Das Ausland. Überschau der neuesten Forschungen auf dem Gebiete der Natur-, Erd- und Völkerkunde [42]

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Das

Ausland .

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur-,

Zwei und vierzigster

und

Erd-

Völkerkunde.

Jahrgang.

1869.

13 . TO

D KRA R

RA

ZA

RI

Ciece

MY

42

1869

124

Augsburg. Druck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Top 4 1869.

1565



Wehrkreis . bücherei VII

München

Altbefand

Alphabet is des

Inhalts

- Ver ze ich ni ß.

Jahrgang

A.

Abessinien , s. Afrika. Abfälle, gewerbliche Verwerthung von n 1. Technologisches. Achatindustrie, s. Deutschland. Ackerbaugesellschaften auf Actien , ſ. Großbritannien. Aegypten, alt -iſches , s. Archäologisches ; 1. Hieroglyphen. Aesopus , s . Archäologisches . Affe, s. Zoologisches . Afrika. G. Rohlfs, Philippeville : 6 ; der selbe: Bona und Tunis : 32 ; desselben Reise nach Nord - 1) von Tripoli nach Ruka: 169 ; Baron v. d. Deckens Reisen in Ost : 384 ; von Tanger nach Tripoli : 425; angebliche Städteruinen im Zulu kaffernlande : 427 ; Briefe von Dr. Schwein furt aus Inner : 444; Leptis magna von G. Rohlfs : 473 ; eine technische Würdigung des Suezcanals : 480 ; Sa bratha von G. Rohlfs : 522 ; die Falascha oder abeſſiniſchen Juden : 623 ; Entdeckung der Mündung des Limpopo in Süd : 670; Algier und seine Bewohner : 685; G. Rohlfs über Bengaſi : 947 ; Wichtigkeit Ostafrika's für Sprachforschung u. Ethno graphie: 955 ; Gold in Natal : 956 ; vom Ewegebiet (West -) : 960 ; Berenice, die Hesperidengärten und der Lethefluß : 969 ; die Höhlencannibalen in Südafrika : 982 ; die Jupiter Ammonsoase von Rohlfs : 985, 1019 , 1065 ; Livingstone's neueste Entdeckungen: 1149 ; Audjila und Djalo von Rohlfs : 1153. Alaska oder Aliaska , s. Ver. Staaten. Alchemie, s. Chemisches. Alcohol, s. Technologisches. Algier, s. Afrika. Alpen , f. Schweiz ; reisen als geistiges Bildungsmittel : 826 ; die juliſchen - ſ. Desterreich.

1869 .

Alphabete, s. Nordamerika. Altai , s. Rußland. Alterthum, s. Archäologisches. Amazonas , s. Südamerika. Amerika , ruſſiſches - s. Ver. Staaten ; Gerstäckers Wanderungen in der Neuen Welt: 149 ; -nische Menschenracen, ſ. An thropologisches. Amthor, Tirolerführer von : 671 . Anatomisches und Physiologisch es, über den phyſiologiſchen Begriff des Glän zenden : 191 ; Owens vergleichende Ana tomie der Wirbelthiere: 241 ;; neue Heil methode bei Schlangenbiſſen : 288 ; Ge schwindigkeit der Gehirnthätigkeit : 667; Schädelmessungen an Verbrechern : 888 ; rationelle Ernährung , s. Naturwiſſen schaftliches ; künstliche Verdauungsflüſſig feit: 1032 ; Temperatur des menschlichen Körpers : 1080 ; zur Physiologie des Ge hörorgans : 1145 ; Lortet über phyſiologiſche Zustände beim Ersteigen hoher Berge : 1171 ; die Photographie im Dienste der Physiologie: 1199 ; Dareste über Ent stehung von Mouſtroſitäten : 1248. Anthropologisches u. Ethnographi sches: Pruner Bey über die Stellung der amerikanischen Racen : 168 ; Zeitschrift für Ethnologie: 797 ; über den Mann im Monde : 1057 ; Peschel, Wanderungen der frühesten Menschenſtämme: 1105. Apennin, s. Italien. Aquarellfarben, s. Technologiſches. Arabien , eine Beduinennovelle : 39 ; die Grotten der Themud : 81 ; ein frommer spanischer Muselmann: 215; der Wall gegen Gog und Magog : 513. Arbeitergesellschaften , s. Frankreich. Arbeitstheilung , die in der Natur , s. Naturwissenschaftliches . Archäologisches , die Servische Befesti= gung Roms : 109 ; de Caumonts -Schul buch: 117 ; Zweifel an dem künstlichen Ursprung unpolirter Steingeräthe : 214 ;

Alter der Holzschneidekunst : 358; zur alt ägyptischen Metrologie : 360 ; zwei römische Schauspieler 1) Roscius : 433 ; 2) Aeſo pus : 460; Civil- und Criminalprocesse gegen schädliche Thiere: 477 ; das Tod tenbuch der Altägypter : 537 ; der Silber fund in Hildesheim: 552 ; Funde antiker architektonischer Schmucksteine am Tiber in Rom : 569 ; die Etrusker : 631 ; Kjök kenmöddinger an den englischen Küsten : 720 ; die Steinkreise in England und Wales : 736 ; Schrift und Literatur der alten Aegypter : 841 ; eine wahre e Ge schichte: 851 ; eine römische bleierne Tod tenkiste mit Skelett : 863 ; Kinderspiele im Alterthum: 923 ; Sir John Lubbock über Urzustände der Menschheit : 926 ; Salbung mit Olivenöl bei den alten Griechen: 955; D. Schuster, die alten Heidenschan zen Deutschlands : 977 ; Rougemonts Broncezeit oder die Semiten im Occi dent : 978 ; die Gräber des alten Reiches zu Sakkarah : 1085 ; Ablagerungen von Speiseresten der Urmenschen in Nord amerika : 1091 ; Speisekarte eines mittel alterlichen Festschmauses : 1146 ; Steinzeit auf den griechischen Juseln: 1147 ; Thier welt und Menschenspuren in der Kent höhle (Torquay) : 1152 ; über den Baum und Schlangendienst: 1215 ; Feuerstein geräthe in einer meiocänen Gebirgsschicht : 1222 ; die Steinzeit in Aegypten : 1244 . Argentina, s. Südamerika. Argo , Sternennebel der s. Astronomi sches. Arran, s. Großbritannien. Arteſiſch , ſ. Naturwiſſenſchaftliches. Aschenrückstände , s. Chemiſches. Astronomisches , Geheimnisse der Fix sternwelt und die Spectraluntersuchung : 313 ; Verfinsterung der Sonne am 18. Aug. 1868 : 282 ; die Protuberanzen der Sonne sichtbar geworden : 456 ; Phyſi scher Zustand der Sonne : 480 ; Verwand

IV

Eidgenössisches , ſ. Schweiz. Eimer, blauer, -, s. Ver Staaten. Eisenbahnen, s. Verein. Staaten; ſ. In dien; s. China ; erster wagen, f. Techno logisches. Eishandel, s. Handelsgeschichtliches . Eiszeiten, s. Geologisches. C. Elbrus , s. Rußland. Ence, Franz , ſ. Aſtronomiſches . Canada , s . Nordamerika . England, f. Großbritannien. en en. loni , s. Spani Cata Eozoon, s. Geologisches. Celebes , s. Niederländisch Judien. Erdbeben , s. Naturwissenschaftliches , ſ. Champignon , s. Botanisches . Geologisches. Chemisches , Wirkung des Corallins auf Erdbeere, s. Botanisches. auf die Haut: 48; Entdeckung füdcaro Erdkunde, über die Beziehungen zwischen linischer Phosphate : 95 ; Streifzug ins Geschichte und : 198 ; Pflege der - in Gebiet der Alchemie : 145 ; Grahams neue Italien: 334; Einfluß der Ländergeſtal Untersuchungen über den Waſſerſtoff : 210 ; ten auf die menſchliche Geſittung von D. ium ogen ; 807 : zon : 390 ; Hydr das Peschel. 8) Die Zone der Religionsstifter : künstliche Nachbildung eines Meteorſteins : 409 ; 9) die Lockmittel des Völkerverkeh 1007 ; Einfluß des Standortes auf die res : 1009 ; aus Elisée Reclus phyſikali ände zen : 1176 . der Pflan Aschenrückst scher . 3) Der Meeresboden: 673 ; 4) die Chine, Muster einer -esischen Novelle : 88 ; belebte Schöpfung : 810 ; Peſchels neue s. Geologisches ; J. G. Kohl über Land Probleme der vergleichenden 11) Ver routen aus Indien nach Yünnan : 678, schiebungen der Welttheile seit den ter 707; moralische Hindernisse des Eisen tiären Zeiten: 769 ; die als Unterrichts bahnbaues in - : 768 ; -eſiſche Auswan gegenstand: Oberländer und Gersters B. derung nach Amerika und Südasien : 893; Schriften: 934. über die Nahrungsweise der alten -esen: Erdrinde , s. Geologiſches. 1213 ; Veränderungen im Laufe des gel Ernährung , rationelle *, ſ. Naturwiſſen Bacterien , s. Naturwiſſenſchaftliches. ben Flusses : 1248. schaftliches. Bank, französische -, s. Frankreich. China pflanzen , s. Judien. Eskimo , ſ. Nordamerika . Barbarossahöhle, s. Deutschland. Chippeway , s. Nordamerika . Etrusker , s. Archäologisches . Barcelona , s. Spanien. Cholera , f. Naturwissenschaftliches . Ewegebiet, s. Afrika. Bastian, s . Niederländ. Indien; s. Hum Chromgrün , s. Technologisches . boldt. Colima , Ausbruch des - , s. Geologiſches . und Schlangendienst, Cometen , s. Astronomiſches . Baum , über den F. s. Archäologisches. Concarneau , s. Frankreich. Bathybius , s. Naturwissenschaftliches. Corallin , s. Chemisches . Beduinen , s. Arabien. Creosot , s. Technologisches . Falascha , s. Afrika. Bengalen, s. Indien. Crispinus , Ritter des heiligen 7 s. Ver. Farbstoff, s. Technologisches. Bengasi , s. Afrika. Staaten. Feuersteingeräthe , s. Archäologisches . Berenice, s. Afrika. Fidschi-Inseln , s. Oceanien . Bergkrystalle , s. Mineralogisches. Firsterne , s. Aſtronomiſches. 3. Bergwerke, s Kartenkunde. Flechten , s. Botaniſches . Berlepsch, Reisehandbuch für Südfrank Fleisch extract , s. Naturwissenschaftliches . reich : 671 ; deßgl. durch Thüringen : 792. Dalmatien , s. Deſterreich. Flugmaschinen , s. Technologisches . Bernstein, s. Geologisches. Frankreich , Geschichte der Seidenweberei Dardistan, s. Judien. Biber, s. Zoologisches. Darien , s. Mittelamerika. in : 10 ; Avignon : 37 ; Folgen der Acker Biblisch , Berichtigung über ein -es Gleich Darwin, s. Naturwissenschaftliches. baukrisis in : 44 ; Geschichte eines deut niß : 72. schen Kattundruckers in : 183 ; Quellen Dechen, v. , s. Geologisches ; -höhle , s. Biologisches , s. Naturwissenschaftliches . -Deutschland. der Seine zur Römerzeit und unter Na Moment der neuern Völkerge v. d. Decken , s. Afrika. ein poleon III.: 236 ; die Deutschen in Paris I : schichte : 918. Descendenztheorie , f. Naturwissenschaft 782 ; II u. III : 858 ; IV : 975 ; V : 992 ; Blattgrün , s. Botanisches. heidnische Gebräuche in den Pyrenäen : liches. Blizröhren , s. Naturwissenschaftliches. Deutschland. Urwälder in Schlesien und 791 ; Concarneau und die Hummerzüch Blizschlag , s. Naturwiſſenſchaftliches . Böhmen: 73 ; über deutsche Rechtschrei tung : 834 ; Versorgung von Paris mit Bochara, die Ruſſen in - : 187. bung : 117 ; der Rennſtieg und seine Orts Eiswaffer im Sommer : 864 ; Notendruck Bona, s. Afrika. namen : 163 ; die Phosphoritinduſtrie in der Bank von Frankreich : 1052 ; die Ar Borneo , s. Niederländisch Indien. beitergesellschaften in - : 1241 : Robinsons Nassau: 404; die Barbarossahöhle am Bosnien , s. Türkei. Kyffhäuser : 571 ; slavische Ortsnamen Beschreibung der öffentlichen Gärten von Botanisches , die warmen Häuſer im -n des Thüringerwaldes : 689 ; die Techen Paris : 241. und Sack; der 159 : Kew zu Garten höhle zwischen Lethmate und Iserlohn: Spizenrindenbaum : 234 ; Zeugungsor 721 ; Fortschritte der Achatindustrie im gane bei Flechten : 551 ; aus dem Wun Fürstenthum Birkenfeld : 765 ; das Gru G. derleben im Pflanzenreiche : 659 ; Nadel benunglück im Plauen'schen Grunde : 813 ; wälder und Bewässerung : 696 ; Inſchrif neue Tropfsteinhöhle in Westfalen : 815 ; ten und Zeichen in lebenden Bäumen : Städte 8 am Ende des vorigen Jahr Gehirnthätigkeit , s. Anatomisches. 767 ; neue mericaniſche Erdbeere : 816 ; hunderts. 1) Wien , s. Oesterreich) ; 2) Gehörorgan , s. Anatomisches. Entwicklung von Blattgrün bei Gaslicht : München: 931 ; 3) Augsburg : 953; Geißler , sche Röhren , s . Naturwissen 864; Zuchtmahl bei Getreidearten : 888 ; die Grubenexploſion zu Burgk : 1013. schaftliches. die wolfsmilchartigen Gewächse : 943; Diamant , s. Mineralogisches. Gelber Fluß, s. China. Zerlegung der Kohlensäure durch die Diatomaceen , s. Botanisches. Generatio aequivoca , s. Naturwiſſen Pflanzen: 1007 ; über das Verwildern der Dinoſaurier , s. Geologiſches. schaftliches. Samlinge : 1144 ; eine naturphilosophische Dschebel Nagus , s. Palästina . Geognosie, s. Geologisches . Botanik: 1173 ; Anatomie eines Cham Geologisches , mikroskopische Flora ' und pignon : 1193 ; Flora der Sandwichinseln : Fauna der krystalliniſchen Geſteine : 68 ; 1256 ; Pflanzennatur der Diatomaceen: &. Erdbeben am Mittelrhein : 118 ; fossile 1256. Menschenreste : 119 ; Steinsalzwerke in Britisch Association , s. Naturwissen Preußen und bei Wieliczka : 143 ; Senft, , Ebenholz, s. künstliches Technologisches. schaftliches . die Schöpfungen des Regenwassers in und Edelsteine, s. Mineralogisches. Brasilien, s. Südamerika.

lungen im Sternennebel der Argo nicht | bestätigt : 551 ; Huggins' neneste Spectral untersuchungen teleskopischer Gegenstände : | 589; Tyndalls Hypothese über die Kome tenstoffe: 599 ; P. Secchi's Beobachtun gen der Sonnenflecken : 683 ; Leben und Leistungen von Franz Encke : 1033 ; Proc tor über Firsternbewegungen : 1102 ; die die Häufigkett der Sonnenflecken : 1237 ; photographische Aufnahmen des Venus Durchgangs: 1255; Wärme der Mond strahlen: 1255 ; Veränderungen im Ster nen-Nebel der Argo : 1256. Atlantisch , Boden des -en Meeres , s. Naturwissenschaftliches. Audjila , s. Afrika. Aussäßige , s. Naturwiſſenſchaftliches . Australien, eine ische Talgsiederei : 216 ; die Negrikette in : 648 ; das neueste Goldfieber in Victoria: 755 ; weſt iſche Perlen: 792 ; Lachse und Lachsforellen in Tasmanien: 1200; Geschichte -s und Tasmaniens : 1217. Avignon, s. Frankreich.

Broncezeit , s. Archäologisches. Buchbinderkunst , s. Technologisches. Bulgarien , ſ. Türkei . Burgk, s. Deutschland.

H

1 1

1

2

V auf der Erdrinde 5) Bergaushöhlungen : 253; 6) Mineralbildung in Höhlen : 331 , 346; nochmals Tacitus und die rheini schen Vulcane : 263 ; das Mikroskop in der Geologie : 337 , 368 ; -ie_der_Nil gebiete: 384; zur -ie von Spizbergen: 384; Zersetzung des Granits durch Re genwasser : 408 ; kleines fosfiles Pferd aus Nordamerika : 456 ; Senft : Einsturz und Formung der Felsen durch das Wasser: 457 ; zur -ie China's : 503 ; organischer Ursprung des Eozoon : 503 ; geognoſtiſche Beschreibung des ostbayerischen Gebirges : 511 ; e Schicksale der europäischen Wald bäume : 577 ; v. Dechens geognostische Karte von Deutſchland : 636 ; natürliche Eintheilung der geologischen Abſchnitte in drei Glieder: 789 ; die Ameisen im balti ſchen Bernſtein : 814 ; e Zeiten : 888 ; Ungers Tertiärflora von Radoboj (Croa tien) : 899 ; Erscheinungen in der Relief form der Erdrinde : 905, 919 ; die neueste Eruption des Vulcans Colima in Mexico : 979, 1137 ; Sir R. Murchison über Veränderungen der Erdoberfläche : 989 ; Domeiko über die peruvianischen Erdbeben von 1868 : 1006 ; Urkunden der Eiszeiten im Kanton Aargau : 1054 ; über das gegenwärtige Wiffen von den Erdbeben: 1124; Kritik der mikköskopischen Entdeckungen des Bergraths Jenzsch : 1193 ; neue Dinosaurier : 1200 ; das Erdbeben von Neu-Madrid : 1251. Geſellſchaft , Sorgen der modernen : 7) Bedrängnisse der Kleingewerbe : 1185. Getreidearten , ſ. Botaniſches. Getreideausfuhr, s. Handelsgeschicht liches. Getreidelauffäfer, s. Zoologisches. Glänzendes , s. Anatomisches. Glaswolle , s. Technologisches. Gletscher , s. Naturwiſſenſchaftliches. Gog und Magog , s. Arabien. Gold, s. Australien, ſ. Natal. Golfstrom, s. Naturwiſſenſchaftliches. Granit, s. Geologisches. Griechenland, volksthümliches aus Kepha lonia: 13 ; Handel 8 mit Liverpool : 120. Großbritannien und Frland , Rück blick auf die auswärtige Politik 8 : 16, 1201 ; die letzte Parlamentswahl in - und die Arbeiter: 142 : Ackerbaugeſellſchaften auf Actien: 209 ; irisches Bandmänner wesen und irisches Elend : 265 ; erste Rü benzuckerfabrik in England : 288 ; Londo ner Honorare für Seiltänzer und Vor tragleser : 384 ; F. Zirkel. Schottische Westeilande, 1 ) Allgemeines : 414 ; 2) Ar ran: 463 ; 3) Jona : 533 ; 4) Staffa : 582 ; 5) Skye : 761 ; die Milchverkäufer in London und die Kinderpest : 567 ; Vor fehrung gegen Verirrungen in London: 648 ; Werth des Grundeigenthums in London : 864 ; Baumwolle in England : 1176. Grubenunglück, das im Plauen’ſchen Grunde , s. Deutſchland. Guaranos , ſ. Südamerika. Guayana , ſ. Südamerika.

Haifische, s. Zoologiſches. Handelsgeschichtliches und Statisti jches. Die Kupfererzeugung der Welt : 168 ; Ergebnisse des britisch- franzöſiſchen Handelsvertrages : 262 ; die Handelsge schichte des Jahres 1868 : 322 ; Notizen

I: 553 : II: 614 ; III : 642 ; IV : 691 ; über einige Handelsproducte : 382 ; Ge treideausführ aus England nach den Ver. Erfahrungen eines Seidenzüchters in 1869 : 1042. Staaten: 408 ; englisch-norwegischer Eis handel : 429 ; die Goldgewinnung der Juden, s. Palästina. neuesten Zeit : 448 ; Einfluß der Pacific- Jupiter Ammon, ſ. Afrika. bahn auf den Gang des Welthandels : Jute, f. Technologisches. 487 ; Fortschritte der Rübenzuckerinduſtrie: 504; Kupfergewinnung der neueren Zeit : 601 ; die Quecksilbergewinnung der neue K. ren Zeit : 612 ; die Schwefelkieserzeugung in Spanien und Portugal : 664 ; der e Werth des Suezcanals : 741 ; Vertheue Kabel , atlantiſches , ſ. Technologiſches. rung der Lebensbedürfniſſe 902 ; Ursache Käfer, blinde , s. Zoologisches. der hohen Kosten des Patschuli : 1200. Kalkspath, s. Naturwissenschaftliches. Handelsproducte , s. Handelsgeschicht- | Kara - See, norwegische Schiffe in der - : liches. 1008, 1056. Handelsvertrag, der britiſch - franzöſiſche | Kartenkunde. Jubelausgabe von Stie lers Atlas : 191 ; Bergwerks- und Hüt -, s. Handelsgeschichtliches. tenkarte der Rheinlande : 1030 ; Karte Hara -Kiri, í. Japan. Haus , Transport eines ſteinernen -es , ſ. des Weinbaues in Europa : 1175. Verein. Staaten. Kasbek , s. Rußland. Hawai , s. Oceanien. Kaschgarien, s. Indien. Heidenschanzen , s. Archäologisches. Kattundruder, f. Frankreich. Kaufleute , das Buch berühmter : 1247. Hesperidengärten , s. Afrikă. Hieroglyphisches , ſ. Sprachwiſſenſchaft- | Kaukasus , ſ. Rußland. liches. Kenthöhle , s. Archäologiſches. | Hildesheim , Silberfund in -, ſ. Archäo- | Rephalonia , s. Griechenland. logisches. Kew , s. Botaniſches. Höhlen, s. Deutſchland , “-cannibalen , s. Kinderspiele , s. Archäologisches. Kjötkenmöddinger, f. Archäologisches. Afrika. Holland , f. Niederländisch Indien; Ge Kirchenhandel, h. Verein. Staaten. schichte der ischen Colonien und Ent Kirgisensteppe, s. Rußland. deckungen: 138. Kleinasien, Freshfields Wanderungen in -: 937. Holzschneide kunst, s. Archäologisches. onorare , s. Großbritannien. Kleingewerbe, s. Gesellschaft. Humboldt, Alex. v. -, Zur -literatur ; & örper , menſchlicher " s. Anatomisches. Briefe an Baron Bunsen: 1074 ; Brief Rohle, Meeresalgen , s. Technologisches. wechsel und Gespräche mit einem jungen Kohlensäure , s. Botanisches. Freund : 1075 ; Bastians Festrede au skraft, f. Naturwissenschaftliches. Säculartage : 1076 ; Briefwechsel mit Can Rrappfarbstoffe, s. Technologisches. crin : 1078. Krokodile, s. Zoologisches. Hummerzichtung , s. Frankreich. Kupfererzeugung, f. Handelsgeschicht Hydrogenium , s. Chemisches. liches und Statistisches, s. Verein. Staaten.

J.

L.

Labrador , s. Nordamerika. Jarkand , ſ. Turkestan. Japan, mineralischer Reichthum -3 : 359 ; Lachs , s. Tasmanien. Bruchstücke aus Jephsons und Elmhirsts Ländergestalten , s. Erdkunde. Leben in : 665 ; das Hara - Kiri (Bauch- Lafette , s. Technologisches. aufschligen) der -esen : 1110 ; Neuigkeiten Laplatagebiete , s. Südamerika. Laramie, s. Verein. Staaten. aus : 1256. von Dichtern und Lebensalter , das Java , s. Niederländisch Indien. Gelehrten: 912 ; Verlängerung des mensch Indianer , s. Amerika , s. Nordamerika, lichen 8 : 1219. s. Guayana. Fudien, englische Vermessungen in , Abes- Lebensbedürfnisse , ſ. Handelsgeschicht sinien und Centralaſien: 259 ; Straßen und liches. Handel zwischen- und Raschgarien: 328 ; eth Leichenversteinerung, s. Technologisches. nographische Würdigung der Bewohner Lenzfeier, ſ. Schweden. Bengalens : 484 ; Juventar der Chinapflan | Leopoldiniſche Akademie , ſ. Natur zungen in : 552 ; die ischen Eisenbah wiſſenſchaftliches. nen : 697 : Tanzvergnügungen -iſcher Für Leptis magna , f . Afrika. sten : 984 ; Gebirgsvölker von Tschitta Licht , s. Naturwissenschaftliches. gong : 1070 ; Hurley über ische Men Lichtenberg , ische Figuren , ſ. Natur schenracen: 1176 ; Darden und Dardi wissenschaftliches . stan : 1200. Limpopofluß , s. Afrika. Inductionsbatterie , s. Naturwiffen- | Livingstone, s. Afrika. schaftliches. Löthrohrversuche , s. Mineralogiſches. Inschriften in Bäumen , s. Botanisches . London , s. Großbritannien. Injecten, s. Zoologisches ; -qualen, s. Ama zonas. Jona, s. Großbritannien. M. Irland , s. Großbritannien. Iseo - See , s. Italien. Italien. Der Lago d'Iseo : 49 ; ein Nim Madagaskar , fosfile Fauna , s. 300 rod der Juse Sardinien : 89 ; s. Erd logisches. kunde; venetianisches Glas und Mosaik : Magalhães', s. Philippinen ; -ſtraße , s. Südamerika. 399 ; eine Ferienreise über den Apennin

VI dianern -§ : 239 ; die Zukunft Canada's : 639 ; Miſſionen der Herrnhuter unter den Eskimo Labradors : 788. Nordpol , die -fahrten 1868 n. 1869 : 92 ; Polareis : 212 ; zweite deutsche -fahrt : 406 , 908 ; Nachrichten von der ameri kaniſchen -expedition : 1032.

Oceanien, Colonisten auf den Fidschi (Biti ) Inseln: 46 ; Garniers Beschrei bung von Tahiti : 307 ; die Insel Rapa als Dampferstation : 325 ; ein Besuch auf Hawai (Sandwichinseln) : 526 ; Tagebuch eines Goldgräbers auf Neu - Seeland. 1) die Ostküste : 725 ; 2) die Westküste : 846 ; der Aussaß unter den Polyneſiern : 984. Celtropfen , Firiren von - , s. Techno logisches. | Oesterreich. C. v. Sonklar über die plastischen und hypsometrischen Verhält nisse der Ostalpen : 1 , 28 , 55 , 83 ; ein Sittenbild Wiens gegen Ende des vori gen Jahrhunderts : 505 ; Paštrovićs in Dalmatien: 1120 ; die juliſchen Alpen und der Wocheinerkeſſel : 1225 ; Rückblicke auf die Politik 8 : 1232. Optisches , ſ. Naturwiſſenſchaftliches. Ort und Wort , ſ. Sprachwiſſenſchaftliches. stafrika , s. Afrika. stalpen , s. Desterreich. Ostbayerisches Gebirg , ſ. Geologiſches. zon , f. Chemisches.

W.

Bacificbahn , ſ. Handelsgeschichtliches. Palästina , die englischen Vermeſſer am Sinai: 341 ; der Felsencanal zwischen dem Marienbrunnen und dem Teiche Si loah: 407 ; der brüllende Sand des Dſche bel Nagus auf der sinaitischen Halbinsel : 498 ; die Sinaifahrer und der verlorne Mons Syna : 622 ; über die Juden : 688 ; etwas über das Manna : 792 ; Fiſche -8, s. Zoologisches. Panama , s. Mittelamerika. Papagei , s. Zoologisches. Papier aus Wafferreis, ſ. Technologisches. Papierverbrauch , s. Verein. Staaten. Paradiesvögel , s. Niederländisch In dien. Paraguay , s. Südamerika. Paris , ſ. Frankreich. Baštrovićs , s. Desterreich. Batschuli, s. Handelsgeschichtliches. Pennsylvanisches Deutsch , ſ. Sprach wissenschaftliches. Perlen, s. Auſtralien. Peru , s. Südamerika. Petersburg , s. Rußland. Petroleum , s. Verein. Staaten. Pfäffiker - See , s. Naturwiſſenſchaftliches . Pfeilgift , s. Naturwiſſenſchaftliches. Pferd, fosfiles - , s. Geologiſches. Pferdehuf, s. Technologisches. Pflanzenreich , s. Botanisches. Philippeville , s. Afrika. Philippinen, Schauplatz vom _Magal haes tragischem Ende: 716 ; Sempers Buch über die -: 1000 . Phosphate , s. Chemisches. Phosphorit , s. Deutschland. Photographie , s. Naturwiſſenſchaftliches s. Anatomisches.

4

AT **** ARE

Manna , s. Palästina. 131 ; Verdunstung des Pfäffikerſees : 112 ; Mantis religiosa , f. Zoologisches. Seetiefen und Temperaturen im Golf Lei und Ph. v. , Leben Martius , C. strom : 264; Neuere Forschungen über die Urzeugung : 310 ; Blitzschlag in einem stungen : 889. Maschinenschur , s. Technologisches. Bergwerke : 360 ; Verbreitung und Häufig Maschinenwunder , s. Verein. Staaten. keit des Polarlichtes : 381 ; Berwandlung der Sonnenwärme in Nußkraft : 383 ; Materie, s. Naturwiſſenſchaftliches. Geißler'sche Röhren und Reibungselek Materialismus , s. Naturwiſſenſchaft tricität : 384 ; Temperaturen in großen liches. Scetiefen: 497 ; neueste Versuche über Matterhorn, s. Schweiz. Maulwurf, s. Zoologisches. Ansteckung der Seidenſpinnerſeuche : 503 ; Bacterien im Protoplasma von Pflanzen: Maus, s. Zoologisches. 527 ; die Moor - und Waldbrände Mensch, fossile enreste, s. Geologiſches. im nördlichen Europa : 544 ; Mühry, Menschenracen , s. Anthropologisches , s. Indien. Theorie und allgemeines Syſtem der Meeresströmungen : 546 , 547 , 586 ; Mercator, Lebensbeschreibung Gerhard -8 : 836. mechanische Schwierigkeiten der Gletscher bewegung : 551 ; eine starke Juductions Meteorologisches , s. Naturwiſſenſchaft liches. batterie: 600 ; der Meteorsteinfall bei Zweibrücken am 5. Mai 1869 : 620 ; Meteorsteine, s. Naturwissenschaftliches, s. Chemisches. Schöpfung und Schöpferplan : 621 ; die Lehre von der Unzerstörbarkeit der Ma Metrologisches , s. Archäologisches. terie und Kraft : 625 ; Photographie in Michigan, s. Verein. Staaten. Mikroskop , -iſche Flora und Fauna , s. Eis : 648 ; die lichtenbergiſchen elektriſchen Geologisches . Figuren zur Sonderung der Gemengtheile von Felsarten : 648 ; durch Elektricität Milchverkäufer , s. Großbritannien. erzeugte Blitzröhren : 670 ; der atlantische Mineralogisches , Fund riesiger_ſchwar Boden in großen Seetiefen: 672 ; Zu zer Bergkrystalle in der Schweiz: 107, nahme der Temperatur mit der Tiefe im 239, 360 ; die Fürsten des Steinreiches : Eismeere: 672 ; Fleischertract und Fleiſch 121 , 154; die Edelsteine auf der Pariser brühe: 695 ; Pfeilgist von einem Frosch Ausstellung i. J. 1867 : 430 ; Sorby's in Neugranada: 695 ; über die Einheit Versuche mit Löthrohr und Mikroskop : 432 ; die Sammlung der schwarzen Berg des Schöpfungscentrums : 741 ; Theolo krystalle in Bern : 696 ; Schraufs Edel gen und Naturforscher im Streite über die Schöpfung: 745 ; Arbeitstheilung in steinkunde und Ursprung der Diamanten : 787 ; die -n Wiſſenſchaften in den Verein. Natur- und Menschenleben: 766 ; neuer Staaten und Dana's Handbuch : 857 ; Fall eines Meteorits in Frankreich : 840 ; Eröffnung der britiſchen Naturforscherver große Diamanten im Caplande : 863 ; jammlung zu Exeter: 865 ; das Leben auf 1200 ; Zircon und Jargonium : 887 . Mittelalter, s. Archäologisches. dem Grunde des atlantischen Oceans : 880 ; die Leopoldiniſche Akademie der Mittelamerika , Reiſe unter den Wulwa und Moskito Indianern : 655 ; L. de Puydts Naturforscher : 886 ; dießjährige Erfor schung des atlantischen Bodens mit Scharr Erforschung der Landenge von Darien: nezen: 910; die Naturkräfte in ihrer 784 ; Panamá, Nicaragua und Mosquitia. 1 ) B. Seemanns Goldbergwerk in Nica Wechselbeziehung : 981 ; Temperatur in ragua: 817 ; 2) Bedford Pim an der tiefen Rohlengruben : 1004 ; Schutz gegen Cholera durch Kupfer : 1031 ; rationelle Mosquitoküfte: 867. Ernährungder Thiere : 1031 ; J. R. Mayer, Mond, Mann im -e, s. Anthropologiſches. Consequenzen und Inconsequenzen der Monstrositäten , s. Anatomiſches.. 2 Wärmemechanik: 1061 ; optische Erschei Moor- und Waldbrand , s. Natur nungen am Kalkspathe : 1097 ; der Mee wiſſenſchaftliches : 544. reztiefenſchleim (Bathybius) : 1099 ; über Morione (schwarze Bergkrystalle), ſ. Minera logisches. den Materialismus unsrer Tage : 1100 ; der tiefste artesische Brunnen der Welt : Moskito - Judianer , ſ. Mittelamerika. Mosquitia, s. Mittelamerika. 1103 ; Systematik im Sinne der Descen Muselmann , s. Arabien. denztheorie : 1221 ; Wirkung von Kälte auf Zinn: 1248. Mythologie, F. Spiegels Briefe über vergleichende , 1 : 270 ; ÏÏ : 316 ; III ; 559 ; | Neg rikette , s. Auſtralien. IV : 751 ; V : 1039 ; VI : 1114 ; eine Neue Welt , s. Amerika. vergleichende vom christlichen Stand Neu Madrid , Erdbeben von --, s. Geologisches. punkte: 882. Neu- Seeland, s. Oceanien. Newada , s. Verein. Staaten. New-York, s. Verein. Staaten. N. Niagara, f. Verein. Staaten. Niederländisch Indien, Bickmore's Nadelwälder , s. Botanisches. Wanderungen in · : 343 ; ein Schmet Nähmaschinen, f. Technologisches. terlingsfänger in 1) Malaka , Vor Natal , s. Afrika. neo, Java und Sumatra: 649 ; 2) Cele Naturphilosophisches , s. Botanik. bes und die altauſtralischen Inseln: 701 ; Naturwissenschaftliches und Phyſi 3) Heimath der Paradiesvögel: 731 ; Bickmore's Reisen durch Sumatra: kalisches , über die Geschichte der beleb ten Schöpfung: 21 ; die Aussäßigen am 913 ; Baſtians Reisen in : 1049 ; deut Niederrhein und in Europa : 25 ; Tyndall sche Ausgabe von Wallace's Reisen in .. : 1246 ; über chemische Aeußerungen des Lichtes : 47; Leben in großen Sectiefen : 48 ; hi Nigua oder Erdfloh , s. Zoologisches. storische Notizen zur Darwin'schen Frage : Nilgebiet , s. Geologisches. 71 ; das Erdbeben bei Arica und die Tie Nitroglycerin , ſ. Technologiſches. fen des stillen Meeres : 77 , 166 ; das Nordamerika, s. Ver. Staaten ; die Chippe way # Judianer am Mackenziestrom: 110 ; geographische System der Luftströmungen und die vulcanischen Rauchwolken : 103, Erfinder von Alphabeten unter den In

3

VII | Schiffs capitän , ein weiblicher -: 408. Schlangenbisse , s. Anatomisches . Schmucksteine, antike , s. Archäologisches. Schöpfung, f. Naturwissenschaftliches , s. Erdkunde. | Schottische Weſteilande , s. Großbri tannien. Schweden, eine ische Lenzfeier : 494 ; ische Expeditionen, f. Spißbergen. Schwefelkies , s. Handelsgeschichtliches. Schweine, chinesische , s. Zoologisches. Schweinfurt, Briefe von Dr. -, ſ. Afrika. Q. Schweiz. Das Matterhorn in Wallis : 189 ; eidgenössisches Poſtweſen : 264 ; Stu ders neue Eintheilung der er Alpen: 542. Quadratur , die - des Kreiſes : 113. Quecksilbergewinnung , f. Handels Seetiefen , s. Naturwissenschaftliches. Seidenspinnerseuche , s. Naturwissen geschichtliches. schaftliches. Seidenweberei , s. Frankreich. Seidenzüchterei , s. Italien. R. Seine, s. Frankreich. Sibirien, s. Rußland. Siloah , s. Palästina. Ramiepflanze , s. Technologisches . Rangordnung, s. Zoologisches. Silbergalionen , Hebung von -, s. TechRapa, j . Oceanien. nologisches. Rechtschreibung, s. Deutschland. Sinai , s. Palästina. Reclus , Elisée -, L. Erdkunde. Sinaitische Felseninschriften , . Sprachwissenschaftliches. Regenwasser, s. Geologisches. Reise handbücher , s. Berlepsch , Amthor, Sklavenhändler , s. Verein. Staaten. Trautwein. Skorpion, s. Zoologisches. Rennstieg, s. Deutschland. Skye, s. Großbritannien. Richardson, Lebensbeschreibung Sir John Sonne , ſ. Aſtronomisches. -8: 35. Sonnenflecken , s. Astronomisches. Rinderrace, monſtröſe - , ſ. Zoologisches. | Sonnenwärme , s. Naturwiſſenſchaft liches. Rio branco, s. Südamerika. Rom, Italien , s. Archäologisches. Spamer, ſche Schriften für das Volk : 1150. Roscius , s. Archäologisches. Rübenzucker, s. Großbritannien, ſ. Han- | Spanien. Barcelona und die Catala nen : 895. delsgeschichtliches. Rückblicke, s. Großbritannien, s. Verein. Spectraluntersuchungen , s. Astro nomisches. Staaten, s. Rußland , ſ. Desterreich. Speisekarte , s. Archäologisches. Rupununi , . Südamerika. Rußland. Rückblicke auf die Politik -s : 63 ; | Spißbergen , die drei schwediſchen Expe= ditionen nach - : 1129. Freshfields Besteigung des Kasbek und Elbrus: 165; B. v. Cotta's Reise nach Spißenrindenbaum , s. Botanisches . dem Altai : 217 , 247 ; B. v. Cotta , der Sporaden , s. Türkei. Ort und Altai: 1) geologischer Bau : 361 ; 2) Berg Sprachwissenschaftliches. bau und Wälder : 419 ; die Goldwäscher Wort; 220; Jäger , über den Ursprung in Sibirien: 364 ; das Fest der heiligen der Sprache: 394; Brugsch' hieroglyphisch drei Könige in St. Petersburg : 502 ; die demotisches Wörterbuch : 402 ; Fortschritte in der Entzifferung sinaitischer Felsenin große und kleine Kirgisensteppe und der schriften : 451 ; pennsylvanisch - deutsche dortige Aufstand : 778 ; Klima und Bege Mundart: 604; - aus Oſtafrika, ſ. Afrika ; tation des westlichen Altai : 793 , 821 ; Thiernamen : 1046 . Freshfields Wanderungen in Kleinaſien und im Kaukasus. 1) Die erste Bestei Staffa , ſ. Großbritannien. gung des Kasbek : 937 ; 2) die erste Be Statistisches , ſ. Handelsgeschichtliches. steigung des Elbrus : 961 ; 3) der Nord Steingeräthe , s. Archäologisches. abhang des Kaukasus : 995 ; Wolga und Steinkreiſe , ſ. Archäologisches. Wolgagebiet: 1166 ; B. v. Cotta's Reise Steinreich , s. Mineralogiſches. in Südrußland : 1177, 1205 ; zum Secten | Steinsalzwerke , ſ. Geologiſches. wesen in 1254. Steinzeit, s. Archäologisches. Stielers Handatlas , s . Kartenkunde. Straßenstaub, s. Technologisches. Strauß, s. Zoologisches. Südamerika. Pfadfinder in der Argen tina : 70 ; Appun unter den Guaraños Sabratha, s. Afrika. Indianern. 3) el Rey de los Guaranos : Sacbaum, s. Botanisches. 175; 205 ; Philippi über die Indianer Valdivias : 193 , 230 ; wachsender Wohl Sämlinge, s. Botanisches. Sakkarah , s. Archäologisches. stand der Laplatagebiete : 223; zu Fuß nach Brasilien von Appun : 1) meine Salbung , die - mit Olivenöl , s. Archäo logisches. Menagerie: 273, 299 ; 2) vom Rupununi nach dem Takutú : 469, 499 , 519 ; 3) Sandwichinseln, Flora der ! s. Bota nijches. vom Takutú nach dem Rio branco : 772, Sardinien , s. Italien. 801 ; Richard Burtons Wanderungen durch diebrasilianischen Hochlande. 1 ) Bergwerks Schädelmessungen , s. Anatomisches. gebiete von Minas Geraes : 351 ; 2) Schauländer, Rückkehr der Expedition aus den -rn : 72. Thalfahrt auf dem Rio das Belhas und Scharrnet, s. Naturwissenschaftliches ; s. San Francisco: 373 ; Hutchinson über Zoologisches. den paraguitischen Krieg: 278 ; die InPhysikalisches , ſ. Naturwiſſenſchaftliches. Physiologisches , s. Anatomisches. Polareis , s. Nordpol. Polarlicht , f. Naturwissenschaftliches. Polynesier, s. Oceanien. Portugal, Wappenpfeiler , -iſiſcher Scefahrer: 885. Postdampfer, s. Technologisches. Protuberanzen, s. Astronomisches. Pyrenäen, s. Frankreich.

dianerstämme Britisch Guayanas : 281 ; Bruchstücke aus J. J. v. Tschudi's Reisen in Südamerika : 453 ; Paraguay am Schluß des Krieges : 481 ; Gerstäcker inden venezue lanischen Llanos und am Crinoco : 711 ; Insectenqualen am obern Amazonas : 757 ; Agassiz , über die Zustände Brafi liens : 853 , 877 ; der Peñasgolf in der Magalhãesstraße : 971 ; Maſtermanns Er lebnisse in Paraguay : 972 , 1103 ; peru anische Ansiedlungen in Alto Amazonas : 1029 ; Appun am Rupununi. 1) Von Yakutu nach dem Berge Vivi : 1081 ; 1117, 1141. Suezcanal , s. Afrika , s. Handelsgeschicht liches. Sumatra, s. Niederländisch Indien. Syna , s. Palästina.

Z.

Tahiti , s. Oceanien. Takutú, s. Südamerika. Talgsiederei , s. Australien. Tanger , ſ. Afrika. Tasmanien, ſ. Auſtralien. Technologisches. Glaswolle: 24; die Moncrieff'sche Lafette: 167 ; Zinnverfäl schung in Frankreich : 167 ; Alcohol aus Flechten: 168 ; neuer amerikanischer Pferde huf: 216 ; Verbesserung der Nähmaschi nen : 216 ; neue Flugmaschinen: 235 ; Tragweite einer Withworthkanone : 384; zur Geschichte der Buchbinderkunst : 423 ; Maschinenschur : 528 ; gewerbliche Ver werthung von Abfällen : 529, 594; das Project zur Hebung versenkter Silber galionen im Hafen von Vigo : 565 ; Fi riren von Deltropfen : 600 ; Kohle aus Meeresalgen: 600, 816 ; neuer Faserstoff aus der Kamiepflanze : 624, 862 ; Nitro glycerin und Dynamit : 719 ; der Post dampfer der Zukunft: 719 ; Aquarell farben aus Alizarintinte: 768; Creo sot als Brennstoff für Dampfer : 790 ; künstliches Ebenholz : 792 ; neues präch tiges Chrom - Grün : 816 ; Wiesner über die Jute: 830 ; Abbate's sogenannte Ver steinerung menschlicher Leichen : 912 ; Fortschritte der Photographie : 928; der erste Eisenbahnwagen : 936 ; Geschichte des atlantischen Kabels der Franzosen : 957 ; Papier aus Waſſerreis : 984 ; Darstellung von Photographien in natürlichen Far ben: 1032 ; das neue Withworthmetall : 1104 ; Farbstoffausbeute aus Steinkoh len: 1104 ; neue Krappfarbstoffe : 1223 ; chemischeMittel zur Verhütung desStraßen staubes : 1224 ; Geschwindigkeitsmester für Kugeln im Laufe: 1224. Telegraphen , s. Vereinigte Staaten. Temperatur von Seetiefen , ſ. Natur wissenschaftliches ; - des menschlichen Kör pers , s. Anatomisches. Termiten , s. Zoologisches. Tertiärflora, s. Geologiſches. Themud , s. Arabien. Thiere, Civil- und Criminalproceſſe gegen schädliche , s. Archäologisches. Thiernamen, s. Sprachwiſſenſchaftliches . Thierwelt, s. Zoologisches. Thüringen, s. Deutschland , s. Berlepsch. Todtenbuch, s. Archäologisches. Todtenkiste , s. Archäologisches . Trautwein , Wegweiser durch Tirol : 671 . Tripoli , ſ. Afrika. Tropfsteinhöhlen, s. Deutschland. Tschittagong , s. Indien.

VIII Türkei. Pflanzenbilder aus Bosnien : 607 ; eine neue Karte von Bosnien : 624 ; politischer Umsturz in den -iſchen Spo raden : 759 ; F. Maurer über die Bos niaken : 1022 : die spanischen Juden in Bosnien : 1161 , 1183 ; die chriſtlichen Ve wohner Bulgariens : 1249. Tunis , s. Afrika. Turkestan, Engländer im (vormals chinesi schen) : 1104; Dr. Leitners Rückkehr aus Jarkand: 1152.

11.

Auswanderers in den -n -n : 516 ; Wahr nehmungen an den Telegraphenleitungen in den -n -n : 576 ; ein amerikaniſches Maschinenwunder : 576 ; Papierverbrauch amerikaniſcher Zeitungen: 600 ; die Gold minen von blauen Eimer in Cregon : 634; die große pacifische Eisenbahn zwi schen dem Salzsee und Californien: 638 ; Kirchenhandel in New - York : 669; die Stadt Laramie in den Prairien : 715 ; Canal durch das jüdliche Michigan : 1008 ; die Ritter und Töchter des heiligen Cri spinus : 1030 ; die Indianer der -n -n : 1093 ; Wasserkräfte im Staate Maine : 1104 ; Transport eines steinernen Hauſes in Boston: 1176 ; große Masse gediegen Kupfer am Obern See und Zinnerz in Maine: 1241. Bermessungen, s. Indien, s. Sinai. Victoria, s. Auſtralien. Vulcane, die rheinischen " ſ. Geologi iches.

3. Ystadt, Bodenſenkung bei - : 720 . Hünnan , s. China. Yukonstrom , s. Verein. Staaten.

3.

Zinn , f. Verein. Staaten, s. Naturwiſſen schaftliches. Zinnverfälschung, s. Technologisches. Urmenschen, s. Archäologisches. Zircon , s. Mineralogisches. Urwälder, schlesische - , s. Deutſchland. Zoologisches , lebende und fossile Fauna von Madagascar : 71 ; Haifische aus gre Urzeugung, f. Naturwissenschaftliches . Urzustände , s. Archäologisches. Ber Seetiefe: 216 ; der schwarze Getreide laufkäfer : 260 ; die Züchtung des Strau Ben als europäisches Hausthier: 304 ; Papageien in England acclimatisirt : 360 ; V. Marey über den Flug der Insecten : 287 ; W. die Farbe der Wintervögel : 380 ; der Valdivia , s. Südamerika. Walfischfang: 438 ; neue monströse Rin derrace in Südamerika : 480 ; geographiſche Venetianisches , s. Italien. Venezuela, s. Südamerika. Wärme , s. Naturwiſſenſchaftliches. Verbreitung der Krokodile: 490 ; eine muſikaliſche Maus : 551 ; Zweikampf zwi Waldbäume, europäiſche - , s. Geologi Venusdurchgang , ſ. Aſtronomiſches. sches. schen Maus und Skorpion : 552; Thier Verdauungsflüssigkeit , s. Anatomi welt im Golfstrome : 815 ; die Fische sches. Walfisch, s. Zoologisches. Palästina's : 872 : die blinden Käfer und Vereinigte Staaten v . Nordamerika. Wallace, s. Niederländ. Indien. Termiten : 886 ; Gewohnheiten des ameri Rückblicke auf die Politik der -n -n: 39 ; Wanderungen , s. Anthropologiſches. kanischenBibers : 1005 ; chineſiſche Schweine die Eisenbahnen der n n : 61 : neue Wappenpfeiler , s. Portugal. in Südamerika : 1008 ; Gewohnheiten der Brücke über die Niagarafälle : 96 ; Whym Wasserkräfte , s. Verein. Staaten. Wespen und der Mantis religiosa in pers Reisen im ehemals russischen Amerika : Wasserstoff, s. Chemiſches. Natal : 1027 ; die Nigua (Erdfloh) in 97 ; derselbe: Erforschungen des Yukon Weinbau , s. Kartenkunde. Südamerika : 1088 ; Agassiz auf einer stroms in Alaska : 125 ; Stellung der Wespen, s. Zoologisches. Scharrnezfahrt im Golfstrom: 1095 ; der Frauen in den -n -n: 115 ; Versiegen Wien , s. Desterreich. Andamenaffe (Macacus A damanensis) : der Petroleumquellen in den n - n: 120 ; Wintervögel, s. Zoologisches. 1100 ; über Rangordnung in der Thier der letzte amerikanische Sklavenhändler : With worth - Kanone , s. Technologisches . welt: 1158 ; über schmarößende Würmer 137 ; die leßte Präsidentenwahl in den Withworthmetall , s. Technologisches. (innere Paraſiten) : 1164 ; nügliche Ge -n -n: 190 ; Silberproduction im Staate Wolfsmilch , s. Botanisches. fräßigkeit des Maulwurfes : 1200 . Newada : 358 ; religiöse Schwindeleien in Wolgagebiet , s. Rußland . Zulufaffern, s. Afrika. den -n -n: 447 ; die materielle Lage in Würmer, s. Zoologiſches. den -n -n: 467 ; Schicksale eines deutschen Wul wa =)Indianer , s. Mittelamerika.

.... *

Ausland.

Das

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

weinndvierzigster Jahrgang.

Nr. 1.

Augsburg ,

1869.

2 Januar

2. Philip Inhalt : 1. Ueber die plastischen und hypjometriſcheu Verhältnisse der Tstalpen, Von C. v . Sonklar, k. k. Oberst. 5. Rückblicke. peville, von Gerhard Rohlfs. -— 3. Geschichte der französischen Seidenweberei. 4. Volkthümliches von Kephalonia. auf die auswärtige Politik der großen Mächte. 6. Neue Anſichten über die Geschichte der belebten Schöpfung. 7. Ueber Glaswolle.

Ueber die plastischen und hypsometrischen Verhält- i

Dieses alles führt uns auf die mannichfaltigen Glie: derungsverhältnisse des Gebirges, mit deren Darſtellung

nisse der Oktalpen . wir uns hier, unter besonderer Berücksichtigung der öster reichischen Alpen zuvörderst befassen wollen. Unter dem

Von L. v. Souklar, k. k. Oberſt. Man hat die Alpen häufig, wenn man sie von einem

Ausdrucke Gebirgsgliederung aber verstehen wir die Art

hohen Standpunkte überblickte, mit einem Meere verglichen,

und Weise wie die verschiedenen Kämme eines Gebirges nach ihrer relativen Lage unter sich verbunden sind. Die

deſſen Wogen in dem Zustande ihrer höchsten Aufregung in Stein verwandelt wurden. Die Berechtigung zu diesem

Gebirgsgliederung ist deßhalb wichtig, weil von ihr die

Vergleiche liegt nicht nur in der großen Ausdehnung des

plastische Configuration des betreffenden Gebirges oder Ge

Alpenlandes nach Länge und Breite, sondern auch in der

birgsabschnittes überhaupt, die Richtung der Thäler, Fluß

dichten, lückenlosen Aufeinanderfolge der Bergeswogen .

läufe und Communicationen und, in gewissem Maße, auch das Klima abhängt.

Geht man jedoch dieſem Vergleiche etwas näher an den

Um dieß durch ein einfaches Beiſpiel

Leib, so erweist sich seine Unrichtigkeit zunächst und haupt

zu erklären , wollen wir annehmen es bestehe irgendein

sächlich dadurch daß die Wogen des Gebirges , ungleichh

kleines Gebirge bloß aus zwei Kämmen, welche auf fol

denen eines von einem heftigen Sturme aufgewühlten Meeres, keine stetige Richtung einhalten, d. h. daß 要 sie

gende vier Arten verbunden sind :

untereinander nicht parallel laufen, und daß ihre relativen | Lagen oft in kleinen Gebirgsabschnitten so verschieden als

Die Gliederungsform a wird die parallele, b die trans verjale, e die diagonale und d die radiale genannt. Eine

möglich sind.

fünfte Gliederungsform endlich ist die stockförmige, bei der

Nicht selten hängen sich an einen langge

dehnten mächtigen Wellenberg, vor und hinter ihm, andere

das Gebirge aus einem System einzelner, kaſtenartiger,

fürzere und oft nicht minder hohe Wellenberge in trans versaler Richtung an ; zuweilen schaaren sich mehrere solcher

schwach oder gar nicht verbundener Bergmaſſen beſteht. Die Verschiedenheit der Gliederungsformen spränge viel leicht deutlicher in die Augen, wenn man für ihre bildliche

Wogen radienförmig um einen Punkt , und in anderen Fällen sind es keine zusammenhängenden Wellenlinien,

Darstellung 3 Kämme verwendete.

sondern kurze, abgesonderte und thurmartige, mit dem Tanze

einfaches Beispiel zu erklären wollen wir annehmen,

‫ܕܩ‬

a = Ausland. 1869. Nr 1.

es

beſtehe irgend ein kleines Gebirge bloß aus drei Kämmen,

der Kabbeljee vergleichbare Erhebungen, aus denen ſtellen weise der Wogencomplex des Gebirges beſteht.

Umdieß durch ein

#

welche auf folgende vier Arten verbunden sind :

ત с

1

Ueber die plastischen und hypsometrischen Verhältnisse der Ostalpen .

2

Was die bei den nun folgenden Ausführungen ge

Gruppe beginnt nicht minder am Eijack bei Sterzing, un

brauchten Detailnamen des Gebirges betrifft, so erlanbe ich mir den geneigten Leser dießfalls auf meinen, im 4ten und 5ten Bande der Desterreichischen Revue für 1864

terläuft den nördlichen etwa drei Meilen lang und endigt. bei der Birnlücke, dicht neben der Krimmler Ache. Ein

veröffentlichten Auffah über die Eintheilung der Ostalpen zu verweisen.

vermittelt den Zusammenhang beider Kämme. Das Verhältniß des Zillerthaler Hauptkammes zum

Wir wenden uns zuerst dem centralen Hauptkamme

Turer Hauptkamme wiederholt sich bei dem Centralkamme

der österreichischen Alpen zu .

Aber dieser Name ist, inso

ferne er im Singular gebraucht wird, ein sehr uneigent licher, da die innersten Theile der Central-Alpen, hier so wenig wie bei den mittleren und westlichen Alpen, aus einem continuirlichen, die Wasserscheide des Gebirges fest= haltenden einfachen Kamme bestehen. Ich habe dieses Um standes bereits in einem, durch das Jahrbuch des Alpen vereins pro 1866 publicirten Elaborate "! Ueber die Süd

furzes Querglied mit dem 7030 F. hohen Pfitscher Joche

der Hohen Tauern gegenüber dem Zillerthaler Hauptkamme. Jener, der centrale Hauptkamm der Hohen Tauern näm lich, beginnt bei Luttach, 3 Meilen westlich der Birnlücke, an welcher beide Kämme durch ein kurzes, relativ niedriges Querglied verbunden sind, und streicht erst ostnordöstlich bis zum Velber Tauern, dann ostsüdöstlich bis zur Arl scharte. Die von hieran oftwärts ſich ausbreitenden steyriſchen

seite der Zillerthaler Alpen " vorübergehend erwähnt, und

Alpen bieten ebenfalls die Erscheinung zweier äquivalenter

erlaube mir nun, dieses wichtige und bisher nirgends deut lich ausgesprochene orographische Merkmal der centralen

Hauptarme dar, die sich gleichmäßig an einen von Großarl

Alpen, hier etwas umständlicher zur Sprache zu bringen .

Are des Alpensystems quer durchſchneidenden Kamm an schließen . Das schöne Felshorn des Hafnerecks , der cul

Beginnen wir bei den rhätischen Alpen.

Diese enthal

ten zwei nicht ganz parallele Hauptkämme, von denen der nördliche vom Splügen am linken Jnnufer bis zur Thiol

bis nach Gmünd an der Lieſer ſtreichenden, die allgemeine

minirende Höhenpunkt der steyrischen Alpen, gehört diesem Querkamme an.

spizze bei Landeck, der südliche aber vom Monte Beleniga

Im Nordarme der steyrischen Alpen sind die kleinen

bei Chiavenna, unter mannichfachen Verkrümmungen, zwi schen Inn, Adda und Etsch bis Martinsbruck läuft, beide Hauptketten aber sind nur lateral durch den 7500 P. F.

Tauern mit den Seckauer Alpen, die Reichenstein , Hoch

Malojasattel verbunden. Noch schärfer ist die Trennung des oben erwähnten Gebirgsabschnittes von den Deythaler Alpen ausgesprochen. Zwischen beiden liegt das tiefe Querthal von Nauders, das mit Rücksicht auf den Südkamm der rhätischen Alpen vollständig in dem Verhältnisse eines Längenthales steht, d. h. denselben parallel zur Seite liegt, in seinem höchsten Punkte am Reschenscheideck die absolute Höhe von 4700 W. F. kaum übersteigt, und zum Hauptkamme der Dez thaler Gruppe in einer nicht qualificirbaren Beziehung ſteht.

Denn dieser Kamm schwingt sich in einem großen

Bogen um die Quellen der Deh herum und schließt auf diese Art einen Eirkus ein, deſſen riesige Umwallung einen Durchmesser von etwa 3 Meilen Länge hat. Radiale Ne benglieder laufen von diesem Cirkus nach allen Seiten,

schwab , Hochveitsch und Semmeringgruppe ebensoviele ab gesonderte, in ihren Hauptrichtungen theils schräg zu ein ander gestellte, theils parallele, sich gegenseitig übergreifende Gebirgsmassen, welche durch doppelseitige Quer oder Dia gonalthäler mit ungewöhnlich tiefen Sätteln

oder, wie

beim Mürzthale, durch Einschnitte bis auf die Basis des Gebirges von einander geschieden sind. Noch auffallender erscheint die Zersplitterung des cen tralen Rammes im Südarme der steyrischen Alpen. Hier ist das Gebirge zwischen dem Katschberge (bei St. Michael im Lungaue) und dem Murdurchbruche bei Bruck in fünf Abtheilungen

angeordnet,

deren

Hauptkämme

in den

Gruppen des Königstuhls, des Eisenhutes, der Wenzel und Saualpe, dann der verbundenen Stainzer , Stub- und Hochalpe quer über der Langage des Gebirges liegen, während nur der Hauptkamm der Kuhalpe mit ihrer Rich tung zusammenfällt .

Der Turrach , Schwarzenbach , Neu

demnach auch gegen das Nauderser Querthal wie gegen den Brenner aus, nirgends aber ist , auf der Seite des

markter und Obdachsattel, von denen die zwei letteren

ersteren, eine ehemalige Kammverbindung mit den rhätischen Alpen zu erkennen.

übersteigen, trennen und verbinden diese fünf Berggruppen . Jenseits der Spalte des Murthales bei Bruck liegen die

Was die nun folgenden Zillerthaler Alpen anbelangt,

die absolute Höhe von 3000 W. F. kaum erreichen oder

cetischen oder fischbacher Alpen wieder in der allgemeinen Streichrichtung des Gebirges ; der Wechsel jedoch,

dieses

so bestehen dieselben ebenfalls aus zwei centralen Haupt kämmen, unter denen der nördliche ―――― der Turer Haupt

östlichste Stück der centralen Dstalpen, hat wieder eine Lage

kamm

deren Are auf die der cetischen Alpen senkrecht steht.

bei Sterzing beginnt, bei Mayrhofen im Ziller

thale endigt, nichts weniger als im Alignement jenes Kammaliedes liegt dem der Brenner angehört, und sich mit diesem auch nur seitlich, in der unverhältnißmäßig tiefen

Zweck dieſe

eigenthümliche und gewiß höchst beachtenswerthe Anordnung der centralen Alpen auf bildlichem Wege zu erläutern.

Rammkerbe des

Die natürliche Folge der so eben erwähnten Verhält

Der südliche Hauptkamm dieser

niſſe iſt der verwickelte und vielverkrümmte Gang der Waſſer

(d. h . nur 4500 W. F. hohen)

Brennerpasses verbindet.

Das nebenstehende Diagramm hat den

Ueber die plaſtiſchen und hypſometrischen Verhältnisse der Ostalpen. 3 Die Hauptfämme der Centralalpen vom Splügen bis zum Wechsel.

13 E

E a MurF mn 19

-16 k Fi F 712

A. Rbätiſche Alpen. B. Deßthaler Alpen. C. Zillerthaler Alpen. D. Hohe Tauern. E. Nordarm der ſteirischen Alpen. F. Südarm der ſteirischen Alpen. a. Kleine Tauern. b . Seckauer Alpen. c. Reichenſtein- Gruppe. d . Hochſchwab-Gruppe. e. Hochveitsch- Gruppe. f. Semmering-Gruppe. g. Luerkamm des Hafnerecks. h . Gruppe des Königſtuhls . i . Gruppe des Eisenhutes. k. Kuhalpe. 1. Wenzel und Saualpe. m. Stainzer , Stub- und Hochalpe. n . Cetische Alpen. o . Wechsel. 1. Splügen. 2. Maloja Sattel. 3. Nauderser Querthal. 4. Brenner. 5. Pfitscherjoch. 6. Birnlücke. 7. Velber Tauern. 8. Arl scharte. 9. Rottenmanner Tauern. 10. Liesing- und Paltenthal. 11. Prebichl. 12. Seeberg bei Seewieſen. 13. Mürzthal. 14. Semmeringpaß. 15. Katschberg. 16. Turrach-, 17. Schwarzenbach-, 18. Neumarkter- und 19. Obdacher Sattel. 20. Murdurchbruch bei Bruck. 21. Feistritz Sattel. scheide. Es ist begreiflich daß diese einem beliebigen Haupt famme nicht bis zu deſſen Ende, sondern nur bis zu jenem

Höhenpunkt in der gegenüber liegenden Kammstrecke n d des Kammes B. Dabei sei ferner der beide Hauptkämme

Bunkte folgen kann, an welchem das diesen Kamm mit

verbindende Querdamm m n nicht nur um vieles niedriger

dem nächsten Hauptkamme verbindende Querglied anfängt. Indem die Wasserscheide sofort auf das lettere übersetzt,

nahe senkrecht, auf dieselben.

erreicht sie sehr bald den folgenden Hauptkamm, um das jelbe Verhalten auch hier zu beobachten.

bei a , streiche vorerst bis m, setze von hier längs dem nie

als jene, sondern auch seine Richtung senkrecht, oder bei:

Falle behaupten

Wer wollte nun in dieſem

der Hauptkamm des Gebirges beginne

drigen Querjoche nach n auf den Kamm B über und ziehe dann bis d fort ? Eine solche Behauptung wäre mit gar

Derjenige hem das Gebirge nicht aus eigener An schbauung bekannt ist, könnte hier vielleicht die Frage er heben, aus welchem Grunde der centrale Hauptkamm des

feinem Grunde zu rechtfertigen und schlösse jene, hie und

Gebirges nicht längs der Richtung der Wasserscheide ge sucht und angenommen wird. Das Gebirgsmassiv, so

da noch immer vorkommende orographische Absurdität ein, welche dem Gange der Wasserscheide eine höhere Bedeu

würde er etwa sagen,

tung einräumt als der plastischen und geognostischen Con tinuität eines Gebirgsmassivs .

ist ja doch nirgends unterbrochen,

auch sei es so ziemlich gleichgiltig, ob man das von der Wasserscheide nicht verfolgte Kammſtück als einen Theil des Hauptkammes oder als einen Nebenkamm und Aus

Untersuchen wir nunmehr die Gliederungsverhältniſſe in den einzelnen Abtheilungen der Centralalpen, so finden.

Die Widerlegung dieses Einwurfes würde

wir in den beiden Armen der rhätischen Alpen, so weit

an Ort und Stelle der bloße Anblick des Gebirges mit

sie nämlich zu Oesterreich gehören, die transversale Glie

Evidenz zu liefern im Stande sein.

Nachstehende Erwä

derung vorherrschend, d. h. die Nebenglieder des Gebirges

gung mag jedoch dießfalls den Mangel der Autopsie ver treten.

schließen sich meistens unter rechten Winkeln an die cen

läufer anſehe.

tralen Hauptkämme an.

Nur in der Verwallgruppe (zwi

schen Montafon, Paznaun, Kloster- und Stanserthal ) lau

Es seien in der Figur nebenan

fen die Kämme der östlichen Hälfte parallel mit dem rhä ከ .

a.

tischen Hauptkamme, die der westlichen parallel mit der

A. 0.

Rhätikonkette.

Die Kämme sind meist geradlinig, ihre ge

B. genseitigen Beziehungen

leicht verständlich, ihre Formen

n. mächtig und einzelne Gipfelbildungen durch Höhe und A und B zwei parallele oder nahezu parallele Kämme welche durch das kurze Querglied m u (mit dem Längen

Schönheit ausgezeichnet (Piz Buin, Pateriolspiz, Blanka horn, Maipitsch u. a. ) .

fattel o) verbunden sind.

Betrachten wir nun einen dieser dieser Kamm streicht in

Im Dezthaler Gebirge ist durch die cirkusförmige An ordnung des Hauptkammes in den südlichen und mittle

gewaltiger Höhe von a gegen m, und ſehe ſich jenſeits m,

ren Theilen der Gruppe eine radiale Gliederung zur Aus

ohne Aenderung seiner Höhe und geognoſtiſchen Zuſam: mensehung, geradlinig bis b fort, wobei es überdieß vor:

bayer Gebirge herrscht die transversale, und in den Saren

kommen kann daß in der Kammstrecke zwischen m und b

thaler Alpen eine von Nord gegen Süd gerichtete parallele

einzelne oder mehrere Gipfel höher sind, als irgend ein

Gliederung vor.

Kämme, den Kamm A z. B.

bildung gelangt .

Im nordöstlichen Theile, d . i. im Stu

Im eigentlichen Deßthaler Gebirge und

Ueber die plaſtiſchen und hypſometriſchen Verhältniſſe der Oſtalpen.

4

zum Theil auch in den Stubayer Alpen ist der Aufzug der Kämme groß und gewaltig, ihre Plastik breit, massig

schlossenheit der Kämme, ruhige abgerundete Formen, ſanf` tere Gefälle und vorwaltende Transversalgliederung be

und geschlossen, ihr Zusammenhang einfach, ihre Verglet

sißen.

scherung umfassender als in jedem anderen Theile der Ostalpen und die Gipfelbildung häufig durch Höhe und Formenpracht auffällig.

Salza, und alle übrigen Theile sind nichts weiter als lang gestreckte transversale Nebenglieder desselben.

In den Zillerthaler Alpen so wie in den Hohen Tauern

letterwähnten Gruppe, übrig bleibt, ist, mit geringen Aus nahmen, aus den Kalken und Dolomiten, der Trias-,

ist die Transversalgliederung vorwaltend , und dasselbe findet auch innerhalb der vier Nebengruppen der Hohen Tauern statt, obwohl die Hauptkämme der Antholzer und

Der Hauptkamm der Gruppe läuft entlang der

Was nun von den Nordalpen, nach Ausscheidung der

Jura- und Kreideformation zusammengesetzt , und kann demnach mit dem Collectivnamen der Nördlichen Kalkalpen

derSchobergruppe zum centralen Hauptkamme eine parallele, die des Deferegger Gebirges und der Kreuzedgruppe hingegen eine diagonale Richtung einhalten. Auch hier sind die

langen, vom Rhein bis zum Wienerbecken reichenden Ge

Kämme noch allenthalben hoch und nur schwach geſchartet

birgsgürtels muß ich hier als bekannt annehmen ; es sind die Namen der Vorarlberger und Algäuer Alpen, der

und deßhalb auch ihre Eisbedeckung groß und zusammen hängend. In den Hohen Tauern aber kommen in den

nordtirolischen, der Salzburger und österreichischen Kalk alpen welche hier vorkommen.

bezeichnet werden.

Die transversale Eintheilung dieſes

Umgebungen des Venediger und Großglockner ausgedehnte, plateauartige Bodenanschwellungen von großer Höhe vor, die das Auftreten des Gletscherphänomens in ausgezeich netem Grade begünſtigen.

Bezüglich der Gliederungsverhältnisse der nördlichen Kalkalpen muß zuvörderst erwähnt werden daß hier zwei wichtige Merkmale auftreten , welche diesen weitläufigen

Was die Elevation und Schön

heit einzelner Gipfelbauten in diesen Alpentheilen betrifft,

Gebirgscomplex sehr deutlich kennzeichnen, und zwar a) seine vorherrschend und in ausgesprochener Weise auf

so mag die Anführung des Olperer und Schrammacherspißes im Turerkamme, des Hochfeiler und Thurnerkamp im eigent

tretende Parallelgliederung, die sich nicht bloß auf die relative Lage seiner Ketten unter einander, sondern auch

lichen Zillerthaler- Gebirge, der Dreiherrenspize, des Vene auf den Parallelismus dieser Ketten zur Hauptlängenare diger, Großglockner, Vischbachhorns und Ankogels in den Hohen Tauern genügen .

des Alpensystems bezieht ; b) seine häufigen transversalen Durchbrüche, durch die aus dem inneren Gebirge hervor

Durch die Zerstücklung der beiden Arme der ſteyriſchen strömenden Gewässer. Alpen in mehrere, unter jehr verschiedenen Winkeln gegen

Diese transversale Zertheilung der nördlichen Kalkalpen

einander gelagerte kurze Kammstücke ist die Gliederungs form dieses Gebirges theils eine transversale, theils eine

entspringt nicht bloß aus dem Umstand daß lettere die

parallele, und streckenweise, besonders im Nordarme, östlich des großen doppelseitigen Diagonalthales der Liefing und

Vorlagen der Centralalpen sind und demnach den von daher kommenden Gewässern den Austritt aus dem Gebirg

Palten, sogar eine stockförmige geworden .

überhaupt gestatten müssen.

Lehtere findet

Es gibt nämlich auch noch

Das Hochthor, der

andere Querschnitte von großer Tiefe, die keine Oeffnungen für abfließende Alpenströme sind. Hieraus folgt daß die

Luggauer und der Kaiserschild in der Reichenſteingruppe,

Erosion nur in beschränktem Maße als die Ursache der

das Hochschwabmassiv, die Zeller Starrißen und die Hoch

dort statt wo sedimentäre Kalke und Schiefer in mächti gen Massen bis zur Mur vordringen.

veitsch sind isolirte Kalk- und Schieferstöcke, die ringsum

erwähnten Einschnitte angesehen werden darf, und daß diese Ursache vielmehr in den Hebungsvorgängen des Alpen

von tiefen Thaleinschnitten umgeben und theilweise (Hoch :

systems, begünstigt durch die Sprödigkeit des hier vorherr

schwab und Zeller- Starrißen) plateau- und karstartig aus Die Ketten der Kl. Tauern, die der Wenzel

schenden Bodenmaterials, zu suchen sey. Wenn aber auch nicht alle Risse bis auf die Basis des Gebirges hinab

und Saualpe, der Stainzer Alpen, der Stub und Hoch

giengen, um als Abflußöffnungen für die aus den Central

gebildet sind.

alpe, der cetischen Alpen und des Wechsels sind in sich

alpen herabeilenden Gewäſſer zu dienen, ſo ſind doch viele

vorherrschend transversal gegliedert, während sich bei den

tief und lang genug, um den in den Nordalpen selbst ent

Gebirgen zwischen der Gurk und Drau in Kärnthen eine

springenden Flüssen und Bächen die erforderlichen Rinn ſale darzubieten. Wir werden hiernach unter diesen Durch

parallele Anordnung der Kämme mit Entschiedenheit aus:

brüchen der Kalkalpen folgende scheiden:

spricht.

drei

Kategorien unter

Was die Gliederungsverhältnisse der Nordalpen anbe langt, so müssen wir bei Betrachtung derselben die Kit büchler Alpen abgesondert behandeln . Die Kizbüchler Alpen sind vorherrschend aus Urthon

1. Einschnitte durch die ganze Masse der nördlichen Kalkalpen bis auf den Grund hinab , und von den Ge: wässern der Centralalpen als Ausflußwege benüßt .

Hiezu

schiefer, dann aber auch aus den Schiefern der Uebergangs

gehören : a) das Rheinthal, b) der Inndurchbruch bei Kuf

formation aufgebaut, weßhalb sie in ihrer Gliederung und

stein, e) das Thal der Kizbüchlerachen, von St. Johann

Plastik noch alle Eigenschaften des Urgebirgs

in Tirol bis zum Chiemsee , d) das Querthal der Salza,

das iſt Ge

Ueber die plastischen und hypſometriſchen Verhältnisse der Ostalpen.

5

Ennsdurchbruch von Hieflau bis Stadt Steier.

nördlichsten und niedrigsten durchbrechend ; h) das Thal der Berchtesgadner-Ache ist der tiefe Haupteinschnitt in die

2. Einschnitte durch die ganze Maſſe der Kalkalpen, doch in der südlichsten Kette nicht bis auf die Gebirgsbasis

circusähnliche Kalkmaſſe der Salzburger-Alpen ; i) das Thal der Traun entsteht unweit Aussee, ist durch die Lücke bei .

von St. Johann im Pongau . bis Salzburg und e ) der

hinab , weßhalb sie von den Gewässern der Centralalpen

Mitterdorf mit dem Ennsthale verbunden und öffnet sich

als Abflußcanäle nicht verwendet werden können .

bei Gmünd in das österreichische Hügelland ; k) das Thal von Windischgarsten und das der Steher ; 1 ) das Thal der Jps ; m) das Erlafthal ; alle diese nach Norden ge öffneten Thäler durchschneiden sämmtliche Kalkfetten mit Aus

Zu dieſer

Classe sind zu rechnen : a) der Einschnitt der Zürſeralpe, nordwestlich des Arlberges, durch das Lechthal fortgeseßt: b) der Einschnitt am Fernpaß, in nördlicher Richtung durch das Ehrwalder und Loiſachthal bis Murnau, in südlicher durch das Gurglthal bis Imst fortseßend ; e) der Einschnitt

nahme der südlichsten ; n) das Bielachthal läßt drei und o) das Trasenthal läßt zwei der südlichsten Kalkketten

von Seefeld bei Zirl , gegen Norden durch die Scharnit

undurchbrochen.

und das Thal der Isar sich verlängernd ; d) der Einschnitt des Achenthales , in seinem Höhenpunkte nicht mehr als 1200 Fuß über Jenbach und gegen Norden in das Isar thal einfallend ; e) das Querthal der Saal ( oder Saalach), jüdlich über den Zellersee bis an die Salza verlängert ein tiefer, fast vollständiger Durchbruch der Nordalpen ; f) der Einschnitt bei Mitterdorf unfern Auſſee , mit ſeinem höchsten Punkte nicht ganz 500 W. F. über dem Niveau. des Ennsthales bei Steinach ; g) der Einschnitt bei Maria Zell, nördlich zur Erlaf und südlich zum Thale der steirischen Salza abfallend ,

mit der Paßhöhe nur 300 W. F. über

Noch ungleich größer endlich ist die Anzahl jener Quer spalten von geringerer Länge, die demnach auch nur zwei, drei oder vier jener parallelen Kalkketten durchsetzen ; ich zähle etwa 30 solcher Thäler. Die natürliche Folge dieser vielen Transversalschnitte ist die Auflösung des Gebirges in eine Menge kurzer, an den Querspalten meist scharf ab schneidender Kämme, wodurch, besonders in den österreichischen Kalkalpen, wo die angeführten Continuitätsstörungen des Gebirgsmassivs relativ häufiger vorkommen, die stockför mige Gliederung in ausgezeichnetem Grade zur Ausbildung gelangt. Schon das Kaisergebirge bei Kufstein, die Stein:

das am Nordrande der

berge bei Lofer, das Sonntagshorn und der Staufen bei Reichenhall, noch mehr aber die Salzburger Alpen , bilden

3. In diese Classe fallen endlich alle jene querliegen

-eine auffällige Einleitung für das Auftreten dieser Gliede

den Einschnitte oder Thalſpalten, welche zwei oder mehrere

rungsform, die dann weiter östlich, im Tennengebirge, im

der parallelen Kalkketten durchbrechen, an ihren Ursprüngen

Dachsteinmassiv, im todten Gebirge , im Hohen Bürgas, Großen Buchstein und im Tamischbachthurm, in der Vor alpe, im Dürrenstein und Detscher, in der Schneealpe, in

dem Maria Zeller Eisengußwerke , Centralalpen liegt.

aber durch mehr oder minder hohe Querjoche von den Thälern der jenseitigen Gebirgsabdachung geschieden sind. Die Zahl der Thalfurchen dieser Art ist eine ziemlich große, weßhalb wir uns hier nur auf die Angabe der wichtigsten beschränken wollen : a) das Walserthal in Vorarlberg : es führt einen Theil der Gewäſſer der Vorarlberger- Alpen in südlicherRichtung der Ill zu ; b) das Thal der Bregenzer Achen durchbricht 5-6 Kalkketten und mündet bei Bregenz

der Raxalpe und im Schneeberge bei Neunkirchen in typi scher Vollendung erscheint. Nicht selten macht sich bei diesen Kalkstöcken, wie dieß beim Hochschwab und bei der Zeller-Starrizen bereits erwähnt wurde , eine plateauar tige Ausbreitung geltend ; wellenförmig gestaltete, steinige,

in das Rheinthal aus ; c) das Thal der Jller, vom Wid

wüste Hochflächen, von Löchern und Mulden karstartig durchzogen, trocken, quellenlos und dem Auge für die Dauer

derſtein in Vorarlberg bis Immenſtadt in Bayern ; d) das Lechthal, von der Rothen- Wand in Vorarlberg bis Reutte,

widerlich, bilden die höchsten Theile dieser oft sehr ausge dehnten Kalkmassen, die in ihrer Dede und Einförmigkeit

9 Meilen weit, ein zwischen der südlichsten und nächſtfol

die Sehnsucht nach dem freundlichen Grün der Uralpen zu

genden Kalkkette hinziehendes Längenthal, dann ein Quer

erwecken vollkommen geeignet sind. Dennoch kann zugegeben werden daß die Kalkalpen im allgemeinen durch ihre Farbencontraste , durch ihren

thal bis zu seinem Austritte aus dem Gebirge bei Füßen ; e) das Loisachthal beginnt als Ehrwalderthal bei dem Dorf Ehrwald in Tirol und übergeht bei Eschenlohe in das bayerische Flachland ; es durchbricht alle Kalkfetten mit Aus: nahme der südlichsten ; f) das Thal der Jsar, dieses ent springt am Halleranger im Hinterauthale, zieht erst nach Westen, wird von der Scharniß an bis Wallgau ein Quer thal, verwandelt sich dann eine Strecke weit wieder in ein Längenthal, wird zuletzt abermals ein Querthal und ver

größeren Formenreichthum und insbesondere durch ihre kühnen, bizarren Felsgestalten den Centralalpen an ma lerischem Reiz weit vorangehen. Die Schönheit dieser ist von anderer, ich möchte sagen geistiger Art ; sie imponiren durch ihren höheren Aufzug, durch ihre gewaltigen Maſſen, durch den ruhigeren Ernst ihrer Formen, durch ihre um fassenderen Eisbedeckungen und durch die wundervollen

durchschneidet alle Kalkketten, ausgenommen die südlichste ; g) das Brandenbergerthal, bei Rattenberg in das Zunthal

Gebilde der großen Gletscherſtröme in ihren Thälern. Was die oben unter a ausgesprochene Eigenthümlich. keit der nördlichen Kalkalpen betrifft, so muß im allge

einfallend und alle Kalkketten mit Ausnahme der zwei Ausland. 1869. Nr. 1

meinen erwähnt werden daß die Kalkgebirge in der Regel 2

läßt als solches das Gebirge bei Tölz.

Auch dieses Thal

Philippeville. 6

als Hauptsitze der Parallelgliederung anzusehen sind.

So

Philippeville.

finden wir diese Gliederungsform sowohl in den nördlichen Von Gerhard Rohlfs.

• als südlichen Kalkvorlagen der Ostalpen , in den fran zösischen Kalkalpen, in den Kalkketten südlich der eigent

Mein Tagebuch fängt wie gewöhnlich vom mittellän

lichen Pyrenäen, im ligurischen, toskanischen und römischen.

dischen Meer an, die ersten Zeilen an Bord selbst geschrie:

Apennin, insbesondere aber im Jura und in den zahllosen Bergzügen des illyrisch-griechischen Gebirgssystems deutlich

ben.

Und warum sollte es auch nicht ?

Das Wetter ist schön, wie im Mai bei uns, und ob

Zuweilen, wie im Jura, sind diese parallelen

schon das Schiff etwas rollt, hindert das nicht die Feder

Bergzüge durch seitlichen Druck und durch Dislocation her

ihre Zeichen auf das Papier werfen zu laſſen . Soll ich auch von meinem Eindruck in diesem Jahr sprechen den ich in Frankreich gehabt, so kann ich nur sagen daß, so wan delbar das französische Volk sonst auch ist, es in dem Gedan

ausgebildet.

vorgebrachte Faltungsketten ; meistens aber sind sie durch Hebung und Verwerfung der Bodenmassen entstanden, weß halb die zwischen ihnen liegenden Längenthäler in dieſem Falle als große Verwerfungslinien zu betrachten sind. In den nördlichen Kalkalpen sind es 6-8 solcher Paral

fen uns in Norddeutschland Krieg zu machen , dieselben

lelfetten, welche in der Breite von ebenso vielen Meilen

Grundsäge bekennt wie im vorigen Jahre, als ich ungefähr um gleiche Zeit dieses Land durchreiste um die englische

Gewöhnlich ist Diese mächtige Kalfzone zusammenseßen. während höchste, die Kette zugekehrte die den Centralalpen

Campagne gegen Theodor mitzumachen. In der That, der intelligente Theil der Bevölkerung, vor

die folgenden gegen den äußern Rand des Gebirges all

züglich der Kaufmannsstand und die Arbeiter, wollen nichts

mählich an Höhe abnehmen, doch kommen stellenweise auch

von einem Kriege mit Deutschland wiſſen, ſondern bekennen offen daß die Heßereien der vielen chauvinistischen Blätter

Ausnahmen von dieser Regel vor. Im allgemeinen glei chen diese Parallelketten , mögen sie auch oft eine bedeu

einzig einer kleinen Partei zuzuschreiben sind, welche zwar

tende Länge und absolute Höhe erreichen, den transversalen

mächtig, aber nicht die wahre Meinung des französischen Volks vertritt.

Nebengliedern der Centralalpen, d. h. sie erheben sich wall artig und ihre Abfälle nach beiden Seiten geschehen ge

Im übrigen tanzt, lacht und spielt der Franzose wie immer, und wenn der Schwabe erst vernünftig mit dem

wöhnlich in schroffen, blanken Wänden, ohne die Vermittlung fürzerer oder längerer, den Hauptkamm in den Hintergrund drängender Widerlagen .

vierzigsten Jahre wird, so müßte man mit Fug und Recht sagen: der Franzose wird es erst mit dem achtzigsten, das

Den Leser der das Gebirge kennt,

erinnere ich unter den Theilen der Nordalpen auf die Mehr

heißt mit seltenen Ausnahmen nie.

zahl der Ketten in den Vorarlberger-Alpen, auf den Mie | minger Rücken bei Telfs, auf die Südseite des Wetterstein- Ge

eigenen Ausdruck hat erfinden müssen, womit wir andern.

birges, der Karwendel

und Solsteinkette, auf das Kaiser:

Ist es nicht bezeichnend genug daß der Franzose einen

gebirge bei Kufstein, auf die Wände der Salzburger- Alpen,

Völker etwa sagen : „ er ist ein vernünftiger Mann, C'est un homme sé man kann sich auf ihn verlassen:

des Tennen-, Dachſtein- und todten Gebirges u. s. f. Doch kommen allerdings auch transversal gegliederte Kalkfämme

damit glaubt nämlich der Franzose von einem rieux Franzosen zu sagen, er lacht nicht immer, er tändelt nicht

vor, unter denen die Kette zwischen Inn und Lech, die Hochvogelkette nördlich des Lech, die Nordseite des Wetter:

immer und man kann falls er Gelehrter iſt, ihm Vertrauen schenken. Der Ausdruck ,un homme sérieux," ist noch gar

steingebirges, der Salzburger Alpen, der Dachsteingruppe

nicht alt, gangbar ist er erst zur Zeit des zweiten Kaiser

u. a. Erwähnung verdienen. Wer aber vermöchte die besonders in den höheren in

reiches geworden. Auf einen Deutschen oder Engländer würde indeß ein Franzose nie das Wort un homme sé

neren Kalkkämmen auftretende Mannichfaltigkeit, so wie

rieux

die jeder Phantasie spottende Wildheit und Zerrissenheit

diesen Nationen angehören alle ernste Leute sind. Mein Aufenthalt währte jedoch nicht lange in Frankreich ; einige Tage in Paris um meine Ausrüstung in den präch

der Berg und Gipfelbildungen treu und verständlich zu schildern Man muß diese Dinge von einem erhöhten Standpunkte und aus unmittelbarer Nähe selber beſehen haben, um von dem wilden Durcheinander dieser Kalk massen,

von ihren unbeschreiblich zerscharteten

Graten,

A

anwenden, es versteht sich von selbst daß Leute die

tigen Docks de campement auf dem Boulevard des ca pucines zu vollenden , und dann gieng es gleich weiter Wie in Paris, so findet man auch hier nach Marseille.

ihren furchtbaren Wänden und Abgründen, ihren borstigen. Rippen und Felsstacheln und von dem oft sinnverwirren den Reichthum ihres Formendetails eine richtige Vorstel

jedesmal, wenn gleich nur in dem Zwischenraum eines

lung zu erlangen.

raschen Aufschwung wie Marseille, besonders hervorgerufen. durch den Handel mit der gegenüberliegenden Colonie.

(Fortsetzung folgt.)

Jahres, die merkwürdigste Veränderung. Keine Stadt am mittelländischen Meer nimmt einen so

Und was würde Marseille seyn, befände sich die Colonie in einem blühenden Zustande, hätten die Franzosen von Anbeginn der Eroberung den Grundsatz befolgt : die Ara

Philippeville.

ber, vielleicht auch die Berber, in die Wüste zu dräng en wohin sie gehören, und so ein freies Terrain für euro

englischen war nur die Times vorhanden. Die eigentlichen Marseiller sind eben nur Krämer, keine Kaufleute, der

päische Cultur und Geſittung geschaffen ! Unter dieſen Um

Großhandel ist einzig in den Händen eingewanderter Fran

ſtänden würde Algerien statt jezt einige hunderttauſend Europäer, einige Millionen haben. Aber die falschen Grund:

zosen oder Schweizer.

jähe von Philanthropie,

Leute, welche auf die fanatischen Eingebornen dieselben

dem vorlegten Präfecten einen wahren Haußmann ' ge habt. Die Präfectur, die neue Börse, das kaiserliche Pa

Regeln anwenden wollten welche man auf durch Jahrhun

lais, das bischöfliche Schloß, ohne viele andere Gebäude

derte hindurch gereifte Völker anwendet, haben dieß alles verhindert.

zu nennen, sind alle Prachtbauten, und die neuen Stadt

die civiliſatoriſchen Ideen solcher

Ich will damit nicht sagen daß die Araber sich nicht civilisiren ließen ; sie haben sicher dieselben Anlagen, Fähig keiten, Gefühle wie wir, aber sie wollen keine Civilisation,

Aber großartig ist die Stadt und hat in Hrn. Maupas

theile, die Faubourgs mit den beiden großartigen Häfen Port Napoléon und Joliette machen Marseille zu einer der glänzendsten Städte des Mittelmeeres.

ihre Religion erlaubt es nicht. Und eben deßhalb werden sie ver

Und auch die Umgebung hat merkwürdige Verände rungen erlitten , früher von kahlen Kalkfelsen bordirt,

schwinden, denn die Civiliſation läßt sich nun einmal nicht auf halten, und die Völker welche nicht mit fort wollen, werden ab

hat man durch sorgfältigste Bewässerung und Auftragen von

sorbirt oder vernichtet werden.

welche die Meeresufer pittoresk aber nicht schön machten,

So sehen wir denn audy

Humus grüne mit Pinien und anderen Bäumen geschmückte

unaufhaltſam den Islam seinem Ende entgegen gehen,

Hügel geschaffen, und der Prado von Marseille ist einer der

jowohl Araber als Türken können sich gegen das Christen: thum nicht halten ; ohne daß diesen Völkern ein Zwang

schönsten Welt.

angethan wird, gehen sie ihrem Untergange entgegen. Und

Wege nach Toulon längs dem Meere gelegen, eine Reſtau

selbst in der

ration im großartigsten Verhältnisse aufgeführt , von der aus man die prachtvollste Aussicht auf Stadt, Meer und

christlichen Religion

sehen

wir bei den

Völkern welche durch die Religion gefesselt sind, ein geisti ges Verkommen, einen Rückschritt : der Franzose sieht und constatirt mit Bangen keine Zunahme der Bevölkerung,

Wer nach Marseille kommt , versäume

ja nicht nach der sogenannten Reserve zu gehen, auf dem

die vorliegenden Inseln hat. Doch alle diese Einzelheiten sind in den Reisebüchern

und in Spanien, in Italien, wie sieht es da aus!

zu finden, und ich für meinen Theil hatte Marseille schon

Dem Islam gegenüber ist aber selbst die katholische Religion Fortschritt, deßhalb wird auch das muhammeda

ſo oft gesehen, vom

nische Element über kurz oder lang dem Christenthum in

Palais sich hinziehen, hatte ich vor Jahren gebadet), daß '

Algerien unterliegen, so sehr sich die französische Regierung auch Mühe gibt die Araber zu civiliſiren, zu pflegen, zu

ich gar keine Lust verspürte den Aufenthalt unnöthig zu verlängern.

begünstigen und auf Kosten der Europäer zu bevorzugen. Wir fanden in Marseille alles in beſter Ordnung, und

Es war mir deßhalb sehr erwünscht, daß Consul Schnell

wie immer die liebenswürdigste und zuvorkommendſte Auf nahme bei unserm deutschen Consul, Hrn. Schnell. Ein

Anfange seines neuen Daſeyns an

(da wo die prächtigen Häuser unterhalb

des bischöflichen

sich bereitwilligst erbot , meine sämmtlichen Kisten nachh Malta spediren zu wollen ; auf diese Art wurde es möglich daß ich gleich am folgenden Tage Passage an Bord des

sehr bekannter preußischer Abgeordneter hatte sich vor der Kammer einst beklagt daß wir in Marseille einen Consul

nach Tunis fahrenden Dampfers nehmen konnte , um so

haben der nicht Deutsch verstehe ; es ist dieß die Wahr heit, indeß ist der Kanzler des Consuls ein Deutscher, and außerdem verstehen fast alle Angestellten auf seinem Büreau

ſollte erst am 27 November und mit ihm mein Gepäck ab gehen, wir selbst giengen Nachmittags desselben Monats,

Deutsch. In Frankreich oder England würde sich kein Mensch darüber beschweren, falls der Consul die Landes

derMeſſagerie gehörender Dampfer, sondern ein von dieser Ge sellschaft gemiethetes Boot, welches der Compagnie der Navi

sprache nicht verſtände, wenn man nur protegirt wird, und sonst mit ihm communiciren kann, und beide Länder haben

war das Schiff bis Philippeville mit Paſſagieren aller Claſſen

aufdiesem Umwege Malta zu erreichen. Der directe Dampfer

am 20 an Bord.

Unser Schiff, Cayd genannt, war kein

gation mixte zugehörte. Klein und mangelhaft eingerichtet

im Auslande Consuln genug die nicht die resp. Sprachen

überfüllt, und selbst die erste Classe hatte ein knotiges Aus

verstehen. Uebrigens ist Hr. Schnell, wie schon sein Name an

jehen.

deutet von Abstammung ein Deutscher , und gewiß ein

man war, bestand die ganze Zahl der Passagiere aus Franzosen. Die zweite Classe war theils mit französischen

guter Patriot, der auf's beste für König und Vaterland jorgt. Wie wenig übrigens sonst von den Marseillern auf deutsche Sitte und Sprache gegeben wird, geht daraus

Mit Ausnahme eines Engländers, der wie ich nach

Tunis wollte und ein sehr gebildeter und feiner Gentle

Officieren, theils mit Kaufleuten besett ; das Verdeck war überfüllt mit Soldaten aller in Algerien üblichen Trup pen, mit leichten Frauenzimmern , welche das Mutterland

bervor daß nicht ein einziges deutsches Journal im ersten Club | der Stadt dem Cercle des Phocéens , vorhanden war, von den

1 Präfect von Paris.

8

Philippeville.

einer

Colonie sandte, und einigen arabischen Pilgern, welche von Mekka kamen. Glücklicherweise dauerte die Fahrt nicht lange Zeit, und das Wetter war andauernd günstig , schon am Sonntag Morgens den 22 d. Mts. waren die Berge Afrika's in Sicht, und um 2 Uhr lagen wir vor Stora, dem kleinen Hafenorte von Philippeville.

Stora nimmt zu Philppe

und französisch, jedoch konnte er es nie lassen den Engländer herauszubeißen wenn's an's Bezahlen gieng ; dann drang er den Leuten immer mit Gewalt die doppelte Summe auf, so daß manche ihn sicher für verrückt hielten.

Wir weilten noch einen andern Tag in Philippeville ,

ville denselben Plaß ein den Mers el Kebir zu Oran hat, auch die topographiſche Lage iſt faſt dieselbe.

Aber sowohl an

Wichtigkeit im Verkehr als an Echönheit übertreffen die beiden Orte der Provinz Oran um ein dedeutendes

Dazu

machte nochder merkwürdige Habitus seines Körpers, da er an allen Gliedern halb gelähmt war, daß ich oft mein Lachen faum unterdrücken konnte.

ich verbrachte ihn damit

die sehr merkwürdigen Alter:

gieng

thümer der Stadt zu besehen. Zum Theil bestehen dieselben aus großartigen Cisternen , auf den Anhöhen, welche zu beiden Seiten die Stadt flankiren, gelegen. Es scheint

rasch von statten , da Barken genug vorhanden waren und die Araber doch unter französischer Herrschaft schon

Waſſer das ganze Jahr hindurch aus Ciſternen bezog, und

die der Provinz Constantine.

Die

Ausschiffung

ein gutes Theil jener Zudringlichkeit und Unverschämtheit verloren haben, welche sie da ausgezeichnet wo sie unter eigener oder türkischer Herrschaft stehen.

Aber nun, wo

daß Philippeville unter der Römerherrschaft ausschließlich sein

selbst heute, wo die Franzosen den Ort durch eine Waſſer leitung versorgt haben, wird noch ein großer Theil der Stadt aus den antiken renovirten Waſſerbehältern ge Und noch alle Tage entdeckt man neue Reservoirs,

unser Schiff ruhig auf den glatten Wellen lag, merkte

speist.

ich daß es noch eine berühmte und glänzende Schön

so hat man ganz kürzlich noch hinter der Commandantur eine

heit beherbergt hatte, die Marquise von G ..., eine der

der großartigsten alten Cisternen, vollkommen gut erhalten,

ersten Schönheiten am Hofe Napoleons III und Ehren dame seiner kaiserl. Gemahlin. Diejenigen, welche mit dem

bloßgelegt, niemand hatte eine Ahnung davon seit den mehr als 30 Jahren daß die Franzosen Philippeville besigen.

Hofe Napoleons vertraut sind , werden leicht errathen können wer diese hervorragende Schönheit ist, welche hier

Die herrlichsten Bauüberreste von Phillippeville finden sich da wo heute das College hingebaut ist, und hier hat man

von ihrem Gemahl , dem Obersten des 3. Regiments der

auch das archäologische Museum eingerichtet.

Chasseurs d'Afrique empfangen wurde.

Wir ließen uns

halbzirkelförmig, wie eine ähnliche, aber viel kleinere, in Ve

alle direct nach Philippeville rudern, und die meiſten von uns stiegen im Hôtel d'Orient ab ; das heißt ich schreibe

rona vorhanden ist, beherbergt jezt eine Menge werthvoller Statuen, Sarkophage und Grabſteine, welche mit den zahl

Hôtel, man denke „Kneipe." In der That merkwürdig genug wie gleich beim Betreten der Provinz Constantine

reichen oft gut erhaltenen Inschriften dem Forscher ein ganzes Blatt aus der Geſchichte vorlegen. Eine faſt voll:

die angenehme Erinnerung der so sehr guten Hôtels in Grade das Hôtel Algier und Oran zu nichte wird.

kommene erhaltene Statue eines römischen Imperators fesselte vor allem unsere Aufmerksamkeit. Herr Roger, der

Eine Arena

d'Orient der Stadt Algier selbst kann mit den größten

gelehrte Vorsteher des Museums, glaubt in derselben einen

Hôtels der größten Städte wetteifern und hier ?

Ein

Hadrian zusehen, andere haben einen Caracalla darin erkennen

Zimmer, deſſen Wände nur hell getüncht waren, schmutzige Betten, das primitivste Ameublement. Wie wird sich die Mar

wollen. Ich denke daß der Grund des Herrn Roger ein Bater , Bruder und Menschenmörder könne unmöglich eine

quise von G...., die so eben aus den glänzendsten Salons

jo

von Compiègne kommt, hier zurecht finden, dachte ich, und

habt haben,"

doch waren ihre Zimmer, welche sie mit ihrem Mann inne

daß sehr

hatte wohl nicht besser als mein's .

die größten Scheuſale

Doch wozu braucht

ausgezeichnete, intelligente und gute Physiognomie ge nicht stichhaltig ist.

Die Geschichte zeigt

häufig die körperlich bestgeformten waren .

Menschen

Viel richtiger iſt indeß

man Zimmer in einem Lande wo ewig Frühlingslüfte wehen ! Riefs und gieng hinaus auf den Plaz wo die Mi

Herrn Rogers Behauptung, eine große Aehnlichkeit in den Gesichtszügen der Statue mit den dem Hadrian gewid

liz-Musik gerade eine Pièce aus der Afrikanerin ſpielte. Darüber kam der Abend heran und denselben verbrachten

meten Münzen gefunden zu haben. Es sind noch mehrere andere Marmorſtatuen aufgestellt, von denen es jedoch

wir, d. h. der Engländer Herr B. vom Foreign Office und

noch

ich, gemeinschaftlich.

Wir hatten viele Anknüpfungspunkte

facher Marmorsarkophag wurde, vollkommen gut erhalten

zusammen, abgesehen davon daß er, wie jeder Engländer, sehr deutsch gesinnt war, kannte er fast alle meine Be

dicht bei Philippeville auf dem Wege nach Stora gefunden . Das Skelett befindet sich im Museum selbst. Andre Sar

kannten in London und ich dieſeinigen in Berlin, er war bei der

kophage mit Basreliefs , jedoch ohne Deckel, sind mehrere vorhanden. Die Capitäler vom schönsten korinthischen

letzten Reise der Königin nach Berlin in deren Gefolge ge wesen.

Wir durchliefen die verschiedenen Cafes, die Straßen

und waren Abends einen Augenblick im Theater, wo zum Besten der Armen ein Ball gegeben wurde.

Herr B. war

ein ganz angenehmer Gesellschafter, sprach auch gut deutsch

unsicherer ist, was sie vorstellen sollen.

Ein ein

Laube lassen schließen wie reich das alte Rusicade war. Viele dieser Schäße sind aus der Umgegend hergebracht, zum größten Theil jedoch in der Stadt selbst gefunden worden.

Philippeville.

9O L

Der Alterthumsforscher findet aber seine eigentlichen Kleinodien im Museum selbst, und wenn das Gebäude auch

Bäume sind meistens Oliven, Korkeichen und Lentisken, und von kleinerem Gebüsch findet man die Zwergpalme und

schuppenartig aussieht, so birgt es doch manche Sachen um welche es die Museen in London und Berlin beneiden

Zahlreiche kleine Dörfer umgeben die Stadt, es Aloe. scheint aber keines in besonders blühendem Zustande zu

würden. Erst auf Antrieb des Prinzen Napoleon im Jahre 1859 ins Leben gerufen, zu der Epoche wo diesergelehrte

seyn, wenigstens sehen die welche wir besuchten, nur kläg lich aus. Um von der einheimischen Bevölkerung zu spre

und die Wiſſenſchaften pflegende Prinz ein Rundschreiben an die Präfecten von Algerien richtete ; d'aviser à la conservation des ruines, vestiges et débris de la domi nation romaine," gat in der kurzen Zeit von nicht 10

chen, fällt einem fast die Feder aus der Hand ; die schreck liche Hungersnoth welche so eben die Araber decimirt hat und jest freilich zu Ende ist, sprach noch aus den Augen

Jahren, unter der sorgfältigen Hand des Herrn Roger das archäologische Museum einen raschen und blühenden Auf schwung genommen. Aber um ein solches Werk zu fördern, gehört auch eben ein Mann dazu wie es Herr Roger ist. Von Stand Architekt und Professor der Zeichnenkunst am Collegium in Phillippeville batte ich das Glückselbst von ihm . im Muſeum herumgeführt zu werden, und konnte mich überzeugen, mit welcher väterlichen Sorgfalt er jedes auch das kleinste Object würdigte. Und nicht nur hatte er seine Aufmerksamkeit auf alte römische Ueberreste oder Gegenstände aus der ersten Pe riode des Christenthumes gerichtet, da finden wir pracht volle Stalaktiten, Korallen, Kryſtalle aus der Umgegend der Stadt, eine Schädelsammlung, ethnographische . Gegen

fast jedes Individuums. Zerlumpt, schmuzig, der Körper nur aus Haut und Knochen bestehend, schleichen ſie wie Phantome umher. Aber sie haben schon alles vergessen und nichts gelernt , eine nächste Mißernte wird ihnen ein gleiches Schicksal bereiten. Am Hafen lungerten immer Hunderte dieser halbnackten Kerle herum, und blicken mit stolzer Verachtung auf die arbeitenden Christen, ohne indeß zu stolz zu seyn einem Fremden gleich die bettelnde Hand entgegenzustrecken. Hr. B., der Engländer, kehrte noch Nachmittags an Bord zurück, das Wirthshaus war ihm zu schlecht, und da er seines kranken Zustandes wegen nicht gehen konnte, also fast die ganze Zeit auf das Hôtel d'Orient angewiesen war, konnte er auch nichts beſſeres thun. Ich selbst blieb mit meinen Leuten noch bis am an:

stände selbst aus China, ja in leßter Zeit war es Herrn Roger gelungen einen echten Tintoretto, den ein Malteser

Der Weg geht immer längs des Meeres und an zahlreichen

Marketender im Winde aushängen hatte , für's Museum

Landhäusern, von hübschen Luſtgärten umgeben, vorüber und

zu erstehen, und das zu dem fabelhaft billigen Preise von 3 Francs. Es soll unzweifelhaft feſtſtehen, daß das Bild von Tintoretto ist, und so würde es jetzt einen Werth von

bei jeder Drehung des Weges bietet er ein anderes Pano

einigen Tausend Thalern erlangt haben. Hauptsächlich reich ist die Sammlung von Lampen, ei nige davon auf dem Boden mit einem Kreuze versehen, ein Zeichen daß sie der christlichen Zeitrechnung angehörten ; Thränenvasen , Amphoren , Aschenvasen sind in reichhal tigster Auswahl vorhanden, und täglich werden noch neue gefunden. Ueberhauptsind alle Haushaltungsgegenstände vorhanden, Schmucksachen, Küchengeſchirr 2c. Daß die Münzen nicht fehlen, versteht sich von selbst, und besonders ist es der Meeres strand der nach heftigen Stürmen oft eine reiche Ernte gibt fürs Museum. Die meisten Münzen sind von Hadrian, dann von Antonin dem Frommen, Fauſtin, Maxentius, Constantin dem Großen, Constantin dem Jüngern, Mar cus Aurelius, Claudius dem II , Trajan, Veſpaſian, Alexan der Severus und einzelne von fast allen anderen Impe ratoren.

dern Morgen, und dann giengen wir zu Fuße nach Stora.

rama daß die vier Kilometer Entfernung ganz unbemerkt dahin schwinden.

Stora selbst ist ein kleiner Ort von einigen Häusern, und dieſe ſind faſt alle Schnapsläden oder Kaffeehäuſer, aber auch eine Kirche und Schule fehlen nicht, beide hoch über dem Orte gelegen, der Ort war auch schon in alten Zeiten angesiedelt, eine großartige Eisterne, von den Römern erbaut und jetzt renovirt, und eine reizende Marmorfontaine, am Meere gelegen und von der Cisterne gespeist, bezeugen dieß hinlänglich . Noch heute hat die Cisterne Waſſer genug für den ganzen Ort, und die Marmorfontaine strahlt das Wasser noch ebenso aus wie zur Zeit der Römer. Von einem hohen Gewölbe überdacht, ein Gewölbe welches halb in die Felswand gehauen und halb aus Ziegeln errichtet iſt, aber auch aus den Römerzeiten herſtammt, verbreitet die Fontaine eine so angenehme Kühle daß ich hier mein Früh stück auftragen ließ und die Zeit verbrachte bis ich an Bord zurückgieng.

Sehr zahlreich sind die numidischen Münzen, alle

Von Zeit zu Zeit kamen die jungen Storenser Mädchen

daran kenntlich daß sie auf einer Seite ein laufendes Pferd

mit ihren Waſſerkrügen um sie zu füllen, fast alle barfuß und fast alle italienisches Blut, denn die eigentliche Volks

zeigen, meist nach links gerichtet. Nachmittags besahen wir die Umgegend von Philippe ville, welche überall einen lachenden Garten bildet, und selbst zur Winterzeit hatten die warmen Regen in wenigen. Tagen eine so üppige Vegetation hervorgerufen, daß der Frühling wirklich vor den Thoren zu seyn schien; die Ausland. 1869 Nr. 1.

ſchichte beſteht hier meiſt aus Maltesern . Sah man aus der künstlichen Grotte heraus, so hatte man das schönste Bild vor Augen, der ganze herrliche Golf, im Hintergrunde Philippeville, die auf den Wellen schaukelnden Dampfer, zahlreiche kleine Fischerboote mit ihren großen lateiniſchen 3

Geschichte der franzöfifchen Seidenweberei.

10 Segeln ―― mögen.

Tagelang hätte ich in diesem Zauberneste bleiben Aber die Stunde schlug, der alte Bootsmann be

mächtigte sich des Gepäckes, und wir ruderten wieder auf auf unsern Cayd los.

den fremden Seidenarbeitern die verlockendsten Verheißungen in Aussicht zu stellen.

Ein Edict vom 2 Dec. 1536 ge

währte daher dieſer glücklichen Elaſſe eine Reihe von Be freiungen, welche, wenn heutzutag ein Land sie böte, eine massenhafte Einwanderung herbeiführen würden. Die Seiden weber durften keine Steuern zahlen , erhielten unentgelt liche Wohnungen, konnten wegen Schulden nicht gefänglich eingezogen werden, und bekamen die Erlaubniß Schwerter

Geschichte der französischen Seidenweberei zu tragen

Ludwig XI bürgerte die Kunst der Seidenweberei in

eine Auszeichnung welche in jenen Zeiten nur Zwei Genuesen , Stephan Tur

den Adeligen gebührte.

Er ließ einige Arbeiter aus Italien dahin

queti und Batholomäus Nariz, giengen, gelockt durch diese

kommen, und mit Hilfe dieſer gründete Wilhelm Briſſonnet

verführerischen Anerbietungen, ihren Landsleuten mit dem Beispiel voran und kamen nach Lyon . Sie sammelten

Frankreich ein.

in Lyon eine kleine Fabrik für Gewebe von Seidenstoffen in Mischung mit Gold und Silber. Mittelst eines aus Orleans, 23 Dec. 1466, datirten Patents erkannte der König die Anstalt förmlich an, und um ihr eine passende Aufmunterung zu geben, decretirte er daß alljährlich von den Bewohnern Lyons eine Abgabe von 2000 Silber : Pfund (etwa 2400 Thaler.) erhoben werden solle, um die vorbesagten Webstühle, die zu beschäftigenden Arbeiter Meister und die für die Färber unumgänglichen Dinge zu bezahlen." Ferner befreite der König für einen Zeit raum von zwölf Jahren sämmtliche Arbeiter die in irgend

schnell ungeheure Reichthümer. Ihr Glücksstern veran laßte andere ihnen zu folgen, und ein wahrer Strom von Italienern ergoß sich über die Gränze. Das Talent und die Ausdauer der neuen Ankömmlinge, durch das Patronat aufeinanderfolgender Könige und Miniſter geſtüßt, brachten die französische Seidenfabrication zu raschem Gedeihen, ſo daß sie in kurzer Zeit eine hohe Stufe der Vortrefflichkeit er reichte, und sich diese bis zum heutigen Tage zu wahren wußte. Dennoch waren die genuesischen Fabriken noch furcht:

einer Weise mit dem Seidengeschäft in Verbindung standen,

bare Nebenbuhler der französischen. Der alte festbegründete

von allen Abgaben, Gebühren und Steuern.

Ruf und die ununterbrochene Vortrefflichkeit der italienischen

Vier Jahre später, im Jahr 1470, siedelte sich eine Colonie italienischer Weber in Tours an, und gründete da

Seidenzeuge waren für die Lyoner Weber höchst beun ruhigend. Man fieng an von " Schuß“ zu murmeln , und im Jahre 1560 wurde eine Bittschrift an den König ge

selbst

eine Fabrik, welche noch heutiges Tags besteht.

Endlich wurden gegen das Ende dieses nämlichen Jahr

richtet, worin man ihn bat die Einfuhr fremder Seiden

hunderts die ersten Maulbeerbäume in Frankreich gepflanzt,

waaren zu verbieten, oder dieselben mindestens mit so hohen

und noch im Jahr 1802 konnte man in Allan, bei Mon télimart, im Drôme Departement, die ersten dieser auf

Zöllen zu belegen, daß sie fürderbin den französischen Ma

französischem Boden gewachsenen Bäume sehen. Allein tros dieses scheinbaren Fortschritts, und unge

merkwürdig wie selbst in jenen

achtet des außerordentlich großen Begehrs nach Seiden waaren, gediehen die französischen Fabriken nicht. Die

Wohlthaten freien Handels verständigen

wärmsten Vaterlandsfreunde mußten eingestehen daß die in Frankreich verfertigten Gewebe sich nicht mit den Gold und Silberstoffen, den Seiden und Sammeten von Genua ver gleichen ließen. Französische Höflinge hatten in den von ihren Landsleuten an sie verkauften Zeugen ein armseliges Aus sehen , und fühlten es auch. Der Preis französischer · Seidenstoffe sank, die Weber fiengen an Noth zu leiden, und der Lyoner Handel schien auf dem besten Wege zum Verfall, als Franz I den Thron bestieg, und in diesem Zustand der Dinge eine Aenderung herbeiführte. Der Monarch war ein Freund der Kunst in jeder Gestalt und Form. Es empörte ihn der Gedanke daß die fran zösischen Seidenstoffe nicht im Stande sein sollten mit den italienischen den Wettbewerb zu bestehen, und da er erkannte daß die Vorrechte und Freiheiten welche Ludwig XI den Webern bewilligt hatte , unzureichend gewesen seien um den Lyoner Manufacturen den gewünschten Aufschwung zu geben, so beschloß er jene Vorrechte zu vermehren, und

nufacturen nicht gefährlich sein könnten.

wiſſenheit,

des Monopols

leuchtend zu sein schienen.

Allein es ist

Tagen finanzieller Un

und der Mißregierung ,

die

Männern ein

Franz II, der damalige König,

antwortete entschlossen : der einzige Weg die franzöſiſchen Weber zu ehrlichen Anstrengungen zu veranlassen, sei die Concurrenz zu gestatten ; schlösse man den Seidenwaaren Einfuhren Italiens die Thore Frankreichs, so wäre das Publicum ganz den Lyoner Webern preisgegeben, und "I Ueberdieß," fügte er

diese würden dann sorglos werden . schließlich bei,

solle man nicht sagen können daß die Fran

zosen, welche den Italienern in den Künſten des Kriegs überlegen seien , sich fürchteten es in den Künsten des Friedens mit denselben aufzunehmen. “ Trotzdem kam es später, unter Heinrich IV, zu einem Verbot, das jedoch auf den Rath des berühmten Herzogs v. Sully im Jahr 1600 wieder aufgehoben wurde. Der Friede war endlich in das Land zurückgekehrt, und der einsichtsvolle Minister widmete seine ganze Thatkraft der Verwischung des Unheils welches die Bürgerkriege ver ursacht hatten.

Der Zustand der verschiedenen Manufac

turen zog bald seine Aufmerksamkeit auf sich , und da sein

Geschichte der franzöſiſchen Seidenweberei.

11

inneres Gefühl ihm sagte von welcher Art die Hilfe sein müsse so that dieser wahrhaft große Mann gerade das

das in Lyon , St. Etienne und St. Chamond privilegirte Gewebe von Kreppen der Boulogner Art, so wie für die

was wirklich erforderlich war.

Verfertigung von Organsin (Kettenseide), deſſen Herstellung

Er ließ in Paris, Tours,

Orleans und in der Provinz Poitou neue Maulbeerbaum

bereits mehrmals, aber mit schlechtem Erfolg, in Frankreich

pflanzungen anlegen, und gleichzeitig große Mengen Samen des werthvollen Baumes durch das ganze Land verthei

versucht worden war.

len,

Ant. Bourget soviel Krepp und Organsin verfertigen als man im ganzen Königreich brauche, und zweitausend Web stühle errichten. Die Methode den gewobenen Zeugen

mit gedruckten Anweisungen wie das Anpflanzen

und Aufziehen geschehen müſſe . Nicht zufrieden damit, jandte er eine ansehnliche Zahl französischer Knaben nach Italien und that sie , auf Kosten der Regie: rung, zu italienischen Seidenwebern in die Lehre. Im

Das Privilegium sollte 15 Jahre

dauern , und nach dem Wortlaut seines Vertrags sollte

einen künstlichen Glanz zu geben , war drei Jahr zuvor schon, im Jahr 1663, erfunden worden. Die Entdeckung dieser

Verlaufe der Zeit kehrten diese Knaben (fortwährend wur

Methode verdankte man einem bloßen Zufall. Octavio Mey,

den jedes Jahr einige abgesendet) als geschickte Arbeiter,

ein Lyoner Kaufmann, nahm nämlich, eines Tags in tiefem

reich an Erfahrung, in die Heimath zurück, und waren im

Nachdenken begriffen, einen kleinen Knäuel Seidenfaden in den

Stande durch Verbesserung der Manufacturen des Landes

Mund, und begann denselben zu kauen.

die Summen zurückzuzahlen die man auf sie verwendet

heraus und in seine Hand nahm, fiel ihm der eigenthüm

hatte, und so dem Seidengewerbe einen neuen Aufschwung zu geben.

liche Glanz auf welchen der Faden erlangt hatte, und er

Als er ihn wieder.

Noch aber blieb ein letzter Schritt zu thun, ehe Frank

gerieth in nicht geringes Erstaunen als er fand daß dieser Glanz dem Faden sogar noch nach dem Trocknen verblieb.

reich den Fuß der Gleichheit mit seinen seidewebenden Nebenbuhlern erreichen konnte. Weder Lyon noch Tours

Sogleich kam er auf den Gedanken daß in dieſer That sache ein der Enthüllung werthes Geheimniß stecke, und da

fonnten jene reichen und prächtigen Stoffe verfertigen in welchen Gold und Silber mit Seide vermischt war, um

er ein sehr verständiger Mann war, so machte er sich augen

wundervolle Figurirungen und glänzende Zeichnungen zu bilden. Italien und das Morgenland besaßen noch das

blicklich an das Studium dieser Frage. Das Ergebniß seiner Versuche war das Procédé de lustrage, oder das " Appretirungsverfahren. "

Die Art und Weise den künst

Monopol aller jener Mustergewebe die man zur Verzie rung der Kathedralen, fürstlicher Capellen, königlicher Pa

lichen Glanz mitzutheilen, hat, wie alle andern Einzelheiten

läste und der Gala- Gewänder der Könige gebrauchte. Sully ließ einige Mailänder Arbeiter kommen , die in die jem Zweige der Kunst besonders berühmt waren, allein die

gen erlitten.

der Webekunst, im Verlauf der Jahre gewisse Aenderun Gegenwärtig geschieht es folgendermaßen :

Zwei Walzen, die sich um ihre Achſen drehen, werden einige Fuß vom Boden und ungefähr zehn Schritte in gerader

von ihnen gegründete Manufactur war nicht von Erfolg be günstigt. Einem Bewohner Lyons, einem Mann mit Namen

Linie von einander aufgestellt.

Claude Dagon, war es vorbehalten seinem Lande das zu schenken was es bedurfte. Die ersten französischen Web

zeug Stück, je nach dem einzelnen Falle, gewunden.

stühle für façonnirte Seidenzeuge (d. h . gemusterte Stoffe) wurden im Jahr 1605 in Frankreich aufgestellt. Die erſten

einer Vertiefung auf der zweiten Walze mittelst eines Messingsstabs befestigt, wobei man Eorge nimmt daß die

Versuche schlugen fehl ;

allein Claude Dagon war ein Mann der nicht so leicht den Muth verlor, und mit ent

Seide zwischen den beiden Cylindern so fest als möglich gespannt wird. Ein Arbeiter mit einer dünnen Metall

ſchloſſener Ausdauer und unermüdlicher Arbeit gelang es ihm endlich seinen Zweck zu erreichen. Im Jahr 1611 zeigte er dem Gemeinderath von Lyon einige Muster

zeugs (derjenigen welche die innere Seite des Stoffs bil

seiner neuen Stoffe , und erhielt 200 Silber-Pfund (240 Thaler) als Belohnung. Zwölf Monate später votirte

Um die erste dieser Walzen

wird das zwanzig, vierzig oder hundert Meter lange Seiden Zehn

Ellen des Seidenzeugs werden dann aufgewunden und in

platte in seiner Hand bringt auf der obersten Seite des Seiden

den wird) ganz sachte einen Gummi - Ueberzug an.

Auf

dem Boden unterhalb der ausgespannten Seite ist ein kleiner Falzschienenweg , auf welchem eine Art Tender läuft der

ihm die Stadt Lyon, aus Anlaß neuer Erfolge seinerseits, eine Pension von 6000 Silber- Pfund jährlich, und ertheilte

mit glühenden Steinkohlen gefüllt ist.

ihm ein fünfjähriges Monopol für die Verfertigung und den Verschleiß façonnirter Stoffe.

anderer den Tender auf und ab, so daß die harzige Feuch tigkeit trocknet ehe sie Zeit hat in das Gewebe selbst ein

Der von Claude Dagon neu eingeführte Webſtuhl war

So schnell nun als

der eine Mann den Zeug mit Gummi überzieht, zieht ein

zudringen.

Dieß ist ein sehr heitles Geschäft, denn wenn

der métier à la tire , oder Zugſtuhl. " Er führte eine vollständige Umwälzung im Lyoner Seiden- Gewerbe herbei,

man einerseits das Gummi durch die Seide hindurchdrin

und war ununterbrochen im Gebrauch bis zum Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts , wo er durch den ver

unterhalb einer und derselben Stelle bleiben, so wird der

besserten Jacquard: Stuhl beseitigt wurde.

Im Jahr 1666

erhielt Anton Bourget von Ludwig XIV ein Patent für

gen läßt, oder wenn andererseits die Steinkohlen zu lange

Seidenstoff verdorben. Im erstern Fall würde er so fleckig daß man ihn nicht mehr reinigen könnte, und im leztern würde er verbrannt.

Dieses Geſchäft vertraut man daher

Geschichte der franzöſiſchen Seidenweberei.

12

nur ganz zuverlässigen Arbeitern an ; allein selbst bei den

Tag in blühenden Verhältnissen leben.

Dieſen armen

erprobtesten Händen ist Beschädigung zuweilen unvermeid

Flüchtlingen verdanken wir Engländer unsere Seidenge:

Sind zehn Ellen des Zeugs gummirt und getrocknet,

werbe ; denn obgleich sich die erste Errichtung eines Seiden webstuhls in England aus dem Jahr 1620 berschreibt, sc

lich.

so werden sie um den zweiten Cylinder gerollt , und zehn weitere Ellen aufgewunden. Dieß wiederholt sich bis zu Ende. Nun aber ist der Seidenzeug, mit seinem Ueberzug trockenen Gummi's, dem Gefühl nach steif und knistert wie rahm weißes Briefpapier , wenn man es zusammenlegt.

waren unsere Manufacturen doch geringfügig und un bedeutend. Erst unter der Regentschaft Philipps von Orleans er

Um

holte sich das Lyoner Seidengeschäft theilweise wieder von

ihn wieder weich und geschmeidig zu machen, wird er von

den unheilvollen Folgen der Bigotterie Ludwigs XIV . Um demselben eine kräftige Aufmunterung zu geben , ertheilte

neuem sechs- oder siebenmal über zwei verschiedene Cylinder gerollt , von welchen der eine dadurch erwärmt wird daß man in seine hohle Innenseite heiße Steinkohlen bringt,

der Regent einigen der wichtigern unter den Seidenwebern den Titel „Königlich, " und ein Sammet Fabricant Namens

was hinreichend ist um dem Stoff jenes glänzende , neue

Quinſon wurde geadelt, eben ſo ſehr um ihn für ſeine Ver

Aussehen zu geben das wir alle bei frischen Seidenzeugen so sehr bewundern.

dienſte um die Seidenweberei zu belohnen , als um den Handelsstand im allgemeinen zu ehren. Ferner beschloß

Während der ersten Hälfte der Regierung Ludwigs XIV

der Herzog v. Orleans daß aus dem Staatsschat reiche

erreichte der Lyoner Seidenhandel den Höhepunkt seiner Blüthe. Der übertriebene Lurus des Hofes des Monarchen, die Verschwendung des Adels , die beständige Wiederkehr von Prunkaufzügen , Festlichkeiten und Maskeraden , vor allem aber die entschiedene Aufmunterung welche der fähige Minister Colbert den Seidenmanufacturen zu Theil werden ließ - all dieß trug dazu bei die französischen Seidenweber

Geldbelohnungen einem jeden zu Theil werden sollten der eine Entdeckung mache entweder zur Vervollkommnung der Webstühle oder zur Verbesserung der Seidenzeuge selbst. Im Jahr 1744 sandte der damalige Premier- Miniſter Cardinal Fleury den berühmten Mechaniker Vancauſon nach

denen aller andern Nationen endlich überlegen zu machen.

Lyon, um die Webstühle in Augenschein zu nehmen und über ihre Mängel Bericht zu erstatten. Vancaujon brachte den lobenswerthesten Eifer mit zur Erfüllung dieser Auf

Die französischen Seidenzeuge stiegen an Berühmtheit und Werth immer mehr, und um das Jahr 1670 hatten die

studiert hatte, gewann er die Ueberzeugung daß sie be

gabe.

Nachdem er das Arbeiten der Webstühle sorgfältig

Ausfuhren von Lyoner Waaren nach England , Deutsch

trächtlicher Vervollkommnung fähig seien , und um dieß

land, Schweden und Spanien bereits eine sehr ansehnliche Höhe erreicht.

sogleich werkthätig zu beweisen, gab er nicht bloß die nöthi

Diese Blüthe sollte indeß, durch die Religionsverfolgun gen welche die zweite Hälfte der Regierung Ludwigs XIV kennzeichneten, einen schrecklichen Schlag erhalten.

Auf den

gehässigen Rath seiner Jesuiten-Beichtväter, der PP. Lachaise

gen Veränderungen an, sondern erfand auch einen neuen Webſtuhl, mit welchem man im Stande war zwei Stücke Seidenzeug auf einmal zu weben, statt eines einzigen. Dieß veranlaßte jedoch eine Empörung unter den Arbei tern Die thörichten Bursche meinten : der Erfinder wolle

und Letellier , beschloß der Monarch die Ausrottung des

damit die Handarbeit beseitigen, und warfen eines Tags

Protestantismus in Frankreich. Demgemäß erschien im Jahr 1680 ein Decret welches den Seidenwebern verbot

in den öffentlichen Straßen Steine nach ihm.

protestantische Arbeiter zu beschäftigen

Esel ein ganzes Stück Seidenzeug weben konnte , ohne Der "!Mercure der Hülfe eines Menschen zu bedürfen.

oder protestantische

Lehrlinge anzunehmen. Diese unverständige Handlung be nahm den Lyoner Webern allen Muth. Die Hälfte der Web ſtühle wurde verlassen .

Im J. 1685 seßte der König, miß

achtend die klugen Rathschläge einiger ernsten Männer wie Fenelon, der voraus ſah was geſchehen werde, ſeiner Thorheit

Um sich zu

rächen, erjann Vancauson eine Maschine durch welche ein

de France" vom November 1745 gibt eine sehr ausführ liche Beschreibung dieser Maschine, und zählt die Vortheile auf welche man durch Anwendung derselben erzielen könne. Allein damals waren vielleicht Esel spärlicher vorhanden

durch den Widerruf des Edicts von Nantes die Krone auf,

als Menschen , was erklären dürfte warum Vancauſons

was dem Seidengewerbe den Todesstoß gab.

wißige Erfindung nie in Gebrauch kam. Nach der Revolution, während welcher, nebenbei ge

Fünfzigtausend

Familien französischer Protestanten wanderten nach Eng land, Holland und Nord- Deutschland aus.

Die Zahl der

Webstühle in Lyon , die sich früher auf zehntausend be laufen hatte , wurde plötzlich auf zweitausendfünfhundert vermindert, während die Webstühle zur Verfertigung von Bändern und Borten von achttauſend auf dreitauſend herab janken. Die verfolgten Weber nahmen ihr Gewerbe mit sich nach Genf, Zürich, Crefeld, Berlin, Elberfeld und Lon

sagt, der Seidenwaarenhandel auf einmal gänzlich zu Grunde gerichtet wurde, befahl Napoleon daß nur französische Sei denstoffe und Sammete zur Ausschmückung der kaiserlichen. Baläste und bei den Amtstrachten der Staatswürdenträger gebraucht werden sollten .

Die Manufacturen von Lyon

und Tours gelangten während des Kaiserreichs wieder zu ibrer früheren Blüthe. Die Continentalsperre hatte den

In letterer Stadt ließen sie sich im Bezirk Spital

englischen Waaren fast alle europäischen Häfen verschlossen,

fields nieder, wo ihre Nachkommen noch bis zum heutigen

so daß kein Wettbewerb mit Spitalfields Geweben auf den

don.

Volkthümliches von Kephalonia.

13

Märkten Deutschlands, Italiens oder Rußlands zu fürchten war. Während dieser Periode nun, in welcher Lyon ein

rath von Lyon gegen eine Pension von 3000 Fr. das aus schließliche Recht ab die Maschinen in Thätigkeit seßen zu

vollständiges Monopol für den Verkauf seiner Waaren in

dürfen.

Europa genoß, erwarben sich die französischen Seidenzeuge, weil sie in ungeheuren Massen ausgeführt wurden , ihre Dann trat Jacquard auf, und be große Berühmtheit.

der Erfinder war arm, und er nahm sie mit Freuden an. freilich spät genug Im Jahr 1819 wurden endlich. seine Dienste durch die Verleihung des Ehrenlegionsordenk

wirkte in der Weberei durch Einführung vervollkommneter Maschinen eine vollständige Umwälzung.

bürger , plötzlich erkennend

Dieser Mann war weder ein Mechaniker, noch ein Es Künstler, noch selbst ein ausgezeichneter Arbeiter. ist mehr als wahrscheinlich daß er von sich selbst aus, ohne Beihilfe , nie daran gedacht haben würde irgend

Dieß war eine bettelhafte Entschädigung ; allein

anerkannt, und im Jahr 1839 errichteten ihm seine Mit daß

Jacquard ein großer

Mann gewesen und ihnen zahllose Millionen Franken in die Taschen geschüttet habe, ein ehernes Standbild. Natürlich war er damals todt. Die Erfindung Jacquards

gab dem Seidengewerbe

etwas zu erfinden ; allein er hatte gesunden Verstand, und

einen neuen Ausschwung.

besaß die werthvolle Eigenschaft das was an den Arbeiten

in Frankreich im Jahr 1789, vor der Revolution, 17,000.

anderer nützlich und gut war zu erkennen.

Unter dem erſten Kaiſerreich, stieg ſie von 900, auf welche

Eine Maſchine

Die Zahl der Webstühle betrug

Vancausons, die beiseite gelegt und vergessen worden war,

Zahl sie im J. 1793 herabgeſunken war, auf 12,000.

fiel ihm als besonders scharfsinnig auf, und er erkannte bald

Jahr 1825 gab

daß sie, mit einigen Abänderungen, die größten Dienste würde leisten können. Vor dieser Zeit war nichts ver:

dieſen 55,000 Webstühlen erzeugten

wickelter als das Seidenweben.

250,000,000 Fr.

Jeder Webestuhl erfor

derte zwei Arbeiter, und es gab unermeßlich viel zu thun

Im

es 27,000 Webstühle, im Jahr 1835

40,000, im Jahr 1847 55,000, und der Preis

der von

Seidenstoffe

(66,000,000 Thaler) .

betrug

Im Jahr 1855

mit Anzetteln und Abzetteln, Schrauben und Abschrauben,

waren die Webstühle auf 70,000 herangewachsen . Ge genwärtig zählt man ihrer ungefähr 80,000 : während

so oft es nöthig war die Seide auf den Stuhlgeſtellen zu

der leßten paar Jahre aber hat das Seidengeschäft wegen

befestigen oder loszumachen.

Dadurch wurde die Ver

der unter den Seidenwürmern herrschenden Krankheit be

fertigung von Seidenzeugen ein ungemein langwieriges

trächtlich gelitten, und man kann von dem Lyoner Handel kaum sagen daß er jest noch in einem so blühenden Zu

und mühseliges Geschäft. Jacquards Webſtuhl beseitigte einen der beiden Arbeiter und vereinfachte die Thätigkeit des Mechanismus beträchtlich, so daß der eine Weber jezt viel weniger zu thun hatte als früher bei der Unterſtüßung durch einen Gehülfen.

Auf der Pariser National- Industrie

stande sei wie vor zwanzig Jahren. Dennoch gewährt es große Befriedigung die außeror dentliche Entwickelung zu bemerken welche die Kunst der Seidenweberei in Europa erlangt hat.

Frankreich genießt

Ausstellung im Jahr 1801 wurde die neue Maschine zum

jest weitaus nicht mehr das Monopol früherer Zeiten.

erstenmal gezeigt ; allein, wie es in ähnlichen Fällen ſehr oft geschieht, die weisen Geschwornen giengen daran vorüber

Rußland hat bereits 15,000 eigene Webstühle ; Preußen

ohne ihre Vollkommenheiten zu beachten, und belohnten sie

Desterreich und Italien machen riesenhafte Anstrengungen

bloß mit einer bronzenen Medaille.

in der nämlichen Richtung, und England hat in den leßten

Jacquard wurde da

und Sachsen befizen 35,000 ;

Basel und Zürich 20,000 ;

durch nicht entmuthigt - Erfinder haben ein zähes Fell

Jahren so wundervolle Fortschritte in der Verfertigung von

er stellte einige seiner Webstühle in einem leeren Flügel

Seidenwaaren gemacht, daß es gegenwärtig auf den feſt

eines Hospitals in Lyon auf, welchen er zu diesem Zweck gemiethet hatte, und erzielte einige sehr befriedigende Er

ländischen Märkten billiger verkaufen kann als Frankreich, und daß es in seinen Colonial Ausfuhren dieses Land voll

gebnisse.

ständig überflügelte.

Als aber die Weber in den großen Fabriken

(Cornhill Magazine. )

hörten daß eine Maschine erfunden worden sey um die Zahl der „Hände“ zu vermindern, brachen sie in des armen Jacquard Werkstätte ein, zerstörten alle seine Webstühle, und nöthigten ihn zu fliehen, um wenigstens sein Leben zu retten.

Betrübten Herzens dachte er bereits daran seine Volkthümliches von Kephalonia .

Erfindung nach England zu übertragen, als zum Glück für sein Land ein Regierungs - Inspector, welcher bei der Ver steigerung der zerbrochenen Webstühle (sie wurden nach dem Gewicht als altes Eisen und Holz verkauft) anwesend war, sie näher besichtigte, ihren wahren Werth entdeckte, einen Bericht über dieselben verfaßte, und diesen an den Minister des Innern beförderte. Sofort bot die Regierung Hrn. Jacquard eine Prämie von 50 Fr. für jeden Webſtuhl den er auf stellen würde. Im Jahr 1806 kaufte ihm der Gemeinde:

Die Insel Rephalonia ist die größte und bevölkertste der jonischen Inseln.

Sie zählt gegen 80,000 Seelen, also über ein Drittel der Gesammtbevölkerung aller sieben

Inseln und trägt zwei Städte und über 200 Dörfer auf ihrem felsigen Boden. Ihre Bewohner haben sich seit den ältesten Zeiten durch Tapferkeit ausgezeichnet.

Sie nahmen an mehreren Kriegs

zügen der alten Griechen Theil , waren die letzten die sich

Volkthümliches von Kephalonia.

14

den Römern unterwarfen, und kämpften mit den Vene tianern heldenmüthig gegen die Türken. Noch bis in

Mädchen welche ihr künftiges Schicksal erforschen wollen. wählen den Johannestag (24 Juni), Peter: und Pauls

neuester Zeit, wo in Folge der Vereinigung der jonischen. Inseln mit dem Königreich Griechenland alle Adelsrechte

tag (29 Juni) oder den Tag der 12 Apostel (30 Juni)

aufgehoben wurden, führten einige Familien Kephalonia's

dazu. An einem dieser drei Tage gießen sie in der Mit tagsstunde Blei oder lassen Eiweiß in eine Flasche mit

den Titel Conte, welchen ihre Vorfahren für ihre militä

Waſſer fallen, die ſie ſtark rütteln, um aus den Figuren

rischen Verdienste in den Türkenkriegen von der Republik S. Marco's erhalten hatten. Auch 1821 bei der Erhebung

ihre Zukunft zu errathen. Auch füllen sie am Johannis: tage einen alten Topf mit Erde, in die sie Korn säen,

Griechenlands eilten tro

und ſtellen ihn ,

des strengen Verbots der eng

nachdem sie Waſſer darauf gegoſſen,

an

lischen Regierung als Schußmacht viele Kephalonier ihren

einen Plaz wo ihn niemand verrückt.

hellenischen Brüdern zu Hilfe und nahmen einen glänzen

sie nach ob und wie die Saat aufgegangen ist.

den Antheil an dem Befreiungskampfe, und ungeachtet

nur wenn das Korn während dieser Zeit emporgesproßt ist, kann die Säerin an eine Verheirathung im nächsten

der materiellen Vortheile welche ihnen die englische Schuß herrschaft bot,

besaßen die Bewohner Kephalonia's doch

Nationalitätsgefühl genug, um einſtimmig den Anſchluß an Griechenland zu wünschen. Da sie seit Jahrhunderten fast immer unter der mil

Am 30 Juni ſehen Denn

Jabre denken, und wird, stehen die Pflänzchen gerade, ―― sind sie krumm gewachsen, Unglück in der Che ! Glück haben . Des Abends nimmt man eine Schüſſel mit reinem Waſſer,

den Regierung der Venetianer und Engländer gestanden, bilden sie gegenwärtig unstreitig den civilisirtesten Theil

zerschneidet eine Nuß in zwei Hälften, höhlt diese aus, füllt ſie mit Del, thut einen Docht hinein, den man anbrennt

der Bevölkerung des griechischen Königreichs . Die kleinen Städte der Insel geben selbst größeren Italiens nichts nach, und die höhere Gesellschaft besteht meist aus gebil | deten Leuten welche im Ausland erzogen worden sind und

und läßt sie schwimmen. so ist die Heirath sicher.

sich mit Literatur und Wissenschaften beschäftigen . Gleich wohl haben sich namentlich in den Dörfern die Sitten

finstern Stube, gehen um Mitternacht hin und greifen im

und Gewohnheiten des Volks ziemlich rein erhalten, und wie uns in der Sprache desselben noch viele Hellenismen des Altgriechischen auffallen, so entdecken wir auch in den Gebräuchen und abergläubischen Meinungen nicht selten Ueberlieferungen aus dem griechischen Alterthum. Weinvergießen bedeutet Freude, Delvergießen irgend einen Unfall, und Salzverschütten Aufhören der Liebe seitens des Verehrers oder des Mädchens .

Treffen sich die beiden Schalen ,

Vor dem Schlafengehen legen Mädchen einen Ring, einen Kamm und einen Schlüssel auf einen Tisch in einer

dunkeln auf den Tisch. Erfaſſen ſie den Ring, so bedeu: tet es Ehe, den Schlüssel , die Herrschaft im Hause , und den Kamm, etwas unangenehmes. Ebenso stecken sie drei Bohnen, eine geschälte, eine halb geschälte und eine ungeschälte unter das Kopfkissen , und greifen beim Erwachen darnach, so verheißt die ungeſchälte Bohne einen reichen Mann , die halbgeschälte einen bloß wohlhabenden und die ganz geschälte einen armen. Um Mitternacht stehen Mädchen auf, nehmen das Tisch:

Der dreizehnte am Tisch stirbt binnen einem Jahre. Der Dienstag gilt für einen Unglückstag. Niemand

tuch welches beim Abendessen gedient hat um den Kopf, gehen ohne Licht in eine finstere Stube und stellen sich

reist an ihm, und nie fängt man Dienstags etwas an . Am Weihnachtsabend legt man einen großen Klog ins

vor den Spiegel , in dem Glauben darin den zukünftigen Mann zu erblicken .

Feuer, den man mit Oel und Wein besprengt, und wenn

Sterben junge Mädchen, Kinder oder Jünglinge, so

er eine Zeit lang gebrannt hat wegnimmt, um mit dem verkohlten Ende ein Kreuz an die Thür zu malen . Das Besprengen selbst geschieht auf eigenthümliche Weise. Man

pflegt man das erste Jahr hindurch jeden Sonntag Blumen

bäckt nämlich den Weihnachtskuchen nach Art der Kringel und mit einem Loch in der Mitte, und durch dieses gießt.

den vier Samstagen gedacht welche den Todten gewid met sind.

man das Del und den Wein auf den Kloß. Schlägt dabei die Delflamme zurück durch das Loch, so gilt dieß für ein gutes Zeichen. Dann wird der Kuchen, welcher gesegnet worden, in so viel Stücke zerschnitten wie Personen anwe send find: jedes nimmt ein Stück und hält sich für beson ders glücklich, wenn es darin die Münze findet, die man nie unterläßt in den Teig des Weihnachtskuchen zu ſtecken. Außer dem Kuchen ißt man am Weihnachtsabend regel mäßig Gawiar und kleine getrocknete Fische. Das Beschenken der Kinder findet am Neujahrstage ſtatt.

aufs Grab zu stecken. Nachher wird nur noch am Todes: tag an drei Popen Geld zu Messen geschickt und ihrer an

Die zwei letzten Samstage des Carnevals, der erste der großen Fasten und der vor Pfingsten sind nämlich die Aller seelentage der Griechen, an denen sie Geld, Weihrauch und einen Kuchen in Kleeblattform, auf dessen drei Theilen Kreuze sind, an die Pfarrer zu Messen für die Verstorbenen schicken. Ein ähnlicher Kuchen mit drei Abtheilungen, in deren. jeder aber, wie in der Mitte des Kuchens, sich ein rothes Ei befindet, wird zum Oſterfeſt gebacken, und an Freunde und Bekannte, namentlich in Häusern wo Trauer ist und deßhalb nicht gebacken werden darf, als Geschenk versandt.

Volthümliches von Kephalonia.

15

weil die Sage berichtet, die hl. Jungfrau habe an diesem

23. 24.

Tag welche gegessen, und am Ostersonnabend, wo zum er stenmal in der ganzen Charwoche geschlachtet wird , wirst

Die Handlungen der Nacht zeigt der Tag. Habe nur das Kloster Brod , die Mönche finden. welches.

25.

Man muß nie einem Heiligen eine Kerze versprechen und keinem Kinde einen Kuchen.

auf die

26.

Nimm den Segen deiner Eltern und geh' über den Berg.

Große Eigenthümlichkeit zeigt sich auch in den Sprüch):

27.

Was hilft einem Grindigen eine Müße von Perlen ?

28.

Die Sünde der Eltern büßen die Kinder. Alles Brod was schief wird, unsere Schwiegertochter hat's geknetet.

30.

Die Liebkosungen des Greises sind wie Spinat in Wasser.

