburger Walfangschiffe im Eis im Jahre 1777. Nach Tagebuch und Karte von Kommandeur Hidde Dirks K a t t des Hamburger Schiffes „Juffrouw C l a r a " , 38 Mann Besatzung. Ausschnitt aus der Karte. Eis vor Ostgrönland: schraffiert mit gerissener Linie. Kursive Schrift: Geographische Tagebuchangaben nach H . Dirks Katt. Reise: Ausreise von Hamburg, März 1977, J a n Mayen 5. April 1777, westliches Spitzbergen Mai 1777, Robbenfang am Eisrand, 1. Juli 1777 vor Ostgrönland am Eisrand, 30. Sept. 1777 zwischen Island und Grönland am Eisrand (vgl. Karte), Eisrand vgl. Abb. 8.46 und 8.50 Satellitenbild. Nach: Bericht und ganze Karte in Reproduktion bei H . P. Jürgens [1977] Abenteuer Walfang
812
Meereis
Walfängern befahren wurde, (Trangewinnung f ü r Lampen), geht aus folgenden Zahlen hervor: In den Jahren von 1670 bis 1725 f u h r e n von Holland 7 891 Schiffe auf Walfang ins N o r d m e e r und von H a m b u r g 2 602. Sie erlegten jeweils 34 447 und 10 441 Wale. In den Jahren von 1787 bis 1800 fuhren von H a m b u r g im ganzen 367 Schiffe ins hohe N o r d m e e r und erlegten in diesen 14 Jahren 1 026 Wale. Der Walfang war also in dieser Spätzeit bereits zurückgegangen. Vgl. Kap. 7., Fischerei, Walfang. H . Barüske [1974] S. 232. H . P. Jürgens [1977] : Abenteuer Walfang. Seit Mitte des 19. Jh. war wissenschaftliches Ziel die Erreichung des Nordpoles. Das Eis, seine Ausdehnung und Bewegung wurden Ziel der Forschung, und durch die Drift von Nansen mit der „Fram" kam man entscheidend voran. Während die Expeditionen zum N o r d p o l Kenntnisse von der Beschaffenheit der Oberfläche des Meereises dieser Region erbrachten, gab es erste Übersichten kleinerer Areale durch Einsatz von Ballonaufstiegen (S. A. Andrée [1897]), Zeppelinflüge nach Spitzbergen, 1911, und Flüge über den Pol von G. H . Wilkins und R. E. Byrd, 1926, und Luftschiffahrt, z . B . 1928 von U. Nobile und R. Amundsen mit der „Norge", drei Tage nach Byrds Flug, und durch die „Graf Zeppelin". Im Jahre 1928 verunglückte Nobile mit dem Luftschiff „Italia" im Nordpolarmeer, wobei Amundsen den Tod fand. Im Zeitraum von 1906 (Danmark Expedition) bis 1930 ( f ) unternahm der deutsche Geophysiker A. Wegener Polarexpeditionen im Raum Grönland. Eine Zusammenfassung erfuhr die Forschung mit den Werken von L. Breitfuß [1939]. P. D. Baird [1964] : The Polar World, ebenda: Victory of Arctic Exploration. D. Mountfield [1974] : A History of Polar Exploration. Vgl. Abb. 8.56.
Mit dem Ausbau des Flugwesens kam es zur flächenhaften E r k u n d u n g der Eisdecke des Nordpolarmeeres und seit der N u t z u n g seit Beginn der 60er Jahre von Satelliten zur großflächigen, synoptischen Aufnahme der vereisten Areale, womit als Ziel der Forschungen die meßbare Ausdehnung und Verlagerung von Eisarten und strahlungsphysikalische Eigenschaften zu Klimaund Wasserhaushaltsproblemen in den Vordergrund traten. Fernerkundungsverfahren wie Radar und thermisches Infrarot mit Satelliten erlauben eine Aufnahme auch zur Zeit der Polarnacht, die bisher auch f ü r Befliegungen die Areale der Pole f ü r einen Zeitraum des Jahres praktisch unsichtbar machte. (Point Barrow an der Nordküste von Alaska hat nur 85 Tage ganztägig Sonne, jedoch 67 Tage des Winters keine Sonne; am N o r d p o l gibt es 189 Tage „Polartag" und 176 Tage „Polarnacht", die Differenz erklärt sich aus dem Effekt der Dämmerung durch Refraktion.) Vgl. Abb. 8.42. Zu den Forschungsmitteln gehören die Eisdriftstationen und die Fahrten der Unterseeboote unter dem Eis: Dem US-amerikanischen Atom-U-Boot SSN (571) „Nautilus" gelang beim zweiten Versuch im Juli/Aug. 1958 die Reise von der Bering Straße unter dem Packeis in nur drei Tagen zum N o r d p o l und weiter zur Grönland See, wobei mit Sonargeräten die untere Fläche des Eises abgetastet wurde, und Reihenlotungen über dem Boden des Polar-
D a s Meereis des Polarmeeres und seine R a n d m e e r e
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meeres vorgenommen werden konnten, wodurch die Bodenformen genauer bekannt wurden. 1959 gelang es dann dem US-amerikanischen Atom-U-Boot „Skate"", die Eisdecke zu durchbrechen und am Nordpol aufzutauchen. Diese Fahrten unter dem Eis wurden seitdem mehrmals von U-Booten der USA und U S S R wiederholt. W. R. Anderson u. C. Blair [1959]. G. P. Steele [1963]. Im Jahre 1977 gelang es mit dem atomkraftgetriebenen Eisbrecher „Arktika" der USSR von der Laptew See aus, den Nordpol nach 8 Tagen am 20. August als erstes Überwasserschiff zu erreichen. Vgl. zur Historie der Erforschung des Nordpolarmeeres auch Kap. 3 und 4.
