Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht: Geltendes Recht und Reformvorschläge [1 ed.] 9783428499137, 9783428099139

Das Betriebsvermögen erfährt im Erbschaftsteuerrecht durch die Bewertungsvorschriften und die Regelungen der §§ 13a, 19a

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German Pages 286 Year 2000

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Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht: Geltendes Recht und Reformvorschläge [1 ed.]
 9783428499137, 9783428099139

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BRITTA SPITZBART

Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht

Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 65

Das Betriebsvennögen im Erbschaftsteuerrecht Geltendes Recht und Reformvorschläge

Von

Britta Spitzbart

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Spitzbart, Britta:

Das Betriebsvennögen im Erbschaftsteuerrecht : geltendes Recht und Refonnvorschläge / von Britta Spitzbart. - Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum Steuerrecht; Bd. 65) Zug!.: Köln, Univ., Diss., 1998/99 ISBN 3-428-09913-3

Alle Rechte vorbehalten

© 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Gennany ISSN 0582-0235 ISBN 3-428-09913-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 97068

Meinen Eltern

Vorwort Diese Arbeit ist im Wintersemester 1998/1999 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen worden. Die danach erfolgte Änderung des Einkommensteuergesetzes durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999, die Auswirkungen auf das Erbschaftsteuerrecht hat, wurde nachträglich eingearbeitet. Rechtsprechung und Schrifttum haben bis Juli 1999 Berücksichtigung gefunden. An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Jens Peter Meincke, der meinen juristischen Werdegang nachhaltig gefördert hat, rur seine weiterfilhrenden Anregungen und fUr seine Betreuung danken. Herrn Professor Dr. Joachim Lang danke ich filr die Übernahme des Zweitgutachtens. Meiner Schwester Sandra bin ich rur ihre Unterstützung bei der Herstellung der Druckvorlage sehr dankbar.

Düsseldorf, im Juli 1999

Britta Spitzbart

Inhaltsveneichnis

Einleitung ............................................................................................................ A. B. C. D. E.

Analyse des Verfassungsgerichtsbeschlusses vom 22.6.1995 ...................... Gesetzgebung im Hinblick auf die Besteuerung des Betriebsveimögens .... Meinungsstand zur Sonderbehandlung des Betriebsvermögens .................. Gang der Untersuchung ............................................................................... Eingrenzung des Themas hinsichtlich des Begriffs Betriebsvermögen ........

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15 19 23 25 27

1. Kapitel

Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens im Erbschaftsteuerrecht - Umfang und Verteilung der Entlastung

A. Die durch die Bewertungsvorschriften bewirkte Sonderbehandlung des Betriebsvermögens ........................................................................................... I. Die Bewertung von Betriebsvermögen nach dem bis zum 31.12.1992 geltenden Bewertungsrecht ............ ........................................................ 1. Umfang des Betriebsvermögens ....................................................... a) Der Ansatz immaterieller Wirtschaftsgüter ................................. b) Der Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwertes ......................... c) Berücksichtigung der latenten Ertragsteuerlast .................. ......... 2. Wertmaßstab rur die Posten des Betriebsvermögens ........................ a) Bewertung mit dem Teilwert ....................................................... aa) Berücksichtigung der Ertragslage über den Teilwertbegriff .. bb) Ermittlung des Teilwertes .................................................... b) Maßgeblichkeit des Einheitswertes ............................................. c) Maßgeblichkeit des Steuerbilanzwertes ...................................... d) Bewertung mit dem gemeinen Wert und mit sonstigen Werten .. 3. Zusammenfassung ............................................................................ 11. Die Verkehrswertermittlung von Unternehmen nach zivilrechtlichen Grundsätzen ........................................................................................... 1. Der Wertansatz des gemeinen Wertes bei der Bewertung im Pflichtteilsrecht ........................................................................................... 2. Methode zur Ermittlung des Verkehrswertes von Unternehmen ...... a) Konzeption des Ertragswertverfahrens ....................................... aa) Allgemeines zur Ermittlung des Zukunftsertrags ................. bb) Berücksichtigung des Fremdkapitalanteils ........................... cc) Unternehmerlohn ................................................................. dd) Unternehmerpersönlichkeit ..................................................

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29 29 30 31 33 36 38 38 39 40 42 43 44 44 45 47 49 51 52 54 54 55

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Inhaltsverzeichnis ee) ft) gg) hh)

B. C.

D. E.

Qualifikation des Managements ........................................... Einbeziehung der laufenden Ertragsteuern ........................... Allgemeines zur Kapitalisierung der Zukunftserträge .......... Basiszinssatz ........................................................................ ii) Abschlag zum Ausgleich der Intlationsfestigkeit ................. jj) Risikozuschlag ..................................................................... kk) Fungibilitätszuschlag ........................................................... 11) Zusammenfassung ................................................................ b) Die gesonderte Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens ........................................................................................ c) Liquidationswert als Wertuntergrenze ........................................ d) Die Bewertung personenbezogener Klein- und Mittelbetriebe '" e) Zusammenfassung......................................... .............................. 3. Modifizierung des Unternehmenswertes aufgrund des pflichtteilsrechtlichen Zusammenhangs ............................................................ a) Einbeziehung der latenten Einkommensteuerlast ........................ aa) Hinweise zum Streitstand ..................................................... bb) Stellungnahme ...................................................................... b) Bewertung mit dem Liquidationswert ......................................... aa) Hinweise zum Streitstand ..................................................... bb) Stellungnahme ...................................................................... 4. Zusammenfassung ............................................................................ III. Vergleich des älteren Steuerwertes mit dem im Ptlichtteilsrecht maßgeblichen Verkehrswert ......................................................................... IV. Auswirkung der Umstellung des Bewertungsrechts durch das StÄndG 1992 ....................................................................................................... V. Auswirkung der Neuregelung der Grundbesitzbewertung mit Wirkung ab dem 1.1.1996 .................................................................................... Die Freibetrags- und Bewertungsabschlagsregelung des § Ba ErbStG ...... Die Tarifbegrenzung filr die Erwerber der Steuerklassen II und III gern. § 19a ErbStG .......... ......... ......... ....... ........ ....... ........... ..... ........ ....... ........ ...... Die Stundungsvorschrift des § 28 ErbStG ................................................... Zusammenfassung .. ...................................................... ...............................

55 55 56 57 58 59 61 61 62 63 64 66 66 67 67 69 70 71 72 73 74 79 87 92 97 98 100

2. Kapitel Notwendigkeit der Berücksichtigung bestimmter Eigenschaften von Betriebsvermögen im Rahmen der Bewertung

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A. Behandlung des Betriebsvermögens im Erbschaftsteuerrecht, wenn der ge-

meine Wert der maßgebliche Wertansatz wäre ............................................ I. Einzelbewertung versus Gesamtbewertung ........................................... I. Argumente, die filr die Beibehaltung der Einzelbewertung sprechen 2. Argumente, die filr die Einfilhrung einer Gesamtbewertung sprechen 3. Abschließende Stellungnahme .......................................................... 11. Methode zur Ermittlung des gemeinen Wertes ...................................... 111. Modifizierung des Unternehmenswertes aufgrund des der Bewertung zugrundeliegenden erbschaftsteuerrechtlichen Zusammenhangs ........... I. Einbeziehung der latenten Einkommensteuerlast .............................

\06 \08 108 109 111 112 113 113

Inhaltsverzeichnis a) Bedarffilr eine Berücksichtigung der latenten Einkommensteuerlast im Rahmen einer erbschaftsteuerlichen Bewertung des Betriebsvermögens zum gemeinen Wert ......................................... aa) Die Problematik der Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer .................................................... ...... bb) Berücksichtigung der latenten Einkommensteuerlast im Erbschaftsteuerrecht .... ............................................................... cc) Berücksichtigung der Erbschaftsteuer im Einkommensteuerrecht .................................................................................. b) Berücksichtigungsfiihigkeit der latenten Einkommensteuerlast im Rahmen einer erbschaftsteuerlichen Bewertung zum gemeinen Wert ...................................................................................... aa) "Bereicherungsprinzip" ........................................................ bb) Leistungsfiihigkeitsprinzip ................................................... cc) Vereinbarkeit eines Abzugs der latenten Ertragsteuerlast mit dem Leistungsfiihigkeitsprinzip ............ ............ ...... ............. dd) Entgegenstehende Rechtsnormen ......................................... ( 1) Das Stichtagsprinzip gern. § 11 ErbStG ............ ............. (2) Der Ausschluß persönlicher Verhältnisse nach § 9 Abs. 2 S.3 BewG ...................................................................... (3) Die Vorschrift des § 35 EStG a.F. ................................. (4) Ergebnis ......................................................................... c) Zusammenfassung ....................................................................... 2. Liquidationswert als Wertuntergrenze .............................................. a) Mögliche Ansichten .................................................................... b) Stellungnahme ............................................................................ 3. Besondere Berücksichtigung der gesteigerten rechtlichen Bindung.. 4. Beachtlichkeit der geringen Fungibilität ........................................... a) Geringe Fungibilität von Einzelwirtschaftsgütern ....................... b) Geringe Fungibilität des Betriebs als Einheit .............................. c) Schlußfolgerung .......................................................................... 5. Bedeutung des Unternehmerrisikos filr die Bewertung .................... 6. Zusammenfassung ............................................................................ B. Ergebnis und Schlußfolgerung hinsichtlich der im geltenden Recht vorzufindenden Sonderbehandlung des Betriebsvermögens .................................

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3. Kapitel Rechtfertigung der Differenzierung mit dem öffentlichen Interesse an der Fortmhrung von Familienunternehmen durch den Erwerber

A. Diskussionsgrundlage .................................................................................. I. Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens und der Begriff der Steuervergünstigung ..... ................................................................................ Il. Anforderung an die Zulässigkeit von Steuervergünstigungen ............... I. Ansatz des B VerjG ............... .................................... ........................ 2. Auffassung von Tiplre und Lang ................... ........................... ...... ... 3. Auffassung von Selmer ..................................................................... 4. Auffassung von v. Amim .................. ...... .. ........................................

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12

Inhaltsverzeichnis

Auffassung von Bayer ...................................................................... Auffassung von Papier ..................................................................... Auffassung von Birk ......................................................................... Befilrworteter Ansatz ........................................................................ a) Die Rechtsprechung des BVerjG zu Art. 3 Abs. I GG ................ b) Gesichtspunkte, die filr eine intensivere Prüfung sprechen ......... c) Maßstäbe filr die Überprüfung der gesetzgeberischen Entscheidung ............................................................................................ d) Zusammenfassung ....................................................................... B. Rechtfertigung der geltenden Sondervorschriften mit dem öffentlichen Interesse an der Fortfilhrung von Familienunternehmen ................................. I. Ausdrückliche gesetzgeberische Entscheidung .................. ......... .......... H. Im öffentlichen Interesse liegendes Ziel................................................ I. Sicherung von Arbeitsplätzen ........................................................... 2. Aufrechterhaltung der Ertragskraft von Familienunternehmen ........ 3. Ermöglichung von Unternehmenskontinuitäten ............................... 4. Vermeidung von Unternehmenskonzentrationen ............................. 5. Sicherung der Lebensgrundlage der Familie .................................... 6. Vermeidung einer Demotivation der Unternehmer ........................... 7. Zusammenfassung ............................................................................ HI. Geeignetheit ........................................................................................... I. Untersuchung der einzelnen Vergünstigungen ................................. a) Die BewertungsvergUnstigung .................................................... b) Die Regelung des § 13a ErbStG ................................................. c) Die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG ........... ......................... d) Die Stundungsvorschrift des § 28 ErbStG .................................. 2. Gesichtspunkt der Typisierung ................ .............. ............ ......... ...... 3. Zwischenergebnis ............................................................................. IV. Erforderlichkeit ..................................................................................... I. Offene Subvention ............................................................................ 2. Bereinigung der Bemessungsgrundlage und Absenken der Steuersätze .................................................................................................. 3. Zwischenergebnis ............................................................................. V. Angemessenheit. ..................... ....................................... .................. ...... I. Wahrscheinlichkeit, daß die ErbschaftsteuervergUnstigungen einen Beitrag zur Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen leisten ................ 2. Wahrscheinlichkeit, daß mit den ErbschaftsteuervergUnstigungen die Ertragskraft von Familienunternehmen aufrechterhalten werden kann .................................................................................................. 3. Wahrscheinlichkeit, daß mit den ErbschaftsteuervergUnstigungen Unternehmenskontinuitäten geffirdert werden können ..................... 4. Wahrscheinlichkeit, daß mit den Erbschaftsteuervergünstigungen Unternehmenskonzentrationen vermieden werden ........................... 5. Zwischenergebnis ............................................................................. C. Ergebnis ....................................................................................................... 5. 6. 7. 8.

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Inhaltsverzeichnis

13

4. Kapitel

Reformvorsch1ige

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A. Refonnvorschlag von Tipke ......................................................................... I. Argumentation............................... ........................................................ 11. Stellungnahmen anderer Autoren .......................................................... 111. Diskussion des Refonnvorschlags ......................................................... B. Refonnvorschlag von Crezelius . ....... ........ .......... ................... ...... ........ ........ I. Argumentation..... .................. .... ....... ....... ......... ...... .......................... ..... 11. Stand der Diskussion ............................................................................. 111. Stellungnahme ....................................................................................... C. Refonnvorschlag von Ritter. .... ...... ..... .......... ....... ............... ..... ...... ....... ....... I. Argumentation ....................................................................................... 11. Kritik von Meincke .............. .... ............... .............. ........ ..... ....... .......... ... 111. Stellungnahme ....................................................................................... D. Empfehlung der Europäischen Kommission ................................................ I. Der Vorschlag der Europäischen Kommission ...................................... 11. Das Erbschaftsteuerrecht Großbritanniens ............................................ 111. Stellungnahme .......................................................................................

221 221 222 222 225 225 227 228 231 231 232 232 235 237 238 245

Zusammenfassung ...............................................................................................

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Literaturverzeichnis ...................... .....................................................................

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Sachverzeichnis ...................................................................................................

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Einleitung Im gegenwärtigen ErbStG gibt es einige, die Besteuerung abmildernde Sonderregelungen, die eingreifen, wenn Betriebsvermögen Gegenstand des Erwerbs ist. In dieser Unters'lchung wird zunächst dargelegt, wie weit die Entlastung der Erwerber von Betriebsvermögen reicht und wie sich diese Entlastung auf die Erwerber unterschiedlichen Betriebsvermögens verteilt. Im Anschluß daran wird untersucht, ob diese besondere Behandlung der Betriebsvermögenserwerber gemessen an den Argumenten, die das BVerjG in seinem Beschluß vom 22.6.1995 1 anftlhrt, und im Hinblick auf das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sachgerecht ist.

A. Analyse des Verfassungsgerichtsbeschlusses vom 22.6.1995 Das BVerjG hat in dem Beschluß vom 22.6.1995 festgestellt, daß § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG i.V.m. dem Ersten und Zweiten Teil des Bewertungsgesetzes (BewG) in den alten Fassungen insofern mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar waren, als sie die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer ftlr Grundbesitz (§ 19 ErbStG) auf der Grundlage von zum 1.1.1964 festgestellten Einheitswerten, ftlr Kapitalvermögen (festverzinsliche Wertpapiere, Aktien) hingegen zu Gegenwartswerten ansetzten. 2 Für die notwendig gewordene Gesetzesänderung hatte das Gericht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31.12.1996 gesetzt. 3 Dem Gesetzgeber sind ftlr das Gesetzgebungsverfahren - neben anderen Vorgaben Hinweise zur Behandlung des Betriebsvermögens mit auf den Weg gegeben worden. Der Gesetzgeber hat nach Ansicht der Verfassungsrichter bei der Gestaltung der Steuerlast unter anderem zu berücksichtigen, daß die Existenz von bestimmten Betrieben - namentlich von mittelständischen Unternehmen - durch zusätzliche finanzielle Belastungen, wie sie durch die Erbschaftsteuer auftreten, gefährdet werden könne. Die als wirtschaftlich zusammengehörige Funktionseinheiten organisierten Betriebe seien in besonderer Weise gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverptlichtet. Sie unterlägen als Garant von Produktivität und Ar-

12 BvR 552/91, BVerfDE 93, 165. BVerfDE 93,165,172. 3 BVerfDE 93,165,178.

2

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Einleitung

beitsplätzen insbesondere durch Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern, das Betriebsverfassungsrecht, das Wirtschaftsverwaltungsrecht und durch die langfristigen Investitionen einer gesteigerten rechtlichen Bindung. Diese rechtliche Bindung habe zur Folge, daß die durch die Erbschaftsteuer erfaßte finanzielle Leistungsflihigkeit des Erben nicht seinem durch den Erbfall erworbenen Vermögenszuwachs voll entspreche. Die VerfUgbarkeit über den Betrieb und einzelne dem Betrieb zugehörige Wirtschaftsgüter sei beschränkter als bei betrieblich ungebundenem Vermögen. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) fordere, diese verminderte Leistungsflihigkeit bei den Erben zu berücksichtigen, die einen solchen Betrieb weiterfUhren. Die Erbschaftsteuer müsse so bemessen sein, daß die Fortfilhrung des Betriebs steuerlich nicht geflihrdet sei. Die veminderte finanzielle Leistungsflihigkeit sei unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erben zu berücksichtigen. Das geltende Erbschaftsteuerrecht beachte dieses Erfordernis betriebsangemessener Belastung etwa bei der Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft, wenn es dort gern. § 36 BewG der Erbschaftbesteuerung den Ertragswert zugrunde lege, um eine Zerschlagung dieser Wirtschaftseinheiten zu vermeiden. 4 Das BVerjG mahnt hiermit eine Sonderbehandlung des Betriebsvermögens an. Es stützt seine Auffassung auf zwei Aspekte. Der erste Gesichtspunkt bezieht sich auf die Bewertung von Betriebsvermögen. Mit der Formulierung, daß das Betriebsvermögen durch vielfliltige öffentliche Inanspruchnahmen rechtlich gebunden sei und die VerfUgbarkeit über den Betrieb und einzelne dem Betrieb zugehörige Wirtschaftsgüter eingeschränkt sei 5, werden Eigenschaften des Betriebsvermögens angesprochen, die möglicherweise im Rahmen einer Bewertung Beachtung finden müßten. 6 Auch die Aussage, eine Berücksichtigung der verminderten finanziellen Leistungsflihigkeit der Betriebsvermögenserben habe unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erben zu erfolgen7, ist auf das Bewertungsrecht bezogen. Denn verwandtschaftliche Beziehungen spielen keine Rolle, wenn Vermögen ein bestimmter Geldbetrag zugeordnet wird. Dem Bereich des Bewertungsrechts ist schließlich auch die Passage zuzuordnen, in der das BVerjG auf die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe zum Ertragswert gern. § 36 BewG Bezug nimmt. 8

Beschlußv. 22.6.1995 - 2 BvR 552/91, BVerfGE 93,165,175 f. BVerfGE 93,165.175 f. Derart werden die Ausführungen des BVerjG auch von Meincke. DStR 1996. n05. 1309, interpretiert. Meincke hat auf den bewertungsrechtlichen Aspekt schon in Festschrift Tipke, S. 391, 395 f.. hingewiesen. 7 BVerfGE 93, 165, 176. K BVerfGE 93.165,176. 4

~ ~

A. Analyse des Verfassungsgerichtsbesch Iusses

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Der zweite Gesichtspunkt spielt auf ein besonderes öffentliches Interesse an. Das BVerjG betont, daß Betriebsvennögen eine durch Widmung fUr einen besonderen Zweck verselbständigte wirtschaftliche Einheit darstellt. Es weist darauf hin, daß die Betriebe gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverpflichtet sind und es stellt die Bedeutung der Betriebe als Garant von Produktivität und Arbeitsplätzen heraus. Das BVerjG ist der Ansicht, daß die Existenz von insbesondere mittelständischen Unternehmen durch die Erbschaftsteuer geflihrdet werden könnte. Bis hierher wird das Betriebsvennögen abstrakt, ohne Zuordnung zu einem bestimmten Inhaber (z.B. einem Erben) betrachtet. Im Anschluß an diese AusfUhrungen kommt das BVerjG dann auf den Erwerber zu sprechen. Es stellt die Rolle des Erben heraus, der einen solchen Betrieb weiterfUhrt und ihn in seiner Sozialgebundenheit aufrechterhält. Das BVerjG fordert, die Erbschaftsteuer hier so zu bemessen, daß die FortfUhrung des Betriebs nicht geflihrdet ist. Es geht hier nicht mehr allein um die Geflihrdung der Existenz des Betriebs sondern um die Geflihrdung der FortfUhrung des Betriebs durch den Erwerber. Das BVerjG scheint der Ansicht zu sein, daß an dem Erhalt des Betriebs gerade in der Hand des Erwerbers ein öffentliches Interesse besteht9, wobei vennutet werden kann, daß das Gericht die Erhaltung des Betriebs mit der Erhaltung des Betriebs im Familienbesitz gleichsetzt JO • Die beiden vom BVerjG angesprochenen Argumente, der bewertungsrechtliche Aspekt und der Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses, sind, was das Problem der Gleichmäßigkeit der Besteuerung angeht, auf unterschiedlichen Argumentationsebenen angesiedelt. Der Gesetzgeber hat, wie das BVerjG ausfUhrt, seine einmal mit dem Steuergesetz getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig umzusetzen und die Steuerpflichtigen - ungeachtet verfassungsrechtlich zulässiger Differenzierungengleichmäßig zu belasten. 11 Wenn die Steuersätze zwar nach Maßgabe des Verwandtschaftsgrades und der Höhe des Erwerbs aber nicht z.B. nach der Art des erworbenen Vennögens differenzieren, läßt sich Gleichmäßigkeit der Besteuerung. auch dies hat das BVerjG ausgefUhrt, nur dadurch erreichen, daß fUr die einzelnen zur Erbschaft gehörenden wirtschaftlichen Einheiten und Wirtschaftsgüter Bemessungsgrundlagen gefunden werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden. 12 Das BVerjG hat damit also eine gleichheitsge-

93. 165. 175 f.: vgl. Meincke. DStR 1996. 1305, 1309. Vgl. Meincke. DStR 1996. 1305, 1309. Auch Halaczinsky, Harzburger Steuerprotokoll 1995. 161. 167. stellt im Rahmen einer Erörterung der Entscheidung des BVerjG auf die Unternehmensnachfolge gerade im Familienkreis ab; vgl. auch Ziegler, BB 1996. 454. 455. 11 BrerjG. Beschluß vom 22.6.1995 - 2 BvR 552/91, BVerfDE 93, 165, 172. I~ 2 BvR 552/91. BVerfDE 93, 165. 173. o BVerfDE 10

2 SpilZban

Einleitung

18

recht ausgestaltete Bewertungskonzeption angemahnt. 13 Für die Frage der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist zwar auch das Zusammenspiel von Steuerwerten, Freibeträgen und Steuersätzen entscheidend l4 ; es bedeutet keinen Unterschied, ob einer Vermögensart ein nicht realitätsgerechter Steuerwert zugeordnet wird oder ob zwar ein sachgerechter Steuerwert zugrunde gelegt wird, aber einzelne Erwerber dann durch besondere Regelungen, z.B. durch einen Freibetrag, entlastet werden. Da das geltende Erbschaftsteuerrecht aber im Grundsatz für alle Vermögensarten die gleichen Steuersätze vorsiehtlS und Bewertungsungleichgewichte nicht durch entsprechende Freibeträge oder Abschläge ausgeglichen werden 16, verlagert sich die in der Verfassungsgerichtsentscheidung angesprochene Forderung nach einem folgerichtigen (Gesamt-)Konzept im derzeitigen Recht doch allein auf die Ebene der Bewertung. 17 Eine Behandlung des Betriebsvermögens in der Weise, daß den Umständen Rechnung getragen wird, die im Rahmen einer gleichmäßig ausgestalteten Bewertung zu beachten wären - damit ist eine Bewertung angesprochen, durch die die Werte der Gegenstände in ihrer Relation zueinander realitätsgerecht abgebildet werden -, ist ohne weiteres angemessen und bedarf keiner weiteren Rechtfertigung. Das BVerjG führt neben dem bewertungsrechtlichen Gesichtspunkt jedoch weiteres an. Es ist der Auffassung, daß die Erbschaftsteuer die Fortführung des Betriebs durch den Erwerber nicht geflihrden dürfte. Wenn die Betriebsfortführung bei einer gleichmäßig ausgestalteten Bewertung nicht gewährleistet wäre, wären nach Meinung des Gerichts wohl Maßnahmen zur Entlastung des Betriebsvermögenserwerbers erforderlich. Das BVerjG fordert hier also eine den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung berührende Sonderbehandlung des Betriebsvermögens. Diese Sonderbehandlung des Betriebsvermögens wird nicht unter Hinweis auf Individualinteressen für notwendig erachtet - man hätte z.B. an das Interesse des im Betrieb des Erblassers beschäftigten Familienmitglieds denken können, das den Betrieb als seinen Arbeitsplatz und als seine Lebensgrundlage versteht l8 -, sondern es wird auf ein öffentliches Interesse

So Meineke, DStR 1996, 1305, 1307. Vgl. Meineke, StbJb. 1996/97, 161, 162. 15 Ausnahme ist die mit dem JStG 1997 eingefiihrte Vorschrift des § 19a ErbStG (Taritbegrenzung), durch die u.a. die Erwerber von Betriebsvermögen der Steuerklassen II und 111 rechnerisch einem Erwerber der günstigen Steuerklasse I gleichgestellt werden. 16 Mit der Freibetrags- und Bewertungsabschlagsrege1ung des § 13a ErbStG ist keine Herabsetzung eines zu hoch gegriffenen Steuerwertes auf einen Regelwert beabsichtigt. Dem Gesetzgeber ist durchaus bewußt, daß der Steuerwert unter dem Regelwert des Verkehrswertes liegt. 17 Ähnlich Seer, StuW 1997,283,285 f. IR Vgl. z.B. den Vermögensteuerbeschluß des BVerjG vom 22.6.1995 - 2 BvL 37/91, BVerfDE 93, 121, 142, in dem darauf hingewiesen wird, daß der Gesetzgeber bei Ver13

14

B. Gesetzgebung zur Besteuerung des Betriebsvermögens

19

verwiesen. Das BVerjG setzt sich für eine Durchbrechung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ein, weil es ein bestimmtes Verhalten des Steuerpflichtigen - die Fortfilhrung des Betriebs - aus Gründen des Gemeinwohls filr fl>rderungswürdig hält. Man kann hier eine Parallele zum Vermögensteuerbeschluß ziehen, in dem das BVerjG darauf hinweist, daß eine steuerliche Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, dennoch vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein könne, wenn der Gesetzgeber dadurch das wirtschaftliche oder sonstige Verhalten des Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fl>rdern oder lenken will 19 • Zwischen den Ausführungen im Erbschaftsteuerbeschluß und dieser Passage des Vermögensteuerbeschlusses besteht allerdings der Unterschied, daß das BVerjG im Vermögensteuerbeschluß gleichsam von einem gesetzgeberischen Ermessen zur Differenzierung spricht, während im Erbschaftsteuerbeschluß wohl von der Notwendigkeit einer Differenzierung ausgegangen wird. Während die Berücksichtigung bewertungsrechtlicher Aspekte also der Verwirklichung einer gleichmäßigen Besteuerung dient, geht es bei dem zweiten Gesichtspunkt um eine Durchbrechung des Prinzips der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. I GG)20, die nach Auffassung des BVerjG durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt, ja sogar geboten wäre.

B. Gesetzgebung im Hinblick auf die Besteuerung des Betriebsvermögens Wenn das ErbStG von Betriebsvermögen spricht (§§ 10 Abs.6 S.4, 13a Abs. I S. 1, Abs. 4 Nr. I, 19a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 28 Abs. 1 S. 1 ErbStG), ist Betriebsvermögen i.S.d. § 12 Abs.5 ErbStG gemeint (s. §§ 13a Abs. 4 Nr. 1, 19a Abs. 2 Nr. 1). Welches Vermögen Betriebsvermögen in diesem Sinne ist, ist im Bewertungsrecht geregelt (§§ 95 bis 99 BewG), auf das § 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG verweist.

mögenseinheiten, die einer landwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Erwerbstätigkeit gewidmet sind, mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG die steuerlichen Auswirkungen einer Neubewertung des Grundbesitzes zu bedenken habe. 19 BVerjG, Beschluß vom 22.6.1995 - 2 BvL 37/91, BVerfGE 93,121,147. 20 S. zur Ableitung des Grundsatzes der Steuergerechtigkeit aus dem allgemeinen Gleichheitssatz Lang in: TipkelLang, § 4 Rz 70; ders., Die Bemessungsgrundlage, S. 115; Schoch, DVBI. 1988, 863, 881; BVerjG, Beschluß vom 17.11.1998 - 1 BvL 10/98, INF 1999, 126, 127; BVerjG, Urteil vom 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84,239,268 tf., BVerjG, Urteil vom 10.2.1987 - 1 BvL 18/81 und 20/82, BVerfGE 74, 182, 199 f.; BVerjG, Urteil vom 7.5.1968 - 1 BvR 420/64, BVerfGE 23, 242, 253. 2'

20

Einleitung

Nach dem Bewertungsrecht ist Betriebsvermögen das einem Gewerbebetrieb LS.d. § 15 Abs. I und 2 EStG gewidmete Vermögen, § 95 Abs. I BewG. Als Gewerbebetrieb gilt nicht die Land- und Forstwirtschaft (unbeschadet des § 97 BewG), wenn sie den Hauptzweck des Unternehmens bildet, § 95 Abs.2 BewG. 21 Dem Gewerbebetrieb ist aber wegen § 96 BewG die AusUbung eines freien Berufs i.S.d. § 18 Abs. I Nr. I EStG gleichgestellt. Einen Gewerbebetrieb bilden schließlich auch die WirtschaftsgUter, die den in § 97 BewG genannten inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen gehören. 22 Unter Betriebsvermögen LS.d. §§ 95 ff. BewG ist also das einem Gewerbebetrieb gewidmete, das bei der AusUbung eines freien Berufs eingesetzte und das den in § 97 BewG aufgefiihrten Vereinigungen (inländische Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften) gehörende Vermögen zu verstehen. Das Vermögen von Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, bergrechtliche Gewerkschaften) ist allerdings, obwohl es gern. § 97 Abs. I Nr. I BewG stets bewertungsrechtIiches Betriebsvermögen ist, kein Betriebsvermögen LS.d. § 12 Abs. 5 ErbStG. Denn das den Kapitalgesellschaften zugeordnete Betriebsvermögen geht im Erbfall nicht gern. § 1922 BGB von dem Erblasser auf den oder die Erben Uber, denn Inhaber des Gesellschaftsvermögens ist die Kapitalgesellschaft23 und nicht der oder die Gesellschafter. Der Vermögenssphäre des Erblassers sind lediglich die Anteile an der Kapitalgesellschaft zuzuordnen. FUr die Bewertung von Kapitalgesellschaftsanteilen verweist § 12 Abs. I ErbStG auf § 11 BewG (s. auch § 12 Abs. 2 ErbStG). Bei Personengesellschaften ist die Sachlage anders. Bei Personengesellschaften (Gesamthandsgemeinschaften24 ) sind die Gesellschafters Inhaber des Ge-

21 Betriebe der Land- und Forstwirtschaft werden grundsätzlich der Vermögensart Grundbesitz zugeordnet, s. § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 19 Abs. I BewG. 22 Durch Personenvereinigungen wie der OHG oder KG oder einer anderen Personengesellschaft wird nur dann ein Gewerbebetrieb betrieben, wenn eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird oder es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs.3 Nr.2 EStG handelt. s. § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 97 Abs. 1 Nr.5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 3 EStG. 23 Vgl. hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens der GmbH BFH, Urteil vom 17.4.1996 -11 R 16/93, DStR 1996, 1165. 24 Personengesellschaften sind i.d.R. Gesamthandsgemeinschaften, s. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 3 11. 2S Auch nach dem neuesten, auf Verselbständigung gerichteten Verständnis der "Gesamthand" ist nicht von einer neben den Gesellschaftern stehenden Persönlichkeit auszugehen, die die Gesellschafter als Inhaber des Gesellschaftsvermögens eliminiert. Der Streit um die Verselbständigung der ,.Gesamthand" ist ein Streit um die Frage, ob die Gesellschafter als einzelne oder nur als Gruppe Inhaber des Gesellschaftsvermögens sind, s. Flume, Die Personengesellschaft, § 5, S. 74; Wiedemann, WM Sonderbeilage

B. Gesetzgebung zur Besteuerung des Betriebsvermögens

21

sellschaftsvennögens, so daß dieses Vennögen im Erbfall auf einen oder mehrere Erben übergehen kann. Betriebsvennögen LS.d. § 12 Abs. 5 ErbStG sind daher Einzelunternehmen, freiberufliche Praxen, Beteiligungen an Personengesellschaften oder Anteile an freiberuflichen Praxen (Sozietätsanteile). Der Erwerb von Betriebsvennögen unterfällt ebenso wie der Erwerb nichtbetrieblichen Vennögens in den Fällen des Erwerbs von Todes wegen (§ 3 ErbStG) sowie der Schenkung unter Lebenden (§ 7 ErbStG) der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Der Gesetzgeber hält den Erwerb von Betriebsvennögen also prinzipiell flir einen steuerwürdigen Sachverhalt. Dennoch scheint der Gesetzgeber die Besteuerung gerade des Erwerbs von Betriebsvennögen als unangemessen hoch zu empfinden. Im Laufe der Zeit hat er mit zahlreichen Regelungen eine Abmilderung der Besteuerung bewirkt. Im geltenden ErbStG, das infolge des Verfassungsgerichtsbeschlusses durch das Jahressteuergesetz 1997 (JStG 1997) vom 20.12.1996 26 entscheidend geändert worden ist, werden folgende Erleichterungen bereitgehalten. Es gibt zum einen die auf das Steueränderungsgesetz (StÄndG 1992) vom 25.2.1992 27 zurückgehenden Bewertungsvorschriften, die dazu flihren, daß Betriebsvennögen mit niedrigen Steuerwerten in die erbschaftsteuerliehe Bemessungsgrundlage eingeht (§ 12 Abs.5 ErbStG). Die günstige Bewertung nach § 12 Abs. 5 ErbStG gilt unabhängig davon, ob das Betriebsvennögen nach dem Bewertungsstichtag veräußert oder fortgefilhrt wird. Neben den flir Betriebsvennögen günstigen Bewertungsvorschriften gibt es eine mit dem Standortsicherungsgesetz (StandOG) vom 13.9.1993 28 eingeflihrte, durch das JStG 1997 noch einmal modifizierte Freibetragsregelung. Diese Regelung gilt nicht nur flir Betriebsvennögen LS.d. § 12 Abs. 5 ErbStG sondern auch flir land- und forstwirtschaftliches Vennögen und flir Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften, an denen der Erblasser oder Schenker zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Das begünstigte Vennögen bleibt beim Erwerb von Todes wegen oder beim Erwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge bis zu einem Wert von 500.000 DM außer Ansatz (§ 13a Abs. 1 ErbStG). Die Beibehaltung der durch den Freibetrag geschaffenen Entlastung ist an die Betriebsfortflihrung über den Zeitraum von filnf Jahren geknüpft (§ 13a Abs. 5 ErbStG).

4/1994. 1, 7: Anm. Meincke zu BFH, Urteil vom 14.9.1994 - II R 95/92, JZ 1995, 1075 f .. insbes. FN 2. 26 BGB\. I 1996. 2049. 27 BGB\. I 1992.297. 28 BGB\. 1 1993. 1569.

Einleitung

22

Zu der Freibetragsregelung tritt der schon im Jahressteuergesetz 1996 (JStG 1996) vom 11.10.1995 29 mit einer Höhe von 25 v.H. vorgesehene, durch das JStG 1997 aber erst endgültig eingefilhrte und zugleich noch einmal erweiterte Bewertungsabschlag. Die Vermögensarten, denen auch die Freibetragsregelung zugute kommen kann, werden nur mit 60 v.H. ihres Steuerwertes angesetzt (§ l3a Abs. 2 ErbStG). Die filnfjährige Behaltensfrist des § l3a Abs. 5 ErbStG gilt auch filr die Bewertungsabschlagsregelung. Seit dem Beschluß des JStG 1997 gibt es zudem eine besondere Tarifbegrenzung, die den der Steuerklasse 11 oder III angehörenden Erwerbern von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften, an denen der Erblasser oder Schenker zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war, zugute kommt (§ 19a ErbStG). Die durch die Taritbegrenzung bewirkte Entlastung flUlt ebenfalls mit Wirkung filr die Vergangenheit weg, falls der Erwerber den Betrieb nicht mindestens filnf Jahre fortfilhrt. Schließlich ist auf die Stundungsvorschrift des § 28 ErbStG hinzuweisen, die schon im ErbStG 1974 vom 17.4.197430 Bestand hatte und durch das StÄndG 1992 und das JStG 1996 noch einmal ausgeweitet worden ist. Dem Erwerber von Betriebsvermögen oder von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen ist die auf dieses Vermögen entfallende Steuer auf Antrag bis zu zehn Jahren zu stunden, soweit dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist (§ 28 Abs. I S. I ErbStG). Bei Erwerben von Todes wegen erfolgt die Stundung zinslos (§ 28 Abs. I S. 2, 2. HS ErbStG). Der Gesetzgeber hat filr diese in den letzten Jahren herbeigefilhrten Änderungen folgende Gründe angefilhrt. Mit dem StÄndG 1992 hat er eine Entlastung des Betriebsvermögens von ertragsunabhängigen Steuern angestrebt. 31 Nach der GesetzesbegrUndung zum StandOG soll Betriebsvermögen wegen der verhältnismäßig geringen Fungibilität, der erhöhten Sozial verpflichtung (Erhaltung von Arbeitsplätzen) und des höheren Risikos geschont werden. 32 In den Gesetzesmaterialien zum JStG 1996, wo die Erforderlichkeit einer weiteren Verringerung der steuerlichen Belastung filr die Unternehmensnachfolge - vor allem von mittelständischen Unternehmen - betont wird, wird weiter ausgefilhrt, daß die Bundesregierung filr europäische Verhältnisse vorbildliche

29 30 31

32

BGB\. I 1995, 1250. BGB\. I 1974, 933. BT-Drs. 12/1108,72. BR-Drs. 1/93,49.