Titel „ Conte" führten, in Padua und Paris studiert hat

31.

Der Gleiche liebt den Gleichen und das Gras den

und gegenwärtig Materialien zu einer Geschichte seiner Hei mathinsel sammelt.

32.

Wer viel Pfeffer hat, thut ihn in's Kraut.

Am Gründonnerstag ißt man in allen Familien Linsen,

man, sobald die Glocken wieder läuten, aus jedem Haus irgendein

irdenes

Gefäß zum

Fenster herab

Straße.

wörtern der Kephalonier ,

weßhalb wir hier eine kleine

Sammlung in wortgetreuer Ueberseßung folgen lassen wollen. Die Mittheilung derselben im Original verdanken wir dem. D. Epaminondas Metaxas , einem gelehrten Kephalonier, der aus einer der wenigen Familien stammt welche den

Dünger.

33.

Wer billiges Fleisch sucht, der Hund frißt's.

34.

Schilf mit Schilf, Seil mit Seil.

35.

Schlag den Sohn des Edelmanns gut ,

Wer sich eingehender mit der Sprüchwörterliteratur be schäftigt hat, wird leicht erkennen wie ſich auf Kephalonia oft ganz neue Varianten wohl bekannter Sprüchwörter vorfinden.

ihn nicht an. 36.

1. 2.

Bohne auf Bohne wird der Sack voll. Set dich der Quer, aber urtheile gerade.

oder rühr

Wenn der Bauer reich wird, läßt er seine Opanken

nicht und sieht der Quer. 37.

Aus Liebe zum Basilicum begießt man die Roſe.

Wo man dir sagt daß viel Kirschen sind, nimm stets einen Korb mit.

38.

Mit der Hand des Narren zieht man die Schlange

Dem Hasen welcher Pfeffer stampft, thut der Kopf weh.

39.

Nenne mich nicht blind , damit Gott mich's nicht

40.

6.

Wo viel Hähne krähen, zögert der Tag zu kommen. Wenn der Teufel alt ist, wird er Fährmann.

Von einem Narren und einem Kinde hört man ſtets die Wahrheit.

7.

Wo man viel Worte macht, ist Armuth.

41.

8.

Nimm stets den Rath eines Greiſes und die An sicht des Weisen an.

42.

Der Fisch ſtinkt am Kopf. Kuchen, wem wirst du zufallen ? Nicht dem für den

Thue das Gute und wirf es ins Meer. Der Himmel mein, keine Furcht vor dem Blig. Wenn der Baum alt wird , fehlen ihm nie dürre

45. 46. 47 .

Ein Rabe hackt dem andern das Auge nicht aus.

Aeste.

48. 49.

Augen die man nicht ſieht, vergißt man raſch. Die Stimme des Esels dringt nicht in den Himmel.

50.

Wie befinden sich die Jungen des Raben ? Sie wer den immer schwärzer. Hätte ich einen Sack Geld, kaufte ich auch Linsen .

4.

9.

10. 11.

12.

Wenn der Mensch auch alt und sein Haar gefärbt ist , ändern sich doch nicht seine Gefühle und seine Ansichten .

aus ihrem Loch.

werden lasse.

du bestimmt warst. Die Hühner gackern und legen wo anders. Ein altes Huhn ist mehr werth als zehn junge.

13.

Wenn du deine Zeit damit hinbringst einen Mohren

51 . 52.

Sie sind, wie der Hund mit der Kaze.

14.

zu waschen, verlierst du die Seife. Wenn du einem Tauben läuteſt, einen Blinden be

53.

Die Braut gleicht von ihrer Geburt an dem Hause,

54.

15.

du die Zeit und den Wein. Wenn das Sieb neu ist, hängt man's ſehr hoch.

16.

Man schlägt den Reuter, damit das Sieb es fühle.

55.

In einem Fluß der sanft fließt , heb' deine Röcke hoch.

Die Nacht bringt einen Bischof hervor und der Morgen einen Metropoliten.

56.

Der Hummer in seinem Loch ist ein großer Herr. Dem Hunde der dich anbellt gib Brod.

Es ist mir gleich , ob ich ertrinke , wenn nur das Meer ruhig ist.

57.

Der, der mich liebt, macht mich weinen. Wer zwei Hasen jagt, sieht sich betrogen.

räucherst und einem Trunkenen Wein gibst, verlierst

18. 19. 20.

in das sie kommt. Keine Verbindung von Familien macht sich , ohne daß sie gleich sind.

Wer sich zu Schweinen seßt, steht mit Flöhen auf. Gut, immer gut unser Schwein, aber am Ende hat's

58 .

21.

59.

Alte Fahne, Ehre des Feldherrn.

60.

22.

die Krankheit (der Leber) . Kuchen falle, damit ich dich essen kann.

Anders sind die Augen des Hasen, anders die des Bocks.

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

16

61.

62.

Die Schande siht am Rande der Straße und lächelt dem Vorübergehenden zu.

Nimm den Schuh deiner Heimath auch wenn er ge

¦

94.

Ist die Kaße nicht da, tanzen die Ratten. Wer schlecht ist, kommt ins Depoi des Teufels .

96.

Das Schicksal muß kommen, und wiese man mich auf den Dünger. Von Gott und dem Herrn ! (d. h . alles kommt von oben. )

flickt ist. 63.

Vögel in der Luft,

zehn für einen Para (Lepto).

97.

64. 65.

Eine Hand die du nicht abbauen kannst küſſe. Ich hab' nen Garten, du haſt' nen Garten ――― wie

98.

Mache mich zum Weiſsager und ich mache dich reich.

du mich hast, hab' ich dich.

99 .

Die Zunge hat keine Knochen, Knochen.

66.

Mein Lauch,

dein Lauch ,

meine Zwiebel , deine

Zwiebel.

aber zerbricht die

Vor der Heirath die Trommel!

67. 68.

Am Haupt des Kranken ſihen manche Todte. Alles was in einer Stunde geschieht, geschieht nicht in einem Jahr.

Frhr. v . Reinsberg -Düringsfeld.

69.

Der Baum will blühen, ibn nicht.

70.

Ein schöner Tag zeigt sich vom Morgen an.

71. 72.

Aus dem Dorn eine Rose, aus der Rose ein Doin. Meinen Namen, nimm ' ihn, meine Nachbarin.

73.

Arbeite, um zu eſſen, und stiehl, um zu haben.

74.

Wir sind alle Narren , einer wenig, andere viel. Die Fremde gibt Ruhe, aber heilt nicht. 1

Vor einem Jahre durften wir ankündigen daß sich in den vereinigten Königreichen eine sanfte Revolution durch

76.

Wenn die Hand nicht arbeitet, kann der Magen nicht voll sein. Wer vorwärts geht, ist die Brücke für den der hin

die Schöpfung des neuen Wahlgeſehes vollzogen habe. Versteht man unter Revolution den Sprung in veränderte neue Zustände, so entsprach der Ausdruck völlig der Wirk

ter ihm geht.

lichkeit.

aber das Schicksal läßt Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte. 3.

77.

Großbritannien.

Die britische Verfassung kennt drei Gewalten : die Krone , das Oberhaus und die Gemeinen , die moderne

78.

Jeder für sich, Gott für alle.

79. 80.

Wer Hunger hat, träumt von Kuchen. Mein Freund sei in der Noth da, mein Feind im Glück.

Geschichte dagegen kennt nur eine dieser Gewalten, die All gewalt des Unterhauses , denn das Oberbaus wird nut

81.

Wer nicht Brod kneten will, muß 5 Tage sieben.

so unschädlich wie möglich zu verhalten gewußt hat.

Wer starke Faust hat, ißt Melonen .

englische Krone dagegen ist merkwürdig in Mißachtung ge sunken seit dem Tode des Prinzen Albert. Schon vorher hatte Sir Robert Peel in seinen leßten Amtsjahren ihr

"82.

geduldet weil es seit Jahren mit großer Gewandtheit sich Die

84.

Außerhalb des Tanzes, kann man viel Lieder. Das Wetter verkauft's Gras und die Hungersnoth fauft's.

85.

Der " Hättich“

und „ Fändich" sind Brüder, der

die harte Nöthigung auferlegt mit dem Wechsel der Regie: rung auch die obersten Hofämter frisch zu beseßen. Wäh

86.

Habich" und " Mach um zu haben" Vettern. Manchmal Kuchen und Kürbisflasche , manchmal

rend in ganz Großbritannien jedem Mann die Wahl seiner nächsten Umgebung frei steht , muß die Umgebung

83.

Kuchen allein.

des Monarchen seitdem die Farbe der herrschenden Partei

87.

Das Korn, wohin es gehe, kommt zuleßt in die Müble.

tragen, damit er beständig in deren Dunstkreise sich bewege.

88.

Deinem Sohne sage Lügen, deinem Schwiegersohn die Wahrheit.

In diesem Jahr hat Hr. Disraeli dadurch daß er in der Times eine Denkschrift über seine Amtsentsagung einrücken ließ, der Krone wahrscheinlich unbeabsichtigt eine Gering

Nicht einmal ein Blatt fällt ohne den Willen Got

lassen. schätzung widerfahren laſſen.

tes vom Baume.

treffend ein englisches Wochenblatt, der Economiſt , über diesen unehrerbietigen Schritt , was Georg IV oder auch William IV zu einer solchen Zeitungsanzeige eines Mini

89.

90.

wäre ich früher weise geweſen !

Der Arme hat einen Weingarten gepflanzt und 92. 93.

nach und nach wird die unreife Traube Honig. Wo die Sonne hinkommt, wärmt sie. Gieb deiner Kaße zu frühstücken und deinem Hunde Abendbrod (weil er die Nacht über wachen muß und die Kaze des Nachts Mäuse gefangen hat) .

1 Wie sehr der Grieche an seinem Vaterland hängt, beweist am besten die Bezeichnung quos, traurige Dede, welche das Volk in seinen Liedern stets der Fremde gibt.

„ Wir möchten wissen, bemerkt

ſters gesagt hätte bevor sein Nachfolger in Windſorſchloß Kein Minister, möchte er geäußert haben, eingetroffen war. konnte einen derartigen Mißgriff verschulden, und wer es gethan hätte sollte von allen politischen Kreisen in Verruf erklärt werden. " So sehr aber haben sich die Zeiten geän dert daß kaum irgendwer daran Anstoß genommen oder an die Königin dabei gedacht hat. " Wo die Engländer unter sich sind, ja in Gegenwart von Fremden äußern sie

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

17

sich oft in bittern Worten über ihre einst abgöttisch ver ehrte Monarchin. Im vergangenen Frühjahr stellte ein

England nicht unbeträchtlich. Woher sollte also das Geld kommen für die Arbeiter und ihre Vertreter ? Offenbar nur

dreistes Mitglied des Unterhauses den Antrag , Königin Victoria zur Abdankung zu veranlassen. Allerdings fiel der Mann und seine Maßregel aus Mangel an Unter

durch freiwillige Zeichnungen, und diese immer wieder aus der Tasche der Wohlhabenden. Eine Selbstbesteuerung der Wohlhabenden um Arbeitern während der Parlaments

stüßung, aber welche Mahnung daß jenes Wort überhaupt nur über die Lippen eines Engländers schlüpfen konnte! Vor zehn Jahren wäre ein so verwegener Gesetzgeber viel

dauer Tagegelder zu reichen, hat nicht stattgefunden, er stens weil nicht viele daran gedacht haben, und zweitens

leicht nicht lebendig, oder wenigstens nicht mit heilen Rip pen aus dem Saale des Unterhauses hinaus gelangt. Wenn das Ansehen der Krone gelitten hat, ſo iſt die Königin nicht frei von aller Verschuldung, denn sie trachtet zwei Dinge zu vereinigen die sich ausschließen, sie kann nicht Wittwe und nicht Königin zu gleicher Zeit sein. Entweder sie sollte in dem Gram über erloschenes Glück ganz ver sinken, oder in der Erfüllung königlicher Pflichten über ihren Schmerz sich emporrichten . Die Engländer selbst

weil diejenigen welche etwa daran dachten, befürchtet hat ten daß das Haus der Gemeinen schon dieſesmal in ein Haus der Arbeiter sich verwandeln könne.

Jest wo diese

Gefahr abgezogen ist, werden die Kosten künftig wohl ge deckt werden, denn es ist ein allgemeiner Wunſch daß etliche Arbeiter als erbauliche oder abschreckende Exemplare unter die Gesetzgeber aufgenommen werden sollen, damit nich: bloß Geld und Land, sondern auch die Lohnarbeit vertre ten sei. Uebrigens wäre es eine Täuschung, wollte man schon.

haben es aufrichtig beklagt daß ihre Königin während ihres Aufenthaltes in Paris den Empfangsbesuch der französischen

jezt annehmen daß über die Wirksamkeit des allgemeinen

Majestäten unbeantwortet ließ und daß , als sie aus der Schweiz über Paris heimkehrte , wegen angegriffener Ge

scheidende Erfahrungen vorliegen.

sundheit am französischen Hof abermals vorüberreiste, zu mal die Zeitungen kurz zuvor ihre Beſteigung des Pilatus

oder sogenannten allgemeinen Wahlrechtes in England ent Das allgemeine Wahl

recht hat sich auf dem Festlande bisher den herrschenden Staatsgewalten und den conservativen Richtungen günſtig Bei uns wie in Frankreich trennen noch große

gezeigt.

Doch mag der rasch nachfolgende Besuch des Prinzen von Wales in Paris die Mißstimmung des französischen Hofes wieder verwischt haben. Nur möch

völkerungen.

ten wir fragen ob es klug sei ein Volk, welches die Rechte der . Monarchen bis auf einen Schatten eingeschränkt hat, auch an die Abwesenheit dieses Schattens zu gewöhnen.

unterrichteten Classen ein Uebergewicht welches der Stim

gemeldet hatten.

Wenn also von den ehemaligen drei Gewalten des britischen

Reiches

zwei ,

Krone

und

Oberhaus ,

ihre

Gegensäße die Anschauungen der Land und der Stadtbe: Jede Einschränkung des Rechtes , ſei es durch

eine Wahlschabung, jei es durch eine Wahlmännerwahl gab den städtischen Bevölkerungen und namentlich

menzahl nicht entsprach.

den besser

Daher wird das allgemeine Wahl

recht vielfach als unvereinbar mit dem Liberalismus ge

ehemalige Bedeutung eingebüßt haben , so war es ein

halten, weil das was liberal genannt wird, keineswegs immer zusammenfällt mit dem was freisinnnig ist . Liberal

Umsturz der leßten und wichtigsten Reichsgewalt als man

heißt in unser publicistischen Sprache nur das , was der

von einem beschränkten Wahlgeset bis zu dem faſt unbe

städtischen und der intelligenten Bevölkerung am meisten

schränkten Wahlgeſeß der hausväterlichen Rechte übergieng.

zusagt, wäre es auch geradezu illiberal, wie jede Beschränkung des Wahlrechtes . Wahrhaft freifinnig ist allein das all gemeine Wahlrecht, selbst dort wo es vorkommen könnte

Von den großen Hoffnungen und größern Befürchtungen, die sich an diese Umgestaltung knüpften, hat sich scheinbar Aus der Ferne betrachtet, bestand das Er

daß die Landbevölkerung völlig in den Händen einer Geist

gebniß vorläufig darin daß Whigs und Tories einige

gewannen als verloren, die Tories mehr verloren als ge

lichkeit wäre, die feindselig gegen die geistige Entwickelung eines Volkes aufträte. Möchte aber auch irgendwo die Landbevölkerung an politischer Reise hinter den Städtebe

wannen, das neue Wahlrecht aber eine Maus zum La

wohnern zurückſtehen, so erfordert dennoch die Gerechtigkeit

nichts erfüllt.

Wahlsize verloren, andere gewannen, daß die Whigs mehr

chen geboren habe.

Statt eines Unterhauses von Arbei

daß Reise und Unreife öffentlich vertreten werden , damit

tern mit socialiſtiſchen Dolchen im Gewande, kommen die alten und gealterten Gesichter wieder herbei , und die feh

die Wahlen ein treues Bild der herrschenden Zustände ab spiegeln. Aber wie lange wird es noch währen daß sich

lenden theuren Häupter gehören just zu den Vertretern fer

jene Gegensäße nicht völlig ausgeglichen haben ?

ner Zukunftsgrundsäße. Ueber der alten Vertheilung der politischen Gewalt in der englischen Gesellschaft wachte

kein besseres Mittel dazu als das allgemeine Wahlrecht, weil es das bis jetzt herrschende Bürgerthum nöthigt die

nämlich ein Schußgeist, der mächtiger sich erwiesen hat als jede Verminderung der Wahlschaßung. Es ist die Ab

bisher vernachlässigte Landbevölkerung zu gewinnen und

wesenheit der Tagegelder für Parlamentsmitglieder.

Arbeiter der vom Tagelohn zehrt, müßte sammt den Sei

lösen. Aus den nämlichen Erwägungen darf in England die erste Probe der neuen Wablreform entscheidend für die

nigen als Gesetzgeber verhungern, wenn sich die Sitzung

Wirksamkeit des Gesetzes nicht gehalten werden.

in die Länge zöge.

Zeiten entfesselter Leidenschaften, bei Angelegenheiten welche

Ein

Auch sind die Kosten einer Wahl in

Es gibt

ſie aus der Herrſchaft von Ideen vergangener Zeit zu er

Erst in

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

18

nicht während einer öffentlichen

niger eine Beschwerde der Irländer, insofern unter den

Windstille, kann sich der Werth oder Unwerth irgend einer

das Volk tief erregen,

irischen Parlamentsmitgliedern bisher die Mehrheit sich für Erhaltung der Hochkirche ausgesprochen hat, wenn auch

neuen Staatssaßung bewähren. trachtet in

Es gibt aber genau be

den Vereinigten Königreichen keine Aufgabe

deren Erledigung sich nicht schieben ließe.

auf das

nächste Jahr ver

geändert haben mögen.

Der neue Beherrscher der Ver

einigten Königreiche, Hr. Gladstone, wird aber bei seiner

Vor zwölf Monaten stand es freilich anders.

Damals

hatten die irischen Fenier durch eine Reihe von Verbrechen und Gewaltstreichen Großbritannien in tiefe Bestürzung verseßt.

die neuen Wahlen die Stimmenverhältnisse wahrscheinlich

Jedermann sagte sich, es müsse etwas geschehen

und raſch geschehen zur Beruhigung der Irländer. Seit dem haben jene Angriffe gegen die öffentliche Sicherheit sich nicht wiederholt, mittlerweile ist auch das britische Ca

erprobten Zähigkeit nicht eher rasten, bis er jenes schnöde Unrecht der Briten an Irland getilgt hat. Da er die Engländer im vergangenen Jahre mit seiner Lebensbe schreibung überrascht hat, so wissen wir zufällig genau, wie sich der Gedanke einer Abhilfe bei ihm Bahn brach. In jüngern Jahren, am Beginn ſeiner ſtaatsmänniſchen Laufbahn, vertrat er die Ansicht daß der Staat nicht bloß

binet mit den Vereinigten Staaten wieder leidlich ausge

das Recht und die Fähigkeit, sondern auch die Pflicht be

söhnt worden, und die irischen Angelegenheiten haben daher

size für seine Angehörigen unter den vorhandenen Religionen

ihren drohenden Ernst verloren .

Wenn also Hr. Gladstone

die beste zu wählen . Die Anhänger anderer Bekenntniſſe ge

mit einem Gesetz zur Aufhebung der Hochkirche für Frland

dachte er deßwegen nicht zu unterdrücken, die Ausübung ihres

vor das nächste Parlament tritt, wird er viel schwächeres Gehör finden, als dieß noch am Beginn des letzten Jahres

nisse völlig zu vernachlässigen, und zugleich die Ausbrei

der Fall gewesen wäre. Die celtische Bevölkerung Irlands gehört bekanntlich

tung des erwählten Bekenntnisses mit allen Mitteln zu fördern. In jenen Zeiten hätte Hr. Gladstone die Be

der römischen Kirche an.

freiung Irlands von der Hochkirche als eine religiöse Ver sündiung des britischen Volkes angesehen. Doch war unser

Nun ist zwar diese reinceltische

Bevölkerung theils durch Auswanderung von Katholiken nach den Vereinigten Staaten außerordentlich verdünnt, theils durch Einwanderung von angelsächsischem Blute ver:

Gottesdienstes nicht zu verhindern, wohl aber ihre Bedürf

neuer Premier viel zu tief gebildet und ein viel zu klarer Staatsmann als daß er mit aller Etrenge die Forderungen

mischt und verdrängt worden, es ist auch die irische Sprache

eines confessionelleu Staates

örtlich bereits erloschen oder im Erlöschen begriffen ', allein jene Einwanderer sind größtentheils wieder zum katholischen

mögen. Er verschwieg sich nicht daß im wirklichen Leben und von Fall zu Fall Ausnahmen zugestanden werden

Bekenntniß übergetreten² und irische Patrioten geworden , so daß die Insel bis auf eine sehr bescheidne Minderheit als katholisch angesehen werden muß. Nichts destoweniger

weiterung der Bewilligungen für die katholische Hochschule

müſſen.

hätte

durchgeführt sehen

Als im Jahre 1844 Sir Robert Peel eine Er

zu Maynooth beantragte, schied Gladstone aus der Regie

wurde sie von ihren proteſtantiſchen Ueberwältigern in Diö

rung, nur um ganz unabhängig und ohne Rücksicht auf

cesen und Kirchspiele getheilt und mit hochkirchlichen Bischöfen und Pfarrern bedrängt, deren Besoldung vom Lande ge

ſein Amt zu erwägen ob ihm sein Gewiſſen erlaube diese neue Forderung zu gewähren oder ihm gebiete sie zu ver werfen. Er kämpfte, schwankte und entschied sich zulet

tragen werden muß , während die katholische Geistlichkeit in Frland auf die freien Beiträge der ohnedieß nicht reichen Bevölkerung angewiesen ist , eine schreiende Ungerech tigkeit, die aus den bärtesten Zeiten der Unduldsamkeit als Rest sich erhalten hat . Mit Anstand läßt sich als Ent schuldigung nur vorbringen, daß der irische Volksunterricht völlig und die Kosten für Polizei theilweise aus dem öffent lichen Schage bezahlt werden, während beides in England den Gemeinden gänzlich zur Last fällt. Dadurch wird jenes Unrecht aber nur gemildert, nicht beseitigt.

mit der Mehrheit für die Peel'schen Vorschläge.

So ge

langte er durch fortgesette Einschränkungen seiner Grund: jäße schließlich zu dem Gedanken, daß für die Vereinigten Königreiche nur die Gleichberechtigung aller Bekenntniſſe das Wahre und das Billige sei. Einen Mann wie Glad ſtone aber, wenn er mit sich im Reinen iſt, wird jezt nichts mehr von der eingeschlagenen Bahn zurückschrecken,

Impavidum ferient ruinae.

Die Be

freiung Irlands vom hochkirchlichen Drucke war indeſſen bisher nur eine Gewissenssache der Engländer, weit we 1 Nach der letzten Angabe ( 1851 ) waren nur noch 23 % Proc. der irischen und der englischen und nur 4,88 Proc. der Ge sammtbevölkerung Irlands ausschließlich der irischen Sprache mächtig.

Er wird seine Forderung bezüglich der Hochkirche in Irland durchsehen , als Herzensangelegenheit, und unbe kümmert ob sie staatsklug sei oder nicht. So wenig wie im vorigen Sommer wird er jetzt daran denken mit einem Besenstrich sämmtliche Bischöfe und Pfarrer aus Frland hinauszukehren, was buchstäblich schon deßwegen nicht mög lich wäre, weil die meisten fern von ihren Amtspflichten

2 Nach der Zählung von 1861 gab es in Irland : 4,490,583 röm. Katholiken, 678,661 Angehörige der Hochkirche, 586,563 Proteſtanten gemiſchter Bekenntniſſe.

in Würde und Heiterkeit ihre Einkünfte verzehren, ſondernſo oft ein Sig erledigt wird, soll er nicht neu beſeßt werden, so daß nach statistischen Erfahrungen etwa 50 Jahre verstreichen werden

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

19

bis der lezte irische Pensionär der Hochkirche das Zeitliche

als Kronzinsbauern zu vergeben.

gesegnet haben wird.

der liebe Gott mit dem neuen Amte einen neuen Verſtand gegeben, damit er noch bei Zeiten inne werde daß auf

Den flüssig werdenden Einkünften

gegenüber befindet man sich aber in einer sonderbaren Verlegenheit, denn bisher hat der katholische Klerus in

Hoffentlich hat ihm aber

Irland sich standhaft geweigert anderes Geld zu berühren als was aus freien Gaben ihm zufloß, doch wird er wohl

diese Weise dem celtischen Elend sich nicht abbelfen läßt. Irland hat keine Gewerbe oder nicht genug Gewerbe, und es iſt zu wenig geräumig um seine Bevölkerung bei einer Zer

zu Gunsten einer Entlastung seiner Pfarrkinder schließlich sich erweichen lassen die Erbschaft der Hochkirche anzutreten.

wirthschaftung seines Bodens des Verhungerns zu ernähren.

Tiefe Erbitterung aber wird und muß jenes Geſetz bei den Orangisten, also bei den protestantischen Frländern angel sächsischer Abkunft hervorrufen. Unter diesen Drangisten

in der Gesetzgebung, nicht in den Eigenthumsverhältniſſen, nicht im Boden, nicht an den atlantischen Regenwolken,

gibt es übrigens schon jest manche heiße irische Patrioten die mit ihren örtlichen Gegnern, den Feniern, darin über: einſtimmen daß für Frland eine Lösung der gemeinſamen parlamentarischen Regierung das Wünschenswertheſte ſei. Irland ist jetzt genau für die Briten geworden was Un garn für die österreichischen Centraliſten war , jedoch mit

anders als am Abgrunde Das irische Uebel liegt nicht

sondern in dem Blute der Bewohner.

Klagen ſie darüber

daß ihre Magnaten sich dem Lande entziehen und aus wärts ihr Geld verzehren , so tragen sie selbst alle Vet schuldung, denn welcher Gutsherr ſollte sich behaglich füh len mitten unter agrarischen Frevlern ? Fehlt dem Lande das Capital, obgleich die Gelegenheiten zu einer vortheilhaf ten Anlage nirgend zahlreicher wären, ſo ſind nur die Fren

einigen höchſt intereſſanten Abweichungen von der allge: meinen Schablone der Nationalitätsbeschwerden. So hat

es ſelbſt die es durch ihre beſtändigen Unruhen verſcheu chen. Wie möchten große Gewerbe dort gedeihen, wo die

der Unterschied der Sprache für Jrland nicht entfernt die Wich

Fren, auch als Arbeiter beständig händelsüchtig, die Unter nehmer mit Lohnverſchwörungen ( Strikes) bedrohten ? Ent

tigkeit wie in Ungarn, denn gibt es dort auch Celtomanen, ſo spricht und flucht die Mehrzahl der Fenier englisch, und zwar englisch mit Vorliebe. Als Insel dagegen hat Irland weit mehr Aussicht sich abgesondert zu erhalten, auch ist der Unterschied in Sitten, Denk- und Gefühlsweise zwischen Briten und Fren außerordentlich stark. Entfremdet sich nun gar durch Verläugnung der Hochkirche das Mutter Orangisten, die bisher mit Worten und Fäusten gegen jede Auflösung des Verbandes der drei Königreiche stritten, so werden sie nicht bloß abtrünnig, sondern als Renegaten und Protestanten die aller unbotmäßigsten Jr länder werden. Zwar trennt sie noch die Religion von den reinen Celten, allein so gewaltig wie Antäus in Berüh rung mit seiner Mutter Erde, ist in Irland die katho lische Kirche, und kein Land hat ihr mehr Bekehrte zuge führt wie die grüne Insel. Nicht leicht hat vormals irgendein Zeitalter so viel erlebt als das unsrige. Personen und Ansichten wechseln so hastig wie im Traume,, ja oft möchte man sich fragen ob wir wirklich wach sind, oder wenn wir eben erwacht sein sollten, ob das Vergangene nicht ein böses oder ein süßes Gaukelbild gewesen sei. Vor zehn Jahren noch ge: hörte Hr. Bright auf dem Festlande in der Sprache der Rückschrittszeit unter die Rothen zu Robert Blum, Gari baldi, Mazzini, Louis Blanc und andern Heiligen der jüng

stehen aber keine Fabriken, so finden die überflüssigen Hände keine andere Beschäftigung als auf dem Kartoffel acer. Endlich gesellt sich beim Fren noch die Neigung des frühen Heirathens und der sorglosen Proletariatsvermeh rung hinzu. Bei so viel Anwartſchaft auf das Elend würden alle Wohlthaten und öffentlichen Geschenke das Uebel nur kurze Zeit mildern, den Jren aber zur Friedfertigkeit, Spar samkeit und Enthaltsamkeit nicht erziehen. Was übrigens auch geschehen mag von Seite des britischen Parlamentes, die Fenier und ihre Gesinnungsgenossen werden darin nur eine zeitweilige Abfindung erblicken, und nicht eher ruhen. als bis die Union mit Großbritannien zu einer Personal union sich verdünnt hat, und wenn sie die Perſonalunion erreicht haben, bis die völlige Abtrennung erfolgt ist. Und warum sollte nicht einmal eine Republik Irland oder die vier Provinzen Irlands als vier Freistaaten unter die Ver einigten Staaten aufgenommen werden ? Der größte Zwei fel über die Möglichkeit einer solchen überseeischen Vee bindung bestände jedenfalls darin ob die Amerikaner den Stern oder die Sterne Irlands in ihr Banner aufnehmen möchten. Eine Ablösung Irlands von Großbritannien erscheint am Schlusse des Jahres 1868 noch als abenteuerlich, aber die Meinungen ändern sich ſo rasch daß, wenn die Bright'ſczen

ſten Tage, jezt, wenn wir uns die Augen reiben, gehört

Staatsansichten in England um ſich greifen sollten, manch

er zur Regierung Ihrer allerhuldvollsten Majestät ! Dieser selbige Bright hat vor 15 oder 16 Monaten den Fren ver

anderes Abenteuer noch glücklich bestanden werden könnte. Die Briten sind außerordentlich nüchtern geworden , was

heißen, die großen Landbesitzungen der Insel von Staats wegen den Eigenthümern um etwas mehr als den Markt werth abzukaufen und sie in Zwergstücken an Eingeborne

benen betrifft.

1 Sie gehören vorzugsweise der Provinz Ulster an, der ein zigen von den vieren in welchen die Protestanten an Zahl faſt den Katholiken gleich kommen.

den Erwerb von Ländern oder das Festhalten der Erwor Wie wenig klare Begriffe auf dem Fest

lande über die Denkungsart und die politischen Ziele der Briten herrschen , das haben wir vor einem Jahr lebhaft gemerkt , als eintönig das Schlagwort nachgebetet wurde, einmal in Abessinien, würden die Engländer diese Erobe

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

20

rung nie wieder fahren lassen ; schon des Handels wegen nicht, " seßten diejenigen hinzu die sich ihrer Lebtage über

neſen, die gutmüthig und laſterhaft genug ſind die Fort dauer der britischen Herrschaft in Indien zu bezahlen .

Abessinien und den Handel Abessiniens, der nämlich eine

Glaubt irgendwer daß die Staatsmänner und wahlbefähig

verächtliche Größe iſt, nicht die geringste Sorge zugezogen

ten Hausväter aus der Schule des Hrn. Bright einwilligen sollten, "! um einer Zdee willen ," um der Idee daß Königin

hatten.

Bei allen solchen Anschlägen fragen die Briten Ihre überseeischen Beſißun

Victoria Padischah von Indien heiße und daß irgendein

gen sind ihnen aber mit zwei Ausnahmen bereits zu Un Das Mutterland soll für die

Lord oder General in Calcutta als Vicekönig thronen, oder zu Agra oder Benares an Radſchas oder Raos bei einem

Vertheidigung Canada's, Jamaica's, Australiens, Neu-See

feierlichen Darbar Ehrenkleider verschenken solle, jährlich

lands, der Caplande sorgen, ohne irgendeine Entschädigung

7 Mill. Pf. St. englisches Geld zur Vergrößernng der in

oder Vergünstigung von dorther zu genießen. „ Es geschicht seines Handels wegen, " trösten uns wiederum diejenigen

Erzeugnisse würde zwar etwas geringer werden, wenn die

stets ob sie die Kosten decken.

bequemlichkeiten geworden.

die sich um Handelspolitik am legten kümmern, denen , auch völlig unbekannt ist daß die Colonien selbstherrliche Han

dischen Schuld nach Asien zu senden ? Der Absatz britiſcher

Engländer sich jemals beschränkten als Freihäfen nur Kar ratschi am Indus, die Insel Bombay, die Stadt Madras

delsgebiete bilden, daß sie, wie Canada, durch Schutzölle

und Calcutta besetzt zu halten, der indische Handel ist aber

mutterländische Einfuhren abwehren und die Briten in

nur ein Theil des britischen Welthandels, und den gesammten

Britisch Nordamerika genau so bevorzugt oder gedrückt ſind, wie ebendaselbst Türken oder Franzosen. Die einzigen Besizungen die noch jezt ihren Aufwand mittelbar oder unmittelbar decken , sind Indien und Singapur.

Selbst

Indien zehrt aber mehr an der Macht der Engländer als es ihnen mittelbar zurückerstattet.

indischen Handel gäbe wohl jeder Brite freudig hin als Preis für einen vollen Sieg der Freihändler in den Vereinigten Staaten.

Wenn sie es troßdem

festhalten, so geschieht es weil sie zu viel Geld in die Halb

Mit der Anschauungsweise des Hrn . Bright, der ehe maligen Radicalen, jezt der heranwachsenden Regierungs partei muß man vertraut werden, wenn man mit irgend

insel versenkt haben , weil Briten Inhaber der indischen

einer Wahrscheinlichkeit über das Verhalten Großbritan

Schuld sind, weil mit englischem Gelde die großen Be

niens bei der nächsten Bedrohung der osmanischen Macht in Europa sich Rechenschaft geben will. Gewiß wird das

wässerungsleitungen und die Eisenbahnen in dem aſiatiſchen Reiche erbaut worden sind, weil noch immer dort von den Beamten, wenn auch keine Schäße gesammelt , doch ein glänzender Haushalt geführt werden kann. Wer wollte aber bestreiten daß Großbritannien nicht stärker, nicht reicher,

britische Cabinet keinen Aufwand scheuen durch „ gute Rathschläge," durch

moralische" Unterstützung in amtli

chen Schriftstücken und durch Papier und Letterndruck dem

nicht angesehener sein möchte, wenn alle jene Kräfte welche

Großtürken in seinen lezten Aengsten getreulich beizustehen, es wird sogar auch durch andere als moralische Mittel,

der Staats- und Kriegsdienst in Indien ihm entzieht , in der Heimath blieben ? An dem Tage, wo dem britischen.

wie etwa durch Entfaltung von Panzerschiffen im Mittel meer, namentlich in Sicht vom Piräeus, ihm Trost und

Volke durch seine fiskaliſche Buchführung nachgewiesen wer

Erleichterung gewähren,

den könnte daß das indische Reich eine britische Berarmung

vor daß die Engländer, so lange nicht Aegypten bedroht erscheint, ihr Pulver sparen wollen. Wenn heute Kaiser

nach sich zu ziehen drohe, würde es jede Fortdauer jeiner dortigen Herrschaft mit gleichem Unbehagen betrachten , wie gegenwärtig den läſtigen Beſiß Canada's . kann aber früher oder später eintreten.

Ein solcher Tag

Im Belieben ſeiner

doch liegen bereits Erklärungen

Nikolaus dem Grafen Seymour noch einmal sein besseres Ich offenbaren könnte, wenn er ihm eingestände daß bei der Vertreibung der Osmanen Rußland es ohne Betrüb

himmlischen Majestät des Kaisers von China ſteht es mit

niß ansehen würde, wollten die Engländer sich Kreta's

einem Federzug den Briten alle indische Herrlichkeit zu ver

bemächtigen, ganz sicherlich würde er damit keine Landung an der Krim mehr herauf beschwören, kein Napier würde

bittern. Indien litt bis zum Sipahiaufstand und etliche Jahre später noch an einem schleichenden Deficit, in Folge deſſen die

kommen, so hätten die Briten, als verständige Hauswirthe,

im baltischen Meere seine Jungen ihre Messer weßen lassen, der Kaiser hätte nicht einmal zu befürchten daß er Kreta's wegen in die Verlegenheit käme Wort halten zu müssen,

alle schlecht verzinslichen Eroberungen auf der Halbinsel

sondern die Engländer

wieder fahren laſſen müſſen .

talischen Verhängnisses bis zu den Gränzen Syriens und Aegypten mit Edelmuth zuschauen, keinesfalls aber

indische Schuld immer höher wuchs.

Wäre keine Hilfe ge

Das Opium half aber.

Die

Einnahmen von diesem Monopol sind in den letzten zehn Jahren von 23 auf 74 Mill . Rupien (7,4 Mill. Pf. St. ) gestiegen.

Sowie aber der Kaiser von China ſeinen Chi

würden der

Lösung

des orien

wiederum ihre Staatsschuld um eine Capitalsanlage in Der alte Köhler sebastopolischen Trümmern vermehren.

nejen den Opiumbau frei gibt, fällt das indische Mono

glaube von Erhaltung des

pol, fallen 74 Mill. Rupien jährlich aus dem indischen Schage , die einen hohlen Raum von 7 Mill. Pf. Et .

daß man nämlich durch Geld und Blut das Wachsthum irgend einer andern Macht verhindern, das Erlöschen einer

europäischen Gleichgewichtes,

hinterlassen möchten , denn wohlgemerkt sind es die Chi

Unmacht verzögern, daß man um irgend eines diplomati

Neue Ansichten über die Geschichte der belebten Schöpfung.

21

ichen Lehrsages willen fechten und Steuern zahlen müſſe,

Marmor, der Baumeister den Palast, nicht die Bausteine,

gehört zu den Träumereien einer Vergangenheit über die

geschaffen habe. Die Frage läßt sich nur entscheiden von tief gebildeten Orientalisten, ob nämlich das Zeitwort, welches creavit, er schuf, im Urtert vertritt, ganz unbedingt

wir jetzt lächeln, wenn wir wach sind, wenn wir Hrn. Gladstone am Steuer und Hrn. Bright auf einem Mast Klar muß forbe des britischen Staatsschiffes gewahren. es uns jedenfalls sein daß wir in einer neuen Zeit, in einer Zeit der Neuerungen, der neuen Rechte, der neuen Männer leben und daß daher auch die alten Ziele und die alten politischen Buchſtabirkünfte nicht mehr für uns gelten, die alten dürfen.

Phantome nicht mehr uns schrecken

und unzweideutig den Begriff eines dem Nichts enthält. 1

Entſtehenlaſſens aus

Wir bedauern Versuche, wie die von Büchner, weil sie dem Urheber der neuen Lehre, nämlich Darwin ſelbſt und seinen mächtigen Bundesgenossen Sir Charles Lyell in der Seele widerstreben müssen. Büchner fügt ihnen schweres Unrecht zu, wenn er andeutet daß sie um die religiösen Anschauungen der Engländer nicht zu verleßen, mit ihrem ma terialistischen Bekenntnisse hinter dem Berge hielten. Hr. Büchner kann am Schluß des neuesten Werkes von Dar

Neue Ansichten über die Geschichte

der belebten

Unmittelbar nach dem Erscheinen von Charles Darwins

win das Bekenntniß eines gläubigen Christen an einen persönlichen Gott und Schöpfer, er kann es wiederholt bei Sir Charles Lyell antreffen und beide würden mit Entrüstung jede

berühmtem Buche über die Entstehung der Arten bei Pflanzen und Thieren; brachte das „Ausland" einen Abriß dieser

Verdächtigung als Heuchler von sich abweisen. Wir be flagen aber eine derartige Ausbeutung der neuen Lehren.

Lehre

weil sie dem Fortschreiten der Wiſſenſchaft schädlich werden. können, indem sie ihm unnöthige Feindschaften zuziehen. Die Wahrheit ist nämlich die, daß Darwins Lehre mit den christlichen, buddhistischen oder materialiſtiſchen Glau

Schöpfung.

fast gleichzeitig mit den Ankündigungen englischer

Blätter und unseres beſten Wiſſens nach wurde daher die deutsche

Leserwelt in unsern Spalten zuerst mit jenen

neuen Anschauungen bekannt. Seitdem haben wir nicht versäumt von Zeit zu Zeit alle Fortschritte jener neuen Forschungsrichtung nachzutragen und zwar in sichtlicher Er wartung daß der betretene Pfad der Untersuchung zu neuen Wahrheiten führen werde.

Zählen wir uns daher zu den

erklärten Anhängern des Darwinischen Lehrsages daß die heutigen Thier und Pflanzenarten genealogisch abſtammen von der belebten Schöpfung der tertiären Zeiten, so haben wir doch nie verschwiegen daß bis jest eine unwiderlegliche Begründung aller Darwiniſchen Lehren, namentlich der na

bensfäßen gar nicht das mindeste zu schaffen hat. Als Darwins Buch erſchien, ſagte ein Kritiker im Athenäum es jei in Bezug auf religiöse Anschauungen völlig unver fänglich. Wer vorher gläubig oder ungläubig geweſen ſei, werde nach dem Lesen ebenso gläubig oder ebenso ungläu big wie vorher sein . Ueber den Ursprung der organischen Schöpfung sagt Darwins Buch und Lehre nicht das min deſte, ſondern nur über die Art und Weise wie sich das Geschaffene erhält und weiter entwickelt. Es beseitigt nur

daher mit wenig Behagen Kenntniß genommen von einem

die kleinliche und niedrige Vorstellung von einem persön lichen Schöpfer, der fortwährend an seinem Werke nach

Buche Ludwig Büchners, des Verfaſſers von „Kraft und Stoff", welcher sich bemüht aus den Darwinischen An

flickt, auf Verbesserungen sich besinnt und sie durch ein Wunder und durch Verlegung der Naturgeseße einschmuggelt

schauungen für seine materialistische Denkungsrichtung neues 2 Capital zu gewinnen. Ohne tiefere Kenntnisse von Theo logie und Philosophie sind wir weder in der Lage ihn zu

Die Schöpfung nach Darwinischen Begriffen ist aber ein ganz anderes würdevolles Werk, mit dem wir uns sogleich bekannt zu machen gedenken.

türlichen Zuchtwahl, noch nicht gesichert ist.

Wir haben

Wären wir mit den

Wie wenig die Darwin'sche Lehre mit den Glaubens

nöthigen theologischen Vorkenntniſſen ausgerüstet, so würden

jäßen der Christen zu schaffen hat, kann man aus folgen der Verwandlung eines Saulus in einen Paulus wahr:

widerlegen noch ihn zu bestätigen.

wir vor allen Dingen untersuchen, ob denn wirklich , wie Büchner behauptet, die Bibel in ihren Eröffnungsworten eine Schöpfung aus dem Nichts lehre, von der A.

v.

Humboldt mit Recht behauptet hat, sie sei unfaßlich für

nehmen . Als sie noch neu war, hatte sie in Frankreich feinen behenderen Widersacher als den Abbé Moigno, den

falls behaupten hören die Bibel lehre nicht die Schöpfung

Herausgeber eines naturwissenschaftlichen Notizblattes, „ Les Mondes." Zwei oder drei Jahre lang erschienen Angriffe gegen angeblich Darwinische Behauptungen mit dem Zusah,

aus dem Nichts. In den Worten - In principio creavit Deus coelum et terram, im Anfang schuf Gott Himmel ― und Erde liegt jene Behauptung nicht, denn wir sagen

die neue Lehre sei längst widerlegt worden, sie sei über haupt ein todtgebornes Geschöpf. Diese Angriffe kamen sichtlich von Leuten die Darwins Buch nicht gelesen haben

ja auch daß

konnten, denn sie bekämpften Ansichten die dem großen

das menschliche Denkvermögen .

Wir haben jedoch eben

ein Bildhauer sein Kunstwerk,

4 S. Ausland 1860.

nicht den

Nr. 5 vom 29 Jan.

2 Sechs Vorlesungen über die Darwinische Theorie von der Verwandlung der Arten. Leipzig 1868.

Naturforscher nicht eigen waren, oder sie erhoben Ein 1 Aus der 6. Aufl. von Geſenius Wörterbuch ergibt ſich deut lich daß das hebräiſche bàràh ein bildnerisches Schaffen bedeutet,

Neue Ansichten über die Geschichte der belebten Schöpfung.

22

Endlich wände die er längst siegreich widerlegt hatte. scheint sich der fromme Abbé zu einem Studium des Dri

methode “ erklärt hat , denkt genau über die Giltigkeit der

ginals aufgerafft zu haben, vielleicht in der ſtillen Hoff nung es gründlich vernichten zu können. Mit Erstaunen

sagt: „Muß auch zugegeben werden daß durch Darwin die

las man aber vor ein paar Jahren in „ Les Mondes“ einen

heiten noch lange nicht hinreichend erklärt ist , so ist doch

begeisterten Artikel für Darwin, dem seitdem mehrere an dere gefolgt sind.

durch ihn zuerst der einzig richtige Weg betreten und die

Darwinischen Lehre wie Büchner , wenn dieſer (S. 266)

Entstehung der organischen Welt mit allen ihren Einzel

Möglichkeit einer naturgemäßen Erklärung überzeugend

Wie nicht anders zu erwarten war, trägt L. Büchner

dargelegt worden , während eine solche vorher ganz un

mit Wohlgefallen die Lehre der Abstammung des Men schen und des Affen von einer gemeinsamen Urart nach

möglich (?) zu sein schien. " Professor Bischoff wird mit Ausnahme der Behauptung daß es vor Darwin keine Dar

Hurley und Carl Vogt vor.

Darwin hat sich nicht mit

winianer gegeben habe, wahrscheinlich jedes Wort von Büch

dieser Behauptung abgegeben,

allein in der letzten Auf

lage von Origin of species sagt er ausdrücklich daß die

ner unterschreiben.

Wir kennen Bischoffs Ansichten über

die Entstehung der Arten nicht, wahrscheinlich aber sind sie

Urform aller Wirbelthiere ein Geschöpf war welches mit

dieselben welche Kölliker und der große britische Anatom

Kiemen athmete und er glaubt sogar Spuren einer solchen

Richard Owen vertreten .

Abkunft im menschlichen Körper nachgewiesen zu haben.

Owen, gegen den Büchner auch eine Lanze zu brechen.

Wir können uns nicht überzeugen daß L. Büchner irgend etwas beigetragen habe die Darwinische Lehre tiefer zu be

für nöthig hält , ist zwar ein Gegner der Darwinischen

gründen .

Erkennt sogar nicht einmal die neuesten wichtigen

Beiträge, z. B. die inhaltreichste von allen, die von Nägeli mit ihren Einwänden vom Standpunkt der Pflanzenmorpho logie und ihrermerkwürdigen Kritik über den wissenschaftlichen

Lehre von der Zuchtwahl, steht aber sonst mit seinen An sichten von der Schöpfung Büchner viel näher als Darwin. Er hält eine Urzeugung für möglich , er fragt sich sogar ob, da mechanische Kraft in Wärme, Licht, Elektricität u . ſ,.w. umgewandelt werden könnte, diese Kraft nicht auch in Lebens

Proceß zwischen den Anhängern der Urzeugung und ihren Geg

kraft sich umsehen lasse.

nern. Wir möchten hier die Herren Theologen aufmerkſam machen, mit welcher Unwissenheit sie oft naturwiſſenſchaft

gläubige Mann zeigt den Theologen daß sie schon der

Er, der ſonſt fromme und ſtreng

Darwin wird verkesert weil er die

Korallen wegen an eine genealogische Entstehung der Arten glauben müssen , denn wären die Korallen schon in den

Abstammung des Menschen vom Affen gelehrt haben soll,

sechs Tagen der Genesis geschaffen gewesen, so hätten sie

welcher Unsinn ihm nicht nachgewiesen werden kann. Während nun gegen die religiös-neutrale Lehre Darwins

in dem Süßwasser der noachischen Fluth, wo ein 40tägiger

geeifert wird, haben wir von theologischer Seite noch nie

Grunde gehen müssen. Owen erklärt ferner daß , wenn man die Entstehung der Arten entweder durch Mirakel

liche Lehren anfeinden.

etwas gelesen gegen die Lehre von der Unzerstörbarkeit der Kraft oder gegen die Lehre der Urzeugung. Die lettere namentlich müßte, wenn sie jemals erwiesen werden könnte, vollständig alle Vorstellungen vom Vorgange einer Schöpfung ändern.

Aber Niemand hat sich bis jezt gegen dieje

Anschauung geregt, wahrscheinlich weil ihre Tragweite noch

Regen bis zu den höchsten Berggipfeln ſtieg, sämmtlich zu

oder durch ein Gesez ,

d. h. durch die Wirkung äußerer

Ursachen zu erklären habe , er sich für den gesetzmäßigen Verlauf entscheide. Als Schüler Cuviers hatte Owen in frühern Jahren auf die Säße dieſes Meisters geschworen, den er jetzt bekämpft. Cuvier batte 1821 den Darwinia

nicht klar erkannt worden ist. Seltsamerweise waren Aristoteles und die mittelalterlichen Kirchenfcholaftiker An

nern seiner Zeit den Beweis auferlegt : zwischen dem Paläo

hänger der Urzeugung, wenigstens nahmen sie an daß Un

Zwischenglieder aufzufinden.

geziefer, selbst Mäuse aus Schmuß entstanden. 2. Büchner, fennt oder fannte zur Zeit seiner Vorlesun

so würde ihm Owen gegenwärtig zur Lösung der Auf gabe folgende Reihe vorführen können : Palaeotherium ,

gen noch nicht Darwins neuestes Buch über die Haus

Paloplotherium , Anchitherium , Hipparion und Equus.

therium und den heutigen (Pferde:) Arten die fehlenden Lebte der Meister noch,

thiere und Culturpflanzen, da er noch Ansichten als Dar

Owen bekennt sich zu dem Darwinischen Grundſay von dem

winische vertritt auf die Darwin neuerdings wenig Gewicht mehr legt. Ebenso kennt der Verfasser nicht den wichtigen

Kampf umdas Daſein, und bemerkt mit großem Scharfsinn daß

Beitrag Moritz Wagners , der uns gezeigt hat daß die

tes Gesetz beim Erlöschen der Arten nachweisen können, folglich daß es logisch ist auch die Entstehung der Arten

Wanderungen der Thiere und Pflanzen mächtig zu ihrer Umänderung beitragen können, wodurch jehr viele bis dahin drückende Einwände gegen die Darwinische Lehre beseitigt worden sind. Endlich wiederholt Büchner Kail Vogt'sche Wize gegen den Anatomen Bischoff, dessen claſſiſches Werk über die menschenähnlichen Affen er nicht gelesen haben. kann, denn der Münchener Gelehrte , der sich darin für ,,einen begeisterten Anhänger der Darwinischen Forschungs

wir hier ganz deutlich eine äußere Ursache, ein sogenann

äußern Einwirkungen, einem Gesetz zuzuschreiben. Die Cependant on peut leur (den Anhängern von Lamarck und St. Hilaire) répondre , dans leur propre système , que si les espèces ont changé par degrés , on devrait trouver des traces de ces modifications graduelles ; qu'entre le pa laeotherium et les espèces d'aujourd'hui l'on devrait découv rir quelques formes intermédiaires , et que jusqu'à présent cela n'est point arrivé.

Neue Ansichten über die Geschichte der belebten Schöpfung.

23

gegeben habe zur Warnung für andere Geschöpfe.

Eine

äußeren Einwirkungen nennt Darwin natürliche Zucht: wahl. Es ist uns nicht bekannt daß irgendein Natur:

jolche Natur wäre aber doch stiefmütterlich gegen die Klap:

forscher ersten Ranges noch jezt an der genealogischen Ab stammung der gegenwärtigen Arten aus der tertiären

perſchlange verfahren, da sie ihr hinterlistig den Gebrauch Dem andern sündhaften Vieh ihrer Waffe verfümmerte.

Thier und Pflanzenwelt zweifelte, dagegen sind sehr viele

und Menschenkind gegenüber wäre es aber noch mütter

große Naturforscher der Ansicht daß die natürliche Zucht:

licher gewesen wenn überhaupt gar keine Klapperschlan

wahl nicht ausreiche die Artenübergänge zu erklären. So sagt Owen in seinem neuesten eben erschienenen Werk:

gen entstanden. War die Natur mütterlich gesinnt als jie die Klapper austachte, so muß fie in anderer Stim:

„ Ein angebornes Bestreben (der Geschöpfe) vom elterlichen

mung

Typus abzuweichen,

Klapper ,

ausgeübt in Zeiträumen von ange

gewesen sein

als sie

die

Lanzenschlange ohne

als sie die furchtbare Korallennatter erdachte,

messener Dauer, ist meiner Ansicht nach die wahrſchein

die so hurtig ist daß ſie vorübereilende Pferde in die Feſſeln

lichste Art des Vorganges oder des Vollzugsverfahrens

trifft. In Wahrheit ist die Schlangenklapper den Schlangen selbst sehr nüglich, den andern Geschöpfen sehr verderblich.

eines äußerlichen Gesetzes (secondary law) wodurch Arten von einander sich abgeleitet haben. "

Die Hauptsache bleibt

immer die Lehre vom gemeinsamen Stammbaum der Arten. Zu dieser Lehre bekennt sich wen, und obgleich er sich sträubt die Verdienste Darwins anzuerkennen , sicherlich gebührt dem leßteren allein der Ruhm, in unserer Zeit jene Lehre zur Geltung gebracht, die bis dahin herrschen den Ansichten Cuviers gestürzt zu haben.

Und stürzen

mußten sie, denn ihr Boden war durch die Fortschritte der Versteinerungskunde und der vergleichenden Anatomie völlig untergraben, und der Beweis den Cuvier seinen Gegnern

Sie dient nämlich als Begattungsruf, indem die Geschlech ter durch Klappern ihre Nähe sich anzeigen, so daß durch die Klapper die Vermehrung jener so gefährlichen Geschöpfe zu unserm Schaden gesteigert wird. Ehemals hat man den menschlichen Körper als ein Meisterwerk der Natur betrachtet, aber bei schärferem Zu Wir sehen fanden sich auch hier Flecken in der Sonne. besigen eine Schilddrüse, die, sonst völlig überflüssig, den Kropf erzeugt, etwas ähnliches läßt sich sagen von der Thymusdrüse, den Mandeln, dem Blinddarm, vor allem

ners Ansichten, so stehen wir völlig auf seiner Seite wenn

bedenklich ist nach Darwin die gemeinsame Ausmündung der Speise: und der Luftröhre , da die lettere durch den Apparat des Kehldeckels erst wieder geschügt werden mußte

er die sogenannte Zweckmäßigkeitslehre bekämpft, die aus

und doch nicht hinlänglich geschützt ist.

auferlegt hatte, glänzend geliefert werden. Befinden wir uns vielfach in Widerspruch mit Büch

den Jugendunterricht nicht früh genug verschwinden sollte weil sie auf Zrrwege führt. Eine unreife Naturbetrachtung wird, da alle Geschöpfe sehr zweckmäßig für ihre Verrich tungen ausgestattet sind, die gesammte Schöpfung als durch dacht und als ein Muſterbild von Zweckmäßigkeit auffaſſen .

Den deutlichsten Gegenbeweis gegen die teleologischen Träumereien liefert jedoch das menschliche Auge. Ehe mals verehrte man es als die vollkommenste Leistung der Schöpferkraft in der Natur.

Das menschliche Auge ist

aber ein sehr fehlerreiches Werkzeug für die Verrichtungen zu denen es uns dient. Zuerst ist das Gesichtsfeld des

Dieß führt zu unlösbaren Widersprüchen . Hier bewundert der eine die Weisheit der Natur, die eine Kletterpflanze

scharfen (directen) Sehens

mit Auswüchsen als Greifwerkzeugen ausgestattet hat, ahnt aber in seiner Einfalt nicht daß dieselben Greiforgane

klein, denn während nach einigen Physiologen das deut liche Sehen bei Winkelgrößen von 3 bis 4° gänzlich auf

ohne jede Verrichtung, also völlig zwecklos sich bei einer Reihe von Pflanzen finden die nicht klettern. Die nackte

hören soll, behaupten neuere man könne direct und deut

auffallend klein, unglaublich

lich nur ein Feld überſchauen von der Größe des Daumen

Kopfhaut des Geiers soll die Bestimmung haben das Thier

nagels wenn der Arm ausgestreckt wird.

beim Wühlen im faulenden Fleische zu begünstigen, allein der Haushahn erfreut sich der nämlichen Kopfhaut ohne

wird dadurch abgeholfen daß das Auge mit größter Ge

in faulem Fleiſche zu wühlen. Ein anderer preist die Güte der Natur daß die Embryonen der Saugethiere wegen der

Diesem Mangel

schwindigkeit die Umrisse der Gegenstände abläuft, gleich. ſam betastet und dem Gehirn ihre Gestalt einprägt. türlich wäre

ein Werkzeug

ohne

Na

Mangel vorzüglicher

ungeschlossenen Näthe einen beweglichen Schädel besigen, so

als ein Werkzeug dessen Mängel erst wieder die Bei

daß der Durchgang durch das Becken minder schmerzvoll für

gabe eines Muskelapparates erfordern.

dieMuttersey.

Allein auch die Embroyonen von Vögeln und

ten deutlichen Sehen verrichtet unser Auge noch ein un

Reptilien, welche nur eine Eierschale durchstoßen, erfreuen sich

deutliches seitliches Sehen. Allein seltsamer Weise gibt es für

der nämlichen Vorzüge.

dieſes Sehen einen kleinen Raum wo das Auge unem pfindlich ist, die blinde Stelle. Mariotte entdeckte sie

Der Stachel der Biene und Weſpe

zeugt gewiß sehr stark gegen die teleologischen Ansichten . Eine Waffe die sich gegen den der sie gebraucht tödtlich erweist, ist gewiß nicht etwas was wir als zweckmäßig bewundern können. Gar kläglich wird einem zu Muthe wenn man lesen muß daß es wieder mütterliche Vorsicht der Natur gewesen sey die den Grubenottern eine Klapper

Außer dem direc

zuerst und ein jeder kann sich von seiner örtlichen Blindheit überzeugen, wenn er auf ein Blatt Papier links ein kleines schwarzes Kreuz, rechts in handbreiter Entfernung einen. schwarzen Fleck von Silbergroschengröße zeichnet.

Schließt

er dann das linke Auge und richtet er das rechte feſt auf

Miscelle.

24

lächerlich zu werden , wenn man den Werth des mensch lichen Auges herabſeßt , endigt doch der Sehnerv im Gehirn,

das Kreuz, so wird er wenn er das Blatt aus größerer Ferne dem Auge nähert den schwarzen Fleck indirect ſehen,

dem Sie unseres Dentvermögens , welches lettere alle mangelhaften Empfindungen der Bilder richtig zu deuten

plöglich bei einem Abstand von etwa 10 Zoll verschwindet er und wird erst bei noch größerer Annäherung des Blat tes an das Auge wieder sichtbar.

lernt, so daß wir mit Hilfe des Auges zum Verständniſſe von Nah und Fern, ja zum Begriff des Raumes gelangen, daß wir sogar in neuester Zeit die Körperstoffe der ent

Die blinde Stelle liegt

im sogenannten gelben Fleck der Nezhaut genau da wo der Sehnerv eingefügt ist.

Wir können uns natürlich nicht

ferntesten Sterne wie der Sonne und der Kometen zu sehen vermögen . Es galt aber hier nicht die Brauchbarkeit des

denken, wie sich dieser Mangel bätte vermeiden laſſen, der übrigens nur bei Einäugigkeit und auch da keine schlimmen Nachtheile nach sich zieht, immerhin aber der Vorstellung einer Vollkommenheit unseres Sehapparates widerspricht.

menschlichen Auges herabzusehen, sondern nur zu zeigen daß es kein vollendetes , daß es ein unfertiges Werkzeug für seine Verrichtungen ist. Für eine solche Erkenntniß wissen die

Unser Auge ist aus mehreren lichtbrechenden Stücken, der Hornhaut, der Krystalllinse , dem Glaskörper, zusam mengeſeht.

Teleologen uns keinen Trost zu gewähren. Die Ergebniſſe der paläontologischen Geologie, der vergleichenden Anatomie,

Dieſe Zuſammenſtellung gewährt keine reine

(achromatische) Brechung.

der Darwinischen Ansichten auf dem Gebiet der Biologie bieten aber eine wahre Versöhnung und Beruhigung . Er

Frauenhofer war es der die

sen Mangel entdeckte, der auch die sogenannten achroma tischen (in Wahrheit schwach chromatischen) Linsen aus Flint und, Kronglas zusammenseßte . Bei Sonnenlicht ist

scheint uns die belebte Schöpfung nicht vollkommen , nicht vollendet, so lehren uns jene Zweige unseres Wissens daß sie doch nach Vollendung beständig ringt, daß die Geschöpfe

die unreine Brechungsart des Auges nicht störend, dean es ist

immer kunstvoller gegliedert, zu immer höhern Aufgaben befähigt wurden, nicht bloß die Geschöpfe allein , sondern

nur ein schwacher violetter Saum der die anderen Strahlen überragt, allein der Fehler wird sehr bemerklich, ſowie man durch farbige Gläser eine weiße Scheibe oder irgend eine

auch ihre Sinneswerkzeuge , denn es gehört zu den schön sten Leistungen Darwins, uns gezeigt zu haben wie das

Lichtquelle betrachtet. Alle unsere optischen Gläser haben einen Fehler den man die sphärische Aberration nennt.

thierische Auge aus anfangs rohen Anfängen, die nur die Lichtwirkung begünstigen , nicht Lichtempfindungen vermit teln , sich zu dem vielgliederigen Auge des Menschen mit

Er stammt daher

daß Strahlen die den Hand einer geschliffenen Linse tref fen, nicht mit den mehr centralen im Brennpunkt des

seinen mannichfachen Brechungskörpern erhoben hat, zu dem Auge welches die Glorie des Sternenhimmels , den Untergang der Sonne, das grüne wallende Meer, die stillen

Glaſes ſich vereinigen, wodurch ein Mangel von Schärfe der Bilder entsteht. Allein bei unseren optischen Instru menten ist dieser Fehler verschwindend klein, weil man sehr

Blumenreize und die menschliche Gestalt sieht und nicht

flache Linsen anwendet.

bloß sieht, sondern Sehen in Genuß verwandelt.

Beim Auge ist

nicht nur eine

sphärische Aberration, sondern noch etwas viel schlimmeres vorhanden.

Die

Oberflächen der Brechungskörper

im

Auge gleichen nämlich nicht einmal den Krümmungen einer

Ueber Glaswolle. In der Mustersammlung des nieder österreichischen Gewerbevereines sind von Jules de

Kugel, sondern sie sind in elliptischem Sinne sehr unregel mäßig verbogen und die Folge davon ist daß wir senkrechte Linien nicht so scharf ſehen wie wagerechte.

Brunfaut aus Paris erzeugte Glas-Kunst- Spinnerei-Artikel, als: Coiffuren, Schleifen, Armbänder, Manschetten, Uhrket:

Die Horn

ten, gekräuselte und glatte Straußfedern ausgestellt.

haut und die Krystalllinse sind ferner nicht ganz rein, sondern getrübt durch Spuren eines Stoffes der mit dem Chinin Aehnlichkeit zeigt.

Die

selben unterscheiden sich von den bisher erzeugten Artikeln dieser Art dadurch, daß sie viel feiner, geschmeidiger und

Außerdem befinden sich in jeder

Krystalllinse kleine Körperchen, die wir im gesunden Zu

dauerhafter hergestellt sind.

stande nicht wahrnehmen, die aber bei überreizten Nerven in höchst peinlicher Weise ale mouches volantes zum

Colliers z. B. feine Splitterchen sich loslösen und am Halse

Vorschein kommen.

Außerdem erzeugen gewiſſe Blutgefäße

der Nezhaut die übrigens wenig hinderlichen, sogenannten Purkinje'schen Geſtalten. Es klingt fast wie eine Lasterung oder man fürchtet

Die Besorgniß daß von den

empfindliche Spuren zurücklaſſen, entfällt hier gänzlich, wenn

1

man die von Hrn . de Brunfaut erzeugte Glaswolle betrach tet, die so sein wie Spinnengewebe ist, auch an Stärke der besten Wolle nichts nachgibt, sie aber an Schönheit weit übertrifft.

Was die Geschmeidigkeit des Glasfadens be

trifft, so möge die Thatsache als Beweis dienen, daß derselbe 4 Bei den beweglichen Bildern die man durch die Schliße in einer rotirenden Trommel betrachtet , läßt sich dieß gut zeigen, wie wir beiläufig bemerken wollen. Man bringe nämlich ſtatt der Bilder senk- und wagrechte Striche an, und wird dann wohl die wag nicht nicht aber die senkrechten ſehen.

mittelst der Nähmaschinen den schönsten Stepp: und Kettenstich gibt und sich auch durch die Strickmaschine verarbeiten. läßt.

(Verhandlungen des nieder-österreichischen Gewerbe

vereines)

Truck und Verlag der J. G. Cetta'ſchen Buchhandlung.

Redaction : Dr. D. J. Peschel.

Das

Ansland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndwierzigster Jahrgang.

Nr. 2.

Augsburg ,

1869.

9 Januar

Inhalt: 1. Die Aussäßigen in Europa und insbesondere am Niederrhein. 2. Ueber die plastischen und hypſometriſcheu Berhältnisse der Ostalpen, von O. v. Sonklar, k. t. Oberſt. 3. Bona und Tunis, von Gerhard Rohlfs . - 4. Lebensbeschreibung 5. Avignon. Sir John Richardſons. 6. Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte. 4) Die Vereinigten Staaten. 7. Die wirthschaftlichen und ſocialen Folgen der Ackerbaukrisis in Frankreich. 8. Gedeihen der Colonisten auf den Fidschi- (Viti-) Inseln. 9. Tyndall über neue chemische Aeußerungen des Lichtes . 10. Wirkung des Corallins auf die menschliche Haut. - 11. Leben in großen Seetiefen.

Die Ausfähigen in Europa und insbesondere am

terlich und zerstörend eingreifend in alle Familienverhält nisse durch die Anstalten welche zur Verhütung ihrer wei

Niederrhein. tern Verbreitung getroffen wurden .

Der Aussah wurde.

Einekleine Schrift : „ Geschichte der Wohlthätigkeitsanſtal

früher allgemein als ansteckend angesehen, welches er aber

Vortrag des Oberbürgermeisters Kaufmann" (Bonn 1868) , welche nur einen ganz localen Zweck hat und wohl kaum außerhalb des Weichbildes der genannten

daher jene Maßregeln ganz unnöthig gewesen. Uebrigens können wir die weitere medicinische Schilderung der Krank

ten in Bonn.

Stadt Verbreitung finden wird , enthält Nachrichten über die Leprosenkrankheit, nämlich den alten biblischen Ausjah, welcher vom 12ten bis zum 17ten Jahrhundert in Europa als eine schreckliche Geißel der Menschheit großes Unheil

nach der Ansicht der neuen Aerzte keineswegs ist, und sind

heit umgehen.

Der Aussah herrscht noch jezt heftig in

Indien und ebenfalls in Palästina und Syrien, und ein Aufsas: " Der Ausjah in den englischen Colonien" (ab gedruckt im " Ausland “ Nr. 14 (Jahrgang 1868) hat be

Der Umstand daß ein altes Leproſenhaus,

reits eine für den Laien ausreichende Beschreibung der

ein geſtifteter früherer Aufenthaltsort der Ausfähigen in auf der Höhe" ge: der Nachbarschaft der Stadt Bonn ,

Krankheit mitgetheilt, welche gut mit derjenigen der ältern

gebracht hat.

nannt , eine andere wohlthätige Bestimmung erhielt , gab dem Oberbürgermeister Kaufmann Veranlassung den Gegen stand zu bearbeiten. Nicht aber gerade dasjenige welches er

Schriftsteller übereinstimmt ; diesen interessanten Aufsat bringen wir daher in Erinnerung. Im hohen Alterthum war der Aussat sehr herrschend, die Bibel alten und neuen Testaments bespricht ihn oft,

im allgemeinen darüber mittheilt und was auch zum Theil aus andern Quellen bekannt ist, bewegt uns einen freien

und auch die Römer kannten ihn .

Auszug aus seiner Schrift hier folgen zu laſſen, als viel mehr die darin enthaltenen localen Nachrichten über die

in Deutschland ,

unglücklichen Leprosen in den Gegenden am Niederrhein. Kaufmann hat dieselben fleißig aus alten Schriftstüden geschöpft, und insoweit dürften sie in der bezüglichen Literatur

sogar daß zu dieser Zeit in jenen Ländern schon Aussat

neu seyn.

Mit den Kaufmann'schen Mittheilungen ver

flechten wir zur Vervollständigung noch einiges andere, welches gute Quellen darboten . Die Leprosen in Europa bilden einen nicht unwesent lichen Theil der Leidensgeschichte der Menschheit , welcher seiner traurigen Bedeutung wegen dem mit ihnen zum Theil gleichzeitigen Glauben an die Heren und deren schrecklichen Verfolgung an die Seite gesetzt werden kann. Die Krank heit, an und für sich schlimm genug, wurde erst recht fürch Ausland. 1869. Nr 2.

Wenn wir Europa

ausschließlich ins Auge nehmen, so läßt sich seine Existenz Frankreich ,

England und Italien nicht

allein im 8ten Jahrhundert geschichtlich nachweiſen, ſondern

häuser bestanden.

Ganz unbezweifelt ist die Krankheit im An

fang des 12ten Jahrhunderts nach der Zurückkunft der Kreuz fahrer in Europa viel häufiger geworden . Gegen das Ende des 12ten Jahrhunderts war sie in Europa so sehr verbreitet, daß man in manchen Gegenden , z . B. in der Bretagne, eigene Priester , Kirchen und Kirchhöfe für die Leproſen hatte. In den ersten Kreuzzügen wurde ein eigener Ritter: orden des heil. Lazarus gestiftet , der sich der Pflege der Ausſägigen widmete.

Anfangs übten die Ritter dieſe Pflicht im St. Lazarushospital in Jeruſalem selbst, später stifteten 4

Die Aussäßigen in Europa und insbesondert am Niederrhein.

26

fie jenen Orden, in welchem sie Aussäßige zur Pflege der

mittlern und höhern Ausſaß.

Nur die welchen den leß

Der Groß

tern hatten wurden zur Absonderung verurtheilt , hatten

meister des ganzen Ordens mußte immer ein Aussäßiger

nach gewissenhafter Prüfung Richter und Arzt einen Ein wohner für ausfähig erklärt, so geschah die Anzeige davon

mit derselben Krankheit Behafteten aufnahmen.

sein.

Es mehrten sich und zwar besonders durch die Für

sorge dieser Pfleger die Hospitäler für Aussäßige in solcher

dem Pfarrer der Gemeinde zu welcher der Kranke gehörte,

Menge daß London, welches damals noch nicht groß war,

und dieser schritt nun zur feierlichen Absonderung und Aus

sechs Aussahhäuser besaß.

setzung des Knaben von seinen geſunden Mitchriſten.

Ludwig VIII bedachte in dem

Die

zu jener Zeit um ein Drittel kleinern Frankreich 2000 Aus :

kirchliche Absonderungs - Ceremonie der Ausjäßigen von der

saghäuser in seinem Testament.

Gemeinde hatte die größte Aehnlichkeit mit den Leichen feierlichkeiten, und wird in mehrern alten Liturgien unter dem Namen Separatio Leprosorum beschrieben .

Schriftsteller berechneten

die Anzahl der Ausſaghäuser in der ganzen Chriſtenheit auf 19,000. In Deutschland nannte man die Aussäßigen Misel,

Ogée in der

Histoire de Bretagne" gibt folgendes Bild

Malsieche und Sondersieche, auch Malzige ; die Krankheit

von dem Verfahren : Ein Priester, bekleidet mit einem Ueber:

hieß Malzai, Miselsucht, niederdeutsch Meelatsheit.

wurf mit einem Kreuz, begibt sich zu dem Aussäßigen und bereitet ihn vor geduldig die Strafe Gottes zu ertragen,

„ Davon

heißen Melaten mehrere Orte , wo sich Leprosenhäuser be fanden, so Melaten bei Köln und bei Achen. Erster Ort

welche ihn mit dem unheilbaren Uebel heimgesucht habe.

ist jetzt zum Weiler erwachsen und es befindet sich hier

Der Priester besprengt den Kranken sodann mit Weihwaſſer

der große Gottesacker der Stadt Köln. "

und führt ihn zur Kirche.

Weil insgemein

Auf dem Wege singt man

die Miselsucht als eine unheilbare Krankheit betrachtet

Todtengeſänge ab.

wurde , so mußten die härtesten Vorsichtsmaßregeln zur

Kleider aus und bekleidet sich mit einem zu dieſem Zweck angefertigten schwarzen Rock. Vor dem Altar kniet er

Verhütung der Ansteckung getroffen werden, und diese gaben jenem Uebel den grausamen , fast tragischen Charakter."

In der Kirche zieht der Aussäßige ſeine

nieder und hört die Messe , nach welcher er wieder mit

So bezeichnet Karl Simrock in der Vorrede zu seinem

Weihwasser besprengt wird.

,,armen Heinrich" (Berlin 1830), das Wesen dieser Geiße! der Menschheit. „Fremde Aussäßige," sagt Grimm; wur den alsbald über die Gränzen gewiesen , einheimische auf

Begräbnissen üblichen Gesänge gesungen, und hierauf wird er an den für ihn bestimmten Aufenthaltsort gebracht.

Dann werden die bei den

Hier ermahnt ihn der Priester zum zweitenmal seine Leiden .

Kosten der Angehörigen mit Hut, grauem Mantel, Schelle

mit Geduld zu ertragen, und wirft ihm eine Schaufel voll

(oder Klappen) und Bettelsack bekleidet und in ein entfern

Erde auf die Füße.

tes Hüttchen geführt, wo sie einsam wohnen mußten .

nur ein vollständiges Bett , ein Wassergefäß ,

Ihre

Hütten wurden auf vier Pfähle gebaut, oft an das Meeres ufer, oft an die große Heeresstraße. Sie mußten schellen

Seine enge Wohnung hat als Möbel eine Riste,

einen Tisch, einen Stuhl, eine Lampe, eine Serviette und

(oder klappern) , um Vorübergehende zu warnen daß sie

sonstige Kleinigkeiten . Er erhält eine Capuze, zwei Hem den, einen Ueberrock , ein Messer, einen Stock und einen

sich ihnen nicht nähern möchten, auf der andern Seite lag

ledernen Riemen.

ihr Hut oder eine Schale, um deren Mitleid anzusprechen. "

er ihn gebietend, niemals ohne sein Leproſenkleid sich öffent lich sehen zu lassen ; nicht in Kirchen, Mühlen oder Brod:

Die Eheleute durften einander folgen , es war selbst

Ehe der Priester ihn verläßt, ermahnt

In England war

bäckereien zu gehen ; seine Hände und seine Sachen über

aber durch Parlamentsacte verboten daß die Frau beim

haupt nicht an Brunnen oder in Bächen zu waschen ; auf

aussäßigen Mann bleiben durfte.

Die Kinder der Aus

den Märkten keine Lebensmittel zu berühren, und dasjenige

allgemeinen Taufsteine

welches er kaufen wolle nur mit seinem Stock anzuzeigen ;

den Ausfähigen gestattet zu heirathen.

säßigen wurden nicht über dem

getauft , sondern an einem besondern Teiche.

Der Aus

fähige war nicht lehensfähig, er konnte nicht als Zeuge er: scheinen, auch niemand vorladen. Von seinem frühern Erbe

nicht in Hauser oder in Wirthsstuben einzutreten um Wein zu kaufen , er dürfe nur vor der Thüre stehen bleiben, müsse hier seine Absicht kundgeben und die gekauften Gegen

hatte er die Nugnießung, konnte es aber nicht veräußern und auch nichts verschenken. War er einmal aussäßig er

stände sich in sein Fäßchen legen lassen ; nur mit einem

klärt , so konnte er nichts mehr erben , sondern alles fiel Er war außer

Straße nur dann auf eine Ansprache zu antworten, wenn er außerhalb der Windrichtung stände , weil seine Aus

Die weltliche Behörde stellte Richter und Aerzte zur

dünstungen den Fragenden belästigen könnten ; nicht in engen Wegen zu gehen und keine Kinder zu berühren, ihnen.

seinen Erben und Angehörigen anheim. dem weltlichen Geseß.

reinen Gefäße Wasser zu schöpfen ; auf dem Wege oder der

Prüfung aller des Aussages verdächtigen Personen an, und

auch nichts zu geben was er angefaßt habe ;

sie mußten, wenn sie bemittelt waren, eine bestimmte Tare für die Untersuchung entrichten. Diejenigen welche sich

mit den Leprosen zu essen und zu trinken.

nicht zur Prüfung stellten, wurden mit Gewalt zu dersel

konnte nur sehr nachtheilig auf ihr Gemüth und ihren Charakter einwirken . Ein Priester Humbert im Bisthum

ben geführt. Die Prüfenden folgten meist übereinstimmen den Formularen. Man unterschied dabei den geringen,

endlich nur

Ein solches Verfahren gegen die unglücklichen Leprojen

Vienne sprach sich darüber am Ende des 13ten Jahrhun

Die Aussäßigen in Europa und insbesondere am Niederrhein.

derts in folgenden Worten aus :

„ Weil die Ausſäßigen

27

braucht werden sullen, “ und weiter heißt es von demselben

immer allein seien, so sei es ein großes Werk der Liebe fie

Jahr:

zu besuchen und von Gott zu sprechen.

innerhalb zween Tagen geboten oder durch den Henker

Man solle fich

überhaupt hüten sie im mindeſten zu ärgern, denn ſie

die ußsäßigen, die dazu gemüszt, ſullen uſzzuziehen

schentlich herusz geweiszt werden.“

Viele fluchten gegen Gott

Bei der oben mitgetheilten Aeußerung des Priesters

und die Menschen wegen ihrer Absonderung von dieſen.

Humbert kann es nicht auffallen, wenn im Anfange der Regeln der Bonner Bruderschaft Unserer lieben Frauen und des h. Lazarus die höchste Brüchte ( Strafe), bestehend

seien zu allem Bösen geneigt.

Sie seien undankbar, geizig, neidisch und tückisch, schimpf ten und schlügen sich oft um das Almosen und betrögen einander darum .

Sie seien häufig allen Lastern der Un

zucht und Gefräßigkeit ergeben, und manche schienen nach

in einem Goldgulden, zwei Pfund Wachs und einer Kanne Biers den gemeinen Sündern und Brüdern " auf folgende

prosen in Europa, geben wir die uns zu Gebote stehenden

Verbrechen gesezt wird : „ item, welcher im Ehebruch befun den wurde, item off Jemand in schlechter Hurerei gefun den wurde, der soll dieselwige Persohn zur Ehe nemen binnen sechs Wochen oder die Brüchte gelten. Item daß

bezüglichen Bruchstücke rheins.

aus den Gegenden des Nieder

Jemandt Herren, Fürsten, Ritter, Junker, Schlösser oder Wohnungen, auch Kirchen, Klöster und Klausen zu nahe

Das ehemalige Siegenhaus von Bonn liegt mit einer

kömmt, sich unschicklich und unzügtig hielt, sich in Bier oder Weinhäusern gern oder drunken dringt, soll gestrafft werden nach geſtalt seiner Unthat. "

der gräulichen Blasphemie zu leben : wenn Gott meinen Leib verderbt, so soll er auch meine Seele nicht haben." Nach diesen allgemeinen Mittheilungen über die Le

Capelle und einem großen Garten eine starke Viertelstunde von dem Stadtthore entfernt an der alten Straße nach Köln, in der Nähe der Stelle des vormaligen Hochgerichts.

Um dem Mißbrauch zu steuern daß Geſunde unter dem

Jetzt ist es in ein Bauernhaus und eine Scheuer umge

Kleide eines Aussäßigen Bettelei betrieben, schreiben die

wandelt. Früher waren hier viele kleine kellerartige Räume vorhanden. welche zum Aufenthalt der Aussäßigen gedient batten. Das Leprosenhaus gehörte zu einer Stiftung

Regeln vor :

deren Ursprung nicht nachweisbar und wahrscheinlich alt ist, da die meisten Siechenhäuser der rheinischen Städte

Item soll auch kein gesund Mann oder Frau

die Klapper ſchlan, ſo doch den Uſſeßigen Gott erbarms ge macht sind, es were denn daß Ihr Mann oder Frau krank legere und nit wandeln kunten, doch sollen sie vorhin ihr gebrechen einem Brudermeiſter klagen. Welcher uſſeßige Mann

bereits im 13ten Jahrhundert errichtet wurden, so zu

oder Frau mit sich nemen mann oder Frau, die geſund waa

Köln das erwähnte Melaten und die Siechenhäuser bei den nahe liegenden Dörfern Rodenkirchen und Niel, und

ren, und die gesunden mit den Klappern lassen schlan, soll man ihm dat ſieche habit nemen und den uſſeßigen Brüch ten dat hei finer gesunden mann oder Frauen gestadtet

am Thürmchen, und ebenfalls zu Coblenz an der Mün dung des Brückenbachthales. Die älteste bekannte Ur

hat.

kunde über das Bonner Leproſenhaus ſtammt aus dem 16ten Jahrhundert. Im Jahr 1538 bestätigte Erzbischof

wäre, dann sollen die usseßigen das siechen habit nemen und dem nechsten Schultheis oder Voigt zu straffen liefern,

Hermann von Wied die Regeln der Bruderschaft Unserer

daß sich ein Ander daran spiegel ."

lieben Frauen und des h. Lazarus, von welcher das Le

Item off Jemand die Klapper ſchlög und nit uſſeßig

Gegen die auswärtigen Ausſäßigen kamen ſtrenge Vor

prosenbaus abhieng, und im Jahr 1656 am 1 Juli befe stigte der Kurfürst May Heinrich diese Regeln, worüber

schriften zur Anwendung : Item ußlendige, dennen mit willen von den Bürgermeistern von Cöln vergunt wird,

die Confirmations : Urkunde im Original in dem Archiv

daselbst das Hochgezeid broid zu heischen, sullen sich ordent lich in der Stadt halten, mit schellen oder Klappern vor

der Armenverwaltung der Stadt Bonn noch aufbewahrt wird. Im 16ten Jahrhundert war die Krankheit am Rhein ganz besonders herrschend. Die bei der Armenverwaltung zu Köln aufbewahrten Rechnungsbücher dieser Zeit geben ebenfalls Zeugniß von der Errichtung einer Erzbruderschaft des h. Lazarus, welcher einige der vornehmsten Stadt

der Herren oder Burger- Wohnung, sullen auch nit vor be hurlicher Zeit in die Stadt gan, als drei Tag vor der Hochzeit, welcher dawidder dedde, soll unser lieben Frauen zwei Pont (Pfund) wesz (Wachs) und ein Tonn Biers für die Knechte schuldig seyen zu bezahlen. Item, wenn

beamten, Geistlichen und Bürger als Brudermeister vor

die Hochzeit umb ist, sullen sie sich hinab machen, und nit im Land blieben, sullen auch keine Halfleute (Halbwinnen)

ſtanden.

um Herberge in den scheunen beschweren, bei penen (Pön)

Das Coblenzer Stadtrathsprotokoll von 1539 enthält folgendes : „Dienstag nach aſſumptionis mariae. Dyssen Tag ist im fißenden Raadt alt und neue entschlos

ein pont weiz unser lieben Frauen zu bezahlen ."

sen worden, daß die beleunerten Personen, mann und

Gegen Ende des siebenzehnten Jahrhunderts machten. sich in dem Siechenhause auf der Höhe" die Folgen der

Frauen bynnen Coblenz auf die Besichtigung des Uszsah gefürt und probirt sullen werden, auch die andern siechen so viel wie möglich usz der Stadt gehalten sullen werden,

Brandenburg'schen Belagerung der Stadt Bonn fühlbar ; am 18 Juli 1690 beschließt der Magistrat zu Bonn : iweilen bei den Höhen in der Leprosen-Kirche alle para:

darin kein generlichkeit oder versehung der persohn ge

mente (Kirchengewänder) verkommen, und es nöthig wäre

Ueber die plaſtiſchen und hypſometriſchen Verhältnisse der Oſtalpen.

28

wieder einiges anzuschaffen, wird die Frau Gertrude Thön nisz von Herschel (Hersel ein Dorf bei Bonn) aufgefordert, binnen vierzehn Tagen nachher fünfzig Thaler zu erlegen, widrigenfalls ihr Mann aus dem Leprosenhaus ausgewie sen würde." Diese Forderung wurde später auf 40 Thlr. reducirt und diese Summe an den Provisor der Leprosen bezahlt. Im Jahr 1713 beantragten Bürgermeister und Rath bei dem General-Vicariat des Erzbischofs, daß die Einkünfte des domus leprosorum, insoweit sie nicht zum Unterhalt des einzigen Kranken verwendet würden, zur Unterstützung der Hausarmen von Bonn herangezogen würden. Diesem Antrage wurde sofort willfahrtet. Jest ist der vormalige schmähliche Aufenthaltsort der unglück lichen Leprosen zu einem freundlichen Asyl für verwahr loste Kinder umgeſchaffen. Die düſtere Zeit der frühern Jahrhunderte ist glücklich vorüber, die Erinnerung an die Leprosen in Europa bleibt aber immer eine traurige und wehmüthige.

eigen, verdanken sie nicht bloß der Elevation ihrer Kämme. und Gipfel, sondern auch der verhältnißmäßig geringen Höhe ihrer Thäler, wodurch das Gebirge ein um so größeres Relief gewinnt.

Die orobische Gruppe , die wir des Zusammenhangs wegen in unsere Betrachtung einschließen, hat ihren Haupt kamm nahe ihrem Nordraude ; er streicht genau von Ost in West, beginnt bei Edolo, endigt am Comersee und be gleitet die Adda seiner ganzen Länge nach. Dieser Kamm ist nördlich wie südlich transversal gegliedert. Aber schon auf halbem Wege zwischen der obern Adda und der lom bardischen Tiefebene gehen die primitiven Schiefer, aus denen der nördliche Theil dieser Gruppe besteht , in die Kalke der Triasformation über , und damit stellt sich auch als bald innerhalb der durch die vier großen Querthäler des Comersees , der Val Brembana , Val Seriana und Val Camonica gebildeten Transversalmassen, eine mit dem ob erwähnten Hauptkamme vorherrschend parallellaufende, jedoch hie und da noch ziemlich verwirrte Gliederung ein. Diese (ost-westlich orientirte) Lage der Kalkketten reicht jedoch, wie oben angedeutet , nur bis zum Oglio , von wo ab das System der parallelen Kalkketten eine andere Direction annimmt.

Ueber die plaſtiſchen und hypsometriſchen Verhält niſſe nisse

der Oktalpen

Von O. v. Sonklar, k. k. Oberſt. (Fortſeßung.) Wir gehen nun zur Gliederung der Südalpen über. Auch hier werden wir die theils ganz, theils größtentheils aus Urgesteinen zuſammengeſeßten Ortler-, Adamello: und orobischen Alpen von den südlichen Kalkalpen trennen und abgesondert betrachten.

Die Ortleralpen sind im allgemeinen transversal ge: gliedert.

Der Hauptkamm der Gruppe reicht vom Stilfſer: joche bis zum Monte Tonale und läuft daher von Nord nach Süd, während seine Nebenglieder auf diese Richtung senkrecht stehen. Nur der das Martellthal südlich einschließende und zu gewaltiger Höhe aufgeworfene Nebenkamm spaltet sich am Ursprung des Ultenthales in zwei Arme, von denen der nördliche in dem bisherigen Alignement verharrt, der

Die Adamellogruppe ist in der Hauptsache ebenfalls transversal gegliedert. Ihr Hauptkamm zieht, so weit er in seinem centralen Theile aus Granit (Tonalit) zusam mengesezt ist, vom Tonalpaſſe bis zum Ursprunge der Val Trompia, wo er in Kalk übergeht und an Höhe rasch ab: nimmt, ohne daß jedoch seine südlichen Fortsetzungen ihre Richtung wesentlich ändern. Die plaſtiſchen Formen in den nördlichen und höhern Theilen dieser Gruppe offen baren eine wilde, fremdblickende Großartigkeit . Die Kämme sind hoch und scharf, die Thäler tief, schlundartig und von zerrissenen , oft mit erstaunlicher Schroffheit abstürzenden Wänden eingeschloſſen . Die nun noch übrigen Theile der tridentinischen Alpen, d. h. die Brentagruppe, die Alpen der Val di Ledro, sowie die Gruppen des Orto d'Abramo und des Montebaldo gehören bereits ganz und gar den südlichen Kalkalpen an und sind parallel gegliedert. Aber ihre Kämme laufen nicht parallel mit der Achse des Alpensystems , wie dieß bei

südliche aber nach Vollzug einer kurzen Krümmung zu einem Parallelkamme des vorigen wird. Diese wie auch alle

den nördlichen Kalkalpen und bei den Kalkketten der oro: bischen Gruppe größtentheils der Fall ist, sondern sie stehen

andern Nebenglieder erster Ordnung sind übrigens so massig entwickelt daß sie selbst wieder transversal gegliedert ſind .

parallel zur Hebungsachje der Adamellogruppe , und sind demnach von Süd nach Nord alignirt. Der zu den Nons

Die Ortleralpen , namentlich ihr Hauptkamm und die ihm nächstgelegenen Gebirgstheile, sind durch imponirende Höhe, energische Kamm: und Gipfelbildung , großartige Verglet

bergeralpen zählende Mendelkamm gehört in das Syſtem dieser Kämme. Dieses System ist durch den Rosbach bei

scherung,

und landschafttich durch ihre stolze und raube Majestät ausgezeichnet. Ihnen gehören der Ortler und

Mezzolombardo und durch die Sarca zwischen Tione und Alle Sarche bis auf den Grund hinab , dann durch die Val Ampola und Val di Ledro, durch den Einschnitt bei

die Königswand, die beiden cuiminirenden Gipfelhöhen der gesammten österreichischen Alpen, und der Zefallipit , ibr vierthöchster Gipfelpunkt, an. Aber den Ausdruck der Er

bis auf große Tiefen durchbrochen .

habenheit, der den Ortleralpen in hervorragendem Grade

einige parallele Kämme vor, die unter sich nicht verbunden

Vezzano mit dem Passe Buco di Vela und durch das Querthal von Mori zwischen dem Gardasee und Roveredo Auch kommen hier

Ueber die plaſtiſchen und hypsometriſchen Verhältnisse der Oſtalpen.

sind, und wo das inzwischen liegende Längenthal bloß einen wasserscheidenden Höhenpunkt besißt. In plaſtiſcher und pittoresker Beziehung zeichnet sich der aus Dolomit be stehende Hauptkamm der Brentagruppe durch überraschend kühne und schöne Formen aus. Die bisher besprochenen Abschnitte der Südalpen wer den bekanntlich noch als Theile der rhätischen Alpen, u . z. als ihre südlichen Vorlagen betrachtet. Erst an der Etsch läßt man die östlichen Südalpen ihren Anfang nehmen, und weist ihrem Gebiete alles Gebirge zu welches, südlich der Rienz und Drau, zwischen jenem Flusse und dem un garischen Tieflande liegt. Die mit Rücksicht auf die Lage der idealen Längenachse der Mittel- und Ostalpen für die

ad 2.

29

a) die Valsugana, ein doppelseitiges Duerthal

ausgezeichneter Art, dessen Höhepunkt nur etwa 1000 Fuß höher liegt als Trient.

Die westliche Abdachung dieses

Thales führt die Ferſina der Etsch, die östliche führt die Brenta der venetianischen Tiefebene zu ; b) das Höllen steiner- und Peutelsteiner- Thal, zwei in einander überge hende, enge und tiefe Gebirgsspalten,

jenes ein Quer ,

dieses ein kurzes Längenthal, mit ihrem Höhepunkte unfern des Peutelsteiner Schloſſes nicht mehr als 1200 Fuß über dem Niveau des drei Meilen entfernten Toblacherfeldes, bei welchem diese wilde

Thalenge beginnt.

Gegen Süden

Strecke zwischen Bozen und Verona als Querthal zu qua

seht sie sich durch das Thal der Boita über Ampezzo in das Thal der Piave, und längs diesem über Belluno bis in die Ebene fort ; c) das schöne doppelseitige Diagonal.

lificirende Furche des Etschthales nimmt eine doppelte Bedeutung in Anspruch : erstens eine geographische, in

bis Pontafel, von wo es als Fellathal bis zum Taglia:

dem sie die Gränzlinie zweier Haupttheile der Alpen, d . i. der Mittel- und Ostalpen, bildet , und zweitens eine oro graphische oder plastische, indem sie durch ihre Breite und Tiefe einen in jeder Beziehung höchst bedeutenden Ein schnitt in das Alpenmaſſiv darſtellt, und indem sie als eine jehr auffallende Demarcation für die Lage und Gliederungs form der Gebirgsketten hüben und drüben auftritt.

Neben

her gesagt muß schon aus diesen Gründen dieſer wichtige Thaleinschnitt von seinem Ursprunge an als die Gränze der Mittel und Ostalpen angesehen werden.

Die östlichen Südalpen bestehen wohl zum größten Theile, d. h. nicht durchaus , aus Kalk.

So ist in der

Gruppe der südlichen Dolomitalpen der Cima d'Astaſtock aus Granit, die westlichen Partien sind aus Porphyr, die mittlern (bei Predazzo und auf der Seißeralpe) aus allerlei

thal von Malborghet ; vom Thale der Gailis bei Tarvis

mento weiterzieht.

Der höchste Punkt dieses Durchschnitts

liegt bei Saifniß und ist nur um 1000 Fuß höher als Arnoldstein an der Gail. d) Der Sattel von Ratschach unfern Tarvis.

Dieser Einschnitt hat zwar an Ort und

Stelle den Charakter eines Längenſattels : da er aber einer seits bei Tarvis an der Gailit mündet , und sich andrer seits in dem Thale der Wurzener Save bis Radmanns dorf, dann in dem Krainburger Savebecken bis nach Laibach verlängert, so muß er im ganzen als ein den Hauptzug der östlichen Südalpen durchseßendes, doppelseitiges Quer thal angesehen werden.

Die Sattelhöhe bei Ratschach liegt

nur 3300 W. F. über Meer , und überhöht demnach den Punkt Tarvis bloß um 940 Fuß. e) Das Querthal von Windisch- Gräß, zwischen Unter-Drauburg in Kärnthen und Gonobis in Steiermark, trennt den Kalkstock des Ursula:

eruptiven Gebilden (Melaphyr, Augitporphyr, Granit u. dgl.),

berges vom Bacherngebirge und erreicht in seinem Höhen

und im Norden sind die Enden des Gebirges bei Brixen,

punkte bei St. Leonhard eine Höhe von nur 730 F. über dem Spiegel der Drau bei Unter-Drauburg Zwei ähn

Mühlbach und Bruneck aus krystallinischen Schiefern auf Ebenso bestehen große Räume im Südkamme der

gebaut.

karnischen Alpen theils aus Gneiß , theils aus flögleeren Sandsteinen der Steinkohlenformation, und endlich ist auch das Bacherngebirge bei Marburg eine sechs Meilen lange centrale Gneißmasse mit einem Kerne aus Granit. Diese Verhältnisse müssen im Auge behalten werden, wenn man über die von einander abweichende Gliederungsform der

liche Durchbrüche durch die julischen Alpen kommen westlich des Isonzo vor ; der eine liegt zwischen Flitsch und Ven zone, und durch den andern führt die Straße von Karfreit nach Cividale. ad 3.

Die Einschnitte dieser Gattung kommen in den

östlichen Südalpen so häufig als in den Nordalpen vor, und insbesondere ist dieß in den Kalkalpen der Fall.

Wir

östlichen Südalpen in ihren verschiedenen Abtheilungen eine Erklärung versuchen will.

werden hier einige der wichtigsten kurz bezeichnen : a) die

Ungleich den östlichen Nordalpen sind die östlichen Süd alpen von keinem der aus dem Innern der Centralalpen

3800-3900 F. hohe Sättel durch die Val d'Agno und Val

Valarsa und Val di Terragnolo bei Roveredo, südlich über

de' Signori sich fortſehend ; b) die Val Aſtica ; e) das Thal

kommenden Flüsse bis auf die Basis der Kämme hinab

des Cismone bei Primör ; d) das Thal des Cordevole bei

durchschnitten. Alle von daher kommenden Gewässer werden theils von der Etsch, theils von der Drau aufgenommen

Agordo ;

und durch diese aus dem Bereiche der Alpen fortgeführt. Doch fehlt es den Südalpen durchaus nicht an anderen,

das über den niedrigen (5700 F. hohen) Sattel der Meſurina in das Höllensteinerthal übergeht ; g) das Thal der obern

in die Gebirgsmasse mehr oder minder tief eingreifenden Einschnitten, wie wir sie oben bei den Nordalpen , unter den Nummern 1 und 2 aufgezählt haben. Die wichtigsten darunter sind : Ausland. 1869 Nr. 2.

Piave, vom Monte Paralba bis Pieve di Cadore, wo es

e) das Abteithal vom Valparolasattel bis zur

Rienz bei St. Lorenzen ;

f) das Anſejothal bei Auronzo,

sich mit der oben bereits erwähnten Querspalte der Boita vereinigt; h) die Val Zelline und Val Tramonti , beide bei Maniago in die Tiefebene ausmündend ; i) das Gorto: 5

Ueber die plaſtiſchen und hypsometrischen Verhältnisse ber Oſtalpen.

30

thal bei Rigolato ;

k) das Thal des Tagliamento , vom

Monte Cridola bis Gemona , erst ein Längen

der Cima d'Aſta ; ihr Hauptkamm läuft in einem Halb

dann ein

kreise um den Ursprung des Tesinothales unv verlängert

Querthal ; 1) der tiefe Einschnitt des Jsonzothales ; m ) das

sich beiderseits in divergenten Richtungen gegen Südweſt

Jdriathal ;

Thalfurchen von Windischkappel und von Guttenstein in

und Südost. In dem übrigen großen Haupttheile der Dolomitalpen ist die Gliederungsform nicht leicht auf ein

Kärnthen, dann p) das Kanker und das Feistritzthal, beide in Krain.

centraler Hauptkamm unterschieden werden, der nördlich

n) das Zayerthal bei Laak in Krain ; o) die

Alle diese Thaleinſchnitte durchbrechen mehrere der auf einander folgenden Ketten und öffnen den innerhalb der

einfaches Schema zurückzuführen.

Zunächst kann wohl ein

von Feltre beginnt, unter mehrfachen Krümmungen und starker Schartung von Süd in Nord streicht, bei Mühl

Südalpen entspringenden Gewässern einen Abfluß aus dem Gebirge. Noch größer ist selbstverständlich die Zahl der

bach an der Rienz endigt und die höchsten Erhebungen

kleinern Querthäler, welche nur eines oder zwei der Paral lelglieder des Gebirges durchschneiden. Ja es kommen der

kurzer Transversalglieder, wird nun derselbe von zwei bis

dieſes Alpenabschnittes enthält .

Abgesehen von einer Zahl

drei Diagonalkämmen durchkreuzt, welche im Westen an

lei Kammdurchbrüche in gewissen Regionen der Südalpen

der Etsch und am Eisack ihren Anfang nehmen, in ihrem

sogar in weit rascherer Aufeinanderfolge als bei den Nord alpen vor, weßhalb sich hier die stockförmige Gliederungs

Anschlusse an den Hauptkamm die Krümmungen des lez

form des Gebirges in einem noch intensivern Grade ein stellt als auf der Nordseite der Alpen . in denen dieß

teren bedingen und in ihrer östlichen Fortſehung, bei der großen Zahl transversaler Durchbrüche, nur aus der Auf

Zu den Regionen

einanderfolge der einzelnen Kalkstöcke nach der Richtung

der Fall gehören die östlichen Theile der

ihres Streichens, nothdürftig zu erkennen sind. Nachstehende Skizze gibt ein auf einfachere Linien re

füdtirolischen Dolomitalpen , die juliſchen Alpen und die Karavanken zwischen dem Loiblpasse und dem Querthale von Windisch Gräß.

ducirtes Bild der Gliederung dieser Gebirgsgruppe.

Draun FL.

KIỆNLƯ Hiezu gesellt sich in großen Theilen der Südalpen das Auftreten des Karstlandes . Von Westen her betrachtet

Kreurby stellen sich die ersten Vorboten des Karstes auf dem Ge

Anse

I

birge zwischen der Meduna und dem Tagliamento ein ; ſie

jo

H ?C

sind erst nur von mäßiger Ausdehnung und auf die Hoch flächen der Kalkstöcke beschränkt.

Bei Jdria nimmt er sogar

Bozen

ta

Boi

die Hochflächen des Niedergebirges ein , und wird, von

Suisserdipe

Adelsberg angefangen, bis an die Südspite Istriens und bis tief in die türkisch-griechische Halbinsel hinab, in breiter

rung zu.

TilTdhe

Cordivote

zusammenhängender Fläche, die herrschende Bodenform. Wir wenden uns nun dem Detail der Gebirgsgliede:

Fassa

Die leſſiniſchen Alpen find in 7, von Nordwest in Südost streichende Parallelketten angeordnet, von denen

Th siTnyg

einzelne, wie z. B. die südlichste bei Ala und die Kette der Cima Duodici südlich der Brenta, in sich selbst transversal

Fl nta

Mehrere dieser Höhenzüge erscheinen durch

Bre

ent gegliedert sind.

Feltie

Querjoche verbunden, während bei anderen derlei Quer joche fehlen.

Auch mangelt es an transversalen Durch brüchen nicht ; hieher gehören die Gebirgslücken bei Piazza, Folgaria, Lavarone und Vigolo. Bei der mäßigen Höhe aller dieser Kämme ist ihre Rauheit nicht allzu groß. Be merkenswerth ist hier ferner die, im Mittel 3200 W. F. hohe Terrasse von Asiago zwischen der Brenta und der Val Astica;

auf ihr wurden die Sette Communi ange

siedelt. Die Gliederung der südtirolischen Dolomitalpen scheint

Gliederung der Dolomitalpen. Was die plastischen Formen der südtirolischen Dolomit alpen betrifft, so dürfte wohl kaum anderswo, im ganzen Gebiete der Alpen, eine auffälligere, für das Auge fesseln dere und den Geist mehr zur Bewunderung hinreißendere Gestaltung der Kämme und Gipfel anzutreffen sein wie

rend und nach Ablagerung der Triasschichten, bedingt wor

Es ist schon viel über die eigenthümlichen Gebilde der Dolomitalpen gesagt und geschrieben worden ; so viel steht fest daß weder eine bildliche, und noch viel weniger

den zu sein.

eine schriftliche Darstellung, die ganze Kühnheit, Abwechs

theilweise durch das Hervorbrechen der Melaphyre und Augitporphyre des Faſſathales und der Seißeralpe, wäh

gruppe

Eine ziemlich scharf abgesonderte Neben

dieses Gebirgscomplexes bildet die

Granitmasse

hier.

lung, Bizarrerie und Zerrissenheit der höheren Gebirgs

Ueber die plaſtiſchen und hypſometrischen Verhältnisse der Oſtalpen.

theile wiederzugeben vermöchte. Nach Bozen schaut durch die Spalte des Tierferthales ein kleiner Theil der Dolo mitzinken des Rosengartens herüber und reizt das ſtau nende Auge nicht wenig, besonders an heiteren Abenden

31 :

gegen Osten hin folgenden carnischen Alpen sind bekannt lich durch die bei Tilliach verbundenen Langfurchen des Kartitsch und des Gailthales in zwei parallele Haupt

wenn das gebrochene Sonnenlicht einen purpurnen Feuer

kämme getheilt, von denen der nördliche den Namen der Gailthaler Alpen führt und vorherrschend aus Dolomit

schein auf die sonst weißen Felsnadeln wirft, und sie dann

und Kalkstein besteht.

so aussehen wie ein aus glühendem Metall erbauter Feen

eigentlichen carnischen Alpen, sind ein langer, gerader, gegen Osten an Höhe allmählich abnehmender Kamm aus

palast.

Aber was ist dieses wenige gegen die phantasti

schen, ich möchte sagen abenteuerlichen Berggestalten, die in den inneren Thälern dieses wunderbaren Gebirges dicht geschaart neben einander stehen, unabsehbar mannichfaltig und theilweise zu großer Höhe aufgethürmt. Ueberblickt

Die südliche Hauptkette, oder die

Gneiß und Sandstein, dessen nördliche Abdachung regel Auch die südliche zählt mäßig transversal gegliedert ist. mehrere Nebenglieder dieser Art ;

aber schon südlich einer

man ihre westliche Seite von einem hohen Punkte, so wird ihr Eindruck durch die plateauartige, ziemlich einförmige

Linie, die von Rigolato über Paluzza nach Pontafel läuft, wird der Kalk vorherrschend, und damit stellen sich auch einige, mit dem Hauptkamme parallele und von den Quer

Ausbreitung der bis zum Niveau von 3000 bis 5000 F. aufsteigenden Porphyrmasse erhöht, auf welcher die Gebilde

thälern durchbrochene Ketten ein, deren Höhe gegen Süden abnimmt.

der Trias, zu denen auch der vorwaltende Dolomit gehört,

Die Gailthaler Alpen hingegen bilden eine vorwaltend

Destlich des er

einfache und nur bei Lienz und Sachsenburg, wo sie sich

wähnten Hauptkamms aber geht der Porphyr auch in den tieferen Thaleinschnitten nicht mehr zu Tage, und hier

durch die gegen Norden vorspringenden Curven der Drau mehr ausbreiten können, etwas gegliederte Kette. Bei

ist es wo die stockförmige Zertheilung des Gebirgsmassivs in einer Vollkommenheit und Eigenthümlichkeit auftritt

Längenthal des Weißensees, das ein ungefähr anderthalb

deren physischer Eindruck, unterstüßt durch die kolossale

Meilen breites Gebirgsdreieck abschneidet.

Höhenentwicklung vieler dieser Kalkstöcke, vielleicht noch ge

diese Kette durch den Querschnitt des Laaſerthales zwischen Mauthen und Ober- Drauburg, weiter östlich durch die

meist mit schwebenden Schichten ruhen.

waltiger ist als das Gewirre jener kühn gestalteten Pyra miden, Thürme, Säulen und Nadeln, welches die auf dem Gleich Porphyr ruhenden Dolomitformen auszeichnet.

Sachsenburg ist es das eigenthümliche, tief eingeschnittene

Außerdem wird

Diagonalfurche des Gitschthales bei Hermagor und endlich durch das Bleibergerthal beinahe vollständig durchbrochen.

nach

Der weitliche Theil des Gebirges ist der höhere, und hier

erheben sich diese isolirten

sind es die Dolomitbildungen des Kreuzkofels, des Eisen

Blöcke, scheinbar in der buntesten Unordnung dicht neben

spitzes und der Laserzwand, die ihm ein nicht wenig groß

einander, von tiefen schlundartigen Thälern nach allen

artiges und anziehendes Aussehen verleihen.

ungeheuern Felscaſtellen, mehr oder minder lang, außen zuweilen

abgerundet

oft von schroffen oder lothrechten

Die südlich der carnischen Allpen sich ausbreitenden

Wänden eingeschlossen, dem Anscheine nach unnahbar und

und mit ihnen am Längensattel von Sappada zusammen

unersteiglich. Unter den vielen Exemplaren dieser Art will ich nur den Langkofel in Gröden, die Cima de' Buoi und

Ketten sind durch die Längenthäler der oberen Piave und

Richtungen umgeben,

hängenden Venetianer-Alpen ſind parallel gegliedert. Ihre

den Sassanger bei Kolfuschg, den Heiligenkreuzkegel bei

der Val Gorto, der Valle di S. Canziano, Valle di Lu

Et. Cassian, den Monte Tofana und die Croda di Mal cora bei Cortina, den Antelao bei Cadore, den Monte

mici,

Art getrennt, dabei aber durch die Querfurchen der Val

Civetta und Monte Pelmo bei Agordo, den Monte Cri

Zelline , Val Tramonti und Val d'Arzino durchbrochen .

ſtallo bei Höllenstein, den Geislenkogel und Seekofel süd , lich von Prags, den Dürrenſtein bei Niederndorf, dann den

Die Gruppe besteht aus ansehnlich hohen, gegen die Tief ebene steil abfallenden Kalkmassen.

Bürkenkofel und Schusterspitz bei Jnichen erwähnen. Manche dieser Stöcke sind oben plauteauartig, andere

durch das Wippachthal über Prewald ,

kammförmig gestaltet, wieder andere sind in wilde, unsäg lich zerrissene Grate und Sägezähne oder in gothische Thürme und Thürmchen und manche endlich in allerlei aufrechte oder nach einer Seite hängende Prismen zuge

Val di Socchieve und andere kleinere Thäler dieser

Bei den julischen Alpen, deren südliche Gränze wir Adelsberg und

Lohitsch führen, müſſen wir zwei, in Höhe und Gliederung deutlich verschiedene Regionen unterscheiden. Die nördliche und höhere reicht von dem Diagonalthale von Malborghet

Wenn nun auch mehrere dieser Stöcke durch oft

und vom Thale der Wurzener Save bis Cividale, bis zur Jdria und bis zum Zayerthale, das bei Laak in das Krani

nicht unbedeutend hohe Querdämme verbunden werden,

burger Becken austritt , während die südliche das noch

schärft.

so ist doch der allgemeine Sockel des Gebirges hoch, die

übrige Stück dieser Gebirgsgruppe umfaßt.

Sättel daher relativ niedrig, und die Steilheit der Wände,

die nordwestliche Umfassung des Wocheinerkessels von Süd

So streicht

mit denen sich diese Massen aus den Sätteln erheben, so

west in Nordost, und derselben Streichrichtung folgen alle

groß daß sie gegeneinander als isolirt erſcheinen. Die nunmehr jenseits des Kreuzberges bei Sexten

nördlich dieses Kammes liegenden Gebirgsglieder.

Dieser

Umstand ist auffällig, da die Lage der besagten Kämme

Bona und Tunis.

32

nicht bloß auf die Achse der nebenan liegenden Karavan

wandartig aufsteigender Gebirgswall ; zwischen dem Loibl

ken, sondern auch auf die Richtung des nächstfolgenden Die letteren ,

und dem Seeberge aber treten, nördlich wie südlich, einige Parallelglieder auf. Am Westende der Koschutta krümmt

gleichfalls der nördlichen Abtheilung der julischen Alpen

sich der Kamm gegen Norden, und bald darauf in die alte

Systems paralleler Kämme schief auftrifft.

angehörig, streichen mit dem Südarme des Wocheinerkessels

Streichrichtung zurückkehrend, wieder gegen Osten ab, und

parallel und liegen sonach in der Streichrichtung sowohl der Venetianer- Alpen als auch der Karavanken. Südlich

ist nun bis zu seinem Ende bei Windisch Graß, durch den tiefen Sattel bei Eeriach und durch die Durchbrüche des

der Zayer und Jdria endlich beginnt bereits jene Orien

Vellacher

tirung der Kämme welche sich auf dem krainerischen und

drei stattlichen Kalkstöcke des Obir, der Peßen und des Ursulaberges zerschnitten. Südlich dieser isolirten Massen

istrischen Karstplateau in so eminenter Regelmäßigkeit aus spricht, d. h. sie geht von Nordwest nach Südost. Aber nebst der beschriebenen parallelen Anordnung der Kämme macht sich in dem nördlichen Abschnitte der juli schen Alpen eine stockförmige Vertheilung der Gebirgsmasse mit aller Klarheit geltend. Die kleine Gruppe des Monte Cimone und Wischberges südlich von Tarvis, des Kaninko fels bei Flitsch, des Monte Maggiore und des Matajur bei Karfreit, des H. Mangart bei Ratschach, des Repikout bei Aßling, und insbesondere der Gebirge des Wocheiner kessels sind eben so viele, von ihren Nachbargruppen durch tiefe Einschnitte abgesonderte, mehr oder minder mächtige, zuweilen etwas in die Länge gedehnte Kalkstücke. Der

und des Guttensteiner- oder Mißthales in die

aber erhebt sich

in einem geschlossenen Hochkamme der

schöne, 22 Meilen im Durchmesser haltende, und wie der Wocheinerkessel gegen Osten geöffnete Circus der Sulzba cher (auch Sannthaler- oder Steiner ) Alpen, mit einigen Von dem Radialgliedern nach außen und im Innern . Passe von St. Veit bei Schönstein bis zu jenem bei Neu stift westlich von Oberburg ist kein Gipfel niedriger als 5000, und kein Sattel niedriger als 4000 F.

Von Laibach

ist der Anblick dieses hohen und gegen Westen steil ab stürzenden Gebirgskammes nicht ohne Großartigkeit.

Im

Osten geht diese Gruppe über in das Bergland von Cilli und gegen Süden in das Hügelland von Waatſch.

Kaninkofel ist ein auf allen Seiten mit schroffen Wänden aufsteigender Koloß, der oben ein breites, über eine Meile

Das Bacherngebirge bei Marburg endlich ist eine auf

langes Plateau darſtellt, deſſen mittlere Höhe sicher jen seits 6000 W. F. liegt. Das seltsamste plastische Vor

breiter Basis ruhende, eirunde, dic sanfte Form des Ur gebirges zeigende Maſſe. (Fortsetzung folgt. )

kommniß der juliſchen Alpen aber ist unstreitig der Wochei nerkessel, in Form und Lage ein Analogon der später zu erwähnenden Sulzbacher Alpen, ¡nur um vieles rauher, großartiger und grotesker, wenn auch nicht schöner und freundlicher wie diese. Die Länge des Wocheinerkeſſels be trägt vier, seine mittlere Breite 22, sein Umfang etwa 10 Meilen ; er wird durch einen hohen, theils in Plateaur angeordneten, theils in

wildzerscharteten

Bona

und

Tunis.

Von Gerhard Rohlfs.

Hörnern und

Felszinken aufstarrenden Kamm gebildet, an dessen nörd lichem Ende der 9036 W. F. hohe Terglou steht, und in welchem kaum irgendein Gipfel, die Endstücke abgerechnet, unter das Niveau von 6000 F. und kein Sattel unter das von 4000 F. herabſinkt.

Die südliche Abtheilung der julischen Alpen ist zuvör derst bei Jdria ein bergiges Hochland, dann aber folgen die bereits ganz aus Karstland bestehenden, weitausge dehnten und durch transversale Einschnitte getrennten Hoch flächen von Chiapovano (zwischen Jdria und Isonzo), des Tarnovaner-Waldes (vom Chiapovanothal bis zur Straße welche Jdria mit Wippach verbindet) und des Birnbaumer Waldes (von jener Straße südöstlich bis Prewald und Planina reichend.) Die Flächeninhalte dieser, theilweise noch mit Wald , bedeckten Hochflächen betragen 11 , 12 und 14 Quadratmeilen, und ihre Massen sind, plaſtiſch genom men, wohl nichts anderes als sehr erweiterte, compacte und nicht allzu hohe Kalksteine. Der Hauptkamm der Karavanken ist bis zum Loibl ein einfacher, geschlossener, aus der Terrasse von Unter-Kärnten

Am andern Morgen, der Dampfer war schon gegen Mitternacht angekommen, lagen wir auf der Rhede von Bona. Ich nahm sogleich ein Boot und ließ mich ans Land ſehen, da wir bis Nachmittag Zeit hatten, und die Straßen der Stadt durchlaufend, kam ich bald ans andere Ende, wo unter einem alten Aquäduct hindurch und zwischen lachenden Gärten liegend der Weg zur Pepinière führte. Fast jede Stadt Algeriens hat eine Pepiniere oder Baumpflanz schule, meist sind dieselben zu vollkommenen Jardius d'essai ausgebildet, und haben ſomit für die Coloniſation das Gute daß die Pflanzer sich nicht mit unnüßen Versuchen abzumühen brauchen. Gedeiht ein Baum gut, oder sieht man namentlich nüßliche Pflanzen im Klima Algeriens anschlagen, ſo wird das öffentlich bekannt gemacht und Sämereien oder Steck linge zur Disposition der Pflanzer gestellt. Es ist dieß ge: wiß ein sehr nüßliches Unternehmen der Communalbehörden, und namentlich der große Garten dieſer Art von Algier ſelbſt hat große Verdienste um Einführung früher nicht gekann ter Pflanzen.

Bona und Tunis.

Es würde überhaupt zu weit gehen zu sagen ,, der Fran jose versteht ganz und gar nicht zu colonisiren. "

Der

franzöſiſche Bauer ist, namentlich der aus dem Norden, ebenso fleißig wie andere, und die Bearbeitung wird von den einzelnen ebenso rationell betrieben wie von uns. Auf

33

Die Fahrt nach Tunis gieng glücklicherweise rasch von statten, schon andern Morgens anferten wir vor der Goe leta.

Nach einem Augenblick kam der Kanzler des preu

Bischen Consulats an Bord um mich in Empfang zu neh men, denn um nicht die Unannehmlichkeiten der Tuniser

den meisten größeren Farmen wird jezt Dampf als Haupt

Douane durchmachen zu müssen, hatte ich von Bona aus

arbeitungsmittel angewendet, und die Irrigationen welche man in Algerien findet, sei es durch Canalisation oder

telegraphirt und um den Consulatskavassen gebeten.

durch das Naria-Syſtem, ſind bewundernswerth.

Will es

troßdem mit der Colonisation nicht recht vorwärts gehen, so liegt das theils an der Militär-Adminiſtration, theils an

Nicht

nur brachte der Kanzler einen Kavassen mit, sondern auf Befehl des Bey von Tunis hatte der Admiral des Hafens von Goeleta eine Barke zur Dispoſition ſtellen müſſen um uns ans Land zu rudern. Ohne weitere Formalitä

der Einrichtung der Bureaux arabes, welche die Eingebo

ten konnte also gleich das Ausbarkiren vor sich gehen, und

renen forwährend auf Kosten der Europäer bevorzugen .

die zehn Marine Soldaten brachten uns rasch ans Land.

Straßen durchziehen sonst nach allen Richtungen hin das

Ich bemerkte hier daß die tunisische Flagge nicht die des Sultans der Türkei ist, während dieser nämlich einen

Land, und die Hauptörter werden demnächst durch Eiſen bahnen miteinander verbunden ſein. Der Garten ist groß und gut gehalten, und birgt in seinem Innern ein kleines naturhistorisches Museum , das indeß nichts besonderes aufzuweisen hat.

weißen Halbmond und Stern im rothen Felde führt, hat der Bey von Tunis im rothen Felde eine weiße Kugel, und darin Stern.

einen rothen Halbmond

und

einen rothen

Ein alter römi:

ſcher Sarkophag, erst kürzlich hierher gebracht, ist die ein:

Gelandet mußten wir dann dem Admiral aufwarten,

zige Reliquie des Alterthums die man hier aufbewahrt,

und machten da zugleich die Bekanntschaft des englischen

obschon sonst die Gegend an Ueberresten der Phönicier,

Generalconsuls, Hrn . Wood, und des franzöſiſchen Vice consuls von Goeleta. In Tunis ist man schon von der

Carthager, Römer und Byzantiner überreich ist . Durch einen glücklichen Zufall erfuhr ich daß General

Sitte des Kaffees und Tschibuks abgekommen , eine Viſite verläuft dort bei den höhern Beamten oder bei dem Bey

Faidherbe hier stationirt war, er war es eben der den Sarkophag hieher hatte transportiren laſſen . Die Be

jetzt mit derselben Steifheit wie bei uns.

kanntschaft dieſes ausgezeichneten, so hoch um die Geogra 1 phie von Afrika verdienten Mannes mußte also rasch

vinzen herrscht aber noch die gute alte Sitte einer Tasse

Bei den Türken und namentlich in den türkischen Pro

Kaffee, und ein Tschibuk oder eine Wasserpfeife fehlen nie. gemacht werden,

und ich ließ mich auf das Hôtel der

Subdivision, welche Hr. Faidherbe jest commandirte, führen .

Es ist dieß aber nicht die einzige Umwälzung die in Tunis vor sich gegangen. Seit der Miſſion des Lords Exmouth

Ich brauche wohl kaum zu sagen, wie zuvorkommend ich | nach Tunis,

und seit dem Ultimatum welches die Groß

vom General empfangen wurde, ich durfte ihn natürlich mächte von Aachen aus am 18 Nov. 1818 an Tunis rich während der Stunden meines Aufenthaltes nicht mehr ver teten, und das im folgenden Jahre am 21 Sept. durch die lassen, und nach dem Frühstück hatte er die Güte mich nach den sehenswertheſten Ruinen der Umgegend zu führen, haupt sächlich zu den großen Cisternen, oder vielleicht waren es Bäder, an deren oberen Partie man dem heiligen Auguſtin

englischen und franzöſiſchen Admirale Freemantle und Ju rien dem Bey notificirt wurde, schaffte man zuerst die Pi raterie ab. Mahmud Bey gab nach, und seit der Zeit ſehen wir gewaltige Veränderungen in der Regentschaft vor

ein hübsches Denkmal errichtet hat.

General Faidherbe, sich gehen.

der lange Zeit am Senegal Gouverneur war, theilte voll: kommen meine Ansicht daß die Neger, wenigstens die nörd

Es ist wahr daß mit dem Vorfahren der jezigen Dy

lich vom Aequator, ein viel besseres Naturell als die Ara

nastie, Hussein-ben-Ali, welcher am 10 Juli 1705 auf den Thron kam, eine neue Epoche im Staatsleben der Regent

ber hätten, und für Cultur und Civilisation weit empfäng licher als diese seien. Er hat sich hauptsächlich mit ethno graphischen Studien beschäftigt,

schaft begann denn vorher, und dieß ist wichtig zu noti ren, hatten alle Regenten von Tunisien den Titel Dei

und wir verdanken ihm

manche wichtige Aufschlüsse über die Pullo und namentlich verschiedene Berberstämme. Hr. Faidherbe war so auf: merksam mich bis an Bord zurückzubegleiten, und so konn ten wir bis zum legten Augenblick zuſammen sein.

geführt, während Huſſein-ben-Ali zuerst den Titel Bey an nahm. Dei nun bedeutet den nicht vollkommen unab hängigen Herrscher, während Bey, welches außerdem einen sehr weiten Begriff hat, als Regent mit Ausschluß eines

Gast jeden andern, die Vollheit der Autorität in sich begreift.

frei, zuvorkommend und liebenswürdig,

das sind Eigen

schaften welche man nirgends so sehr wie bei den Fran zosen antrifft.

Wenn nun auch in der Reihe der Regenten, welche von Hussein ፡ ben 3:5 Ali (der beiläufig gesagt der Sohn eines griechischen Renegaten war) bis auf den jeßigen Bey,

1 General Faidherbe ist Ehrenmitglied fast aller geogr. Ge ſellſchaften, auch unserer Berliner. Ausland. 1869. Nr. 2.

Namens Sadduk, bei Zwiſtigkeiten, früher mit der Regie: rung des Deis von Algier, später mit christlichen Mächten, 6

Bona und Tunis.

34

manchmal die hohe Pforte um Intervention angegangen

zwei Juden in Tunis die Bastonade bekamen und nur

wurde, ja im Kriege gegen Rußland das tunisische Gou vernement es sich nicht nehmen ließ der Türkei ein Hilfs

mit Mühe durch Hrn. Nylsen , dem holländischen Consul,

heer zu senden, so sieht man immer doch daß die Regie rung in dem Sultan der Türken nur eine Art spirituelle Suprematie erkennen, keineswegs aber von ihm abhängig sein will.

welcher derzeit Toscana vertrat, ihre Freilassung erlangten. Aber solche Sachen passiren noch alle Tage , wenn auch nicht so eclatant und öffentlich. der preußische Consul Zwei Wagen, die Hr. Tulin, herausgeschickt, brachten uns in anderthalb Stunden von

auch gar kein Tribut mehr nach Konstantinopel bezahlt

der Goeleta nach Tunis selbst ; der Weg war, da es seit Tagen geregnet hatte, entseglich, und je näher wir der Stadt

worden, und die Nachfolge in Tunis geht ganz ohne Ein

kamen, desto bodenloser wurde er.

mischung der Pforte vor sich. Nach Eroberung von Alge: rien hat keine Macht die Unabhängigkeitsgelüfte von Tunis

waren dann die Straßen auch ganz ein Schmuzmeer, es war als hätte man sie mit Chocolade einen halben Fuß hoch begossen. Eine mohammedanische Stadt kann ich mir

Seit dem Anfang des 18ten Jahrhunderts ist denn

so sehr unterstüßt und befördert wie Frankreich, und keine Macht hat dieselben so viel möglich einzuschränken gesucht als England.

Ersteres Land gieng dabei von dem Grundsay

aus daß ein kleines unabhängiges Land, noch dazu näch ster Nachbar, im gegebenen Augenblick leichter zu nehmen sei, als wenn ein gewisses Abhängigkeitsverhältniß zu einem andern Staat, und hier zur Pforte, bestände.

Und

aus eben diesem Grunde hat England die Beziehungen von Tunis zur Türkei wieder enger zu machen versucht. Tunis, das gerne vollkommen unabhängig ſeyn möchte,

In der Stadt selbst

nun einmal nicht ohne Schmuß denken, und es würde mir selbstbefremdend vorgekommen sein, wenn dem nicht so ge wesen wäre, mich amüsirte nur mein Berliner Photograph, der fortwährend ausrief daß es unter den Linden doch ganz anders sei.

Damit man durch diese

Schmußüber:

schwemmung zu Fuß hindurchkommen kann, hat die euro päiſche Colonie in Tunis ein eigenes Schuhwerk erfinden müssen, hohe Holzschuhe welche auf noch höheren eisernen Ringen ruhen, und die man mit Lederriemen unter sein Schuhwerk bindet.

zugleich aber auch das Gefährliche einer solchen Lage Frank reich gegenüber erkannt hat, schwankte in den lezten Jah ren von einer Seite zur andern, dazu kam die schreckliche

Nacht zu bleiben, denn die Fahrten der Dampfer waren

Finanznoth, welche freilich noch nicht beseitigt ist. Es scheint aber daß jezt die Regierung von Norddeutsch

der Art eingerichtet, daß ich ohne einen Verzug von zehn Tagen den am folgenden nach Malta abfahrenden nicht

land im Verein mit England und Italien den französischen Planen gewachsen ist ; ohne daß Tunis genöthigt wäre

versäumen durfte.

sich wieder in die Arme der Türkei zu werfen.

dien halber für längere Zeit in Tunis aufhielt. Die Bevölkerung von Tunis machte indeß einen ebenso

Wenig

stens wurden die legten Anschläge der französischen Regie: rung in Betreff der Schuldforderung von diesen drei Mäch ten hintertrieben ; ohne die kräftige Intervention von Eng land, Norddeutschland und Italien wäre Tunis heute eine französische Präfectur, und zwar auf ganz friedlichem Wege geworden. Wenn man aber bedenkt wie wichtig strategisch Tunis für das mittelländische Meer gelegen ist, und was Frankreich durch den Zuwachs einer solchen Provinz ge. wonnen hätte , dann kann man sicher nicht genug darauf bedacht sein , eine Vergrößerung Frankreichs nach dieser Seite hin zu verhindern. Ob je Tunis seinem Schicksal entgehen wird einer europäischen Macht anheim zu fallen , das bezweifle ich, eigentliche Civilisation ist hier ebenso wenig wie in Aegyp ten und in der Türkei , und es wird von der Nachwelt gewiß als eines der größten Wunder betrachtet werden daß solche Staaten im 19ten Jahrhundert vor den Thoren Europa's haben existiren können . Staunen wir nicht darüber wenn wir lesen daß im Jahr 1823 n. Chr. in Tunis es fast zum Bruch mit der englischen Regierung gekommen wäre, weil die Juden an

Leider sollte es mir nur vergönnt sein in Tunis eine

Ich machte indeß hier die intereſſante Bekanntschaft des Herrn von Maltzan, welcher sich Stu

peinlichen Eindruck wie die der algierischen Provinz, man ſah daß Cholera und Hungertyphus hier gewüthet hatten. Dazu die, größte Insolvenz der Regierung, alle Beamten von oben bis unten, das ganze Heer und die Marine hatten seit 2 Jahren keinen Lohn erhalten. Diese Thatsachen sprechen laut genug, wie es um den tunisischen Staat be stellt ist. Möge die Finanzcommiſſion zuſammengesezt aus Norddeutschland, England, Frankreich und Italien von der man jest Rettung und baldiges Eintreffen erwartet, nicht. lange auf sich warten laſſen. Der Rückweg nach Goeleta und die Einschiffung gieng auf dieselbe Weise von Statten, nur daß wir dießmal an Bord eines Dampfers kamen, der gerade doppelten Ton nengehalt hatte wie die Germania, welche so eben die erste deutsche Nordpolfahrt zurückgelegt hat. Man kann sich denken wie wir an Bord dieser Nuß schaale herumgeworfen wurden, aber wir hatten einen englischen

Capitän , der Rio Janeiro, Canton , Danzig,

1 Hr. Tulin de la Tunisie ist schwedischer Generalconsul, welches Amt seine Familie erblich in Tunis seit einem Jahrhun fiengen sich europäisch zu kleiden und namentlich sich des dert inne hat ; jetzt auch preußisch politischer Agent, wird derselbe Hutes bedienten , ja im selben Jahre für dasselbe Ver höchſt wahrscheinlich mit nächſtem norddeutscher Generalconſul brechen, d. h. einen schwarzen Cylinder getragen zu haben, T werden.

Lebensbeschreibung Sir John Richardsons.

35

Stettin und andere Häfen gesehen hatte, also ein alter Seelöwe war, und troß eines Sturmes, welcher auf dem

auf, ließ sich in dieser Stadt als Arzt nieder, und heirathete.

Mittelmeere gar nicht spaßhaft ist, kamen wir gut über.

und der Unternehmungsgeist bei einem Manne der so lange

Da seine Praxis aber nur langsame Fortschritte machte,

Der alte

an ein thätiges Leben gewöhnt war stark sich regte, ferner

Capitän hatte nämlich das Steckenpferd, sich eine ganze Menagerie an Bord zu halten, diese bestand aus seiner

die Hoffnung auf eine ehrenvolle Beförderung und eine bessere Vorsorge für seine junge Frau ihm ein weiterer

Aber wie sah es oft in der engen Cajüte aus !

Frau, vielen Hunden, Kazen, Hühnern, Vögeln, Enten

Sporn waren, so schloß er sich ein Jahr nach seiner Ver

und anderen Vier- und Zweifüßlern . Das Sonderbarste war daß alle Thiere einen Namen hatten ― da war ein

heirathung der von Lieutenant Franklin im Jahr 1819

Neufundländer Nelſon,

nordöstlichen Küsten von Amerika zu erforschen.

eine schlaue Kaze die Napoleon

geleiteten Ueberland-Expedition an, welche den Zweck hatte die Die Expedi

hieß, andere Thiere Wellington, Blücher, Malborough 2c., bitter beklagte indeß der alte Capitän , daß Bismarck de

tion war, was persönliche Leiden betrifft, eine unglückliche.

sertirt sei.

dels Gesellschaft waren zu jener Zeit in erbittertem Kriege

Die Hudsons-Bay - Compagnie und die Nordwest Pelzhan

Ich konnte Bismarck das nun gar nicht verdenken, denn

begriffen ; die Vorräthe der Pelzhändler , auf welche die

wenn bei einem besonders starken Wellenschlage alle diese

Expedition gerechnet hatte , mangelten. Nach dem ersten in Saskatchewan verlebten Winter „brach die auf fünf

Thiere mit Bänken und Schüſſeln in der Cajüte umher tanzten, gehörten mehr als starke Nerven dazu um es

undzwanzig Mann sich belaufende Expedition von dem nörd

Abends 8 Uhr am 28 November warfen

lichen Hauptmagazin der Nordwest : Compagnie mit einem .

wir Anker im Hafen von La Valetta, und waren einige Augenblicke später wieder auf europäischem Grund und Boden.

Lebensmittelvorrath für nur einen Tag auf: " ein zweiter

auszuhalten .

Winter brach über sie herein in Winter-Lake, wo sie vom Ertrag ihrer Neße und Gewehre lebte. Sir George Bad (damals See: Cadett) kehrte, um Lebensmittel zu holen, nach den südlichern Handelsfactoreien zurück, bekam aber wenig . Das Frühjahr fand sie ohne Vorräthe, jedoch entschlossen

Lebensbeschreibung Sir John Richardſons.

die beabsichtigten Forschungen den Kupferminen -Fluß hinab bis zum Meere fortzusehen. " Unter fortwährendem Kampfe mit Mangel an Nahrung drangen sie unerschrocken ostwärts

(Nach Rev. John M'Jtraith's „ The Life ofSir John Richardson ." ) John Richardson war das älteste Kind eines Schotten, des Provost (Bürgermeisters ) von Dumfries, eines äußerst rechtschaffenen Mannes von freundlicher Gemüthsart und eines Freundes von Burns , mit deſſen Sohn Robert der junge Richardson in die Schule gieng. „John vergaß nie (sagt M'Jlraith) das reizende Lächeln und das sprühende Auge von Burns, wenn er zu seinem (John's) Vater sagte :

vor bis zum 16 Aug. 1821 , und nahmen die Küsten von Bathurst Inlet und Coronation-Gulf bis nach Point Turn : Again auf, nachdem sie über 555 engl . g. Meilen zurück gelegt ....

Die Leiden die ſie zu erdulden hatten laſſen

sich kaum begreifen. Wild war nur spärlich vorhanden, und ihre Kraft schwand unter den vereinigten Einflüſſen von Kälte, Hunger und Anstrengung rosch dahin ... Hr. Back wurde mit den kräftigsten der Canadier nach Fort Enter

Ichbin sehr begierig welcher von uns beiden der größte Mann werden wird. Die beiden Knaben waren leidenschaftliche

prise abgesendet, um sich nach den Indianern umzuschauen und Hilfe zurückzusenden . " Hr. Hood , der andere der

Freunde von Balladen, und der junge Burns zeichnete sich

Expedition zugetheilte See- Cadett , war jetzt sehr schwach,

aus in Erzählung und Vortrag. " Burns brachte gewöhn lich einige Stunden wöchentlich im Hause des älteren

und Dr. Richardſon blieb freiwillig bei ihm und einem

Richardson zu , und dann pflegte er John gerne das Ge dicht hersagen zu lassen das er selbst zum Lernen für den Knaben ausgewählt hatte, und darunter waren viele Psal

die übrigen Canadier fortgiengen in der Hoffnung Hilfe zu

men in schottischer Uebersetzung

Die innige Freundſchaft

mit dem jungen Burns ſcheint ſich nach dieſen ihren Jugend jahren nicht erhalten zu haben, mit Ausnahme der kurzen Periode in welcher Richardſon ſeine ärztlichen Prüfungen in London bestand. Im Jahr 1807 erhielt er , in einem

Matrosen, John Hepburn, zurück, während Franklin und

finden.

Jegt wurde der entſchloſſene Charakter des Mannes,

der von Natur aus so freundlich gesinnt war , auf eine harte Probe geseßt.

Wir kennen selbst in den Jahrbüchern

arktischer Leiden nichts so gräßliches wie die Lage dieſer drei Männer.

Zu erfrieren und Hungers zu sterben ist

etwas gewöhnliches ; allein während ſie, auf dieſes Schick jal gefaßt, ihre Steinflechten und ihr spärliches Brenn

Alter von zwanzig Jahren, eine Anstellung als Unterarzt an Bord der Fregatte Nymphe, die zu dem nach Kopen hagen bestimmten Geschwader gehörte, und blieb während des ganzen Halbinsel-Kriegs in activem Dienste, bis er nach

material an Weidenzweigen sammelten, fehrte ein Jrokeſe

dem Frieden von 1815 auf Halbjold gesezt wurde. Er nahm jezt an der Universität Edinburg seine Studien wieder

ihnen zurückkehren müßten.

ihrer Gesellschaft zurück mit einer Notiz Franklins, welche meldete : daß dieser Mann und ein Canadier, der nicht im Stande sei mit seiner Abtheilung Schritt zu halten , zu Der Canadier erschien nicht,

am nächsten Tag aber brachte Michel, der Jrokeſe, einiges

Lebensbeschreibung Sir John Richardſons.

36

Fleisch herbei, einen Theil eines Wolfs, wie er sagte, der durch das Horn eines Rothwilds getödtet worden sei

Knochen und Flechten waren ihre einzige Nahrung bis die Indianer die von Hrn. Back gesendeten Lebensboten ankamen.

thatsächlich jedoch einen Theil des Leibes des fehlenden

Nach seiner Rückkehr ließ sich Dr. Richardson wieder

Canadiers , welchen der Kannibale unterwegs beiseite ge Nach dieser Zeit lag er drei traurige Wochen

schafft hatte.

in Edinburg nieder, ward aber bald darauf als Arzt bei den Seefoldaten angestellt, und begab sich nach Chatham,

lang , indem er sich weigerte auf die Jagd zu gehen oder

von wo er im Jahr 1825 mit Lieutenant Back mit Frank

Holz zu fällen ,

mürriſch und troßig beständig am Feuer, bis er eines Tags, in Abwesenheit Hepburns und Richard

lins zweiter Erforschungs- Expedition an die Mündung des

sons, den See-Cadetten Hood durch den Kopf schoß. „Hep burn und ich," schreibt Richardson, "waren nicht in einer

meisterin gewesen, und diese Expedition war eben so gut

Mackenzie abgieng.

Lage um selbst einem offenen Angriff Widerstand zu leiſten, auch konnten wir ihm durch keine List entrinnen. Unsere

Die Erfahrung war eine gute Lehr

ausgerüstet und geleitet als bei der ersten das Gegentheil der Fall gewesen. In zwei Jahren kehrte sie zurück, nach dem sie die beabsichtigten Forschungen großentheils aus geführt hatte. Man war den Mackenzie hinabgefahren bis

vereinigte Kraft war der seinigen nicht gewachsen , und außer seinem Gewehr war er mit zwei Pistolen , einem indianischen Bajonnett und einem Messer bewaffnet. " Biele Tage verstrichen nach dem Tode des armen Hood, während

zur Mündung. Hier theilte man sich : die einen, unter Dr. Richardson, erforschten die Küste ostwärts bis an die

denen Michel alles mögliche that um Hepburn von Richard ſon zu trennen, indem er den einen oder andern zu über

Mündung des Kupferminen-Flusses, und brachten so die Ent deckungen dieser Expedition mit denen der früheren in Ver

reden suchte mit ihm auf die Jagd zu gehen , und selbst Drohungen gegen Hepburn äußerte, und Winke fallen ließ

mehr als tausend engl. Meilen weiter bis nach Return

bindung ; die andern, unter Franklin, giengen westwärts.

daß er bald selbst aus seiner gegenwärtigen Lage heraus kom

Reef, wo sie, des frühzeitigen Wintereintritts wegen zur

men werde.

Rückkehr gezwungen wurden. Nach der Ankunft in Eng land ordnete Dr. Richardſon ſein Werk über die arktiſche

Endlich ,

als wir am Nachmittag an einen

Felsen gelangten auf welchem einige Flechten wuchsen, blieb er stehen, und sagte : er wolle sie sammeln während wir weiter giengen , er werde uns aber bald wieder ein

Fauna, und gab es heraus, wurde am Melville Hospital angestellt, verlor seine erste Frau, heirathete wieder eine

Hepburn und ich waren jest zum erstenmal seit

Nichte Sir John Franklins, ward zum General-Director

Hoods Tod allein beisammen , und er machte mich mit meh: reren wesentlichen Umständen bekannt, welche mich in der

des königl. Hospitals in Haslar und später zum General

holen.