Nansen's Drift mit der „Fram" im Nordpolarmeer Fridtjof Nansen hat mit seiner norwegischen Polarexpedition von 1893 bis 1896 die berühmte Drift mit dem Schiff „Fram" durch das Nordpolarmeer von den Neusibirischen Inseln bis nach Spitzbergen durchgeführt und für eine Generation die grundlegenden Kenntnisse über das Eis des Nordpolarmeeres erbracht. Es war eine der ganz großen Forschungsreisen in der Geschichte der Entdeckungen. F . N a n s e n [ 1 8 9 7 ] : In N a c h t und Eis, D i e Norwegische P o l a r e x p e d i t i o n 1 8 9 3 - 9 6 (mit einem Beitrag von K a p i t ä n S v e r d r u p ) ; 2 B d . Leipzig, 1897, Brockhaus (u. a. Publikationen).
F. Nansen entwickelte seine Pläne u. a. auf Grund zweier vorhergegangener Polarexpeditionen: Die Drift der „Jeanette" in der Ostsibirischen See und die Drift der „Tegetthoff" in der Barents See. Die österreichische Polarexpedition mit der „Tegetthoff", Leiter Julius Payer, Kommandant Carl Weyprecht, war 1872 von Tromsö aus in die Barents See gefahren; dort vor der Insel Nowaja-Semlja war das Schiff eingefroren und driftete nach N W bis 80° N , wobei die Insel „Franz-Josef-Land" entdeckt wurde. Die Rückkehr erfolgte über Spitzbergen und mit Schlitten. Die amerikanische Expedition unter Leitung von J. G. Bennet mit der „Jeanette" (von 1879-81) war durch die Bering Straße in das Nordpolarmeer eingefahren, zwei Jahre im Eis eingefroren und driftete von der WrangelInsel bis zu den Neusibirischen Inseln (westlich Tschuktschen See), also in ost-westlicher Richtung. Die „Jeanette" ging im Eis verloren, die Besatzung erreichte mit einem Boot die Mündung des Flusses Lena. Die Gruppe unter Melville wurde von Tungusen gerettet. „History of the voyage of the Jeanette", 1882, New York. Vgl. Abb. 8.26. F. Nansen berichtet (Bd. II, S. 11): Es w a r im H e r b s t 1884, als idi z u f ä l l i g im norwegischen „ M o r g e n b l a d e t " einen Artikel von Professor M o h n las, der d a v o n handelte, daß an der Südwestküste G r ö n l a n d s einige Gegenstände gefunden worden seien, die von der „ J e a n n e t t e " stammen müßten. M o h n n a h m an, d a ß sie auf einer Eisscholle quer übers Polarmeer getrieben sein müßten. Es w u r d e mir sofort klar, daß hier der Weg gegeben sei! K o n n t e eine Eisscholle quer durch das U n b e k a n n t e treiben, so mußte sich diese „ D r i f t " auch im Dienste der Forschung anwenden lassen können und der P l a n war gefaßt.
814
Meereis
Nansen berechnete die Drift der „Tegetthoff" mit 2 sm täglich auf Grund des gefundenen Treibgutes. Im Treibeis von Grönland war Schlamm gefunden worden, dessen Herkunft als von den sibirischen Flüssen bestimmt wurde (Diatomeen). Außerdem kamen Nachrichten, daß das Treibholz vor der Küste Ostgrönlands als sibirisches Lärchenholz erkannt worden war, z. B. aus dem Bericht: „Die Zweite Deutsche N o r d p o l a r f a h r t in den Jahren 1 8 6 9 und 1870", 2 Bände
[1873—74],
K a p i t ä n K . K o l d e w e y mit dem Schiff „Germania" in der Ostgrönlanddrift.