C. Meinungsstand zur Behandlung des Betriebsvennögens

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schenkung- und erbschaftsteuerliche Vergünstigungen filr den Übergang von Betriebsvennögen anstrebe. Die Entlastungen filr den Erwerb des begünstigten Vennögens sollen vom Erwerber filr notwendige Investitionen und den Erhalt von Arbeitsplätzen innerhalb des Betriebsvennögens oder der Kapitalgesellschaft genutzt werden. 33 Die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. betonten im Gesetzgebungsverfahren zum JStG 1997, daß mit den avisierten Änderungen der Übergang des Betriebsvennögens unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser/Schenker und Erwerber noch stärker entlastet würde. In der Summe erfilllten die (dann) vorhandenen Begünstigungen das verfassungsrechtlich Gebotene. 34 Der Beschluß des BVerjG erging zu einem Zeitpunkt, in dem die mit dem JStG 1996 bewirkten Änderungen des ErbStG noch nicht beschlossen waren, in dem aber ein Referentenentwurf zum JStG 1996 bekannt war. Die mit dem JStG 1997 eingefilhrten Vergünstigungen filr Betriebsvennögenserwerber hielt der Gesetzgeber aufgrund des Verfassungsgerichtsbeschlusses filr notwendig. 35

c. Meinungsstand zur Sonderbehandlung des Betriebsvermögens In der Literatur wird die Frage, ob Betriebsvennögen im Erbschaftsteuerrecht einer Sonderbehandlung bedarf, unterschiedlich beantwortet. Zahlreiche Autoren haben sich schon vor der Entscheidung des BVerjG filr eine Sonderbehandlung des Betriebsvennögens im Erbschaftsteuerrecht ausgesprochen. J6 Zur Begründung wird beispielsweise angefilhrt, die internationale Wettbewerbsflihigkeit der Wirtschaft werde andernfalls aufs Spiel gesetzt37, die Fortfilhrung des Betriebs durch den Steuerpflichtigen dürfe nicht geflthrdet werden 38 oder die mittelständische Wirtschaft sei in Gefahr 9 • Die Erbschaftsteuer

BR-Drs. 171/95. 157 f BT-Drs. 13/4839,64 f 3~ BT-Drs. 13/5952,63. J6 Tipke. Die Steuerrechtsordnung II, S. 764 ff.; Crezelius, DStJG 17 (1994), 135, 187, sowie im Rahmen der Diskussion, S. 188, 193; ders., Festschrift Tipke, S.403, 417 f.: Leisner. Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 60; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht, § 27 I I: Ritter. BB 1994, 2285, 2289 f; v. Wartenberg, BFuP 1993, 237. 239 ff.: Kleeberg, BB 1989, 2448, 2452, bzgl. Familiengesellschaften; vgl. auch Kettern, Die neue Ordnung 1993,433,435 f.; Kühn, DIHT-Schrift 1991, S. 35 ff.; IFSt, Schrift Nr. 290, S. 10 ff., s. schon Kreile, BB 1971, 185, 187; Flume, OB 1971, 2427 f. 37 Kreile, BB 1971, 185, 187. J8 Vgl. Flume, OB 1971, 2427 f. J~ Knobbe-Keuk. Bilanz- und Unternehmensteuerrecht, § 27 I I, S. 980; v. Wartenberg. BFuP 1993,237,239 f. 33

34

24

Einleitung

auf Betriebsvennögen wird auch mit Konzentrationswirkungen in der Wirtschaft in Verbindung gebracht. 40 Weiter wird zugunsten einer Sonderbehandlung von Betriebsvennögen argumentiert, das Unternehmen werde durch den Erbfall nicht leistungsfähiger4 1, im Betriebsvennögen vorhandene stille Reserven seien steuerverstrickt und unterliegen bei einer späteren Veräußerung der Einkommensteuer42 , oder es wird der volkswirtschaftliche Nutzen der Unternehmen betont43 • Die Ausfiihrungen des BVerjG zur Sonderbehandlung von Betriebsvennögen sind häufig befiirwortet worden. 44 Einige Autoren stehen einer Sonderbehandlung des Betriebsvennögens hingegen skeptisch gegenüber. 45 Zu den Befiirwortern einer Sonderbehandlung des Betriebsvennögens zählt die Europäische Kommission. In einer Empfehlung vom 7.12.1994, die sich mit der Übertragung von kleinen und mittleren Unternehmen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union befaßt46 , hat die Kommission die Mitgliedstaaten auf-

40 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht, § 27 I I; Ritter, BB 1994, 2285,2287. 41 Tipke, Steuerrechtsordnung 11, S. 765. 42 Crezelius, DStJG 17 (1994), \35, 187, 188, 193. 43 Ritter, BB 1994, 2285, 2290. 44 Tipke, MDR 1995, 1177, 1181; Flume, DB 1995, 1779, 1780, der aber auch Kritik anklingen läßt; Crezelius, DB 1997, 1584; Leisner, NJW 1995, 2591, 2596; Ziegler, BB 1996, 454, 456 f.; Felix, ZEV 1996, 410, 416; ders., BB 1995, 2241, 2243; ders., KÖSDI 1995, 10407, 10410; ders., ZAP 1995, Fach 20, S. 259,264; Arndt, BB 1996, Beilage 7 zu Heft 14,1*,25* ff.; Limmer, ZEV 1995,345,347; Dann, StbKRep. 1996, 3, 12; IFSt, Schrift NT. 344, S. 17 ff.; Petzold, NWB 1996, Fach 10, S. 1175, 1186; s. auch Kommission zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungenfiir Investitionen und Arbeitsplätze, Erklärung zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995, S. 4; Stellungnahme der Industrieverbände zum Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995 zur Erbschaftsteuer, S. 10 ff.; Bundessteuerberaterkammer, DStR 1996, 1116, 1117. 45 Meincke, § 12 Rz \31, § \3a Rz 3, § 28 Rz I; ders. schon 10. Auflage, § 12 Rz \34, § \3 Rz 59, § 28 Rz 1; ders., DStR 1996, \305, \309 f.; Moench in: Moench/Kien-Hümbert/Weinmann, § \3a Rz 2 ff.; ders., ZEV 1997, 268; ders., DStR 1996, 725, 726 f.; ders., ZEV 1995, 50, FN 6; ders. in: Moench/Höll, Die neue Erbschaftsteuer, S. 6 ff., 77 ff.; Lang in: TipkelLang, § 8 Rz 42; s. bereits TipkelLang, 14. Auflage, § 12 Rz 57 ff., 64, 173; Seer, StuW 1997,283,291 ff.; Weinmann, DStR 1993, 1237 f.; BareislEIser, DStR 1997, 557, 561 f.; Bareis, DB 1996, 1153, 1158; Wolf, Freundesgabe Haas, S. 459 f.; Watrin, Rechtsformwahl als Instrument der Erbschaftsteuerplanung, S. 207 ff.; verhaltene Kritik üben KrügerlSiegemundlKöhler, DStR 1997, 637, 638; dies., Stbg 1997, 248, 250 f.; sowie Thiel, DB 1997, 64, 68; etwas kritisch auch Kahrs, KJ 1996, 127, 156 f. 46 ABI. Nr. L 385 vom 31.12.1994, S. 14 ff.

D. Gang der Untersuchung

25

gefordert, die Belastung von Unternehmen mit Erbschaft- und Schenkungsteuern zu verringern.

D. Gang der Untersuchung Im 1. Kapitel wird dargelegt, in welchem Umfang die Erwerber von Betriebsvermögen entlastet werden und wie sich die Entlastung auf die Erwerber unterschiedlichen Betriebsvermögens verteilt. Ausgangspunkt dieser Erörterungen ist der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Im Hinblick auf den Erwerb von Betriebsvermögen und dem Erwerb nicht betrieblichen Vermögens wäre der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewahrt, wenn die Bewertung von Betriebsvermögen an dem gleichen Bewertungsziel ausgerichtet wäre wie die Bewertung des übrigen Vermögens und wenn der Erwerb von Betriebsvermögen darüber hinaus nicht durch zusätzliche Regelungen erleichtert würde. Vermögen wird fiir Zwecke der Erbschaftsteuer gern. § 12 Abs. I ErbStG LV.m. § 9 Abs. 1 BewG dem Grundsatz nach zum gemeinen Wert (= Verkehrswert47 ) bewertet. 48 Der Umfang sowie die Art und Weise der schon durch die Bewertungsvorschriften bewirkten Entlastung der Betriebsvermögenserwerber läßt sich ermitteln, in dem die erbschaftsteuerliche Bewertung der Verkehrswertermittlung von Unternehmen, wie sie im Zivilrecht vorzunehmen ist, gegenübergestellt wird. In dieser Arbeit wird auf die im Pflichtteilsrecht übliche Verkehrswertermittlung abgestellt. Dabei ist jedoch zu beachten, daß der jeweilige der Bewertung zugrunde liegende rechtliche Zusammenhang filr das Ergebnis des Wertermittlungsprozesses mitentscheidend ist. Der Vergleich der erbschaftsteuerlichen Bewertung mit der Verkehrswertermittlung filr Zwecke der Pflichtteilsberechnung ist daher in dem Bewußtsein vorzunehmen, daß die Besonderheiten des Pflichtteilsrechts das Ergebnis der Verkehrswerter-

47 Vgl. Troll in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 Rz 18; ders. in: RösslerlTroll, § 9 BewG Rz I; GürschinglStenger, § 9 BewG Rz 7.

48 Vgl. BVerjG, Beschluß vom 7.5.1968 - 1 BvR 420/64, BStBI. II 1968,549,552; Troll in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 Rz 18; KapplEbeling, § 12 Rz 75; Gürschingl Stenger, § 9 BewG Rz 1; Pelka, StuW 1975,206,219; Seer, StuW 1997,283,286 f.; Bacher, Werttheoretische Überlegungen beim Erbfall, S. 104; s. auch die Gesetzesmaterialien zum JStG 1997, BT-Drs. 13/4839,62, wonach dem obersten Wertmaßstab des gemeinen Wertes nach dem BewG eine Vielzahl von Werten untergeordnet ist, die mehr oder weniger typisierend den gemeinen Wert wiedergeben sollen. A.A. Vogel, DStZ/A 1979, 28, 33; ders., Anm. zu BVerjG, Beschluß vom 22.6.1995 - 2 BvR 552/91, JZ 1996, 43, 45, der als grundlegendes Prinzip der (auch nach dem BewG zu bemessenden) früheren Vermögenst~uer die Bewertung nach dem Ertragswert ansieht und den Verkehrswert für eine Erscheinungsform des Ertragswertes hält. Die subsidiäre Bewertung mit dem Verkehrswert (§ 9 Abs. 1 BewG) sei nur eine technische Regel und stünde dem nicht entgegen.

26

Einleitung

mittlung beeinflussen. Wenn dann die durch die Bewertungsvorschriften vorgegebene Sonderbehandlung des Betriebsvermögens abgehandelt ist, werden die Ubrigen Sonderregeln betrachtet. Im Rahmen der Diskussion Uber die Besteuerung des Betriebsvermögens werden häufig bewertungsrechtliche Gesichtspunkte zur Rechtfertigung einer Sonderbehandlung des Betriebsvermögens herangezogen. Eine solche Diskussion kann nicht ohne RUcksicht auf den Ausgangspunkt gefiihrt werden, nach dem Betriebsvermögen wie sonstiges Vermögen prinzipiell zum gemeinen Wert bewertet werden mUßte. Denn zahlreiche, in diese Diskussion eingebrachten Gesichtspunkte könnten auch im Rahmen einer Bewertung zum gemeinen Wert eine Rolle spielen. Eine Behandlung des Betriebsvermögens in der Weise, daß den Umständen Rechnung getragen wird, die im Rahmen einer Bewertung zum gemeinen Wert zu berUcksichtigen wären, wäre freilich ohne weiteres angemessen (s.o. S. 18). Wenn aber dem Bereich der Bewertung zugehörige Gesichtspunkte, die auch in eine erbschaftsteuerliche Bewertung zum gemeinen Wert eingehen mUßten, zum Anlaß genommen werden, um eine über die bewertungsmäßige Behandlung hinausgehende Sonderbehandlung des Betriebsvermögens zu begrUnden, ist dies nicht mehr ohne weiteres angemessen. Im 2. Kapitel wird daher ermittelt, welche Gesichtspunkte im Rahmen einer erbschaftsteuerlichen Bewertung des Betriebsvermögens zum gemeinen Wert beachtet werden mUßten. Das Ergebnis eines Wertermittlungsvorgangs kann, wie gesagt, je nach rechtlichem Zusammenhang anders ausfallen. Es wird daher zu prUfen sein, inwieweit die Gesichtspunkte, die im Bewertungsvorgang zur Ermittlung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs berücksichtigt werden, auch in einem Bewertungsvorgang zur Ermittlung der Höhe der Erbschaftsteuerschuld Geltung beanspruchen. Zudem wird untersucht, ob die vom BVerjG angesprochenen Eigenschaften von Betriebsvermögen, wie die Sozialverpflichtung und die eingeschränkte Verftlgbarkeit, in die Bewertung zum gemeinen Wert eingehen mUßten. Das Ergebnis dUrfte RUckschlUsse darauf zulassen, inwieweit die im ErbStG vorzufindende Sonderbehandlung des Betriebsvermögens ohne weitere BegrUndung angemessen ist. In dem Umfang, in dem die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens nicht ohne weiteres angemessen ist, ist der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung berUhrt. Das BVerjG hält eine den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung durchbrechende Sonderbehandlung des Betriebsvermögens ftlr geboten, um zu verhindern, daß die Erbschaftsteuer die Fortfiihrung des Betriebs durch den Erwerber geflihrdet (s.o. S. 18 f.). Im 3. Kapitel wird untersucht, ob sich die im geltenden Recht vorzufindende Sonderbehandlung des Betriebsvermögens, soweit sie nicht aufgrund bewertungsrechtlicher Aspekte angemessen ist, rechtfertigen läßt. Als mögliche Rechtfertigung wird hier ausschließlich auf das in der Verfassungsgerichtsent-

E. Eingrenzung des Themas

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scheidung angedeutete Argument abgestellt, nämlich auf das öffentliche Interesse an einer Fortruhrung von Familienunternehmen gerade durch den Erwerber. Im 4. Kapitel werden einige ausgewählte Reformvorschläge, u.a. der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Übernahme des britischen Erbschaftsteuerrechts, diskutiert.

E. Eingrenzung des Themas hinsichtlich des Begriffs Betriebsvermögen Die ersten bei den Kapitel dieser Arbeit befassen sich intensiv mit den Fragen der Bewertung von Betriebsvermögen. Um die Übersichtlichkeit der Untersuchung zu gewährleisten, sind die Ausruhrungen allein auf die Bewertung von Einzelunternehmen (bzw. freiberuflichen Einzelpraxen) ausgerichtet. Auf die zahlreichen, mit der Bewertung von Gesellschaftsmitgliedschaften verbundenen Schwierigkeiten (Berücksichtigung des Umfangs der Beteiligung, des Einflusses auf die Geschäftsfilhrung, Beachtlichkeit von Gewinnverteilungsschlüsseln, Abfindungsklauseln und sonstigen Regelungen rur den Fall des Wegfalls eines Gesellschafters) wird nicht eingegangen. Da jedoch der Wert von Gesellschaftsmitgliedschaften herkömmlicherweise aus dem Wert der Gesellschaft abgeleitet wird, sind die in bezug auf Einzelunternehmen (bzw. Einzelpraxen) erzielten Ergebnisse auch rur Gesellschaftsbeteiligungen von Bedeutung.

J. Kapitel

Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens im Erbschaftsteuerrecht - Umfang und Verteilung der Entlastung Das ErbStG hält zahlreiche Sondervorschriften bereit, die den Erwerb von Betriebsvennögen entlasten. Über den Umfang und über die Verteilung dieser Entlastung auf die Erwerber unterschiedlichen Betriebsvennögens läßt sich eine Aussage treffen, indem diese Sondervorschriften den "Regelvorschriften" gegenübergestel1t werden. Es ist schon dargelegt worden, daß tUr den Erwerb sämtlicher Vennögensarten im geltenden Recht dem Grundsatz nach die gleichen Regelungen (Freibeträge, Steuersätze etc.) gelten, so daß die Gleichmäßigkeit der Besteuerung von einer gleichmäßigen Bewertung abhängt (s.o. S. 18). Mit den "Regelvorschriften" sind daher in erster Linie die Bewertungsvorschriften angesprochen. Vennögen wird rur Zwecke der Besteuerung mit Erbschaftsteuer dem Grundsatz nach zum gemeinen Wert (= Verkehrswert) bewertet, § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 BewG (s.o. S. 25). Betriebsvennögen müßte daher prinzipiel1 - entsprechend der Regel - ebenfal1s mit dem Verkehrswert bewertet werden. I Betriebsvennögen wird im Erbschaftsteuerrecht bekanntennaßen aber nicht mit dem Verkehrswert bewertet. Der Wert des Betriebsvennögens ist gern. § 12 Abs.5 S.2 ErbStG i.V.m. § 98a BewG zu berechnen, indem die Summe der Werte, die tUr die zu dem Gewerbebetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze (Rohbetriebsvennögen) ennittelt worden sind, um die Summe der Schulden und sonstigen Abzüge (§ 103 BewG) gekürzt wird. § 98a BewG gibt rur die Bewertung von Betriebsvennögen eine reine Substanzwertennittlung vor. Die Werte der dem Betriebsvennögen zuzuordnenden Posten werden im einzelnen ennittelt und addiert (bzw. subtrahiert). Das Ergebnis wird nicht mit dem Verkehrswert übereinstimmen, der - was noch austUhrlich dargestel1t wird - von Ertragswertgesichtspunkten geprägt ist. Der nach Ertragswert-

I Vgl. BT-Drs. 13/4839.64: "Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wäre auch Betriebsvennögen grundsätzlich mit einem Wert zu bewerten, der die Wertrelation des Betriebsvennögens zu den übrigen verschiedenen Wirtschat'tsgütem realitätsgerecht abbildet. Theoretisch wäre dies der gemeine Wert. d.h. der Verkehrswert:'

A. Die Bewertungsvorschriften

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gesichtspunkten ermittelte Verkehrswert wird vielfach höher ausfallen als der reine Substanzwert. Die geltenden Regeln zur Betriebsvennögensbewertung beruhen auf einer Gesetzesänderung aus dem Jahre 1992 (StÄndG 1992 2). Die Substanzwertermittlung war ftlr das Betriebsvermögen aber schon nach dem bis Ende 1992 geltenden Recht maßgeblich. Im folgenden wird zunächst versucht, die durch die Bewertungsvorschriften gewährte Entlastung der Betriebsvermögenserwerber darzustellen. Im Anschluß daran wird auf die übrigen Sondervorschriften eingegangen.

A. Die durch die Bewertungsvorschriften bewirkte Sonderbehandlung des Betriebsvermögens In welcher Art und Weise und in welchem Umfang die Erwerber von Betriebsvermögen durch die Bewertungsvorschriften entlastet werden, läßt sich abschätzen, indem die Erbschaftsteuerwerte mit den Verkehrswerten verglichen werden. Es kann hierbei auf die Verkehrswerte zurückgegriffen werden, die im Rahmen zivilrechtlicher Rechtsverhältnisse Bedeutung haben. Da die Bewertungsvorschriften wiederholt geändert worden sind, empfiehlt sich eine historische Vorgehensweise. Zunächst werden die bis zum 31.12.1992 maßgeblichen Bewertungsvorschriften mit der Verkehrswertermittlung nach zivilrechtlichen Grundsätzen verglichen. Anschließend wird untersucht, wie sich die durch das StÄndG 1992 und durch das JStG 1997 bewirkten Änderungen des Bewertungsrechts ausgewirkt haben. I. Die Bewertung von Betriebsvermögen nach dem bis

zum 31.12.1992 geltenden Bewertungsrecht

Der Umfang des Betriebsvermögens und die Höhe der den einzelnen Posten zuzuordnenden Geldbeträge war nach dem bis zum 31.12.1992 geltenden Recht unabhängig vom Bilanzsteuerrecht zu ermitteln. 3 Zunächst einige Ausftlhrungen zum Umfang des Betriebsvermögens.

2 S. dazu S. 21. Die Änderung fand erstmals auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 31.12.1992 entstanden ist oder entsteht, s. § 37 Abs. 9 ErbStG i.d.F. des StÄndG 1992. 3 Literatur zum älteren Recht z.B. GürschinglStenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 9. Auflage 1992/1998; MoenchiGlierlKnobellWerner, Bewertungs- und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 1989; RösslerlTroll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 15. Auflage 1989; HorschitzlGroß, ' Bewertung und Vermögensteuer, 11. Auflage 1989.

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

1. Umfang des Betriebsvermägens

Zur Ermittlung des Stichtagswertes eines Unternehmens waren von dem Rohbetriebsvermögen (= Summe der rur die einzelnen zum Betrieb gehörenden Wirtschaftsgüter ermittelten Werte) die Schulden und sonstigen nach dem BewG zulässigen Abzüge abzurechnen (§ 98a BewG a.F. 4). Zum Betriebsvermögen gehörten nach § 95 Abs. 1 BewG a.F. alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dient, soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören (gewerblicher Betrieb).s Wirtschaftsgüter LS.d. BewG sind Sachen, Rechte und unter Umständen auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile rur den Betrieb, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind. 6 Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu einem gewerblichen Betrieb setzte zum einen voraus, daß diese ihm als Hauptzweck - um mehr als 50 v.H. 7 - dienen, d.h. im Betrieb genutzt oder verwendet werden 8 • Zum anderen mußten die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören. Für die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen war es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob Gewerbetreibende oder Freiberufler ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG (bzw. § 5 EStG) ermittelten, sog. bilanzierende Steuerpflichtige, oder ob die Gewinnermittlung durch Einnahmen-/Ausgabenrechnung gern. § 4 Abs. 3 EStG erfolgte, sog. nichtbilanzierende Steuerpflichtige. 9 Betriebsschulden, die von der Summe der fiir die Wirtschaftsgüter ermittelten Werte abzuziehen waren, waren solche, die mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang standen (§ 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG a.F. JO LV.m. § 103 BewG a.F.). Zu den abzugsfähigen 4 Mit BewG a.F. ist die Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Bewertungsgesetzes vom 1.2.1991, BGBI. I 1991,230, gemeint. Diese entspricht weitgehend der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Bewertungsgesetzes vom 26.9.1974, BGBI. I 1974,2369. 5 Der Begriff des Gewerbebetriebs ist § 15 Abs. 2 EStG zu entnehmen, s. Glier in: Moench/Glier/Knobe1/Werner, 1989, § 95 BewG Rz 3. 6 Diese Definition erfolgt in Anlehnung an BFH, Urteil vom 30.6.1972 - III R 23/7 1. BStBI. 11 1972, 752, 753, und Söffing, JbFSt 1978/1979, 199, 201. 7 S. Abschn. 5 Abs. 3 S. 3 VStR 1989. Die VStR 1989 sind in BStBl. I Sondernummer 1/1989, S. 25 ff., veröffentlicht. 8 Glier in: Moench/Glier/Knobe1/Werner, 1989, § 95 BewG Rz 20. 9 GürschinglStenger, § 95 BewG bis 1992, Rz 41, unter Hinweis auf BFH, Urteil vom 14.5.1965 - III 197/60 U, BStBI. III 1965,438,439. 10 Mit ErbStG a.F. ist die Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.1991, BGBI. I 1991. 468, angesprochen. Diese Fassung entspricht weitgehend der Fassung des Gesetzes zur Refonn des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 17.4.1974, BGBI. I 1974, 933.

A. Die Bewertungsvorschriften

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Betriebsschulden gehörten auch Rückstellungen fiir Preisnachlässe und fiir Wechselhaftung (§ 103a BewG a.F.) und Pensionsverpflichtungen (§ 104 BewG a.F.). Betriebliche Steuerschulden, wie z.B. die Umsatzsteuer und die GewerbesteuerlI, waren abzuziehen, sofern sie am Bewertungsstichtag fiillig waren oder auf die vorangehende Zeit entfielen (§ 105 BewG a.F.). Welche positiven oder negativen Posten nun im einzelnen in der Vermögensaufstellung aufzunehmen waren, soll hier nicht näher ausgefiihrt werden. 12 Die nachfolgenden AusfUhrungen beschränken sich auf einige ausgewählte Probleme. Zum einen wird erörtert, ob sog. immaterielle Wirtschaftsgüter im Rahmen der nach den älteren bewertungsrechtlichen Vorschriften durchzuführenden Bewertung zu erfassen waren, nachfolgend a). Diese Frage ist fllr die Entwicklung des Steuerwertes mit der Gesetzesänderung im Jahre 1992 von Bedeutung. Anschließend wird das Problem der Erfassung des sog. Geschäftsoder Firmenwertes dargestellt, nachfolgend b). Insoweit, wie nämlich ein Geschäftswert in die erbschaftsteuerliche Bewertung eingeht, würde auch die mit dem Unternehmen verbundene Ertragskraft erfaßt. Da sich die nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu ermittelnden Verkehrswerte an der Ertragskraft der Unternehmen orientieren, ist ein Vergleich zwischen diesen Werten und den Erbschaftsteuerwerten nur möglich, wenn die Bedeutung der Ertragskraft fllr die erbschaftsteuerliche Bewertung geklärt ist. Schließlich wird untersucht, ob die mit dem Erwerb von Betriebsvermögen einhergehende sog. latente Ertragsteuerlast bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung berücksichtigt werden kann, nachfolgend c). Auch dies ist fllr den Vergleich der erbschaftsteuerlichen Bewertung mit der Unternehmensbewertung nach zivilrechtlichen Grundsätzen bedeutsam. a) Der Ansatz immaterieller Wirtschaftsgüter Nach gefestigter Rechtsprechung waren immaterielle Werte als selbständig bewertungsfiihige Wirtschaftsgüter i.S.d. § 95 BewG a.F. zu berücksichtigen, wenn sie als geldwerte Realität in Erscheinung getreten waren. 13 Dies sollte dann der Fall sein, - wenn die selbständige Bewertungsfiihigkeit durch die allgemeine Verkehrsanschauung anerkannt war oder

Glier in: Moench/Glier/Knobel/Wemer, 1989, § 105 BewG Rz 2. Eine Übersicht Ober die Besitz- und Schuldposten, die in der Vennögensaufstellung i.d.R. aufzufilhren waren, ist z.B. zu finden bei Horschitz/Groß, Bewertung und Vennögensteuer, 11. Auflage, S. 306. 13 BFH, Urteil vom 9.11.1973 - III R 12/72, BStBl. 11 1974, 81 f.; BFH, Urteil vom 13.2.1970 - III 156/65, BStBI. 11 1970,369,371. 11

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

- wenn die immateriellen Werte entgeltlich erworben worden waren oder - wenn der Unternehmer oder ein Dritter Aufwendungen auf das zu bewertende Wirtschaftsgut gemacht hatte. 14 Wenn die selbständige Bewertungsfiihigkeit nur unter Rückgriff auf die allgemeine Verkehrsanschauung begründet werden konnte (1. Spiegelstrieh), hat die Rechtsprechung eine Anerkennung als immaterielles Wirtschaftsgut allerdings nur bejaht, wenn der immaterielle Wert losgelöst vom Unternehmen und dem "ganzen dazu gehörigen Apparat" veräußert werden konnte. 15 Ansonsten war für die Anerkennung als Wirtschaftsgut unerheblich, ob der immaterielle Wert losgelöst vom Betrieb veräußert werden konnte oder nicht. 16 Daß immaterielle Wirtschaftsgüter im Ertragsteuerrecht gern. § 5 Abs. 2 EStG i.d.F. des Einkommensteueränderungsgesetzes vom 16.5.1969 17 nur unter strengeren Voraussetzungen erfaßt werden konnten, nämlich wenn sie entgeltlich erworben wurden, war rur das Bewertungsrecht nach Ansicht der Rechtsprechung unerheblich. 18 Die Finanzverwaltung hatte sich dieser Rechtsprechung angeschlossen. 19 Zu den danach anzusetzenden Wirtschaftsgütern gehörten Z.B. Patente, nicht geschützte Erfindungen, Urheberrechte, das Kow-how20 , Warenzeichen (nach dem

14 BFH, Urteil vom 1.8.1990 - II R 17/87, BStBl. II 1990,879,880; BFH, Urteil vom 29.\0.1986 - 11 R 186179, BStBI. II 1987,97,98; BFH, Urteil vom 25.5.1984 - III R 103/81, BStBI. JI 1984,617,618; BFH, Urteil vom 9.12.1983 - III R 40179, BStBI. JI 1984, 193, 194 f.; BFH, Urteil vom 11.11.1983 - III R 25177, BStBl. 11 1984, 187. 188 f.: BFH, Urteil vom 9.11.1973 - III R 12/72, BStBI. JI 1974, 81 f.; BFH, Urteil vom \3.2.1970 - III 156/65, BStBI. JI 1970,369,371; so auch MeineM, 9. Auflage, § 12 a.F. Rz 145; Glier in: Moench/Glier/Knobel/Werner, 1989, § 95 BewG Rz 37. 15 BFH, Urteil vom 1.8.1990 - JI R 17/87, BStBl. JI 1990, 879. 880, unter Hinweis auf RFH, Urteil vom 28.2.1930 - III A 84/28, RStBI. 1930, 287. 291; s. auch GürsehinglStenger, § 95 BewG bis 1992, Rz 62.1. Das Erfordernis dieser einschränkenden Voraussetzungen beruhte u.a. auf der praktischen Erwägung, daß andernfalls (ohne einen Markt rur diese Werte) keine vernünftigen und zahlenmäßig zu rechtfertigenden Schätzungsunterlagen gefunden werden konnten, s. RFH, Urteil vom 28.2.1930 - III A 84/28, RStBI. 1930,287,291. 16 BFH, Urteil vom 22.3.1989 - JI R 15/86, BStBI. JI 1989, 644, 645; BFH. Urteil vom 23.11.1988 - 11 R 209/82, BStBI. JI 1989, 82, 83; vgl. auch BFH, Urteil vom 26.2.1975 - I R 72173, BStBI. 11 1976. \3, 14. 17 BGBI. 11969,421. IK BFH, Urteil vom 9.12.1983 - III R 6176, BStBI. 11 1984, 190 f.: BFH, Urteil vom 11.11.1983 - III R25177, BStBI. 111984, 187, 189; BFH. Urteil vom 9.11.1973 - III R 12172. BStBl. 11 1974,81; BFH, Urteil vom 7.8.1970 - 111 R 119/67. BStBI. 11 1970. 842. 843 f. 10 Abschn. 53 Abs. I VStR 1989. 20 BFH, Urteil vom 15.7.1987 - 11 R 249/83. BStBI. 11 1987.809. Unter Kow-how

A. Die Bewertungsvorschriften

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früheren Warenzeichengesetz)2I, Brennrechte22 , Verlagsrechte, Musikverlagsrechte 23 , Tonträger\ Wassernutzungsrechte, Abwässereinleitungsrechte 2S , Wettbewerbsverbote, Optionsrechte und ähnliches mehr. 26 Nach der Konzeption der Rechtsprechung waren immaterielle Werte, die nicht als geldwerte Realität in Erscheinung getreten waren, keine immateriellen WirtschaJtsgüter sondern eben nur immaterielle Werte. Diese galten als Teil des Geschäftswertes (dazu sogleich). b) Der Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwertes Der Gesamtwert eines lebenden Unternehmens ist i.d.R. nicht identisch mit der Summe der Werte der im Betrieb arbeitenden Vermögensgegenstände. 27 Denn damit aus dem "toten Skelett"28 der Gesamtheit dieser Vermögensgegenstände ein lebender Betrieb wird, der seine Aufgaben in Beschaffung, Fertigung, Vertrieb und Verwaltung erfüllen und Gewinne erwirtschaften kann, bedarf es weiterer Faktoren. Solche Faktoren sind Z.B. Kunden- und Lieferantenbeziehungen, Wettbewerbs- und Standortbedingungen, Ruf und Alter der Firma, Betriebs- und Verkaufsorganisation, persönliche Unternehmerleistungen, Stärke der Arbeitnehmerschaft und ihr Verhältnis zum Betrieb. 29 Die Gesamtheit dieser Faktoren wird als Geschäfts- oder Firmenwerf° bezeichnet. Der Begriff des Geschäftswertes kann direkt umschrieben werden als Ausdruck rur die Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, sondern durch den Betrieb des eingeftlhrten und fortlebenden Unternehmens im ganzen gewährleistet erscheinen. 31 Einer

versteht man ein nicht geschütztes Spezial wissen über technische Erfahrungen, das im allgemeinen auf dem Wege praktischer Erprobung gewonnen und durch praktische Beratung einem anderen zur VerfUgung gestellt werden kann, BFH, Urteil vom 13.2.1970 1II 156/65, BStBI. 11 1970,369,372. 21 BFH, Urteil vom 13.2.1970 -1II 156/65, BStBI. 11 1970,369,372. 22 BFH, Urteil vom 9.12.1983 -1II R 40/79, BStBl. 11 1984, 193, 195. 23 BFH, Urteil vom 11.11.1983 - III R25/77, BStBI. 11 1984, 187, 189. 24 BFH, Urteil vom 9.12.1983 - 1II R 6/76, BStBI. 11 1984, 190, 191. 25 BFH, Urteil vom 25.5.1984 - 1II R 30/79, BStBI. 11 1984, 616 f. 26 S. Abschn. 53 Abs. 1 VStR 1989 und hierzu Meincke, 9. Auflage, § 12 a.F. Rz 145. 27 Leissie, StuW 1953, Sp. 641. 28 Dieser Ausdruck wird von Moxter, BB 1979,741,742, benutzt. 29 Leissie, StuW 1953, Sp. 641, 642. 30 Vgl. § 12 Abs.2 S.3 ErbStG. Nachfolgend wird nur noch der Begriff Geschäftswert verwendet. 31 BFH, Urteil vom 16.6.1970 - 11 95-96/64, BStBI. 11 1970, 690, 692; BFH, Urteil vom 28.3.1966 - VI 320/64, BStBI. III 1966, 456, 457; Hauter, StbJb. 1980/81, 197, 218; ähnlich auch Leissie, StuW 1953, Sp. 641, 643. 3 Spitzbart

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

indirekten Unschreibung nach ist der Geschäftswert der Wert, um den der Wert des Gesamtunternehmens den Wert der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens übersteigt.32 Der Geschäftswert hätte im Rahmen der Bewertung des Betriebsvermögens dem Grunde nach erfaßt werden können, wenn er ein (immaterieIles) Wirtschaftsgut i.S.d. § 95 BewG a.F. wäre. Nach der Rechtsprechung war der Geschäftswert ein immaterieIles Wirtschaftsgut in diesem Sinne, wenn er als geldwerte Realität in Erscheinung getreten war oder, anders ausgedrückt, wenn er konkretisiert war (derivativer Geschäftswert).33 Der sich aIlmählich selbst bildende (originäre), noch nicht realisierte Geschäftswert soIlte hingegen kein bewertbares Wirtschaftsgut i.S.d. BewG sein. Ursprünglich wurde diese Auffassung damit begründet, daß eine Bewertung vor der Realisierung zu willkürlicher und damit nicht vertretbarer Schätzung ftlhrte. 34 Diese Begründung wurde später aufgegeben, da mittlerweile aIlgemein anerkannte Schätzungsmethoden zur Ermittlung des Geschäftswertes existierten. An ihre SteIle trat das Argument, daß bei aIlen Schätzungsmethoden der Geschäftswert als Differenz zwischen dem Gesamtwert des Unternehmens und seinem Substanzwert ermittelt würde. Dies soIlte gegen den sog. Grundsatz der Einzelbewertung verstoßen 35 , der ftlr die Unternehmensbewertung - im Gegensatz zu der Bewertung anderer wirtschaftlicher Einheiten36 - maßgeblich war (und heute noch maßgeblich ist, vgl. § 98a BewG). Wenn der Geschäftswert aber als geldwerte Realität in Erscheinung getreten und somit realisiert war, war nach Ansicht der Rechtsprechung kein Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelbewertung anzunehmen. Daß bei der Bewertung des Unternehmens dann auch die Ertragskraft erfaßt würde, sollte nicht entgegenstehen. 37 Eine Konkretisierung des Geschäftswertes zum immateriellen Wirtschaftsgut wurde angenommen,

32 Glade, StbJb. 1969170, 287, 289; vg\. § 255 Abs. 4 S. I HGB; vg\. auch Rohling, DB 1984, 1162, unter Hinweis auf § 153 Abs. 5 S. 2 AktG 1965, BGB\. I 1965, 1089; s. auch BFH, Urteil vom 16.6.1970 - 11 95-96/64, BStB\. 11 1970, 690, 692; RFH, Urteil vom 28.2.1930 -111 A 84/28, RStB\. 1930,287,288. 33 BFH, Urteil vom 18.2.1977 - III R 83172, BStB\. 11 1977, 50 I. 34 RFH, Urteil vom 28.2.1930 - III A 84/28, RStB\. 1930, 287, 289. 35 BFH, Urteil vom 6.8.1971 - III R 9171, BStB\. 11 1971,677,678. 36 Vg\. den in § 2 Abs. I BewG niedergelegten Grundsatz der Gesamtbewertung. 37 BFH, Urteil vom 6.8.1971 - III R 9171, BStB\. 11 1971,677,678; i.E. auch BFH, Urteil vom 23.6.1978 - III R 22176, BStB\. 11 1978, 521, 522; BFH, Urteil vom 2.3.1973 - 111 R 88/69, BStB\. 11 1973,475,476.