Inspector von Seeſpitälern ernannt, verlor seine zweite Frau nach der Geburt ihres sechsten Kindes, und wurde

Ueberzeugung bestärkten daß es für uns keine Sicherheit gebe als in dem Tode Michels. Hepburn erbot ſich das Werk zeug dazu zu sein. Ich beschloß indeß , da ich von der

Ritter des Bath Ordens.

nach seiner dritten Heirath, und im Alter von 60 Jahren, trat er seine letzte Seefahrt an, um Sir John Franklin aufzusuchen. „ Es lebt jezt, “ ſchreibt er, "! außer mir nie mand der mit dem Wege bekannt ist, und niemand den

Nothwendigkeit einer solchen furchtbaren That vollkommen überzeugt war, die ganze Verantwortlichkeit auf mich selbst zu nehmen, gieng daher sofort auf Michel zu, und machte. ſeinem Leben ein Ende indem ich ihn mit einer Piſtole durch den Kopf schoß. Wäre mein Leben allein bedroht gewesen , ich würde es durch eine solche Maßnahme nicht erkauft haben ; allein ich betrachtete mich als mit der Be

Im Jahr 1848, sechs Monate

so viele Bande der Freundschaft und Liebe verpflichten das

I

Aeußerste zu thun um Franklin aufzufinden. “ Dr. Rae hatte sich dem Dr. Richardson in diesem Unternehmen beigesellt, das ein erfolgloses war, denn man durchsuchte

schüßung Hepburns betraut, eines Mannes der durch seine

die Küste westlich zwischen dem Mackenzie- und dem Kupfer

humanen Aufmerksamkeiten und seine Ergebenheit mir so theuer geworden war, daß seine Sicherheit mir mehr am

minen-Fluſſe, während (wie man jezt weiß) die Ueber lebenden vom Erebus und Terror ihren Weg östlich nach

Herzen lag als meine eigene.

der Mündung des Great Fish- River eingeschlagen hatten. Während des Winters welcher auf die Rückkehr Sir

Michel hatte keine Flechten

gesammelt,

und offenbar nur Halt gemacht um sein Ge wehr in Ordnung zu bringen, und dann uns anzugreifen,

John Richardſons von Rupert's Land folgte, war seine Neben seinen Amtspflichten Zeit eine vielbeschäftigte.

vielleicht gerade während wir campirten . “ Da sie erkannten daß Franklin keine Hilfe sende, und

pflog er häufige Berathungen mit dem Arktischen Comité,

ihr Grund zurückzubleiben durch den Tod Hoods beseitigt war, so machten sich die beiden Ueberlebenden dieses tra

und hatte Berichte und Briefe zu schreiben über fehlende Schiffe. In seinem 68. Jahr suchte er um die Stelle

gischen Zwischenspiels auf den Weg um ihrer vorange:

eines General Directors des medicinischen Departements

gangenen Abtheilung nachzufolgen ; nach sechstägigem Hun gern und Mühsalen aller Art holten sie dieselben bei Fort

der Marine nach, erhielt aber diese Stelle seines vorge rückten Alters wegen nicht. Demgemäß sandte er, mit

Enterprise ein, wo Franklins Begleiter, weit entfernt den

im voraus gefaßtem Beſchluſſe der Beförderung anderer

drei Zurückgelassenen Hilfe senden zu können, selbst mit

nicht im Weg stehen zu wollen, sein Entlassungsgesuch ein,

der alleräußersten Noth zu kämpfen hatten ; alte zerstoßene

und wurde auf die Liste zurückgetretener ärztlicher Inspec

Avignon.

37

toren gesezt, nachdem er 48 Jahre im öffentlichen Dienſte

Nicht so traurig aber ist die innere Seite der Stadt.

zugebracht hatte.

päpstliche Palast, mit seiner schrecklichen „ Glacière, " ſeiner

Er zog sich nach Easdale, bei Windermere, zurück, wo

Der

von Simone Memmi gemalten Capelle , seinen endlosen Corridoren und Treppen, seiner Folterkammer, die, wie die

er die lehten zehn Jahre ſeines Lebeus in ruhigem Genuß seiner Lieblingsbeschäftigung, der Ichthyologie, in literari

In seinem 76.

Sage lautet, fächerartig gebaut war um das Wehgeſchrei der auf die Folter gespannten Unglücklichen nach außen ―――― hin zu ersticken dieser Palaſt iſt jezt eine Caserne, an

Jahre gieng er noch 20 engl. Meilen ohne besondere An

gefüllt mit muntern kleinen französischen Soldaten, deren

ſtrengung, und daß die Kraft und Thätigkeit seines Geistes Schritt hielt mit der seines Leibes zeigt das rege Interesse

ihren Schlaf und Speisesälen, so wie auf ihren Exercier

scher Correspondenz, Reisen und Thaten der Mildthätigkeit an ſeinen ärmeren Nachbarn zubrachte.

Artigkeit ſich ſelbſt

bei

an dem, damals neu entstandenen, „ Dictionary of the

plägen, nie verläugnet .

Philological Society, " für welches er fleißig schrieb und

den

Besuchen Neugieriger

in

Und seltsam in der That ist es

In einer lieblichen Nacht im Mai 1865 gieng

wenn man sieht wie zwischen den Reihen netter, schmaler Betten die kleinen rothhosigen Leute ihre Gewehre pußen

er, nachdem er eine oder zwei Stunden in „ Wickliffe's König Bibel" gearbeitet hatte, mit einem Bande von

und poliren, oder ihre Beinkleider ausbessern in jenen ge wölbten Sälen von Päpsten und Cardinälen, jenen weiten

Alfreds

Versammlungszimmern und Audienz-Gallérien, in welchen Urban die h. Katharina bewirthete, und wohin Rienzi als

studierte.

angelsächsischer Ueberseßung der Geschichte der

Welt" unter dem Arme, zu Bette.

„ Wir werden Voll

mond haben am Mittwoch für unsere Fahrt nach Amble:

Gefangener gebracht wurde, um angestarrt zu werden .

Mit

ſide, “ sagte er, und ſein Schritt tönte den Gang entlang

Schaudern geht man an der „ Glacière“ vorüber ,

denn

wie der eines Mannes in voller Lebenskraft.

als er mit seiner Frau von ihren beiderseitigen

noch immer haftet Blutgeruch an ihr, und nicht lange hält man sich auf in der trostlosen Keuche Rienzi's . Zeit und

Planen für den folgenden Tag sprach, stieß er einen tiefen Seufzer aus, und starb. Einige Jahre zuvor hatte er an

Regimentstünche haben diesen schauerlichen Pläßen alter Verbrechen ihren grauenhaften Charakter zwar benommen,

Herzkrämpfen gelitten, von welchen einer unter dem nörd lichen Schnee ihm beinahe den Tod zugezogen bätte. Indeß

niß von den sieben Teufeln wahr , und die Geister die

später,

Eine Stunde

allein in mehr als einem Sinn ist auch hier das Gleich:

war ihm ein glücklicheres Loos vorbehalten ; er starb reich

zurückkehren um ein vom Todtengeruch gereinigtes, desin ficirtes und geschmücktes Grab zu bewohnen, sind fast noch

an Jahren und Ehren unter seinen eigenen Landsleuten

furchtbarer als diejenigen welche nie in ihren alten Ber hausungen gestört worden.

und in der Heimath, an welcher er mit so großer Liebe gehangen. Sir George Back sagt von ihm : „ Niemand konnte die bewunderswerthen Eigenschaften seiner Natur vollkom

Allmählich wird das Auge an das Kahle und Graue

men würdigen, wer nicht in Prüfungen von mehr als ge wöhnlicher Art, in denen das Leben selbst in Frage stand, bei ihm gewesen war. In Sturm und Sonnenschein,

dieser provençaliſchen Landſchaft gewöhnt, und dann finden wir daß die Scenerie um Avignon ungemein malerisch iſt. Die Aussicht von Les Doms- einem Berg oberhalb des päpst

bei Fülle von Lebensmitteln und bei Hungersnoth, in

lichen Palastes, gewissermaßen die Akropolis von Avignon bildendumfaßt eine weite Strecke wellenförmigen offenen |

Augenblicken großer Gefahr, welche ungewöhnliche Geiſtes stärke und Kaltblütigkeit erheischten, war er stets gleich besonnen und gefaßt - ein schönes Beispiel für andere. Er besaß scharfe Auffaſſung für Humor, schnelle Unterſchei

Landes, das von niedrigen Bergen begränzt und von den heranbrausenden Gewässern des majestätischen Rhone durch schnitten wird. Quer über den Strom ist, wie ein Märchen

dungsgabe, war bereitwillig Beifall zu spenden, erwies sich stets als angenehmer Gesellschafter, und war, was

Schloß. Villeneuve erbaut mit seinen den Thoren und den schießschartenversehenen Mauern der päpstlichen Stadt ge:

beſſer iſt als alles dieß, ein sittenreiner, guter Mensch. “

genüberstehenden runden Thürmen.

Eine Brücke pflegte

die beiden Städte zu verbinden , allein sie ist jetzt abge brochen.

Das noch übrig gebliebene Stück ist ein solider

Bau, der auf großen Strebepfeilern ruht, von welchen der eine phantastisch über der Brücke in eine kleine Capelle fich erhebt.

Von solcher Art , könnte man meinen , muß die

Avignon. Brücke gewesen sein welche Arioſto's Rodomonte zu Pferd

Wenn an einem Februar Morgen der unaufhörliche Mistral (ein kalter Landwind im untern Rhonethal) weht,

gegen die Paladine Karls des Großen behauptete, als er von Zorn entbrannt war ob dem Verlust seiner falschen

fern und nah , auf öder Berghalde und sandiger Ebene,

Liebe.

die spärlichen Bäume sich seitwärts neigen , und die zer brödelnden Burgthürme wie gebleichte Skelete in der trock

damante mit eingelegter magischer Lanze den Abhang hin auf ihm entgegen galoppirte , und ihn in die lohfarbenen Wogen der Rhone hinabschleuderte. Nehmen an einem

nen unfreundlichen Luft zerfallen, zeigt Avignon das bleichſte, kahlste, graueste Naturbild welches man sich denken kann.

Auch kann man sich unschwer vorstellen daß Bra

I

hellen October-Morgen die Weingärten ihre leßten Gold

Avignon.

38

und Carmesin Färbungen an, und mischt das gelbe Blätter werk der Pappeln am Flusse sich mit dem feierlichen Grau

Vaucluse nicht unterlassen , und zwar nicht sowohl Pe trarca's als der interessanten Fahrt und des Wunders

der Olivenbäume und Weiden, so würde jeder Geviertzoll

der Sorgue-Quelle wegen. Mit einem kleinen einſpän = | nigen Phaethon fährt man - eine Strecke von 36 engl . Eine Zeit: für 12 Franken hin und zurück. Meilen

dieser Landschaft, in dem Schimmer seines Lichts und seiner Farbe, die um so schöner ist wegen der Feinheit und Sel

wir von vielen solcher Bilder nur eines hervor ! Wir be finden uns am Gestade ganz nahe bei der in Trümmern

lang nach der Abfahrt von Avignon fährt man längs dem ebenen Lande zwischen Platanen- Alleen hin, dann kommt ein Bergrücken, auf welchem die Olivenbäume, die Maul

liegenden Brücke, und haben den seine trüben Gewässer fort:

beerbäume und die Weingärten ihre Farben vereinigen und

wälzenden Rhone vor uns ; jenseits, am Leinpfad, ſteht ein

Nach Ueber zart in fernes Purpurroth verschmelzen . steigung dieses Bergs erreicht man L'Isle, ein Insel Dorf das von der langsam fließenden Sorgue umgeben, von

tenheit derselben ,

ein herrliches Gemälde bilden.

Heben

hoher starker Cypressenbaum neben einem kleinen Hause, und zunächst daran ein Crucifix von zwölf oder mehr Fuß Höbe, dessen Christus, ausgestreckt auf seinem rothen Kreuze, 1 weithin sichtbar ist ; Arundo donax wächst rings herum, und Weiden stehen in der Nähe dahinter , weit in der Ferne ragen die zugespißten blauen und wolkenbeperkten Berge empor ; kommt ,

an der Cypresse vorbei ,

auf dem Rhone,

reißend schnell durch den Strom ,

von einem

Duzend Männern gerudert, ein langer Floß schwimmend heran ; einer der Männer, mannhaft aufrecht , beugt sich vorwärts um das Kreuz zu grüßen ; allein weiter fliegt der Floß , das hohe Schilfgras raſſelt , und die Cypreſſe verharrt in unbeweglicher Ruhe.

riesenhaften Platanen- Aesten überschattet ist und von dem Plätschern des aus moosigen farnbuschigen Mühlrädern Wer da erwartet herabstürzenden Wassers wiederhallt. daß Petrarca's Sorgue der träufelnde Bach irgendeines Dichters sey - ein Bach der aus einer feuchten Grotte zu der dürfte wohl in Erstaunen gerathen bei dem Rauschen und Toben dieſes azurblauen Stroms so

Tage tritt

Er hat eine solche Waſſermaſſe nahe an seinem Urquell. und eine so pfeilartige Raschheit seines Laufs, daß man mit dem Gefühl üppiger Fruchtbarkeit und Leben erfüllt wird. Kommt man hier vorbei, so vergeſſe man nicht daß da oder dort in diesem chiaro fondo di Sorga, wie Carlyle behauptet,

Für diejenigen welche keine Zeit zu versäumen haben wenn Jourdain, der Henkerheld der Glacière, fest an seinem Pony ſie nach oder von dem Süden gehen oder kommen, ist es der Mühe werth einen oder zwei Tage in dem behaglichſten und charakteriſtiſcheſten alter franzöſiſcher Wirthshäuser, dem Sollte es Hôtel de l'Europe, in Avignon zuzubringen . Regenwetter sein, so ist das Museum der Stadt eines Be: suches werth.

hieng als er vor seinen Feinden floh, und ſein verwünsche tes Leben durch irgendeine diabolische Vorsorge für künftige Wir gehen weiter über Schlächtereien aufgespart hatte. die unfreundliche Ebene, zwischen Krappfeldern, indem die rothen Wurzeln der Garance in Reihen längs den Fur.

Es enthält Horace Vernets nicht unberühm:

tes Bild Mazeppa's, so wie ein anderes, minder berühm tes , aber vielleicht interessanteres vom „ bausbackigen “ David oder „ dem Genius in Convulsion " , wie Car lyle ihn getauft hat. Seine Leinwand ist unvollen

chen liegen ; vor uns erheben sich aschgraue Berge kahler Felsen , die da und dort von den Blättern des Zwerg: Eine ungeheure Sumachs in Carmesin-Farbe schimmern. Klippe thürmt sich empor und scheint den Weg zu ver: Indeß der Fluß tobt ſchäumend uns zur Seite vorüber. Von wannen mag er kommen ? Welcher Paß

sperren. det :

wer

weiß welches

Geschrei

des

Convents

den

Maler veranlaßte seine Palette niederzulegen und das Meisterwerk lieber zu verlassen als es zu verderben ? Denn in seiner Art ist das Gemälde ein Meisterwerk. Dort liegt Jean Barrad , der Trommler , vierzehn Jahre alt,

oder Spalt in diesem Abgrund ist ihm zum Entrinnen aufgethan ? Diese Fragen gewinnen an Intereſſe wenn wir in den engen Hohlweg von Kalkstein-Felsen, welcher zu der Klippen-Barre führt, eintreten, und uns mitten

gefallen in der Vendée, ein wahrer Patriot, der, während er sein Lebensblut vergoß, die dreifarbige Cocarde an ſein Herz drückte, und „Freiheit “ murmelte. David hat seinen Gegenstand classisch behandelt ; der kleine Trommlerknabe, obgleich Franzose durch und durch, liegt, wie ein alter Grieche, nackt auf dem Sande - ein wahrer Hyacinth der

unter den Feigen und Olivenbäumen von Vaucluse befin den. Hier ist das Dorf, die kleine Kirche, die häßliche . Säule zu Petrarca's Andenken, das Wirthshaus mit ſeinen Forellen, die vortrefflichen Laura-Caricaturen und seinen Brücke und die schäumende, wirbelnde, von Mühlrädern gepeitschte,

durch Wehren unterbrochene,

in ihrem Lauf

Republik. der Jlioneus der Vendée. Die dreifarbige Cocarde und der sprechende Ausdruck seiner emporgerichteten Augen

getheilte , canaliſirte und eingedämmte , dennoch aber Blau, unwiderstehlich und rein hinfließende Sorgue.

sind die einzigen Anzeichen daß er ein noch nicht zwanzig jähriger Held, ein Bürger ist in welchem der Gedanke lebte :

violett , grün

es sei süß für Frankreich zu sterben. Bei schönem Wetter sollte man einen Besuch in 1 Ein Schilf, als Ziergewächs jetzt in deutschen Gärten an D. R. gebaut.

von Moos

und Wassergräsern , silber

farben von schneeweißen Kieseln , läuft der Fluß , so flar und frisch wie elementarischer Diamant, auf seinem saubern glatten Bette dahin. Die Felsen auf beiden Sei ten sind grau oder gelb, terraſſirt in Olivengärten, und zeigen da und dort eine Cypresse, einen Feigen

oder

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

Maulbeerbaum. Bald hören die Gärten auf, und Maſtix Provencer bäume , Rosmarin , Bug und Steineiche Gesträuche - und hin und wieder außer dem Bereich ein Sumach, klettern an dem harten Gestein empor, und so werden wir endlich in die unmittelbarste Nähe des völlig unpassirbaren Abgrunds gebracht.

Am Fuße desselben

liegt, ruhig, ein ungetrübter Teich ; ein kleiner See in welchem man die schüßenden Felsen und die sich einnisten den wilden Feigen wie in einem Spiegel abgebildet sieht einem Spiegel blau-schwarzen Wassers, wie Amethyst oder Flußspatso rein, so ruhig, daß man da wo er die Riesel in seinen Schoß aufnimmt, kaum sagen kann wo Luft beginnt und Waſſer endet. Nun, dieß ist Petrar ca's " Grotte," dieß ist die Quelle von Vaucluse . Herauf aus seinen tiefen Behältern, aus den geheimnißvollen Grundlagen des Berges, quillt der schweigende Strom ; ununterbrochen und bewegungslos füllt er seine Urne; steigt ruhig fort und fort bis der Rand erreicht ist ; dann überfließt und schäumt und gießt toſend ein Katarakt hinab unter das Gerölle der Berge. Nichts in Vaucluse macht einen tieferen Eindruck als der Gegensatz zwischen der Ruhe und Stille der Quelle und dem Toben des be

39

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte . 4.

Die Vereinigten Staaten.

Um von jedermann, auch von denen verstanden zu werden die während des verflossenen Jahres in den Zei tungen alles überſchlagen haben, was aus den Vereinigten Staaten gemeldet wurde, wollen wir bemerken daß die beiden alten Parteien Republicaner und Demokraten immer noch um die Regierungsgewalt streiten, und daß die Re publicaner und die Demokraten, wenn man ihre Grund jäße auf deutsche Verhältnisse überträgt, unsern National : liberalen und unsern Particulariſten entsprechen würden . Desterreich hat ebenfalls seine „ Republicaner" und seine ,,Demokraten," ohne daß wir diesseits oder jenseits der Leitha mit diesen Bezeichnungen irgendwen hochverrätherischer Anschläge gegen das Haus Habsburg verdächtigen wollten. So würde ein Amerikaner von den centralistischen Wienern und den Getreuen des Hrn . v. Schmerling sagen, sie den ken republicanisch), von den Nationalpolen und vor allen von den Tschechen der Wenzelkrone, es seien demokratische Gesinnungsbrüder, von den Ungarn dagegen möchte er be

Hier sehen wir in Wahrheit freiten ungeſtümen Flusses. die ruhigen klaren Augen gemeißelter Wassergötter, ihre

haupten, sie dächten demok atiſch in ihren Beziehungen zu dem Gesammtreich, aber gut republicanisch über alles

bis an den Rand gefüllten Urnen, die ihnen entſtrömen den Flüſſe, den Zauber der berggebornen, in von Dunkel

kraten gleichfalls für

Oder wiederum heit umhüllter Wiege liegenden Fluth. dünkt es uns, wenn wir den Blick an der steilen, 800 Fuß hohen, leicht dachartig (so daß kein Regen auf die Höhle des Teichs fällt) sich wölbenden Klippe hinaufrich ten wiederum dünkt es uns als sähen wir den Schlag von Neptuns Dreizack,

den Huf des Pegaſus, die Kraft

von Mofis Zauberstab, welcher Felsen spaltete und Waſſer Kurz, es liegt ein eigen in die Wüſte entſtrömen ließ. Wenn unsere Augen thümlicher Zauber in dem Orte. dem weißen Kiesel folgen der die Oberfläche zertheilt, und sichtbar hinabfällt bis der Azurschleier zu dicht wird um ihm weiter nachblicken zu können, so überkommt uns ein Gefühl als ob irgendeine geheime Macht uns, wie Hylas, Wenigſtens in die verborgenen Höhlen nachziehen wolle. drängt sich uns das Verlangen auf der Quelle irgendeine werthvolle und kostbare Gabe zu opfern, die Nymphe von Balchiusa mit einer köstlichen Perle zu zieren als Zeichen unserer Verehrung und Liebe.

transleithanische.

In Nordamerika kämpfen die Demo "Autonomie, " nur heißt in ihrer

Sprache das Ding . Staatenrechte, worunter ſie eine große, in der That eine unbegränzte Berechtigung der einzelnen Staaten gegen die Unionsgewalten, also gegen Congreß und Präsidenten verstehen. Ein Demokrat ohne Furcht und Tadel wird nicht bloß behaupten daß jeder einzelne Staat sich eine Verfaſſung und namentlich ein Wahlgeſeß nach eigenem Geschmack geben, sondern daß er auch die Neger als menschliche Waare betrachten dürfe, daß er sie andererseits nicht als volle Menschen, sondern nur als Menschen zählen, jedem Wollkopf demgemäß eine ³/ Wahl berechtigung zuerst theoretisch zubilligen, dann aber prak tisch sie ihm wieder entziehen und auf die weißen Herren über tragen könnte, wie dieß unglaublich aber geschichtlich er härtet, ja bis zum Bürgerkriege in der Verfassung der Vereinigten Staaten zu lesen war. Der echte Demokrat wird stets dafür streiten nicht bloß daß ungeachtet der Anerkenntniß sogenannter Menschenrechte jeder Staat die Sklaverei bei sich einführen dürfe, ſondern daß wenn bei

Doch wir haben über Petrarca geschwiegen ; hat er ja

einer Präsidentenwahl ein unerträglicher Gegner die sieg

selbst so viel über die Quelle gesagt, und gegen eben diese

reiche Stimmenzahl erhalten sollte, jeder Einzelstaat seinen 1 Austritt ans dem „ Club “ der Vereinigten Staaten anmel

Nymphen, denen wir so gern unsere Juwelen zu Füßen legen möchten , Klage geführt daß sie in jedem Frühling seine Dämme brechen und seine Gärten verschlingen. In Vaucluse hat Petrarca geliebt und gelebt und gesungen, und Vaucluse berühmt gemacht. Nie wird er dort ver gessen werden. Für unsern Zweck aber hatte die Quelle eine größere Wichtigkeit als der Dichter. (Cornhill Magazine. )

↑ Absichtlich bedienen wir uns dieſes Ausdruckes, weil es viele Amerikaner im Norden wie im Süden gibt, die den Staat als einen Club betrachten, den nicht bloß Kantone und Gemeinden, sondern ſelbſt der Einzelne verlaſſen kann. Unter andern haben die Oneida - Communiſten der Union ihren Austritt angezeigt, und wenn sie noch Steuern zahlen oder andere öffentliche Pflich ten erfüllen, so geschieht es nur weil sie dem Zwange folgen. S. Ausland 1868. S. 1072.

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

40 den könnte.

Ob dieses Recht wirklich in der amerikanis

Wenn alle andern einig waren, ein einziger vermochte durch

schen Verfassung begründet sei, wollen wir nicht weiter.

ſeinen Einspruch ihre Beſchlüſſe zu vereiteln . Dieß war ganz gewiß sein verbrieftes Recht, so heilig, so unverleßbar ―― als politische Rechte überhaupt es sind oder nicht sind .

erörtern, jedenfalls waren die Meinungen darüber von Leicht nachzuweisen wäre aber daß die jezt

jeher getheilt.

Verdient wohl irgendein politiſches Recht noch unsere Beach

herrschende Vartei, nämlich die Republicaner, die Verfaſſung so oft gebrochen haben als sie ihnen hinderlich war, und daß sie unbezweifelte Rechte der Einzelstaaten ,

tung wenn es staatsgefährlich wird ? Wäre unter den Polen ein König oder Staatsmann von unbeschränkter Gewalt er

richtiger

der einzelnen Südstaaten rauh mißhandelten.

standen, so hätte er allerdings zuvor auf dem Wege der Ver

Am 20 Mai 1868, als die Republicaner auf ihren „Convent" (Vorparlament) in Chicago ihre " Platform "

ständigung den Verzicht auf dieses Recht von den Edelleu ten zu erlangen trachten müſſen , war aber ein gütlicher Verzicht nicht zu erzielen, so durfte er unbedenklich Gewalt brauchen,

oder das Gerüste ihrer politischen Bekenntnisse von neuem 1 die loyalen Staaten des

denn bei jenem Rechte konnte der polnische Staat nicht

Nordens Wahlgeseße nach eigenem Ermessen sich geben womit gesagt wurde daß sie die Farbigen vom

beſtehen, sondern er ist darüber untergegangen und mit dem Staate verlor sich auch das liberum veto . An die

Wahlrecht ausschließen dürften, daß dagegen in den Süd

sem Beispiele werden wir inne daß die geschichtliche Ge

feſtſtellten, waren sie einig daß

sollten , "

staaten das gleiche Wahlrecht für alle Spielarten des Men

rechtigkeit nicht nach Schrift oder Herkommen urtheilt, jon

schengeschlechtes gelten müſſe „ als Sicherheitsmaßregel (gegen die Weißen), sowie aus Dankbarkeit und Billigkeit" (gegen die ehemaligen Sklaven). Unsere deutschen Bundestreuen

dern den Thörichten straft und den Klugen belohnt.

vom Frühjahr 1866 würden , wenn sie sich in der Lage

bestehenden Staate denkbar ist, den sie also nicht bedrohen

der Seceſſionſtaaten befunden hätten , laut aufgeschrieen haben über eine solche "! Vergewaltigung " In der That auch in Bezug auf Nordamerika werden die " Anbeter des

darf. Was aber von den sichtbaren Staaten gilt, läßt sich auch auf die minder sichtbaren Nationen anwen den. Als im Jahr 1814 der Wiener Congreß zusammen :

Erfolges" von ihren Gegnern mit sittlicher Entrüstung

trat und die Deutſchen wieder über Deutschland verfügten ,

Fr

gendeine Berechtigung im Staate die dem Staate gefabr lich wäre, muß an sich nichtig sein, weil sie ja nur in dem

überschüttet, und die Freunde der Südstaaten, die Bewun

ist es niemandem eingefallen , sämmtliche im Jahr 1803

derer der Pflanzertugenden, wie der „biblischen “ Sahung

mediatisirten Fürsten, Prälaten und Städte in ihre Sou

der Menschenknechtschaft ergießen sich in funkelnden Reden

veränetäten einzusehen.

über Gewalt und Recht, sowie über die schamlosen Zeiten

politischer Thätigkeit wie eine Barbiergerechtsamkeit betrach ten , müßten noch heute behaupten daß dieß eine schnöde

in denen man dem Starken huldigt, der gegen Brief und Vertrag den Schwächern drückt und unterwirft. Dennoch wagen auch wir es für das was man als

Die Männer welche den Genußz

„Vergewaltigung “ gewesen sei, aber das damalige und alle seitherigen Geschlechter haben die Vergewaltiger selig ge

„Gewalt“ bezeichnet hat, und gegen das was man „ Recht“

sprochen, obgleich den Beraubten nichts anderes vorzuwer:

nennt, das Wort zu ergreifen , freilich nicht für jede Ge

fen war als daß sie sich überlebt hatten.

walt und nicht gegen jedes Recht.

Das Recht welches

Ihre Rechte

Staaten, Völker oder Fürsten aus Verträgen oder Ver

waren in dem Augenblick verwirkt, wo man erkannte daß sie dem Gedeihen der deutschen Bevölkerungen zum Schaden

faſſungen ableiten, das Recht aus Urkunden und Briefen,

gereichten.

aus Wachs und Leder , ist ein ganz anderes Recht wie

Hoheitsrechte fortbestehen können , muß es eine deutsche

jenes harmloſe, nach welchem römische Prätoren zwischen

Nation geben, die, durch Verfassung oder Vertrag geeinigt,

Gajus und Sempronius ſprachen, und nach welchem unſere Richter in Sachen Quidams contra Quemdam entschei

Wurden Hoheitsrechte die dieser Daseinsbedingung wider

den.

Bürgerliche Rechtsbegriffe lassen sich auf die öffent

strebten durch einen Starken zu Gunsten der nationalen

lichen Handlungen nicht übertragen , denn es gibt keine

Gesammtheit auf ein unschädliches Maß eingeschränkt, so

unbedingt giltigen Berechtigungen der Einzelnen im Staat oder der Staaten unter einander. Geschichtlich berechtigt ist nur das was dem Gemeinwesen zuträglich, und unberech tigt das was dem Gemeinwesen schädlich ist.

Sowie irgend

Damit überhaupt in Deutschland particulare

Stärke genug besitzt um sich ihrer Nachbarn zu erwehren .

erfüllte er eine geschichtliche Pflicht, denn er rettete ein Volk vor dem Looſe des polniſchen Reiches . Alle öffent lichen Berechtigungen im Staate sind niemandem unbe

ein sogenanntes Recht aus Briefen oder Verträgen als

ſchränkt, ſondern nur unter dem Vorbehalte kluaen Ge brauches verlieben, denn so oft irgendeine Berechtigung aus:

eine öffentliche Gefahr sich erweisen sollte , wird es zum

geübt wird, wäre sie noch so gut verbrieft oder noch so

Unrecht, wie umgekehrt eine gewaltsame That zur Rettung jich verwandeln kann. Diese Lehren mögen gewagt klin

jehr vom Herkommen geheiligt, gehörte sie einer Krone,

gen, mögen manchen empören , dennoch sind es die Lehren

der Preſſe an, muß jeder Betreffende wohl überlegen ob es

einer Regierung, einem Reichstag, einem Wahlkörper oder

der Geschichte. die ungestraft noch niemals mißkannt worden.

dem Gemeinwesen nüßlich oder schädlich sei, und immer

find.

bedenken daß der schädliche Gebrauch eines Rechtes Miß

Im polnischen Reichstage besaß jeder einzelne Edel mann ein unbeschränktes Verneinungsrecht · liberum velo.

brauch sei und die sogenannte Rechtsüberwältigung heraus

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

fordere, ja sie als verdienstlich erscheinen lasse.

Nach un

41

ſern Ansichten gibt es nur ein höchstes Gesetz dem sich alles

neure dafür daß den Farbigen der Genuß ihrer Stimmrechte nicht verfümmert wurde. Die künstlich geschaffenen Mehr

beugen muß, die allgemeine Wohlfahrt.

Mögen wir deß

heiten gaben dann den Einzelstaaten Verfassungen worin

halb zu den „ Anbetern der Erfolge" gezählt werden, so haben wir doch den Troſt daß dann auf der Armenſünder

die neuen Befugniſſe der Unionsgewalten anerkannt wurden und sendeten hierauf ihre Abgeordneten in den Congreß.

bank dicht neben uns auch die Geschichte der Völker size. Die Anwendung obiger Grundsäße auf die Amerikaner

war Arkansas, ihm folgten Lousiana, die beiden Carolinen,

und ihren Bürgerkrieg ist leicht zu errathen. Wir geſtehen ein daß die Demokraten eine Berechtigung" zum Abfall

Georgien, Alabama und Florida, ſo daß bei der leßten Präsidentenwahl nur Miſſiſſippi, Virginien und Texas als

der Einzelstaaten von der Union aus der Verfaſſung ab

verfassungslos ausgeschlossen blieben.

leiten konnten, und dennoch fallen wir auch hier wieder

Zeit wo die Pflanzer sich herbeiließen um die Stimmen

in die Kniee vor dem Gößen Erfolg welcher der republica

ihrer ehemaligen Sklaven zu werben.

nischen Partei verstattet hat die Secession zu vergewalti gen. “ Gelang den Südstaaten ihr Abfall, so wäre es

auch unter den Farbigen demokratische Parteiansichten zu verbreiten, es entstanden republicanische und demokratische

bei diesem Aufruhr nicht geblieben, sondern das böse Bei ſpiel einer Trennung hätte andere Trennungen nach sich gezogen, die Ackerbaustaaten im Westen würden sich bald

ten. Daß sich Pflanzer herabließen die Rechte der Farbi gen anzuerkennen, würde als die Beendigung des Bür

von den schutzöllernischen Küstenstaaten losgesagt haben, die aufblühenden Gebiete an der Südsee wiederum hätten

sein, wenn

einen eigenen Bund gestiftet. Jeder dieser neuen Ver bände oder jeder neue „ Club “ souveräner Gebiete wäre Statt noch lockerer gewesen wie die ehemalige Union . einer einzigen großen Nation im Besize fast eines Welt theils und der Aussicht in eine Zukunft von unberechen

Der erste neuumgebildete Staat der wieder in die Union trat,

Es gab sogar eine

Wirklich gelang es

Clubs von Schwarzen die sich gegenseitig herzhaft befehde

gerkrieges

und

der

Sklaverei

zu

betrachten

gewesen

es den Demokraten an Aufrichtigkeit nicht

gänzlich gemangelt hätte. So bewieſen leider die Neger, die sich in die Neße der Demokraten verirrten, nur ihre volle Un mündigkeit. Nicht ein Stäubchen . hatten nämlich die süd lichen Demokraten von ihren Urtheilen und Vorurtheilen

barer Größe wären lauter mißgebildete Halbstaaten ent

fahren laſſen , denn kaum waren sie in der Geseßgebung von Georgia durch die Wahlen zur Mehrheit gelangt, als

standen , zwischen

sie sogleich die vom Congreß verhängten Verluste des Wahl

denen der Neid zu

Reibungen,

die

Reibungen zum Krieg, der Krieg zur Herrschaft glücklicher

rechtes gegen Weiße aufhoben, dagegen alle Farbigen von

Soldaten geführt haben würde, damit schließlich Nordame:

ihren Sigen unter den Deputirten ausschloſſen , worauf

rika und Südamerika nichts mehr sich vorzuwerfen und um

diese, 25 an der Zahl, den Saal räumen mußten.

nichts mehr sich zu preisen gehabt hätten.

rigens waren die bisherigen farbigen Gesetzgeber in den

Dieß alles wäre

Ueb

geschehen, wenn wirklich das Recht aus Vertrag und Ver

Südstaaten Leute ohne bürgerliches Ansehen, man behaup

fassung uns höher stehen müßte als die Wohlfahrt eines großen Volkes .

tet sogar daß schwarze Senatoren Louſiana's während der

Regt sich in uns kein Zweifel daß die Republicaner sich

Sigungsferien ihr Barbiergeschäft fortgeseßt, andere Geſez geber an Bord der Miſſiſſippidampfer als Kellner oder in

um ihr Vaterland, ja ſelbſt um ihre Gegner im Süden Ver

Häusern als Bediente sich vermiethet hätten .

dienste errangen , insofern sie die Einheit von Gebiet und Bolf vor „ Staatenrechten " retteten, so ertheilt doch

papiernen Gleichberechtigung werden doch die Farbigen im

nur der nothwendigen und ersprießlichen Gewalt die Geschichte ihre Begnadigung, während sie eben so streng jede überflüssige Gewalt als einen Mißbrauch rächt. Es

zwar daß in Alabama die Geſeßgeber eine Zulaſſung der Farbigen unter die Weißen auf öffentlichen Verkehrswerk zeugen, also in Eisenbahnwagen und den Deckräumen der

war verhältnißmäßig viel leichter den Süden niederzuwer

Dampfer verweigert haben.

Troß aller

Umgang noch immer als eine niedrige Kaste behandelt, jo

Nach wie vor werden also die

fen als ihn wieder zu einer freudigen Rückkehr in die Union

Schwarzen, Schwärzlichen , Gelben und Gelblichen ohne

zu gewinnen.

rosige Fingernägel in abgesonderte Behälter zu ihres Gleichen

Es bedurfte dazu einer Ausbreitung repub

licanischer Grundsäge in die Gemüther der ehemaligen Re

eingesperrt.

bellen. Die Republicaner wendeten dazu abermals Zwangs mittel an. Sie verkürzten zunächst die Demokraten an

zur Sicherung der Früchte des Bürgerkriegs die Republi caner durch Militärbeherrscher künstliche Mehrheiten in den

Stimmenzahl, indem sie die Wahlrechte aller hervorragenden Führer während des Abfalls als verwirkt erklärten und

Südstaaten schaffen durften , daß aber dieser Druck sich

Nun fühlt wohl ein jeder daß eine Zeit lang

daß sie andererseits durch einen Ukas des Congreſſes die

nicht ins Unberechenbare verlängern läßt. Die Negerliebe der nördlichen Republicaner kam nicht aus dem Herzen,

Farbigen zu den Wahlen beriefen.

sondern entsprang einer kühlen Berechnung.

In Alabama, Miſſiſſippi,

Deutlich merkt

Lousiana und Südcarolina errangen die Republicaner im

man dieß an der Thatsache daß es im Norden den Republi

Bündniß mit den ehemaligen Sklaven die Mehrheit, in der Stadt New Orleans kamen sogar zwei farbige Wähler

schaftliche Gleichberechtigung zu gewähren.

auf einen Weißen.

daheim im eigenen Staate die Republicaner demokratisch, so

Gleichzeitig sorgten die Militärgouver

canern nicht einfällt den Farbigen politische und gesell Denken also

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

42

können sie nicht von den Demokraten im Süden verlan :

Weiße als nichtig zu erklären, folglich jede Gewalt und

ben daß sie republicanisch denken und handeln sollen.

jedes Blutvergießen, an Farbigen verübt, als unbestrafbar zu ermuntern. Endlich bliebe nur übrig daß ein Geset

Zwang und Unterdrückung haben auch in den Secessions staaten ein häßliches Geschöpf geboren welches ziemlich neu ist in der Geschichte der Vereinigten

Staaten,

nämlich

den Ku-klug- klan, oder eine geheime Gesellschaft der Süd länder

eine Verbindung der Demokraten zum Schuße

gegen die Unionsgewalten .

So verhaßt waren Heim

lichkeiten bisher den Amerikanern daß das Gedeihen einer Art von Carbonarismus in der Union aufs höchste uns befremden

und besser

als

alles

andere uns von der

ſie abermals wieder zu Sklaven erniedrigte.

So etwas

mag auf den ersten Blick höchst unglaubhaft klingen, allein nur Sorglose können einen Rückfall in die Sklaverei für unmöglich halten.

Noch vor zehn Jahren wurden in Loui

siana die herrenlosen Farbigen aus der französischen und spanischen Zeit, deren Freiheit durch Staatsverträge ge Der neue währleistet worden war, zu Sklaven erklärt. Präsident befindet sich also in der Verlegenheit,

eines

Unerträglichkeit der Zustände in den Südstaaten überzeu

theils die alten Zwangszustände in den Südstaaten, die

gen muß.

einem europäischen Belagerungszustande aus der Rück schrittszeit gleichen, auch in Texas, Virginien und Miſſiſ

Nur ist es schwer zu errathen, was eigentlich

zur Lösung geschehen sollte.

Die großen Ergebnisse des

Bürgerkrieges, nämlich die Einheit und Untheilbarkeit der Nation sowie die Aufhebung der Negersklaverei, darf der

sippi zu beendigen, anderntheils wiederum zu wachen daß

Norden um nichts in der Welt preisgeben.

die errungene Freiheit der Farbigen gefährdet werde, we

Die Sache der

mit dem Siege der Demokraten in den Südstaaten nicht

Farbigen würde er wohl gern fahren laſſen, wenn nicht

niger der Farbigen

die Einheit des Bundesstaates durch die Sklaverei gefährdet wäre. Die Abolitionisten bildeten vor dem Ausbruche des

immer von der Sklaverei zu fürchten hat, insofern diese

Bürgerkrieges einen kleinen Bruchtheil selbst im Norden,

als der Union wegen,

welche noch

immer wieder zur Ausbildung geographischer Parteien füh ren müßte.

und wenn man dem ehrlichen Lincoln 1860 noch gesagt

Nicht den mindeſten Trost gewährt es uns daß die

hätte, er werde in zwei Jahren die Sklaverei abschaffen,

Union durch die schärfften Geseze die Farbigen und ihre

gewiß hätte er einen solchen Propheten für gemüthskrank gehalten. Wäre die Befreiung der Farbigen nicht eine

lerwaare, wenn die Behörden in den einzelnen Staaten ſie

Waffe zur Bekämpfung der Rebellion gewesen, ohne Ge

nicht ausführen.

wissensbeschwerden hätte man sie dem nächsten Jahrhun dert zu andern Lasten vererbt. Erst während der gewal

Absendung von Militärgouverneuren, also durch eine Art von Belagerungszustand erzwingen, allein so etwas könnte

tigen Kämpfe gelangte der Norden zur Erkenntniß daß er die Union nicht retten könnte, ohne die Wurzel der Se

verordnen, und dazu wäre wiederum nöthig daß der Congreß

cession auszureißen.

Aus der Knechtschaft der Farbigen

entwickelte sich der Bürgerkrieg, denn die Sklaverei hatte erzeugt, was Waſhington ſchon als die größte Gefahr der Union verkündigte, nämlich die Bildung geographischer Parteien.

So ist denn auch nach dem Frieden die Frei

heit der Farbigen das einzige Mittel um jeder Wieder holung eines Abfalls vorzubeugen.

Die Freiheit derFar

Rechte beschützt hat, denn die Geseze sind eine Buchhänd

Zwar ließe sich ihre Ausführung durch

nur der Congreß bei jedem einzelnen Fall eines Ungehorsams

der Mehrheit nach die bisherige republicanische Strenge billigen würde. Die Republicaner aber sind seit einem Jahr sichtlich schwächer geworden, ſie wären sogar ohne Zweifel bei der leß ten großen Wahl unterlegen, wenn sie sich nicht rechtzeitig von ihren radicalen Gesinnungsgenossen , den Männern der Gewalt, wie Thaddäus Stevens, Buttler, Pendleton los

als daß

gesagt und in ihrer neuen " Platform " ihre Grundsätze be

Es handelt sich dabei

nicht bloß darum daß Neger bei den Wahlen und an den

trächtlich verdünnt hätten. Ihre Gegner andererseits hatten der Nation keinen würdigen Candidaten zu bieten, denn

Gesetzgebungen theil nehmen.

Man könnte sie jogar mit

nicht umsonst erhoben die Republicaner ein Triumphgeschrei,

Vortheil bei beiden vermissen,

allein so wie sie aus den

bigen läßt sich wiederum nicht anders sichern, ihnen Stimmrechte ertheilt werden.

als Horatio Seymour, der Gouverneur des Staates New

Gesetzgebungen der südlichen Einzelstaaten verdrängt wer

York, eine ehemalige „ Kupfernatter, " mit welchem Schimpf

den, wie dieß in Georgia bereits eingetreten ist, wird als nächster Schritt der souveränen Ortsregierungen zu be

wort diejenigen Parteimänner bezeichnet wurden die wäh rend des Bürgerkrieges den Norden beharrlich zu einem

fürchten sein, daß sie ihnen auch das Recht entziehen in

schmählichen Frieden drängten, als ihr Erwählter von den

der Miliz zu dienen, mit andern Worten daß man sie entwaffnet. Einmal entwaffnet, einmal aus den Gesez

schon kam einer Niederlage gleich.

gebungen verdrängt, würde ein Mehrheitsbeschluß genügen, um wie ehemals ihre Zeugenschaft vor Gericht gegen.

1 Nach den Befreiungskriegen gab es allerdings eine Art von geheimem Orden, der sich aber trotz seiner patriotischen Ziele auflösen mußte, weil er auf den stärksten Widerwillen in der öffent lichen Meinung sticß.

Demokraten ausgerufen wurde , denn sein Name allein Hier dürfen wir nicht

die Gelegenheit uns entschlüpfen lassen , auf die merkwür dige Wandlung in der innern Geschichte der Vereinigten Staaten aufmerksam zu machen, daß nämlich bei dem Vor schlage zur Präsidentenwürde wieder die großen Namen beachtet werden. Vor dem Bürgerkrieg, als die Demokraten noch allgewaltig auftraten , war es Parteigrundsatz zum

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

Oberhaupt der Natiom den ersten besten ,

ja absichtlich

irgendeinen beliebigen dunklen Strohmann auszuheben , den

43

öffentlicher Gunst viel verloren. Bei den Ortswahlen Ende 1867 gewannen die Demokraten manche verlorene Aemter

Namen gleichsam aus einer Lotterietrommel zu ziehen.

zurück, ſelbſt Boſton, der Siß der Gelehrsamkeit, des Buch

Wer kannte vor der Wahl einen Franklin Pierce , selbst

handels und der Negerfreundschaft hatte einen Demokraten Bei den Octoberwahlen des zum Bürgermeister erhoben.

einen Buchanan, und wer hat nicht nach Beendigung ihrer Präsidentschaft ihren Namen zu den Namen so vieler an

ersten Wahl ein nagelneuer Mensch, kaum seiner Partei,

lezten Jahres in den großen nördlichen Staaten welche immer als Vorentscheidung für den Ausgang der Par teischlacht um das Präsidentenamt betrachtet werden,

geschweige uns Europäern bekannt.

Allein die Nation,

blieben die Republicaner zwar in den drei großen Staaten

die doch etwas anderes noch iſt als die Parteimänner des

Pennsylvanien, Indiana und Ohio noch Sieger, aber mit auffallend geringer Ueberlegenheit. Dertlich gewannen auch

dern Zeitungshelden vergessen ? Auch Lincoln war bei seiner

demokratischen und republicanischen Gewerbes, spürte wäh rend des Bürgerkrieges , wie wichtig und ersprießlich für das Gemeinwesen es sei daß eine bedeutende Kraft wie

hier ihre Gegner an Gebiet, sogar in dem frommen Phi

die Lincolns an der Spiße des Staats ſtehe, und wie viel

Im Repräsentantenhaus sank die republicanische Mehrheit von 174 auf 132 Stimmen, während die Opposition von

beſſer es sei wenn das Oberhaupt unter den Häuptern

ladelphia wurde der städtische Magistrat demokratisch besetzt.

fidenten zu den Packträgern ihrer Partei erniedrigt worden,

53 auf 84 Stimmen stieg. Für Grant stimmten freilich 1 Kentucky, alle Staaten mit Ausnahme von New- York,

gerade gut genug um die öffentlichen Anstellungen als

Maryland,

Wahlgewinnste unter ihre Mitschuldigen zu vertheilen und

und Louisiana. Niemand verhehlt sich aber dabei daß ſehr viele Amerikaner den Besieger der Secession erwählten,

der Nation erwählt werde.

Vor Lincoln waren die Prä

die Augen zuzudrücken über Unterschleif und Bestechung. Erst Lincoln hat die Würde des Präsidenten wieder zu einer achtbaren Größe gehoben, und dadurch ungeahnt dem

New-Jersey,

Delaware, Alabama, Georgien

nicht weil, sondern obgleich er für einen Republicaner ge Hätten die Demokraten einen besserern halten wurde.

Der abscheidende Prä

oder nur einen gleich willkommenen Namen finden können,

ſident hätte gern wie sein Vorgänger einen geschichtlichen Licht

das Wahlergebniß würde günstiger für sie gelautet haben,

streifen hinterseiner Amtsbahn zurückgelaſſen, aber nach dem Grundſage non licet bovi sollte ihm so etwas nicht beſchie den sein. Wir wollen die Komödie seiner Jrrungen, der

hätte sogar zum Siege werden können. Außerdem verdar ben sie es bei der parteilosen Menge durch ihre ""Plat

armen Johnson den Kopf verdreht.

zweimal wiederholten verfassungswidrigen Entlassung des

form." Die Republicaner hatten nämlich den Grundſay ausgesprochen daß jede Art von Staatsbankrott ein Ver

Kriegsministers, seiner Anklage durch das Unterhaus und

brechen gegen das Vaterland" sei, und daß

seiner Freisprechung im Senat mit nur einer einzigen.

gläubiger, daheim oder auswärts, nicht bloß nach dem

alle Staats

Stimme, 1 die an den vorgeschriebenen zwei Dritteln bei

Buchstaben, sondern auch nach dem Geiste der Anlehen

einer Amtsenthebung (impeachment) fehlte , nicht weiter gedenken, denn der Mann ist ja bereits bei lebendiger Prä

verträge befriedigt werden sollten. "

sidentschaft schon in Vergessenheit begraben.

Was übrigens

Wenn die Republica

ner ihren neuesten Sieg dieser ehrenvollen Erklärung ver danken , so ist er nie besser verdient worden .

Um alle

Johnson wollte, nämlich eine Bekämpfung des Radicalis

Anspielungen in dem obigen Schlagworte zu verstehen,

mus, eine Versöhnung des Südens, eine theilweise Rück kehr zu demokratischen Ansichten , war , wenn auch nicht

muß man nämlich wissen daß ein großer Theil der ame

ganz das Zeitgemäße, doch das Zukunftgemäße. Man darf sogar bedauern daß Johnson vorzüglich durch die Reden die er in freier Luft und in einem physischen Zustand zu

scheine, auf Bezahlung der Zinsen in Gold lauten. Wir

rikaniſchen Anlehen, die sogenannten Fünfzwanziger-Schuld

haben uns also, sagen die demokratischen Sophisten, nicht verpflichtet das Anlehen ſelbſt in Gold zurückzuzahlen, und in der That haben die Amerikaner " dem Buchstaben nach"

halten pflegte, bei deſſen Eintritt behutsame Leute sich ins Bett legen oder vielmehr legen lassen, sowie durch sonstige

so etwas nicht versprochen.

Lächerlichkeiten viel zu früh dem öffentlichen Spott verfiel.

ließ sich daher jene Schuld außerordentlich leicht verringern,

Immerhin war es günstig und glückverheißend für die Ent wicklung der Vereinigten Staaten daß auch er die Prä

denn man durfte nur zuvor Papiergeld in hinlänglichem Be trag ausgeben, seinen Werth gegen Gold dadurch mit der

fidentengewalt aus ihrer ehemaligen Nichtigkeit wieder zur Bedeutung zu bringen suchte.

Assignaten den Gläubigern den Nennwerth des Darlehens be

Für

die

gleiche Aufgabe hat sich nicht

leicht

ein

Mit Hilfe einer pfiffigen Prellerei

Geschwindigkeit von Aſſignaten herabdrücken, und mit dieſen

zahlen.

Auf eine solche Art hätte man sich der Zinsenlast völlig

Erwählter in so günſtiger Lage befunden wie General Grant,

entledigt und sich nur einer unverzinslichen schwebendeu

von dem man wohl behaupten darf er sei von der Nation selbst und nicht von den Parteien gerufen worden. Sicht lich hatten die Republicaner schon seit einem Jahre an

Schuld gegenüber befunden, die wahrscheinlich um den

| Der Senat als Gerichtshof sprach nämlich mit 35 Stim men schuldig, mit 19 Stimmen nichtſchuldig.

1 In Europa herrscht das unbegründete Vorurtheil daß der Staat New-York politisch schwer in die Wagschale falle , allein wenn im Norden ein Staat überhaupt den Ausschlag gibt, ist es oder war es bisher Pennsylvanien.

Die wirthschaftlichen und ſocialen Folgen der Ackerbaukrisis in Frankreich.

44

vierten Theil ihres Nennwerthes eingelöst oder deren Gold werth durch Gesetz auf den eingetretenen Curswerth er niedrigt werden konnte. Andere Demokraten hatten eine Couponsteuer wie in Desterreich und in Italien ange rathen, ja der Präsident Johnson geht in seiner neueſten Botschaft bis zu der Schamlosigkeit vorzuschlagen :

Mord in Texas in voller Blüthe , und noch lange Zeit werden die Südländer brauchen bis sie sich abgewöhnen auf unerwünschte Wahrheiten anders zu antworten als den unbedachten Sprecher mit Theer zu bestreichen und in Federn zu wälzen.

man

Es kann für Grant kein Geheimniß sein daß nicht die

solle die bereits erhobenen Zinsen der Staatsgläubiger als

Republicaner, nicht eine Partei, sondern daß ihn die Nation

Rückzahlungen ansehen und mit den Zinszahlungen nur so lange fortfahren bis der Nennwerth des Capitals getilgt

liegt es daher das amerikanische Gemeinwesen von dem

sei.

Schmuß der unredlichen Verwaltung zu reinigen, denn die

Dieß wäre genau das nämliche als wenn ein Pri

vatmann Geld zu 5 Proc. geliehen hätte und am Ende

zu ihrem Oberhaupte erwählt habe.

In seinem Wollen

öffentlichen Aemter waren bisher die Beute der Parteien, der

von 20 Jahren zu seinem Geäubiger spräche : „Ich habe

Gelderwerb auf Kosten der Steuerzahler wurde öffentlich

die für jedes Hundert jezt zwanzigmal Fünf bezahlt, ſolg= lich bin ich meiner Schuld quitt. " Ueber derartige An=

betrieben, der Niedere bestach den Höhern, ſelbſt der wackere

schläge hat das Atlantic Monthly, eine Monatsschrift welche den Amerikanern an Gehalt ebenso viel bietet wie

Lincoln mußte ein Auge zudrücken wenn seine sogenannte schönere Hälfte von den Beförderten als Zeichen aufrich

die Revue des deur Mondes den Franzosen, sehr treffend

tiger Dankbarkeit indische Shawls, Brüsseler Spigen und Diamanten annahm, die sie dann später „ wegen gedrück

bemerkt : „ Man muthe der Union zu, die jest 80 Jahre

ter Verhältnisse" öffentlich versteigert hat.

lang und während fünf Kriegen ihre Ehre unbefleckt be

ohne Verpflichtung , ohne Anhang , ohne Schweif in sein

wahrt habe, sie solle berabsteigen zu der financiellen Kate

Amt , und er ist in der glücklichen Lage den Befähigten und Redlichen jedem andern vorzuziehen, ja den Staats

Grant tritt

gorie von Staaten wie Desterreich und Italien. " Nie find die Amerikaner uns so achtungswerth erschienen als

dienst , von dem sich bisher jeder , dem sein unbefleckter

bei ihrer letzten Wahlschlacht, wo sich der Sieg demjenigen

Name kostbar war , zurückgezogen hatte ,

zuneigte der die redliche Erfüllung nationaler Pflichten und weil er redliche Pflichterfüllung auf seine Fahne ge:

bescholtenheit zu verhelfen. Verfassungswidrige Ueberhebun gen hat man von ihm nicht zu befürchten, er wird in seinem

schrieben hatte. An der Thatsache selbst aber daß nämlich eine Geld

Amte nur eine Pflicht sehen undsie als Soldat streng erfüllen . Mit starker Hand wird er die Union vor einem Rückfall in den

wieder zur Un

angelegenheit, also ein Staatsgeschäft zweiter Ordnung, den

Bürgerkrieg schüßen , aber er wird sich nicht herbeilassen

Vordergrund der politischen Schaubühne ausfüllt, läßt sich

öffentlich irgendeiner Partei, am wenigsten den Radicalen

wahrnehmen daß der Puls der Union wieder ruhig gehe

zu dienen. Die Zeit der Conventsherrschaft ist in der Union vorüber und erscheint nur die Einheit von Volk und

und das Fieber der Bürgerkriege abgezogen ist. Deßhalb richteten sich auch aller Augen mit Spannung anf Grant, in welchem man den Ordner und Friedensstifter erwählt zu haben hofft.

Wie Napoleon III hat sich Grant als

ein Meister in der Verschwiegenheit, im scharfen Gegensatz zu dem Gaſſenredner Johnson bewährt. Den radicalen

Gebiet nicht bedroht, werden die Amerikaner der Mehrzahl nach wieder zu ihren demokratischen Liebhabereien zurückkehren . Es ist überhaupt ein halbes Wunder daß die Republicaner sich so lange halten konnten, denn sie predigten einen euro päischen Gehorsam gegen die Unionsgewalt ,

während die

Republicanern war seine Wahl unheimlich, wenn nicht

Demokraten von jeher das Verdienst des Ungehorsams ver

geradezu verdächtig, denn in seiner Jugendzeit soll Grant den Demokraten angehört haben. Noch hat er sich irgend

traten.

ein Parteibekenntniß nicht herauslocken lassen, und nur

Die amerikanische Natur ist aber so angelegt daß

ihr jeder Gehorsam sauer und jeder Ungehorsam zum Ge nuß wird.

aus seinem öffentlichen Auftreten läßt sich deutlich ſchlie ßen daß er ein Unioniſt iſt, daß er im Bürgerkriege ſeiner Nation diente, sowie daß er bei den ungesetzlichen Schrit ten des Präsidenten auf Seite des Congreſſes ſtand .

Eine

Die wirthschaftlichen und ſocialen Folgen der Acker

einzige politische Aeußerung ernsten Inhalts ist ihm ein bankrisis in Frankreich. mal entronnen, die Günstiges erwarten läßt, wenn sie auch weder demokratisch noch republikanisch klingt. Denjenigen Staat, soll er gesagt haben, verehre er als sein Ideal, der jedermann verstatte, frei seine Meinung zu äußern.

Dem

Die langathmige Publication der Acten über die Agri culturenquête scheint endlich geſchloſſen zu ſein, denn es iſt vor kurzem der officielle Rapport erschienen. Das Ganze

nach läßt er uns merken daß die Vereinigten Staaten

umfaßt mehr als zwanzig Quartbände von stattlicher Dicke

noch weit von dem Zustande allgemeiner Duldung Anders

und ist, um es kurz zu sagen, ein ungeheurer Haufen Spreu ,

denkender entfernt sind, wie denn eine solche Duldung und müſſen.

aus welchem man den wenigen Weizen mühsam heraus flauben muß. Von wirklichem Interesse sind nur einige.

Noch jest wie vor dem Bürgerkriege ſteht der politiſche

Specialitäten sowie die meist ganz kurz hingeworfenen

strenge Parteiherrschaft sich immer ausschließen

Die wirthschaftlichen und socialen Folgen der Ackerbaukrisis in Frankreich.

45

Angaben, die einen Ueberblick über die Gesammtheit der

endlich die Arbeit absolut nicht zu vereinfachen war, z. B.

Wirkungen gestatten welche die landwirthschaftliche Kriſis in den verschiedenen Landestheilen und in den verschiede

im Tabakbau, da hat man die Cultur ganz aufgegeben, zumal

nen Culturzweigen zur Folge gehabt hat.

Man sieht da

mit Erstaunen daß dieſe Kriſis nicht bloß in ökonomischer, sondern namentlich auch in socialer und sogar in politischer Beziehung ein überaus merkwürdiges und jedenfalls lang: nachwirkendes Ereigniß war.

In ökonomischer Beziehung

fällt vor allem der Umſtand auf daß die Kriſis faſt àlle Culturzweige ergriff.

Als der landwirthschaftliche Noth

wenn man wegen geringer Güte des Products nur Mittel preise erzielt. Die Tabake von St. Malo gehören z . B. im allgemeinen in die dritte Classe und werden daher von der Regie nur mit 80 Fr. (per 100 Rilo) bezahlt. Da dieß beim jeßigen Stand der Arbeitslöhne die Kosten nicht austrägt, so hat hier die Mehrzahl der größeren Grund befizer den Tabakbau aufgeben müssen, während ihn die kleinen Pächter, welche die ganze Arbeit selber thun und keine Löhne

stand vor einigen Jahren anfieng sich allgemein fühlbar zu machen, wurde namentlich auch den deutschen Landwir

zahlen, noch immer mit Nußen betreiben.

then vielseitig der Rath ertheilt , den Getreidebau so viel wie möglich einzuschränken , und dafür zum Anbau von

um die Löhne handelte, da weder die Viehzucht, noch der Weinbau, noch die Tabaksproduction irgendwelche Be

Handelsgewächsen überzugehen .

ziehung zu den Getreidepreisen haben, und doch die ganze

Rath ,

Das war jedoch kein guter

wenigstens nicht in der Allgemeinheit in der man

Diese Beiſpiele

zeigen zur Genüge daß es sich bei der Krisis vor allem

Gewalt der neuen Verhältnisse empfanden.

Auch zeigt sich

ihn gab, denn es hat schon die im vorigen Jahr vom kgl.

dieß ganz allgemein in der Art, in welcher sich der durch die

bayerischen Handelsministerium veröffentlichte Statistik der

Krisis herbeigeführte Beſißwechsel vollzog. Denn die Kriſis hat fast nur die mittleren und die großen Güter getroffen,

ländlichen Zwangsverkäufe in Bayern zur Genüge bewie sen, daß die Hauptursache der Krisis nicht ſowohl im Sinken der Getreidepreise als in der starken Steigerung der Arbeits

diejenigen nämlich die in Folge ihres Umfangs gezwungen waren fremde Arbeitskräfte in Anspruch zu nehmen. Da

löhne lag. Die Getreidepreise waren nur mitwirkend thätig, sie haben, so zu sagen, die Krankheit nur zum Ausbruch

gegen blieb das kleine Grundeigenthum, für deſſen Anbau die Arbeit der Bauerfamilie selber genügte, von der Krisis

gebracht.

faſt unberührt.

Folglich ist künftighin beim Anbau von Han

delsgewächsen, die im allgemeinen viel Arbeit erfordern, mit nicht minderer Umſicht zu verfahren als beim Getreide bau selber, und die in Frankreich gemachten Erfahrungen ſtellen dieß ganz außer Zweifel , denn es haben hier faſt w sämmtliche Culturzweige gleichviel ob sie mit dem Ge treidebau zusammenhiengen oder nicht tiefgreifende Ver änderungen erlitten.

In einem Punkt jedoch stimmen alle

diese Veränderungen überein, nämlich in der gemeinsamen Tendenz die Production in der Art abzuändern daß man dabei an Arbeit und Lohn erspart.

So hat man z . B.

Ja statt aus dem Besiz weichen

zu

müssen, hat es ihn im Gegentheil erweitert, und zwar in jo bedeutendem Maß, daß die wachsende Kaufkraft des kleinen Grundeigenthums den Preisfall der großen Güter complexe theils abgewendet, theils vermindert hat, wofern nur der Besizer des lettgenannten klug genug war sein Eigenthum nicht en bloc, sondern in kleineren Parcellen zu verkaufen.

Das wären die hauptsächlichſten ökonomischen Folgen . Noch

in einigen Norddepartements , wo man sich vorzugsweiſe

größeres Interesse bieten diesocialen. Im allgemeinen sprachen sich zwar die Deponenten über den Einfluß, den die Lohn

mit Viehzucht beschäftigt, die Viehzucht aufgegeben und dafür

ſteigerung auf die moraliſche Haltung des Arbeiters übte,

zur Mastung gegriffen , weil man keine Kuhmägde und

nicht beſonders günstig aus. Sie beklagten sich namentlich über die starke Vermehrung der Kneipen, sowie über den

Käferinnen mehr fand. Man läßt jezt das Vieh aus Deutschland kommen, mästet es mit wenig Arbeit und bringt es dann in den Handel. Ebenso mußte der Weinbau und zwar sowohl im Maconnais wie im Bordelais eine totale Revolution durchmachen , weil man die Hacke und den Arm des Arbeiters durch den Pflug erseßte.

Hie

durch wird natürlich ein ganz anderer Modus der An pflanzung nöthig, allein man hat sich wohl oder übel dazu bequemen müssen , weil eben die Arbeitskräfte so selten wurden, daß sich z . B. die großen Weinbergbeſißer im Bor delais gezwungen jahen zur Zeit der Lese Soldaten zu requiriren. Aus demselben Grunde wurden auch die Holz spaliere, die zur Stüße der Weinberge dienten, durch Eiſen dräthe erseht , ja man hat sogar häufig die sogenannte

Umstand daß die Beziehungen zwischen dem Arbeiter und dem Arbeitgeber seit der Zeit schwieriger wurden .

Man

darf jedoch diesen Klagen nicht zu viel Gewicht beilegen. Denn es liegt erstens nahe daß die Landwirthe, die bis her gewohnt waren, in allen Dingen die größte Fügſam keit zu finden, das erwachte Selbstgefühl des Arbeiters leicht mit Zügellosigkeit und Troy verwechseln . Zweitens sprechen sich auch eine Menge Aussagen in diesem Punkte nichts weniger als ungünstig aus. Ein Großgrund . bejizer im Departement der Seine und Marne (Teyſſier de Farges) behauptet z . B. daß in seiner Gegend der Hang zur Trunkenheit in Folge des Wohlstandes, der sich im Land verbreitete, entschieden abgenommen hat. „Dieß hin

Auslese beseitigt, obgleich dieß der Qualität des Products

dert zwar," sagt er,

nicht gerade förderlich ist.

die Kneipen eben so zahlreich zu besuchen wie vordem ; da

Allein man gewann am Wein:

preis nicht so viel als man am Arbeitslohn verlor.

Wo

die Leute nicht an den Sonntagen

ſie ſich aber an eine beſſere Nahrung gewöhnten, ſo trinken

Gedeiben der Coloniſten auf den Fidſchi« (Viti-) Jnſeln.

46

sie weniger schlechten Wein oder Schnaps ; sie trinken

und es begreift sich daher daß diese ökonomische Verände

lieber Kaffee, Bier, Limonaden u. dal., und gehen schließ

rung nothwendigerweise eine beträchtliche politische Rückwir

lich nüchtern nach Hause. Während es vor fünfzehn Jahren an jedem Sonntag Schlägereien gab, kann ich

kung übte. In der That hat der Miniſter ſelber in der Enquête erklärt daß die neugebackenen, kleinen Grundeigen

mich während des ganzen lezten Jahres nur an zwei er:

thümer das Hauptelement der ländlichen Opposition bilden,

innern.

und zwar in Gemeindesachen sowohl wie in der Regierungs politit.

Die einzigen Trunkenbolde sind die sogenannten

Rouleurs , d . h. die vagirenden Arbeiter , die aus den Städten kommen wo sie schlechte Gewohnheiten annahmen,

Alles in allem genommen dürfte wohl außer Zweifel

und die, wenn sie in den Städten keine Arbeit mehr fin

ſtehen daß die Kriſis in ſocialer Beziehung ein eben so

den, aufs Land hinaus wandern , wo man sie wohl oder

großartiges als wohlthätiges Ereigniß war.

übel nehmen muß,

nämlich die stark gestiegene Zahl der kleinen Grundbesitzer,

Capital hat zwar an Werth verloren, aber bei weitem nicht so viel als das lebende gewonnen hat. Auch hat die Krisis überall die ökonomischen Proceduren verbessert, und

aus welchen doch wohl nothwendig erhellt daß der Arbeiter

der Production mehr Beweglichkeit gegeben.

den höheren Verdienst, den ihm die Gunst der Zeiten zu

der ewigen Einförmigkeit ist ein Hauch des speculativen

geführt hat, in der Regel nicht zu vertrinken, sondern im

Geistes getreten, der neue Culturobjecte, neue Methoden,

Gegentheil für die Erwerbung einigen Eigenthums zu jammenzusparen pflegt. Meist hat er sich ein kleines

sie, weil er sie suchte, auffand.

weil man oft keinen andern hat. “

Endlich spricht noch ein dritter Umstand für den Arbeiter,

An die Stelle

neue Hilfsmittel und neue Absazmärkte suchte, und der

Ph. G.

Grundstück gekauft, und nebenan auch ein Häuschen ge baut.

Das todte

In dieser Weise hat sich z . B. in der Dordogne,

bei einer Gesammtbevölkerung von 502,000 Seelen, die Zahl der Grundbesizer (nicht die der Parcellen) in den letzten Jahren um mehr als 12,000 vermehrt, und die Zahl der be ſteuerbaren Gebäude um mehr als 7000 ! Im Lot und Garonne

Gedeihen der Colonisten auf den Fidschi- (Viti-)

ſtieg, bei einer Gesammtbevölkerung von 327,00 Seelen, die Inseln. Zahl der Eigenthümer um mehr als 11,000 , und die der steuerbaren Häuser gleichfalls um 6000.

In der Gironde.

Die Zeit für die Einheimsung der Baumwollen- Ernte

haben sich die Grundbesizer um 22,000, und die steuer

auf den Fidschi-Inseln ist eine sehr günstige ;

pflichtigen Gebäude um 12,000 vermehrt, und ebenso in

sind in Thätigkeit, und es freut mich sagen zu können daß

alle Hände

Der wohlthätige Einfluß der

die Arbeit in vielen Fällen ganz von den Fidschiern ver

Lohnsteigerung auf die materielle und moralische Lage der

richtet wird, welche im allgemeinen in dem Rufe ſtehen

Arbeiterbevölkerung scheint uns demnach außer Zweifel zu

daß

ſtehen.

Wie Weiße unter ihnen sich ansiedeln, ſo werden die Be

jedem andern Departement.

Merkwürdig aber ist es daß sich

in demſelben

Maß in welchem sich die Lage des Arbeiters verbeſſert, sofort auch die minder löbliche Erscheinung der Familien: beschränkung zeigt. Ein großer Grundbesißer (Hubert

dieser Industriezweig sie physisch

nicht

anstrenge.

dürfnisse der Eingebornen wachsen, und ich hege keinen Zweifel daß in wenigen Jahren die Fidschier alle Arbeit auf der ganzen Inselgruppe verrichten werden. Wenn

Delisle) erzählt z. B. daß er früher in seinem Bezirk all:

nun der Fidschier in Wettbewerb mit andern eingeführten

jährlich 65 Geburten zählte, während er jeßt, wo die mei

Insulanern gebracht wird, so wird er seiner Ausdauer und Arbeitsamkeit wegen die Palme davon tragen.

ſten ſeiner Arbeiter einiges Eigenthum beſitzen , jährlich nur 19 zählt. Mit dem Eigenthum fommt hier zugleich der Stolz.

und nicht den Maßregeln

Diesem Umstand

des Unterrichtsministers ist es auch zuzuschreiben wenn der Besuch der Volksschulen in Frankreich einige Fortschritte macht. Eine andere merkwürdige Wirkung der Krisis zeigt sich auf dem politischen Gebiet.

Früher war die Einwir

kung der Regierung auf die Landbevölkerung viel leichter als jeßt.

Denn da der Arbeiter vom Pächter und der

Pächter vom Grundbesißer in jeder Beziehung abhängig

Die Baumwolle behauptet ihre Ueberlegenheit in Be treff der Qualität, und die beste Probe hievon sind die Verkaufsrechnungen über den Nettogewinn an dem Product. Während des leßten außerordentlichen Sinkens der Baum wollenpreise auf den europäischen Märkten verlor die Fidschi Baumwolle an Werth nicht so viel wie andere Sorten. Es gibt eine ausgezeichnete Varietät der Sea-Island Pflanze, oder des Gossypium Barbadense, die auf der Insel Watayia von Dr. Brower, dem Consul der Verei Auf diesem Grundbesig

war, so brauchte sich die Regierung nur mit einigen großen

nigten Staaten, angebaut wird.

Eigenthümern zu verständigen, und diese zogen dann die

gezogener Samen ist unter sämmtliche Inseln der Gruppe

ganze Blase hinter sich her.

besizer hängt jezt mehr vom guten Willen des Arbeiters

vertheilt worden, und der beste Beweis von der Vortreff lichkeit desselben ist der reiche Ertrag ; denn es kann nicht dem geringsten Zweifel unterliegen daß sich diese Inseln

ab, als früher der Arbeiter von dem des Grundbeſizers,

ganz vorzüglich zum Anbau der Baumwolle eignen.

mehr an.

Das geht heutzutage nicht

Der Arbeiter hat sich emancipirt.

Der Grund:

Die

Tyndall über neue chemische Aeußerungen des Lichtes.

47

salzhaltige Feuchtigkeit und die Gleichheit der Temperatur des Klima's, die Nähe der Pflanzungen am Meer, und da

irgendeiner die auf Ihre Colonialmärkte kommt.

neben die außerordentlichste Fruchtbarkeit des Bodens -

größere Strecke Landes dem Anbau widmen.

all dieß sind Vortheile welche die Baumwollerzeuger wohl zu würdigen wissen. So z . B. ist das Klima vom Navua Fluß bis Naudi ein weit besseres als das von Lima ; Regen bleibt zeitweise Monate lang aus, die Baumwolle wird daher nie beſchmußt, behält ihr schönes schneeweißes Aussehen, erzielt bei den englischen Versteigerungen die

Wären

mehr Arbeitskräfte vorhanden, so könnte man eine viel

Der Ertrag an Cocosnuß.Del wird heuer bedeutend sein, und wahrscheinlich 500 Tonnen erreichen ; bereits sind für diesen Artikel viele Käufer auf dem Markte, und die Wenn man die Eingebornen bereiten das Del gerne. Bäume in den Monaten Februar und März vor starken Winden schüßt, so wird es für die Production kaum eine

höchsten Preise und ist das Schooßkind der Factorei. Gränze geben. Einem Schreiben aus Naudi,

Die Eröffnung des literarischen Instituts

einem Bezirk auf der

Nordwestseite der großen Insel Viti Levu, zufolge hatten.

hat im verflossenen Monat in Levuka großes Interesse erregt. Dieses hübsche kleine Gebäude steht auf einem

sich dort mannichfache Gerüchte von Goldentdeckungen ver Hügel der sowohl die See als die Landaussicht beherrscht, breitet ; diese Gerüchte haben innerhalb der letzten Tage Boden gewonnen, so daß sich jetzt nach den Aussagen zu verlässiger Pflanzer nicht mehr daran zweifeln läßt.

und weitaus der lieblichste Plaß auf der Insel ist. dem Eröffnungs-Abend waren 95 Personen anwesend, und

Jch

möchte indeß, auf solchen Grund hin, für den Augenblick keine Einwanderer hieher zu ziehen suchen.

alle schienen erfreut über den geistigen Genuß welchen man ihnen hier bereitet hatte. (Nautical Magazine.)

Kupfer, Reißblei, Steinkohlen (kürzlich aufgefunden), Erdöl und Cement sind in Menge vorhanden; letterer soll der schönste bis jezt entdeckte seyn.

Ein in wissenschaft:

licher und praktischer Hinsicht gleich ausgezeichneter Mann, welcher die Oberaufsicht über große Eisenbahn-Werke und Brückenbauten hatte, und der die Dertlichkeit untersuchte

Tyndall über nene chemische Aeußerungen des Lichtes.

wo man den Cement fand, nennt die Reinheit desselben unbezweifelt, und prophezeit einen beträchtlichen Begehr nach diesem Artitel. Das glückliche Resultat dieser Ent deckung wird von unermeßlichem Vortheil für Schiffe ſein die ohne Fracht nach den Colonien zurückkehren, und den Artikel viel wohlfeiler liefern als Portland-Cement. Die Compagnie und die Pflanzer am Rewa-Fluſſe haben bezüglich des Anbaues des Zuckerrohrs, das endlich der Stapelartikel von Fidschi werden muß, eine Ueberein kunft abgeschlossen, und dem Clarence Ansiedler macht es Freude wenn er einen Ertrag von fünfundzwanzig Tonnen Zuckerrohr auf den Acre bekommt. Die Qualität des Zuckerrohrs ist in Fidschi vielfach eine ganz verschiedene ; an vielen Stellen erreicht es eine Höhe von 25 Fuß, an andern nicht mehr als 15 Fuß. Der Zuckerſtoff in beiden ist ungemein reichlich vorhanden. Ich habe Zuckerrohre gesehen die 8 bis 10 Zoll im Umfang hatten, und bei denen die Gelenke 10-12 Zoll von einander abſtanden. Dieß dürfte, glaub' ich, ihre zuckerliefernden Eigenschaften hinlänglich beweisen .

Einige besondere

Angaben

über

diesen wichtigen Punkt wird Ihnen wahrscheinlich Hr. Guilfoyle liefern, der kürzlich einen Ausflug dahin ge macht hat; er veranstaltete eine Sammlung der Flora dieser schönen Eilande , und das Zuckerrohr kann sei ner Beobachtung wohl nicht entgangen sein. Viele Acres sind auch mit Kaffee

bepflanzt ;

Dr.

Brower,

Unter dem Titel : ,, On a New Series of Chemical Reactions produced by Light (über eine neue Reihe durch Licht, erzeugter chemischer Reactionen) “ ist der Londoner königlichen Societät von Dr. Tyndall eine bemerkenswerthe eine Abhandlung welche, Abhandlung vorgelegt worden der intereſſanten Thatsachen halber die sie enthüllt, so wie wegen der bisher nicht erprobten Versuchsmethode welche sie den Chemikern bietet, mit Begierde gelesen werden wird. Man bringt Dämpfe flüchtiger Flüssigkeiten in eine aus: gepumpte Glasröhre , und unterwirft sie der Einwirkung concentrirten Sonnenlichts, oder dem concentrirten Strahl des elektrischen Lichts.

Dieß ist die Methode ; die hervor

gebrachten Wirkungen wechseln mit den angewandten Däm pfen, und können, ohne Uebertreibung gesagt, als wunder voll geschildert werden. Die Methode hat noch einen an dern Vortheil, denn, bemerkt Dr. Tyndall, die Kraft des elektrischen Strahls um das Vorhandenſeyn von irgend etwas innerhalb der Versuchsröhre befindlichem oder die Unreinigkeiten der Röhre selbst zu offenbaren , ist außer ordentlich. Wird der Versuch in einem dunkel gemachten Zimmer angestellt, so zeigt sich eine in gewöhnlichem Tages: licht durchaus rein erscheinende Röhre oftmals , durch die jezige Versuchsart, als ungemein schmutzig. Mit Dampf von salpetrichtsaurem Amylum wurde eine ganze Maſſe flüssiger Kügelchen auf den Strahl niedergeschlagen , und Bei einer

von Wakayia , und Hr. Stork, von Viti Plantation an der Rewa , sind die Hauptanbauer desselben. Er

erzeugte so eine Wolke innerhalb der Röhre.

gedeiht bemerkenswerth gut, und die Bohne ist ganz gleich

und intensiv , daß der von dem Strahl gebildete Regel

Modification des Strahls wurde der Niederschlag so rasch

Miscellen.

48

vorher unsichtbar, plößlich wie ein solider und leuchtender Spieß hervorblißte. Bei gehöriger Handhabung des Lichts läßt sich bewirken daß der innerhalb der Röhre befindliche

der Haut eine starke , schmerzhafte Entzündung , ein Auf schwellen ähnlich einem Brandmal. Hierauf folgte eine

Dampf als saftige reine blaue Farbe erscheint, gleich der am Himmel der Alpen . Mit Allyljodid drehte sich die Dampfsäule um die Achse des zerseßenden Strahls, an ge

Vergiftung hatte und erst einer zweitägigen ärztlichen Be handlung wich. Die sehr sorgfältige Analyse und Unter

wissen Stellen eingezogen wie ein Stundenglas, während

suchung der Strümpfe ergab daß die rothgefärbten Linien.

zarte Wolken Fäden sich in Spirallinien um die Glocken des scheinbaren Stundenglases flochten. Mit Jſopropyl jodid fand eine andere Veränderung statt : der Dampf

von Seide mit Corallin gefärbt waren, einem neuen Farb stoff, welcher bekanntlich aus Phenylsäure dargestellt wird . In England ist eine sehr große Anzahl ähnlicher Unfälle

bildete Kugeln und Cylinder, die durch eine gemeinschaft:

vorgekommen.

liche Drehungsbewegung belebt, bisweilen aber durch einen Paroxysmus gestört wurden , in welchem schöne und gro teske Wolkenformen sich entwickelten, von denen einige einen Schlangenkopf, andere Knospen darstellten welche in Blü then aufzubrechen schienen, alle aber eine prachtvolle Mal venfarbe zeigten. Mit Hydrobrom Säure löst sich die Wolke in eine Reihe von Scheiben und Fächern , dann Schirme und Ringe von sehr blasser blauer Farbe auf, und alle drehen sich wie in dem früheren Falle. Mit Hydrochlor

constatirt wurden : Jede der rothen Linien verursachte auf

allgemeine Unbäßlichkeit, welche den Charakter einer schwachen

*

Leben in großen Seetiefen .

Mehr und mehr

vervielfältigen sich die Thatsachen welche die Behauptung des verstorbenen Prof. Edward Forbes widerlegen , daß man in den Tiefen des Oceans fein Leben und keine Farbe finde.

Vor mehr als fünfzig Jahren sah General

Sabine mit eigenen Augen daß man in der Baffins - Bay aus einer Tiefe von 800 Faden einen lebenden Seeſtern

Säure braucht die Wolke zwanzig Minuten zu ihrer vollen Entwicklung, dann aber erscheint sie in Abschnitten von denen

heraufbrachte, und seitdem sind von Dr. Wallich und an

jeder eine ungemein verwickelte und verzierte Structur besißt, indem sie Hippen, Spieße, Fächer, Blätter, aufgewickelte

worden. Die neueſten hierauf bezüglichen Thatsachen wur den von Dr. Carpenter und Dr. Wyville Thomson ge

Rollen und regenbogenfarbige Lilien zeigen . Mit Hydriod: Säure sieht man eine andere Modification, die eine Fa

sammelt , und in lezter Woche der königlichen Societat

milien Aehnlichkeit hat mit den beiden unmittelbar voran gehenden, aber mit markirten Entwickelungsunterschieden,

daß aus seinen tiefsten Baggerneßen, auf der Höhe der

denn das hervorgebrachte Grün und Carmesin waren die

die so glänzend gefärbt gewesen e die in ſeichtem Waſſer い gehienen. Es deint, in der That daß der tiefe Meeres

“lebhafteſten' pie Dr. Tyndall bis jet beobachtete. Die Entwickelung der Wolfe, wie er sie schildert, glich der eines Organismus, siewar anfänglich eine mehy offer minder form lose Maſſe, bis sie endlich zu einer Structur vork wunder voller Zuſammenſeßung ſich entfaltete, welche Prof. Tyndall nahezu zwei Stunden mit Staunen betrachtete.

(Athenaum.)

dern Forschern

weitere Beweise ähnlicher Art

erbracht

vorgelegt ; dabei führte Hr. Gwyn Jeffreys bestätigend an

Shetland - Inseln , Muscheln heraufgebracht worden seyen

grund, wat entfernt leblos zu seyn, voll thieriſchen Lebens und voll von Geschöpfen einer sehr bemerkenswerthen Art ist, von welchen einige längst entſchwundene geologiſche Perio den mit der in unserer Zeit por sich gehenden geologiſchen Thätigkeit verbinden.

Die hohe Bedeutung dieser That

sache wird allen einleuchten welche diese Frage von wissen schaftlichem Standpunkt aus studiert haben.

Eine neue Be

ſtätigung kommt nun von auswärts. Die Sondirungen zum Zweck der Küstenaufnahme der Vereinigten Staaten wurden im legten Jahr wieder fortgesezt, und obgleich diese Arbeit, des gelben Fiebers halber, nur kurze Zeit dauerte, so erlangte man doch vollständige Gewißheit daß in dem Meere zwischen Rey West und Habana thierisches

Miscellen.

Wirkung des Corallins auf die menschliche Haut. Hr. Bidard, Profeſſor der Chemie in Rouen, erhielt vor drei Monaten von einem ihm befreundeten Engländer ein Paar Strümpfe zugesendet.

Auf dem in

Lilas gefärbten Grund befanden sich als Dessin kreisfor

Leben in eben so großer Mannichfaltigkeit und eben so großer Fülle vorhanden ist wie in seichtem Wasser. " Und bei den Forschungen im gegenwärtigen Jahr brachte das Bagger neh aus einer Tiefe von 517 Faden „ eine sehr hübsche Mepjea, eine Krabbe, einen Ophiurus und einige Anne liden herauf. "

mige Linien von Seide welche lebhaft roth gefärbt waren. Der Gebrauch dieser Strümpfe hatte nachstehende Folgen, welche durch eine Consultation zweier Aerzte in Havre

Truck und Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung.

Redaction: Dr. L. F. Peschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

weinnduierzigster Jahrgang.

Nr. 3.

Augsburg ,

1869.

16 Januar

2. Ueber die plaſtiſchen und hypſometriſchen Verhältnisse der Ostalpen, von D. v. Sonklar, Inhalt: 1. Der Lago d'Iseo. 5. Rückblicke auf die auswärtige Politik der 4. Die amerikaniſchen Eisenbahnen. 3. Eine Beduinen-Novelle. 1. 1. Oberſt. 7. Die Fährtenfinder in der Maſſengesteine. 6. Mikroskopische Flora und Fauna krystallinischer großen Mächte. 5) Rußland. 9. Zur fossilen und lebenden Fauna von 8. Historische Notizen zur Darwinſchen Frage, von Dr. Phil. T. Voelkel, Argentina. Madagascar. -- 10. Zur Berichtigung über ein bibliſches Gleichniß. ――― 11. Rückkehr der Expedition nach den Schanländern.

Unter den oberitalienischen Seen ist einer welcher all

ren längere Zeit dort gelebt, ja sich zuletzt förmlich in Lovere angesiedelt hatte. Damals war Lovere, oder, wie Lady Mary es gewöhnlich schreibt, Louvere, ein kleines

mählich so ganz in Vergessenheit gerieth daß es ist als wär' er nie bekannt gewesen : der Lago d'Iseo zwischen dem Garda und dem Comer-See im Brescianischen. Zu

wegen seiner Quelle. Lady Mary macht die pikanteſten Schilderungen von dem dortigen Sommer und Badeleben :

Der Lago d'Iseo.

wem wir auch immer davon sprachen, daß wir uns zum

provinzielles Spaa,

ebenso gesucht wegen seiner Luft wie

dreimal die Woche Oper, Herren welche ins Orchester sprin gen und mitspielen, ein Elegant oder, wie man damals

Schluß unserer süditalienischen Reise noch einige Wochen in Lovere am Iseo-See ausruhen wollten, stets waren es

sagte, petit maître, der zwischen der Oper und der Poſſe

dieselben Fragen, dieselbe Verwunderung. " Wie nannten. Sie den Ort ? Wo liegt der See ? Dort war ich nicht.

die Bühne besteigt und eine Cantate eigener Composition singt, die vestimenti di confidenza, welche in den Conver

Kenn' ihn gar nicht.

sazioni getragen werden und eigentlich auf eine Nichttoilette hinauslaufen, das ergöglichste Bild eines kleinen Bades

Nie davon gehört. "

nicht nur Deutsche, Schweizer, Italiener.

So sagten

Engländer, sondern ſelbſt

Auf unserer ganzen Fahrt durch Italien fan

den wir nur drei Menschen welche den Jſeo-See kannten und sogar dort gewesen waren : einen lombardischen Hand lungsreisenden, welchen wir in der Vittoria,

dem besten

Hôtel von Ancona, trafen, unsern Freund, den Dichter, Dramatiker und Professor Francesco Dall' Ongaro in Florenz und meinen frühern Gesangslehrer in Mailand, Der Alberto Mazzucato, Capellmeister an der Scala. Handlungsreisende meinte, der See und Lovere insbeson dere ſei nicht übel, Dall' Ongaro hatte von der Insel im See ein Drama geſchrieben, erklärte aber, die Ufer wären flach, weil es so viel Torfbrüche dort gäbe, Mazzucato versicherte, die Ufer wären im Gegentheil sehr hoch und die Gasthöfe in Lovere ganz bewohnbar, beſſer als die in Bergamo, kurz, um sie auf echtitalienische Weise zu be zeichnen, discreti . Mich wunderten diese Widersprüche und diese Unkennt niß nicht,

kannte doch auch ich Lovere nebst seinem See

lediglich aus den Briefen der Lady Mary Wortley Mon tagu, der geiſtvollen Engländerin, welche vor hundert Jah Ausland. 1869. Nr 3.

vor hundert Jahren.

Auch hatte Lovere uns unter der

Feder Lady Mary's so gefallen daß ich mich immer hin wünschte. Dieser zweiundzwanzigjährige Wunsch sollte im Spätsommer 1868 endlich erfüllt werden. Ich frug mich bisweilen mit einiger Bedenklichkeit, ob es nicht zu spät sein dürfte, ob Lovere, so lang erträumt, mich nicht ent täuſchen würde, um so mehr da ich noch ganz ergriffen von der wunderbaren Schönheit Sorrento's war. Einer andern bisher gehegten Besorgniß wenigſtens waren wir überhoben, der einer sechs: oder mehrstündigen Barken fahrt.

In dem neuesten Orario vom 1 Auguſt 1868

stand zu lesen : Navigazione a Vapore sul Lago d'Iseo per la stagione estiva 1868 in coincidenza colle Corriere Breno-Edolo, Iseo-Brescia, e Sarnico alla Stazione di Grumello . Die Station von Grumello iſt die dritte an der Bahn von Bergamo nach Brescia und liegt vereinzelt angesichts eines reizenden kleinen Thals.

An einem schönen echt ita

lieniſchen Sommertage, wie wir ihn hatten, ist es hier allerliebst, selbst wenn man gleich uns auf die Weiterbe 7

Der Lago d'Iseo.

50

förderung warten muß.

Des Morgens nämlich geht ein

Omnibus, in welchem die wenigen Passagiere die hier aus steigen hinreichend Raum finden mögen. Wir aber, die wir erst um 12 Uhr von Mailand abgefahren waren, er:

stimmen , ohne bei ihrer Arbeit das Fieber fürchten zu müſſen. Ihre Lieder hallten uns nach, als wir, aus unserm Beiwagen erlöst, auf dem hübschen Dampfer Il Commer

blickten, als wir suchend um die Station herumgiengen,

cio in die helle Seefluth hinausfuhren.

keine andere Gelegenheit als einen sehr

bedenklichen Ein

des Sees ist hell und hoch, und geht meistens in ſtarken

spänner, in welchem bereits vier handfeste Reisende Play genommen hatten. Das war der Corriere, in welchen auch

Wellen, weil fast immer ein bestimmter Wind vorherrscht,

uns noch hineinzupacken absolut ein Ding der Unmöglich keit war.

Folglich mußte aus dem Orte, welcher sich hinter

einem Hügel verbirgt, ein Beiwagen geholt werden, und wir mußten eine halbe Stunde und länger warten. Das Gepäck sollten wir gar erst am nächsten Morgen (bis Mit tag) mit dem Omnibus bekommen ; dagegen indeſſen pro testirten wir, ja wir weigerten uns entschieden.

Der Weg

Denn die Fluth

der welcher von Sonnenaufgang bis 8 Uhr des Morgens Mit ihm aus Valcamonica weht, heißt kurzweg Vento. ist gut nach Iseo oder

Sarnico fahren.

Der Wind ,

der von hier, also aus Süden, den See heraufbläst und sich um Mittag erhebt , wird l'Ora , auch Aria bres ciana genannt . Die Tramontana, welche hinter Lovere übers Gebirg herkommt, und der Marosso, der von Pisogne über den See nach Lovere streicht, sind Nebenwinde die

nach Brescia lag uns so gut offen wie die Rückkehr nach

unregelmäßig eintreten .

Bergamo, der Corriere fürchtete uns zu verlieren, und lud sich entschlossen zwei unserer Koffer auf. Der dritte

sondern durchschnitten den See um schräg hinüber nach

sollte nebst dem Handgepäck zugleich mit uns transpor tirt werden.

mit flachem, grünem Ufer lag Sarnico an seinem hochge

Der Corriere rasselte und klapperte ab, und wir stan den da, lorgnirten das Thal und erwarteten den Beiwagen. Endlich erschien er und sah, die Wahrheit zu sagen, noch viel gebrechlicher aus als der Corriere. 99Una bella vet

Wir fuhren für den Augenblick mit gar keinem Winde,

Isee zu steuern.

Der Zurückblick war sehr anmuthig,

gipfelten gelblichen Steinbruch, mit Kirche und Castellruine erhob sich gerade gegenüber, eine Bucht bildend, auf sei nem Vorsprung Baratico.

Dann verschwand allmählich

Das unvermeidliche halbe

Sarnico, und gleichfalls grün und flach streckte die Punta di Clusane sich zu unserer Rechten in den See hinein. Als

Duzend Gassenbuben, welches auf dem Boden herumsaß,

wir auch sie zurückließen, sahen wir vor uns im vollen

begriff mit einiger Anstrengung den wahren Sinn meiner Bewunderung, und brach in ein entzücktes Gelächter aus. Dann halfen alle Sechse beim Einpacken unserer Habe

Sonnenschein Jseo.

tura !" sagte ich ausdrucksvoll.

und unserer Personen.

Es war gut daß ich in Neapel

Einsteigegymnastik geübt hatte, sonst wäre ich schwerlich jemals in den Beiwagen hineingelangt.

In Jeo wieder Filanden, wieder melodische Chorge jänge der Setajuolen und dazu am Landungsplaß ein gol dener Löwe als Gasthof und in der ganzen Atmosphäre ein durchdringender Gerbergeruch. Das Städtchen selbst

Als wir erst drinnen waren, gieng es unter der Be

ist durchaus nicht malerisch, ladet keineswegs zum Aus steigen und Dableiben ein, ja man findet daß ihm zu viel

dingung so still zu ſizen wie beim Photographirtwerden,

Ehre geschieht, indem der See nach ihm benannt wird.

recht gemüthlich vorwärts. Freilich lud der Kutscher den unausbleiblichen blinden Passagier auf, welcher, wie immer,

Mag es immerhin von den Ersten gegründet ſein die aus

die allerbreitesten Schultern hatte und einem daher die vordere Aussicht ganz benahm.

Freilich wollte das Pferd

der Arche Noah stiegen, wie der Capuciner Fra Fulgenzio de Rinaldi behauptet, es ist darum doch nicht hübsch genug zum Pathen eines solchen Sees.

als italienisch undisciplinirte Creatur in die Hofthür jeder

Das Castell von Iseo ist nach Fra Fulgenzio, der 1685

Herberge, wo es irgend einmal gefressen hatte, indeſſen der

die Geschichte desselben schrieb, nicht ganz so früh erbaut ; sein Gründer war der Redner Jsaios , dessen Juvenal erwähnt,

blinde Passagier wurde auch wieder abgeladen, und das Pferd rannte nach jedem vereitelten Einkehrversuch um so toller weiter. Dabei fuhren wir auf dem hohen Rande des Thales von Calepio oder Galeppio.

Es war frisch

der See hieß Sebinum nach einem Zeitgenossen des Pom pejus, dem Consul Sebius, welcher dem Flecken Sebina seinen Namen gab. So Fra Fulgenzio ; andere be

und reich von Wein, Pfirsich- und Maulbeerbäumen, und

gnügen sich mit einem Orte Sebum ,

in seiner Tiefe schimmerte der Oglio, welcher, aus Valca

lich Sevum, Seum,

monica kommend, den Jseo- See durchströmt und bei Sar nico wieder verläßt um dem Po zuzufließen.

fert war die Gegend ohne Zweifel schon zur Römerzeit. Im 5ten Jahrhundert wurde an Stelle eines Tempels des

Sarnico,

am südwestlichen Ende des Sees gelegen,

war früher nicht gesund, weil der Oglio die Umgegend ver sumpfte.

Jezt hat man ihm Luft verſchafft, ſein Bett tiefer

woraus allmäh

Jſeum geworden sein soll.

Herkules und der Jsis die Kirche erbaut.

Bevöl

Die Befestigungen

wurden um das Jahr 1000 errichtet, von Maſtino della Torre erweitert, und zu Anfang des 14ten Jahrhunderts

gegraben, und nun thut er dem Orte keinen Schaden mehr

von Jacob Oldofredi, Lehnsherrn von Iseo, verstärkt.

und die Setajuole in den großen Filanden oder Sei

Uebrigen theilte Iseo die Schicksale Brescia's , dem es fast immer unterworfen war. Es litt durch den Barbarossa

denspinnereien können ihre melodischen Chorgesänge an

Jm

Der Lago d'Iseo.

51

wurde von Friedrich II in Brand gesteckt, war unter den

verschwand er, und natürlich mußte es der Teufel ge

Oldofredi ghibellinisch, hielt es dann mit den Visconti gegen

wesen sein.

Lamberto Malatesta und Venedig und wurde endlich nach

Eine Bucht die am westlichen Ufer meiner Erinnerung

einer berühmten Belagerung, 1438, venetianisch. Die Oldo:

nach auf Tavernola folgt, heißt, da ſie gänzlich aus ſolchen

fredi wanderten aus , Iseo aber wurde Hauptort einer

aufrechten Felsenwänden besteht , einfach La Preda , im Dialekt der Gegend die Umbildung von Pietra. Eine an:

der Quadre der Provinz Brescia, und behielt einige Vor rechte in Bezug auf die innere Verwaltung und die Märkte.

dere, die bei Castro sich öffnet, wird La Prigione di Caſtro

Nach der Schlacht bei Gera d'Adda 1509 gieng es für die Venetianer wieder verloren, und kehrte erst am 26ſten

genannt, und ist ein malerisch schönes „ Gefängniß, “ von

Mai 1516 unter ihre Herrschaft zurück, nachdem es bis

wenn ein Maler oder ein Photograph auch nur einen

1512 französisch, und von da an ſpaniſch gewesen war. In dem Prospect für die Vergnügungsfahrten auf dem

Fußbreit Stein fände, um darauf nicht sißen, das wäre zu viel verlangt , aber doch nothdürftig stehen zu können.

welchem aus Castro sich vortrefflich aufnehmen lassen würde,

See werden bei Iseo „die Meisterwerke der Pfarrkirche"

Außer diesem reizenden Kerker, in welchem die Barke an:

und „die gigantische Maschine zur Ausgrabung und Bear beitung des Torfes " angeführt , denn die Torfbrüche

genehm auf ruhigem Wasser schwimmt ,

mit denen unser Dichterfreund uns bange machte , liegen

bene Stahl

ausschließlich in der Nähe von Jſeo.

Tinaſſo, hier kurzweg el Füm, der Fluß, genannt, welcher aus Val Seriana nach dem See kommt, mit dem nöthigen

fahrten dagegen dem

begreifen

Jahre 1867

den

Die Vergnügungs

ganzen See ,

eingerichtet und finden

sind seit

während der

Monate September und October jeden Sonntag zwei mal statt, und zwar ausschließlich auf dem Nuovo Piros cafo und Commercio. wohl fleiner

Der ältere, der Sebino, ist so =

wie langsamer ,

und

hat überdieß einst

volle 15 Monate im See gesteckt, was nicht seine Schuld gewesen sein soll, aber doch einigermaßen seinem Rufe ge schadet hat. Der Commercio fährt rasch und sicher, und

hat Castro noch

eine Merkwürdigkeit ; die große auf englische Weise betrie und Eisenfabrik von Gregorini , welche der

Wasser versorgt.

Die Industrie hat nicht erst auf die

wiederkehrende Mode gewartet um sich am Iseo See anzu siedeln. Auch in Pisogne und in Govine sind Hochöfen, beim leßtern Ort soll sogar eine Eisenmine sein. Am be deutendsten aber sind immer die Werke in Castro .

Wenn

die Nacht still ist, hört man das Stampfen der Maſchine bis nach Lovere, welches wir, sobald wir bei der Punta di Castro vorüber waren, links am Anfang des Sees an einem

ist geräumig genug für einige hundert Touristen, wenn je

üppig bebauten Berge liegen jahen.

ſo viele auf einmal nach dem Lago d'Iseo kommen sollten. Vorläufig benußen bloß Venetianer und Mailänder die

weißen Coloni- oder Pächterhäusern bejäet iſt, und auf ſei

Gelegenheit, ihn in zwei Tagen, allenfalls auch in einem

ner höchsten Spiße die Kirche von San Giovanni trägt.

Monte Cala heißt der Berg welcher ganz mit kleinen

Tage auf und nieder zu fahren, und alle intereſſanten Punkte

In dieser wird am vierten Augustsonntag das Fest von

in der Nähe zu sehen.

Der Dampfer landet bei den corse

San Fermo, dem Patron von Bergamo gefeiert , welcher

di piacere abwechselnd an beiden Ufern , und berührt so zwischen Lovere und Sarnico viermal Piſogne, Riva di Solto,

im Bergamaskischen dem heiligen Anton von Padua die Ehre streitig macht das Vieh vor Krankheiten und Gefah

Tavernola, Siviano, Sale Marazino, Iseo und Predore ; des

ren zu beschüßen.

Morgens braucht er sechs, des Nachmittags acht Stunden. Bei

9 August , aber man verschiebt die Feier , wahrſcheinlich weil das Vieh, welches sich in Perjon einfinden muß um

den alltäglichen Fahrten geht er zwischen Lovere und Zeo direct und legt nur Dienstags, Freitags und Sonnabends früh zweimal, nach Tisch nur bei der Rückkehr in Riva di Solto und

Sein eigentlicher Festtag fällt auf den

geweiht zu werden, erst mit dem 22 Aug. von den höhern Weiden herabzusteigen beginnt. Am Sonntag darauf findet dieselbe Ceremonie in Pisogne, Lovere gegenüber, statt, in

Tavernola an. Da wir an einem Freitag Nachmittag fuhren, sahen wir das westliche Ufer, an welchem beide Orte liegen,

dem der Pfarrer in Begleitung seines Klerus Abends nach

sehr deutlich.

der Vesper auf das Plateau vor der Kirche tritt und von

Es ist bedeutend schroffer als das östliche,

um so viel schroffer, daß man nach Sarnico zu Lande nur

dort herab die herbeigetriebenen Thiere ſegnet.

hinter dem Gebirg fahren kann, während die Landstraße

auch wie in San Giovanni das Salz zum Winterverbraud

von Iseo nach Pisogne immer am See hinführt, und nur an der Corna de'trenta paſſi Gallerien und Unterbauten

welches diese Viehweihe mit dem Hintergrund des Gebirgs

nöthig gemacht hat.

Dieser

Felsen der dreißig Schritte"

ist eine der größten von den Gesteinsmassen welche senk recht aus dem See aufsteigen.

Ob dort

der Heerden geweiht wird , ist.mir unbekannt , das Bild

und dem Vordergrund des Sees darbietet , soll ein sehr belebtes und effectvolles seyn. ,

Seinen Namen hat er von

Auch wir hatten ein, wenn nicht gerade effectvolles, so

An einem Abend miethete nämlich ein

doch lebendiges Bild vor Augen, als wir am Morgen nach

gänzlich unbekannter Mann zwei Barcaroli, um sich von

Dort angelangt, sprang er aus der Barke und in dreißig

unserer Ankunft aus den Fenstern unseres Albergo hinab blickten. Die ganze Marine wimmelte von Kühen , Pfer den, Eseln, Ziegen und Schafen. Es war Sonnabend

Schritten die aufrecht stehende Felswand hinan.

und Viehmarkt, der alte berühmte Viehmarkt von Lovere,

einer Schiffersage.

ihnen dicht an den Fuß der Corna rudern zu laſſen.

Oben

Der Lago d'Iseo.

52

welcher besonders in den drei Monaten September, October und November so stark besucht wird, daß man den halben Freitag noch zu Hülfe nehmen muß.

Ob man seinen

gamo und Brescia veranlaßten. um alle vier gestritten ,

Vielleicht hat man sich

da sie sämmtlich früher Castelle

Auch ein Volpino wird als Gegenstand des Streites

Ursprung bis zu dem Samſtagmarkt verfolgen darf, welcher

erwähnt, und ist wahrscheinlich Volpino Superiore, welches

am 3 Jul. 1243 der Stadt verliehen wurde ? Wenn die

auf Volpino Inferiore an der Coſta di Volpino folgt.

inagra fiera oder fiera dei santi , welche zu Allerseelen stattfand , wirklich als Erinnerung an die Befreiung der Stadt von den Malatesta gestiftet wurde, so ist der Vieh

beginnt Valcamonica und man kommt rasch nach einander durch Bessimo Inferiore und Superiore, Rogno und Corna.

Hier

Vor diesem Paeſe fährt man über den Deſio, im Dialekt

markt jüngern Ursprungs, denn mit seiner Einseßung hörte

Deß, welcher aus dem Val di Scalve in den Oglio strömt.

jene Fiera auf. Indessen mochte er auch nicht 600 Jahre zählen , Käufer und Verkäufer zählte er die Menge. In

Lestern hat man , nachdem man das von ihm gebildete erlen und weidenreiche Tiefland zurückgelassen, fast immer

unserm Sant' Antonio gab es nicht weniger als drei Zim

zur Rechten, selten nur verbirgt er sich im Schatten .

mer wo gespeist wurde , Vorhalle und Küche gar nicht

Darfo geht eine Brücke über ihn , über die man muß, wenn man zu Wagen von Lovere nach Piſogne will. Wir

Bei

mitgerechnet , und alle dieſe Räume waren vom Morgen bis spät in die Nacht hinein mit Essenden besetzt. Die

fuhren gerade aus und erreichten bald Boario, welches als

lebendige Waare war deßgleichen bis zum Abend noch nicht

wirksames Bad gegen Unterleibsleiden neuerdings ſehr viel

fortgeschafft, so viel auch der Dampfer mitgenommen hatte,

besucht wird.

so voll auch eine mächtige Barke gewesen war , in welche

lissement, welches nichts zu bieten hat als eine ungewöhn

die verschiedenen Thiere auf die ergöglichste Weise hinein

lich reine Luft und ländliche Fußwege unter frischen Weiden: schatten. Ein solcher führt auch zur Quelle, die unter dem

gestiegen und gestolpert waren.

Noch gegen 11 Uhr er

Es ist bis jezt noch ein ganz primitives Etab

schienen gerade vor dem Albergo im hellen Mondschein vier

Dach eines höchst bescheidenen Häuschens aus einer feuch

Rühe nebst zwei Treibern ; der eine kam in den Sant'

ten Wiese hervorsprudelt.

Wir versuchten sie, der Geschmack

Antonio, der andere legte sich zum Schlafen auf die Mauer

ist nicht unangenehm.

brüstung, welche die Marine und den Marktplaß gegen den

ken sie Sonntags zum Vergnügen , sie enthält Eisen und

See zu einfaßt.

Magnesia, und wurde zum erstenmal 1724 , dann 1840

Die Kühe standen alle vier neben einan

der und sahen sich um.

Die Landleute der Umgegend trin

Endlich legte die eine sich auf die

und 1852, und neuerdings 1863 untersucht und beschrieben ;

Steine, und nach einer halben Stunde folgte die zweite langsam diesem Beispiel ; die * beiden andern aber blieben.

diese lettere Beschreibung welche vom Dottore Saverio Vielmi verfaßt und in Turin herausgekommen ist, erhiel

unverrückt ſtehen und ſtanden noch so als wir nach Mit

ten wir vom Pächter, oder wie er sich nannte : Direttore dello Stabilimento di Boario presso Darfo, dem Hrn. Fau

ternacht zum legtenmal auf den mondhellen See blickten. Ebenso regungslos lag der Schlafende auf der Mauer.

stino Cortesi , der Garibaldiner und Zuave gewesen war,

„Ein Zeichen der Ehrlichkeit die hier herrschen muß, " ſagten Am andern wir und legten uns gleichfalls zur Ruh.

in Rom, in Algerien, in der Krim und endlich in Italien

Morgen saben wir nach ob die Kühe noch da ständen, aber da war die Marine frei vom lieben Vieh, und sonntäglich angethan giengen die Chriſten in die Meſſe. Doch war darum der weltliche Verkehr nicht still ; Wagen mit Baumrinde kamen an, deßgleichen Barken mit Mehl

gefochten hatte , und jetzt mit Hülfe einer artigen Frau das Stabilimento in die Höhe zu bringen hoffte. Seine Preise waren nicht theuer, ein Bad im Haus einen Frank, Wohnung ebenso viel, Penſion für Frühstück, Mittag- und Abendtisch fünf Franken.

Als gewissenhafte Reisende be

suchte ich die beiden Speiſeſäle und einige Zimmer, deren

säcken , welchen wir auf mächtigen Lastwagen begegneten,

er 60 haben wollte ; sie waren in der Art eingerichtet, wie

als wir gegen Abend die Straße von Breno herabfuhren ; das Mehl gieng aus dem Brescianischen nach Valcamonica, wir kamen von Boario.

man sie in den oberitalienischen Mittelhôtels findet, d . h.

Ich hatte mich nämlich auf dem Dampfer gleich nach der berühmten Quelle von Lovere erkundigt , aber man wollte von keiner wissen , sondern sprach nur von Caſtel

besser als manche in unsern kleinen deutschen Bädern. Außer dem Badehaus gibt es noch im Hause der Douaniers ein großes Café , in einer Vendita di Vino

auf dem

Wege zur Quelle gleichfalls Stuben, in den nabe liegen: den Ortschaften endlich in Darfo , Montecchio , Gorzone und Erbanno Quartiere zur Auswahl, so daß, wer es in

Boario. In Lovere that ich neue Nachfragen und erhielt dieselbe Antwort. In Castel Boario war die Quelle, und

den heißen Monaten zur Abwechslung einmal mit Boario

nach Castel Boario fuhren wir, denn die Quelle mußte ich doch sehen. Wir hatten einen reizenden Weg, zuerst rechts

versuchen wollte, keineswegs obdachlos bleiben würde. Die Quelle soll wirklich sehr gut sein, und wenn gleich nur

den See, auf welchen man über Delbäume hinunterschaute,

allmählich, so doch um so nachhaltiger wirken.

links den weichen reichen Berg della Costa und an ihm

des Bads auf der frischen grünen Thalsohle mit den Glet

Die Lage

einer über dem andern die vier Orte Branico , Qualino,

schern von Valcamonica zu einer, und der Del- und Kaſta

Flaccanico und Ceratello , von denen der zweite und der

nienpflanzungen des Sees zur andern Seite, kann für die

legte im 12ten Jahrhundert blutige Kämpfe zwischen Ber

heiße Jahreszeit kaum erquicklicher gewünscht werden.

Der Lago d'Iseo.

53

Auch war ich, obgleich keine Badbedürftige mit unserer

pano, welchen ich, nebenbei allen (möglichen) Besuchern

Ausfahrt nach Boario sehr zufrieden , umsomehr , da wir

von Lovere als guten Ruderer und Inhaber von vier

östliche Bergkette von den

,,decenten“ Barken, empfehlen kann, Luigi Stoppano alſo

Vedrette in Valcamonica an bis zu der Corna de Trenta

bei der Rückkehr die ganze

hatte den Engländer gefahren, ein anderer Lovarese hatte

Passi wundervoll glühen sahen.

mich : wie war es möglich daß Lady Mary Wortley und

ihn bedient und wollte uns auch bedienen, er schien sich ein Recht auf alles Englische angemaßt zu haben, denn er

die ganze Gesellschaft von Lovere täglich an einer Quelle

schwor hoch und theuer, er habe die Monteſchü auch be

getrunken hatten, nach welcher man mit einem guten Pferde

dient. Die Monteschü und der Engländer von Corti sind zwei

anderthalb Stunden zum Fahren braucht ? Don Giovanni Conti, der Capellan des Palaſtes Tadini,

Jllustrationen von Lovere.

half mir aus diesem Dilemma.

und wie fast alle bores unvermeidlich.

Nur etwas beunruhigte

Er hatte sich zu seinem

Lebenszweck ausschließlich die Beschäftigung mit seiner Vater stadt gewählt und ein " formidables" Manuscript zusam

Die dritte ist der Palast Tadini, auf gut engliſch a bore, In Lovere sein

und nicht in den Palast Tadini gehen, möchte für einen

mengebracht, in welchem alles was in Lovere, jeder Kirche,

Fremden nicht denkbar sein, die Lovaresen lassen es nicht zu. Sie sagen mit einer so verzweifelten Bescheidenheit : „ na

jedem. Hauſe , jeder Familie und jeder Person jemals ge schehen war, auf das genaueste verzeichnet stand. Was er

türlich, loro Signori , die so viel gesehen haben , können u . s. w . , aber für uns, für einen picolo luogo u. s. w., “

noch nicht aufgeschrieben hatte , das wußt er aus dem Kopfe, und so erzählte er mir denn auch das Schicksal der Quelle. Sie hatte sich bei dem Casino „ la Malpensata, “

daß man ängstlich und höflich erwiedert : „O gewiß nicht !" und: gewiß !" und eilends den Palast Tadini besucht,

an der Costa di Volpino befunden, war aber eines schönen Tages zu Ende des vorigen Jahrhunderts durch ein herab rollendes Felsstück plößlich verſchüttet worden .

Die an:

gegebene Lage stimmte ganz mit der Beschreibung der Lady Mary überein, welche die Quelle als hervorsprudelnd zwi schen Gestein, Gesträuch und Bäumen schildert. Nun war ich vollkommen beruhigt.

Die Quelle von Lovere war be: graben, aber sie war lebendig da gewesen. Die Stelle, wo der Palast gestanden haben soll, den Lady Mary halb verfallen kaufte und theilweise wieder herstellen

welcher im Erdgeschoß Läden und im Oberstock ein Mu jeum enthält. Das Museum stroßt von Rafaels, Correg gios, Giorgiones, Tizians, selbst ein da Vinci ist da wenn mir recht ist. Ich fand daß einige Porträts mit der Eti fette : Incerto das beste waren ; ein Frauenbruſtbild aus der römischen Schule war sogar sehr schön.

Auch von einigen

lombardischen Künstlern sind schätzbare Bilder da, welche ich für Originale halte. Diese Academia di belle arti wurde, verbunden mit einer Zeichnen- und Musikschule, am 4 Juni 1828 durch Testament vom Grafen Tadini aus

Ich kann

Crema gestiftet, der in seinem einzigen Sohne auch seinen Erben verloren hatte. Das Bild des Sohnes ist mehrfach

mir die wenigen Reste, welche in dem Weingut der Fa milie Basini nach einem Brande übrig geblieben sind, nicht

vorhanden, den Grafen sieht man im leßten Zimmer der Gallerie in Marmor. Die Statue ist , wie der Prospect

recht mit den Dimensionen des Palastes vereinbaren, die

der Vergnügunsfahrten sagt, capo d'opera dell' illustre

ließ, wollte mir weniger authentisch vorkommen.

Lady Mary in einem Briefe an ihre Tochter, die Gräfin

Benzoni, genio italiano, welchen der Graf mit der rechten

mit einer wahren Vermeſſergenauigkeit an

Hand in die Höhe zieht, um ihn auf den Pfad des Ruh mes zu führen, dessen Reiseutensilien, Leier, Buch, Rolle,

von Bute ,

gibt. Möglich daß sie etwas zu groß gemessen hat, mög lich auch daß fast der ganze Palast verbrannt ist, genug, der Garten Basini hinter dem Kirchhof wird den Fremden als die frühere Besitzung der „ Contessa Monteschü" be zeichnet, denn so haben sich die Lovaresen den fremden Namen

Maler und Bildhauerwerkzeug er mit der linken her abgesenkten Hand andeutet. Die Arbeit ist gut , aber die Gruppe selbst wirkt, durch den Gegensah welchen der Graf im langen Schlafrock zu dem paradieſiſch uncoſtümir

Uebrigens iſt es ein populärer Name, bequem gemacht. unsere Wirthin wußte gleich wen ich meinte als ich nur

ten Jungen bildet, der sich noch obendrein äußerst unge gebärdig zerren läßt, auf eine so komische Art, daß es schwer

anfieng : Una Signora inglese, che dimorova qui. " Sie versicherte : alle Engländer frügen immer zuerst nach der Monteschü . Wie viel dieser Engländer gewesen sein mö

wird vor dem Meisterstück des berühmten Benzoni ernsthaft zu bleiben.

gen? Ich habe immer nur von einem gehört, welcher 14

Außer der kleinen Plage mit ihrer Akademie verurſa chen die Lovaresen dem Fremden keinerlei Unannehmlich

Monate lang in Corti, dem ersten Paese hinter Lovere,

keiten, sie sind im Gegentheil höflich, freundlich und ent

gewohnt, im See gebadet und geangelt, und auf den Ber

gegenkommend.

gen gejagt und gezeichnet hatte.

Wir erfuhren alles über

schon in der ganzen Stadt gegrüßt, und wenn man etwa

Nach wenigen Tagen Aufenthalt wird man

ihn ; daß er zwei Knaben und eine Dienerin bei sich ge=

vor einem der intereſſanten alten Häuſer ſtehen bleibt und

habt, zu welcher Stunde er an den See hinabgestiegen,

einen neugierigen Blick ins Innere wirft, so erscheint

wie lange er drinnen geblieben sei ; ich hätte die Lebens

augenblicklich der Wirth auf der Schwelle, und sagt : La resti servita. Auch in unserm Albergo waren wir vor

geschichte des Mannes schreiben können, wenigstens ſeine Unser Barcarol, Luigi Stop Lebensgeschichte in Lovere. Mustand 1869 Nr. 3.

trefflich aufgehoben, hatten das beſte Zimmer, ſehr lang, 8

Der Lago d'Iseo.

54

sehr hoch, mit zwei Alcoven [ im Hintergrunde, eine Ein Bet: richtung die angenehm an Südfrankreich erinnerte.

Die Punta di Castro und die Corna de trenta Paſſi, welche das Becken von Lovere gegen den mittleren Raum

ten und Sopha waren bequem, über Mangel an Rein

des Sees abschließen, sah man vom St. Antonio aus

lichkeit durften wir uns

wurden sogar, wie im größtenRestaurant, Messer und Gabeln.

nicht, weil ein Haus vor sie hintrat. Aber man durfte nur einige Schritte auf die Marine thun, so blickte man

gewechselt.

ebenso ungehindert rechts wie links hin.

nicht

beschweren , bei Tiſche

Die Küche war gut, ohne Rindfleisch mußte man

sich allerdings behelfen, das war um dieſe Zeit nicht zu haben,

Lovere ſelbſt muß man von der Barke aus sehen um

aber Kalb und Hammelfleisch, Hühner und Wachteln, von Fischen Lachsforelle und Tenca, der fette, süße Special

seinen Reiz als Halbkreisbild ganz auffaſſen zu können. Der Palast Tadini, schwerfällig in der Nähe, bildet als

fisch des Jseosee's, lieferten völlig genügende Mahlzeiten,

äußerster Punkt links am Ufer mit seiner weißen langen

welche durch die vortrefflichen Schwämme nicht verdorben

Bogenhalle einen guten Prospect.

wurden. Für Trüffelliebhaber ist Lovere im Herbst noch ganz besonders zu empfehlen ; Riso Secco mit Trüffeln

rosenfarbige Hospital neben dem Kloster der Suore di

oder Trüffeln mit Formagello, dem köstlichen Gebirgskäſe, auf der Schüssel zubereitet, ſind wahre Delicateſſen, vor züglich wenn sie mit dem Nebiolo und Barolo des St.

Dann folgen über den terrassenförmig aufgeschichteten Häu sern der Stadt, aus denen der weiße Campanile an der .4 Piazza hervorsticht, auf dem leuchtenden Grün des Monte

Antonio genossen werden. Dabei waren die Preise mäßig, und die Leute, wie schon gesagt, äußerst freundlich. Es

Cala, die Massen von San Giorgio ,

gibt auch in Lovere einen Leone d'Oro,

Basini und der künftigen Pfarrkirche Santa Maria.

und nicht weit

vom Palast Tadini an der Marine und am Marktplay eine Locanda, die sich während unserer Anwesenheit aus ,,Delphin" in eine "Homa" verwandelte ; beide Häuser sollen gleichfalls gut ſein,

doch aus Erfahrung

Ueber ihm liegt das

Carità, und über beiden der lehte Thurm des alten Caſtells.

der jeßigen Pfarr

kirche, der Klosterkirche von Santa Chiara,

des Palastes Am

Ufer fallen hier ein anderes Haus Basini hoch und vier edig und der älteste Gasthof der Stadt, il Cannone d'Oro , auf, welcher eben außer Gebrauch und zu verkaufen war. Beide Gebäude hatten unmittelbar unter dem Dach eine

können wir nur den heiligen Antonius empfehlen, welcher

offene Bogengallerie, wie man sie an den meisten Love

von den Brüdern Colombo so ausgezeichnet geführt wird.

reser Häusern findet, wenigstens an denen welche der

Wunderschön war die Aussicht von den Balconen und Gallerien des Hauses. Wenn einem der lichtblaue See mit seinem duftiggrünen Uferſaum und seinen dunſtigſil bernen Berghintergrund ins Bett hineinleuchtete , so war das ein lieblicher Morgengruß und eine unwiderstehliche Mahnung zum Aufstehen. War man dann am Fenster, so sah man links den Hafen, die Marine mit ihren Häu sern, dann die Montagna della Costa mit ihren sanft ab gestuften Vorsprüngen, Valcamonica mit seinen Vedretten oder Gletschern, vorn die kleinen Bauminseln, welche der

Marine zugekehrt und folglich dem Licht und der Luft zugänglich sind. Diese Bauart hat etwas palaſtartiges, und man träumt von wer weiß wie vielen alten lombar: dischen Geschlechtern die hier gewohnt, bis man erfährt daß diese Gallerien zum Trocknen des Scharlachtuches be ſtimmt waren welches bis zum 17ten Jahrhundert in Lo vere vorzüglich gewebt wurde und in den Zunftbüchern der Schneider von Meran als „ Lovernsch Tuch " häufig vorkommt.

Oglio mit seinen Armen und seinem häufigen Bettwechſel

Wirkliche Spaziergänge gibt es um Lovere nicht, seine Promenade ist der See. Eine der reizendsten Fahrten, zu

gebildet hat und noch immerfort bildet, und am jenseitigen ufer die Monti di Bienno, di Plemmo, di Gianico, di

welcher man allerdings früh aufstehen muß, um den Vento zu benußen und l'Ora zu vermeiden, ist die nach der

Fraine, di Grignaghe und die an ihnen liegenden gleich:

großen Insel in der Mitte des Sees , welche bisweilen

namigen Paesi,

Isola bella genannt wird, eigentlich

welche

alle denselben Charakter tragen,

d. h. alle weiß zu einer gleichfalls weißen kleinen Kirche emporſteigen. Am Ufer liegen Pisogne, Govine und Toline. Der beiden erstern that ich bereits Erwähnung, das dritte ist dadurch merkwürdig daß es im Winter zwei Monate nicht von der Sonne beschienen wird, und tro

aber Mont' Isola

heißt und auch gar nicht anders heißen dürfte, denn buch stäblich als Inselberg steigt sie, theils Fels, theils Oliven hain, überall aber steil, oder doch in Abhängen, aus dem tiefen Waſſer empor. Ihre Länge geht gleich dem See

dem, Dank seiner gänzlich windstillen Lage, von jeder Frucht

von Norden nach Süden , hier ist sie am ſteilſten und faſt ganz kahl. Hier erhebt sich auch das alte schöne Castell, die

die Erstlinge bringt.

Rocca Martinengo, wo dall' Ongaro seinen „,legten Baron"

Hinter Govine ist der Berg Paſſa

bucche oder Guina, hinter Pisogne steigen die Vorberge

hausen läßt.

des Monte Guglielmo auf, des höchsten Berges in der

liegt am nördlichen Ende zwischen den Olivenpflanzungen, oben ganz auf der Spitze der Insel die kleine Kirche der Madonna della Seriola oder della Vetta . Leider fann

Lombardei, deſſen Spize mehrere Stunden landeinwärts nach Brescia zu liegt. Auf der Seeseite sind diese Berge sämmtlich mit großen Castanienhainen bewachsen, deren Früchte während des Octobers jeden Dienstag und Freitag in Iseo einen belebten Markt veranlaſſen.

Das große, zerstreut gebaute Paese Siviano

ich nur das westliche Ufer schildern, indem ich die Insel bloß vom Dampfer aus sah, doch glaube ich es dürfet, da es das Schloß Martinengo- Salvadego aufzuweisen hat, das

Ueber die plaſtiſchen und hypſometriſchen Verhältniſſe der Oſtalpen.

intereſſanteſte ſein. Zwei kleine Juseln liegen wie die Kinder der großen Insel neben ihr , Loreto mit einer fleinen Castellruine am nördlichen, S. Paolo mit einem Kloſter, welches den barmherzigen Schweſtern von Lovere gehört, am südlichen Ende. Gewiß wäre dieſes eigenthüm liche Inseldreiblatt einer geologischen Untersuchung werth.

55

Und da in derlei Dingen eine strenge, mathematische Ge nauigkeit selbst im besten Falle doch niemals zu erreichen ist, so mag vorderhand ein dem Erreichbaren mehr oder min der genähertes Ergebniß die Stelle desselben vertreten . Gleichwie in der Meteorologie die Größe der einer im merwährenden Aenderung unterworfenen Elemente des Luft

Jda v. Düringsfeld. drucks , der Wärme , der Feuchtigkeit u. f. f. nur durch fictive Zahlen ausgedrückt werden können , welche Zahlen Mittelwerthe darstellen , und durch die entsprechende Ver bindung der aus der unmittelbaren Beobachtung gewon nenen Einzelwerthe abgeleitet werden , ebenso werden wir

Weber die plastischen und hypsometrischen Verhält die Höhenkoten des Gebirges auf eine Art zuſammenſeßen,

nisse der Oktalpen . Von

die da geeignet ist uns die verlangten orometriſchen Mit telwerthe zu liefern Werthe die uns einen richtigen

. v. Sonklar, k. k. Oberst.

Ueberblick über die Höhenverhältnisse der Alpen und ihrer (Fortsetzung.) Theile zu gewähren im Stande sind. Wir gehen nun zu dem zweiten Argumente dieses Auf fahes über, d. i. zur Darstellung der Höhenverhältnisse der Ostalpen.

Zur Ausmittelung dieser Größen sind hier nahe an 10,000 Höhenzahlen in Verwendung gekommen. Es würde viel zu weit führen wenn ich das System

Demjenigen dem die bisherigen hypsometriſchen Leiſtun

erklären wollte

nach welchem

die gegebenen,

einzelnen

gen über das Alpenland bekannt sind, dürfte sich vielleicht

Höhendaten des Gebirges, im Sinne des angedeuteten

der Zweifel erheben , ob eine Behandlung der so außer

Zweckes, zu verbinden sind. Ich habe dieß anderswo um ständlich bereits gethan, und glaube nicht daß an diesem

ordentlich mannichfaltigen und verwickelten Höhenverhält nisse der Ostalpen, in der Art wie ich sie hier versucht habe, nicht vielleicht noch etwas verfrüht sei.

System irgend etwas geändert zu werden verdient.

Denn wenn auch,

theils durch die Höhenmessungen des f . f. Kataſters, gelei tet durch ihren vormaligen Director, dem Obersten v . Pech mann , theils durch die sehr verdienstlichen Arbeiten der

Bei jeder gebirgigen Bodenerhebung von einiger Aus dehnung kann man zwei Haupttheile des gehobenen Bodens unterscheiden, und zwar 1 ) die Gebirgskämme, und 2) den

Brofessoren Barth und Pfaundler über die Stubayergruppe,

Sockel oder die Tafelmasse, auf welcher diese Kämme gleich

des Geoplastikers Franz Keil über einige Alpentheile und

sam aufgesetzt sind.

durch meine eigenen Monographien über die Deßthaler: alpen und Hohentauern , denen in kurzer Zeit jene über das Zillerthalergebirge folgen wird, die nöthigen Vorarbei ten bezüglich Tirols und insbesondere des größern Theiles der östlichen Centralalpen in genügendem Umfange vor

Diese Eintheilung entspricht augen scheinlich der verticalen Gliederung des gehobenen Bodens. Beide Theile sind nicht nothwendig von einander abhängig, d. h. die Höhe des Sockels bedingt nicht die Höhe der Kämme : denn auf hohen Sockeln können niedrige Kämme, und auf niedrigen Sockeln können hohe Kämme aufgesezt So sind z . B. auf der hohen Tafelmasse von Grau

liegen , so gibt es doch noch sehr ausgedehnte Gebirgs:

ſeyn.

regionen, für welche das vorhandene hypſometriſche Material

bünden relativ niedrige Kämme, dafür aber auf der weit niedrigeren Tafelmasse der Westalpen sehr hohe Kämme aufgelagert.

zu dem angedeuteten Zwecke nicht ganz ausreicht.

Dieß

gilt vornehmlich für die bayerischen , salzburgischen , öfter reichischen , steieriſchen , kärnthneriſchen , krainerischen und

Die Sockelhöhe des Gebirges und ſeiner Theile beſtimmt

Nun, eine reichliche Zahl von Höhenbestimmungen be steht in allen diesen Ländern dennody. Die k. t. geologische

jedoch nicht bloß die Richtung nach welcher die Gewässer abfließen, sondern sie hat auch auf die Wärmevertheilung , d. i . auf die Elevation der Höhenisothermen , daher auf

Reichsanstalt, die montanischen Vereine und Landesmuseen, wie auch viele Private haben rüstig vorgearbeitet , wean

die Verhältnisse der Thier und Pflanzenwelt, so wie auf die Bewohnbarkeit des Gebirges von Seiten des Menschen

auch der Geſammterfolg kein so dichtes und zuſammenhän gendes Neß von Höhenkoten bisher zu Stande gebracht hat, wie es zur Zeit für Tirol besteht. Die größten Lücken

den wichtigsten Einfluß. Von nicht geringerer Bedeutung ist die Höhe der Ge birgskämme. Zunächſt iſt dadurch ein geologisches, die Ju

finden sich in Kärnthen, Südbayern, im Venetianischen und in der orobischen Gruppe vor. Für diese Gegenden hat

lichendes Moment ausgedrückt.

italienischen Alpenſtrecken.

jedoch theils meine eigene, aus unmittelbarer Anschauung hervorgegangene Kenntniß des Gebirges, theils die Benützung verläßlicher Detailkarten das Fehlende zu ersehen gesucht.

tensität der hebenden Kräfte des Erdinnern veranschau Hohe Kämme werden fer

ner, bei gleicher Sockelhöhe, die Temperatur der umliegen den Gegenden erniedrigen.

Erreichen diese Kämme eine

gewisse Elevation, ſo bedingen ſie das Auftreten des Glet

Ueber die plaſtiſchen und hypſometriſchen Verhältniſſe der Oſtalpen.

56

scherphänomens und erschweren dann auch die Wegsamkeit und Ueberschreitbarkeit des Gebirges .

Die Bestimmung

9150 W. F. Um vieles niedriger ist die Rhätikonkette, sein nordwestlicher Ausläufer (8430 F. ), die dabei auch weit

des klimatischen Einflusses der Gebirge ist übrigens ein

tiefer geschartet erscheint.

sehr verwickeltes Problem, dessen allgemeine Auflöſung noch

wallgruppe (7960 F.), die nördliche Vorlage der beiden

gar nicht versucht worden ist.

vorigen.

Die Lage der Kämme ge

Noch niedriger aber ist die Ver

Die mittlere Kammhöhe der nordrhätischen Al

gen die Besonnung und die herrschenden Winde, ihre Höhe, Schneebedeckung und geognostische Beschaffenheit, die Breite

pen beträgt 8020, ihre mittlere Schartung 840 und ihre

der Thäler, das Vorhandensein oder die Abwesenheit hoher

demnach im Ganzen sehr hoch und daher die relative Mittel höhe der Kämme nur 3530 Fuß. Der culminirende

vorliegender Gebirge u . dgl. m. bilden eine Zahl von Um ständen deren klimatische Bedeutung nicht leicht zu tari ren ist. Die Höhenverhältnisse der Gebirgskämme sprechen sich im allgemeinen durch die mittlere Kammhöhe und durch die mittlere Schartung aus ; die Steilheit ihrer Gehänge aber wird durch den mittleren Abfallswinkel angezeigt.

mittlere Sockelhöhe 4490 W. F.

Die Gebirgsbasis

ist

Gipfelpunkt der ganzen Gruppe ist der 10,481 W. F. hohe Piz Buin (früher fälschlich Albumkopf genannt) . Die südrhätische Abtheilung ist mit Rücksicht auf ihre österrei chischen Antheile

durch das Taufererthal unterbrochen.

Der Hauptkamm berührt die Gränze Tirols zuerst am Schartljoch, begleitet sofort das Nauderser-Querthal bis zum Inn und endet mit dem Spißlat (Pizlat) nordwestlich von

Die mittlere Kammhöhe ist jene Höhe die der Kamm Reschen. erhalten würde wenn man ihn in ein liegendes dreiseitiges Prisma mit horizontaler Oberfante verwandeln könnte.

Sein höchster Gipfel ist der 10,031 W. F. hohe

Fortitrida im Avignathale.

Ein zweites etwas niedrigeres

Hauptglied trennt das Tauferer vom Stilfferthale. Die mittlere Schartung nenne ich jenes Höhenmaß um welches die Mittelhöhe der Sättel unter der mittleren Gipfel höhe liegt ; sie ist es die uns über den Grad der Ge

Die

mittlere Kammhöhe dieser Section der rhätischen Alpen ist 8685, ihre Schartung e 750, ihre Sockelhöhe 4780, und demnach die Erhebung der ersteren über leßtere 3905 F.

schlossenheit oder Zerriſſenheit der Kämme ziffernmäßig be lehrt. Es ist klar, daß die halbe Schartung, zur Kamm höhe hinzugefügt, die mittlere Gipfelhöhe und, von ihr ab gezogen, die mittlere Sattelhöhe liefert. Der mittlere Ab fallswinkel endlich ist die Neigung einer Seitenfläche jenes Prisma's gegen den Horizont. Dieses Element gestattet, unter Berücksichtigung der Sockelhöhe, der mittleren Kamm höhe und der Kammlänge die Volumenrechnung des be treffenden Gebirgsgliedes.

Unabhängig von diesen Größen ist die mittlere Sockel höhe des Gebirges ; sie wird am folgerichtigsten durch den Durchschnitt aus den Mittelhöhen aller Querthäler ersten Ranges repräsentirt, und kann ſelbſtverſtändlich nur für größere Gebirgsabschnitte ermittelt werden.

Die Deythaler Gruppe im engeren Sinn ist in Kamm und Sockelhöhe ( 9515 und 5120 F.) der höchſte Theil der österreichischen Alpen, wenn sie auch in der Höhe ihrer culminirenden Gipfel und sogar einzelner Kammſtrecken von den Ortler 4 Alpen übertroffen wird. Nirgends aber sind die Kämme so geſchloſſen, die allgemeine Gipfelhöhe (9855 F.) ſo bedeutend und die Schartung (680 F.) so gering wie hier. Ungeachtet des nicht sehr bedeutenden Umfangs dieser Gruppe zählt sie dennoch (ohne die Stubayer-Alpen) nicht weniger als

――――― 17 Gipfelpunkte zwischen 12,000 und 11,000 und 75 " ?? 11,000 "I 10,000 W. F. absoluter Höhe.

Was vollends ihre Sockelhöhe betrifft, so

Von allen diesen Dingen ſoll nunmehr die Rede ſein.

ist diese ohne Frage die größte unter allen Abtheilungen

In der folgenden umständlichen Darstellung der Höhen

des gesammten Alpenlandes. Dieß bestätigt sich nicht allein. dadurch daß von den 43 Quadratmeilen ihrer Area mehr als 36 Quadratmeilen über dem Niveau von 5000 und

verhältnisse der Ostalpen wollen wir jedoch synthetiſch zu Werke gehen , d. h. , wir wollen uns zuerst mit den einzelnen Gebirgsgruppen beschäftigen und von diesen zu

32 Quadratmeilen über jenem von 6000 F. abs . Höhe

umfassenderen Blicken und zur Betrachtung des Ganzen

liegen, sondern es geht die Wahrheit jenes Sahes auch

übergehen.

aus den directen Abständen gleich hoher Thalpunkte auf

Bei den Centralalpen, und zwar an ihrem westlichen Ende beginnend, wissen wir bereits daß bei den rbätischen Alpen

beiden Abdachungen des Gebirges hervor.

Denn während

3. B. die geradlinige Entfernung des Weilers Brand im Dezthale von dem Weiler Ratteis im Schnaljerthale, welche

eine nördliche und eine südliche Abtheilung zu unterſchei den ist ; der Inn trennt beide. In der nördlichen Ab

Punkte 4000 W. F. über Meer liegen, nicht weniger als

theilung tritt der Hauptkamm am Piz Buin zuerst mit

5 %, und die von Kaltenbrunn im Kaunserthale ebenfalls

seiner nordwestlichen, und am Gribellkopf auch mit seiner

bis Ratteis ſogar 6½ Meilen beträgt, erhebt sich der Ab

südöstlichen Abdachung auf öſterreichisches Gebiet, auf dem er mit der Thiolspige bei Landeck endigt . Er ist ein hoher

stand gleichartig gelegener und ebenso hoher Thalpunkte in

mächtiger Gebirgswall, schwach geschartet und an vielen

Alpen auf 4-42 Meilen.

Punkten mit ewigem Eis bedeckt.

klären sowohl die ausgebreitete Eisbedeckung der Oeythaler

So weit er österreichisch,

hat er eine mittlere Elevation von nicht weniger als

den Berneralpen nur auf 2-22, und in den penninischen

alpen,

Diese Höhenverhältniſſe er

als auch die große Elevation der Jahres- und be

Ueber die plaſtiſchen und hypſometriſchen Verhältniſſe der Oſtalpen.

sonders der Frühjahrs- und Sommerhypsothermen, nicht minder die der verschiedenen Vegetationsgränzen .

wie Der

höchste Gipfel ist die 11,947 W. F. hohe Fender Wild spige ; der mittlere Abfallswinkel der Gebirgshänge hat sich mir mit 20° 17' ergeben.

Noch deutlicher gelangen

57

die Höhenverhältnisse der

Hohen Tauern durch ihre mit großer Sorgfalt entwickelten orographischen Mittelmaße zum Ausdruck. So steht die mittlere Kammhöhe in der Westhälfte des Tauerngebietes auf 9230, in der Osthälfte auf 8490, und die Sockelhöhe dort auf 4640, hier auf 3780 W. F.

Aber auch die rela

In den Stubayer- und Zillerthaleralpen findet, im Ver tive Höhe der Kämme ist groß, sie beträgt in den west gleich mit der vorigen und nächſtfolgenden Gruppe , eine nicht unbedeutende Depression des gehobenen Bodens, und zwar

lichen Tauern 4590, in den östlichen 4710 F. Der mitt lere Abfallswinkel des Gebirges endlich hat sich für die

sowohl in der allgemeinen Höhe der Kämme als des Sockels ganze Gruppe mit 25 statt.

Graden herausgestellt.

In leg

Die durch den Brenner verbundenen Thäler der Sill terer Beziehung sind es insbesondere die nordwestlichen

und des Eisack bilden die Linie der tiefsten Depreſſion und Nebenglieder des Tauernkammes, scheinen die Gränze zweier Hebungsgebiete zu sein.

die sich durch außerge

Deſſen wöhnliche Schroffheit der Gehänge auszeichnen .

ungeachtet sind die Gebirge beider Gruppen hoch und mäch; Die Stubayer

Ich habe die Erhebung des Tauernmassivs auch noch

alpen zählen 4, die Zillerthaler 2 Bergspigen über 11,000,

durch Ermittlung der Flächenräume welche zwischen gewissen So liegen Niveaugränzen liegen, darzustellen versucht.

tig und ihre Vergletscherung bedeutend.

die erstern zählen 33 , die leßtern 47 Bergspigen über 10,000 W. F. an abſ. Höhe ; der culminirende Gipfel dort ist der Zuckerhut 11,100 , hier der Hochfeiler 11,122 F. Die allgemeinen orometrischen Werthe aber sind

von den 103 Quadratmeilen der Gesammtarea dieſer Gruppe bet 56 Quadratmeilen (oder 54 Procente) jenseits der Jſohypſe von 6000, 73 Quadratm . (oder über 71 Proc.) jenseits der Jsohypse von 5000, und 85 Quadratm . (oder

f. d. Stubayer Gr. f. d. ZillerthalerGr. 8850 W. F. 8490 W. F. 850 795 " " 3585 3645 " " 4845 " " Relative Mittelhöhe derKämme 5265 240. 12' 230. 42' Mittlerer Abfallswinkel

schon bei der östlichen Tauernhälfte gegenüber der west

Der Aufzug der Kämme über der Tafelmasse des Ge

lichen hervor ; noch deutlicher aber zeigt sie sich in den

birges ist demnach in beiden Alpentheilen um ein bedeu

beiden Abtheilungen der steyrischen Alpen, deren Kamm

Mittlere Kammhöhe " Schartung " Mittlere Sockelhöhe

mehr als 83 Procente) jenseits der Jsohypse von 4000 W. F. Dennoch ist nach Osten hin eine sichtliche Abnahme des Gebirgsaufzugs wahrzunehmen.

Diese Thatsache tritt

tendes größer als in den Gebirgen des Deßthales, und

und Sockelhöhe bis zum Ostrande des Gebirgsgürtels in

der für die Stubayer-Gruppe

stetiger Folge abnimmt. Die das Gesagte numerisch nach weisenden Daten zeigt folgende kleine Tabelle.

ermittelte wird nur noch

von der analogen Höhenzahl der Ditleralpen im Sulden thale übertroffen.

Damit steht die Großartigkeit mit der

alle diese Gebirge in die Erscheinung treten, so wie die zunehmende Steilheit ihrer Gehänge in Verbindung. In der nun folgenden Gruppe der Hohen Tauern, na mentlich in ihrem Hauptkamme und in ihrer westlichen Hälfte schwingt sich das Gebirge wieder zu größerer abso luter Höhe auf.

Nicht nur werden hier die Kämme, ſelbſt

in den Nebengliedern gruppe

in der Antholzer und Schober

höher und massiger, sondern es zeigen sich auch

in den Umgebungen des Venediger und Großglockner jene hohen, plateauartigen Auftreibungen des Bodens, von denen oben bereits die Rede war, welche die Thalpunkte von 4000 F. a. H. auf beiden Abhängen des Gebirges nicht selten 4 Meilen weit auseinander rücken und das Auftreten zweier Gletschergebiete, zusammen mit 13 Eis strömen der 1. Ordnung, veranlaſſen.

Der Großglockner,

12,010 . hoch, ist sogar der höchste Gipfelpunkt in den gesammten östlichen Centralalpen. An hohen Bergspitzen zahlen die Tauern 1 mit mehr als 12,000, 16 mit mehr als 11,000 und 109 mit mehr als 10,000 W. F. See höhe.

Mittl. Kammhöhe Mittl.Sockelhöhe

a. Nordarm 1. Kleine Tauern 2. 3. 4. 5.