Es gab den Bericht von der Forschungsreise des deutschen Schiffes „Hansa", das um 1870 nördlich von Jan Mayen im Eis eingefroren war und zerdrückt worden war. Die Besatzung driftete auf einer Eisscholle in 246 Tagen über 1000 sm, bis sie Grönland erreicht hate. F. Nansen stellte auch Betrachtungen über die Wasserbilanz des Nordpolarmeeres an und schloß, daß Wasserzufuhr aus der Tiefe des Atlantischen Ozeans erfolgen müsse. (Das Nordpolarmeer galt als flach, erst Nansen hat während der Drift die Tiefen über 3000 m gemessen, das war nicht erwartet worden; Nansen ließ ein Stahlkabel in seine Fasern zerlegen und deren Enden aneinanderspleißen, um so eine einige tausend Meter lange Lotleine zu erhalten.) „Man sieht also, daß, v o n welcher Seite man diese Frage auch betrachte, man ungeachtet der speciellen entscheidenden Gründe, die vorliegen, auch auf deductivem Wege zu dem Schlüsse kommen muß, d a ß ein S t r o m über den Pol oder sehr nahe an demselben v o r ü b e r in das Meer zwischen G r ö n l a n d und Spitzbergen geht." „Mit Rücksicht auf das A n g e f ü h r t e scheint es mir, als müsse der Versuch naheliegen, in diesen S t r o m auf derjenigen Seite des Pols einzudringen, w o er nach N o r d e n geht, und mit seiner H ü l f e in jene Gegenden zu gelangen, welche alle diejenigen, die f r ü h e r gegen den Strom a r beiteten, vergebens zu erreichen sidi bemüht hatten." F. Nansen S. 22/23.
F. Nansen schloß (z. T. nach Berichten) aus dem Vergleich der Dicke des Meereises der Ostsibirischen See (2 m, Bericht) mit dem Meereis nordöstlich von Grönland (3 m), daß dieser Unterschied mit der langen Drift und Gefrierzuwachs zu erklären sei. Er fand mit seiner Idee, mit einer Schiffsdrift dem Nordpol nahe zu kommen und die Eisdrift im Nordpolarmeer zu erforschen, z. T. wenig Zustimmung in Kreisen der Fachleute, wohl aber Zustimmung bei A. Supan. Auf Nansens Beobachtungen und Berichten gründet sich die moderne Kenntnis über das Eis des Nordpolarmeeres. Er berichtete u. a.: „Eishügel im schwimmenden Eis erreichen 7 m Höhe. Es gibt Süßwassertümpel auf dem Meereis. Die Zunahme der Eisdicke v o m W i n t e r zum Frühjahr geht mit zunehmender Dicke langsamer, bis zu 2,6 m. Die Temperaturen im Eis w ä h r e n d des Monats M ä r z betragen in 1,2 m Tiefe —16° C, in 0,8 m Tiefe —30° C. Das Eis ist im W i n t e r kälter und spröde, im Sommer w ä r m e r und elastischer. Die Wassertemperatur betrug unter dem Eis in 2 m Tiefe —1,3° C, nahm dann etwas ab, nahm wieder zu (Inversion) und nahm dann mit der Tiefe ab. Das N o r d p o l a r m e e r hat eine Wassertiefe von 3 3 0 0 m bis 3 9 0 0 m. Eispressungen in der Sibirischen See w u r d e n dort mit dem Gezeitenphänomen e r k l ä r t :
Das Meereis des Polarmeeres und seine Randmeere
815
O f f e n b a r steht die Eispressung hier mit der Flutwelle in Verbindung oder wird vielleicht von derselben veruracht. Sie tritt mit größter Regelmäßigkeit ein; zweimal in 24 Stunden lockert sich das Eis, und zweimal schiebt es sich in dieser Zeit zusammen. Die Pressung w a r ungefähr um 4, 5 und 6 U h r morgens und fast genau um dieselbe Stunde nachmittags eingetreten, und in der Pause haben wir stets eine Zeit lang auf offenem Wasser gelegen. Nansen S. 208. Weniger bemerkbar w a r sie, als wir im Polarbecken waren. H i e r traten Pressungen unregelmäßiger ein und wurden hauptsächlich durch den Wind verursacht, der das Eis treibt."
Als grundlegende Arbeit zu diesem Phänomen ist zu nennen: H. V. Sverdrup [1927]: Dynamics of Tides on the North Siberian Shelf. Nansen erkannte die Struktur der Meereisschicht: „Das Eis spaltet sich und thürmt sich zu H a u f e n auf, die sich nach allen Richtungen hin ausdehnen. Könnte man die Eisfelder aus der Vogelschau betrachten, so würde es aussehen, als ob sie durch ein N e t z w e r k dieser zusammengeschobenen Eisketten oder Preßdeiche in Q u a drate oder Masdien getheilt seien." S. 210. Daten der D r i f t der „Fram" und Nansens Weg über das Eis 21. Juli
1893
F r a m läuft aus von V a r d ö
15. Sept.
1893
Fram nördlich der Lena Mündung
22. Sept.
1893
14. März
1895
Fram eingefroren, nordwestl. Neusibirische Inseln auf 78°50'N 133°37'0 Nansen verläßt Fram mit Johansen auf 83°59' N 102°27' O
7. April Juni
1895 Nansen erreicht nördlichsten P u n k t 1895/96 Nansen und Johansen überwintern auf Insel 1896
86°14'N
90° O
Nansen und Johansen erreichen Lager Jacksons
13. Aug.
1896
Nansen zurück nach V a r d ö mit Schiff „Windward"
13. Aug.
1896
.Fram kommt vom Eis frei nördl. Spitzbergen
20. Aug.
1896
Fram zurück nach Norwegen (Skjärvö — Hammerfest)
82°
N
10° O
Vor Nansen erreichten als nördlichsten P u n k t : 1827 P a r r y 82° 4 5 ' N nördlich Spitzbergen, 1876 M a r k h a m 83° 20' N nördlich G r a n d Island, 1882 Lockwood 83° 24' N Nordküste Grönland.