A. Die Bewertungsvorschriften

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- wenn er entgeltlich erworben worden war oder - wenn er durch Aufwendungen, die auf ihn gemacht worden waren, als selbständig bewertungstahig anerkannt worden war. 38

l.B. war der Geschäftswert als Wirtschaftsgut anzusetzen, wenn beim Erwerb eines Unternehmens tUr ihn ein besonderer Preis gezahlt worden war oder wenn er bei einer Verpachtung des Unternehmens durch Aufwendungen des Pächters (Pachtzins) anerkannt worden war. 39 Die Rechtsprechung hinsichtlich der Anerkennung eines Geschäftswertes außerhalb von Unternehmensveräußerungen war allerdings eher restriktiv. 40 Wenn das Unternehmen zu einem Preis erworben sein sollte, der unter dem Substanzwert lag, wurde der Ansatz eines sog. negativen Geschäftswertes von der bewertungsrechtlichen Rechtsprechung nicht anerkannt. 41 Die Rechtslage hinsichtlich der Berücksichtigung des Geschäftswertes hat sich zum 1.1.1986 geändert. § 109 Abs. 4 BewG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 vom 19.12.1985 42 i.V.m. § 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG a.F. bestimmt, daß der Geschäfts- oder Firmenwert mit den Werten anzusetzen ist, die sich nach den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung ergeben. 43 Da im Steuerbilanzrecht gern. § 5 Abs. 2 EStG und in dem - wegen § 5 Abs. 1 S. 1

38 BFH. Urteil vom 17.1.1975-II1 R69/73.BStBI.1I1975, 324, 325; BFH, Urteil vom 30.5.1974 - III R 75/73. BStBI. 11 1974, 654, 655: Gürsching/Stenger, § 95 BewG bis 1992. Rz 65: Hauter. StbJb. 1980/81. 197.203. 39 Vgl. BFH. Urteil vom 18.2.1977 - III R 83/72. BStBI. 11 1977,501; BFH, Urteil vom 28.8.1968 - III R 15/67. BStB1.1I1969, 2, 3. 40 Vgl. BFH. Urteil vom6.8.1971-1I1 R 9171, BStBI.1I1971,677,678-derGeschäftswert muß durch klar von der Pacht tUr andere Wirtschaftsgüter abgrenzbare Pachtzahlungen konkretisiert sein: vgl. ferner BFH, Urteil vom 26.11.1971 - 111 R 87/70, BStBI. 11 1972. 310.311; BFH. Urteil vom 26.11.1971 - III R 110/70. BStBI. 11 1972,311, 312; BFH. Urteil vom 26.11.1971 - III R 74/71, BStBI. 11 1972,312 f.; so wird die Rechtsprechung auch von Rid. INF 1973, 349, 350, charakterisiert. S. z.B. auch Abschn. 53 Abs. 3 S. 1 VStR 1980, veröffentlicht in BStBI. I 1980, S. 310 ff.: Ein Geschäfts- oder Firmenwert ist zu erfassen, wenn er entweder in der DM-Eröffungsbilanz angesetzt worden ist oder nach dem 20.6.1948 tUr seinen Erwerb ein Entgelt gezahlt worden ist. 41 Vgl. BFH. Urteil vom 2.3.1973 - 1II R 88/69, BStBI. Il 1973,475,476. So auch GÜrsching/Stenger. § 95 BewG bis 1992, Rz 67, unter Hinweis auf die ertragsteuerliche Rechtsprechung des BFH. Urteil vom 19.2.1981 - IV R 41/78, BStBI. 11 1981, 730, 731. I.E. ebenso Hauter. StbJb. 1980/81, 197, 223: Pelka. Die Bewertung von immateriellen Wirtschaftsgütern. S. 103. Glade. StbJb. 1969/70, 287, 291. Heinze/Roolj, DB 1976. 214.217. betUrworten hingegen den Ansatz eines derivativen negativen Geschäftswertes. 42 BGBI. I 1985. 2436. So auch noch die Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Bewertungsgesetzes vom 1.2.1991. BGBI. I 1991, 230. 43 Diese Gesetzesänderung betrifft das Betriebsvermögen von bilanzierenden und nichtbilanzierenden Inhabern gleichermaßen. s. Halaczinsky, BB 1986,848,849.



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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

EStG für das Steuerbilanzrecht maßgeblichen - Handelsbilanzrecht44 ein Ansatzverbot fUr den originären Geschäftswert besteht, ist seit dieser Gesetzesänderung nur noch ein entgeltlich erworbener Geschäftswert im Steuerwert des Betriebsvermögens zu erfassen. 45 Ein lediglich durch Aufwendungen - wie Pachtzinsen - anerkannter Geschäftswert darf seit dem nicht mehr berücksichtigt werden. Bis zum 31.12.1985 war der (positive) Geschäftswert im Steuerwert des Betriebsvermögens also zu erfassen, wenn er entgeltlich erworben wurde oder wenn er - was selten angenommen wurde - durch Aufwendungen als selbständig bewertungsflihig anerkannt war. Nach diesem Zeitpunkt war nur noch der entgeltlich erworbene Geschäftswert zu berücksichtigen. c) Berücksichtigung der latenten Ertragsteuerlast Wenn der Verkehrswert der Unternehmenssubstanz den einkommensteuerlichen Wert des Betriebsvermögens übersteigt, sind sog. stille Reserven vorhanden. Der Betriebsinhaber kann die Bildung von stillen Reserven z.B. durch die Ausübung von Bilanzierungswahlrechten oder durch die Übertragung von Rücklagen nach § 6b EStG in gewissem Umfang beeinflussen. Stille Reserven bilden sich aber auch von selbst z.B. durch Wertsteigerungen einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, die in der Steuerbilanz nicht nachvollzogen werden können (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, 2. HS und Nr. 2 S. 3, 2. HS EStG). Werden die stillen Reserven insbesondere durch Veräußerung bzw. Aufgabe des Betriebs oder durch den Verkauf einzelner Gegenstände oder ihrer ÜberfUhrung in das Privatvermögen realisiert, unterliegt der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungswert (abzüglich der vom Verkäufer zu tragenden Veräußerungskosten) und dem Einkommensteuerwert (Steuerbilanzwert) den Ertragsteuern, v.a. der Einkommensteuer. 46 Solange die einkommensteuerlichen Werte unter

44 Zum Aktivierungsverbot rur den originären Geschäftswert im Handelsbilanzrecht s. z.B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4 IV 3 b. 45 Vgl. Meincke, 9. Auflage, § 12 a.F. Rz 146, und Abschn. 53 Abs. 3 VStR 1989. Im Regelfall wird auch nach dieser Gesetzesänderung der Ansatz eines derivativen negativen Geschäftswertes nicht in Betracht kommen, da der Erwerber in der Steuerbilanz die einzelnen Wirtschaftsgüter mit den entsprechend niedrigeren Anschaffungskosten anzusetzen hat (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG) und dies nicht durch Ansatz eines negativen Geschäftswertes umgehen darf, s. BFH, Urteil vom 21.4.1994 - IV R 70/92, BStBI. " 1994,745,747; BFH, Urteil vom 19.2.1981 - IV R 41/78, BStBI. " 1981,730,731; vgl. Hoflman in: LittmannlBitzlHeIlwig, §§ 4, 5 Rz 740. 46 Die Gewerbeertragsteuer, die ebenfalls zum Zuge kommen kann, solange der Gewerbebetrieb nicht aufgegeben wird, wird hier vernachlässigt. Aus Vereinfachungsgründen werden auch die Annexsteuern zur Einkommensteuer, die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag, nicht weiter berücksichtigt.

A. Die Bewertungsvorschriften

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dem Verkehrswert der Unternehmens substanz liegen, sind die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens also mit einer sog. latenten Ertragsteuerlast behaftet. Wird der einkommensteuerliehe Gewinn durch Einnahmen-/Ausgabenrechnung ermittelt, sind zudem die in der Person des Erblassers entstandenen aber noch nicht eingezogenen Forderungen latent mit Einkommensteuer belastet. 47 Mit einer latenten Einkommensteuerlast ist aber auch das Unternehmen als Einheit belastet, da die den Verkehrswert des Unternehmens beeinflussende besondere Ertragskraft (Geschäftswert) in den Einkommensteuerwerten regelmäßig nicht erfaßt ist. Im FalI der Veräußerung des gesamten Unternehmens unterliegt auch der den steuerlichen Buchwert übersteigende Teil des KaufPreises, mit dem gerade der Geschäftswert abgegolten werden solI, der Einkommensteuer (vgl. §§ 16, 18 Abs.2 EStG). Da derjenige, der Betriebsvermögen unentgeltlich erwirbt, gern. § 7 Abs. 1 EStDV a.F., nun § 6 Abs. 3 S. 2 EStG, an die Buchwerte des Rechtsvorgängers gebunden ist, geht mit dem ErbfalI oder mit der Schenkung die latente Steuerlast auf den Erben bzw. auf den Beschenkten über. Die latente Einkommensteuerlast hätte daher möglicherweise als Abzugsposten bei der Bewertung des Betriebsvermögens erfaßt werden können. Die Rechtsprechung hat jedoch von jeher den Standpunkt vertreten, daß ein Abzug der latenten Ertragsteuerbelastung im Rahmen der Bewertung des Betriebsvermögens ausgeschlossen sei. 48 Begründet wurde diese Ansicht zum einen mit der Vorschrift des § 105 BewG a.F., wonach Schulden aus laufend veran~ lagten Steuern nur dann abzugsfiihig waren, wenn die Steuer im FeststelIungszeitraum fällig geworden oder rur einen Zeitraum zu zahlen war, der spätestens im FeststelIungszeitpunkt geendet hat. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. 49 Als weiterer Grund wird angefUhrt, daß fUr die Erbschaftsteuer die Einzelbewertung des Betriebsvermögens vorgesehen sei; eine latente Steuerbelastung könne alIenfalIs im Rahmen einer Gesamtbewertung berücksichtigt werden. 50 Neben dem Abzug der latenten Einkommensteuerschuld im Rahmen der Bewertung des Betriebsvermögens kommt aber auch ein Abzug dieser latenten Steuerschuld außerhalb der Bewertung des Betriebsvermögens bei der Feststellung des steuerpflichtigen Erwerbs in Betracht. Die Rechtsprechung hat die Berücksichtigung der latenten Ertragsteuerlast auch außerhalb der Bewertung je-

47 Die Einkommensteuer entsteht dann nach dem Zuflußprinzip im Zeitpunkt des Zugangs des Geldbetrags beim Erben. Der Erbe hat den zufließenden Geldbetrag entweder als Betriebseinnahme der fortgefiihrten Unternehmung (freiberuflichen Praxis) oder als nachträgliche Betriebseinnahme (§ 24 NT. 2 EStG) zu versteuern. 48 BFH. Urteil vom 5.7.1978 - II R 64173, BStB\. II 1979, 23 ff. 49 BFH, Urteil vom 5.7.1978 - II R 64173. BStB\. II 1979,23,24 f.; s. auch Meincke, 9. Auflage, § 12 a.F. Rz 135. 50 BFH, Urteil vom 5.7.1978 - II R 64173, BStB\. 11 1979, 23, 24 f.

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l. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

doch bis heute nicht anerkannt. 51 Zur Begründung dieser Ansicht wird insbesondere angefilhrt, daß die Einkommensteuer in der Person des Erben entstehe und sich nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen richte und daher keine vom Erblasser auf den Erben übergegangene und nach § 6 Abs. 2 BewG zu berücksichtigende Last sei. 52 Des weiteren wäre eine Berücksichtigung der latenten Ertragsteuerbelastung nicht mit dem Stichtagsprinzip in Einklang zu bringen. 53 Schließlich wurde auch auf die Vorschrift des § 35 EStG a.F. verwiesen, die in bestimmten Fällen auf Antrag eine Ermäßigung der Einkommensteuer vorsah. 54 Es bleibt festzuhalten, daß nach der ständigen Rechtsprechung ein Abzug filr die latente Ertragsteuerlast nach dem bis Ende 1992 geltenden Recht, ebenso wie heute, nicht in Betracht kam. 55 2. Wertmaßstab für die Posten des Betriebsvermägens Für die Zuordnung von Geldsummen zu den einzelnen ansatzfähigen Wirtschaftsgütern bzw. wirtschaftlichen Lasten, also filr die Bewertung im eigentlichen Sinne, galten unterschiedliche Maßstäbe. a) Bewertung mit dem Teilwert Nach dem bis Ende 1992 geltenden Recht war der sog. Teilwert der filr die meisten Wirtschaftsgüter (Besitzposten und Schulden) maßgebliche Wertansatz,

51 BFH, Urteil vom 7.12.1990- X R 72/89, BStB!. II 1991,350,353; BFH, Urteil vom 6.12.1989 - II B 70/89, BFHINV 1990,643; BFH, Urteil vom 10.3.1988 - IV R 226/85, BStB!. II 1988,832,835; BFH, Urteil vom 26. I 1.1986 - II R 190/81, BStB!. II 1987, 175, 177; BFH, Urteil vom 5.7.1978 - II R 64/73, BStB!. " 1979, 23, 24; BFH, Urteil vom 22.12.1976 -11 R 58/67, BStB!. 11 1977, 420, 423 f.; BFH, Urteil vom 11.1.1961 - 11 272/ 58 U, BStB!. 111 1961, 162 f. Kritisch die herrschende Lehre im Schrifttum, z.B. Crezelius, BB 1979, 1342, 1345; ders., DStJG Bd. 22 (1999), 73, 123 f; Mellinghoff, DStJG Bd. 22 (1999), 127, 152 f; Keuk, DB 1973,634 ff., Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untern ehmenssteuerrecht, § 27 I 2 a, S. 981 tf.; Kapp/Ebeling, § 3 Rz 210.1; Meincke, § 10 Rz 32. 52 BFH, Urteil vom 6.12.1989 - II B 70/89, BFHINV 1990,643; BFH, Urteil vom 5.7.1978 - II R 64/73, BStB!. 111979,23,24 f. 53 BFH, Urteil vom 6.12.1989 - II B 70/89, BFHINV 1990, 643 f; BFH, Urteil vom 10.3.1988 - IV R 226/85, BStB!. 11 1988, 832, 835; BFH, Urteil vom I 1.1.1961 - 11 272/58 U, BStB!. III 1961, 162 f. 54 BFH, Urteil vom 6.12.1989 - II B 70/89, BFHINV 1990, 644; BFH, Urteil vom 26.11.1986 - 11 R 190/81, BStB!. 11 1987, 175. 177. 55 Als Beleg rur diese Ansicht können die Materialien zum ErbStG 1974 dienen. Ein Antrag, der eine Milderung der Erbschaftsteuer vorsah, wenn Gegenstände, v.a. Forderungen, von der Erbschaftsteuer erfaßt werden, bevor sie der Einkommensteuer unterlegen haben, hatte keine Mehrheit gefunden. Die Koalitionsfraktionen hatten aber eine Prüfung mit gleicher Tendenz im Rahmen der Einkommensteuerreform zugesagt, BT-Drs. 7/1333, 3.

A. Die Bewertungsvorschriften

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§ 12 Abs.5 S.2 ErbStG a.F. LV.m. § 109 Abs. I BewG a.F. Der Begriff des Teilwertes ist in § 10 BewG legaldefiniert. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises fUr das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, daß der Erwerber das Unternehmen fortfilhrt. aa) Berücksichtigung der Ertragslage über den Teilwertbegriff Nach dem bisher Gesagten hatte die Ertragslage des Unternehmens nur dann Einfluß auf den älteren Steuerwert des Betriebsvermögens, wenn ein zu einem Wirtschaftsgut konkretisierter, bewertungsrechtlich erfaßbarer Geschäftswert vorhanden war (s.o. S. 34 ff.). In der Mehrzahl der Fälle, in denen der Ansatz eines Geschäftswertes ausschied, hätte die Rentabilität des Unternehmens aber möglicherweise über den Teilwertbegriff berücksichtigt werden können. Ob die Rentabilität des Unternehmens in die erbschaftsteuerliche Bewertung einzubeziehen war, ist - wie gesagt - zu klären, damit die Steuerwerte mit den nach zivilrechtlichen Grundsätzen ermittelten Verkehrswerten vergleichbar gemacht werden können. Der Ausdruck "Teilwert" besagt zunächst nur, daß der Wert eines Wirtschaftsgutes nicht filr sich allein sondern als Teil des Ganzen zu bestimmen ist. 56 Ein Gegenstand kann als Teil einer Einheit einen anderen Wert haben, als er hätte, wenn er nicht Teil dieser Einheit wäre; dies war schon im römischen Recht bekannt. 57 Entsprechend der Formulierung in § 10 BewG (insbes. "im Rahmen des Gesamtkaufpreises") hätte die Teilwertbestimmung möglicherweise derart erfolgen müssen, daß zunächst (unter Berücksichtigung der Ertragslage) ein Gesamtkaufpreis filr das ganze Unternehmen ermittelt und dieser anschließend auf die einzelnen Wirtschafisgüter aufgeteilt wird. Da ein Kaufpreis fUr ein Unternehmen meist über der Summe der Verkehrs-Neräußerungswerte der einzelnen Wirtschaftsgüter liegen wird, hätte mit Hilfe dieser Rechnung den jeweiligen Wirtschaftsgütern ein Teil des Geschäftswertes zugeschlagen werden können. Der Teilwert würde bei einem solchen Verständnis dem "imaginären Teil"5B des Zit=faff. StuW 1941. Sp. 193, 194. Inst. 4, 3, 10: "item si ex pari mularum unam vel ex quadriga equorum unum occiderit [... ): non solum occisi fit aestimatio, sed eo amplius id quoque computatur, quanto depretiati sunt qui supersunt:· Übersetzung von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Corpus luris Civilis, S. 212: "Ebenso verhält es sich, wenn jemand von einem Maultierpaar das eine Tier oder von einem Viergespann ein Pferd tötet [... ). Die Schätzung erstreckt sich nicht nur auf das getötete Tier [... ), sondern es wird daruber hinaus auch berechnet, wieviel die Übriggebliebenen an Wert verloren haben:' ;R FabischiKrekeler, RBewG, S. 138, sprechen von einem imaginären Teilwert. ;6

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

auf ein Einzelwirtschaftsgut übertragenen Unternehmenswertes entsprechen. Die Summe der Teilwerte müßte den Unternehmensgesamtwert ergeben. 59 Die Rechtsprechung hat ein solches Verständnis des Teilwertes jedoch schon früh verworfen. Der RFH hat seinerzeit seine Ansicht mit einer (nicht gesetzlichen) Umschreibung des Teilwertbegriffs begrUndet60 , wonach sich der Teilwert eines Gutes nach dem Betrag bestimme, den ein Käufer des ganzen Unternehmens vermutlich weniger fUr das Unternehmen geben würde, wenn der betreffende Gegenstand nicht zu dem Unternehmen gehörte. Da ein Käufer den Gegenstand durch Neuerwerb ersetzen könnte, sollte der Wiederbeschaffungswert stets die Obergrenze des Wertansatzes bilden. 61 Nach Auffassung der Rechtsprechung ist also eine gute Rentabilität bei der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert nicht zu berücksichtigen. 62 Unter besonderen Umständen kann nach dieser Ansicht aber eine schlechte Ertragslage Auswirkungen auf die Teilwerte der Wirtschaftgüter haben. 63 Solche Umstände sollen jedoch nur anzunehmen sein, wenn das Unternehmen konkrete Maßnahmen zur alsbaldigen Liquidation oder Stillegung getroffen hat. 64 bb) Ermittlung des Teilwertes Zur Ermittlung des Teilwertes ist nach Ansicht der Rechtsprechung auf die Wiederbeschaffungskosten oder Wiederherstellungskosten rur ein Wirtschaftsgut gleicher Art und Güte am Bewertungsstichtag abzustellen. 65

59 Dies wird in der Tat von Pelka, Die Bewertung von immateriellen Wirtschaftgütern, S. 99, und Vogel, DStZ/A 1979,28,33, gefordert. 60 Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung gab es noch keine gesetzliche Definition des Teilwertes. Der Teilwertbegriff ist erstmalig in § 6 Abs. 1 EStG 1934, Einkommensteuergesetz vom 16.10.1934, RGBI. I 1934, 1005, und in § 12 RBewG 1934, Reichsbewertungsgesetz vom 16.10.1934, RGBI. I 1934, 1035, gesetzlich verankert worden. Diese Vorschriften entsprechen § 10 BewG. 61 RFH, Urteil vom 28.2.1930 - III A 84/28, RStBI. 1930, 287, 288 ( 62 BFH, Urteil vom 16.12.1998-11 R 53/95, DStR 1999,375; BFH, Urteil vom 2.3.1973 - III R 88/69, BStBl. 11 1973,475,476. 63 BFH, Urteil vom 16.12.1998-IIR53/95,DStR 1999,375; BFH, Urteil vom 20.9. 1989 - 11 R 96/86, BStBI. 11 1990, 206, 207; BFH, Urteil vom 30.11.1988 - 11 R 237/83, BStBI. 11 1989, 183, 185; BFH, Urteil vom 2.3.1973 - III R 88/69, BStBI. 11 1973,475,476. 64 BFH, Urteil vom 16.12.1998-11 R 53/95, DStR 1999,375; BFH, Urteil vom 6.7.1995 - IV R 30/93, BStBI. 11 1995,831,832; BFH, Urteil vom 20.9.1989 - 11 R 96/86, BStBI. 11 1990,206,207; BFH, Beschluß vom 17.11.1987 - 11 B 29/87, BFHlNV 1989,435; FG Münster, Urteil vom 18.1.1996 - 11 K 2828/89 F, BB 1996, 2245. A.A. FG Köln, Urteil vom 5.7.1995 - 11 K 311194, EFG 1995, 1046 f., wonach eine nachhaltige Unrentabilität ausreichend sei; Maßnahmen zur Stillegung oder Liquidation bedürfe es nicht. 65 BFH, Urteil vom 16.12.1998 - 11 R 53/95, DStR 1999,375, BFH, Urteil vom

A. Die Bewertungsvorschriften

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Hinweise zu der Frage, wie die Teilwertennittlung im einzelnen zu erfolgen hatte, können den Abschn. 51 ff. VStR 1989 entnommen werden. Für die Ermittlung der Teilwerte der WirtschaftgUter des beweglichen Anlagevennögens galt z.B. folgendes: Für nonnalgenutzte Wirtschaftsgüter galten als Wiederbeschaffungskosten grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungskosten abzüglich der Absetzungen filr Abnutzung (AfA). Hatte der Steuerpflichtige in der Steuerbilanz eine andere als die lineare Abschreibungsmethode angewendet, war zu überprüfen, ob die gewählte Abschreibungsmethode einen zutreffenden Teilwert ergab. 66 Ertragsteuerlich zulässige Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen waren auf keinen Fall zu übernehmen. 67 Werte, die sich nach einer Übertragung stiller Reserven (§ 6b EStG) ergaben, durften ebenfalls nicht übernommen werden. 68 Preissteigerungen hinsichtlich der Anschaffungskosten bei vergleichbaren Wirtschaftsgütern mußten grundsätzlich erst berücksichtigt werden, wenn die zu bewertenden Wirtschaftsgüter älter als drei Jahre waren. 69 Die Wiederbeschaffungskosten sanken Ld.R. nicht unter bestimmte Restwerte, die je nach Alter der Wirtschaftsgüter 15 bzw. 30 v.H. der ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten betrugen. 70 Für sog. geringwertige Wirtschaftsgüter71 galt vereinfachend als Teilwert ein angemessener Restwert i.H.v. 40 V.H. der Anschaffungs- und Herstellungskosten. 72 Wenn Wirtschaftsgüter im Betrieb nur vorübergehend genutzt wurden, war als Teilwert i.d.R. der Einzelveräußerungspreis anzusetzen. Die unterste Grenze bildete der Material- und Schrottwert. Wurden Wirtschaftsgüter z.B. wegen Betriebseinschränkung, Kurzarbeit oder dergleichen nur eingeschränkt genutzt, lag der Teilwert je nach dem Grad der Einschränkung näher beim Einzelveräußerungspreis oder bei den Wiederbeschaffungskosten. 73

20.7.1973 - III R 100-101172, BStBI. 11 1973, 794, 795; BFH, Urteil vom 2.3.1973 - III R 88/69, BStBI. 11 1973,475,476. 66 BFH, Urteil vom 30.11.1988 - 11 R 237/83, BStBI. 11 1989, 183, 184. 67 S. zum ganzen Abschn. 52 Abs. 1 VStR 1989 und Glier in: Moench/GlierlKnobel/ Wemer, 1989, § 109 BewG Rz 8. 68 Abschn. 52 Abs. I VStR 1989. 69 Abschn. 52 Abs. 2 VStR 1989. 70 Abschn. 52 Abs. 3 VStR 1989. 71 Geringwertige Wirtschaftsgüter sind bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zwar einer selbständigen Bewertung und Nutzung fähig sind, deren Abschreibungs- oder Herstellungskosten jedoch 800 DM nicht übersteigen, so daß sie nach § 6 Abs. 2 EStG im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden können, RösslerlTroll, 15. Auflage, § 109 Rz 27. 72 Abschn. 52 Abs. 4 VStR 1989. 73 Abschn. 51 Abs. 2 VStR 1989.

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

Die Verwaltungvorschriften zur Teilwertermittlung fUhrten tendenziell zu rur die Steuerpflichtigen günstigen Wertfeststellungen. 74 b) Maßgeblichkeit des Einheitswertes Einige Wirtschaftsgüter des"Betriebsverrnögens wurden nicht mit dem Teilwert, sondern mit dem sog. Einheitswert bewertet. Hierzu gehörten Mineralgewinnungsrechte und Betriebsgrundstücke, s. § 12 Abs. 5 S. I i. V .m. § 12 Abs. 2 ErbStG a.F. Im Inland belegene Betriebsgrundstücke (§ 99 BewG a.F.) waren als Grundbesitz (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 BewG a.F.) mit den erhöhten Einheitswerten (140 v.H. der Einheitswerte)75 anzusetzen, § 12 Abs.5 S. 1 i.V.m. § 12 Abs.2 ErbStG a.F. Die Einheitswerte stützten sich auf die Wertverhältnisse des Jahres 1964. 76 Der Sachverständigenrat hatte in dem Jahresgutachten 1993/9477 berichtet, daß nach einer Erhebung des Bundesrechnungshofs im Jahre 1990 bei konkreten Verkaufsfällen die Einheitswerte von Geschäftsgrundstücken bei 21 v.H. des Verkaufspreises lagen. Mit Hilfe einer Kaufpreisuntersuchung der Bundesregierung über den Zeitraum vom 1.1.1992 bis 30.4.1992 hat Jakob in seinem Gutachten festgestellt, daß die Einheitswerte fUr Geschäftsgrundstücke zwischen 15,23 und 20,60 v.H. des Verkehrswertes lagen. 78 Das Niedersächsische Finanzgerichl geht in einem Beispiel davon aus, daß der maßgebende (also der um 40 v.H. erhöhte) Grundbesitz-Einheitswert im Durchschnitt 20 v.H. des Grundbesitz-Verkehrswertes entspricht. 79 Dieser Beurteilung wird hier gefolgt.

74 Vgl. GürschinglStenger, § 109 BewG bis 1992, Rz 11, wonach dies bedenklich ist, weil die Verwaltung dadurch ohne Beteiligung des Parlaments Steuerverzichte leistet. 75 S. § 121 a BewG i.d.F. des Gesetzes zur Refonn des Vennögensteuerrechts und zur Änderung anderer Steuergesetze vom 17.4.1974, BGBl. I 1974, 949. 76 Die einheitswertgebundenen Werte wurden letztmals zum 1.1.1964 festgestellt (Art. 2 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes zur Änderung des BewG vom 13.8.1965, BGB\. I 1965, 851), mit diesen Feststellungen erstmals zum 1.1.1974 angewandt (Art. 1 Abs. I S. 1 des Gesetzes zur Änderung bewertungsrechtlicher und anderer steuerrechtlicher Vorschriften vom 27.7.1971, BGBl. I 1971, 1157) und wegen der inzwischen eingetretenen Wertentwicklung mit 140 v.H. des Einheitswertes 1964 angesetzt. Die in § 21 Abs. I Nr. 1 BewG aF., Fassung vom 10.12.1965, BGB\. I 1965, 1862, vorgesehene Anpassung der Einheitswerte des Grundbesitzes an die reale Wertentwicklung durch Neubewertung in Zeitabständen von je sechs Jahren hatte der Gesetzgeber auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. 77 BR-Drs. 832/93, 218. 78 Möglichkeiten einer Vereinfachung der Bewertung des Grundbesitzes, Schriftenreihe des BMF, Heft 48, S. 65; s. auch Troll, Vennögensübertragungen 1995 und 1996, Rz 262. 79 Vorlagebeschluß des Niedersächsischen Finan::gerichts vom 26.4.1995 - 111 211/ 90. EFG 1995.920.923.

A. Die Bewertungsvorschriften

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c) MaßgebIichkeit des Steuerbilanzwertes Gern. § 109 Abs. 4 BewG a.F. waren einige Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung ergeben, sog. Ertragsteuerbilanzwerte. Diese Vorschrift i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 198680 erwähnt u.a. den Geschäftswert, auf den hier besonders eingegangen werden soll. Der Steuerbilanzwert war nicht immer rur den Ansatz des Geschäftswertes maßgeblich. Es ist zwischen dem Zeitraum bis zum 31.12.1985 und dem Zeitraum ab dem 1.1.1986 zu unterscheiden. Bis zum 31.12.1985 war der Geschäftswert, wenn er dem Grunde nach überhaupt zu berücksichtigen war (s.o. S. 34 f.), mangels abweichender Regelung gern. § 109 Abs. I BewG a.F. 81 mit dem Teilwert anzusetzen. Der Teilwert eines derivativ erworbenen Geschäftswertes dürfte nach der Rechtsprechung i.d.R. mit dem von den Parteien im Vertrag bestimmten Betrag übereinstimmen. 82 Der Teilwert eines durch Aufwendungen anerkannten Geschäftswertes war demgemäß anhand dieser Aufwendungen zu berechnen. Der Geschäftswert konnte aber bis zum Zeitpunkt des Bewertungsstichtages unter einen derart ermittelten Wert abgesunken sein. Dann war der niedrigere Teilwert durch Schätzung zu bestimmen. Hierflir boten sich die im Ertragsteuerrecht entwickelten Schätzungsverfahren als Hilfsmittel an. 8l Ab dem 1.1.1986 war der Geschäftswert gern. § 109 Abs. 4 BewG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 198684 mit dem Wert anzusetzen, der sich nach den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung ergab. Dies bedeutete rur bilanzierende Steuerpflichtige, daß der rur den Geschäftswert in der Steuerbilanz ausgewiesene Wert zu übernehmen war. 85 Die bilanzsteuerrechtliche Abschreibung, rur die i.d.R. eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von runfzehn Jahren gilt (§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG), oder eine nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S.2 EStG mögliche Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert wurden mitübernommen. 86 Bei nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen war rur die Vermögensaufstel-

Dazu schon oben S. 35. Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Bewertungsgesetzes vom 26.9.1974, BGBI. 11974,2369. K2 BFH, Urteil vom 13.8.1986 - 11 R 191178, BFHINV 1988,289,290; BFH, Urteil vom 23.6.1978 - III R 22176, BStBI. 11 1978,521,523. Der Wertansatz flir den derivativen Geschäfts- bzw. Firmenwert ist der Höhe nach durch die Anschatfungskosten begrenzt, s. Schlenkhoff, Einheitsbewertung und Vermögensteuer, S. 135. Kl BFH, Urteil vom 13.8.1986 -11 R 191178, BFHINV 1988,289,290. K4 Dazu S. 35. K5 Vgl. Rössler/Troll, 15. Auflage, § 109 BewG Rz 53. K~ Halaczinsky, BB 1986, 848, 850; GürschinglStenger, § 95 BewG bis 1992, Rz 76. t. KO

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

lung ein entsprechender "Ertragsteuerwert" zu bilden, der dann auch in ertragsteuerlicher Weise fortgeftlhrt, d.h. abgeschrieben werden mußte. 87 d) Bewertung mit dem gemeinen Wert und mit sonstigen Werten Ausländischer Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen wurden, wie heute, gern. § 12 Abs. 6 ErbStG a.F. i.V.m. § 31 BewG a.F. mit dem gemeinen Wert bewertet. Weitere Wirtschaftsgüter, die nicht zum Teilwert bewertet wurden, waren wie heute Wertpapiere, Anteile und Genußscheine von Kapitalgesellschaften. Für diese waren gern. § 12 Abs.5 S.3 ErbStG a.F. Werte nach §§ 11 oder 12 BewG a.F. zu ermitteln. Dies konnte der Kurswert (§ 11 Abs. 1 S. 1 BewG a.F.), der gemeine Wert der Anteile oder der Beteiligung (§ 11 Abs.2 bzw. Abs. 3 BewG a.F.), der Rücknahmepreis (§ 11 Abs.4 BewG a.F.) oder der Nennwert (§ 12 BewG a.F.) sein. Gehörte zum Betriebsvermögen eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, war tUr diese der anteilige Erbschaftsteuerwert maßgeblich. Für Pensionsverpflichtungen (§ 104 BewG a.F., vgl. § 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG a.F.) galt entweder (höchstens) der Teilwert nach § 6a Abs.3 EStG (§ 104 Abs.3 BewG a.F.) oder der Tabellenwert (§ 104 Abs. 4 BewG a.F.).88

3. Zusammenfassung Die nach den älteren bewertungsrechtlichen Vorschriften vorzunehmende Unternehmensbewertung war als Einzelbewertung konzipiert, die in der Weise zu erfolgen hatte, daß von der Summe der ft1r die einzelnen Wirtschaftsgüter ermittelten Werte die Summe der Schulden abzuziehen war. Diese Bewertung ftlhrte zu einem reinen Substanzwert. Der ftlr die meisten Wirtschaftsgüter maßgebliche Wertansatz war der sog. Teilwert; die in den Verwaltungsvorschriften gegebenen Hinweise zur Teilwertermittlung konnten sich tUr die Steuerpflichtigen günstig auswirken. Betriebsgrundstücke wurden mit dem sehr niedrigen Einheitswert bewertet. Im Rahmen der geschilderten Substanzwertermittlung wurde die Ertragslage i.d.R. nicht berücksichtigt. Eine schlechte Rentabilität konnte nur in den AusnahmeflUlen, in denen bereits Maßnahmen zur Unternehmens liquidation ergriffen worden sind, über den Teilwertbegriff durch einen entsprechend niedrigen Wertansatz ftlr die einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens erfaßt

87 Gürsching/Stenger, § 109 BewG bis 1992, Rz 2.4; Halaczinsky. BB 1986, 848, 849 f. 88 Rössler/Troll, 15. Auflage, § 104 BewG Rz 21.

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werden. 89 Eine Berücksichtigung der guten Rentabilität Uber den Begriff des Teilwertes hatte die Rechtsprechung hingegen stets abgelehnt. Eine gute Unternehmensrentabilität wurde nur berücksichtigt, wenn der Geschäftswert ausnahmsweise als Wirtschaftsgut galt, weil er entgeltlich erworben wurde oder weil er (bis zum 3 1.12.1985) durch Aufwendungen als selbständig bewertungsflihig anerkannt worden war. Und selbst wenn ein Ansatz des Geschäftswertes in der Vermögensaufstellung zu erfolgen hatte, konnte eine gute Rentabilität des Unternehmens nicht in vollem Umfang erfaßt werden. 90 Denn das Wirtschaftsgut Geschäftswert wurde - zumindest ab dem 1.1.1986 - aufgrund der laufenden Abschreibungen mit sich fortwährend vermindernden Werten in der VermögensaufsteIlung angesetzt. In den Fällen, in denen die Rentabilität des Unternehmens von dem Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes des Geschäftswertes bis zum Erbfall unverändert blieb, floß die volle Ertragskraft schon aufgrund dieser Abschreibungen nicht in die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ein. In Fällen, in denen noch Rentabilitätssteigerungen während dieses Zeitraums stattgefunden hatten, ergab sich fUr den Geschäftswert erst recht ein unrealistischer Wert. Dies steht zwar mit der Rechtsprechung im Einklang, nach der ein originär geschaffener Geschäftswert nicht in die Vermögensaufstellung aufzunehmen war (s.o. S.34), weil die gleichbleibende Ertragssituation oder eine erhöhte Ertragskraft des Unternehmens auf den Fähigkeiten des Inhabers (Erblassers) beruhte und der Geschäftswert insoweit "originär" war. Ob der durch den Erwerb des Unternehmens bei dem Erben eingetretene Vermögenszuwachs auf diese Weise aber sachgerecht erfaßt werden konnte, bedarf noch einer Klärung. 11. Die Verkehrswertermittlung von Unternehmen nach zivilrechtlichen Grundsätzen Die aufgezeigten erbschaftsteuerlichen Bewertungsvorschriften, die bis zum 31.12.1992 Gültigkeit hatten, durften sich fUr die Erwerber von Betriebsvermögen durchgängig günstig ausgewirkt haben. Das Ausmaß der durch diese Bewertung herbeigefUhrten Erleichterung fUr die Betriebsvermögenserwerber läßt sich abschätzen, indem diese Bewertung mit der Verkehrswertermittlung von Unternehmen, wie sie im Zivilrecht vorzunehmen ist, verglichen wird. Ein derartiger Vergleich ist allerdings nicht ganz unproblematisch. Die Bewertung erfolgt im Zivilrecht im Rahmen eines konkreten Rechtsverhältnisses. Das jeweilige Rechtsverhältnis bzw. der dieses Rechtsverhältnis prägende zivil-

89 Kritisch zur Benachteiligung unrentabler Unternehmen Gaudchau, Bewertung des Betriebsvermögens mit dem Ertragswert, S. 56 ff., 60; Moench, DStR 1989, 594, 599; ders., StbJb. 1982/83,375,378. 90 So auch Gaudchau, Bewertung des Betriebsvermögens mit dem Ertragswert, S. 52.