Reichenstein-Gruppe Hochſchwab-Gruppe Hochveitsch- Gruppe Semmering-Gruppe

6420 W. F. 5800 " 4450 " 4370 " 3920 "

3530 W. F.

2285

b. Südarm 1. Kämmeb. z. Neumarkter Sattel 5270 W. F. 1 2. Judenburger und Saualpe 5040 " 3. Stainzer-, Stub- und Hochalpe 4585 " 4. Cetische oder Fischbacher Alpen 3925 "

2600 W. F.

1630

"

Mit Ausnahme des hohen, theilweise vergletscherten, von Großarl über das Hafnereck bis zum Gr. Sonnblick bei Maltein streichenden und die beiden Hauptarme der steyrischen Alpen verbindenden Kammes, dann mit Aus nahme der westlichen Theile der kleinen Tauern, gehören die steyrischen Alpen im allgemeinen nicht mehr dem Hoch , sondern nur dem Alpengebirge an. Aber auch die relative Höhe der Kämme hat abgenommen ; in den kleinen Tauern hält sie sich noch auf 2900, sinkt weiter östlich auf 2400 Fuß herab, und kann für alle Theile dieses Gebirgsab

1 Siehe meine eigene Monographie der Hohen Tauern, p. 355 . Ausland. 1869. N :. 3

schnittes mit 2500 F. angenommen werden . 9

Ueber die plastischen und bypiometrischen Verhältnisse der Tstalpen.

58

Mit dem Niedrigerwerden der Kämme ist endlich auch die Schartung gewachſen, was besonders für den großen

in den Ostalpen, ungewöhnlich tief in den Hauptkamm einschneiden. Aber die Pässe sind eben nur die tiefſten,

theils aus Ralf zusammengesetzten Nordarm der steyrischen

zur Herrichtung relativ bequemer Uebergänge benüßte

Alpen der Fall ist.

Hier befinden sich die tiefen Einschnitte

Echarten, deren Mittelhöhe gewiß nicht einmal dazu ge

des Liesing-Paltenthales, des Prebicht, des Seeberges bei

eignet ist die mittlere Sattelhöhe des Gebirges zu reprä

Seewiesen, des Nieder-Alpels, des Mürzdurchbruches, des

ſentiren.

Preiner Gschaids und des Semmering.

maß abzuleiten, dazu besaß v. Humboldt die nöthigen Behelfe nicht.

Geringer ist die

Zahl so tiefer Kammkerben im südlichen Arme; hieber ge hören der Neumarkter- und Obdacher- Sattel, der Eibiswal der Radl und der Murdurchbruch bei Brud. Der Ur

Um aber das lehtgenannte orometriſche Mittel

Wenn wir uns nunmehr den östlichen Nordalpen zuwenden, so haben wir zuerst wieder die Kizbüchler- Alpen

schiefer, aus denen dieser Zweig der steyrischen Alpen auf

herauszuheben, die allein nicht zu den Kaltalpen gehören

gebaut ist, hält die Kämme im Ganzen geſchloſſener und beschränkt die Zahl bequemer Uebergänge. Derselbe Um

und nicht bis an den Nordrand der Alpen hinausreichen. Ihre mittlere Rammhöhe liegt 6485 und ihre Sockelhöhe

stand hält die mittlere Schartung in den Kl. Tauern noch

3120 W. F. über Meer ; ihr höchster Gipfel aber ist der 8014 F. hohe Kahenkopf nordwestlich von Gerlos.

auf 710 W. F. - für den Nordarm beträgt sie 1300, für den Südarm 890 W. F. Fassen wir nun alle Theile der österreichischen Central alpen zusammen, so ergibt sich uns für diese ganze große Gebirgsregion, alle Nebenkämme eingerechnet, eine mittlere Kammhöhe von 7280, eine mittlere Schartung von 900 und eine mittlere Sockelhöhe von 3510 W. F. Die Länge aller in Rechnung gebrachten Rämme beläuft sich auf 564 Meilen.

Scheiden wir jedoch aus diesem Calcül den cen tralen Hauptkamm aus, so erhalten wir für denselben, bei einer Gesammtlänge von 138½ Meilen, eine Mittelhöhe von 7710 und eine mittlere Schartung von 1080 W. F., woraus sich die mittlere Gipfelhöhe mit 8250 und die mittlere Sattelhöhe mit 7170 W. F. berechnen läßt. Diese aus mindestens 3000 Höhenfoten abgezogenen orometrischen Werthe veranlassen mich nochmals auf die von Alexander v. Humboldt für die Alpen mit 7200 und für die Pyrenäen mit 7500 P. F. berechnete mittlere Kammhöhe zurückzukommen.

Es muß hier wohl gefragt

werden, worauf sich diese Zahlen eigentlich beziehen.

Be

ziehen sie sich auf die centralen Hauptkamme sammt ihren Nebengliedern, was nicht wahrscheinlich ist, da für eine Rechnung nach dieser Richtung das hypſometriſche Hilfs material erst in neuester Zeit zu Stande kam

so sind

7500 P. F. für die Pyrenäen, bei ihren langen und nie drigen nördlichen Widerlagen, eine offenbar viel zu große

In der langen Reihe der nördlichen Kalkalpen ist die allgemeine Höhe des Gebirges dort am größten wo die gegenüber liegenden Centralalpen am höchsten sind, d. h. gegenüber der Dehthaler und Stubayer Alpen, so wie der Hohen Tauern.

Doch lassen sich auch Ausnahmen von

dieser Regel erkennen . So ist das Dachsteingebirge höher als die Salzburger Alpen und höher als viele Theile der tirolischen Kalkalpen, und eben so ist der Wiener Schnee berg höher als bürgas hin .

jeder andere

Gipfel

bis

zum

Hoch

Unter den größern Kämmen der nördlichen Kalkalpen hat der neun Meilen lange, von der Zürseralpe am Arl erge bis zum Fernpaß fortzichende , das Flußgebiet des Jun von dem des Lech scheidende Kamm die größte mitt lere Höhe (7605 W. F.), und noch weit höher ist die west liche, bis Landeck reichende Hälfte dieses durch seine furcht bare Zerrissenheit bemerkenswerthen Gebirges (8200 F.). Hier steht auch der 9598 W. F. hohe Parseyerspitz, nord westlich von Landeck der culminirende Gipfel der gesamm ten Nordalpen. Die mittlere Kammhöhe der Wetterstein fette hat sich mit 7570 , des Miemingerkammes (zwischen Mieming und Geisthal ) mit 7475, und der zwischen dem Jnn und dem Earwendelthale aufgethürmten, in zwei ge waltige Ketten getheilten Gebirgsmasse mit 7405 W. F. ergeben. Kaum minder hoch sind einige Theile der Vor

Hat aber Humboldt nur die centralen Hauptkamme

arlberger und Allgäueralpen, was insbesondere für jenen

allein genannt, so erscheint ſelbſt die von mir ermittelte

hohen Felsgrat gilt der an den Quellen der Jller liegt und den Lech nördlich (von Warth bis in die Nähe von

Zahl .

Höhe von 7710 W. F. mit Beziehung auf die gesammten Alpen, d. h. auf die West , Mittel- und Ostalpen, noch viel zu klein. Denn die Oſtalpen sind im ganzen doch der

Reutte) begleitet.

niedrigfte unter den genannten drei Hauptabschnitten des

großen westlichen Abtheilungen der nördlichen Kalkalpen

Alpengürtels, wobei die Westalpen auch noch im Besize des hypsometrischen Vortheils find, sich nicht wie die Ost

auf, so erhalten wir

Suchen wir die orometrischen Mittelmaße für die zwei

alpen zum Tieflande herabzusenken, da sie bekanntlich mit einem hohen Sattel gegen den Apennin abschneiden. Hum boldt berechnete die Elevation des Alpenkammes, mit Zu hilfenahme einiger Paßhöhen, von denen mehrere, beſonders 1 ," Tie Lehthaler Gebirgsgruppe“ von C. v.Sonklar, pag. 259.

d. mittlere d. mittlere d. mittlere Kammhöhe Schartung Sockelhöhe W. F. W. F. W. F. für die Vorarlberger und All gäneralpen für die nordtiroliſchen Kalf alpen .

5750

785

3175

5820

1090

3250

Eine Beduinen-Novelle.

Auffallend ist die geringe Schartung der westlich des

59

ſchen Mitterdorf und Pyhrn 5965 und Prielstock 5730 F. Mittelhöhe), dennoch aber stehen, in dem Gebirgsabschnitte

Lechs gelegenen Alpentheile; sie ist kleiner als bei manchen Sectionen der Centralalpen . Was ferner den Abfall des

zwischen Salza und Enns, die mittlere Kamm: und mittlere

Gebirges gegen Norden betrifft, ſo iſt dieſer allerdings be deutend, jedoch durchaus nicht so daß man ein allmähliches

Sodelhöhe nur noch auf 5105 und 2400 F., während sie östlich der Enns sogar auf 2935 und 1475 F. herabgehen.

Berflachen in die bayerische Hochebene annehmen dürfte, wie dieß auch schon an Ort und Stelle der einfache Augen

Auch hier sind die innern durch das Tennengebirge , den

ſchein lehrt.

neten Kammtheile am höchſten , und zwar im Mittel 5400 F.

Wer kennt nicht die schönen Alpenkuppen des

Dachstein, Hochbürgas, Dürrenstein und Schneeberg bezeich

Hochstaufen bei Reichenhall, des Teisenberges bei Traun

hoch (6120 F. westlich ,

stein, des Hochgern und der Campenwand südlich des

die mittlere Höhe der vordersten, d. h. der nördlichsten Vor

Chiemsees, des Wendelstein bei Rosenheim, der Benedicten:

lagen beträgt nur noch 2080 F. , und da man die Höhe

4060 F. östlich der Enns) ; aber

wand bei Kochel , des Hohen Heimgarten am Wallerſce

des Bodens am Südrande des österreichischen Hügellandes

u. s. f. , mit denen das Gebirge aus ansehnlicher Höhe plötzlich zum Flachlande herabsinkt ! Wenn wir nun diese

mit 1200 F. annehmen kann, so darf hier wohl von einem

Verhältnisse numerisch nachzuweisen versuchen, so erhalten

gesprochen werden.

wir für die innern, den Centralalpen nächſtliegenden, durch

trachtung der Sockelhöhe der österreichischen Kalkalpen her

allmählichen Uebergange des Gebirges in dieses Hügelland Noch deutlicher geht dieß aus der Be

den Parſeyerspitz, Muttkopf, Hochmunde, Solstein, Hoch:

vor ; denn da ſelbe im ganzen nicht mehr als 1960 F.

kaiser und das Birnhorn bezeichneten Kammtheile, die Mit telböbe von 7070, für die tirolischen Kalkalpen im ganzen

beträgt, so überhöht sie den Rand des erwähnten Hügel landes nur um 760 Fuß.

6540 und für die Kämme des bayerischen Oberlandes allein

Der culminirende Gipfel der ganzen Gruppe ist der 9486 W. F. bobe Dachstein ; östlich der Enns ist der Schnee

4710 W. F.

Da nun der längs dem Fuße der Alpen

hinlaufende Südrand des bayerischen Flachlandes, aus 18

berg 6560 F. der höchste Punkt. 1

Punkten gerechnet, die mittlere Elevation von 1920 W. F. hat, so ergibt sich daraus die relative Höhe des Gebirges

Bei der so energisch ausgebildeten stockförmigen Gliede : rung der österreichischen Kalkalpen kann wohl die Echar:

an diesem Rande noch immer mit ungefähr 2800 F. tung keine andere als eine sehr tiefe sein. Um ein gutes Theil niedriger als die westlichen sind die östlich des Inndurchbruches bis zur Saal ſich ausbrei: tenden Kalkkamme.

Ihre mittlere Höhe beträgt nur 4810

Fuß. Zwischen ihnen und den Centralalpen erheben sich jedoch die Kizbüchleralpen, die hier den successiven Abfall

Die Rechnung

hat sie mit 1290 W. F. nachgewiesen. Und da nun die mittlere Kammhöhe dieser Alpen im ganzen auf 3940 F steht, so beläuft sich die mittlere Gipfelböhe auf 4585 und die mittlere Sattelhöhe auf 3295 Fuß. (Schluß folgt.)

des Alpenmassivs gegen Norden vermitteln. Die mittlere Kammhöhe der Salzburgeralpen ist 6400, ihre Schartung 1200 und die Höhe ihres Grundgestells 2650 W. F.

Der höchste Gipfel dieſer Gruppe ist der 9300

F. hobe Ewige Schneeberg. Obgleich die Salzburgeralpen in ihren höhern, südlichen Theilen eine ansehnliche Eleva tion erreichen (die das Becken des Königsſees einschließen

Eine Beduinen -Novelle. In der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Ge

den Kämme haben eine Mittelhöhe von 7030 F.), so wird

sellschaft hat Consul Dr. F. G. Wetstein wieder einmal

das ihre Erhebung ausdrückende Mittelmaß dennoch durch die relativ geringe Höhe der Berge bei Dienten und der

hin große Beachtung finden dürfte.

zwischen Berchtesgaden und der Saal befindlichen Vorlagen

Zeltlagern der syrischen Wüste" lautet seine Ueberschrift.

nicht unbedeutend herabgedrückt.

einen Artikel echt classischer Art veröffentlicht, welcher weit Sprachliches aus den

Die Tiefe der Sättel

Den Mittelpunkt dieser übrigens nicht nur sprachlich, son

am Hirschbüchel, am Taubensee und am Hallthurm spricht

dern auch ethnographisch wichtigen Abhandlung bildet eine

sich durch die bedeutende Schartung und die gegen Osten hin sich verringernde Höhe der alpinen Tafelmasse durch

Beduinen Novelle, welche er im Spätherbst 1860 bei einem

die bereits stark

ermäßigte Sockelhöhe dieses Alpenab

ſchnittes aus. Das mehrerwähnte Sinken

Ausflug von Damask nach Harrân vom Zelte des Scheichs Salih et Taijâr, des Feldherrn der Weld Ali, aus hatte recitiren hören, und die er dann Tags darauf von dem Er

aller Höhenelemente des

Gebirges in der Richtung gegen Osten seht sich durch die österreichischen Kalkalpen in rascher Folge fort. Noch sind zwar einzelne Kalfstöcke und Kammstrecken mehr oder min der hoch und für das Auge von großartiger Wirkung (Tennengebirge 6390, Dachsteingruppe 7055, Kamm zwi

zähler, einem alten Beduinen, sich hatte andictiren und commentiren laſſen . 2

1 Die Mittelhöhe des Schneebergstockes hat sich mit 4830, des Tonion, der Schnee- und Raralpe zusammen mit 4780 F. herausgestellt. 2 Vgl. über diese Commentare, Ausland 1868, S. 1150.

Eine Beduinen-Novelle.

60

Wir theilen um so lieber in diesen Blättern eine Ana

ihr dich zu baden ! Hörst du, mein Sohn, braucht es noch

lyse dieser Novelle mit, als das Schriftstück ganz angethan

weitere Ermahnungen ?“ Der Sohn, Namens Habkâs, erwie

ist einen weitern interessanten Beitrag zur Charakteristik der Araber zu geben. '

derte : „Mein Vater, du hast von mir alles Gute zu er warten. "

Ein Scheich der Beni Chalid, welcher bei seinen Stam mesgenossen das höchste Ansehen genoß, gerieth, „ als ihn Gott stürzen wollte," in schweres Mißgeschick. An seiner Stelle trat ein anderer auf, „ dem die Welt tanzte und dessen Erfolg glänzend war. "

Dieses Mißgeschick veran

laßte ihn mit seinem Weib und einem jungen Sohn, ſowie dem Rest seiner Habe, von dannen zu ziehen, und weit im Often eine Gegend wo kein menschliches Wesen wäre auf zusuchen . Auf dem Zug nicht mehr weit weg von seinem Ziel, stieß er auf einen Mann, welcher nicht säumte die Flinte auf ihn anzulegen. Der Chalidit rief denselben an : „Wer bist du ?" Die Antwort lautete : „Ich bin der den du siehst, und wer bist du ?" 2 Der Chalidit erwiederte : „ Und ich bin der den du siehst, aber ich habe das Schwert,

Nach erfolgter Zusammenkunft, wobei das Schemmar Mädchen auf das vermeintliche Chalid-Mädchen zulief, es grüßte und füßte, pflegten die Mädchen gemeinschaftlich ihre Kamele auf die Weide zu bringen ; Abends schliefen sie zusammen. Die Schemmaritin zog ihre Kleider aus, legte

sich

(nach

der Sitte der Nomaden) ausgezogen

zu Bette, und sprach zu ihrer Gefährtin : " Schwester, ziehe dich aus !" Diese antwortete: " Es ist mir unmöglich mich auszuziehen ; ich schlafe nur in Kleidern. "

Da legte

sich jene, unterhielt sich mit der andern, und küßte sie ; diese aber füßte sie nicht. Des Morgens saßen sie, strichen . ſummend die Euter der milchenden Kamelinnen, und mol fen sie ; dann nahm jede ein Stück Brod, sezte sich auf ihr Leitthier und zog. den Lockgesang anstimmend, vor ihren Kamelinnen her, bis sie an das Ufer des Gießbaches ge

du die Flinte, und das Recht des Schwertträgers ist dem Flintenträger gegenüber ein schlechtes . " Der andere sprach:

langten.

„Was hat dich hieher gebracht ?" Und er antwortete : „ Bei Gott, mein Sohn, nichts als das Ungemach der Zeit. " Jezt

mit einander, am Wasser sizend, während die Thiere um sie herum weideten. Wenn die Sonne heiß wurde und

senkte sich die Hand des Flintenträgers, denn was dem Chaliditen widerfahren war, war auch ihm widerfahren, und er fragte denselben nach seinem Stamme. Dieser

die Mittagsgluth eintrat, sagte das Schemmar-Mädchen :

Dort stiegen sie hinunter und unterhielten sich

Schwester, wollen wir uns baden und einander waschen ? Und da die andere nicht wollte, rief sie : Ich beschwöre dich bei meinem Leben, warum badest du dich nicht ? Die Cha

antwortete : „Bei Gott, lieber Gefährte, ich bin ein Cha " Wahrhaftig," rief der lidit zu Schimpf und Glimpf. "

liditin antwortete :

andere, „ dann sind wir Feinde : ich bin ein Schemmarit,

Bruder, der stieg ins Waſſer und ertrank ; da scheue ich

aber die Einöde ist eine Scheidewand zwischen Ehrenmän nern ; doch erzähle mir nunmehr was dich hieher gebracht. "

mich lebenslang meine Haut ins Wasser zu tauchen.

Die Erzählung hatte die Folge daß die beiden eins wur den, eine und dieselbe Au mit einander zu beziehen. Der Chalidit nahm nun seinen Sohn her, und sprach : „ Mein

Kleider auszog, entfernte sich die andere von ihr, der Ein öde zugewendet. Da die erstere nun einmal bei ihren

Kind, ich traf mich mit einem Schemmariten, und obgleich er unser Feind war, machten wir Freundschaft und über:

„Wie kommt es, ich küsse sie und sie küßt mich nicht ? Ist denn mein Mund übelriechend daß sie mich nicht küſſen

nachteten zusammen. Am andern Tage fragte ich ihn nach seinen Kindern, und er sagte mir daß er eine Tochter

mag ? Ich ziehe meine Kleider aus, und sie zieht sie beim Schlafen nicht aus ; ich bade, und sie badet sich nicht ;"

habe; auf seine Frage nach meinen Kindern erklärte ich gleichfalls eine Tochter zu haben, und wir bestellten uns

ward ihr die Antwort : „ Liebes Kind, vielleicht daß ſie ſich schämt ; dergleichen geschieht nach Belieben. "

nach dem Orte wo wir uns getroffen hatten.

Schwester, ich hatte einen jüngern

Das

Schemmar Mädchen gieng und badete sich, und als sie ihre

Eltern Klage über ihre Genossin führte mit den Worten :

Ich will dir So gieng geraume Zeit alles gut.

also Mädchenkleider anziehen, mein Sohn ; weſſen darf ich mich zu dir versehen ? Hüte dich zu ihr unnüße Dinge zu sprechen! Wenn sie dich küßt, so wirst du sie nicht küssen ; wenn ihr zusammen schlaft, so ziehe deine Kleider nicht

Da geschah es

eines Tags daß Gott einen Raubzug über sie schickte, der ſie überfiel und die Heerde nahm . Da schrieen die Mäd chen: „ Die Heerde ist genommen.

Zu Hülfe ihr Reiter !"

Ihre Väter hörten den Ruf, sattelten ihre Roſſe, ritten aus ! Die Mädchen baden sich in Wasser, hüte dich, vor und erreichten die Heerde, um sie zu befreien und die

1 Vgl. „ Zur Charakteristik der Araber“ im Ausland Nr. 46 von 1859 : „Zwei Beiſpiele arabiſchen Edelmuths “ in Nr. 36 von 1861 ; „ Ein arabiſches Charakterbild“ in Nr. 1 von 1863 ; Zeugnisse für arabischen Edelſinn“ in Nr. 21 von 1865. 2 Ter Araber liebt es nicht unter fremden Leuten seinen Na men und den seiner Heimath oder seines Stammes zu nennen, weil das nicht selten gefahrbringend für ihn iſt. 3 Das heißt, es mag sich nun zeigen ob ich als Chalidit dein Feind oder Freund bin.

Mädchen liefen hinter ihnen her. Die Alten riefen dem 1 ihr Reiter !" Der Anführer wollte

Feinde zu: „ Die Okla,

ihnen zehn Stück zurücklaſſen, ſpäter „ der hübschen Mäd chen wegen" noch weitere sechs. Da die Geplünderten 1 Die Okla ist die Rückgabe eines Theils der Beute ; sie wird in der Regel zugestanden, wenn die Mannſchaft der Raub züge überzeugt ist daß die Geplünderten ohne dieselbe aus Man gel umkommen würden.

Die amerikaniſchen Eisenbahnen.

61

Gott, du Schändlicher ! Der Mensch folgt mir bis hierher!

das für ungenügend erklärten und die Plünderer ehren: halber, im Hinblick auf „die Müllerinnen der Reisekost“, '

Hätte ich dich vor dem Salze gesehen (ehe du Salz in meinem

auf ein weiteres Freigeben der Geplünderten nicht glaub

Zelte genossen), wahrlich, ich hätte deinen Kopf auf dieſes

ten eingehen zu können, entſpann sich ein heißer Kampf, der unentschieden blieb. Aber die Greise waren erschöpft.

Land herunterfallen laſſen, “ legte sich, „ er hütete ſich vor dem Satan, " als ihm Hosên entgegnete : ,,Stelle deine Sache Gott

Als Habbas wahrnahm daß ſie die Kraft verloren, konnte

anheim ! Es ist dieß eine Schickung die nicht allein über dich

er sich nicht länger mehr zurückhalten ; er eilte zu den Zel

ergeht. Danken wir Gott, es gesc, ah bisher nur gutes. “ Hosen verſtand es den Habbâs statt des Ali in die Berza oder

ten und ſtreifte im Laufen die Kleider ab, ſo daß er nur noch sein Frauenhemd anbehielt.

Als seine Mutter an

fieng das Füllen zu satteln, ihm den Zaum anlegte, das Schwert, die Pistolen und den rothen Mantel hervorholte, kam das Schemmar Mädchen, und sprach:

„Du sattelst

dieses Füllen, wo ist sein Reiter ?" „ Jeht wird er kom men," antwortete die Mutter, „ du wirst ihn mit deinen Augen seben." Und während sie noch sprachen, eilte der Jüngling herbei und seine Mutter (den Jubelruf).

erhob die Zagruta

Hoch zu Rosse paradirte er vor Hamda

und sprach : „Für deine Augen, Hamda. 2 Habbas die Zagruta !"

Gewähre dem

Sie antwortete : „ Mein Bruder,

das Zelt des Beilagers zu bringen. hatte Einsicht.

Der gutmüthige Ali

Er erklärte seiner Base : „Ich sage mich von

dir los. Was du begehrſt, fordere zwiſchen mir und dir, und fürchte dich nicht, du hast mein Wort darauf. “ Und sie erwiederte ihm : „ Ali , ich verlange nur Habbàs , den Gast unserer Nachbarn , " worauf sie ihm alles erzählte, was sich zwischen ihm und ihr zugetragen von Anfang bis zum Ende. #1 Willst du dich nicht an mir verjündigen, ſo verlange ich nun den Habbas , denn ich bin mit meinem . Herzen bei ihm und bei niemandem außer ihm. Gott müsse dich nicht von deinem Leben trennen trenne mich nicht

wer iſt Habbâs ?" Er sprach : „ Deine Gefährtin ; du ſiehſt

von Habbas ! " Ali willfahrte, indem er bemerkte : „ Gott

daß sie ein Jüngling, kein Mädchen ist. "

hat mir den Edelmuth noch nicht entzogen !" Und er ward

Da ließ sie die

Zagrutas ertönen gleich dem Wiehern der Füllen, und

aufs beste dafür belohnt.

die Kampfluſt fieng on in seinem Kopfe zu lodern, und er

das Geleit gab nach ihrer Heimath , durfte er dort ein

Denn da er den Neuverehlichten

stürzte sich auf die Reiter, rufend : „Auf Hamda's Glück

Mädchen kennen lernen und gewinnen, die an Schönheit

zu Beuterossen!" Er schlug den Feind, erbeutete vier Rosse und befreite die Heerde.

und Liebenswürdigkeit keiner zurückstund , Hisna (die Schönste), die Schwester des Hosen. Diese ward, als sie

Hamda liebte von da an den Habbâs leidenschaftlich:

von seinen Handlungen gehört hatte , von Liebe zu ihm

Er ward nicht weniger in Hamda verliebt. Der für die Unschuld seiner Tochter besorgte Vater zog nun heimlich mit derselben ab. Und der Vater des Habbas ſah ſich

erfüllt. Zum Beweiſe dieſer Liebe pflegte sie ihn zu käm men, ihm den Kopf zu waschen und den Mantel vom Un geziefer zu reinigen. Beiden war es am liebsten wenn

durch seinen Sohn, der es bei der leeren Lagerstätte der

niemand zu ihnen kam und sie keinen Menschen sahen .

Nachbarn nicht aushielt,

Hosen verband den Edeln mit seiner Schweſter. Der Er zähler schloß also : „Als Ali nach Hause kam mit einem

veranlaßt zu seinem Stamme

zurückzuziehen. Dort gelangte er wieder zu seinem frühern Ansehen. Aber Habbâs, immer an Hamda denkend, unter ließ Essen und Trinken, so daß er endlich das Bett hüten mußte. Weinen und Aechzen war sein einziger Trost, bis

Mädchen lieblicher als Haana und mit einer Stute (die ihm Habbas ale Vergeltung geschenkt hatte), versammelten sich die Stammgenossen bei ihm und begrüßten ihn.

Er

ihn eines Tages ein gewisser Hosên besuchte, mit dem er von früher her verbrüdert war , und dieser erbot ſich

veranlaßte eine Versammlung ,

der

ihn mit seiner Geliebten zu vereinigen, zu ihm sprechend: „Es wird das ein Leichtes sein mit Gottes Hilfe !" Nach

ihrem Stamme zu Theil geworden und von den erhaltenen

einem Ritte von acht Tagen und acht Nächten trafen sie auf den Stamm der Schemmar und erkundigten sich hier

das Mädchen ist Hosêns Schwester.

sprachen : So wahr Gott lebt, du biſt deſſen würdig ! Dann

nach Hamda's Familie.

tranken sie Kaffee, und jeder gieng nach Hause.

Aber wehe, sie kamen zum Polter

abend, der Hamda mit einem Vetter, Namens Ali, ver binden sollte. Doch Hosen wußte auch hier zu rathen und zu helfen. Ihm stund eine Schwester des Ali, welche in

und erzählte von

ehrenvollen Behandlung die ihm von Hosen, Habbas und

Geschenken.

Das Pferd , sagte er , ist von Habbâs und

lassen sie in Wonne und Wohlstand. Leben der Zuhörer!

Die Anwesenden

Wir ver

Beglücke Gott das

die Liebesgeschichte der Hamda eingeweiht war, treulich Der Zorn des Vaters der Hamda, der den Habbas mit den Worten empfieng : "1Webe, wehe ! Verderbe dich

bei.

Die amerikanischen Eisenbahnen. D. h. ihre Weiber, Schweſtern u . s. w. , welche die Mühe hatten auf der Handmühle das Mehl zu mahlen, ihren Reiſe proviant. 2 D. h. ich gehe in den Kampf und Tod deinen Augen zu Liebe.

Eine der wesentlichsten Grundbedingungen für den Wohlstand und den Reichthum eines Landes beſteht un streitig in der Zahl und der möglichst erleichterten Be nüßung seiner Verkehrsmittel. In dieser Beziehung dürf

Die amerikanischen Eisenbahnen.

62

1 ten die Vereinigten Staaten, das bisher in Europa Ge

bau nach Tausenden von Meilen berechnen, und jedes

leistete weit übertreffen und nicht ohne Interesse dürfte es

neue Jahr sicht zahlreiche neue Eisenbahngesellschaften ent

ſein, näheres über die amerikaniſchen Eisenbahnen, ihre

stehen. Im Jahr 1849 wurden zu den oben erwähnten 6196 noch weitere 1369 engl. Meilen Schienenwege hinzu

Entstehung, ihre Entwicklung, ihre Anlagekosten und dem durch sie vermittelten Verkehr zu erfahren.

gefügt, und 1867 belief sich ihre Totalsumme auf 39,444

Die erste der zahlreichen Eisenbahngesellschaften Nord

engl . Meilen, welche sich im Besiz von 559 verschiedenen.

Amerika's wurde in Baltimore im Jahr 1827 unter dem

Gesellschaften befinden. Im Durchschnitt darf man anneh men daß sich die amerikanischen Schienenwege jedes Jahr

Namen der „Baltimore-Ohio -Bahn " gegründet.

Nachdem

sie von der Gesetzgebung des Staates ihre Conceſſions

um 2227 engl. Meilen vermehren.

Begreiflicherweise ist

urkunde erhalten, begann sie die Arbeiten am 4 Juli 1828.

es bei so verschiedenartigen Verhältnissen nichts leichtes

Im Jahr 1830 waren dieselben soweit gediehen um eine erste Strecke, welche bis an die Gränzen Marylands reichte,

eine Norm zu finden nach welcher sich die Höhe der Her stellungskosten bemessen ließze.

dem Verkehr übergeben zu können, und 1852 war die

Betriebsgesellschaften haben noch keinen vollständigen Bericht

Manche der verschiedenen.

Strecke bis Point of Rock, weitere 120 Meilen, vollkommen

über ihre Unternehmungen abgelegt. Im allgemeinen glaubt

befahrbar.

Für diesen ersten Betrieb verwendete die Ge

man im Bereich der ganzen Union den Kostenaufwand

sellschaft noch keine Dampfkraft, die Waggons wurden, wie

per laufende Meile mit 41,000 Dollars berechnen zu dür fen. In den Südstaaten stehen die Kosten am niedrigsten ;

noch jezt vielfach im Weichbilde der Städte, durch Pferde gezogen. Nur an zwei Punkten, wo bedeutende Steigungen zu überwinden waren, hatte die Gesellschaft Dampfmaschi:

sie belaufen sich daselbst auf 30,000 Dollars per Meile, in

nen aufstellen laſſen, mittelst deren Hilfe die Wagenzüge

Centralstaaten, wo die Abhänge der Alleghanygebirge be

auf

deutende Hindernisse bilden, auf 53,000 Dollars, in den westlichen Staaten auf 30,000 Dollars. Nach dieser

und niedergehaspelt wurden

Gegenwärtig ist die

Gesellschaft in Besiß von drei Linien, der Hauptbahn von Baltimore nach Wheeling im westlichen Virginien, und den beiden Zweigbahnen nach Washington und Parkersburg.

den nordöstlichen Staaten auf 40,500 Dollars, in den

Schätzung wird sich der gesammte Kostenaufwand für den

Die Ausdehnung dieser drei Bahnen beträgt zusammen.

Bau der 39,444 Meilen Bahn auf 1 Milliarde 617 Millionen belaufen. Hiermit wären aber nur 75 Procent

513 englische Meilen. Ihr Betriebsmaterial zählt 243 Locomotiven und 3613 Wagen . Erst mit Erbauung der

des von allen Eisenbahngesellschaften gezeichneten Capitals erreicht.

zweiten Bahn, von Mohawk bis zu den Ufern des Hudson,

Noch schwieriger dürfte es sein bestimmte Anhaltspunkte

welche im Jahr 1830 in Angriff genommen, wurde die

zur Feststellung des jährlichen Reinerträguisses zu gewinnen.

Locomotive in die Vereinigten Staaten eingeführt.

Die bestgefertigten ſtatiſtiſchen Nachweise bewegen sich in allgemeinen Angaben , welche ebenso schwer zu beweisen

Von da

an vervielfältigten sich die Eisenbahnen mit solcher Schnellig teit daß fünf Jahre später bereits 1098 englische Meilen in vollem Betrieb waren.

Als man gewahr wurde wie loh

nend das neue Unternehmen war, drängte sich das Capi tal von allen Seiten heran um Theil am reichen Gewinn zu nehmen .

als zu widerlegen sind , und meistentheils zum mindeſten den Stempel der Uebertreibung an sich tragen. Ihnen zufolge würde sich im Jahr 1867 das Reinerträgniß der Bahnen von Massachussets und den übrigen Nordstaaten

Die Gesellschaft von Camb

auf durchschnittlich 12,927 Dollars, die des Staates New York auf 15,000 Doll. und in Pennsylvanien auf 12,600 Doll. per Meile belaufen. Im Westen hätten nach gleicher

den und Amboy, welche sich die Verbindung von New-York und Philadelphia zur Aufgabe gestellt hatte, übergab ihre Babn

Angabe die Hauptbahnen einen Gewinn von 10-16,000 Doll. per Meile erzielt. Die Bahnen von Pittsburg, Fort

im Jahr 1837 dem Verkehr ; die von Boſton und Albany im

Wayne und Chicago hätten 15,644, die von Chicago, Bur

Jahr 1841 ; die von Albany nach dem Erieſee im Jahr Gleichzeitig erhielt Philadelphia auch die Reading

lington und Quincy 15,218 , Cleveland , Painesville und Ashtabula 19,247, die Centralbahn von Michigan 15,000

bahn, welche ihm die Steinkohlen aus dem Innern Penn sylvaniens zuführte. Troß dieser anerkennenswerthen Thä tigkeit betrug im Jahr 1848 die Summe aller amerikanis

Doll. per engl . Meile eingetragen. Die Reinerträgnisse für die östlichen, mittelstaatlichen, westlichen und die Pacific bahn werden auf 10,000 Doll. per Meile veranschlagt,

ſchen Bahnen nur 6196 engl . Meilen.

Hienach ergäbe sich für die 29,146 Meilen Bahn , welche das Eisenbahnnetz in diesem Theil der Union bilden, ein

Im Jahre 1836 wurden 175 , 1837 224 und 1838 416 Meilen Bahn erbaut.

1842.

Als aber die Ent

deckung der kalifornischen Goldfelder eintrat, kam alsbald neues Leben in die Ausbreitung des amerikanischen Eisen babnneßes. Die 50 Millionen Dollars welche von nun an alljährlich aus Kalifornien in den Geldverkehr flossen, übten den weitgehendsten Einfluß auf die ökono mischen , industriellen und mercantilen Verhältnisse der Union.

Fortan ließen sich die Fortschritte im Eisenbahn

Reingewinn von 291,460,000 Doll . Die Bahnen der Süd staaten mit einer Ausdehnung von 10,000 engl. Meilen und mit einem Erträgniß von 5000 Doll. per Meile, er geben einen Reingewinn von 50 Mill. Doll. Der Frachtverkehr ist nach denselben Angaben auf 2000 Tonnen per Meile geschäßt. Angenommen dieses wäre

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

genau, so würde sich für den Frachtverkehr ein Totalbetrag von 78,880,000 Tonnen ergeben.

In dieser Zahl ein

63 .

aufzieht, zwingt uns der Noth gehorchend nicht dem eig nen Trieb" das alte Lied von dem kranken und „leider

begriffen sind 15 Mill. T. Kohlen aus den Gruben von Penn

unsterblichen“ Manne wieder von vorn anzufangen.

sylvanien.

Ding, welches man aus alter Gewohnheit noch immer eine

Durch die nothgedrungene Umladung dieser

Das

Fracht von einer Bahn auf die andere findet sich dieser

"Frage" nenut , sollte uns längst schon als beantwortet

Frachtposten doppelt eingetragen , es bleiben also für den übrigen Güterverkehr noch 48 Mill. Tonnen . Den Werth

gelten.

seit dem Beginn des Jahrhunderts, und früher schon reifte

derselben zu durchschnittlich 150 Doll. angenommen, ergibt

das Schicksal der Osmanen, färbte sich der Apfel , deſſen

sich ein Werthbetrag von 7333 Mill., eine Summe welche

Fallen wir von Jahr zu Jahr erwarten. Wohl mochten mit Bangigkeit die Staatsmänner des vergangenen Ge

das Anlagecapital der amerikanischen Bahnen siebenfache übersteigt.

um das

Diese Zahlen sind ein unwiderlegbarer Beweis für den Reichthum der Vereinigten Staaten und rechtfertigen es vollkommen wenn der amerikanische Unternehmungsgeist

Seit vierzig Jahren, was sagen wir seit vierzig ?

schlechtes das Kommende betrachten.

Wenn der Türke nach)

Kleinasien zurückgescheucht wurde, wer sollte die entstehende Leere ausfüllen ? Nebel lagerten daher über der Zukunft der balkanischen Lande, und auf dem Nebel regten sich un

bei den bis jeßt erzielten Ergebnissen nicht stehen bleibt. Die Union verfolgt mit dem Aufwand aller ihr zu Gebot stehenden Kräfte den Ausbau ihres Eisenbahnnetzes, und

heimliche Gestalten, Riesen, Ungeheuer und Lanzenreiter.

selbst in den schwierigsten Zeiten hat sie nie dieses Ziel außer Augen gelassen. So beschloß die Bundesregierung den Bau der Pacificbahn noch während des Bürgerkrieges,

Halbinsel bereits so voll ist wie ein Ei , für den verliert

und obwohl dem Lande damals die schwersten Opfer auf:

schichte studieren, wenn diese nicht ein werthlojes Plus

erlegt waren, fand dieser Beschluß dennoch überall den

quamperfectum oder ein Futurum wäre.

ungetheilteſten Beifall. Troß aller Hindernisse welche sich dem riesigen Unternehmen entgegenstellten, ist es heute seiner Vollendung nahe, und innerhalb 18 Monaten dürfte die Pacificbahn dem Verkehr übergeben worden sein. Die amerikanischen Bahnen erhalten ihre Concession

Wer sich aber schon eingestanden hat daß der Osmane, wenn er geht , keine Leere hinterläßt , daß die rumelische

die orientalische Frage alles Nebelhafte , er liest Ranke's ,,serbische Revolution " und würde daneben bulgarische Ge;

Beherzt verjagt

er aus seinem Gedankenreiche den alten Spuk und Graus des politischen Aberglaubens , zu dem auch eine Drohung gehört, mit welcher der alte Napoleon in seinem südatlan tischen Inselkäfig europäischen Kindern Schrecken eingejagt hat,

daß nämlich unser Welttheil (der doch eben der Ge

von der staatlichen Gesetzgebung, in deren Gebiet sie sich befinden , nur die Gesellschaft der Pacificbahn macht eine

fahr entronnen war, bonapartisch zu werden), in fünfzig

Ausnahme von dieser Regel.

Für unendlich viele, für die meisten besteht die orien talische Sorge darin daß Konstantinopel nicht unter den

In Betracht der großen Auf

gabe der es hier galt , glaubte die Bundesregierung von der Neutralität abgehen zu dürfen, welche sie sich gegen über den übrigen Unternehmungen dieser Art zum Gesetz gemacht hatte.

In seinem Gesetz vom 1 Jul. 1862 be

stimmte der Congreß die Zahlung von 16,000 Doll. an die Pacificgesellschaft für je eine Meile Bahn im Flach lande sowohl östlich als westlich der Felsengebirge und der Sierra Nevada ; von 48,000 Doll. für je eine Meile Bahn im Gebiete dieser beiden Gebirgsketten , mithin für eine Strecke von 150 Meilen , und von 32,000 Doll. für je eine Meile Bahn im Vorlande der Gebirge.

Die Total

Jahren der Republik oder dem Kosaken verfallen müßte.

ruſſiſchen Hauptſtädten die dritte werde.

Dieß, meinen ſie,

wäre das lezte Capitel bevor Europa kojakiſch werde. Sicherlich wäre es kein geschichtlicher Spaß, sollten jemals die ruſſiſchen Kaiſer ihr eigen nennen wovon ihre Vor fahren so süß und so unruhig geträumt haben. Mit Aus nahme von Rom hängt an feinem Fleckchen Europa so viel Zauber als wie an Konstantinopel, und doch besißen es die Demanen seit 1453 ohne daß unser Welttheil türkisch geworden wäre. Es ist nicht sowohl der Siz der oftrö. mischen Kaiser, nicht das goldene Horn, nicht die Sophien

summe der ganzen Subvention , für das Gebiet zwischen dem Missouri und dem Sacramentofluß, würde sich also auf

moschee , nicht der Geruch der mancherlei Kaiſerreiche die dort

49,453,130 Doll. belaufen.

auf der begünstigten Lage an einem geräumigen Becken, welches durch zwei enge Schluchten mit zwei abgesonderten

nach einander verfaulten, sondern sein Werth beruht vielmehr

Welten verbunden ist. Hände der Russen ,

Fiele jemals der Bosporus in die

das schwarze wäre für ewig ein ge

schlossenes Meer und jedes pontiſche Ufergelände unrettbar

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen preisgegeben den

Mächte. 5.

Rußland.

Ueber Rußland etwas sagen zu sollen im Augenblick wo vom Bosporus ein orientalisches Wetterleuchten her

kosakischen“ Kriegsflotten.

Kame dann

zum Bosporus der Hellespont hinzu, so würden die Mos kowiter sich nicht damit begnügen die Dardanellen mit den gröbsten Geschüßen aus der Krupp'schen Gußstahlgießerei zu bewaffnen, sondern sie würden auch ihren Weg hinaus finden in das ägäische Meer, an die syrischen Küsten, an

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

64

den Canal, den Hr. v. Lesseps durchstochen hat, nach den

ßere und wie lange wird es dauern daß neben dem großen .

Eyrten, überhaupt in das östliche Becken des Mittelmeeres,

Ocean auch das atlantische Meer zu mediterraneischer Be

und die größte unter den Machtgrößen, Rußland, das Ober

ſcheidenheit herabſinkt ? Für ein Volf welches aus den rumelischen Meerengen . etwas großes zu schaffen wüßte, für ein Volk welches

haupt aller griechischen Christen , würde dann unbedingt als die örtlich stärkste Seemacht des Mittelmeeres auf: treten können , und just in derjenigen Hälfte des Mittel meeres, wo die Wiege der Gesittung stand, wo das Men schengeschlecht zuerst buchstabiren lernte, wo es zwei Reli gionen stiftete und wohin es wallfahrtete, wo dermaleinst

von Fracht und Schacher lebt, für ein kleines Volk mit einer großen Handelsmarine, für die Neuhellenen, die gern zu Neubyzantinern aufrücken möchten, wäre Konſtantinopel juſt das was ihnen fehlte. Schade nur daß von allen

die Franken den Brodzucker kauften, dazu Brocat, Balsam,

Wendungen, die nach dem Verfall der türkischen Herrschaft

Zimmet und Gewürznägel, in derjenigen Hälfte des Mit telmeeres neben welcher die andere fast unbelebt erscheint,

als möglich gedacht werden können, das Entstehen eines

in jener Hälfte, deren Ufer mit Städten besäumt waren,

Neu-Byzanz, die geringste Wahrscheinlichkeit besit. Zu einer Zeit wo Kaiser Nikolaus noch an seine Allmacht

wie Milet, Tyrus, Sidon, Alexandria und Athen, von der

glauben durfte, gestand er Sir Hamilton Seymour in

aus erst entdeckt werden mußte daß jenseits der sicilischen

jenem unbewachten Augenblick, der ihm die Feindschaft der

Meerenge bereits das Land vom Wasser geschieden war und Menschen wohnten, die auf die Welt kamen und aus

Weſtmächte zuziehen sollte : „ Es gibt verschiedene Dinge, die ich niemals dulden werde, dazu gehört auch die Wie

der Welt giengen, wie andere Menschen, was man im vor

deraufrichtung eines byzantinischen Kaiserreiches oder eine

aus doch nicht wissen konnte , und bei denen es unver muthet viel Silber zu holen gab und ein wenig Gold.

derartige Ausdehnung Griechenlands daß es ein mächtiger Staat werden könnte. “

Und dennoch müssen wir nochmals fragen, warum ist

Es wird also von Rußland dafür gesorgt daß Konſtan

Europa nicht türkisch geworden ? warum bauen wir keine Minarchs ? warum hören wir noch nicht die Stimme eines

tinopel nicht neuhellenisch werde, denn wenn auch der

Gebetausrufers anstatt der ehernen Klänge unserer Glocken ? Warum ist nicht in unserer Kindheit an uns die anato mische Verwandlung des Ungläubigen in einen Gläubigen vollzogen worden, obgleich doch die Osmanen schon seit 400 Jahren den Schicksalswinkel dreier Welttheile beherr schen ? Eine Antwort ist nicht schwer zu finden. Was

Kaiser Nikolaus begraben ist, so hat er doch die Geheim nisse der russischen Politik über der Erde lassen müſſen. Duldet Rußland die Griechen nicht in Konstantinopel, und sind bereits Vorkehrungen vorhanden, daß Europa die Russen nicht am Bosporus und Hellespont zu dulden braucht, so wäre schon die größte Bangigkeit über eine Erfüllung des osmanischen Schicksals beseitigt. Uebersehen darf vor allen Dingen nicht werden daß die

würde es nüßen die unverschuldet zur Notorietät ge: langten Gorilla am Gabun mit Zündnadelgewehren

Schwierigkeiten einer Lösung der orientalischen Verlegen

damit doch niemals weder

heiten sich seit den legten Zeitläufen außerordentlich ver

Franzosen noch Neger aus ihren Revieren vertreiben . Was hätte es den Osmanen genügt wenn man sie an

einen andern Ausgang vor sich als daß nach dem Verschwin

zu

bewaffnen ? sie

würden

mindert haben.

Noch vor 20 oder 30 Jahren ſah niemand

alle Meerengen der Welt versezt hätte ? Sie würden viel leicht vorüberfahrende Schiffe beschossen haben, wären aber darum niemals eine Seemacht geworden. Nicht der Befih

der Erbschaft schien bei der Eifersucht und dem Neide der

von Häfen und Bauholz, von Schlüſſeln zu zwei großen Meeren führt zur Herrschaft auf dem Wasser, sondern allein

dern die bessern Bissen gönnen sollen ? Offenbar aber ist

der überseeische Handel.

Nicht nach den Häfen , sondern

von einer Beerbung des Großtürken durch Rußland, Dester

nach den Schiffen muß

die Stärke von Seemächten ge

reich, England und Frankreich nicht mehr die Rede. Gehen

den der Türken ihr Reich zerlegt werden müßte, wie dermal einst Polen.

Eine billige Verständigung über die Theilung

Großmächte ganz hoffnungslos, denn welche hätte der an

So wenig wie Byzantiner und Osmanen

nämlich die Osmanen, so bleiben die Slaven, und diese

werden die Russen jemals bessere Matrosen werden wenn ihre Herrschaft sich bis zur Einfahrt in das Mittelmeer erstrecken sollte . Niemand hat sie bisher daran gehindert

gehören offenbar sich selbst. Vormals wollte man nicht recht daran glauben daß Staaten wie Serbien und die

zählt werden.

eine Kauffartheimacht zu sein, aber wo sind ihre Schiffe? Wie groß ist ihre Tonnenzahl ? Bringen sie den eignen

Donaufürstenthümer auf eigenen Füßen stehen können. Wenn sie auch jezt noch manchmal wanken und taumeln, ist das anders zu erwarten von Völkern die Jahrhunderte

Waizen oder bringen ihn Fremde von Odessa nach Mar seille oder London? Selbst wenn sie alle Felder des öst lichen Mittelmeerbeckens beherrschen sollten wie die Köni

lang des freien Gebrauches ihrer Glieder beraubt gewesen. waren ?

gin das Schachbrett, wird denn überhaupt noch das Schick sal des Abendlandes entschieden durch das was in der Kinderstube der Gesittung vorgeht ? Das Mittelmeer hat

legung der türkischen Leiche läßt sich jest kunstgerecht nach

uns große Dienste geleistet, das atlantische Meer aber grö

mann'schen Mittheilungen Lejeans Sprachenkarte herbeizu

Die Lösung der orientalischen Frage, d. h. die Zer

den Vorschriften des 19ten Jahrhunderts vornehmen.

Wir

brauchen nur dazu aus den Ergänzungsbänden der Peter

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

holen und einige Grammatiken der rumelischen Halbinsel im Hintergrunde vor uns aufzupflanzen .

65

Wer sucht also noch immer eine Lösung der „orientalischen

Nur müssen wir

Frage ?" fie löst sich alltäglich vor unsern Augen, näm›

vorher uns in die rechte Stimmung und Andacht ver:

lich wie eine Zwiebel ' durch Ablösung der einzelnen Gebiete.

sehen.

Die rechte Stimmung zu einer solchen anatomischen

Die orientalische Frage ist längst nicht mehr orientalisch

Uebung gibt allein das Bewußtsein völliger Unparteilich

oder europäiſch, sie ist jetzt nur noch eine bosnische und

feit.

eine bulgarische Frage. Die Bulgaren waren noch vor zehn und zwanzig Jahren Rajah, das heißt eine Herde

Regen sich in uns noch Zuneigungen oder Abneigungen

so ist es räthlicher die Meſſer ruhen zu lassen.

Wenn wir

irgend einer Vorliebe folgen wollten, so wären wir ſtets auf

und zwar eine Herde geduldiger Schafe .

Seite der Türken.

ihren Rosenhainen jenes duftende Oel das in Konſtanti:

Denn von einer Begeisterung für die

Griechen wissen wir uns so rein wie ein frisch gewaschenes Sacktuch. Nie haben auch bei uns die wohlfeilen Sprüche gezündet welche den Türken jede gründliche Beſſerung wegen des Korans absprachen. Der Koran hat die Araber nicht verhindert ihre Herrschaft über Spanien, Afrika, Persien, Ferghana und Indien zu erstrecken . Was die Durchschnitts abendländer vom Koran wiſſen, beschränkt sich immer darauf daß der Prophet vier eheliche und eine unbeschränkte Zahl Die Monogamie ist unehelicher Frauen verstattet habe. aber durchaus nichts wesentlich christliches, denn sie ist älter als das Christenthum, war unter den anfänglichen Chriſten kein strenges Gebot, findet sich endlich bei vielen wilden Men schenstämmen und bei sehr vielen Völkerschaften die dem Islam . angehören. Staatsgefährlich ist die Vielweiberei nur in sofern als die verſchiedenen Frauen im Palaſt immer Verschwörungen angezettelt und Gift gemischt haben um ihre unberechtigten Söhne auf den Thron zu bringen.

Der rasche Verfall

nopel als

Eie preßten aus

morgenländisch“ verkauft wird, sie bauten den

feinsten Waizen in ganz Europa, lieferten kostbares Eichen holz, ſaßen befriedigt unter ihren patriarchaliſchen Nußは bäumen, und ließen sich willig von den Osmanen die Wolle abscheeren.

Wo ein Türke vorüberzog, so klein und

schwächlich er nur immer sein mochte, der stattliche und hochgewachsene Bulgare grüßte und demüthigte sich vor dem Gebieter. Jener exemplarische Bulgare gehört aber jezt schon der guten alten Zeit an . Als im Jahre 1862 der afrikanische Entdecker Heinrich Barth durch den Balkan zog, begegnete er überall drohenden Gesichtern, die Türken ſchaarten ihre Truppen zusammen und die politische Luft war ungewöhnlich schwül. Wie in Serbien, wie in Grie chenland die Freiheit angefangen hat, so geschah es damals in Bulgarien. Man hörte allerorten von Räubern ――― - oder wer den Wohlflang liebt, von Haiduken oder Klephthen, zugleich wuchsen neue Kirchen, neue Klöster aus dem Boden,

morgenländischer Herrscherhäuser ist meist auf diese Umstände

gefördert durch russische Almosen.

zurückzuführen.

nachgefolgt und unterdrückt worden. Wieder ausgebrochen und wieder zertreten dauern sie fort und fort, bis auf

Aber gerade die Osmanen, die jüngste,

für Europa gefährlichste Dynastie, die aus dem Schooße des Islam trat, wußte die Gefahr vom Ursprung an durch ein eisernes und eisiges Herkommen zu beseitigen, wie denn ſelbſt jezt noch nie eine Wehmutter irgendeine kaiserliche Prinzessin von einem lebenden Knaben entbinden wird.

Die Aufstände sind dann

irgend einem Diplomatensabbath oder in irgend einer Cabi netsdepesche einmal der Ausdrud la question bulgare ge braucht werden wird.

Wenn die Bulgaren nur einmal ihr

Als Race sind die europäiſchen Osmanen nicht von reinem,

Unbehagen bis zum Rang einer europäischen Frage erhoben haben, dann wird die Vermittlung nicht ausbleiben, es

aber nichts desto weniger von gutem Blute, sie sind sogar

wird zuerst von Autonomie, dann von Suzeränetät die

das Ergebniß einer Züchtung mit fortgesetter Auswahl.

Rede sein, und dieß war noch stets der Anfang vom Ende.

Zu diesen Vorzügen gesellt sich noch ein verfeinertes Gefühl

Bulgarien ist nicht übel abgerundet ,

für Anstand, das Bewußtsein höherer Würde, eine ſtrenge

beiden Abhängen des Balkan von der Donau bis zum ägäi

Redlichkeit im Handel und ein Abscheu vor Schacher und

schen Meer und wird beide Gewässer früher oder später mit einer Eisenbahn verbinden. Warum sollten wir in

schmußigem Gelderwerb. Dieß sind Eigenschaften die uns mächtig anziehen, aber bei politischen Geschäften handelt

es erstreckt sich an

Deutschland ein Bulgarenreich von beinahe 5 Millionen

es sich nicht darum angezogen zu werden, sondern wir

Köpfen nicht begrüßen, da ja doch auf den Thron irgend

müſſen eine Antwort geben auf die Frage : ſind anderthalb Millionen Türken befähigt acht und eine halbe Million

einer unserer Prinzen oder Depossedirten berufen werden würde ?

Slaven zu beherrschen sobald dieſe letteren zum National bewußtsein erwacht sind? Wenn sie es am Schluß des

Betrachten wir uns dann die Sprachenkarte näher, ſo

Jahres 1868 noch gewesen waren, werden sie es noch sein

gewahren wir mit großer Beruhigung daß die Osmanen nicht bloß in Sprachinseln über das Reich zerstreut

wenn Eisenbahnen ihr Land durchziehen, wenn sich die Landschulen vervielfachen und jeder Schullehrer den Alten die Zeitungen in der heimathlichen Sprache vorließt ? Seit

wohnen, sondern daß sie auch große Landstriche dicht und unvermischt ausfüllen, ja genau diejenigen Landstriche wo wir sie am besten brauchen können . Von der Donau

diesem Jahrhundert ist die europäische Türkei langsam abge: storben anihren äußerlichen Gliedmaſſen. Griechenland wurde

mündung angefangen gehört ihnen ein sehr breiter Küſten jaum, nämlich die Dobrudscha. Ferner treten sie ziemlich

unabhängig, Serbien wurde es nahezu, und die Donaufürsten thümer gehören ihm nur noch auf dem Landkartenbilde.

dicht im eigentlichen Rumili unter Bulgaren auf, in Thra cien unter einer neuhellenischen Bevölkerung. Sie haben

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

66

dort fast alle Städte inne, während den Slaven oder Grie Aus diesem Winkel

der Pforte in den lezten Zeiten gewachsen ist. Etwa ein Drittel der Bosniaken bekennt sich zum Islam, ¹ aber

von Europa wird ſie ſelbſt nicht eine Bewegung der Na

wohlgemerkt nicht zur Vielweiberei, auch die Verschleierung

tionalitäten verdrängen, denn die dort herrschende Natio nalität sind eben die Osmanen. Besteht daher kein Grund

der Frauen wird ſelbſt in den Städten nicht streng beob achtet, sie fällt auf dem Lande beinahe gänzlich weg, ja ist

chen nur das flache Land gehört.

ſie aus der Dobrudscha und aus Thracien zu vertreiben,

in manchen von Muhammedanern bewohnten Strichen nie

so wird ihnen jedenfalls Konſtantinopel ſammt den Waſſer engen zwischen den beiden Welttheilen verbleiben , die

mals Brauch gewesen.

teinen bessern Händen anvertraut werden könnten, da die

ferung, der ehemalige serbische Adel der das Land beſigt,

Türken nie von ihnen Gebrauch machen werden . So hurtig das künftige bulgarische Königreich von der

Jenes muhammedaniſche Drittel

der Bosnier ist aber gerade der ſtreitbare Theil der Bevöl

oder die Städte ausfüllt, während die orthodoxen Bosnier die frohndpflichtige Bauernschaft bilden.

Diese Umstände

Donau bis zum ägäischen Meere sich in der Einbildung

werden immer eine Einigung mit Serbien erschweren und

aufbauen ,

bende Dobrudſcha und Thracien wiederum vom Schwar

verzögern, denn nicht bloß durch die Religion ſind die bos nischen von den fürstlichen Serben getrennt, sondern auch

zen Meere abscheiden ließ, so schwierig und verwickelt er

die agrarische Verfassung beider Länder ist gänzlich ver

scheint die Zukunft der adriatiſchen Gebietstheile. Gehören nämlich die Bulgaren sämmtlich zur orthodoxen Kirche,

schieden. Im Fürstenthum sißen nur freie Bauern , in Bosnien gibt es Herren und Knechte. Der bosnische Adel

(denn der römische Waizen den man in ihre Gemüther vor

kämpft also nicht bloß für den Islam , sondern auch für seinen Hof und Robotenbesiz. Ob die hörigen und grie

zugleich

aber durch

die osmanisch verblei

etlichen Jahren säen wollte, ist nicht aufgegangen), so steht es ganz anders in Albanien und Epirus.

Dort ſigen be

kanntlich Völker welche die Ethnographen Echkipetaren, die Erdkunde Albaneſen, die Türken Arnauten nennen. Der Mehrzahl nach Muhammedaner,

dann

aber auch

chischkatholischen Bauern Bosniens bei kräftiger Unter stüßung durch die fürstlichen Serben schon gegenwärtig ſtar genug wären sich von der Pforte und ihrer muham,

orthodox und zum Theil römisch, fehlt ihnen was in Süd

medaniſchen Gutsherrschaft zu befreien , wiſſen wir nicht, denn die neuesten Beobachter welche das Land durchzogen,

osteuropa wichtiger ist als der gleiche Völkerstammbaum ,

haben entweder um die Stimmung sidh nicht gekümmert,

die Einheit der Religion .

oder absichtsvoll darüber geschwiegen. In Bosnien alſo ist die Lösung oder Ablösung der orientalischen Frage in

Was aus ihnen werden sollte

wenn jemals die Osmanen vertrieben, oder nur unsere bulgarischen Träumereien

zu

tageshellen Wirklichkeiten

werden sollten, ist schwer auszusprechen, man braucht sich aber darüber auch nicht weiter zu beunruhigen, denn ab geschnitten von der Pfortengewalt würden sich die Alba

der Reife noch zurück, und das Schicksal jenes Landes wird sich wohl erst nach dem bulgarischen Schicksal entscheiden. Wenn wir mit solcher Sicherheit schon jest von der Be endigung der türkischen Herrschaft sprechen, so berechtigt

nesen früher oder später an Griechenland oder Bosnien anschließen müſſen .

uns dazu das unverbesserliche Phlegma der Osmanen .

:

Nach Beendigung des Krieges auf der Krim hatte die Pforte wieder eine neue zehnjährige Frist gewonnen , von der sie aber keinen Tag verlieren durfte um namentlich

Auch in der lettern Provinz gehört die Bevölkerung

verschiedenen Religionen an. Mit Ausnahme etlicher Be amten gibt es dort keine Osmanen, vielmehr sind sämmt

den Hat Humayun gewissenhaft durchzuführen.

Aber 12

liche Bosnier, mit denen wir ſtillschweigend die Bewohner der Herzegowina vereinigen, der Sprache wie der Abfunft

Jahre liefen fast ungenüßt vorüber, und die aufgeklärten Staatsmänner, welche seit kurzer Zeit die Politik der Pforte

nach Eerben.

leiten, kamen (fürchten wir) bereits zu spät. Eine Begei sterung für die Türken, wie sie im Jahr 1853 aufrichtig im Westen Europa's und in Deutschland noch anzutreffen

Wenn morgen in Serajewo ein bosnischer

Reichstag zusammenträte und sich für die Vereinigung mit den Serben des Fürstenthums ausspräche, die hohe Pforte könnte nur Amen ! dazu sagen, denn an Mitteln zur Un terdrückung einer solchen Bewegung fehlt es gänzlich. Die Bosnier sind ein streitbares Volk, ihr Land ist an wenigen

Jedermann hat war, läßt sich niemals wieder anfachen. Bedauern mit der Pforte, mit dem Sultan, mit seinen

Stellen zugänglich , und die wenigen Pässe sind leicht zu besetzen, so daß die Bosnier, mit den Serben vereinigt, zur

jeßigen Weſſiren, mit der gesammten Osmanenſchaft, jeder mann sagt sich aber zugleich daß dem nicht zu helfen sei Zu den vormals vorhandenen der sich nicht selbst hilft.

Bertheidigung vollkommen ausreichen würden. Der Bos nier ist stolz auf ſeine Abkunft, und wer ihn einen Türken

Geldkräfte gesellt,

nennt, fügt ihm unbedacht eine Beleidigung zu. Allein viel früher wird es eine suzeräne Bulgarei geben als daß ein bosnischer Reichstag in Serajewo für Ver einigung mit dem fürstlichen Serbien sich erklären sollte. Bosnien ist nämlich der Edstein der Osmanenherrschaft in Europa, Bosnien das einzige Kronland wo das Ansehen

Schwierigkeiten hat sich neuerdings eine Erschöpfung der Die Türkei drückten früher keine Schul

1 Die neuesten und beſten Angaben ſind die von Roskiewicz, und zwar lauten ſie : Bosnien. Herzegowina. Muhammedaner 60,000, 323,000 460,000 75,000, Griechische Katholiken " 135,000 47,180. Römische

Rückblicke auf die auswärtige Politik der großen Mächte.

den weil ihr niemand borgte, und es borgte ihr niemand weil sie keinen Credit genoß. Um sie nur früher zu ver derben sollte die Pforte seit dem lehten Kriege zu Credit

67

der Woiwodina mit ihren neuen Zuständen

im Reiche

des heiligen Stephan versöhnt, haben ſie die ſelbſtändigen

gelangen, und sie hat sich seitdem fortwährend weit über ihre Kräfte mit Schulden bedeckt, ein Mißstand der doppelt schwer

Rumänen in den Donauebenen und die Serben im Fürſten thum um nichts zu beneiden, sondern dürfen sie sich mit ihnen vortheilhaft vergleichen, warum sollten sie dann ab

wiegt in einer Zeit wo wirksame Schießgewehre so theuer

fallen ?

geworden sind und nur gegeu baares Geld geliefert wer

werden wenn die Magyaren den verderblichen Weg der Racenbedrückung wie zu Kossuths Zeiten betreten sollten.

Dazu gesellt sich noch der ungünstige Umstand daß die Osmanen in Europa an Zahl abnehmen sollen. So hört man wenigstens versichern, doch ist bei dem Mangel von Volkszählungen in der Türkei eine solche Behauptung höchst gewagt und kann nur auf Wahrnehmungen an be schränkten Dertlichkeiten beruhen. Darfaber, wird man fragen, Desterreich einem solchen ge müthlichen Verfall der Türkei ruhig zuschauen ? Hier in derThat liegt der Kern aller orientalischen Sorgen.

Während die

Gefahr daß Rußland bis zum Bosporus hinaus wachsen fönnte größtentheils nur für eine erhitzte Einbildungskraft besteht, liegt die Besorgniß viel näher daß die Vollstreckung

Schwierig würden erst dann jene Völkerſchaften

Um aber nach Rußland zurückzukehren, müssen wir zur Klarheit darüber gelangen, ob auch der Ehrgeiz dieser gro Ben Macht seine vollständige Befriedigung in der Befrei ung Bulgariens und Bosniens vom türkischen Joch finden möchte ? oder ob das Zurückdrängen der Osmanen ihm nur als Vorspiel dienen sollte daß es sich der gesammten griechisch gläubigen Halbinsel bemächtige ? Wir unsererseits zweifeln nicht an der Aufrichtigkeit des Kaiſers Nikolaus, als er in dem Gespräch mit Sir Hamilton Seymour, jeden Gedanken an rumelische Eroberungen von sich wies, und

des nationalen Befreiungstriebes an der Türkei eine schäd

als Ziel der ruſſiſchen Politik die Schöpfung einer Anzahl nationaler Staaten auf der balkanischen Halbinsel bezeich

liche Rückwirkung auf das Nachbarreich ausüben möchte.

nete.

Allein mit gleichem Rechte darf man fragen : kann Dester:

als wenn es durch Einverleibung jene Völkerschaften ſich erbittern würde. Es verfügte dann über eine Clientel

reich überhaupt den Vorgang hindern ? Hat es denn nicht schon längst das Schlimmste geschehen lassen, wodurch es bei der Auflösung der Pfortenherrschaft bedroht wird ? Desterreich und die Türkei haben an Unterthanen derselben Race Serben und Rumänen gemeinsam.

Ein serbisches

Fürstenthum, ein rumänisches Reich bestehen bereits, sie brauchen nicht erst auf den Verfall der Osmanenherrschaft zu warten. Und ist es nicht Desterreich erst jüngst gewesen, das nachdem Bombardement von Belgrad der Pforte gerathenhat, ihr Besaßungsrecht an serbischen Pläßen aufzugeben ? Auch

Rußland gewänne in der That auf diese Art mehr

von Mittelstaaten die seines Schußes

nicht entbehren,

und die umgekehrt in schwierigen Zeiten Bewegungen zu ſeinen Gunſten ausführen könnten, wie die Serben es wiederholt, wie es die Neuhellenen während des Krimkriegs gethan haben, und die endlich im russischen Kaiserreich stets das Chalifat der morgenländischen Christenheit mit der Frömmigkeit jugendlicher Völker verehren würden . Auch ohne Aussicht auf Landerwerb erfüllen die ruſſiſchen Kaiser

leidet dieFrage, was Desterreich in der Türkei dulden odernicht

nur ein religiöſes Geheiß, wenn sie ihre Glaubensbrüder in der Türkei vom Joch des Islam erlösen, so daß jeder

dulden dürfe, an einer innerlichen Unklarheit. Wenn früher von Desterreich geredet wurde, wußte ein jeder woran er

Pope und mit den Popen jede ruſſiſche Dorfgemeinde in fanatischer Inbrunst einen Herrscher segnen würde,

war, jezt aber, wo es sich in ein Doppel - Ich verwandelt

der die Bulgaren, der die griechischen Bosnier durch heim liche Unterstützung oder durch öffentliche Vertretung auf europäischen Congreſſen zu größern Freiheiten geführt hätte.

hat, müssen wir immer genau angeben, ob wir Ost , ob wir Weſtleithanien, oder ob wir das dualiſtiſche Ganze im Sinne haben. Gewiß ist es zunächst daß die Sorgen vor dem Türkenschicksal die östliche Reichshälfte unmittelbar, Was die unga: die westliche nur mittelbar berühren. rischen Minister in große Aufregung

Zu solchen Planen hat Rußland jest in Preußen einen starken Helfer erworben. Besteht auch schwerlich ein Ver trag zwischen den beiden nordischen Höfen für eintretende

könnte,

künftige Verwickelungen, so kann doch niemandem entgan

möchte das Wiener Cabinet sehr kalt lassen. Das Wie ner Cabinet fönnte sogar bei den Verlegenheiten der

ſammengestanden sind , daß sie 1813 und 1814 auf das

versehen

Staatsmänner in Pesth seine Rechnung finden, denn das

gen sein daß seit 1806 beide Mächte immer getreulich zu

Schauspiel einer Auflösung des türkischen Reiches muß die

innigste verknüpft waren , ebenso 1830 und 1850 , von Seiten Preußens aber während des leßten türkischen Krieges

Magyaren über ihre eigene Schwäche belehren , und sie

die alte Bundesgenoſſenſchaft bewahrt wurde, denn dieſe

die Fortsetzung ihres Verbandes mit dem großen Reich an

Macht allein widerstand der Versuchung, den Bedrängern

der andern Seite der Leitha als Lebensbedingung erkennen

des „Kolosses auf thönernen Füßen" fich beizugefellen, wie

lassen. So unbequem übrigens, so unheimlich sogar für Ungarn ein Zerfall des türkischen Reichs immer bleiben.

denn auch bei dem leßten polnischen Aufstande sich wie:

möchte, bedrohlich wäre er erst dann wenn politische Sün

derum die Festigkeit der guten Beziehungen erprobte. Gewiß ist es ein Trost für uns daß wir bei einem weſtlichen An

den in Pesth begangen

Werden dagegen die

griff die Russen im Rücken haben, und mit großem Behagen

Serben und Rumänen in Siebenbürgen, dem Banat und

sind vor etlichen Wochen die Herzensergießungen eines

würden.

Mikroskopische Flora und Fauna krystallinischer Maſſengeſteine.

68

russischen halbamtlichen Blattes in Deutschland vernommen worden, daß nämlich die Moskowiter nicht gleichgiltig blei ben könnten wenn die Franzosen über den Rhein vor. dringen sollten. Aber ungleich besser für uns wäre es,

wird jest asiatische Politik, über die sich nicht sprechen läßt ohne genaue Länderkunde, soweit gut verstanden daß die Unabhängigkeit von Herat und nichts anderes für die Sicherheit Indiens entscheidend gehalten wird.

In der

wenn wir die ruſſiſche Waffenhilfe niemals anzurufen nöthig hätten. Wir hegen die tiefste Ehrfurcht vor der russischen

Richtung von Aschurade nach Herat sind die Ruſſen aber seit 30 Jahren nicht um einen Tagesmarich vorgedrun

Heeresmacht mit ihren 9 Garde , 40 Infanterie- und 8 Cavalleriediviſionen, die am 1 Jan. 1863 812,196 Mann unter den Waffen zählte , und beim Ausbruch des pol nischen Aufstandes durch Einziehung der Reserven rasch auf

gen, nicht einmal die räuberischen Turkmanen haben sie sich unterworfen, wofür doch alle Welt ihnen dankbar ge. wesen sein würde. Wenn die Ruſſen, was wir recht bald erwarten, zum

1,135,000 Mann gebracht wurde.

Chanat von Chokand auch das Emirat von Bochara ver

Allein jetzt wo die

Schläge und Schlachten ſo haſtig fallen, hat ſich der Werth einer russischen Hilfe bedeutend vermindert. Gerade bei

einigt und, was nicht ausbleiben kann, auch die Dase von

dem legter polnischen Aufſtande war die Langsamkeit ihrer Truppen höchst auffallend. Zwar geschah genau das flügste und nothwendige, die kleinen russischen Besatzungen

sah zu

zogen sich nämlich langsam nach der Festung Warschau zurück, und hielten sich dort bis sie durch Zuzüge so weit

Durch die Eroberung Chokands und theil nährt hatte. weise Bochara's hat sich nämlich Rußland muhammeda

verstärkt worden waren daß sie sich speichenförmig wieder nach dem Rande des Königreichs ausbreiten konnten . Dar :

worfen.

über verstrichen aber sieben bis acht Monate. Beiden heutigen Kriegsmächten dagegen handelt es sich nicht bloß darum, wie stark sie auftreten könnten, sondern wie stark sie bin

Chiwa besezt haben werden, dann möchten sich im Gegen: den gemeinen Erwartungen innige Beziehungen

zwischen ihnen und den indischen Briten entwickeln, ähn lich wie die Theilung Polens, Preußen und Rußland ge

nische Culturvölker und zwar fanatiſche Sunniten unter: Dadurch geräth es in die nämliche Lage wie die

Nun wird es gar nicht ausbleiben daß Asiaten die sich gegen die britische Regierung verschwö ren wollen oder durch sie bedroht glauben, heimlich um Engländer in Indien.

nen einer gewiſſen ſehr kurzen Zeit an einem gegebenen Ort wirklich auftreten . Da die Kriege im Raum und in der Zeit sich entscheiden, so hängt die Stärke einer Macht auch

Hilfe bei den Ruſſen bitten werden, wie umgekehrt der Emir von Bochara, wie der Chan von Chotan, ja die

von den Mitteln der Raumverkürzung ab, über die ſie ver

stüßung bestürmt haben.

fügt. Rußland wäre der gewaltigſte Helfer nah und fern, wenn es leider nicht mit dem Bau der Eisenbahnen weit hinter dem Westen zurückstände. Da uns das letzte Jahr auch einen Fortschritt seiner

seitige heimliche Fehde sich entſpinnen,

Bewohner von Jarkand bereits die Engländer um Unter Daraus könnte also eine gegen wenn beide Regie

rungen thöricht genug wären gegen einander zu wiegeln . Die Briten haben aber bisher allen derartigen Versuchern die Thüre gewiesen, und die Russen werden ihnen sicher

Eroberungen in Ferghana gebracht hat, so wollen wir nur

lich den gleichen Dienst erzeigen, denn sie haben jezt von

kurz bemerken daß jene Begebenheit, die längst vorausge sehen wurde, nichts an unsern Ansichten über aſiatiſche Politik ändern konnte. . Daß die Ruſſen Indien zu er

dem Fanatismus der Asiaten gerade so viel zu fürchten wie die Briten. Liegt es also nicht sehr nahe daß beide

obern oder nur zu bedrohen gedenken, gehört zu den all:

nische Unterthanen in Aſien von gleichen Gefahren bedroht sind, statt sich heimlich zu schädigen, lieber ehrlich zusam

täglichen Gedankenlosigkeiten die einer dem andern nach: plaudert. Gesezt selbst es wäre so, was hat damit die Eroberung von Samarkand zu schaffen ? Samarkand ist

Regierungen, die als christliche Mächte über muhammeda

menhalten, daß sie sich einander nähern ,

anstatt kostspie

ligen und zwecklosen Abenteuern nachzujagen ?

an sich nichts mehr als ein wohllautender Name für leere Paläste oder Ruinen, eine sonstige höhere Bedeutung hat der Plaz nicht.

Rücken aber die Russen deßwegen den

indischen Briten irgendwie näher ? Man entwerfe sich, ehe man antwortet, doch zuvor einen Feldzugsplan der Ruſſen

Mikroskopische Flora

und Fauna krystallinischer

gegen Indien, und man wird sogleich erkennen daß große Massengesteine. Truppenmassen dorthin niemals auf dem endlosen Umweg um den Aralsee marschiren werden . Der Ort von dem

Die Presse bringt uns so eben eine Entdeckung von

aus die Russen gegenwärtig Indien bedrohen, ist eine kleine

der größten Tragweite für das Gebiet der Geologie.

auf den meisten Karten nicht sichtbare Küsteninsel, Namens

gleich die Sache noch einer viel nähern Beſtätigung bedür

Aschurade, am Südostwinkel des kaspischen Meeres unweit

fen möchte , welche versprochen und zu erwarten ist, so

Astrabad.

Dort könnten Barken und Dampfer jederzeit

glaubt doch "I das Ausland" schon jeßt eine

Ob

vorläufige

40-50,000 Mann mit ihrem Kriegsgeräth an das per fische Ufer seßen, und von dort durch Chorassan führt die

Kenntniß davon geben zu sollen. Die Schrift welche wir kurz besprechen wollen, führt den Titel: Ueber eine mikro

Heeresstraße über Herat nach Afghanistan.

skopische Flora und Fauna krystallinischer Maſſengeſteine

In England

Mikroskopische Flora und Fauna krystalliniſcher Maſſengeſteine.

(Eruptivgesteine), von Dr. Guſtav Jenzsch, herzoglich ſäch: fischer Bergrath in Gotha. " (Leipzig, Verlag von Wilhelm

auch die Aufmerksamkeit anregen, noch nicht so vollständig und überzeugend daß man darüber ein definitives Urtheil fällen könnte ;

Engelmann 1868.) Bei der mikroskopischen Untersuchung von Dünnschliffen von Gesteinen hat Jenzsch das höchst merkwürdige Reſul

69

er verspricht über seinen Gegenstand ein,

größeres eingehendes Werk, dem man gern und mit großem Interesse entgegen sieht.

tat erlangt, „ daß mitten in den Gemengtheilen echter kry

Immer bleibt es auffallend daß bei den zahlreichen

ſtallinischer Maſſengesteine in Gesteinen , welche von den meisten Geologen als Eruptivgesteine, von keinem für Tuff

mikroskopischen Untersuchungen welche in jüngerer Zeit von

oder Wackenbildungen gehalten werden, zahlloſe pflanzliche und thierische Organismen vorkommen." Er entdeckte näm lich " daß beim Melaphyr von Zwickau nicht allein in Hohl

Sorby, Zirkel, Vogelsang und Laspeyres an Dünnschliffen von eruptiven plutonischen Gesteinen angestellt und be: fannt gemacht worden sind, sich ähnliches niemals ergeben hat. Etwas fremdartig ist es allerdings daß Jenzsch die

sondern auch in porphyrartig ausgeschiedenen Gemengtheilen

fraglichen Organismen ebensowohl in den Gemengtheilen als in den Hohlräumen, und namentlich im Calcit der

orthoklastischen Felfits und Fettquarzes, sowie mitten in den

untersuchten Gesteine angetroffen hat, da die Gemengtheile

Krystallen plagioklastischen Felsits, welcher den Hauptgemeng

und die Ausfüllungen der Hohlräume, wie allgemein an genommen werden muß, von verschiedenzeitiger Entstehung

raumausfüllungen (und zwar ausgezeichnet ſchön im Calcit),

theil der dichten Gesteinsgrundmasse ausmacht, zahllose höchst ausgezeichnet erhaltene foſſile Organismen enthalten

und auch von verschiedener mineralogischer Beschaffenheit

ſind,"

find.

die sogar im Momente der

Ausführung ihrer

tungen machte er in den Melaphyrgesteinen vom Thüringer

Sollten sich die Beobachtungen von Jenzsch bestätigen, so wäre freilich schon der Weg zu einer genetischen Erklä

Wald und den Quarzporphyren von Halle an der Saale,

rung dieser Erscheinungen dadurch gebahnt daß nach allen.

in deſſen porphyrartig eingeschlossenen Quarzen er ebenfalls zahlreiche Organismen auffand. Diese bestanden nicht etwa in vereinzelten Pflanzen

bisherigen Erfahrungen und darnach aufgeſtellten neuern Theorien, Wasser unter hobem Druck bei den plutonischen

zellen , sondern geben sich als ganz vortrefflich erhaltene mehrzellige Algen zu erkennen . Er beobachtete daran sogar das seitliche Austreten von Zoosporen und viele Entwick

solchen Waſſer hätten daher auch bereits Organismen, Pflan Wir verweisen zen und Thiere vorhanden sein können.

Lebensfunctionen versteinert waren.

Aehnliche Beobach

Gesteinsbildungen wesentlich mitwirkend gewesen ist .

In

dabei auf die schönen Versuche von Daubrée, nach welchem unter hohem Druck sich Wasser mit Silicaten zusammen

lungszustände, sogar Sporenfrüchte. An Platten von Fett: quarz aus den Melaphyren von Zwickau fand er gut er

schmelzen läßt, und ferner auf die auf solcher Basis auf:

haltene Algenzellschichten, welche an mehreren Stellen auf eine auffällige Weise von gradlinigen, gleichſam ausgesägten

gebaute ansprechende Theorie der Granitbildung des Frei berger Geologen und Chemikers Scheerer. Was in dieser

Zwischenräumen durchsetzt sind.

Diese Ausfägungen hält

er für das Werk eines pflanzenfreſſenden Thieres , und will dasselbe mit ausgestrecktem Rüſſel entdeckt haben , er nennt dasselbe ein Infusorium , und beschreibt es näher unter dem von ihm geprägten Namen Rynchopristes Mela Ebenso fand er im Fettquarz des Melaphyrs von Zwickau eine Anzahl fossiler Räderthiere, welche ein neues Genus begründen sollen, dem er den Namen Tricolas gibt.

phyri.

Nach seinen geologiſchen Anschauungen müßten die Ge steinsgemengtheile erst zur Krystallisation gelangt sein als

Beziehung für den Granit in Anspruch genommen wird, kann auch vom Porphyr und Melaphyr gelten.

Die Frage,

ob Granite, Gneiße und ähnliche ältere krystallinische Ge steine auch solche Organismen enthalten, lassen die Jenzsch schen Beobachtungen, auch wenn sie sich als völlig richtig bewähren sollten, noch offen .

Ihre Lösung wäre dann von

der größten Wichtigkeit. * Späterer Zuſay.

Das französische Journal Cos ,

mos hatte die Jenzſch'ſche Entdeckung der Flora und Fauna

bereits die erwähnte Flora und Fauna in den bezüglichen Er behauptet nicht Eruptivgesteinen sich verbreitet hatte.

in eruptiven Gesteinen nur ganz im allgemeinen angezeigt.

daß die krystallinischen Maſſengesteine (Eruptivgeſteine) Sedimentärgebilde seien, sondern ist der Ansicht „ daß der

1868 eine Reclamation, bezüglich des ersten Fundes von

Primordialzustand der betreffenden Maſſen, und zwar nach dem dieselben sich bereits in der ihrem relativen Alter ent sprechenden Lagerung befanden ,

einem oder mehrfachen.

Umwandlungsprocessen auf naſſem Wege unterlag und beziehentlich noch jezt unterliegt." So wäre denn Jenzsch der erste Naturforscher welcher

Darauf erfolgt jezt in derselben Zeitschrift vom 7 Nov.

Pflanzen in krystallinischen alten Gesteinen vom Profeſſor Crescenzo Montagna in Neapel, wobei derselbe sich auf eine darüber von ihm schon im Jahr 1864 verfaßte ita Wir kennen diese Abhand lienische Abhandlung bezieht. lung nicht, ersehen aber aus jener Reclamation daß seine Entdeckung sich auf ganz andere Pflanzen bezieht als die von Jenzsch gefundenen .

Montagna will nämlich Pflan

thierische und pflanzliche Organismen in wirklichen Gemeng

zen, die sonst die Steinkohlen-Formation bezeichnen, und

theilen

zwar vorzüglich Arten von Lepidodendron, häufig Lepido

krystallinischer Maſſengeſteine

angetroffen hätte.

Seine vorläufigen Mittheilungen sind freilich , ſo ſehr ſie

dendron dichotomum im Cipollin Marmor, Gneiß, alten

Die Fährtenfinder in der Argentina.

70

Schiefer, in vielen Graniten, im Syenit, in Hornblende :

Seine Frau bedeckte eine der Fußspuren des Diebs mit

Gebirgsarten, im Diorit von Edinburg, in dichtem Ser

einem Trog.

pentin und Ophiolith, im Emirgel und im Porphyr von

Zwei Monate darauf kehrte Calibar zurück,

Solche Fünde, wenn sie sich

betrachtete die Fußspur, die während dieser Zeit entſtellt worden war und von keinem andern Auge hätte erkannt

bestätigen möchten, könnten nur den Geologen in das höchste Erstaunen versehen, und würden einen gewaltigen Riß in

werden können, und sprach dann von dem Umstande nie mehr. Anderthalb Jahre später konnte man aber Calibar

die ganze bisherige geognostische Systematik bringen .

Bei

in den äußeren Theilen der Stadt mit auf den Boden

den eifrigen Bestrebungen der Wiſſenſchaftsmänner werden

gehefteten Augen in einer Straße herumgehen sehen. Er trat dann in ein Haus ein , wo er sein Pferd

Hilbersdorf gefunden haben.

unbezweifelt bald sowohl die Jenzsch'schen als die Mon tagna'schen angeblichen Entdeckungen zur näheren Aufklä rung gelangen.

geschirr fand, vom Gebrauch während dieser Zeit geschwärzt und nahezu abgenüßt. So war er beinahe zwei Jahre nach dem Raube dem Dieb auf die Spur gekommen. Als im Jahr 1830 ein zum Tode verurtheilter Verbrecher aus dem Gefängniß entwich, wurde Calibar verwendet um ihn

Die Fährtenfinder in der Argentina.

aufzusuchen. Der unglückliche Mann, der wohl wußte daß man ihm auf die Spur kommen werde, hatte alle möglichen.

Der eigentliche Rastreador ist ein ernster, umsichtiger

Vorsichtsmaßregeln ergriffen welche seine Angst vor dem

Mann, deſſen Erklärungen vor den niedern Gerichten als triftige Beweisgründe betrachtet werden . Das Bewußtsein von der Kenntniß die er besißt, gibt ihm eine gewisse zu

trugen vielleicht nur zu seinem Untergang bei ; denn da Calibars Ruf auf dem Spiele stand, so machte ihn seine

rückhaltende und geheimnißvolle Würde. Jedermann be handelt ihn mit Achtung : der Arme, weil er sich fürchtet einen Mann zu beleidigen der ihm durch eine Nachrede oder eine Beschuldigung schaden könnte ; der Grundbesiger

Schaffott ihm eingab, allein sie waren vergeblich.

Ja sie

eifersüchtige Selbstachtung um so begieriger eine Aufgabe zu lösen welche die wundervolle Schärfe seines Gesichts beweisen sollte, obgleich sie einem andern Manne den Tod brachte.

Der Flüchtling hatte so wenig Spuren zurüc

wegen des möglichen Werthes ſeines Zeugniſſes. Ein Dieb stahl z . B. ist während der Nacht begangen worden ; nie

gelaſſen als es die Beschaffenheit des Bodens gestattete ;

mand weiß etwas näheres ; die Opfer desselben suchen daher

gegangen, hernach auf niedrige Mauern gesprungen, auf diesem oder jenem Plaz wieder umgekehrt vergebens,

ſo raſch als möglich eine der Fußſpuren des Räubers auf, und finden sie dieselbe, so bedecken sie sie mit irgend etwas, auf daß der Wind sie nicht verwische. Dann laſſen ſie den Rastreador holen, welcher die Spur entdeckt und ihr folgt, indem er nur hin und wieder auf den Boden blickt, als ob seine Augen die für andere unsichtbaren Fuß spuren in vollem Relief sähen. Er folgt dem Laufe der Straßen, geht durch Gärten, tritt in ein Haus, deutet auf einen Mann welchen er dort findet, und sagt kaltblütig : „Das ist er !" Das Verbrechen ist bewiesen, und der Ver brecher läugnet selten die Beschuldigung ; denn in seinen Au gen, selbst mehr als in denen des Richters, ist die Aussage des Rastreadors ein poſitiver Beweis - es wäre lächerlich und abgeschmackt sie zu bestreiten. Der Schuldbeladene weicht daher einem Zeugen welchen er als den auf ihn zeigenden Finger Gottes betrachtet. Ich selbst bin einigermaßen be kannt geworden mit Calibar, der dieses sein Gewerbe vier zig Jahre lang ununterbrochen in einer und derselben Pro vinz trieb.

Er ist jest etwa achtzig Jahre alt und hat

ein ehrwürdiges und würdevolles Aussehen, obgleich er von Alter gebeugt ist. Wenn man ihm gegenüber seines fabelhaften Rufs Erwähnung thut, erwiedert er : „Ich tauge jetzt nichts mehr ; da ſind die Buben . “ Die „ Buben, “ welche unter einem so berühmten Meister ihre Studien gemacht haben, sind seine Söhne. Einmal, so erzählt man sich, wurde ihm, während er auf einer Reise nach Bue nos- Ayres abwesend war, sein bestes Pferdgeschirr gestohlen.

er war über ganze öffentliche Pläße auf den Zehenspitzen

Calibar solgte ihm ohne die Spur zu verlieren. Wenn er einen Augenblick lang den Weg verfehlte, so fand er ihn wieder, und rief aus : „ Wo bist du ?"

Endlich verlor

sich die Spur in einem Wasserlauf in den Vorstädten, in welchem der Flüchtling dem Rastreador auszuweichen gesucht hatte. Vergeblich, Calibar gieng ohne Unruhe oder Zögern dem Ufer entlang. Endlich hält er, untersucht einige Pflanzen, und sagt :

Hier kam er heraus ; zwar sind keine

Fußspuren vorhanden, aber diese Wassertropfen auf dem Grase sind das Zeichen !" An einen Weinberg kom mend, recognoscirte Calibar die schmußigen Mauern rings: herum, und sagte : „Hier ist er !"

Die Soldatenabtheilung

welche er bei sich hatte, durchsuchte den Weinberg, bis sie deſſen müde wurde, und zurückkam mit der Meldung vom Fehl schlagen der Durchsuchung. „ Er ist nicht herausgekommen, " war die Antwort des Rastreadors, der sich nicht einmal die Mühe nehmen wollte eine zweite Nachforschung anzustellen. Und wirklich war der Flüchtling nicht herausgekommen, sondern wurde endlich ergriffen und am nächsten Tage hingerichtet. (Aus Sarmiento's Life in the Argentine Republic in the daysof the Tyrants. )

Historische Notizen zur Tarwinſchen Frage.

Zur fossilen und lebenden Fauna von Madagascar.

71

citirten Grundsaß in der 10ten Auflage freiwillig aufzuge ben. Uns kann daher Linné nicht mehr als Vertreter

Historische Notizen zur Darwinſchen Frage. Bon Dr. Phil. T. Voelkel.

der unbedingten Artenunwandelbarkeit gelten, da er in Neu auftretenden Richtungen kann nicht besser als

ziemlich weiten

Gränzen

eine

Veränderlichungsfähigkeit

durch Auffindung geschichtlicher Begründung gedient wer

1762 zugibt.

den.

Und Buffon ? Bd. 9, S. 126 ( 1761 ) sagt er : „ Com bien d'espèces, s'étant dénaturées, c'est-à-dire, perfec

Daß sich die Lehre von der Wandelbarkeit der

Specien bereits bei dem jonischen Weiſen Anaxagoras vor findet, kann für uns keine Wichtigkeit haben, da jede mög liche oder unmögliche wissenschaftliche Meinung unter den alten Philosophen wohl einen Vertreter hat.

tionnées ou dégradées par les grandes vicissitudes de la terre et des eaux, par l'abondance ou la culture de la nature, par la longue influence d'un climat devenu con

Pascal, de Maillet (1748) als Vorläufer Lamards gegen

traire ou favorable, ne sont plus les mêmes qu'elles étaient autrefois." 99 On sera surpris de la promptitude avec la

die Unwandelbarkeit der Arten auftraten . Wenn wir im Gebiete der Naturwiſſenſchaften auch den unbedingten Au

à se dénaturer en prenant de nouvelles formes.“

toritätsglauben überwunden haben, so ist ein gewiſſer Ein fluß des Ansehens doch zu natürlich, als daß die Anhän

ne serait donc pas impossible que, même sans interve nir l'ordre de la nature, tous ces animaux du nouveau

ger der Unveränderlichkeitslehre sich nicht auf Linné's, die der Wandelbarkeitslehre sich nicht auf Buffons Zeugniß beriefen.

monde, ne fussent, dans le fond, les mêmes que ceux de l'ancien, desquels ils avaient autrefois leur origine."

Größere Beachtung verdient die Thatsache daß Bacon,

Doch wie steht es mit diesen beiden Zeugniſſen, die in

quelle les espèces varient, et de la facilité qu'elles ont „J

(Vgl. ferner Bd. 14, S. 358). Jm 6. Bande (1756) aber lesen wir: „Wir werden sehen wie die Natur ihre einfa

Zoologie den Panzer unantaſtbarer Ariome angelegt haben ?

chen, aber unwandelbaren Geseze dictirt, indem sie jeder Art ihre unveränderlichen Merkzeichen aufdrückt. " Später,

Mit Linnée zu beginnen, so schrieb er freilich 1736 (Fun damenta botanica) Tot (species) quot iu principio crea

sprochene Wandelbarkeit wieder in etwas.

Folge unserer Gleichgiltigkeit

gegen die

Geschichte

der

tae : es gibt nur so viel Arten, als zu Anfang erschaffen worden sind, und in seinem Systema naturae (1735) : Nullae species novae : es gibt nicht neuentstandene Arten .

in den 70er Jahren beschränkt er die 1761-1766 ausges Wir sehen also,

weit entfernt Buffon den Vorwurf der Grundsaßlosigkeit zu machen (wie das in Pallas , Spicilegia zoologica . 12 .

bis zur 10ten Auflage, seit welcher er ver

fasc. p. 20 geschieht) Büffon Anfangs als Anhänger der allgemein geglaubten Unwandelbarkeit (1753), dann einer unbegränzten Veränderlichkeit ( 1761 — 1766) und ſchließ

schwunden ist. Aufschluß hierüber gibt eine Stelle in sei nen 1763 veröffentlichten Amoenitates academicae (Bd. 6,

lich, wie Linné, einer innerhalb gewiſſer Gränzen vorhan denen Veränderungsfähigkeit. Wir sehen also denselben

Dieser lettere Ausspruch findet sich in allen Ausgaben mehrmals

Suspicio est quam diu fovi, neque jam pro

psychologisch eigenthümlichen Vorgang bei Linné und Buf.

veritate indubia venditare audeo : sed per modum hy

fon, der sich heutzutage bei Karl Vogt und Charles Lyell

potheseos propono : quod scilicet omnes species ejusdem generis ab initio unam constituerint speciem, sed postea

gezeigt hat.

. 296 ) ;

per generationes hybridas propagatae sint.

Lange schon

hegte ich eine Vermuthung, die ich auch jezt noch nicht für eine unzweifelhafte Wahrheit auszugeben wage, son

Zur fosfilen und lebenden Fauna von Madagascar.

dern nur als Hypothese hinstelle : daß nämlich alle Specien

Es ist schon lange bekannt daß die heutige Säugethier

desselben Genus ursprünglich eine einzige Species bildeten

Fauna von Madagascar gegen die Faunen aller übrigen

und sich später erst durch Bastardzeugungen vervielfältig ten. In der That durchblättern wir die 10 Bände der

zusammengesezt welche allein dieser Insel zukommen , und

heute sehr wenig gelesenen, geſchichtlich aber bedeutsamen

Länder der Erde sehr abweicht ; jene ist nur aus Typen

Am. ac , akademischer zwischen 1743 und 1769 gehaltener

enthält keinen einzigen Repräsentanten der großen Pflan zenfresser, welche der Thierwelt von Afrika und Aſien ihren

Gelegenheitsreden, so finden wir 1755 (Bd. 4, S. 380)

ausgezeichneten Charakter verleihen .

leichte Zweifel, 1757 ( Bd. 5, S. 117) die größte Sicher: heit (,, Aeterna haec est lex , a terna veritas"), 1759

daß in jener Insel die Fauna immer so beschaffen gewesen wäre , die Entdeckungen von Grandidier berichtigen aber

(Band 5, Seite 465) die obige Ansicht zunächst nur für

diese Ansicht der Naturforscher.

das Genus Sus ausgesprochen.

Diese Linné'sche Hypo

ergibt sich daß zur Zeit als der Riesenvogel Epiornis

theje tritt erst ins rechte Licht, wenn wir erwägen daß

Madagascar bewohnte, auch große Pachydermen (Dickhäuter)

Linné's Genus unsere heutige Familie ist : alle zur Familie gehörigen Genera nebst ihren Specien, also von einem Ur

daselbst gelebt haben, welche einer der merkwürdigsten Arten aus Afrika ähnlich waren. Grandidier entdeckte nämlich

typus entsprossen.

auf Madagascar viele Reste einer besondern Art von Hip :

Diese Aenderung der Anschauung mußte

für Linné ein zureichender Grund sein, um seinen stets

popotamus.

Man könnte glauben

Aus deſſen Beobachtungen

Miscellen.

72

Er ließ Nachgrabungen in dem sumpfigen Terrain von Amboulitsate an der Westküste von Madagascar ausführen, und hier fanden sich die Knochenreste von ungefähr fünfzig Hippopotamus:Individuen, vermischt mit Knochen vom Epior: nis und von andern ausgestorbenen Thieren. Eine Tibia vom Epiornis war 64 Centimeter lang. Das Hippopotamus von Madagascar welches er als ſub foffil unter dem Namen Hippopotamus Lemerlei bezeichnet,

bemerkt wird : Luther überseßt die Stelle :

der im Glase

so schön steht, " Bunsen: „der sich im Glase so schön spie gelt" : so gilt es hier einige Irrthümer zu berichtigen . Zunächst kann an " Glas," das erst die Vulgate (in vitro) anbringt, zu der Zeit des bezüglichen Tertes nicht gedacht werden, es ist vielmehr von einem (goldenen oder silber nen) Becher" die Rede. Sodann geben

die in der Anmerkung angeführten

iſt kleiner als das afrikaniſche Hippopotamus amphibius,

Uebersehungen Luthers und Bunsens gar nicht die von

wovon es sich auch archäologisch wesentlich unterscheidet.

Tomlinson citirten Worte der englischen Uebersehung, sondern die Worte wieder, welche vor diesen im Texte

Die mit Eierschalen gefundenen Epiornisknochen werden. ebenfalls neues Licht auf die eigentliche Beschaffenheit dieses Vogels werfen , von welchem wir noch sehr wenig wissen ; man kannte bisher nur ſeine riesigen Eier. Dieselbe Ablagerung enthielt auch Knochen von noch andern Vögeln und Theile von dem Skelet einer Schild kröte, welche Grandidier als neu mit dem Namen Testudo abrupta belegte.

Auch fand er Reste eines Krokodils .

Er

ſtehen. Endlich hat die englische Uebersehung ' sicherlich nicht das richtige getroffen . Die ganze Stelle lautet vielmehr in einer Uebersehung, für deren Richtigkeit ich einstehen zu können glaube : Siehe nicht an den Wein wenn er roth ſtrahlt, wenn er wirft im Becher seinen Schein .

Er geht gerade (Luther

glaubt daß alle diese Thiere gleichzeitig mit der Dronte

gut : glatt) ein ; aber am Ende beißt er wie eine Schlange

(Didus ineptus) von der Insel Mauritius gelebt haben.

und sticht wie eine Natter.

Außerdem hat auch Grandidier neue Entdeckungen in der lebenden Fauna von Madagascar gemacht. nämlich drei neue Arten

von Affen (Lemur ,

Er fand Maki)

und eine neue Schildkröte , welche er Testudo deser torum nannte. In den sandigen Schichten von Etsere entdeckte er ferner

einen prächtigen Panzer von einer

Rückkehr der Expedition nach den Schanlän dern. Die Expedition welche, wie wir vor einigen Mo naten gemeldet, im Januar 1868 von Mandalai 2 abge sandt worden war um den alten Handelsweg wieder zu entdecken, oder zu erforschen, der einst Birma mit dem

Waſſerſchildkröte, Emys gigantea von ihm benannt, welche 132 Centimeter lang und 139 Centimeter breit iſt.

südwestlichen China verband, ist mit der Befriedigung nach

Diese interessanten zoologischen Funde hat Milne- Edwards

Von Bhanmo, an der Frawadî, nahm sie ihren Weg durch

in der Akademie der Wissenschaften zu Paris am 14 Dec.

die Pässe der Khakjen-Berge nach den Schan- Staaten jen seits, wo der Gouverneur der Stadt Momeim sie freund

1868 vorläufig veröffentlicht.

Die natürlichen Exemplare

Mandalai zurückgekehrt ihren Zweck

erreicht zu haben.

waren so eben in Paris angekommen , und sollen nun gleich näher studiert und beschrieben werden, Milne-Edwards

lich aufnahm , und auf Kosten der Panthai-Regierung,

verfaßt mit Grandidier "" Observations anatomiques sur

wirthete. Dem Capt. Sladen, dem Führer der Expedition, ertheilte man die Versicherung daß der König Handelsver

quelques Mammifères de Madagascar. " wovon der erste Theil bereits in den ,,Annales des Sciences naturelles" erschienen ist.

welche in jenen Theilen oberherrliche Gewalt ausübt, be

kehr mit den Engländern wünsche, und daß die Echan. Staaten, erforderlichen Falls, hunderttausend Maulthiere für den Waarentransport liefern könnten . Nachsolcher Aufnahme war die Rückreise ein Triumph, und das Volk welches die

Miscellen. Zur Berichtigung über ein biblisches Gleich niß.

Von geschäßter Hand erhalten wir folgende Bemer

Expedition bei ihrem Ausmarsch mit Mißtrauen betrachtet hatte, war bei der Rückkehr derselben über alle Maßen freundlich.

Die Bevölkerung der besuchten Länder ist so

fungen : S. 1166 ff. ihrer Zeitschrift vom vorigen Jahre

zahlreich, daß der Handelsverkehr, wenn er einmal eröffnet

wird unter der Ueberschrift : „ Ueber den Begriff der Rein

ist , wahrscheinlich eine große Wichtigkeit erlangt , und Rangun der Stapelplag desselben werden wird. Neben

lichkeit in der Chemie" nach Chambers Journal über die Experimente des Hrn. Tomlinson berichtet. Wenn nun hier S. 1167 gesagt ist : „man kann das als „ Weinen

dem Handelsverkehr lassen sich aber auch interessante Ent

des Weins," oder „Fadenziehen im Glase " bekannte Phä

bekannten Landstriche erwarten .

deckungen in der Botanik und der Zoologie jener wenig (Athenäum.)

nomen beobachten, auf welches , wie unser Verf. meint, der weiſeſte der Menschen anspielte , als er (Sprüchw. 23, 31 ) von dem Weine schrieb der sich im Glase recht be wegt (moveth itself aright)" und hierzu in der Anmerkung

1 Die übrigens nicht sagt : der sich im Glase recht bewegt, sondern: when it giveth his colour in the cup, when it moveth itself aright. 2 Mandalai ist die neue Hauptſtadt von Birma.

Truck und Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung.

Redaction: Dr. D. F. Peschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Forschungen

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinnduierzigster Jahrgang.

Nr. 4.

Augsburg ,

1869.

23 Januar

Inhalt : 1. Urwälder in Schlesien und in Böhmen. - 2. Das Erdbeben bei Arica in Peru und die mittleren Tiefen des stillen Meeres. - 3. Die Grotten der Themud. Von Julius Braun. - 4. Ueber die plastischen und hypsometrischen Verhältnisse der Ostalpen. Von K. v. Sonklar, f. t. Oberst. (Schluß.) 5. Ein Nimrod der Insel Sardinien. - 6. Nordpolfahrten 1868 und 1869. 7. Neue Entdeckung von Phosphaten in Süd-Carolina . - 8. Die neue Brücke an den Niagara-Fällen.

Urwälder in Schlesien und in Böhmen. Geh. Rath Prof. Göppert,

der treffliche Breslauer

mit einer sehr ausführlichen Abhandlung unter dem bescheide nen Titel Skizzen zur Kenntniß der Urwälder Schlesiens und Böhmens." Sie ist mit zahlreichen Bildern abgedruckt

Botaniker, dessen Studien und reichhaltige Schriften sich

in dem neuesten (34ten) Bande der

nicht bloß auf die lebende Pflanzenwelt beziehen, sondern

kaiserlichen Leopoldino - Carolinischen deutschen Akademie der

Verhandlungen der

noch ganz besonders und meisterhaft über die ausgestor bene Flora der Vorwelt verbreiten, beschenkt uns so eben

welches wohl wenig in die allgemeine Leserwelt kommen

Naturforscher" (Dresden 1868 ), einem sehr kostbaren Werke,

hango w

Daph All y с

b

Cheers C

a

Av. G.K. & S. W.BERGES.SC. Fig. 1.

Ausland. 1869. Nr 4.

Aus dem Urwald des Fromberges in Schlesien. 10

Arwälder tn Schlesien und in Böhmen.

71

Innere der Mutterſtämme senkten oder sie auch umflammer:

mag und vorzüglich für die eigentlichen Fachgelehrten be stimmt ist. Gerade aus dem legten Grunde halten wir

ten.

einen enge zusammengedrängten Auszug aus dieser Göppert

dicht gedrängt oft zu 30–40 hintereinander und gewähren so

schen Arbeit für das „ Ausland“ geeignet.

dem überraschten Wanderer das Ansehen von nach allen

Wir geben ihn.

So erscheinen sie reihenweiſe

in gerader Richtung

theilweise mit den Worten des Verf., theilweise aber auch

Richtungen sich kreuzenden Reihenpflanzungen.

in freier Besprechung,

liegenden Stamme von 50 F. Länge zählte ich 36 Stämme jeden Alters von 4 F. bis 80 F. Höhe, auf einem andern.

und fügen diejenigen Bilder des

Originals in xylographischen Copien bei, welche wir für besonders charakteriſtiſch halten ; unnöthig haben wir die Bilder nicht vermehren wollen .

Urwälder kennen wir großartig und in prachtvollster Ausbildung vorzüglich in Mittelamerika wer erinnert

Auf einem

von 70 F. Länge an 32 Stämme von 80 bis 100jähri gem Alter, auf einem 80 F. langen Stamme gar 46 von 2 bis 58 F. Höhe, welche alle mit ihren Wurzeln unter einander vereinigt wieder von denen mächtig überragt

sich dabei nicht ihrer unübertrefflichen Schilderung aus der ――――― Feder A. v. Humboldts ? sie auch noch in Deutschland an zutreffen, dürfte aber wohl vielen Lesern befremdend sein.

wurden die sich auf dem beim Fallen emporgehobenen Wur

Wenn auch im Vaterland nur auf verhältnißmäßig kleinere Räumlichkeiten beschränkt, sind sie doch noch vorhanden,

und verwachsen ebenfalls mit ihnen.“

und sogar für die heimische Baum : Vegetation ungemein

welche manches vorstehend erwähnte vortrefflich zur An

ausgezeichnet.

schauung bringen. Die Erläuterungen dazu geben wir mit den Worten des Verfaſſers.

Ihr Charakter ist freilich bei der deutschen

Flora ein ganz anderer als derjenige der neuen Welt. Den Begriff eines Urwaldes bezeichnet Göppert in fol genden Worten : „ Wir verstehen darunter einen Wald,

zelstocke einst festgesetzt hatten.

10-15 F. weit senden

dieſe ihre Wurzeln zu denen der benachbarten Stämme

Nun folgen einige nach der Natur gezeichnete Bilder,

Bei Fig. 1. a ältester Lagerſtamm, ganz bemoost, halb ver rottet, von 25 F. Länge und etwa 10 F. im Umfang, mit

von welchem man noch niemals versucht hat irgend eine Nußung zu ziehen, in welchem die gesammte Vegetation sich in einem Zustand befindet wie er seit Jahrhunderten, ja vom Anfang an dagewesen, in dem also die Natur un

Länge ; bei e die Stelle, wo der auch zum Theil verrottete

gestört die riesenhaftesten Holzkörper bildete und wieder zerstörte. " Urwald in Schlesien.

Erhöhung ; e der dritte auf a und b gefallene ziemlich gut erhaltene Stamm.

Ein solcher von verhältnißmäßig geringer Ausdehnung findet sich in der Grafschaft Glah auf dem 3500 Fuß hohen Fromberge auf der der Frau Prinzessin Marianne von Preußen gehörenden Herrschaft Seitenberg bei Landeck,

3 darauf wachsenden 1-2 F. dicken, mit den Wurzeln unter: einander vereinigten Stämmen ; b ein darauf, das heißt auf a liegender Stamm von 8 F. Umfang und 62 F.

und ganz bemooste Wurzelstock sich befindet,

daher die

Anders gestaltet sich das Bild wenn die junge Fichten saat sich aufsenkrecht stehenden abgestorbenen Wurzelstöcken entwickelt. Die keimenden Pflänzchen, von denen sich zuletzt gewöhnlich nur ein Exemplar erhält, senken hier ihre Wur

wovon Göppert schon im Jahre 1859 eine Notiz in den Verhandlungen der schlesischen Gesellschaft mitgetheilt und

zeln immer tiefer in den faulenden Stock, endlich auch in

etwa 900 Morgen angegeben hat. In der jet vorliegenden Abhandlung spricht sich unser

befestigen sie sich darin, so daß zuletzt das vielästige, nun

den Flächenraum zu

den Boden.

Nach einer allmählig erfolgten Verrottung

ganz frei dastehende oberirdische, zuweilen 10-15 F. hohe gerüstartige Wurzelgeflecht den Stamm wie eine in der

Verfaſſer über die Vegetation dieſes jungfräulichen Wald gebietes in folgender Weise aus : Unser Urwald liegt über

Luft schwebende Säule hoch über dem Boden trägt.

der Region der Laubwälder hinaus, die sich etwa bis

Höhe wird natürlich von der Höhe des abgebrochenen

2600 F. hier erstreckt, ganz im Gebiete der Nadelholzregion, und besteht daher auch nur aus Fichten oder Rothtannen (Pinus Abies L. ) als dominirender Holzart.

Als Unter

holz enthält er die Berg - Eberesche (Sorbus Aucuparia alpestris), Salix silesiaca, Lonicera nigra, zwischen welchen Pflanzen der höhern Bergregion von allen Formen , Poly podium alpestre Hoppe mit 6-8 Fuß langen Wedeln und

Die

Stammes bestimmt, auf welchem die Pflänzchen anfänglich keimten. Die Höhlung zwischen den Wurzeln bezeichnet ziemlich genau den Umfang, welchen der vermoderte Stamm einst einnahm .

Das ganze Vorkommen erinnert ganz und

gar an das Aeußere der durch Luftwurzeln gestäßten Stämme der Pandancen und vieler Palmen, wie z . B. Iriartea exorrhiza ; die Aehnlichkeit ist allerdings nur eine

die einer tropischen Bromeliacee ähnliche große Binse Lu zula maxima mit 1-2 F. großen Blattrosetten in größter

äußerliche, da bekanntlich dem Wachsthumverhältniſſe dieſer

Menge und üppigster Fülle wuchern . Ueber gewaltige, drei bis vierfach über einander lagernde, mit Moos bedeckte

nun ein solcher Fichtenbaum wieder umstürzt, und sich im Laufe der Zeit mit Baumvegetation , mit Moosen und

Die Stämme ſelbſt ſind

Farn bekleidet, entstehen außerordentlich mannichfaltige, ja

auch auf höchst eigenthümliche Weise am Boden befestigt, in dem auf ihnen in ihrer ganzen Länge wieder andere Bäume

wahrhaft phantastische, oft so verworrene Formen, daß man

Stämme tritt man in das Innere.

feimten , wuchsen und ihre Wurzeln in das verrottete

Pflanzen ganz andere Ursachen zu Grunde liegen.

Wenn

erst bei genauer Untersuchung über ihren Ursprung ins Klare kommt.

75

Urwälder in Schlesien und in Böhmen..

a Fig. 2. Abbildung eines 1 ', F. dicken und 35-40 F hohen Stammes, an welchem dieses Verhältniß am einfachsten sich herausstellt ; b der Rest des alten Etodes ; e der 8 F

Pilze, erheben sich nicht weniger als sieben 2-40 F. hohe Fichten.

über dem Boden erhobene, ästige, wurzelartige Theil des Stammes.

Fig. 3.

Aus den schlesischen Urwäldern.

Die Verrottung der umgefallenen Stämme erfolgt in sehr verschiedenen Zeiträumen, je nachdem sie noch völlig gesund oder schon krank, von Pilzen und Insecten ange griffen waren, in welchem Falle allerdings der Zersehungs vroceß insbesondere unter Begünstigung der Feuchtigkeit rascher vor sich geht. Es können wohl Jahrhunderte ver laufen ehe die runde Form des Stammes fich verliert, und Jahrtausende, ehe die ganze Holzsubstanz in structur losen Humus umgewandelt wird. Die Humusschicht be

d

b

trägt aber nirgends mehr als 5-10 Zoll, woraus hervor geht, wie rasch die Abfälle der Vegetation wieder zu ihren Zwecken verbraucht werden. Nach einer ungefähren Berechnung befanden sich im Jahr 1858 auf dem Fromberge, wo die gleichhaltrigen Be

~N

Fig. 2.

stände am dichtesten liegen, noch ungefähr 2400 - 3000 alte im Verwesungsprocesse begriffene Stämme von 63 bis 70 F. Länge mit einer durchschnittlichen Dicke von 60 bis

Aus den schlesischen Urwäldern .

Ein Stock, Fig. 3, mit einem innern Raum von 8 F. Durchmesser, der also wirklich auf einem Urstamme sich einst entwickelte. Bei der großen Nähe der Bäume verwachsen auch oft zwei auf verschiedenen Wurzelstöcken gekeimte miteinander

-5F 10 F

wie auf Fig. 4 zwei mächtige, 10 und 5 F. im Umfange messende Fichten. Die Mutterstöcke , auf denen sie einst keimten, find hier bereits verschwunden. Endlich entwickeln sich auch wohl auf umgestülpten Stöcken Stämme, die zu höchst sonderbaren Vegetations: bildern Veranlassung geben, wie die vorstehende Fig. 5 darstellt.

Auf einem dicht mit Moos bewachsenen , an Fig. 4.

10 F. breitem Stumpfe, vergleichbar mit einem großen,

Aus den schlesischen Urwäldern.

Urwälder in Schlesien und in Böhmen.

76

80 Zoll, welche ungefähr auf eine Holzmasse von 4-5000

Die allgemeine Schilderung dieses Waldes geben wir wörtlich, jedoch mit einigen minder wesentlichen Weglas

Klaftern anzuschlagen sind.

sungen, nach der ansprechenden Mittheilung des Verfassers. ,,Der erste Eindruck, den diese doch eigentlich so einfach zusammengesetzten Wälder gewähren, läßt sich nur schwer beschreiben.

Freundlich und geräumig erscheinen sie in den

untern Regionen, wo Buchen und Weißtannen gemein schaftlich vorkommen, weil sie in bedeutender Höhe von 60

Hau

bis 80 F. erst Aeste zeigen, wodurch sie sich gleich von vornherein selbst von ältern Beständen anderer Gegenden

7

unterscheiden .

Wie polirte Säulen treten uns die schlan

fen 3-4 F. starken und oft 100-120 F. hohen Buchen entgegen mit ihren herrlichen Kronen, thurmähnlich die 4, häufig 6, ja selbst 8 F. dicken und 120 - 200 F. hohen

Weißtannen, hoch oben erst bei 80

120 F. mit sparri

gen, weit abstehenden, sich nur wenig verkürzenden Aesten, während die mit ihnen an Stärke und Höhe wetteifernden. Rothtannen in schönen Pyramiden sich gipfeln.

Im dich

a testen Urwald erscheint das helle Licht des Tages be schränkt, die gewaltigen Kronen verhindern das Eindringen. der Sonnenstrahlen, tiefe, durch keine Laute der Thierwelt unterbrochene Stille umgibt uns, und nur der hier nie fehlende Wind durchbraust die Wipfel. Zu großer Vor sicht mahnt der pfadlose Boden, der aus einem Gewirre von zerbrochenen, dahingestreckten, halb oder ganz vermo derten, mit Moos, Farn und andern Waldpflanzen be

4 deckten Stämmen und wunderlich untereinander verwach

Fig. 5.

senen Wurzeln besteht, aus denen sich die Kolosse des Wal

Aus den schlesischen Urwäldern.

des erheben. Mit kaum glaublicher Schnelligkeit entwickelt sich Die Urwälder des Böhmerwaldes.

überall die junge Fichtenwaldung, die alle Lücken einnimmt.

Von den Gränzen des Voigtlandes bei Eger bis nach Ober-Desterreich hinab, von SW. nach SD. erstreckt sich

und die zahlreichen mit Moos bedeckten Lagerhölzer mit Legio: nen von jungen Stämmchen überzieht. Im ganzen bleiben

in 30 Meilen Länge und 5 Meilen durchschnittlicher

sich die Urwälder hier überall ziemlich gleich, an feuchten

Breite ein dunkles Waldgebirge, welches Bayern von Böh men scheidet. In Böhmen heißt es Böhmerwald, in

Orten längs dem Ufer herabrieſelnder Bäche, zwischen 2000 bis 3500 Fuß Höhe am imposantesten und wegen des Ge

Bayern der Bayerwald oder der bayerische Wald.

misches von Buchen, Weiß- und Rothtanner auch zugleich am mannichfaltigsten, am wildesten höher hinauf an fel

Jm

Böhmerwald finden sich die Urwälder auf den großen Herr schaftsgütern des Fürsten Adolph von Schwarzenberg , auf den Herrschaften Krummau , Winterberg , Stubenbach, sowie auf der gräflich Thun'schen Herrschaft Groß - Zdikau. Die kolossalen Waldcomplexe auf der dem Fürsten Windisch Grätz gehörenden Herrschaft Taman erinnern nur hie und da in einzelnen Stämmen und Waldrevieren an Urwald. Der eigentliche Urwald im Böhmerwald wird noch auf

sigen Abhängen, wo sie auch nur aus Fichten , bestehen. Hier ist denn auch die Hand des Menschen am wenigsten thätig gewesen, und zahlreiche oft von oben bis unten mit Bartflechten oder Usneen bededte und entrindete Stämme, weißgebleichte Baumleichen, starren noch aus dem holz trümmerreichen Boden oft wahrlich grauenhaft empor." Göppert bespricht dann weiter die Ueppigkeit und den

tiren sich auf dem Kubany (in 4298 F. Seehöhe) die Ur

Holzreichthum der Bäume. Die Buchen finden sich von ganz abnormer Höhe von 18-24 Klaftern bei 28-45

waldverhältnisse des Böhmerwaldes in ihrem primitiven

Zoll Durchmesser .

Zustande in einer Ausdehnung von 7200 pr. Morgen, für

ein solcher vom Sturmwind gestürzter Stamm erwähnt von 9 Fuß Durchmesser in Brusthöhe, also etwa von

70,000 Pr. Morgen geschäßt.

Am großartigsten repräsen

welche der Besitzer Fürst Schwarzenberg bestimmt hat daß

Als Beispiel von der Weißtanne wird

um auch den Nachkommen noch einen Begriff von der

30 Fuß Umfang und 200 Fuß Länge. Dreißig Klaftern 30zölliges Brennholz schäßte man die Holzmasse dieses

Vollkommenheit zu verschaffen

Riesen.

dieser Urwald für immer erhalten und gepflegt werden soll,

welche ein günstig gele:

gener Wald bei vorzüglichem Schuß und Pflege erlangen könne.

Eine andere von 20 F.

168 Fuß hoch.

6 Zoll Umfang war Noch manche andere merkwürdige Bei

spiele gleicher Art von Weißtannen werden von Göppert

Das Erdbeben bei Arica in Peru und die mittleren Tiefen des stillen Meeres.

angeführt.

77

Dergleichen in Brusthöhe von 4-6 Fuß Um

fang, im Alter von 300-400 Jahren, mit 15-20 Klaf: tern pro Stamm, keiner unter 12, kommen noch in ganzen Beständen vor. Aber auch die Dichtigkeit des Wachsthums wird hier so gedrängt gefunden, wie sie jest wohl in Deutschland nirgends mehr anzutreffen ist.

Die ungeheure Quantität

0 von 140-300 Klaftern Holzmasse pro Joch (2 Morgen) ist hier vielfach vorhanden.

Pr.

Noch viel anderes bringt Goppert von diesem Urwalde zur Sprache, nämlich seine übrige ganze Vegetation, Verglei chungen der Flora des Böhmerwaldes mit der Flora an derer deutscher Wälder und Schilderung der Ursachen der Erhaltung der Urwälder des Böhmerwaldes, welche wir hier nicht weiter berühren, da unsere Absicht, nur ein ganz allgemeines Bild der Urwalddistricte Deutschlands zu geben, hiermit erreicht ist, und wir daher für weiteres auf die Abhandlung selbst verweisen müſſen. Jedoch wollen wir zum Schlusse noch der ausgezeich: neten, knolligen, oft wunderlich gestalteten Auswüchse er: wähnen, die in unserm Urwalde in jeder Größe, beson ders an Fichten, angetroffen werden, wobei der Stamm oft völlig gesund erscheint. Es sind keine Schwämme, wie sie in ungeheurer Größe von 2-4 Fuß Breite nicht bloß an Buchen, sondern auch an Fichten, aber immer an theilweise bereits erkrankten Bäumen vorkommen. Bon

a

jener Erscheinung sah Göppert an einer scheinbar gesunden Fichte ein Beispiel, welches in dem Umfang des Baumes

SAS

einen rund herumgehenden lappig knolligen Rinden - Aus

Fig. 6. wuchs von 16 Fuß Umfang, 3 Fuß Höhe und 1 Dicke bildete.

Fuß

Aus den schlesischen Urwäldern. (Man denke sich dabei die vordere Hälfte der Aeste weggeschlagen.)

Der Verfasser gibt auch ein Bild eines sol

chen merkwürdigen Auswuchses, den er früher in Schlesien

Göppert bemerkt noch daß alle diese Auswüchse sich

beobachtet hatte (Fig. 6.).

gewöhnlich nur auf die Rinde erstrecken, er aber nicht

Die Fichte mit diesem Auswuchs war 45 Fuß hoch In der Höhe von und an der Basis 2 F. dick (bei a) .

wisse ob sie in die Kategorie des sogenannten Baum krebses gehören, welchen De Bary jüngst beschrieb und mit

7 F. bei b begann eine mit vielen Aesten versehene, ziem lich gleichförmig runde Anschwellung von 10-12 Fuß

hoher Wahrscheinlichkeit von Pilzen ableitete.

Umfang und 23 Fuß Länge. Nach unten erschien sie wie abgestußt, oben von c ab verlief sie allmählich in den Gipfel. An dem Holz und in der Rinde war nichts krank

Das Erdbeben bei Arica in Peru und die mitt

haftes wahrzunehmen, alle Holzlagen waren vollkommen leren Tiefen des Atillen Meeres. gesund. Eine andere Anschwellung dieser Art erwähnt noch Göppert aus der Umgebung des Kubany und gibt ein Bild davon (als minder merkwürdig theilen wir dieses nicht mit). Sie war an einer Fichte von 18 Zoll Durch: Einige Fuß über der Erde verdickte sich der Baum zu einer rundlichen linsenförmigen Anschwellung von nicht weniger als 12 Fuß Durchmesser, hinter welcher sich der Stamm plöglich wieder bis zu 16 Zoll Durchmesser ver messer.

engerte. Zuweilen schwillt aber auch der ganze Stamm stellenweise gleichmäßig an, wovon man in der Umgebung des Kubany ein kolossales Exemplar beobachtete. Ausland. 1869 Nr. 4.

Die Erdstöße welche am 13 Aug. die Küste von Peru erschüt terten, hatten an allen heimgesuchten Ortschaften zur Folge daß der Spiegel der See erst beträchtlich sank um später in Gestalt einer mauerartigen Woge wieder zurückzukehren. Diese Störung der Gleichgewichtsebene des Meeres ver breitete sich in Wellenringen über den großen Ocean theils in nordwestlicher Richtung bis zu den Sandwichinseln, theils in westlicher bis nach Neu- Seeland und Australien. Aus der Geschwindigkeit mit welcher die Wellen fortrückten, läßt sich die mittlere Seetiefe des Stillen Meeres auf dem Pfade den die Wellen zogen durch eine außerordentlich 11

Das Erdbeben bei Arica in Peru und die mittleren Tiefen des stillen Meeres .

78

einfache Rechnung, vor welcher auch ein Laie nicht zu er

Uhr

schrecken braucht, ableiten. Es ist dieß auch bereits auf einem andern Raum des Stillen Meeres bei einer frühe

nur seit der Beobachtung ihr Gang nicht mehr gestört wird, bis sie mit einer richtig gehenden Uhr verglichen und der

ren Gelegenheit geschehen. Während des Erdbebens am 23 Dec. 1854 wurde die Stadt Simoda in Japan durch

Betrag ihrer täglichen Unregelmäßigkeiten feſtgeſtellt werden kann. Da Callao westlicher liegt als Arica, so ist audy

solche Spiegelschwankungen der See zerstört. Die erregten Wellen verbreiteten sich ostwärts nach Californien, und ihr

die örtliche wahre Zeit eine verschiedene. nämlich :

falsch geht " ist von keinem großen Belang, wenn

Wir finden

Callao 770 11' W. Greenw. Arica 700 20' " "

Eintreffen wurde von den dortigen automatischen Fluth messern bei San Francisco und San Diego aufgezeichnet. Es ergab sich daß jene Wellen stündliche Geschwindigkeiten,

Unterschied im Bogen in Zeit "

die eine von 438, die andere von 427 Meilen (miles) be:

69 51' 27 Min. 24 Secunden.

sessen hatten, woraus eine mittlere Tiefe des Stillen

ZurZeit (4 Uhr 45 Min.) als in Arica der erste Stoß verspürt

Meeres zwischen Japan und San Francisco von 2149

wurde, hätten daher die Uhren in Callao erſt 4 Uhr 17 Min.

Faden (fathoms) oder 12,894 Fuß, zwischen Japan und San Diego aber eine Tiefe von 2034 Faden abgeleitet

36 Sec. zeigen sollen, traf also der Stoß erst

werden konnte.

Ferd. v. Hochstetter, der gefeierte Geologe

etwa um

5 Uhr“ in Callao ein, so würde sich ergeben daß er bei nahe

Viertelstunden zu seinem Wege gebraucht haben

1

auf der Erdfahrt der Novara, hat daher in öffentlichen

müßte.

Blättern aufgefordert, ihm Nachrichten und Angaben in

der Stoß ſowohl an Punkten die südlicher lagen als Arica,

Bezug auf jene Erscheinungen einzusenden, da er demnächst

nämlich Iquique , wie an nördlichern Punkten , z . B. Callao, später gefühlt wurde. Arica gilt uns vorläufig daher

in Petermanns geographischen Mittheilungen eine Dar stellung des Wellenganges veröffentlichen will. Auch hat er bereits der Wiener Akademie der Wissenschaften einen

Wir sehen wenigstens so viel mit Sicherheit daß

als der nächste Küstenpunkt am Siß der Stoßes und der Ausgangspunkt für die Schwankungen des Seespiegels.

vorläufigen Bericht erstattet, auf den wir noch zu reden kommen.

Für Arica gibt unsere Quelle 4 Uhr 45 Minuten an, Hr. v. Hochstetter dagegen 5 Uhr 15 Min.

Da wir nicht.

Die Geschwindigkeit solcher Wellen wird gemessen durch die Zeit die sie brauchen um von einem gegebenen Ort

genau wissen woher der Zeitunterschied stammt und welche

nach einem zweiten zu gelangen.

doppelte Berechnung nach beiden Beſtimmungen ausführen .

Wir müssen also zunächſt

die Zeit und den Ort ihres Abganges festsehen.

Wir fol

Angabe den Vorzug verdient, so werden wir später eine

Ueber das Eintreffen der Wellen an den Ostküsten Neu- Seelands und Australiens hat der Sydney Morning

gen dabei den Berichten welche bei der britischen Admira lität eingelaufen und durch die Daily News veröffentlicht worden sind. Die Erdstöße und die Erschütterungen des

Herald alle eingelaufenen Berichte veröffentlicht, die ge

Seespiegels erstreckten sich auf 800 engl. Meilen an den Küsten von Peru und Chile bis nach Talcahuano (lat. 36º 7'E .). Den Siß des Stoßes oder wie man auch sagt den

enthalten.

Herd des Erdbebens verlegt Hochstetter in den Raum . zwischen Arica an der Küste und Tacna, welches ein wenig landeinwärts liegt.

Dieß ergibt sich auch aus den Mit

theilungen die uns vorliegen, denn unbedingt muß der jenige Ort dem Ausgangspunkt des Stoßes näher liegen , der das Erdbeben am frühesten fühlte. In Arica (lat . 18°

sammelt im Nautical Magazine erschienen sind. Brauch. bar für unsern Zweck sind nur diejenigen welche Zeitangaben . Bevor wir aber zu ihrer Aufzählung schreiten,

müſſen wir vor einem Irrthum warnen.

Das Erdbeben bei

Arica trugsich Nachmittags am 13 Aug., an einem Donnerstag zu, die Wellen dagegen kamen nach Seeland am Samstag Morgens, und das Nautical Magazine spricht von 36 Stun den Unterschied.

Hier ist der Umstand übersehen worden

daß die Zeitrechnung eine verschiedene war.

Für die britti

23') wurde am Donnerstag 13. August Nachmittags 4 Uhr

schen Unterthanen beginnt der bürgerliche Tag auf dem 180. Längengrade westlich von Greenwich. Wenn also

45 Minuten der erste Stoß gefühlt und das Sinken des Meeresspiegels beobachtet. Auf dem peruanischen Küſten

wird der Mannschaft im Tagesbefehl kundgegeben daß ein

Schiffe diesen Mittagskreis in westlicher Fahrt überschreiten

Inselchen Iquique (lat. 20°10′), also 27 deutsche. Meilen gegen Süden, verspürte man den ersten Stoß wenige Minuten nach 5 Uhr. " In Callao dagegen, welches nörd

wenn sie gegen Osten fahren muß ein Tag doppelt gerech net werden. Wenn daher das Erdbeben bei Arica um

licher und westlicher liegt, traf die Erschütterung ungefähr

4 Uhr 45 Min. Nachmittags an einem Donnerstag den 13 Aug.

um 5 Uhr" ein.

Leider ist diese Zeitangabe wenig scharf, und wir möchten daher jedermann der den Vorsag hat der

Tag in der Schiffsrechnung übersprungen wird, umgekehrt

eintrat, so war es in Neu-Seeland bereits ein Freitag Mor gen der 14 Aug. und etwa 9 Uhr .

Auch wollen wir noch

Wissenschaft Dienste zu leisten, die Regel einprägen daß, wenn er irgendwo oder irgendwann Zeuge eines Natur ereignisses werden sollte, beim Eintritt eines solchen seine erste Bewegung nach der Uhr in der Tasche gerichtet sein muß um genau ihre Zeitangabe aufzuzeichnen. Ob die

1 Ter amerikan. Naturforscher Piffis in Santiago fand für die Fortpflanzung der Erdſtiße am 13 Aug. 1868 eine Geschwin= digkeit von 474 kilometern in der Stunde ( 64 d. Meiten). Er ver legt den Stoß zwischen Tacna und Arequipa, den Ausgangspunkt der Wellen dagegen nach Arica. Comptes rendues. p. 1067 sq.

682 79

Das Erdbeben bei Arica in Peru und die mittleren Tiefen des ſtillen Meeres.

eines anderen etwas komischen Zusammentreffens gedenken. Eine Woche vor jener Naturerscheinung ging in der Stadt Wellington (Neu- Seeland) die Sage von Mund zu Mund, nächsten Samſtag werde ein Erdbeben eintreten, das Meer steigen und die Stadt hinwegschwemmen . Man kann sich also die Ueberraschung der Einwohner vorstellen als am Samstag Morgen die See wirklich stieg, freilich in ganz unbedrohlichem Grade. Ein reiner Zufall war dem ärm lichsten aller Propheten günstig gewesen, denn das Erdbeben wurde erwartet wegen der Sonnenfinsterniß am 14 Aug., die aber aus keinem denkbaren Grunde das Erdbeben ver schuldet haben konnte, auch nicht der physischen Zeit nach mit ihm zusammen fiel . Die Werthe auf die es ankommt zeigt die folgende von dem britischen Reichsastronomen Airy entworfene

Breite der Welle,

Tiefe der See in Fußen 1

engl. Fuß: 10,000 100,000

10 100 1,000 10,000

100,000

1,000,000

Geschwindigkeit derWelle in Stunden und engl. Meilen 3.86 12.21 36.40 48.77 43.77 48.77

3.86 12.22 38.64 115.11 154.25 154.25

3.86 12.22 38.66 122.18 364.92 487.79

von 343,5

engl.

Meilen

in

der

Aus Hobarttown und andern Pläßen Tasmaniens lic gen zwar Berichte vor, die aber nur dahin lauten daß früh am Morgen des Samstag " sich die See gehoben Auf solche Aeußerungen läßt sich eine Berechnung nicht gründen, wir bedauern auch daß von Moreton Bay

habe.

(australische Ostküste) ohne Angabe einer Tageszeit nur geschrieben wird fünf Fluthwellen hätten sich im Laufe des Samstags eingestellt. Dagegen wird von Wellington (Neu-Seeland) gemeldet daß am Samstag etwa um 8 U. 30 Min. Vorm. ein Steigen des Wasserspiegels beobachtet wurde. Diese Zeitangabe werden wir jedoch nicht benu hen, theils wegen der Lage Wellingtons im Innern der Cooksstraße durch welche das Eintreffen der Welle stark verzögert werden konnte, theils weil wir vermuthen müſſen, es sei dieß nicht die früheste Schwankung des Meeres spiegels gewesen, theils endlich weil wir eine andere und

Tafel :

1,000

lere Geschwindigkeit Stunde.

bessere Beobachtung. für Neu- Seeland im Vorrath haben. Dagegen ist es für unsere Berechnung wichtig, wenn es in einem andern Briefe aus Wellington vom 18 August heißt :

3,86 12.22 38.66 122.27 386.40 1151.11

Daraus sieht man vorläufig so viel daß mit der wach senden Breite der Wogen, sowie mit der wachsenden See tiefe die Geschwindigkeit der Wellen beschleunigt wird, die Beschleunigung jedoch wieder ihre Gränzen findet. Unter der " Breite der Wogen" wird der Abstand des einen Nun ge Wellenkammes vom nächstfolgenden verstanden. wahrt ein jeder sogleich daß wenn wir die Geschwindigkeit der Wellen und die Breite der einzelnen Wogen kennen, daraus die mittlere Tiefe des stillen Deeans mit ziemlicher Annäherung an die Wahrheit abgeleitet werden kann.

Leßten Samstag hob sich und fiel der Wasser:

spiegel in unserm Hafen alle zehn bis achtzehn Mi Ebenso heißt es in einer nuten während des Tages. " sonst werthlosen Notiz aus Damaru. " Seit Tagesanbruch schwankt der Seespiegel um 15 Fuß

in Zeiträumen

von fünfzehn Minuten. " Aus diesen Angaben läßt sich die Breite der Wellen, von Kamm zu Kamm gemessen, ableiten, denn folgten sie sich durchschnittlich in 15 Mi nuten aufeinander, so muß auch auf dem hohen Meere der Kamm der zweiten Woge irgend einen phyſiſchen Punkt um 15 Minuten später erreicht haben als der Kamm der ersten Woge, mithin waren die Wellen so breit wie das Viertel der stündlich zurückgelegten Strecken. Eine brauchbare Angabe für die Ostseite Neu- Seelands, und zwar der Südinsel (wir meinen Te Wahipunamu), entlehnen wir dem Vortrage F. v. Hochstetters vor der WienerAkademie. Sie bezieht sich auf den freiliegenden Lyttel

Die erste Welle traf bei Newcastle (lat. 32° 57' S.) tonhafen (lat. 43° 39'

. ), den die erste Welle erreichte

an der australischen Küste am Samstag Morgens 6 Uhr 30 Min. ein.

Als der Erdſtoß in Arica (am Donnerſtag

am 15 August 4 Uhr 45 Min. Morgens, als die Uhren in Arica 32 Min. nach Mittag (14 Aug.) zeigten. Da

13 August 4 Uhr 45 Min. Nachm.) erfolgte, zeigten die Uhren am Freitag in Newcaſtle 7 Uhr 33 Min. Morg., denn es liegt

wir nun die Zeit des Abgangs der Wellen von Arica auf den 13 Aug. 4 Uhr. 45 Min. verlegt haben, so ver strichen 19 Stunden 47 Min. bis zu ihrer Ankunft vor

Arica long. 2890 40′ Oſt ( 70° 20 ′ W.) Newcastle 1510 44'

Lyttelton.

Hochstetter hat für die Entfernung 6120 See

meilen gefunden, die wir in 7054 engl. Meilen verwandeln Unterschied im Bogen Unterschied in Zeit

1370 56' 9 St. 11 Min. 44 Sec.

Die Wellen brauchten also auf dem Wege von Arica in Peru bis an die Ostküste Auſtraliens 22 Stunden 57 Min., und da die Entfernung des Zwischenraumes 7788 engl . Meilen beträgt, so besaßen sie auf jener Strecke eine mitt 1 From summit to summit of successive rollers.

und dadurch zu einer stündlichen 356,5 engl. Meilen gelangen.

Geschwindigkeit von

Am werthvollsten ist endlich eine Nachricht, ebenfalls von Hochstetter angeführt, daß die Meereswogen auf den Chatham Iseln am 14 Aug. Morgens zwischen 1 und 2 Uhr, also um 1 Uhr 30 Min. eintrafen, und zwar so heftig daß das Maoridorf Tupunga in die See geschwemmt wurde. Es liegen :

Das Erbeben bei Arica in Peru und die mittleren Tiefen des stillen Meeres.

80

die Chatham-Inseln 1760 40′ W. Gr. 700 20' " Arica " " Unterschied im Bogen 1060 20' " 7 St. 5 Min. 20 Sec. in Zeit " Als der Stoß bei Arica eintrat, zeigten die Uhren auf

So gelangen wir denn aus den vorher ermittelten Geschwindigkeiten zu folgenden Ergebnissen für die Tiefen. Es besaßen die Wogen

Mittlere stündliche

Zwischen Arica und

Mittlere Seetiefe

Geschwindigkeit

den Chatham Inseln am 13 Aug. 9 Uhr 40 Min. Vorm . Folglich verflossen 15 Stunden 50 Min. bis zur Ankunft der Wellen. Da wir nun für die Entfernung der Cha tham-Inseln 6017 engl. Meilen gefunden haben, so er:

den Chatham-Inseln 380,02 Miles, Lyttelton (Neu-Seeland) 356,58 " Newcastle (Australien) 343,54 "

gab sich auf jener Strecke eine mittlere Geschwindigkeit von 380, 2 engl. Meilen in der Stunde. Wir bitten schon jetzt

mit den Chatham Inseln, Lyttelton und New- Castle durch

9662 Fuß, 8506 " 7896 "

Wir bitten nun die Leser auf einer Erdkugel Arica

befestigte Fäden zu verbinden.

Sie werden dann sehen

bis zum Mittagskreise der Chatham-Inseln, während weiter

daß die Stücke des nämlichen Wellenringes welche nach jenen drei Punkten strebten, anfangs faſt zusammen fielen. Das Wellenstück von Lyttelton gieng an den Chatham

westlich nach Neu - Seeland und Australien zu eine Ver zögerung eintrat.

Inseln südlich auf einem Abstand von nur 30 Meilen vorüber. Es ist daher völlig statthaft den Pfad des

vorläufig bemerken zu wollen daß die mittlere Geschwindigkeit der Wellen eine verschiedene gewesen sei, nämlich am größten

Betrachten wir noch einmal unsere Tafel für die Ge ſeße der Wellenbewegung,

so gewahren wir daß bis zu

Wellenstücks von Lyttelton in zwei Theile zu zerlegen, nämlich in einen anfänglichen bis etwa zum Mittagskreise der Chatham-Inseln, und in einen zweiten westlich von

Tiefen von hundert Fuß die Breite der Woge keinen Ein

jenem Mittagskreise. fluß ausübt.

Soll sich aber bei wachsenden Tiefen die

Geschwindigkeit vermehren, so muß die Breite der Woge ebenfalls zunehmen, sonst finder die Geschwindigkeit eine Gränze.

Wir fanden aber für die Wellen stücke : 7054 Miles in 19 St. 47 Min. nach Lyttelton , " 15 " 50 M nach den Chatham- Inseln 6017 "

Für unsere Wellen hatten wir eine höchste Ge 1037 Miles in 3 St. 57 Min.

schwindigkeit von 380 engl. Meilen in der Stunde gefun den, und da sich die Kämme mindestens in Viertelstunden folgten, so war jede Woge 95 engl. Meilen oder über 500,000 Fuß breit. Die Wogen waren also breit genug daß sich in unseren Fällen die Geschwindigkeit mit den wach senden Tiefen steigern konnte, ohne die untere Gränze zu berühren.

Deßhalb dürfen wir sagen daß der Theil des Wellen ringes von Lyttelton für die legten 1037 engl. Meilen 3 Stunden und 57 Minuten brauchte, und daß auf dieſem 53 Theil seiner Bahn die mittlere Geschwindigkeit nur 262,55 engl. Meilen in der Stunde betragen haben kann, woraus wir für diese Strecke eine mittlere Tiefe von 4611 Fuß ableiten, also die Hälfte weniger wie auf dem östlichen

Ganz rein zeigt sich das Gesetz von der gegenseitigen Abhängigkeit der Geschwindigkeiten und Meerestiefen wenn

Theil der Bahn.

die Wogen 10 Millionen Fuß breit sind, denn dann er halten wir folgende Zahlenreihen :

minderung seiner mittleren Tiefe, wie wir dieß auch nicht

Der Ocean erleidet also zwischen den

Chatham Inseln und Neu- Seeland eine beträchtliche Ver

Seetiefe:

Geschwindigkeit :

1 Fuß 10 " 100 " 1,000 " 10,000 " 100,000 "

3.86 engl. Meilen, 12.22 " 38.66 " 122.27 " 386.66 " 1222.27 "

anders zu erwarten berechtigt waren, insofern sich nämlich die Ostküste Neu- Seelands allem Vermuthen nach sanft nach den Chatham-Inseln zu ins Meer senkt. Dieselbe Betrachtung aber belehrt uns auch daß die nämlichen Wellenringtheile die bei den Chatham Inseln

und Lyttelton eintrafen, unmöglich Newcastle in Australien erreichen konnten, weil sich Neu- Seeland mit seiner vollen Breitſeite ihnen vorlagerte . Es stammen die Seespiegel

Hier zeigt der erste Anblick schon daß wenn die Tiefen um das hundertfache wachsen, die Geschwindigkeiten nur um das zehnfache zunehmen, mit andern Worten, wenn die Geschwindigkeit um das einfache zugenommen hat, muß die Seetiefe im Quadrat gewachsen sein. Wir brau chen also nur die mittlere Geschwindigkeit einer Welle aus

schwankungen von Newcastle vielmehr von einem Wellen ringtheile her, der entweder nördlich oder südlich um Neu Seeland sich bewegt und erst hinter dieser Gruppe wieder concentrisch sich ausgebreitet haben muß. Dieses Wellen stück schlug daher einen beträchtlichen Umweg ein, und da unserer Berechnung der Wellenfortpflanzung bis Newcastle

gedrückt in engl. M. durch 3,566 zu theilen und das Ergeb niß mit sich selbst zu multipliciren, so finden wir die mitt lere Seetiefe in englischen Fußen.