(Nach Nansens Versuch gelang es R. E. Peary im Jahre 1909 auf dem kurzen Wege über das Meereis vor Nordwestgrönland dem Pol sehr nahe zu kommen.) F. Nansen verließ mit Johansen im März 1895 die „Fram", um mit Schlitten und Schneeschuhen und Kajak den Nordpol zu erreichen. Das Schiffskommando übernahm Sverdrup. Die Temperaturen betrugen beim Aufbruch - 4 2 ° C. Da das Eis zu unwegsam wurde, mußten Nansen und Johansen auf ca. 86° 10' N Breite und 95° O Länge nach Süden umkehren. „Gegen Ende unseres gestrigen Tagesmarsches kamen wir über zahlreiche Rinnen und Eisrücken; in einem ganz neuen Rücken waren ungeheure Stücke von Süßwassereis in die H ö h e geschraubt worden. Das Eis w a r dicht mit Thon und grobem Sand durchsetzt, so daß die Blöcke aus der Ferne dunkelbraun aussahen und leicht f ü r Felsen gehalten werden konnten; ich habe thatsächlich selbst geglaubt, sie wären Gestein. Ich kann mir nicht anders denken, als daß dieses Eis Flußeis, am wahrscheinlichsten aus Sibirien, ist; weiter nördlich habe ich o f t ungeheure Stücke von solchem Süßwassereis gesehen und sogar auf 86° Breite f a n d ich noch Thon auf dem Eise." F. Nansen.
816
Meereis
Das Forschungsschiff
Nansens,
die
„Fram'
links oben: Aufriß
rechts oben: Mittelspantenriß
links unten: Decksplan rb Steuertunnel,
redits unten: Querschnitt beim Maschinenraum
sb Schraubentunnel.
Svk Sverdrup's Kajüte.
B k Blessing's Kajüte.
H k Scott-Hansen's Kajüte, R Maschinenraum. B Kartenhaus,
i Großraum.
o der untere Vorderraum, 2 Großmast.
3 Besanmast.
s Sofa im Salon,
K j Kessel,
b Tisch im Salon.
4k Kabinen für 4 Mann.
nk Nansen's Kajüte,
M. Maschine.
h Arbeitskabine,
e Großboote,
S Salon,
c Niedergang zur Maschine.
g Aufgänge vom Salon.
dy Platz für die Dynamomaschine,
1 der untere Großraum, p Pallstütze.
K Küche. d Großluk.
f Vorderluk. n. Vorderraum,
q Spillbetinge,
r Ankerspill.
1 Fockmast.
4 Bugspriet.
Die Querspantenform ist so konstruiert, daß seitlicher Eisdruck den Schiffsrumpf hochpreßt, nicht eindrückt. Ähnlich in der Form der Querspanten wurde das Forschungsschiff „Gauß" für die Deutsche Antarktis-Expedition, 1901—1903, gebaut (vgl. Abb. 4.7). Nach: F. Nansen [1897] In Nacht und Eis. Die norwegische Polarexpedition 1893—96,1. Bd. Bau des Polarforschungsschiffes „Fram" von F. Nansen F. Nansen plante den Bau eines geeigneten Expeditionsschiffes mit ungewöhnlicher Sorgfalt. (Die „Jeanette" und die „Tegetthoff" waren im Eis verloren gegangen). Das Schiff, die „ F r a m " , norwegisch „vorwärts" war klein und stark und konnte für 12 Mann Proviant und Kohlevorräte auf 5 Jahre aufnehmen. Die „Fram" wurde vom norwegischen Schiffsbaumeister Colin Archer gebaut. Abmessungen: 402 Reg.to, Deplacement 800 t geladen, 34,5 m lang, 10,4 m breit (in der Wasserlinie). Die Außenhaut bestand aus drei Schichten H o l z auf den Spanten, zusammen 80 cm stark, die beiden inneren Schichten aus Eiche. Die äußere Schicht aus Greenheart war so aufgenagelt, daß sie bei Eiserosion abreißen und die inneren Schichten erhalten bleiben konnten. Der Schiffsrumpf war im Hauptspant von dreieckiger Form, um bei Eisdruck nach oben ausweichen zu können. Die Spanten und Balken im Schiff waren gegen den Eisdruck in optimaler Form angebracht. Das Holz war z. gr. T . aus 30jährig gelagerter, italienischer Eiche (langsam wachsend), ursprünglich für die norwegische Marine bestimmt, ausgewählt, und zwar für die Spanten gewachsenes Krummholz, 25 cm bis 28 cm stark, das nicht über D a m p f gebogen werden mußte. Das Schiff bekam eine einfache Takelung und eine kleine Dampfmaschine. Später, von 1910 bis 1912, benutzte R . Amundsen die „ F r a m " auf einer Forschungsreise zur Antarktis, deren Pol er als erster Mensch mit einem Hundegespann erreichte.