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rechtliche Zusammenhang ist ft1r die Bewertung sehr bedeutend. 91 Die zivilrechtlichen Vorschriften, die sich mit der Bewertung befassen, regeln teilweise ausdrücklich, welcher Wertansatz fUr bestimmte Gegenstände gilt (z.B. § 244 Abs.2 BGB: Kurswert, §§ 1376 Abs.4, 2049 Abs. I, 2312 Abs. I BGB: Ertragswert). In vielen Fällen kann der maßgebliche Wertansatz aber nur aus dem rechtlichen Zusammenhang, in den die Bewertung eingefUgt ist, erschlossen werden. Schon dies verdeutlicht die Bedeutung des rechtlichen Zusammenhangs. Während die Frage, welcher Wertansatz in diesen Fällen der richtige ist, eine rein rechtliche Frage ist, die auf der Grundlage juristischer Methoden zu beantworten ist, handelt es sich bei der weiteren Frage, mit welcher Methode der fUr richtig erachtete Wertansatz erreicht werden kann, um kein rein rechtliches Problem mehr. Derartige Probleme sind von den Wirtschaftswissenschaftlern zu bewältigen. Der Jurist hat hier lediglich zu prüfen, ob bei Anwendung der von den Wirtschaftswissenschaftlern empfohlenen Methode gegen Denkgesetze oder Rechtsgrundsätze verstoßen wird. Allerdings kann es in einem weiteren Schritt aufgrund des der Bewertung zugrunde liegenden rechtlichen Zusammenhangs geboten sein, den nach wirtschaftswissenschaftlichen Grundsätzen ermittelten Wert zu modifizieren. Es kann somit dazu kommen, daß selbst bei einem identischen Wertansatz als Bewertungsziel das Ergebnis der Bewertung unterschiedlich ausfallt, wenn nämlich je nach rechtlichem Zusammenhang andere Umstände zu beachten sind. 92 Es ist somit keine Wertermittlung mit zivilrechtlichem Anlaß denkbar, die zu einem Verkehrswert als einem absolut richtigen "wahren" Wert fUhrt. Der Verkehrswert kann nur bezogen auf den jeweiligen zivilrechtlichen Zusammenhang ermittelt werden. Auch in der Betriebswirtschaft ist die Meinung vorherrschend, daß es einen objektiven, einen Wert des Unternehmens an sich, nicht gibt. 93 Nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen werden je nach Anlaß

91 Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 13; Großfeid, JZ 1981,641. 643; s. zu den unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben bei der Bewertung zur Bemessung geseIlschaftsrechtlicher Abfindungen Hommelhoff, JbFSt 1987/1988, 181, 184 f., insbesondere S. 185: "Im Bereich der rechtsverbindlichen Unternehmensbewertung gibt es keinen Unternehmens- und Anteilswert an sich. Vielmehr bestimmt die einzelne Ausgleichslage im Recht, weIche Vorgaben jeweils rur die Unternehmensbewertung zum Zuge kommen". S. auch Wol/ny, Unternehmens- und Praxisübertragungen, S. 368 f., Rz 1541; Stellungnahme HFA 2/1995 zur Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht, Abschn. I. Wpg 1995, 522 ff. 92 I.E. ebenso Piltz/Wissmann, NJW 1985, 2673, 2675 f. 93 Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S.24; dazu Braunhofer. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 16 f

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der Bewertung (z.B. Kauf eines Unternehmens, Abfindung eines Gesellschafters) und Funktion des Bewertenden (z.B. Vertreter einer Partei, Schiedsgutachter) unterschiedliche Bewertungsgesichtspunkte berücksichtigt.94 Im folgenden wird ausschließlich auf die Bewertung ftlr Zwecke der Pflichtteilsberechnung abgestellt. Es ist anerkannt, daß die Nachlaßgegenstände ftlr Zwecke der Pflichtteilsberechnung mit dem gemeinen Wert, also mit dem auch im Erbschaftsteuerrecht richtungsweisenden Wertansatz, zu bewerten sind. 95 Daß durch das Abstellen auf das Pflichtteilsrecht die ftlr die Einschätzung der Erbschaftsteuerwerte erforderlichen Grundlagen verfälscht werden, weil eben die das Pflichtteilsrecht und nicht die das Erbschaftsteuerrecht . berührenden Gesichtspunkte in die Verkehrswertermittlung einfließen, muß hingenommen werden. Die Ergebnisse sind unter Berücksichtigung dieses Umstands zu würdigen. Im folgenden wird zunächst der im Pflichtteilsrecht maßgebliche Wertansatz des gemeinen Wertes beschrieben, 1. Im Anschluß daran wird ein von Wirtschaftswissenschaftlern entwickeltes Verfahren zur Verkehrswertermittlung dargestellt, 2. Schließlich wird untersucht, ob das Pflichtteilsrecht, in das die Bewertung eingeftlgt ist, eine Modifizierung des nach allgemeinen Grundsätzen entwickelten Wertes gebietet, 3. I. Der Wertansatz des gemeinen Wertes bei der Bewertung im Pflichtteilsrecht

Der Erblasser kann aufgrund der Testierfreiheit seine nächsten Angehörigen, denen ein gesetzliches Erbrecht zusteht, enterben. Der Zweck des Pflichtteils liegt darin, bestimmten näheren Angehörigen des Erblassers wirtschaftlich eine Beteiligung am Nachlaßwert zu sichern. 96 Das Gesetz gewährleistet diese Beteiligung am Nachlaß ftlr den in § 2303 BGB genannten Personenkreis in Form eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Zahlung eines Geldbetrages gegen den oder die Erben. Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs - der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, § 2303 Abs. I S.2 BGBhängt in besonderem Maße auch von dem Wert des Nachlasses ab. 97 Das Gesetz

Anschaulich Braunhofer, Untemehmens- und Anteilsbewertung, S. 18 ff. BGH, Urteil vom 13.3.1991 - IV ZR 52/90, WM 1991. 1352, 1353; BGH, Urteil vom 30.9. 1954 - IV ZR 43/54, BGHZ 14,368,376; LangelKuchinke, Erbrecht, § 37 VI 3 b; KipplCoing, Erbrecht, § 9 II 2 a; Schlüter, Erbrecht, Rz 965; Dieckmann in: Soergel, §2311 Rz16; Frank in: MünchKomm, §2311 Rz16; Haas in: Staudinger, §2311 Rz 51; Johannsen in: BGB-RGRK, § 2311 Rz 14; Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 187. 96 KipplCoing, Erbrecht, § 9 II 2 a. 97 Vgl. KipplCoing, Erbrecht, § 9 11. 94 95

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

bestimmt, daß der rur die Bewertung maßgebliche Bewertungsstichtag der Zeitpunkt des Erbfalls ist, § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB, und daß der Wert, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln ist, § 2311 Abs. 2 S. 1 BGB. Das BGB enthält keine Definition des "gemeinen Wertes".98 Seinem Wortsinn nach ist der gemeine Wert der Wert, der einem Gut allgemein, d.h. von jedem beizulegen ist (pretium commune).99 Daß dabei im Rahmen der Nachlaßbewertung, insbesondere auch bei der Bewertung zum Zwecke der Pflichtteilsberechnung, vorrangig auf einen Verkaufswert und nicht auf einen Gebrauchswert abzustellen ist, hat Meincke überzeugend dargelegt. 100 Der Verkaufswert kann als erzielbarer (Markt-)Preis umschrieben werden. Ausgangspunkt filr die Bewertung von Unternehmen ist das sog. Prinzip der "eignerbezogenen Unternehmensbewertung", d.h. es wird ein Wert "rur die Unternehmenseigner" gesucht. 101 Denn Bewertungsziel ist ja der erzielbare Preis. Einen Geldwert als Zahlungsbetrag kann es aber nur in Bezug auf Personen geben, die an dem Zahlungsvorgang teilhaben. 102 Der Wert des Unternehmens ist also nicht etwa vom Standpunkt des Betriebs aus zu ermitteln. Für die Bewertung von Unternehmen im Erbrecht gilt zudem nach allgemeiner Ansicht, daß sie grundsätzlich als Einheit zu bewerten sind (Gesamtbewertung)103, denn ein Handelsgeschäft oder ein sonstiges gewerbliches Einzelunter-

98 Eine Begriffsumschreibung rur den gemeinen Wert gab es aber im preußischen Allgemeinen Landrecht. Danach ist der Nutzen, weIchen die Sache einem jeden Besitzer gewähren kann, ihr gemeiner Wert, ALR 12 § 112, abgedruckt in: HattenhauerlBernert. Allgemeines Landrecht, S. 66. Heute enthält § 9 Abs. 2 BewG eine Definition des gemeinen Wertes, eine Definition des Verkehrswertes findet sich in § 194 BauGB. 99Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 187. 100 Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 57 ff., 177 ff., 185 f. (allgemein zur Nachlaßbewertung), S. 60 ff., 180 f. (zum Pflichtteilsrecht). S. auch Johannsen in: BGB-RGRK, § 2311 Rz 14; Dieckmann in: Soergel, § 2311 Rz 16; BGH, Urteil vom 13.3.1991 - IV ZR 52/90, WM 1991, 1352, 1353; zur Zugewinnausgleichsberechnung auch Thiele in: Staudinger, § 1376 Rz 12; Bachmann, Bewertungsgrundsätze, S. 15. Für die MaßgebIichkeit des Tausch- oder Verkaufswertes im Zivilrecht ist bereits EnnecceruslNipperdey, BGB AT, § 134 II 1, eingetreten. Gegenüber einer Vorrangstellung des Veräußerungswertes hat Braunhofer, Untemehmens- und Anteilsbewertung, S. 232. Bedenken geäußert. Auch Schia>:, Unternehmens- und Anteilsbewertung zur Bemessung des Zugewinnausgleichs und Pflichtteils, S. 152, hat sich gegen die Maßgeblichkeit des hypothetischen Verkaufswertes ausgesprochen. \0\ Moxter, Grundsätze, S. 23 f., 32. 102 V gl. Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 153. 103 Dieckmann in: SoergeI. § 2311 Rz 20; Johannsen in: BGB-RGRK. § 2311 Rz 20; Haas in: Staudinger, § 2311 Rz 80. Der Ausnahmefall der Existenz eines höheren Liquidationswertes wird unten S. 63 f., 70 ff. erörtert.

A. Die Bewertungsvorschriften

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nehmen geht grundsätzlich als Ganzes auf den oder die Erben als Gesamtrechtsnachfolger über lO4 • Der filr das Unternehmen zu bestimmende Verkaufswert ist von dem sog. Zerschlagungs- bzw. Liquidationswert zu unterscheiden. Der Verkaufswert ist der Preis, der am Markt filr das Unternehmen als Einheit zu erzielen ist, während mit dem Zerschlagungswert eine Einzelveräußerung sämtlicher Vermögensgegenstände des Unternehmens angesprochen ist. Wenn nachfolgend das Ertragswertverfahren als Methode der Verkehrswertermittlung vorgestellt wird, ist dies kein Widerspruch zu der vorstehenden Aussage, daß der gemeine Wert im Sinne eines Verkaufswertes und nicht im Sinne eines Gebrauchs- bzw. Ertragswertes aufzufassen ist. Denn das Ertragswertverfahren dient nach betriebswirtschaft lichen Grundsätzen der Ermittlung eines Verkaufswertes. 105 Gewisse Güter sind eben gerade im Hinblick auf ihre Ertragschancen verkäuflich. 106 2. Methode zur Ermittlung des Verkehrswertes von Unternehmen

In der betriebswirtschaftlichen Lehre ist, nachdem jahrelang um die richtige Methode der Verkehrswertermittlung von Unternehmen gestritten wurde, die sog. Ertragswertmethode vorherrschend. 107

104 BGH. Urteil vom 26.9.1962 - VIII ZR 113/61, LM 1963, § 1922 BGB, Nr.7; BGH. Urteil vom 22.1.1951 - IV ZR 172/50, LM 1951, § 1922 BGB, Nr. I m. Anm.; Stein in: Soergel. § 1922 Rz 69; Marotzke in: Staudinger, § 1922 Rz 219; Schlüter in: Erman. § 1922 Rz 15; Heintzenberg. Die Einzelunternehmung im Erbgang, S. 17; a.A. noch Binder. Die Rechtsstellung des Erben, S. 31 ff., dann aber ders., Erbrecht, S. 5. 105 Vgl. auch aLG Düsseldorf, Urteil vom 27.1.1984 - 3 UF 50/83, FamRZ 1984, 699, 703, sowie Pi/tz, Unternehmensbewertung, S. 138. 106 S. Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 176. 107 Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. B, Wpg 1983,468 ff.; Stellungnahme HFA 2/1995 zur Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht, Abschn. 11, Wpg 1995, 522 ff.; WP-Handbuch 11. A Rz 6; Siepe, Wpg 1998, 325; Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung. S. 29 ff.; Kolbe, Theorie und Praxis des Gesamtwertes und Geschäftswertes der Unternehmung, S. 176; Barteis, Die Behandlung der Lastenausgleichsabgaben und der Ertragsteuern, S. 28; Ballwieser, DB 1997, 185, 187; ders., BFuP 198 I. 97; Sieben in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 3, Sp. 4315 ff.. insbes. 4327 f.; Börner, Unternehmensbewertung, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Bd. 8. 111. 118 ff.; Jaensch. Wert und Preis der ganzen Unternehmung, S. 23 ff.: s. schon Mellerowicz, Der Wert der Unternehmung, S. 19. Kritisch noch J"iel/Bredt/Renard. Die Bewertung von Unternehmungen, S. 60 f. Neuerdings skeptisch Hosterbach. DB 1987, 897 ff.; Zimmerer DBW (48) 1988,417 ff.; Barthel, DB 1990. 1145 ff.; ders .• DStR 1996, 1458 ff.; gegen Barthel s. Ballwieser, DB 1997, 185 ff. Barthel spricht sich in Handbuch der Unternehmensbewertung, Teil 2, 21. Zusammenfassung. S. 40. dafilr aus, alternative Bewertungsverfahren neben dem Ertrags-

4 Spitzbart

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

Die Rechtsprechung hat stets vennieden, ein bestimmtes Bewertungsverfahren als allein maßgebliche Methode anzuerkennen. Die Gerichte stellen häufig fest, daß rechtlich keine Methode ftlr die Bewertung von Handelsuntemehmen vorgeschrieben werde lOB und daß es in der Betriebswirtschaftslehre keine einhellig gebilligte Bewertungsmethode gebe. 109 Es obliege dem sachverständig beratenen Richter, darüber zu befinden, welche der in der Betriebswirtschaftslehre vertretenen Bewertungsmethode im Einzelfall zu einem angemessenen Ergebnis ftlhre. 11O Das Ertragswertverfahren hat aber neben anderen Verfahren in der Rechtsprechung Anerkennung gefunden. I 11 Eine Zeitlang wurde die Anwendung des Ertragswertverfahrens auf die Fälle beschränkt, in denen der Er-

wertverfahren zu berücksichtigen. Das Institut der Wirtschaftsprüfer läßt in dem Entwurf von IDW Standards zur Unternehmensbewertung nun das sog. Discounted Cash Flow-Verfahren gleichrangig neben dem Ertragswertverfahren zu, Abschn. 2.1., 6.1., Wpg 1999, 200 ff. lOB BGH, Urteil vom 17.1.1973 - IV ZR 142/70, NJW 1973,509 (Ptlichtteilsrecht); BGH, Urteil vom 26.4.1972 - IV ZR 114/70, OB 1972, 1229 (Ptlichtteilsrecht); BGH, Urteil vom 27.1.1984 - 3 UF 50/83, FamRZ 1984,699, 701 (zum Zugewinnausgleich); BGH, Urteil vom 1.7.1982 - IX ZR 34/81, NJW 1982,2441 (zum Zugewinnausgleich); BGH, Urteil vom 13.3.1978 -11 ZR 142/76, BB 1978,776,779 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.5.1996 - 7 U 126/95, ZEV 1996,431 (zum Auskunftsanspruch eines Ptlichtteilsberechtigten); LG Dortmund, Beschluß vom 10.6.1997 - 20 AktE 1/94, BB 1997, 1942, 1943 (aktienrechtlicher Sachverhalt). 109 BGH, Urteil vom 17.1.1973 - IV ZR 142/70, NJW 1973,509 (Ptlichtteilsrecht); BGH, Urteil vom 24.10.1990 - XII ZR 101/89, NJW 1991,1547,1548 (zum Zugewinnausgleich); BGH, Urteil vom 27.1.1984 - 3 UF 50/83, FamRZ 1984,699, 701 (zum Zugewinnausgleich); BGH, Urteil vom 1.7.1982 - IX ZR 34/81, NJW 1982,2441 (zum Zugewinnausgleich); BGH, Urteil vom 13.3.1978-11 ZR 142/76, BB 1978,776,779 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); vgl. auch OLG München, Urteil vom 15.1.1988 - 14 U 572/87, BB 1988,429,430 (zu einem Erbersatzanspruch). 110 BGH, Urteil vom 25.11.1998 - XII ZR 84/97, NJW 1999,784,787 (zum Zugewinnausgleich); BGH, Urteil vom 1.7.1982 - IX ZR 34/81, NJW 1982,2441 (zum Zugewinnausgleich ). 111 BGH, Urteil vom 9.11.1998 - 11 ZR 190/97, DStR 1999,206,207 (Bewertung einer Vor-GmbH rur die Unterbilanzhaftung); BGH, Urteil vom 16.12.1991 - 11 ZR 58/91, BB 1992, 448, 451 (betr. Abfindungsanspruch des GmbH-Gesellschafters); BGH, Urteil vom 24.9.1984 - 11 ZR 256/83, BB 1984, 2082 f. (gesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); BGH, Urteil vom 1.7.1982 - IX ZR 34/81, NJW 1982,2441 (zum Zugewinnausgleich); BayObLG, Beschluß vom 11.12.1995 - 3 Z BR 36/91, BB 1996,687 f. (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); BayObLG, Beschluß vom 19.10.1995 - 3 Z BR 17/90, AG 1996, 127 f. (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); OLG Düsseldorf, Beschluß vom 11.1.1990 - 19 W 6/86, AG 1990, 397, 399 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.1.1984 - 3 UF 50/83, FamRZ 1984,699,701 (zum Zugewinnausgleich); OLG Koblenz, Urteil vom 29.11.1982 - 13 UF 282/82, FamRZ 1983, 166, 167 f. (zum Zugewinnausgleich), LG Dortmund, Beschluß vom 10.6.1997 20 AktE 1/94, BB 1997, 1942, 1943 (aktienrechtlicher Sachverhalt).

A. Die Bewertungsvorschriften

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tragswert unterhalb des sog. Substanzwertes lag. 112 Inzwischen wird keine Unterscheidung mehr danach getroffen, ob der Ertragswert den Substanzwert überoder unterschreitet. Neuerdings wird die Ertragswertmethode sogar als vorherrschende Berechnungsweise bezeichnee 13; eine Bindung des Richters an eine bestimmte Werterminlungsmethode wird dennoch verneint. 114 Das Ertragswertverfahren wird aber wohl das häufigste zur Bewertung von Unternehmen herangezogene Verfahren sein. 115 Auch in der juristischen Literatur wird das Ertragswertverfahren überwiegend akzeptiert; es wird jedoch oftmals nicht als allein maßgeblich angesehen. 116 a) Konzeption des Ertragswertverfahrens Der Grundgedanke des Ertragswertverfahrens ist, daß nur der zukünftige Erfolg des Unternehmens den Unternehmenswert bestimmt. 1I7 Es wird versucht,

112 Vgl. BGH. Urteil vom 13.3.1978 - II ZR 142/76. BGHZ 71. 40, 52 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt). 113 BGH. Urteil vom24.5.1993-II ZR 36/92. OB 1993, 1614, 1616(gesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); BGH. Urteil vom 24.9.1984- II ZR 256/83, BB 1984,2082,2083 (geseIlschaftsrechtlicher Sachverhalt); vgl. BayObLG. Beschluß vom 29.9.1998 - 3 Z BR 159/94. ZIP 1998, 1872. 1874 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); OLG Celle, Beschluß vom 31.7.1998 - 9 W 128/97. AG 1999, 128, 129 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); einschränkend OLG Bamberg, Urteil vom 18.8.1994 - 2 UF 140/93, FamRZ 1995. 607. 6 \0 (zum Zugewinnausgleich). 114 BGH. Urteil vom 24.5.1993 - II ZR 36/92. OB 1993. 1614, 1616 (gesellschaftsrechtlicher Sachverhalt). 115 Das Ertragswertverfahren wird insbesondere bei der Bewertung von besonders personenbezogenen Unternehmen (Klein- und Mittelbetrieben, freiberuflichen Praxen) rur problematisch gehalten, s. z.B. aLG Bamberg, Urteil vom 18.8.1994 - 2 UF 140/93, FamRZ 1995,607.610. Näheres zur Bewertung von Klein- und Mittelbetrieben unten S. 64 tf. Die Bewertung von freiberuflichen Praxen soll nicht weiter vertieft werden. 116 Lange/Kuchinke. Erbrecht, § 37 VI 3 da; Haas in; Staudinger, § 2311 Rz 80 ff.; Dieckmann in: Soergel. § 2311 Rz 20; Braunhofer. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 41. 239: Däubler in: AK-BGB. § 2311 Rz 18; Reimann. ZEV 1994,7,8; Winkler. BB 1997, 1697. 1700; Thiele in: Staudinger. § 1376 Rz 25 (zum Zugewinnausgleich); Pilt::IWissmann. NJW 1985. 2673. 2677 f. (zum Zugewinnausgleich); Bachmann, Bewertungsgrundsätze. S. 199 (zum Zugewinnausgleich); Piltz, Die Unternehmensbewertung, S. 136 ff.; GroßfeId. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 20 ff.; Karsten Schmidt, Handelsrecht. § 4 II 2; vgl. Rid, NJW 1986. 1317, 1318 (zum Zugewinnausgleich). Auf die mit der Ertragswertberechnung verbundenen Probleme weist DaunerLieb. ZHR 158 (1994). 271. 272 f.. hin. Frank, in: MünchKomm. § 2311 Rz 23, stellt auf die in der älteren Rechtsprechung anerkannte Methode der Verbindung von Substanz- und Ertragswert ab; auch Gernhuber. in: MünchKomm, § 1376 Rz 26 (zum Zugewinnausgleich). betrachtet diese Rechtsprechung noch nicht als überholt. 117 Piltz. Die Unternehmensbewertung. S. 16.

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

den Wert des Unternehmens als Einheit durch Schätzung der mit dem Unternehmen erzielbaren Erträge zu bestimmen. Dem Wert der einzelnen Wirtschaftsgüter/der Unternehmenssubstanz wird eine nur untergeordnete Rolle zugesprochen. "8 Die Analyse der vorhandenen Substanz ist - im Gegensatz zur Feststellung des Substanzwertes - hingegen unerläßlich, da sich nur so abschätzen läßt, welche Erträge aus dem Vorhandenen erzielbar sind. "9 Die Unternehmenswertermittlung nach dem Ertragswertverfahren erfolgt durch einen Vergleich. Der mit dem Unternehmen erzielbare zukünftige Ertrag wird einer alternativen Kapitalanlage mit üblichem Zinssatz gegenübergestellt. Es wird berechnet, welche Summe der Investor für eine andere Anlagemöglichkeit mit gleich hohen künftigen Ertragsüberschüssen aufwenden müßte. 120 Man betrachtet dafür den Ertragsüberschuß als Verzinsung des angelegten Kapitals und fragt, welches Kapital bei einer anderen Investition aufgebracht werden müßte, um einen solchen Ertragsüberschuß zu erzielen. '21 Diese Summe wäre im Grundsatz der Unternehmenswert. Dieser Unternehmenswert entspricht - vorbehaltlich gewisser Modifikationen - dem Barwert der zukünftigen Unternehmens erträge am Bewertungsstichtag '22 ; es kommt darauf an, was die zukünftigen Ertragsüberschüsse heute wert sind. Die Ermittlung dieses Barwertes erfolgt durch Abzinsung der prognostizierten Jahreserträge auf den Bewertungsstichtag. Mit der Abzinsung wird dem Umstand Rechnung getragen, daß eine Zahlung, die man erst in Zukunft erhält, weniger wert ist als eine sofortige Zahlung. 123 aa) Allgemeines zur Ermittlung des Zukunftsertrags Der Zukunftsertrag wird definiert als Summe sämtlicher an den Investor fließenden Nettoausschüttungen aus dem Unternehmen, als das "finanziell Heraus-

118 Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. \02 tf., 107, hält den Substanzwert rur ganz entbehrlich. Der Wert der einzelnen Gegenstände (Substanzwert) dient nach verbreitete: Ansicht weder als Kontrollwert noch als Ober- oder Untergrenze, Moxter, Grundsätze. S. 44; Großfold. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 92 f.; Braunhofor. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 34 f.; a.A. Barteis. Die Behandlung der Lastenausgleichsabgaben und der Ertragsteuern, S. 28. 119 Großfold, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 21; Mel/erowicz, Der Wert der Unternehmung. S. 20 f.; Wol/ny, Unternehmens- und Praxisübertragungen, S.371, Rz 1552; Sieben in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 3, Sp.4315. 4328; Moxter. BB 1995, 1518, 1520: Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. 107 f. 110 Groß/eid. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 21 L 57. 111 So anschaulich Groß/eid. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 57. 122 Braunho/er, Unternehmens- und Anteilsbewertung. S. 59; Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 57. 123 Vgl. Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 57.

A. Die Bewertungsvorschriften

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holbare".124 Der Unternehmensertrag wird somit von den möglichen Entnahmen her bestimmt. Da es nicht auf tatsächliche Ausschüttungen ankommt, ist außer acht zu lassen, daß in der Realität große Teile des Erfolges zur Rücklagenbildung verwendet werden. "Herausholbar" ist aber auch nur, was ausgeschüttet werden kann, ohne daß die dauerhafte Substanz des Unternehmens angegriffen wird. 125 Die Höhe der möglichen Nettoausschüttungen wird i.d.R. mit Hilfe einer modifizierten AufWands-lErtragsrechnung bestimmt. 126 Probleme bereitet die Tatsache, daß auf die zukünftig ausschüttbaren Ertragsüberschüsse abzustellen ist. Die Zukunft läßt sich nur schwer absehen. Teilweise werden daher die Zukunftserträge anhand einer Projektion der bereinigten Vergangenheitsergebnisse in die Zukunft bestimmt (vergangenheitsorientierte Ertragswertmethode).127 Die Bereinigung der Vergangenheitsergebnisse erfolgt durch ein Ausscheiden derjenigen Faktoren, die für die Zukunft nicht repräsentativ sind, wie z.B. Veräußerungsgewinne oder die Folgen besonderer Bilanzierungs- oder Bewertungswahlrechte. 128 Nach anderer Auffassung ist die Höhe der Zukunftserträge insbesondere vorausschauend zu ermitteln (prognoseorientiertes Ertragswertverfahren).129 Die Ergebnisse der Vergangenheit spielen danach aber insofern eine Rolle, als aus ihnen Rückschlüsse für künftige Entwicklungen zu ziehen sind. 130 Wenn auf künftige Entwicklungen abzustellen ist, bedeutet

1~4 Pilt=, Die Unternehmensbewertung, S. 17; Großfold, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 37. 125 Groß/eid. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 38. 126 Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. BI b, Wpg 1983,468 ff.; WP-Handbuch 11, A Rz 223; Braunho/er, Untemehmens- und Anteilsbewertung, S. 47; Pi/tz, Die Unternehmensbewertung. S. 18; Schlax. Unternehmens- und Anteilsbewertung zur Bemessung des Zugewinnausgleichs und Pflichtteils, S. 173 ff.; Großfold, Unternehmens- und Anteilsbewertung. S. 22; theoretisch richtiger wäre eine - im Normalfall unpraktikable EinnahmeUberschußrechnung, Groß/eid, ebd. 127 Viel/Bredt/Renard, Die Bewertung von Unternehmungen, S. 104 f.; Bellinger, Wpg 1980. 575, 581 ff.; Zehner, OB 1981, 2109, 2117; vgl. auch Lange/Kuchinke, Erbrecht. § 37 VI 3 d (1. 128 V gl. Großfold, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 41; Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 19 f.; Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. C 2 a, Wpg 1983, 468 ff. 129 Dieckmann in: Soergel, § 2311 Rz 20; vgl. Moxter, Grundsätze, S. 97 ff., 102 ff.; Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. 21; Stellungnahme HF A 2/1983, Abschn. C 2 b, Wpg 1983,468 ff.; WP-Handbuch 11, A Rz 77, 152 ff. Zehner, OB 1981. 2109. 2114 ff., hält das prognoseorientierte Ertragswertverfahren im gerichtlichen Bereich unter Hinweis auf die §§ 286, 287 ZPO für unzulässig; dagegen Gernhuber in: MUnchKomm, § 1376 Rz 26. 130 Schube-Osterloh, ZGR 1986, 545, 555; Moxter, Grundsätze, S. 97 ff.; Helbling, Unternehmensbewertung und Steuern, S. 357 ff.; Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. C 2 b. Wpg 1983.468 ff.; WP-Handbuch 11, A Rz 77. 155.

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

dies keinen Widerspruch zum Stichtagsprinzip. Maßgeblich ist, weIche Entwicklungen am Bewertungsstichtag prognostizierbar sind. Eine präzisere Bestimmung des Zukunftserfolges kann mit Hilfe der sog. Phasenmethode\31 und durch die Bildung von nach Wahrscheinlichkeiten abgestuften Erfolgsreihen 132 vorgenommen werden. bb) BerUcksichtigung des Fremdkapitalanteils Das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital kann auf zwei unterschiedlichen Wegen in die Bewertung einfließen. Eine Möglichkeit ist die sog. Nettomethode. Danach hat das Fremdkapital filr die Bewertung unmittelbar nur insofern Bedeutung, als daß die Schuldzinsen als Aufwand zu berUcksichtigen sind. Nach der sog. Bruttomethode werden die Schuldzinsen nicht bei der Ermittlung des Zukunftsertrages abgezogen. Der errechnete Unternehmenswert wird vielmehr um den Nominalbetrag des Fremdkapitals vermindert. I33 cc) Unternehmerlohn Da der Wert des Unternehmens anhand eines Vergleichs mit einer alternativen Kapitalanlage ohne Einsatz der eigenen Arbeitskraft bestimmt wird, wird ein angemessener Untemehmerlohn filr den im Geschäft tätigen Inhaber/Gesellschafter und ggf. filr seine Familienangehörigen abgezogen. \34

131 Danach wird die Zukunft in mehrere (z.B. in drei) Phasen unterteilt, denen je nach zeitlicher Nähe eine unterschiedliche Bedeutung zukommt. In der ersten Phase (z.B. drei Jahre) werden Detailprognosen fiir jedes Jahr erstellt; in der zweiten Phase (z.B. weitere fiinf Jahre) wird der Zukunftserfolg aus den Trenderwartungen der ersten Phase entwikkelt; fiir die dritte Phase erfolgt nur eine grobe Schätzung, meist auf der Grundlage der zweiten Phase, Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. B 2 b 2, I, Wpg 1983,468 tf.; s. auch WP-Handbuch 11, A Rz 157 ff., zu einer zwei stufigen Phasenmethode. 132 S. PiehIer in: MünchHdb.GesR I, § 68 Rz 42; Groß/eId, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 55 f.; Moxter in: Goetzke/Sieben, Modeme Unternehmensbewertung und Grundsätze ihrer ordnungsgemäßen Durchfiihrung, S. 253 ff.; SiebeniSchi/dbach, DStR 1979, 455, 460. 133 S. zum ganzen Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 24. 134 aLG Koblenz, Urteil vom 29.11.1982 - 13 UF 282/82, FamRZ 1983, 166, 168; Stellungnahme HF A 2/1995 zur Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht, Abschn. 114, Wpg 1995,522 ff.; Großftld, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 43; Piltz, Die Unternehmensbewertung, S. 23 und auch S. 51; Moxter, Grundsätze, S. 176 f.; Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S.44. Im Regelfall ist der Unternehmerlohn in Höhe der Bezüge anzusetzen, die ein Angestellter einer gleichartigen Unternehmung in vergleichbarer Tätigkeit erhielte, s. Groß/eId, ebd.; Münstermann, ebd.; U.E.C., Abschn. 111 A 3 a, S. 47.