1 Wer Ausdrücke für Geschwindigkeiten in engl. Fuß und Secunden sucht, findet sie ausgerechnet bei Sir John Herschel Phys. Geography §. 80.

die gerade Entfernung zu Grund gelegt wurde, so mußte die ermittelte Geschwindigkeit der Wellen zu gering aus: fallen und der gefundene Werth für die Meerestiefen zwi schen Arica und Newcastle ist daher zu niedrig oder, mit andern Worten , Gränzzahl .

er

besit nur die Bedeutung

einer

Die Grotten der Themud.

Wir haben oben alle unsere Berechnungen gegründet auf die Aussage des britischen Consuls in Arica : daß der erste Stoß und das Zurückweichen des Meeres um 4 Uhr 45 Min. eingetreten sei.

81

von Hawai entfernt.

Wahrscheinlich soll es 3000 Meilen

heißen .

Ueberhaupt ist jene Angabe, in der Fassung wie ſie uns vorliegt, für unsere Zwecke unbrauchbar.

F. v . Hochstetter nimmt dagegen.

Zur Entschädigung finden wir dafür folgende werth:

an daß der Erdstoß um 5 Uhr 15 Min. erfolgte und die

volle Angabe von Honolulu (Sandwichinseln) : Donnerstag

hohe Woge erst 20 Minuten später die Stadt überschwemmte, so daß er den Abgang der pacifischen Wellen auf 5 Uhr 35 Min. verlegt. Weit entfernt die Zulässigkeit dieser Grundlage zu bestreiten, beeilen wir uns im Gegentheil 1 eine Rechnung auch auf diese Angabe zu gründen. Die Seetiefen vom Mittagskreise der Chatham Inseln gegen Lyttelton bleiben davon selbstverständlich unberührt. Für die Welle von Arica nach Lyttelton ermittelte F. v. Hoch ſtetter eine stündliche Geschwindigkeit von 322 Seemeilen ( = 371 engl. Meilen ) woraus wir selbst eine Seetiefe von 9218 Fuß abgeleitet haben.

13 Auguſt 1868 Abends 9 Uhr sahen

die Eingebornen

bei Fishermans Point die See höher als gewöhnlich stei gen. Die Erscheinung wiederholte sich um Mitternacht und dauerte den nächsten Morgen fort. Das Ebben und Fluthen trat in Zwischenräumen von 15-20 Minuten ein.

Es liegen aber :

Honolulu long. 1580 0 West. Greenw. 770 11 " Callao Unterschied im Bogen 800 49′ in Zeit 5 Stunden 23 Min. 12 Sec. "

Wendet man die nämliche Vor Callao traf die Erdbebenwelle ein nach unsern

Zeitangabe auf die Welle zwischen Arica und den Cha tham -Inseln an, so gelangt man zu einer stündlichen Ge schwindigkeit von 401,13 engl. Meilen und zu Meeres tiefen von 10,766 Fuß. 3

Berichten am Donnerstag um 5 Uhr Nachmittags . Folg lich bewegten sich die Wellen von Callao bis Honolulu in 9 Stunden 23 Minuten. Da nun beide Orte 4288 engl. Meilen entfernt liegen, so besaßen die Wellen eine

Das Ergebniß dieser Berechnungen wird alle diejeni gen überraschen welche mit dem Betrag der anderwärts gefundenen oceanischen Tiefen bekannt geworden sind. Bisher dachte man sich nämlich die mittlere Tiefe der Weltmeere etwa 15,000 Fuß oder 2500 Faden. Ja Sir John Herschel sprach sogar von 22,157 Fuß mittlerer Tiefe 1 Mittlere Tiefen unter 2000 des atlantischen Oceans. Faden (12,000) in der südlichen Hälfte des Stillen Meeres erscheinen uns aber deßwegen so klein, weil im nördlichen Becken des Stillen Meeres solche über 2000 gefunden worden

mittlere stündliche Geschwindigkeit von 457,15 engl. Meilen und die See eine Tiefe von 13,971 Fuß auf jener Strecke. Wir wollen hier nur noch hinzufügen daß nach den Angaben des Capt. G. H. Richards, Hydrographen der britischen Admiralität, bei der legten Versammlung der British Association aus den neuesten Tiefenmessungen der Engländer sich ergeben hat daß zwischen dem rothen Meer und Bombay die größte örtliche Seetiefe etwas mehr als zwei engl. geogr. Meilen (also über

Das Nautical Magazine behauptet sogar daß bei dem Seebeben vom 20 April 1868 Wellen von Hawai

½ deutsche geogr.

sind.

(Sandwichgruppe) bis zu den Küsten von Oregon und Mexico Wellen „ eine Entfernung von 5000 Meilen (miles) in wenig mehr als 5 Stunden zurückgelegt hätten." * Eine

Meile), dagegen „zwischen dem Cap der guten Hoffnung und dem Aequator" (sic !) die höchste Tiefe 18,000 Fuß, fast 3 engl. geogr. Meilen betragen habe.

Im Nordpolar

meer norbwestlich von Epißbergen fanden die Schweden. letten Sommer 2100 Faden (à 6 Fuß).

stündliche Geschwindigkeit von 1000 Meilen würde aber auf Tiefen von 50-60,000 Fuß führen, doch ist sichtlich ein Druckfehler oder ein Irrthum im Spiele, denn selbst der äußerste Küstenpunkt Mexico's liegt nicht 5000 Meilen

Die Grotten der Themud . 1 Eben mit dem Abdruck des obigen beschäftigt, erhalten wir einen Brief des Hrn. v. Hochstetter mit der Bemerkung : „ Leider stimmen die Berichte bei solchen Ereignissen nie überein, es ist daher um so beſſer wenn für den Fall zwei Berechnungen für zwei verschiedene Berichte vorliegen." Diesen Weg hatten wir also bereits eingeſchlagen .

Dank dem Forschungsgeiſt unseres Jahrhunderts, nicht eben viel unentdeckte Ruinenstädte mehr geben. Eine Ausnahme

2 Hier hätte noch eine kleine Correction für die Breite der Welle einzutreten, die wir vorläufig noch vornachläſſigen.

Mariaba, der einſtigen Hauptstadt der Sabäer im Hochland

3 Phys. Geogr. p. 80. We find vor the mean depth of the whole Atlantic from 500 south lat. to 500 N. 22,157 feet, a result perfectly in accordance with what we know from numerous soundings of its northern basin, and what may reasonably be concluded from the comparatively few obtained in its southern. Wir bemerken daß wir nur die Aus gabe vou 1862 beſitzen, und daß vielleicht in einer neuern eine Berichtigung mittlerweile stattgefunden haben könnte. Ausland. 1869. Nr. 4

Von Julius Braun. Auf dem Boden der vormals cultivirten Welt wird es,

macht Arabien.

Nur dürftige Kunde haben wir von Mareb,

des äußersten Südens, bis wohin gleichwohl einst ein römi sches Heer vorzudringen vermochte, und noch hat kein Abend länder die große verlassene Grottenstadt der Themud ge sehen. Diese liegt zehn Tagreisen nördlich von Me dina an der Pilgerstraße die von Damascus kommt.

Ein

Berg von geringer Höhe, heißt es (in Burckhardts Erkun digungen 1815), begränzt die Ebene nach Westen , etwa 12

Die Grotten der Themud .

82

4 Miglien von der Stelle wo die Pilgerkaravane lagert.

ſelbſt rastete Muhammed auf seinem letzten nach Norden

An diesem Berg sieht man die Wohnungen eines ganzen Volkes in schwärzlichen Fels gehauen, mit kleinen Säulen

gerichteten Feldzug, gestattete aber nicht aus den dortigen.

zu beiden Seiten der Eingänge. Menschen und Thierbildern, zahlreichen Inschriften über den Thüren (wenn nicht die

Brunnen zu trinken, weil Sünder; die Gott vertilgte, ihn gegraben.

Das schon geschöpfte Wasser und das ange

knetete Brod wurde den Kamelen vorgeworfen, und der

Beduinen , meint Burckhardt, die Ornamente für solche

Glaube siegte an der Stätte des

nehmen).

Lohn fiel auch bald darauf ein ergiebiger Plaßregen von

Das Ganze hat mehrere Miglien Umfang, und

Unglaubens ."

Zum

nach Aussage glaubwürdiger Mekkapilger (bei Sprenger,

unverdächtigem Himmelswasser.

Mohammad) könnte die Bevölkerung von ganz Damascus

nicht die Seinigen zu mahnen , sie sollten niemals ein

in den Grotten Unterkunft finden.

Wunder von ihrem Propheten verlangen.

Zahlreiche Brunnen

Muhammed aber verfehlte

Troß des Wun

und ein fließender Bach laden zur Ansiedlung ein; auch wollte Saoud der Wahabiter König hier eine Stadt

ders das ihnen bewilligt worden, waren ja die Themud

bauen, wurde aber durch die Ulemas abgeschreckt, die es

Gottes Strafgericht unaufhaltsam (Jbn Ishak ze.) .

bei ihrem Unglauben geblieben ; in solchem Fall aber ist

für gottlos erklärten einen Ort wieder herzustellen den die

Wenn hier überhaupt an eine historische Katastrophe

Rache des Allmächtigen getroffen. Jetzt ziehen die Brun nen von Themud nur Beduinenlager an, und diese eben sind

zu denken ist, so kann diese erst nach dem ersten Jahrhundert

es, welche diese Gegend für einzelne Reisende unzugänglich machen. Burckhardt wollte die Reise wagen, ward aber

unserer Zeitrechnung eingetreten sein. Noch Ptolemäus (nicht minder als Diodor, Plinius zc. ) gedenkt der Thamy: dener. Aber es scheint daß die ganze Sage von Salih

durch sein Siechthum in Medina festgehalten ; der Finnlän

und dem Untergang der Themud nur herabgeglitten iſt

der Wallin (1848 ), auf seinem Weg von der Küste nach

in historische Zeit aus der allen Völkern gemeinſamen Ursage. Noch augenscheinlicher ist dieß der Fall bei der

dem innern Hochland, kreuzte die Pilgerſtraße nördlich von der Grottenstadt, konnte aber selbst auf geringe Strecken keinen Führer finden, und mußte froh sein über den Nebel

Sage vom Schicksal der im Koran mit den Themud ge wöhnlich zuſammen genannten Aditen. Auch diese glaub

der ihn den streifenden Raubhorden verbarg.

ten nicht an einen gottgesandten Propheten Namens Hud,

Da nun die Pilgerkaravane keinen Ungläubigen mit

errichteten große Bauten, und sprachen: „Wer ist stärker

nimmt, auch keine Zeit für archäologische Forschung hat, bliebe nichts übrig als der Versuch sich mit einer jener

als wir ?" Sie sollen in der That riesengroß gewesen sein. Da schickte Gott eine schwarze Wolfe und einen

Raubhorden zu verständigen.

Sturmwind, der acht Tage wüthete und Menschen und

In der Hoffnung daß dieß

einmal gelinge, wird es inzwischen der Mühe werth_sein, an das zu erinnern was sich aus Sage und Historie auf die einstige Bedeutung dieses Ortes schließen läßt. Wir wissen nicht wann oder warum die Wohnungen der Themud verödet sind. Muhammed wußte, es sei in

Kamele in die Lüfte trug, oder niederstreckte wie entwur zelte Palmbäume.

Diese Aditen wohnten gleichfalls in

Nordwestarabien, gelten stellenweis als Vorgänger der Themud (Koran 7, 72), sind mit den Aramäern eins

Folge eines göttlichen Strafgerichts geschehen, und hat

(89, 5). Aber in einer besonderen Offenbarung verlegt sie Muhammed in die Sandfelder des südlichen Arabiens,

das Schicksal der Thamudäer oft genug als warnendes

die Wüste El Akhaf.

Beispiel aufgestellt ( Sure 7, 11 , 26 2c.) .

Zu jenem Frev

lervolk nämlich war der Prophet Salih gesendet worden, und mahnte sie inständig, doch nur den einen und wahren

Dort ist die verlorene Stadt aus

Gold und Edelstein, welche Schaddad, der Sohn des Ad, hat erbauen laſſen.

Ein Mann der ein verlorenes Kamel

Das war aber nicht in ihrem Geschmack,

suchte, ist einmal hineingcrathen und mußte dem Chalifen Moawia zu Damascus darüber Bericht erstatten, und die

und um den Propheten los zu werden, verlangten sie zu

dortige Schriftgelehrsamkeit verfehlte nicht über den König

seiner Beglaubigung ein Wunder.

Auch daran fehlte es

Schaddad (den sehr Starken) oder Schadyd (den Starken),

nicht. Salih ließ aus dem Felsen ein Kamelweibchen hervortreten, das sogleich ein Junges warf. Nichtsdesto

der einst die ganze Erde beherrschte, die befriedigendſte Auskunft zu geben. (Traditionen bei Sprenger, „ Mo

weniger verharrten die Themud im Unglauben, sie lähmten oder tödtetensogar das Kamelweibchen (angeblich weil es ihnen

hammad"). Echaddad oder Schadyd, Sohn des Ad, erinnert an

zu viel Wasser wegsoff) ; das Junge gieng in den Fels

Sadid, den Sohn des phönifischen Saturn bei Sanchunia

zurück.

thon. Mit demselben Saturnſohn (ſonſt Typhon, Antäus 2c. genannt) fällt Schaddad in eins zusammen , z. B. als

Gott zu verehren.

Aber nun folgte ein Erdbeben und am Morgen

fand man die Ruchlosen todt auf dem Angesicht liegen. Das Kameljunge ist noch immer im Fels (eine Strecke weiter nordwärts, zu Dar el Hamra) .

Dort eilt die Pil

Eroberer von Nordafrika und Gründer der Antäusſtadt

gerkaravane mit Schießen und Schreien möglichst schnell

Tingis, Tanger (nach Abulfeda, Leo Africanus 2c. ) . Also muß auch Schaddads Vater ein Saturn sein. Nun be

vorbei , damit die eigenen Kamele durch den aus dem

deutet in der That Ad oder Aud altarabisch die „ Zeit"

Fels kommenden Klagelaut nicht scheu werden.

und den Zeitgott Saturn (vgl. den arabischen Hauptgott Obodas , d. h. Ab-Aud, „ Vater der Zeit") . Man schwur

bolsi ; Derwisch Itinerar 2c.).

(En Na

Bei den verödeten Grotten

Ueber die plaſtiſchen und hypſometriſchen Verhältnisse der Oſtalpen.

bei dem "blutbegossenen Aud " (alte Dichterstelle im „Ra mus " ; vgl. Movers, Phönizier, I, 253) .

Was ist natür

licher als daß nach diesem Ad oder Aud auch ein ganzes Volk, die Aditen (bei Ptolemäus Daditen) sich genannt, sowie andere Völker andere Namen desselben Gottes

83

des Hud, " vgl. v. Kremer, Südarabische Sage), ein Vul can in Hadramaut. Dieser " Brunnen" warf zeitweis glühende Steine berghoch (Masudi , Isstachri) ; aber man weiß auch daß Barhud die Seelen derer enthält die für die Hölle vorausbestimmtsind (Lane, Modern Egyptians etc.)

(Aram, Hamas, der „Höchste “ ; Elam, Ulomos , „ Ewig

Daher

keit“ ; Sab, Sabis , ägyptisch „ die Zeit " 2c.) gewählt haben,

Tiefe (Fresnel, Journ. Asiat. 1840).

der Pestgestank und der Jammerton aus jener

um sich selber als Aramäer, Elamiten, Sabäer 2c. , d. h. als Bekenner Saturns (des Bel von Babel), zu bezeich:

Unterweltgötter in Südarabien vorherrschte, zeigen schon Namen wie Hadramaut, Mareb (Marfreb, Herr der Unter

nen ? Daß jedes Volk nach seinem höchsten oder zumeist

welt), Himjar (vgl.

verehrten Gott sich nenne, ist eine Wahrnehmung die in der ganzen Welt hundert und aber hundertfach wieder:

Minäer (die sich nach Minos nennen, Plin.) 2c.

Daß der Dienst der

die Unterweltgöttin Chimära) , die

Wenn aber „ Ad" der Gottesname ist , dann kann

Da nun die Götterſage bald da bald dort, und zwar so ziemlich ohne Wahl sich niederzulassen pflegt , können

der darin ruhende Begriff der Zeit (des Uralters) nicht

wir aus dem mythischen Schicksal der Themud und ihrer

mehr auf das Volk bezogen und nicht mehr, wie man bis

Nachbarn und Vorgänger, der Aditen, kaum einen Schluß

kehrt.

her that, zu dessen historischer Einordnung benutzt werden.

auf das wirkliche Ende derer thun welche einst die groß

Dafür verstehen wir nun den Sturm, durch welchen die

artige, noch unerforschte Grottenſtadt nordwärts von Me

Aditen (das Gigantenvolk des himmelstürmenden Saturn)

dina bewohnt haben.

zu Grunde giengen.

muda" bei Steph. v. Byzanz ; jezt Hidjr) zu allernächſt dem wohlbekannten Petra im Thalkeſſel des Gebirgs Edom

Von solchem Sturm haben die guten

Götter auch in babylonischer Sage gegen die Giganten Gebrauch gemacht,

die zur Ersteigung des Himmels den

babylonischen Thurm bauten

(bei Josephus,

Vermuthlich gleicht diese Stadt (Tha

(südlich vom todten Meer)

dort wo die hohen Fels

Eusebius).

wände rundum und die Wände der Thalspalten aufwärts von

Nun verstehen wir auch das Weltreich von Ads Sohn

Kammern (wenn auch nicht für die Lebendigen) durchbrochen

Schaddad (Typhon) und jene in der Wüste gelegene Wun

und zum Theil zu überreichen Grabfaçaden ausgemeißelt sind. Alles ist dort römischer Styl, aber nicht weil die dortwohnenden

derstadt. Sie ist keine müßige Erfindung, sondern dens doch wohl nur ein Rest jener irrenden Sage von Saturns seligem, unzugänglichem Reich,

Römer es herstellen ließen, sondern weil römischer Geist und

worin er das Ende der

Geschmack weit über die Reichsgränzen hinausreichten. In

jezigen Weltperiode, das Ende seiner Gefangenschaft er wartet. Jezt ist die Wüste El Akhaf gefürchtet wegen

den gleichen Formen denken wir vorerst die Stadt Tha

ihrer Dämonen und wegen der tiefen Trichter im feinsten

muda, die offenbar ihren Bestand demselben Handelsver kehr wie Petra, dem Verkehr zwischen Nord- und Süd

Sand, wo

arabien dankte.

alles langsam,

aber unaufhaltsam versinkt.

Im Thalkessel von Petra fand er seinen

(Wrede im Journ. of the R. Geogr. Soc. 1844) .

großen Stapel und Austauschplatz,

Diese Wüste liegt hinter dem Gebirgswall der das arabische Hochland auch nach Süden umgibt, landeinwärts

Zeit Karawanen, groß wie Heere, aus: und eingiengen . Jest wäre, in Ermanglung von solchen, der über Meer und

von Wadi Doan, einer mit Ortschaften und Felskammern

Erde tragende Mantel Salomonis nöthig, um von den ver

(auch diese angeblich aus Schaddads Zeit) gesäumten, in

lassenen Stationen wieder Einsicht nehmen zu können. Wem es auch ohne diesen einmal gelingt nähere Nachricht

der Tiefe baumreichen Thalschlucht.

In demselben Land

dort wo zu Strabo's

ſtrich (Hadramaut) zeigt man auch das Riesengrab des Hud. Hud, jener Prophet von welchem die Adid nichts

und eigene Anschauung von den Grotten der Themud zu:

wissen wollten, wurde schon früh (vergl. Herbelot unter

vergeßlich machen.

rückzubringen, der wird seinen Namen als Entdecker un

„Hud") für eins mit Jehud" (Judäus) erklärt. Jehud aber hieß nach Sanchuniathon auch jener phönikische Saturn sohn, den andere Sadid nannten.

Also fiele auch Hud

mit Schaddad in eins zusammen.

Wie nun eine alte Ueber die plastischen und hypsometriſchen Verhält

Typhonform (Typhon in der Ursage von seinem Vater ver nisse

der Oftalpen.

folgt und nachmals Vorkämpfer der guten Götter gegen ihn ; aber allerdings auch oft mit ihm verwechselt und zu

Von K. v. Sonklar, k. k. Oberſt.

sammengeschmolzen) — wie ein solcher Typhon zum Prophe

(Schluß.) ten und Bußprediger bei dem ungläubigen Gigantenvolk werden kann, dafür ließen sich mehr Beispiele nennen, als wir wagen dürften, hier vorzuführen. Genug, an die ein

Indem wir nunmehr zu den Südalpen übergehen, be: gegnen wir zunächst in den Ortleralpen nicht bloß einem

ſtige Bedeutung Huds als Unterweltgott (immer ein Begriff in welchen man den Typhon übergehen ließ) erinnert noch

der schönsten und erhabensten, sondern auch einem der höchsten Theile der österreichischen Alpen. Der 6½ geogr.

der nach ihm benannte Höllenschlund Barhud („ Brunnen

Meilen lange, vom Stilfferjoche bis zum Tonalpaß ſtrei

84

Ueber die plastischen und hypsometriſchen Verhältnisse der Ostalpen.

chende Hauptkamm dieser Gruppe bildet (mit Ausnahme des übrigens nur kurzen Weißkammes im Dezthaler Ge birge) geradezu den an Elevation hervorragendsten Hoch Seine aus 29 Punkten gerechnete kamm unserer Alpen.

Nun folgen die tridentinischen Kalkalpen, für deren Abschnitte nachstehende orometrische Mittelwerthe sich erge ben haben, u. z.

Mittelhöhe erhebt sich, bei einer Schartung von nur 850 Fuß, auf nicht weniger als 10,480 W. F. Diesem Kamme gehören die Königswand 12,180, der Zefallspig 12,000, und noch eine Zahl andere, die absolute Höhe von 11,000 Fuß übersteigende Gipfel an. Hierauf folgen: der eigent liche Ortlerkamm mit dem 12,358 W. F. hohen Ortler, dem culminirenden Gipfelpunkte der österreichischen Alpen, ferner der Kamm zwischen Sulden und Martell, zwischen Martell einer Pejo, Rabbi und Ulten andererseits, sowie die Kämme des Monte Tresero und Monte Pavia auf der italienischen Seite des Hauptkammes .

Die mittlere

Höhe dieser Gebirgsglieder liegt zwischen 9850 und 9200 Schließt man jedoch alle Nebenkämme in die W. F. Rechnung ein, so ergibt sich für die ganze Gruppe die mittlere Kammhöhe noch immer mit 8920, die Schartung mit nur 695, die mittlere Sockelhöhe mit 4025 und die relative Höhe der Kämme mit nahe an 4900 W. F. Am größten jedoch erscheint lettgenannte im Suldenthale, wo sich, dicht neben dem kleinen 5800 F. hohen Thalbecken von St. Gertrud, der Ortler und die Königswand noch 1 mit einem Aufzug von 6560 und 6380 W. F. erheben. Mit den Ortler- Alpen steht westlich die orobische Gruppe Hier erreicht kein Gipfel mehr die Höhe von 10,000 W. F., obgleich der Pizzo de Trono, Der die 9929 F. dieser Elevation ziemlich nahe kommt. in Zusammenhang.

für " " " "

Mittl. Kamm- Mittl . Schar- Mittl. Sockel-' höhe Höhe tung W. F. W. F. W. F. 7415 1010 3160 die Brenta-Gruppe 5000 Ledro-Alpen 1015 2020 5310 580 den Mendelkamm 1000 1700 " Orto d'Abramo-Stock 4440 5385 635 1000 " Montebaldo Auffällig unter diesen Daten ist die große Höhe der

Brentagruppe, die sich leicht dadurch erklärt daß lettere ringsum von anderen Gruppen eingeschlossen ist und keinen Antheil an den äußeren und niederen Vorbergen hat. Bemerkenswerth erscheint ferner die geringe Schartung des Mendelkammes (Nonsberger-Alpen) und des Montebaldo Stockes, wie auch die große relative Höhe des leztgenann ten (4750 F.) , welche auch thatsächlich bei dem Anblicke des Gebirges von Riva oder von Verona aus augen fällig ist. Ziehen wir alle zwischen der Adda, Etsch und lombar dischen Tiefebene liegenden Alpentheile in eine Uebersicht zusammen, so erhalten wir für sie nachstehendes orometri wisches Zahlenbild : mittlere Kammhöhe 6960, Schartung 880, mittlere Sockelhöhe 3135 . Berechnen wir jedoch die mittlere Höhe der die lom bardische Tiefebene zwischen dem Lago di Como und der Etsch unmittelbar begränzenden legten Ausläufer der oro:

Adda südlich begleitende Hauptkamm ist 8030, dieKämme sind im ganzen 6140 und der Gebirgssockel ist 2510 W.

bischen Alpen, der Adamello Gruppe, der Val di Ledro

F. hoch.

Nehmen wir sofort die mittlere Höhe des Nordrandes jener

Den beiden vorgenannten Alpenabschnitten fügt sich die Adamello -Gruppe an.

In dieser hat der Presanella

Alpen und des Montebaldo, so erhalten wir 4645 W. F.

Tiefebene mit 645 F. an, so ergibt sich uns die relative Höhe des Gebirgssaumes mit 4000 F., was nicht weniger mehr als die Ueberhöhung des bayerischen

kamm die Mittelhöhe von 9660 F., während der in ſeiner

als 1200 F.

nördlichen Hälfte noch höhere, gegen Süden aber allmählich sich erniedrigende Hauptkamm noch immer eine mittlere

Flachlandes durch den Nordrand der tirolischen Kalkalpen

Höhe von 9120 W. F. behauptet.

zwischen Adda und Etsch kein allmählicher Uebergang des Gebirges zum Tieflande stattfindet, und 2) daß der Abfall

Ihm gehört der 11,409

W. F. hohe, in einen ausgedehnten Eispanzer gehüllte Monte Adamello und der 10,951 F. hohe, prachtvolle Eis

ausmacht.

Dieß läßt uns schließen ; 1 ) daß in dem Raume

der Alpen hier noch weit steiler seyn muß als auf der

dom des Caré alto, der südlichste Hochgipfel der gesamm

gegenüber liegenden nördlichen Seite.

ten österreichischen Alpen, an. Für die ganze Gruppe hat sich die mittlere Kammhöhe mit 7360, der Schartung mit

Unter den sechs Hauptgruppen der östlichen Südalpen werden wir auch hier, bei Betrachtung der Höhenverhält

800, die mittlere Bafishöhe der Kämme mit 3635 und ihre mittlere relative Höhe mit 3725 W. F. herausgestellt.

nisse, mit den leſsinischen Alpen beginnen.

1 Julius Payer hat im 18. Ergänzungshefte der Petermann' schen Mittheilungen zwei Hammſtücke der Ortler-Alpen mit den mittleren Kammhöhen von 10,600 und 11,052 W. F. den Leh thaler-Alpen mit der angegebenen mittleren Kammhöhe von 9514 W. F. an die Seite gestellt. Da mir dieß Verfahren geeignet scheint irrige Vorstellungen über die Höhenverhältniſſe beider Gebirgsgruppen zu erwecken, so will ich hier den Umſtand betonen daß die mittlere Kammhöhe der Oetthaler-Alpen = 9514 W. F., für alle Kammtheile dieses Gebirges, alſo auch für seine | letzten und weit niedrigeren Ausläufer Geltung hat.

Sie bilden den am weitesten in das Tiefland hinausgreifenden Theil des Alpenlandes, dessen Füße bei Verona bis auf 140, bei S. Bonifacio sogar bis auf 100 F. über Meer nieder: steigen.

Der höchste unter den 7 Kämmen dieser Gruppe ist der, der Brenta nächſtliegende, dem auch die Cima

Duodici 7388 W. F. angehört. Der höchste Gipfel der lessi nischen Alpen aber ist der Monte Furma, 7652 F. hoch und östlich der Valarſa ſtehend. Die Kammhöhe des Ge birges ist 4360, die Schartung 1105, und die Sockelhöhe 1830 W. F.

Ueber die plastischen und hypſometrischen Verhältnisse der Oſtalpen.

Ganz anders verhält es sich mit den Höhen der nörd lich an die vorige Gruppe gränzenden, beinabe ganz im

85

Ganzen wurden für die Kammhöhe 6310, für die Schar

Innern des Gebirges liegenden südlichen Dolomitalpen.

tung 1100 und für die Sockelhöhe des Gebirges 2715 W. F. aufgefunden.

Hier wächst nicht bloß die Höhe der Kämme und Gipfel,

In den venetianischen Alpen oder in der Gruppe des

sondern auch die der Tafelmaſſe, auf welcher die Kämme Nach unserer jetzigen Kennt

Monte Premaggiore ist der Monte Cridola bei Cadore 8172 F. der culminirende Gipfel. Kammhöhe, Echartung

niß der Reliefverhältnisse dieser Gegenden, zählen wir inner

und Sockelhöhe betragen hier 5360, 1100 und 2235 W. F.

halb der südlichen Dolomitalpen 1 Gipfel mit mehr als

Die julischen Alpen bestehen, wie wir bereits wiſſen, aus zwei ihrer Höhe nach sehr verschiedenen Theilen ; der nördliche ist der höhere. In diesem hat der Kamm des

ruhen, rasch und bedeutend.

11,000, 17 mit mehr als 10,000 und über 60 mit mehr als 9000 W. F.

absoluter Höhe.

Hier finden sich die

höchsten Kalkgipfel der östlichen Alpen.

Der eulminirende

Mangart (vom Raiblthale bis zum Terglou) eine Mittel

Höhenpunkt ist die 11,055 W. F. hohe Rocca Marmolata (ge=

höhe von 7000, die Kette des Monte Cimone und Wisch

wöhnlich la Marmolade genannt) .

Verbindet man die

berges von 6685, der Wocheiner Hauptkamm von 6170

Vorstellung dieser jedenfalls bedeutenden Höhenentwicklung

und der Kalkstock des Caninkofels von nahe an 6000 F., während die Berge an der Zayer und Jdria, so wie die Karstplateaux von Chiapovano, des Tarnovaner- und Birn

der Dolomitalpen mit demjenigen was oben über ihre phan tastischen Formen und über ihre merkwürdige Zerspren gung in isolirte Stöcke gesagt wurde, so wird man den über: wältigenden Eindruck begreifen , den viele Theile dieſer eigenthümlichen Gebirgswelt auf den empfänglichen Be schauer hervorbringen.

Die höchsten Kämme und Stöcke

baumer Waldes theils einer höheren, theils einer niederern Stufe des Mittelgebirges zuzurechnen sind.

So kommt es

daß der nördlichen Abtheilung der julischen Alpen eine mittlere Rammhöhe von 5460 , der südlichen nur von

sind : der Kamm der Marmolade (von S. Pellegrin bis

3110 F. zufällt.

Fedaja) mit 9405, der vom Heiligenkreuzkogel bei S. Cas .

schöne Felshorn des Terglou, 9036 W. F. hoch, der höchste

ſian bis zur Tofana bei Cortina mit 8680, jener zwischen

Gipfel der ganzen Gruppe.

der Mesurina und dem Kreuzberge bei Serten mit 8550,

metrischen Werthe sind :

der Kalkstock des Geislenspißes mit 8400 W. F. u. a. m. Obgleich ansehnliche Theile dieser Gruppe wie z . B.

1150 und Sockelhöhe 1885 F.

die Berge des Piné bei Lavis, jene nördlich von Cembra, die Gegenden von Deutsch

und Welschnofen,

bei der

In der erstgenannten erhebt sich das

Die gemeinschaftlichen oro

Kammhöhe

3900 ,

Schartung

Beträgt nun die durch

schnittliche Höhe des in südlicher Richtung sich fortseßenden krainerischen Karstes 1760 F., so ist dadurch der allmählige Uebergang des nördlichen Berglandes in die Hochfläche des

Seißeralpe, bei Strigno und Primolano ganz oder theil

Karstes dargethan.

weise bis zur Höhenstufe des Mittelgebirges herabſinken, so hält sich ihre mittlere Kammhöhe dennoch auf 7100 und

rasche Ansteigen der Hochebene des Birnbaumerwaldes, die sich nordwestlich im Tarnovaner: und Chiapovaner Pla

ihre Sockelhöhe auf 3960 W. F.

teau fortseßt, nicht aus.

Die mittlere Schartung .

hat sich 1090 F. tief gezeigt. In den carnischen Alpen stellt sich bereits wieder eine

allgemeine Abnahme der Bodenerhebung ein.

Die scharfe

Zweitheilung dieser Gruppe in die eigentlichen carniſchen und in die Gailthaler Alpen macht auch eine abgesonderte ――――― In den eigent Besprechung beider Hälften nothwendig. hohe Monte Pa F. 8766 lichen carnischen Alpen ist der

Dieß schließt jedoch das locale und

Jene wurde im Mittel 3655, die

beiden andern wurden 3685 und 2400 W. F. hoch ge: funden.

Der Tarnovaner-Wald ist demnach, der bisherigen

Annahme entgegen , nicht nur nicht niedriger , sondern sogar um etwas höher als der Birnbaumer-Wald. Suchen wir sofort die mittlere Höhe der das venetia niſche Tiefland zunächſt begränzenden Theile der leſſiniſchen, venetianischen und julischen Alpen , so wie die mittlere

ralba, südlich von Luggau im Gailthale, der culminirende

Elevation des Nordrandes der Ebene selbst , so erhalten

Gipfel ; die mittlere Kammhöhe dieses Haupttheils beträgt

wir für jene 3920 , für diese 500 F.

6300 und seine mittlere Schartung 785 F. Etwas höher sind die Gailthaler Alpen ; doch ist hier die größte Eleva tion vorzüglich auf die westlichen, südlich von Lienz in mäch

geben für das Gebirge eine relative Höhe von 3420 W. F.

tigen Dolomitmassen aufgethürmten Kämme concentrirt, wo sich auch der 9297 F. hohe Eisenspiß, der höchste Gipfel punkt der gesammten carnischen Alpen, erhebt, und wo noch mehrere andere, nur um weniges niedrigere Berg spißen stehen. Der östlichste höhere Gipfel dieser ſtarkge: scharteten Kette ist der seiner schönen Aussicht wegen be rühmte, 6875 F. hohe Dobratsch bei Villach ; ihre mittlere Kammhöhe wurde mit 6120, ihre Schartung mit 1420 W. F. berechnet ; lettere ist eine der größten im ganzen Gebiete Für die carnischen Alpen im der östlichen Alpen. -

Diese Zahlen

Der Abfall der Alpen gegen die Tiefebene ist demnach auch hier steiler als gegen das bayerische Flachland, obwohl minder steil als westlich der Etsch. Nun erübrigen noch die engverbundenen Karavanken und Sulzbacher Alpen. In jenen ist der Belli Stol west: ――――― lich des Loiblpaſſes, 7064 in diesen der Printouz bei Stein 8088 W. F. der culminirende Gipfel. Für die Karavan : fen wurde, bei einer Edvartung von 1195 F., die mitt lere Kammhöhe mit 5060 und die Sockelhöhe mit 1705, und für die Sulzbacher Alpen bei einer Schartung von 1140 F. die mittlere Kammhöhe mit 5245 und die Evdel: höhe mit 1740 W. F. bestimmt.

Ueber die plastischen und hppſometriſchen Verhältnisse der Ostalpen.

86

Durch das Zusammenfassen aller Theile der östlichen

Alpen gegen den krainerischen Karst statt.

An allen übri

Südalpen, deren totale Kammlänge 409 Meilen beträgt,

gen Orten, im Süden wie im Norden, ist der Abfall des

ergibt sich uns für diese Hauptsection des Alpengürtels eine mittlere Kammhöhe von 5505, eine mittlere Echar:

Gebirges rasch und sein Rand gegen die benachbarten Ebenen scharf begränzt.

tung von 1085 und eine mittlere Sockelhöhe von 2640 W. F.

10. Der Abfall der Südalpen gegen die lombardische Tiefebene ist im Ganzen weit steiler als gegen das baye

Bei den Südalpen sind demnach nicht bloß die Kämme, sondern es ist auch die Tafelmaſſe des Gebirges höher als bei den östlichen Nordalpen. Nebenstehende Tabelle zeigt einige der ermittelten oro

metrischen Werthe in übersichtlicher Zusammenstellung. Aus diesen Zahlen und dem früher Gesagten laſſen sich nachstehende allgemeine Bemerkungen und Schlüsse ableiten. 1.

Die für die österreichischen Alpen gefundene mitt

lere Kammhöhe von 6185 F. bezieht sich auf alle, ſelbſt auf die äußersten, häufig als Niedergebirge auslaufenden Nebentheile. 2.

Diese mittlere Kammhöhe liegt in den Alpen um

rische Flachland.

Hier beträgt die Höhendifferenz zwischen

dem Gebirgsrande und dem Südsaume des Flachlandes im Mittel 2800, dort 4000 F. westlich und 3400 F. östlich der Etsch. 11.

Die Nordalpen zeigen in Nordtirol (zwischen Lech

und Achensee) sowie bei Salzburg (zwischen Saal und Steyer) ebenfalls zwei Regionen größerer Erhebung.

Unter den

übrigen Theilen der nördlichen Kalkalpen ist die Depression der Gebirgshöhen am auffälligsten in den östlich der Enns gelegenen Alpentheilen, welche theilweise bereits dem Mittel und sogar dem Niedergebirge angehören . 12.

In den Südalpen, westlich der Etsch, kann man

etwa 500 Fuß unter der Mittelhöhe der Gipfel und um eben so viel über der Mittelhöhe der Sättel. Die mittlere

deutlich eine von Nord in Süd streichende, das Stilfserjoch mit dem Adamello verbindende Achse der größten Erhe

Gipfelhöhe beträgt ſonach 6690, die mittlere Sattelhöhe 5680 Fuß.

bungen unterscheiden.

In ihr liegen die Hauptkämme der

Ortler: und der Adamellogruppe, die sich beide, besonders

tel 3025 Fuß hohe Tafelmasse dar, auf welcher ein 1522

erstere, durch große Elevation auszeichnen. 13. Unter den südlichen Kalkalpen ragen die südtiro

Meilen langes, 3160 F. hohes Gebirgsprisma ausgesetzt

lischen Dolomitalpen nicht nur durch die Höhe ihres Auf

ist, dessen Seitenflächen unter einem mittleren Winkel von

zugs, sondern auch durch die pittoreske Schönheit einzelner Theile hervor. Und auch hier ist die Achse der größten

3.

Die Basis der Ostalpen stellt eine große, im Mit

etwa 20 Graden gegen den Horizont geneigt sind. 4.

Die Central - Alpen sind im Ganzen höher als die

nördlichen und südlichen Alpen ; die mittlere Höhe der ersteren ist 7280 und die der centralen Hauptfämme ſelbſt 7710 Fuß. 5. In den centralen Alpen kann man zwei Regionen größerer Erhebung unterscheiden, und zwar in den Deß, thaler Alpen und in den Hohen Tauern . 6.

alignirt und ihre Lage daher parallel zur analogen Achse jenseits der Etsch. Die noch übrigen Gruppen sinken an Höhe in dem Maße, als

sie weiter gegen Osten oder näher dem Südrande der Alpen Liegen. 14.

Die größte mittlere Höhe hat die Tafelmaſſe der

östlichen Alpen ſelbſtverſtändlich in ihren centralen Theilen,

Von den Hohen Tauern sinkt gegen Osten hin die

allgemeine Elevation des Gebirges rasch.

Erhebung von Nord gegen Süd

Die Mittelhöhe

der Hohen Tauern ist 8620, der Kleinen Tauern 6420 der Hochschwabgruppe 4450, des Wechsels 3665 F. Die Südalpen sind höher als die Nordalpen, ein Saß der auch dann noch richtig bleibt, wenn man die zwischen Adda und Etsch liegenden Alpentheile außer Be

und am bedeutendsten erscheint die Anschwellung des Ge birgssockels in den Deythaler-Alpen. Sehr hoch liegt dieſer Sockel noch in den rhätischen Alpen, in der Ortler- Gruppe, im Sarenthaler Gebirge und

in

den Hohen Tauern.

Auffallend ist die tiefe Depression desselben rechts und links des Sill: und Eijackthales.

15.

Sowohl durch die Flußläufe als auch durch die

tracht läßt. Die Mittelhöhe der Südalpen ist 5915, der östlichen Südalpen 5505, der Nordalpen 5130 F.

oben angegebenen numerischen Größen drückt sich deutlich der Abfall der alpinen Tafelmasse sowohl gegen Norden

8. Die Schartung ist bei den meiſt aus kryſtalliniſchen Schiefern zusammengesezten Central- Alpen kleiner als bei

als auch gegen Oſten aus. Ist die Höhe des Gebirgssockels im Dezthale 5120 F., so sinkt sie in den Hohen Tauern

den Nord- und Südalpen ; ſie ſteht bei den Central- Alpen

auf 4075 , in den Kleinen Tauern auf 3530 und in den noch weiter östlich liegenden Theilen der steyrischen Alpen auf 2285 und 1630 F. herab. Beträgt ferner die Höhe

auf 900, bei den Nordalpen auf 1120, bei den Südalpen auf 1045 F. im Mittel. 9.

Die Nordalpen wie die Südalpen fallen an Höhe

sowohl gegen Osten als auch gegen die Ränder des Alpen

dieses Sockels in den Central-Alpen 3510 F., so steht sie in den Nordalpen nur noch auf 2590, in den Südalpen

gürtels ab, ohne sich jedoch in die vorliegenden Hoch oder

auf 2775 F.

Tiefebenen allmählich zu verflachen .

sockels erklärt sich nicht nur die Abflußrichtung aller größe ren Flüsse in den Alpen, wie z. B. des Inn, der Salza. Enns, Etsch, Brenta, des Tagliamento, der Drau, Mur

Ein solcher successiver

Uebergang findet nur bei den österreichischen Kalkalpen gegen das angränzende Hügelland und bei den julischen

Aus diesem doppelten Abfalle des Alpen

Ueber die plaſtiſchen und hypſometriſchen Verhältniſſe der Oſtalpen.

87

Relative Mittl. Abfalls Mittl. Kamm Mittl. Schar- Mittl. Sockel Mittelhöhe der winkel. höhe, W. F. tung, W. F. | höhe, W. F. Kämme.

I.

Centralalpen 1. Rhätische Alpen a) Nördlicher Zweig b) Südlicher Zweig 2. Detzthaler Gruppe 3. Stubayer Gruppe 4. Sarnthaler Alpen 5. Zillerthaler Alpen 6. Hohe Tauern . a) Westliche Tauern b) Deftliche Tauern 7. Steirische Alpen A. Nordarm . a) Kleine Tauern b) Reichenſtein-Gruppe e) Hochschwab-Gruppe d) Hochveitsch- Gruppe e) Semmering- Gruppe B. Südarm f) vom Katschberg b. z. Neumarkter Sattel g) Wenzel- und Saualpe 1) Stainzer und Brucker Alpen i) Cetische Alpen k) Wechsel Centraler Alpenkamm

Nordalpen 1. Vorarlberger und Allgäuer Alpen 2. Nordtirolische Kalkalpen a) Südlichste Kämme b) Tirolischer Antheil allein e) Bayerisches Oberland . d) Alpen westlich des Jundurchbruchs e) Alpen östlich des Inndurchbruchs 3. Kizbüchler Alpen 4. Salzburger Alpen 5. Desterreichische Kalkalpen . a) Südlichste Kämme b) Alpen westlich des Ennsdurchbruchs c) Alpen östlich des Ennsdurchbruchs III. Südalpen A. Alpen zwischen Adda und Etsch 1. Ortler-Alpen 2. Drobische Gruppe 3. Adamello-Gruppe 4. Brenta-Gruppe 5. Val di Ledro-Alpen 6. Mendelkamm ( Nonsberger Alpen) 7. Orto d'Abramo 8. Montebaldo B. Deftliche Südalpen . 1. Leſſiniſche Alpen . 2. Südtirolische Dolomitalpen 3. Carniſche Alpen . a) Eigentliche carnische Alpen b) Gailthaler Alpen . 4. Venetianische Alpen 5. Julische Alpen a) Nördliche Abtheilung b) Südliche Abtheilung 6. Karavanken 7. Sulzbacher Alpen 8. Bacherngebirge . IV. Ostalpen total (mit Einſchluß der Antheile au den Mittelalpen) II.

7280 8110 8020 8685 9515 8850 7175 8490 8620 9230 8490 5210 5720 6420 5800 4450 4370 3920 4765 5270 5040 4555 3925 3665 7710

900 820 840 680 680 850 1025 795 740 960 715 1095 945 710 1185 1445 910 1645 1240 1525 1095 680 825

5130 5750 5820 7065 6540 4710 6075 4810 6485 6400 3945 5910 5105 2935

1120 785 1090

2590 3175 2985

2540 2575 2835

710 1200 1290

3560 2770 3250 2225 3120 2650 1960

2980 1940 2825 2585 3365 3750 1985

2400 1175

2705 1460

5915 9660 920 6140 7360 7415 5000 5310 4440 5385 5505 4365 7100 6310 6300 6320 5360 3900 5160 3110 5060 5245 4190

1045 935 695 940 770 1010 1015 580 1000 635 1085 1105 1090 1100 785 1420 1100 1150

2775 3135 4025 2505 3635 3160 2020

3140 3825 4895 3635 3725 4255 2975

1700 1000 2640 1830 3960 2715

2740 4750 2865 2535 3140 3595

2235 1885

3125 2015

1195 1140 610

1705 1740 1200

3355 3505 2990

6185

1015

3025

3160

3510 4550 4490 4780 5120 3585 4075 3645 4080 4640 3780 2730 3135 3530

3770 3560 3530 3905 4395 5265 3100 4845 4540 4590 4710 2480 2585 2890

2285

2375

2390

2600 1630

1080

20". 17 23. 42 24. 25. 29. 25.

12 31 58 21

Muster einer chinesischen Novelle.

88

und Save, sondern auch die scharfen Büge, mit welchen

Nachfolgende Durchschnitte baben den Zweck das Ge

die meisten dieser Flüſſe aus der östlichen Richtung in eine

sagte, so weit als thunlich, auf graphischem Wege zu ver

nördliche oder südliche übergehen.

sinnlichen.

Rhät. Oetzthaler Stubayer Zillerthal Westl. Hobe Tauern Alp. Alpen Alpen Alpen 9515' 8685' 8850' 8490 9230'

4THE

5130

193585

3625

1540 .

Oestl. Hohe Tauern

Rei- Hoch- Hoch- Semme- Wechsel Gruppe chenst, schwab- veitsch ring Gruppe Gruppe 5800 4450 4370 3920 3665'

Kleine Tauern

8490

6420 ,

3780

330

BEKO BALIK PRO 1830

KRAINE

Steyr Alp zw. Liesing, Paltenthal und Semmering Durchschnitt nach der Länge des Centralkammes von den rhätischen Alpen bis zum Wechſel.

Bayer. Tiroler Ober- Kalk land Alpen 4710' 6540'

Ortler Alpen 8920'

Oetzthaler Alpen 9515 ¡

57202

BrentaGruppe 74451

Val di Ledro Alpen 5000'

0034

Bayer. Hochebene 1920

Lomb Tief ebene 650

4025

3566

$160

2030

Durchschnitt nach dem Meridiane des Ochthales.

Hohe Tauern

8620'

Venet. Carn. Venet. Alpen Alpen Tiefebene 3400'500' 5360 6340

........

Bayer. Bayer. Salzburg Flachl. Oberl Alpen 1920 4710' 6400'

46.80*

2715

2235

Durchschnitt nach dem Meridiane des Watzmanns.

Oesterr. Vor- Oesterr. Hügel- berge Kalkalp. land W d E. 1200 2800' 5105

Kleine Tauern 6420'

3530

2A20*

Steierische Kara- Julische Julische Karst Alpen van- Alpen Alpen plateau (Südarm) ken ( n.Abth .) (südl. Abth ) 5270 3100 1750' 5060 5460ʻ

26002 1705

78857 VILLAGE KAUNA

Durchschnitt nach der Linie von Linz nach Triest.

NB.

Die dunkleren Theile der Profile sind die Sockeldurchſchnitte.

Mußter einer chinesischen Novelle.

dann mit ohrenzerreißendem Gekrach losgeht.

Ein junger

Mann mit Namen Liang nämlich wird mit einigen Ge Muß man ein Volk nach seiner Literatur beurtheilen,

burtstagsgeschenken zu seiner Muhme Jao gesendet, und

so können wir nicht weit fehlgreifen wenn wir die Chinesen

verliebt sich in seine Base, Frlu . Jao Sien.

vedantisch, prunkhaft, affectirt und geistesleer nennen. Es

sogleich ihr einen Heirathsantrag zu machen, bringt er monatelang in geheimem heftigen Weinen zu, und wischt

wäre ein leichtes dieß aus den Büchern zu beweisen welche sie als ihre Classiker betrachten ; allein wir wollen, statt deſſen, hier die Novelle anführen die uns gerade zur Hand

Anſtatt nun

sich die Augen mit seinen langen Aermeln ab. Die junge Dame überläßt sich gleichfalls diesen herausfordernden

ist, und die ohne Zweifel das Leben gebildeter Chineſen

, Wasserwerken, " und vergilt ihm Thräne um Thräne in

ziemlich gut wiederspiegelt.

einer Weise daß man im höchsten Grad darüber erbittert

Der Entwurf derselben, um

damit zu beginnen, ist der denkbar nüchternſte, mit einer Er gleicht erstaunlichen Ueberschwänglichkeit am Ende.

werden könnte.

einer Rakete welche lange Zeit unangenehm zischt, und

Mond, die Blüthen des Pfirsichbaumes und dergleichen

Nicht zufrieden aber mit dieſer Albernheit,

ergehen sich die Liebenden in langen Rhapsodien über den

Ein Nimrod der Insel Sardinien.

mehr.

Troß seiner Verzweiflung ist der gramerfüllte

Liang ängstlich besorgt „seine Kleidungsstücke in Ordnung

89

der geographischen Gesellschaft wärest, alle meine „ Reise : Er zählungen" wetten daß du diesen Namen noch nicht ein

zu bringen, " so oft er während seiner Wehklagen aufsteht

einzigesmal gehört hast.

oder niedersigt.

Mittlerweile wirbt sein Vater, der nicht * wußte was vorgieng, um eine andere junge Dame, ein Als Liang Fräulein Miß Ju King, für seinen Sohn.

Hafen jenes schönen Eilandes das den Namen Sardinien

diese qualvolle Kunde vernimmt, fällt er nieder wie ein

währen, die massenhaften Felswände welche die Insel rings umgürten, öffnen sich plötzlich an dieser Stelle und bilden

Leichnam, und wird nur durch ein strenges, aber ziemlich einfaches Mittel wieder zur Besinnung gebracht : man gibt ihm eine kräftige Dosis Pillen ein. Die Anwendung dieses Abführungsmittels macht dem

trägt.

Porto Torres ist der nördliche

Die Granitklippen die über dem ewig ruhelosen

Meere bald einen düstern, bald einen heitern Anblick ge

so

einen

engen, aber sehr gefährlichen Eingang in die

kleine Bucht. An diesem Ende der Insel gibt es keinen andern Hafen, und wird wahrscheinlich auch nie ein zweiter

Kaltwassersystem der beiden Verliebten ein Ende, und bil

vorhanden sein.

det den Uebergang zu der maßlosen Ueberschwänglichkeit

liche Bay von Cagliari im Süden sind die einzigen Durch brüche in den natürlichen Vertheidigungswerken dieser Küste. Ich landete dann mit einer muntern Gesellschaft, entschlossen

womit die Erzählung schließt.

Frl. Jao Siens Vater, ein

alter Mandarine an der Gränze des Reichs, wird plöglich

Porto Torres im Norden und die herr

Kaum

die innersten Schlupfwinkel einer Insel zu erforschen die

ist diese Nachricht eingetroffen, so wird Liang, der durch die Wirkung der vorerwähnten wundervollen Pillen hin

in Europa weniger bekannt ist als manches barbarische

länglich gekräftigt ist um eine erfolgreiche Prüfung zu be

Gestade schon hatte ich Gelegenheit die stattliche Säule zu bewundern welche tausend Jahre hindurch ganz allein

von 100,000

verwünschten Rebellen " angegriffen .

Land der Antipoden.

Bei meinem ersten Schritt auf dem

stehen, von dem Kaiser zum Heerführer gemacht und mit 100,000 Mann treuer Truppen abgesendet um den 100,000

stand, und Zeugniß gibt von griechischer Kunst und römi

Rebellen die Köpfe abzuschlagen.

scher Macht.

Unglücklicherweise werden

Die Straße hinauf wandernd erregten die

seine tapferen Soldaten von einem panischen Schrecken er: griffen, und da kein hinlänglicher Vorrath von Pillen vor

zahllosen Trümmer eines Tempels und Bades, einer Säule und eines Standbildes, welche jezt zur Aufführung ganzer

handen ist um einem so zahlreichen Heer neuen Muth ein

Feld und Hüttenmauern dienen, mein Erstaunen . Und ganz gleiche Gefühle erregten in mir, als ich über das

zuflößen, ſo laufen sie davon oder werden von den Rebellen getödtet, einige wenige ausgenommen welche sich mit Liang

Dörflein hinauskam, die Maſſen von Ruinen die da auf

auf einen Berg zurückziehen und dort hart bedrängt werden.

gehäuft sind, und beweisen daß hier einmal eine Stadt

Nun sucht Frln . In den Tod im Wasser, wird aber, aller Regel in China zuwider, von einigen Bootsmännern auf:

stand welche sich meilenweit ausgebreitet hatte ; dann kam ich unter noch aufrechtstehende kolossale Säulengänge, und

gefischt.

Liang erhält jezt Verstärkungen , macht einen

kletterte die immer noch unversehrten cyklopischen Mauern

Ausfall, und tödtet von den 100,000 Rebellen eine halbe Million (eine Großthat welche in einer chinesischen Novelle

entlang, die älter sind als Rom, älter als Athen, so alt viel leicht wie die altersgrauen Pyramiden Aegyptens.

eine Kleinigkeit iſt), kehrt zum Kaiſer zurück, und wird

Voll Erstaunen über die Entdeckung solcher Wunder,

durch kaiserliches Decret zuerst mit Frln. Jao und dann

und einigermaßen von einem Gefühl durchdrungen wie Stephens unter den Ruinen von Palenque es gehabt

mit Frln. Ju verheirathet, worauf er, um beiden sein Wohl wollen zu zeigen, die zwei Dienstmädchen einer jeden zu Beischläferinnen nimmt, und sie alle der Reihe nach mit Kindern versorgt.

Von der Nuzanwendung der Erzählung

wird nichts erwähnt. (Aus dem „ Athenäum, “ nach Sir John Bowrings Uebersetzung des Hwa Tsien Ki The Flowering Scroll . )

haben mag, trat ich meinen Rückweg nach dem Hafen an, im Geiste mit einer Mittheilung an die Times oder das Athenäum beschäftigt, welche die blasirte Welt nicht eben angenehm überraschen sollte - einer Mittheilung die aber niemals geschrieben wurde. Dennoch will ich mir hier er lauben dem alterthumsfreundlichen Leser zu sagen daß sich auf der Insel Sardinien Schäße für ihn finden von wel chen er wohl nie geträumt hätte, wenn etwa die Archäo logen sich auch erinnern werden daß man hin und wieder Edelsteine etruskischer, griechischer, römischer und saraceni

Ein Nimrod der Insel Sardinien. ' An einem hellen und windigen Weihnachtstage fuhr

scher Kunst nach England brachte. Die unschätzbaren Scara bäen, welche das Verbindungsglied zwischen Aegypten und

ich an der Mündung eines kleinen Hafens, den man Porto

Etrurien bilden, die großen griechischen Gläser, Tausende

Torres nennt, hin und her.

in welchem Winkel unseres Continents dieſe alte Zufluchts:

der werthvollsten und merkwürdigſten Alterthümer in unsern Sammlungen stammen aus diesem reichen aber kläglich ver

stätte zu suchen ist ? Ich wollte, selbst wenn du ein Mitglied

kommenen Eilande.

Weißt du, mein lieber Leser,

↑ Wir haben Ursache zu vermuthen daß der Verf. des obi gen Aufsatzes The old Shekarry ist. D. R.

Allein fast jede Entdeckung ist, wie ich dem Alterthumsforscher versichern kann, nur durch Zu fall gemacht worden, oder man hat, wenn je Versuche zu

Ein Nimrod der Insel Sardinieu.

90

wissenschaftlicher Nachforschung angestellt wurden, diese schon

oder überhaupt, dieses Bastard-Arabische ausgenommen,

seit langer Zeit wieder aufgegeben, so daß sie dem Ge

Laßt mich indeß von irgend einer andern Sprache hat. zu meinem Wilden kommen ―――――― obgleich in der That auf

dächtniß der Menschen völlig entschwunden sind.

Ich selbst

habe, in Hütten wie ich sie jetzt schildern werde, Vajen und Urnen, Bronzen, Münzen und Hausgeräthe geſehen, die in den Londoner Kaufläden mit mehr als ihrem Gewicht an Gold bezahlt würden. Niemand aber kümmert sich hier um dieselben sie sind zu gewöhnlich. Nicht weniger häufig oder weniger interessant sind die Ueberreste von Tempeln und Palästen, allein ich darf mich bei diesem bezaubernden Gegenstand nicht länger aufhalten. Bon Porto Torres aus wo es kein Wirthshaus gibt ――――― nahm ich eine rasselnde Postkutsche, welche dreimal wöchentlich die einzige

Straße auf der Insel zwischen Dieß

einer Reise in Sardinien niemand eine Abschweifung ver meiden kann ; denn die Ebenen sind unangebaut, ausge nommen um die armseligen aus Lehmhütten bestehenden Dörfer, die man, wenn die Vegetation nicht wäre, ganz zuverlässig für Kaffer Kraals oder Fellah Hütten halten Wo man diese geringfügige Landwirthschaft nicht

würde.

sieht, ist der Boden mit gebüschartigem Rhododendron be deckt, welches zur Weihnachtszeit weithin seine Purpur Reitwege, so eben blüthen über die Ebene ausbreitet. als wären sie von ungesehenen Gärtnern angelegt, durch schneiden jedes Dickicht der Fläche, und durch diese natür Rebhühner

Cagliari und dieſem nördlichen Hafen durchfährt.

lichen Pfade windet man sich über die Ebene.

sind in der That die einzigen Städte,

wirbeln jeden Augenblick auf, Tauben erheben sich in die Wolken, verschiedene Arten von Schnepfen steigen von den Ufern der Teiche in die Höhe ; hin und wieder rast, mit

ziemlich

und sie liegen so

100 engl. Meilen von einander

wenn ich mich recht erinnere.

eher mehr,

Da wir eine mehrstündige

des Fuhrwerks für uns nehmen ; allein der Postbeamtete

mächtigem Gerassel der Aeste, unter einem Wirbel fliegen der Blätter, mit Grunzen und Schreien und fletschenden

gab uns, mit seltener Ehrlichkeit, die Versicherung daß die Ausgabe hiefür ganz unnöthig sei : „ Es gibt, Signori,

Zähnen, eine Heerde Säue den Pfad entlang ; oder trottet ein ungeheurer rother Eber, mit frisch geschliffenen Fang

Reise vor uns hatten, so wollten wir die ganze Innenseite

nie!" sagte er mit

zähnen und feurigen kleinen Augen, vorüber, die Eindring:

In einem gewissen Dorfe, dessen Namen ich

linge begaffend, als ob er unentſchloſſen ſei fortzurennen

nie irgendwelche Passagiere Nachdruck.

nie,

vergaß, verließen wir die Postkutsche, und verlangten unsere Führer und Pferde.

Nach einiger Weile kamen sie, und

in dem dichten weißen Nebel der Morgendämmerung bra chen wir auf um einen wahren Nimrod aufzusuchen, einen gewaltigen Jägersmann, der eine Tagreise entfernt mitten. in den Fichtenwäldern wohnte.

Ich habe mich nicht damit

aufgehalten von der Scenerie zu sprechen, noch auch von den sonderbaren Leuten welche diese bevölkern ; es genüge daß das Land lieblich und die Bewohner abscheulich sind. Ist ein in Sardinien Reisender auch nur eine Legua von Porto Torres oder fünf von Cagliari hinweggekommen, so sieht er sich schon ganz in das Mittelalter verseßt.

oder anzupacken. dann

Bisweilen packt er wirklich an, und

Bist du je von einem wilden Eber angefallen worden ? Bist du je ganz allein, mit ungeladenem Gewehr und vor gehaltenem Speer vor dem König des Waldes gestanden? Ich bin's bei Nacht an dem goldenen Strand eines fernen östlichen Meers, wo er, schwarz und schrecklich, neben stauendem Wasser, eine schaudererregende Masse in dem Dämmerschein des Mondes , mir gegenüber stand ; bei Tag dann in einem Wald unter dem blendenden Lichte der Tropen, wo die glänzenden Sonnenstrahlen sei

So

nen Kopf nur um so häßlicher erscheinen ließen ; seine

waren unsere Vorväter vor sechshundert Jahren, in ihrer Tracht, ihren Gewohnheiten, ihrem Denken, in allem, nur

Heine Augen sprühten Wuth und Troß gegen mich, und schienen boshaft schon zum voraus sich des Sieges zu

nicht in der Sprache.

freuen.

Und wie wundervoll iſt die Sprache

Die rauhen Borsten des Halses geriethen plöglich

noch ein Spanier,

in zitternde Bewegung, und richteten sich bei der immer.

noch ein Araber kann sie verstehen, so scharfsinnig haben.

höher steigenden Wuth des Thieres empor, und die gewaltigen

sie die Elemente dieser drei Sprachen zu ihrem Kauder

Zähne spritten ihren Gischt in mein Gesicht. Da schöpft er von neuem Athem. Er kommt! Nun halte fest den

dieser Wilden ! Weder ein Italiener,

wälsch zu verschmelzen gewußt.

Der Malteser, deſſen Ara

bisch fast ebenso barbarisch ist, kommt in Sardinien am besten durch; die Masse spanischer und italienischer Wörter aber bringt einen wahren Wirrwarr in die vorherrschende

Speer, beuge deine Kniee und bete, denn selten in diesem Erdenwallen stehst du einer größern Lebensgefahr gegenüber

Wie wenig dieses sonderbare Volk selbst von

als der Angriff eines schwarzen morgenländischen Ebers dir bereitet. Ein Schrei entquoll meiner Brust, und ich stürzte

seinen nächsten Nachbarn gekannt ist, wird einleuchtend

unter schwerem Gewichte zu Boden, die sonnenbeleuchteten

Mundart.

werden, wenn ich erwähne daß uns in Italien jedermann

Bäume schienen sich herumzudrehen, und die Bambus zer

die Versicherung gab : das Italienische werde auf der gan: zen Zusel allgemein gesprochen, oder mindestens verstanden.

rissen mir Haut und Fleisch. Doch ich sprang auf, und wischte mir die Blutstropfen von meinem Gesichte. Hur

und doch ist es, wie wir zu unserm Leidweſen erfah

rah! Der Eber lag zu meinen Füßen ausgestreckt , die

ren mußten, Thatsache daß unter 500 Personen nicht eine

Lanze hatte ihm das Herz durchbohrt ! Freue dich, mein

einzige auch nur die geringste Kenntniß vom Italienischen,

Freund, daß weder du noch ich bis jest jene nur eines

Ein Nimrod der Insel Sardinien.

91

Pulsschlags Länge dauernde Todesangst gefühlt , welche 1 den unglücklichen Schekarry befällt wenn seine Lanzenspitze in die Schulter ſeines Feindes dringt. Für ihn gibt es

dann hinaus um unter den Ebern und Rehböcken des Waldes seinen Lebensunterhalt zu suchen. Ihr Fleisch

keine Hilfe in dem grausamen, sonnigen Walde.

seine Kleider.

Zu viele

Trauerscenen, zu viele plötzliche Schicksalsschläge sehen die Blumen, zu viele Todesschreie hören sie ! Die Vögel werden zwitschern, und die wie mit Edelsteinen überſäeten Fliegen schwirren, wenn auch der Leichnam eines Menschen unter Niemand vernimmt dein Stöhnen den Bäumen liegt.

nährt ihn, aus ihren Fellen macht er sich sein Bett und Hat er eine Frau, so spinnt sie ein wenig

Wolle für Untergewänder ; hat er keine, so liefert ihm von --Zeit zu Zeit der Verkauf des Wildes zu einem halben Benny ein Pfund Eberfleisch, zu einem Penny das Pfund Hochwildpret

alle ihm nöthigen Dinge.

Dem Triebe

zum Landbau fröhnt er bisweilen in einem winzigen Stück

wenn noch Leben in dir ist ; niemand leiſtet dir Beistand während die letzten röchelnden Athemzüge deiner Kehle

Feldes von etwa der Größe eines Kindergartens . Häufiger

entweichen ; dafür aber heften tausend winzige Feinde fich

und wilden Vegetabilien befriedigt den mäßigen Wunsch

an dich, und sind weit grausamer als jener alte Eber, der,

des Mannes nach Veränderung in seiner Nahrung.

aber thut er hierin gar nichts, und eine Suppe von Castanien

Von

im Siegesgefühl vollbrachter Rache, schon lange lärmend

Woche zu Woche sieht er niemanden außer vielleicht seine

durch das Gestrüpp hinweggeeilt ist. Diese Abschweisungen find unerträglich, allein verzeihe

Frau und die etwaigen Kinder ; er spricht mit nieman dem als mit seinen Hunden und vielleicht mit sich selbst:

sie, mein lieber Leser, einem überſtrömenden Gedächtniß .

er kennt die Eisen-Mienen und schmelzt bisweilen ein wenig Erz an Winterabenden ;

Ich will nicht mehr sündigen!

er kennt die Silberminen , und

sicher auch die lange verlorenen Goldadern, selten aber macht Zwei Tage nachdem wir die Poſtſtraße verlaſſen, erreich er sich seine Kenntniß zu nuge ;

er sammelt Karfunkeln

ten wir die Fichtenwälder, und hier verlor ich plößlich meinen Führer, und verirrte mich dann selbst.

Ich ritt einige

und Türkisen, welche er gegen Pulver und Spirituosen

Stunden lang in nicht geringer Angst weiter, indem ich

austauscht ; er geht an Weihnachten zur Meſſe, und beichtet

bereits wußte wie wenige Wege es gab und wie spärlich die Bevölkerung dieser Berge war. Es war beinahe Sonnen

seine Sünden, welche abscheulicher zu seyn scheinen als

untergang als ich einen Pfad einschlug der mich zu einer

er kennt keine Sünde, aber ebenso wenig das Gute, und

kleinen Lichtung führte, wo ich meinen europäiſchen Wilden

ist eben so in Felle gekleidet, ebenso gefühllos und roh wie alle die Wilden die ich auf meinen Wanderungen ge sehen habe.

traf.

Man glaube aber ja nicht daß er einen Ausnahms :

man es beim ersten Anblick für

möglich halten möchte ;

charakter dieſer Gegend bildete ; im Gegentheil, ich sah Und folgendermaßen fand ich ihn beschäftigt, als ich viele schlimmere und wenig bessere Exemplare des Men den langen schattigen Föhrenweg hinaufritt, der bis zu ſei schengeschlechts auf meinen Wanderungen in Sardinien ; ner Wohnung eine Allee bildet.

Er saß auf einem Klot

allein ich wählte ihn zur Porträtirung aus, weil die mise en scène, seine Eigenthümlichkeit, alles um ihn, bei dieser erſten einleitenden Begegnung so ausgesucht vollkommen war.

ein hochgewachsener, bärtiger, musculöser Kerl, nicht ohne einige Ueberreste jenes Ernstes und jener Schönheit welche seine maurischen Vorfahren auf ihn vererbt haben. Auf

Die Lichtung ist vor zweitausend Jahren offenbar seinem Leibe trug er eine Jacke aus Wildschaf-Fell, deſſen

eine römische Mine gewesen.

Mauern und Gräben sind

immer noch vorhanden um ihren früheren Gebrauch zu

dunkelbrauner Hinterstreifen sich an seinem Rückgrat herab. zog , während der weiße Bauchtheil desselben seine Brust

zeigen, und mehr als eine der Ruinen könnte durch die bloße bedeckte.

Dort war es mit großen silbernen Knöpfen be

Hinzufügung eines Daches bewohnbar gemacht werden. Dieser Wohnungsstyl ist indeß nicht nach dem Geschmack des sardinischen Wilden. Er wählt für sich lieber eine Strecke

festigt, die an einer kleinen Kette hiengen . Aus Oeffnun gen an der Schulter streckte er seine Arme hervor. Seine

ebenen Grundes, die er, wie eine Bärenfalle, mit hölzer:

Beinkleider, ungeheuer weit, bestanden aus handgepſonnenem Wollenzeuge, und waren nicht weiß, wie es Volksmode ist,

nen Mauern umgibt.

Ist dann das Viereck vollständig, so sondern grob blau ; sie waren fest in das Beinfell eines

ſeßt er ein aus Stangen und Moos und Haidekraut beſtehendes Dach darauf; dann erst denkt er daran für eine Thür und ein Fenster zu sorgen. Diese Nothwendigkeiten werden dadurch zuwege gebracht daß er durch die Wände zwei Oeffnungen bricht und die durchschnittenen Balken fest zusammen bin det. Nachdem er so für Eingang und Licht gesorgt, schafft er den Rasen und die Gebüsche innerhalb weg, ebnet den Boden, stellt einen Klog als Sit und einen andern als

Wildschweins eingebunden, das, wie ich später entdeckte, die wirkliche Haut der Beine des Thiers war, welche er unzerschnitten abgestreift und, solange sie noch weich, jeinen eigenen Gliedern angepaßt hatte. Die Beschäfti gung meines Wilden, als ich ihn entdeckte, stand mit seinem Aeußern im schönsten Einklang ; er weidete ein „Mufflon“ aus _ jenes seltene Thier welches jezt nur noch auf diesen Bergen lebt. Um den Cadaver herum

Tisch hinein , verwahrt sein Schießpulver in einem von hatte sich, gierigen Auges, ein Rudel fetter und ziemlich dem

gewöhnlichen Herd entlegenſten Winkel , und

1 Hindostaniwort für Jäger.

geht hübscher Hunde gesammelt, die sich die Biſſen ſtreitig zu machen suchten welche von Zeit zu Zeit ihnen vorgeworfen

Nordpolfahrten 1868 und 1869.

92

wurden.

Plößlich stieß ihr Herr seinen triefenden Arm in

Wilden aufzuwecken.

Denn siehe, ganz unvermuthet war

den Cadaver hinein, und brachte eine blutende Maſſe her: vor Himmel weld ein Leckerbissen ! Diese Masse schwenkte

ich auf die Wohnung A'hmari's gestoßen, des

größten

er einen Augenblick lang in seiner Hand, und schleuderte ſie dann mit ziemlich rauhem Ruf in die Luft. Ein Kind, ja , ein Mädchen, sprang plötzlich aus seiner Liegerstätte

war ein Wilder der Wilduiß, und so wie er war, ist er

auf dem Boden empor, und ergriff die köstliche Beute ehe Es lachte freudig ich sah und hörte das Kind! drückte das grauſig blutende Ding an ſeine nackte

Aussicht dazu vorhanden.

Shekarry von Sardinien, den wir aufgesucht hatten.

ohne Zweifel noch.

Er

An einem Menschen wie er ist aber

nichts zu bessern, und es ist auch keine Hoffnung und keine (Chambers's Journal.)

sie niederfiel.

Brust und verschwand urplöglich in der Hütte

Gleichzeitig

wurden die Hunde des Eindringlings ansichtig, und stürz ten auf mich los .

Der Wilde erhob sich hastig und ergriff sein langes

Nordpolfahrten 1868 und 1869. Der Ausgang der ersten deutschen Nordpolfahrt ist

Ich machte Zeichen der Freundschaft, und trat ihm näher. Er jagte die Hunde weg, und begrüßte mich ohne ein Wort zu sprechen, in einer Art und Weise aber die nicht ganz jener würdevollen Höflichkeit entbehrte welche seine dunkleren Brüder an den Tag legen. Ich bat ihn

jedermann bekannt.

im französischen Patois von Corsica, in italienischer, spani scher und endlich in malayischer Sprache um Speise ; er

gewesen sei. Henri Hudson gelangte ohne Schwierigkeiten am 21 Juni 1607 nach Ostgrönland unter lat. 73° und

verſtand von alldem nicht das geringste, sondern nahm seinen Sig wieder ein, um mich mit größerer Bequemlich

benannte den nächſten Küſtenpunkt Hold with Hope, von dem aus er dann nach Spißbereng hinübersegelte.

keit begaffen zu können.

General Sabine oder vielmehr Capt. Clavering konnte Ost

Gewehr.

Ich machte mich durch Zeichen. verständlich, und auf einen Ruf kam das abschreckende Kind aus seinem Schlupfwinkel wieder hervor und näherte sich mit furchtsamer Verschämtheit. Der Wilde gab mir zu essen, ich weiß nicht was abscheuliches. Er saß da mit seinem langen Gewehr zwischen den Knieen, und beobach: tete. Es ward dunkel. Ich rief mir mein Arabisch ins Gedächtniß, und bat um ein Bett. Das schreckliche Kind führte mich hinein, und zeigte mir einen Haufen Roth

Ihren Aufträgen gemäß ſollte sie Ost:

grönland unter lat. 74½ erreichen, allein die dortige Küste blieb bis Mitte August vom Eise belagert und an ein Durchdringen war nicht zu denken. Daraus dürfen wir schließen daß der Sommer 1868 ungewöhnlich ungünstig

grönland im Sommer 1823 unter 74° 30′ erreichen, und fand die Küste bis lat. 76º völlig eisfrei. Küſtenpunkte Oſt: grönlands von geringerer Polhöhe (69° 12 bis 72° 12)wurden von Scoresby vom 8 Juni bis 26 Auguſt 1822 aufge= nommen.

„ Alle Grönlandfahrer, bemerkt Capt. Koldewey,

sagten übereinstimmend daß sie seit vielen Jahren das Eis nie so dicht gefunden hätten wie 1868. "

Ihre Flotte

einiger Zeit mit

mußte daher im offenen Meere liegen, wo sie selbstverständ lich nichts fangen konnte. Der Mißerfolg der Polarfahrt

geladenem Gewehr. Angefeuert durch sein Beispiel, steckte ich mein Gewehr ebenfalls zwiſchen meine Kniee, und legte mich nieder, wie ich mich vielmals in weniger gefährlicher

hat einmal sogar 81 ° 30′ erreicht, freilich, wie er selbst sagt, in Folge eines ausnahmsweise warmen Sommers.

Gesellschaft niedergelegt hatte. Weniger gefährlich ? Nicht so. Ich kann Gefahren bestehen mit jedermann, wer es auch

zweithöchste Breite die je in einem Segelschiff berührt wor

sei, und werde keinen Laut von mir geben, aber entseßliche Insecten in meinem Bette zu haben, das kann ich nicht

den ist, mit welcher Leiſtung die Reise in zwei Schlitten booten unter Parry und James Roß, die 1827 bis lat.

ertragen !

820 % kamen, sich nicht vergleichen läßt.

wildfelle.

Er selbst folgte uns nach

Eine Zeit lang machte mir meine Naſe, mein

Hals, endlich jeder Zoll Haut an meinem Leibe zu schaffen, dann stand ich auf, und eilte vorsichtig hinaus. Im Augenblick waren der Wilde und sein Kind mir auf der Spur - er mit dem unvermeidlichen Gewehr, das Mädchen mit einem Messer bewaffnet. Ach, wie herrlichy war das Mondenlicht draußen, das gleichsam wie in Schnee flocken durch die weiten Aeste der Fichten herniederströmte, und jene skulpturirten Zeugen einer größern Zeit, die um die Hütte herumlagen, beleuchtete.

war alſo zunächſt dem Wetter zuzuſchreiben, denn Scoresby

Unser deutsches Fahrzeug gelangte wenigstens bis 81 ° 9 ′, die

Wenn nun die Schweden letztes Jahr den nördlichsten Punkt erreichten , bis wohin jemals ein Fahrzeug ge drungen ist, so verdanken sie es dem Umstand daß sie einen Dampfer zur Verfügung hatten.

" Wollen wir mehr

erreichen als bisher erreicht worden ist, ruft Capt. Kolde wey aus, so müssen wir einen Dampfer haben nicht größer als 200 Tonnen. " Die Hoffnung daß man die Leistungen. der älteren Polarfahrer überbieten könne, beruhte überhaupt darauf daß man mit Dampfern die Eismeere befahren

Ich schenkte meinem Wirth keine Aufmerksamkeit, son:

Um zwischen den Eismassen vorwärts zu kommen.

dern wählte mit Muße einen trockenen Plag unter einer Fichte, warf mich nieder und schlief mit halb geöffneten

muß der Wind eine Gaſſe geöffnet haben. Die Klage faſt aller älteren Polarfahrer lautete jedoch immer : wenn der

Augen.

Wind günstig blieb, war das Eis geschlossen, wenn er es

Um Mitternacht kam mein Freund mit den bei

den Führern ; er schoß sein Gewehr über mir los, um den

auseinander trieb, war er ungünstig.

Es kann auch nicht

Nordpolfahrten 1868 und 1869.

anders sein, denn der günstige Wind treibt das Eis vor dem Schiff zusammen, und der Wind der es zerstreut iſt unter neun Fällen in zehn gewiß ein Gegenwind. Aber war um, fragt ein Ungeduldiger, hat man nicht einen Dampfer dem Capt. Koldeweh gegeben ? Die Vortheile der Dampfer ſind vielfach, längst auch im „ Ausland “ auseinandergesetzt worden , die Antwort auf jene Frage aber lautet einfach dahin daß die verfügbaren Geldmittel wohl für ein Segel schiff, nicht aber für einen Dampfer ausreichten. Die Schweden verließen Tromsö erſt am 20 Juli, unter suchten die Bäreninsel, und seßten ihre Gelehrten in Spit

93

sich jetzt ergeben daß der Mittagskreis von 18° östl. Länge ein nördliches Vordringen am meisten begünstigt hat, ſowie daß August

und September die

besten Monate

sind für derartige Unternehmungen. Denn bis dahin ist das Eis faul, " d. h. schwach und mürbe geworden, die Herbststürme vermögen Gaſſen im Eiſe zu öffnen, und nur das Kürzerwerden der Tage ist ein empfindlicher Nach: theil . Erst unter 81 ° 42′ wurden die Eisfelder wieder so geräumig „ daß es keine Richtung gab in welcher nicht ein Mann mit Hilfe eines Bootshakens wenigstens eine Meile hätte gehen können. "

Capt. v. Otter ist der Anſicht daß

Spißbergen, beiläufig bemerkt, vormals selten besucht, außer Gelehrten höchstens noch von Waidmännern die den blauen Füchsen nachstellten, war 1868 das Ziel eng

man die Hoffnung aufgeben solle in Schiffen, auch in

lischer Jagdliebhaber, und in seinen Gewässern betrieben

hauptet daß überhaupt von Spißbergen aus über 80º 30 '

nicht weniger als 6 Schiffe den Fang des Weißfiſches, einer Delphinart, welche Industrie sich erst seit 1867 ent wickelt hat, so daß also die schwedischen Erforschungsexpe

oder 81º hinaus zu dringen eine vergebliche Hoffnung ſei. Fast jeder Polarfahrer, selbst der große Cook, hat die

bergen ab.

ditionen nicht ohne gewerblichen Nugen geblieben sind. Am 23 August trat der schwedische Dampfer ,, Sophia" unter Capt. v. Otter seine erste Fahrt nach dem Pol an,

Dampfschiffen, den Pol erreichen zu können.

Die Schwe

den haben jedoch vor drei Jahren ebenso entschieden be

Schwäche gehabt, da wo er umkehrte auszurufen : „Höher kommt keiner !" Als sich Scoresby unter 81 ° 30′ mit ſei nem Segelschiff befand, sah er ein beinahe eisfreies Meer gegen Norden vor sich, da er aber zu Entdeckungen keinen

und zwar sollte auch er den von Petermann angedeuteten Weg nach Ostgrönland einschlagen, allein auch ihm ver bot das Eis ein Vordringen in jener Richtung. Dieses

günstigen Jahr wie 1868 bis 81° 42 ′ gelangt, warum soll man in einem günstigen nicht viel weiter gelangen ? Muß

Jahr war das Polareis anders als Parry es 1827 sah, der durch Eisbarricaden (hummocks) hauptsächlich auf:

Haben die antarctiſchen Erfahrungen nicht bewieſen daß

gehalten wurde. Stoßen nämlich zwei Eisfelder mit ihren Rändern zusammen, so schieben sich die abgebrochenen

man hinter einem Eisgürtel freies Wasser und freundlichen Sonnenschein antreffen kann ? Wenn übrigens Hr. v. Otter

Schollen über einander, frieren zusammen und werden für

vorschlägt den Versuch Sir Edw. William Parry's in Echlit

Auftrag hatte, kehrte er um.

Wenn man in einem ſo un

denn das Treibeis nach dem Pol zu immer dichter werden ?

Die Schweden

tenbooten zu wiederholen, jedoch nicht im Juli, sondern im

dagegen sahen das Eis in ebenen Flächen, nur hie und da mit Schneeanhäufungen und sehr wenigen Schollenkämmen (hummocks) bedeckt. Höchst bedeutsam ist es daß am

Frühjahr, wo die Eisfelder noch zuſammenſchließen, so kann

25 August die Schweden einen Zweig des Golf stromes bemerkt hatten.

find.

Echlittenreisende dann höchst beschwerlich.

Am Rande der Eismassen hatten sie 930 , später 2100 Faden Tiefe getroffen. Diese Mittheilung ist vom höchsten Intereſſe. Das atlantische Meer wird näm lich in der Nähe von Grönland und Island immer seich ter, so daß man schon geglaubt hat im höchsten Norden auf sehr geringe Tiefen zu stoßen.

Aus einer Tiefe von

man dieß nur gut heißen.

Uns hat es immer gewundert

warum die Engländer den Spuren Parry's nicht gefolgt Wäre er im Juni mit seinen Schlittenbooten abge:

gangen, leicht, ja ſicherlich hätte er mindestens lat . 84° ge winnen können. Im stillen waren wir besorgt geweſen daß das Fehl ſchlagen der ersten Polarfahrt das deutsche Volk entmuthi gen werde. Allein wir haben ihm Unrecht gethan, das Verlangen nach nautischen Thaten ist vielmehr nur ver schärft worden und das Intereſſe ſichtlich gewachsen. Wie wir vor der Rückkehr der Germania es aussprachen, ist die

2100 Faden läßt sich aber schließen daß auf ziemlich weite Abstände sich kein Land finden dürfte. Die höchste erreichte Breite betrug 81 ° 10′ und wurde etwa auf dem Mittags:

Hauptsache bei einer möglichen Leistung die Befähigung

kreis von 15" Ost. Greenw. gewonnen, also nördlich von

Koldewey's offenbar die rechte geweſen.

Spißbergen.

Führer etwas zur Last gelegt, er that was man von ihm

Zu den Vortheilen der Dampfer gehört es auch daß

und der Charakter des Führers.

Nun ist aber die Wahl Niemand hat dem

erwartete, nämlich seine Pflicht, und unglücklich, nicht un

ſie viel länger im Polarkreis aushalten dürfen, ja die „Sophia" trat noch im September eine zweite Nordfahrt

rühmlich iſt die erſte deutsche Nordpolfahrt heimgekehrt.

an, und erreichte am 18 September am Saum der Eis

einen „ rohen Umriß“ der künftigen Instructionen verſen: det. Es handelt sich dießmal um zwei Expeditionen in

Für das Jahr 1869 hat Petermann am 30 October

felder unter long. 1712 Dft. Greenw. die rühmliche Pol höhe von 81 ° 42 ' . Von dort zurückgekehrt, wurde selbst

zwei Dampfern.

am 1 October noch eine dritte Nordfahrt versucht, die

den Gelehrten und der „ Landexpedition “ auslaufen, beide

aber schon unter lat. 81° beendigt werden mußte.

in Ostgrönland zwischen lat. 74º und 75 ° ans Land ſezen

Es hat

Der eine davon soll am 1 Juni mit

Nordpolfahrten 1868 und 1869.

94

nach Deutschland zurückkehren und auf dem Rückwege den Rest seiner Kohlen im südlichsten Hafen der Westküste Epißbergens für den andern Dampfer zurücklaſſen. Dieser

mußten . Von Island aus begannen die wackern Friesen ihre Nordpolfahrt „ nach jenem düstern Nebel des ſtarren Oceans, heißt es wörtlich, welchen das Auge kaum zu

andere Dampfer, geführt von Koldewey, hätte dagegen die

durchdringen vermochte.

eigentliche nautische Aufgabe zu lösen, nämlich die soge nannte nordöstliche Durchfahrt zu suchen oder, mit andern

(euripus) des unſtäten Oceans, die nach seiner geheim nißvollen Quelle zurückführt, riß die unglücklichen , an

Worten, zwischen Spißbergen und Novaja Semlja gegen

ihrer Rettung schon verzweifelten Seefahrer zur Unterwelt (ad chaos ) das heißt nach jener Höhlung wohin die rück

Norden vorzubringen, anfänglich in der Mitte zwischen beiden Inselgruppen , bei Eishinderungen auf diesem Pfade aber zunächst an Epißbergen oder vielmehr Gillisland vorüber, und endlich, wenn auch dort sich keine Lücke fände, in der Nähe von Novaja Semlja.

Trifft er dort eis :

freies Wasser, so soll er den Pol aufsuchen, außerdem aber thun was nach bestem Ermessen überhaupt zu thun ist. Die Aufsuchung der nordöstlichen Durchfahrt war über: haupt der ursprüngliche Gedanke, der erst voriges Jahr durch das oftgrönländische Project verdrängt wurde. Die Aufgabe sogleich an zwei Stellen zu packen, gefiele uns recht wohl, nur können wir einen solchen Plan nur unter der Bedingung billigen, daß wenn, was sehr leicht denkbar ist, im Jahre 1869 die oftgrönländische Expedition wie der Dampfer für die nordöstliche Durchfahrt unverrichteter Dinge heimkehren sollten, dann immer noch Gelder vor: handen wären für eine Erneuerung im Jahre 1870 ? Sind wir sicher daß das Interesse der deutschen Nation selbst dann noch so warm sein werde wie gegenwärtig ? Bei

Und siehe da eine Strömung

laufenden Wasser zur Zeit der Ebbe sich ergießen, um später wieder ausgespieen zu werden, was wir das Steigen der Fluth nennen . Schon blieb ihnen nichts übrig als die Barmherzigkeit des Himmels zur Rettung ihrer Seelen anzurufen, als die rücklaufende Strömung des Meeres ein paar der Schiffe fortführte, die übrigen aber weit von ihnen zurücktrieb. " Sie beeilten sich nun aus dem kalten Dunkelmeer zu entrinnen und erreichten eine Insel, deren Bewohner während der Mittagszeit in Höhlen sich verbar gen, vor denen eine unzählige Menge Geschirre aus Gold und andern kostbaren Metallen aufgeschichtet lagen . Sie ergriffen davon was sie fortschleppen konnten und eilten nach den Schiffen. thümer nach,

Aber bald setzten ihnen die Eigen wunderbarer Körperhöhe

Menschen von

„welche wir Cyclopen zu nennen pflegen “ und heßten ihre Hunde auf sie, die eben so riesigen Wuchses waren und von denen alsbald einer der Seefahrer zerrissen wurde , während die andern die Schiffe noch glücklich erreichten

Ostgrönland hat man begonnen, bei Ostgrönland sollte man zunächst ausharren, damit wenn die Küste auch 1869

und von dem Geschrei der „ Giganten" verfolgt wurden. als sie schon in See gestochen waren.

nicht zugänglich bliebe, 1870 ein dritter Versuch stattfinden

J. G. Kohl sieht im leßten Theile der Erzählung eine Anspielung daß die wackeren Friesen bei der Heimfahrt auf den Faröern oder Shetlands- Inseln einen Raubzug aus ausgeführt haben mögen, der ihnen beinahe schlecht be kommen wäre.

könnte, der gewiß gelingen müßte, denn drei Sommer nach einander bleibt jene Küste nicht verschlossen . * J. G. Kohl hat in dem ersten Januarheft der Peter: mann'schen Mittheilungen das erregte Interesse für die

Der Versuch der friesischen Edelleute enthält für die

Nordpolfahrten benußt, um auf eine wohlbekannte (nicht

Gegenwart viel anregendes. Daß unsre Voreltern schon vor mehr als 800 Jahren zu ergründen gedachten ob von

wie er meint vernachlässigte) Erzählung Adams v. Bremen in der Schrift De situ Daniae die Aufmerksamkeit zu lenken die etwa um 1075 verfaßt wurde.

Der Geschichte

schreiber des Erzstiftes Hamburg berichtet nämlich daß zu Zeiten des seligen Erzbischofs Adalbert,

also um 1035

wie man gewöhnlich annimmt oder um 1040 wie Hr. Kohl es feststellt, jedenfalls zwischen 1035-1045 friesische Edel leute vermuthlich Weserfriesen vom Lande Wursten aus der Weser ausliefen, um zu erforschen ob nördlich von der Weser kein Land zu finden sei, sondern nur die Liber See.

Sie gelangten zunächst zu den orcadischen Inseln

und fuhren von dort nach Island hinüber, Island da mals von Normannen bereits bevölkert, welche zu jener Zeit auch Amerika besuchten, gehörte seit 1022 , wie J. G. Kohl aufmerksam macht, kirchlich zum Erzbisthum Bremen, daher

der Weser gegen Norden Land oder Meer läge, sollte den jeßigen Nordpolfahrern ein Sporn sein. Nach Adams von Bremen Ausdruck spannten die Friesen als sie Island verließen die Segel aus in ultimum septentrionis axem, was man mit einiger Freiheit übersehen darf,

gegen den

Nordpol".

Auch daß Kohl die That geschickt dem Ruhme Bremens und der Bremenser zugesprochen hat, kann uns nur freuen. Die Erdkunde findet in den Hansestädten ihre wärmsten Verehrer.

Von ihnen sind unsere großen Reiſen

den ausgegangen, Heinrich Barth, Gerhard Rohlfs , Adolf Bastian, ja Bremen wiederum leuchtet nicht bloß relativ, sondern absolut Hamburg voran .

Es gibt auf deutscher

Erde kein Fleckchen wo unsre Wissenschaft mehr gepflegt würde als in Bremen .

Verbindungen mit jener Insel zeitenweise wohl stattfinden

Nicht unerwidert dürfen wir aber eine andere Bemerk ung des Hrn. Kohl lassen, wenn er äußert : Ich könnte eine

In den Monumenta von Pertz führt die Abhandlung die Ueberschrift Descriptio insularum aquilonis.

Menge selbst deutscher Schriftsteller nennen, die den Reise bericht des Adam von Bremen in ihren Werken über die

Neue Entdeckung von Phosphaten

Geschichte der Geogrophie nicht einmal erwähnt haben, so 3. B. unser trefflicher Forster in seiner Geschichte der Ent: deckungen im Norden, der ausgezeichnete Peschel in seiner Geschichte der Geographie, Beer und Scherer in ihrer Ge ſchichte des Handels und noch verschiedene. Humboldt frei lich und andere haben ihn nicht übersehen . " u . s. w.

Süd-Carolina.

95

von Bremen trot anderweitiger Verdienste gehörte, die Wahrheit mit den Fabeln aus Solinus und aus den Reiſen des Pytheas verfälschte, aber wer will jest entscheiden ob die Secleute die bremiſchen Geistlichen oder dieſe ihre Zeit. genossen mystificirten ? Aus einem Mythus aber die ge

A. v. Humboldt schrieb allein zur Entdeckung Amerika's ein Werk auf fünf Bände berechnet, von denen aber nur

schichtliche Thatsache herauszuschälen und euhemeristisch zwi schen den Zeilen zu lesen , hat noch immer zu alten Träumereien nur neue Träumereien hinzugefügt, und wem

Er widmet jener geschichtlichen Curio:

seine Zeit kostbar ist, der hat sich von jeher gescheut auf

fität aus Adam von Bremen darin 20 Zeilen. Der „ Ge schichte der Erdkunde “ des Verf. war ein so knapper Raum zu

dem Gebiete der Geschichte Hypothesen zu ersinnen. Was nicht in den Urkunden ſteht oder geſeßmäßig aus ihnen abgeleitet werden kann ist für uns verloren, und alle Ver

drei erschienen sind.

gemeſſen daß er der Sache bei gleichen Proportionen nicht Untersuchen wir 20 Buchstaben hätte gönnen dürfen. aber, ob ihr auf jenem knappen Raum auch nur 20 Buch

muthungen über das Verlorene bringen nichts hervor als D. P. einen Mythus .

staben hätten zugemessen werden dürfen. Humboldt beginnt den Abschnitt, wo er über jene friesische Fahrt spricht mit den Worten: In den beiden von mir angegebenen Richtungen ⚫ im Norden und Nordwesten der Orakadischen Inseln, sowie

Neue Entdeckung von Phosphaten in Süd

in der südwestlichen Richtung von den glückseligen Inseln

Carolina. nahmen die geographischen Träumereien einen eigenthümlichen Charakter an." Er bezeichnet die Fahrt der Friesen als einen Missionsversuch, nicht als einen Zug zur Lösung des Nordpolproblems. Im Norden und Nordwesten von Europa dachte man sich ein Meer auf dem ewige Finsterniß ruhte, es war

unbeschiffbar, denn das Wasser gieng über in eine gallert

Welchen Werth in der nenesten Zeit mineraliſche Düng stoffe für den Landwirth gewonnen haben, brauchen wir nicht lange zu erörtern. Unter diesen Stoffen wurden die Phosphorverbindungen noch bis vor kurzem für große Sel. tenheiten angesehen, und sie sind auch bis jetzt noch nicht in so großer Anzahl angetroffen worden daß nicht die Ent

artige Masse, wie Seeleber, nach dem Ausdruck des Pytheas. Dieſes „ Dunkelmeer, " Lebermeer - mare liber des Adam von Bremen - auch Klebermeer, ja Harzmeer genannt,

deckung neuer Ablagerungen zu den Ereignissen von allge meiner Wichtigkeit gezählt werden sollte. So ist auch Süd

war obendrein gefürchtet, weil dort eine große Höhlung

Funde solcher Schäße überrascht worden .

oder Einsenkung der Erde lag die periodisch das Seewasser

man von einem Funde nicht sprechen, da die betreffenden

einschluckte und wieder von sich gab, wodurch Ebbe und

Lager schon seit einem halben Jahrhundert bekannt gewesen. Süd-Carolina und chemisch untersucht worden waren.

Diese Sagen waren geläufig im Fluth erzeugt wurde. und sollte eine Erwei Munde des frühen Mittelalters, terung und Abklärung des Wissens eintreten, so mußte eine Fahrt in die Lebersee die Folge haben daß sie jene Irrthümer verscheuchte.

Die friesischen Seefahrer mögen

früh oder spät im arctischen Ocean umgekehrt sein, die Gründe weßhalb sie umkehrten und die sie den geistlichen Herren in Bremen angaben, waren nichts wie ,, Seemanns.

Carolina und vor allem die Stadt Charleston mit dem Eigentlich kann

und die Umgebung von Charleston waren nämlich reich an Mergelschichten, die auch theilweis abgebaut und als Düngemittel verkauft wurden , manche Mergelarten enthielten.

ferner wußte man daß

6-15 Proc.

phosphorsauren Kalk

Man hatte indessen nur den Mergelboden ſelbſt

untersucht, und die Steine oder Knollen, die er einschloß

und was man " Garnspinnen " in der englischen

und die den Ackerbau sehr erschwerten, unbeachtet gelaſſen. Die Geologen beschäftigten sich überhaupt nur mit dem

Seemannssprache nennt, weiß Hr. J. G. Kohl recht gut, hat es vielleicht früher gewußt als wir selbst. Die Odyssee der friesischen Edelleute wurde auch ausgeschmückt durch den

filien, dem „ Charlestoner Fischbecken " welches zahllose Thier reste ihnen zuführte. Als jedoch kurz vor dem Ausbruche

garn"

von den Mergelgräbern entdeckten reichen Lager von Fos

Besuch einer Insel mit höhlenbewohnenden Riesen, entsch So lichen Rüden, und einem Haufen goldener Gefäße.

sogenannten Felsguano's von der Insel Sombrero unter

wurde denn durch jene Fahrt nicht nur die Kenntniß von

suchte, brachte ihn dieß zuerst auf den Gedanken daß

der Erde nicht erweitert, sondern im Gegentheil durch Be stätigung des Fabelhaften nur noch mehr verunstaltet. Es

Guano oder ähnliche Düngemittel foffil auftreten könnten, und die bis dahin werthlos erachteten Knollen der Mergel

allerdings möglich daß die Friesen schlicht und einfach

lager Süd-Carolina's einen Erſatz bieten möchten. Der Ausbruch des Bürgerkrieges zog ihn aber wieder ab von

ist

erzählten

was sie gesehen hatten und daß die Phan

des Secessionskrieges

Dr. Shepard chemisch ein Stück

taſie abergläubiſcher Mönche, zu denen auch der gute Adam

solchen Gedanken.

1 Spuren davon finden sich noch im Atlas des Gerhard Mer cator am Ende des 16ten Jahrhunderts.

fessor der Geologie in Charleston schon 1849 in dem

Inzwischen hatte F. S. Holmes, Pro

American Journal of Science and Art gezeigt, daß das

Miscelle.

96

Gebiet auf welchem die Stadt Charleston stehe in geolo

und ein jeder kennt jetzt nahezu was er besißt. Nicht weni

gischem Alter sowie in seinen geognostischen Beschaffenhei ten wesentlich übereinstimme mit dem Untergrund von Lon

ger als fünf chemische Fabriken sind nach und nach ent ſtanden, und während sich die einen damit begnügen das

don und Paris.

rohe Fossil nach Philadelphia zur Verarbeitung zu senden,

Voriges Jahr las er zufällig daß in den Londoner Schichten Phosphate sich fänden, die bereits

haben andere bereits begonnen den Dünger marktfähig

zu

darzuſtellen, ja es iſt ſchon als Hilfsinduſtrie eine Geſell

Erinnerung.

schaft entstanden für Darstellung von Schwefelsäure, die • übrigens auch Superphosphate im Großen liefern wird.

mineralischem Dünger verarbeitet würden, und dieß brachte auch ihm wieder die Phosphate Charlestone's in Vor ihm hatte schon Dr. Pratt, der während

des Krieges Vorstand des Ausschusses für Salpetergewin nung gewesen war, den Gegenstand ergriffen. Bereits 1866 bemühte er sich eine Gesellschaft zur Erzeugung mi neralischer Düngemittel zu begründen, fand aber kein Gehör. Ein Jahr später entdeckte er zwei deutsche Meilen von Charleston eine zu Tage gehende Schicht, die so reich an phosphorſaurem Kalk wie der Guano tropiſcher Inseln sich erwies. Die Schichtenköpfe dieser Bildung trifft man an

Die neue Brücke

an den

Niagara Fällen.

den Ufern des Ashley , Cooper , Stono , Edisto , Ashe

Bekanntlich wird nahe an den Fällen für Wägen und Fuß gänger eine neue Kettenbrücke gebaut (die unterbalb der Fälle bereits bestehende führt bekanntlich auch die Eisen

poo: und Combahee-Flusses, doch ist sie am mächtigsten und reichsten beim Ashley-River entwickelt, von dem aus

finden sich die Thürme ungefähr 100 Fuß weit von den

sie sich zehn deutsche Meilen ins Land zieht. Dort hat man sogar die Phosphatknollen, weil sie dem Pfluge im Wege waren, in Haufen zuſammengetragen oder Riſſe im Boden mit ihnen ausgeschüttet . Bereits Ende August 1867 spähte Pratt umher, wo er sein Unternehmen am günstig sten anlegen könne, als ihm Dr. Ravenel neue Muſter ――― von Mergelknollen vorlegte, die 30 40 Procent phos phorſauren Kalk enthielten. War dieß schon ein unge: wöhnlicherReichthum, so entdeckte Pratt selbst doch bald nach: her am Ashley Flusse Muster die zwischen 55-56 , und andere die sogar bis 67 Proc. phosphorsauren Kalk ent bielten. Wenn nun der Mergel schon 2–3 Dollars die Tonne (20 Ctnr.) werth gewesen war, so kann man sich denken welchen Reichthum jene Schichten einschließen, denn jene Phosphatknollen haben fast genau dieselbe chemische Zuſammenſeßung wie Thierknochen nach Entfernung der organischen Bestandtheile, ja man braucht sie nur zu Bulver zu zerreiben um einen Dünger zu erhalten, der calcinirten Knochen nicht nur gleich kommt , sondern sie noch durch das Vorkommen von 6-7 Proc. organischer Thier bestandtheile übertrifft, die etwa einem Procent Ammoniak entsprechen. Nun schickte man sich an diese Schäße zu heben die für die Landwirthschaft der Vereinigten Staaten vom höch sten Werthe sind, denn während in England jährlich schon

bahn über den Fluß).

Auf der amerikanischen Seite be

Fällen entfernt, und die Drahtseile sind bereits zu den nahe an Clifton House, auf der canadischen Seite, befind lichen mit ihnen correspondirenden Thürmen gezogen. In mancher Beziehung wird diese Brücke merkwürdiger als die andere bereits bestehende. In der Länge übertrifft sie dieselbe um 450 Fuß und hat 1250 Fuß Spannung. Die Thürme sind 105 Fuß hoch und 13½ Fuß auseinander: gebaut.

Ungleich den massiven Steinthürmen der unteren

Brücke, sind dieselben leichte hölzerne Gestelle von 28 Qua dratfuß an der Basis und gegen oben pyramidalisch zu laufend. Wenn sie vollständig fertig sind, werden sie wasserdicht bedacht.

Die Brücke wird von zwei Draht

tauen gehalten, die im letzten Winter bei gefrorenem Flusse über denselben geleitet wurden. Die untere Brücke hängt in vier solchen Tauen. Die Taue der neuen Brücke be ſtehen aus sieben Strähnen von gedrehtem Stahldraht, von denen ein jedes 2 % Zoll im Durchmesser hat. Die Enden werden

mittelst

neuer Ringe befestigt ,

welche

Hr. Hewlett von Niagara erfunden hat, auf eine von der früheren Art und Weise ganz verschiedene Methode. Die Strähne des Taues sind nämlich an den Enden aufgedreht und hängen einzeln von der Epiße des Thurmes herab. Alle sind mittelst besonderer Ringe be: festigt, die etwa aussehen wie Tackles, jedoch mit einem . feststehenden Rade.

Diese sind so eingecurvt daß ſie das

175-180,000 Tonnen Phosphate verbraucht werden, kamen deren in den Bereinigten Staaten bisher nur 60,000 zur

Kabel vermittelst Reibung halten,

Verwerthung. Anfangs betrachtete man in Süd -Carolina die Entdeckung als einen Schwindel und wollte nicht an

verschiedene Längen, so daß sie die Kraft der Anspannung so viel als möglich vertheilen, und werden in einer festen

den Phosphor glauben. Bald aber schlug die Stimmung um, und jeder Eigenthümer meinte jeßt, er sei über Nacht ein Erösus geworden, daher fabelhafte Preise für Lande

Basis von 18 Quadratfuß Mauerwerk eingesetzt .

reien gefordert wurden .

Auch diese Aufregung legte sich,

selbst ohne daß die

Enden selbst befestigt zu ſein brauchten.

Diese Ringe haben

Den

Mangel jedoch hat diese Brücke daß sie nur eine Passage von 10 Fuß Breite hat, so daß mit harter Mühe sich die Fuhrwerke ausweichen können .

Truck und Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. D. F. Peschel. ☛

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinnd vierzigster Jahrgang.

Nr. 5.

Augsburg ,

1869.

30 Januar

Inhalt: Reisen und Entdeckungen im ehemals ruſſiſchen Amerika. - 2. Das allgemeine geographische Syſtem der Luft strömungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß. 3. Merkwürdiger Fund von riesigen dunkelschwarzen Bergkrystallen in der Schweiz. 4. Die Servische Befestigung Roms. 5. Die Chippeway-Indianer des Mackenzie-Fluffes und ihre Naturproducte. 6. Die Verdunstung des Pfäffikersee's. Von Jakob Meſſikommer. 7. Die Quadratur des Kreises. - 10. Ueber deutsche 8. Ueber die Stellung der Frauen in den Vereinigten Staaten. 9. De Caumonts archäologisches Schulbuch . — Rechtschreibung. ――― 11. Ein Erdbeben am Mittelrhein. ――― 12. Fossile Menschenreſte. - 13. Versiegen der amerikaniſchen Petroleum quellen.

14. Griechischer Handel mit Liverpool.

Reisen und Entdeckungen im

ehemals russischen

der sich durch seine Hautmalereien und Nasenringe aus: zeichnet, den Goldwäschern aber gerade damals sich gefürch

Amerika.

tet machen sollte.

Ein Füllhorn wissenschaftlicher Neuigkeiten und anzie hender Erlebnisse enthält ein Buch von Frederick Whymper, 1

In Begleitung eines solchen Eingebor

nen brach Whymper allein von dem entfernteſten Lager der Goldwäscher auf um den großen Gletscher" zu sehen.

der als Zeichner das Unternehmen zum Abstecken einer

Der Pfad nach den Caribu-Wäschen führte durch jung

Telegraphenleitung von dem Ostrande Asiens nach Cali fornien begleitete. Der Verfasser verließ als junger Mann

fräuliche Wälder von „ Cedern" (Thuja gigantea), Dou glas: (Abies Douglasii) und Hemlock" : Tannen (Abies)

seine englische Heimath am 6 Juni 1862 zu einer Fahrt um das Cap Horn. Fast zu seinem Bedauern fand er

Bridgei),

an jener gefürchteten Weltspiße das Wetter unvergleichlich schön, das Wasser glatt wie auf einem Gebirgssee und die Schrecken der Umschiffung unauffindbar .

Der Dampfer

Ahorn

(Acer macrophyllum),

Erlen (Alnus

Oregona) und Sproffenfichten (Abies Menziesii) . Selbst im Winter, wenn der Schnee fußdick liegt, bereiten die Moskiten dem Wanderer ihre Qualen, und es ist ein gro ßer Frrthum diese Höllengeister auf die Tropen oder auf

hatte an Bord eine eigenthümliche Waare, nämlich 60 un

die warmen Jahreszeiten beschränkt zu halten.

verheirathete Frauenzimmer, die nach Californien auf den „Heiraths “ und „ Dienstmädchensmarkt" importirt werden

Gletscher" den man erreicht wenn man dem Homathco

und dann gegen Erlegung der Ueberfahrtsspesen abgesetzt werden sollten. Während der Seereise waren sie von

Der

große

Flusse aufwärts folgt, ist ein Gletscher wie jeder andere Gletscher, etwa

englische Meilen an seinem Kopfe breit

und bot das einzige Merkwürdige daß er in verhältniß

allen ihren Begleitern abgesperrt und wurden von einem Geistlichen sowie von einem älteren weiblichen Aufseher gehütet. Nachdem sich Whymper in San Francisco umgeſehen,

mäßig starker Bewegung schien, denn das Rutschen und

begab er sich nach Britisch Columbien zur Zeit der Gold Wir hören beiläufig aus ſei wäschen am Fraser River.

toria zurückgekehrt,

nem Munde daß das neu gegründete Victoria, weit ents fernt ein zweites San Francisco zu werden, in seinen besten Zeiten ein kleines freundliches, sauber und gut ge bautes Städtchen gewesen und klein und zierlich geblieben

Poltern herabstürzender Eis- und Felsstücke dauerte lebhaft und ohne Unterbrechung fort. Kaum war Whymper von diesem Ausfluge nach Vic als sich die Kunde verbreitete,

die

Tschilicoten-Indianer hätten 14 oder 17 Goldwäscher er mordet. Da bisher nicht die geringsten Reibungen vor gekommen waren, fand die Sache anfangs keinen Glau ben, wurde zuletzt aber nur zu sicher bestätigt.

Am 30 April

in der Morgendämmerung hatten die Indianer die Zelte einer Goldwäscherbande umringt, die Zeltstangen umge

Im Jahre 1864 besuchte Whymper die Goldwäschen am Caribuflusse Britisch Columbiens und kam dort in

schlagen, so daß die Schläfer von dem Zelttuch bedeckt

Berührung mit dem Tschilokoten- Stamme des Festlandes,

wurden, und dann unter das Zelt auf alles was sich be

1 Travel and Adventure in the Territory of Alaska. London 1868. Murray. Ausland. 1869. Nr. 5.

wegte geschossen und mit Messern gestochen. Nur drei der Bedrohten entrannen durch ein halbes Wunder, einer 13

ist.

Reisen und Entdeckungen im ehemals ruſſiſchen Amerika.

98

davon schwer verwundet.

Raubgier war die Mutter der That gewesen, denn die Rothhäute konnten sich über keine

Beleidigung beschweren. Drei Wochen später wurde von demselben Stamme eine Karawane Maulthiertreiber über: fallen.

Eines von den Opfern besaß eine Indianerin zur

Frau, und kaum hatte diese von dem Anschlag Kunde er halten, so verrieth sie ihn den Europäern, aber leider nur zu spät. Die Treiber fielen unter den Kugeln, einer nach dem andern, bis auf zwei oder drei, die glücklich die Colo nie erreichten. Auch die Squaw, welche den Anschlag ver rieth, wurde erschossen, wir haben ihrer überhaupt nur gedacht weil seit 1492 bei allen feindlichen Berührungen zwischen Weiß- und Rothhäuten, die Indianerfrauen ſtets ihren Stamm verriethen wenn sie mit Europäern Verkehr gehabt hatten. Gegen die Tschilikotenstämme wurden sogleich Streifzüge ausgesendet, aber wegen der Rauhheit des Landes richteten sie wenig aus und brachten nur etliche Gefangene heim, die in schönster Rechtsform processirt und gehangen wurden. Den Galgen zierte unter andern auch

Victoria sogleich Beschlag legten, und auf dem sie ihre Wolldecken anstatt der Segel ausspannend, in das Nittinaht Fjord einfuhren und bei dem Dorfe Whyack landeten.

An

jener Stelle war es, wo später Hr. Sproat seine Erfah rungen gesammelt hat. Er gibt den dortigen Bewohnern den Gattungsnamen Aht, wahrscheinlich wegen der Endung ihrer meisten Stammesnamen (Nittin- aht,

Klaho - quaht

u. j . w . ) . Auf der ungekämmten Wildniß ihres Schopfes tragen sie um die Schläfe gewunden einen Laubkranz, der ihnen eine falsche Aehnlichkeit mit einem römischen Helden oder irgendeiner nackten Gottheit des Alterthums verleiht. Der Kranz dient aber nicht als bürgerliches oder mythologiſches Symbol, sondern wie unsern Pferden die Laubbüschel mit leidiger Kutscher zur Abwehr von Fliegen und Moskiten. Erst kürzlich hat Catlin bei Indianern Britisch Columbiens den Gebrauch von Gesichtsmasken angetroffen, Whymper sah solche auch bei den Aht auf der Vancouver Insel. Sie sind 2 Schuh groß und sehr scharfsinnig verfertigt, manche

Tellot, derselbe Indianer mit dem wenige Tage vor dem ersten Blutbade Whymper den großen Gletscher besucht hatte.

sind mit Schnüren versehen, um die künstlichen Augen oder den Schnabel (bei Vogelmasken) bewegen zu können. Wir

Im Sommer 1864 nahm unſer abenteuerluſtiger Künſt

Rothhäuten sich erst wiederfindet bei den Amazonasſtäm men, den Tecunah, wo sie schon von Spir und Martius

ler an einer Unternehmung theil welche unter Anführung

erinnern nochmals daß der Gebrauch von Masken unter

des Botanikers Robert Brown (jezt in Edinburgh) das Junere der Vancouver: Insel durchsuchen sollte. Ein Canoe

beschrieben wurden.

wurde mit dem Gepäck das Cowitschan-Flüßchen aufwärts

tigen, und in der That iſt der Schnitt der dortigen Fahr zeuge nautisch untadelhaft. Auf einem solchen gemiethe

gesendet, während die Erforscher zu Fuß nach dem India nerdorf Somenos zogen, wo sie die Eingebornen mit dem Der dortige Trocknen von Fischen beschäftigt fanden. Häuptling ließ sich jedoch bewegen sie auf ihren Wande rungen zu begleiten .

Das Dorf Whyack steht außerdem im

Ruf gute Canoe, Einbäume aus Cedernstämmen zu verfer

ten Boote seßten die Erforscher ihren Periplus um die Südspiße der Insel fort, vorläufig bis zur Sooke Bay, wohin unterwegs sie an der Küste ein Kohlenflöt zu Tage

Der Cowitschan-Fluß kann als Muster

gehen sahen, die wahrscheinliche Fortsetzung des Kohlen

für die größte Mehrzahl der Gewässer der Insel gelten. Seine

flößes in der Clallam Bay auf der gegenüberliegenden

Entwicklung beträgt etwa 8 deutsche Meilen bei starkem Ge

Küste im Washington- Gebiet, welches bereits abgebaut wird. Das Sooke Flüßchen stiegen die Wanderer auf

fäll, und sein oberer Lauf endigt in einem See mitten in der Insel. Jeder Stelle seines Ufers haben die Einge bornen einen passenden Namen gegeben. Bei einer leer

wärts, und in seinem Schutt und Geröll entdeckten sie Gold, wofür ihnen später von der Colonialregierung eine

gewordenen indianischen Hütte heißt er Saatlam , „ Ort

Belohnung zugebilligt und verabfolgt wurde.

des Laubes," bei einer offenen Grasflur in den Wäldern

Kunde von diesem Funde begann eine Völkerwanderung nach dem Flüßchen. Etwa 100,000 Dollars Gold ſind

Qualis, " der warme Fleck. " Da die Vancouver Insel nicht allzuweit von der Erdenstelle liegt wo die Bäume am

Auf die

auch wirklich von den Wäschern erbeutet worden, etliche

höchsten in den Himmel wachsen, so gibt es auch in ihren

Glückliche gelangten zu ansehnlicher Beute, im Durchschnitt

unberührten Wäldern „ Cedern " (nämlich Thujas) von 35 F. Umfang auf Mannshöhe vom Boden. Der See aus dem

aber wurden fast zwei Dollars an Spesen für jeden ge wonnenen Dollar Gold ausgegeben. Auch auf den Kö

der Cowitschan abfließt, heißt auf „ rothhäutisch“ Kaaya. Eine schmale Halbinsel tritt in den See hinaus und endigt

nigin Charlotte-Inseln soll es Gold geben, wenigstens ver: sichert ein Beamter der Hudsonsbaygesellschaft daß die

mit einem dichtbewachſenen Hügelknoten, Kanaße oder die Insel im Schlepptau" geheißen. Da die Wanderer von

Haidah oder eingebornen Indianer in Ermanglung von Blei mit goldenen Kugeln schießen sollen (?). Der Sooke

der Ostküste aufgebrochen waren, suchten und fanden sie

Fluß läuft ebenfalls aus einem Gebirgssee ab, seine Ge wässer sind reich bevölkert mit Lachsen und an den Ufern

bald ein Gewässer welches westwärts abfloß, und auf dem eine Thalfahrt sehr naſſer Art mit einem selbstgezimmerten Floße sie an die Westküste hinabführte. Dort entdeckten sie unweit einer leeren Indianerhütte ein Boot, auf wel ches sie für den Dienst Jhrer huldreichen Majeſtät Königin

gibt es Rehe in Ueberfluß.

Von dem Sooke- See gieng

1 S. die Ahtstämme der Vancouver-Insel im Ausland 1868 . S. 685. 2 S. Ausland 1868. S. 97.

Reisen und Entdeckungen im ehemals ruſſiſchen Amerika.

99

die Wanderung nach den Shawnigan: und Cowitschan Seen und dann wieder an die Küste hinab nach dem

kennt eine Insel und eine Stadt Sitka, die amtlich nicht

Städtchen Nanaimo, der zweiten und lehten Ansiedlung auf Vancouver, denn eine dritte soll erst noch entstehen.

Neu- Archangel , die Insel aber Baranoff, zu Ehren des

vorhanden sind, denn die Stadt wurde von den Ruſſen

Nanaimo verdankt das Dasein nur seinen Kohlenflöten,

ersten Stifters der Niederlassung genannt. Im Jahre 1804, als Baranoff just abwesend war, überfielen die

die jetzt schon bis zu einer Tiefe von 270 Fuß abgebaut werden. Täglich werden etwa 150-300 Tonnen geför

Kaloschen oder Eingeborenen Sitka's, deren Zahl gegen wärtig auf 2500 Köpfe sich beläuft, die Besaßung in Neu

dert, die am Bord der Schiffe 6 Dollars die Tonne werth

Archangel und ermordeten

sind und in San Francisco willig mit 12 Dollars oder 2½ Pf. St. (etwa 25 Sgr. der Centner) Absah finden .

Seitdem hat man für starke Befestigungen gesorgt und Stadt und Insel liegen höchſt ist auf seiner Hut.

Zulegt untersuchten die Wanderer noch den Buntledge

malerisch,

Fluß, ein reißendes Gewäſſer mit zwei beträchtlichen Fällen, welches ebenfalls aus einem See abfließt. Ueberhaupt

dicht bewaldete Berge,

Lücke werden prächtige Schneehäupter sichtbar.

liegt zwischen der Ost- und Westküste im Innern eine

haben eine gelbe Mauerfarbe, während die Dächer aus

Kette von 7 Gebirgsſeen , wovon der größte, Central-Lake, 18 engl. Meilen lang und 1-12 Meilen breit ist. Auf dieſen Streifzügen erlegten die Erforscher 3 Elche, 25 Rehe und zwei Biber, überhaupt sahen sie wenig Wild und meiſtens davon nur die „Hinterviertel, " so scheu sind die Thiere. Außer den obengenannten Vierfüßen gibt es noch in spärlicher Anzahl Bären, Panther, Marder u. s. w. In Folge des Verkaufs von Ruſſiſch-Amerika an die Vereinigten Staaten erhielt das Küstengestade am Nord westrande der neuen Welt den Namen Alaska, verstümmelt aus Aliaska, der nach Westen vorspringenden Halbinsel der neuen Welt in deren Verlängerung die Aleuten liegen. Da die Versuche durch das atlantische Meer einen Tele graphendraht zu legen, zweimal mißlungen waren, bildete sich eine amerikanische Gesellschaft, welche über Land, dem Gestade Alaska's entlang, dann durch die Bering- See, ein Kabel nach Kamtschatka und von Kamtschatka nach dem Amur ziehen wollte, wo es mit den sibirischen Leitungen zusammenstoßend die alte und die neue Welt verknüpft haben würde. Im Jahre 1865 übertrug die Western Union-Telegraph- Company die Leitung der Vorarbeiten und des Baues dem Obristen Bulkley, der auch noch in

alle bis

auf zwei Alëuten.

denn hinter der ersteren erheben sich zunächſt und im Hintergrunde durch eine

Eisenblech roth angestrichen sind.

Die Häuser

Die griechische Kirche mit

ihrem Dom und grünem Thurm sowie ein stattliches Amts gebäude geben Neu- Archangel die Würde eines kleinen deutschen Landstädtchens.

Leider ist das Klima ein uner

hörtes, weniger kalt wie naß.

Wenn es nicht schneit

regnet es beharrlich, und bisweilen in solchen Strömen, daß Hr. v. Kittlig nach einer Jagdpartie das Rohr seiner Flinte theilweise mit Wasser angefüllt fand. Schlimmer als der Regen sind die seltenen Tage des warmen Sonnen scheins, die stets das Fieber sowie Brustleiden zum Aus bruch bringen, sonst sind rheumatische Uebel die unaus bleibliche Beigabe für alle Einwohner.

Wenn amerikani

sche Blätter die neue Erwerbung als Ackerbaucolonie em pfohlen haben, so bemerkt Whymper, daß bis dahin auch nicht ein Tagewerk mit Halmfrüchten bestellt war, so wenig eignet sich das Klima für jenen Zweig der Landwirthschaft. Vormals lag in Sitka eine ruſſiſche Compagnie in Garniſon, und das Städtchen zählte etwa 800 Köpfe, Weiße und Misch linge, die Eingebornen ungerechnet, welche ein ſtreng abgeſon dertes Quartier bewohnen. Jeßt, seit Sitka amerikaniſch geworden ist, stieg seine Einwohnerzahl auf 2000, und für Baupläge wurden fabelhafte Preise bezahlt, ja im Früh

dem nämlichen Jahre das Werk in Angriff nahm und bis 1867 fortsette. Es erwies sich als ausführbar, und wurde auch

jahr 1868 begehrte man für eine gewöhnliche Blockhütte nicht weniger als 10,000 Dollars (13,300 Thlr.) . Mit

streckenweise schon ausgeführt. Allein nachdem bereits 3 Millionen Dollars ausgegeben worden waren, ließ man das Unternehmen zu Boden fallen, weil mittlerweile der

vertrieben werden .

atlantische Telegraph im Herbſt 1866 gelegt worden war. Die Erdkunde verdankt aber den Telegraphenbauern am Ende der beiden Welten eine sehr genaue Kunde von Länderräumen die ihr außerdem wahrscheinlich noch lange

den Dollars wird aber die „gute alte Zeit“ aus Sitka Auf der ganzen Erde gab es für

Müßiggänger und Tagediebe kein vollkommeneres Paradies als Sitka, denn das Jahr hatte 180 Feiertage, während die herzlosen Amerikaner nur zwei kennen, den Weihnachts tag und den Neujahrstag.

Auch die Kalender werden jetzt

feindlich aufeinander stoßen.

Wir meinen weniger die

entzogen geblieben wären. Unser Verfaſſer gehörte zum Generalstab des Unternehmens, der überhaupt aus 13 Häup:

Rechnung nach altem und neuem Styl als die verschiede

tern bestand. Nicht weniger als 500 Personen Europäer und Amerikaner wurden zu den Aufgaben verwendet, und

oftwärts wanderten, behielten ihre Wochentagrechnung auch

zeitenweis waren sieben Schiffe unterwegs um den Verkehr mit den einzelnen Hauptquartieren zu vermitteln. - Am 30 Juli 1865 verließ Whymper am Bord des

und der amerikanische Samstag in San Francisco zusammen

Dampfers Whright San Francisco und sah sich am 8 Aug. vor Sitka, der neuen Hauptstadt Alaska's. Die Erdkunde

nen Anfänge des bürgerlichen Tages.

Die Russen die

in Amerika bei, ſo daß der ruſſiſche Sonntag in Sitka

fallen.

Da nun Amerikaner und Russen sabbatheifrige

Gemüther sind, so schließen die Amerikaner an ihrem Sonn tag die Geschäfte, die Russen am amerikanischen Montag. Vielleicht entschädigt dieser Doppelsabbath die Orthodoxen

100

Reisen und Entdeckungen im ehemals ruſſiſchen Amerika.

einigermaßen für den Verlust ihrer 178 Feiertage. Bereits ist eine einfache und bisweilen eine monatliche Doppelver bindung zwischen Sitka und San Francisco durch Dampfer hergestellt worden, wir fürchten aber troßdem daß diese rasche Blüthe ein jähes Ende nehmen möchte, denn außer dem Fischfang und der Jagd auf Pelzthiere besißt Alaska wenig andere Hilfsquellen, und beide wurden schon zur

lischen Getränk, das an Stärke und auch in anderer Be ziehung hinter Petroleum oder Keroſenöl nicht zurückſteht. Die Tschuftschen sind leidenschaftliche aber sparsame Rau cher. Um nichts von der Gottesgabe verloren gehen zu lassen, schlucken sie den Rauch vollständig hinunter, daher sie denn auch nach dem sechsten oder achten Zuge berauscht umfallen.

Von Neu-Archangel gieng die Dampferfahrt nach den

Vom Anadyr-Golfe gieng die Fahrt nach dem Peter paulshafen, der Hauptstadt Kamtschatka's, die mit Aus

Aleuten, wo das Fahrzeug, hergebrachtermaßen in Nebeln eingehüllt, zwischen den Inseln Unimak und Ugamok in

nahme ihrer griechischen Kirche, der Amtsgebäude und etli cher Häuser fremder Kaufleute nur aus Blockhütten be

das Berings. Meer schlüpfte und am 12 September im Norton Sund eine Abtheilung Telegraphenerbauer auf

steht. Der Pelzhandel wirft gegenwärtig nur mäßige Ge: winne ab. So selten sind schon die edleren Thiere gewor

der St. Michaelsinsel abseßte, auch ein kleiner flacher Er war Dampfer wurde, in Stücken zerlegt, gelandet.

den, daß für ein gutes Zobelfell dort 30 Dollars bezahlt werden. Der Winter stand damals bereits vor der Thüre

russischen Zeit hinlänglich ausgebeutet.

zur Beschiffung des Yukonflusses bestimmt und erwies sich

und der Dampfer eilte daher rasch nach San Francisco

hinterdrein als gänzlich unbrauchbar.

zurück, allein im nächsten Jahre 1866 begann er seine Rundfahrt wieder beim Peterpaulshafen, wo Whymper es war der 23 Juni —— höchlich überrascht war Tempe

An den Ufern des

Festlandes zeigte der Pflanzenwuchs den Anstrich höchster Dürre. Die Farbentöne schwankten von Roth und Roth braun zu Braun und Gelb. In der That ist der Som mer dort, so lange er dauert, sehr heiß, später im Jahr wechseln heiße Tage mit Nachtfrösten und die Folge ist daß Hiße und Kälte jeden Halm verbrennt. Die Berings See ist, wie man schon früher wußte, sehr seicht, allein keiner der Leser ist wohl auf folgende Angaben vorbereitet. Zwischen lat. 64° und 66° beträgt die durchschnittliche Tiefe weniger als 19½ Faden (117 F.), und Walfänger sieht man fast auf jedem Theile der See ankern, wenn nur das Wetter es erlaubt. Bei der Michaels -Insel fand

raturen bis zu 20 ° Réaumur im Schatten anzutreffen. Er sollte eben die Erfahrung noch sammeln daß die Som mer nicht bloß in Kamtschatka, sondern selbst im Polar kreis drückend werden können. Die Fahrt gieng jezt wieder nach dem Anadyr-Golf, um die dortigen Telegraphenbauer mit neuen Vorräthen zu versehen. Bei Plover Bay ergößte es die Seefahrer an der Hütte eines Eingebornen die Ladenſchilder einer Firma in San Francisco sowie eines dortiger: Hutmachers anzu treffen. Der alte Studentenstreich, Ladenschilder zu ent

Ziffern, die höchsten (25 Faden) vor der Südostspige der

führen und an unziemlichen Dertlichkeiten wieder abzusehen, ist nämlich auch am Stillen Meer gebräuchlich und nicht

Laurentius-Insel, worauf sie nach dem aſiatiſchen Festlande

bloß auf Musensöhne beschränkt.

wieder bis zu 19 Faden schwankten . Der Dampfer legte zunächst bei Port Providence, auch

hatten sich vor ihrer Abreise aus San Francisco mit einem Vorrath von Firmen versehen, die sie unparteiisch zur Ver zierung des arctischen Asiens und Amerika's zu verwenden

man anfangs nur 5 Faden, später erhielt man höhere

Plover Bay genannt, hinter Cap Tschukotskij im Anadyr Golfe an. Dort sollte der asiatische Endpunkt der Tele

Die Telegraphenbauer

Auf einer nahen Land:

gedachten. Die Abtheilung welche am Anadyr zurückge blieben war, hatte während des Winters 1865-66 mit

spite befanden sich ehemals unterirdische (Winter ) Woh nungen von Tschuktschen, die Eingebornen die man dort

harter Witterung zu kämpfen gehabt, und das Thermo meter bis auf -52° F. (-37° 3 R.) herabgehen sehen.

graphenleitung zu liegen kommen .

traf, bedienten sich jedoch nur überirdischer Wohnungen, die aus einem Stangengestell bestanden

Vom Anadyr Golf begab sich der Dampfer über die

worüber Felle

Berings- See in den Norton Sund und setzte dort auf

gespannt wurden. Whymper nennt sie Tschuktschen, jeden falls sind es aber keine echten Tschuktschen, sondern nur sogenannte Renthiertschuktschen. Die echten Tschuktschen

dem Küsteninselchen St. Michael mit andern Gefährten

sind nie unterworfen, selten besucht und noch seltener be schrieben worden und gehören zu den großen ethnographi schen Merkwürdigkeiten. Whympers Tschultschen waren.

auch unsern Verfaſſer ab um am 1 October 1866 für ein zwölfmonatliches Nichtwiedersehen zu verschwinden. Sanct Michael mit der Factorei Michaelowski (lat. 63 ° 28 ′ N. long. 161 ° 44° W. Greenw . ), lettere gegründet 1833 von Michael Tebenkoff, ist sehr günstig als Hafen und

große und starke Leute, von heiterer Gemüthsart, aber bereits tief verderbt durch den Verkehr mit Ruſſen. Auf fie könnte die Antwort eines wahrheitliebenden Tschippe

von dort führt der nächſte Weg über Land nach dem Yukon- Strome dem "I Miſſiſſippi “ des Alaska- Gebietes . Die Bewohner von Michaelowski

wäh- Indianers ebenfalls angewendet werden, der auf die Frage : ob er ein christlicher Indianer ſei, erwiederte „ Nein ! ich Schnaps-Indianer" (No, J whishkey Injen) . Die

sind zusammen gewürfelte Leute, Ruſſen, Finnen, Jakuten und Aleuten. Die Insel selbst besteht aus porösem Lava

Kaufleute versehen die Tschuktschen mit einem inferna

dorthin gelangt ist, und zwar soll die Stelle wo jezt das

Handelsplay gelegen,

denn

gestein (Bimsstein ?), das vermuthlich durch Anschwemmung

Reisen und Entdeckungen im ehemals ruſſiſchen Amerika.

Fort" steht noch zur Zeit von Zagoskin's Besuche 1842 bis 43 vom Meer bedeckt gewesen sein .

Zagoskin,

ein

russischer Flottenofficier, ist, beiläufig bemerkt, der Herodot oder der Vater der Länderkunde für jene Räume des wei land russischen Amerika's.

Da die Michaels- Insel keinen

Brunnen besißt und ihrer geognostischen Beschaffenheit nach auch kaum besigen kann, so muß im Sommer nach der Schneeschmelze alles Wasser vom Festland herüber gebracht werden. Bäume gibt es auf St. Michael nicht, sondern

101

tschen einen Ueberfluß besißen, werden auf jenen Messen umgetauscht gegen Biber- und Fuchsfelle der Hudsonsbay: gebiete, und lettere erreichen schließlich die ruſſiſchen Kauf leute am Anadyr - Fluſſe in Sibirien oder gelegentlich irgend ein Walfängerschiff an der Küste. Daß ein solcher Handelsverkehr bestehe, wußte man schon längst, aber jede Einzelheit darüber beſißt für uns einen großen Werth, da sie in Bezug steht zu den Unter

Da indessen

suchungen über die Ursize des Menschengeschlechtes . Jest wo sich selbst Richard Owen, Cuviers großer Nachfolger,

Treibholz reichlich von den Yukonmündungen angeschwemmt wird, so ist dafür gesorgt daß die Sanct-Michaeleſen im

zu der von Charles Darwin vertretenen Lehre von der Artenwandelung bekannt hat, darf wohl der alte Streit

Winter nicht erfrieren.

über die Einheit des Menschengeschlechtes, d . h. über die Abstammung aller Menschenracen von einem Urbilde oder

der Boden ist nur dick mit Moos bedeckt.

Eis bildet sich sehr frühzeitig im

Nortonsund, allein bis Weihnachten ist man nicht sicher daß es nicht wieder aufbreche und von Stürmen hinweg gefegt werde. Die Telegraphenbauer begaben sich zunächst nach Una:

wenn man will von einem Urelternpaare als beendigt be trachtet werden. Als eine nothwendige Folge aus der Einheit des Ursprungs ergibt es sich daß entweder die amerika

Dieß ist die nördlichste Nieder

nische Urbevölkerung aus der alten Welt eingewandert,

laſſung (lat. 63° 53 ' 33 " N., long. 160° 30' 16 " West. Greenw.) der Russen in Amerika und war wie St. Michael von einem Pfahlwerk eingeschlossen, da, wie wir ander.

oder daß die Wiege der gesammten Menschheit in der Neuen Welt gestanden sei. Die leßtere Ansicht wird und kann von kei nem naturwissenschaftlich Gebildeten vertreten werden und ist

wärts sehen werden, den Eingebornen niemals recht zu

auch nie von einem solchen vertreten worden.

trauen ist.

hänger der Artenverwandlungslehre muß daher sich die amerikanische Menschheit aus Asien eingewandert denken,

latschlit an das Festland.

Die Küste wird dort von den Malemuten be

wohnt, die den Eskimo völlig gleichen würden wenn ihr

Jeder An

Ihre Oberkleidung besteht aus einem Pelz,

und es ist nicht wenig dienlich zur Bekräftigung dieser Forderung wenn wir nachzuweisen vermögen daß noch gegenwärtig zwischen sogenannten wilden Völkern Asiens

der hemdartig geschnitten, mit langen Aermeln und einer Kapuze versehen ist, Hosen, Soden und Stiefeln sind eben

und Amerika's ein Austausch stattfindet. Die oben ange führten geringen Tiefen der Beringssee verstatten ferner

falls

aus Pelz verfertigt und die Kleidung bisweilen mit 1 Pelz vom Wolwerine verbrämt, der sehr hoch geschäßt wird, weil dieses Thier von allen Pelzthieren wegen seiner

die Annahme daß beide Continente fest zusammengehangen haben können noch zur Zeit als der Mensch bereits auf

staunenswerthen Schlauheit dem Jäger am seltensten zur Beute fällt.

so wäre zugleich eine günstige klimatische Aenderung für die östlichen Geſtade des nördlichen Aſiens anzunehmen,

Das nüglichste Geschöpf bleibt jedoch jedenfalls der

denn jeßt ergießt sich durch die Beringsstraße ein kalter Küstenstrom, der die Temperaturen Kamtsdatka's und der

Wuchs nicht um vieles stattlicher wäre.

Sie durchbohren.

sich die Oberlippe um ein kleines Knochenſtäbchen hin durchzuschieben.

Seehund, denn er liefert den Eingebornen nicht bloß sein Fell, welches auch zu Riemenwerk verarbeitet wird, sondern obendrein Thran und Speck als wichtiges Nahrungsmittel. Im Sommer ziehen die Malemuten nach Port Clarence,

getreten war.

Ließe sich dieß streng geologisch begründen,

Kurilen beträchtlich erniedrigt. Die Tschuktschen Nordaſiens gehören zu der sogenannten mongolischen Race. Ein Tschukischenbursche, den Obrist

also an die äußerste Weſtſpiße, an das „ Ende “ der neuen

Bulkley, der Chef der Telegraphenerbauer, von der Plover

Welt, und vom Ende der alten Welt oder vom Ostcap

Bay mitnahm, und in europäische Kleider steckte, wurde in

stoßen mit ihnen die Renthiertschuktschen zusammen um

San Francisco, wo man doch täglich Japanesen und Chi

Messen und Märkte zu halten. Auch auf der Diomedes Insel begegnen sich zuweilen Asiaten und Amerikaner.

nesen vor Augen hat, für einen der letteren gehalten. Daß die Eskimo im Norden Amerika's und in Grönland

Dieser Handel besitzt eine große Tragweite, denn hunderte (engl.) Meilen aufwärts am Yukon sieht man bei den Ein

asiatischer Herkunft sind, darüber besteht bei Ethnographen von Fach längst kein Zweifel mehr, wenn aber unser Verf.

gebornen Kleidungen, deren Rohstoff ursprünglich von den asiatischen Tschuktschen stammt, dann aber wieder an der

Wanderungen der Eskimo nach der

amerikanischen Küste verarbeitet wurde, da die Frauen der dortigen Stämme durch ihre Schneiderfertigkeiten ſich rühm lich auszeichnen.

Renthierfelle, woran die aſiatiſchen Tschuk

1 Das Wolwerine oder carcajou der Canadier (Gulo Luscus) ist der amerikaniſche Repräsentant vom Fiälfraß (Gulo borealis) der alten Welt. Ausland. 1869. Nr. 5.

die Ansichten Markhams vertreten will, daß nämlich die neuen Welt

und

nach Grönland erst in die Zeiten von Tschingis Chan, also ins 12. Jahrhundert gefallen und eine Folge des damaligen Ausschwärmens tatariſcherHorden geweſen ſeien, so ist dieß chronologisch unzulässig, weil die ersten norman nischen Entdecker um das Jahr 1000 die Eskimo (Skrä linger) bereits in Labrador und in Grönland antrafen. Das 14

Reisen und Entdeckungen im ehemals ruſſiſchen Amerika.

102

Richtige ist vielmehr daß sich die Einwanderung der Es kimo nach Amerika und Grönland chronologisch noch gar

die man in anständiger Geſellſchaft nicht zu nennen pflegt ; dann bringen die Frauen Lebensmittel herbei , denn jede

nicht befestigen läßt, daß sie ebensogut vor 1000 wie vor

Familie besteuert sich zu dem Picnic nach Kräften .

10,000 Jahren oder noch früher stattgefunden haben kann .

öffnet wird das Fest mit einem Schmause und nach dieser

Ueberhaupt wissen wir nichts weiter als daß sie die späteste

Stärkung beginnen die Tänze. Ungeachtet ihrer vielen Aehnlichkeiten mit den Eskimo, sind die Malemuten hoch

Einwanderung

asiatischer sogenannter Naturvölker nach

Amerika gewesen sei. Whymper, ein Bruder des bekannten Prof. Whymper

Er

und gut gewachsen, und Männer von 6 Fuß unter ihnen keine Seltenheit. Die Frauen sind kräftig, wohlbeleibt

welcher die unglückliche Beſteigung des Matterhornes aus

und aus ihren Gesichtszügen spricht Gutmüthigkeit.

führte, und vor zwei Jahren in Grönland verweilte, konnte

Die Telegraphenbauer konnten sich nicht entschließen Sie erbauten Gruben zum Ueberwintern auszuwerfen.

die Sprachen grönländischer Eskimo vergleichen mit der Die Malemuten sind jener Mundart der Malemuten.

lieber ein Haus mit zwei Zimmern aus Rasenstücken, und

Stamm im Norton - Sund gegenüber der Michaels - Insel, welcher den Verkehr mit den Tschuftschen vermittelt . Jene

da sie mit Holz hinlänglich versehen waren, so bestanden sie glücklich den harten Winter über der Erde und hatten

Sprachen stehen einander außerordentlich nahe , wie sich

nicht die pestartige Luft einzuathmen die immer in den

aus einem längern Vergleich ergiebt, von dem wir hier

Grubenwohnungensich ansammelt.

nur ein paar Proben mittheilen :

Verfasser nicht in Unalatschlit ſondern am Yukon den Win ter zu, doch müssen wir uns seine Erlebnisse und Beob

Malemuten Ich Er Wir Jhr Mann

Sprache Wounga Oona Wurgut Itlepit Inuet

Sprache der grön länd. Eskimo. U-anga Una

Uebrigens brachte unser

achtungen an diesem großen Strome für

eine nächste

Nummer aufsparen. Ehe wir für dießmal von ihm Abschied nehmen, wollen

U- agut Iblet, illipse

wir einige Worte noch hinzufügen über den Werth der Erwerbung Alaska's durch die Vereinigten Staaten. Es

Angut, innuit

Die ethnographische Aehnlichkeit will Whymper auch noch dadurch begründen daß die Schamanen sibirischer

wäre müßig errathen zu wollen was solche unternehmende Geschäftsleute wie die Amerikaner sind, aus einem in un ſern Augen armen Gebiete mit der Zeit herauszuschlagen

Völker, die Angekok oder Zauberpriester der Eskimo, und die Medicinmänner der Rothhäute in allen Zunftgebräuchen

vermögen.

Die Aehnlichkeit bestreiten wir zwar nicht, aber sie hat wenig Beweiskraft für eine gemeinſame Ab kunft. Das Schamanenwesen findet sich auch bei Negern,

wir aber uns an das halten was zur Zeit des Verkaufes bekannt war, so beschränkt es sich auf die Reviere der Pelz

sich ähnlich sind.

Durch Entdeckung mineralischer Schäße könnte

der Besitz zu einem nie geahnten Werth aufsteigen.