Das Meereis des Polarmeeres und seine Randmeere
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Sie überwinterten 1895/96 auf den Franz-Josephs-Land Inseln, erreichten im Juni 1896 glücklicherweise das Lager Frederick Jacksons, einer britischen Expedition, auf den südlichen Inseln und konnten die Heimreise nach Vardö auf der „Windward" antreten und kamen im August 1896 in Vardö an. Die „Fram" kam im August 1896 aus dem Packeis nördlich Spitzbergen frei und erreichte Hammerfest im gleichen Monat. Der europäisch-asiatische Sektor des Nordpolarmeeres war erforscht, seine Eisdrift bewiesen. Wo zuvor eine feste, massive Eisdecke vermutet worden war, fand man driftendes, teilweise aufgebrochenes Eis. 12 Mann mit diesem Schiff 3 Jahre in der Polar-Eisdrift, 1000 Tage ohne Land zu sehen im Eis, ohne Funk- und Flugzeugverbindung, ohne Hubschrauber und Radar usw.; das ist eine Leistung, die gegenüber den modernen Expeditionen mit Hunderten von Menschen und 30 000 t starken Eisbrechern, mit Atomkraft getrieben, mit Sprechfunk zu Heimatstützpunkten und mit allem Komfort, nicht vergessen sein sollte. Eine Überquerung des Meereises des gesamten Nordpolarmeeres von Point Barrow, Alaska, über den Pol nach Spitzbergen zu Fuß und mit Schlitten gelang vier Briten unter Leitung von W. Herbert 1968-69. Nach dem Aufbruch im Februar 1968 gelang die Erreichung des Nordpols im April 1969 (nach 407 Tagen) und im Sommer 1969 der Weg nach Spitzbergen (Juni), ein Weg von insgesamt 5760 km, wo die Expedition durch Heliokopter des britischen Eisbrechers MS „Endurance" aufgenommen wurde. Die Entfernung von Nordostgrönland zum Nordpol entspricht der von Paris nach Berlin. Dem Japaner Naomi Uemura gelang es allein, von der Insel Ellesniere aus, über das Meereis den Nordpol zu erreichen, wo er am 1. Mai 1978 eintraf. Er hatte während seiner Unternehmung Funkverkehr über Satelliten.
Abb. 8.25 c. Grenze des Packeises des Nordpolarmeeres auf 78° N Breite, 45° O Länge, in der nördlichen Barents-See. A u f n a h m e : Verfasser
818
Meereis
Abb. 8.26 D r i f t e n von Schiffen und D r i f t e n von Eisschollen und von Eisinseln mit Stationen im N o r d p o l a r m e e r (Auswahl) Die D r i f t r o u t e n sind generalisiert (geglättet) wegen des kleinen Kartenmaßstabes. Die täglichen, wöchentlichen und monatlichen D r i f t r o u t e n weisen zahlreiche „Zacken" in ihrem Weg auf: Es sind z. T. Trajektorien mit Schlingen nach rückwärts. Die Wege von Station T-3 und A R L I S II sind in ihrem ersten Teil nur als generelle D r i f t e n mit geglättetem Kurs eingetragen, da die Stationen während dieses Weges nicht besetzt waren und nur in großen zeitlichen Abständen vom Flugzeug aus geortet wurden. Aus der Form von D r i f t e n gleicher Routen, mit Abstand von Jahren und Jahrzehnten ausgeführt, ist die Konstanz des Driftsystems und seiner Teile im Nordpolarmeer zu erschließen. Gez. nach; Verschiedene Unterlagen wie Polar Research, O N R Rep., D H Z , R. Thoren u. a. E n t w u r f : H . G. Gierloff-Emden [1976], Kartographische Bearbeitung: J. Bregel
Die Driftbewegungen des arktischen Meereises des Nordpolarmeeres
819
Die Driftbewegungen des arktischen Meereises des Nordpolarmeeres mit seinen Randmeeren Die Erforschung der Bewegungen des arktischen Meereises gelang im wesentlichen durch bemannte Driftstationen, die ersten mit Hilfe im Eis eingefrorener Schiffe, die zweiten durch Stationen auf dem Eis. Mit der „Zweiten Deutschen Nordpolarfahrt" in den Jahren 1869 und 1870 [1873/74] Kapitän Koldewey, gelang es mit dem Schiff „Germania" im Ostgrönlandeisstrom zu driften. Bei dieser Unternehmung ging das Schiff „Hansa" im Eis verloren; die Besatzung unternahm zu ihrer Rettung eine unfreiwillige Drift auf einem Eisschollenberg vom Oktober 1869 bis Mai 1870 bis K a p Farewell über 200 Tage. Driften im Eis des Nordpolarmeeres Anordnung nach der Zeit, von 1879 bis 1965. Mit diesen (und einigen anderen Driften) konnte das Modell der Eisdrift im Nordpolarmeer im Laufe der Zeit erkannt werden. Schiff
Jahr
Monate (Einfrier./Freikomm.)