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dd) Unternehmerpersönlichkeit Die Ertragskraft kann auch besonders von den Fähigkeiten und Beziehungen des Unternehmensinhabers abhängen. Wenn zur Schätzung der Zukunftserfolge die Vergangenheitsergebnisse analysiert werden, werden - neben dem Unternehmerlohn - diejenigen (Mehr-)Erfolge in Abzug gebracht, die gerade auf den persönlichen Fähigkeiten, dem besonderen zeitlichen Einsatz und den Beziehungen des bisherigen Inhabers (oder seiner Familie) beruhen. \35 ee) Qualifikation des Managements Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß die Ertragskraft oft in nicht unerheblichem Maße von der besonderen Qualifikation des Managements abhängig ist. Allgemein sind zur Ermittlung des Verkehrswertes von Unternehmen diejenigen Faktoren auszusondern, die bei einem Wechsel des Betriebsinhabers wegfallen. Wenn besondere Betriebsergebnisse auf ein qualifiziertes Management zurückzuftlhren sind, können diese Erfolge in voller Höhe nur berücksichtigt werden, wenn das Management den Betrieb im Fall des Inhaberwechsels nicht verlassen würde. 136

ft) Einbeziehung der laufenden Ertragsteuern Problematisch ist, ob die von dem Unternehmer persönlich geschuldeten laufenden Ertragsteuern, z.B. die Einkommensteuer, bei der Ermittlung der Zukunftserträge zu berücksichtigen sind. Die mit einer Alternativanlage erwirtschafteten Erfolge unterliegen grundsätzlich ebenfalls der Einkommensteuer. Für den Vergleich der Zukunftserträge mit den Gewinnen einer Alternativanlage sind daher zwei Wege denkbar: er könnte "vor Steuern" oder "nach Steuern" erfolgen. Nach verbreiteter Auffassung ist die von dem Unternehmensinhaber geschuldete Einkommensteuer nicht in die Berechnung des Zukunftserfolges einzubeziehen; es sind also die Erträge "vor Steuern" miteinander zu vergleichen. 137 Ein

m Groß/eid. Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 43 f.; BGH, Urteil vom 14.7.1986 - II ZR 249/85, WM 1986, 1384, 1385; Stellungnahme HFA 21\995 zur Untemehmensbewertung im Familien- und Erbrecht, Abschn. II 4, Wpg 1995, 522 ff. 136 Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. CI m, Wpg 1983,468 ff.; Braunho/er, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 53 ff. 137 U.E.C., Abschn. III A 3 d, S. 48 f.; Stellungnahme HFA 21\983, Abschn. C 2 b 5.4. Wpg 1983.468 ff.: Peupelmann, DB 1961, 1397, 1398; Groß/eid, Unternehmensund Anteilsbewertung, S. 51 f.; Barteis, Die Behandlung der Lastenausgleichsabgaben und der Ertragsteuern, S. 169 ff.: Bellinger/Vahl, Unternehmensbewertung, S.346; s. schon AG Arnsberg. Urteil vom 30.11.1954 - 3047/53, MDR 1955,297, unter Hinweis darauf. daß dasselbe Unternehmen ansonsten je nach den steuerlichen Vorteilen, die ein Unternehmer genießt, verschieden bewertet werden müsse; ähnlich BGH, Urteil

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

Vergleich der Erträge "vor Steuern" ist aber wohl nur unproblematisch, wenn die Unternehmergewinne und die Vergleichsgewinne gleich hoch besteuert würden 138 , wenn von der Formel filr die ewige Rente l39 ausgegangen wird und sonstige Unsicherheitsmomente ausgeklammert werden 140; dann würden die Vor- und die Nachsteuerrechnung zum gleichen Ergebnis filhren. Nach anderer Ansicht sind daher die persönlich l41 geschuldeten Ertragsteuern wie die Einkommensteuer l42 von dem Zahlungsstrom aus dem Unternehmen abzuziehen. 143 Bei einem solchen Vergleich "nach Steuern" wäre dann aber auch der Kapitalisierungszinssatz entsprechend anzupassen. 144 Der nach den dargestellten Grundsätzen ermittelte Zukunftserfolg ist folgendermaßen zu kapitalisieren. gg) Allgemeines zur Kapitalisierung der Zukunftserträge Der Unternehmenswert entspricht im Grundsatz dem Barwert der künftigen Jahresertragsüberschüsse. Dabei wird im Regelfall eine unendliche Lebensdauer der Unternehmung angenommen. 145

vom 24.10.1990 - XII ZR 101189, NJW 1991, 1547, 1549, zur Berechnung des Zugewinnausgleichs; diese Entscheidung hat der BGH, Urteil vom 10.7.1991 - XII ZR \09/90, NJW 1991,3036,3037, noch einmal bestätigt. 138 Vgl. Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 25; Moxter, Grundsätze, S. 178; Schlax, Unternehmens- und Anteilsbewertung zur Bemessung des Zugewinnausgleichs und Pflichtteils, S. 304. 139 Zu dieser Fonnel sogleich S. 57. 140 Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer, Entwurf von IDW Standards zur Untern ehmensbewertung, Abschn. 3.4.1.3.2., Wpg 1999, 200 ff.; s. den Bericht über die Sitzung des Arbeitskreises Unternehmensbewertung (AKU), FN-IDW 1997, S. 33. 141 Ob dann auch auf die wirklichen rur die Besteuerung bedeutsamen Merkmale z.B. des Erben abgestellt werden darf oder ob ein typisierter Steuersatz zu unterstellen ist (das Institut der Wirtschaftsprüfer, Entwurf von IDW Standards zur Unternehmensbewertung, Abschn. 3.4.2.5., Wpg 1999, 200 ff., schlägt einen typisierten Ertragsteuersatz in Höhe von 35 v.H. vor), soll hier nicht näher vertieft werden. 142 Nach König/Zeidler, DStR 1996, \098, 1101, sowie Siepe, Wpg 1998, 325, 332, wären neben der Einkommensteuer auch der Solidaritätszuschlag rur den Zeitraum seiner Erhebung und ggf. die Kirchensteuer abzurechnen. 143 Moxter, Grundsätze, S. 177 ff.; König/Zeidler, DStR 1996, \098, 1101; Krag, Wpg 1981,285,288 f; Schreiber, DBW 43 (1983), 79, 84 ff.; vgl. Siegel, Festschrift Moxter, 1483 ff. Nun auch WP-Handbuch 11, A Rz 116 ff.; Institut der Wirtschaftsprüfer, Entwurf von IDW Standards zur Unternehmensbewertung, Abschn. 3.4.1.1., 3.4.1.3.2., Wpg 1999,200 ff.; Siepe, Wpg 1998, 325, 332. 144 Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 25; König/Zeidler, DStR 1996, 1098, 1101. 145 Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. 61; Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 170; BGH, Urteil vom 30.9.1981 - IV a ZR 127/80, BB 1982, 70, 71. Es ist aber auch eine Bewertung denkbar, bei der berücksichtigt wird, daß ein

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Wird dann auch noch von gleichbleibenden jährlichen Zukunftserträgen ausgegangen, berechnet sich der Barwert der künftigen Jahresertragsüberschüsse mit der Kapitalisierungsformel rur die "ewige Rente": Jahresertragsüberschuß Kapitalisierungszinssatz. 146 Bei einem Kapitalisierungszinssatz von 10 v.H. und einem prognostizierten gleichbleibenden Jahreserfolg i.H.v. 120.000 DM, betrüge der Unternehmenswert (vorbehaltlich gewisser Modifikationen) 1.200.000 DM. Der Anleger müßte 1.200.000 DM in eine alternative Kapitalanlage investieren, um bei einem Zinssatz von 10 v.H. einen Jahreserfolg i.H.v. 120.000 DM zu erzielen. Aufwendiger gestaltet sich die Rechnung, wenn - etwa nach der Phasenmethode - filr die künftigen Jahre jeweils unterschiedliche Ertragsüberschüsse ermittelt wurden. 147 Da die Erträge aus dem Unternehmen mit denen aus einer alternativen Kapitalanlage vergleichbar gemacht werden (s.o. S.52), entspricht der Kapitalisierungszinssatz grundsätzlich dem bei einer bestimmten alternativen Anlage erzielbaren Zinssatz (Basiszinssatz).148 Ein Unternehmen hat als Kapitalanlage aber eine andere Qualität als etwaige Alternativinvestitionen. Um eine Vergleichbarkeit der beiden Geldanlageformen herzustellen, wird der Basiszinssatz um nachfolgend zu schildernde Zu- bzw. Abschläge verändert. Bei der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes ist allgemein sehr sorgflUtig vorzugehen; geringe Schwankungen in der Höhe des Zinssatzes haben gravierende Auswirkungen auf die Höhe des Unternehmenswertes. hh) Basiszinssatz Als Basiszinssatz diente ursprünglich der sog. landesübliche Zinssatz. 149 Mittlerweile wird häufiger von der üblichen Effektivverzinsung inländischer öfUnternehmen - im Einzelfall - nur eine begrenzte Lebensdauer hat, vgl. Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. C 6 b, Wpg 1983, 468 ff. 146 Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 58 f. 147 Die für die einzelnen Jahre geschätzten Ertragsüberschüsse werden separat mit Hilfe des Kapitalisierungsszinssatzes auf den Bewertungsstichtag abgezinst und summiert. Ist für einen späteren Zeitraum nur noch ein durchschnittlicher Ertragsüberschuß festgestellt, ist der Barwert dieser in fernerer Zukunft liegenden Ertragsüberschüsse zu berechnen, auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen und der vorgenannten Summe hinzuzuaddieren, anschaulich Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 60 ff. 148 Braunho/er, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 60. 149 LG Frankfurt, Beschluß vom 8.12.1982 - 3/3 AktE 104/79, AG 1983, 136, 138; LG Berlin, Beschluß vom 24.11.1982 - 98 Akt E 3/80, AG 1983, 135, 136; Bodarwe, Wpg 1963, 309, 312; Diez, Wpg 1955, 2,4; Bartlre, BFuP 1960,616,622 ff.; Jaeclrel,

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

fentlicher Anleihen ausgegangen. ISO Dabei wird zum Teil nicht auf den am Bewertungsstichtag geltenden Zinssatz abgestellt sondern auf den künftigen (prognostizierten).lsl ii) Abschlag zum Ausgleich der Inflationsfestigkeit Allgemein wird davon ausgegangen, daß die Geldanlage im Unternehmen weniger der Inflation unterliegt als eine sonstige Kapitalanlage. ls2 Mit sinkender Kaufkraft des Geldes erfolgt eine Zunahme des Wertes der Anlagen und eine Entwertung der Schulden. ls3 Nach nicht ganz unumstrittener Auffassung ist der Inflationsfestigkeit durch einen Abschlag, z.B. i.H.v. 1 bis 3 V.H. IS4 , vom Kapitalisierungszinssatz Rechnung zu tragen. ISS Größtenteils wird ein Abschlag BFuP 1988,553 ff. Dagegen BGH, Urteil vom 30.9.1981 - IV a ZR 127/80, BB 1982, 70 f. 1;0 BGH, Urteil vom 30.9.1981 - IV a ZR 127/80, BB 1982,70, 71; aLG Düsseldorf, Beschluß vom 22.1.1999 - 19 W 5/96 AktE, DB 1999, 681, 682; aLG Düsseldorf, Beschluß vom 12.2.1992 - 19 W 3/91, DB 1992, 1034, 1037; LG Dortmund, Beschluß vom 10.6.1997 - 20 AktE 1/94, BB 1997, 1942, 1943; LG Frankfurt, Beschluß vom 16.5.1984 - 3/3 AktE 144/80, AG 1985, 58, 59; Pi/tzIWissmann, NJW 1985, 2673, 2679; so auch schon Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. 68, und Moxter, Grundsätze, S. 146. A.A. LG Hannover, Beschluß vom 6.2.1979 - 26/22 Akt.E. 2/72, AG 1979, 234, 235; kritisch auch Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 66 f. 151 aLG Düsseldorf, Beschluß vom 12.2.1992 - 19 W 3/91, DB 1992. 1034, 1037 (Bewertung einer AG); aLG Celle, Beschluß vom 4.4.1979 - 9 W 2/77, AG 1979, 230. 232 (Bewertung einer AG); Hetzei, BB 1988, 725, 727 f.; Wienand Meilicke, DB 1980. 2121; Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 173 f.; Braunho/er, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 63 f.; Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung. S. 69. Anders wohl BGH, Urteil vom 30.9.1981 - IV a ZR 127/80. DB 1982. 106, 107; aLG Karlsruhe, Urteil vom 16.12.1983 - 15 U 99/82, WM 1984. 656, 660 (gesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); Matschke, Wpg 1986.549.554; Ballwieser. BFuP 1981. 97. 113 (zur Bewertung einer AG); Jaeckel, BFuP 1988. 553. 561. 152 Vgl. Wienand Mei/icke, DB 1980,2121,2122. 153 Vgl. Helbling, Unternehmensbewertung und Steuern, S. 428. 154 BGH, Urteil vom 13.3.1978 - II ZR 142/76. BB 1978. 776, 779 (Bewertung einer AG); aLG Düsseldorf, Beschluß vom 11.4.1988 - 19 W 32/86. DB 1988, 1109. 1112 (Bewertung einer AG); aLG Celle. Urteil vom 4.4.1979 - 9 Wx 2/77. DB 1979. 1031. 1032 (Bewertung einer AG); Großfeid. Unternehmens- und Anteilsbewertung. S. 72. 73 f.; Braunho/er, Unternehmens- und Anteilsbewertung. S. 65 f.; Pi/t=IWissmann. NJW 1985.2673.2679. 155 aLG Düsseldorf, Beschluß vom 22.1.1999 - 19 W 5/96 AktE. DB 1999. 681. 683 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); aLG Celle. Urteil vom 4.4.1979 - 9 Wx 2/77, DB 1979. 103 I. 1032 (Bewertung einer AG); Münstermann. Wert und Bewertung der Unternehmung. S. 79; Helbling, Unternehmensbewertung und Steuern. S. 428 ff.; Groß/eid. Unternehmens- und Anteilsbewertung. S. 72 tT.; SiebeniSchi/dbach. DStR 1979. 455. 460; Wienand Meilicke. DB 1980. 2121 f. Kritisch BallwieseriLeuthier.

A. Die Bewertungsvorschriften

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allerdings nur für erforderlich gehalten, wenn das Unternehmen im Einzelfall tatsächlich die Fähigkeit besitzt, Inflationsauswirkungen zu kompensieren. 156 Daß vom Kapitalisierungszinssatz ein Abschlag notwendig sein kann, erklärt sich folgendermaßen. In der oben angeführten Gleichung befindet sich der Kapitalisierungszinssatz im Nenner. Je kleiner der Nenner ist, desto größer ist der Wert des Quotienten. Ein niedrigerer Kapitalisierungszinssatz führt daher zu einem höheren Ertragswert. Das stimmt damit überein, daß Sachwerte bei inflationärer Tendenz höher bewertet werden als Anlagen in Geldtiteln. 157

jj) Risikozuschlag Die oben bezeichneten alternativen Kapitalanlagen bergen i.d.R. weniger Risiken in sich als die Geldanlage im Unternehmen. Wenn der Ertragswert anband des Vergleichs mit einer alternativen Geldanlage bestimmt wird, könnte das mit der Unternehmensinvestition verbundene größere Risiko berücksichtigt werden, indem z.B. der Kapitalisierungszinssatz um einen Zuschlag erhöht wird. ISS I.d.R. wird zwischen dem sog. speziellen Unternehmerrisiko und dem allgemeinen Unternehmerrisiko unterschieden. Das spezielle Risiko beinhaltet die im Unternehmen selbst angelegten Risikofaktoren. 159 Dieses ist bei der Prognose der zukünftigen Erträge zu berücksichtigen. 16o

DStR 1986, 604, 608 tf.; Ballwieser, BFuP 1981, 97, 105 ff., und Ulmer, Festschrift Quack, S.477, 495, rur den Fall einer gesellschaftsrechtlichen Abfindungsklausel auf Ertragswertbasis. 156 Stellungnahme HF A 2/1983, Abschn. B 3, Wpg 1983,468 ff.; Braunhofer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 64 ff., 258 f.; Pi/tz/Wissmann, NJW 1985,2673,2679; ähnlich Helbling, Unternehmensbewertung und Steuern, S. 429 f. S. auch BayObLG, Beschluß vom 19.10.1995 - 3 Z BR 17/90, AG 1996, 127, 129 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); OLG Düsseldorf, Beschluß vom 22.1.1999 - 19 W 5/96 AktE, DB 1999, 681, 683 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); LG Dortmund, Beschluß vom 10.6.1997 - 20 AktE 1/94, BB 1997, 1942, 1943 (aktienrechtlicher Sachverhalt). 157 Großfeid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 72. I;~ Es ist auch möglich, das Unternehmerrisiko bei der Ermittlung der Zukunftserträge zu berücksichtigen, s. Moxter, Grundsätze, S. 146 ff. (Sicherheitsäquivalenzprinzip ); Wienand Meilicke, Die Barabfindung, S. 100. 159 Braunhofer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 67. 160 OLG Celle, Urteil vom 4.4.1979 - 9 Wx 2/77, DB 1979, 1031, 1032 (Bewertung einer AG); Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. B 3, Wpg 1983, 468 ff.; Pi/tz. Die Unternehmensbewertung, S. 174; Wienand Meilicke, DB 1980, 2121, 2122. Die Unterscheidung zwischen speziellen und allgemeinen Unternehmerrisiken ist im WP-Handbuch 11, A Rz 186, nun aufgegeben worden; es wird empfohlen, das Risiko ausschließlich im Kapitalisierungszinssatz zu erfassen; s. auch Institut der Wirtschaftsprüfer, Entwurf von IDW Standards zur Unternehmensbewertung, Abschn. 5.2., Wpg 1999,200 ff.

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

Dem allgemeinen Unternehmerrisiko ist dagegen nach verbreiteter Auffassung mit einer Erhöhung des Kapitalisierungszinssatzes, z.B. um 2 161 oder 3 V.H. 162 , Rechnung zu tragen. 163 Damit würde berücksichtigt, daß Unternehmen von außergewöhnlichen Ereignissen betroffen werden können, die sich einer Einbeziehung in die Ertragsprognose entziehen, wie z.B. Betriebsstörungen durch höhere Gewalt, Insolvenzen wichtiger Abnehmer, völliger Verlust infolge Konkurses l64 , erhebliche Verschlechterungen der Markt- und Konkurrenzsituation sowie wirtschaftliche und politische Krisen l6s • Es gibt allerdings auch Meinungen, die eine Berücksichtigung des allgemeinen Unternehmensrisikos nicht befilrworten. 166 Das aLG Celle hat eine Erhöhung des Kapitalisierungszinssatzes abgelehnt, weil dem Risiko die Chance mit gleicher Wertigkeit gegenüberstehe. 167

BGH, Urteil vom 30.9.1981 - IVaZR 127/80, DB 1982, 106, 107. LG Arnsberg, Urteil vom 30.11.1954 - 3 047/53, MDR 1955,297; s. zum ganzen auch Piltz/Wissmann, NJW 1985, 2673, 2679; Braunhofer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 69. 163 BayabLG, Beschluß vom 19.10.1995 - 3 Z BR 17/90, AG 1996, 127, 129 f. (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); aLG Düsseldorf, Beschluß vom 22.1.1999 - 19 W 5/96 AktE, DB 1999,681, 683 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); aLG Düsseldorf, Urteil vom 12.2.1992 - 19 W 3/91, OB 1992, 1034, 1038 (Bewertung einer AG): aLG Frankfurt, Beschluß vom 24.1.1989 - 20 W 477/86, ZIP 1990,588,591 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); LG Frankfurt, Beschluß vom 8.12.1982 - 3/3 AktE 104179, AG 1983, 136, 138 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); ähnlich bereits BGH, Urteil vom 30.9.1981 - IV a ZR 127/80, BB 1982, 70, 71; BGH, Urteil vom 13.3.1978 - 11 ZR 142176, BB 1978,776,779 (Bewertung einer AG). S. zudem Braunhofer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 259 f.; Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. B 3, Wpg 1983, 468 ff.; Pi/tz, Oie Unternehmensbewertung, S. 174 ff.: Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 78 ff.; Dielmann/König, AG 1984. 57. 61; restriktiver Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. 75 ff. 164 S. aLG Düsseldorf, Beschluß vom 22.1.1999 - 19 W 5/96 AktE, DB 1999, 681. 683; aLG Düsseldorf, Urteil vom 12.2.1992 - 19 W 3/91, DB 1992, 1034, 1038. 165 Diese Beispiele werden - neben weiteren - von Braunhofer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 67, genannt. 166 Vgl. aLG Celle, Beschluß vom 31.7.1998-9 W 128/97, AG 1999, 128, 131 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); aLG Celle, Urteil vom 4.4.1979 - 9 Wx 2177, OB 1979, 1031, 1032 (Bewertung einer AG); Welf Müller, JuS 1974, 424, 429; Wienand Meilicke, OB 1980,2121,2122 f.; ders., Die Barabfindung, S. 101, wo aber auch darauf hingewiesen wird, daß ein Risikozuschlag anzusetzen ist, wenn das Risiko einer Verschlechterung die Chance einer Verbesserung übersteigt. 167 aLG Celle, Beschluß vom 31.7.1998 - 9 W 128/97, AG 1999, 128, 131 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); aLG Celle, Urteil vom 4.4.1979 - 9 Wx 2177, DB 1979, 1031, 1032 (Bewertung einer AG). 161

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A. Die Bewertungsvorschriften

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Die Argumentation des aLG Ce/le ist m.E. nicht überzeugend. Risiken und Chancen stehen sich höchstens mit gleicher Wertigkeit gegenüber, wenn es um die Frage einer hohen oder niedrigen Verzinsung des eingesetzten Kapitals geht. Bei der Investition in Unternehmens vermögen besteht aber nicht nur die Gefahr, daß sich das Vermögen schlecht verzinst. Wenn in Betriebsvermögen investiert wird, besteht darüber hinaus die Gefahr des teilweisen oder vollständigen Verlustes des eingesetzten Vermögens. 168 Zudem haftet der Inhaber eines Einzelunternehmens (und der Gesellschafter einer Personengesellschaft mit Ausnahme des Kommanditisten) - im Gegensatz zu dem Inhaber einer Alternativanlage - unbeschränkt mit seinem nicht betrieblich eingesetzten Privatvermögen. Bei einem Vergleich der Investition in Unternehmen mit der Anlage in inländischen öffentlichen Anleihen ist diesen mit Betriebsvermögen verbundenen Verlustrisiken Rechnung zu tragen. kk) Fungibilitätszuschlag Einzelunternehmen sind schwerer verkäuflich als z.B. Staatsobligationen. 169 Das Kapital ist in Unternehmen häufig auch langfristiger gebunden als in einer Alternativinvestition. Diesen Gesichtspunkten (langfristige Kapitalbindung, ungünstige Fungibilität bzw. Mobilität, schwere Liquidierbarkeit) wird i.d.R. durch einen Zuschlag zum Kapitalisierungszinssatz Rechnung getragen. 170 Für die Bemessung des Immobilitätszuschlages ist einerseits die Mobilität des konkreten Bewertungsobjektes bedeutsam - es kommt beispielsweise darauf an, ob das Bewertungsobjekt nur im ganzen oder in großen Teilen oder wie bei Aktiengesellschaften in kleinen Quoten veräußert wird - und zum anderen spielt die Mobilität der Vergleichskapitalanlage eine Rolle. 17I 11) Zusammenfassung Der Wert von Betriebsvermögen wird nach dem Ertragswertverfahren bestimmt, indem geschätzt wird, weIche Erträge sich mit dem Unternehmen zukünftig erzielen lassen. Der gewonnene Wert wird mit Hilfe eines Kapitalisie-

I~K Vgl. Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 77: "Die Chancen 'nach oben' scheinen stärker begrenzt zu sein als die Risiken 'nach unten'." 1~9 Vgl. Helbling, Unternehmensbewertung und Steuern, S. 423. 170 Braunho/er, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 260 f., speziell zum Ptlichtteilsrecht; s. allgemein auch LG Frankfurt, Beschluß vom 8.12.1982 - 3/3 AktE 104/79, AG 1983, 136, 138; Helbling, Unternehmensbewertung und Steuern, S.423; Bartke, BFuP 1960,616,624 f.; Diez, Wpg 1955,2,4; Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. 77 f.; Moxter, Grundsätze, S. 165 f. Kritisch Welf Müller, JuS 1974, 424,428. 171 Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. 78.

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

rungszinssatzes auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Bei der Ermittlung der Zukunftserträge sind, wenn darur die Vergangenheitsergebnisse analysiert werden, diejenigen Mehrerfolge auszuscheiden, die auf dem Arbeitseinsatz (Unternehmerlohn) und der besonderen Persönlichkeit des letzten Inhabers oder seiner Familienangehörigen beruhten. Waren besondere Erfolge auf ein qualifiziertes Management zurückzufilhren, dürfen diese nur in die Ermittlung der Zukunftserträge eingehen, wenn das Management im Fall der Inhaberwechsels im Betrieb verbleibt. Der Kapitalisierungszinssatz wird anhand einer Vergleichskapitalanlage (inländische öffentliche Anleihe) ermittelt. Einer unterschiedlichen Inflationsfestigkeit der Kapitalanlage und des Unternehmensvermögens kann durch einen Abschlag vom Kapitalisierungszinssatz Rechnung getragen werden. Das allgemeine Unternehmerrisiko und die geringere Fungibilität von Betriebsvermögen können in form eines Zuschlags zum Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt werden. 172 b) Die gesonderte Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Wenn der Ertragswert nach den dargestellten Grundsätzen gebildet worden ist, ist der Wertermittlungsvorgang oftmals noch nicht abgeschlossen. Unternehmen verfügen häufig über sog. nicht betriebsnotwendiges Vermögen. Das sind alle Vermögensteile, die frei veräußert werden könnten, ohne daß davon die eigentliche Unternehmensaufgabe berührt würde und ohne daß dadurch der Ertragswert wesentliche Veränderungen erfahren würde. 173 Zu diesem Vermögen können z.B. Grundbesitz oder Beteiligungen außerhalb des Unternehmenszwecks (Finanzanlagen) gehören. '74 Nach allgemeiner Meinung ist das nicht betriebsnotwendige Vermögen mit dem Liquidationswert (Einzelveräußerungspreis)'75 zu bewerten und dem nach den dargestellten Grundsätzen ermittelten Ertragswert hinzuzurechnen. 176 Die gesonderte Erfassung dieses Vermögens ist geboten, weil mit dem Ertragswertverfahren nur diejenigen Gegenstände erfaßt werden, die zum Bewertungsstichtag Erträge erwirtschaften bzw. erwirtschaften

172 S. zur Reihenfolge der Zu- und Abschläge Braunho/er, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 72; Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 70. m S. WP-Handbuch 11, A Rz 133. 1740LG Celle, Beschluß vom 4.4.1979 - 9 W 2177, AG 1979,230,232; Pi/t=, Die Unternehmensbewertung, S. 185; Braunho/er, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 72; Groß/eid, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 85. 175 BGH, Urteil vom 13.3.1978 - 11 ZR 142176, BB 1978,776,779; BayObLG, Beschluß vom 19.10.1995 - 3 Z BR 17/90, AG 1996, 127, 130 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.2.1984 - 19 W 1/81, DB 1984, 817 (Bewertung einer AG); Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 186. 176 S. nur Stellungnahme HFA 2/1 995 zur Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht, Abschn. 11, Wpg 1995, 522 fT.

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sollen. 177 Die Abgrenzung des betriebsnotwendigen Vennögens von dem nicht betriebsnotwendigen ist sehr schwierig aber auch sehr wichtig, weil alle Gegenstände, die als betriebsnotwendig eingeordnet werden, im Ertragswert aufgehen. 178 Wenn die Gegenstände des nicht betriebsnotwendigen Betriebsvennögens veräußert werden, werden i.d.R. stille Reserven aufgedeckt (s. schon oben S. 36). Es fällt ein ertragsteuerpflichtiger Veräußerungsgewinn an. Ob die Ertragsteuerlast, die im Fall der Fortftlhrung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens lediglich latent vorhanden ist, im Rahmen der Bewertung dieses Vermögens in Abzug gebracht werden darf, ist umstritten. 179 Zu diesem Problem wird später Stellung genommen (unten S. 69 f.). c) Liquidationswert als Wertuntergrenze Eine Bewertung entsprechend den dargestellten Grundsätzen kann ausgeschlossen sein, wenn mit der Liquidation des Unternehmens ein höherer Wert zu erzielen wäre als mit der Fortftlhrung. Nach einem betriebswirtschaftlichen Grundsatz bildet der Liquidationswert stets die Untergrenze des Unternehmenswertes. 180 Der Liquidationswert wird üblicherweise als Wert verstanden, der sich bei einer Abwicklungsveräußerung der einzelnen Vennögensgegenstände des Unternehmens nach Tilgung der Schulden ergeben würde. 181 Der Liquidationswert ist in seiner Höhe von der Abwicklungskonzeption (zur Verfügung stehende Zeit, Intensität der Zerschlagung), von der Art der zu veräußern-

Vgl. Groß/eId, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 84. S. Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 182 ff., zum Abgrenzungsproblem. 179 Teilweise wird der Abzug der latenten Ertragsteuerlast davon abhängig gemacht, daß die Auflösung der stillen Reserven abzusehen, die Verwertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens also beabsichtigt sei, BayObLG, Beschluß vom 19.10.1995 - 3 Z BR 17/90, AG 1996, 127, 130 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); OLG Celle, Beschluß vom 4.4.1979 - 9 W 2177, AG 1979, 230, 232 (aktiengesellschaftsrechtlicher Sachverhalt); zustimmend Wienand Meilicke, DB 1980,2121,2123. Die Gegenansicht fordert grundsätzlich einen Abzug rur die latente Ertragsteuerlast, BGH, Urteil vom 13.3.1978 - 11 ZR 142176, BGHZ 71, 40, 52 (zur aktienrechtlichen Abfindung); Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 187; Haas in: Staudinger, § 2311 Rz 82; Forster, AG 1980,45,46 (zur aktienrechtlichen Abfindung). Ebenso aus dem betriebswirtschaftlichen Schrifttum König, Wpg 1975, 369, 374. 180 Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 31; Kolbe, Theorie und Praxis des Gesamtwertes und Geschäftswertes der Unternehmung, S. 176; WP-Handbuch 11, A Rz 327. Der betriebswirtschaftliche Diskussionsstand zu diesem Thema, s. z.B. Bartke, "Zur Bedeutung des Liquidationswertes als Wertuntergrenze", BFuP 1981, 393, soll hier nicht weiter vertieft werden. 181 BGH, Urteil vom 17.1.1973 - IV ZR 142170, NJW 1973,509,5\0; Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 189; Dieckmann in: Soergel, § 2311 Rz 21. 177 178

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

den Güter und den jeweiligen Absatzbedingungen abhängig. Von den Veräußerungserlösen sind neben den Betriebsschulden auch die Kosten der Liquidation (z.B. Veräußerungskosten, Abbruchkosten, Kosten filr Altlastensanierung, Kosten fUr einen Sozialplan) abzuziehen. 182 Ob der Grundsatz, daß der Liquidationswert die Wertuntergrenze bildet, fUr das Ptlichtteilsrecht zu übernehmen ist, wird später beurteilt. d) Die Bewertung personenbezogener Klein- und Mittelbetriebe Oft werden Besonderheiten von sog. Klein- und Mittelbetrieben hervorgehoben. Derartige Betriebe sollen sich durch eine starke Personenbezogenheit auszeichnen, mit dem Inhaber "stehen und fallen", eine geringe Kapitalausstattung, eine geringe Organisationstiefe, eine niedrige dauernde Mitarbeiterzahl haben sowie eine Marktform aufweisen, bei der vielen kleinen Anbietern viele kleine Abnehmer gegenüberstehen (sog. polypolistische Konkurrenz).183 Sie sind trotz ansehnlicher Gewinne und daraus folgendem Ertragswert manchmal nicht zu veräußern. 184 Bei der ertragswertorientierten Bewertung ist das Problem der Personenbezogenheit möglicherweise schwer in den Griff zu bekommen. 185 Einige Autoren weisen darauf hin, daß eine zu schematische Bewertung der kleineren Unternehmen zu irrealen Werten fUhrt, die häufig ein Vielfaches von tatsächlich gezahlten Kaufpreisen ausmachen. l86 Zur Bewertung personenbezogener Unternehmen werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Die zivilrechtliche Rechtsprechung fordert im einzelnen Fall eine genaue Überprüfung, ob das Unternehmen einen Wert aufweist, der über den Sachwert der zum Unternehmen gehörenden Gegenstände hinausgeht (Geschäftswert! Goodwill). Im Regelfall sei dies zu bejahen. Wenn das Unternehmen aber ausnahmsweise mit der Person des Inhabers stehe und falle, ein fachkundiger Dritter also nicht in der Lage wäre, aus dem Unternehmen Erträge zu erzielen, sei nur der reine Substanzwert anzusetzen. 187 Die den Geschäftswert umfassende Ertragswertmethode wäre in derartigen Fällen ausgeschlossen.1 88 Gegen die An-

182 Braunhofer, Untemehmens- und Anteilsbewertung, S. 78; s. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 2.4.1998 - 19 W 3/93 AktE, AG 1999, 89, 91, Kosten der Dekontamination. IX3 Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 50 (; Then Bergh, Wpg 1985, 171. 172. IK4 Vgl. Pi/tz. Die Unternehmensbewertung. S. 51. IX5 Vgl. Barthel. DB 1990, 1145. 1146. IX6 Then Bergh, Wpg 1985. 171. 172; ähnlich auch Pi/tz. Die Unternehmensbewertung, S. 245. IX7 BGH, Urteil vom 23.11.1977 - IV ZR 131/76. BGHZ 70. 224. 226 (Bewertung eines handwerklichen Retriebs im Rahmen des Zugewinnausgleichs); BGH. Urteil vom 9.3.1977 -IV ZR 166/75. BB 1977.616 f. (Bewertung eines Handelsvertreterunternehmens für den Zugewinnausgleich); OLG Hamm, Urteil vom 11.4.1996 - 4 UF 454/95.

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wendbarkeit des Ertragswertverfahrens in den hier in Frage stehenden Fällen hat sich auch der BFH ausgesprochen. 189 In der Praxis wird der Wert kleinerer und mittlerer Unternehmen häufig durch Multiplikation des Jahresgewinns oder des Jahresumsatzes (oder einer anderen von GewinnlUmsatz abgeleiteten Größe) mit aus Branchenerfahrungen entwickelten Multiplikatoren ermittelt, sog. Praktikermethoden. l90 Da die angesprochenen Unternehmen grundsätzlich reproduzierbar seien, wird nach einer Literaturauffassung zur Ermittlung des Unternehmenswertes eine Vergleichsrechnung gefordert, durch die die Ertragserwartungen bei Neugründung (Reproduktion) den Ertragserwartungen bei Übernahme des betroffenen Unternehmens gegenübergestellt werden. 191 Es wird aber auch die Ansicht geäußert, daß das Ertragswertverfahren zur Bewertung derartiger Unternehmen herangezogen werden kann. 192 Ob das Ertragswertverfahren auch fiIr die Bewertung personenbezogener Unternehmen geeignet ist, soll hier nicht beurteilt werden. Das Ertragswertverfahren hält jedenfalls Instrumentarien bereit, mit denen einer gewissen Personenbezogenheit des Unternehmens Rechnung getragen werden kann, indem z.B. neben einem angemessenen Unternehmerlohn auch die besonderen Ergebnisse, die auf den Beziehungen und Fähigkeiten des Inhabers beruhen, im Rahmen der Ertragsprognose ausgeschieden werden (s.o. S. 55).193 Die Personenbezogenheit NJWE-FER 1996. 1,2 (Bewertung einer Druckerei filr den Zugewinnausgleich); aLe Düsseldorf, Urteil vom 27.1.1984 - 3 UF 50/83, FamRZ 1984, 699, 701 (Bewertung einer Druckerei filr den Zugewinnausgleich). Diese Rechtsprechung wird von Johannsen, WM 1978, 654, 660 f., bestätigt. 188 Vgl. Pilt=, Die Unternehmensbewertung, S. 243. Das aLe Bamberg, Urteil vom 18.8.1994 - 2 UF 14C/93, FamRZ 1995,607,610, hat bei der Bewertung eines besonders personenbezogenen Handwerksbetriebs im Rahmen der Zugewinnausgleichsberechnung die Mitte zwischen Ertrags- und Substanzwert filr den realen Wert gehalten. IRQ BFH, Urteil vom 29.1.1992 - X R 193/87, BStBI. II 1992, 465, 468; BFH, Urteil vom 6.2.1991 - II R 87/88, BStBI. II 1991, 459, 460. 190 Wol/ny, Beil. 17 zu Heft 25/1991 des BB, 1*, 10*; Niehues, BB 1993, 2241, 2248 f.; Klocke. JbFSt 1987/1988, 192, 202; Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 28 f.• 51, 245 f. In der Stellungnahme HFA 2/1983, Abschn. A, Wpg 1983,468 tl., kommt Skepsis hinsichtlich dieser Methode zum Ausdruck. 191 Then Bergh, Wpg 1985, 171, 173 f. 192 Stellungnahme HF A 6/1997, Besonderheiten der Bewertung kleiner und mittlerer Unternehmen, Abschn. 2, Wpg 1998, 26 ff.; WP-Handbuch II, A Rz 342; Braunhofer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 105 f. 193 So werden in der Stellungnahme HFA 6/1997, Besonderheiten der Bewertung kleiner und mittlerer Unternehmen, Abschn. 2, Wpg 1998, 26 ff., Gesichtspunkte genannt. auf die bei der Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen nach dem Ertragswertverfahren besonderes Augenmerk zu richten ist (u.a. auch der Unternehmer5 Spitzbarl

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

derartiger Unternehmen sollte zudem nicht überbewertet werden. Der Kauf und Verkauf solcher Unternehmen zeigt, daß die Hürde der Personenbezogenheit überwunden werden kann. 194 Wenn die Personenbezogenheit aber derart stark ist, daß das Unternehmen von niemand anderem als dem Erblasser oder dem vom Erblasser besonders eingewiesenen Erben fortgefilhrt werden kann, wäre allerdings kein Käufer auffindbar, der zur Entrichtung eines nach Ertragswertgesichtspunkten ermittelten Preises bereit wäre. Für einen solchen Fall wäre die Anwendung des Ertragswertverfahrens nicht sachgerecht. Allerdings wäre auch der von der Rechtsprechung gewählte Ansatz (reiner Substanzwert ohne Goodwill) nicht angemessen. Denn der Substanzwert ist ein Reproduktionswert. Niemand wird das Unternehmen reproduzieren wollen, wenn er es nicht fortfUhren, es also nicht zum Leben erwecken kann. Richtigerweise sollte in derartigen Fällen auf den Liquidationswert zurückgegriffen werden. 195 e) Zusammenfassung Der mit Hilfe des Ertragswertverfahrens ermittelte Unternehmenswert ist um den Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu ergänzen. Nach einem betriebswirtschaftlichen Grundsatz bildet der Liquidationswert des Unternehmens die Wertuntergrenze. Das Ertragswertverfahren kann in gewissem Umfang einer Personenbezogenheit von Unternehmen Rechnung tragen. Ist das Unternehmen aber von niemand anderem als dem Erblasser oder dem vom Erblasser besonders eingefUhrten Erben fortsetzbar, ist jedenfalls auf den Liquidationswert abzustellen. 3. Modijizierung des Unternehmenswertes aufgrund des pjlichttei/srecht/ichen Zusammenhangs

Es kann, wie schon erwähnt, geboten sein, den nach allgemeinen Grundsätzen ermittelten Unternehmenswert aufgrund von Gesichtspunkten, die aus dem der Bewertung zugrunde liegenden rechtlichen Zusammenhang folgen, zu modifi-

lohn, s. insbes. Abschn. 3.2 der Stellungnahme); s. ferner WP-Handbuch 11, A Rz 343 ff.; ähnlich auch Braunhofer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 105. Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 245, hat Zweifel, ob der Abzug eines Unternehmerlohnes die mit der Personenbezogenheit verbundenen Bewertungsprobleme überwinden kann. 194 S. zu diesem Gesichtspunkt Then Bergh, Wpg 1985, 171, 172. 195 Ebenso Stellungnahme HFA 6/1997, Besonderheiten der Bewertung kleiner und mittlerer Unternehmen, Abschn. 3.2, Wpg 1998, 26 ff.; WP-Handbuch 11, A Rz 349; Piltz/Wissmann, NJW 1985,2673,2678 f.; s. auch Gernhuber in: MünchKomm, § 1376 Rz 21, zur Bewertung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich.