Wenn

ist etwas ganz allgemein menschliches , wie Fischfang , Jagd

jäger, auf den Reichthum an Lachsen in den Binnenge wässern, auf die Holznutzung der Wälder und auf das

und Ackerbau , beweist also wenig für eine genealogische Einheit gegebener Racen.

tischen Inseln, welche, beiläufig bemerkt,

Die ebenerwähnten Malemuten in der Umgegend von Unalatschlit bewohnen unterirdische Gruben, in die man durch einen kleinen Tunnel auf den Knieen hineinrutschen muß. Nur das Dach erhebt sich über den Boden, und ist in der Mitte mit einer Deffnung zum Abzug des Rauches versehen. Neben jeder solchen Hütte stehen Stangengerüste oben mit einem kleinen Hause oder Käfig versehen, zu dem man auf einem eingeferbten Baumstamm anstatt einer Leiter hinaufsteigt, und wo man alle Vorräthe beson ders die

Nahrungsmittel vor den gierigen Hunden und

wilden Thieren in Sicherheit bringt. Außer den Fa milien = Wohnungen erbauen die Malemuten größere Räume, die zu Versammlungen sowie zu Tanzvergnü gungen dienen. Lettere finden nur im Winter statt und bestehen aus pantomimischen Darstellungen, durch welche die Bewegungen und Gebärden von Vögeln oder von vierfüßigen Thieren nachgeahmt werden. Beleuchtet wer den die „ Balsäle" mit trüben Thranlampen . Vor dem Beginn der Luftbarkeit machen die jungen Herren Toilette, indem sie sich den Oberkörper mit einer Flüssigkeit waschen !

angebliche Vorkommen von Stockfischbänken vor den alëu ebenfalls Eigen

thum der Vereinigten Staaten geworden sind.

Die Ame

rikaner haben daher einen sogenannten Affectionspreis für Alaska gezahlt und den Russen ein Geschenk in Geld zu kommen lassen. Unser Verfasser deutet sogar an daß die ses Geschenk als eine billige Entschädigung für die Russen betrachtet werden dürfe.

Die Bering- See war nämlich

jeit etwa 20 Jahren und länger schon der Jagdgrund amerikanischer Walfänger gewesen, die niemals an der Küste landeten ohne daß die Eingebornen ihnen Felle zum Tausch brachten. Dieser Handel ließ sich weder verbieten noch überwachen, hat aber der russischen Pelzhandelsgesell schaft völligen Ruin gebracht, wofür sie nun durch den Ankauf Alaska's schadlos gehalten worden ist. Als „ Ge: schäft " betrachtet war also die Erwerbung Alaska's für die Amerikaner eine Capitalsanlage in Großmuth und Gerech tigkeit gegen die Ruſſen.

Das allgem. geograph. Syſtem der Luftſtrömungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß.

Das

allgemeine

Arömungen

und

geographische System die Rauchwolken

der Luft

der Vulcane

als Mittel zu deren Erkenntniß. Noch beſtehender Mangel an Benutzung der vulcaniſchen Rauch säulen für die Erkenntniß der Luftströme in der Atmosphäre. Geographische Ueberſicht der beſtändig oder doch häufig rauchen den Vulcane auf den vier verschiedenen Gürteln des allgemeinen telluriſchen Windſyſtems. —- Grundzüge des telluriſchen Windſyſtems. — Besondere vorliegende Probleme und die Richtungen der vul canischen Rauchwolken wie ſie im voraus zu erwarten ſind.

Von A. Mühry. I. Lange ist die Lehre von den Winden (freilich unzwei felhaft das schwierigste Capitel

in der ganzen Meteo

rologie) und zwar sowohl die Theorie, genauer gesagt, die Mechanik der Winde, wie auch die ganze tellurische Vertheilung derselben, alſo ſowohl die Anemologie wie die Anemographie, unter anderen Ursachen auch dadurch ge hemmt gehalten, daß die einzelnen Winde fast allein in der unteren Schicht der Atmosphäre beachtet wurden , und wenig auch auf deren ganze senkrechte Mächtigkeit Bedacht genommen worden ist. Dieß wird jeder zugeben und bedauern, aber auch zugleich entschuldigen dadurch daß überhaupt die Mittel fehlen um in der oberen Atmosphäre darüber Er fahrungen zu gewinnen . Es soll hier nun, eben zur Zeit wo das Verständniß der Winde und zumal der Stürme mit größtem Eifer betrieben wird, in Erinnerung gebracht werden daß auch die wirklich vorhandenen Mittel noch nicht hinreichend in Benutzung gezogen sind. Zu diesen gehören nicht nur die Beobach

103

Zwei Beispiele werden das Gesagte belegen und auch zugleich anschaulich machen. In einer als vortrefflich an : erkannten Naturbeschreibung der sehr vulcanischen Insel Java (1. Franz Junghuhn, Java, seine Gestalt, Pflanzen decke und innere Bauart, 1852) sagt der Verfaſſer : „Was den sogenannten östlichen Mousson-Wind betrifft, welcher von SO. weht, so ist dieser der SO-Paſſat selbst, ohne Ablenkung ; er weht das ganze Jahr hindurch wenigstens in den höheren über 6000 ' hoch befindlichen Regionen. Deutlich und schön ist dieß zu erkennen an den Rauchwol ken der Krater, 3. B. des Gunung Merápi, 8900' hoch, welche als Meilen lange Streifen durch die Atmosphäre ziehen, und stets, ohne Ausnahme die Richtung nach West oder West Nord-West bewahren, sogar im Januar, wo doch der NW. In jenen Worten und in jenem Bilde Mousson weht." ist sehr viel enthalten, nicht nur local, sondern auch allges Wenn man aber etwa danach erwartet, mein Giltiges. der genannte Naturforscher habe damit auch die allgemeine Bedeutung der vulcanischen Rauchwolken zur Bestimmung der Winde schon aufgefaßt, und werde auch an anderen Orten zu solchem Zwecke sie beachten, so findet man sich darin leider getäuscht. Dieß ergibt sich bei einer späteren Gelegenheit; auf seiner „Rückreise von Java nach Europa" (aus dem Holländischen von Haßkarl, 1852) erwähnt er bei der Einfahrt in das Rothe Meer einen rauchenden Vulcan gesehen zu haben - wahrscheinlich den Dschebel Teir (15° 38′ N , 840' hoch) oder den andern auf der Saddle-Insel (15 ° N , Höhe?) ――――― aber vergebens erwartet der Leser nun, zumal wenn er weiß, wie verwickelt die Windverhältnisse dieser Gegenden sind, hier durch einfache Angabe über die

tungen der Wolkenzüge und der Winde selbst. auf hohen

Richtung der Rauchwolke belehrt zu werden ; davon sindet sich gar nichts gesagt. Wirklich ist dieß bisher kein Gegen

freien Berggipfeln oder in aëronautischen Fahrzeugen, sondern außerdem gibt es noch ein anderes Mittel, das

ſtand der Beachtung gewesen ; er lag der Geologie zu fern, und der Nautik, im wirklichen Sinne des Wortes , zu hoch ;

bisher fast völlig ungebraucht gelaſſen ist, das ist die Be achtung der rauchenden Vulcane, deren Rauchsäulen doch

selbst die besten reisenden Naturkenner schweigen darüber. Jedoch die neuere Meteorologie, welche die ganze tellu

zu einer Zeit immer nur nach einer Seite hin ziehen wer

rische Vertheilung der Meteore als ein zusammenhängendes

den, und so großartige natürliche Windweiser darſtellen. Die Vulcane stehen bekanntlich zerstreut vertheilt ziemlich

Ganze auffaßt und zu verstehen ſtrebt, muß die große Be deutung der vulcanischen Erscheinungen auch in solcher Hinsicht besser würdigen.

über alle Breitegrade bis 71 " N. und 76° S. mit senk rechter Höhe in Stufen bis 21,500 Fuß hoch; nicht wenige

Leider ist es aus dem angegebenen Grunde noch nicht

davon sind beständig rauchend ; aber weder in der Meteo:

möglich auch nur eine kleine Sammlung von bereits vor

rologie noch in der Geologie, welche die Vulcane immer mit Vorliebe behandelt hat, findet man bis jetzt die Rich

handenen Beobachtungen über die Richtung mit welcher die Rauchwolken der Vulcane ziehend gefunden werden ; zu

tung dieser Wolken beachtet, und in der legigenannten Wiſſenſchaft, selbst bei den genauesten Beschreibungen, kaum jemals auch nur angegeben. 2

beſchaffen . Unsere Aufgabe kann nur eine vorbereitende sein, sie kann fürerst auf die Mittel hinweisen welche vor handen sind um das thatsächliche Material zu gewinnen .

1 Dieser Aufsatz ist zugleich eine Fortsetzung früherer, das allgemeine geographische Wind- und Regenſyſtem betreffender Untersuchungen. S. " Allgemeine geographische Meteorologie," 1860 ; „Klimatographische Uebersicht der Erde," 1862, „ Supple ment,“ 1865 ; „Beiträge zur Geo-Physik, “ Heft I, 1863 ; und mehrere Aufsätze in der Zeitschr. d. öſterr. Gef. f. Meteorologie, 1866 bis 1868. 2 Jm allgemeinen wird man dieß sicherlich zugestehen. Auf

Darum beabsichtigen wir hier diejenigen thätigen Vulcane zu bezeichnen welche auf der ganzen Erdkugel zerstreut, dem Besuv ist seit längerer Zeit eine physikalische Warte in Thätigkeit, aber daß in den anerkannt werthvollen „ Annali“ der selben auch die Richtung der Rauchwolken schon berücksichtigt wor den sei, ist wenigstens dem Verfaſſer dieser Zeilen unbekannt ge blieben.

104

Das allgem. geograph . Syſtem der Luftströmungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß.

dazu sich eignen, d. h. solche thätige Krater, welche perma

so natürliche große Windfahnen. darstellen ; von dieſen ſoll

Schwefelwasserstoff enthalten und Schwefel abseßen, und andere, welche vorwiegend Kohlensäure enthalten, jene heißen bekanntlich " Solfataren, " diese Mofetten. " Jedoch

eine geordnete geographische Uebersicht gegeben werden, und

vorherrschend bleibt immer der heiße Wasserdampf; dieser

zwar schon nach deren Vertheilung auf den verschiedenen

wird oft in unglaublicher Menge ausgestoßen und muß

nent oder doch sehr häufig sichtbaren Rauch ausstoßen und

Gürteln des tellurischen Windsystems, und dann soll der

daher wesentlich bei dem Processe betheiligt sein.

Versuch gewagt werden, anzudeuten welcher Richtung die Rauchwolken sein werden, je nach der geographischen Po

höheren Graden der Thätigkeit sammelt sich der heiße

sition, nach der senkrechten Höhe der Krater und nach den beiden extremen Jahreszeiten, wie es im voraus erwartet

Veranlassung gebend zu den furchtbarsten Gewittern. Manch

werden darf aus der Kenntniß des allgemeinen telluriſchen Wind Systems, welches sich schon aufstellen läßt, aber

In den

Wasserdampf über dem Krater in dunkeln Wolken , oft die

mal erscheint er im Sonnenschein in weißer Farbe, ver gleichbar mit Ballen Baumwolle. Erklärlicher Weise muß mit der Höhe der Kratergipfel auch die Temperatur-Diffe

freilich eben noch Bestätigung und Vervollständigung auf

renz zwischen den heißen Dampfmaſſen und der Atmosphäre

solche Weise zu erhalten hofft.

zunehmend werden, und so eher Condensation zu Regen und sogar zu Schnee erfolgen.

II.

III. Zuvor müssen wir kurz uns Rechenschaft geben über die nähere Natur der Objecte, mit denen man es hier zu

Geographische Uebersicht der rauchenden Vulkane, geordnet nach den Gürteln und Gebieten des Wind- Syſtems.

thun hat, welche man in weiter Ferne erblickt, benutzen will als natürliche große Windzeiger ; obgleich damit neues

Es giebt eine Zahl von Vulkanen welche beständig thätig sind, und andere welche zu Zeiten nur schwach rauchen

nicht gesagt werden soll. Das weithin sichtbare Kennzeichen eines thätigen Vul

oder bei denen die Thätigkeit doch nicht immer sichtbar ist,

cans, die aus dem Krater aufsteigende Rauchsäule, besteht entweder nur aus leichten Nebeln die kaum sichtbar in die

und endlich solche wo Zeiten völliger Ruhe vorkommen. Eben bei diesen ungleichmäßig thätigen Vulkanen ereignen

Atmosphäre sich erheben, auch wie eine kleine weiße Wolke

sich vorzugsweise die wirklichen und auch weit heftigeren

über dem Gipfel des Kegels schweben, und dieß ist vor zugsweise heißer Wasserdampf ; oder die Säule ist eine

Eruptionen.

dichtere und dunklere Rauchmasse, welche aufwirbelt bis

der höchste von allen) , und der Sangay ; auf den Philippinen mehrere; in Japan der Asama Yama ; in Europa der

bei einer wirklichen Eruption die ganze Pracht und Maje

Beiſpiele der beſtändig rauchenden sind : auf

dem Aequatorgürtel in Südamerika der Cotopaxi (zugleich

stät der Säule mit Asche (das ist sein zerriebenes Erd

Stromboli und der Volcano ; in Kamtschatka mehrere Berge.

reich), Steinen und Feuerschein, bis zu mehreren tauſend

Für uns sind vorzugsweise brauchbar und beachtenswerth

Fuß hoch (möglicherweise über 10,000) hervorbricht. Zu weilen entwickelt sich der Rauch nicht stätig, sondern tritt

denen zu erwarten ist, daß sie Rauchsäulen als Windzeiger

stoßweise hervor, in einzelnen Ballen oder Wolken.

Dem

ist nun noch hinzuzufügen daß die Rauchsäule nothwendig schließlich nach einer Seite hinziehen muß, folgend dem Zuge in der niemals ruhenden Atmosphäre.

alle diejenigen welche wenigstens häufig rauchen, also von

entlaſſen. Als solche haben wir aufgefunden an Zahl 109 (unter der Gesammtzahl aller Vulkane auf der Erde, von welchen nach den neuesten Lehrbüchern 672 bekannt sind, und unter diesen als noch thätige 270) . Die ſo ſich aus zeichnenden sollen hier kurz aufgezählt werden, um sie der

Was nun die nähere Beschaffenheit der vulcanischen Beachtung verständiger Anwohner, Reisender und Seefahrer Rauchsäulen betrifft, so hat man darin ſich zu denken kaum mehr als die gewöhnlichen Bestandtheile des Erdbodens unter der Gluthhiße zu entsprechenden Formen geändert ; und so ist vor allem vorherrschend der Wasserdampf, außer dem aber von zersetzten Mineralien die Säuren und die Basen in Gasform in sehr veränderlichen Mengen (um sie namhaft zu machen : Hydrochlor- Säure, ſchwefelige Säure, Schwefelwasserstoff, Kohlensäure ; und Sublimationen von Schwefel, Kalium, Natrium, Aluminium, Calcium, Magne ſium ; ferner Blei, Kupfer, Eisen u . a.). Man hat in

zu empfehlen, im Interesse der Anemologie. 1. Im Calmen- oder Aſcenſions-Gürtel 5º N. bis 3º S. Die Lage und die Breite des Calmengürtels nehmen wir an zwischen der fünften Parallele der Nordhälfte und der dritten Parallele der Südhälfte, nur wenig mit dem Jahreslaufe des Sonnenstandes fluctuirend, aber nicht etwa weithin in höhere Breiten diesem folgend. Diese Beſtim mung der Lage beruht auf einer Sammlung überein. stimmender Aussagen, den Umkreis der Erde entlang ; nur

dessen einige Unterscheidungen zu bemerken , welche mehr die

auf der östlichen Seite des atlantischen Meeres und auch

geringeren Grade der Erscheinung betreffen.

Der geringste

nahe der Westseite Amerika's findet sich der Calmengürtel

Grad vulcanischer Thätigkeit besteht nur in der Entwicklung

nördlicher liegend, indeß nur in Folge der kühlen von

von Dämpfen und Gasen verschiedener Art.

Im allge

meinen nennt man alles vulcanische Gerauche „ Fumarolen ; " aber besonders unterſcheidet man darunter diejenigen welche

1 In C. W. Fuchs's die vulkaniſchen Erscheinungen der Erde 1865, findet man eine beträchtlich größere Sammlung als in Humboldts Kosmos.

Das allgem. geograph. Syſtem der Luftströmungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß.

105

Süden herkommenden antarktischen Meeresströmungen , und wahrscheinlich gilt dieß nur für den unteren Theil der

Mittel Gürtel. Damit beginnen wir unsere Aufzählung der rauchenden Vulkane.

Winde, (in der That, der Barometerstand scheint nicht

wird die Lage angenommen zwischen 3º N. und 3º S.;

In Süd- Amerika. Auf dem Festlande stehen hier auf der Andenkette die höchsten Vulkane der Erde, in Colum bia (ehemals Neu Granada) und in Ecuador, nämlich :

und auf dem indischen Archipel wie auf den großen Con

der Tolima (4° 16'N. ) , faſt 17,000 ' hoch, schneebedeckt, seit

tinenten, Afrika und Amerika, wo die Frage am ſichersten

Ende des vorigen Jahrhunderts stößt er beständig Dampf

sich beantworten läßt, ergiebt sich, wie gesagt, der Calmen:

aus ; der Purace unweit Popayan (2º N.), 13,650 ′ hoch, dampft fortwährend ; der Cumbal (0° 55′ N.), 14,600'

Theil daran zu nehmen). Auf dem pacifiſchen Ocean aber

gürtel, mit nur geringer jährlicher Schwankung, zwischen 3º S. und 5 N. Die Zeugnisse dafür gehören zu den Ent deckungen welche erst in neuester Zeit, mit dem ersten Be schreiten der continentalen Aequatorialgegend von Euro: päern, zumal in Afrika, gewonnen wurden. Der Gürtel mit

hoch, mit Schnee bedeckt, hat mehrere dampfende Krater ; der Pichincha (0 °), 14,900 ′ hod) ; der Cotopaxi ' ( 1º S.) , 17,700' hoch, der höchste aller rauchenden Vulkane, ist seit

der allgemeinen Ascensions- Strömung scheint es wird nicht

dem Ausbruch im Jahre 1742 in beständiger Thätigkeit : der Sangay (oder Macas), (4° S.), 16,200' hoch, ist unab.

allein bestimmt durch den Gürtel der höchsten Temperatur,

lässig dampfend (streng genommen liegt er schon außerhalb

sondern auch der stärksten Erdrotation .

teren des Calmengürtels gehören, in Folge der Aſcenſions

des Calmengürtels im südhemiſphäriſchen Paſſat - Gebiet, nach unserer Annahme). Außerdem sind hier noch zu

Strömung, das Fehlen des Passatwindes beider Erdhälften

bezeichnen der Azufral am Rio Fragua ( 1 ° 47 ′ N. ) , der

anstatt dessen ruhige Luft, welche aber zu Zeiten unter den Schatten der Gewitterwolken local stürmische Bewe

Páramo de Ruiz (4° 47′ N.) . Jene genannten Vulkane würden also die von uns angenommene Breite des Cal men oder Ascensions Gürtels gerade ausfüllen , nämlich von 3" S. bis 5º N., vom Sangay bis zum Páramo de

Zu den Charak

gungen und aus verschiedenen Richtungen erfahren kann, ferner anhaltende Regenzeit, in allen Monaten, welche aber im Jahre

zwei Culminationen zeigt zur Zeit der

Ruiz,

und sie sind sicherlich werth der Beachtung im

Aequinoctien, und zwei Remissionen zur Zeit der Solſti tien ; damit sind verbunden ein Wolkenhimmel und ein

bezeichneten Sinn empfohlen zu werden . An der Westseite von Süd - Amerika sind noch nennens

breiter Waldgürtel längs dem Aequator.

werth gerade auf dem Aequator zwei nicht bedeutende hohe

Ein besonderes

Kennzeichen ergiebt sich eben aus dem Waldgürtel, denn da dieser die Wirkung der Regen ist, so fehlt die Waldung an der Weſtſeite von Gebirgszügen, welche im Paſſat- Gebiete liegen, weil die Lehseite auch des Regens entbehrt, aber sie fehlt nicht im zwischenliegenden Bereiche des Calmen gürtels, weil hier auch der Regen nicht fehlt, wo es weder Paſſatwind-Seite noch Lehſeite giebt. Dieses Kennzeichen findet sich an der Westküste sowohl Amerika's wie Afrika's, und

Krater auf den Galápagos-Inseln (0º S. und N.) . In Süd - Afrika.

Nahe der Westküste auf der Insel

Fernando Po (4º N.), der Clarence Pik, 10,700 ' hoch, läßt zuweilen Feuerschein bemerken . Auf dem Festlande nahe der Küste der Camerun : Berg (4° N.), 13,700 ' hoch, hat wenigstens eine Solfatara. Im malayischen Archipel.

Auf Sumátra der

Gunung Dempo (3º 54' S.), über 11,000 ' hoch, raucht

zwar sehr deutlich, indem die trockene, wüstenähnliche, schmale

unaufhörlich; der G. Indrapura, der höchste Berg auf

Küste der Süd-Hemiſphäre faſt plöglich übergeht, bei 3º S. ,

Sumátra,

in regenreiches und üppig mit dichter Waldung grünendes Gebiet, obwohl die Configuration der Küste dieselbe bleibt,

Auf den Molukken :

nämlich das westliche Gehäng eines Gebirgszuges. Freilich die Gränzen noch genauer zu bestimmen, das ist eben die

thätig.

Aufgabe, zu deren Lösung die rauchenden Vulkane uns

ein thätiger Vulkan.

behülflich sein sollen, indem wir daraus erkennen werden

raucht

beständig ; der G.

Merápi

(1º S. ) ,

8900' hoch, ist der thätigste Vulkan auf der großen Insel. auf der Insel Lino der G. Api (2° 43′ N. 123º D.) , sehr hoch, seit dem Jahre 1712 sehr An der Nordküste von Neu- Guinea (2º S.), steht

ob und wie weit in der Höhe der SD. oder aber der NO.

II. Im Gebiete der übereinander fließenden Passate. 1) Auf der Nord - Hemisphäre 50 bis 270 N.

Passat noch herrscht, oder im Zwischenraume feiner von

In Amerika.

beiden permanent, und wie weit die Ascensions Strömung in der Höhe ungestört sich kundgiebt, wahrscheinlich mit einer Tendenz nach West, und wie auch variable Winde, bei Gewitterregen darauf einwirken, oder wie sonst in großer Höhe dort die Luftströmungen sich verhalten.

Glück

licherweise findet sich eine nicht geringe Zahl von Vulkanen, und darunter eben die höchsten der Erde, eben auf dieſem

1 Nähere Nachweise findet man in einem Aufsatze, „ Ueber die Lage und die Theorie des Calmengürtels auf den Continenten," in Zeitſchr. der österr. Gesch. f. Meteorologie, 1869. Ausland. 1868. Nr. 5

In Mexico stehen mehrere rauchende Vulkane : der Tuxtla (18° N. 97° W. ), 5100 ' hoch, südlich von Veracruz , hier der einzige nahe der Küste ; der Pico von Drizaba (19 ° N.), 16,600' hoch, das Gehäng ent läßt Schwefeldämpfe ; der Popocatépetl (18° N. ) , 16,700' hoch, aus den Kratern des Gipfels steigen Schwefeldämpfe. In Central Amerika ( 100 bis 16° N. ) findet sich der Socomosso (15° N.) , zeitenweise rauchend ; der Amilpas raucht wenig ; der Sapotitlan ( 15 ° N.) und der Taja

1 Der Zug der Rauchwolken des Cotopaxi wurde bereits be obachtet von Moritz Wagner. S. Ausland 1866 S. 529. D. R. 15

Das allgem. geograph. Syſtem der Luftströmungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß.

106

wirft mehrmals jährlich

aus, und hat

mulco sind beide beständig thätig ; der Atitlan ( 12 ° N),

tur, 6700' hoch,

11,750

Vi

beständige Solfataren ; der G. Merápi, 8940' hoch, der

cente stößt anhaltend Rauch und Dampf aus seit dem

Kegel ist immer in dichte Dampfwolken eingehüllt ; der Lamongang, 4500 ' hoch, steht in fast ununterbrochener

hoch , ist fortwährend rauchend ; der San

Jahre 1825 ; der Viejo (10° 43 ′ N.) ist stetig rauchend ; der Miravalle ist zuweilen rauchend ; der Turrialba (10° N.) , 9300 ' hoch, entläßt Dampf und Asche. Auf den westindischen Inseln kann vielleicht eine vulkanische Thätigkeit angetroffen werden auf St. Vincent ( 14º N. ), in 4700′ Höhe ; oder auf Martinique (14º N. ) , in 4400 ′ Höhe ; oder auf Guadeloupe (16° N.) in 4500' Höhe. In Nord - Afrika. An der Ostseite soll im südlichen. Abessinien, in Schoa, unweit von Ankòber (9º N.) ein Vul kan beständig rauchen. Im rothen Meer wird auf einer

Thätigkeit.

Auf Neu- Guinea ist auf 5º S. (?) an der

Westküste ein beständig rauchender Berg sichtbar. In Australien sind auf dem Festlande keine rau chenden Vulcane zu nennen . In Polynesien. Auf Neu- Britanien (5º E., 150° D.) werden dampfende Berge gesehen. Auf einer der Salo mons-Inseln (8º S. ) soll ein hoher Berg beständig Dampf ausstoßen, vielleicht auf der Insel Guadalcanar. Auf der Insel Santa Cruz ( 100 165" D. ) der Tinakoro, 200 ' hoch.

Insel ein Krater angegeben, der Dschebel-Teir ( 15° N. ) 840′ hoch ; und ein anderer auf der Saddle-Insel, beide noch

Auf den Neu-Hebriden (19° E., 169° D. ) ist ein Vulcan

rauchend.

brym (16° 15' S. , 168" 28 ' D. ) aufsteigenden Rauch.

In Asien.

Auf der Südküste Arabiens, in Hadra

maut, soll ein Vulkan, der Bir Bahut, wenigstens noch thätig sein. Im malayischen Archipel.

Auf den Philippinen,

auf der Insel Luzon steht der Taal ( 14º N. ,

118º D. ) ,

beständig rauchend ; daselbst ist der Ambil ( 13 ° N), unfern

stets thätig, 430 ′ hoch ; auch nördlich davon zeigt der Am Auf

den Freundschafts- Inseln ist der Tofua (22º S.) in dauern der Thätigkeit. III. Rauchende Vulcane auf dem Subtropen-Gürtel. 1. Auf der Nord - Hemisphäre , von 250 bis 370 bis 440., in Asien bis 500 N. In Amerika ist auf diesem Gürtel fein thätiger Bul

von Manila, seit lange in Thätigkeit und in der Nacht leuchtend, so daß er als natürlicher Leuchtthurm dient ; weiter nördlich, auf der Insel Cominguin (18° 54' N.,

can namhaft zu machen, doch ist vielleicht im südlichen

.) dient gleichfalls ein Vulkan als Leuchtthurm. In Polynesien. Auf der Mariannen-Insel Aſſun

(28° N.) 11,400 ' hoch, entläßt beständig mehr oder weniger

119° 32 '

cion (190 N., 145º D. ) steht ein sehr thätiger Vulcan. Auf der Sandwich- Insel Hawai ist der Mauna Loa (22º

Rauch. In Europa.

Auf den Azoren der Pico alto (37"

N.), 7000' hoch, ist der eigentlich thätige Krater der Gruppe. In Italien sind vier rauchende Vulcane zu nennen ; der

N.), 12,900 ′ hoch, beſtändig rauchend. 2. Auf der Süd -Hemisphäre , 30 bis 270 S.

In Süd - Amerika.

Californien der de las Virgines (27° 9 ′ N. ) dampfend. In Afrika. An der Westseite, der Pico de Tenerife

Vesuv (410 N.), 3780' hoch, ist fast ununterbrochen thätig ; der Aetna (38" N. ) , 10,200' hoch, ist ein rauchender Vul

Hier ist noch einmal zu nennen

can ; der Stromboli (39º N. ) 2770′ hoch, ist unabläſſig

der Sangay (4° S. ) , 16,200 ′ hoch, und außerdem nur der Hlascar, in Atacama (24" E. ), seit 1848, thätig.

activ, und so auch der Volcano, 1220' hoch. In Asien. In Nord-Persien der Demavend (35 " N.,

In Süd - Afrika.

An der Westküste steht bei Loanda

(8º E.) in Angola der Zambi (10° entläßt zu Zeiten Feuer und Rauch ;

), 10,700 ' hoch, und auch wird genannt.

der das Ambas bei Pungo Andongo (8° C), öfters rau chend (vielleicht ist er identisch mit jenem) . An der Oſt auf den Comoren-Inseln

52º D.) , 13,700 ' hoch, von Zeit zu Zeit rauchend. Central Asien,

J!!

nördlich vom Thian Echan Gebirge, der

Boschan (42º N. ) soll stets Feuer und Rauch ausstoßen (doch ist der Vulcanismus im Innern Asiens in neueſter Zeit zweifelhaft geworden) ; der Turfan (42º N.) soll bestän

(12 ° S.), der Ngazia soll alle drei oder vier Jahre eine

dig rauchen und bei Nacht leuchten. Im südlichen Japan, auf Nippon, der Aſama Yama (36° 12 ′ N. 126º D. ) ist

Eruption haben ; auf der Insel Bourbon (21º S.), in 7500' Höhe brechen zweimal jährlich regelmäßig Lava

seit der Eruption im Jahre 1742 immer thätig ; der Fusi (34 N.), 11,600 ' hoch, Schnee tragend, ist der thätigste ;

ströme hervor.

auf der Insel Kiuſiu der Unsen (31º N.) iſt ſeit Jahrhun derten thätig.

seite sind Inseln zu nennen ;

Im malayischen Archipel. Auf Sumatra ist hier noch einmal der schon im Calmengürtel genannte Gunung Dempo anzuführen, weil er vielleicht schon außerhalb der angenommenen südlichen Gränze des Calmengürtels steht, 3º 54' ., 11,000 ' hoch, unaufhörlich rauchend. Auf Timor (9º S. ) steht ein leuchtender Vulcan welcher den Schiffern als Wahrzeichen dient. Auf Bali (8º E. , 1150 O.) ist der G. Batoer, stets rauchend. Auf Java (7º S.), wo über hundert Vulcane sich erheben, der Gunung Gun

Im großen Ocean.

Hier ist noch einmal zu nen

nen auf der Hawai-Inſel (22ºN. ) der Mauna Loa, 12,900 ' hoch, weil er auf der Zwischengränze des Subtropen- und des Tropengebiets sich befindet . 2. Auf dem südhemisphärischen Subtropen - Gürtel. 250 bis 400 S. In Amerika. In Chile, der Ramagua (24º S. ) iſt in beständiger Thätigkeit ; der Chillan (36° . ) , 16,000,

Merkwürdiger Fund von riesigen dunkelschwarzen Bergkrystallen in der Schweiz.

hoch, ist umgeben von Solfataren ; drei andere stets thä tige Vulcane finden sich auf 36º S., der Maypù , 12,000ʻ hoch, der Peteroa, immer dampfend, und der Antuco, 8370' hoch, fortwährend dampfend und ungefähr alle zehn Minuten gewaltige Rauchwolken ausstoßend. Der Villa: ), 15,000 ' hoch, in beständiger Eruption. rica (39º In Afrika , ist hier kein rauchender Vulcan zu nennen.

107

nebst einigen uns zu Gebote stehenden schriftlichen Mit theilungen zu der folgenden vorläufigen Nachricht. Aus führlichere Abhandlungen darüber werden Edm. v. Fellen. berg-Bonstetten und Apotheker Lindt nächstens in natur wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichen.

Die ausgezeichnetsten Exemplare jener Bergkrystalle

Neu- Amsterdam Insel (38 ° S. ,

waren in den beiden lezten Monaten von 1868 bei dem Hrn. Altgroßrath Bürki in Bern zur Ansicht des Publi

78" D.) 2760′ hoch, periodisch erscheinen Dampf- Exhala tionen.

cums ausgestellt. Derselbe hatte sie erworben und für das Universitäts- Museum zu Bern bestimmt, in welchem sie sich

Im indischen Meer.

In Australien ,

auch hier ist auf dem Festlande

wahrscheinlich jest befinden.

kein rauchender Berg zu nennen. In Polynesien. Auf Neu- Seeland, auf der nörd

Jedem dieser riesigen Berg krystalle, sämmtlich prachtvolle Morione, hat man einen besonderen Namen gegeben, so wie es auch wohl bei sehr

lichen Insel ist der Tongariro (39 ° S. , 176º D. ) , 6500' hoch, ein thätiger Krater, er ist im Zustande einer Solfa tara, soll aber von Zeit zu Zeit Asche auswerfen. An

kostbaren Diamanten üblich ist. Der " Großvater" ist 267 Pfund schwer, 69 Centimeter hoch und hat 122 Centimeter im Umfang : ein wahrer

der Nordküste steht der Insel Vulcan Whakari (38º E. ), fortwährend dampfend. (Schluß folgt.)

der ganzen Sammlung. Der „König, “ 255 Pfund schwer, 87 Centimeter hoch, 100 Centimeter im Umfang : ebenfalls

Patriarch von einem Morion, das hervorragendſte Stück

ein majestätisches Stück von etwas schlankerer Gestalt als jenes. „Karl der Dicke, " 210 Pfund schwer, 68 Centimeter hoch und an seiner Basis 110 Centimeter im Umfang: von etwas schwerfälligerm Aussehen.

Der

Zweispit Fellen

Merkwürdiger Fund von riesigen dunkelſchwarzen Bergkrystallen in der Schweiz.

berg " 134 Pfund schwer, 82 Centimeter lang und von 71 Centimeter mittlerem Umfang : es ist ein an beiden

Der ausgezeichnetste Fund ungemein schöner Bergkrystalle von sehr bedeutender Größe ist jüngst am Tiefengletscher in der Schweiz gemacht worden. Das Auffinden und Auf

ches nirgend aufgewachsen war und sich gleichsam schwe

Enden mit seinen Pyramiden zugespistes Exemplar, wel

bend gebildet haben muß.

Die Zwillingskryftalle „ Castor

und Pollux, “ der erste 125 Pfund schwer, 71 Centimeter

schließen von größeren Höhlen, sogenannten Kryſtallkellern, welche in ihrem Innern mit prachtvollen riesigen Berg krystallen tapezirt sind, kommt selten vor. Solche Wei

hoch, im Umfang 77 Centimeter ; der zweite 130 Pfund

tungen finden sich im höchsten Urgebirge,

„Präsident," 64 Pfund schwer.

meist

unter

Gletschern und mächtigen Firnmaſſen, und nur ſehr mühsam und mit Lebensgefahr sind sie aufzusuchen und auszuge winnen. Kleinere Höhlen oder Drusen mit Bergkrystallen

schwer, 72 Centimeter hoch, 84 Centimeter im Umfang. Der Der

Jüngling, " ausge

zeichnet wohlgeſtaltet, schlank. Der „ Arm“ 39 Pfund schwer. Noch andere sind ungenannt.

Ueber die Auffindung dieser mineralogischen Schäße

von gewöhnlicher Größe finden sich schon ziemlich oft in den Felsen von Granit und verwandten Gesteinen. In

folgendes. Die Führer Peter Sulzer, Vater, und deſſen Sohn Andres, hatten . im Herbst 1867 den Uebergang

geschichtlicher Erinnerung lebt noch der Fund eines be

über den Tiefensattel vom Rhonestock aus zu Stande ge

rühmten Krystallkellers, welcher im Jahr 1710 am Zinken

bracht, und fanden beim Niedersteigen über den Tiefen

stock entdeckt wurde, und die größten Krystalle enthielt, welche noch in manchen bedeutenden Mineraliensamm

gletscher in der südlichen Thalwand ein mächtiges Quarz band in dem Granitfelsen. Zu dessen näherer Untersuchung

lungen aufbewahrt werden.

blieb ihnen aber keine Zeit.

Dieser ältere Fund steht aber

in der Schönheit seiner großer Krystalle gegen den neuern vom Tiefengletscher bedeutend zurück ; denn die hier gefunde nen Bergkrystalle sind meiſt dunkelschwarz, nämlich die seltenen sogenannten Morione, und nur wenige Exemplare ziehen.

Vierzehn Tage später gelang es dem fecken und klettergewandten Andres Sulzer mit

Lebensgefahr zu dem Quarzbande zu steigen, und bis zu einigen kleinen rundlichen Löchern in demselben vorzudringen . Er untersuchte die Löcher, welche in einen dunkeln Hohle

sich ins Braune und Rauchgraue (sogenannte Rauchtopaſe).

raum zu führen schienen ; er klaubte einige Stücke dunkeln

Dabei erscheinen die riesenhaften Krystalle in der vollendetſten

Diese

Rauchquarz hervor. Erst im Laufe des Jahres 1868 wurden die Arbeiten auf dem Quarzbande wieder auf genommen von Andres Sulzer, Caspar Bürki, Lehrer Ott

neue Entdeckung ist auch bereits vielfach in schweizerischen

und J. Weißenbach, alle aus Guttanen, doch Anfangs

Tageblättern besprochen worden, und ebenfalls hat sie den

ohne Erfolg.

Ausbildung ihrer Flächen, Kanten und Ecken, und mit dem prachtvollsten Glasglanze und Spiegel der Flächen.

Gegenstand eines Vortrags in der Akademie der Wiſſen schaften zu Paris gebildet. Wir benutzen dieses Material

Sulzer und Bürki, beide kühne Strahler (jo nennt man die Bergkrystallsucher in der Schweiz), fletterten an der etwa 95 Fuß hohen senkrechten Felswand

Merkwürdiger Fund von riesigen dunkelschwarzen Bergkrystallen in der Schweiz.

108

herauf, und fanden nur kleine klare und rauchgraue Berg

Mehrere Bohr

und daß jedes Pfund Bergkrystall mit 12 bis 15 Fran fen bezahlt worden sei. Es hieß sogar daß alles be reits verkauft wäre. Diese Gerüchte schadeten den Be

löcher wurden vergebens in derben Quarz getrieben, ein

ſißern sehr, man hielt die ganze Sache entweder für un

Einblick in die Höhle war aber nicht zu gewinnen.

wahr oder in den Forderungen so übertrieben daß kein Mineraliensammler darauf reflectirte.

krystalle, zugleich aber auch etwas rothen Flußspath, wel cher jene oft in diesem Gebirge begleitet.

Die

Strahler entschlossen sich ungeachtet des eingetretenen starken Regens, Schneegestöbers und Sturmes auszuharren, und am andern Morgen die Arbeit wieder fortzusehen.

Die

Nacht wurde auf kleinen Vorsprüngen vor dem Loche zu gebracht, unter ihnen der Abgrund, über ihnen die gefähr liche Fluh ; die ganze Nacht dauerte der Sturm fort, so daß die armen Leute am andern Morgen halb erſtarrt und durchnäßt waren als sie die Arbeit wieder mit dem Bohren eines neuen Loches anfingen. Der Schuß warf aber das Gestein nicht mehr nach außen, sondern in die Höhle, und den erstaunten Blicken der Strahler zeigte sie sich weit in das Innere eingehend dar. Sie war bis einen Fuß unter ihrer Decke mit Schutt er füllt, den die glücklichen Strahler wegräumten. Die weg gesprengte Deckplatte bestand aus verwittertem Granit und grauem und weißem Quarz.

In einiger Tiefe erschienen

in schwarzer Erde und Chloridsand eingehüllt glänzende rabenschwarze Krystallflächen . So war der Schaß gefunden, er bestand aus riesigen prachtvollen Morion - Krystallen. Sie wurden sorgsam aus der Höhle herausgehoben. Gleich Anfangs fanden sich Exemplare von bedeutender

Hr. Fr. Bürki aus Bern sah indeß die Prachtkrystalle in Oberwald, suchte das Beste daraus aus und machte. darauf ein Angebot, welches jedoch, bei der übertriebenen Meinung der Besizer von dem Werthe, zu keinem Resultat führte.

Nachdem aber im Laufe des Octobers zwei der größten Krystallschleifer und Händler von Jdar (bei Ober

ſtein an der Nahe) und von Paris Angebote unter der Hälfte des Bürkischen gemacht hatten, wurde das letztere für die unbeschränkte Auswahl der Krystalle angenommen . Ein Artikel über den Fund in der Berner Zeitschrift : Die Sonntagspoſt " schließt mit den Worten : „ Es ergab ſich daß außer den herrlichen Exemplaren, deren sich jezt, Dank der unermüdlichen Sorgfalt und Thätigkeit Hrn. Fr. Bürki's, Bern rühmen kann, von dem gleichen Funde noch an guten Cabinetsstücken so viel vorhanden ist daß alle Museen Europa's, wenigstens die hauptsächlichsten, mit Morionen von nie gesehenen Dimenſionen und nie geahn ter Spiegelflächen ፡ Schönheit versehen werden können . Außer den zehn Centnern welche nach Bern gekommen

Es wurden von den Findern an

sind, besißen die Wirthe Huber und Rufibach circa zehn Centner ausgezeichnete Cabinetsstücke ersten Ranges in Guttanen selbst, und circa sieben Centner in einem beson Unter diesen sind einige ein: dern Keller in Oberwald.

zwanzig Centner Bergkrystalle, zum Theil in Säcke gewickelt, an einem Seile die Felswand heruntergelassen, und zu

und zweicentnerige und mehrere kleinere Krystalle von kohlrabenschwarzer Farbe vollkommen gut erhalten und mit

meist über die Bählenlimmi, den Rhonegletscher und das

spiegelnden Flächen. Die große Menge der Guttaner, an deren Ausschuß man sich zu wenden hat (Melchior Fahner

Größe und Gewicht. Alle Krystalle lagen lose kreuz und quer über und durcheinander, bald mit der Zuspißung nach unten, bald nach oben.

Nägelisgrüttli, unter fast unmenschlicher Anstrengung nach der Grimsel geschleppt, wo mehrere mit Lasten von einem oder anderthalb Centner nach achtstündigem Marſch halb todt anlangten . Ende August verbreitete sich die Kunde von Rechts ansprüchen welche der Staat von Uri gegen das unberech tigte Strahlen (Gewinnen von Bergkrystall) auf seinem Gebiet machen wollte. Es soll auch ein urner Landjäger nach Meyringen gekommen sein und beim Regierungs statthalteramt verlangt haben daß von Bern aus den Strahlern das Handwerk gelegt werde. Als Antwort dar auf zog nun alles, was in Guttanen Arme und Beine hatte,

mit Schaufeln, Hämmern,

Geräthe nach dem Schat.

Seilen und

anderm

In den ersten Tagen Sep

tembers räumten diese Leute die ganze Höhle aus und schafften mit großer Mühe 200 Centner Bergkrystall nach Oberwald.

Als nun die Guttaner im Besitze des ganzen Schaßes waren, entstand die Frage seiner Verwerthung . Der

oder Caspar Fischer) beſihen noch in Oberwald, neben 130 bis 150 Centnern Schleifwaare, noch circa 30 Centner Cabinetsstücke, wovon zwei außerordentlich schöne (ersten Ranges) und bei 50 Stück kleinere bis ein Pfund herab, alles vollständige Krystalle, mehr oder weniger verlegt, wie es die schwierige und etwas übereilte Ausbeutung mit sich bringen mußte, jedoch wohl zur Hälfte Exemplare von einer Farbe und Größe, wie sie noch nirgends in einem Museum Europa's existiren. „Darum auf, ihr Museen und Cabinette des stolzen Zürich und reichen. Basel , schickt jemand hin nach Oberwald und wählt aus, bevor euch die großen europäischen Cabinette das Schönste vor der Nase wegnehmen. " Nach den Verhand lungen in der Pariser Akademie hat man auch bereits zu dem lettern aufgefordert. Nach brieflichen Nachrichten ver: kauft man die kleineren Exemplare zu sieben Franken das Pfund. Wir erwähnen noch wie Hr. Lindt die Krystallhöhle nach

Fremdendurchzug hatte nahezu ein Ende, nur wenig wurde noch verkauft. Die Zeitungen hatten aber von Hundert

ihrer Ausgewinnung beschreibt. Sie war völlig ausgeräumt,

tausenden gesprochen welche bereits daraus erlöst wären ,

den aus Quarz, auf welchem die Morionen aufgeſeſſen hatten .

trocken, der Boden mit Schutt bedeckt, alle Wände beſtan:

Die Servische Befestigung Roms.

109

Die Höhle war 18-20 Fuß lang, 12-15 Fuß breit und

Dimensionen genau meſſen.

5-6 Fuß hoch, nach hinten abnehmend. Nur ein Kryſtall von einem Viertel Pfund Gewicht wurde noch aufgefunden.

archäologischen Institut zu Rom mit der Vermeſſung und

Der Unterzeichnete wurde vom

Nach der ganzen Schilderung muß sich der Krystallkeller in

Aufnahme dieser ehrwürdigen Reste beauftragt. Nachdem W. Henzen in der feierlichen Sitzung des archäologischen

einem Quarzgange

Institutes am 26 April 1862 auf die hohe Wichtigkeit

befunden haben welcher den Granit

durchsetzt.

dieser Entdeckung aufmerkſam gemacht und meine Aufnahme vorgelegt hatte, publicirte id), in Gemeinschaft mit E. Pin der, meine Untersuchung in einer Abhandlung „ Gli avanzi dell'aggere e del muro di Servio Tullio, scoperti nella Die Servische Befestigung Roms .

Villa Negroni in Bd . XXXIV der Annali dell' Instituto archeologico di Roma.

Von K. Bergau.

Während des Winters 1865-66 endlich habe ich alle Die alten griechischen und römischen Schriftsteller (be sonders Dionys v. Halicarnaß und Livius) erzählen uns daß der halb sagenhafte König Tarquinius Priscus be

echten oder zweifelhaften Ueberreste der servischen Umfaſſungs : mauer einer eingehenden Untersuchung unterzogen, sie unter einander und mit den Mauern anderer alten Städte La

gonnen habe die Stadt Rom mit einer Mauer zu umge ben, und daß nach seinem gewaltsamen Tode Servius

tiums verglichen, habe die Terrain-Verhältnisse der Stadt

Tullius das große Werk durch den berühmten Wallbau

Rom genau studiert, und bin dann unter Zuhülfenahme

auf der Ostseite der Stadt, und damit die erste Gründung der Stadt Rom als Stadt vollendet, das Rom der Welt

der betreffenden Nachrichten der alten Autoren zu völlig neuen Reſultaten gekommen , welche mit allen andern be

geschichte geschaffen habe.

glaubigten Nachrichten über diese Zeit in bester Ueberein

Die modernen Topographen Roms, besonders Nibby Bunsen, Becker u. a. haben sich mit Vorliebe mit der Er

stimmung sind, und über viele andern Verhältnisse neues

forschung dieser in der That sehr wichtigen Befestigung, des

dem Titel „ die Befestigung Roms durch Tarquinius Pris. cus und Servius Tullius" in Bd. XXV des Philologus

Ganges der Mauer, der Zahl und Lage der Thore der selben beschäftigt, haben großen Scharfsinn angewendet, ohne zu einem ſichern Resultat gekommen zu sein. Reste der Ringmauer (mit Ausnahme eines Theils des Walles

Licht verbreiten.

Diese lettere Untersuchung habe ich unter

(Göttingen 1867) publicirt. Die Resultate dieser Untersuchung sind vielleicht auch für die Leser dieser Blätter nicht ohne Interesse.

des Servius Tullius) waren nicht bekannt, und die Be

In uralter Zeit, die sich chronologisch nicht bestimmen

schreibungen der alten Autoren reichten für eine Recon Im Jahr 1843 sagte Becker:

läßt, lag eine kleine Stadt auf dem palatinischen, eine Als beide sich zu zweite auf dem quirinaliſchen Hügel.

„Die Nachweiſung des Ganges der Mauer gehört jezt zu

Einer Stadt vereinigt hatten, wurde der tarpejische Hügel,

den Unmöglichkeiten, " und zehn Jahre später beschreibt Schweg ler ihn nur nach " Muthmaßungen. " Diese verdienstvollen

ein Ausläufer des Quirinal, die gemeinsame Burg (Capi tol). Später entstanden andere Städte auf dem Cälius

Gelehrten konnten das Richtige nicht finden, weil sie die

und dem Aventin.

Beschaffenheit der Mauer, ihre Conſtruction nicht kannten,

Thäler, meist Sümpfe getrennten Hügel bildete eine kleine

darüber zum Theil auch nicht ernstlich nachdachten.

befestigte Bergstadt für sich.

struction derselben nicht aus .

Nie

buhr hatte schon das Richtige angedeutet. Abeken hatte die sehr ähnliche Befestigung anderer Bergstädte Latiums beschrieben.

Aber man machte nicht den richtigen Gebrauch

von diesen Andeutungen .

Canina gab eine durchaus will

kürliche, ganz falsche Restauration, welche auch noch der neueste Geschichtschreiber Roms, A. v. Reumont, für rich

Jeder dieser gesonderten , durch tiefe

Sie waren theils durch die

von Natur schroffen Felswände (Capitol),

theils durch

Futtermauern, welche die natürlichen Felswände erſeßten (Palatin), gegen feindliche Ueberfälle geschüßt, und immer nur durch Ein Thor, mittelst eines Clivus, zugänglich. Der König Tarquinius Priscus, dem man auch die Aus trocknung der Sümpfe durch Anlage der Cloaken und den

tig hält.

Bau der steinernen Quai Mauer am Velabrum zuschreibt,

Unsere Kenntnisse von der Beschaffenheit der servischen Befestigung traten aber in ein neues Stadium, als im

soll es zuerst unternommen haben diese fünf, unter der

Jahre 1852

am Fuße des Palatin Reste der ältesten

mit einer gemeinsamen Mauer zu umgeben, d. h. er ver

Befestigung der palatinischen Stadt , der sogenannten Darauf Mauer des Romulus ausgegraben wurden.

band die ältern Befestigungswerke der einzelnen Hügel mit

folgten dann die Entdeckungen anderer Mauerreste am

zur Vollendung des Ganzen , zur Schließung des großen

Aventin und Quirinal . Im April des Jahres 1862 end: lich wurde, gelegentlich der Anlage des Central- Bahnhofs

Mauer-Rings, den gewaltigen Wallbau mit Mauer und

für Rom, der Agger des Servius Tullius in der Villa

Terrainverhältnisse den Angriffen der Feinde am meisten

Negroni durchstochen. Man fand dort die Futtermauer, welche den Wall stüßte, und konnte den Wall in seinen

ausgesetzt war, und zog aus fortificatorischen Rückſichten

Autorität der palatinischen Römer verbundenen Städte

einander.

Sein Nachfolger Servius Tullius aber baute

Graben auf der Ostseite der Stadt ,

welche durch die

auch die noch nicht bewohnten Bergrücken Esquilin und

Die Chippeway-Indianer des Mackenzie-Flusses und ihre Naturproducte.

110

Viminal mit in die Stadt hinein. Durch den großartigen Wallbau des Servius Tullius, den man auch zur Zeit

oder Peperin von etwa 2 Fuß Höhe und der doppelten Länge ohne Mörtel hergestellt.

der Erbauung des Colosseums noch mit Staunen betrach.

Das Princip der Servischen Befestigung ist also we sentlich verschieden von dem der acht Jahrhunderte später aufgeführten Aurelianischen Stadtmauer.

tete, wurde die Unternehmung des Tarquinius Priscus im Gedächtniß der Menschen in den Hintergrund gedrängt, so daß nach Servius Tullius, als den Vollender, die ganze

In Betreff von Zahl und Lage der Thore kann ich

Befestigung gewöhnlich benannt wird.

nicht mit

ähnlicher Sicherheit sprechen.

sind bis jetzt nicht entdeckt. Mit Hilfe der im legten Decennium gemachten Ent deckungen von Ueberresten dieser Servischen Mauer (an 13

Reste derselben

Ihre Construction läßt sich

nur nach Analogie der Thore anderer benachbarten Städte Die Zahl derselben --nach den bisherigen Angaben 17 bis 26 muß aber

von gleichem Alter bestimmen. verschiedenen Stellen) und der daraus bekannt gewordenen Charakteristik der Mauer und ihrer Construction ist es nun

auf höchstens 7 bis 8 beschränkt werden. möglich den Gang derselben auf dem ganzen Umkreise (einige Stellen ausgenommen) mit vollkommener Eicher heit festzustellen .

Die übrigen

Thore, deren Namen uns erhalten sind, sind in ſpäterer Zeit entstanden, da das Bedürfniß nach freierer Communi

Es läßt sich sogar nachweisen daß eine cation lebendig und die Gefahr vor Feinden nicht mehr

die fünf Bergstädte umschließende Befestigung nach dem hier angewendeten, in jener Zeit in Latium allein üblichen.

vorhanden war, die Mauer aber der zu großen Koſten halber nicht wohl entfernt werden konnte.

und für die örtlichen und zeitlichen Verhältnisse sehr prak tischen System anders herzustellen nicht möglich war, als daß man Esquilin und Viminal in die Stadt hineinzog, daß also die ausgeführte Ringmauer die feſteſte und mög lichst kleinste war.

Damit wird zugleich die bis dahin un Die Chippeway- Indianer des Mackenzie - Fluffes

erklärliche Thatsache des im Verhältniß zu den Einwoh nern Roms so außerordentlich großen Areals der Stadt vollkommen erklärt.

und ihre Naturproducte. Die Chippeway-Indianerſtämme, zu welchen die Montai gnais , Yellowknives, Beaver , Dogribs , Nehaunies , Eikan

Die Beschaffenheit und Construction der Mauer konnte, auf

nies , undHare- Indianer gehören, verwenden für ihre ökonomis

dieſem großen Raum, der aus Sümpfen, Ebenen, erdigen und felsigen Hügeln bestand, keine gleichmäßige sein. Man

schen Bedürfnisse Producte aller Naturreiche, doch sind die wichtigsten derselben jene aus dem Thierreiche, wie sich bei

weil durch die Beschaffenheit des Terrains bedingt,

ging , gemäß der Natur der Felsbildungen in Latium,

einem nomadiſirenden Jägervolke nicht anders erwarten

von dem Princip der hohen von Natur schroffen Fels wand, wie solche auf der Nordseite des Capitols noch heute

läßt, weshalb wir die Jagdthiere jenes berücksichtigen.

sichtbar ist, als der sichersten Schuhwehr aus.

Von den verschiedenen Füchsen jenes Districtes , wie

An einzel

dem Rothfuchs, Kreuz-,

Silber , Blaufuchs benüßen die Indianer außer dem Pelze nur die feinen Sehnen aus dem Echwanze, um daran Glasperlen anzuzeihen.

nen Stellen half man künstlich nach, um die Wand mög lichst glatt und senkrecht, also unersteigbar, zu machen. Wo die Natur solche Felswände nicht bot, mußte man sie künstlich herzustellen suchen. Man führte also an den Ab

Von Bären finden sich dort der schwarze (Ursus ameri

hängen der Berge, welche aus loser Erde bestehen (Aventin

canus), der Grizzly-Bär (U. horibilis) , und der Landbär (U. arctos) ; ersterer bewohnt nur die bewaldeten Strecken und wird durch den dem europäischen ähnlichen Landbär in der Ebene vertreten, während der furchtbare Grizzly

und Palatin), senkrechte Futtermauern, und wo der Tiber fluß die Gränze der Stadt bildete (am Velabrum) eine Quai-Mauer auf, und kam in beiden Fällen, freilich mit

Bär das Felsengebirg bewohnt. Alle diese Arten dienen. zur Nahrung und die Sommerpelze werden in Streifen geschnitten statt der Seile verwendet. Das Fett dient zum Salben des Haares, und wie Capt. Roß Gelegenheit hatte

Aufwendung größerer Kraftanstrengung, zu dem gleichen. Resultat wie am Capitol. Wo aber gar kein Bergab hang zu benußen war, wie in dem Thal zwischen Aventin und Cälius und auf der Ostseite der Stadt, mußte man

sich zu überzeugen, ist dasselbe, entgegen den Angaben der Parfümeure, durchaus dem Haare nicht zuträglich, indem

diesen durch Aufschüttung eines Walles herstellen, und die äußere Seite desselben durch eine senkrechte Futtermauer aus Stein schüßen. Die Erde für den Wall wurde un mittelbar einem Graben an der Außenseite der Mauer

Gebietes zuerſt

1

dieſes auf den Gebrauch des Fettes ſich ſpaltet und aus fällt. Die Klauen des Grizzly bilden eine stolze Zierde der

entnommen. Dieser Graben bot also den doppelten Vor theil die senkrechte Wand zu erhöhen und das Material

Häuptlinge. Die Felle der verschiedenen Murmelthierarten (Arctomys

für den Wall herzugeben.

pruinosus), in dem Felsengebirge und auf den Nehaunies Hügeln, (A. Kennicotii), in denselben Gegenden, nur mehr

Er konnte außerdem noch mit

Wasser gefüllt werden. Die Mauer wurde, im Durchschnitt 30 Fuß hoch, aus regelmäßig behauenen Blöcken von Tuff

nördlich, östlich bis zum Anderson- Flusse, (A. monax), in

Die Chippeway-Indianer des Mackenzie- Fluſſes und ihre Naturproducte.

111

der Nähe des Liardsfluffes, bilden die gewöhnliche Kleidung,

nissen der Yellowknifes ,

und das Fleisch wird gerne genoſſen. Aus den Biberfellen (Castor canadensis) , machen die

ner , namentlich in Bezug auf Kleidung , welche fast sämmtlich aus Renthierfellen mit den Haaren gefertigt

Dogribs

und Hare - India

Sklavenindianer und Dogribs ihre Kapußen und Mäntel,

werden ; zu arg von der Renthierfliege verleßte Häute

während das Bibergeil zur Darstellung einer Witterung

liefern Riemen für die Befestigung der Schneeschuhe, zur

für den Luchs verwendet wird ; Fleisch und Schweif des Thieres werden als Leckerbissen genossen.

Darstellung von Fisch- und Biberneßen 2c. Büffel (Bos americanus) finden sich noch etwa 20 Meilen

Stachelschweine (Erethizon) finden sich allenthalben in den Rocky Mountains ; das Fleisch wird genossen und die

nördlich und östlich vom kleinen Büffelfluß, bei Fort Resolu tion, am großen Sklavensee, am häufigsten aber auf den

Stacheln liefern das Material zu den einzig geschmackvollen

Salzebenen am Saltriver.

Verzierungen

Jagdtaschen 2c.

die des Renthiers benüßt ; die Hörner liefern Pulver

Die Sklavenindianer find

hörner, Messergriffe, die Schweife dienen an Holzgriffen be

besonders geschickt im Anbringen dieser Stacheln, beson ders an Gürteln, welche aus Thiersehnen gefertigt werden.

festigt und mit Federn und Stachelschweinborsten verziert

an

den

Kleidungsstücken,

der Bewohner jener Gegenden.

Auch das Kaninchen (Lepus americanus) ist sehr ver breitet und wichtig für die Ernährung jener Indianer stämme, welche oft große Noth leiden, wenn daran, was fast periodisch der Fall ist, Mangel eintritt. So leben die Tinné- Stämme des Mc. Kenzie- Thales hauptsächlich von dem Fleische dieser Thiere, deren Fell sie auch kleidet und Jagdhemden, Müßen und Socken liefert, die allerdings ſehr warm sind, aber bald die Haare verlieren. Das amerikanische Moosethier (Alces americanus) fin: det sich allenthalben in den waldigen Bezirken des Mack enzie Districts , wo es sich von dem rauhen Grase und von Weidenschößlingen nährt ; es ist größer als ein Pferd,' und ein fettes männliches Thier wiegt ausgenommen

Fleisch und Häute werden wie

als Fliegenwedel. Der Moschusochſe (Ovibos moschatus) ist zwar klein, aber stark, und lebt nur auf den Ebenen und an der ark tischen Küste vom 61 ° an ; er ist flink wie eine Antilope, und schwierig zu jagen, was von Seite der Yellowknives, Dogribs- und Hare-Indianer zuweilen geschieht, obgleich das Fleisch einen unangenehmen Moschusgeruch besitzt und nur die zarteren Häute der Kälber als Leder brauchbar sind. Fleisch, Fett und Felle der Bergziege (Aplocerus men- i tanus), welche auf den Gebirgszügen an der arktischen See lebt, werden von den Gebirgsstämmen verwendet, welche aus der gegerbten Haut leichte Schlitten fertigen. Von nußbaren Vögeln nennen wir hier mehrere Arten

von Schneegänsen, wie (Anser hyperbo. , A. albatus etc.) ,

über 800 Pfund. Die Schnauze bildet neben den Bären sohlen die größte Delicatesse für den Indianer, und sagt auch dem europäiſchen Gaumen zu. Die Haut des Thieres liefert Leder und Stricke, die Sehnen Faden und Leim,

Kraniche (Grus americanus und canadensis) , canadische Gänse (Bernicla canadensis), Schwäne (Cygnus buccinator,

die Hörner Messergriffe und Löffel, die Knochen Werkzeuge zum Glätten des Leders und mit den gefärbten Haaren fassen die Frauen Kleider ein .

ebenso dienen die Schwanzfedern des Goldadlers (Aquila

Von dem Renthier finden sich zwei Species : das Ca ribu oder Waldrenthier (Rangifer Caribou) und das Land renthier (R. arcticus), von welchen das erstere größer ist und nicht in Heerden lebt. Das Caribu ist kleiner als das Moosethier, und wiegt selten über 300 Pfund; das

americanus), welche die Federn liefern , die zur Ausschmückung der Mocassins dienen, ferner zur Befiederung der Pfeile 2c.;

canadensis) als Kopfschmuck der Häuptlinge. Wenden wir uns nun zum Pflanzenreiche, so finden wir daß einer der nüßlichsten Bäume für die Indianer jener Gegenden die Canoe oder Papierbirke (Betula pa pyracea Ait ) ist; besonders ist es die Rinde welche zur Herstellung der leichten Canoes dient, ferner Trinkbecher,

Fleisch wird genossen, die Häute sind aber nur brauchbar wenn das Thier vor Beginn des Winters getödtet wurde ;

Körbe und Teller liefert ; das Holz wird zu allen mög lichen Werkzeugen verarbeitet und bildet ein dauerhaftes und starkes Material. Doch findet sich dieser Baum nur

später ist das Fell stark von der Renthierfliege durchbohrt,

bis zum 70º n. Breite, am größten und reichlichsten aber

woven die beiden Renthierarten viel zu leiden haben.

an den Ufern der Gebirgsflüsse.

Das Landrenthier hat keinen bleibenden Aufenthalt wie

der Missionäre in jenen Wildnissen sind viele Indianer

Seit der Anwesenheit

das Caribu, sondern wandert ; im Beginn des April ver

Christen geworden und fertigen sich aus der Rinde dieses

laſſen die Heerden den Schutz der Wälder und suchen in

Baumes Papier, worauf sie sich im Schreiben üben.

den öden Ebenen Moos und Flechten zu ihrer Nahrung,

Die amerikanische Schimmeltanne (Abies alba Michx)

wobei sie allmählig nach Norden zu wandern, bis sie die

findet sich bis zum 69. Breitegrad und ist der vorwaltende

Küste der Hudsonsbai und der arktischen See erreichen :

Baum in den Wäldern des Mackenzie-Flußgebiets ; auch dieses Holz dient zum Bau der Canoes, während die der

im Juli beginnen sie wieder ihre Rückkehr und erreichen die Wälder bis Anfang October, wo sie den Winter über verweilen, und sich mit dem treckenen Grase der Sumpf ränder und mit dem Moos an den Baumſtämmen näh ren. Das Landrenthier dient den wichtigsten Bedürf

Länge nach gespaltenen zähen Wurzeln zum Verbinden der Schiffstheile benügt werden. Besonders aber fertigen die Weiber aus letzteren ziemlich wasserdichte Kessel aus dicht zusammengeflochtenen Fasern, in welchen man Wasser 2c.

Die Verdunstng des Pfäffikerfees.

112

durch Hineinwerfen glühender Steine zum Kochen erhitzen Die Rinde dient zum Bedecken der indianischen fann.

wickeln, wir sehen im Frühling und Herbst die Dünſte (in verdichteter Gestalt) von unsern Flüssen und Seen auf

Wigwams oder Hütten, das Harz zum Kalfatern der Ca noes ; lehteres wird auch von den Weibern gekaut um die Zähne zu conserviren .

ſteigen, und wiſſen daß die Verdunſtung überhaupt für das

Aus dem Baste einiger Weidenarten fertigen die In dianer Stricke und höchſt dauerhafte Fischneße ; im übrigen

Hagel 2c. kennen, möglich werden ; aber es ist auch inter essant zu wissen, wie groß das Quantum des verdunsteten.

machen sie keinen Gebrauch von der allerdings nicht sehr reichen Flora jener Gegenden, außer daß sie im Sommer die verschiedenen Arten von Stachelbeeren, Himbeeren,

Wassers in einer bestimmten Zeit und in einer bestimmten

Erdbeeren, Wachholderbeeren, Rauschbeeren, Hagebutten 2c. als Nahrung benüßen.

sten, man weiß daß die Verdunstung des Mittelmeeres

Auch die Producte des Mineralreichs werden nur spär

Ersatz aus dem atlantischen Ocean Wasser durch die Straße

lich benüßt.

Schwefel findet sich in beträchtlicher Menge

an den Schwefelquellen des großen Sklavensees, welche dort einen Raum von vielen hundert Ellen einnehmen und

Leben nothwendig ist, indem dadurch erst die Niederschläge, welche wir in Gestalt von Thau, Reif, Regen, Schnee,

Gegend ist. Es ist bekannt daß unter den Tropen Flüſſe im Sande versiegen, d. h. während ihres Laufes verdun

größer als seine Zuflüsse, und daß daher fortwährend als

von Gibraltar einströmt. Man weiß ferner daß große Strecken von Kleinaſien unter dem Niveau des Meeres liegen, indem hier ebenfalls die Verdunstung größer war

am Rande von abgeschiedenem Schwefel incrustirt sind ;

als der Zufluß, wodurch der See verschwand.

letterer wird ausgetrocknet und nach Fort Resolution ver kauft, wo er zur Bereitung von Zündrequiſiten dient.

pische Meer und das Todte Meer haben wohl Zuflüſſe aber

Kochsalz gewinnt man in den etwa 20 Meilen langen

Das kas

keine Abflüsse, hier gleicht sich alſo Zufluß und Verdun ſtung aus.

Salzebenen am Saltriver ; große Heerden Büffel, Hirsche und Renthiere suchen diese Ebenen auf um Salz zu lecken,

Verdunstung größer als man gewöhnlich annimmt.

wovon die ganze Erde durchdrungen ist.

habe mir Mühe gegeben , annähernd die Verdunstung des

Aber auch in unsern niedern Breitegegenden ist die Ich

Rother und blauer Ocker findet sich an verschiedenen

Pfäffikersees zu berechnen, was hier um so eher möglich

Orten, und man benußt diese Farben zum Bemalen der

ist, als zu Gunsten der Industrie durch die Schleußen des

Schneeschuhe und Schlitten ; die Loucheur Indianer und einige Stämme der Ebene bemalen sich auch das Gesicht damit.

stimmter Zeit abfließt, und auch der Zufluß annähernd

Pfeifenthon findet sich gemeinschaftlich mit Steinkohle

Sees nur ein ganz bestimmtes Quantum Waſſer in be

leicht zu berechnen ist. Der Pfäffikersee nimmt mit dem in seiner nächsten

an der Mündung des Bärenflusses ; frisch ist derselbe pla

Nähe liegenden ausgegrabenen Torfland einen Flächenraum

stisch, trocknet aber rasch.

von 1000 Jucharten à 40,000 □ ein, und er kann mittelſt

Zu Zeiten des Mangels wird

derselbe von den Indianern gegessen, sonst auch statt der

Schleußen 5-6 Fuß gehoben oder gefällt werden.

Der

Seife zum Waschen von Zeugen verwendet.

sichtbare Zufluß des Sees ist bei recht trockenem Wetter

Mineraltheer trifft man an vielen Stellen längs des

bloß 8-10 Rubikfuß per Secunde, während der Bedarf der

Athabasca oder Hellwasserfluſſes, ferner am großen Ekla vensee, nordöstlich von Big- Island und endlich bei Fort

Spinnereien innerhalb der Arbeitszeit (außer derselben ist der

Good Hope, doch machen die Eingebornen wenig Gebrauch davon.

recht trockenem Wetter und bei einer Temperatur der Luft

Schwefelties, welcher allenthalben im Felsengebirge vor

See geschlossen) 40 Kubikfuß per Secunde beträgt.

Bei

von 18-24 Grad R. und des Wassers von 14-16 Grad R. senkt sich

nun der Wasserspiegel des Sees

kommt, benüßen die Indianer zum Feuerschlagen, Achat: stücke als Flintenſteine, und natürliches Kupfer zur Her

per Woche um 3 Zoll, was einem Verlust von 12 Millio

stellung von Messern, Hämmern und Pfeilspitzen.

in diesem Falle der Zufluß (8-10 Kubikfuß per Secunde) 700,000 850,000 Kubiffuß per Tag durch die Verdun

nen Kubikfuß Wasser gleichkommt, und ich behaupte daß

stung sich wieder verflüchtigt hat, was folgendes Rech nungsexempel beweist : Bedarf der Spinnereien 40 K. Fuß per Secunde oder in 13 Arbeitsstunden 1,872,000 K.

Die Verdunstung des Pfäffikerfee's.

Fuß per Tag, oder wenn wir 2 Millionen per Tag an nehmen, in 6 Arbeitstagen 12 Millionen K. F. per Woche,

Von Jakob Meſſikommer. Es ist sehr interessant den Dienst zu beobachten, den die Natur nach ewigen Gesetzen unaufhörlich leistet, doch je mehr täglich etwas vor unsere Augen tritt, um so weni ger nimmt man sich oft deſſen in Acht. Wir sehen z. B. in warmem oder kochendem Wasser den Dampf ſich ent

also gleich der stattgefundenen Senkung des Waſſerſpiegels und als ob kein Zufluß stattgefunden hätte. Mehr noch aber als die Sonne vermag die Biſe bei gleichen Temperaturverhältniſſen das Waſſer zu verdunſten. Im Sommer 1865 fiel während der Bise (in einer Woche) der See um 5 Zoll = 20 Millionen Kubikfuß Waſſer

Die Quadratur des Kreises.

verlust.

Von dieser Summe sind allerdings 12 Millionen

K.-F. als Bedarf der Spinnerei abzuziehen, aber der wäh rend dieser Zeit stattgefundene Zufluß von 5-6 Millionen K.-Fuß ist hierin nicht inbegriffen, so daß also durch Ver. dunstung wenigstens so viel Wasser sich verflüchtigte, als der Bedarf der Spinnereien erheischte.

113

finden, haben sich viele Männer zur Aufgabe gesetzt. Nun würde unzweifelhaft , wenn irgendein Verhältniß dieser Art festgestellt werden könnte, die Aufgabe gelöst ſeyn . Allein thatsächlich gibt es kein solches Verhältniß, und die Lösung der Aufgabe erheischt nicht daß irgendein derartiges Verhältniß vorhanden sei. Wir betrachten z . B. die Be stimmung der Diagonale eines Quadrats (deſſen Seite be kannt ist) nicht als eine unlösbare, oder als etwas anderes denn eine sehr einfache Aufgabe.

Die Quadratur des Kreiſes . Man hat in jüngster Zeit an die Akademie der Wiſſen schaften in Paris vielfach Anfragen gestellt bezüglich der Summe welche diese Körperschaft ermächtigt sey demjenigen zu bezahlen der die Quadratur des Kreises finden würde. Diese Anfragen wurden endlich dem Schriftführer der Aka demie so lästig, daß man es für nöthig hielt in den Ta gesblättern anzuzeigen : die Akademie besige nicht nur keine Ermächtigung zur Ausbezahlung einer Summe hiefür über haupt, sondern sei auch entschlossen denjenigen welche sich einbildeten das berühmte Problem bewältigt zu haben, nie die geringſte Aufmerkſamkeit zu ſchenken.

Und doch existirt in

diesem Fall kein genaues Verhältniß. Wir können mög licherweise sowohl die Seite als die Diagonale eines Qua drats nicht in ganzen Zahlen ausdrücken, gleichgiltig welche Messungseinheit wir annehmen ; oder, um die Sache anderer Weise darzustellen, wir können möglicherweise so wohl die Seite als die Diagonale in gleiche Theile theilen (welche längs einer jeden die nämlichen sein werden), gleichgiltig wie klein wir die Theile nehmen. Wenn wir 3. B. die Seite in 1000 Theile theilen, so wird es 1414 solcher Theile, und ein Stück darüber , in der Diago nale geben ; theilen wir die Seite in 10,000 Theile, so werden 14,142, und noch ein kleines Stück darüber, in der Diagonale vorhanden sein - und so beständig fort.

diese Aufgabe in Angriff genommen haben welche nicht genau

In ähnlicher Weise ist die bloße Thatsache daß kein genaues Verhältniß zwischen dem Durchmesser und der Peripherie

wußten welcher Art ſie ſei. So machte sich ein scharfſinni ger Arbeitsmann, welchem die Schwierigkeit der Aufgabe

eines Kreises existirt, keinerlei Hemmniß für die Lösung des großen Problems.

Es ist ein eigenthümlicher Umstand daß selbst Leute

ans Werk ein Mittel zu er

Ehe wir indessen dieſen Theil des Gegenstands ver:

finden um die Peripherie oder den Umfang des Kreises

lassen, können wir eines Verhältnisses Erwähnung thun das man sehr leicht im Gedächtniß behält, und das beinahe

vorgestellt worden war ,

zu messen, und freute sich höchlich daß es ihm, wie er meinte, endlich gelang eine Aufgabe zu lösen die alle Ma thematiker alter und neuerer Zeiten für unlösbar erklärt hatten. Damit wir nun nicht in einen ähnlichen Fehler verfallen, wollen wir uns klar machen was eigentlich zur Lösung des Problems der Quadratur des Kreises erfor dert wird.

ganz genau ist medische.

jedenfalls viel genauer als das Archi

Man schreibe die Zahlen 113355 nieder, d . h.

die ersten drei ungeraden Zahlen je zweimal nacheinander wiederholt. Dann trenne man die sechs Zahlen in zwei Säße von drei, so nämlich :

113 :355 , und beginne

nun mit der erſten in die zweite Ziffer zu dividiren.

Das

Um damit zu beginnen, müssen wir bemerken daß der

Ergebniß, 3.1415929 ...., drückt die Peripherie eines Kreises,

Ausdruck „Quadratur des Kreiſes " eine ziemlich unrichtige

dessen Durchmesser 1 ist, genau bis zur sechsten Decimal : Stelle aus, indem das richtige Verhältniß 3.14159265 .... iſt. Viele Leute hinwiederum sind der Meinung daß die

Benennung ist, weil die zu lösende wahre Aufgabe die Bestimmung der Länge der Peripherie eines Kreiſes ist wenn man den Durchmesser kennt. Natürlicherweise schließt die Lösung dieser Aufgabe, oder, wie man es nennt, die

Mathematiker immer noch in Ungewißheit schweben in

Rectification des Kreiſes, die Lösung der andern, oder der Quadratur des Kreises, in sich.

Betreff des Verhältniſſes welches zwischen der Peripherie und dem Durchmeſſer eines Kreiſes beſtehe. Wäre dem so, so dürften wissenschaftliche Gesellschaften wohl eine Be

Man hat vielfach vermuthet daß irgend ein genaues

lohnung demjenigen aussehen der sie aufklären könnte ;

Verhältniß zwischen der Peripherie und dem Durchmesser

denn die Bestimmung dieses Verhältnisses (mit befriedi gender Genauigkeit) liegt, kann man behaupten, dem Gan zen unsers neueren Syſtems der Mathematik zu Grunde.

des Kreiſes bestehe, und daß die zu lösende Aufgabe die Bestimmung dieses Verhältnisses sei.

Nehmen wir z . B.

an daß das von Archimedes (welcher fand daß, wenn der Durchmesser eines Kreises durch sieben dargestellt werde,

Wir brauchen kaum zu sagen daß keinerlei Zweifel auf der Sache ruht. Hundert verschiedene Methoden sind den Ma

die Peripherie ſich faſt genau durch zweiundzwanzig dar: ſtelle) entdeckte approximative Verhältniß streng richtig, und Archimedes bewiesen habe daß dem so sei, alsdann

thematikern bekannt mittelst deren man aus dem Durch

würde er, dieser Ansicht zufolge, das große Problem gelöst

Der größte Kreis mit welchem wir es in wissenschaft

haben ; und ein Verhältniß von irgend solcher Art aufzu

lichen Fragen zu thun haben, ist der Aequator der Erde.

meſſer die Peripherie mit irgendwelchem Grade von Genauigkeit berechnen kann.

erforderlichen

Die Quadratur des Kreiſes.

114

Der Neugier halber können wir fragen: welches der Um

Beleuchten wir diese Meinung durch fol brauch machte. gendes : Man hat berechnet daß das Licht, welches achtmal die Erde in einer Secunde umkreisen könnte, 50,000 Jahre

fang der Erdbahn ist ; allein da wir die wirkliche Länge des Radius dieser Bahn (d. h. der Entfernung der Erde von der Sonne) durchaus nicht genau kennen, so ist es klar daß wir kein sehr genaues Verhältniß zwischen dem Um

braucht um von den in Lord Rosse's Riesen-Reflector ge

fang und dem Durchmesser nöthig haben wenn wir uns mit

sehenen schwächsten Sternen zu uns zu fliegen .

Indem wir uns wollen beschränken, Aequators daher auf den Kreis des Erd-

nun, wir kennen die genaue Länge der furchtbaren Linie welche sich von der Erde bis zu einem solchen Stern er ſtreckt, und wir wünschten, zu irgendeinem unbegreiflichen

diesem ungeheuren Kreise beschäftigen.

wir sehen welche Genauigkeit wir zu fordern scheinen. Wir wollen für einen Augenblick vorausseßen : es sey möglich ohne auch nur

rund herum den Erd-Aequator zu meſſen,

um einen einzigen Yard in der Rechnung zu kurz zu kom men, und wollen dann aus unserer Schäßung schließen. welches der Durchmesser dieses großen Kreises seyn könne. Dieß scheint in der That der einzige Gebrauch zu seyn zu welchem wir, in diesem Fall, unsere Kenntniß von dem Verhältniß verwenden können mit dem wir es zu thun haben.

Wir haben also einen Kreis von etwa 25,000

englischen Meilen in runder Zahl, und jede Meile enthält 1760 Yards, oder es sind in allem etwa 44 Millionen

Gesetzt

Zweck die Länge der Peripherie eines Kreises kennen zu lernen dessen Radius dieſe Linie war.

Der aus der oben erwähnten Berechnung des Verhältnisses zwischen der Peri pherie und dem Durchmesser abgeleitete Werth würde von. der Wahrheit abweichen durch eine Länge die unter dem mächtigsten bis jeßt construirten Mikroskop unwahrnehm bar wäre. Ja, der Radius den wir im Sinne gehabt, könnte, so ungeheuer er ist, eine Millionmal oder eine Million mal millionmal vergrößert werden, das Ergebniß wäre das nämliche. Und der mit diesem vergrößerten Radius gebil dete Flächenraum würde mit so viel Genauigkeit bestimm

Yards im Durchmesser dieses großen Kreises vorhanden .

bar seyn, daß der Irrthum, wenn er sich in der Form eines winzig kleinen Quadrats zeigte, gänzlich unwahrnehm

Daher sind wir, wenn unser Verhältniß bis auf einen

bar wäre unter einem Mikroskop das eine Million mal

Yards in der Peripherie, und daher (rund) etwa 14 Mill.

vierzehn millionsten Theil des

Durchmessers, oder einen.

vierundvierzig millionsten Theil der Peripherie richtig ist, vor einem einen Yard überschreitenden Irrthum sicher.

mächtiger ist als das beste bis jetzt von Menschen con struirte. Die Länge der Peripherie ist nicht bloß einmal in

Alles was wir dann brauchen, ist daß die die Peripherie

dieser unnöthig genauen Weise berechnet wordeu, sondern

ausdrückende Zahl (da der Durchmesser die Einheit ist ) bis auf die achte Decimal Stelle, wie oben angeführt, richtig

ein zweiter Berechner hat sich ganz unabhängig an diese Arbeit gemacht. Die beiden Ergebnisse, Zahl um Zahl

seyn sollte. Allein die Mathematiker ſind mit einer Berechnung dieser

die nämlichen, sind in The Lady's and Gentleman's Diary für 1854, S. 70, und für 1855 S. 86 zu finden. Man wird also fragen : welches ist die Aufgabe um

Art nicht zufrieden gewesen. Sie haben die Zahl nicht bis zur achten,sondern bis zur vierhundert undvierzigsten 1 Decimalstelle berechnet. Wenn wir nun bedenken daß jede neue Decimale das Ergebniß zehnmal genauer macht, so wer

deren willen man eine so mühselige Arbeit unternommen hat?

Die Aufgabe ist in der That gänzlich unbedeutend :

den wir nachgerade einsehen welche Zeitverschwendung dieser

ihr einziges Intereſſe liegt in der Thatsache daß sie unlös bar ist www . eine Eigenschaft die sie mit vielen andern Auf

furchtbaren Berechnung gewidmet wurde. Wir erinnern uns alle der Geschichte des Pferdes welches 24 Nägel in seinen

doppelung eines Kubus, und so fort.

gaben theilt, wie der Dreitheilung eines Winkels, der Ver

Hufeisen hatte, und zu einer Summe gewerthet wurde die man dadurch erhielt daß man einen Farthing (

Penny)

für den ersten Nagel, einen halben Penny für den näch

Die Aufgabe ist einfach diese : Nachdem der Durch messer eines Kreises

gegeben worden ,

durch

eine geometrische Conſtruction , in welcher man

sten, einen Penny für den dritten, und so fort, vierund:

nur von geraden Linien und Kreisen Gebrauch

zwanzigmal verdoppelnd,

machen soll, die Seite eines Quadrats zu be

zahlen sollte.

Das Ergebniß

wurde nach Tausenden von Pf. St. gezählt.

Selbſt der alte Geizhals welcher in ähnlichem Verhältniß für ein 18

Fuß tiefes Grab (für jeden Fuß verdoppelnd) zahlte, gab ſich den Tod als man

ſtimmen das an Flächenraum gleich ist einem Kreise. Diese Aufgabe ist, wie gesagt, gelöst, wenn wir, durch eine Construction der beschriebenen Art, die Länge der Peripherie bestimmen können, weil dann das Rechteck

ihm die Geſammtſumme nannte . Erwägen wir aber nun die Wirkung wenn mir 440mal Ein Bruch mit dieser unge durch Zehn vervielfältigen.

von der Hälfte dieser Länge und des Radius an Flächenraum

heuren Zahl als Nenner und der Einheit für den Zähler

Quadrat zu beschreiben das einem gegebenen Rechteck gleich iſt .

drückt die Winzigkeit des Irrthums aus welcher sich ergäbe

Um die Art der geforderten Conſtruction zu beleuchten, geben wir eine approximative Lösung, die bemerkenswerth

wenn man von

dem genauen Werth des Umfangs Ge

1 Die erſten 52 Ziffern lauten 3 141 592 653 589 793 238 462 643 383 279 582 884 197 169 399 375 105.

gleich ist dem Kreise, und es ist eine einfache Aufgabe ein

einfach und, so viel wir wissen , nicht allgemein bekannt ist.

Man ziehe in dem gegebenen Kreiſe zwei Durchmeſſer

‫م‬

Ueber die Stellung der Frauen in den Vereinigten Staaten .

AOB, COD in rechten Winkeln zu einander, und verbinde CA und BD : dann sind die beiden Durchmesser zusammen mit den beiden Linien CA und BD sehr nahezu gleich der Peripherie des Kreises . Der Unterschied ist so klein, daß er in einem Kreise von zwei Fuß im Durchmesser geringer sein würde als der zweihundertste Theil eines Zolls .

Wäre

115

In England, wo die Frauen auch auf dem Recht bestehen bei den Wahlen ihre Stimmen abzugeben , kommt das Gesetz ihnen halbwegs entgegen, weil dort

to every man"

unter gewissen Bedingungen das Wahlrecht freisteht, das Wort man" im Englischen aber nicht nur den Mann, sondern auch den Menschen bezeichnet, folglich das weibliche

diese Construction genau, so würde das große Problem

Geschlecht einschließt.

gelöst worden ſein.

Gesetzes von persons die Rede ist, und n männliche Per sonen" speciell aufgeführt werden, scheint auf die Verthei

Ein Punkt indeß muß bemerkt werden : der Kreis ist

Daß in einer andern Section des

unter allen krummen Linien die am leichtesten durch mecha

diger jener Doctrin keinen Eindruck zu machen.

niſche Mittel zu ziehende.

In den Vereinigten Staaten haben die großen „ Agita: torinnen" dieses Princips , ein Fräulein Anthony , oder

Allein es gibt auch andere die

so gezogen werden können . Und wenn man solche Curven wie diese als anwendbar gelten läßt, so kann die Aufgabe der Quadratur des Kreises leicht gelöst werden. z. B.

Es gibt

eine von Dinostratus erfundene Curve die man

mechanisch leicht beschreiben kann, und die man die Qua dratrix des Dinoſtratus genannt hat, weil sie die Eigen schaft besißt auf solche Art die Aufgabe zu lösen mit wel cher wir uns beschäftigen. Da sich solche Curven mit eben so viel Genauigkeit beschreiben lassen wie der Kreis - denn, man bedenke wohl, ein absolut vollkommener Kreis ist bis jetzt noch nie. ―― so sehen wir daß bloß die Beschrän gezogen worden selbst erfunden haben dieſes Geometer die welche fungen Problem so schwierig machen. Es besißt, wie wir gesagt, keinen Werth, und kein Mathematiker würde je daran denken auch nur einen Augenblik Zeit damit zu verlieren, und

Frau Cady Stanton, kein zweideutiges Gefeß, welches ihnen zu Hilfe kommt , weil dasselbe nur von männlichen Bür gern" als stimmberechtigt ſpricht; ſie arbeiten daher darauf hin die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen um eine Modification des Wahlgesezes herbeizuführen ; halten Conventionen , fordern sogar die Schwarzen auf " ihren Schwestern und Frauen zu ihren Rechten zu verhelfen," und geben eine Zeitung heraus welche dieses Thema mit Eifer vertheidigt. - Es scheint diesen Frauen nicht einzu fallen daß sie bei einem günstigen Erfolg ihrer Bemühungen an echter Weiblichkeit verlieren würden was sie an politi scher Stellung gewinnen könnten. Die genannte Frau Cady Stanton suchte sogar einen der chinesischen Gesandten zu ihrem Glaubensbekenntniß zu befch ren, und macht auf die naivſte Weiſe das Resultat ihrer Be

zwar einfach aus dem Grunde weil schon seit langem be

mühungen kund. Ermuthigt durch Tschihs höfliche Bemerkung,

wieſen ward daß es durch einfache geometrische Methoden unlösbar ist. So daß jemand, wenn er sagt : er habe die

„ daß er die Frauen in den Vereinigten Staaten für befähigter als die Männer halte, und daß dieselben ihn mehr in Verwun

Quadratur des Kreises gefunden (und viele werden dieß behaupten, wenn man ihnen nur Gehör schenken will), damit zeigt daß er entweder die Natur der Aufgabe gänz

derung setzen als alles was er gesehen, namentlich das

lich mißversteht, oder daß seine Unwissenheit in mathema tischen Dingen ihn verleitete eine irrthümliche Lösung fälsch licherweise für eine wahre zu halten. (Chambers's Journal.)

Ueber die Stellung der Frauen in den Vereinigten Staalen. Nicht zufrieden mit der raffinirten Aufmerksamkeit welche man hier dem schönen Geschlechte an öffentlichen Orten, auf Eisenbahnen und in den Omnibussen schenkt, nicht zufrieden mit dem Schuße welchen ihm die öffentliche Meinung ge währt, und der Strenge der Geseze, welche jeden Angriff auf die weiblichen Rechte straft, nicht zufrieden mit dem gegen Europa hohen Preis für weibliche Arbeit, und der größeren Ausdehnung ihrer Erwerbsquellen, verlangt eine gewiſſe Claſſe von Frauen auch politische Gleichstellung, abge= jehen von dem überspannten Auswurf, welcher durch ,,afti

Selbstvertrauen und die Unabhängigkeit mit der sie sich be wegten, als wenn sie ein Recht hätten allerwärts zu ſein“ bemerkte Frau Stanton, daß sie nicht begreife warum

man in China den Frauen das Lesen verbiete," und er hielt zur Antwort,

weil Kenntniß und Wiſſenſchaft den Frauen immer verderblich geworden wären. " — Als Frau Stanton die Unterhaltung damit schloß daß ihr ganzes Streben dahin gienge das Stimmrecht zu erwerben " konnte Tschih sich des Lachens nicht erwehren, und sagte : „ er habe

geglaubt sie wollte einen Diamantenschmuck sagen. " An verschiedenen kleineren Orten haben die Frauen es bereits durchgesezt in Localangelegenheiten ihre Stimmen abzugeben, wie denn neuerlich bei der Wahl eines Schul directors, Gerichtsschreibers und Bibliothekars im Städt: chen Mount Vernon, Staat von New-York. Aufgefordert durch einige Wähler, sich bei den Verhandlungen zu bes theiligen, erschienen die Frauen in großer Zahl , beſtan den darauf daß man ein anständigeres Local als einen Wirthshaussaal nähme, und daß alle politischen Farben unberücksichtigt blieben. Sollten sie an andern Orten ähn

nity“ und ;,free love“ (Wahlverwandſchaft und freie Liebe)

liches durchseßen, so könnte das Land nur dadurch gewinnen.

in Herzensangelegenheiten seinen Gelüften sich frei hinzu geben, berechtigt zu sein glaubt.

ihre Nüglichkeit nicht absprechen ; in New 3 York ist Miß

Deßgleichen kann man den weiblichen Arbeitervereinen

Ueber die Stellung der Frauen in den Vereinigten Staaten.

116

Anthony bemüht auch eine weibliche Druckergesellschaft zu

nach californischen Geseßen ist sie es aber, sowie eine

gründen, ähnlich der welche vor einiger Zeit von Drucker: gehilfen gebildet ward, und welche im leßten Jahr außer dem regelmäßigen Lohn einen Ueberschuß von 8000 Dollars

durch Shaker, Quaker oder Mormonen veranstaltete Trau

erzielte.

ung; es ist sogar durch einen hiesigen Gerichtshof entschie den worden daß das bloße Zusammenleben als Mann und Frau als Ehestand zu betrachten sei, die Frau zu

In fast jedem Staate der amerikanischen Union haben

Alimenten im Falle von Scheidung berechtige, und die

die Frauen verschiedene Rechte, und in Californien vielleicht größere als in den meisten andern ; sie dürfen hier ein

Kinder zu legitimen Erben mache wenn kein wirklich legi:

unabhängiges Geschäft halten ,

times Cheverhältniß bestehe.

unabhängiges Vermögen

beſißen und das Homeſteadlaw gibt ihnen und ihrer Familie

Wenn man die Zahl der Scheidungs- Processe berücksich tigt, welche in den meisten Staaten der Union anhängig

das Recht einer Heimſtätte bis zum Werth von 5000 Dollars,

gemacht werden, so sollte man vermuthen daß der eheliche

welche kein Gläubiger antaſten darf; vor kurzem ward so

Frieden in den Vereinigten Staaten nicht zu suchen iſt.

gar ein Mann verurtheilt seiner Frau eine gewisse Summe

Die Sache verhält sich aber nicht so schlimm wie sie scheint :

zu zahlen die sie ihm vor der Verheirathung geliehen hatte.

wo die Zahl der Männer die der Frauen bei weitem über

Auf der andern Seite kann die Frau über kein Grund

ſteigt, oder wo eine Ehescheidung leicht zu bewerkstelligen ist, wird sich ähnliches immer wiederholen. Man liest hier

eigenthum ohne die Zuwilligung ihres Mannes verfügen ; sie kann nicht über seinen Verdienst, er aber über den

zwar häufig daß eine nachgesuchte Ehescheidung nicht be

ihrigen disponiren ; der von ihr ausgeſtellte Empfangsſchein

willigt worden weil der Klagepunkt dem Richter zu frivol

hat keinen Werth wenn der Mann die Zahlung an sich selbst beansprucht ; wo kein Testament besteht ist der Mann

erschien, liegt aber einem der Theile daran die Sache durch zusehen, so braucht er nur einen anderen Staat aufzu

der Erbe ihres ganzen Vermögens , sie erbt aber nur die

suchen, wo die Advocaten ihre Zeugen zur Hand haben,

Hälfte des ſeinigen.

und dafür folgende Taren aufstellen.

Der Mann kann ein gültiges Teſta

Bei sechsmonat

ment machen ohne seine Frau zu consultiren oder ihr etwas

lichem Aufenthalt und regelmäßigem gerichtlichen Cursus

zu hinterlassen, allein das Teſtament der Frau iſt ungil tig wenn nicht vom Manne beſtätigt, ja sogar ein vor

gen

ihrer Verheirathung gemachtes Testament bedarf der Legi

lich gar nicht erscheinen, so kostet es 1500 Dollars, wo

timation des Mannes um rechtskräftig zu sein.

folglich hieraus daß selbst in Californien dem Manne grö

für der Advocat die Zeugen stellt, welche natürlich anständig für ihre Eide bezahlt werden müssen und folglich die Eheschei

Bere Rechte als der Frau zugestanden wurden.

dung kostspielig machen.

Es erhellt

100 Dollars, bei einer Anwesenheit von nur acht Ta 500. bis

600 Dollars ;

will man

aber persön

Es gibt natürlich in den Vereinigten .

Von jeher haben sich die Frauen der Pflege der Kranken

Staaten viele Ehen „ wo Herz zu Herz sich findet, " allein in

gewidmet ; als praktische Aerzte findet man sie aber wohl

den großen Städten fängt der Seelenhandel schon sehr an

fast nur in den Vereinigten Staaten, und jezt zeigen sie

zuzunehmen, die Frage ist dann nicht welche geistige Ei

sich hier auch als Seelsorgerinnen . Frau Phoebe A. Hanna: ford ist in Massachusetts als Pastorin ordinirt worden,

genschaften die Braut oder der Bräutigam in die Wag schale legt, sondern : worin besteht das Einkommen ? Die

und diese hat wiederum vor kurzem die Ordination an einen männlichen Geistlichen ertheilt , wobei ein Fräulein Brown als Sacriſtan fungirte ; ihr Glaube sowie der einer ganzen Secte ist : „ daß es in der Religion Chriſti weder Zunft noch Kaste und Geschlecht gebe."

Fräulein Becker,

die große Vertheidigerin weiblicher Rechte in England, be: hauptete neulich in einer öffentlichen Versammlung ; „daß die Geschlechts- Attribute sich nicht auf den Geist ausdeh nen, und daß die Denkfähigkeit und das Gemüth bei Ver

Frau vermählt sich mit einem Palaste oder einer Equi page, der Mann mit Diamantenschmuck und Renten.

Schließlich führe ich an daß die "IVertheidigerinnen weiblicher Rechte " für den Monat December eine große „ National- Convention der Frauen" ausgeschrieben haben, welche im Capitol zu Washington gehalten werden soll : die Proclamation lautet wie folgt : „Erwacht, ihr Frauen von Amerika ! Schlaft nicht mehr!

tretern der verschiedenen Geschlechter von denen desselben

Träumt nicht ! Bewaffnet euch und verlangt die Freihei ten zu denen ihr berechtigt seid. Besteht auf dem Stimm

Geschlechts nicht verschieden seien."

recht ! Erobert die Achtung der Politiker.

Von den Gleichheitspredigerinnen sind wir hier am Stillen Ocean bis jetzt noch verschont worden, die Spiritualiſtin

Gesez. Mütter, Frauen, Schwestern und Töchter versäumt nicht euch im December im Capitol von Washington ein

nen haben nicht einmal ein gläubiges Publicum zusammen.

zustellen."

Reformirt das

bringen können, und eine hier kürzlich im Theater Vor Der dann in der Bundeshauptstadt versammelte Con lesungen haltende Schülerin der obigen Glaubenscommune predigte vor fast leeren Bänken, obgleich sie als wahren.

greß wird aber schwerlich das Feld räumen, trog der Achtung welche sonst jedes Mitglied dem schönen Geschlechte

Theater Coup auf der Bühne ein Brautpaar zusammen zollen mag. that

kraft des ihr verliehenen Rechtes."

In andern

Staaten möchte eine solche Copulation nicht bindend sein,

De Caumonts archäologisches Schulbuch.

Ueber deutsche Rechtschreibung .

117

häusern u. s. w. geben dem Büchlein für uns Deutsche

De Caumont's archäologisches Schulbuch. Die Archäologie durch ein Schulbuch in den Elemen

eine werthvolle Bedeutung, da sich darunter vieles wenig Bekannte und auch wohl Unbekanntes befindet. Nicht bloß

tarschulen einführen zu wollen, scheint uns ein etwas selt: james Unternehmen zu sein, welches schwerlich gelingen

schaftsmann, und besonders der Architekt, wird sich darin

kann.

Ein solches Schulbuch ist aber jüngst in Frankreich

der Anfänger, sondern auch selbst der eigentliche Wiſſen

gern umsehen und Belehrung finden.

Die Schrift ver

unter dem Titel : „ Archéologie des écoles primaires par M. de Caumont" (Caen, 1868) erschienen. Der genannte

dient in die deutsche Sprache überseßt zu werden, dann

Verfaſſer ist der Gründer der archäologischen Congreſſe in

mung für Primärschulen könnte auf dem Titel füglich unterdrückt werden.

aber auch vollständig mit allen ihren Bildern ; die Beſtim Frankreich, einer seit einigen Jahren recht thätigen Wan dergesellschaft beiläufig von derselben Organisation, wie die alljährlichen Versammlungen der Naturforscher und Aerzte in Deutschland.

Jene französischen Congreſſe haben auch

die Idee hergegeben daß in gleicher Forschungsrichtung sich

Ueber deutsche Rechtschreibung. der größere internationale Congreß gebildet hat, welcher im Jahr 1867 in Antwerpen, im Jahr 1868 in Bonn tagte, und sich im Jahr 1869 in Basel versammeln wird. De Caumont ist ferner Director des Provinzial- Instituts von Frankreich und der französischen Societät für Archäo logie, er lebt ganz für die bezüglichen Anregungen, und

Eine kleine Schrift von Dr. Rog. Ahuus

hebt mit

den Worten an : Forligende untersuchungen gehören zu jenen erscheinungen, velche gar cainer rechtferti gung bedürfen. ain fersuch , der unerträglichen in consequenz unsrer rechtschreibung, der "2 verdorben 1 heit und geschmacklosigkeit unsrer buchstaben ain

belangvolle Früchte haben dieselben bereits getragen. Eigene werthvolle Publicationen sind zahlreich von ihm vor handen.

brüder Grimm und fast noch mer seit den hadernden

Wenn wir daher seine vielseitigen Bestrebungen mit

fortschrittsfersuchen irer nachfolger, vi ain gutes ge

für allemal abzuhelfen, ist seit der anregung der ge

Recht hoch achten, so können wir doch den eigentlichen

dicht, der ausdruc aines allgemainen

Zweck, nämlich die Bestimmung des angeführten Buches

gedancens, ja er übertrifft jenes und alle litteratur an

nur als verfehlt betrachten.

dringlicher vichtigcait.

Dabei hat de Caumont sich

unverkennbar durch seinen Enthusiasmus für die Alter:

vunsches und

Was der Verfasser will, nämlich eine Rückkehr von einer abgeschmacktenzu einer gefunden Rechtschreibung, enthältschon

thumskunde zu ſehr hinreißen lassen. Er glaubte durch die Einführung dieses Buchs in den untern Schulen die Liebe

der obige Abschnitt.

für jene Wissenschaft bei den Schulknaben wecken zu kön

eine Falschschreibung, daß sie nichts alterthümliches, sondern

nen und dadurch vortheilhaft für die Erhaltung der Mo

nur etwas altmodisches sei, daß man noch im 16. Jahr

Daß die jest beliebte Rechtschreibung

Die Jugend in Frank

hundert beſſer buchstabirte als gegenwärtig, und daß der

reich steht in der Auffassungsgabe nicht höher als die

sinnlose Unfug der heutigen Schreibart in Deutschlands

deutsche.

trübsten Zeiten entstand, darüber sind alle Sachverständigen

numente des Alterthums zu wirken.

Bei dieser gewiß richtigen

Anschauung kann

aber die Archäologie kein Lerngegenstand der untern Schu

einig, und je mehr die germanistischen Forschungen an Liebs

len werden, sie seht zu viel allgemeines Wiſſen voraus, welches von Schulknaben, die übrigens viel anderes und

habern und Publicum gewinnen werden, desto mehr wird. das Verständniß zugleich mit dem • Bedürfniß erwachen, diesen Urväterhausrath von 27 Buchstaben, darunter ein

näher liegendes erlernen müssen, nicht erwartet werden fann.

halbes Duzend mit doppelter Bedeutung, von 17 stehenden

Und doch ist auf das kleine de Caumont'sche Buch

Buchstabenverbindungen zur Bezeichnung einfacher Conso

in groß Duodez von 428 Seiten Text und mit zahl

nanten, darunter wieder drei mit zwei und dreifacher Gel:

reichen , vielleicht an 200 eingedruckten ganz vortreff lichen Holzschnitten ein besonderer Werth zu legen. Es

tung, auf ein verständiges Maß einzuschränken.

enthält eine sehr concis und anziehende geschriebene Geschichte

Es war gewiß die höchste That der menschlichen Civili sation daß man dahin gelangte den Laut durch ein Sym. bol auszudrücken.

der Archäologie, besonders der Architektur, in chronologi scher Anordnung. Der Kunststyl eines jeden wesentlichen

Das Alphabet ist der höchste geistige

Schat einer Nation, von dem man aber wiederum einen guten und schlechten Gebrauch machen kann. Den besten

Zeitabschnitts ist durch charakteristische Beispiele in den zwar

ten, welche vorzüglich von französischen monumentalen

Gebrauch von ihrem Schaß machen in Europa die Italiener, den schlechtesten die Engländer. Eine Schriftsprache die

Werken entnommen sind, doch nicht ausschließlich, da die

das Wort rot in Buchstaben wrought, den Namen Yus

kleinen, aber schön geschnittenen Bildern mehrfach vertre

Rundung des Ganzen auch Ausländisches erforderte.

Ge

rade die Darstellungen von französischen Kirchen , Palästen, Rath- und Zeughäusern,

Spitälern,

bürgerlichen Wohn

Hughes schreibt, hat eigentlich aufgehört den Laut zu sym boliſiren.

Die Deutschen sind weit besser daran als Eng

1 Grimm vörterbuch p. XVI .

Ein Erdbeben am Mittelrhein.

118

länder und Franzosen, es bedürfte aber nur ein wenig.

zum Bessern schon am Werke.

guten Willens, daß sie so gut oder noch besser daran wären als die Italiener. Der Einzelne vermag in

trieb die Schwelgerei in Initialen viel weiter als das

dessen sehr wenig, sonst wäre ja durch die Bemühungen der Brüder Grimm schon jest vieles besser geworden. Auch ſolche Schriften wie die von Dr. Ahuus werden die Sache nicht fördern, denn es fragt sich immer, wer soll beginnen. Offenbar sind die Zeitungen und Zeitschriften diejeni

Das letzte Geschlecht noch

jezige, denn nicht bloß wurde aus Frömmigkeit GOTT gedruckt, sondern aus treugehorsamst erſterbender Unterthä nigkeit auch ALLER DURCHLAUCHTJGSTER. Das Ph für das Griechische zu schreiben haben wir ganz uns von den Römern auflasten lassen, obgleich genau ein f vorstellt.

Die Italiener sind längst mit dieſem

Unfug fertig geworden und die österreichischen Zeitungen

gen, welche es in der Macht hätten die große civiliſatori sche Reform durchzuführen. Allein eine einzelne Zeitung

ihnen darin gefolgt. Warum überhaupt nicht Fantom, Filo

dürfte so etwas nicht wagen, denn die Lesewelt ist eigen

logie, Telegraf, statt Phantom,

sinnig, leicht verstimmt, und will sich nicht schulmeistern

Wenn Zeit wirklich Geld ist, ein reicher Mann wäre der

laſſen. Mit dem guten Beispiel sollten die Zeitschriften der Akademien und der gelehrten Vereine vorangehen, da sie

jenige dem an Geldzeit auf einem Breit ausgezahlt wer den sollte, was die deutsche Nation zum Fenster hinaus

unabhängig gestellt sind von ihren Abonnenten, und sich an eine Leserclasse wenden , die Bildung genug besigt

statt f schreiben oder wohl gar drucken ließ. Das Ph entſprang

Philologie, Telegraph ?

geworfen hat dadurch daß sie Millionen millionenmal ph

Oder man sollte einen Journaliſtencon

einem nichtswürdigen Magisterhochmuth, denn man glaubte damit den Worten einen etwas gelahrteren Anstrich zu geben.

greß berufen, auf dem die Redactionen der Zeitschriften

Das nämliche gilt vom th bei deutſchen Wörtern, wo der Dop:

um längst schon vom Werth einer solchen Neuerung durch drungen zu sein.

Diesen sogleich ein nagel

pelconsonant genau demt entspricht . Ob es auch bei griechischen

neues Alphabet vorzulegen und von ihm darüber ab

und Zeitungen vertreten wären .

Wörtern wegzufallen habe, wie der Verf. wünscht, wäre eine

ſtimmen zu laſſen, wäre wiederum unpraktisch. Allein man

andere Frage, über die sich vorläufig Einstimmigkeit wohl

könnte sich dahin verständigen wenigstens einige Aende rungen zu verabreden. Nach unserer Ansicht hätte ein sol

schwerlich erzielen ließe.

cher Congreß im Jahre 1869 zu beschließen : „ Alle vertre:

der allgemeine Uebergang zu lateinischen Lettern .

tenen Zeitungen sichern sich gegenseitig zu die Mehrheits Vom 1 Januar 1870 ab

Uebergang vollzieht sich aber von selbst, und ehe das Jahr hundert abläuft wird wohl die gothische Schrift verdrängt wor

druckt jede von ihnen nur den Anfangsbuchstaben eines

den sein. Fast alle wissenschaftlichen Werke die in Frankreid)

Sazes oder den Anfangsbuchstaben eines Eigennamens mit

oder England abgesetzt werden sollen, müſſen ſchon jetzt in Wir unsererseits werden. Antiquaschrift gedruckt werden.

beschlüsse loyal durchzuführen.

großen Buchstaben. Vom ersten Januar 1871 ab ver: schwindet das Ph bei allen aus dem Griechischen entlehn ten Wörtern und wird durch ein F ersetzt. Vom ersten Januar 1872 verschwindet überall das Th aus deutschen Wörtern, wo es nur einen Laut vertritt. Im Jahr 1872 wird ein neuer Congreß berufen, der die demnächst auszu

Ein großer Fortschritt für die deutsche Schrift wäre. Dieſer

keine Thräne vergießen wenn die gothischen Typen, die für 10 aller Druckfehler verantwortlich sind, aus Schrift und Druck verschwinden, denn wir werden damit nur etwas los was altmodisch, und wir kehren dafür zurück zu dem was alterthümlich ist.

führenden Verbesserungen vorschlägt. "

So wie nur das Neue seinen fremdartigen Anstrich verloren hätte, würde jeder dankbar sein daß man ihm eine Laſt abgenommen habe.

Man würde finden daß Ein Ein Erdbeben am Mittelrhein.

fachheit Eleganz sei, man würde sich schämen nicht längst schon den eingeschlagenen Weg betreten zu haben und

so widersinnig finden, als mancher die neue Schreibart

Darmstadt 14 Januar. In der Nacht vom 12-13 Januar hatten wir hier ein kleines Erdbeben. Hier in der Stadt und den Nachbarorten wurde es ziemlich heftig

an der Spitze dieses Aufsages ergöglich gefunden haben

verspürt ;

mag.

Berichten wurde es bis zum Rhein westlich, bis Frank furt nördlich, bis ins Mümling-Thal östlich und ein großes

nach 10 Jahren würde man die jetzige Schreibweise gerade •

Wir lachen über die Zöpfe der Chinesen, auf unsern

eigenen kakographischen Zopf blicken wir aber mit großer Selbstzufriedenheit. Die Aenberung sollte beginnen mit dem Wegfall der großen Anfangsbuchſtaben bei Hauptwörtern . Wie kindisch und unnöthig sie sind, weiß jeder der das Lateinische, Englische oder Französische bemeistert hat, außerdem stören sie die typographische Schönheit, denn sie bringen Unruhe in den Druck. Sie sind auch bekanntlich nicht altdeutsch, sondern nur zopfdeutsch.

Uebrigens ist bereits die Tendenz

nach

mir

bekannt gewordenen

mündlichen

Stück der Bergstraße aufwärts, südlich nach Heidelberg zu, also etwa sechs Stunden im Umkreis verspürt. Leider war es zu einer Zeit in der wenige Menschen mehr wachen ; viele haben es deßhalb bloß gespürt, ohne irgend etwas bestimmtes beobachtet zu haben. Ich kann deßhalb nur von meinen eigenen Beobachtungen berichten. Es war eine Minute nach 12 Uhr. Draußen war alles ruhig ; die Nachteisenbahnzüge waren schon alle ab

Fossile Menschenreſte.

gegangen.

Die Luft war fast gar nicht bewegt ; seit zwei

Tagen haben wir ganz leisen Ostwind, dabei war Frost ( 1º R.) und Nebel ; das Barometer ſtand auf 28 “. Man konnte also in der Mitternacht das geringste Geräuſch ſehr genau hören und unterscheiden. Diesen Umständen ver

119

Was ich sonst noch in Darmstadt hörte , bestätigt meine Beobachtung in Bezug auf die Richtung von Süd nach Nord. Leute die in der Nähe des Marktes, nord wärts von mir, wohnen, haben dieselbe Richtung beobach Andere hörten einen Topf auf dem Ofen rasseln, tet. Wieder andere fanden Betten, die

danke ich es daß ich in der ersten Secunde das Getös gleich erkannte und beobachten konnte. Es kam plöglich, ohne Vorbereitung ; es war wie wenn eine Reihe schwerer Wa

Teller und Gläser klirren.

gen, die man zuvor nicht gehört, plößlich um die Ecke

Haufen Kanonenkugeln auseinander fiel. Andere hörten Alle die (120-30 Fuß hohe) Ludwig- Säule klirren.

rasseln und dröhnend das Haus erschüttern.

Die Fenster

auf kleinen Sockelchen standen, von diesen herabgerückt. Die Schildwache vor dem Zeughaus will gehört haben wie ein

klirrten, das Fenſterholz dröhnte, die Thüren zitterten, (eine offene blieb unbewegt) das ganze Haus bebte. Das Haus

diese Anzeichen bestätigen die wagrechte, zitternde Bewe gung der Stöße.

wurde so heftig erschüttert wie ein Eisenbahnwagen wenn er im vollen Lauf gebremst wird und dröhnend über die

mit meinen Beobachtungen.

Was ich über das Geräusch vernahm, stimmt nicht Ein Mann am Nordende der

Es währte sechs Secunden, dann war

Stadt will eine halbe Stunde zuvor nordwärts ein Rollen

Der Stoß kam von Süden oder SSW . und ging

wie von der Eisenbahn gehört haben. Um diese Zeit ging Ein Mann in Langen aber wirklich ein Eisenbahnzug.

nach Norden. Die Bewegung gieng wagrecht ; die einzel nen Gegenstände wurden so erschüttert, daß etwa 1/1, Secunde

(drei Stunden nördlich nach Frankfurt zu) will eine Vier telstunde vor 12 Uhr einen dumpfen Knall aus der Ge

zwischen dem Erschüttern der südlich und der nördlich gele: genen verfloß . Unser Haus liegt der Länge nach von

gend von Darmstadt gehört haben wie er ihn sonst bei

Schienen tanzt. alles vorbei.

SWW. nach NOO ; wir wohnen im zweiten Stock.

Zu

den Schießübungen der Soldaten aus glatten (ungezoge nen) Kanonen vernahm,. und als er nach Haus kam,

erst hörten wir die Fenster erzittern und zwar das weſt wärts gelegene stärker als das oftwärtige (daraus erkannte ich daß der Stoß mehr von S. oder SWW. als von SO.

hatten seine Angehörigen die gleiche Erschütterung wie in

herkam), dann die nördlich gelegene Thüre, darauf die weiter nordwärts gelegene Glasthüre des Vorplaßes, dann ver

wurde hier eine zweite Erschütterung bemerkt, die etwa

lor sich das Getös nach dem Dach- Geschoß. Ich stand im Zimmer vor dem Tisch, und spürte die Schwingungen unter

lauf kann ich weiter nichts erzählen. Heinrich Becker .

Darmstadt bemerkt. In derselben Nacht ,

4 Secunden andauerte.

Morgens zwischen

6-7 Uhr,

Ueber deren Richtung und Ver

den Füßen.

Ich stand mit dem Gesichte nach Westen und empfand die Bebungen als von O. nach W. gleichlaufende

Wellen, die vom linken zum rechten Fuß durchzogen. Es waren im ganzen drei Stöße welche die Gegenstände anrüttelten, ungefähr wie ein Häuschen Sand auf dem

Folfile Menschenreßte.

Tisch von einem Stoß angerüttelt wird. Ich kann die Bewegung nicht besser schildern als im Vergleich mit drei

Zu den vielfach behaupteten und ebenso oft angefoch

Paufen Wirbeln : der erste Stoß, mäßig stark, 2 Secun den, der zweite stärker, 2 Secunden, dann eine Secunde

tenen Entdeckungen fossiler Menschenreste gesellt sich wie in einer der letzten Nummern des Moniteur " gemeldet wird, so eben eine weitere. Der glückliche Entdecker ist

Pause, darauf der dritte, schwächer wie der erste, 1 Se cunde.

der

noch jugendliche Zögling des

Collège Chaptal in

Paris, C. E. Bertrand, der aus Liebe zu den Naturwiſſen: Man denke sich einenVierviertel-Tact ;

% und % Auf

tact, dann Accent ( Stoß) und Nachhall (Nachlauf) ; noch:

schaften seine freien Stunden zu wissenschaftlichen Ausflü Auf einem derselben war es daß der junge gen benüßt.

mals und Auftact, dann zweiter Accent, ohne Nach hall, ſtatt deſſen eine Viertel-Pause ; noch eine Viertel Pause ; 16 Auftact, dann dritter Accent. Die Viertel

Bertrand, als er in Begleitung eines Freundes einen Sand bruch in der Nähe von Clichy untersuchte, den erwähnten

Noten etwa in der Geschwindigkeit wie der Doppelschlag

Fund machte. Die denselben bildenden Gebeine lagen im Erdreich in einer Tiefe von 5,45 Met. und von 1,15 Met.

einer Taschen Uhr ( 120 in der Minute), so daß auf jeden Stoß vier Viertel oder etwa 2 Secunden kamen. Nach dem zweiten heftigsten Stoß folgte kein Nachball, die Be wegung war also gebrochen, daher die Pausen und der fürzere beim letzten Anlauf Stoß

Dieser lezte muß ein

Rückprall gewesen seyn. ' 1 Die musikalische Vergleichung kann nur dem Unkundigen seltsam erscheinen. Niemand übt in dem Grad Ohr und Auge

in der Unterscheidung von Bewegungen wie der Tonkünstler. Von den verschiedenen Schritten der Menschen, dem Gang der Thiere, bis zum Ziktern der Baum-Blätter und Grashalme habe ich die Bewegung oft beobachtet, und mit Secunden gemeſſen. Das Erdbeben hatte für mich den außerordentlichen Reiz, weil es meine bisherige Ansicht von der unbedingten Regelmäßigkeit jeder Bewegung in der ganzen unwillkürlich wirkenden Natur bestätigte.

Miscellen.

120

im Diluvium 1 Met. über dem Wasserspiegel der Seine, bedeckt

Périgord aufgefunden wurden und die aller Wahrschein

von verschiedenen Schichten, die aus Humus, rothem Sand

lichkeit nach der celtischen Race angehören.

und Lehm bestehen. Lehterer ist nur in feuchtem Zustande von gelber Farbe, während er im trockenen eine gräuliche Färbung annimmt.

Am Fundorte lassen sich fünf ver

schiedene Ablagerungen dieser Erdart erkennen, zwiſchen Miscellen.

welchen vier Lager von Thon eingeschichtet sind, die je eine Dicke von 0,07-0,12 Met. besißen, so daß die Gesammt dicke des Lös 2,68 Met. beträgt. Dieser Lös liegt über dem eigentlichen Diluvium und wird seinerseits durch den rothen Sand bedeckt. Eine genaue Prüfung des Plages läßt deutlich erkennen daß seit der Bildung des Diluviums

Versiegen der amerikanischen Petroleum Quellen. Das American Gas - Light - Journal bringt einen Artikel, nach welchem die Petroleum : Quellen all mählich in ihrem Ergebniß nachlassen, resp. zu verſiegen

zum wenigsten seit der Ablagerung des Lös keine Umgrabung

anfangen sollen.

hier stattgefunden hat.

Brunnen langsam und regelmäßig ärmer werden.

Zwischen den verschiedenen Schich:

ten ist nirgends eine Verbindung wahrnehanbar, mithin auch keine zwischen Diluvium und Humus ; nur zwischen.

Die Erfahrung zeigt daß die ältern Die

alte Freedomquelle in Cattaraugus County, New - York, 14 Fuß tief, lieferte ursprünglich viel Del, als man aber

dem rothen Sand und dem Lös ist eine Durchsicherung

einen zweiten Brunnen 18 Fuß entfernt anlegte, versiegten

zu erkennen, die indeß die zweite Thonschichte nicht über:

die beiden Quellen nach und nach ganz.

schreitet, und die Zuſammenſeßung des Lös ſelbſt geſtattet als Schlußfolgerung ein äußerst langsames Auwachsen der Lös

vielen Orten der Fall, von den alten Salzbrunnen im

formation anzunehmen. Weiter fanden sich in der gleichen Schichte fossile Ueberreste vor, die sich als zu den Arten des

Dasselbe ist an

Sandy , Kanawha , Monongahela , Conemaugh , Alleg hany , Beaver: und Muskingum Thal wäre nicht ein ein

Tichorinus megaceros, Bos primigenius und Bos moschatus

ziger betriebsfähig geblieben , wenn man sie nicht von Zeit zu Zeit tiefer gesenkt hätte. Nur dadurch daß man

gehörig erkennen lassen, und die weitere Annahme gestatten daß

sie alle Paar Jahre vertiefte, hat man den Zufluß des

der Mensch als Zeitgenoſſe der Diluvialperiode anzusehen iſt.

Dels wieder erhalten.

DieserFund hat nicht verfehlt die Aufmerksamkeit der berühm

In der berühmten Oil City laſſen

testen Fachmänner von Paris auf sich zu lenken, und das

die besten Brunnen nach, und die ursprünglichen 500 Brunnen am Frawady in Indiana geben nicht einmal

Urtheil dieser Sachverständigen geht einstimmig dahin daß die verschiedenen Schichten wirklich unversehrt und die

Versiegen kommen häufig in der Art vor daß die Brunnen

Fundstätte der Diluvialperiode angehöre. Die Erklärung des rühmlichst bekannten Geologen Lartet daß von allen

zwei Tage trocken sind.

ihm bisher bekannten derartigen Fünden keiner wie dieser

ist sie gewöhnlich für immer verloren

die Merkmale des höchsten Alterthums an sich trage, laſſen

beleuchtung . )

mehr 100,000 Gallons per Jahr.

Beispiele von plötzlichem.

anfangen Gas mit auszublasen, und dann nach einem oder Wo eine Quelle in Brand geräth, (Journal für Gas:

es unzweifelhaft daß wir hier vor dem lang gesuchten fossilen Menschen stehen.

Was den osteologischen Charak Griechischer Handel mit Liverpool.

ter anbelangt, so bestätigt er sämmtliche aus der Lagerung

Zu den

geschöpfte Beweise . Die Dicke des Schädels, allem nach der

auswärtigen Ländern mit denen Griechenland einen beson

einer jungen Frau, beträgt auf derHöhe des Frontalſinus 0,014 Met., und übertrifft mithin die bisher in dieser Be

ders lebhaften und einträglichen Handel treibt, gehört England, und hier ist es namentlich Liverpool, das mit

ziehung gemachten Beobachtungen.

seiner griechischen Handelsgemeinde

Der Grundtypus ist

keilförmig, was diesen Schädel in die Familie der Dolicho cephalen einreiht. Er nähert sich der äthiopischen Forma tion : die Stirn ist eng und klein, die sehr ausgebildeten

(außer London und

Manchester) einen der vorzüglichsten englischen Hafenpläge für den griechischen Handel abgibt. Im allgemeinen wur

Seitenwandserhöhungen sind beinahe bis auf den Scheitel

den in England im Jahre 1859 für 11,387,699 Dr. , das gegen, 1864 für 12,096,383 Dr. Waaren aus Griechen

punkt hinaufgerückt.

wie

land eingeführt, und darunter waren Korinthen der Haupt

durch das Zurücktreten der Hinterhauptöffnung und die

gegenstand. Was dagegen Liverpool besonders anlangt, so hat vor kurzem das Finanzministerium in Athen bekannt

Durch dieses Merkmal sowohl,

horizontale Lage des Gehörganges unterscheidet er sich von der celtischen Schädelformation.

Wir heben diese Merk

Echienbeinbildung, kein einziges mit denen harmonirt, welche

gemacht, welcher Art im einzelnen der griechische Handel mit Liverpool im Jahre 1867 gewesen. Der Hauptposten der Einfuhren aus Griechenland bestand aus Korinthen :

sich an den fossilen Menschenresten feststellen lassen,

88,946 Faß (Barelia, jedes zu 50 Okka, und die Okka =

male namentlich deßhalb hervor, weil mit Ausnahme der

die

vor einigen Jahren durch Hrn. Lartet in den Höhlen des

2

Pfd. ) , 1081 Tonnen (jede zu 7 Barelia).

Druck und Verlag der 3. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction: Dr. D. F. Peschel.

Das

Ausland .

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde .

Zweinndwierigster Jahrgang.

Nr. 6.

Augsburg ,

6 Februar

1869.

Inhalt: 1. Die Fürsten des Steinreiches. 2. Fred. Whympers Erforschung des Yukon- Stromes im Alaska-Gebiete (Nord amerika). 3. Das allgemeine geographische Syſtem der Luftſtrömungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Er fenntniß. - 4. Der letzte nordamerikanische Sklavenhändler. 5. Zur Geschichte der holländischen Colonien und überſeeiſchen Ent deckungen. 6. Die lezte englische Parlamentswahl und die Arbeiter. --- 7. Preußens Steinsalzwerke und Wieliczka gegenüber der Geologie und Geognofie.

Die Fürften des Steinreiches .

Das Hüttenfach wird sehr gut repräsentirt durch die Stein und Braunkohlen, das Steinsalz, das Erdpech und

Wie das Thierreich seine durch Größe, Schönheit oder

die zahlreichen Metallerze, während der Metalltechnik die

Seltenheit ausgezeichneten Species hat, die, wie die wil

gediegenen Metalle entsprechen.`

den Kayen (unter denen man den Löwen vielleicht zu aus

Wenn wir als ein weiteres Beiſpiel Mineralien, wie Bittersalz, Glaubersalz, Salpeter, Schwefel, Salmiak und

schließlich als den König der Thiere bezeichnet) oder wie der Adler, der Condor, die Boa, der Elephant, der Wal fisch zu den Großen und Fürsten des Reiches gerechnet werden, und wie sich die Analoga im Pflanzenreiche in den Eucalyptusbäumen

Auſtraliens , den californiſchen

ähnliche zusammenfassen, so versteht ein jeder leicht daß wir die Pharmaceuten und Mediciner im Sinne haben. Die Physiker und Chemiker recrutiren sich zwar aus allen möglichen Familien, doch bleiben vorzüglich für die

Mammuthbäumen, den Cedern, Agaven, manchen Cacteen

ersteren einige Mineralien besonders significant, wie der

und anderen durch Schönheit und Größe sich auszeichnen

das Licht doppelt brechende Kalkspath, der in Bezug auf

den Pflanzen nachweisen lassen, so hat auch das Mineral

Polarisation und elektrisches Verhalten so intereſſante Tur

reich seine Aristokratie, seine Großen, Fürſten und Könige, die man sehr bezeichnend Edelsteine genannt hat."

malin, der Bergkrystall, der für die Entdeckungsgeschichte des Magnetismus und der Elektricität so wichtige Magnet:

Ihnen steht ein tüchtiger Bauernstand und eine zahl reiche Bourgeoisie gegenüber. Wenn man zu dem erſteren hauptsächlich die kieselhaltigen Mineralien, wie den gemei

eiſenſtein und Bernstein, der Asbest, das unentbehrliche Quecksilber, das Platin und ähnliche.

Insofern diese für

die Bereicherung unseres Wissens von entscheidendem Ein

nen Quarz mit dem wenig beliebten Sande, die große Familie der Thone, die weitverbreiteten Feldspathe, denen auch unser gewöhnlicher Feldstein angehört, rechnen kann, so umfaßt der Bürgerstand eine große Reihe von Ge

fluß gewesen sind und zur Ausbildung unserer Forschungs methoden wesentlich beigetragen haben, können sie als die Vertreter des Gelehrtenstandes im allgemeinen angesehen werden (die Naturphilosophen etwa ausgenommen, welche

schlechtern , in denen eine einigermaßen bewegliche Phantasie

eine auf Erfahrung beruhende Naturerkenntniß zu ihren

sogar die verschiedenen Berufsclaſſen der menschlichen Ge

Apriori-Constructionen nicht nöthig zu haben glauben !). Die Schriftsteller unter ihnen kann man sich außerdem

sellschaft wiedergeſpiegelt finden kann. Wir sehen z. B. den ehrsamen Handwerkerſtand und die Technik vertreten durch die in den Gewerben sich nüß

noch durch den Schriftgranit und das Schrifterz (Schrifts tellur) besonders repräsentirt denken.

lich machenden Kalk- und Sandsteine, die Schiefer, den

Auch an großen Reisenden fehlt es nicht, die fern von

plaſtiſchen (Töpfer-) und Betonthon, den Gyps, die Kreide,

der ursprünglichen Heimath als erratische Blöcke auftreten, während die Marine durch den Wasserkies, das Seesalz,

die Porzellanerde und den Alaun, den Flußspath und Serpentin, den Polirschiefer und Tripel, den Borax und viele andere. 1 S. das Nähere Ausland 1868, S. 166. Ausland. 1869. Nr. 6.

den Meerschaum und den Aquamarin vertreten ist. Den Zeichnern und Malern bleibt der Graphit, der Zeichnenschiefer (schwarze Kreide) und lithographische Kalk 16

122

Die Fürsten des Steinreiches.

der Zinnober, Oker

Wenden wir uns nun unserm eigentlichen Thema, den

und andere, Pigmente liefernde Fossilien ; den Bildhauern

Edelsteinen zu, die als Steinadel natürlich eine besondere Betrachtung beanspruchen. Schon in den ältesten Zeiten spielten die Edelsteine eine große Rolle; man schäßte sie wegen ihrer Festigkeit,

stein,

der Lasurſtein (Ultramarin),

die verschiedenen Marmorarten und der dichte Sandstein. Für die Musiker findet sich ein sehr bezeichnendes Ge stein : der Phonolith oder Klingſtein. Wir wissen nicht ob diese Künstler mit uns zufrieden sein werden , wenn wir dem componirenden Theile unter ihnen außerdem das formenschöne und gestaltenreiche Gebiet der Krystalle zu weisen, das freilich seine stereotyp gewordenen Rhythmen aus edlem und unedlem Materiale aufbaut und keine Zu kunftskünſtler aufzuweisen hat, glauben aber wenigstens keinen unglücklicheren Vergleich gewagt zu haben als Schlegel, welcher bekanntlich die Architektur eine gefrorene Musik nannte. In Betreff der professionirten Jünger Terpsichorens ge rathen wir in Verlegenheit, wenn wir ihnen nicht etwa die feurigen Steine gegenüberstellen sollen welche aus dem glühenden Schoße unserer Vulcane emporspringen, und, zum Himmel anstrebend, doch ſtets wieder zur Erde zurück ſinken, alles ihnen nahende versengend. Oder vergleichen wir sie passender mit dem Mühlstein, der vorzugsweise aus Frankreich (aus den Quarzlagern im Süßwasserkalke des Tertiärgebirges bei Ferté-sous - Jouarre und Montmirail) kommt, für den besten Mahlstein gilt und durch seine dre hende Bewegung die Schäße ackerbautreibender reicher Grundbesizer so vortrefflich zu verarbeiten versteht ? Wenn dem Kaufmannsstande Gold, Silber und Kupfer, aus welchen unsere Münzen geschlagen werden, speciell entsprechen, so wird derselbe doch außerdem von sämmt:

ihrer Durchsichtigkeit, ihres Glanzes und Lichtbrechungs vermögens und ihrer zum Theil prachtvollen Farben, wie wir dieß heute noch thun. Die ältesten Sagen der Inder erzählten von ihnen, nicht minder die der übrigen alten. Völker. Nach Herodot trugen die Babylonier und Aethio pier seit uralten Zeiten Ringe mit geschnittenen Steinen ; die Beweise hierfür finden sich in dem Schutte der älte ſten bekannten Baudenkmäler, den Ruinen von Babylon und Ninive, reichlich vor. Die Babylonier waren in der Kunst Steine zu bohren selbst hinter der Neuzeit nicht zurück, wie die großen in der Are durchbohrten Cylinder aus Carneol und Hornstein, die man noch jest massen weise findet und welche als Amulete dienten, beweisen. In den Todtenkammern Thebens, den Pyramiden fin

den sich Mumien mit Steinschmuck geziert ; besonders findet man Ohrgehänge von Achat und den verwandten Steinen . ebenso die gewöhnlich durchbohrten und mit Hieroglyphen beschriebenen Scarabäen- Gemmen, d. h. geschnittene Steine, mit dem Bilde des Scarabäus oder heiligen Mistkäfers (Ateuchus sacer), welche als Amulete getragen wurden. Bei den Juden war das Tragen der Ringe mit Siegel steinen schon zur Zeit des Erzvaters Jacob gebräuchlich, denn sein Sohn Juda gab der Thamar seinen Siegelring, den er an einer Echnur um den Hals trug, zum Pfande

lichen Classen und Familien vertreten, denn alle begünsti

(1. Moj. 38, 18) , und Pharao beschenkte den Joseph bei

gen einen regen Wechselverkehr durch Tausch und Kauf,

ſeiner Erhebung zum Statthalter mit seinem Siegelringe. Zu Moses Zeiten war die Kunst Steine zu schleifen,

wie jeder der Mineralien sammelt weiß. Zulegt wollen wir auch unseres lieben Militärs nicht vergessen, das wohl am würdigsten durch die zu gewalti ger Phalanx aufgethürmten, ans Feuer gewöhnten pluto nischen Gesteine: Granit, Gneis, Porphyr, Basalt und Syenit repräsentirt wird. Den Feuerstein dürfen wir, ohne uns lächerlich zu machen, bei der jeßigen Vervoll

zu bohren und zu schneiden jedenfalls schon weit vor geschritten , denn er spricht (2. Mos. 28, 9-12) schon von zwei " Onychsteinen “ (Onyx), welche auf die Schulter des Hohenpriester-Rockes geheftet und in welche die Namen der Kinder Israel gegraben werden sollten, und zwar

kommnung unserer Hinterlader nicht mehr als einen mili :

durch die Steinschneider, die da Siegel graben. " Und weiter hin (V. 15-21 ) , wo von der Anfertigung der

tärischen Stein anführen.

Es finden sich übrigens in jenen

,,Amtsschildleins " (Choschen) Aarons die Rede ist, wird

Massengesteinen Mitglieder der verschiedensten Claſſen als

angeordnet daß dasselbe mit vier Reihen Steinen gefüllt wer den sollte, von denen die erste Reihe ein „ Sarder, Topa

Bestandtheile vor, es herrscht also allgemeine Wehrpflicht beim Steinmilitär ;

dasselbe hat darin einen Vorzug vor

dem menschlichen, daß es keine Unterhaltungskosten verur sacht und sich niemals vor dem Feinde (Luft und Wasser) zurückzieht. Möge es bald gelingen 1 Deutschland durch

ser, Emaragd ; die andere ein Rubin, Saphir, Demant ; die dritte ein Lyncurer, Achat (Schebo), Amethyst; die vierte ein Türkis, Onych, Jaspis " sein, und die alle in

diesen tapfern Stand (oder trotz ihm !) einiger zu sehen,

Gold gefaßt werden sollten ; sie sollten weiter die zwölf Namen der Kinder Israel enthalten, gegraben von Stein

als es die Mineralogen bisher in der Eintheilung ihres

schneidern."

Stoffes gewesen sind. Für zwei Stände nur will es uns nicht gelingen Re

Auch das Hauptgößenbild der Araber, der Gott Ho bal (Ha-Baal, Jupiter) in Mekka, eine aus Achat ge

präsentanten zu finden : die Dichter und die Theologen, welche aber, da sie mehr im Himmel als auf der Erde zu

Er wurde von dem unter David ausgewanderten Stamm

Hause zu sein pflegen, ohnedieß nur mit Verachtung auf

Simeon, welcher dem Baal diente, nach Mekka gebracht,

unsere staubigen Vergleiche herabsehen werden ,

und ſpäter von Muhammed, nach deſſen Meinung er vierzig

geschnittene männliche Figur, stammte von den Juden.

Die Fürsten des Steinreiches.

Jahre älter als der Tempel Salomons war , in Stücke geschlagen. Bei den Griechen erlangte der Luxus mit edlen und

123

schen Cylindergemmen, müssen schwarz oder noch lieber braun sein, und in der Mitte einen breiten weißen Streifen haben.

Sie sind 1/2 bis 3 Zoll lang, in der Axe durch

Ihre auf uns

bohrt und werden von den Schleifern „ Oliven “ genannt.

gekommenen Gemmen und Cameen werden noch heute als

Andere Amulete haben die Form und Größe von Zünd hütchen, wieder andere die von Walzen, nie aber darf der

und geschnittenen Steinen seinen Höhepunkt.

Kunstwerke ersten Ranges bewundert. Berühmte Stein schneider des Alterthums waren Diodor von Samos, der den Ring Polykrates schnitt, und Pyrgoteles, der Steinschneider Alexander des Großen.

Im 16. Jahrhundert waren in

Italien Gio . Bernardi und Dominico de' Camei berühmt. Es konnte nicht fehlen daß man den Edelsteinen wegen

ihrer ausgezeichneten Eigenschaften im Alterthum und Mittelalter allerhand wunderbare Kräfte zuschrieb : bald sollten sie unsichtbar machen, bald vor bösen Geistern schüßen oder allerhand Uebel heilen, und man trug sie als Amulete zum Schuß gegen Bezauberung, Vergiftung und Krankheit.

weiße Streifen in der Mitte fehlen. Leider aber ist dieser Wunderglaube auch bei den gebil detsten unserer modernen Culturvölker noch immer nicht völlig ausgerottet. Glaubte sich doch der Marschall Canrobert in der Schlacht an der Alma nur durch die Wirkung eines Amu lets gerettet, und die Kaiſerin Eugenie trägt keinen Opal, weil ſie glaubt daß er Unglück bringe !

Daß in dem Feldzuge

von 1866 die meisten Leichen der in Böhmen gefallenen Desterreicher mit Amuleten versehen waren, ist bekannt. Wenn nun auch die Leuchte der unerbittlichen Wiſſen schaft dieſe myſtiſchen Nebel zerstreut, und die Edelſteine

Die alten Aegypter trugen, wie schon erwähnt, Amulete

dieser scheinbar wohlthätigen Eigenschaften entkleidet hat,

von Achat, Amethyst, Jaspis und Carneol in der Form des Scarabäus. Auch bei den Juden dienten die genann

so ist ihnen doch ihr wahrer Werth, der in ihrer Schönheit

ten und andere mit magischen Formeln beschriebene Steine,

noch ein imaginärer Werth, der diesen Steinen bei ausnahms

welche als heilig verehrt und „ Maccebas “ genannt wurden,

weiser Größe, ganz besonderer Reinheit, oder seltener völlig

als Amulete.

Der hebräische Name für Amethyst bedeutet

„Traumerreger."

und Dauerhaftigkeit beruht, geblieben. Hierzu kommt freilich

abweichender Färbung beigelegt wird, oder in dem seltenen Vorkommen, so wie auch in dem ganz besonders gelungenen

Die Babylonier trugen Amulete in Cylinderform am

Schliff beruht.

Was den letzteren anbetrifft, so ist es hier

magiſchen Figuren, den Abbildungen verkrüppelter Men

wie im Leben ; der Junker Hans gilt nichts, wie er vom Lande herkommt ; er muß sich erst Façon" aneignen, er

schen, heiliger Zahlen und Gestirne bedeckt.

Die Perser

muß erst die hohe Schule der Steinschleiferei in Amster

Halse ; dieselben waren gewöhnlich

mit

eingeschnittenen

in ihrer Are durchbohrte Chalce

dam durchmachen, um „ Schliff" zu bekommen, ehe er zum

done ; von ihnen und den Arabern wurden dieſelben Ta lismane genannt.

Eintritt in die noble Gesellschaft berechtigt, ehe er salonfähig

Die Griechen und Römer trugen ebenfalls Steinamu lete , erstere als Ringe , lettere am Halse . Nach ihrem

es ist für die Wirkung und die darauf ſich ſtüßende Schäßung

Glauben schüßte der Achat vor bösen Gedanken und ließ nicht liebetrunken werden ; der Amethyst bewahrte vor Trun

und bei einem zuſammengesezten Schmuck achtet man sehr wohl darauf, in welcher Gesellschaft sich der Hr. Graf Solitäre aufhält.

trugen walzenförmige,

fenheit ; der klare Bergkrystall vertrieb den Schwindel, und wer mit einem solchen Krystall in der Hand im Tempel flehte, dessen Wünsche mußte die Gottheit erhören. Bis zur äußersten Sinnlosigkeit ausgedehnt und in der speciellsten Weise entwickelt wurde der Aberglaube an die Wunderkraft der Steine im Mittelalter.

Wenn nun auch dieser Wunderglaube in der Neuzeit abgenommen und wenigstens bei den cuitivirten Völkern großentheils aufgehört hat, so findet er sich doch noch bei den auf niedrigerer Culturstufe stehenden, und bei den muhammedanischen und einigen andern östlichen Völkern werden noch sehr viel Steinamulete getragen.

Bei den

Negern stehen die Talismane noch in so hohem Ansehen

oder gar hoffähig ist !

Und Kleider machen auch Leute ;

eines Juwels nicht gleichgültig, wie dasselbe „gefaßt" ist,

Treten wir nun den einzelnen Vertretern des Stein: adels näher.

Wir gelangen zur eigentlichen Aristokratie erst vermittelst eines Ueberganges, der sich durch den in vieler Beziehung interessanten Halbadel " darstellt. Wir begnügen uns jedoch, hier nur die Namen der wichtigsten Vertreter desselben anzuführen, um nicht zu weit von un serm engern Thema abzuschweifen . Sie gehören fast alle zu den krystallinischen Quarzen und bestehen in der Haupt sache aus Kieselerde. Da ist zunächst der durchsichtige Bergkrystall (Kry: ſtallos der Alten) mit den Abänderungen des Rauchtopaſes, Citrins und irisirenden Quarzes. Dann folgt der Ame

daß sie massenweise in das ägyptischen Sudan versandt wer den, so daß ihre Fabrication von der größten Wichtigkeit

thyst, der Prasem, der Aventurin.

ür die Achatinduſtrie iſt. Nach Lange wurden sie in den lezten Jahren für hunderttausende von Thalern ausgeführt, und bildeten zeitweilig den Hauptartikel der Fabrik in

bereits im Alterthum berühmte Achat ist.

Jdar !

Diese Talismane haben die Form der altbabyloni

Dann der schon in der

Bibel genannte Chalcedon, dessen gestreifte Varietät der Von letterem

unterscheidet man verschiedene Arten ; wir nennen nur den Band , Regenbogen und Trümmerachat.

Hierher gehören

auch der Carneol, der Sarder, der Onyx und Sardonyx,

Die Fürsten des Steinreiches.

124

welche letteren vorzugsweise zu geschnittenen Ringsteinen benutzt werden ; Verwandte sind Plasma, Heliotrop und Cachalong. Berühmt und bekannt sind auch die verschie

wird der edle Turmalin polar, das heißt an einem (dem flächenreicheren) Ende positiv, am andern negativ elektrisch. Der Turmalin ist sehr verbreitet und kommt, außer in

denen Jaspis Arten, unter denen wir den Band- und Por cellanjaspis , sowie den braunen Niljaspis hervorheben.

Deutschland, noch in Böhmen, Tirol, den Alpen, Frank reich (Pyrenäen), Echottland, Ekandinavien, dann in Grön

Hierher gehört auch der Nickel enthaltende Chrysopras.

land, Sibirien und auf Ceylon und Madagaskar vor.

Dann reiht sich an der schönes Farbenspiel zeigende edle Opal mit der Abart Hydrophan. Zuleßt nennen wir die

Als Edelsteine werden namentlich die durchsichtigen grünen, blauen und rothen Varietäten benut.