Drift
Jeanette Fram (Nansen) Maud Sedow
1879-1881 1893-1896 1922-1924 1937-1939
September/Juni September/August August/August Oktober/Januar
Ostsibirische Drift Transpolarer Driftstrom Ostsibirisdie Drift Transpolarer Driftstrom
Eisschollen
(SP = Severnyy Poly us, d. h. Nordpol, daher auch N P ) (besetzt)
NP-1 USSR 1937-1939 (PAPANIN) SP-6 USSR 1956-1959 SP-7 USSR 1957-1959
Eisinseln
Mai
Transpolarer Driftstrom
April April
Transpolarer Driftstrom Pazif. Wirbel — Transpolarer Driftstrom, Randbereich
(T = Target, ARLIS =: Arctic Research Laboratorium Ice Station) (besetzt)
T - l USA T-3 USA (Fletcher Isl.) ARLIS II USA
1946 (entdeckt) bis 1965 verschied. 1947 (entdeckt) bis 1966 verschied. 1959 (entdeckt) bis 1965 verschied.
Pazif. Wirbel Pazif. Wirbel (2mal innerer Wirbel) Pazif. Wirbel, —• dann Transpolarer Wirbel
Scbiffsdriften. Die erste D r i f t war die des Schiffes „Jeanette", 1879-1881, die zweite D r i f t die der „Tegetthoff", die dritte die der „Fram" unter der Leitung von Fridtjof Nansen von 1893-1896, die vierte die der „Maud", 1922-1924, (Driften der „Jeanette" und der „Maud" in der Ostsibirischen See). Von 1937—1939 wiederholte der russische Eisbrecher „Sedow" - zunächst unfreiwillig, da überraschend eingefroren, die D r i f t von Nansens „Fram" und kam auf einem nördlich parallel verlaufenden Kurs bis 86° 39,5' also etwa auf 350 km an den Pol heran.
820
Meereis
Driftkörper Der amerikanische Admiral Melville ließ in den Sommern 1899-1901 von Walfängern 50 spindelförmige Tönnchen in der Beaufort See und an der Wrangeil Insel auf Eisschollen aussetzen. Vier davon wurden wiedergefunden, zwei in der Nähe ihres Aussatzpunktes, eine, 1905, an der Nordküste von Island und eine, 1908, an der norwegischen Küste bei Hammerfest. Als DARMS (Drifting Automatic Radio Meteorological Stations) werden die auf Schollen abgesetzten, unbemannten Meßstationen bezeichnet. Die Verlustrate bzw. Ausfallrate der Stationen in arktischen Regionen ist sehr hoch. Die Methode wurde von den russischen Polarforschern schon in den 30er Jahren erprobt. Stationen auf driftenden
Eisschollen im
Nordpolarmeer.
Eine neue Forschungsmethode entwickelten die Russen, als die PapaninExpedition 1937 von Flugzeugen nahe am Nordpol auf einem mehr als 2 Jahre alten Eisfeld von 1,5 km X 2,5 km Größe abgesetzt wurde und in 274 Tagen auf dieser Scholle zur grönländischen Ostküste driftete, was einer Entfernung von 2070 km entspricht. Die durchschnittliche Driftgeschwindigkeit betrug 7,6 km pro Tag. Teilnehmer waren: I. D. Papanin, F. Schirschoff, E. Fedoroff und E. Krenkel. Die Station wurde „Severnyy Polyus I", d. h. „Nordpol I " genannt, abgekürzt „SP-I", auch „NP-I". Im Februar 1938 zerbrach die Scholle östlich von Grönland. Die Expeditionsteilnehmer wurden vom Eisbrecher „Yermak" und einem U-Boot nördlich des Scoresby-Sundes wieder aufgenommen. Dieser driftenden Polarstation „Nordpol I K folgten nach der Zeit des 2. Weltkrieges, „NP I I " im Jahre 1950 bis 1968 insgesamt 18 solcher Stationen mit zahlreichen Forschergruppen, die auf treibenden Eisschollen in der Arktis wissenschaftliche Beobachtungen anstellten. Dazu gehört die Auslotung des Meeresbodens: Die Teilung des Nordpolarbeckens durch untermeerische Rücken wurde gefunden; der Aufstieg von Radiosonden für meteorologische Messungen und Messungen der Wasserschichten wurden vorgenommen. Der „Lomonossov-Rücken" wurde auf diese Weise von Prof. A. E. Treshnikov, Direktor des Arktischen und Antarktischen Institutes, Leningrad, gefunden. B. Schulz [1938]: Eine wissenschaftliche Beobachtungsstation auf dem arktischen Treibeis 1937/38. Die Wege der Driftstationen zeigten typische Wege in Zick-Zack-Form und im Form von Schlingen. Die Driftstationen „NP 6" und „NP 7 " dienten Forschungen während des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957/58. Stationen auf driftenden
Eisinseln im
Nordpolarmeer
Von Forschern der USA wurden Eisdriften nicht nur auf Schollen des zentralen polaren Packeises, sondern auf sogenannten Eisinseln durchgeführt.