A. Die Bewertungsvorschriften

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zieren. Ein Gesichtspunkt, der möglicherweise eine Modifizierung erforderlich macht, ist der der Belastung des Erben mit der latenten Ertragsteuer. Zudem ist fraglich, ob der betriebswirtschaftliche Grundsatz, nach dem der Liquidationswert die Wertuntergrenze bildet, auch im Pflichtteilsrecht gilt. a) Einbeziehung der latenten Einkommensteuerlast Betriebsvermögenserben sind mit einer latenten Einkommensteuerlast beschwert, weil sie gern. § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte des Erblassers fortzuführen haben (s.o. S. 36 f.). Selbst wenn der Erbe das Unternehmen oder Teile des Unternehmens veräußert, um den Pflichtteilsanspruch auszahlen zu können, hat er die Buchwerte des Erblassers fortzuführen. Die Begleichung der Pflichtteilsschuld ist dem privaten Bereich des Erben zuzuordnen. 196 Die Buchwerte können nicht etwa durch Anschaffungskosten aufgestockt werden. 197 Übersteigt der nach den dargestellten Grundsätzen ermittelte Unternehmenswert diesen Buchwert und wird das Unternehmen zu dem errechneten Wert veräußert (Realisierung der stillen Reserven und des Geschäftswertes), flUIt Einkommensteuer an (§§ 16, 18 Abs. 3 EStG). Diese steuerrechtIiche Situation hat für den (oder die) Erben nachteilige Konsequenzen. Den nach den dargestellten Grundsätzen zu ermittelnden ,,Yollwert" des Unternehmens könnte ein Erbe nicht durch einen Verkauf realisieren, die Höhe des Pflichtteilsanspruchs würde aber nach Maßgabe dieses Vollwertes berechnet. Dieses unbefriedigende Ergebnis ließe sich bereinigen, indem die mit dem Betriebsvermögen einhergehende latente Steuerlast bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs in Abzug gebracht würde. Ein derartiger Abzug würde andererseits aber dazu führen, daß dem Pflichtteilsberechtigten ein Teil der Steuerlast aufgebürdet würde, auch wenn die Steuer beim Erben - mangels Veräußerung - gar nicht anflUlt. Ob die latente Ertragsteuerbelastung im Rahmen der Nachlaßbewertung zu berücksichtigen ist, wird dementsprechend äußerst kontrovers diskutiert. aa) Hinweise zum Streitstand Von der Rechtsprechung wird die Berücksichtigung der latenten Einkommensteuerbelastung für notwendig erachtet, wenn eine Auflösung der stillen Reser-

1~6 BFH, Urteil vom 14.3.1996 - IV R 9/95, NJWE-FER 1996,23; BFH, Urteil vom 2.3.1995 - IV R 62/93. NJW 1995.2311,2312; BFH. Urteil vom 2.3.1993 - VIII R 47/90. BStB\. 11 1994. 619, 621 ff. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen. s. Erlaß des BMF vom 11.8.1994 , BStB!. I 1994, 603. 1~7 BFH. Urteil vom 14.3.1996 - IV R 9/95. NJWE-FER 1996, 23; BFH, Urteil vom 17.10.1991 - IV R 97/89. BStB!. 11 1992,392,395 f.; Gebel, BB 1995,2611; Braunhofer. Unternehmens- und Anteilsbewertung. S. 250. S·

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

ven (z.B. durch Verkauf) in engem Zusammenhang mit dem Erbfall geschieht oder zumindest absehbar ist; die Verwertungsabsicht wird rur ein weiteres beachtliches Kriterium gehalten. 198 Nach anderer Apsicht, z.B. auch nach der güterrechtlichen Rechtsprechung des BGH, ist die latente Ertragsteuerlast generell, unabhängig von einer Veräußerung des steuerverstrickten Vermögens zu berücksichtigen. 199 Demgegenüber gibt es einzelne Autoren, die einer Beachtung der latenten Ertragsteuerlast kritisch gegenüberstehen. 20o 19K BGH, Urteil vom 26.4.1972 - IV ZR 114170, OB 1972. 1229, 1230 (Bewertung eines Unternehmens zwecks Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs); Dieckmann in: Soergel, § 2311 Rz 22; Frank in: MünchKomm, § 2311 Rz 23; Johannsen in: BGB-RGRK, § 2311 Rz 20; Braunhofer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 248 ff.; Schlax, Unternehmens- und Anteilsbewertung zur Bemessung des Zugewinnausgleichs und Pflichtteils, S. 304 ff.; LE. zustimmend Kapp, BB 1972, 829 f.; s. auch das etwas vorsichtiger formulierte Urteil des BGH vom 17.3.1982 - IV a ZR 27/81, NJW 1982, 2497, 2498 (Bewertung einer GmbH rur die Berechnung eines Pflichtteilsanspruchs). In dem späteren Urteil vom 11.3.1992 -IV ZR 62/91. NJW-RR 1992, 770, 771 (es geht um die Bewertung eines Landgutes gern. §§ 2049, 2312 BGB), hat der BGH es tUr rechtsfehlerhaft gehalten, wenn das Berufungsgericht die latente Steuerlast unberücksichtigt gelassen hat, da in diesem Fall nahe läge, daß der Verkehrswert nicht anders als durch Veräußerung realisiert werden könne. Haas in: Staudinger, § 2311 Rz 82, differenziert nach der anwendbaren Bewertungsmethode; bei UnternehmensforttUhrung und Anwendung der Ertragswertmethode möchte er die latente Ertragsteuer nicht berücksichtigen. S. zur Parallelproblematik bei der Berechnung einer Zugewinnausgleichsforderung OLG Düsseldorf, Urteil vom 4.11.1988 - 6 UF 27/88, FamRZ 1989, 1181, 1183f.; Tiedtke, FamRZ 1990, 1188, 1190 ff.; Hermann Lange in: Soergel, § 1376 Rz 13. 199 BGH, Urteil vom 25.11.1998 - XII ZR 84/97, NJW 1999, 784, 787 f. (zur Bewertung des Anteils an einer Steuerberaterpraxis im Zugewinnausgleich); BGH, Urteil vom 24.10.1990 - XII ZR 101/89, NJW 1991,1547,1551 (zur Bewertung einer Arztpraxis tUr die Zugewinnausgleichsberechnung: die Berücksichtigung der latenten Steuerlast sei eine Konsequenz der Bewertungsmethode; soweit der Wert danach ermittelt werde, was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, dürften die Steuern als unvermeidbare Veräußerungskosten nicht außer Betracht bleiben); OLG Hamm, Urteil vom 10.10.1991 - 2 UF 5/90, NJW-RR 1992, 580, 581 (Bewertung einer Arztpraxis tUr die Zugewinnausgleichsberechnung). Literaturmeinungen, die die latente Ertragsteuerlast berücksichtigen möchten: Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 136 f.; Olbrich, Wpg 1982, 247, 250; Sudhoff, NJW 1963, 421, 423 ff.; Heinz Meilicke, StbJb. 1969170, 189, 209: ders., FR 1959,419 f.; ders., StbJb. 1958/59,341,351; Kröger, BB 1971,647,649; Welf Müller, JuS 1974, 558, 560 f.; s. Gratz, OB 1987, 2421, 2425 f., mit einem anschaulichen Rechenbeispiel zum Zugewinnausgleich: vgl. zur Zugewinnausgleichsberechnung auch Thiele in: Staudinger, § 1374 Rz 12; Schröder, Bewertungen im Zugewinnausgleich, Rz 134. Die Berücksichtigung .. künftig voraussichtlich eintretender Steuerfolgen" wird auch in der Stellungnahme HFA 2/1995 zur Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht, Abschn. IV 2, Wpg 1995, 522 ff., tUr notwendig erachtet. 200 Gast, NJW 1959, 2100 f.: kritisch auch Gernhuber, NJW 1991,2238,2242 f., zur Parallelproblematik bei der Zugewinnausgleichsberechnung.

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bb) Stellungnahme Zur Lösung der Streitfrage ist darauf abzustellen, ob der rechtliche Zusammenhang, in den die Bewertung eingefilgt ist, also das Ptlichtteilsrecht, eine bestimmte Lösung als angemessen erscheinen läßt. Bliebe die latente Einkommensteuerlast unberucksichtigt, wäre der Erbe im Nachteil. Der Erbe könnte den Verkaufs wert, auf den schließlich abgestellt wird, nur realisieren, indem er zugleich die ertragsteuerliche Belastung auslöst. Der Ptlichtteilsberechtigte erhält demgegenüber mit dem schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme kein in gleicher Weise steuerverstricktes Vermögen. Der Ptlichtteilsberechtigte, der den Ptlichtteil gleichsam als Ersatz filr das durch den Erblasser ausgeschlossene gesetzliche Erbrecht erhält, darf durch den Ptlichtteilsanspruch aber nicht mehr erhalten, als wenn er ohne Einschränkungen Erbe geworden wäre. 201 Man hat, wie Meincke es vertritt, bei der Berechnung des Ptlichtteils von einer gedachten Auseinandersetzung zwischen Erben und Ptlichtteilsberechtigten auszugehen, bei der der Nachlaß zum Zwecke der Befriedigung der Abfindungsgläubiger in Geld umzusetzen ist. 202 Bei einem Verkauf des Betriebsvermögens durch den Erben und Ptlichtteilsberechtigten als Unternehmens inhaber hätte der Ptlichtteilsberechtigte ebenfalls anfallende Einkommensteuer zu entrichten. Die im Fall des fingierten Verkaufs anfallenden Belastungen, wie die Steuerschulden, sind daher im Rahmen der Bewertung in vollem Umfang abzurechnen. Die latente Einkommensteuerlast ist im Rahmen der Bewertung unabhängig davon zu berucksichtigen, ob tatsächlich eine Veräußerung stattfindet oder ob der derzeitige Unternehmensinhaber zumindest eine Veräußerung beabsichtigt. Die Höhe des Ptlichtteilsanspruchs darf nicht der Willkür des Erben ausgesetzt sein. Gegen die Einbeziehung subjektiver Elemente (AbsichtenlVerkaufsentscheidungen) spricht allgemein, daß die Höhe des Ptlichtteilsbetrages unabhängig davon sein muß, wer zuflillig Erbe wird. 203 Eine Berucksichtigung von Veräußerungsvorgängen, die nach dem Erbfall stattfinden, kollidiert im übrigen mit dem Prinzip der Stichtagsbezogenheit der Bewertung.

201 Vgl. Kröger. BB 1971, 647, 649. Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 180, spricht von einem bei der Bewertung zu beachtenden Gebot der Gleichbehandlung von Erben und Pflichtteilsberechtigten. 202 Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 181. S. auch BGH, Urteil vom 13.3.1991 IV ZR 52/90, WM 1991. 1352, 1353: .. Entsprechend dem Grundgedanken des Gesetzes ist der Pflichtteilsberechtigte [... ] wirtschaftlich so zu stellen, als sei der Nachlaß beim Tode des Erblassers in Geld umgesetzt worden:' 20) Vgl. Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung, S. 159, unter Hinweis auf Strohai, Erbrecht I. S. 443.

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

Gegen die Berücksichtigung der latenten Einkommensteuerlast im Rahmen der Bewertung könnte eingewendet werden, daß die Höhe der Steuer, die auf den Veräußerungsgewinn zu entrichten wäre, von den persönlichen Verhältnissen des Veräußerers abhängt, wie von der Kinderzahl, der Möglichkeit des Ehegattensplittings und der Höhe sonstiger Einkünfte. Eine Beachtung der anhand dieser Merkmale berechneten Steuer wäre kaum mit dem gerade angesprochenen Grundsatz zu vereinbaren, daß persönliche Verhältnisse bei der Ermittlung des gemeinen Wertes außer acht zu lassen sind. Diesen Bedenken kann jedoch mit entsprechenden Typisierungen entgegengetreten werden. 204 Der Verkauf des Unternehmens ist ohnehin zu fingieren, denn es ist nicht gesagt, daß das Unternehmen tatsächlich im Anschluß an den Erbfall veräußert wird. Aber selbst wenn es wirklich zur Veräußerung kommen sollte, bedarf es zur Ermittlung der Höhe der anfallenden Einkommensteuer einer Fiktion, denn Erben und Pflichtteilsberechtigte sind zusammen in die Rolle des Verkäufers zu versetzen; der Pflichtteilsberechtigte wird nie als reeller Verkäufer auftreten können, da er nicht in die Position des Unternehmensinhabers eingetreten ist. Das Stichtagsprinzip steht einer Beachtung der latenten Steuerlast ebenfalls nicht entgegen. Dem Betriebsvermögen haftet bereits am Bewertungsstichtag die Eigenschaft niedriger, vom Erben fortzufiihrender Buchwerte an. Der nach den dargestellten Grundsätzen ermittelte Ertragswert ist daher um den Betrag der Steuerschuld, die infolge einer von den Erben und Ptlichtteilsberechtigten gemeinsam betriebenen Veräußerung anfallen würde, zu verringern. Da diese Veräußerungsfiktion auch fiir die Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu gelten hat, ist der Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens ebenfalls um die latente Ertragsteuerschuld zu kürzen. b) Bewertung mit dem Liquidationswert Es ist zu klären, ob der betriebswirtschaftliche Grundsatz, nach dem der Liquidationswert stets die Wertuntergrenze des Unternehmenswertes bildet (s.o. S. 63), auch im Rahmen der Bewertung zum Zwecke der Pflichtteilsberechnung gilt. Würde der den Ertragswert übersteigende Liquidationswert fiir maßgeblich erachtet, obwohl der Erbe das Unternehmen fortfiihren möchte, könnte dies den Erben in finanzielle Schwierigkeiten bringen und ihn unter Umständen zur Aufgabe oder zur Veräußerung des Unternehmens zwingen. Wenn das Unternehmen umgekehrt mit dem niedrigeren Ertragswert bewertet wird, wäre der Pflichtteilsberechtigte benachteiligt, wenn der Erbe das Unternehmen nun im An-

204 V gl. Sudhoff, NJW 1963, 421, 424. S. auch Braunhofer, Untemehmens- und Anteilsbewertuhg, S. 251 f., zu dem Fall, daß stille Reserven tatsächlich in Zusammenhang mit dem Erbfall aufgedeckt werden.

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schluß an den Erbfall liquidiert. Zu dem Problem des Ansatzes des Liquidationswertes als Mindestwert werden unterschiedliche Ansichten vertreten. aa) Hinweise zum Streitstand Die Rechtsprechung hält den Ansatz des Liquidationswertes in den Fällen filr unbedenklich, in denen das Unternehmen tatsächlich einige Zeit nach dem Bewertungsstichtag liquidiert wird. 205 Wenn eine Liquidation aber nicht tatsächlich stattfindet, lehnt die Rechtsprechung eine Bewertung mit dem Liquidationswert ab, da die unternehmerische Entscheidung des Inhabers zu respektieren sei. Etwas anderes soll allenfalls gelten, wenn der Unternehmer den Ptlichtteilsberechtigten gegenüber zur Liquidation verpflichtet sei oder wenn ein unrentables liquidationsreifes Unternehmen aus wirtschaftlich nicht vertretbaren Gründen weitergefllhrt werde und dadurch dem Ptlichtteilsberechtigten der Anteil an dem höheren Liquidationswert entgehe. 206 Auch in der Literatur wird der Ansatz des Liquidationswertes zum Teil abgelehnt, sofern der Unternehmer den Betrieb weiterftlhrt. 207 Die Rechtsprechung hat Zustimmung gefunden. 208 Nach der Gegenansicht wird der Liquidationswert als Wertuntergrenze rur sachgerecht gehalten, auch wenn das Unternehmen nicht aufgelöst wird. 209 Der

m BGH, Urteil vom 17.3.1982 - IV aZR 27/81, NJW 1982,2497,2498 (Berechnung eines Ptlichttei1sergänzungsanspruchs); vgl. auch die Entscheidung des BGH vom 27.9.1989 - IV b ZR 75/88, NJW-RR 1990,68,69, zur Bewertung eines landwirtschaftlichen Betriebs zum Zwecke des Zugewinnausgleichs. Bei Bewertungen zum Zwecke gesellschaftsrechtlicher Abfindungen ist die Rechtsprechung mit einer Bewertung zum Liquidationswert etwas großzügiger, vgl. BGH, Urteil vom 21.10.1985 - 11 ZR 57/85, BB 1986,421. 422; SGH, Urteil vom 13.3.1978, BGHZ 71, 41, 52; vgl. auch aLG Karlsruhe, Urteil vom 16.12.1983 - 15 U 99/82. WM 1984,656,659. 206 BGH, Urteil vom 17.1.1973 - IV ZR 142170, NJW 1973, 509, 510 (Bewertung eines Handelsunternehmens fUr die Ptlichtteilsanspruchsberechnung). Die AusfUhrungen dieses Urteils hat der BGH in späteren zum Zugewinnausgleich ergangenen Entscheidungen aufrechterhalten, s. Urteil vom 7.5.1986 - IV b ZR 42/85, FamRZ 1986, 776, 779, und Urteil vom 1.7.1982 - IX ZR 34/81, NJW 1982,2441. 207 Welf Müller, JuS 1974,288,291; ders., JuS 1974,558,559, FN 10; Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, S. 102; Kipp/Coing, Erbrecht, § 9 11 2 a; Wollny, Unternehmens- und Praxisübertragungen, S. 369, Rz 1541, fUhrt die Begründung an, daß es dem Ptlichttei1sberechtigten nicht zustehe, die Liquidation des Unternehmens zu verlangen; Rittner. FamRZ 1961, 505, 515, zum Zugewinnausgleichsrecht. 208 Johannsen in: BGB-RGRK, § 2311 Rz 20; Haas in: Staudinger, § 2311 Rz 81; Wollny. Beil. 17 zu Heft 25/1991 des BB, 1*,5*; Hommelhoff, JbFSt 1987/1988, 181, 189 f.; in die Richtung des BGH tendierend Breidenbach, DB 1974, 104, 105. 20Q Frank in: MünchKomm, § 2311 Rz 23; Dieckmann in: Soerge1, § 2311 Rz 21; Pilt=/Wissmann. NJW 1985.2673,2679, zum Zugewinnausgleichsrecht; Stellungnahme

72

I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

Liquidationswert scheidet nach dieser Ansicht nur dann als Wertansatz aus, wenn ein rechtlicher oder tatsächlicher Zwang zur Unternehmensfortführung besteht, z.B. aufgrund einer testamentarischen Auflage, Arbeitnehmermitbestimmung, öffentlich-rechtlicher Bindungen oder wegen des öffentlichen Drucks zur Erhaltung von Arbeitsplätzen. 2lD bb) Stellungnahme In der älteren zivilrechtlichen Kommentierung wird zur Unterstützung der Rechtsprechungsansicht angefilhrt, daß die Entscheidung zur Unternehmensfortfilhrung allein bei dem Unternehmer liege; dem Pflichtteilsberechtigten dürfe aus dieser Entscheidung weder ein Vorteil noch ein Nachteil erwachsen. 2JJ Dieses Argument ließe sich auch filr die Gegenansicht nutzbar machen. Denn wenn die Erbenentscheidung filr den Pflichtteilsberechtigten keinen Vor- oder Nachteil bedeuten soll, könnte die Bewertung eben auch unabhängig von der Entscheidung des Erben grundsätzlich mindestens zum Liquidationswert erfolgen. Wenn man, wie es der pflichtteilsrechtliche Zusammenhang gebietet, zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten eine Auseinandersetzung fingiert, bei der der Nachlaß in Geld umgesetzt wird (s.o. S. 69), gelangt man zu der Erkenntnis, daß sowohl der oder die Erben als auch der oder die Pflichtteilsberechtigten in gleicher Weise an der bestmöglichen Verwertung des Vermögens interessiert sein müßten. Wenn die bestmögliche Verwertung in der Auflösung des Unternehmens und der Veräußerung der einzelnen Wirtschaftsgüter besteht, mUßte eben, sofern eine Liquidation tatsächlich möglich wäre, der liquidationswert als maßgeblicher Wertansatz gelten. Eine Bewertung mit dem liquidationswert dürfte nicht davon abhängig sein, ob tatsächlich eine Liquidation stattfindet oder ob sie von den Erben beabsichtigt ist, denn andernfalls würde gegen das Stichtagsprinzip oder gegen den Grundsatz verstoßen, daß subjektive Elemente in die Bewertung nicht einfließen dürften (s. schon oben S. 69 f.). Der Liquidationswert müßte daher auch bei der Bewertung filr Zwecke der Pflichtteilsberechnung stets die Wertuntergrenze bilden, sofern einer Liquidation keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Bei der

HF A 2/1995 zur Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht, Abschn. III 5, Wpg 1995,522 tf.; WP-Handbuch 11, A Rz 49,370. 210 Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 191 f.; Braunhofer, Untemehmens- und Anteilsbewertung, S. 274 ff.; Wienand Meilicke, Die Barabfindung, S. 125 f.; Frank in: MünchKomm, § 2311 Rz 23; Dieckmann in: Soergel, § 2311 Rz 21; Pi/tz/Wissmann, NJW 1985, 2673, 2679, zum Zugewinnausgleichsrecht; Stellungnahme HF A 2/1983, Abschn. C 4, Wpg 1983, 468 ff. 211 Vgl. Ferid/Cieslar in: Staudinger, 12. Auflage, § 2311 Rz 47.

A. Die Bewertungsvorschriften

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Berechnung des Liquidationswertes sind die mit der Liquidation verbundenen (fiktiven) Kosten, insbesondere auch die anfallenden Steuerschulden, wertmindernd zu berücksichtigen. 2I2 4. Zusammenfassung

Die Bewertung von Betriebsvermögen zum gemeinen Wert filr Zwecke der Pflichtteilsberechnung erfolgt grundsätzlich nach Maßgabe des Ertragswertverfahrens. Der Unternehmenswert stimmt danach im Grundsatz mit den mit dem Unternehmen zukünftig erzielbaren, auf den Bewertungsstichtag abgezinsten Erfolgen überein. Dem Substanzwert kommt innerhalb des Ertragswertverfahrens keine eigenständige Bedeutung zu. Der Ertragswert ist um den Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu ergänzen. In einigen Fällen kann ein Abweichen vom Ertragswertverfahren geboten sein. So ist bei der Verkehrswertermittlung von besonders personenbezogenen kleinen und mitt1eren Betrieben auf den Liquidationswert abzustellen, wenn das Unternehmen von keinem potentiellen Käufer fortgefilhrt werden könnte. Der ptlichtteilsrechtliche Zusammenhang gebietet, den Unternehmenswert um die Unkosten zu reduzieren, die anfallen würden, wenn Erben und Ptlichtteilsberechtigte das Unternehmen (betriebsnotwendiges und nicht betriebsnotwendiges Vermögen) gemeinsam veräußern würden. Insbesondere ist die latente Einkommensteuerlast abzuziehen. Der in der Betriebswirtschaftslehre vertretene Grundsatz, daß der Liquidationswert stets die Wertuntergrenze bildet, gilt auch filr die Bewertung zum Zwecke der Ptlichtteilsanspruchsberechnung.

212 Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 195 f.; Braunhafer, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 277; Dieckmann in: Soergel, § 2311 Rz 22; Schräder, Bewertungen im Zugewinnausgleich, Rz 74 (zum Zugewinnausgleichsrecht). Der BGH hatte zwar in dem Urteil vom 17.3.1973 - IV ZR 142170, NJW 1973, 509, 5 \0 (Pflichtteilsrecht), eine dieser Auffassung widersprechende Ansicht geäußert. Dieses Urteil hat der BGH aber in einer späteren Entscheidung als unklar bezeichnet, Urteil vom 7.5.1986 - IV ZR 42/85, FamRZ 1986, 776, 789 (güterrechtlicher Sachverhalt). In der Rechtsprechung wurde demgemäß auch vermehrt die Ansicht geäußert, daß die mit einer Liquidation ausgelöste Steuerbelastung bei Ansatz des Liquidationswertes zu berücksichtigen sei, weil eine andere Auffassung der zugrunde gelegten Bewertungsmethode zuwiderlaufe, BGH, Urteil vom 26.4.1972 - IV ZR 114170, DB 1972, 1229 (Ptlichtteilsrecht); BGH, Urteil vom 7.5.1986 - IV b ZR 42/85, FamRZ 1986,776,779 (familienrechtliche Problematik); vgl. auch BGH, Urteil vom 27.9.1989 - IV b ZR 75/88, NJW-RR 1990, 68, 69 (Bewertung eines landwirtschaftlichen Betriebs im Zugewinnausgleich); OLG Düsseldorf, Urteil vom 4.11.1988 - 6 UF 27/88, FamRZ 1989, 1181, 1184 (Zugewinnausgleichsanspruch).

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

III. Vergleich des älteren Steuerwertes mit dem im Pflichtteilsrecht maßgeblichen Verkehrswert Der Umstand, daß der nach den älteren Bewertungsvorschriften zu ermittelnde Betriebsvermögenswert oftmals unter dem Verkehrswert angesiedelt war, dürfte auf folgendes zurückzutUhren sein. Zum einen wird sich entscheidend ausgewirkt haben, daß die Rentabilität des Unternehmens im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Bewertung so gut wie keine Rolle spielte. Die Ertragskraft konnte nur dann in die Bewertung eingehen, wenn ein Ansatz tUr den Geschäftswert zu erfolgen hatte, was aber nur auf Ausnahmefälle zutraf (s.o. S. 34 ff.). Und selbst wenn der Geschäftswert einmal in der erbschaftsteuerlichen Vermögensaufstellung zu aktivieren war, spiegelte er nicht immer die aktuelle Ertragsstärke wider (s.o. S. 45). Demgegenüber ist die Bewertung im Ptlichtteilsrecht ganz auf die Erfassung der Ertragskraft des Unternehmens ausgerichtet. Es ist offensichtlich, was dies besonders filr ertragsstarke Unternehmen bedeutet. Insbesondere die Kunden- und Lieferantenbeziehungen, Wettbewerbsund Standortbedingungen, Ruf und Alter der Firma, Betriebs- und Verkaufsorganisation, Qualität und Verhältnis der Arbeitnehmerschaft zum Betrieb, also alle Faktoren, die im Bewertungsrecht unter dem Begriff des Geschäftswertes zusammen ge faßt werden, erhöhen die Zukunftserträge und damit den im Ptlichtteilsrecht maßgeblichen Ertragswert, sofern - was im Einzelfall genau zu prüfen ist - sie bei einem Übergang des Betriebs auf einen potentiellen Erwerber Bestand haben. Der Umstand, daß die Ertragskraft bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung nicht berücksichtigt wurde, filhrte weiterhin dazu, daß das in Betriebsvermögen gehaltene Betriebsvermögen, wie Personengesellschaftsbeteiligungen, ebenfalls nur mit niedrigen Werten erfaßt wurde. Für die Unterbewertung des Betriebsvermögens ist auch verantwortlich, daß schon der Substanzwert des Betriebsvermögens bei der Bewertung nach den älteren Steuervorschriften nicht mit dem Verkehrswert der Substanz übereingestimmt haben dürfte. Dies ist in erster Linie auf die alten, tUr Betriebsgrundstücke maßgeblichen Einheitswerte zuTÜckzufilhren. Es kommt hinzu, daß sich filr Wirtschaftsgüter, die mit dem Teilwert zu bewerten waren, aufgrund der günstigen Verwaltungsvorschriften zur Teilwertermittlung unter den Verkehrswerten liegende Werte ergeben konnten (s.o. S. 41 f.). Schließlich könnte auch angezweifelt werden, ob das von der Finanzverwaltung filr die Bewertung von Kapitalgesellschaftsanteilen, tUr die der gemeine Wert aus dem Vermögen und den Ertragsaussichten der Gesellschaft abzuleiten war (§ 12 Abs. 5 S. 3 ErbStG LV.m. § 11 Abs. 2 BewG a.F.), vorgesehene Verfahren (sog. Stuttgarter Verfahren, Abschn. 76 ff. VStR 1989) überhaupt zur Ermittlung des gemeinen Wertes geeignet war, denn dieses Verfahren weicht von dem hier vorgestellten Ertragswertverfahren ab.

A. Die Bewertungsvorschriften

75

Bemerkenswert ist zudem, daß, obwohl rur gewisse positive Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter dem Verkehrswert liegende Steuerwerte galten, die mit diesen Wirtschaftsgütern in Zusammenhang stehenden Schulden ebenso wie die sonstigen Betriebsschulden zum vollen Nennwert in Abzug gebracht wurden. Wenn man das im Steuerrecht festgeschriebene Substanzwertverfahren mit dem im Zivilrecht maßgeblichen Ertragswertverfahren vergleicht, flUIt ferner auf, daß rur die erbschaftsteuerliche Bewertung keine Rolle spielt, ob Betriebsvermögen gegenüber Geldvermögen den Vorteil der Inflationsfestigkeit besitzt. Bei der im Pflichtteilsrecht maßgeblichen Verkehrswertermittlung wird einer Inflationsfestigkeit von Betriebsvermögen hingegen Rechnung getragen; der Verkehrswert flUIt entsprechend höher aus (s.o. S. 58 f.). Es gibt allerdings auch einige Faktoren, die bei der Bewertung im Pflichtteilsrecht zu einer Minderung des Unternehmenswertes ruhren, die bei der Bewertung nach den älteren steuerlichen Vorschriften aber unberücksichtigt zu bleiben hatten. Im Rahmen der Bewertung rur Zwecke der Pflichtteilsberechnung wird beispielsweise dem Umstand Rechnung getragen, daß die Geldanlage im Unternehmen mit speziellen und allgemeinen Risiken verbunden ist (s.o. S. 59 ff.). Auch daß das Betriebsvermögen weniger fungibel ist als Geldvermögen, spielt zwar bei der Bewertung im Pflichtteilsrecht (s.o. S. 61), nicht aber im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Bewertung eine Rolle. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist zudem die Beachtlichkeit der Ertragsteuerverhaftung des Betriebsvermögens. Bei der Unternehmensbewertung rur Zwecke der Pflichtteilsberechnung ist die latente Ertragsteuerlast in Abzug zu bringen (s.o. S. 67 f.). Im Erbschaftsteuerrecht wurde ein derartiger Abzug nicht vorgenommen (s.o. S. 36 ff.). Ein Unternehmen kann ferner im Einzelfall auch weniger ertrags stark sein. Bei der Bewertung nach den älteren steuerlichen Vorschriften wurde eine schwache Rentabilität in der Regel nicht berücksichtigt. Nur wenn konkrete Maßnahmen zur Betriebsstillegung oder Liquidation getroffen worden waren, konnte die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens über die Teilwertermittlung in die Bewertung eingehen (s.o. S. 40). Im Rahmen der zivilrechtlichen Bewertung, die ganz auf die Erfassung der Ertragskraft ausgerichtet ist, wird die Ertragsschwäche dagegen in jedem Fall berücksichtigt; Wertuntergrenze ist allerdings der Liquidationswert (s.o. S. 70 ff.). Im Rahmen der rur die Pflichtteilsberechnung maßgeblichen Verkehrswertermittlung kann schließlich auch bedacht werden, daß ein Unternehmen nach dem Ausscheiden des bisherigen Inhabers (= Erblassers) erheblich an Wert verlieren kann. Denn bei der Ermittlung der Zukunftserträge sind nur die Erfolge einzukalkulieren, die auch ein potentieller Unternehmenskäufer erwirtschaften kann (vgl. oben S.55, 65). Grenze einer durch den Wegfall der Unternehmerpersönlichkeit bedingten Wertminderung ist wiederum der Liquidationswert. '

76

I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

Inwieweit sich nun der ältere Steuerwert von dem im Ptlichtteilsrecht zu ennittelnden Verkehrswert unterscheidet, kann nicht pauschal beantwortet werden. Man kann lediglich folgende Tendenz vennuten. Bei nonnal bis gut rentierlichen Unternehmen wird der nach den älteren Bewertungsvorschriften ennittelte Erbschaftsteuerwert deutlich unter dem im Ptlichtteilsrecht geltenden Verkehrswert liegen. Selbst wenn das Unternehmen ertragsschwach ist, kann der nach den älteren Steuervorschriften ennittelte Wert noch niedriger als der Verkehrswert ausfallen. 213 Der nach dem BewG a.F. ennittelte Steuerwert kann den Verkehrswert aber auch übersteigen, z.B. wenn ein sehr ertragsschwaches Unternehmen betroffen ist oder wenn das Unternehmen von einer anderen Person als dem letzten Inhaber/Erblasser nicht fortgeIDhrt werden kann. Im Ptlichtteilsrecht ist in diesen Fällen auf den Liquidationswert abzustellen. Die Summe der Einzelveräußerungspreise der Gegenstände des Betriebsvennögens abzüglich der mit der Betriebsauflösung verbundenen Kosten (Liquidationswert) wird wohl niedriger ausfallen als der sich an den Wiederbeschaffungspreisen (s.o. S. 40) orientierende ältere Steuerwert. Etwas anderes dürfte aber wiederum filr Betriebsvennögen mit einem hohen Grundbesitzanteil gelten. Der Liquidationswert könnte nämlich vor allem aufgrund der im alten Recht maßgeblichen niedrigen Grundbesitzeinheitswerte doch noch über dem Steuerwert liegen. Die durch die älteren erbschaftsteuerlichen Vorschriften bewirkte Bewertung von Betriebsvennögen dürfte sich insbesondere zugunsten ertrags starker Unternehmen und zugunsten von Unternehmen mit wenig Sachanlagevennögen aber Z.B. hohem Dienstleistungsanteil ausgewirkt haben. Unternehmen, die besonders risikobehaftet oder schwer verkäuflich (wenig fungibel) sind, dürften weniger von den Bewertungsvorschriften profitiert haben. Das skizzierte Verhältnis zwischen den älteren Steuerwerten und den Verkehrswerten sollen die nachfolgenden filnfBeispielsrechnungen verdeutlichen. Der Aussagewert dieser Beispiele darf allerdings nicht überschätzt werden. Denn zum einen haftet allen Beispielen etwas Willkürliches an. Zum anderen kann bei den Beispielsrechnungen die betonte Flexibilität des zivilrechtlichen Bewertungsverfahrens nicht nachvollzogen werden. Den Beispielsrechnungen werden die nachfolgend angefilhrten Daten zugrunde gelegt.

213 Anders Bellinger/Vah/, Unternehmensbewertung, S. 71: ,.Es muß sich schon um besonders gut rentierliche Betriebe oder um solche mit einem geringen Eigenkapital handeln, wenn der Ertragswert das sich laut Vermögensaufstellung ergebende Betriebsvermögen übersteigen soll."

77

A. Die Bewertungsvorschriften

Verkehrswert der Substanz in DM Geschäftsgrundstück mit Gebäude

2.000.000

übriges abnutzbares Anlagevermögen

1.500.000

Umlaufvermögen

1.150.000

geringwertige WG

Steuerbilanzwert in DM 1.000.000 850.000 (z.B. wg. degressiver AfA, Sonderabschreibungen ) 1.150.000

Wert nach dem BewG a.F. in DM 400.000 (erhöhter Einheitswert) 1.400.000

1.150.000 50.000

50.000 ./.200.000

Rückstellungen, passive Rechnungsabgrenzungsposten 4.700.000

2.800.000

3.000.000

Hier wurde die Ansicht vertreten, daß der Unternehmenswert im Pflichtteilsrecht unter Berücksichtigung der mit einer fiktiven Veräußerung verbundenen Einkommensteuerlast zu ennitteln ist (s.o. S. 69 f.). Aus Vereinfachungsgründen wird davon ausgegangen, daß ein Veräußerungsgewinn mit einem Steuersatz von 25 v.H. zu versteuern wäre (vgl. § 34 EStG a.F. 214 ). Der Kapitalisierungszinssatz soll nach Berücksichtigung sämtlicher Zu- und Abschläge (s.o. S. 58 fT.) 8 v.H. betragen. 2J5 Ein Unternehmen ist unrentabel, wenn sich der Verkehrswert der eingesetzten Substanz nicht angemessen verzinst. 216 Denn

214 § 34 EStG a.F., der eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz vorsah, ist durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 2002 vom 24.3.1999, BGBI. I 1999, 402, geändert worden. Ab dem Veranlagungszeitraum 1999 erfolgt eine rechnerische Verteilung der außerordentlichen Einkünfte auf fIlnf Jahre. m S. die Rechtsprechungsübersicht zu den Kapitalisierungszinsfiißen bei Pi/tz, Die Unternehmensbewertung, S. 361 ff., sowie Barthel, Handbuch der Unternehmensbewertung, Teil 2, 3. Ertragswertverfahren, S. 7, 8: "Ein Bewerter liegt im Rahmen der Ertragswertmethode fast unangreifbar auf der sicheren Seite, wenn er von einem Kapitalisierungszinssatz von 8 v.H. ausgeht". 216 Ähnlich Gaudchau, Bewertung des Betriebsvermögens mit dem Ertragswert, S. 56. Auch in den ErbStR, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes vom 21.12.1998, BStBl. I Sondernummer 2/1998,

78

I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

ansonsten wäre eine Alternativanlage gegenüber der Unternehmens investition vorzugswürdig. Ein Unternehmen, dessen Substanz einen Verkehrswert von 4.700.000 DM aufweist, wäre bei einem Zinssatz von 8 v.H. gerade rentierlich, wenn ein Jahresertrag von 376.000 DM erwirtschaftet werden könnte. In Beispiel 3 wird dementsprechend von einem gleichbleibend erzielbaren Jahresertrag - nach Abzug eines Unternehmerlohns - in Höhe von 376.000 DM ausgegangen. Den Beispielen 1, 2, 4 und 5 werden Jahreserträge in Höhe von 176.000 DM, 276.000 DM, 476.000 DM und 576.000 DM zugrunde gelegt.