Granate, unter denen man den gemeinen Granat oder Grossular, und den edlen Granat oder Almandin (auch

Edler und vornehmer ist die Familie Beryll, schon den Alten bekannt (beryllion des Diodor) und aus Kiesel-,

Karfunkel genannt) unterscheidet.

Thon und Beryllerde bestehend ; sie zerfällt in zwei Sei

Sie führen uns zur

höhern Aristokratie des Steinreiches, den eigentlichen Edel steinen. Diese zeichnen sich vor den halbedlen Steinen durch

tenlinien, deren vornehmste durch den fürstlichen Smaragd repräsentirt wird, von Herodot, Theophrast und Plinius übereinstimmend smaragdos von den Arabern zamarrut

eine noch größere Härte (sie gehören zu den härtesten be kannten Körpern), oft auch durch stärkeren Glanz und

genannt. Wer kennt nicht die prächtige nach ihm

prächtigere Farben, sowie durch eine nicht gewöhnliche Zu

Farbe in der er prangt ; sie rührt von beigemengtem Chromoryd her. Daß die Alten den wirklichen Smaragd

sammenseßung aus.

Den edelsten unter ihnen fehlt die

gemeine Kieselerde ganz. Wir beginnen mit den wenig bekannten Axinit und Chrysolith (die freilich mineralogiſch nicht zuſammengehören), und die wir nur nennen.

genannte

kannten, beweisen die in den Ruinen Roms gefundenen Zierrathen; auch als Schmuck ägyptischer Mumien kommt er vor.

Doch werden auch von Plinius eine Reihe von

grünen Steinen angeführt, welche offenbar keine Smaragde waren, z. B. die auch von Theophrast besprochenen Obe

Dann folgt Graf Turmalin, zu den intelligentesten Vertretern des Steinadels gehörig, denn er wird vielfach in wissenschaftlichen Kreisen genannt ; sein Name soll cey lanisch sein. In einem merkwürdigen Buche: „ Curiöse Speculationes zu eigener nächtlicher Zeitver

bey schlaflosen Nächten

kürzung, aufgezeichnet von einem Liebhaber, der Immer Gern Speculiret. Leipzig 1708 " wird erzählt daß anno 1703 die Holländer einen von Zeylan (Ceylon) kommenden Edelstein, Turmalin oder Turmale genannt, nach Holland

lisken in einem ägyptischen Tempel, welche aus 4 Steinen von 40 Ellen Länge und 2-4 Ellen Breite (!) bestanden, während Smaragdsäulen von 22 Linien Länge und 20 Linien Dicke schon zu den bedeutendsten gehören. Im Mittelalter findet sich der Smaragd in alten Kir chenschäßen des achten Jahrhunderts und die päpstliche Tiara enthält eine Säule von 1 Zoll Länge und 3 Zoll Dicke, welche sich bereits zu Papst Julius II Zeiten zu Rom befand. Erst durch die Entdeckung von Peru wurden Smaragde

brachten, welcher die Eigenschaft habe, heiße Torfasche anzuzie

häufiger, daher auch peruanische Smaragde genannt.

hen und wieder abzuſtoßen ; er wurde deßhalb von den Hollän dern " Aschentrecker " genannt. Der alte bergmännische Name

Incas sollen einen Smaragd in der Größe eines Straußen

Die

eies verehrt haben, den aber die Spanier nicht auffanden.

ist Schörl, worunter freilich noch mancherlei anderes, wie Die Hauptgruben finden sich heutzutage im Tunkathal un Basalt, Hornblende u . s. w., verstanden wurde.

Der Turmalin kommt in den verschiedensten Farben vor : grün, blau, roth, braun und schwarz, auch farblos (selten wasserhell). Die chemische Zusammensetzung ist eine sehr complicirte und schwankende. Er hat die Eigenſchaft in manchen Varietäten das Licht vollkommen zu polari

weit Carthago, wo der Stein im Kalkspath des Thonſchie: fergebirges bricht. Die Kostbarkeit des Smaragds erhellt daraus, daß im Jahr 1818 in St. Petersburg eine handgroße Druse mit

siren, und findet deßhalb vielfache Anwendung in der Optik ;

fingerdicken Krystallen 22 000 Rubel koſten ſollte ! Es war daher ein hochwichtiger Fund als 1830 ein Köhler in der Ge gend von Katharinenburg beim Ausgraben von Baum

namentlich eignen sich die grünen, durchsichtigen hierzu sehr, doch können wir hierauf nicht näher eingehen. Sehr

wurzeln ein größeres Smaragdlager im Glimmerſchiefer entdeckte. Einer der größten Smaragde ist wohl der in der

merkwürdig ist auch seine Fähigkeit durch Erwärmen elek trisch zu werden, Pyroelektricität zu zeigen, woraus sich

Sammlung des kaiserlich ruſſiſchen Bergcorps befindliche ; es ist ein Krystall von 8 Zoll Länge und 5 Zoll Dicke. Eben so war auf der Londoner Weltausstellung von 1851

der Name Aschentrecker erklärt. Schon Theophrast spricht von einem Lyng, der Stroh und kleine Späne wie Bern stem anziehen solle ; möglich daß er den Turmalin meinte.

ein koloſſaler (ungeſchliffener) Smaragd des Herzogs von De vonshire ausgestellt.

Linné gab ihm 1747 zuerst den Namen Lapis electricus. Die Elektricität ist nach Hauh zwischen 30 ―――― 80" R. am

Der Smaragd findet sich außer an den angegebenen Orten bei Salzburg und im Orient, im Gebirge Zahara (?) am ro

ſtärksten (bei weiterem Erwärmen hört ſie auf), und zwar

then Meer, am häufigsten aber in Peru.

Fred. Whympers Erforschung des Yukon-Stromes im Alaska-Gebiete (Nordameriká).

Die zweite Seitenlinie bildet der edle Beryll oder Aqua

auszeichnen.

Die Sammlung des

125

Bergcorps in Et.

marin, so genannt wegen seiner schönen bläulich-grünen (meergrünen) Farbe. Doch kommen auch gelbe, blaue und

einen 31½ Pfund schweren Stein ; ein anderer in derselben Sammlung befindlicher wurde am

rosenrothe bis farblose vor.

Fluſſe Urulga in Transbaikalien gefunden und hat 10 Zoll Länge, 6 Zoll Breite bei einem Gewicht von 2512 Pfd.

Sehr schöne Aquamarine

finden sich in Sibirien zu Schaitansk, Glabaschka bei Mur

Petersburg bewahrt

sinsk, besonders aber im Gebirge Adontſchilon (?) , von wo ihn

Der brasilianische Topas tritt in braungelben Säulen

vielleicht schon die Alten über Baktrien holten. Es werden

von verschiedener Klarheit auf, iſt ſeines angenehmen Lich tes wegen sehr geschäßt, verliert aber in der Wärme ſeine

dort seit 1723 im Granit prachtvolle Säulen mit Eiſen ocker überzogen, von Topas, schwarzem Bergkrystall, Wol fram u. s. w. begleitet, gewonnen.

Farbe ; vorsichtig in Asche geglüht, wird er blaß lilafarbig und roth (brasilianischer Rubin).

In den Maiereien von

Am Altai finden sich einen Meter lange himmelblaue,

Capão da Lana und Boa Vista bei Villa Rica werden

aber nicht sehr schöne Krystalle, am Ural schön gelbe und

jährlich gegen 18 Ctr. bergmännisch gewonnen und in Rio Janeiro und Bahia verschliffen.

meergrüne im Schriftgranit von Mursinsk, und bei lehte rem Orte wurde 1828 ein gelblich grüner, vollkommen

Der sächsische Edle residirt hauptsächlich im Voigtlande

klarer Krystall von 10 Zoll Länge und 11½ Zoll Umfang gefunden; er befindet sich in der Sammlung des Berg

bei Auerbach, wo seine Stammveste, der Schneckenſtein (ein

corps und wird auf 42,830 Silberrubel geſchäßt ! Auch in

Namen „ Schneckentopas ; "

Ostindien finden sich große Berylle.

politurfähig.

Berühmt war der Griff am Degen Murats ; er bestand aus einem einzigen Aquamarin, welcher in drei Reihen basaltartiger Facetten geschliffen und sehr schön gefaßt war.

80 Fuß hoher Gneisfelsen) steht, und führt daher auch den er ist blaß weingelb und ſehr

Außer vielen kleinen Krystallen finden sich

in dem ganz von Topasmaſſe durchdrungenen Gestein auch Individuen von 4 Zoll Lange und 2 Zoll Breite. In gelindem Feuer brennen sie sich weiß, in größerer Hiße

Im vorigen Jahre wurde aus einem in Brasilien gefun

verlieren sie Glanz und Durchsichtigkeit.

denen Aquamarin von 15 Pfund, der für 30,000 Francs

wölbe in Dresden werden prachtvolle Garnituren von Schneckentopas aufbewahrt.

erworben worden war, eine Büſte des Kaiſers Napoleon III geschliffen. Sehr geſchäßt unter den Großen des Steinreiches sind die Abkömmlinge aus der edlen Familie der Topase. Der Agatharchides (130 Name stammt aus dem Alterthum.

Im grünen Ge

Man legt den sächsischen Topasen meist eine Folie von Gold unter. Merkwürdig sind noch die farblosen Topase oder soge

v. Chr.) erzählt von einer Schlangeninsel (Ophiode) im rothen Meere, auf welcher man Nachts auf Befehl des

nannten Waſſertropfen (Pingos d'agoa), welche von einer Klarheit und Politurfähigkeit sind, wie sie selbst der Berg krystall nicht erreicht ; sie finden sich als Geschiebe in Rio

Königs den leuchtenden ,,topazion " suche, welcher durch

Belmonte (Minas novas ) und haben häufig einen Stich

ſichtig wie Glas ſei, und in Gold gefaßt gar prächtig aus jebe. Plinius versteht darunter einen grünen Stein, der

ins Grüne. Wegen ihrer Klarheit werden sie sogar zu Brillengläsern zerspalten und geschliffen und öfter mit Dia

auf einer von Nebel eingehüllten Insel Topazos im rothen

manten verwechselt, was noch dadurch unterstützt wird daß der Topas dasselbe specifische Gewicht hat ; er ist wie der

Meere gefunden werde ; „ topazin“ heiße in der Troglody: ten-Sprache suchen. " Man braucht sich jedoch heutzutage nicht nach jener mythischen Insel zu bemühen, der Stein findet sich reichlich in verschiedenen Ländern, freilich nach Farbe, Gestalt und Größe sehr verschieden.

Die Farbe ist

Diamant 3mal so schwer als Waſſer. Die kleinen wasserhellen Topase von Miast im Flmen: gebirge übertreffen an Flächenreichthum alle anderen be kannten. In Neuholland kommen grünliche und gelbliche vor, deren Splitter bei starker Vergrößerung viele Höhlen.

gelblichweiß bis honiggelb , auch röthlich und hellgrün, farblos und bisweilen wasserhell. Die chemische Zusam

zeigen, aus denen Flüssigkeit ausfließt.

mensetzung zeigt Tbonerde, Kieselerde und Fluor.

pase finden sich in Indien, besonders schön auch zu Mukla

Der Topas besigt doppelte Strahlenbrechung und wird sowohl durch Erwärmen als durch Reiben elektrisch ; be

in Kleinasien. Außerdem kommt der Topas noch vor in Schottland, am Altai, Ural, Kaukasus und als Aus:

sonders einige sächsische Topase werden schon durch schwaches

würfling des Vesuvs !

Reiben mit dem Finger deutlich elektrisch. Man theilt die Abkömmlinge der Familie nach ihrer Heimath ein und unterscheidet hauptsächlich sibiriſche, bra Der sibirische ist von silianische und sächsische Topaſe. grünlicher Farbe und wird darum auch öfter Aquamarin genannt.

Safrangelbe To

(Fortsetzung folgt. )

Fred. Whympers Erforschung des Yukon-Stromes

Er bricht in der Nähe von Murſinskim Granit im Alaska-Gebiete (Nordamerika) .

und wird in Katharinenburg verschliffen. an

Hier finden sich

Größe und Pracht unübertroffene Exemplare, unter

Die Erbauer der asiatisch-amerikanischen Telegraphenlei

und honiggelben

tung blieben an dem Gestade des Norton- Sundes unter 17

denen sich namentlich die klaren, wein Ausland. 1869. Nr. 6.

Fred. Whympers Erforschung des Yukon- Stromes im Alaska- Gebiete (Nordamerika).

126

163

165

159

161

157

155

153

151

149

147 145 ten e Vale RatupinInd c အာ Por Schneeb erbe 66 Yu ko nF FYukon l

66

tes

ts

RRam /par

Malemu

Stämmetle Co - Yukon aye Co Yukuko luk k u N Nulato ան ւղ Colo Կո 10

M 65

Tananas

64

B

Unalatsch Norton Sund n

ko

L.u.Ft.St Michael

o

Md

Yu

64

The

Jag ele tes Mmm mmm

a

65

Der untere und mittlere

63

63 Lauf des Yukon

1

im

Alaska - Gebiete

Andreayski nach Whymper.

62

165

163

161

159

157

155

153

151

149

62

147

145

den Malemuten bei Unalatschlit zurück, während Whymper

sich wölbt, im Mittelpunkt mit einer Deffnung zum Abzie

an einer Erforschung des Yukon

hen des Rauches versehen. Bei mildem Wetter ist der Nachts, Eingangstunnel nichts weiter als eine Cloake.

theilnahm .

Ein Blick

auf unser Kärtchen lehrt daß man den Yukon von Una

bedienen sich die Russen leichter Schlitten aus Birken , deren

wenn das Herdfeuer niedergebrannt ist, werden alle halb verkohlten Scheiter durch das Rauchloch hinausgeworfen und dieses mit Fellen dicht verschlossen, wie auch der Ein Rauch und gang durch Pelzvorhänge abgesperrt wird.

Kniee aus dem Holze der Sprossenfichte verfertigt werden,

fohlensaure Gase entströmen

während zu

glühenden Asche. Dazu mischen sich die Gerüche der stark zusammengedrängten schmußigen Menschen, der mehr oder

latschlit mit Umgehung des untern Laufes durch eine kurze Ueberlandwanderung von etwa 36 deutschen Meilen errei chen kann. Auf dieser Strecke oder diesem " Trageplay"

den Schleifhölzern Bein verwendet wird.

Hunde sind nicht im Ueberfluß vorhanden, auch die vor handenen nicht so brauchbar wie die kamtschadalischen, insofern sie sich nicht völlig zähmen lassen, auch sonst zwischen Wolf und Haushund die Mitte halten. Mit vier Schlitten und je fünf Hunden für jeden brachen die

nun nachträglich noch der

weniger faulen Fische, des verdorbenen Fleisches , der alten Mittlerweile haben Lederkleider und der jungen Hunde. die alten Hunde ihr Lager außen auf dem warmen Dache aufgeschlagen, aber bald entspinnt sich Kampf und Fehde

folgten anfangs dem Unalatschlitflusse, der etwa so breit ist wie die Themse bei Hampton und mit Ausnahme der

zwischen ihnen, und ein unvorsichtiges Thier wird nach dem Rauchloche gedrängt, durch welches es in die glühende Asche herabfällt und dort nicht nur die Küchengeschirre

Stellen wo Strömungen oder Wasserfälle es hinderten, fest zugefroren war. Die Nacht wurde im Freien zuge

umwirft, sondern zu den vielen vorhandenen Gasen noch ein neues hinzufügt welches bei der Verbrennung von

bracht auf einer Streu von Tannenzweigen und unter

Haaren sich entwickelt.

einer Decke

Tage wurde Igtigalik, ein Dorf der Ingelete- Indianer erreicht, die sich durch Sprache gänzlich von den Male:

Bellen der unglückliche Hund so eilig wie möglich den Rückzug an. Der Gebrauch von Taschentüchern gilt den Ingeleten als entbehrlich, wie dieß namentlich bei kleinen

muten der Küste, dagegen nur mundartlich von den Co Yukon-Stämmen unterscheiden, deren Sprache bis zum

sowohl geschnupft als geraucht von beiden Geschlechtern,

Wanderer am 27 October 1866 von der Küste auf und

aus Rehfellen bei -12° R.

Am nächsten

Fort Yukon sich ausbreitet. Die Wohnungen der Inge leten liegen unter der Erde, zunächst jedoch gelangt man in eine Holzhütte, in welcher ein senkrechter Schacht ab

Natürlich tritt unter Heulen und

Kindern sichtbar wird, dafür wird um so fleißiger Tabak

von den Frauen indessen nur gelegentlich. Wie gewissen haft die Ingeleten Wasser und Seife vermeiden, wurde offenkundig als der Arzt der Telegraphenerbauer einem

durchkrochen werden muß, bis man zum Wohnungsraum

Eingebornen, der über Brustschmerzen klagte, ein mächtiges Zugpflaster auf die Haut legte. Er erwartete am andern

gelangt, einer großen Grube, über welche domartig ein Dach

Tage eine gewaltige Blase zu finden, allein unter dem

wärts führt, worauf erst wieder

ein niedriger Tunnel

Fred. Whympers Erforschung des Yukon-Stromes im Alaska-Gebiete (Nordamerika).

127

Pflaster kam, seit undenklichen Zeiten zum erstenmal viel

lagen.

leicht, wieder die reine Haut unverlegt hervor, der Patient aber erklärte sich als entschieden geheilt.

sichtbar geblieben, wo das Waſſer hastig vorüber schoß.

Am 3 Nov. erreichte Whymper mit seinen Gefährten Ulukuk, eine kleine Ortſchaft am Flüßchen gleichen Namens, das Para dies derIngeleten wegen der Fülle von Fischen, Geflügel und Wildpret in und an dem Gewässer, in welches nämlich eine

Nur hie und da war ein offener Streifen noch

Der Fluß war dort etwa eine deutsche Meile breit und seine Quelle lag von dort noch 400 deutsche Meilen ent fernt, so daß der Yukon also zu den Strömen erster Ord nung noch gehört. Am 12. und 13. Nov. wurde in der Ingelete Ortschaft Coltog gerastet, und am 14. die Schlit

Anzahl warmer Quellen mündet und dessen Gefäll zugleich

tenreise auf dem Yukon fortgesetzt.

so reißend ist daß es nur höchst selten zugefriert ,

in beträchtlichen Windungen ſich krümmt, kamen die Wan derer doch viel rascher vorwärts als auf dem festen Lande,

in

Folge dessen selbst im Winter die aufgestellten Reußen mit Fischen sich füllen. Schon anfangs -merkten die Erforscher daß sie bei den Rothhäuten mit Pug und Tand viel weni ger gute Geschäfte schließen konnten als mit nützlichem

Obgleich der Strom

nur hie und da verursachten die Schollenkämme, die vor dem völligen Gefrieren durch das Zuſammenstoßen von Eisfeldern an ihren Rändern sich gebildet hatten, Verzögerungen und

Hausrath, wie Aexten , Messern, Pulver, Zündhütchen,

Beschwerden. Nachdem man am 15 einem Schlittenzuge von

Feuersteinen und Kugeln. „ Pharaoſchlangen, “ damals in San Francisco die neueste der Neuigkeiten, wurden den

Ruſſen und Eingeborenen begegnet war, die von Nulato ab

Eingebornen ebenfalls vorgezeigt , und dasselbe chemische Spielwerk entzückte daher die kindlichen Gemüther europäi

wärts zogen, erreichte man noch am nämlichen Tage dieses "Fort," das vorläufige Ziel und Winterquartier der Reisenden. Bis Nulato waren Malakoff und Derabin, Beamte der ruſſi

scher Hauptstädte und der Ortschaften am äußersten Ende der Neuen Welt.

schen Pelzhandelsgesellschaft erſt 1838 und 1839 vorgedrun

Das Wandern wurde bedeutend erschwert durch den nothwendigen Gebrauch der Schneeschuhe. Sie werden

long. 157° 58′ 18 ″ W. Greenw.) ' das bei Zagoskins An wesenheit 1843 vollendet wurde, und seitdem der nördlichste

aus Birkenbrettchen verfertigt, sind etwa 4

Fuß lang,

vorn breit, abgerundet und aufwärts gebogen, nach hinten zu aber spit zusammenlaufend. Der Fuß wird durch eine

gen, und 1842 begann der Bau des „Forts " (lat. 64° 42 ′ 11 ″

und am meisten binnenwärts gelegene Posten der Ruſſen geblieben ist.

Unter einem Fort hat man sich nicht etwa

Lederschlinge gesteckt die sich in der Mitte befindet und das

eine großartige Befestigung zu denken, sondern nur Ge bäude und Magazine, die mit einem Pfahlwerk umgürtet

Geheimniß des richtigen Gebrauches beſteht darin ganz zu

sind zum Schuß eines Handstreiches gegen die Indianer.

vergessen daß man Schneeschuhe an den Füßen trägt. Wo jemand ohne Schneeschuhe 3 Fuß einsinken würde,

Ausnahmsweise erfreut sich Nulato noch der Beigabe zweier Wachthürme. Das Thor zum Pfahlwerke wurde bei Nacht

jinkt er mit ihnen kaum so viele Zoll ein, weil die Laſt

ſtets, aber auch am Tage so oft geschlossen als Eingebo

des Körpers auf eine größere Fläche vertheilt wird.

rene in der Nähe waren.

Jſt

der Schnee aber weich und feucht, so hängt er sich an den Schneeschuh fest, und dann hat der Fuß oft ein Gewicht von 10 15 Pfd . zu heben oder der Schnee muß unab lässig wieder abgeschüttelt werden.

Ein Marsch von drei

Vor Ankunft der Amerikaner

war auch beständig ein Posten auf der Wache geblieben, eine Vorsicht die nicht überflüssig war, wie man noch spä ter vernehmen wird.

Für die Wintergäste war alle Vor

sorge getroffen, und unter anderm die Fußböden mit Stroh

deutschen Meilen im Tage wurde unter diesen Umständen

belegt worden.

Da es an Holz nicht fehlte, jo ließen sich

als eine ſehr günstige Leiſtung betrachtet. Nachts schlief man im Freien, und zwar nicht unter den Zelten, weil

erträgliche Temperaturen im Junern der Gebäude erzielen, nur blieb fortwährend der Fußboden kalt, so zwar daß

man sonst kein Lagerfeuer hätte anzünden können , sondern

ein nasses Gewand, welches Whymper zum trocknen auf:

hinter einem Segeltuchſchirm der quer vor der Richtung des

gehangen hatte, oben in der Nähe der Decke dampfte,

wehenden Windes ausgespannt wurde und zu Füßen einen

während unten sich Eiszapfen bildeten, und als ein Thermo

stattlichen Scheiterhaufen mit aromatischen Föhrenwedeln .

meter herbeigeholt wurde ergab sich daß oben im Zimmer

Beides vereinigt genügte hinlänglich als Schuß gegen die Kälte. Da sich die Schlittenlasten zu schwer für die Hunde

+ 15° R., am Fußboden aber - 12º R. sich ablesen ließen. Um das Fort herum erreichte der Graswuchs im Sommer

erwiesen, wurde unterwegs ein Stangengerüſt errichtet und

eine üppige Höhe und an Bäumen die sich zu Bauholz

auf der Höhe etliche Säcke zurückgelaſſen. Ueberhaupt hob man auf der Wanderung an mehrere Stellen Vorräthe

eignen ist nirgends ein Mangel.

von Mehl, Thee, Zucker, Schinken auf und holte sie nach und nach wieder herbei.

Alles blieb unberührt, obgleich

Indianer mittlerweile oft denselben Weg gezogen waren. Am 10 Dec. endlich stand Whymper an einem steilen Uferabsturz und schaute hinab auf die mächtige Fläche des Yukon, der zwar mit Eis überdeckt war, dessen Eisfelder aber wiederum bereits unter einem Schneemantel begraben

Diese Angabe verdient

eine besondere Beachtung, da sie für die günstige Erwär mung des östlichen im Vergleich zum westlichen Nord amerika ein lebendiges Zeugniß ablegt. Nulato liegt 30 deutsche Meilen vom Nordpolarkreis entfernt , während in Grönland deſſen Südspite doch noch den 60. Breite : grad berührt, von Bäumen schon keine Rede ist. Sie 1 So lautet die Angabe Zagoskins, während die neue Karte es etwas westlicher verlegt.

Fred. Whympers Erforschung des Yukon-Stromes im Alaska-Gebiete (Nordamerika).

128

fehlen bereits an der Ostküste Labradors, oder treten höch

zusammen und überfielen, eine englische Meile vom Fort

ſtens in geschüßten Fjords und selbst dort nur in zwerg

entfernt,

haftem Wuchse auf, so daß die Verbreitung baumartiger Holzgewächse mindestens um 10 Grad im östlichen Nord

dianer, die in ihren unterirdischen Häusern ruhig schliefen. Die Mörder verschlossen die Rauchfänge, verrammelten

amerika mehr als im westlichen sich dem Pol nähert.

Der

die Eingänge mit Holz , zerbrochenen Kähnen, Schnee:

Yukon friert bei Nulato nicht bis auf den Boden zu.

schuhen u. dgl., und zündeten dann alles Brennbare an,

etwa 40 den Russen befreundete Nulato : In

Wohl sieht man Eistafeln bis zu 9 Fuß Dicke, sie bilden

so daß die Unglücklichen in dem Erdbaue sämmtlich er:

sich aber nur dort wo die Schollen durch Gegendruck über

stickten oder auf dem Versuche zu entfliehen erschossen wur:

den Wasserspiegel gehoben worden waren, denn sonst be

den.

trägt die mittlere Stärke des Eiſes nur 5 Fuß , wahr:

den Hof des Forts, welches damals noch durch kein Pfahl

scheinlich in Folge der warmen

werk gesichert war, und drangen bald in das Haue selbst

Schuß auf der Oberfläche ruht.

Schneedecke welche als

Mit Tagesgrauen zogen hierauf die Co-Yukonen in

Die Bewohner des Forts

ein, wo sie die Ruſſen und Lieutenant Barnard ermor:

können daher, indem sie Gassen im Eise durch Aufhacken

deten. Als aber aus einem Nebengebäude einer der Ruſſen

offen halten, auch im Winter den Fischfang durch aufge

durch das Fenster einen Eingebornen mit einem glücklichen Schuß niederstreckte, stob die Bande auseinander, und bald

stellte Reußen fortseßen, die bisweilen, gefüllt mit „ Weiß fischen, " (sp. ?) herausgezogen werden, oder auch Nalima oder „Schwarzfische " liefern, von welchen letteren aber

traf Succurs für die übrigen Bewohner Nulato's ein. Es hieß wohl daß der Obmann des Forts die Co - Yukonen

nur die Lebern gegessen, alle andern Ueberreste aber an Hunde verfüttert werden.

schlecht behandelt habe, doch ruht auf dem Vorgange selbst

Die winterliche Kälte versteinerte sehr bald alle Mund

doch immer eine Verschuldung auf Seiten der Europäer

vorräthe.

Getrocknete Früchte, Molassen und Fleisch in

noch tiefes Geheimniß.

Im Zweifelsfalle werden wir je

Zinnverschluß mußten mit Aexten auseinander geschlagen

ſuchen müſſen, wie denn unser Verfaſſer ſelbſt mit großer Naivetät ein paar Seiten später sich und seine Gefährten

werden und hätten vortrefflich zur Füllung von Kartätschen büchsen dienen können. Die niedrigsten Temperaturen

einer großen Unvorsichtigkeit anklagt. Die Herren von der Expedition erlaubten sich nämlich die scherzhafte Aeußerung :

stellten sich Anfangs December ein.

Am 26 November war schon das Thermometer plöglich von — 13º R. auf

daß wenn nicht bald frische Vorräthe für sie einträfen, sie schließlich die feisten Kinder in der Nähe aufzehren

22" R. gefallen und ſank hierauf fortwährend bis zum

müßten. Sogleich gieng die Kunde weit ins Land hinaus

5 December, wo es auf 40° R. herabgegangen war. Doch hielt sich die Luft ganz still bei einem hohen Baro

daß die Amerikaner Menschen fräßen.

Man sieht welches

Unheil hier ein einziges leichtsinniges Wort stiften kann,

meterſtande nämlich über 30 Zoll (inches) . Am 7 Decem — ber hob sich wieder die Temperatur und bei 21º R. fiel dicker Schnee. Dann kam am 15 Jan. noch ein Tag mit

bestialisch auszuschreien, wenn sie hin und wieder Gewalt

-36º R., überhaupt aber zählte man 11 Tage im Winter

sehr freundlich und hängen zärtlich an ihrem Erstgebornen.

von 1866 auf 1867 an denen das Quecksilber gefroren

Auch sind sie leidlich hübsch, und beſſern ihre Lebensweise

( — 32º R.) blieb, von denen sechs in den December fielen. Am kürzesten Tage blieb die Sonne 1 St. 50 Min. über

in der Nähe der russischen Posten namentlich in Bezug

dem Horizont.

Dampfbad erbitten welches bei keiner ruſſiſchen Nieder

Der Strom oberhalb Nulato wird von den Co-Yukon Stämmen bewohnt, die zwar verschiedene Namen führen,

und wie ungerecht es ist die Rothhäute für blutgierig und

brauchen.

Die Co- Yukon-Frauen behandeln ihre Kinder

auf Reinlichkeit , so

lassung fehlen darf.

daß sie bisweilen Zutritt zu dem

Ihre Todten beerdigen die Einge

bornen nicht, sondern sehen sie in einem rohen Sarg, der

jedoch die nämliche Sprache mit nur mundartlichen Schat

auf vier hohen Holzfüßen ruht, in irgendeiner Einsamkeit

tirungen reden.

aus ; gewöhnlich geben sie dem Todten einiges von seiner

Diese Sprache ist aber gänzlich verschie

den von dem Malemutischen an der Küste, welches lettere, wie wir früher erwähnten, mit der Sprache der Tschuk

beweglichen Habe, sein Canoe und seine Schneeschuhe mit in oder auf den Sarg. Der Pelzhandel bei Nulato geht

tschen übereinstimmt, alſo aſiatiſchen Ursprungs iſt. Aeußer

nicht sehr flott, vielleicht weil die Ruſſen weder Flinten

lich gleichen die Co- Yukonen den sprachverwandten Inge leten, nur daß ihre Gesichtszüge größere Wildheit aus

noch Schießbedarf als Tauschmittel abgeben, überhaupt

drücken.

Magazinen der Hudsonsbaygesellschaft wandern. Immer hin aber haben die Russen doch schon in einer guten

In der That ist ihnen auch nicht zu trauen,

wie hinter dem Fort der Grabstein des Lieutenants Bar nard bezeugte, der von dem jezigen Admiral Collinſon den

aber sehr farg bezahlen, daher die Indianer lieber zu den

Jahreszeit 5000 Marder, zahlreiche Biberfelle und gele:

Yukon aufwärts gesendet wurde um Erkundigungen über

gentlich auch einen schwarzen oder silbergrauen Fuchs

das Schicksal Sir John Franklins einzuziehen.

erreichte er am 12 Oct. 1850, und gedachte dort die Rück kehr des abwesenden russischen Befehlshabers zu erwarten.

eingehandelt. Nur große und dauerhafte Porzellanperlen finden Abfah, alle zerbrechlichen Sorten werden zurückge wiesen, noch stärker ist die Nachfrage nach Kämmen, Ta

Gegen hundert Co-Yukonen schaarten sich in jenen Tagen

schenspiegeln, Kattun , Stahl mit Feuersteinen ,

Nulato

Meſſern

Fred. Whympers Erforschung des Yukon-Stromes im Alaska-Gebiete (Nordamerika).

129

Im Frühjahr tragen die Co- Yukonen wie

Strom war nämlich belebt mit indianischen Rindenfahr

ihre Nachbarn zum Schuß der Augen gegen Schnee und

zeugen, deren Eigenthümer zu den Messen zogen, die im

Sonnenlicht Brillen, jedoch nicht aus Glas, sondern aus

Frühjahr am Flusse gehalten werden.

zwei ovalen Holzstückchen bestehend, der Quere nach mit

Regen erreichte Whymper am 31. Mai Sachertelontin, den

und Scheeren.

einem schmalen Schlitz versehen, die mit Schnüren,

wie

Unter strömendem

äußersten Punkt den Zagoskin berührt hatte, und wo seine Karte, die einzige vokhandene Karte endigte, so daß die

unsere Masken, über die Augen gebunden werden. Am 5. April stellte sich das erste Thauwetter ein, am

weitere Bergfahrt als eine Entdeckungsreise gelten kann, wenn

9. ließen sich die Stubenfliegen wieder sehen, am 10. be

man den Ausdruck nicht allzu scharf nimmt, denn Pelz

gannen die Knospen der Weiden und niedern Geſträucher

händler sind schon längst zwischen dem Hudsonsbai- Gebiet

ſich zu regen, und nachdem vom 11. -25 . der Winter noch einmal zurückgekehrt war, erschienen am 28. April die

und den ehemals russischen Beſigungen hin und hergezogen.

Gänse und am 5. Mai brach der Yukon stellenweise auf.

wo sie etwa 150 Indianer im höchsten Puz und Farben: schmuck antrafen, von denen einige Zelte aus Baumwollen

Am 12. Mai trat das Waſſer über das Eis, und zeigten

Am 2. Juni landeten die Reisenden bei Newicargut,

sich zuerit die Moskiten, deren Feinde, die Schwalben, am nächsten Tage eintrafen. So sonnig und warm wurde bereits das Wetter daß die Theilnehmer an der amerika

zeug, andere nur Laubhütten aufgeschlagen hatten, welche

nischen Expedition über Mattigkeit und drückende Schwüle

dort sogleich einen lebhaften Tauschverkehr mit Pelzen und

klagten. Erst am 19. Mai begann das Eis auf dem Yukon

Fellen. Als Whymper am 5. Juni wieder abfuhr, begeg= nete er einem soltsamen Schiffbrüchigen, nämlich einem

sich in Bewegung zu sehen, deſſen Spiegel nach und nach

lettere übrigens völlig genügten, da bereits die Luft temperaturen bis zu 18° R. stiegen.

Die Russen begannen

Engländer im Dienste der Hudsonsbai Gesellschaft, der aus

um 14 Fuß stieg. Als am 24. Mai die Eisschollen wie: der spärlicher wurden, rüsteten sich die Erforscher zur Ab

einem Fort entsprungen und mit einem Eingeborenen den

fahrt.

Yukon abwärts gefahren war, bis sein Boot an jener

Whymper und seine Gefährten hatten sich das

Fort Yukon, welches der Hudsonbaigesellschaft gehört, als Ziel erwählt und bedienten sich zur Reise eines kleinen Bootes aus Seehundsfellen.

Auf ihrer Fahrt gaben die

Ruſſen in Nulato ihnen anfangs das Geleit in einem geräumigeren Lederfahrzeug welches mit einem Steuer und einem großen viereckigen Segel versehen war.

Uferstelle umschlug, und er dabei sein Gewehr sammt an dever fahrender Habe einbüßte.

Man hätte ihn gern nach

dem britischen Amerika wieder zurückgebracht, aber er schien seine Gründe zu haben, weßhalb er das Anerbieten aus schlug ; später erfuhr Whymper daß er St. Michael glück

In den

lich erreicht und es wieder am Bord des ersten anlegenden

ersten Tagen war die Fahrt ziemlich beschwerlich , weil noch

Schiffes verlassen hatte. Nuklukayette war der nächste wichtige Plaß wo unser

viel Eisschollen sowie abgerissene Baumstämme abwärts

des Fahrzeuges mit einem Bootshaken dieje Hinderniſſe

Verfasser am 7. Juni eintraf und wo die Russen zurück blieben, die überhaupt nie höher den Strom hinauf zu

oder das Fahrzeug selbst aus dem Wege schieben mußte.

gehen pflegten.

War der Yukon

dianermessen abgehalten und

schwammen und einer der Leute beständig am Schnabel

bei

Nulato nur eine deutsche Viertel

meile breit geweſen, ſo erweiterte er sich oberhalb wieder sehr beträchtlich, ja breitete sich oft genug seenartig aus bis zu einer deutschen Meile von Ufer zu Ufer, reichlich besezt mit Inseln, stets aber für leichtere Fahrzeuge ſchiff bar fast bis auf 400 deutsche Meilen von seiner Mün bung.

So rechtfertigt sich wohl für ihn der Beiname

eines arktischen Mississippi, und jedenfalls ist er ein viel

In Nuklukayette werden die größten In die meisten Geschäfte ge

schlossen, denn dort strömen die pelzthierjagenden Rothhäute von weit und breit zuſammen, auch bemerkte Whymper unter ihnen Leute vom Tananastamme, die in Haut malerei, Federschmuck, Lederstickereien, sowie andern Puz und Tand schwelgen, auch noch am wenigsten verderbt und von der Cultur beleckt erscheinen, und vielleicht als die legten Reste der Rothhäute, wie sie ehemals waren, be:

fiel das Wasser wieder so stark daß sie von einer Schleppleine

trachtet werden dürfen. Am 9. Juni wurde die Bergfahrt fortgesetzt, und zwei Tage später die Stromschnellen" er reicht, von denen die Russen eine übertriebene Schilderung entworfen hatten. Der Etrom, an sich schmal, wird dort

Gebrauch machen durften. Die Lederboote bewährten sich vor

durch eine Felseninsel verengt, an der er vorüber tobt und

trefflich, beſonders wenn Eisschollen unter dem Boden des Kah

schäumt.

mächtigerer Strom als unsere Karten es bisher vermuthen ließen.

Später wurde die Beschiffung erleichtert, denn theils

konnten die Bootsleute günstigen Wind benußen,

theils

nes sich hinwegbewegten, deren Reibung dann den Reisenden sehr deutlich fühlbar wurde, doch trat, eben weil das ela stische Leder nachgab, kein Unfall ein.

Nur die Näthe

litten mit der Zeit, und lösten sich sogar einmal, doch

Doch bleibt zu beiden Seiten noch sicheres Fahr wasser in Fülle. Oberhalb dieser Stromschnellen beginnen die Ramparts. " So haben die Amerikaner eine Strede bezeichnet auf welcher der Yukon zwischen steilen und burg artig ausgewitterten Sandsteinwänden sich hindurchzwän

Fahrzeug wurde ans Ufer gebracht, umgedreht und an Ort

gen muß. In seinen Wassern halten sich um jene Zeit sehr viele Elche (moose-deer, Alces americanus) auf, die,

und Stelle von eingeborenen Frauen ausgebessert. Ausland. 1868. Nr. 6

von den entsetzlichen Moskitoschwärmen aus den Gehölzen 18

konnte der Schaden rasch geheilt werden, denn das leichte

Der

Fred. Whympers Erforschung des Yukon- Stromes im Alaska-Gebiete (Nordamerika).

130

" Millionäre“ und arme Teufel, unter den

vertrieben, im Flusse selbst vor ihren Peinigern Schuß

wie bei uns

suchen.

Millionären wiederum Geizhälſe, die ihre Schäße, nämlich

Unterhalb Nuklukayette werden die Elche schon

Daß man es der Mühe werth

ſelten, und bei Nulato sind sie gar nicht mehr anzutreffen.

Glasperlen, einſcharren.

Ihr Fleisch ist außerordentlich schmackhaft, viel vorzüglicher

hält Glasperlen einzuscharren, darf uns nicht in Verwun

als das vom Reh oder Renthier, die Eingebornen stellen ihnen auch fleißig nach, und es entspinnt sich dabei eine

derung setzen, sonst hätten die Rothhäute ein gleiches Recht darüber zu staunen daß vormals bei uns Goldſtücke ver graben worden sind. Die eine Thorheit ist genau so groß

eigenthümliche Wasserjagd. Die Indianer in ihren Birken rindenkähnen schneiden nämlich den Mushirschen den Weg

als die andere, denn Geld bleibt Geld, mag es in Geſtalt

zum Ufer ab, und treiben sie bis zur völligen Ermüdung im Wasser umber, bis sie ihnen auf den Leib rücken und ſie vom Kahn aus mit einem Dolchstich erreichen können.

Im von Perlen auftreten oder von geprägtem Metall. Fort selbst rechnet man übrigens nach Fellen und zwar ist die Wertheinheit das Biberfell von dem angenommen

Ausgewachsen wiegt das Elch 700 Pfd ., doch bringen ein

wird daß es etwa 2 Schillinge ( 3 Thlr. ) in Münzen

zelne Thiere es sogar bis zu einem Gewicht von 1200 Pfund. Am 22. stieß Whymper auf die ersten Kotsch-a-Kutschin Indianer, die durch größere Reinlichkeit und beſſere Lebens art sich günstig von ihren Stammesverwandten unterschei

und wiederum 2 Marderfellen entspreche.

Auf Whympers

Frage, was ein paar Hosen im Magazin kosteten, erhielt Die Rattenindianer, er daher zur Antwort : sechs Felle. ebenfalls Nachbarn des Forts Yukon,

ein harmloser und

den. Gegen Mittag fuhr man an der Mündung des Rat oder Porcupine Flusses vorüber, von der nur eine halbe

dienstfertiger Menschenschlag , pflegen häufig ihre Handels reisen bis zu den Eskimostämmen au der Küste auszudeh. nen. Sie bedienen sich dabei eines Schlittens, der wohl

engl. Meile entfernt das Fort Yukon liegt, wo die Berg fahrt endigte, die etwa auf 120 deutsche Meilen sich er:

das einfachste Werkzeug seiner Gattung ist, denn er be ſteht nur aus einem Brett, deſſen vorderes Ende durch

ſtreckt und 29 Tage, darunter 26 Schifffahrtstage erfor dert hatte .

Wasserdampf erweicht, dann aufwärts gekrümmt und in dieser Lage durch Riemen festgehalten wird.

Fort Yukon gehört zwar der Hudsonsbay- Geſellſchaft,

Am 8. Juli brachen die Erforscher zu ihrer Thalfahrt

liegt aber schon auf ehemals russischen Boden, jezt also

wieder auf, nachdem sie ihr Lederboot ausgebessert und zur Aushilfe noch zwei Birkenrindenboote erworben hatten.

im Alaskagebiet der Vereinigten Staaten , auch zahlte ehedem die Hudſonsbay- Geſellſchaft für jenen Posten einen Zins an die Ruſſen . Die erste Gründung des Forts fällt in das Jahr 1847, doch wurden die neueren Gebäude erst 1864 begonnen und waren 1867 noch nicht ganz vollendet. Nach den schmutzigen russischen Forts sahen die Reisenden mit großen Behagen sich wieder zwiſchen frisch getünchten Wänden, dazu gesellten sich Fenster mit Glasscheiben, offene Kamine, hübsches Estrich und die größte Sauberkeit aller Orten. An Güte ließ die tägliche Kost nichts zu wünschen

Bei dem günstigen Gefälle des Waſſers legtea sie ohne Unfall

etwa 100 engl. Meilen in 24 Stunden zurück,

ſo daß ſie in fünf Tagen und zwanzig Stunden Nulato abermals erreichten.

Bei Nuklakayette waren die Einge

bornen eifrig mit dem Fischfang beschäftigt , da jezt Die Lachse die Zeit für die Lachse gekommen war. des Yukon sind als Nahrungsmittel nicht zu verachten, viel : mehr so sett daß man sie in der Pfanne ohne Zugabe von Butter oder Del schmoren läßt. Bei Nulato hielten sich die Reisenden nicht lange auf, ſondern ſeßten am 15. ihre Thal

übrig, wohl aber an Mannichfaltigkeit, denn auf geſottenes Elchfleisch folgte Elchfleisch gesotten und auf dieses wieder

fahrt auf dem ihnen nach unbekannten untern Strom

gesottenes Fleisch vom Elch.

Der Posten stand unter dem . Befehl eines Hrn. Mac Dungall, und ein anderer Mac, Hr. Mac Donald bewohnte das Fort als Heidenbekehrer

gebiete fort.

der engl. Kirche. Wohl wird das Fort mit Mehl und Thee versehen, allein diese Vorräthe reichen kaum auf 2

gends sichtbar, sondern die Strömung nur reißender als

Monate. Der nächste von Europäern bewohnte Posten ist La Pierre's Haus, 120 deutsche Meilen oder 20 Tag

Zwei Tage später gelangten sie zu den

untern „ Cataracten, " von denen die Ruſſen wiederum viel Abschreckendes erzählt hatten.

Wahre Fälle waren nir

anderwärts. Die Indianer, welche den untern Lauf be wohnen, erschienen schlechter gekleidet und viel armseliger als ihre Verwandten weiter oberhalb, doch gewahrte man

Porcupine gelegen, und bis zu

bei ihnen selbstverfertigte Koch- und Waſſergeſchirre aus Thon,

Simpson, dem nächsten Fort am Mackenzie, liegt eine Entfernung von 300 deutschen Meilen. Nach wenigen

die eine anerkennenswerthe plaſtiſche Geschicklichkeit verriethen .

Tagen hatten sich wohl an fünfhundert Indianer beim Fort Sie zähl eingefunden und ein Zeltlager aufgeschlagen.

einer regelrechten Verschanzung jedoch ohne Baſtionen. Zwei

fahrten

aufwärts

am

ten zu sehr verschiedenen Stämmen aus Nah und Fern, und zwar gehörten darunter die Kotsch- a kutschin zu den unmittel baren Nachbarn des Forts. Auffallend war bei allen dieſen Leuten daß sich die Männer weit mehr als die Frauen mit Pug behangen hatten.

Es gibt unter ihnen so gut

Am 22 Juli legten die Boote bei dem Fort Andreawski an,

rostige Geschütze lagen vergessen im Hofraum, denn der Posten selbst war schon längere Zeit aufgegeben worden, und nur ein Russe hauste mit einem indianischen Gefährten noch als Einsiedler in der Nähe. Der Eingeborene wurde gewonnen den Bootfahrern als Lootse zu dienen um ihnen den Aphun oder denjenigen Arm des Stromes im Delta zu zeigen, der

Das allgem. geograph. Syſtem der Luftſtrömungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß.

die größte Schiffbarkeit besitzt.

Dort ändert zugleich der

131

Cook's Bucht der Ujakuskutsch, 11,500' hoch, und der Fläman, welcher fortwährend dampft ; der Paulowsky

Yukon seinen Namen in Kwichpak (sprich Kwifpak) wie er von den Eingeborenen und von den Russen genannt wird. während er in der Sprache der Hudsonsbaibeamten Yukona

(56º N.) mit zwei Kratern ist beständig thätig. In Bri tish Columbia, der St. Helens, nördlich vom Columbia

oder der große Strom beißt .

Fluß (46° 12' N.), 14,100 ' hoch, der Gipfel raucht.

Am 23. Juli erreichte

Whymper die See oder den Mund des Apbun und zwei

In Europa.

Auf Island der Hekla (64° N.) 4960'

Tage später seine Gefährten auf der St. Michaels-Insel,

hoch, hat zahlreiche Fumarolen, die leßte Eruption im

ſo daß er also die Strecke von Fort Yukon, etwa 280 deut

Jahre 1845.

sche Meilen, in 15

(71 ° N. 8° W. ) ist wenigstens nicht ohne Thätigkeit ; in

Tagen zurückgelegt hatte, 92 Tage

Auf der Insel Jan Mayen der Bärenberg

davon trafen auf die Strecke von Nulato bis St. Michael.

der Nähe der Esk.

Da er bereits durch Zeitungen im Fort Yukon erfahren

tigen Vulcane zu nennen . In Asien.

hatte daß im Herbst 1866 die Telegrahenleitung durch das atlantische Meer glücklich gelegt worden war, so konnte ihn

Höher im Polargebiet sind keine thä

In Kamtschatka der Schiwelutsch (56".

40 ′ N.), 9800' hoch ;

der Kliutschewskaja Sopka (56° 8'

auch die weitere Kunde nicht mehr überraschen daß die

N.), 15,040' hoch,

Herstellung der aſiatiſch amerikanischen Verbindung aufge

erfolgen die Eruptionen welche in ziemlich regelmäßigen Zeiträumen sich wiederholen ; der Tolbatscha (55" N.).

geben worden sei. Aus den Wahrnehmungen der Telegra phenerbauer bei Grantley Harbour im Port Clarence des

aus

ringsum ſtarrenden Eismaſſen

7800' hoch, dampft fortwährrnd, von Zeit zu Zeit mit

russischen Amerika's ergab sich daß der Boden unter einer

Feuer; der Jupanow

dicken Moosdecke während des Sommers nur bis zu 10 Zoll

dampft beständig ;

Tiefe aufthaute , am Yukon fand man erst auf 15 Zoll die

dampft beständig.

(53" N.), 8990' hoch,

der Gipfel

der Awatscha (33° N.), 8360 ' hoch,

Schicht des ewigen Bodeneises, während auf dem sibirischen

Auf den Kurilen der Alaïd (50° 54′ N.), 15,000 ′

Ufer der Beringsstraße, da wo der Boden aus leichtem

hoch ( ?), raucht beständig ; so auch der Raukoko (48° 16′ N.), der Laruitschef auf Matua, 4220′ hoch, und der Jturup.

Geröll besteht, bis zu 3 Fuß Tiefe das Eis von der Wärme aufgezehrt wurde. Wider Erwarten hatte die Abtheilung am

Im nördlichen Japan, auf der Insel Oſima (41 ° 21 ′

dürftigsten versehen worden war und längere Zeit nur von

N., 136º D.), steht ein hoher stets rauchender Berg mit

Walroßfleisch und Seehundsthran leben mußte, nicht vom Ecarbock gelitten, um so stärker die am Norton Sund, ob

weißem Dampf in dichten Wolken ; die Insel Kosima (41° 21 ′ N., 137" O.) besteht aus einem kleinen Vulcan, nur

gleich sie Mehl und andere vegetabilische Nahrungs mittel hinreichend aus den russischen Niederlagen bezogen

Nippon (42° N. ) ist stets feuerspeiend.

hatte.

sich der Pik Tilesius (41 ° 37′ N.) und der Yesan (40º N.) .

der Telegraphenerbauer bei Port Clarence, welche

690' boch, der beständig raucht.

Der Yake Yama,

auf

Aehnlich verhalten.

Am 6. Sept. fam Oberst Bulkley und holte im Dampfer 2. Im südhemiſphärischen Gebiete der nebeneinan der fließenden und wechselnden Passate , von 400 S. bis zum Pol.

Nightingale seine Getreuen ab, und damit endigte die Un ternehmung des asiatisch- amerikanischen Telegraphenbaues.

In Amerika.

In Chile der Pic von Osorno oder

Llanquihue (41° S. ) , 8600 ' hoch, schwach rauchenv. Im südlichen Polar- Gebiete, Neu- Shetland-Insel (62º Das allgemeine Arömungen

und

S., 60º W. ) ,

geographische Syftem der Luft die Rauchwolken

1800 ′ hoch , dampfend zwischen Eismaſſen ;

drei andere Inseln sind rauchend geſehen, Alexander-Insel

der Vulcane

(69"

., 70° 2.) , Young-Insel und Buckle Insel (66º S.,

163 °

.).

als Mittel zu deren Erkenntniß.

Bon A. Mühry.

Auf Victoria-Land (78° E., 168

D.) wurde

der Erebus, 12,000 ′ hoch, in Eruption geſehen .

(Schluß.)

IV .

IV. Rauchende Bulcane im Gebiete der nebeneinander fließenden und wechselnden Paſſate.

nothwendig ; sie hat schon für sich Werth, aber hier gibt

Jene trockene Aufzählung der rauchenden Vulcane war

ſie eine Auswahl aus den übrigen, damit die reisenden 1.

Auf der Nordhemisphäre , von 370 und 440 und 500 N. bis zum Pol.

und seefahrenden Beobachter wissen können, wo sie mit ziemlicher Sicherheit große natürliche Windweiser antreffen

Im großen Ocean.

Auf den Aleuten, der Ma

I

für die höheren Regionen der Atmosphäre.

Freilich nicht

kuſchin auf Unalaſchka (53ºN.) iſt faſt immer thätig ; auf

regelmäßig vertheilt stehen die bezeichneten 109 auf der

der Insel Umnak stehen zwei brennende Vulcane. In Amerika. Auf der Halbinsel Aljaska der Schi

Erdkugel, auch nicht auf allen Breitegraden sind sie vor

schaldin (55° N.), 8500

schen wäre, aber doch auf den wichtigsten Zonen des geo

hoch, ist öfters thätig ; in der

kommend, wie es zu unserem besonderen Zwecke zu wün

1

132

Das allgem. geograph. Syſtem der Luftströmungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß.

graphischen Windsystems sind sie nicht ganz fehlend, und demnach können sie diesem manche Dienste erweisen. Die

dig zur richtigen Vorstellung und zum Verständniß aller

jenigen Seefahrer welche die Winde nicht nur rein empi

Winde, und namentlich auch der Mitwirkung welche die Erdrotation auf deren Richtung ausübt. Sonderlich ist

risch benutzen, sondern einige Kenntniß und Anerkenntniß gewonnen haben von der Existenz eines zusammenhängen

dieß wichtig bei der Richtung des Anti-Polars oder des Compensations Stromes ; denn während der vom Polar:

den tellurischen Windsystems, und von den noch bestehen

Gebiete

den Schwierigkeiten, um zu deſſen Verständniß zu gelan gen, werden sicherlich gerne von so außerordentlichen Ge legenheiten Gebrauch machen, die Lehren der Wissenschaft

ßende Strom auf seinem Wege nach dem ihn aspirirenden

oder

vom centralen Detractions : Gebiete abflie

Calmen oder Ascensionsgürtel unzweifelhaft frei der Ein wirkung der Erdrotation folgen kann, in zunehmend nach

in der angegebenen Weise zu bestätigen oder zu fördern, zunächst durch die besprochene einfache Aufnahme von Zeugnissen für die Vertheilung der Richtung der Winde

West hin biegender, also nordöstlicher Richtung, muß dage

auf der Erde. Wir müssen nun auch sprechen von dem tellurischen.

und beschränkteren Raume sich wenden, wohin er von dem

Wind-Systeme selbst, was durch die Rauchwolken der Vul kane beſtätigt oder doch gefördert werden soll. Dieß mag bier wenigstens in ſeinen Grundzügen kurz angedeutet wer

tenden Verzuge sogar zunehmend intensiver anwachsenden, Compensationsbedürfniß, im Maaße der von dort abflie

den, nach der Vorstellung welche der Verfaſſer dieser Zeilen davon gewonnen hat. Besondere Stüße gewährt ihm da

gen der von der Höhe über den Aequator dahin rückkehrende Anti-Polarstrom, weit weniger frei, nach dem bestimmten

dort unablässig unterhaltenen, und bei einem etwa eintre

ßenden Luftmenge angesogen wird, so daß dadurch die Wirkung der Erdrotation welche ihm eine Biegung nach Ost hin, also südwestliche Richtung, gibt, in der That ſogar

bei theils eine vorliegende ungewöhnlich reiche Sammlung von Thatsachen (zur Hälfte im Manuscript), welche die

auch leicht überwunden werden kann. So lange der rück kehrende Strom in der Höhe sich hält besteht das Gebiet

auf der Erde zerstreut aufgenommenen Beobachtungen, zu mal der Reiſenden, zuſammengetragen und rationell geord net hat, bis zu einer wenigstens die geographischen Grund

der beiden übereinander fließenden Passate.

linien des Windſyſtems bezeugenden Vollständigkeit (wobei eine treffliche Controle geübt wird von dem in naher Ver bindung damit stehenden allgemeinen geographischen Regen 'system, auch theils längere Zeit fortgesette besondere Versuche über die Mechanik der Winde zu einem klareren Verständ niß zu gelangen.

Da wo der rückkehrende Compensations - Strom vom Calmengürtel her kommend heruntersteigt, bildet er durch diesen Act, unfern von der Gegend der Wendekreise, einen Gürtel rings um die Erdkugel, damit zunächst bewirkend einen stärkeren Luftdruck, jedoch auf dynamische Weise, d. h. die Luftmenge selbst wird nicht vermehrt und schwerer wiegend, daher so auch nicht zum Abfließen veranlaßt, zu gleich aber ist er Wasserdampf und Regen bringend, und zwar gleichfalls rings um die Erdkugel mit ſeiner südwest:

Grundzüge des tellurischen Wind - Systems. lichen Richtung, selbst im Innern des größten Continents, Die meteorologische Basis

der beiden Erdhälften ist

anerkannt der Calmen- Gürtel, oder Aspirations : oder As censions = Gürtel , aber dieser schwankt nicht , wie man fast allgemein angenommen findet, mit der Sonnen : Culmina:

Asiens .

Und indem sein Heruntersteigen im Sommer dem

Pole näher, im Winter aber ferner rückt, bildet er im Sommer unter sich den Subtropen- Gürtel, charakteriſirt durch das Alleinherrschen des unteren Passats, jedoch auch

mination im Jahreslaufe weithin nach den Wendekreisen,

durch Regenlosigkeit mit deren Folgen ; aber im Winter

sondern er hält sich ziemlich stabil längs dem Aequator

verschwindet er, angehörend dem Gebiete wo beide Paſſate herrschen. Auf den höheren Breiten finden wir beide Passate auf der Erdoberfläche in neben einander liegenden geraden

rings um die Erde (was vor allem in neuester Zeit er weisbar geworden, und erwiesen ist auf den großen Con tinenten). In der größen atmosphärischen Circulation, welche unablässig vorgeht zwischen den centralen Polar Gebieten und dem peripherischen Aequator- Gürtel, ſind im allgemeinen die von Hadley zuerst aufgestellten ein fachen Principien anzuerkennen ; aber diese sind weiter auszubilden.

Es ist weit mehr zu beachten als bisher ge

schehen ist daß das Motiv für beide fundamentale Circu lations Luftströme (durchaus homolog wie im Ocean), so wohl für den primären vom Pole herabfließenden, wie für den secundären, dorthin zum Ersaße zurückfließenden , und überhaupt alle Winde in der großen freien Natur, ein aspiratives Motiv ist (nicht etwa auch ein propulsives), also entschieden nur vor ihnen sich befindet (keine vis a tergo darstellt). Dieß niemals außer Acht zu lassen ist nothwen

Bahnen fließend, einander gleich bleibend an Menge und Geschwindigkeit, aber einander entgegensetzt nicht nur in der Richtung, sondern auch in den meteorischen Eigenschaf ten, der Temperatur, der Schwere und dem Gehalt an Wasserdampf.

Diese geraden Bahnen erfahren fortwährend

seitliche Verschiebungen, größere und geringere, und vertheilen in solcher Gestalt und Weise ihre Eigenschaften, und damit auch die Aenderungen des Wetters . Im Winter trennt sich das meteorologische centrale Polargebiet in zwei meteo rologische Gebiete, indem auf jedem der beiden großen Con tinente, Asien und Amerika ein Gebiet, ſich bildet mit der größten Kälte (entstehend originär, durch Ausstrahlung und bei Calmen) und in Folge davon auch der größten Schwere

Das allgem. geograph. Syſtem der Luftſtrömungen und die Rauchwolken der Bulcane als Mittel zu deren Erkenntniß.

133

und Dampfarmuth der Luft, wo demnach auch der An

V.

fang und das Ende der tellurischen Luft-Circulation ſich befinden, wenigstens für eine gewisse untere Schicht der

Von der allgemeinen Richtigkeit jener Grundzüge des tellurischen Windsystems ist der Verfasser dieses Aufſages überzeugt ; aber wenn auch zur Zeit allgemein anerkannt

Atmosphäre. Wir finden dann daß ein jeder dieser zwei meteorischen Pole (dieser Ausdruck ist zulässig, wie man auch spricht von zwei Polen der magnetischen Intenſität welche sehr wahrscheinlich nicht ohne Beziehung zu jenen find) umkreist wird strahlenförmig von Passat und Anti Passatbahnen, so daß diese Bahnen erscheinen etwa wie die Speichen eines Rades, das unregelmäßig wechselnd sich dreht, bald rechts bald links hin, also pendelartig, und daß die Richtungen der Passate an der westlichen Seite eines jeden dieser beiden meteorischen Pole liegen zwischen NO. und SW., dagegen an der östlichen Seite zwischen NW. und SD., und daß dann damit auf den höheren Breiten der Nordhemisphäre auch zwei getrennte Wind- Systeme bestehen. Die Breite der Passat-Bahnen , deren Gestalt nach dem Pole hin schmaler werden muß, ist in Europa gefunden zu 150 bis 300 g. Meilen (ungefähr ebenso in Nord Amerika auf atlantischer Seite) ; aber es ist noch unbekannt ob diese Breite, und also auch die Zahl der Paſſatbahnen sich gleich bleibt, oder aber veränderlich ist, wie auch was die Ursache des Pendulirens derselben ist, ob etwa Ber schiebung der fernen Aspirations- Räume, oder dort ver

wird daß es ein zusammenhangendes System des Windes auf der Erdkugel geben muß, so ist doch die Aussicht noch fern daß auch eine Uebereinstimmung der Vorstellungen da von erreicht werde. Im Gegentheil, diese scheinen zuneh mend mehr aus einander zu gehen, und verschiedener zu werden. Um so mehr ist wünschenswerth, bald wenigstens einige fundamentale Thatsachen und Principien als gültig anerkannt zu finden, und dafür auch die neuen Zeugnisse herbeizuziehen, welche die vulkanischen Rauchwolken be ständig abgeben, wie Antworten auf dringende Fragen, ohne daß sie ihnen bisher abgenommen sind, obgleich ſie weniger von den Störungen der untersten atmosphärischen Schicht beirrt werden

Es kommt noch darauf an, auch kurz anzudeuten die Probleme, welche mittelst der permanenten Rauchwolken der Vulcane zunächst entschieden werden können, und die Rich tungen welche bei diesen im voraus erwartet werden dürfen. Wir haben unterschieden auf jeder Hemisphäre vier

mehrte Intensität der Aſpiration, und demgemäß auch ver

Windgürtel, nämlich 1 ) den Calmen: oder Aſpirations oder Aſcenſions Gürtel, 2) das Gebiet mit übereinander

mehrte Geschwindigkeit der Luftströmung und dadurch ge steigerte Einwirkung der Erdrotation auf deren Richtung.

fließenden Passaten, 3) den Subtropen Gürtel, 4) das Gebiet mit nebeneinanderfließenden und wechselnden Passa

Vorherrschend sind an der westlichen Seite eines jeden der

ten, und hierin zwei centrale Räume im Winter.

beiden meteorischen Pole die aus SW . kommenden Bahnen

Als allgemeines Princip der Mechanik der Winde aber

der Anti-Polarströmung, also die wärmeren , leichteren und dampfreicheren, so auf dem atlantischen Ocean und in

gilt uns, wie ſchon geſagt, der Say : jeder Wind iſt ein Aspirations Wind.

Europa, wie auf der pacifischen Seite von Nord-Amerika ;

1. Auf dem Calmengürtel oder Aſpirations- oder Af censionsgürtel

dagegen sind die Bahnen der Polarströmung vorherrschend im Innern und an der östlichen Seite der Continente, also die kälteren , leichteren und dampfärmeren, aus NO. und bez. aus N. und NW. kommend . Was die großen Stürme betrifft welche auf dieſem

haben wir an Zahl als windeweisende Vulkane aufzählen können, in Süd-Amerika 10, in Süd-Afrika 2, auf dem malaischen Archipel 5 ; also im ganzen 17, und die Fragen, zu deren Beantwortung sie dienen können, betreffen theils

Gebiete vorzugsweise im Winter sich zutragen, in Europa fünf oder sechsmal, so ereignen sie sich hier fast allein

die Bestätigung der Begränzung des Calmengürtels zwiſchen dem NO. und dem ED. Passat, angenommen zwischen

innerhalb der Bahn eines Anti-Polars oder Compenſa

5" N. und 3° S. , theils das Verhalten der Ascensions ―――――― Strömung in der Höhe. Die erstere sehr wichtige Frage ist schon näher besprochen unter III ; was die zweite anlangt,

tions Stromes, und daher geht deren Richtung von WSW. nach ONO (was auch von denjenigen Meteorologen aner fannt wird welche dabei annehmen Wirbelungen, sei es

so ist vielleicht möglich in großer Höhe auch den Bes

rechts oder links herum, und ein unerklärbares Depressions

ginn des polwärts sich wendenden rückkehrenden Paſſats

Centrum).

zu erkennen . Außerdem aber ist zu beachten ob in der Höhe der ascendirenden Strömung selbst etwa zu bemerken

Dagegen in Asien ereignen sich die Winter

ſtürme vorzugsweise innerhalb der Bahn eines Polarſtroms ; so auch in Nord-Amerika atlantischer Seite, und zwar hier aus NW. Die zeitweise vorkommenden Minima des Luft

ist eine Tendenz nach West hin, eine äquatoriale Strömung welche zu vermuthen ist, homolog mit der oceanischen äqua

druckes sind zunehmend nach den höheren Breiten hin, also trotz der dorthin zunehmenden Kälte ; aber sie finden.

torialen Strömung, als Folge der Erdrotation, insofern der aufsteigende Strom allmählich in Schichten mit zuneh

sich nur in anti-polarischen oder Compensations : Strömen ;

mender Drehungs- Geſchwindigkeit gelangen muß.¹

Es gibt

auch die absoluten Maxima des Luftdruckes sind zunehmend nach den höheren Breiten, und sie finden sich nur in Polarströmen.

↑ Auch über dieses atmosphärische Phänomen wie über das oceanische hat schon J. Kepler sich ausgesprochen in dem Epitome astron. Copernic. Lib. I. p 5.

134

Das allgem. geograph. Syſtem der Luftströmungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß. Es gibt bisher

hierfür ein sehr ausgezeichnetes Zeugniß, was der höchste

des Gebirges aufwärts gezogen werden.

rauchende Vulkan der Erde beständig liefert, welcher gerade

sehr wenige directe Beweise für die Mächtigkeit des unte

sehr nahe dem Aequator steht, das ist der Cotopaxi (1º S.)

ren Passats .

in Südamerika, 17,700' body ; dessen Rauchsäule, sich er:

Aequator hin etwas an Höhe zunimmt mit der Tempera tur, und daher besonders auf den Continenten der heißen

hebend bis über 25,000 ′ Höhe, ſoll wirklich langsam nach Nordwest hinziehend erblickt werden. 1 In solcher Höhe

Wahrscheinlich ist daß er vom Pole nach dem

Zone, aber bekanntlich bedarf es, um die Luft auszudehnen

kann aber der untere Passat sicherlich nicht mehr wehen,

auch nur um

wie man etwa zur Erklärung anführen könnte.

wärmung von 27° C.

1/10 ihres Volumen eine Zunahme der Er Einige Zeugniſſe für die Mächtig

keit des Passats sind wenigstens anzuführen, z . B. auf 2.

Auf dem Gebiete der übereinanderfließenden Passate. 2

den Alpen (46° N. ) wird der Polarstrom noch regelmäßig beobachtet wenigstens in 7000 Fuß Höhe ; auf dem Pic

Hier sind zwei Fragen von Bedeutung : die Richtung der Paſſate, des unteren und des oberen, und dann die

von Tenerifa (28º N.) ist die obere Gränze gefunden im Mittel etwa 8500′ hoch, aber fluctuirend, bisweilen bis

Höhe bis zu welcher der untere reicht, also dessen Mächtig

über die Spize,

keit, dessen obere Gränze und die Höhe in welcher der

Amerika läßt, wie schon angeführt ist, der Turrialba (10º N.)

das ist über 11,400 ' hoch ; in Central

obere rückkehrende zuerst sich bemerklich macht, also dessen

9340' hoch, noch die Einwirkung des Passats in der Rich

untere Gränze.

Ueber die Richtung des unteren Paſſats

tung seiner Rauchwolken erkennen ; in Ostindien erwies sich

sind wir gut unterrichtet auf dem Meere, und sie wird hier kaum eine andere sein in den höheren Schichten desselben

8140 P. Fuß hoch, der Südwest- Monsun überweht wird

Luftſtroms ; indeſſen kann es doch noch immer von Werth

vom Passatwinde ; auch an das Beispiel in Java daß der

daß

auf dem Nilgiri Gebirge, zu Dodabetta ( 11 ° Nördl.)

sein bestätigt zu finden daß die Richtung des NO .-Passats

Südost Passat durch eine Rauchsäule wenigstens in 6000'

mit zunehmender Nähe des Aequators wirklich eine zuneh mende östliche wird, was das Mittel aus zahlreichen Er

Höhe sich ankündigt, muß wieder erinnert werden. Aus dem

fahrungen lebrt, obgleich die Theorie mehr geneigt sein

oberen Gränze des unteren Paſſats, welche die vulcaniſchen Rauchwolken liefern können, ſehr willkommen wären.

darf wegen der fast cylindrischen Gestalt der Erdkugel auf diesen Breiten anzunehmen es verhalte sich umgekehrt, die Richtung werde zunehmend nördlicher.

Soweit schon vul

Gesagten folgt daß noch mehr Zeugnisse für die Höhe der

Aehnliche Wünsche gelten für die Richtung und die Höhe, zunächst untere Gränze des oberen,

rückkehrenden Anti

canische Zeugnisse bekannt sind (z. B. der Rauchwolke des Turrialba in Central-Amerika, 10" N., 9340 hod)) zeigen

chend die entgegengesezte des unter ihm fließenden Paſſats,

ſie die Richtung der vulcanischen Windweiser nach WSW.,

für welchen er ja den Compensations- Strom darstellt, und

ſprechen also für die ONO Richtung. Die zweite Frage dagegen entbehrt noch fast völlig der Antwort, nämlich die

dessen Bahn er verfolgen muß (dabei weniger bestimmt

Mächtigkeit oder die Höhe der oberen Gränze des unteren

Ursprungsstätte, wohin ihn schließlich das aspirative Com

Passats.

pensations Motiv zieht. Was die Zeugnisse für die Rich tung betrifft, so haben wir ein werthvolles directes, d. i.

Dieß ist ein Problem was ebenfalls noch wenig

beachtet und noch weniger zu lösen versucht ist, wie na mentlich daraus hervorgeht daß auf den Anden die Gele genheit danach umzuschauen noch kaum benußt ist. Sicher ist daß der Paſſat die Andenkette überweht , selbst da wo deren mittlere Höhe 12,000 Fuß erreicht ; denn er iſt es welcher, nachdem er der Ostseite Regen und Waldung zu geführt hat, die Westseite überhin fallend und trocken unter

Passats.

Dessen Richtung ist sehr wahrscheinlich entſpre

durch die Einwirkung der Erdrotation)

bis zu deſſen

auf dem Pie von Tenerifa, 11,400 ′ hoch, 28º N.; dort er fuhren alle Beobachter den Anti- Passat als einen heftig wehenden Südwest Wind , aber er wird mehr als westlich bezeichnet denn als südlich. Damit stimmen überein die hohen Cirri-Wolken. Nur ein Zeugniß ist auch als vom Vulcanismus dereinst gegeben bekannt, das war in West

sich lassend, erst viele Meilen weiterhin das Meer wieder

indien die oft genannte Eruption auf der Insel St. Vincent

berührt.

( 14º N.) , in welchem Falle Asche nach der westwärts lie: genden Insel Barbadoes ( 14° N. ) geführt wurde, also den

Indessen ist daraus nicht anzunehmen daß deſſen

obere Gränze auf der Meeresgleiche und im Tieflande bis 12,000 Fuß Höhe erreicht, denn er könnte in Wirkung

unteren Passat hindurch auch in den oberen Anti- Paſſat

seines vor ihm liegenden Asprirations- Motivs das Gehäng

gelangt sein muß ; da anerkannter Weise eine Eruptions Säule über 10,000 ' hoch sich erheben kann, ist die That

1. diese Zeitschrift, Jahrg. 1866.

Nach la Condamine

wurde bei einer Eruption im Jahr 1742 die Asche nach der Westküste hingeführt. 2 An Zahl haben wir hier rauchende Vulcane gefunden : auf der Nordhälfte : in Mittelamerika 12, in Abeſſinien 1, in Ara bien 1, auf den Philippinen 3, auf den Mariannen-Inseln 1 , auf den Hawai-Inseln 1 , also im ganzen 19 ; auf der Süd hemisphäre: in Südamerika 1 , Südafrika 4, auf dem malayiſchen Archipel 7, in Polyneſien 6, also im ganzen 18.

sache bei dem 4700 ' hohen Vulcan als Zeugniß durchaus annehmbar ; aber freilich muß gleichzeitig Asche westwärts geführt sein mit dem unteren Passat. In einem andern gleich falls oft angeführten Falle, bei einer Eruption des Con seguina, nahe der Fonseca Bucht ( 13 ° N.) , wurde dagegen die Asche nur westwärts geführt, blieb sie also im unteren Passat. Die Höhe betreffend, so ist noch kein Beispiel an

Das allgem. geograph. Syſtem der Luftſtrömungen und die Rauchwolken der Vulcane als Mittel zu deren Erkenntniß.

135

zuführen daß auch eine permanente Rauchsäule eines Bul

Subtropen Gürtels stehen, d. i. Tenerifa (28º N.) und im

cans Zeugniß abgebe für die Höhe der unteren Gränze des

pacifischen Ocean Hawai mit dem Mauna Loa (22º N. ) ;

Anti-Paſſats, uud doch ist nicht zweifelhaft daß mehrere

obgleich letterer so weit südlich liegt zeigt sich hier, zwar im Sommer allein der Passat und tropischer Regen, jedoch im

der rauchenden Gipfelkrater hoch genug reichen. Wahr scheinlich befindet sich zwischen den beiden übereinander lies genden Passaten ein neutraler Zwischenraum. ' Sicher aber ist daß die untere Gränze des oberen, oder Anti

Winter schon deutlich auch das schräge Herabsteigen des Anti-Paſſats, und ebenfalls mit Regen. Also ist hier zu erwarten daß der Rauch des Mauna Loa im Sommer

Passats, von der größten Höhe ist über dem Aequator, nach dem

mit dem Passat nach SW. oder WSW. hinzieht, aber im

Pole hin schräg abwärts steigt, fluctuirend, und mitsehrsanf

Winter mit dem Anti-Passat nach NO. oder OND. hin gerichtet ist.

tem Gefäll, bis sie bei der Polargränze des Subtropen : Gür tels die Oberfläche der Erdkugel berührt. Bis jetzt aber haben wir noch keinen Anhaltspunk um die Höhe der un

Gehen wir weiter rings um die Erde den Subtropen Gürtel der Nordhälfte entlang, so muß in der That auf:

teren Gränze des Anti-Passats über dem Calmengürtel zu fallen daß, obgleich auf ihm so viele thätige Vulkane vor bestimmen ; jedoch in Tenerifa (28º N. ) scheint sie angesetzt werden zu können im Sommer fluctuirend zu 10,000 ′ hoch.

kommen, dennoch die Richtung von deren Rauchwolken so wenig oder gar nicht bekannt ist. Namentlich gilt dieß

Freilich im Winter auf der Meeresfläche. auch für Italien . 3.

Auf dem Subtropen - Gürtel. 2

Bekanntlich finden sich im mittelländis

schen Meer die Charaktere des Subtropen- Gürtels bis 44º N.; bis so weit herrscht im Sommer der Passat allein (die

Da dieser charakterisirt ist dadurch daß hier im Som ,,etesischen Winde") mit Regenmangel, während der Anti mer die beiden Passate noch übereinander liegen, wie auf dem intertropischen Gebiete (jedoch ohne die Regen, weil

Paſſat darüber in der Höhe sich hält. Dieß muß sich auch in den Rauchwolken der Vulkane aussprechen ; jedoch da der

der Zenithstand der Sonne nicht so weit vorkommt), da : Anti-Passat sehr schräg absteigend. hier mit seiner unteren. gegen im Winter die beiden Passate nebeneinander fließen Gränze nur sehr niedrig geblieben sein muß so ist kaum und wechseln wie auf den höheren Breiten, so kommt es zu erwarten daß der Vesuv 3700 ′ hoch (40º N.) immer die darauf an über diese Lagerungs - Verhältnisse der beiden Paſſate, zumal aber im Sommer über die Höhe des obe

Richtung des NO. Stromes anzeigt, sondern eher daß er schon wechselnd auch zu Zeiten die Bahn eines Anti- Passats

ren Anti-Passats und über deſſen allmähliches schräges Herun aus SW. melde wie in den nörlicheren Breiten, und tersteigen, mit Vorrücken und Zurückweichen derGränze im wie auch hier im Winter gewöhnlich iſt ; noch sicherer ist Jahreslaufe, welche schon durch die Regenvertheilung sich so be merklich macht, auch aus den vorhandenen vulcanischen Er

dieß beim Aetna, 10,200 ' hoch, (37° N.) zu erwarten, während vielleicht der niedrigste Vulkan im Sommer stätig

scheinungen in der Höhe näher unterrichtet zu werden . NO. zeigt, der Volcano, nur 1220' hoch.

Immer aber,

Die Lage und Breite des Subtropen-Gürtels, dieſer nur und dieß ist von besonderer Wichtigkeit für die beobach. sommerlichen Erscheinung, können wir im allgemeinen an sehen, auf dem Ocean von 25-40° N., aber auf den

tende Meteorologie, wird die Richtung der Rauchwolken hoher und isolirt stehender Vulkane ungestört die wahre

Continenten nähert er sich mit den Temperatur- Linien mehr dem Pole, in Amerika und in Europa bis 44º N., in Asien bis 50° N.; auf der Südhälfte ist er anzusehen zwischen 25º und 40° E. Es sind mehrere vorzügliche Ge legenheiten geboten um das mit geringer Neigung erfol

Richtung des herrschenden Passats oder aber Anti-Pas sats anzeigen , auch dann wenn unten im Tieflande entgegenstehende Gebirgszüge Veranlassung geben zu De: flectionen oder Retroversionen in deren untersten Schicht. - - Aehnliches gilt von den übrigen Vulkanen des Sub

gende Herabsteigen des Anti Passats mit seiner südwest

tropen Gürtels .

Die Vulkan-Gruppe an der Ostseite von

lichen Richtung (und damit auch den Regen bringend) nach Ort, Zeit und Lage zu beachten, sowohl auf kleinen vul caniſchen Inseln, wie auch auf Festländern. Namentlich sind hier zu bezeichnen zwei Vulcane auf Inseln, weil sie

Asien, im südlichen Japan, (31 ° bis 36° N. ), wo der Fusi 11,600' Höhe erreicht, (auf 34° N.), befindet sich zugleich an der Ostseite des asiatischen Kältepols, und dieß muß berück sichtigt werden ; aber welche Einwirkung daraus für die

auf oder nahe der Zwischengränze des Tropen- und des

Richtung der Rauchwolken in solcher senkrechter Höhe für 1 So ist er gefunden, etwa 1500′ breit, in Tenerifa ; bemer kenswerth ist daß dieser ergab, pſychometriſch gemeſſen, größere Trockenheit als sich im höheren Raume des Anti-Paſſat fand. Ueber die Höhe der oberen Gränze des Anti-Passats wird wohl niemals eine Erfahrung gemacht werden. 2 An Zahl haben wir hier rauchende Vulcane gefunden : auf der Nordhälfte, in Amerika 1 , in Afrika 1, in Europa 5, in Asien 2, in Japan 3, in Polynesien 1 , also im Ganzen 13 ; auf der Südhälfte, in Amerika 6, im indischen Meer 1 , in Neu-Seeland 3; also im Ganzen 10.

den einen wie für den andern Passat hervorgehen, läßt sich mit Sicherheit nicht im voraus bestimmen. Auf der Süd Hemisphäre stehen in Chile ebenfalls sehr hohe Vulkane , von 8000

bis 16,000' ;

voraussichtlich

wird in solcher Höhe nur der obere Paſſat, aus NW. herr D. hin ziehen, schend sein, also die Rauchwolken nach auch im Sommer, während unten dann der ED . Passat allein herrscht, und im Winter wechselnd mit dem dann

Der letzte nordamerikanische Sklavenhändler.

136

heruntergestiegenen NW. Anti- Passat. sind die Krater schon niedriger.

In Neu- Seeland

unserm anemologischen Zweck, fehlen diese leider, außer an der Ostseite Asiens ; in Kamtschatka sind sie gedrängt vorhanden, und auch auf der Inselreihe des großen Oceans

4. Auf dem Gebiete der nebeneinander fließenden und wechselnden Paſſate.

welche nach der Westseite Nord-Amerika's hinüber führt. An der Ostseite Asiens stehen rauchende Vulkane von 41°

Auf diesem Gebiete, wo die Bahnen der beiden Passate bis 56° N., deren senkrechte Höhe ist von 700 bis 8000

in allen Jahreszeiten neben einander fließen und seitlich sich verschieben, penduliren, und so öfters ihre Stellen wech:

bis 15,000 '

Die Richtung der Rauchſäulen iſt von keinem

gemeldet und bekannt.

seln, wo man deutlicher erkennen könnte wie die Richtung der Bahnen an der östlichen Seite eines jeden der beiden Kältepole und Windpole sich ändert und zwischen NW . und SO. liegt, wenigstens in der unteren Schicht, und wie hoch diese Aenderung sich erstreckt, und wo man darum

Anerkannt ist daß die Haupt-Luft

ströme hier ihre Richtung haben zwischen NW. und SD., wenigstens im Winter ; es ist aber möglich, ja wahrschein lich, daß in den höheren Regionen die allgemeine Richtung zwischen NO. und SW. wieder sich einstellt, wie der Zug der hohen Cirri-Wolken erweist, welche immer aus SW.

vorzugsweise hohe rauchende Vulkane wünschen muß zu Zumal wenn der hier sich findende höchste aller Vulkane, der Aconcagua, 21,500′ hoch (330 S. ) einmal wieder eine Erup tion erfahren sollte, kann die Richtung der Rauchwolken nicht wohl anders als im NW . An'i- Passat ziehend gedacht werden; denn der SO.-Paſſat reicht mit seiner oberen Gränze sicherlich nicht so hoch, obgleich, wenn er das Gehäng eines Gebirges auf wärts gezogen wird, er gehoben werden muß.

ziehen sollen, und es ist ferner möglich , ja wahrscheinlich, daß in noch größerer Höhe der Polarstrom fehlt, und be: ſtändig nur der rückkehrende Anti-Polarſtrom, aus SW . ziehend , herrschend ist.

Daher ist gar nicht im voraus

anzugeben welche Richtung die Rauchwolken der hohen Vulkane von 8000 bis 15,000 ′ hoch hier haben werden . Wir würden hier also durchaus Neues erfahren.

Der lehte nordamerikanische Sklavenhändler. Im Jahr 1863 hatte Abraham Lincoln angekündigt

scheulichen Klima der westafrikanischen Buchten und Häfen

daß der Vertrag bezüglich des Schiffdurchsuchungsrechts in Ausführung gebracht worden sey, und dem Glauben

dem Tod entgegen sahen und von deren mühevoller Thä

Worte geliehen daß, was amerikanische Bürger betreffe. ,,der unmenschliche und lasterhafte Sklavenhandel sein Ende erreicht habe."

Noch vor seinem Tode war er so glücklich

tigkeit sich erwarten ließ daß endlich dieser Handel sein Ende erreichen werde. Als ich den letzten Bericht des Jahrs 1864 erhielt, schien es mir wirklich daß das größte aller Verbrechen in paſſender Weise zu seinem Ende ge

verkündigen zu können daß ein ganzes Jahr lang kein

langt sei.

Sklave aus Afrika nach Amerika gebracht worden sei.

gefüllt wie es in jenen gräßlichen Tagen ausgefüllt zu

Es gab, glaub' ich, nichts was ihm mehr am Herzen lag , ❘ und keinen Erfolg auf welchen er stolzer war. Dieß ver

werden pflegte als vielleicht hundert Sklavenſchiffe zu ent kommen gewußt hatten. Commodore Wilmot, von der

Das gewöhnliche Formular war gerade ſo aus

anlaßte mich die Geschichte der Schluß-Phase dieses Han:

englischen Marine, hatte das nämliche lange Formular

dels etwas näher ins Auge zu fassen und die amtlichen Berichte der zwei oder drei leßten Jahre durchzusehen

auszufüllen ; aber, Gott sei Dank, nicht viel hineinzu schreiben. Folgendes ist das Document welches das Ende

Berichte welche von Männern herrühren die in dem ab

des furchtbarsten Gräuels zu bestätigen schien :

Bericht über Schiffe welche, wie man sagt, zwischen dem 1 Januar und 31 December 1864 mit Sklaven von der Westküste Afrika's entkommen sind.

Zeit des Name des Absegelns Schiffs vom Hafen!

I Nation

Takelwerk

Unbekannt. Unbekannt. Unbekannt. Brigg.

Tonnen

Eigen thümer

Unbekannt. Unbekannt.

Ist dieß nicht ein mehr als wunderbares Stück Ge schichte? Dieses unbekannte Schiff, das auf Geheiß eines Dämons im Ocean untersank, schien also das letzte zu sein welches sich mit einem so grauenhaften Geschäft ab

Ladung

Platz d.Ein Zeit der schiffung d. Sklaven Abfahrt

600 Moanda. Sklaven.

28 Juni 1864.

Bemerkungen.

Von diesem Schiff hat man ſeit dem nichts mehr gehört. Da es zur Zeit der Abfahrt in einem sehr lecken Zustand war, ist es vermuthlich in See untergegangen.

gegeben . Allein achtzehn Monate später entſchlüpfte der Blokade ein anderes Schiff, eine kleine Brigantine, die aber in Cuba nur ankam um dort in Haft genommen zu werden . Das letzte erfolgreiche " Etlayenschiff, soweit die Berichte

Der letzte nordamerikanische Sklavenhändler.

137

reichen

das lehte Schiff welches jeder menschlichen Blo. kade entgieng ist der unbekannte Mann einer unbe

wurden geboten um sie loszubringen, einflußreiche Freunde bemühten sich dafür, und so fort ; allein Abraham Lincoln

kannten Nation, der mit diesen unbekannten Echwarzen

stand am Staatsruder, und einige Bezirksanwälte so wie

am 28. Januar 1864 aus Moauda entkam und in einer

etliche Marschälle hatte er zum voraus ernannt. Dann kam der fünfte und legte Act. Wie das Spiel gegangen,

unbekannten See unterſank.

Eine passende Inschrift ist

war New York der Hauptmittelpunkt, wo die Sklavenhänd

Commodore Wilmots Bericht für das Ende !

ler der Welt ihre Schiffe kauften, Habana der Haupt Seit der gesetzlichen Abschaffung der Sklaverei in den mittelpunkt wo sie ihre Plane ausheckten.

Boston, New:

englischen Besitzungen unterhielt die britische Regierung bedford, New London, Cadiz, Barcelona, die westlichen ein starkes Ueberwachungs- Geschwader, und so oft wir eine Inseln, und ich weiß nicht welche Orte sonst noch, waren andere als bloß demokratische Verwaltung hier hatten, wurde die kleineren Pläge für ebenfalls ein schwaches Ueberwachungs- Geschwader unterhal ten . Nach der Gründung von Sierra Leone und Liberia war wenigstens dieser Theil der Küste sicher.

dieses Geschäft.

Die Fahrten

wurden in Habana ausgemacht, und die Schiffe theilweise in New : York ausgerüstet ; von da giengen sie in See sammelten

Nur kleine den Reſt ihrer Bemannung, verſchafften sich, wenn es ihnen

schnellsegelnde Schiffe konnten für den Sklavenhandel ge braucht werden. Die alten Tage stattlicher Kauffahrer

in New York nicht möglich war, die regelmäßigen Schiffs : papiere anderswo, und legten sich dann an der Westküste

von siebenhundert oder tausend Tonnen aber waren vor vor Anker. über, dagegen wurden das Zuſammendrängen und die Leiden der armen Opfer um so schrecklicher, und da das

Ich habe die Berichte gesehen welche Hr. Archi

bald, der englische Consul und Commissär in New-York, von 170 dieser Schiffe in drei Jahren erhalten hatte.

Wagniß größer wurde, so berechnete man daß, wenn der Seine geheimen Agenten begaben sich nämlich im Hafen Sklavenhändler von drei Ladungen nur eine rette, er immer noch einen hübschen Gewinn mache. Im Jahr 1830 berechnete

von New York an Bord der Schiffe, und beschrieben ſie ausführlich für ihn, selbst bis hinab zu dem Brandzeichen .

Sir Thomas Fowell Burton daß alljährlich 150,000 Sklaven in den christlichen " Handel gebracht wurden. Diese Schä

der Eigarren welche der Capitän in seiner Cajüte hatte.

hung scheint auf guten Grundlagen zu beruhen und richtig zu seyn. Ich vermuthe indeß daß die Veröffentlichung dieses Buches die Schlußscene vor dem vierten Act war.

Von

dieser Zeit an wurde das Netz dichter und dichter.

Ich

kenne kein schauererregenderes Lesen als das der jährlichen Blaubücher des Parlaments, in denen Officiere welche man mit dem entmuthigenden und der Gesundheit nachtheiligen Dienst an der afrikanischen Westküste betraute, von den neuen Erfolgen erzählen die sie alljährlich davon trugen . Und zulet waren die thatsächlichen Hauptkämpfer die Regie: rung von England, die entschlossen war dieser Sache ein Ende zu machen, und die Verwaltung James Buchanans,

Hr. Archibald sandte die Schilderung an die Admiralität, und diese an die Küste. Lassen Sie mich hinabgehen," sagte ein englischer Officier an Bord eines Eklavenschiffs in einem der afrikanischen Flüsse. " Sie können gehen auf Ihre Gefahr, " erwiederte der Capitän,

der auf die voll

kommen regelmäßigen Papiere die er hatte, auf die Sterne und Streifen über seinem Haupte, auf den neuen Anstrich den er auf den westlichen Inseln dem Schiffe gegeben, und in der That vielleicht darauf troßte daß er, obgleich er mit einer Barke abgesegelt war, jezt eine Brigg hatte. „Sie gehen hinab auf Ihre Gefahr. “ „ Ich will das Wag niß unternehmen, " sagte der Engländer ; er gieng hinun ter , und fand die ganze Sklaven - Ausrüstung , Fässer, Kochofen, Handschellen, und was sonst noch dazu gehörte.

die den passiven Entschluß hegte daß die Sache ihre Zeit über

Natürlicherweise nahm er das Fahrzeug weg.

dauern solle: eine Schaar Bauern gleichsam auf dem Schach

listere Capitän, blaß vor Wuth, entgegnete in verbiſſenem

Der über

brette, mit einer weißen Königin die mit scharfem Auge

Zorn : „ Sie würden mich nicht erkannt haben ohne Ihren

ihr Spiel bewachte, und einer schwarzen Königin die auf

englischen Blutrath in New-York. "

ihre Gefahr sie davon abstehen hieß ! Abraham Lincoln hatte

am Sklavenhandel Betheiligten war der englischen Regie rung durch dieſen ſtätigen geheimen Dienſt bekannt. Allein

viele andere Dinge zu thun, allein er vernachläſſigte dieſes nicht. "1 Vor allem der Durchsuchungsrechts-Vertrag," sagten er und Hr. Seward. lichkeit.

Und dieser Vertrag wurde zur Wirk

Jefferson Davis

Fast jeder einzelne der

ſie alle lebten fröhlich und wohlgemuth bis Hr. Lincoln ins Amt kam, und eines schönen Tags ein gewisser Gordon

und die übrigen aber, welche

des Sklavenhandels wegen verhaftet, andern Tages abge:

dreißig Jahre lang im Senate dem Vertrag entgegenge arbeitet hatten, und ihm wohl dreißig Jahrhunderte lang

urtheilt, und an einem weitern Tage gehängt wurde. Ein Sturm von Verwahrungen erhob sich gegen seinen Tod. Fünfundzwanzigtausend Menſchen richteten Bitt:

entgegengearbeitet haben würden, sahen sich gezwungen völlig vom Schauplatz abzutreten. Faßt zunächst einige Sklavenhändler ab, " lautete der Befehl, und der eine und

ſchriften an Abraham Lincoln um dieſes Mannes Leben zu schonen ; Abraham Lincoln weigerte sich. Gordon wurde

andere „hoch respectable Gentleman " befand sich unver • sehens in den Händen der Marschälle (Gerichtsbezirksbe amten) der Vereinigten Staaten. Unjummen von Geld

gehängt, und bald war es in allen kleinen und großen Häfen der Vereinigten Staaten bekannt daß ein Sklaven händler gehängt worden. Mit dem Bekanntwerden seines

Zur Geschichte der holländischen Colonien und überſeeiſchen Entdeckungen.

138

Todes aber hatte der amerikanische Sklavenhandel sein Ende erreicht. ――― Man erzählte mir - und ich glaube es daß, als das

Bur Geschichte der holländischen Colonien und überseeischen Entdeckungen .

Urtheil über den armen Kerl gefällt war, seine Freunde ihn

Zwei neue bibliographische Arbeiten , die eine in fran

bis zum Augenblik seines Todes in ununterbrochenem Branntweinrausch hielten, so sehr war es ihnen darum zu thun durch kein Geständniß seinerseits in die Sache ver

zösischer, die andere in englischer Sprache verfaßt, enthal

wickelt zu werden Als er todt war, feierten ſie ſein Ge dächtniß in einer lezten großen Sklavenhändlers- Orgie, einem

lande" bezieht, hat nicht bloß als ein unentbehrlicher Leit

Saufgelage, voller Freude darüber daß sein Zeugniß ihnen nicht mehr schaden konnte. Solcher Art ist die Ehre unter Dieben! Der Begehr nach Sklaven dauerte indeß noch immer Der Handel nach Brasilien war zwar zu Ende,

ten wichtige Beiträge für die Geschichte der Erdkunde und ganz besonders die zweite, die sich auf die „ Neuen Nieder

faden für den Raritätenjäger auf dem Büchermarkte, oder für den Historiker von Fach als ein höchst erwünschter Rathgeber zu gelten, sondern enthält auch in ihrer Ein leitung so wie in einzelnen Abhandlungen des Textes wichtige und neue Aufschlüsse zur Geschichte der holländi

fort.

schen Niederlassungen in Nordamerika.

allein Cuba und Puerto Rico nüßten Männer und Weiber

Verfassers, G. M. Asher, von dem die Hakluyt- Gesellschaft in London bereits eine Monographie über Henry Hudson

genug ab, so daß ein sehr lebhafter Handel unterhalten werden konnte wenn sich die Schiffe durchzuſchleichen ver mochten.

Ich getraue mir nicht zu sagen wie viele Men

schen in den Jahren 1864 und 1865 an der afrikanischen Küste eingefangen wurden, und auf eine Gelegenheit war ten mußten um nach den Inseln

eingeschifft zu werden.

Die spanische October-Revolution war erforderlich, und die neue Junta daselbst, um das Ende auch der ſpaniſchen Sklaverei zu verkünden ! Alle Berichte des nächsten Jahres, von überall her, sprachen aber von dem heilsamen Einfluß der Hinrichtung Gordons und der Gefangensetzung der andern überführten Sklavenhändler.

Von jenem Augenblick an bis heute ist

die amerikanische Flagge von dem an ihr haftenden alten Flecken frei geblieben, und es besteht jeßt eine gemischte Commiſſion von um

alle

englischen und amerikaniſchen Richtern

eingebrachten

Sklavenschiffe

allein sie hat nichts zu thun.

zu

unterſuchen ;

In dem Augenblick da ich

diese Blätter für die Presse vorbereite, kündigt der New

Der Name des

gedruckt hat, war an ſich ſchon Bürgschaft für eine vollen dete Leistung.

Wenn am Ende des 16. oder am Beginn des 17. Jahr hunderts Holland aus geſchichtlicher Dunkelheit plöglich als Macht, ja als Großmacht zur See aufleuchtet, so bedarf dieses Wunder einer nähern Ergründung, denn Staaten größe pflegt sonst nicht über Nacht zu entstehen. Das Wunder erklärt sich aber sehr einfach dadurch daß die Spanier aus Belgien nicht weniger als 100,000 protestantische Familien nach den freien Generalstaaten vertrieben hatten. Mit einem Schlag wurde auf diese Art der Reichthum, die Kenntniß, der Gewerbfleiß, der Unternehmungsgeist und die Handelsverbindungen Flanderns, Gelderns und Brabants den häringsfischenden Holländern in die Arme geworfen . Belgische Auswanderer haben die Holländer nach Indien uno Amerika geführt.

Denn die ehemaligen Kaufherren

von Antwerpen kannten genau die schwachen Stellen des spanisch-portugiesischen Reichs, in welchem die Sonne nicht untergieng, und Wilhelm Uſſelincy, einer der Vertriebenen

York Herald an der Dunbarton, ein Blokadebrecher, ſei aus New-York entwischt, und habe sich, um eine Ladung Sklaven zu holen, an die afrikanische Westküste begeben.

war es der 1592 den Plan zu überseeischen Eroberungen

Ich erkundigte mich bei einem befreundeten Beamten, der

Uſſelincy erst 1606 ans Licht tritt.

entwarf, obgleich, so weit die gedruckten Urkunden reichen,

Nun

Die belgischen Emi granten hatten indeſſen als einziges und lehtes Ziel vor

dieses Schiff segelte von New-York nach Quebec, kam da selbst an, fährt jetzt zwischen Quebec und Pictou als

Augen als Sieger zurückzukehren nach ihrer Heimath. Sie wollten der spanischen Macht ihre Sehnen abschneiden, um

die "! City of Quebec, “ und befindet sich in den Händen

der geschwächten das geliebte Vaterland zu entreißen . Natürlich war den Holländern an einem solchen Ausgang

den Dunbarton und seine ganze Geschichte kannte .

höchst achtungswerther Leute.

Einmal im Jahr melden die

gemischten Gerichtshöfe daß sie über nichts zu erkennen haben. Die Geschwader sind äußerst wachsam, und er haschen einen kleinen Schurken hier, einen andern dort ; allein die leyte Fahrt, welche keines dieſer Geſchwader auf zuhalten vermochte, ist immer noch des Unbekannten Fahrt nach dem unbekannten Lande, als ein unbekannter Capitän jene unbekannten Neger in den Grund einer unbekannten See führte.

wenig gelegen, denn war Belgien einmal frei, so hätten sie die reichen Protestanten wieder verloren . So kam es daß Oldenbarnevelt und seine Partei die Anschläge der Belgier für Schwärmereien der Emigrantenphantasie aus gaben und jener Staatsmann mußte zuvor das Blut gerüſt beſteigen, sein großer Anhänger Hugo Grotius erſt eingekerkert werden bevor alle Plane eines Usselincy zur

(Antlantic Monthly.)

P. A. Tiele Mémoire bibliographique sur les journaux des navigateurs néerlandais. G. M. Asher, Dutch Books and Pamphlets relating to New-Netherland . Amsterdam. 1867. • 1868. Frederik Muller.

Zur Geschichte der holländischen Colonien und überseeischen Entdeckungen.

Ausführung

gelangten .

Oldenbarnevelts Partei waren

die Patricier der Städte, Arminianer¹ ihrem religiösen Be kenntnisse nach, dann aber auch Föderalisten oder Parti cularisten, welche gegen jede strengere Einheit sich wehrten.

139

spielsweise 1624 in der Eroberung und Plünderung von Bahia, im Abfangen der spanischen Silberflotte 1628, vor allem aber 1630 in der Eroberung von Pernambuco. Die Silberflotte die 1628 vom Admiral Pieter Heyn theils in den Grund gebohrt, theils weggenommen wurde, ge

Die Belgier dagegen bekannten sich zu einem strengen Calvinismus und begeisterten sich für eine demokratische

währte eine Beute von 14 Mill. fl .

Monarchie, sie stützten sich selbst auf die Volksmaſſen in den Städten und unterstüßten wiederum das Haus

des damaligen Actiencapitals. Zu allen Zeiten haben auf der See viel rohere Zustände geherrscht als zu Lande,

Oranien, begünstigten überhaupt alles was die Kräfte des Volkes centraliſiren konnte. Mit Oldenbarnevelt's

denn aller Seehandel beginnt mit Seeraub und behält

Hinrichtung 1619 siegte die demokratische Partei, aber noch war für Usselincy Plane nicht die rechte Zeit gekommen, denn im Jahr 1609 hatte Oldenbarnevelt eine 12jährige Waffenruhe mit Spanien geschlossen, das Meisterstück staats, männischer Weisheit eines Parteimannes,

denn an eine

Rückeroberung Belgiens oder an eine neue Plünderung überseeischer Colonien war in der Zwischenzeit nicht zu den fen, zugleich wurde das Haus Oranien verhindert durch neue Waffenerfolge sich im Herzen des holländischen Volkes zu befestigen.

Erst mit dem Ablauf des Waffenstillstandes

im Jahr 1621 durfte daher die " Westindische Handelsge jellschaft" begründet werden.

Wie der bereits bestehenden

Ostindischen Compagnie das ausschließliche Recht gewährt worden war Handelsfahrten nach Asien zu unternehmen

oder von 75 Proc.

auch längere Zeit einen Piratengeſchmack bei. Wie lange ist es überhaupt her daß die Rechte der sogenannten Neu tralen während eines Seekrieges anerkannt werden ? Der Papst vertheilte 1494 allen außereuropäischen Handel zwi schen Spanien und Portugal ; Spanien erhielt die west liche, Portugal die östliche Erdhälfte und die Theilung wäre streng vollzogen worden, wenn man nur mathema tische Hilfsmittel besessen hätte die Gränzen wirklich fest= Wagte sich unter einer andern Flagge irgend

zustellen .

ein Kauffahrer auf spanische oder portugiesische Gewäſſer, In Kriegszeiten war

so wurde er wie ein Pirat behandelt.

ohnehin jedes feindliche Handelsschiff gute Beute, wie sich dieß noch jest wiederholen kann bei einem Seekriege mit den Vereinigten Staaten. Von 1636 bis 1642 fällt der höchſte militärische Glanz

und dort Niederlassungen zu erobern oder zu stiften, so

auf die Compagnie, doch hatte sich bereits etwas früher

fiel jetzt Amerika und Afrika ( Guinea) der westindischen

schon eine Vermögenszerrüttung

Compagnie zu. Das ursprüngliche Gesellschaftscapital be stand aus 6 Mill. Gulden, wovon allein auf Amster

Untergang beschleunigte es daß 1641 Portugal das spa nische Foch unterstüßt von den Holländern wieder abwarf,

Während die ostindische Compagnie von Patri

denn einen Bundesgenossen durfte man nicht länger plün

dam fielen.

ciern gegründet, der Oldenbarnevelt'schen Partei zugethan war und von Directoren heimlich und fast unbeschränkt

dern.

kund gegeben.

Ihren

Die Portugiesen hatten obendrein im Haag einen

verwaltet wurde ohne genügende Aufsicht der Actionäre,

sehr befähigten Botschafter, der tief eingeweiht in die Par teibewegungen der westindischen Compagnie daheim die

vertrat die Westindische Compagnie die Interessen der Bel

schlimmsten Feinde auf den Hals heßte.

gier und verstattete ihren Actionären große Theilnahme an der und Einsicht in die Verwaltung. Die ostindische Compagnie

nun abwärts mit ihr, zumal seit der Prinz oder Graf

Rasch ging es

Morih von Nassau, der von 1636-1644 in der Neuen

die westindische be

Welt der Comvagnie glänzend gedient hatte, voll Ueber

trieb einen geringfügigen Waarenumsaß, denn ihr erster und lehter Gedanke war eine Beschädigung und Schwächung

druß und Kummer Brasilien verließ, welches Land die

bereicherte sich fast nur durch Handel,

der spanischen Macht.

Anfangs giengen ihre " Geschäfte"

Compagnietruppen zehn Jahre später räumen mußten. Wiederum zehn Jahre später 1664 wurde der Gesellschaft Viel das „ Neue Niederland “ von den Briten entriſſen.

glänzend, denn sie zahlte zwischen 25 und 75 Proc. Divi dende, und wenn sie Mühe gehabt hatte ihr Stammcapi

früher schon hatte Usselincy der Compagnie den Rücken.

tal von 6 Mill. Gulden aufzubringen, so gelang es ihr später leicht es um 12 Mill. zu vermehren. Wenn sie

betrieb dort die Errichtung der sogenannten Süd- Compag

aber keinen Handel trieb, fragt wohl mancher Ungeduldige, wovon zahlte sie dann ihre Gewinne ? die richtige Antwort er räth jeder rasch der die damaligen Zeiten kennt, denn das Handwerk, welches sie betrieb, würde man heutigen Tages Seeraub nennen , nur passen Begriffe des 19ten Die glänzen nicht auf die des 17ten Jahrhunderts. den Geschäfte der westindischen Compagnie bestanden bei

gekehrt.

Er ging nach Schweden zu Gustav Adolph und

nie, welche auch unter dem Kanzler Oxenstjerna ſpäter zu Stande kam und als Mitbewerber am Pelzhandel in Nord amerika der westlichen Handelsgesellschaft einige Unbequem lichkeiten zufügte, übrigens aber nach kurzem Dasein un rühmlich erlosch. Ueber Usselincy Laufbahn herrscht noch jezt die größte Ungewißheit.

Wir wissen weiter nichts als daß er ein

Brabanter Kaufmann war, der nach Zeeland auswanderte. 1 Es war weniger die Lehre von der Prädeſtination, die Ar minius vertrat, die ihn bei der Patricierpartei in Gunſt ſeßte, als seine Behauptung daß die Geistlichen der weltlichen Obrigkeit, also der herrschenden Partei, Gehorsamkeit zu leiſten hätten.

Für die Geschichtschreibung ist er weder geboren noch ge storben, und wenn er heute plöglich wieder auftauchte, be merkt Asher launig, so hätten wir kein Recht uns über

140

Zur Geschichte der holländischen Colonien und überfeeiſchen Entdeckungen.

etwas anderes dabei zu verwundern, als daß er ein paar

Die innere Geschichte der Colonie ist höchst unerquick

Jahrhunderte alt geworden seyn müßte. Im Jahre 1636 kehrt er als schwedischer Gesandter nach Holland zurück,

lich, denn sie besteht aus Mißhandlungen der Rothhäute,

und noch im Jahre 1647 übergibt er den Generalstaaten

den britischen Ansiedlern in " Neu - England , " Anklagen der Verwaltung von Seiten der Colonisten bei der Nord

eine Denkschrift zu den unzähligen Denkschriften die er bereits verfaßt hatte. Dieß ist das letzte Lebenszeichen von dem großen Mann.

Hr. Asher läßt uns merken daß

er noch einige bisher unbekannte Beiträge zur Lebens

auf welche die Vergeltung nicht ausblieb, Reibungen mit

westcompagnie, sowie

der Nordwestcompagnie

bei den

Generalstaaten. Die Regierung der Colonie stand unter einem Director, " einem Vicedirector, einem rechtskundigen

geschichte dieses Staatsmannes liefern könne, aber er wolle

Secretär (fiscael) und aus kleineren Canzleibeamten.

kein Stückwerk bringen und daher beschränkt er sich vor: läufig auf eine Darstellung der Schriften des thätigen und

wenn der Director die Verantwortung eines Beſchluſſes von sich abwälzen wollte, berief er einen Rath aus den

feurigen Belgiers, die classisch in ihrer Art, nicht bloß ge

Colonisten.

schichtlich bedeutsam daſtehen, sondern auch durch die weit ihrer Zeit vorauseilenden staatswirthschaftlichen Grundsätze uns überraschen.

Von vornherein

war

Nur

fein rechtes Bleiben für die

Holländer in den Vereinigten Staaten, denn sie wurden nur von den Briten geduldet, die nach damaligem Völker

Was nun Neu-Niederland insbesondere betrifft, ſo ver

recht

als Entdecker auch

die Eigenthümer des Landes

standen die Holländer darunter die Ostküste der heutigen

Die niederländischen Generalstaaten unterſtüßten

nordamerikaniſchen Union von lat. 38° bis lat. 42°, oder

die Ansprüche der Compagnie nicht kräftig, sondern erklärten

mit andern Worten etwa die Staaten New York, New

sogar am 25 October 1634 daß sie sich in den Rechtsstreit

Jersey, sowie Stücke von Pennſylvanien, Maryland und Rhode Island. Der Ruhm die Küste von Nordamerika

zwischen der Nordwestcompagnie und der englischen Krone nicht

entschleiert zu haben gebührt vier Seefahrern die sämmt: " lich fremden Mächten dienten, nämlich dem Venetianer

einmischen würden . Ueberhaupt waren die überseeischen Unternehmungen der Holländer feine nationalen Thaten, sondern nur Privatspeculationen , wie ja auch die ostindi

Giovanni Cabotto, der unter britischer Flagge fast den ganzen atlantischen Ostrand Nordamerika's 1498 befuhr, so

Actiengesellschaft geblieben ist.

dann dem Florentiner Verrazzano, der 1524 im franzö sischen Dienst einen Theil dieser Küsten wieder sah, und eine

Was die Reibungen mit den Rothhäuten betrifft, ſo bestätigt Asher abermals daß die ursprüngliche Verschul

sehr ungenaue Karte davon heimbrachte, ferner 1525 Eſte:

dung auf Seite der Europäer lag.

van Gomez, einem Portugiesen im spanischen Dienst, der

Hornvieh der Holländer die unbeschüßten Maisfelder der

dische Compagnie der Engländer

lange Zeit nur

eine

Erstens verheerte das

eine recht genaue Karte entwarf, auf der auch der Hud

Indianer, dann wurden die letteren ohne weiteres besteuert

sonsfluß als Rio de Gamas oder Damhirschfluß deutlich

und der nächste Nachbarstamm, der sich um Schuß flehend

wahrnehmbar ist, endlich Henry Hudson 1609, einem Eng

vor einem feindlichen Stamm auf holländisches Gebiet ge

länder im Dienste der Niederlande.

flüchtet hatte, schonungslos mit Weib und Kind von den

Wie alle seine ge

nannten Vorgänger suchte Hudson eine nordwestliche Durch fahrt nach China. Jeßt, wo wir von Jugend auf Erd kugeln und Weltkarten vor uns haben, koſtet es uns einige Mühe den Eifer der Nordwestfahrer zu begreifen .

Damals

aber war die Hoffnung einen kurzen Seeweg nach Oſtaſien auf der nördlichen Erdhälfte zu finden völlig berechtigt, ja

Colonisten ermordet, weil etliche Zeit zuvor einer der In dianer einen weißen Ansiedler, jedoch nicht ohne gerechte Ursache, erschossen hatte. Die Insel Manhattan war den Rothhäuten um 60 fl.

abgekauft worden , jetzt wird bisweilen für einen Quadrat: Von der ursprünglichen

schuh das Zehnfache gezahlt.

an einer Nordweststraße zweifle, denn so gut wie es im Sü

Stadt Neu-Amsterdam gibt es vier bildliche Ansichten, die älteste stammt aus dem Jahr 1649 und ist von Asher 1 wieder reproducirt worden . Sie zeigt ein Fort mit zerstreuten Häusern, im Vordergrund den Galgen. Nach dem zweiten.

den eine Magelhäesstraße gebe, müsse im Norden auch eine Meerenge sich finden, die Neue Welt müßte ja gar zu unge

Bilde aus dem Jahr 1656 war Neu-Amsterdam schon zu einem sittsamen Städtchen erwachsen, und 1667, auf der

schickt gegliedert sein, wenn sie sich zur Verhinderung des

dritten Ansicht, konnte es sich als Stadt mit andern Städ

Seehandels zwischen Europa und Aſien ausbreiten sollte.

ten in Holland vergleichen.

Hudson befuhr den Strom der seinen Namen trägt bis

langsam gewachsen, im Geschwindschritt dagegen in den So bat Gerstäder fürzlich in seinen letten 30 Jahren.

wenn man die Schriften aus jener Zeit liest, stößt man sogar auf Aeußerungen wie etwa die daß es wenig Ver trauen in die Weisheit der Vorsehung beweise, wenn man

zur Höhe wo seine Schiffbarkeit aufhört. Ihm folgten dorthin 1611 holländische Schiffe, die mit Indianern Tausch

Seitdem ist es fortwährend

geschäfte trieben, 1614 wurde der Name Neu Niederland

neuen Reisen das ältere New-York, wie er es 1837 sah, verglichen mit dem neuen, wie er es 1867 wieder fand.

geschaffen und 1615 entstand ein befestigtes Magazin, der

Statt der fleinen Backsteinhäuser am Broadway fand er

erste Keim von Neu Amsterdam, der größten Stadt der Neuen Welt die wir jegt kennen.

1 Es ist die nämliche von der sich ein Holzschnitt im Aus land 1866, S. 1225 befindet.

Geschichte der holländischen Colonien und überſeeiſchen Entdeckungen.

141

Marmorpaläste wieder und welchen Verkehr in den Straßen!

Südpol gehöre, mit dem auch das heutige Australien zu

Früher saß fast jeder zu Pferde und vor den Schenken befanden sich hölzerne Gestelle mit eisernen Haken um die Zügel der Pferde darüber werfen zu können. Jest sieht

sammenhängen sollte.

Daher kannte man außer der Ma

galhãesstraße keinen Zugang zum stillen Meer. Jene Fahrt wurde auf Kosten unternehmender Kaufleute der

man fast keinen Reiter mehr in den Straßen, dafür un

Stadt Hoorn ausgeführt, und als die Holländer an die

zählige Omnibusse und überall obendrein Schienengeleiſe. Auch der Schmuh ist aber gewachsen und die Marmor

Ostspitze von Feuerland gelangten, fanden sie zwischen dieser und der Insel Staatenland , die von ihnen ihren

paläste spiegeln sich bei nassem Wetter in dem grundlosen Straßenbrei.

waren die ersten Seefahrer welche die Südspite der Neuen

Den Namen New-York erhielt die Stadt erst 1664,

Welt umsegelt, und ihr den Namen ihrer Vaterſtadt ge=

als sie

am 5. Sept.

ohne

vorheriges Blutvergießen

sich den Neu-Engländern übergab.

Geschichtlich neu ist

Namen erhielt, eine ganz neue Straße in die Südsee.

Sie

geben haben, daher wir streng genommen Cap Hoorn ſtatt Cap Horn schreiben müssen.

Das Gespenst eines Süd

Ashers Bemerkung daß der Hauptanstifter des Krieges

polarlandes verschwand deßwegen noch nicht , denn wie

von 1664-67 zwischen Holland und Großbritannien der

früher Feuerland, so wurde die kleine Insel Staatenland

englische Gesandte im Haag Sir George Downing gewesen

jezt als die Nordwestecke des antarctischen Continents be

ſei, ein geborner Neu-Engländer und einer der frühesten Zöglinge von Harvard College. Die neuen Niederlande

trachtet.

wurden im Frieden zu Breda 1667 förmlich an England abgetreten, und wenn sie auch 1673 durch eine niederlän

gibt es zwei Berichte, einen von le Maire und einen unter

Die Straße selbst bekam und führt noch heute

den Namen von Jacques le Maire.

Ueber die Fahrt selbst

dische Flotte abermals erobert wurden, so fielen sie doch

Schoutens Namen, leßterer von dieſem jedoch verläugnet und mißbilligt. Schon damals war der Neid über Namensverewi

schon im nächsten Jahre wieder durch den Friedensschluß

gung so giftig wie heutigen Tages, und so wird denn im

von Weſtminſter an die Engländer zurück.

zweiten Bericht behauptet die Straße hätte Schoutenstraße genannt zu werden verdient, denn nur dem nautischen.

Interessant ist die Bemerkung Ashers : daß die ältesten Karten der Neuen Niederlande von 1614 und 1616, jet

Talent seines Steuermannes verdanke le Maire seine Er

noch in Handschrift vorhanden, den spätern gestochenen

folge.

sämmtlich als Muster gedient haben, durch höhere Genauig keit sich aber vor diesen merklich auszeichnen. Wir pflegen

Namen trägt, Schoutens Benehmen mißbilligt und ſeine

in der Regel zu sagen und zu denken daß kein mensch liches Werk, also auch kein kritischer Katalog als vollendet betrachtet werden könne. Es ist daher ein großes Wort mit dem Aſher ſeine Einleitung beſchließt : „ Da wir alles durchsucht haben, wo Suchen verstattet war, dürfen wir mit größter Sicherheit behaupten daß, außer den von uns angeführten,

keine gedruckte Urkunde in Bezug auf die

Geschichte Neu-Niederlands ferner mehr entdeckt zu werden vermag." Das andere Buch von Tiele gleicht weit mehr einem

Umgekehrt wird in dem Berichte der le Maire's

Person ins Lächerliche gezogen.

Man gewahrt daraus daß

auf dem Schiffe Eendracht die Eintracht nicht stark gewe Unser Verfasser führt übrigens näher sen sein kann. aus daß jedenfalls die Anregung und der Gedanke jener Erdfahrt von le Maire und nicht von Schouten ausge. gangen war. Dankenswerth sind auch einige Notizen über Heffel Gerrit oder Gerritsz nach holländischer Schreibweise (so viel wie Gerrit's, Gerard's Sohn) . Er war ein Karten stecher und Herausgeber geographischer Mittheilungen, so daß wir ihm

und Linschooten, sowie de Veer die besten

Katalog, der den Sammlern die genauen Titel und Kenn

Aufschlüsse über die Unternehmungen der Holländer zur Auf

zeichen der gesuchten Schäze angeben will, denn von allen

suchung einer nordöstlichen Durchfahrt, also der Fahrten nach

Büchern deren Inhalt bereits Camus zergliedert hat, be

Nowaja Semlja und durch die Waigatsstraße verdanken. In

schränkt sich der Verfaſſer nur auf bibliographische Bemer kungen, dennoch finden wir bei einzelnen Raritäten werth

jene Zeit (1596) fällt auch die Entdeckung von Spißbergen durch Jakob van Heemskerk und Willem Barent. Barent

volle historische Erörterungen eingeschaltet.

segelte von Spißbergen bekanntlich um die Nordſpiße Nowaja

Auch besigt

der Band eine chronologische Tafel der wichtigsten Reiſen

Semlja's, der erste und einzige Seemann dem dieß bis

und überseeischen Unternehmungen der Holländer, die etwa

jezt gelungen ist, überwinterte dort, mußte jedoch sein.

bis Abel Tasmans Zeit hinaufreicht.

Hauptsächlich aber

Schiff zurücklassen und in einem Boote heimkehren ; unter

werden uns Aufſchlüſſe über die De Bry'schen und Hul sius'schen Sammelwerke geboten.

wegs ereilte ihn der Tod . Ueber diese Reise besaßen wir eine wichtige Urkunde, nämlich in Pontanus Geschichte von

Nicht zu übersehen ist eine Notiz über die 22 Ausga ben der Reisen von Le Maire und Schouten. Ihre Fahrt

Amſterdam eine Karte, gestochen von Hondius, eines Zeit:

um die Welt gehört in die Jahre 1615-1617 und wurde

Jahre 1596 angab. Wir erfahren jezt von Tiele daß eine Originalkarte von Barent selbst, gestochen 1598 nach seinem

unternommen in den Schiffen Eendracht und Hoorne. Vor

genossen des Barent, die den Curs seines Schiffes im

dieser Reise dachte man sich daß das heutige Feuerland

Tode, vorhanden ist, die Hondius nur wiederholt hat mit

als Theil zu einem geräumigen Continent rings um den

Hinzufügung etlicher Punkte die Hudson 1609 besuchte

Die lette englische Parlamentswahl und die Arbeiter.

142

sowie der apokryphen

Objecte Matsyn und Sir Hugh

Willoughby's Land.

Schule der Thatsachen, hatte er die Ansichten der Arbeiter classe studiert, und war im Stande sie auf den Huſtings (Wahlbühnen) zu vertheidigen. Zum Unglück für sie kamen dieseVolkscandidaten ein wenig spät ; sie klopften an die Thüre

Die lekte englische Parlamentswahl und die Ar beiter.

von Wahlcollegien deren Ehrenplag bereits von Männern einer unbestreitbaren Notorietät eingenommen war. Wie

Die Arbeiter Großbritanniens hatten einen thätigen Antheil an der letzten Wahlreform-Bewegung genommen.

flucht zu einem System freiwilliger Subscriptionen zu neh

Man erinnerte sich daß man das Heer und die Fahnen.

men, den Kampf bestehen ? Hr. Odger erntete in einigen.

der Werkstätten eben erst in London umherziehen sah. Der

Volksversammlungen, zu welchen die Arbeiter in Maſſe herbeiſtrömten, viel Beifall ; man weiß aber was diese

Traum der englischen Arbeiter war einige der ihrigen in War man diese das Haus der Gemeinen zu bringen.

könnten sie auch, arm wie sie sind und genöthigt ihre Zu

geringfügige Belohnung nicht den sehr wesentlichen Dien

Wort-Erfolge angesichts der Einflüſſe und des Reichthums werth sind. War hier nicht andererseits . Grund vorhan

sten schuldig welche sie geleistet hatten, und welche sämmt

den zu der Befürchtung daß ein Unterliegen in seiner Can

liche Organe der liberalen Partei gern anerkannten ? Wozu nüßte das Gesetz von 1867 , wenn die Personen und

didatur die Niederlage der liberalen Partei in einem der

die Ansichten des Parlaments in nichts modificirt wur

richtern das Schicksal einer Wahl zu übergeben, in dem

wichtigsten Wahlbezirke Londons nach sich ziehe ? Schieds

berufen

Falle wo mehr Bewerber vorhanden als Pläße auszufül

über höchst wichtige Fragen sein Urtheil zu fällen, so 3. B. über die Rechte des Capitals und der Arbeit,

len sind, war eine auffallende Neuerung in den englischen

über die Beziehungen der Arbeitgeber und der Arbeiter zu

eine Gefahr zu beschwören ? Sir Henry Hoare und Hr. Odger,

den ?

Sehr oft

ist

das

englische Parlament

Sitten ; allein war es nicht auch das einzige Mittel um

einander, über die Arbeitseinstellungen (die sogenannten

die beiden liberalen Candidaten, unterwarfen sich dieser

strikes, wie die Engländer sagen, oder die grèves, wie die

Probe.

Franzosen diese Demonſtrationen nennen) , über die Gefahren oder die Dienste der Handwerks - Vereine. Zwar befinden

ten Parlamentsmitgliedern, den HH. Stansfeld, Hughes

sich im Hause der Gemeinen Staatswirthschaftskundige genug um an diese verschiedenen Aufgaben die Leuchte der

Hrn. Odgers seien, und daß er sich vom Kampfe zurück

Wissenschaft zu legen, dennoch aber fehlt der Verhandlung ein wesentliches Element, die Stimme der Arbeiter selbst.

an. Zurücktretend aus Gewissensscrupel, aus Furcht Spal tung in die liberale Mehrheit zu bringen, erwarb sich

Diejenigen welche, wie der Profeſſor Fawcett und Hr. Hughes,

Hr. Odger die Achtung und Werthschäßung

diese heiklen Fragen zu ihrem besondern Studium gemacht

Wähler selbst welche nicht für ihn gestimmt hatten.

haben, besigen ihre Nachweisungen immer nur aus zweiter

solcher Rücktritt kam einem Siege gleich. Ein Eintritt der Arbeiter in das britische Parlament Vor noch stößt aber noch auf ein anderes Hinderniß.

Hand.

Wäre es daher nicht nüßlich den innersten Ge

danken der Werkstätten selbst kennen zu lernen ?

und Taylor, entschied daß die Aussichten nicht zu Gunſten

ziehen müſſe.

Dieſer lettere nahm den Wahrſpruch sofort

derjenigen Ein

Dieſe

Vertretung der Arbeit stieß indeß auf mehr als eine Art von Hinderniſſen, und vor allem fehlte es an Männern. Sicherlich gibt es in England viele einſichtsvolle Arbeiter, und einige unter ihnen besigen selbst die Gabe der Beredsamkeit ; erst kürzlich erregte in Croydon ein Gärtner, Hr. Coldwells, in einer Wahlversammlung staunende Bewunderung, und riß die Zuhörer hin durch den Glanz seiner Rede ;

Eine Art Gerichtshof, bestehend aus sehr bekann

allein

bis jetzt sind diese Volksredner nicht sehr bekannt. Kaum haben ſie die Zeit das Vertrauen ihrer Geschäftsgenoſſen zu gewinnen. Die vier oder fünf Arbeiter- Candidaten bei den letzten Wah

nicht langer Zeit nämlich mußte man, um Mitglied des Hauses der Gemeinen ſein zu können, ein jährliches Ein kommen von 300 Pf. St. (2000 Thlr. oder 7500 Fr. ) nach: Diese Bestimmung ist aus dem Gesetz gestrichen worden ; allein der Candidat muß reich ſein, dieß ist eine durch die Macht der Dinge selbst aufrecht erhaltene Noth weisen.

Man muß vor allem die Baukosten der Hu wendigkeit. stings und die Honorare der Beamten bezahlen die bei den Wahlen den Vorsiz führen. Die Hustings, diese häß lichen hölzernen Häuser, sind eine neuere Erfindung ; sie ersehen die alte Eiche des Squire, um welche sich vordem die

len waren Mitglieder der Reform-Liga, welche durch die Be wegungvon 1867 eine vorübergehende Aufmerksamkeit aufsich

war ohne Widerspruch Hr. George Odger, der als Bewerber

Engländer versammelten um ihren Willen durch Handaufheben auszudrücken. Wie es kommt daß jedes derartige Gerüste 100 Pfd. St. kostet, habe ich nie recht erfahren können ;

für die Stadt Chelſea auftrat. '

die Zimmerleute machen sich ohne Zweifel den Umstand zu

gezogen hatten.

Der aufgeklärteste und gediegenste von allen

Als Schriftführer der Liga,

charakterfester und aufgeklärter Mann, herangebildet in der 1 Hr. Odger ist Schuhmacher : zwei Engländer, Hartwell Horn , Verfasser einer kritischen Studie über die h. Schriften, und der Philosoph Samuel Drew, welcher ein berühmtes Buch über die „Immaterialität und die Un

sterblichkeit der Scele" herausgab, hatten beide anfänglich das nämliche Gewerbe getrieben wie der Candidat von Lambeth. Dieß will nicht sagen daß Hr. Odger ihnen an Talent ähnlich ist, allein er kennt die Wünsche der Arbeiter sehr genau, und spricht sie mit großer Klarheit aus.

Preußische Steinsalzwerke und Wieliczka gegenüber der Geologie und Geognofie.

nute.

143

In einigen großen Wahlorten und in den Graf

das Vorhandensein von Steinsalz in der Tiefe zu schließen.

schaften, wo eine große Anzahl dieser Baracken zur Entge gennahme der Stimmen erforderlich ist, beträgt die Gesammt

Zur Aufsuchung desselben ist auf Anordnung des Mini

ausgabe fast nicht weniger als 1000 Pfd. St. Während der lezten Seſſion hatte ein Parlamentsmitglied, Hr. Faw cett, den Vorschlag gemacht diese Kosten den Wahlkörpern aufzubürden . Unterſtüßt anfänglich von einer ziemlich starken Mehrheit, scheiterte der Plan, nachdem er zweimal von dem Miniſterium abgelehnt und zweimal von dem Unterhaus angenommen worden, bei der dritten Lesung. Diese Auslagen, bekannt unter dem Namen returning ex penses, sind übrigens nur ein Sandkorn im Vergleich mit der Uebermäßigkeit der andern Ausgaben. Während der zwei oder drei Monate die den Wahlen vorausgehen, sind die Preſſen in den Druckereien Tag und Nacht in uner müdlicher Beschäftigung begriffen ; die Briefträger, belastet mit einer Masse von Rundschreiben und Glaubensbekennt : nissen an die Adreſſe jedes Wählers, durchlaufen die Stra ßen der Städte, die Wahlbezirke, das ganze Königreich. Der Gewinn welchen die Verwaltung der Posten hieraus zieht, geht fast ins unglaubliche . Die Engländer trösten ſich mit dem Gedanken daß ehedem eine Candidatur ein weit verderblicherer Luxus für einen großen Herrn war. Eine der kostspieligsten der ehemaligen Wahlen, welche in den Jahrbüchern der Bestechung berühmt geblieben, ist die von York im Jahr 1807. Sie dauerte fünfzehn Tage, Hun derte von Pferde ich weiß nicht genau wie viele die auf den Hochſtraßen verhängten Zügels daher sprengen mußten, wurden zu Tode geritten, und sie verschlang eine halbe Million Pfd. St. Die Ausgaben Wilberforce's,

sters für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten seit Diese für einem Jahre eine Tiefbohrung im Betriebe. Rechnung des Staates betriebene Aufsuchungs -Arbeit hat zu einem günſtigen Reſultat geführt, indem in der Nacht vom 14 zum 15 Jan. 1868 aus der Tiefe von 472 Fuß gesättigte Soole mit Steinsalzstücken zu Tage gefördert wor den ist.

Die Bohrung wird zur Untersuchung der Be

schaffenheit und Mächtigkeit fortgesezt werden. Der Fund hat bei der Nähe der Nord- und Ostsee für die Entwicke lung des Salzhandels eine große Bedeutung." Es ist kaum zu begreifen daß die frühere Regierung bei den vorliegenden geognostischen Indicien diesen nun zu Glücke geschlagenen Verſuch nicht längst gemacht hatte. Die Anwendung der Resultate der Geologie und Geognosie auf den praktischen Bergbau hat im preußischen Staate schon oft sehr reichlichen Nußen gebracht, und sind dieſe wiſſenſchaftlichen Zweige der Leitſtern bei allen bergbau lichen Unternehmungen. Recht zahlreiche Beispiele der ver schiedensten Art könnte man dafür als vollgültige Belege anführen, bei dieſer Veranlaſſung wollen wir indeß bloß der reichen Entdeckungen von Salz-Lagerſtätten gedenken, welche seit kaum zwei Decennien im Gebiete des Preußen landes gemacht worden sind, nämlich zu Staßfurt, wo neben dem Steinsalz von außerordentlicher Mächtigkeit auch die sehr werthvolle Ablagerung von Kaliſalzen vor handen ist, bei Erfurt, in Hohenzollern, zu Schönebeck, In jüngst zu Sperenberg und jetzt zu Segeberg. Preußen ist die geognostische Landuntersuchung und die

der zuerst aus der Liste hervorkam, wurden durch eine öffent liche Subscription gedeckt ; die Domänen des Lords Mil ton aber blieben mit einer jährlichen Last von 425,000 Fr.

damit zusammenhängende geognoſtiſche bildliche Darstellung in Karten nach großem Maßstabe in den Händen der Ministerial- Abtheilung für das Bergwesen, und wird mit

beschwert, während der dritte Candidat sein ganzes Vermögen dabei einbüßte. Man sieht heutzutage solche Ueberschwäng lichkeiten nicht mehr : 1000 Pfd. St. für die Druckkosten, die nämliche Summe für die public houses (Wirthshäuſer)

großem Fleiße und Ernſt betrieben. Dieſe wissenschaftlichen Bestrebungen, welche der bergmännischen Praxis unter die Arme greifen, haben daher auch bereits reichliche Früchte getragen und werden es ferner noch mehr.

und 2-3000 Pfd. St. für die Agenten oder Wahlmäkler, so viel ungefähr kostet eine neuere Candidatur ; 125,000 Fr.,

Dagegen haben wir in Desterreich in jüngster Zeit ein eclatantes Beispiel davon erhalten zu welchem großen

das ist schon sehr hübsch, und man wird nicht mehr er staunen daß man das Haus der Gemeinen einen Club reicher Männer nannte. (Esquiros in der Revue des

Unglück bei dem Bergbau die Nichtbeachtung geologischer und geognostischer Kenntnisse führen kann. Wir meinen

deur Mondes .)

damit den durch die Tageblätter im Detail bekannt gewor denen gefährlichen Wasserausbruch in dem sehr bedeutenden. Steinsalzwerk zu Wieliczka, den die Wiener Zeitungen ſelbſt ein montanistisches Königgräß nennen. Geognostische Un

Preußens Steinſalzwerke

und

Wieliczka gegen

über der Geologie und Geognoſie. In jest preußischem Gebiete ist eine Steinsalz-Lager stätte erbohrt worden, und zwar in einer Gegend wo der neue Fund dem Staate, der Industrie und dem Handel großen Vortheil bringen kann. Der Staats - Anzeiger enthält

kunde oder leichtsinnige Unbeachtung deſſen was dem Geo gnosten längst klar sein mußte, hat allein den sehr schwer und nur mit großem Geldaufwand und Verlust vielleicht Wem insbeson zu beseitigenden Unfall herbeigeführt. dere die Veranlassung des Falls direct oder indirect zur Last kommt, kann nicht Aufgabe unserer Untersuchung sein,

darüber folgende Nachricht : „ Nach den geognostischen Be

aber aus den vielen Mittheilungen welche die in Wien

obachtungen über den sogenannten Kalkberg bei Segeberg

erscheinende „ Neue Freie Presse" zum Theil von umsich

in Holstein, der aus Gyps und Anhydrit besteht, war auf

tiger Feder gebracht hat, geht hervor daß man zu Wieliczka

Preußische Steinsalzwerke und Wieliczka gegenüber der Geologie und Geognofie.

144

die Kaliſalze in einer obern Gebirgsbildung gesucht hat, wie sie nach aller Analogie nicht mehr vorhanden sein konnten und

dazu war wieder ins Stocken gerathen.

statt dessen in dem fließenden tertiären Sand die unheilbringen

wieder, und mit guter Motivirung, in Anregung gebracht.

den Wasser sogar ohne alle geboten geweſenen Vorsichtsmaß

Wir hoffen daß diese Stimmen nicht abermals fruchtlos

regeln anhieb. Der nur wenig vorsichtige Geognost hätte diese

verhallen werden.

Wagnisse nicht machen können, da es sich hier um ein Terrain handelte, was von früher her geognostisch aus:

nicht allein das Interesse des staatlichen Bergbaues, son

reichend bekannt war. Bergrath F. Fötterle, welcher übri gens nicht direct bei dem praktischen Bergbau, sondern bei der

.

. geologischen Reichsanstalt in Wien beschäftigt ist,

Jezt wird in

Zeitblättern das dringende Bedürfniß von unten herauf

Das Bedürfniß muß befriedigt werden,

dern auch dasjenige der bergmännischen Privatindustrie, für welche Desterreich bereits eine der Zeit entsprechende liberale Gesetzgebung geschaffen hat, erfordert dieses dringend. Von der Ansicht , daß eine Bergakademie nur mit

sagt daher auch in einem bezüglichen eingehenden Vortrage,

Nußen für die Zöglinge in den Bergwerks-Regionen bei

den er in jenem Institute gehalten hat sehr richtig : „ Eine

den Bergwerken selbst bestehen könne, ist man längst

Erfahrung, die schon bei mehreren Gelegenheiten gemacht

zurückgekommen.

wurde, und die wir hier nur wieder bestätigt finden ist

Hütten- und Salinen -Zöglinge allerdings in den Regionen ab

die, daß

machen, die theoretischen Fachstudien gedeihen aber beſſer in den Hauptstädten, wo bezügliche Anstalten viel leichter und

ein großer Theil unserer leitenden praktischen

Berg-Ingenieure bei der Durchführung ihrer praktiſchen

Die praktischen Uebungen müssen die Berg ,

Aufgaben viel zu wenig Rücksicht nehme auf die Wich

vollständiger zu begründen sind.

tigkeit der Geologie im praktischen Bergbau, was wohl

schäftigungen der Zöglinge müssen ganz andere größere

seinen Grund darin haben mag daß die Geologie auch

Zeitabschnitte beſtimmt werden als für die theoretischen Studien, beide dürfen nicht zusammenfallen. So blüben

auf unserer Berg - Akademie nicht jene Beachtung findet die ihr dort gebührt, denn sie sollte unbedingt die Grund lage des Unterrichts in der Bergbaukunde bilden, während

Für die praktischen Be

denn auch jezt die Berg-Akademien in Berlin, Paris, London, Petersburg u. s. w . Die drei kleinen österreichis

ſie gegenwärtig von dem montanistischen Fachunterricht bei uns gänzlich verbannt ist. Möge die gegenwärtige Kata

schen Berg Akademien in Schemnit, Przibram und Leoben

strophe in Wieliczka den jezigen umsichtsvollen Leitern des

dige, mit allen Bedürfnissen und Hilfsmitteln ausgestat Dann tete Berg- Akademie in Wien errichtet werden.

ärarischen Bergwesens zum Anknüpfungspunkte für die

fönnten füglich aufgehoben und dafür eine ganz vollſtän

Einleitung in der angedeudeten Richtung dienen, und sie

würden auch die k. k . geologische Reichsanſtalt und das

können versichert sein der Anerkennung und des Dankes

reiche kaiserl. Hof-Mineralien- Cabinet in ihrer Benutzung

aller wahren Fachgenossen denen die Hebung des Bergbaues am Herzen liegt. "

durch die Bergwerks-Zöglinge ihren wahren Werth für den Staat und seine Industrie erhalten. Desterreich ist ein

Damit soll aber nicht gesagt sein daß in Desterreich die Geognosie und Geologie nicht cultivirt werde. Es

reiches Land in seinem Boden an mineralischen Producten, Metallen und Brennstoffen, dieser bedarf nur bergmännisch

geschieht sogar sehr Ernstliches

besser angebaut zu werden als bis jezt geschieht,

und Großartiges dafür .

Wir meinen damit die zahlreichen und werthvollen Arbei

gehört indeß ein vollständig

ten und Karten- Ausführungen der durch den trefflichen v.

tetes

bergmännisches Beamten

dazu

und zeitgemäß unterrich und Officianten-Corps,

Haidinger gegründeten und jetzt von seinem Nachfolger

welches großentheils noch geschaffen werden muß .

v. Hauer in gleichem Geiste fortgeführten k. k. geologischen

erwähnen wir freilich nicht, als einen allgemeinen Vorwurf

Leyteres

Reichsanstalt zu Wien.

Aber dieses rein wissenschaftliche

gegen alle österreichischen Bergwerks-Beamten, denn auch

Institut hat, gleich einer Akademie der Wiſſenſchaften über

unter ihnen gibt es, wie gewiß anerkannt wird, Männer,

haupt, keine directe Beziehung zu dem praktischen Berg

die ihr Fach gut verstehen,

wesen. Lehteres wird allein auf den eigentlichen Berg akademien zu Schemnitz, Przibram und Leoben gelehrt,

wirken daß dieses in der Zukunft so viel als möglich zur allgemeinen Regel werde. Man hat oft darüber

aber der Staat muß dahin

und wie unvollständig und mangelhaft das erkennen wir

geklagt daß in Desterreich sich nur wenige junge Leute

genugsam aus der mitgetheilten Aeußerung des Bergraths

aus den höhern Ständen dem Bergwesen widmen, wie es

Fötterle.

doch in Preußen,

Wenn auf diesen Bergakademien nicht einmal

Sachsen, Frankreich, England u. s. w.

Geologie, welche die Geognosie mit einschließen mag, vor

so sehr der Fall ist.

getragen wird, dann ist auch wohl anzunehmen daß es dort

gestattete Berg Akademie in der Haupt- und Residenzstadt

noch in manchen andern nothwendigen Fächern fehlen wird.

Wien, so wird sich dieses bald ändern und auch dieser

Die Begründung einer vollständigen Bergakademie in der Hauptstadt Wien, wo alle dazu erforderlichen Hülfs mittel und Kräfte reichlich vorhanden sind, war schon seit längeren Jahren angebahnt, aber der anfängliche Vorschritt

Man gründe nur eine gehörig aus:

Uebelstand beseitigt werden. Damit das wohlwollendste und freundlichste Glück auf! dem österreichischen Bergbau!

Ein Agricola der neuern Zeit.

Druck und Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung. --- Redaction: Dr. L. F. Peschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde .

Zweinndwierigster Jahrgang.

Nr. 7.

Augsburg ,

1869.

13 Februar

Inhalt: 1. Ein Streifzug ins Gebiet der Alchemie. 2. Gerſtäckers lehte Wanderungen durch die Neue Welt. 3. Die Fürsten des Steinreiches. (Fortsetzung.) 4. Die warmen Häuſer im botaniſchen Garten zu Kew. -- 5. Der Rennstieg und seine Beziehung zu den Ortsnamen. 6 Freshfields Besteigung des Kasbek und Elbrus. ― 7. Nochmals das Erdbeben bei Arica und die Tiefe des Stillen Meeres. 8. Die Moncrieff'sche Lafette. 9. Zinnverfälschung in Frankreich. 10. Pruner-Bey über die Stellung der amerikaniſchen Menſchenracen. --- 11. Alkohol aus Flechten. 12. Kupfererzeugung der Welt.

Ein Streifzug ins Gebiet der Alchemie. Warum sterben noch so viele Menschen an Typhus, Cholera, Blattern, Ruhr, Scharlach u. s. w. ?

Dieß kommt

daher daß die heutigen Aerzte die Arcana oder die Ge heimmittel der alten Alchemisten nicht mehr kennen. Mit dem Mittelalter schmolz das Häuflein der Wiſſenden mehr

Die Wiederentdeckung dieser Geheimmittel verdankt man der Holdseligkeit des Zufalls, doch wollen wir den Verfasser ―――― selbst erzählen lassen : „ Ich kam einmal was passirt einem nicht alles am Krankenbette ? — in die Lage einem Patienten Natron nitricum ( Chiliſalpeter) zu verschreiben. Wie ich auf demHeimwege war, gieng es mir bereits contre coeur daß ich es verschrieben. Indessen ce qui était fait, était fait. Den

und mehr zusammen, und mit dem letzten Wiſſenden er losch die Kunde von ihnen gänzlich. Preisen wir uns daher

andern Tag besuchte ich meinen Patienten in aller Herr gottefrühe. - Die Sache war mir in dem Kopf herum

glücklich daß die Wünderdinge wieder entdeckt worden sind, 1 nur gebe und zwar in Bonn von Dr. Gottlieb Laz, man Obacht daß man ein echtes Exemplar der neuen Offen

gegangen.