Die Driftbewegungen des arktischen Meereises des N o r d p o l a r m e e r e s
821
Diese Eisinseln bestehen aus Süßwassereis, das vom Ellesmere Island Schelf (nordwestlich Grönland) stammt. Solche Eisinseln sind 8 bis 15 km lang und breit und ragen 5 - 8 m aus dem Wasser auf. Am 14. August 1946 entdeckte die Besatzung des Flugzeuges vom Typ B 29 der US-amerikanischen Alaska-Wetterstaffel 485 km nördlich von Point Barrow auf 7 7 ° 4 5 ' N , 160° 1 5 ' 0 , die erste schwimmende Eisinsel, zunächst als Insel angesprochen. Nach den Beobachtungen auf Radargeräten wurden solche Eisinseln im Folgenden einfach „Targets" genannt, daher „T 1", „ T 2 " usw. Diese Inseln legen auf ihrer Drift 1,7 sm bis 2,6 sm je Etmal zurück, bei Stürmen mehr. Die Insel „ T 3 " , später „Fletdier Ice Island" genannt, war 6,5 km breit, 14,5 km lang, hatte 44 km 2 Fläche, war 30 m dick und überragte das Meeresniveau um 5 m, bestehend aus hartem, z. T. mehr als 1000 Jahre altem Eis des Schelfeises von Nord Ellesmere Island, um Ward Hunt Island. Andere Eisinseln entstammen von der Nordküste Grönlands. A. P. Crary [1954]: Bathymetric Chart of the Arctic Ocean along the Route T 3, April 1952 to October 1953. „ T 3 " wurde zwanzig Jahre lang als driftende Meßplattform benutzt! Am 14. März 1952 landete Colonel Fletcher der US Air Force auf dieser Insel, als diese 120 km vom Nordpol entfernt war. Die Insel „ T 3 " geriet 1960 nach acht Jahren Drift nördlich Point Barrow auf Grund und wurde evakuiert, kam jedoch 1962 durch Orkansturm wieder frei und wurde wieder besetzt. Bis zum Jahre 1960 wurden 80 Eisinseln im Nordpolarmeer bekannt. Seit 1961 wurden von dem „Arctic Research Laboratory" der USA mehrere Driftstationen auf Eisschollen und Eisinseln eingerichtet, „ARLIS" genannt, ( " I S = Ice Station, A R L I S , d. h. „Arctic Research Laboratory Ice Station). Die Driftstation ARLIS II leistete die bisher ergiebigste Reise. Sie geriet in die Drift des östlichen Nordpolarmeeres und umrundete Grönland, dort mit dem Eis schnell südwärts driftend. Die Eisinsel ARLIS „Zusammenfassung.
Die
II im
nördlichen
Eismeer
schwimmende
Eisinsel
ARLIS
II
ist
ein
1,3 km breites, 3,8 km langes und 12—25 m dickes Eisschelffragment; mit Steinschutt bedeckte, 10—12 m hohe H ü g e l übersäen die Eisinsel. Diese besteht aus einem unregelmäßigen inneren Block von örtlich geschiefertem steinsdiuttreichem grauem Gletschereis und ist teilweise umgrenzt von ausgedehnten Flächen bläulichen Meereises. D e r innere Block enthält eine A n z a h l v o n schmalen, länglichen, subparallelen Gesteinsaderähnlichen Septa aus massivem Süßwassereis und eine ziemlich große Zunge v o n eng-zusammengefaltetem,
grobem gebändertem Eis.
Sowohl die Septa wie auch die Zunge kreuzen die Sdiieferungs und Steinschuttzonen
im
Graueis. Die R ä n d e r des inneren Blockes sind durchsetzt v o n einer Reihe spitzer, keilförmiger
Ein-
schnitte, welche mit Vorsprüngen aus bläulichem Meereis ausgefüllt sind. Z w e i breite, bogenähnliche, untertauchende Antiklinale verändern das geschichtete Meereis an einer Seite des Blockes.