Beispiel 1

Beispiel 2

Beispiel 3

(sehr unrentabei)

(unrentabel)

(knapp ren- (gut rentierlich) tierlich)

Jahresertrag in DM

176.000

276.000

376.000

476.000

576.000

Ertragswert in DM

2.200.000

3.450.000

4.700.000

5.950.000

7.200.000

SteuerN eräußerungsgewinn inDM

./. 162.500

./.475.000

./.787.500

./. 1.100.000

Verkehrswert 2.200.000 (Ptlichtteils- (bzw. höherecht) in DM rer Liquidationswert)

3.287.500 (bzw. höherer Liquidationswert)

4.225.000

5.162.500

6.100.000

Beispiel 4

Beispiel 5 (sehr ertragsstark )

Beispiel 3 verdeutlicht, daß bereits bei knapp rentierlichen Unternehmen der ältere Erbschaftsteuerwert (3.000.000 DM) deutlich unter dem Verkehrswert, wie er im Ptlichtteilsrecht gelten würde (4.225.000 DM), liegen kann. Der erbschaftsteuerliche Wert beträgt hier nur ca. 71 v.H. des Verkehrswertes. Bei einem gut rentierlichen Unternehmen (Beispiel 4) würde der ältere Erbschaftsteuerwert (3.000.000 DM) nur etwa 58 v.H. des Verkehrswertes (5.162.500 DM) erreichen. Wie Beispiel 1 zeigt, könnte bei ertrags schwachen Unternehmen der

S. 2 ff., wird in R 100 Abs. 3 fllr die Frage. ob eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung unverhältnismäßig geringe Erträge abwirft. die Verzinsung des eingesetzten Gesamtkapitals fllr bedeutsam erachtet.

A. Die Bewertungsvorschriften

79

nach den älteren Vorschriften ermittelte Steuerwert (hier: 3.000.000 DM) aber auch über dem Verkehrswert (2.200.000 DM) liegen, es sei denn, es existiert ein Liquidationswert, der an die Stelle des Ertragswertes tritt (s. dazu oben S. 72 f.), und der den nach dem BewG a.F. ermittelten Erbschaftsteuerwert doch noch übersteigt (s. dazu oben S. 76). Der nach den älteren Bewertungsvorschriften ermittelte Steuerwert kann umgekehrt bei sehr rentablen Betrieben auch weniger als 50 v.H. des Verkehrswertes betragen (s. BeispielS). Daß sich bei Anwendung der älteren erbschaftsteuerlichen Bewertungsvorschriften im Einzelfall erschreckende Diskrepanzen zwischen dem Steuerwert und dem Verkehrswert ergeben, könnte ein Sachverhalt belegen, der einer Entscheidung des BFH im Jahre 1996 zugrunde lag. 217 Der Fall, es ging um einen im Jahre 1991 eingetretenen Erbfall, kam vor Gericht, weil über die Gewährung eines Zugewinnausgleichsfreibetrages nach § 5 ErbStG gestritten wurde. Für den Gesamtnachlaß war ein Erbschaftsteuerwert in Höhe von minus 1.218.536 DM ermittelt worden. Der Verkehrswert des Gesamtnachlasses betrug positive 7.600.795 DM. Zum Nachlaß gehörte eine Kommanditbeteiligung des Erblassers von 14118, die einen negativen Steuerwert von ca. 1,6 Mio. DM aufwies. IV. Auswirkung der Umstellung des Bewertungsrechts durch das StÄndG 1992 Mit dem StÄndG 1992 218 ist mit Wirkung ab dem 1.1.1993 219 die Bewertung von Betriebsvermögen umgestellt worden. Die Anordnung, daß die Bewertung von Betriebsvermögen i.S.d. § 12 Abs. 5 ErbStG nach Maßgabe einer Substanzwertermittlung zu erfolgen hat (Einzelbewertung), ist beibehalten worden (§ 98a BewG). Für die Frage, was dem Grunde nach als Betriebsvermögen anzusetzen ist, und rur die Frage, wie die Posten des Betriebsvermögens zu bewerten sind, gelten aber nun andere Regelungen. Es wird hierftlr in weiten Teilen auf das Ertragsteuerrecht verwiesen. Die Bewertung des Betriebsvermögens von bilanzierenden Steuerpflichtigen erfolgt jetzt im Grundsatz nach Maßgabe der Steuerbilanz. Das bedeutet, daß bis auf Ausnahmen, die insbesondere das Eigenkapital, Ausgleichsposten im Fall der Organschaft (§ 95 Abs. 1 S.2 BewG), Betriebsgrundstücke (§ 99 BewG), Anschaffungskosten im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Erbbaurechts, Rücklagen (§ 103 Abs. 3 BewG), GewinnanspTÜche gegen eine beherrschte Gesellschaft als sonstigem Abzug bei der beherrschten Gesellschaft (§ 103 Abs. 2 BewG) sowie Schulden und sonstige passive Ansätze, die nicht mit der

211 218 219

BFH, Urteil vom 30.7.1996 - II B 4/96, ZEV 1997,36 m. Anm. Meincke. S. dazu oben S. 21. Vgl. § 37 Abs. 9 ErbStG in der Fassung des StÄndG 1992.

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvermögens

Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne des BewG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 103 Abs. 1 BewG), betreffen, alle in der Steuerbilanz ausgewiesenen Aktiva und Passiva in die erbschaftsteuerliche Vermögensaufstellung zu übernehmen sind (Bestandsidentität), vgl. R 114 Abs. 2 S. 5 ErbStR. Die Wertzumessung erfolgt i.d.R. nicht mehr anband des Teilwertes i.S.d. § 10 BewG. Die aus der Steuerbilanz zu übernehmenden Wirtschaftsgüter, sonstigen aktiven Ansätze, Schulden und sonstigen passiven Ansätze sind nun grundsätzlich mit den Steuerbilanzwerten220 anzusetzen (Bewertungs identität), s. § 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG i.V.m. § 109 Abs. 1 BewG. 221 Von diesem Grundsatz gibt es ebenfalls Ausnahmen. Für Betriebsgrundstücke gilt weiterhin ein gesonderter Wert222 , filr in Betriebsvermögen gehaltene Personengesellschaftsbeteiligungen ist der anteilige Steuerwert maßgeblich, zum Betriebsvermögen gehörende Wertpapiere, Anteile und Genußscheine von Kapitalgesellschaften sind nach §§ II oder 12 BewG zu bewerten (§ 12 Abs. 5 S.3 ErbStG) und filr ausländischen Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen gilt nach wie vor der gemeine Wert gern. § 12 Abs.6 ErbStG i.V.m. § 31 BewG (s. auch R 122 ErbStR). Bei Gewerbetreibenden, die weder handelsrechtlich noch steuerrechtlich zur Buchfilhrung verpflichtet sind, sowie bei Freiberuflern, die ihr Betriebsergebnis durch Einnahme-lÜberschußrechnung ermitteln, kann nicht auf eine Steuerbilanz zurückgegriffen werden. Für diese Steuerpflichtigen gilt, daß grundsätzlich alles, was ertragsteuerlich als Betriebsvermögen anzusetzen ist, auch in der erbschaftsteuerlichen Vermögensaufstellung zu erfassen ist. 223 Die ErbStR bestimmen in R 114 Abs.3 S. 1 rur den Ansatz der Aktiva (dem Grunde nach), daß alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar rur eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden, zum Betriebsvermögen gehören (notwendiges Betriebsvermögen); Wirtschaftsgüter, die zu mehr als 50 v.H. eigenbetrieblich genutzt werden, sind in vollem Umfang notwendiges Betriebsvermögen (R 114 Abs.3 S.2 ErbStR). Zum Aktivvermögen gehören auch Forderungen, die mit dem Betrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sowie Bargeld und

Die Steuerbilanzwerte sind in § 6 EStG zusammengefaßt, s. Meincke, § 12 Rz 138. Für Mineralgewinnungsrechte wurde der Ansatz des Steuerbilanzwertes statt des Einheitswertes erst durch das Zinsabschlaggesetz vom 9.11.1992, BGBI. I 1992, 1853. angeordnet. Für ausstehende Erbbauzinsen für zurückliegende Zeiträume (Erbbauzinsansprüche) und für rückständige Erbbauzinsen (Erbbauzinsverpflichtungen) gelten die Steuerbilanzwerte erst seit der Änderung des ErbStG durch das JStG 1997. 222 Ursprünglich der erhöhte Einheitswert; ab dem 1.1.1996 der Bedarfswert (s.u. S. 87 ff). 223 Sonderregeln, wie Z.B. für den Ansatz der Betriebsgrundstücke dem Grunde nach (§ 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG i.V.m. § 99 BewG), sind auch hier zu beachten. 220 221

A. Die Bewertungsvorschriften

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Bankguthaben, die aus gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeiten herrühren (R 114 Abs. 3 S. 4 ErbStR). Verbindlichkeiten gehören zum Betriebsvennögen, wenn sie mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des Betriebsvennögens in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (R 119 ErbStR). Für die Bewertung der ansatzpflichtigen Posten sind auch die bei bilanzierenden Gewerbetreibenden geltenden besonderen Wertansätze, wie z.B. der besondere Wert filr Betriebsgrundstücke224 , der anteilige Steuerwert für Personengesellschaftsbeteiligungen, der Wert nach §§ 11 oder 12 BewG für Wertpapiere, Anteile und Genußscheine von Kapitalgesellschaften oder der gemeine Wert für ausländisches Sachvennögen (§ 12 Abs. 6 ErbStG i.V.m. § 31 BewG), maßgeblich. Darüber hinaus kommen bei den nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen weitere Werte zum Zuge. Einlagen von typischen stillen Gesellschaftern sind mit dem Nennwert anzusetzen (R 123 ZitT. 11 ErbStR), Ansprüche und Verpflichtungen auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen werden mit dem Kapitalwert bewertet (§ 12 Abs. 1 ErbStG LV.m. §§ 13, 16 BewG) und Pensionsverpflichtungen werden mit dem Vielfachen der Jahresrente angesetzt (§ 12 Abs. 5 ErbStG LV.m. § 104 BewG). Ansonsten werden Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevennögens grundsätzlich mit den ertragsteuerlichen Werten (§ 109 Abs. 2 BewG) aus dem Anlageverzeichnis 225 bewertet. Das abnutzbare Anlagevennögen wird danach mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktualisiert durch Absetzungen, angesetzt. 226 Der ertragsteuerliche Wert gilt auch bei der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen, Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten um ZuschUsse oder Zulagen oder auch bei der Übertragung stiller Reserven (R 123 ZitT.3 S.2 ErbStR). Vollständig abgeschriebene Wirtschaftsgüter sind gar nicht anzusetzen (R 123 ZitT. 3 S. 3 ErbStR). Für viele der nicht genannten WirtschaftsgUter und sonstigen Posten, z.B. für Vorratsvennögen, Sachleistungsansprüche und -verpflichtungen, hat hier auch noch der Teilwert Bedeutung (§ 12 Abs. 1 ErbStG LV.m. § 10 BewG).227 Der Gesetzgeber hat mit der Änderung der Betriebsvennögensbewertung durch das StÄndG 1992 nicht nur eine deutliche Vereinfachung228 sondern zu-

224 Zunächst der erhöhte Einheitswert; ab dem 1.1.1996 der neue Grundbesitzwert, s.u. S. 87 ff. m S. BT-Drs. 12/1108. 72. 226 Meincke. § 12 Rz 139. 221 S. zum ganzen neben den Regelungen der ErbStR auch ChristoffeI, NWB 1994, Fach 10. Seite 663.672; Meincke, § 12 Rz 139. 128 Vor Inkrafttreten des StÄndG 1992 hatte der (bilanzierende) Steuerpflichtige zwei Rechenwerke nach unterschiedlichen Grundsätzen zu erstellen: die Bilanz z.B. tUr die Einkommen- und Gewerbeertragsteuer und die Vermögensaufstellung tUr die Gewerbekapital-. Vermögen- und Erbschaftsteuer, vgl. Meincke, ErbStG, § 12 Rz 13 I.

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gleich auch eine Entlastung des Betriebsvennögens von ertragsunabhängigen Steuern angestrebt. 229 In der Literatur werden Beispiele angefilhrt, wonach die Umstellung der Betriebsvennögensbewertung eine Venninderung der Steuerwerte von Betriebsvennögen um mehr als 50 v.H. 230 oder um ca. 32 v.H. 231 bewirkt hat. Andere Stimmen in der Literatur schätzen, daß dadurch die Steuerwerte um ca. 25 v.H. sanken. 232 Wiederum andere sprechen davon, daß sich der Steuerwert um etwa 10 bis 25 v.H. vennindert hat, daß aber auch Verringerungen von 5 bzw. von 70 v.H. beobachtet wurden. 23J Nach Auffassung von Troll kann es durch die Gesetzesänderung aber auch zu Nachteilen gegenüber der erbschaftsteuerlichen Belastung vor 1993 kommen. 234 Die Verringerung der Steuerwerte ist folgendennaßen zu erklären. Vor der Änderung des ErbStG durch das StÄndG 1992 war das bewegliche Anlagevermögen mit dem Teilwert anzusetzen. Hatte der Steuerpflichtige in der Steuerbilanz eine andere als die lineare Abschreibungsmethode gewählt, waren Korrekturen notwendig (s.o. S. 41). Durch die mit der Gesetzesänderung einhergehende Bindung an die ertragsteuerlichen Werte sind filr die Erbschaftsteuer nun auch die niedrigen Werte maßgeblich, die z.B. auf der Inanspruchnahme von degressiver AfA, von erhöhten Absetzungen, von Sonderabschreibungen oder auf der Übertragung stiller Reserven (§ 6b EStG)235 beruhen. Die erbschaftsteuerlichen Werte sind nun entscheidend von der gewählten Abschreibungsmethode abhängig. Beispielsweise wäre bei Anschaffungskosten i.H.v. 100 und zehnjähriger Nutzungsdauer ein linear abgeschriebenes Wirtschaftsgut im dritten Jahr mit 70 und ein degressiv abgeschriebenes mit 34 anzusetzen. Im vierten Jahr wäre bei linearer Abschreibung ein Wert von 60, bei degressiver Abschreibung ein Wert von 24 maßgeblich. 236 Vor der Umstellung des Bewertungsrechts galten filr die WirtschaftsgUter je nach Alter bestimmte Restwerte i.H. v. 15 bis 30 v.H. der ursprünglichen An-

229 BT-Drs. 12/1108,72. S. auch schon oben S. 22. 230 Heinen, INF 1992, 241, 242. 231 KüjJner, DStR 1993,463,467. 232 Herzig/Schiffers, Stu W 1994, \03, 118. 233 Rödder, DB 1993,2137,2139. 234 Troll/GebeI/JOlicher, § 12 Rz 170. 235 § 6b EStG ist durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (dazu schon oben S. 77 FN 214) erheblich eingeschränkt worden. Die rur die erbschaftsteuerliehe Betriebsvermögensbewertung bedeutsamste Änderung liegt darin, daß eine Übertragung stiller Reserven von abnutzbaren beweglichen WirtschaftsgUtem mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von mindestens 25 Jahren auf abnutzbare bewegliche WirtschaftsgUter nicht mehr in Betracht kommt. Diese Neuregelung gilt erstmals rur Veräußerungen, d;e nach dem 31.12.1998 vorgenommen worden sind (§ 52 Abs. 18 EStG). 236 S. die Übersicht bei Rödder, DB 1993,2137,2140.

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schaffungskosten (s.o. S. 41). Mit der Übernahme der Steuerbilanzwerte ist die Bindung an diese Restwerte aufgehoben. Vol1 abgeschriebene Wirtschaftsgüter sind mit dem Erinnerungswert von i.d.R. I DM 237 bzw. bei nichtbilanzierenden Gewerbetreibenden/Freiberuflern gar nicht mehr anzusetzen (s.o. S. 81). Geringwertige Wirtschaftsgüter waren nach alter Rechtslage mit 40 v.H. der Anschaffungs- oder Herstel1ungskosten anzusetzen (s.o. S. 41). Dieser Restwertansatz ist nach der Umstel1ung der Betriebsvermögensbewertung ebenfal1s nicht mehr maßgeblich. Für die nach § 6 Abs. 2 EStG sofort abgesetzten Wirtschaftsgüter ist lediglich ein Erinnerungswert von I DM zu übernehmen. 238 Die nach alter Rechtslage maßgeblichen Teilwerte wurden Ld.R. mit den Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten am Bewertungsstichtag gleichgesetzt (s.o. S. 40 f.). Sind diese im Vergleich zu den ursprünglichen Anschaffungskosten gestiegen, konnten diese Preissteigerungen im Rahmen der Erbschaftsteuer zum Teil berücksichtigt werden (s.o. S. 41). Dann wurden im Erbschaftsteuerrecht auch stille Reserven erfaßt. Die Bindung an die Steuerbilanzwerte fUhrt hingegen dazu, daß der Ansatz von Werten, die die historischen Anschaffungs- bzw. Herstel1ungskosten der Wirtschaftsgüter übersteigen, nicht mehr in Betracht kommt. 239 Darüber hinaus steht bilanzierenden Steuerpflichtigen, wenn Wirtschaftsgüter an Wert verloren haben, ein Wahlrecht zur Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert zu (§ 6 Abs. I Nr. I S.2, Nr. 2 S.2 EStG); im Fal1 von später eintretenden Wertsteigerungen gab es bislang Zuschreibungswahlrechte (bis zum Höchstbetrag der historischen Anschaffungsoder Herstel1ungskosten). Wenn eine Teilwertabschreibung vorgenommen, von der Zuschreibung aber abgesehen wurde, waren die niedrigen ertragsteuerrechtlichen Teilwertansätze auch im Erbschaftsteuerrecht maßgeblich. Die Teilwertabschreibung hat nun jedoch aufgrund der Änderung des EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 240 an Bedeutung verloren. Zum einen ist die Teilwertabschreibung etwas erschwert worden; sie ist nur noch bei einer "voraussichtlich dauernden Wertminderung" möglich (§ 6 Abs. I Nr. I S.2, Nr. 2 S.2 EStG n.F.). Zum anderen besteht im Einkommensteuerrecht nun ein Wertaufholungsgebot. Die in der Vergangenheit vorgenommene Teilwertabschreibung darf nur beibehalten werden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, daß ein niedrigerer Teilwert angesetzt werden kann (§ 6 Abs. I Nr. I S.4, Nr. 2 S. 3 EStG n.F.). Wird dieser Nachweis nicht erbracht, hat eine Zuschreibung zu erfolgen, die der Höhe nach durch die fortgefUhrten Anschaffungs- oder Herstel1ungskosten begrenzt ist.

m Heinen. INF 1992. 241. m Vgl. Christoffel in: ChristoffellGecklefPahlke. ErbStG. § 12 Rz 649. 23" S. § 6 Abs. 1 Nr. 1. 2 EStG: StrecklSchwedhelm/Olbing. DStR 1994. 1441, 1443. 240 S. dazu schon oben S. 77 FN 214.

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Vor der im Jahre 1992 beschlossenen Gesetzesänderung waren immaterielle WirtschaftsgUter erbschaftsteuerpflichtig, wenn sie als geldwerte Realität in Erscheinung getreten waren, sei es, weil sie entgeltlich erworben wurden oder ihre selbständige Bewertungstahigkeit durch die Verkehrsanschauung oder durch Aufwendungen anerkannt war (s.o. S. 31 f.). Immaterielle WirtschaftsgUter sind nach der Umstellung des Bewertungsrechts nur noch bei entgeltlichem Erwerb oder Einlage in das Betriebsvermögen zu berUcksichtigen. 241 Bevor die Steuerbilanzwerte rur das Erbschaftsteuerrecht übernommen wurden, konnten aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten nur dann als Betriebsschuld abgezogen werden, wenn sie im bewertungsrechtIichen Sinne entstandene Forderungen bzw. Verbindlichkeiten darstellten. 242 Nach Übernahme der Steuerbilanzwerte sind sowohl aktive als auch passive Rechnungsabgrenzungsposten in der Vermögensaufstellung anzusetzen. 243 Durch den Ansatz passiver Rechnung!>abgrenzungsposten wird der Erbschaftsteuerwert von Betriebsvermögen vermindert, obwohl solche Posten eigentlich nur der periodengerechten Gewinnermittlung dienen und das Eigenkapital, das rur die Erbschaftsteuer ermittelt werden soll, im Grunde nicht schmälern. 244 Die BerUcksichtigung auch der aktiven Rechnungsabgrenzungsposten stellt hingegen einen der wenigen Gesichtspunkte dar, die tendenziell zu einer Erhöhung des Steuerwertes fUhren können. 245 Nach altem Recht waren gern. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 4 BewG aufschiebend bedingte AnsprUche und Rechte sowie gern. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 6 Abs. 1 BewG aufschiebend bedingte Lasten und Schulden erst dann zu berUcksichtigen, wenn die Bedingung eingetreten ist, d.h. die AnsprUche rechtlich und tatsächlich entstanden sind. Nach der Gesetzesänderung sind die genannten bewertungsrechtlichen Vorschriften nicht mehr anzuwenden, § 98a S.2 BewG i.d.F. des StÄndG 1992. In der Steuerbilanz ausgewiesene aufschiebend bedingte Schulden wirken sich nun auch im Erbschaftsteuerrecht wertmindernd aus. Umgekehrt müßten jetzt aber auch aufschiebend bedingte AnsprUche schon vor ihrer Entstehung angesetzt werden. 246

Vgl. § 5 Abs. 2 EStG, R 3laAbs. 2 EStR 1998, und Herzig, DB 1992,1053. Abschn. 34 Abs. 2, Abschn. 48 Abs. 3 VStR 1989. 243 Rödder, DB 1993, 2137, 2138; StreckiSchwedhelmiOlbing, DStR 1994, 1441, 1443; Michael SommerlKemper, DStR 1993, 1409, 1412. 244 Meincke, § 12 Rz 141. 245 So auch Michael SommerlKemper, DStR 1993, 1409, 1412. 246 S. zum Ansatz von aufschiebend bedingten Ansprüchen Herzig, DB 1992, 1053, und Teß in: Rösslerffroll, § 98a BewG Rz 9. Der Ansatz aufschiebend bedingter AnsprUche dürfte bei bilanzierenden Gewerbetreibenden wegen des Vorsichtsprinzips als Bilanzierungsgrundsatz kaum nachteilige Folgen haben, vgl. Teß in: Rösslerffroll, § 98a BewG Rz9. 241

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Da nun die Abzugsflihigkeit von Schulden nicht mehr davon abhängt, ob die Schuld unbedingt entstanden ist oder unter einer aufschiebenden Bedingung steht, können ab dem 1.1.1993 auch die in der Steuerbilanz zulässigen Rückstellungen dem Grunde nach "unbesehen" in die Vermögensaufstellung übernommen werden. 147 Zu diesen Rückstellungen gehören die Rückstellungen für Pensionen (s. § 6a EStG), Rückstellungen für Zuwendungen an betriebliche Pensions- und Unterstiltzungskassen, Steuerrilckstellungen für veranlagte oder für entstandene, aber noch nicht festgesetzte Steuern, Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung, Jubiläumsrilckstellungen, Rückstellungen rur Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, Rückstellungen filr ungewisse Verbindlichkeiten und U.U. die fiiiher zulässigerweise gebildeten Rückstellungen filr drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. 248 Rückstellungen filr drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind in der Steuerbilanz für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.1996 enden, nicht mehr zugelassen (§ 5 Abs.4a EStG 149). Da die bis dahin gebildeten Rückstellungen aufgrund der Übergangsregelung des § 52 Abs. 6a EStG nach und nach gewinnerhöhend aufzulösen sind, können sie in der Steuerbilanz noch vorkommen. Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat nun allerdings mit Wirkung ab dem 1.1.1999 für Rückstellungen, ebenso wie für längerfristige unverzinsliche Verbindlichkeiten (s. § 6 Abs. I Nr.3 EStG n.F.), ein Abzinsungsgebot eingeführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a, e) EStG n.F.). Dadurch kann sich der Steuerwert von Betriebsvermögen erhöhen. 250 Die aufgeführten Unterschiede zwischen der Bewertung nach dem vor 1993 geltenden Recht und dem neuen Recht verdeutlichen, daß die Unterbewertung von Betriebsvermögen mit der Gesetzesänderung vertieft wurde. Der filr die meisten Wirtschaftsgüter maßgebliche Verweis auf die ertragsteuerlichen Werte bewirkt, daß die in diesen Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven im Erbschaftsteuerrecht nicht mehr erfaßt werden. Von der Änderung der Bewertungsvorschriften dürften besonders die anlageintensiven Betriebe, insbesondere, wenn sie einen hohen Bestand an Altanlagen aufweisen, und die Betriebe mit einem großen Rückstellungspotential profitieren. 251

Gürsching/Stenger, § 103 BewG ab 1993 Rz 9 f. Christoffil in: ChristoffellGecklelPahlke. ErbStG, § 12 Rz 637 ff. 249 Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform vom 29.10.1997, BGB\. I 1997,2590. 2;0 Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat daneben neue Bewertungsvorschriften filr Rückstellungen eingefilhrt (§ 6 Abs. I NT. 3a EStG n.F.) sowie ein Ansatzverbot für Rückstellungen für Aufwendungen, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut sind (§ 5 Abs.4b S. I EStG n.F.). Nach Stobbe/Loose, FR 1999, 405, 411 ff., hat die Mehrzahl der Regelungen nur klarstellenden Charakter. 2;1 Vg\. Rödder, DB 1993.2137,2139. W

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Die bilanzierenden Steuerpflichtigen haben von der Gesetzesänderung tendenziell größere Vorteile als die nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen. 252 Denn das Betriebsvermögen von bilanzierenden Steuerpflichtigen wird beispielsweise durch die in der Steuerbilanz ausgewiesenen Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten vermindert und zwar unabhängig davon, ob die Schuld, derentwegen diese Posten gebildet wurden, schon entstanden ist. Im Betriebsvermögen von nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen wird eine Schuld hingegen erst berücksichtigt, wenn sie am Besteuerungsstichtag bestanden hat (s. R 119 Abs. I S. 4 ErbStR); hier könnten allenfalls ungewisse Verbindlichkeiten abgezogen werden, soweit sie im Besteuerungszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung darstellen (R 119 Abs. 3 ErbStR). Zudem kommt bei Gewerbetreibenden/Freiberuflern, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, eine Minderung des Betriebsvermögenswertes durch Teilwertabschreibungen und durch die in der Vergangenheit vorgenommene Übertragung von stillen Reserven nach § 6b EStG nicht in Betracht. 253 Die Gesetzesänderung erweitert auch den Vorteil, den gerade rentable Betriebe schon bis zum 31.12.1992 hatten. 254 Denn zum einen findet die Ertragslage nach wie vor nur in dem Ausnahmefall, in dem nach ertragsteuerlichen Grundsätzen ein Ansatz tUr den Geschäftswert zu erfolgen hat, Eingang in die Bewertung. 255 Zum anderen werden sich vor allem ertrags starke Unternehmen durch die Ausnutzung von Bilanzierungswahlrechten "ärmer rechnen" können. Ertragsschwache Unternehmen müssen häufig auf schnelle Abschreibungsmöglichkeiten verzichten. 256 Daß der Steuerwert von Betriebsvermögen nun niedriger ausflUIt als nach dem bis Ende 1992 geltenden Recht, hat weitere Auswirkungen, wenn sich im Betriebsvermögen wiederum Betriebsvermögen in Form von Personengesellschaftsbeteiligungen befindet oder wenn Kapitalgesellschaftsanteile im Betriebs-

Meincke, § 12 Rz 133, mit kritischer Anmerkung. m Vgl. den Wortlaut von § 6b Abs. 4 Nr. I EStG. Auch § 6 Abs. I Nr. I, Nr. 2 EStG gelten kraft ausdrücklicher Anordnung nur tUr Wirtschaftsgüter, die nach § 4 Abs. I oder § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen sind; in § 4 Abs. 3 EStG wird lediglich auf § 7 EStG verwiesen, s. auch Weber-Grellel in: Kirchhof/Söhn, § 4 Rz D 151; WolfJDiepenbrock in: Littmann/Bitz/Hellwig, § 4,5 Rz 2173. 254 Hübner, Die Unternehmensnachfolge, S. 61 (, kritisiert die verhältnismäßig niedrige Bewertung ertragsstarker Unternehmen. m Die Frage, wann und mit welchem Betrag ein Geschäftswert zu berücksichtigen ist, ist nach der Gesetzesänderung durch das StÄndG 1992 in gleicher Weise zu beantworten wie vor dieser Änderung, denn hinsichtlich des Geschäftswertes ist der Verweis auf die ertragsteuerlichen Grundsätze schon früher eingetUhrt worden (s.o. S. 35, 43). 256 S. auch Drosdzol, DStZ 1995, 353, 358; Weinmann in: GürschingiStenger, Künftige Einheitsbewertung, Rz 424 und 455, sowie Hübner, DStR 1995, 1,2. 252

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vermögen gehalten werden, deren Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu schätzen ist (§ 12 Abs. 5 S. 3 ErbStG LV.m. § II Abs.2 S. 2 BewG). Der Wert des Vermögens ist nämlich nach der filr die Bewertung von Betriebsvermögen geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 5 ErbStG zu ermitteln (12 Abs. 2 S. 2 ErbStG). In welchem Ausmaß sich die Steuerwerte nach dem im Jahre 1992 bewirkten Systemwechsel weiter von den Verkehrswerten entfernt haben, kann allerdings kaum festgestellt werden. 257 Für die oben angefilhrten BeispielsflUle hätte diese Gesetzesänderung ein Absinken des älteren Erbschaftsteuerwertes in Höhe von 3.000.000 DM auf einen neuen Wert von 2.200.000 DM zur Folge (der Steuerbilanzwert in Höhe von 2.800.000 DM ist wegen der unterschiedlichen Wertansätze filr Grundbesitz zu korrigieren, also ./. 1.000.000 DM + 400.000 DM). Im Beispiel des gerade rentierlichen Unternehmens (Beispiel 3, oben S. 78) würde der Steuerwert des Betriebsvermögens nach der Umstellung des Bewertungsrechts nur ca. 52 v.H. des nach pflichtteilsrechtlichen Grundsätzen ermittelten Verkehrswertes betragen (Steuerwert: 2.200.000 DM, Verkehrswert: 4.225.000 DM). Der Steuerwert des gut rentierlichen Unternehmens (Beipiel 4, oben S. 78) würde lediglich 43 v.H. des Verkehrswertes erreichen (Steuerwert: 2.200.000 DM, Verkehrswert: 5.162.500 DM). Der Steuerwert könnte bei ertragsstarken Unternehmen mit einem hohen Altanlagenbestand oder mit einem hohen RUcksteIlungspotential nach der Gesetzesänderung nun auch deutlich weniger als 40 v.H. des Verkehrswertes ausmachen. In der Literatur wird diese Gesetzesänderung kritisch gesehen. 258

v. Auswirkung der Neuregelung der Grundbesitzbewertung mit Wirkung ab dem 1.1.1996

Durch das JStG 1997 sind mit Wirkung ab dem 1.1.1996 (§ 12 Abs. 3 LV .m. § 37 Abs. 1 ErbStG) Neuregelungen filr die Grundbesitzbewertung eingefllhrt worden. 2s9 An die Stelle des vergangenheitsbezogenen (um 40 v.H. erhöhten) Einheitswertes tritt gern. § 12 Abs. 3 ErbStG ein Grundbesitzwert, der nach den

m Rödder. DB 1993,2137,2139, schätzt die Einheitswert-Verkehrswert-Relation bei inländischem Betriebsvennögen nach der Gesetzesänderung auf etwa 15 bis 30 v.H. m Z.B. Drosdzol, DStZ 1995, 353. 358; Weinmann in: GürschingiStenger, Künftige Einheitsbewertung. Rz 424: Hübner, DStR 1995. I; Meincke, § 12 Rz 131 ff. Seer hingegen. in: TipkelLang. § 13 Rz 51; ders., StuW 1997,283,293; ders., GmbHR 1999, 64. 65: ders .• DStJG Bd. 22 (1999). 191. 198 f., rechtfertigt den Steuerbilanzwertansatz damit. daß auf diesem Wege eine Doppelerfassung der stillen Reserven sowohl mit Erbschaftsteuer als auch später mit Einkommensteuer vennieden wird; s. dazu unten S.117. m S. zum JStG 1997 schon oben S. 21.

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Vorschriften der §§ 138 ff. BewG auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer festgestellt wird (Bedarfsbewertung). Dies gilt auch für BetriebsgrundstOcke, vgl. § 12 Abs. 5 S. 1 ErbStG. Sowohl bei bilanzierenden Steuerpflichtigen als auch bei nichtbilanzierenden Gewerbetreibenden und Freiberuflern gelten ab dem 1.1.1996 für BetriebsgrundstOcke im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG - abweichend von § 9 BewG - unter Anwendung der §§ 68, 69 und 99 Abs. 2 und der §§ 139 und 145 bis 150 BewG zu ermittelnde typisierende Werte, § 138 Abs.3 BewG. Diese Grundstückswerte werden unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt und der Wertverhältnisse zum 1.1.1996 festgestellt, § 138 Abs. 1 S. 2 BewG. Die Bewertung bebauter BetriebsgrundstOcke erfolgt (wie die Bewertung bebauter Privatgrundstücke) grundsätzlich nach einem Ertragswertverfahren, § 146 BewG. Der Erbschaftsteuerwert für bebaute GrundstOcke beträgt danach das 12,5-fache der im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt erzielten Jahresrniete (§ 146 Abs. 2 BewG), vermindert um eine Wertminderung wegen Alters des Gebäudes (§ 146 Abs. 4 BewG).260 Als Mindestwert gilt der Wert, mit dem der Grund und Boden ohne das Gebäude als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre (§ 146 Abs.6 BewG). Wenn der Steuerpflichtige nachweist, daß der gemeine Wert (Verkehrswert) des GrundstOcks niedriger ist als der nach den bewertungsrechtlichen Regelungen ermittelte Wert, gilt als Steuerwert der gemeine Wert (s. § 146 Abs. 7 BewG).261 Unbebaute BetriebsgrundstOcke werden (ebenso wie unbebaute PrivatgrundstOcke) unter Anwendung eines modifizierten Vergleichswertverfahrens bewertet. 262 Der Wert unbebauter Grundstücke bemißt sich gern. § 145 Abs. 3 BewG grundsätzlich nach der GrundstOcksfläche und dem um 20 v.H. ermäBigten Bodenrichtwert (§ 196 des Baugesetzbuches). Hiervon abweichend gilt wiederum der gemeine Wert als Steuerwert, wenn der Steuerpflichtige nachweist, daß dieser niedriger ist als der typisierend ermittelte Steuerwert, § 145 Abs. 3 S. 3 BewG. 263 Eine Bewertung nach dem Ertragswertverfahren kann nicht durchgeführt werden, wenn bebaute GrundstOcke nicht fremdvermietet sind und sich eine

260 Bei Wohngrundstücken mit bis zu zwei Wohnungen wäre der Wert noch um einen Zuschlag von 20 v.H. zu erhöhen, § 146 Abs. 5 BewG. 261 S. im einzelnen R 166 ff. ErbStR, sowie Höll in: Moench/Höll, Die neue Erbschaftsteuer, S. 43 ff. 262 Höll in: Moench/Höll, Die neue Erbschaftsteuer, S. 32. 263 S. R 160 ff. ErbStR, sowie Höll in: MoenchlHöll, Die neue Erbschaftsteuer, S. 35 ff.

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übliche Miete (vgl. § 146 Abs. 3 BewG) nicht ennitteln läßt. Dies dürfte insbesondere auf typische Gewerbebauten (Industriegrundstücke) zutreffen. 264 § 147 BewG sieht vor, daß sich der Wert dann abweichend von § 146 BewG nach der Summe des Wertes von Grund und Boden und des Wertes des Gebäudes bemißt. Der Wert des Grund und Bodens bestimmt sich nach der Größe der Fläche und dem um 30 v.H. ennäßigten Bodenrichtwert, § 147 Abs.2 S. 1 LV.m. § 145 Abs.3 BewG. Für den Wert des Gebäudes wird auf die ertragsteuerlichen Bewertungsvorschriften verwiesen, § 147 Abs. 2 S.2, 1. HS BewG. Damit richtet sich der Gebäudewert bei bilanzierenden Steuerpflichtigen nach dem historisch entwickelten Steuerbilanzwert unter Einschluß sämtlicher Abschreibungen und sonstiger Minderungen, die z.B. aus einer übertragenen Rücklage nach § 6b EStG oder durch Verrechnung von Zuschüssen resultieren (R 179 Abs. 3 S. 2 ErbStR). Bei nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen ist das Gebäude mit dem Restbuchwert anzusetzen, der sich aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich zu verrechnender Zuschüsse und der bis zum Besteuerungszeitpunkt in Anspruch genommenen Abschreibungen errechnet (R 179 Abs. 3 S. 7 ErbStR). Maßgebend ist jeweils der Wert im Besteuerungszeitpunkt, § 147 Abs. 2 S. 2, 2. HS BewG. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollen die neuen Wertansätze rur Grundbesitz nicht dem Verkehrswert entsprechen sondern durchschnittlich lediglich ca. 50 v.H. des Verkaufswertes betragen. 265 Die neuen Grundbesitzwerte werden in der Literatur kritisiert. 266 Die bewertungsrechtliche Situation rur Betriebsvennögen könnte sich durch die neuen Grundbesitzwerte, auch wenn Betriebsgrundstücke nur mit durchschnittlich 50 v.H. des Verkehrswertes erfaßt werden sollten, verschlechtert haben, denn der Steuerwert von Betriebsgrundstücken lag vor der Gesetzesänderung bei lediglich 20 v.H. des Verkehrswertes (s.o. S.42). Jedoch kann in diesem Zusammenhang nicht pauschal von einer bewertungsrechtlichen Verschlechterung gesprochen werden. Pauschalierungen verbieten sich schon deswegen, weil die neuen Bewertungsregeln zu unterschiedlichen Wertniveaus fiir

264 Höll in: Moench/Höll, Die neue Erbschaftsteuer, S. 64; s. auch R 178 Abs. 1 ErbStR. 265 Zweiter Bericht des Finanzausschusses, BT-Ors. 13/5952,60. 266 Oie Kritik richtet sich zum einen gegen die unterschiedliche Behandlung von Grundvermögen gegenüber dem sonstigen Vermögen, Seer, StuW 1997, 283, 289 ff.; Balke, Handelsblatt vom 10./11.1.1997, S. 6; Thiel, OB 1997, 64, 66; Höll, OSWR 1997,89,90; Bauer, INF 1997, 102, 105. Zudem werden die unterschiedlichen Wertniveaus für unterschiedliche Grundstücksarten bemängelt, Seer, StuW 1997,283,289 ff.; ders., GmbHR 1999,64,66 ff.; ders., OSUG Bd. 22 (1999), 191,205 ff.; Wittmann, BB 1997, 548, 551; Thiel, OB 1997,64,67; Höll, OSWR 1997,89,90.