822
Meereis
ICE ISLAND ARLIS II (South Half)
ARLIS II
ICE LITHOLOGY STRUCTURE MAP Nach David D. SMITH and R. Lynn SCHRAEDER
J u n e - S e p t , 1961
Line of separation, July, 1961
Ice Lithologies (In stratigraphie sequence)
m Foliated, grey ' glacial ice j , Massive ^ septa ice a Coarse, banded, • bluish ice Stratified, bluish sea ice Complexly Folded Structure
Rock Suites [ - 1 Older generation H Granite stratified sea ice Mud and associated r p Attached sedimentary rocks ^ pack ice
Abb. 8.27 S t r u k t u r u n d Eisarten der Eisinsel (Ice Island) A R L I S II aus dem N o r d p o l a r m e e r Die K a r t e stellt den südlichen Teil der Eisinsel dar, der sich im Juli 1961 d u r d i einen T r e n n b r u c h v o m nördlichen Teil separiert hatte. Vgl. N e b e n k a r t e rechts. Als A R L I S II (Arctic Research L a b o r a t o r y Island) w u r d e die Eisinsel im N o r d p o l a r m e e r (Arctic O c e a n ) im nordamerikanischen Sektor bezeichnet, ein „Eisschelffragment" komplexer Zusammensetzung, A u s m a ß e 1,3 X 3,8 k m , Eisdicke 12 m bis 25 m N a c h : D . D . Smith u. R. L. Schraeder [1961] Ice Island A R L I S II, Ice Lithology Structure M a p (South H a l f ) , June—September 1961, im M a ß s t a b 1 : 10 000 ( a n n ä h e r n d ) , in: D . D . Smith [1964] Ice Lithologies a n d Structure of Ice Island A R L I S II, Techn. R e p . N r . 21, C o a s t a l Studies Institute, Louisiana State University, B a t o n Rouge. Generalisiert: H . G. G i e r l o f f - E m d e n [1976] Kartographische Bearbeitung: J. Bregel Sdiieferung u n d Steinschuttzonen im Gletschereis sind Relikte des Ursprungsgletschers. D i e Septa bildeten sich als Gletscherspalten- u n d basale Bruchfüllung. Die Meereisvorsprünge entstanden als A u s f ü l l u n g e n in den unregelmäßigen Einschnitten entlang den R ä n d e r n der Gletschereismasse. Die Zunge des enggefalteten, gebänderten Eises repräsentiert den V o r s p r u n g einer f r ü h e r e n Periode, welche durch auf die A u s f ü l l u n g einwirkende, zusammenpressende K r ä f t e v e r ä n d e r t w u r d e . Die breiten Antiklinalen sind anscheinend das Resultat v o n A u f f a l t u n g e n u n t e r dem Einfluß v o n differentieller Ablation, aber die kleinen, engabfallenden Falten auf ihren N a s e n u n d Gliedern sind wahrscheinlich das Resultat von zusammenpressenden Kräften." N a c h D . D . Smith [1964]: Ice Lithologies of Ice Island A R L I S II
Die Driftbewegungen des arktischen Meereises des Nordpolarmeeres
823
Legende: (Thematische Ordnung der Kategorien) zu Abb. :8.27 Eis: morphology, geology
Foliated, grey glacial ice Massive septa ice Coarse, banded, bluish ice
Stratified, bluish sea ice Older generation stratified sea ice Attached pack ice Fracture fill Complexly folded structure Rock on ice: Granite Mud and associated sedimentary rocks
Hydrographie
Gletschereis Süßwassereis
Morphologie, Geologie
Salzgeh. V /oo
gefaltetes, graues Gletsdiereis massives, feinkörniges Eis in dammartiger Verteilung (Süßwassereis) grobkörniges, gebändertes, blaues Eis
Meereis
0,8
0,9 0,7
geschichtetes, blaues Meereis (Eisakkumulation am Schelfeis) 1,9 älteres, geschichtetes Meereis (Eisakkumulation am Schelfeis) angefrorenes Packeis, Dicke 2—4 m Eis in früherer Bruchzone Eis mit komplexen Faltungsstrukturen Gestein auf dem Eis: Granit Schlamm mit Sedimentgestein
Die Dynamik des Meereises im Nordpolarmeer nach Drifteis-Stationen Aus geologischen Bodenproben, die von den Driftinseln aus vom Meeresboden des Nordpolarmeeres gezogen wurden, ergab die Analyse von Mikroorganismen im Sediment, daß im Nordpolarmeer über lange geologische Zeiten gemäßigte Klimate geherrscht haben müssen. Präzisionsmessungen ergaben, daß die eisbedeckte Wasserfläche des Nordpolarmeeres bei Stürmen von Wellen geringer Höhe und 20 bis zu 40 sec Frequenz bewegt wurde. Eine Eisinsel, die in den Sektor der UdSSR des Nordpolarmeeres verdriftet war, wurde 1973 als Station N P 22 von russischen Forschern besetzt. J. D. Papanin [1947]: Das Leben auf einer Eisscholle. D . D . Smith [1964]: Ice Lithologies and Structure of Ice Island ARLIS II. Während die russischen Driftstationen auf Eisschollen im Prinzip die OstWest gerichtete Eisdrift anzeigten, wie sie nach der „Fram" in der asiatischen Hälfte des Arktischen Meeres in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren verläuft, zeigten die Driften der amerikanischen Stationen auf den Eisinseln einen Driftweg in Form eines kleineren bzw. größeren Kreises im amerikanischen Teil des Nordpolarmeeres an, der entgegen dem Uhrzeigersinn sich bewegt. Die Station T 3 führte solchen Weg des kleineren Kreises zweimal in
824
Meereis
IWiflJJN,
Eis-Inseln ( I c e Islands)
s*m'
im Nordpolarmeer, Flughöhe 300 m, Schelfeistafeln mit großer Masse nach Loslösung vom Schelf schwimmend, 30 m - 50 m dick, höher als 5 m über Meeresspiegel, von den USA als Driftstationen benutzt. Herkunft: Schelfeis Ellesmere Ice Shelf Bilder aus: WMO Sea - Ice Nomenclature 1970, S. 147 Photos: HILL und HUMBECK, Canada
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