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unterschiedliche Grundstücke fUhren. Die neuen Bewertungsregeln benachteiligen einen Teil der Steuerpflichtigen, einen anderen Teil begünstigen sie. Benachteiligt werden zum einen diejenigen Betriebsvermögensinhaber, die fUr ihre (bebauten oder unbebauten) Betriebsgrundstücke den Nachweis eines geringeren gemeinen Wertes fUhren (s. zu den sog. Öffuungsklauseln oben S.88). Ihre Betriebsgrundstücke werden mit 100 v.H. des Verkehrswertes erfaßt. Besonders nachteilig sind die neuen Bewertungsregeln ferner fUr Steuerpflichtige, deren Betriebsgrundstücke im typisierenden Ertragswertverfahren bewertet werden, wenn dieses Verfahren zu einem Wertansatz von mehr als 50 v.H. des Verkehrswertes fUhrt. 267 Hö/l hat auf eine - schon um "Ausreißer" bereinigte - Streubreite der nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Werte hingewiesen; die Werte lägen zwischen 20 v.H. und 80 v.H. der bekannten Kaufpreise. 268 Die Gesetzesänderung wirkt sich zudem nachteilig filr Steuerpflichtige aus, die typische Gewerbebauten (Gebäude LS.d. § 147 BewG) besitzen, wenn die Anschaffung dieser Gebäude in zeitlicher Nähe zu dem Besteuerungszeitpunkt erfolgt ist. Der Wert neuer Gebäude liegt wegen der Verweisung in § 147 Abs.2 S.2 BewG auf die ertragsteuerlichen Vorschriften bei nahezu 100 v.H. der Anschaffungskosten. 269 Positiv dürfte sich die Gesetzesänderung hingegen fUr Steuerpflichtige auswirken, die nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bewertende Bauten besitzen, wenn die Anschaffung dieser Gebäude weit zurückliegt. Bei älteren Gebäuden dürfte, selbst beim Ansatz der linearen AfA, nur noch ein ertragsteuerlicher Erinnerungswert vorhanden sein. 270 Sogar bei Gebäuden mittleren Alters kann der ertragsteuerliche Wert gegen Null tendieren, wenn degressiv abgeschrieben wurde oder stille Reserven übertragen worden sind. 271 Es müßte einem zu denken geben, daß die Bundesregierung eine Bewertung der Betriebsgrundstücke nach Maßgabe der ertragsteuerlichen Vorschriften in ihrem Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997 noch abgelehnt hatte, weil der Wert sonst vom Alter der Gebäude und der getätigten Abschreibungen abhängig sei,272 Die

267 Wolf, JbFSt 1997/1998, 507, 509, weist daraufhin. daß sich bei Konstellationen wie Betriebsaufspaltung oder Vermietungsverhältnissen zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft hohe Bedarfswerte rur Betriebsgrundstücke ergeben können, weil nicht selten ein recht hoher Miet- bzw. Pachtzins vereinbart werde. 268 Hält, DSWR 1997.89,90. 269 Darauf weist auch Hält. DSWR 1997.89.90. hin. 270 Vgl. auch Hält in: Moench/Höll. Die neue Erbschaftsteuer. S. 66. 271 S. auch Höll in: Moench/Höll. Die neue Erbschaftsteuer. S. 66 ( m BR-Drs. 390/96, 45 (, insbesondere S. 46: .. Die Erbschaftsteuer bei privatem Grundbesitz nach typisierenden Werten des Grundvermögens. bei bilanzierenden Kaufleuten und Freiberuflern dagegen nach ertragsteuerlichen Buchwerten zu berechnen. muß als gleichheitswidrig angesehen werden." S. auch Thiel. OB 1997. 64. 67.

A. Die Bewertungsvorschriften

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neuen Bewertungsregeln ftir Grundbesitz wirken sich freilich auch ftir diejenigen Steuerpflichtigen nicht nachteilig aus, deren Betriebsgrundstücke nach dem Ertragswertverfahren bewertet werden, wenn sich Werte ergeben, die an der unteren Grenze der Spannbreite zwischen 20 v.H. und 80 v.H. liegen. Man kann also, wie gesagt, nicht generell davon ausgehen, daß die neuen Bewertungsregeln ftir Grundbesitz zu höheren erbschaftsteuerlichen Werten ftir Betriebsvennögen filhren. In den Fällen, in denen die steuerlichen Grundbesitzwerte tatsächlich um 50 v.H. des Verkehrswertes oder höher liegen, wird der Abstand zwischen dem Erbschaftsteuerwert und dem Verkehrswert von Betriebsvennögen jedoch durchaus etwas geringer ausfallen als vorher. Dies gilt insbesondere ftir Betriebsvennögen, das einen hohen Grundbesitzanteil aufweist, oder filr Betriebsvennögen, in dem Personen- oder Kapitalgesellschaftsbeteiligungen gehalten werden, wenn das Vennögen dieser Gesellschaften wiederum zu einem gewissen Anteil aus Grundbesitz besteht. Im Anschluß an die Neuregelung des ErbStG durch das JStG 1997 haben Vertreter der mittelständischen Wirtschaft beklagt, daß sich die Rechtslage ftir zahlreiche Unternehmen - trotz der noch zu besprechenden Sonderregeln außerhalb der Bewertung - verschlechtert hat. 273 Ursache filr die beklagte Verschlechterung ist aber nicht nur die soeben dargelegte Änderung bei der Grundbesitzbewertung sondern die ebenfalls mit dem JStG 1997 bewirkte Änderung der Steuertarife (dazu später S. 171 FN 85). Die Neuregelung der Steuertarife trim die Erwerber von Betriebsvennögen aber in gleicher Weise wie die Erwerber nicht betrieblichen Vennögens. Eine über die mögliche Erhöhung der Grundbesitzwerte hinausgehende Verschlechterung der Situation gerade der Erwerber von Betriebsvennögen läßt sich nicht feststellen. Für die oben angeftihrten Beispiele (S. 78) ergäbe sich nach der Änderung bei der Grundbesitzbewertung ein Erbschaftsteuerwert nicht mehr von 2.200.000 DM sondern von 2.800.000 DM (2.200.000 DM abzüglich des erhöhten Einheitswertes in Höhe von 400.000 DM zuzüglich des neuen Grundbesitzwertes in Höhe von 1.000.000 DM). Im Beispielsfall des gerade rentierlichen Unternehmens (Beispiel 3) hätte sich die Steuerwert-lVerkehrswertrelation aufgrund des neuen Grundbesitzwertes von 52 v.H. auf 66 v.H. (Steuerwert: 2.800.000 DM, Verkehrswert: 4.225.000 DM) "verschlechtert". Die Steuerwert-lVerkehrswertrelation wäre im Fall des gut rentierlichen Unternehmens (Beispiel 4) von 43 v.H. auf 54 v.H. (Steuerwert: 2.800.000 DM, Verkehrswert: 5.162.500 DM) gestiegen. Freilich richtet sich die Höhe des Nachteils, die die Neubewertung des Grundvennögens mit sich bringt, nach der konkreten Zu-

273 Handelsblatt vom 4.12.1997, S. 5; FAZ vom 11.4.1998, S. 11; FAZ vom 23.4.1998, S. 13.

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

sammensetzung (Grundbesitzanteil) des Betriebsvermögens. Man kann nur vermuten, daß der Betriebsvermögenssteuerwert von gutgehenden Unternehmen trotz der veränderten Grundbesitzwerte zur Zeit oft weniger als 50 v.H. des nach zivilrechtlichen Grundsätzen ermittelten Verkehrswertes beträgt.

B. Die Freibetrags- und Bewertungsabschlagsregelung des § 13a ErbStG Neben den Bewertungsvorschriften gibt es weitere Vorschriften, durch die der Erwerb von Betriebsvermögen erleichtert wird. Zu nennen wäre einmal die Freibetragsregelung des § 13a Abs. I ErbStG. Der Betriebsvermögensfreibetrag in Höhe von 500.000 DM war durch das StandOG 274 mit Wirkung ab dem 1.1.l994 275 eingefilhrt worden (§ 13 Abs. 2a ErbStG Ld.F. des StandOG). Seine jetzige Ausgestaltung erhielt die Regelung durch das JStG 1997276 • Das begünstigte Vermögen bleibt beim Erwerb von Todes wegen (§ 13a Abs. I Nr. I ErbStG) oder beim Erwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (§ 13a Abs. I Nr.2 ErbStG) zunächst bis zu einem Wert von 500.000 DM außer Ansatz. Durch § 13a Abs. I ErbStG begünstigtes Vermögen ist zum einen inländisches Betriebsvermögen LS.d. § 12 Abs.5 ErbStG. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist inländisches Betriebsvermögen begünstigt, das im Zeitpunkt der Steuerentstehung als solches vom Erblasser oder Schenker auf den Erwerber übergeht und in der Hand des Erwerbers inländisches Betriebsvermögen bleibt (R 51 Abs. I S. I ErbStR). Die Finanzverwaltung nimmt hierdurch eine Interpretation der Vorschrift vor, die zu Ergebnissen filhren kann, die mit dem Gesetzeszweck vielleicht nicht immer im Einklang stehen. Daraufwird im 3. Kapitel dieser Untersuchung zurückzukommen sein. Der Erwerb von Betriebsvermögen ist nur begünstigt im Fall des Erwerbs eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. I Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eines Anteils daran (§ 13a Abs. 4 Nr. I ErbStG)277.

S. dazu oben S. 21. § 37 Abs. \0 ErbStG i.d.F. des StandOG. 276 S. dazu oben S. 21. 271 Seinem Wortlaut nach gilt § 13a Abs. 4 Nr. I ErbStG nicht für die Übernahme einer freiberuflichen Praxis, s. Meincke, § \3a Rz 18. Dies dürfte jedoch ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers sein, weil durch den Verweis auf § 18 Abs. 4 EStG in § \3a 274 275

B. Freibetrag und Bewertungsabschlag gern. § 13a ErbStG

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Begünstigt ist neben dem Betriebsvermögen auch der Erwerb von inländischem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen beim Erwerb von ganzen Betrieben, Teilbetrieben, Gesellschaftsanteilen oder Anteilen an Gesellschaftsanteilen (§ l3a Abs. 4 Nr. 2 ErbStG) sowie der Erwerb von Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zum Zeitpunkt der Übertragung zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war (§ l3a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG). Ob der Erwerber nach der Übertragung in gleicher Weise an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, ist unerheblich. Beim Erwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge wird der Freibetrag nur gewährt, wenn der Schenker die Inanspruchnahme des Freibetrages dem Finanzamt unwiderruflich erklärt hat (§ l3a Abs. 1 S. 1 Nr.2 ErbStG). Der Freibetrag kann, wenn es um die Übertragung von demselben Vermögensinhaber geht, innerhalb von zehn Jahren nur einmal in Anspruch genommen werden (§ 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG). Der Freibetrag wird zudem pro Übertragung nur einmal gewährt. Geht das begünstigte Vermögen durch eine Übertragung auf mehrere Erwerber über, ist der Freibetrag ggf. aufzuteilen; der Erblasser oder Schenker kann diesbezügliche Anordnungen treffen. Zusätzlich zu dem Freibetrag kommt der verminderte Wertansatz des § l3a Abs. 2 ErbStG zum Zuge. Das Vermögen, dem auch die Freibetragsregelung zugute kommen kann, wird nur mit 60 v.H. angesetzt. Der Steuerwert des begünstigten Vermögens wird also, ggf. nach Minderung durch den Freibetrag oder Freibetragsanteil, noch einmal um 40 v.H. gekürzt. Der Gesetzgeber hat sich während der Beratungen zum JStG 1997 entschlossen, den schon im JStG 1996278 in einer Höhe von 25 v.H. vorgesehenen Bewertungsabschlag (§ 13 Abs. 2a S. 2 ErbStG in der Fassung des JStG 1996)279 auf 40 v.H. zu erhöhen. 280 Die Erhöhung des Bewertungsabschlags war sicherlich zum einen eine Reaktion auf die Ausfilhrungen des BVerjG zur Sonderbehandlung des Betriebsvermögens. Zum anderen wollte man aber wohl auch die bewertungsrechtliche Verschlechterung, die den Erwerbem von Unternehmensvermögen aufgrund der neuen Grundbesitzbewertung widerfahren könnte, kompensieren.28\

Abs. 4 Nr. I ErbStG der Erwerb eines Anteils an einer freiberuflichen Praxis von der Vergünstigungsvorschrift erfaßt ist. 27M S. dazu oben S. 22. m Der Bewertungsabschlag war schon im Regierungsvorschlag zum StandOG vorgesehen gewesen, s. BT-Drs. 12/4487; er war aber im Vermittlungsverfahren gestrichen worden, BT.-Drs. 12/5341. 280 Die Freibetrags- und Bewertungsabschlagsregelung Ld.F. des JStG 1996, die ab dem 1.1.1996 gelten sollte, § 37 Abs. 15 Ld.F. des JStG 1996, war bekanntlich für keinen einzigen Erwerb endgUltige Grundlage der Steuerfestsetzung. 2RI Hübner, Die Unternehmensnachfolge, S. 101.

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

Die Vergünstigungen folgen gern. § 13a Abs.3 ErbStG dem Vermögen, wenn der Erwerber das Erworbene aufgrund einer letztwilligen Verfilgung des Erblassers oder aufgrund einer (sonstigen) rechtsgeschäftlichen Verfilgung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten überträgt. Im übrigen ist die Beibehaltung der durch den Freibetrag und den Bewertungsabschlag bewirkten Entlastung an eine Mißbrauchsregelung geknüpft. Der Erwerber verliert die Vergünstigungen mit Wirkung fUr die Vergangenheit, wenn er den erworbenen Betrieb nicht über den Zeitraum von fUnf Jahren fortfUhrt (§ 13a Abs. 5 ErbStG). Neben der Veräußerung bzw. Aufgabe des Betriebs, Teilbetriebs, Gesellschaftsanteils oder der Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen bzw. ihrer Überfilhrung in das Privatvermögen (§ 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG) ist beispielsweise auch vergünstigungsschädlich, wenn innerhalb der Fünfjahresfrist Entnahmen getätigt werden, die die Summe der Einlagen des Erwerbers und der ihm zuzurechnenden Gewinne um mehr als 100.000 DM übersteigen (§ 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG). Mit dieser Entnahmebegrenzung sollen mißbräuchliche Gestaltungen zur Ausnutzung der Vergünstigungsregelungen - Einlagen von Wirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen und Entnahmen nach der Übertragung - verhindert werden. 282 Der Umfang der durch § 13a ErbStG bewirkten Entlastung variiert von Fall zu Fall. Es ist z.B. von Bedeutung, ob der Freibetrag vom ErblasserlSchenker innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erwerb schon in Anspruch genommen worden ist und bei Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge kommt es auch auf die Inanspruchnahmeerklärung des Schenkers an. Das Ausmaß der Entlastung hängt insbesondere aber von der Höhe des Steuerwertes des begünstigten Vermögens ab. Demjenigen, der beispielsweise Betriebsvermögen im Steuerwert von 2 Mio. DM erwirbt, kommt durch den Abzug des Freibetrages in Höhe von 500.000 DM und des vierzigprozentigen Bewertungsabschlags bei der Besteuerung nach Steuertarif 1283 eine Steuererspamis in Höhe von 245.000 DM zugute, er hat 135.000 DM (900.000 DM x 15 v.H.) statt 380.000 DM (2.000.000 DM x 19 v.H.) zu zahlen. Erwirbt demgegenüber jemand Betriebsvermögen im Steuerwert von 10 Mio. DM, so spart er aufgrund des Freibetrages und des Bewertungsabschlags 817.000 DM, er bezahlt 1.083.000 DM (5.700.000 DM x 19 v.H.) anstelle von 1.900.000 DM (10.000.000 DM x 19 v.H.). Die mit § 13a ErbStG verbundene Entlastung wird vielfach neben die durch die günstigen Bewertungsvorschriften bewirkte Sonderbehandlung treten. Wenn

m S. ChristoffeI, DStR 1997, 265, 269; Rux, INF 1997,203,208; Halaczinsky, NWB Fach 10, S. 731, 742. 2M3 Die persönlichen Freibeträge werden außer acht gelassen.

B. Freibetrag und Bewertungsabschlag gern. § Ba ErbStG

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beispielsweise Erblasser E seinem Kind A Geld- und Wertpapiervermögen im Wert von 4 Mio. DM hinterläßt und Erblasser F seinem Kind B ein rentables Einzelunternehmen im Verkehrswert von 4 Mio. DM vererbt, ergibt sich ftlr A eine Belastung in Höhe von 648.000 DM (4.000.000 DM ./. 400.000 DM pers. Freibetrag = 3.600.000 DM; Steuersatz: 19 v.H.). Der Betriebsvermögenserwerber B hätte hingegen nur eine Belastung in Höhe von 55.000 DM zu tragen (2.000.000 DM Steuerwert des Betriebsvermögens ./. 500.000 DM Freibetrag ./. 600.000 DM Bewertungsabschlag ./. 400.000 DM pers. Freibetrag = 500.000 DM; Steuersatz: 11 v.H.). Der Umfang der durch § 13a ErbStG bewirkten Entlastung ist freilich auch rechtsformabhängig. Betriebsvermögen LS.d. § 12 Abs. 5 ErbStG, das Beteiligungen an Personengesellschaften einschließt, kann stets begUnstigt übertragen werden, während es im Fall des Übergangs von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen auf die Quote ankommt, zu der der ErblasserlSchenker an der Gesellschaft beteiligt war. Bei Beteiligungen von 25 v.H. und weniger wird der Nachteil, der schon auf der Ebene der Bewertung besteht (maßgeblich ist der gemeine Wert, § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 11 BewG), noch verschärft. Ob die Vergünstigungen des § 13a ErbStG überhaupt zum Zuge kommen, ist freilich auch von der Belegenheit des Unternehmensvermögens abhängig. Die Sondervorschrift des § 13a ErbStG begünstigt, ebenso wie die Bewertungsvorschriften, lediglich inländisches Betriebsvermögen und Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften. 284 Bemerkenswert ist zudem, daß bilanzierende Steuerpflichtige neben dem sog. notwendigen Betriebsvermögen, das sind Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb unmittelbar dienen oder die zumindest objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind285 , auch sog. gewillkürtes Betriebsvermögen bilden können. Dem gewillkürten Betriebsvermögen können Wirtschaftsgüter

284 In der unterschiedlichen Bewertung von ausländischem und inländischem Grundvermögen sehen die Finanzgerichte Hamburg, Urteil vom 15.1.1993 - 11 54/89, EFG 1993,586,587, und Niedersachsen, Urteil vom 2.9.1991 - III 247/87, EFG 1992, 145 f., keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Kritisch zu dem Ausschluß ausländischen Betriebsvermögens von den Vergünstigungen Wolf, Freundesgabe Haas, S.459, 461; Pi/tz, IStR 1998,47,48. Dautzenberg, EWS 1998,86,90 f., sowie Dautzenberg/ Brüggemann, BB 1997, 123, 130, problematisieren die Vereinbarkeit mit den Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Wacker, IStR 1998,33,36, hält die Begrenzung des Freibetrages auf inländisches Betriebsvermögen rur europarechtswidrig. 285 BFH, Urteil vom 6.3.1991 - XR 57/88, BStBI. 11 1991, 829, 830. Wirtschaftsgüter, die teilweise betrieblich und teilweise privat genutzt werden, rechnen (in voIlem Umfang) zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn die betriebliche Nutzung mehr als 50 v.H. beträgt, s. R 13 Abs. 1 S. 4 EStR 1998; Christoffel in: Christoffel/GecklelPahlke, ErbStG, § 12 Rz 592.

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

zugerechnet werden, wenn sie objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördem. 286 Es genügt, wenn zwischen dem Wirtschaftsgut und dem Betrieb ein gewisser objektiver Zusammenhang besteht; dann kann sogar bis zu 90 v.H. privat genutztes Vermögen in vollem Umfang als gewillkürtes Betriebsvermögen ausgewiesen werden. 287 Bilanzierende Steuerpflichtige können daher Wirtschaftsgüter wie z.B. einen Pkw288, Wertpapiere 289 oder Goidbarren 29O auch bei umfangreicher privater Nutzung durch einen bilanziellen Akt aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen überfUhren. Nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen ist der Weg über die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens grundsätzlich nicht eröffnet. 291 Die Vorteile, die bilanzierende Steuerpflichtige durch den Ausweis als gewillkürtes Betriebsvermögen erzielen können, nämlich vor allem die Nutzung des Bewertungsabschlags in Höhe von 40 v.H. rur dieses Vermögen, freilich unter Inkaufuabme der Ertragsteuerverhaftung292 , bleiben nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen verschlossen. 293 Ob die aufgezeigte Begünstigung angemessen ist und ob sich rur die unterschiedliche Höhe der Entlastung rur die Erwerber unterschiedlichen Unternehmensvermögens eine Rechtfertigung finden läßt, bedarf noch der Klärung. Einige Autoren haben sich - wegen der Bevorzugung einer bestimmten Vermögensart - skeptisch zu den angesprochenen Regelungen geäußert. 294

BFH, Urteil vom 19.2.1997 - XI R 1/96, BB 1997, 1092, 1093. Ein teilweise privat und teilweise betrieblich genutztes Wirtschaftsgut kann in der Steuerbilanz noch als gewillkürtes Betriebsvennögen ausgewiesen werden, wenn die betriebliche Nutzung mindestens 10 V.H. der Gesamtnutzung ausmacht, s. R I3 Abs. I EStR 1998; Christoffel in: Christoffel/Geckle/Pahlke, ErbStG, § 12 Rz 592. 288 S. dazu Kroschel/Wellisch, DB 1998, 1632, 1634. 289 S. BFH, Urteil vom 19.2.1997 - XI R 1/96, BB 1997, 1092, 1093. 290 S. FG Münster, Urteil vom 11.5.1995 - I3 K 221/93 E, EFG 1995, 795. 291 Die Finanzverwaltung erkennt gewillkürtes Betriebsvennögen bei nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht an, s. R 114 Abs. 3 S.3 ErbStR: R I3 Abs. 16 EStR 1998; s. auch BFH, Urteil vom 13.3.1964 -IV 158/61 S, BStBI. III 1964, 455, 457; a.A. FG Niedersachsen, Urteil vom 15.7.1998 - 11 490/95, EFG 1999, 216. 292 Dazu ausftlhrlich Kroschel/Wellisch, DB 1998. 1632. 1635 ff. 293 Moench, in: Moench/Höll, Die neue Erbschaftsteuer, S. 104, ders. in: Moench/ Kien-HümbertlWeinmann, § I3a Rz 9. fragt angesichts von § I3a ErbStG. ob nicht wegen der Leichtigkeit, mit der Gewerbetreibende durch Einlagen das gewillkürte Betriebsvennögen ausweiten können, die Grenze einer verfassungsrechtlich gerechtfertigten Unterschiedlichkeit der Besteuerung überschritten wird. Auch Wolf, Freundesgabe Haas. S. 459. 460. kritisiert. daß die Begünstigungen durch bilanzielle Einlagen auf .. Privatvennögen" ausgedehnt werden können. Meincke. § I3a Rz 3. steht der Regelung des § 13a ErbStG vor allem wegen der bestehenden Durchlässigkeit zwischen den Vermögensbereichen Privatvennögen - Betriebsvennögen skeptisch gegenüber. 294 Pietsch. UVR 1995. 172. 176 f.; ders .• UVR 1993. 267. 269; Weinmann. DStR 286

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C. Tarifbegrenzung gern. § 19a ErbStG

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C. Die Taritbegrenzung f"ür die Erwerber der Steuerklassen II und III gern. § 19a ErbStG Eine weitere Sonderregelung, die den Erwerb von Betriebsvennögen erleichtert, ist die mit dem JStG 1997295 eingeführte Vorschrift des § 19a ErbStG. Mit ihr wird das Ziel verfolgt, den Erwerb des schon durch § 13a ErbStG begünstigten Vennögens, also den Erwerb von inländischem Betriebsvennögen und inländischem land- und forstwirtschaftlichen Vennögen, jeweils beim Erwerb eines ganzen Betriebs, Teilbetriebs oder (Unter-)Anteils, sowie den Erwerb von (inländischen) Kapitalgesellschaftsanteilen, wenn der Erblasser oder Schenker zu mehr als einem Viertel am Nennkapital der Gesellschaft unmittelbar beteiligt war, stets nach dem Steuertarif I zu besteuern. Erhält ein Erwerber der Steuerklasse 11 oder III ausschließlich begünstigtes Vennögen, wird er ohne weiteres nach dem Steuertarif I besteuert. Erwerbern der Steuerklasse 11 oder III, die neben begünstigtem Vennögen auch nicht begUnstiges Vennögen erhalten, kommt ein nach dem Programm der Absätze 3 und 4 des § 19a ErbStG zu entwickelnder EntIastungsbetrag zugute. Danach ist zunächst das Verhältnis des Werts des begünstigten Vennögens nach Anwendung des § 13a ErbStG zu dem Wert des gesamten Vennögensanfalls296 zu ennitteln (§ 19a Abs. 3 ErbStG). Der Entlastungsbetrag ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen der auf das begünstigte Vennögen entfallenden tariflichen Steuer nach den Steuersätzen der tatsächlichen Steuerklasse des Erwerbers und nach den Steuersätzen der Steuerklasse I (§ 19a Abs.4 ErbStG; s. auch R 79 Abs. 2 ErbStR). Der Entlastungsbetrag ist von der tariflichen Erbschaftsteuer abzuziehen (§ 19a Abs. 1 ErbStG). Erwerber können von dem Entlastungsbetrag nicht profitieren, soweit sie das begünstigte Vennögen aufgrund einer letztwilligen Verftlgung des Erblassers oder einer (sonstigen) rechtsgeschäftlichen Verftlgung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen (§ 19a Abs. 2 S. 2 ErbStG). Die Begünstigung durch die Taritbegrenzung ist zudem an eine § 13a Abs. 5 ErbStG nachgebildete Behaltensregelung geknüpft (§ 19a Abs. 5 ErbStG). Die Einfilhrung der Vorschrift des § 19a ErbStG erfolgte im Anschluß an den Verfassungsgerichtsbeschluß vom 22.6.1995. Das BVerjG hatte ausgefilhrt, daß Erben, die einen Betrieb fortfilhren, vennindert leistungsflihig sind. Die Verpflichtung, eine venninderte finanzielle Leistungsflihigkeit erbschaftsteuerrechtlieh zu berücksichtigen, bestünde unabhängig von der verwandtschaftlichen

1993. 1237 ff.: Hübner. NWB 1996. Fach 10, Seite 701, 703 ff.; Thiel, OB 1997,64, 68: und die in FN 293 genannten Autoren. 2Q~ S. dazu oben S. 21. 2% S. dazu R 79 Abs. 1 ErbStR. 7 Spilzban

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1. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

Nähe zwischen Erblasser und Erben. 297 Nach dem Gerichtsbeschluß ist mehrfach gefordert worden, daß die Erwerber von Betriebsvermögen, unabhängig von ihrer verwandtschaftlichen Nähe zum Erblasser/Schenker, stets nach dem Tarif der Steuerklasse I besteuert werden müßten. 298 Durch § 19a ErbStG werden die bereits durch § 13a ErbStG vorgezeichneten rechtsformbedingten Unterschiede in der Besteuerung verstärkt, sofern Erwerber der Steuerklassen 11 und III betroffen sind. Angenommen Erblasser 0 ist zu 10 v.H. an einer OHG beteiligt; die Beteiligung weist einen Steuerwert von 1,5 Mio. DM auf. Erbe des 0 ist sein Neffe A. Und nimmt man weiter an, daß G eine GmbH-Beteiligung zu 10 v.H. besitzt, die ebenfal1s einen Steuerwert von 1,5 Mio. DM aufweist, und daß G von seiner Nichte B beerbt wird, so ergibt sich rur A eine Steuerbelastung in Höhe von 87.000 DM (1.500.000 DM ./. 500.000 DM Betriebsvermögensfreibetrag ./. 400.000 DM Bewertungsabschlag ./. 20.000 DM pers. Freibetrag = 580.000 DM; Steuersatz nach Tarif I: 15 v.H.); B hätte hingegen 399.600 DM zu entrichten (1.500.000 DM ./. 20.000 DM pers. Freibetrag = 1.480.000 DM; Steuersatz: 27 v.H.). Wenn die Tarifbegrenzung mit der auf der Bewertungsebene bestehenden Vergünstigung und dem Bewertungsabschlag zusammentrifft, ergibt sich rur die Erwerber von Betriebsvermögen eine insgesamt sehr weitgehende Entlastung. Ein Betriebsvermögenserbe der Steuerklasse III, der Betriebsvermögen im Verkehrswert von 10.000.000 DM erhält, hätte beispielsweise - bei Außerachtlassung des Betriebsvermögensfreibetrages und des persönlichen Freibetrages eine Steuer in Höhe von 570.000 DM (5.000.000 DM Steuerwert des Betriebsvermögens ./. 2.000.000 DM Bewertungsabschlag = 3.000.000 DM; Steuersatz nach Tarif I: 19 v.H.) zu entrichten. Der Erwerber nichtbetrieblichen Vermögens derselben Steuerklasse hätte 3.500.000 DM zu zahlen (Steuersatz nach Tarif III: 35 v.H.). Die Frage der Angemessenheit der Entlastung ist auch hinsichtlich der durch § 19a ErbStG bewirkten Vergünstigung zu klären.

D. Die Stundungsvorschrift des § 28 ErbStG Eine weitere Sondervorschrift, die den Erwerbem von Betriebsvermögen zugute kommen kann, ist die Stundungsvorschrift des § 28 ErbStG. Das Steuerrecht hält al1gemeine Instrumentarien zur Schaffung von Einzelfal1gerechtigkeit bereit, die auch rur das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht gelten, vgl. § 163

Beschluß vom 22.6.1995 - 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, 176. Arndt, BB 1996, Beilage 7 zu Heft 14, 1*, 26*; IFSt, Schrift Nr. 344, S. 33 f.; s. Stellungnahme der Industrieverbände zum Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995 zur Erbschaftsteuer, S. 10. 297

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D. Stundung gern. § 28 ErbStG

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AO (abweichende Festsetzung von Steuern aus BilligkeitsgrUnden), § 222 AO (Stundung nach Ennessen) und § 227 AO (Erlaß). Die Vorschrift des § 28 ErbStG nonniert speziell rur Betriebsvennögen und land- und forstwirtschaftliches Vennögen noch eine besondere Stundungsmöglichkeit; der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist nicht begünstigt. § 28 ErbStG ist bereits mit dem Refonngesetz 1974 299 eingeruhrt worden und sah ursprünglich eine auf sieben Jahre begrenzte Stundungsmögliehkeit rur Betriebsvennögen und landund forstwirtschaftliches Vennögen vor, soweit dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig war. Durch das StÄndG 1992300 ist diese Vorschrift insofern erweitert worden, als daß die Stundung bei Erwerben von Todes wegen zinslos gestellt wurde. 301 Seine jetzige Ausgestaltung hat § 28 ErbStG durch das JStG 199630: erhalten. Der Zeitraum einer möglichen Stundung ist auf zehn Jahre verlängert worden. 303 Die Regelung gilt auch rur Schenkungen unter Lebenden, vgl. § 1 Abs.2 ErbStG. Bei Erwerben von Todes wegen erfolgt die Stundung gern. § 28 Abs. I S. 2, 2. HS ErbStG zinslos.

§ 28 ErbStG soll nach Auffassung der Rechtsprechung die Gefährdung des Betriebserhalts venneiden, die dadurch eintreten könnte, daß die rur die Begleichung der Steuer erforderlichen Mittel aus dem Betrieb abgezogen werden. 304 Durch die auf den ersten Blick eher unscheinbare Regelung des § 28 ErbStG wird eine nieht unerhebliche Entlastung gewährt; die Höhe der Entlastung kann freilich auf unterschiedliche Art und Weise berechnet werden. Nach Kien-Hümher! ennäßigt sich die wirtschaftliche Last der Erbschaftsteuer durch die Stundung faktisch fast um die Hälfte. 305 Nach Auffassung von Jülicher bedeutet der Verzicht auf die Zinspflicht während der Stundung bei vollständiger Ausschöpfung des Zehnjahreszeitraums einen Steuernachlaß von mehr als 50 v.H. (Verzieht auf die Zinsen gern. § 28 Abs. 1 S.2 ErbStG i.V.m. 238 AO i.H.v. 6 v.H. jährlich).306 Die Entlastung, die mit einer zehnjährigen zinslosen Stundung einhergeht, könnte auch mit Hilfe der rur zinslose Schulden geltenden bewertungs-

2'1'> Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 17.4.1974. BGBI. I 1974. 933. Die Vorschrift hat ältere Vorbilder. s. Meincke, § 28 Rz I. 300 S. dazu oben S. 21. 301 Diese Fassung des § 28 ErbStG findet erstmals auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 28.2.1992 entstanden ist oder entsteht, s. § 37 Abs. 8 ErbStG i.d.F. des StÄndG 1992. 302 S. dazu oben S. 22. 303 Diese Fassung des § 28 ErbStG sollte erstmals auf Erwerbe Anwendung finden, für die die Steuer nach dem 31.12.1995 entstanden ist oder entsteht, s. § 37 Abs. 15 ErbStG i.d.F. des JStG 1996: s. jetzt § 37 Abs. I ErbStG. 304 S. BFH. Beschluß vom 11.5.1988 - II B 28/88. BStBI. 11 1988. 730. 731. 30; Moench/Kien-Hümbert/Weinmann. § 28 Rz 4. 306 Jü/icher in: Troll/Gebel/JÜlicher. § 28 Rz 9 f. 7'

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I. Kapitel: Die Sonderbehandlung des Betriebsvennögens

rechtlichen Grundsätze ermittelt werden. 307 Gern. § 12 Abs.3 BewG ist der Wert unverzinslicher Schulden der Betrag, der vom Nennwert nach Abzug von Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen verbleibt, wobei von einem Zinssatz von 5,5 v.H. auszugehen ist. Nach den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15.9.1997 J08 erfolgt die Bewertung einer unverzinslichen Schuld, die in einem Betrag fällig wird, bei einer Laufzeit von 10 Jahren anhand eines Vervielfältigers von 0,585. J09 Für den Extremfall einer zinslosen Stundung von Erbschaftsteuer i.H.v. 500.000 DM, die in einem Betrag nach zehn Jahren fällig ist, würde die Entlastung 207.500 DM (500.000 DM - 292.500 DM [500.000 DM x 0,585]) betragen; das entspräche einer Verminderung der Schuld um 41,5 v.H. JIO Die Vorschrift des § 28 ErbStG wird in der Literatur wegen der einseitigen Bevorzugung von Betriebsvermögen skeptisch beurteilt. J11 Ob diese Skepsis berechtigt ist, ist noch zu klären. Man hat aber wohl auch zu beachten, daß die Voraussetzungen dieser Norm, nämlich die Notwendigkeit der Stundung zur Erhaltung des Betriebs, von der Rechtsprechung und der Verwaltung eher eng gehandhabt werden; es besteht kein Anspruch auf die Stundung, wenn der Erwerber die Steuer rur den Erwerb von Betriebsvermögen aus erworbenem weiteren Vermögen oder aus eigenem Vermögen aufbringen kann. JJ2

E. Zusammenfassung Zum Umfang der Sonderbehandlung, die das Betriebsvermögen durch die Bewertungsvorschriften und durch die Regelungen der §§ 13a, 19a und 28 ErbStG erfährt, kann folgendes festgestellt werden. Der Erwerb von Betriebsvermögen hat in den meisten Fällen schon durch die bis Ende 1992 geltenden Bewertungsvorschriften eine Entlastung erfahren. Der Umfang dieser Entlastung kann abgeschätzt werden, indem die älteren Bewertungsvorschriften mit der im Ptlichtteilsrecht maßgeblichen Verkehrswertermittlung verglichen werden. Dadurch wird ersichtlich, daß die Höhe der Entlastung vor allem von der Ertragskraft des Betriebs abhängig ist. In einem hier gebilde-

Auch in Kapp/Ebeling, § 28 Rz 19, wird auf diese Grundsätze verwiesen. Betr. Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von AnsprüchenILasten bei wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen nach dem 31.12.1995 für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer, BStBI. I 1997.832. J()