Was sah ich ?

Einen Erfolg, der mich in Er

staunen sette, der mir sagte hier hat dir der Zufall ein großes Mittel in die Hand gegeben. "

barung erhält, kein untergeschobenes.

Der Zufall half

Wie nämlich das nun immer weiter, denn der Verfaſſer ahnte sogleich daß

wirklich ächte fölnische Wasser von Johann Maria Farina. „ gegenüber dem Jülich - Plaße“ kenntlich ist an der Unter schrift auf der Etikette, so hat auch Dr. Laß die „ recht: mäßigen Exemplare" seiner Offenbarung mit einem Auto graph versehen. Das Buch ist zwar „ zunächst für Aerzte geschrieben," doch wird es an jeden gebildeten Denker“ abgegeben, auch darf der Arzt nicht erwarten daß er An leitung erhält wie er die Arcana am Krankenbett zu ver wenden habe, denn das muß er selbst probiren . Uebrigens sind ihm die Geheimmittel alte Bekannte, nämlich 1 ) Schwefel

der Chilisalpeter eines der großen Geheimmittel der Alche misten gewesen sein möge.

Er studierte also die alche

miſtiſchen Schriften, was uns mit um so größerer Dank barkeit für diesen Wohlthäter der Menschheit erfüllen muß, als seine " Wenigkeit bei Tag und Nacht, bei Hize und Kälte, bei Staub, Regen, Hagel, Schnee einer umfangreichen ärztlichen, wundärztlichen,

geburtshelferischen Praxis zu

Fuß und zu Pferd nachkommen " mußte.

Dennoch brachte

es unser Jungalchemist endlich dahin aus den Schriften der alten Schwarzkünstler, die oft absichtlich den armen Wiſſens

säure, 2) Eisen, 3) kohlensaures Natron, 4) salpetersaures durstigen irre führen, Natron (Chilisalpeter), 5) Ammoniakschwefelleber, 6 ) Pulvis solaris ruber , das heißt eine Verbindung von rothem

den Sinn herauszucalculiren. “

Bis jetzt haben wir uns nur mit der Vorrede und der Einleitung beschäftigt, und wir fürchten fast daß viele

Quecksilberoryd mit Sulphur auratum ,

welches

leßtere Käufer des Buches, selbst eines

man als Niederschlag erhält wenn man in eine Lösung von Schlippe'schem Salz verdünnte Schwefelsäure gießt,

rechtmäßigen Exemplars ,"

mit dem Autograph des Geheimmittelentdeckers nach Be endigung der Vorrede es auf ihren literarischen Compoſt

endlich 7) Pulvis solaris niger ,

eine Verbindung von

rothem Quecksilberoryd mit schwarzem Schwefelantimon. ↑ Die Alchemie d. i. die Lehre von den großen Geheimmitteln der Alchemisten. Bonn 1869. Selbstverlag. Ausland. 1869. Nr. 7.

haufen werfen möchten, obgleich ihnen doch der Verfasser zuruft: " Du wirst Dinge darin finden von denen du von vorn herein nicht ahnst daß sie mit der Alchemie im Zusammenhang stehen, durch die Alchemie ihre Aufklärung 19

Ein Streifzug ins Gebiet der Alchemie.

146

bekommen." Gehörte eine sehr große Selbſtverläugnung dazu jenes Buch zu schreiben, so war es auch kein schwa ches Verdienst es durchgelesen zu haben, denn es umfaßt

len der jüdischen Alchemiſten .

Zweitens

entdeckt unser

Verfaſſer in den erſten biblischen Schöpfungswerken ein alchemistisches " Wasserverwandlungs- Experiment. " Die

35 enggedruckte und doppelt gespaltene Druckbogen oder

alten Aegypter, lehrt er uns, sahen ihre Welt, Aegyp :

570 Halbseiten.

Wir rühmen uns es gelesen zu haben,

ten nämlich, aus dem Nil entſteher, denn aus dem Nil

freilich verfügten wir über etwas mehr Zeit als der Au tor, da Geburtshilfe zu Fuß und zu Pferd" nicht zu den

wasser entstand durch Absonderung Wasser und Land, und deßhalb war für sie der Vorgang der Weltschöpfung nichts

von uns vertretenen Fächern gehört, bezeugen aber dürfen wir " Dinge gefunden zu haben, von denen wir nicht

Israel hatten diese Vorstellung aus Aegypten mit hinweg

ahnten daß sie standen. "

mit

der Alchemie

in Zusammenhang

anderes als eine Verwandelung von Waſſer.

Die Kinder

geschleppt, weiter ausgebildet, und so gelangte sie auch in das erste Buch Mosis .

Einen großen Nachdruck legt Laz

darauf daß auf den ersten Schöpfungstag das Licht fällt, Die Vorrede, die im Style einer Anpreiſung der Re während dech am vierten Tage erst die lichtspendenden valenta Arabica geschrieben ist , läßt uns nicht ahnen Körper,

Sonne,

Mond und Sterne geschaffen werden.

welchem gelehrten Herrn wir im Text begegnen werden, Nach ihm befand sich der Alchemist

der Genesis in Ver

der mit kritischer Schärfe als Hebräer uns auf die Will legenheit, denn sollten die Schöpfungsabschnitte in Tag für der Septuaginta (d. h. der siebenzig Dolmetscher) bei Uebertragung des Urtextes der Bibel ins Griechische auf

und Nacht zerfallen, so mußte sogleich mit dem Lichte be gonnen werden.

merksam macht , von den Fehlgriffen Luthers

Dieß wäre nun ein ideales Licht gewe

ganz zu

schweigen. Wie die Bibel in die Alchemie sich verirrt hat, gehört just zu den " Dingen die der Leser nicht geahnt hat."

sen, ein Licht ohne Lichtquelle, während am vierten Tage erst die Lichtkörper oder die realen Lichter, Sonne, Mond und Sterne, geschaffen wurden.

Allein es ist durchaus

Die Geschichte jener Geheimwiſſenſchaft zerfällt nämlich in zwei Abschnitte, in die Zeit vor und in die Zeit nach dem

nicht unerläßlich an eine Schöpfung eines idealen, das heißt im Grunde eines Nicht-Lichtes, und dann besonderer

Auftauchen der Smaragdtafel oder dem Recepte des Her mes Trismegistus ; denn nach dem Bekanntwerden der

Lichtkörper zu denken . Unsere Lichtquellen sind freilich Fixsterne, Sonne und allein die Pythagoräer z . B. nah

Tafel drehen sich alle weiteren alchemistischen Schriften nur um die Auslegung ihres Textes .

men ja ein Urlicht an, das sogenannte Centralfeuer, von

Wer hätte nun gedacht daß die Bibel, und zwar oben drein das alte Testament, mit Alchemie sich besudelt habe? Freilich in der Zeit vor dem dreimal großen Hermes sind unter Alchemie nur die Speculationen über Weltschöpfung

dem das Licht der Sonne stammte, denn die Sonne spie gelte nur das Licht des Centralfeuers. Auch war das pythagoräische Urlicht mit einem inneren Planeten, der Gegenerde (Antichthon) nichts weniger als eine willkür liche Annahme ; so lange man die Wirkung der Strahlen

zu verstehen, wie Dr. Lay S. 130 bemerkt. Nun enthält das erste Buch Mosis zwei Schöpfungsgeschichten, und

brechung nicht kannte, war man genöthigt anzunehmen daß die Sonne nur reflectirtes Centrallicht zurückwerfe, um

zwar ist die erste die welche in sechs Tage zerfällt. Am sechsten Tage läßt sie zwei Menschen, einen Mann und

sich die Thatsache zu erklären daß zugleich mit der unter

eine Frau, geſchaffen werden, am ſiebenten Tage aber den Herrn ruhen. Die zweite Schöpfungsgeschichte beginnt bei

verfinsterte Mond sich ihr gegenüber über dem Horizont

Gen. 2, 4.

Himmel und Erde sind geschaffen, aber ehe die Pflanzenwelt entsteht, muß der Herr es regnen laſſen. Nach dem Regen wird ein Mensch, und zwar der Mann, Adam, aus Erde gebildet.

Dann wird der Garten Eden gepflanzt, und aus der Rippe des schlafenden Adam das erste Weib, Eva, gebaut. Zwei Schöpfungsgeschichten, meint der Verfasser, sind zu viel. Die Bibel darf sich

gehenden oder aufgehenden Sonne der (von der Gegenerde)

zeigen könne.

Noch einfacher könnte man sich denken, die

Genesis lasse am ersten Tage Licht werden, am vierten aber die Körper entstehen, an welche dieſes Licht von da ab befestigt bleibt. Nachdem nun der Verfasser die Bibel auf alchemiſti schen Spielereien ertappt hat, zeigt er uns daß die alten griechischen Philosophen ihre Weltschöpfungsgebäude wie : derum von den - Juden entlehnt haben. Aus der soge

nicht widersprechen, da sich aber beide Schöpfungsgeschichten widersprechen, so muß die eine unecht sein . Die erste

nannten ersten mosaischen Schöpfungsgeschichte hätten unter

Schöpfungsgeschichte in sechs Tagen, denen der Sabbath folgt, ist nach unserm Verfaſſer „ ein alchemiſtiſches Machwerk und dazu noch ein lückenhaftes, welches in die Bibel hineinge:

gesogen, vor allen aber Pythagoras.

andern die Milsier Thales und Anaṛimenes ihre Weisheit Er stüßt sich dabei

auf die Aeußerung des Jamblichus, daß der große Meister von einem phönicischen Hierophanten in die Mysterien wie

rathen ist." Was von Alchemie im ersten Capitel der Genesis zu entdecken sei, wird ein blödes Auge nicht sogleich gewah ren, aber der Verfasser sticht uns den Staar. Einmal

ſie zu Byblus,

sind die sieben Abschnitte alchemistisch verdächtig, denn die

( τοῖς τε Μώχου τοῦ φυσιολόγου προφήταις ἀπογόνοις ) . Dieser Mochos wer ist es anders als Moses ? denn nicht

Zahlen 1 , 2, 3, 4, 5, 6, 7 waren die philosophischen Zah

waren,

zu Tyrus und in Syrien im Schwunge

eingeweiht worden sei,

und daß er Umgang ge

pflogen habe mit der Prophetenſchule des Physiologen Mochus

Ein Streifzug ins Gebiet der Alchemie.

Mochos sondern Moches lautete der Name. 1

Nun ist

es allerdings richtig daß die Pythagoräer viel Zahlensym bolik trieben, und wenn man in solchen Gedankenver irrungen Alchemisterei erblickt, so waren die Pythagoräer Alchemisten. Die Pythagoräer spielten aber nicht bloß mit den Zahlen, sondern betrachteten sie sehr ernst, ja es

147

im ersten Capitel der Genesis, nur daß Plato aus natio: naler Verschämtheit nie den Urquell seiner Belehrung an gibt, nie zugesteht von den Juden geborgt zu haben. Das einzige

jüdische" in der platonischen „ Alchemie “ sind seine

philosophischen Zahlen, insofern er deren sieben anerkennt, allein nicht die sieben jüdischen, sondern 1 , 2, 3, 4, 8, 9,

gibt vielleicht keine Philoſophenschule des Alterthums der sich die heutige exacte Forschung so nahe fühlt als gerade der pythagoräischen. "Alles ist Zahl“ und „ alles ist Zahl

27. Ist denn aber die Siebenzahl, möchten wir den Verf. fragen, etwas national-jüdisches ? Die Sieben konnte als

und Harmonie," die Kernsprüche der Pythagoräer, klingen viel moderner als die Träumereien anderer griechischer

Geltung gelangen, weil es nämlich nach alten Vorſtellun

Philosophen.

Mars, Jupiter, Saturn, daher die Pythagoräer um ihre

Hatten denn aber, um alchemistisch zu reden, die philosophischen Zahlen des Pythagoras die geringste Aehnlichkeit mit den hebräischen? Des Pythagoras vor: nehmste Zahlen waren die 1 und die 10, und während die 7 bei den Hebräern eine so große Wichtigkeit spielt, war sie im Gegentheil den Pythagoräern die „mutterlose Zahl. " Der Verf. will uns nämlich überreden daß alle grie chischen Alchemisten (sprich : Philoſophen) nur jüdische Alche mie fortgebildet hätten.

„ Wir müſſen dem Factum ins

Wunderzahl nur bei einem astronomischen Volke zuerst zur

gen sieben Planeten gab : Mond, Sonne, Mercur, Venus,

Zehn zu heiligen, zu jenen sieben Weltkörpern noch drei andere hinzufügen mußten, nämlich die Erde, die Gegen erde und das Centralfeuer. Da nun die Juden des Alter: thums in Aſtronomie nichts geleistet haben, so ist auch sicherlich nicht von ihnen ursprünglich die Zahl Sieben ver ehrt worden, sondern sie entlehnten diesen Cultus entweder den Chaldäern oder wahrscheinlicher den Aegyptern . Damit wir nun im Verständniß des Timäus einige Fortschritte erzielen, indem wir diese

alchemistische" Schrift

Antlitz schauen daß der Paſſus der jüdiſchen Schöpfungs geschichte „Am Anfang schuf Gott u. s. w. " die Basis für

von einem „ Alchemiſten “

die griechische Alchemie ist,

Experiment zwar eine geistreiche Parallele zum jüdiſchen

Timäus Gold (zovaós) Natron, Stahl (úðúµas) oder Eisen dagegen Schwefelsäure bedeutet, der Pulvis solaris aber

Waſſerverwandlungs-Experiment ist, aber immer doch eine

durch Kupfer (zaszós) bezeichnet wird und hinter òs (Roſt)

Parallele, welche unmöglich gewesen wäre, wenn die jüdische

der liquor hepatis sich versteckt.

Alchemie nicht da gewesen wäre. " Warum aber finden wir nun bei den Griechen keine Anerkenntniß dessen was sie den Juden

sich erweisen.

verdanken ? Weil ihre

unbeschränkte Nationaleitelkeit “ das

ein Märchen, und nichts anderes als eine Märchenschöpfung

Die unbeschränkte Nationaleitelkeit der Grie

ist die Insel Atlantis vor den Säulen des Herkules. Der

nicht zugab.

und daß das arcanologische

uns erklären laſſen , ſo gilt es

vor allen Dingen sich zu merken daß in der Sprache des

Ebenso neu wie dieſe

„ Entdeckungen“ dürfte auch eine Erläuterung zum Kritias Der Verfaſſer nennt den Kritias des Plato

eigentliche Inhalt jener platonischen Schrift „zielt aber auf

chen gab aber doch zu daß fast alle ihre großen Denker nach Aegypten reisten um sich dort auszubilden, sie gab zu

eine Verherrlichung der griechischen Alchemie der jüdischen

daß sie dieß offen eingestanden und daß sie die Aegypter

gegenüber.

beständig verehrt und gepriesen haben. Wenn von Natio naleitelkeit die Rede ist, wäre sie viel eher auf Seite der Juden zu suchen, und in der That sind wir nach dem Durchlesen der obigen Stelle zuerst auf den Gedanken ge kommen, nur ein Jude könne heutzutage naiv genug sein so etwas zu behaupten. So steckt denn auch Plato voll von jüdischer Alchemie, vor allem im Timäus, zu dem

Wir haben kennen lernen wie die Griechen von

Thales bis Plato die jüdiſche Alchemie ausbeuteten. Das geschah aber im Geheimen. Anlehnen an die jüdische Alchemie nun ja, das wohl ; aber es der Welt offen eingeſtehen — gehorsamer Diener ! dazu wollte sich der grie chische Nationalstolz nicht verstehen. "

Was hat nun eigent

lich Plato's Gesellschaftsideal auf der apokryphen Insel Atlantis mit der jüdischen Alchemie zu schaffen ? Plato

uns Lah ein Diagramm des Weltenthieres ( or) liefert. " Was die Interpreten der Neuzeit (über den Timäus)

„alchemistisch fabelnd “ verlegt Judäa vom Ostende des Mittel

bringen, bemerkt Lah, find nicht viel mehr wie Redens

schichtlichen Athener mit den Atlantikern ist

arten, was ja auch nicht anders möglich ist, da diese Herren keine Idee von Alchemie haben. Man nehme an,

und Sieg der griechischen Alchemisten über die jüdischen Alchemisten. "

ein Schreiner nähme eine lateiniſche Grammatik und in:

Wir fürchten faſt daß eruſte Leser uns zürnen möchten,

terpretire fie derartig als wenn in ihr von Schreinerei die Rede wäre. Etwas ähnliches wie da herauskommt, kommt.

weil wir derartige Dinge einer Besprechung gewürdigt haben, allein ſie ſind pſychologiſch nicht ohne Anziehungs

heraus, indem jene Herren den Timäus interpretiren . “ Lah dagegen durchschaut den Plato vollständig, er erkennt im Timäus nichts als eine Parallele zu der Alchemie

kraft. Liest man nämlich die Vorrede von Lah, so sagt man sich im Stillen, das ganze Buch sei nichts als eine Marktschreierei, berechnet auf föhlergläubige Patienten, die

1 Μώχου behauptet er nämtid) , fci ber Genetin ben Μάχης, erster Declination, nicht von Mozos, zweiter Declination !

durch Geheimmittel Rettung suchen. Dieser Verdacht der noch einmal am Schluß des Buches angefacht wird, wo

meeres an das Westende und der Kampf seiner vorge ein Kampf

Ein Streifzug ins Gebiet der Alchemie.

148

uns die

göttlichen Mittel" der Alchemisten anempfohlen

werden, schwindet indessen später zu Gunsten des Verfaſſers wegen seines unermüdlichen Fleißes im Sichten der alche mistischen Literatur.

Er hat diesen kolossalen Wuft von

Ein blödes

ſind süßer denn Honig und Honigseim."

Menschenkind bezieht die Worte auf das vorausgehende : „ die Rechte des Herrn “ (Judicia domiui), allein es werden dadurch die Arcana in dem Golde und feinem Golde Sie werden ferner im Honig und

Schreiberei wirklich bewältigt und in jene geistigen Ver

als Metalle aufgefaßt.

irrungen eine Methode hineingebracht.

Honigseim vom Standpunkte des Geschmacks oder vom Standpunkt der Pflanzensäfte aufgefaßt. " So gut wie es der Beruf des Alchemisten war aus einem Blödsinn

Er zeigt uns ſpä

ter daß zwischen Alchemisten und Alchemisten ein großer Unterschied bestand, daß manche geistreich und scharfsinnig, andere sehr schwach ihre Faseleien vortrugen, so wie sich

den Sinn heraus zu calculiren, eben so gut ſteht es ihm

nicht alle bis zu einer Höhe aufschwangen wie etwa Ba

nun auch frei in das Sinnvolle wieder seinen Blödsinn

filius Valentinus im „Triumphwagen des Antimon . "

hinein zu calculiren.

Die

spätere Alchemie dreht sich, wie bemerkt, um die Auslegung

Und doch läßt sich nicht einem jeden beikommen .

Bei

der sogenannten Smaragdtafel, die dem Hermes Trismegi

einem Thales, einem Anaximenes, einem Heraklit, einem

ſtus zugeschrieben wird . Unser Verfaſſer unterſcheidet bei ihr einen Urtext und zwei spätere Beifügungen. Jener

Empedokles, selbst bei einem Pythagoras und einem Plato

Urtext lautete folgendermaßen : „Was oben

ist ist wie das was unten ist geeignet

zur Erzeugung der Wunder des einen Dinges .

Trenne

die Erde vom Feuer, das Dünne vom Dichten, gelinde (sua viter) mit großem Scharfsinn. Es steigt aus der Erde zum Himmel, und steigt wiederum hinab in die Erde, und

ließ sich, wenn man den Begriff nicht streng nahm, der Duft der Alchemie noch nachweisen, aber schwieriger ist dieß bei dem Stagiriten.

Hier wird der Verfasser zu

folgenden trefflichen und würdigen Betrachtungen fortge rissen:

Die Alchemie wird dadurch ermöglicht daß Physik

und Chemie ihren eigentlichen Boden, den Boden der exac

erhält die Kraft des Ueberirdischen (superiorum) und des

ten Forschung entrückt und auf den Acker der Specula tion verpflanzt werden. Dadurch schießen nun manche

Unterirdischen (inferiorum) .

hübsche Blumen in die Höhe ; wenn man aber sie bei Licht

ganzen Welt.

So gelangst du zur Glorie der

So hebt sich von dir alle Finsterniß.

Darin

betrachtet, sind es Blumen in der Art wie sie aus Papier,

beſteht die Stärke der Stärke des Starken daß sie jeden

Leinwand, Seide u. s. w. gemacht werden nicht aber Ge

dünnen Stoff (omnem rem subtilem) bewältigt und alle

wächse, in denen ein wahres Pflanzenleben thätig ist.

Körper durchdringt.“

nun durchschaute Aristoteles .

Ueber diesen Blödsinn gibt es nun eine tausendjährige Literatur. Aber es ist kein Blödsinn, wird der Kenner

Das

Er sah ein daß alchemistische

Speculation treiben und im wahren Buche der Natur

dunkel,

lesen zwei verschiedene Dinge seien u. f. w. " Der Verfaſſer erekunt an daß Aristoteles ſich bemüht habe ein strenger

Wovon

Forscher zu sein, und daß er nur unbewußt eine irrige

also handelt eigentlich die Smaragdtafel ? Da kommt der eine und sagt vom Quecksilber, der andre vom Baum,

Bahn dadurch einschlug daß er seine doppelten Elementar

der Alchemie einwenden .

Die Worte sind nur

damit an ihrer Lösung sich der Scharfsinn erprobe.

der dritte von einem Drachen, der vierte von einem Gährungs

eigenschaften aufſtellte. Hat denn nun, denkt sich wohl mancher bei unsern Er

vielleicht noch herausgefunden daß das allgemeine Wahl

örterungen, die Schrift des Dr. Laz irgend einen und welchen Werth? Gewiß besißt sie einen solchen. Wer aber darin eine

recht oder der Norddeutsche Bund damit gemeint sei, ge

Geschichte der Alchemie im gemeinen Sinne zu finden hofft,

radeso wie der Verfaſſer Beziehungen zur christlichen Sym bolik darin entdeckt hat.

wie wir es selbst gethan hatten, der wird sich bitter ge

proceß , der fünfte vom Menschen , und hätten sich die Schriften noch in unsere Tage hineingezogen, so hätte man

Der psychologische Hergang, der uns interessant war, ist aber einfach folgender. Vertieft sich jemand in die Sprache der Alchemisten wo Gold, Natron und Kupfer irgend ein Quecksilberpräparat bedeuten kann, und inso fern auch bedeuten darf, als ja an eine Umwandlung der

täuscht finden.

Die Alchemisten sind die Väter unſerer

Chemiker, sie haben der Wissenschaft genau so große Dienste erwiesen wie die Aſtrologen der Aſtronomie.

Mit der Zeit

sammelten sie eine Anzahl der werthvollsten Thatsachen, und als diese Thatsachen geordnet und in Zuſammenhang gestellt werden konnten, wurde aus alchemistischen Erfah rungen ein chemisches Wissen. Allein für diesen Entwick

Stoffe (Goldmacherkunst) gedacht wurde, so sett er sich der Gefahr aus, bei jedem Träumer und halbklaren Kopfe,

lungsgang hat der Verfaſſer gar keinen Sinn.

bei „ jedem Kerl der ſpeculirt“ das Handwerk begrüßen zu

z. B.

dürfen, und es befällt ihn dann die Schwäche der Alche mistenriecherei. Wittert doch selbst ein so verfeinertes Dr gan, wie das des Hrn. Laß in dem schönen 19. (18.) Pſalm ,,die Himmel erzählen die Ehre Gottes u. s. w . " ein „ al

eine Stelle des Balbian anführt,

Wenn er

der von drei

Feuchtigkeiten" im Holze spricht, nämlich erstens von dem Wasser was es eingesogen hat, ferner von der Feuchtigkeit in den Aschenrückständen, endlich von der dritten sehr

chemistisches Lied " wegen des 11. Verses welcher lautet :

fetten und öligen " Feuchtigkeit welche der Grund ſei daß das Holz überhaupt verbrenne, so liegt es jedem auf der

"I Sie sind köstlicher denn Gold und viel feines Gold, sie

Zunge wie hart vor einer Wahrheit damals die Alche

Gerstäckers letzte Wanderungen durch die Neue Welt.

Am 13 Juli 1867 schiffte er sich in Bremerhafen ein

misten standen, denn die Feuchtigkeit, die sie für eine „sehr fette und ölige" hielten war der Waſſerſtoff.

Allein mit

dergleichen Bemerkungen hält sich der Verfaſſer nicht auf.

149

und begab sich über New-York nach den Petroleumgebieten, die seine Neugierde gereizt hatten . Unterwegs gewahrte

Ihn ziehen bloß die Speculationen der Alchemisten an, wie

er aus dem Wagenfenster folgende Neuigkeit : „Früher

ſie aus Worten oder aus Wahrnehmungen irgend einen

gaben die sogenannten Zickzackfenzen

Sinn heraus

Stangen, die mit den Enden übereinander gelegt wer

und hineincalculiren. Da nun zur Cultur

geschichte nicht bloß die Geschichte der geistigen Siege, son

den

dern auch die Geschichte der geistigen Irrungen gehört, so

Lande eine ganz bestimmte und eigenthümliche Physiogno

liefert uns von diesen Verirrungen das Buch des Dr. Laß

mie. Diese Fenzen schienen in einem Theile Pennſylva niens vollständig verschwunden, und an deren Statt waren

ein Gemälde das hinabführt bis auf Joh. Gottfried Rade

und

dadurch einen

(zehn Fuß lange

Zaun bilden)

dem

bebauten

macher (1841 ), wenn wir nicht die Schrift des Verfassers

die Felder mit riesigen Baumwurzeln eingezäumt , was

ſelbſt als lezten Nachhall jener Verirrungen betrachten dürfen.

ihnen einen höchst wunderlichen und pittoresken Anblick gab.

Der Verf. hat sich das Recht der Uebersehung vorbes halten, er säume keinen Augenblick es ins Amerikanische (wir sagen absichtlich nicht ins Englische) übersehen zu

Man hatte die Stämme der Bäume etwa zwei oder drei Fuß über der Wurzel in der That jo kurz als möglich abgehauen, und dann die ganze Wurzel, oft zwölf bis sechzehn Fuß in der Länge, aus dem Boden genommen,

laſſen, denn Jung- Amerika mit seinen Geisterbeschwörern wird dankbar die Wiederentdeckung" der sieben „ gött:

und rund um die Felder, eine neben der andern, hoch auf:

Cholera,

zäumung bildeten. " Natürlich wurde das Herausziehen der Wurzeln von Maschinen mit Pferdekraft leicht und

lichen Mittel"

begrüßen und dann fahrt wohl :

Ruhr, Typhus, Blattern, denn

ist es Selbsttäuschung

wenn die Leichenträger in die Häuser links und rechts eintreten, nur in die Häuser nicht wo die Patienten mit telst der Arcana behandelt werden ?"

gestellt, wodurch sie allerdings eine vollkommen sichere Um

schnell besorgt. Ueber die Dellandschaften sind wir schon bis zum Ueberdruß mit Beschreibungen versehen worden , doch wiederum neu sind die Vorrichtungen durch die gegen wärtig das Del nach den Verladungsorten geſchafft wird. „ Selbst die lezten Tanks werden durch Röhren abge: leitet, und zwar durch Röhren die meilenweit den Hang

Gerfläckers letzte Wanderungen durch die Neue Welt.

hinab in das nächſte Thal führen, wo dann große eiserne Behälter aufgestellt sind, um von diesen aus gleich die auf Eisenbahnwagen angebrachten Tanks (große Butten)

Wir bekennen offen daß wir nicht zu den Verächtern

zu füllen und dem Ort ihrer Bestimmung zuzuführen .

von Gerſtäckers Schriften gehören . Es ist wahr daß er sich an einen Leserkreis wendet der lieber unterhalten als

Tausende von Fuhrwerken waren früher nöthig um das gewonnene Del fort und die geleerten Fäſſer zurückzuschaffen.

belehrt zu werden wünscht, daß er mit großer Schreibselig . keit seine Erlebniſſe in Eisenbahnwagen und Schiffscajüten

Jezt begegnet man in den Bergen nur selten einem ein zelnen Provisionswagen, während das Del, von allen Seiten

verwerthet, daß wir von ihm gewissenhaft erfahren, wo

durch Röhren geleitet, von selber den Hang hinabläuft, und

trinkbares und untrinkbares Bier in den Vereinigten Staa ten gebraut wird, wie die Deutschen ihre Wirthshauscultur

die Eigenthümer desselben nur wenige Cents pro Meile für das Barrel zahlen. “

nach der neuen Welt verflanzt haben, wie sie ihre edle

Gerstäcker der die Vereinigten Staaten seit 30 Jahren

Zeit dort in Biergärten versimpeln, und wo und wie oft er mit ihnen einen „fidelen “ Abend zugebracht hat. Es ist ferner

nicht gesehen hatte, wurde von den eingetretenen Verän

zu beklagen daß es Hrn. Gerſtäcker an Kenntnissen, also an den streng wissenschaftlichen Ausdrücken fehlt, um eine fremde Natur scharf und deutlich zu zeichnen, er gibt eben

nois, bemerkt er, gab es 1837 nochmehr Hirsche in der Prairie

nicht mehr als ein Bummler und Feuilletonist geben kann. Und dennoch haben wir seine neuesten beiden Bände 1 nicht

dern bedeckte Ebene überschauen konnte. "

bloß mit Vergnügen, sondern auch mit bleibendem Gewinn

bis zu den äußersten Abschnitten der Eisenbahn über die

gelesen, denn was in seinen Beobachtungskreis fällt, be= schreibt er mit beneidenswerther Lebendigkeit, und was er

Felsengebirge vorzudringen.

liefert, nämlich die lebendige Staffage fremder Länder und

kleinen Stadt gehörte der folgende : „ Die Methodiſten haben

Geſellſchaften, fehlt gerade bei ernſteren Schriftstellern.

ihre kleine Kirche mit Grundstück, nach einer wahrscheinlich

1 Neue Reisen durch die Vereinigten Staaten, Mexico, Ecua dor und Venezuela. 2 Bände. Jena. Coſtenoble. (Der dritte Band über Venezuela ist noch im Rückstand. ) Ausland. 1869. Nr. 7.

vorsichtigen Berechnung daß sie damit mehr verdienten,

derungen immer in frisches Erstaunen verseßt.

als Menschen.

In Jlli

Jezt aber war kein Flecken unbebautes

Land so weit das Auge von dem Zuge aus die mit Fel Sein Ziel war

übrigens das Ende der Civilisation zu sehen, das heißt

Dieß führte ihn nach Omaha,

der damals westlichſten Ortſchaft.

Zu den Scandalen der

vom 1 October an auf zehn Jahre an einen Deutſchen verpachtet, der jeßt einen Biersalon mit Garten daraus 20

Gerſtäckers letzte Wanderungen durch die Neue Welt.

150

gemacht, und, da er um sein Haus fast die einzigen Bäume hat die in der Stadt stehen, besonders im Sommer damit

Zug heransprengte, jedoch wie es schien nur aus Neugierde.

Am 29 September predigen

und einen wiederkehrenden Zug haben die Indianer noch

die frommen Herren zum leßtenmal darin, und am 3 De:

nicht angegriffen, eben weil die heimkehrenden Züge nichts werthvolles enthalten.

vortrefflich reussiren wird.

tober wird dann der Bierſalon eröffnet werden. “ Bald hatte Gerſtäcker Gelegenheit eine Bande von Sioux (Dacotah) zu sehen. Gleich bei meinem Eintritt in das

So gelangte denn Gerstäcker ohne Fährlichkeit ans Ziel,

Uebrigens sind bisweilen schmußige Indianer noch der schmutzigen Gesellschaft auf den Eisenbahnen vorzuziehen.

in einem weitem Kreis gebaute Wigwamlager traf ich auf

„ Als ich von Ellsworth wieder nach den Staaten zurück

ein paar gelbbraune Megären, die sich aus Rindermilz, Gedärmen und Schmuß ein Ragout zusammenhacten, das

fuhr ,

einem hätte den Appetit für Fleisch auf Jahre lang be nehmen können.

Es waren wirklich zwei Scheusale, wie

hatten wir

vielleicht vier oder fünf von die

sen Rowdies mit im Waggon, und mit keiner andern Beschäftigung, amüsirten sie sich damit, als stundenlang ihre Revolver aus dem Wagen heraus nach vorbei

man sie nie so wahr und treu malen könnte, denn der

fliegenden Vögeln

Unrath der an ihnen

klebte, würde auf der Leinwand nur immer wieder roman

graphenstangen abzufeuern. Im Zuge saßen aber auch zwei die man erwischt hatte, und zwar mit zusammen :

tisch aussehen, aber nie den Eindruck hervorbringen den

geketteten Füßen und Händen - ein paar Falschmünzer,

die Wirklichkeit sich im Nu

Junge Squaws

die jezt von dem mit Revolvern förmlich besteckten Sheriff

kamen ebenfalls herbei, und kleine Kinder in Maſſe, aber feines von allen hatte wohl seit Monaten Waſſer —- oder

nach Leavenworth in das Gefängniß gebracht werden soll

seit Lebenszeit Seife gesehen, und der Effect blieb bei ――――――――― allen genau derselbe. Und wie sah es erst in ihren

übrigen sehr cordial behandelt, und das war in Fluchen, Lachen, Schreien, Trinken und Revolverschießen den ganzen.

und an ihren zerfeßten Kleidern

erzwang.

Hütten aus, wo sie die Abfälle der Weißen pen und Gott weiß was sonst aufgehäuft hatten ?"

alte Lum -

noch für Gerümpel

Gerstäcker ist billig und verständig

genug in jenen Leuten nicht den reinen Typus des rothen Mannes erkennen zu wollen, sondern eben nur die gesunkenen, schäbigen Reste eines

ehemals

edleren Menschenschlags .

ten.

oder Steinen , ja auch wohl Tele

Uebrigens wurden die beiden Verbrecher von den

Tag in dem Waggon, wobei sich noch dazu der Sheriff selber, ein junger verwildeter Bursche mit wohl fußlangen Haaren und einem breitrandigen riesigen Hute, als einer der Schlimmsten zeigte. " Die Fahrt auf dem Mississippi abwärts liefert wieder Gelegenheit zu Cajütenbeschreibungen.

Ergößlich und wahr

haft claſſiſch iſt dagegen eine Schilderung wie Baumwollen

Ueber die schnöde Ursache des letzten Indianerkrieges gibt er uns folgenden Aufschluß . Das Coloradogebiet wollte als Staat in die Union aufgenommen werden, allein es

ballen von Negern die Abhänge hinab gerollt und in die

fehlte ihm

an der vorgeschriebenen Stimmenzahl noch ein

schäftigt den Reisenden vielfach, und hier folgt eine Be

Rest, den zwei oder drei Regimenter Soldaten ergänzt

merkung die unser Nachdenken verdient : „ Es ist eine von

haben würden.

Schiffe verladen werden.

Das Schicksal der Farbigen be

Die Indianer wurden daher überfallen,

allen anerkannte und unbestrittene Thatsache daß die Sterb

rächten sich, der Krieg entbrannte, die Regimenter kamen,

lichkeit unter den Negern seit ihrer Freiheit auf eine er

und die Abstimmung konnte beginnen.

schreckende Weise zugenommen hat, und tritt da keine

Interessant war die Fahrt nach dem damaligen End

Aenderung ein, so wird die Regierung der Vereinigten

punkte der Weſtbahn : „ Station Ellswortth, der lezte be

Staaten wohl der Sorge um ihre „schwarzen Brüder“

siedelte Plaz an der smoky hill route, der Gränzplaß der

enthoben werden, ehe viele Jahre mehr vergehen.

sogenannten Civilisation gegen die wilden Indianerſtämme,

Ursache liegt auch auf der Hand.

Die

Die Neger wurden

wenn ein Nest voll Spielhöllen, Branntweinkneipen und

allerdings zu schwerer Arbeit angehalten, aber doch ge

Bordelle, wo die Männer mit Revolvern und mit Messern .

wöhnlich nicht über ihre Kräfte benußt, um diese für den eigenen Herrn zu schonen und zu erhalten. Dabei bekamen

besteckt, und mit Spielkarten und Würfeln in den Taschen umhergingen, und die Frauen der niedrigsten Claſſe des Menschengeschlechts angehörten, als zur Civilisation gehö rig betrachtet werden konnte. Aber die Bewohner gehörten

sie ihre regelmäßige Nahrung und Kleidung, und hatten keine Sorge, denn erkrankten sie, so mußten sie gepflegt werden, und wurden sie alt, so mußte man sie ebenfalls

den Weißen an, waren wenigstens, ihrer Meinung nach,

bis an ihren Tod füttern. "

eine bevorzugte Race , und die Indianer dagegen wilde

aber verschleuderte augenblicklich ohne Rücksicht auf die

Barbaren.

nächste Zukunft seinen Verdienst.

Daß sie gegen einander irgend einer Bagatelle

Der Neger arbeitete wohl,

" Wie soll das jetzt im

wegen ihre Pistolen abfeuerten, daß sie falsch ſpielten und

Winter werden ?

sich schlimmer als Wilde betranken, konnte nicht in Betracht kommen." Die 14 Passagiere und die Bahnbeamten wa

schränkt man sich bei den schlechten Zeiten ein, und ver

Die Plantagen liegen verödet, in den

Städten werden nur wenige Arbeiter gebraucht, denn überall

ren sämmtlich bewaffnet, denn erst vier Tage zuvor hatten

meidet auf das ängstlichste jede nicht irgend nothwendige

Feindseligkeiten mit Indianern stattgefunden. Wirklich zeigte

Arbeit.

sich auch unterwegs eine Bande Rothhäute die gegen den

wendigste zum Leben, und natürlicherweise verlegen sie sichh

Viele Neger haben schon jetzt nicht das Noth

Gerſtäckers letzte Wanderungen durch die Neue Welt.

nun aufs Stehlen. " Bei Bayou Sarah wurde Ger stäcker stark an alte Zeiten erinnert : " Welch ein pracht: voller Anblick war das früher gewesen. die reizenden Plan tagen zu schauen, die dort im Schatten von Chinabäumen (?) und Orangen lagen, mit gepußten Damen auf der von Blumen halb versteckten Veranda, mit schaukelnden Hänge: matten und an der Levée hingaloppirenden Reitern ! Keines der prachtvollen Pflanzerhäuser scheint mehr bewohnt zu sein ; alle Jalousien sind geschlossen.

Nirgends haben die

Felder mehr Fenzen, und den dunkelbraunen Klettenwuchs, mit dem sie überwuchert sind , kann man überall beob achten. " New Orleans fand er im Wachsthum nicht hinter den nördlichen Städten zurückgeblieben, jeßt seit dem Umsturz der Pflanzerwirthschaft stockt indessen sein Gedeihen . „ Rei: zende Gärten umgeben fast alle Häuser, die nicht in dem unmittelbaren Kern der Stadt und deren Geschäftstheilen liegen, denn das Geschäft verträgt sich nun einmal nicht mit dem Vergnügen . Ueberall aber, selbst nahe an der Canalstraße, wo die schönsten Häuſer ſtehen, sieht man die breiten Blätter der Bananen über die Gartenmauern hervorragen, oder das dunkle, herrliche Laub der Magno lien die Häuser beschatten. Ja hie und da ragt auch wohl der gefiederte Wipfel einer ziemlich hochstämmigen Dattel: palme über die Dächer empor , und kommt man nur an die Gränze der Vorstädte, so entzücken das Auge ganze Gruppen fruchtbedeckter Orangenbäume, die mit den Mag nolien und Bananen, wie mit den von dem langen schwe benden grauen Moos bedeckten Laubholzbäumen ein wahr

151

Cigarre werden mit Vergnügen hören daß um Veracruz Tabak erzeugt wird, der den Habanasorten nicht

jest

nachsteht, leider bleibt davon wenig zur Ausfuhr übrig, auch ſtehen die Erzeugnisse im Preise so hoch wie die cu banischen. Die Fahrt in dem Eilwagen auf ungebahnten steinigen oder vom Regen aufgewühlten Wegen den Ab sturz des Hochlandes hinauf, und zum Theil später auf dem Hochland selbst, war wie immer eine Marter, und könnte ihren somatischen Wirkungen nach den Körperstrafer beigezählt werden.

Auf einer verdächtigen Strecke vor Córdoba gaben Soldaten dem Wagen das Geleite, wäh

rend der übrige Weg bis in die Nähe von Puebla, die wieder höchst verrufen ist und eine abermalige Bedeckung durch Soldaten erforderte, als sicher betrachtet wird. Der An blick der zusammengeschossenen Stadt war ein trostloser, und wie tief der Werth aller Gebäude bei der herrschen den Verödung gesunken ist mag folgendes Beispiel ver herrlichen. "1Unmittelbar an der Stadt liegt ein herrliches Schwefelbad. Eine gewaltige Quelle sprudelt aus einem Felsbecken hervor, und wird in acht oder zehn vortrefflich angelegte und ausgemauerte Bäder, in denen man bequem schwimmen kann, hineingeleitet. Dicht daneben liegt ein 45 Schritt langes, und 20 Schritt breites schön angeleg tes und ausgemauertes Pferdebad. Dazu gehört ein kleinerer und ein ziemlich großer hübsch angelegter Garten mit einem sehr geräumigen und leicht in Garten zu verwandelten Hof raum, und das Ganze wurde einem Kaufmann in Puebla zu dem Bagatellpreise von 3000 Dollars angeboten. " Troßdem sind die Aussichten lange nicht so trübe als

haft entzückendes Bild geben. " Von New Orleans schiffte sich Gerstäcker nach Mexico

wir sie uns vorzustellen gewöhnt sind.

Die Eisenbahn

ein. Zuvor aber wirft er noch einen Blick rückwärts auf das was er im Norden und Süden der Vereinigten

sie muß sogar

Staaten gesehen hatte : „Ich muß gestehen daß ich in Deutsch:

sich ihr nur bis Apizaco, allein eine Zweigbahn von Puebla

von der Hauptstadt nach der Küste wird wirklich gebaut, bis 1871 vertragsmäßig vollendet sein.

Zwar berührt sie Puebla nicht unmittelbar, ſondern nähert

land geglaubt, die Spuren des amerikanischen Bürgerkrieges

bis Apizaco war schon damals im Bau begriffen.

würden sich unter dieſem thatkräftigen Volke jest, nach vier Jahren, so vollständig verwischt haben, um auch kaum ein

schen Puebla und der Hauptstadt ernährt sich alles weit und breit vom Anbau der Maguey (Agave mexicana) ,

Zwi

Zeichen der furchtbaren und gewaltsamen Umwälzung zurück

einer Geschwisterart der A. americana, die wir in Süd:

zulaſſen.

Europa im Freien sehen und (fälschlich) Aloe nennen . Ich habe, bemerkt Gerstäcker, ausgewachsene und zum

So lange ich im Norden reiste, fand ich diese

Meinung auch nirgends wiederlegt ; ja überall verrieth zunehmender Wohlstand und das rasende Wachsthum der verschiedenen Städte den Reichthum und die enormen Hülfs mittel dieser mächtigen Republik. Anders ―― weit anders wurde das freilich, als ich den Süden betrat, und zwar plößlich und mit einem Schlage schieden sich die Verhält nisse so zu Ungunsten des letteren, daß man es kaum mehr für ein einziges Land hätte halten sollen." Nach einer langweiligen Fahrt durch den Golf betritt Gerstäcker bei Veracruz den Boden Mexico's, das Reich des

Schafttreiben vollkommen reife Pflanzen gesehen, die einen Flächenraum von wenigstens 45 Fuß im Umkreis einnah men. Die mit Stacheln bewehrten Blätter sind dabei außerordentlich dick und fleischig und enthalten eine Un maſſe Saft, der aber bis zum fünften Jahr vollständig werthlos und herb bleibt und deßhalb bis zur richtigen Zeit geschont werden muß.

Dieser Zeitpunkt

beginnt,

wenn die Pflanze im Begriff steht ihren Blüthenſchaft zu treiben, und man kann das sehr deutlich daran erkennen,

Juarez, der dem Klerus jetzt so schwer seinen Arm fühlen

daß sie von dem mittelsten, enorm dicken Trieb Blatt nach

läßt daß kein einziger Geistlicher mehr im Ornat oder der Ordenstracht sich auf der Straße zeigt, und es sogar

Blatt ablöst und diesen zuleßt nicht viel dicker läßt als ein einzelnes zusammengerolltes Blatt. Jezt ist der Mo:

geseßlich verboten worden ist die heilige Monstranz offen zu den Sterbenden zu tragen. Liebhaber einer guten

ment gekommen die Pflanze anzuzapfen, und das geschieht auf folgende, nicht eben ganz bequeme Art, daß man näm

Gerſtäckers letzte Wanderungen durch die Neue Welt.

152

lich an der Stelle an der man angreifen will, zuerst die Kanten der nächsten Blätter glättet und sie von ihren Stacheln befreit _____ denn wollte man Blätter ausschnei: den, so würde nicht allein zu viel Saft verloren gehen, sondern sich die Pflanze vielleicht sogar verbluten.

Nun

wird das den beginnenden Pflanzenschaft noch um gebende Blatt mit einem besonders dazu verfertigten eiser nen Instrument abgestoßen und herausgeriſſen, und ist man jezt zu der Stelle gelangt wo das eigentliche Herz jist, so gräbt man dort, mit einer Art von Kraßer, ein Loch hinein, das unten rund ausgeschabt wird und anfangs noch ziemlich klein ist.

In dieser Höhlung soll sich der

Saft der Pflanze sammeln, und sie wird auch danach das "Faß" genannt. Gleich im Anfang kann man aber noch nicht den Saft benutzen, so wird also vorher eine Hand voll Wurzelwerk oder Fasern hineingeſtopft, das etwa 14

Wasser braucht die Pflanze fast trags versichert halten. gar nicht, außer in der allerersten Zeit, um nur einmal ihre Triebe auszubreiten, und selbst da ist es vielleicht nicht einmal unbedingt nothwendig, denn es scheint fast unglaublich welche Mißhandlung die junge Pflanze erträgt ohne davon auch nur im mindesten berührt zu werden. " Das Getränk welches aus dem Safte gewonnen wird ist das Pulque, eine gelblich trübe Flüssigkeit, die, als sie Gerstäder zum erstenmale versuchte, ihm so fad und schal schmeckte, daß er den Inhalt des Trinkgefäßes einem vor beilaufenden Hunde über den Rücken goß, über welche unerbetene Betheiligung das arglose Thier nicht eben er baut war. So geht es übrigens den meisten Fremden , doch mit der Zeit erwischt ein beharrlicher Versucher den Wohlgeschmack und fängt dann an über das Getränk billiger zu denken und vorüberlaufende Hunde zu verscho

aufs neue etwas aus um die Poren vollständig zu öffnen,

Die Maguey braucht reichlich fünf Jahre bis sie, selbst unter günstigen Verhältnissen, ihren Blüthenſchaft zu treiben anfängt ; dann aber gibt sie auch viele Monate

und kann nun die Ernte beginnen, die monatelang dauert An jedem und dann jeden Tag ihren Ertrag liefert.

hintereinander ihren Saft und jede einzelne einen Ertrag von 10-15 Dollars, ja, ist sie recht stark und kräftig,

Morgen geht der Arbeiter hinaus, sest einen langen, dün

auch vielleicht noch mehr. An jedem Morgen wird dabei die Höhlung, in welcher sich die Agua miel befindet, nach dem der Arbeiter diese herausgehoben, wieder leicht aus

Tage lang darin anfaulen muß.

Ist das geschehen, so

nimmt man es wieder heraus, kraßt die innere Höhlung

nen Flaschenkürbis als Heber ein, zieht den Saft, der sich in der Nacht angesammelt hat, heraus nnd läßt ihn in einen bereit gehaltenen Schlauch oder ein anderes Gefäß, um ihn dann aus allen Pflanzen zusammen in einen dazu beſtimmten Bottich zu tragen und gähren zu laſſen.

Dieser

erste Saft heißt Agua miel oder Honigwasser, und ist nicht allein sehr süß und angenehm zu trinken, sondern schmeckt auch genau wie das Wasser aus einer eben ge reiften Cocosnuß

aber es darf nur sehr vorsichtig, und

besonders von verheiratheten Frauen zu beſtimmten Zeiten gar nicht getrunken werden.

Sobald es aber einer leichten

und zwar sehr raschen Gährung unterzogen wurde, ist es vollkommen unschädlich, ja ſogar sehr gesund und belebend, und wird deßhalb auch in ganz ungeheuren Quantitäten von der gesammten Bevölkerung Mexico's genossen . Das Pulque selber sieht weiß und milchig aus und hat, wenn man erst einmal ein wenig daran gewöhnt ist, einen nicht unangenehm säuerlichen Geschmack, mit etwas zäher und schleimiger Consistenz .

Es ist auch herb genug um den

Durst leicht zu stillen, und geistig genug um, besonders bei größeren Quantitäten, gehörig zu berauschen .

Uebri

nen.

gefragt und dadurch natürlich immer größer, und bei recht starken Pflanzen findet man oft eine sogenannte caja, die fast einen Fuß im Durchmesser hält. Nach und nach aber stirbt die Pflanze ab. Der ganze Saft, den sie vorbereitet hatte um ihren Blüthenſchaft zu treiben, geht in die Höh Die Blätter werden lung hinein und wird ihr entzogen. leßten Kräfte er ihre sie nach und nach welk, und wenn ausgehackt um den wird 1chöpft hat, stirbt sie ab und Nachbarpflanzen Raum zu geben. Rings um ihre Wurzel hat sie aber schon wieder zahlreiche Schößlinge ausgetrie ben, die freilich früher entfernt werden müssen ehe der Hauptstock zu sehr angegriffen wird, da sie ja selber auch Wird das versäumt, so von diesem ihr Leben erhalten. kann man sich auch darauf verlassen daß aus den zu spät fortgenommenen Schößlingen nie etwas ordentliches wird . Wie wichtig für das Hochland aber Maguey und Pulque sind, davon bekam der Reisende eine Einsicht als er von Apizaco nach der Hauptstadt in der Eisenbahn fuhr, denn die Züge beförderten meistens nur Pulque und zwar in

deiht, und das ist vor allem auf diesem Theil der meri

eigens dafür erbauten Fässern, nicht mehr in Schläuchen wie früher.

canischen Hochebene, einen bedeutenden Handelsartikel, der ganze Eisenbahnzüge in Anspruch nimmt und Tausende

überrascht, denn er ſah ſich auf gut gepflasterten, gut be

gens bildet es in jenen Gegenden, wo es hauptsächlich ge

von Menschen ernährt.

Man darf indeß ja nicht glauben

daß die Magueh nicht auch ihre Arbeit verlangt, denn obgleich sie wild im Lande wächst, muß sie, um einen recht reichlichen Ertrag zu liefern, in guten tief gegrabenen Boden eingepflanzt werden, und erst dann wenn man die Erde auch noch nach einiger Zeit um die jungen Pflanzen auflodert, darf man sich eines reichen und lohnenden Er

Von der Stadt Mexico wurde Gerstäcker nicht wenig

leuchteten, von zahlreichem Fuhrwerk belebten, vergleichsweise reinlichen Straßen mit modernen, stattlichen, hohen, cle ganten Gebäuden, bedeckt mit Aushängeschildern und Fir men, die Erdgeschosse verwandelt in Kaufläden mit hell erleuchteten Spiegelscheiben, und geschmackvoll aufgebauten Waarenmustern hinter den Schaufenstern . Mexico existirt also trop Republik und Bürgerkrieg, es ist keine Brand:

Gerstäckers letzte Wanderungen durch die Neue Welt.

und Raubstätte wie manche Zeitungsnachricht es vermu then läßt.

Die modernen Azteken, das heißt die Ein

153

ertheilt wurde, aber ohne daß irgend eine Begegnung mit Straßenräubern stattgefunden hätte.

Auf dem weitern.

während der lezten Invasion einen neuen Erwerbszweig

völlig sichern Wege von Cuernavaca nach Acapulco be nüßte der Verfasser eine kleine Carawane von acht Maul

erlernt, nämlich das Binden geschmackvoller Bouquets fran

thieren.

zösischen Blumenhändlern abgeguckt.

ihre Arbeiten aus Wachs, ihre Schnißereien aus Alabaster

zwei Arrieros als Reisegefährten. Sein Pfad führte ihn durch den Staat Guerrero, wo zwei " Generale" gegen

und Holzkohle als anmuthig und naturtreu gepriesen, so daß jeder für wenige Groschen seine Büste sich modelliren

einander in einem Provincial Bürgerkrieg zu Felde la gen. Die Reisenden durchzogen ihre Vorposten, wurden

Aus den Zeiten Montezuma's hat sich bei ihnen

noch immer die Kunstfertigkeit im Federschmuck erhalten, und

auch mit Pässen belästigt, aber niemand forderte ihnen die Börsen ab. Beim Eintritt in den Staat Guerrero ent

ebenso die Darstellung von Filigranarbeiten, denn als Juwe

wirft uns übrigens Gerstäcker folgende Mondscheinland

liere erregten ja die alten Nahuatlaken die Bewunderung von

schaft:

Europäern selbst im cinque cento.

romantischere Scenerie geben

geborenen, schildert Gerstäcker uns recht günstig.

laſſen kann.

Sie haben

Auch werden uns

Außerdem liefern sie die

Er hatte einen Friseur und einen Barbier so wie

Es kann kaum in der ganzen Welt eine wildere als

diese zerrissenen und

besten Dulces, nämlich Zuckerwerke und überzuckerte Früchte. Unsere Landsleute in Mexico dagegen halten brav zu:

dichtbewaldeten Schluchten und Hänge Guerrero's, von Waldbächen durchrauscht , und in dem Zauber einer

sammen, haben ein "1Deutsches Haus " mit Lesezimmer und

hellklaren Mondscheinnacht.

Bibliothek, ja sogar einen Turnverein begründet, von dem ſie jedoch ― ,,bei der Hize !" ―――― wenig Gebrauch machen .

Für die Maulthiere war es

Gerstäcker gehört zu den warmen Verehrern Kaiser Maxi

allerdings ein beschwerlicher und böser Weg, denn selbst die niederführenden Hänge fielen so steil ab , daß sie dabei nicht ruhen konnten ; aber die Nacht war wenigstens

milians, dessen Schatten die Regierung noch immer fürch

frisch und kühl, und der Anblick der wilden Höhen so ent

tet, hat ſie doch um die Blumenſpenden und Huldigungen zu beendigen, den Plas in Queretaro, der das Heldenblut

zückend, daß ich oft eine Strecke an irgend einer offenen

getrunken hatte, mit Schutt erhöhen lassen.

Jedes Schau

fenster in der Hauptstadt zeigte das Bild des Kaisers und ein Kalender der das Kaiserreich verherrlichte, wurde rasch in zweimaliger Auflage vergriffen . Freilich heißt es dann wieder an einer andern Stelle : Juarez ist augenblicklich in Mexico nicht allen populär, sondern das eigentliche Volk hat auch Vertrauen zu ihm daß er die neugewonnene Hepublic festigen und erhalten werde."

Die Sicherheit

von Person und Eigenthum läßt noch viel zu wünſchen übrig.

Mericanische Strolche haben sich die italienische

Praris angeeignet

reiche Bürger Mexico's und Puebla's

wegzufangen und erst gegen Lösegeld wieder loszugeben. In letterer Zeit sind die Beraubungen jedoch viel seltener geworden, und Gerſtäcker betont ſehr ſcharf daß man sich ja nicht etwa zu denken habe man könne in Mexico nicht reisen ohne angefallen zu werden .

Er selbst hat von

Veracruz bis Mexico, und von Mexico bis Acapulco zwar nichts anderes gehört als Räubergeschichten, einen Räuber selbst aber nicht gesehen.

Die Feigheit der Mexicaner die

sich mit ihren Mordgeschichten das leßte Fünkchen Muth rauben, ist die Hauptursache aller verübten Anfälle, soll doch einmal eine einzelne Frau als Mann verkleidet lange Zeit wiederholt die Eilwagen angehalten und die Paſſa giere geplündert haben, bis ein Franzose sie einmal über den Haufen schoß, und dann zu aller Beschämung ihr Geschlecht erkannt wurde.

Nach Gerstäckers Schilderungen ist es

vielleicht in dem dualiſtiſchen Ungarn jezt unsicherer als in Mexico. Von der Hauptstadt aus begab sich der Verfaſſer im Eilwagen nach Cuernavaca.

Auch dort ging es über eine

berüchtigte Strecke auf der ein Geleite von Bewaffneten Ausland. 1868. Nr. 7.

Waldblöße zurückblieb um mich dem vollen Genusse dieſes Anblicks hinzugeben. "

Den tiefen und reißenden Mescalfluß mußten sie auf einer Balsa (Floß) überschreiten, welche etwa 6 Fuß im Geviert von 100 großen Flaschenkürbissen getragen und von einem Indianer schwimmend ans andere Ufer gestoßen wurde. „An unserem Fährmann hatte ich übrigens zum erstenmal Gelegenheit einen Pinto in all' seinem Glanz zu sehen, denn der Bursche war vollständig nackt, hatte auf dem dunkelbraunen Teint eine Masse indigoblauer Punkte oder Flecken und ebensolche, aber schneeweiße, oben auf der Die Ursache dieser Flecken darf aber nicht etwa in

Hand.

einer Verzierung gesucht werden, wie ſich zum Beiſpiel die nordamerikaniſchen Indianer die Gesichter gelb oder blau malen. Die Pintos denken gar nicht an etwas derartiges, ſondern die Natur besorgt ihnen das, und zwar in höchſt unangenehmer Weise durch eine Art von Hautkrankheit, die ähnlich dem Aussage, bis jetzt wenigstens unheilbar ist und dazu bei näherer Berührung auch sogar ansteckend sein soll (?). Die Leute selber sind von Natur kupfer braun, und die am häufigsten vorkommenden Flecken blau und weiß, und zeigen sich hauptsächlich an der Brust und an den Händen. Besonders ekelhaft sehen die weißen Flecken an den Rändern aus. Ich habe Frauen mit völlig schneeweißen Händen gesehen, während am Gelenk eine Art blauer Wulst sie einfaßt. Andere haben nur zur Hälfte diese Farbe und den oberen Theil der Hand dann blau und weiß punktirt. Die Brust der Männer ist fast bei allen blau gesprenkelt, als ob man einen Pinsel mit blauer Farbe darauf ausgesprigt hätte, und hie und da sollen auch einzelne über den ganzen Körper weiße Flecken haben, von dieſen kam mir aber keiner zu Gesicht. “ Vorher nur 21

Die Fürsten des Steinreiches.

154

sporadisch, treten die Pintos hinter dem Mescal immer zahlreicher auf und nehmen zwar nach der Küste zu ab, sind aber selbst noch in Acapulco ziemlich häufig. Der Pfad nach diesem Hafen führt über die Hochebene,

Abschnitte seines Buches auf den großen kosmopolitischen Verkehrspfaden bewegte, so kann er uns auch nichts bringen was nicht unzähligemale schon beschrieben worden wäre. Nur eine Wahrnehmung, die sich zunächst auf

auf der man sich über den Gürtel des Laubholzes erheben

Ecuador bezieht, verdient hervorgehoben zu werden, näm

muß und unter Kiefern sich fortbewegt.

lich die Ausbreitung der Neger und Negermischlinge im tropischen Amerika. „Wie allenthalben an der Küste,

Bei Providencia

verläßt man jedoch wieder die Höhenstufe der Nadelhölzer, bleibt aber noch immer unter dem Schatten von Laub bäumen bis hart in die Nähe des Meeres, das den un

haben die Neger in wirklich bedrohlicher Weise überhand genommen.

Vor sieben Jahren noch gab es dort aller

geduldigen Wanderern immer und wieder immer durch einen

dings schon viele Neger, aber unter der eigentlichen Miſch

neuen Hügelkamm verborgen wird. „Endlich nahm auch) das ein Ende. Wir ritten in eine enge Bergschlucht hin

lingsrace der Mestizen oder von Weißen und Indianern Abstammenden standen sie doch immer noch vereinzelt da.

ein, rechts und links hoben sich höhere Bergkuppen empor, da plöglich, wie das Gesträuch vor uns auseinander wich,

Jeht dagegen bilden sie in entschiedenster Weise die Mehr zahl, und wohin man sieht begegnen einem die unange

hob es sich wie eine Laſt von der Brust.

nehmen schwarzen oder braunen Gesichter mit den unver

Der Blick wurde

frei und vor uns — ein wahrhaft zauberisch schönes Bild X dehnte sich das weite blaue Meer, und lag da unten, in eine reizende Bucht hineingeschmiegt, wie ein Miniatur

meidlich schwarzen Wollköpfen. “ Damit verabschieden wir uns von dem Verfasser, dem wir im dritten Bande durch Venezuela zu begleiten hoffen.

bild, aber mit all' den glühenden Farben tropischer Sonne übergossen, das kleine, allerliebste Städtchen Acapulco, an einer wunderschönen, von bewaldeten Hügeln eingeſchloſſe: nen Bucht, einer der sichersten Häfen der ganzen Welt. Jezt traten breitblättrige Stauden in den Vordergrund, reiche Lianen schlangen ihre Blumenranken über den Weg

Die Fürsten des Steinreiches . (Fortsetzung.)

selbst hinaus ; noch etwas tiefer, und ein herrliches Thal öffnete sich vor uns, in dem wir unten schon die breiten. Blätter der Bananen und einzelne Palmenwipfel erkennen konnten.

Jezt tauchten wir, während die Sonne über

den Wipfeln emporstieg, hinein, und befanden uns wie mit einem Schlage mitten in den Tropen. Freundliche Bambushütten -――― wenigstens von außen, denn im Innern ist sich der Schmuß in allen gleich — lagen tief und schattig

Weniger bekannt ist die Familie Zirkon.

Der Name

ſoll durch Verstümmelung des franzöſiſchen Jargon (fal scher Edelstein) entstanden sein ; der Zirkon brennt sich nämlich leicht farblos und wird dann dem Diamanten untergeschoben. Er besteht aus Kieselerde und Zirkonerde, welche lettere Klaproth 1789 darin entdeckte ; außerdem findet sich Eisenoryd als Färbungsmittel. Die Farbe

in Fruchthainen und zwischen Kaffeebäumen und Bananen

variirt sehr von braun,

versteckt, und kleine Orangenwälder trugen kaum die Last

Farblosigkeit.

roth, gelblich, grünlich bis zur

Und wie die Vögel in den

Der eigentliche Vertreter der Edelsteine unter den Zir

dichten Sträuchern zwitscherten und sangen und herüber und hinüber flatterten ! Es war ein herrlicher Ritt in der kühlen Morgenbrise, und ich kann mich kaum eines schöne

konen ist der Hyacinth, von pomeranzengelber bis hyacinth rother Farbe. Vielleicht ist dieß der „Lynkurion “ des Theophraft und der Bibel. Auch Plinius erwähnt des

ren in meinem ganzen Leben erinnern . "

Hyacinth, doch war dieß ein amethystfarbener Stein.

der reifen, goldigen Früchte.

In Acapulco

selbst erzählen sich die Bewohner daß einmal einer der

Er

ist unschmelzbar, brennt sich aber mit auffallender Leich

Ihrigen starb und in die Hölle fuhr, in nächster Nacht

tigkeit weiß, wobei er an Glanz gewinnt, namentlich der

aber schon wieder zurückgekehrt sei um sich ein paar Decken

ceylanische, der dann Jargon de Ceylan heißt und dem

zu holen, da er verwöhnt durch die heimathlichen Tempe

Diamanten öfter untergeschoben wird. Er kommt im Fluß sande von Ceylon mit Spinell und Rubin vor, dann in Sachsen, Böhmen und Nordamerika, besonders aber in

raturen in dem ihm angewiesenen Jenseits es zu kühl gefun den hatte. Da nun die Eingebornen Acapulco schon zu heißz finden, so darf man sich nicht wundern daß Hrn . Gerſtäcker die drei Tage die er dort auf den Dampfer warten mußte, sehr lang wurden .

Der Dampfer kam endlich, und mit

ihm begab sich der Reisende nach Panamá, wo er durch eine günstige Beförderungsgelegenheit verführt wurde noch einmal rasch Ecuador zu besuchen, von welchem Abstecher er dann über Panamá und die Landenge zunächst nach

einem Bache bei Erpailly in der Auvergne. Sehr schöne und große Krystalle finden sich am füd lichen Abhange der Ilmenkette bei Miask. Wasserhelle Hyacinthe kommen im Pfitschthale in Tirol vor. Die Zirkone von Erpailly und Norwegen phosphoresciren .

der Insel St. Thomas, dem Knotenpunkte der westindischen

Ein werthvoller Edelstein ist auch der Spinell, deſſen Name aus dem Mittelalter stammt (Agricola). Er besteht im wesentlichen aus Thonerde und Talkerde, doch findet

Dampferposten, sich befördern ließ.

ſich auch Kieselerde und in geringen Mengen Eisen, Chrom

Da er sich in diesem

Die Fürsten des Steinreiches.

und Mangan als färbende Mittel beigemengt, so daß die

155

ist und sind vor dem Löthrohre unſchmelzbar und für sich

verschiedenen Varietäten eine ziemlich wechselnde Zusam

unveränderlich, auch widerstehen sie der Einwirkung der

mensehung zeigen.

Die Farbe wechselt von röthlich weiß

Säuren; ihre Härte ist sehr bedeutend, größer als die aller

bis carmoisinroth und blutroth, es gibt aber auch blaue und grüne bis schwärzlich-grüne.

anderen Edelsteine, und wird nur von der des Diamanten

Man unterscheidet hauptsächlich den Rubinspinell, wel

übertroffen.

Hierauf beruht die Anwendung der geringe

ren Sorten als Schleifmaterial für andere Edelsteine und

cher dem Rubin in der Farbe, wenn auch nicht im Glanz

als Zapfenlager für Uhren.

sehr nahe kommt ; der Balas - Rubin (rubis balais), der oft einen Stich ins Blaue zeigt und schon von Marco Polo

Steingewicht ; ſie ſind faſt viermal so schwer als Waſſer, ihre Strahlenbrechung ist bedeutender als die des Glaſes,

Ende des 13ten Jahrhunderts auf seiner Reise zum Groß

weßhalb man auch die farblosen zu Mikroskoplinsen be

chan in der Provinz Balascia am oberen Orus gesammelt

nußt. Doch sind farblose und wasserhelle Korunde selte ner ; sie treten meiſt gefärbt auf, besonders roth und blau,

wurde ; dann den hyacinthrothen, oft ins strohgelbe spie lenden Rubicell. Diese rothen Spinelle sollen meist aus dem Sande von Ceylon stammen und von dem mitvorkommenden Rubin

Die Korunde haben ein hohes

aber auch grün, gelb und braun.

Schon seit den ältesten

Zeiten theilte man die Korunde nach der Intenſität der

oft nicht zu unterscheiden sein.

Farbe in männliche (die dunkleren) und weibliche (die lichteren) ein.

Der blaue Spinell oder Sapphirin findet sich in Grön land und Schweden.

Saphhir ,

Der Chlorospinell ist grasgrün, kommt im Talkschiefer von Slatoust vor und enthält eine geringe Beimengung von Kupferoryd. Die Spinelle sind vor dem Löthrohr unschmelzbar und im allgemeinen unveränderlich, nur die rothen Varietäten verlieren beim Erhigen ihre Farbe, nehmen sie aber nach Ebelmen hat gezeigt daß sich dem Erkalten wieder an. die Spinelle künstlich darstellen laſſen und zwar in belie bigen Varietäten. Die Pariser Induſtrie-Ausstellung von 1855 zeigte Proben hiervon .

Man unterscheidet außer dem eigentlichen Korund noch Rubin ,

Demantspath

Bournon vereinigte zuerst

und Smirgel.

( 1802)

unter dem indischen Worte Korund.

Graf

alle diese Varietäten Uns intereffiren hier

weniger die unedleren, wenig durchsichtigen und nur in trüben Farben vorkommenden Varietäten, wie der gewöhn liche Korund, der bräunliche Demantspath und der meist feinkörnige (aber auch in dichten Maſſen) auftretende Smir gel (smyris bei den Griechen). Der lettere nimmt inſofern ein Interesse für sich in Anspruch, als er schon in den ältesten Zeiten (wie noch jezt) in gepulvertem Zustande als Schleifmittel diente. Berühmt war der Smirgel der

Der

Insel Naxos, wo ihn der Pflug zu Tage förderte und wo

Name kommt schon im Alterthum vor ; das was Plinius so nannte, war aber ein anderer Stein. Er besteht aus

er noch jest in großen derben Massen gefunden wird. Auch das hebräische Wort Schamir der Bibel (Jerem. 17,

Bekannter und geſchäßter ist der Chrysoberyll.

Thonerde und Beryllerde und ist ebenfalls durch Ebelmen künstlich dargestellt worden. bis smaragdgrün .

Die Farbe ist grünlich-weiß

Epargelgrüne kommen als Geschiebe

in Ceylon und Brasilien bis zu 16 Pfund schwer vor und zeigen häufig einen eigenthümlichen wogenden Lichtschein, wegen deſſen Hauy ihnen den Namen Cymophan gab. Brewster fand auf / Quadratzoll 30,000 feine Höhlun gen, welche vielleicht die Ursache dieser Erscheinung sind.

1), wo von der Sünde Juda die Rede ist,

welche mit

„ Schamirspißen“ in die Tafel der Herzen gegraben ſei, scheint auf dieß Mineral hinzudeuten. Betrachten wir nun die zwei edelsten Vertreter des Geschlechtes Korund. Da ist zuerst der herrliche Sapphir, Schon Moses ein weltberühmter Fürst von altem Adel. erwähnt seiner (außer an den oben schon angegebenen Stellen) im II. Budh 24 , 10., wo es heißt : „unter ſeinen

an der Takowaja, 180 Werst von Katharinenburg in Kry

(Gottes) Füßen, war es wie ein schöner Sapphir und Das wie die Gestalt des Himmels, wenn er klar ist. "

ſtallen bis zu 2½ Zoll Durchmesser.

Er verdankt seine

Wort ist ohne Zweifel hebräischen Ursprungs ; die Griechen

grüne Farbe einer geringen Beimengung von Chromoxyd,

und Römer dagegen bezeichneten damit den Laſurſtein.

ſieht aber des Abends gegen eine Flamme oder die unter:

Plinius nennt den echten Sapphir wegen seiner kornblume blauen Farbe Cyanos und unterscheidet schon männliche und weibliche (mares und feminas). Die Farbe ist meist ein sehr schönes reines Blau, welches wahrscheinlich von

Grasgrüner bis ſmaragdgrüner Chrysoberyll findet sich

gehende Sonne gehalten, dunkelroth aus. Wir kommen nun zur zweitedelſten Familie des Stein adels, dem Fürſtengeschlechte der Korunde, das, so zu sagen, dem Throne am nächſten ſtehend,

die edelſten Repräsen

tanten der Mineral-Aristokratie, die Pairs des Steinrei ches liefert ; es sind dieß die werthvollsten und schönsten

beigemengtem Eisenoxyd, vielleicht aber auch von Chrom herrührt ; doch kommt der Sapphir auch farblos, roth, grün

Sie be

und gelb vor. Die Farbe kann ihm durch Feuer entzogen werden und dann steht er im Glanz dem geschliffenen Diamanten am nächſten. Die gelben Sapphir heißen

stehen im wesentlichen aus reiner Thonerde, welcher nur

„orientalische Topase, " die röthlichen „ orientalische Ame

sehr wenig Eisenoxyd oder ein anderes Pigment beigemengt

thyste, Hyacinthe ; " der grüne, wahrscheinlich durch Chrom

Edelsteine, welche von den Juwelieren durch das Epitheton „orientalische“ ausgezeichnet zu werden pflegen.

Die Fürsten des Steinreiches.

156

gefärbte, führt den Namen orientalischer Smaragd und kann, wenn die Farbe gesättigt ist, als der seltenste aller Steine betrachtet werden.

übrigens häufig rothe Varietäten des Spinell, Granaten, Hyacinthe, geglühte Amethyste und Topase fälschlich als Rubine verkauft.

Die Heimath des Sapphirs ist vorzugsweise Ceylon, doch findet er sich auch zu Hohenstein in Sachsen, Bilin in Böh

daß sie mit den Diamanten verwechselt werden können ;

Die indischen Rubine sind oft so farblos und glänzend

es müssen dann Härte und Gewicht entscheiden.

men, Erpailly in Frankreich. Mitunter spielt der Sapphir gleichzeitig in verſchiedenen

Gute

Rubine liefert auch Auſtralien.

Nüancen über; Steine welche mehrere Farben abgesondert

Die edlen Korunde finden sich in vulkanischen Geſtei:

zeigen, sind ihrer Seltenheit wegen hoch geschäßt. Die herrlichste optische Erscheinung aber zeigt ein seltner Sproß

nen, meist aber im Schuttlande und im Sande der Flüsse ; nach Queenstedt kommen sie erst durch Verwitterung der ersteren ins Schuttland, und sind wohl ausschließlich als

dieses erlauchten Fürstengeschlechts, der zu Ratnapura auf Ceylon heimische Sternsapphir ; er opalisirt und ist außer

Feuerproducte anzusehen.

dem mit einer Decoration von Gottes Gnaden geschmückt,

ſtellung auf künstlichem Wege. Gaudin schmolz eine Thon

Hierfür spricht auch ihre Dar

mit einem eigenthümlichen sechsstrahligen Lichtſtern näm

erde im Knallgasgebläse mit 2-3 Procent chromsaurem

lich, welcher sich besonders zeigt, wenn er symmetrisch über

Kali, und erhielt anfangs eine grüne schmelzende Masse, dann rubinrothe Kügelchen, welche Topas ritten. Aehnlich

die Hauptachse rund geschliffen wird. Er führt deßhalb auch den Namen Asterias ; es scheint daß ihn schon Pli

stellte Ebelmen rothe und blaue meßbare Krystalle dar ;

Hausmann

auch Deville und Mitscherlich beschäftigten sich hiermit.

nimmt an daß der von den Buddhisten hochverehrte Stein

Indeß ist die Darſtellung größerer künstlicher Edelſtein

nius , der ihn astrios nennt , gekannt hat.

Meon-phs-lo-kiu-la-pho ein Sternſapphir geweſen ſei. Noch herrlicher fast ist der tief rothe edle Korund, der

krystalle so kostspielig daß sie den Werth der natürlichen . nie beeinträchtigen können. Wir kommen nun zu den kostbarsten und edelſten aller

königliche Rubin ; seine Farbe ist diejenige Nüance von gesättigtem Carmesin, die nach ihm den Namen „ Rubin

Steine, dem Könige unter den Mineralfürſten, deſſen Allein

roth" bekommen hat, doch gibt es auch weiße und gelbe,

herrschaft unbestritten ist, und der alle an Glanz und

wenn auch selten.

Macht überstrahlt, dem Diamant oder Demant.

Der rothe hat oft weiße Flecken, die

Wenn

sich jedoch durch vorsichtiges Glühen leicht beseitigen laſſen.

wir von seiner Macht sprechen, so bezieht sich dieß nicht

Er zeigt vor dem Löthrohr eine höchst merkwürdige Farben:

bloß auf seine Bedeutung unter den Edelsteinen, sondern

wandlung ; werden nämlich kleine Krystalle glühend ge macht (was sie ertragen ohne zu zerspringen), so werden

er übt in Wahrheit auch einen außerordentlichen Einfluß

fie beim Erkalten zunächst farblos, dann grün und zulet

auf die Gemüther der Menschen , denn er gilt als der

wieder schön roth. Die nämlichen (dunkelfarbigen) Rubine,

höchste materielle Besit, und war von jeher ein Zeichen. von Macht und Reichthum ; er schmückt die Kronschäße

welche nach Agricola „ das Auge zittern machen, “ heißen auch Karfunkel (indischer carbunculus des Plinius) und

oft innig verflochten mit dem Geschick mächtiger Herrscher

waren wahrscheinlich auch von Theophrast unter „ Anthrax“

und großer Reiche.

mit inbegriffen, der, „vollkommen unverbrennlich, gegen die Sonne gehalten, einer glühenden Kohle gleiche. " Der Rubin nimmt unter seinen Mitfürsten einen Rang ein der ihm nur vom Diamanten streitig gemacht wird, und sehr reine dunkelfarbige oder ſonſt ſehr schöne orien:

und Reichsinsignien der Fürsten, und seine Geschichte iſt

Auch er war schon den Griechen bekannt, die ihn Ada mas (unbezwingbar) nannten, und ihn bezeichnet auch wohl der Jaholom der Bibel (Mos. 2. 28, 18).

Plinius sagt

in seiner Naturgeschichte vom Adamas : „ er habe den höch ſten Preis unter den menschlichen Dingen, sei lange Zeit

talische, über 3 Karat schwere werden oft höher geschäßt,

nur den Königen, und unter ihnen auch nur wenigen be

als gleich schwere farbige Diamanten. Auf der Auction des Marquis de Drée in Paris wurde ein Rubin von

kannt gewesen ; er erzeuge sich nur im feinsten Golde ; es

.22 Karat mit 14,000 Fr. bezahlt!

seien sechs Arten bekannt, unter denen die indiſchen und arabischen von unaussprechlicher Härte seien, und auf den

Das Stammland der Rubine ist Pegu in Hinterindien.

Amboß gelegt den Schlag zurückstoßen, so daß Eiſen und

Die Peguaner glauben er reife in der Erde, und sei zuerst

Amboß in Stücke zerspringen, auch das Feuer würde von ihnen besiegt, da sie unverbrennlich (incalescens) jeien ;

farblos und unreif, werde dann gelb, grün , blau und zuleht erst roth! Ceylon liefert kleine weibliche (bloß

diese Macht über Stahl und Feuer würde durch Bocks

rosenrothe) Rubine ; solche finden sich öfter in älteren

blut (!) gebrochen, aber nur durch Beizen mit frischem

Sammlungen, weil sie früher officinell waren. Marco Polo sah beim König von Ceylon

und warmem Blut, und auch dann erst nach vielen Schlä spannen

lange " Rubine. Um schön zu sein müssen sie nach dem Urtheile der Singalesen die Farbe des Taubenblutes haben ; bläuliche Rubine werden daher von ihnen mit ge branntem Kalk umhüllt und stark erhißt.

Es werden

gen und unter Zerspringen von Amboß und Hammer, nur ein Gott könne dieß unermeßliche Geheimniß den Menschen mitgetheilt haben ; erfolge endlich das Reißen des Steines, so zerspringe er in so kleine Stücke daß man sie nicht sehen könne. " Nach Albertus Magnus ist das

Die Fürsten des Steinreiches.

Blut um so wirksamer, wenn der Bock vorher Wein ge: trunken oder Petersilie gefressen hat! - Die Dichter des Mittelalters (Parcival) besangen das Wunder sogar.

Dieß

waren die Meinungen der Wundergläubigen alter Zeit;

Strahlenbrechung und sein Farbenspiel erst vollständig ent wickelt, ihn zur Faſſung als Schmuckstein geschickt macht, und ihn dadurch erst seinen höchsten Werth verleiht. Hier gilt Rückerts Wort :

ſehen wir nun zu was die Wiſſenſchaft der Neuzeit uns darüber gelehrt hat.

Der Diamant kommt in Krystallen

des

regulären

Systems, namentlich in mehr oder weniger modifici ten Octaedern (vierſeitigen Doppelpyramiden) und Würfeln, aber auch in andern Formen vor, auf die wir hier nicht

157

Grundstein zwar ist der Gehalt, Doch der Schlußſtein die Geſtalt. Man schleift den Diamant zu verschiedenen Formen. Anfangs verfertigt man Tafelsteine, d. h . man ſtumpfte die natürlichen Octaeder an zwei gegenüberstehenden Ecken Erst 1520 schliff man Rosetten ; mehr oder weniger ab.

näher eingehen.

Sehr häufig haben die Krystalle abge rundete Flächen und verzogene Kanten, wie dieß Fig. 1

sie haben eine ebene Grundfläche, über welche sich zwei Reihen dreieckiger Facetten erheben, die in einer Epige Die flache Basis entspricht einer natürlichen Spaltungsfläche, die Spitze wird durch sechs Facetten ge bildet, welche " Sternfacetten " heißen ; an diese schließen. endigen.

sich dann noch 18 Facetten an, die sich zu sechs und 12 gruppiren .

Fig. 1. Im 17ten Jahrhundert kam der Schliff der Brillanten zeigt.

Der Diamant hat, wie viele andere krystallisirte

in Aufnahme

der erste, welcher solche schleifen ließ, war

Mineralien, die Eigenschaft, sich nach gewissen Richtungen

der Cardinal Mazarin .

hin spalten zu laſſen, und zwar parallel der Octaederflächen.

allgemeinen die zweier abgeſtumpfter Kegel, welche mit ihren Grundflächen zusammenstoßen. Der obere, flachere,

Er besigt diese Eigenschaft, den sogenannten „ Blätter durchgang," sogar in sehr vollkommenem Maße, und die Steinschneider profitiren von ihr ,

indem sie die rauhe

Die Form des Brillanten iſt im

sehr stark abgestumpfte Kegel heißt die Krone" oder der „Pavillon," die Abstumpfungsfläche entspricht gewöhnlich der Würfelfläche des natürlichen Krystalls und führt den

Stelle durch einen schnellen und ſtarken Schlag mit einem feinen Meißel wegspalten,

und die dadurch erhaltenen platten Flächen beim Schliff benußen.

Die Härte des Diamante ist sehr bedeutend, die größte unter allen Mineralien ; nur der künstlich krystallisirte Bor

Namen „Tafel ;"

an sie schließen sich meist 8 +8 +8

oder 88 + 16 Facetten. Der spißere Untertheil, wel cher " Cülaſſe“ genannt wird, ist dem oberen ähnlich, wird aber unten nur durch eine ganz kleine Endfläche abge stumpft, welche „ Calette " heißt.

(ein chemisch einfacher Stoff, der Grundbestandtheil der Borſäure) erreicht ihn hierin. Diese Härte ist ein großes Hinderniß bei der Verarbeitung : man nimmt an daß der Diamant hierbei 50mal mehr Zeit in Anspruch nimmt,

Pavillon und Cülaſſe

sind gewöhnlich durch einen schmalen Rand, den

Gürtel"

von einander getrennt, dessen Umfang viereckig, rund oder oval sein kann. Einem guten Brillantenschliff liegt stets die Zahl 8 zu Grunde.

Fig. 5 gibt ein Beispiel eines

als der nächſtharte Sapphir. Aus diesem Grunde be gnügte man sich früher, ehe man die Kunst des Schleifens kannte, ihn roh, nur etwas polirt, zu verwenden . Solche Diamante heißen " Spißsteine," und finden sich noch an der Agraffe des kaiserlichen Mantels Karls des Großen. In Folge seiner großen Härte dient der Diamant dazu andere Edelsteine mit seinem Pulver zu schleifen und Glas zu schneiden ; das letztere ist jedoch nur mit der Ecke eines natürlichen Krystalls möglich, bei welcher wegen der Krümmung der Kanten nur ein Punkt zum Schnitt tommt, nicht mit einer künstlich angeschliffenen. Troß seiner großen Härte lernte man endlich den Dia mant schleifen und zwar in seinem eigenen Pulver, dem sogenannten Demantbord, wozu man die kleinen, unan

Fig. 5. 1 solchen.

Die Fassung der Brillanten, welche gewöhnlich in

Silber ausgeführt wird, geschieht so daß die Krone ſicht: bar bleibt, außerdem meist „,à jour, " d. h. man gibt ihnen feine Unterlage. Die Kunst des Schleifens ist seit ihrer Erfindung sehr vervollkommnet worden und ihr Sig ist jetzt faſt aus :

sehnlichen und mißfarbigen benußt, welche zerstoßen wer den. Es war Louis van Berguem aus Brügge in Flan

schließlich Amsterdam, wo fünf große Schleifereien mit

dern, welcher um das Jahr 1456 die Kunst erfand Dia

mehr als 800 Schleifmühlen gegen 3000 Arbeiter beschäf tigen, und jährlich 250,000 - 300,000 Karat (103 bis

manten auf umlaufenden eiſernen Drehscheiben mit Diamant: bord zu schleifen. Diese Kunst ist von großer Wichtigkeit, da sie die herrlichsten Eigenschaften des Steines, seine

1 Die Reihenfolge der Figuren wird sich im Schlußabſchnitt rechtfertigen.

Die Fürsten des Steinreiches.

158 123 Pfund) rohen Diamanten bearbeiten.

Die berühm

teste unter diesen Schleifereien ist die von Coster, in wel cher unter andern der „ Kohinur “ und der „ Stern des Südens" sich unten)

geschliffen wurden.

Das Schlei

fen ist sehr mühselig und zeitraubend und verkleinert den rohen Stein erheblich ; man nimmt an daß ein solcher durch Schleifen die Hälfte seines Gewichtes verliert, daß dagegen sein Preis um das Vierfache erhöht wird. So wog z. B. der Regent" (1. u.) roh 410 Karat, nach dem Schleifen das 2 Jahre gewährt haben soll , 136 Karat, er verlor alſo zwei Drittel an Größe. In neuerer Zeit wird auch De mantspath, also Korund, zum Schleifen mitverwendet. Zwei Haupteigenschaften des Diamants sind es die durch das Schleifen erst ins rechte Licht gestellt worden, und diesen König der Steine mit der höchſten Glorie um geben : sein Lichtbrechungsvermögen und sein Glanz .

Der

zuleßt der Thonerde (deren Radical das silberähnliche Alu minium ist) Plaß machte, daß man also auch bei ihnen einen hohen Adel und ein hochgeehrtes Publicum“ zu unterscheiden habe ; ganz exceptionell aber ist die Con stitution des Diamanten : er besteht aus reinem Koh lenstoff. Wer denkt bei dem Worte Kohlenstoff nicht an Ver brennen ? aber vollkommen krystallifirter Kohlenstoff und nur dieser ist Diamant und zeigt dessen Härte - ist wenn auch nicht unverbrennlich, wie die Alten glaubten, doch nur äußerst schwer durch Feuer zu zerstören ; denn wenn Diamant zwar durch langes Glühen an seiner Ober fläche matt und undurchsichtig wird (was nur von einem Uebergange in den amorphen, d. h. nicht krystallinischen Zustand herrührt), und obgleich sein Pulver schon in den Spiritusflammen brennt, so kann er doch, wie die Pariser

lettere, welcher durch Zurückwerfung des Lichtes von seinen

Steinschleifer schon 1771 wußten, in Kohlenpulver verpackt,

glattgeschliffenen Flächen entsteht, ist außerordentlich und Diamantglanz" genannt ; wird daher auch besonders

der größten Hiße ausgesezt werden, ohne zu verbrennen .

seine Strahlenbrechung aber ist bei vollkommener Durch

Sobald aber Luft, d . h . Sauerstoff hinzutritt, fängt er an Gas auszustoßen und die Zerstörung beginnt. Bekannt

sichtigkeit fast 2½mal ſo groß als die des Glaſes und be dingt eine Farbenzerstreuung, welche durch die Kanten der

ist, daß Cosmo III von Medici 1694 durchFlorentiner Akademi

geschliffenen Facetten wirksam gemacht, ihn in den lebhaf testen prismatischen Farben funkeln läßt. Er bricht übri

spiegel verflüchtigen ließ ; sie wurden unter Beibehaltung ihrer Form immer kleiner und verschwanden endlich ganz.

gens das Licht nicht doppelt wie manche andere Mine ralien.

Lavoisier stellte fest daß dabei Kohlensäure entwickelt würde,

ker Diamanten in einem großen Tschirnhauſen'schen Brenn

Manche Diamanten zeigen auch noch), ähnlich wie der

und Guyton daß Diamanten mit Eiſen zusammengeſchmol zen, Stahl erzeuge. Schon Newton hatte übrigens 1675

Sapphir, einen sechsstrahligen Lichtstern auf ihren Octa ederflächen ; sie heißen Sterndiamanten. "

aus dem Verhältniß der Lichtbrechungskraft des Dia manten zu seiner Dichtigkeit geschlossen daß er brennbar

Der Diamant ist farblos, zum Theil waſſerhell, doch kommt er auch gefärbt vor : weiß, grau und braun, gelb und grün, seltener roth, blau oder schwarz. Von einem Diamanten, welcher vollkommen farblos und durchsichtig (waſſerhell) iſt, ſagt man, er sei vom „reinsten Waſſer. “

sein müsse. Franz

von Desterreich machte 1750 in Wien den

Versuch kleine Diamanten im Ofenfeuer zu einem großen zusammenzuschmelzen ; der Versuch gelang indeß nicht. Andererseits hat man sich vielfach bemüht den Dia

Die gefärbten sind, wenn die Farbe sehr rein und ent

manten künstlich darzustellen. Wie mußte nicht die Aussicht

schieden ist, kostbarer als die farblosen.

Oft zeigt der far

reizen aus einem so verbreiteten, billigen Materiale, wie

bige Stein unter dem Mikroskop keine zusammenhängende

Kohlenstoff, den kostbarsten Edelstein, das Idol der Schmuck

Färbung, sondern erscheint (namentlich die grünen und

gierigen und Vornehmen, vielleicht mit geringen Kosten in großen Mengen erzeugen zu können ! Wieviel Ehre war .

nelfenbraunen) nur gefleckt oder geflammt oder zeigt Ver zweigungen wie Conferven. Das specifische Gewicht des Diamants ist 3,5 - 3,6,

dabei in wissenschaftlicher, welcher Reichthum in materieller Beziehung zu erringen ! Balzac's interessanter Roman „ die

d. h. er ist (wie der Topas) 3½mal so schwer als Waſſer, also etwas leichter als der Korund.

Erforschung des abſoluten Princips " gibt ein treues Bild davon wie jemand sein ganzes Leben sein und der Sei

Was nun die Constitution des Diamants betrifft, ſo

nigen ganze Existenz an die Erreichung eines solchen Zieles

ist sie sehr einfach und mit der der andern Edelsteine ver glichen, überraschend. Wenn es wahr ist daß in den Adern

sehen kann.

der Könige und des höheren Adels ein edleres, reineres

kryſtalliſiren zu laſſen.

Blut fließt als in denen der bürgerlichen und bauerlichen

erhielten durch Schmelzen von Kohle wirklich farblose Kügel chen welche Glas risten ; diese wurden aber von Thenard

Menschen (wofür Belege beibringen zu können die Phy fiologen noch immer läugnen !), so liefert der Alleinherr

Doch halten wir uns an die Thatsachen. Es

handelte sich darum Kohle erst zu verflüssigen und sie dann Silliman und Cagniart de Latour

als geschmolzene Kieselerde erkannt.

Semmler kam zu der

eine vortreffliche Analogie.

Ansicht daß Kohlenstoff in flüssiger Kohlensäure zu Dia

Wir sahen schon bei den andern Edelsteinen daß ihre Zu ſammensetzung mit ihrem ſteigenden Range einfacher wurde,

manten werden könne, lieferte aber keine praktischen Resul tate. Am gelungensten sind noch die Versuche von Des

daß die gemeinere Kieselerde immer mehr zurücktrat und

preß, welcher 1853 Zuckerkohle durch langsame, über einen

scher aller Steine"

hierzu

Die warmen Häuſer im botanischen Garten zu Kew.

159

Auch Mexico wird in neuerer Zeit als Fundort ge

Monat hindurch fortgesette Anwendung des elektrischen

Im Ural fand man 1829 die ersten Diamanten ;

Stromes verflüchtigte und mikroskopisch kleine schwarze Octa

nannt.

eder erhielt, welche sich an den Platindrähten abseßten und Aber praktisch Rubin polirten, was nur Diamant thut.

der Fund ist aber von geringem praktischen Intereſſe, da -7½ Karat gefun man bis 1848 nur 72 Stück von den hat.

brauchbare Resultate werden sich auf diese Weise schwerlich erzielen lassen, da der Kohlenstoff ein zu schlechter Leiter

Die meisten Diamanten welche man findet, sind nur

der Elektricität ist, die Krystalle zu klein ausfallen und

von geringer Größe und dem entsprechenden Gewicht ; Steine von 12 bis 20 Karat gehören schon zu den sehr

ihre Darstellung zu kostspielig wird .

Es ist also noch keine

geschätzten, noch schwerere zu den Seltenheiten. Im grünen Gewölbe in Dresden finden sich Diamanten von 38, 40

Aussicht vorhanden daß der legitime Beherrscher des Stein reiches durch die Machinationen der alles zerseßenden " Kraft und Stoffpartei von seinem angeſtammten Throne gestoßen werde.

und 48 Karat ; solche welche über 100 Karat haben, kennt

Bis dahin wird man sich noch mit dem

man nur wenige. Die größten stammen aus Ostindien. Die Größe eines Diamanten ist natürlich ein wesent

natürlich vorkommenden Diamanten begnügen müſſen.

liches Element bei Bestimmung seines Werthes ; derselbe Sie werden hauptsächlich in Ostindien, Brasilien und richtet sich aber außerdem noch nach seiner Reinheit (ob dem Ural gefunden, wo sie theils lose, im Sande der Flüsse, theils im Thon und Trümmergestein eingesprengt

vom 1., 2. oder 3. Waſſer), nach der Farbe und nach der Art seines Schliffes.

vorkommen, meist in Gesellschaft von edlen Metallen (Gold) und zahlreichen edlen und halbedlen Steinen, die ein an sehnliches Cortège des königlichen Steines bilden. Lange kannte man ihn nur auf secundären Lagerstätten , erst

Der Brillantenschliff iſt der theuerſte.

Man rechnet nach Karat, von denen 72 auf 1 Loth gehen Gran). (also 1 Karat = 3 Die Angaben über den Werth weichen (auch bei den Juwelieren) sehr von einander ab; man kann durchschnittlich den Werth eines Karat bei

neuerlich hat man ihn in Braſilien im Urgebirge entdeckt, welches demnach seine eigentliche Bildungsstätte zu sein

einem rohen, zum Schnitt tauglichen Diamant auf 14 bis

scheint.

40 Thaler, den eines geschliffenen (Brillant) auf 56-80 Thaler annehmen . Für Steine welche schwerer als 1

Der älteste und berühmteste Fundort ist Vorderindien.

Karat sind, gilt die Regel daß die Zahl der Karate mit sich selbst und das Product mit dem Preise eines Karats

Es gibt dort fünf Hauptpunkte, unter denen sich Visapur und Golkonda auszeichnen. Golkonda (eine Bergfeste)

multiplicirt wird, so daß ein 2-, 3-, 4 bis 10 karatiger Diamant das 4 , 9 , 16 : bis 100fache eines karatigen

hat keine Gruben, sondern ist nur der Markt welcher durch den Reisenden Tavernier so berühmt geworden ist.

In

von derselben Schönheit kostet.

Ueber 20 Karat hinaus

der Gegend von Elora an der unteren Kistna waren früher

wird der Werth der Diamanten jedoch völlig imaginär , weil

60,000 Menschen allein mit Pochen und Waschen eines

sich zu solchen Stücken wenig Käufer finden und die Sel

harten, eisenschüssigen Sandsteins beschäftigt, der bis zu

tenheit extraordinäre Preise bedingt.

14 Fuß tief ausgebeutet wurde ; jetzt hat das Suchen sehr

49 Karat, der vor wenigen Jahren vom Vicekönig von

abgenommen. An einer andern Stelle, in Bandelkhand zwischen Sonar und Sone erwähnt schon Ptolemäus eines Das sonst an Edelsteinen so reiche „Adamasfluſſes . “

Aegypten angekauft wurde, hätte nach der obigen Regel höchstens 49 X 49 X 80 192,080 Thaler kosten sollen, wurde aber mit 760,000 Frcs. = 202,667 Thlr. bezahlt.

Ceylon liefert keine Diamanten, dagegen kommen sie auf Borneo vor.

(Schluß folgt.)

Ein Diamant von

Im 18ten Jahrhundert wurde Indien durch Braſilien überflügelt, wo sich in der Provinz Minas Geraes, nahe dem Hauptorte Tejuco und dem Flusse Jequetinhonha die

Die

Hauptgrube Mandanga befindet, in welcher der Diamant in einem eisenschüssigen Kies, "ICascalho," mit großen Quarzgeschieben, Topasen und Gold vorkommt. Die glän zenden Steine waren den Negern längst bekannt, welche sie als Spielmarken benußt hatten, bis 1727 ihr Werth von einem Spanier erkannt wurde.

Später fand man ſie tiefer

warmen Häuser im

botanischen

Garten zu

Kew. Der berühmte Naturforscher und Reisende Charles Mar

1

tins in Montpellier vergleicht in einer der jüngsten Num mern der „ Revue des Deux Mondes" die botanischen Gär ten in England mit den französischen, natürlich zu Un

im Innern, im Flußgebiete des Rio San Francisco, aber erst 1839 auf der ältesten Lagerstätte in einem glimmer

gunsten der letzteren . Aus dieser Darstellung benüßen. wir den nachstehenden Abschnitt.

haltigen Sandsteine, 36 Meilen nördlich von Tejuco. Nach Martius' Berechnung sind in den 46 Jahren von 1772 bis 1818 gegen 3 Millionen Karat (etwa 1300 Pfund) im Werthe von 40 Millionen Thalern nach Europa ge

Die Gärten von Kew, sagt Hr. Martins, sind alle Tage, den Sonntag mit inbegriffen, von Mittag an geöffnet ; das Publicum kann überall herumgehen, in den Orangerien, in den Gewächshäusern, in den botanischen Museen ; die

kommen !

Aufseher sind nicht sehr zahlreich, und man muß zur Ehre

Die warmen Häuser im botanischen Garten zu Kew.

160

der Engländer sagen : es ist sehr selten daß eine Blume

Tritt man aus dem Grecian Conservatory heraus,

oder eine Frucht von einem Unbescheidenen gepflückt wird. Und doch ist das Herbeiströmen von Besuchern ungeheuer:

so führt eine Allee von Deodora- Cedern nach dem großen

im Jahr 1867 zählte man deren 494,909, von welchen 277,717

Muster aller Verbindungen von Farben die man an den verbreitetſten Gartenbau - Arten sehen kann, und schöne

an Wochen und 217,192 an Sonntagen kamen. Die Schil derung welche wir von den Schönheiten und Reichthümern dieses Brennpunktes der Botanik zu geben im Begriff sind, wird diesen Eifer erklären. Wenn man in den Garten eintritt, so zeigt sich zur Rechten eine Orangerie der man den Namen ۱۹Grecian Conservatory" gegeben hat ; sie ist insbesondere den Pflanzen der Familie der Aroideen ge widmet, deren bescheidene europäische Vertreter die gemei

Waſſerraum.

Länge dieser Allee bieten Blumenkörbe

Gruppen von Rhododendren, an die der Pariser Elysäi schen Felder gemahnend, erheben sich in der Mitte eines stets grünen Rasens. Das Aquarium wird auch Victoria. house genannt, nach dem Namen

der herrlichsten der

Wasserpflanzen. Im Jahr 1828 im Rio de la Plata, bei Corrientes, von d'Orbigny entdeckt, wird die Victoria. regia seit 1849 erfolgreich in Europa cultivirt. Ihre brei

nen Aaronswurzeln oder Kalbsfüße unserer Hecken sind.

ten runden auf der Oberfläche des Waſſers schwimmenden

In den warmen Ländern erreichen diese Pflanzen eine ungeheure Entwicklung, ihre breiten gezackten und auf die

Blätter können 4 Meter im Durchmesser erreichen, und dienen in ihrem Heimathlande den langbeinigen und farbig

bizarrste Weise durchlöcherten Blätter zieren Stengel, welche oftmals eine rankende Gestalt annehmen ; zahlreiche Luft wurzeln ziehen sich von den Zweigen auf den Boden herab, wo sie sich in die Erde senken .

gefiederten Wasservögeln zur Stüße, welche ,

auf ihre

Beute lauernd, auf diesem natürlichen Fußgestell un beweglich stehen bleiben. Die Blüthe hat 25 Centi meter im Durchmesser, sie öffnet sich bei Nacht, und schließt

Die ganze Pflanze gibt einen Begriff von der üppigen Vegetation des tropischen Amerika's und Indiens. Während der Nacht scheiden.

sich bei Tag. Der englische Botaniker Lindley widmete diese herrliche Nymphäacee, die von Sir Robert Schom

die Blätter Wassertröpfchen aus,

burgh in Englisch- Guyana wieder gefunden wurde, der Kö

und die Blüthen bil den eine in ein zusammengerolltes Blatt, welchem man den Namen Spathe (Blumenscheide) gibt, eingeschlossene Aehre. Zur Zeit der Befruchtung erhebt sich die Tem peratur im Innern der Blumenscheide, bisweilen auf 10 Grad über die der Luft.

Mehrere Arten sind nüz

lich, z . B. die Kolokasia der Alten, die in Aegypten und Syrien gepflegt wurde, und deren stärkmehlhaltiger Wurzelstock die Hauptnahrung der Fellahs bildet ; der ca= ribische Rohl, welcher in Südamerika und den Antillen sehr verbreitet ist ; die Monstera deliciosa, deren Blumen

nigin Victoria, die dieser Huldigung so würdig ist, weil sie die Gärten von Kew der Wissenschaft überließ ; auch haben. die Botaniker keine Einsprache dagegen erhoben, obschon die Pflanze als einfache Art in die Gattung Euryale ge hörte, die zuvor von Salisbury festgestellt worden war. In der Nähe der Victoria regia erhebt der Nelumbo oder Lotus Jn diens seine großen Blätter über das Waſſer ; allein eine einzige blasse, kränkliche aufgeschossene Blüthe gab, zur Zeit mei nes Besuchs ,Zeugniß daß die Pflanze leide. Zwar fehlt ihr nicht die Wärme, wohl aber das Licht. Die Steinkohle kann

achse fleischig ist und einen angenehmen Geschmack hat. Schöne Palmbäume erheben sich in der Mitte des Gewächs hauses, der eine von ihnen, der Phytelephas macrocarpa,

die Wärme ersetzen, allein ſie ersetzt nicht das Licht der indischen Sonne. In Montpellier blüht die Pflanze in freier Luft

liefert das Pflanzen - Elfenbein ; ein anderer, die Euterpe mon

Nelumbo in den Canälen des alten Aegyptens sehr zahl reich vor. Herodot nennt ihn die Lilie des Nils . Strabo

tana Neu- Granada's, deren Stamm am Fuß ausgebaucht ist, trägt schwungfederartige Blätter von drei Metern Länge.

in den Becken des Pflanzengartens .

Ehemals kam der

erzählt uns daß die breiten runden Blätter welche er trägt,

Alle wetteifern an Eleganz mit den Baumfarn Auſtraliens, denen sie nahe stehen. Erwähnen wir noch einige nüß

und deren Blattstiel in der Mitte des Randes sich befin

liche Bäume.

Man findet da den Cacaobaum, deſſen ge dörrte Körner zur Chocolade- Bereitung dienen ; die Blüthen

spazieren giengen, als Sonnenschirm dienten.

entwickeln sich nicht am Ende der Zweige, sondern auf dem Holze des Stammes und der Aeste, wie die des Judasbaums, und die jungen Blätter haben eine bronz

der dasselbe als Mitglied der botanischen Commiſſion be

findet ihn wieder auf den Medaillen der Ptolemäer, und erin

zirte Färbung , die einen angenehmen Gegensat bildet zu dem sie umgebenden Grün. Der Melonen- Baum lie

der herrlichen Pflanze welche unter den Pharaonen die

fert in tropischen Gegenden eine eßbare Frucht ; man hat den Versuch gemacht ihn in Biskra, der Sahara- Gegend Al geriens, heimisch zu machen. Endlich erhebt sich, um das Andenken der Königin zu ehren welcher die Gärten von Kew so viele schöne exotische Bäume verdanken, eine pracht volle Strelitzia augusta 8 Meter hoch fächerartig bis ans Dach des Gewächshauses.

det, den ägyptischen Frauen, wenn sie an den Canälen Kaum hatte

das französische Heer in Aegypten gelandet, so sieht Delile,

gleitete, den Nelumbo auf allen Denkmälern abgebildet,

nert sich der Angabe Strabo's , sucht aber vergeblich nach

Canäle Aegyptens geziert hatte.

Nach Europa zurückge

kehrt, sieht er sie gemalt wieder auf einer chinesischen Wand, erfährt daß man sie in den südlichen Provinzen des himmlischen Reiches cultivirt, und daß sie in den Sümpfen der indischen Halbinsel in Menge wächst . Ein englischer Botaniker, Hr. Bentham, sendet ihm Samenkör ner; sie keimen glücklicherweise.

Bei der Anpflanzung be :

Die warmen Häuſer im botanischen Garten zu Kew.

merkt Delile daß der Nelumbo, um leben zu können, fla res und von jenen Myriaden Wasserpflanzen, Conferven,

161

halten sind. Begnügen wir uns mit einigen Anführun gen. Verschiedene indische Palmbäume liefern während der

Waſſerlinsen, welche so oft in stehenden Gewäſſern wuchern, freies Wasser verlange. Solange die ägyptische Civilisa

warmen

Jahreszeit einen zuckersüßen Wein ,

Stamm ist voller Stärkmehl.

und der

Der erste (Arenga saccha

tion sich erhielt, gedieh die aus Indien gekommene Pflanze ;

rifera) trägt gefiederte Blätter von 5 Metern Länge,

ſobald aber unter der Regierung der römischen Kaiser,

und der Stiel ist mit langen schwarzen Haaren bedeckt,

dann unter der musulmanischen Herrschaft die Unterhaltung

der zweite (Caryota urens) hat ausgeschnittene Blätter

der Canäle vernachlässigt wurde, verschwand der von Schma

in dreieckigen gezackten Rändern ; der dritte (Ceroxylon audicola ) erzeugt ein Pflanzenwachs, der vierte (Elaïs

rozergräſern bedrängte Nelumbo .

Man fand seine Spuren

nur noch auf den pharaonischen Denkmälern . Ueberlieferung erhielt sich,

Indeſſen die

und die römischen Bildhauer

unterließen nicht bei der personificirten Darstellung des Nilfluſſes ſtets auf dem Fußgestell die Blume und die Frucht des Lotus anzubringen ; da sie jedoch die Pflanze

guinceusis) das Palmöl, und endlich der fünfte (Areca catechu) liefert

die Betelnuß, von welcher die Inder

und die Chinesen einen so beklagenswerthen Mißbrauch machen. Die Fasern des Stammes der Atalea fuuifera dienen zur Verfertigung ausgezeichneter Taue. Die Co

selber nicht kannten, so gaben sie ihr längliche Blätter

rypha australis und die Livistona inermis Neu Hollands

gleich denen des Schilfrohrs,

werden sich im Süden Frankreichs wahrscheinlich akklima

anstatt der

abgerundeten

Da die Luft in diesem Pflan

tisiren lassen, wie die Chamaerops excelsa China's und

zen-Aquarium stets feucht ist, so pflegt man daselbst Pflan

die Jubaea spectabilis Chili's, die bereits akklimatiſirt

zen welche eine mit Waſſerdünsten geschwängerte Atmo : sphäre lieben. Dergleichen sind die Traubenwinde (Bata

find.

welche dieselbe kennzeichnen .

Man bleibt voller Erstaunen vor einem Palmbaum

(Sabal umbraculifera) stehen, der einem riesenhaften La

tas paniculata), deren Guirlanden das Becken umgeben.

tanbaum ähnlich ist, und dessen fächerartige Blätter 2 Me

das Patschuli, welches das gleichnamige Parfümeriemittel liefert ; die Maranta arundinacea, der man die Pfeilwur:

ter im Durchmeſſer haben ; deßgleichen vor der Areca Baueri der Insel Norfolk, welche gefiederte 3 Meter lange

zel verdankt ; der Reis und der Mangasbaum, welcher eine

Blätter trägt.

geschäßte Frucht erzeugt ; die Jatropha curcas, deren Samen : förner eine abführende Kraft befizen.

Erde angehörenden Formen findet man mit Vergnügen wieder den wohlbekannten Dattelbaum Algeriens und die

Jnmitten dieser einer andern Halbkuge ..:

Zwergpalme, die einzige Vertreterin dieser schönen Familie

Treten wir jetzt in das große warme Gewächshaus, oder Palm Stove, das dem Wasserraum gegenüber liegt : 20 Meter hoch, 110 Meter lang und 45 Meter breit erhebt es sich majestätisch über größere Bäume und trot der Wuth der heftigsten Winde. Sie erschüttern nicht

in Europa. Alle diese mächtigen Gewächse steigen zu der Kuppel des Gewächshauses empor wie Säulen mit einem Blattwerk-Capital, und einige, welche dieselbe erreicht haben, scheinen sie in die Höhe heben zu wollen um an die freie Luft zu kommen. Die Baquois (Pandanus), mit ihren

einmal das Fensterwerk, obschon es ihnen eine Oberfläche spiralförmigen Blättern, verseßen uns auf die Inseln Ocea

von 4180 Quadratmetern bietet.

Diese Gläser sind leicht

grün gefärbt durch eine Zuthat von Kupferoxyd zu der durchsichtigen Maſſe, um die Sonnenſtrahlen abzuſchwächen.

niens , und ein großer Banianen - Feigenbaum, mit ſei nen Wurzeln die von den Aesten herab sich in den Boden einsenken, ruft die Erinnerung an die Tempel der Brahmanen

Eine 10 Meter über dem Boden aufgeführte innere Gallerie macht es möglich die Bäume von oben bis unten zu be trachten. Acht Warmwaſſer- Behälter und Röhren von 8 Kilo : 1 metern ¹ in Ausdehnung erwärmen die Luft und den Boden. Der Rauch wird durch unterirdische Leitungen nach einem 170 Meter entfernten Thurme hinweggeführt, wo er sich

hervor. Am Fuße der Treppe ist ein Bambu, deſſen Schöß linge, in der günstigen Jahreszeit Om ,45 in 24 Stunden wachsend, bisweilen in drei Monaten den Gipfel des Ge wächshauses erreichen. In China wird der Bambu in zahlloser Menge verwendet, für Palissaden, Bauten, Haus geräthe, Wasserleitungen, Schiffszwecke 2c. Führen wir

verzehrt.

In diesem Thurme befinden sich auch die Dampfkessel und die Pumpen welche dazu dienen Waſſer

noch die zahlreichen Arten von Feigenbäumen an welche das Kautschuk ' erzeugen, die Pisangbäume, den „Baum des

bis zur Höhe

von 32 Metern

emporzuheben , um

es Reisenden, " von Madagascar, deſſen Blätter an der Basis

sodann in alle Theile des Gartens zu verbreiten. Eine unterirdische Eisenbahn führt die Kohlen zu den Kes: seln. Sonach sind, bei einer Heizung welche während acht

einen Vorrath trinkbaren Waſſers aufbewahren ; denjeni gen ferner welcher das Acajou Holz liefert, die Mangifera indica, welche den Mangostan-Apfel trägt, die beste Frucht

Monaten des Jahrs nicht unterbrochen wird, die Unzukömm lichkeiten des den Pflanzen so schädlichen und den Besuchern. so unangenehmen Rauchs vermieden.

Ich muß darauf

verzichten hier alle die bemerkenswerthen Gewächse aufzu zählen welche in diesem umfangreichen Gewächshaus ent 1 Etwas mehr als eine deutsche Meile.

der Tropen, und die Jambosa malaccensis, die nicht minder geschäßt ist. Nach diesen nüßlichen Gewächsen wollen wir die Antiaris toxicaria erwähnen, deren Saft zu der Zuſammenſeßung des Upas antiar gebraucht wird, womit die Malayen ihre Pfeile vergiften. Nicht weit weg von diesem großen Gewächshause ha

162

Die warmen Häuser im botanischen Garten zu Kew.

man kürzlich einen Wintergarten erbaut, dessen innerer

sen der Tropenländer gewidmet ist, befinden sich schöne

Raum noch größer und höher ist als das Gewächshaus der Palmen. Nach dem vollständigen Ausbau desſelben wird er 177 Meter lang sein, und eine Oberfläche von

Fächerpalme Peru's und Neu- Granada's, aus deren Fasern

Er hat bereits 80 Meter Länge, 42

Pflanzen verweilt der Botaniker vor Reben: Arten aus dem

Bäume die man in

Süden Afrika's, deren Stamm an seinem Fuß ungeheuer

67 Aren bedecken.

Meter Breite und 23 Meter Höhe.

Stämme der Carludovica palmata , einer Art einheimischer

man die Panamá-Hüte flicht.

Neben diesen

nüßlichen.

Kästen pflanzt sind in ihrem Wachsthum stets gehemmt ;

ausgebaucht ist, und vor der prächtigen Fackeldistel von

diejenigen des Wintergartens können, da sie in vollem Boden stehen, unter diesem Glasgewölbe ihren ganzen Aufschwung nehmen. Man hat dort die Gewächse Auſtraliens, Neu Seelands, des Himalaja, China's, des südlichen Europa's

Honduras, die der Lady Macdonald gewidmet ist, und Blüthen trägt mit einem Durchmesser welcher 35 Centi meter erreichen kann.

und des nördlichen Afrika's vereinigt, die während des Sin: Sommers keine hohe Temperatur fordern, und im

der Cultur der Cap- Pflanzen gewidmete Orangerie, und treten dann in ein Gewächshaus in welchem man, einem

ter nicht so sehr leiden wenn der Thermometer nicht unter

glücklichen Gedanken zufolge, nur Pflanzen vereinigt hat,

Null herabsinkt. Ich bewunderte dort einen Farnbaum aus Neu- Seeland, die Cyathea medullaris, deren 8 Meter hoher Stamm ein 3 Meter langes Bouquet doppelt

die entweder der Industrie oder der Arzneikunde nüßlich sind: unter andern den mittelamerikanischen Baum welcher den Peru : Balsam erzeugt ; den Gewürznelfen - Baum,

gefiederter Blätter trägt ; eine Araucaria excelsa von 12 Metern Höhe, und die braſilische von 18 Metern, ver

verwendet werden ; die Ipecacuanha, eines unserer werth

Wandern wir nun, ohne uns aufzuhalten, durch eine

deſſen Blüthenknoſpen unter dem Namen Gewürz- Nelken

schiedene Eucalyptus-Arten ,

raschwachsende Bäume aus zwölfJahren in freiem Felde zu Hyères, Australien, die seit werden ; sie glei angebaut Cannes, Nizza und in Algerien

vollsten Arzneimittel ; den Spizen - Strauch, so genannt weil die innern Blättchen der Rinde, die Spißen nachahmend,

chen bereits großen einheimischen Bäumen und übertreffen sie bald. Das Holz derselben ist vortrefflich, und das

darstellen; den Baum ferner welcher das Campeschenholz

welches sie ausschwißen scheint fiebervertreibende Eigenschaften zu haben. Man findet ferner wieder in dem

Harz

Wintergarten den amerikanischen Pfefferbaum (Schinus molle), einen Baum mit feinem Blätterwerk und hängen den Aesten, welcher die Spaziergänge von Athen und Palermo ziert, wo er der längsten Trockenheit Widerstand leistet. Wenn alle diese Gewächse einmal die Entwicklung gewonnen haben deren sie fähig sind, so wird man die Schönheit dieser exotischen Flora nirgends in Europa beſſer würdigen können als in diesem Wintergarten. Die Maler

gewissermaßen sehr elegante Halstücher und Manschetten

liefert; denjenigen der die Mucatnuß hervorbringt ; die verschiedenen Arten von Fieberrindenbäumen, welche die Engländer und Holländer, mit Recht den künftigen Mangel an dieser kostbaren Rinde voraussehend, jest in großem Maßstab in den Gebirgen Indiens, Ceylons und Java's anpflanzen ; den Tanghin-Baum, mit giftigem Safte, den man beim Gerichtsverfahren auf Madagascar verwendet . Endlich gibt uns eine Menge erotischer Obstbäume : der Goyavenbaum (eine Art indischer Birnbaumes), der Litschi der Chinesen, der Durion Baum der Malayen, der Avo gado-Baum, der Mango einen Begriff von der tropiſchen

werden dort Mustergewächse finden, und es wird ihre Schuld sein wenn sie in ihren Landschaften noch charakterlose

Pomologie. Ist das

Bäume anbringen die kein Botaniker anerkennen würde, oder Gewächse die in dem Lande dessen Repräsentanten jie sein sollten, nicht leben und nicht leben könnten .

Pflanzen gewidmet, so gehören die beiden folgenden in das Gebiet des Gartenbaues und der Botanik. Das eine

vorhergehende Gewächshaus

den

nüßlichen

enthält insbesondere die Begoniaceen und die Gewächse

Der Garten von Kew besigt ferner eine Orangerie und

welche eine analoge Temperatur, Feuchtigkeit und Cultur

vierzehn Gewächshäuser von geringerem Umfang als die jenigen von denen wir so eben gesprochen. Das eine der selben ist den tropischen Pflanzen gewidmet welche die

deren bizarre Formen selbst den zerstreutesten Augen auf

meiſte Wärme verlangen ; man findet darin kleine Exemplare mehrerer bereits von uns erwähnter Bäume. Man muß ihnen noch die Kaffeeſtaude beifügen, deren Frucht einer Kirsche ähnlich ist, und die zwei mit der gefurchten flachen. Seite aneinander gelegte Bohnen einschließt ; sodann den Brodbaum, die Grundlage der Nahrung der Polyneſier, den Zimmetbaum mit seiner aromatischen Rinde, die Quas sia amara, ein kostbares Holz für die Arzneikunde, und den indischen Klee, deſſen zwei Seitenblättchen des Blattes in beständig schwankender Bewegung sich befinden. In einem andern Gewächshause, das gleichfalls den Gewäch

erheiſchen ; das andere gewährt Schuß den Fett- Pflanzen,

fallen.

Dergleichen sind die weißhaarige Fackeldistel und

die Riesenfadeldistel, die sich in Süd- Californien, ihrem Vaterland, bisweilen zu einer Höhe von 15 Metern er hebt ; die Echinocactus, Pflanzen-Igel, die einen ungeheu ren Umfang erreichen ; die Opuntia, deren eine Art, die in Algerien sehr gut gedeiht, die Cochenille-Laus nährt, undderen andere undurchdringliche Hecken um angebaute Felder bil det (Opuntia coccinilifera et ficus indica) ; die cactus förmigen Euphorbien, welche einen scharfen Saft enthalten und die Vegetation der Felsen und der steilen Gestade der canarischen Inseln kennzeichnen ; endlich die Agaven, Pflan zen die nur in Amerika einheimisch sind, von denen aber

Der Rennstieg und seine Beziehung zu den Ortsnamen.

eine (Agave americana) in Algerien und in dem ans Mittelmeer gränzenden Theile von Frankreich so häufig geworden ist, daß sie zur einheimischen Flora zu gehören scheint.

Andere Gewächshäuser oder besondere Orangerien

sind der Cultur der Pflanzen eines und desselben Him melsstrichs gewidmet, denen der kalten oder südlichen Re:

163

aufgenommen, Pflanzen die ihre ursprüngliche Heimath im Süden Asiens und im indischen Archipelagus haben. Die Blätter haben dieForm eleganter mit einem Deckel geſchloſſener Urnen. Diese Urnen erreichen bisweilen eine Länge von 45 Centimetern und haben einen Durchmesser von 5-7 Centimetern. Eine Drüse scheidet im Innern eine Flüssig.

gion Australiens und des warmen oder nördlichen Theils

keit aus in welcher die Insecten oft ihren Tod finden wenn

des nämlichen Festlands,

sie daselbst den Durst löschen wollen.

des Caps

oder Neu- Seelands .

Die Baumfarn des leßtern Landes haben ein besonderes

In der Nähe der

Nepenthes sieht man eine Pflanze aus den Sümpfen von

Gewächshaus inne ; sie sind insgesammt bemerkenswerth

Madagascar (Ouvirandra fenestralis) ,

durch die Eleganz ihres Wuchses, der mit dem der Palmen

wenn sie nur noch die Rippen haben,

wetteifert, und durch die Schönheit ihrer großen gezackten

Nez bilden, das den Vergleich mit den allerfeinsten Spitzen auszuhalten vermag welche die Kunst zu schaffen im Stande ist.

Blätter ;

einige erreichen eine außerordentliche Höhe ; der

Stamm der Alsophila excelsa mißt, abgesehen von seiner

deren

Blätter,

ein durchsichtiges

Blätterkrone, bisweilen 20 Meter in der Höhe. Ich habe das durch die Seltenheit der darin befind lichen Gewächse vielleicht merkwürdigste Gewächshaus, das der tropischen Farn, zum Schlusse aufgespart ; es ist 47 Meter lang und 9 Meter breit. Da während des Win

Der Rennstieg und ſeine Beziehung zu den Orts

namen. ters eine Temperatur von 18-22 Grad unterhalten wird, ist die Luft stets mit Feuchtigkeit geschwängert,

und die Pflanzen werden mit lauem Waſſer begoſſen, d . h. einem Wasser welches ungefähr 15 Grad hat. Man zieht sie in einem künstlichen Erdreich, in welchem der Torf vor herrscht ; er wird mit Feldspathsand bedeckt, der die Feuch tigkeit anzieht. Wie aber in der Natur diese Pflanzen unter dichtem Schatten, in feuchten Höhlen oder Felsenrigen

In Nr. 36 und 37 (1868) dieſer Zeitschrift ist eine Abhand lung über den Rennstieg des Thüringer Waldes, und es dürfte vielleicht manchen Lesern nicht unwillkommen sein über eine darin enthaltene Angabe ausführliches zu er fahren. Der Verfaſſer jener Abhandlung ſagt nämlich : "„Charakteriſtiſch ſind in Thüringen die Ortsnamen mit

leben, so schüßt sie ein geriefeltes Glasdach gegen den wiewohl sehr gemäßigten - Glanz der Sonne Englands .

den Endungen stedt (dorf), roda, leben (nach Landau vom

Ein geschickter Gärtner, Hr. Edwards, läßt dieſen Pflanzen eine mannichfaltige Pflege angedeihen, und bringt ſo die intereſſanteſten Organe klar vor Augen. Die Wurzeln

und Wenden ehedem bewohnten südöstlichen Theilen itz

find merkwürdig, die Pflanze wird auf einem umgekehrten Gefäß gepflegt das mit Torf überzogen ist,

Slavischen law, lov, love, lave) und in den von Serben

und witz, in Franken dagegen mit ingen , heim und hausen." Darin ist manches richtige enthalten, aber bei genauer

den sie mit

Betrachtung der Ortsnamen kommt man doch theilweis zu

einem engen nehartigen Gewebe umgeben ; andere hängen in der Luft, und werden durch ein eisernes Drathgitter gehalten ; wieder andere endlich wachsen auf dem Stamm

andern Ergebnissen, und deren sollen einige angeführt werden.

Diese Gewächse, welche bald

Betrachten wir das Land welches nördlich durch die güldene Aue, dieselbe nach Westen und Osten etwas ver

einfache, bald bizarre, stets aber anmuthige Formen be fißen, haben in England eine wahre Leidenschaft erregt :

längert gedacht, und südlich vom Main und dem Fichtel gebirge begränzt wird, so theilt der Rennstieg dasselbe in

es gibt kaum ein Haus das nicht ein kleines Gewächs haus, einen Blumenkasten und selbst einen geschlossenen Glas : raum hat in welchem man einheimische oder erotische Farn

zwei ziemlich gleiche Hälften, eine nördliche, thüringiſche und eine südliche, fränkische, und wenn auch beide Theile

eines baumartigen Farn.

zieht.

Das Klima eignet sich dazu, und die Mode, d . h.

eine wahrhafte Pterigomanie,

trägt das ihrige dazu bei Neben den Farn enthält das Kewer Gewächshaus die Lykopoden und Selaginellen. Die zartesten , feinst ge= zackten und lieblichst grünen Blätterwerke gehören dieser

viele Endungen der Ortsnamen mit einander gemein ha ben, so kommen doch andere in dem einen Theil entweder gar nicht oder doch nur vereinzelt vor, während sie im andern sehr häufig sind. Diejenigen Endungen,

welche in beiden Hälften sich

finden, kommen hier nicht in Betracht, doch muß ich der Gruppe an. Da die meisten dieser Pflanzen in feuchteren und noch düsterern Höhlen wachsen als diejenigen in wel chen die Farn vorkommen, so stehen sie hier in von Wasser durchdrungenen Tufgrotten, und jede ist überdieß mit einem. besondern Fensterwerk bedeckt. In dasselbe Gewächshaus hat man auch die verschiedenen Krugblumen (Nepenthes)

heim, hausen und der slavischen Namen erwähnen welche in der gedachten Abhandlung als thüringische genannt sind, während sie aber in beiden Theilen vorkommen. Bei heim und hausen ist der Rennstieg nur scheinbar die südliche Gränze, denn wenn wir nur noch etwas süd

Der Rennsticg und seine Beziehung zu den Ortsnamen.

164

licher gehen, so begegnen wir ihnen wieder, und beide kom. men ziemlich häufig im Gebiete der Werra und dem des Maines vor. Auch die slavischen Ortsnamen finden sich in beiden Theilen und gehen im Fränkischen, wenn wir die nur ſpo radisch vorkommenden nicht mit in Betracht ziehen, sogar

liegen die brunnen alle südlich, die born alle nördlich des Rennstiegs von seinem Anfang bei der Werra an bis Spechtsbrunn, und zwischen Gräfenthal und Sonneberg. Von hier ab ist aber nicht mehr der Rennstieg die Gränze, sondern eine nach Zwickau gezogene Linie.

Zu bemerken ist hier noch daß das oben genannte

noch etwas weiter nach Westen hin als im thüringischen Theil.

Mit dem Rennstieg stehen sie aber in gar keiner

Hundsbrunnen im Volksmund Hundsborn heißt, und ein Dorf nördlich von Schmalkalden, nahe am Rennstieg, so.

Beziehung. Die Ortsnamen auf leben gehören aber nicht zu den

wohl Hohlebrunn wie auch Hohleborn genannt wird.

ſlaviſchen, ſondern sind gute deutsche, wie neuerdings über zeugend nachgewiesen worden ist. Sie finden sich, mit

ist der Rennstieg keine Gränze,

Für das in der genannten Abhandlung genannte ingen

Ausnahme von denen dreier Orte zwischen der fränkischen Saale und der Werra, Alsleben, Dingsleben und Uns: leben, zu welchen wohl noch Botenlaube, der Name einer Burgruine bei Kissingen, zu rechnen ist, nur nördlich des Rennstiegs.

denn wir treffen dieſe

Endung sowohl südlich als nördlich desselben, und ſollen aus dem thüringer Theil nur beispielsweise die Namen Bähringen, Heilingen, Heringen und Mellingen genannt werden. Obwohl diese Verschiedenheit der Ortsnamen bemerkens werth ist, so können wir sie uns doch erklären, aber merk

Ebenso ist die Endung grün nur auf dem südlichen würdig ist es daß eine solche Verschiedenheit in älteren

Theil beschränkt .

Sie überschreitet indessen den Renn

stieg von der Gegend von Gräfenthal aus, wo er eine südöstliche Richtung annimmt , und geht etwas nach Nor den vor. Um aber nicht zu sehr in das Einzelne einzugehen. und dadurch zu ermüden, sollen, mit Hinweglaſſung aller seltnern Endungen, nur deren sechs, die am bemerkens werthesten sind, angeführt werden. Von diesen gehören immer zwei zusammen, von denen das eine das andere vertritt. Es sind dieß stadt und stedt, roda und reut, born und brunnen.

Zeiten nicht stattfand, sondern eine größere Uebereinstim mung herrschte.

Die Endsylbe stedt kommt zwar auch schon früh vor , und mehrere der heutigen stadt haben dieselbe sogar, z . B. Münnerstadt 808 Munricheſteti, aber sehr häufig lautet fie noch stat, wie die Namen von Berlsstädt, Bultstedt und Eckstädt im Jahre

874 in Urkunden als Berolfeſtat, Buotestat und Eggeſtat erscheinen, so daß die Endung stat damals die allgemeinere und wohl die ursprüngliche war. Die reut zur Endung habenden Namen müſſen ver hältnißmäßig neu sein, denn ich habe nur wenige gefun

Bei stadt und stedt ist die Scheidung am wenigſten den welche sich urkundlich aus dem 14ten, und nur einen

durchgeführt, denn wenn sich auch die stedt vorzüglich im nördlichen Theile finden, so gibt es deren doch auch im frän kischen, und ebenso sind die besonders im südlichen vorkommen den stadt auch im thüringiſchen Theile vertreten. Aber dabei ist die Eigenthümlichkeit daß während die Ortsnamen auf stadt in der thüringer Hälfte sich stets auf Städte, nie

der sich aus dem 12ten nachweiſen läßt : Gerhardisgerut 1181 , das jezige Gerhardsgeraut bei Hildburghausen. Die ältere Form ist jedenfalls das noch heute südlich vom Rennstieg in verschiedener Schreibweise vorkommende rod , welche Endung auch die alten Namen der heutigen rode

auf Dörfer beziehen, in Franken der größte Theil der Drts

und roda zeigen. So hieß z . B. Angelroda bei Ilmenau 947 Anglenrod , Vallersroda bei Weimar 1044 Fulf

namen auf stadt sich auf Dörfer bezieht.

meresroth.

Vom althochdeutschen riuti, ausroden, stammen die heu

Die jest nur noch nördlich des Rennstiegs

auftre

tigen Formen reut und roda, von denen die lettere bei

tende Endsylbe born fommt zuerst im 12ten Jahrhun

nahe ausschließlich nördlich des Rennſtiegs zu Hauſe iſt. Südlich von derselben kommt dieſe Endung nur vereinzelt

dert vor. Früher endigten die jest darauf ausgehenden Ortsnamen , so weit man nachkommen kann , alle auf

vor, dagegen wird sie in der größeren östlichen Hälfte des fränkischen Theils von reut, und in der kleinern westlichen

brunnen, vom althochdeutschen prunno. Als Beispiel will ich anführen Gösselborn bei Ilmenau Gozzelbrunnen 1072 und Sonneborn bei Gotha 1025 Sunnibrunno .

durch rod und roth vertreten.

Das häufigere reut erstrecki

sich östlich bis an das Voigtland hinein, und überschreitet den Rennstieg nur einmal und um wenig mit Arnsge reut bei Saalfeld, geht aber mit dem östlichen Aufhören

der Rennstieg seit ungefähr dem 12ten Jahrhundert eine

jenes Gränzweges etwas mehr nach Norden hin.

Gränze für einige Arten von Ortsnamen bildet, und daß die Trennung erst später eine schroffere wurde. Aber wir

Als Resultat aus alledem können wir entnehmen daß

Am schärfsten ist die Trennung zwischen Nord und Süd bei born und brunnen ausgesprochen, denn mit Aus

sehen auch ferner daß er diese scheidende Eigenschaft nur

nahme von Reinhards , Sophien- und Hundsbrunnen, so wie mit dem ganz neuen Namen Wilhelmsglücksbrunnen ,

hält, aber von da ab, von wo er zugleich eine südöstliche

bis in die Gegend von Gräfenthal (Spechtsbrunn) beibe

Richtung einschlägt, und einen Theil des Thüringer Wal

Freshfields Besteigung des Kasbek und Elbrus.

des betritt, der wohl auch Saatwald genannt wird, die ſelbe verliert, und von den südlich vorkommenden brunnen,

165

aber die große nördliche Ebene jenseits war mit Wolken bedeckt, welche auch über die Thäler der Gebirgsreihe lager ten. Das Hinabsteigen ward mit einiger Schwierigkeit auf einem andern Abhang vollbracht, und die Ufer des vom

reut und grün überschritten wird.

Desdorah Gletscher herabfließenden Wildbaches wurden um 7 Uhr 45 Min. Abends erreicht, wo sie dann in einer Ziegenhirtenhütte übernachteten, und am nächsten Morgen

Freshfields Besteigung des Kasbek

und Elbrus.

ihren Weg durch den Hohlweg des Dariel nach dem Kasbek. Dorfe fanden. Abends kehrten die Träger, welche geglaubt

In der Situng der Londoner „geographiſchen Geſell

hatten die Reisenden seien verunglückt, zurück, und ihre Erzäh

schaft“ am 11 Jan. wurde Hrn. D. W. Freshfields Bericht

lung von der Heldenthat brachte in dem Orte große Aufregung

über seine „Reise in den Kaukasus und die Beſteigung des

hervor ; die Aeltesten drückten den erfolgreichen Bergsteigern

Kasbek und Elbrus“ verlesen.

ihre Glückwünsche dadurch aus daß sie dieselben umarmten

Das „ Athenäum “ theilt

Die Reise vom Kasbek bis zum Elbrus,

daraus folgendes mit. Hr. Freshfield verließ mit zwei Freunden, den HH. Moore und Tucket, in Begleitung eines

und füßten.

zuverlässigen schweizerischen Bedienten, François Devouas

ren Thälern der Flüſſe zurückgelegt, welche ihren Weg im

ſoud, Tiflis am 26 Januar 1868, um eine Erforschungs: reise nach dem mittleren Theile der Gebirgskette des Kau

hängen der Gebirgskette des Kaukasus hin nehmen.

kasus zu unternehmen .

In Tiflis fanden sie bei der

russischen Behörde eine wohlwollende Aufnahme, und waren insbesondere dem General Chodzko zu Dank verpflichtet, unter deſſen Oberleitung die treffliche 5Werst-Militärkarte

120 engl. Meilen in gerader Linie, wurde längs den obe

allgemeinen in einer Längsrichtung an den südlichen Ab Die

Linie der Wasserscheide zieht sich eine sehr beträchtliche Strecke weit nordwestlich und südöstlich, in der Nähe des Mamisson Passes aber biegt sie sich plößlich gerade nach Süden. Zahlreiche Bergspigen erheben sich zu 11,000 und

des Kaukasus ausgeführt worden war, welche den Reiſen

12,000 Fuß, und die Pässe zwischen ihnen schwanken von

den als Führer diente.

7500 bis zu 9000 Fuß.

Die Reise nach Kasbek (nördlich

Auf der Reise hatten sie viel

von Tiflis ) gieng längs der neuen russischen Militärstraße,

Noth mit den Einwohnern, und besonders mit den verwe

die bei einem Paß am Fuße des großen Bergs durch den Kau kasus zieht. Nach Erreichung des Dorfes Kasbek sieht man die

genen und diebischen Swanen und Offeten . Die Sce nerie in dem reichbeholzten obern Thale des Rion war

herrliche Bergmasse zum erstenmal, Tausende von Fuß über die

prachtvoll

benachbarten Spißen, in der Form einer steilseitigen Schnee

bis zur Schneelinie hinauf.

kuppel sich emporthürmen.

den Flanken der

Die ersten 1500 Fuß der Be

steigung von dem Dorf aus giengen über eine grasreiche mit weißblüthigen Rhododendren geschmückte Fläche. In die ser Höhe ward ein langer Gletscher sichtbar, der sich um die südliche Flanke des Berges herumzog, und auf diesem wollten sie nun den Gipfel zu erreichen suchen. Vier Männer aus dem Dorfe wurden gedungen sie als Träger zu begleiten, und so begannen sie denn am 30 Juni die Besteigung.

unausdauernd belaubte Waldbäume wachsen hier Der Mangel an Seen auf

Gebirgskette

fiel

den Reisenden

auf

als ein bemerkenswerther Gegensatz zu den Alpen. Am 29 Jul. erreichten sie die Umgegend des Elbrus -Berges, und begannen am nächsten Tage die Beſteigung desselben. In der Entfernung schien der Gipfel, welcher einer umge kehrten Theetasse gleicht,

dem Auge der Bergsteiger keine

Schwierigkeiten darzubieten . Sie übernachteten unter freiem Himmel in der Höhe von 11,900 Fuß, und seßten ein wenig.

dem Meere zubringend, setzten ſie (ohne die Träger) um

nach 2 Uhr am 31 Juli die Beſteigung fort. Eine schwarze Wolke ruhte auf der Kuppel des Berges, und Blize zuck

2 Uhr 45 Min. des nächsten Morgens die Besteigung fort. In der Höhe von 14,800 Fuß war die Aussicht klar, und

ten unten weit hinweg über die Steppen. Strenge, ſchnei dende Kälte und ein ziemlich starker Wind machten den

das Auge schweifte über die Hauptkette des Kaukasus und

leßten Theil der Besteigung äußerst beschwerlich. Der Gipfel bestand, wie sie fanden, aus einem Rücken in der

Die Nacht in einer moosigen Höhle 11,000 Fuß über

über das Thal des Kur bis zu den jenseitigen Bergen. Von diesem Punkte bis zum Gipfel mußten eine Menge

Gestalt eines Hufeisens ;

er war am einen Ende höher,

Risse überschritten oder umgangen werden, und in einen

und schloß ein Schnee Plateau ein.

derselben gleitete Hr. Tucket häuptlings hinunter ; da jedoch die andern fest blieben, und das Seil sicher war, so konnte er wieder herauf und auf die Füße kommen. Vier Stun

war die Aussicht wolkenlos, und man konnte die Berge der

den lang ging,

ehe sie den Gipfel erreichten, die Bestei

gung über eine schlüpfrige Eisfläche, an welche sie sich mit Knieen und Händen und Füßen und Eisäxten anklammern mußten. Die östliche Spiße war, wie die Reisenden fan den, der höchste Theil des Gipfels, 16,546 Fuß ; das Thal des Terek, das nordwärts streicht, lag zu ihren Füßen,

Gen Süden und Osten

türkischen Gränze zwischen Batum und Achaltzik sehen. Eine Reise nordwärts nach Patigorsk und von dort süd östlich durch den Kasbek-Paß brachte die Wanderer am 26 Aug. wiederum wohlbehalten nach Tiflis zurück.

Nochmals das Erdbeben bei Arica und die Tiefe des Stillen Meeres.

166

Nochmals das Erdbeben bei Arica und die Tiefe des Stillen Meeres . (Auszug aus der Sihung der Wiener Akademie am 21 Januar 1868. ) Prof. Dr. Ferd. v. Hochstetter legt eine zweite Ak handlung vor über die Erdbebenfluth im pacifischen Ocean vom 13 bis 16 August 1868. Diese durch das Erdbeben in Peru am 13 August erzeugte Fluth ist zwar nicht das erste Ereigniß der Art welches über die Geſtade der Südsee hereinbrach , aber es ist das erste Phänomen dieser Art , das man durch zahlreiche genaue Berichte, die nach und nach aus den verschiedensten Gebieten des großen Oceans einlaufen, in allen seinen Einzelheiten wird kennen lernen, so daß es möglich ist, aus den Er scheinungen welche beobachtet wurden, wissenschaftliche Re Die in der ersten Abhandlung über sultate abzuleiten. diesen Gegenstand mitgetheilten Berichte aus Chili, von den Chatham-Inseln und aus Neu- Seeland werden in dieſer zweiten Abhandlung ergänzt durch Berichte von den Chincha Inseln an der Küste von Peru (nach der in New-York

der Geschwindigkeit der Wellen, ihrer Breite und der Meerestiefe bestehen, in die Form einer Tabelle gebracht, aus welcher sich für obige Wege mit Rücksicht auf die Geschwindigkeit der Welle folgende mittlere Meerestiefen ergeben :

Arica " " " " "

Mittlere Breite des Mittlere Tiefe des Oceans in Faden : Wegs: Valdivia längs der Küste. 1160 Chatham 310 S. 2212 310 10' S. Lyttelton 1555 250 52' . Newcastle 1598 . 160 20 2181 Apia 3665 Sandwich-Ins. 1º 25 ′ N.

Aus der Bewegung der Wellen bei dem Erdbeben von Simoda 1854 wurde die mittlere Tiefe des Meeres zwi schen Simoda und San Francisco auf 36° 18 ′ N. zu 2365 Faden berechnet .

Diese Resultate sind in recht guter Uebereinstimmung mit den wenigen wirklichen Tiefenmessungen im Gebiete des pacifischen Oceans, und weisen darauf hin daß die Tiefe dieſes Oceans von den Aequatorialregionen sowohl gegen Nord als gegen Süd allmählich abnimmt.

erscheinenden Zeitung Tribune), von Newcastle an der Ost füste von Australien (nach dem Sydney Morning Herald), von der Insel Upolu (Apia-Hafen) in der Samoa - Gruppe (Bericht der Hamburger Barke Etienne, Capt. Sievert), von Hilo und Honolulu auf den Sandwich Inseln (nach dem California Advertiser).

Die aus diesen Berichten sich ergebenden Thatsachen find in Kürze folgende : Weg der Welle :

Entfernung Ankunft der ersten in See Welle : meilen :

Arica - Valdivia 1420 " -- Chatham- J. 5520 - Lyttelton (Neu-Seeld.) 6120 " - Newcastle (Auſtralien) 7380 "! -— Apia (Sa moa-Inseln) 5760 " – Hilo (Sand wich-Inseln) 5400 " - Honolulu (Sandwich-J .) 5580 " - Sandw .-J. Mittel

13. Aug. X. p. m. 15. Aug. I. 30. a. m.

Zeitdauer Geschwin der Reise digkeit der der Welle : Welle in d. Stunde: 5h 0m 15h 19m

284 360

15. Aug. IV.45. a.m. 19h 18m 316 15. Aug. VI.30. a.m. 22h 28m

319

15. Aug. II. 30. a. m. 16h 2m

358

14. Aug. II.

329

Vergleicht man die Zeitdauer der Reise der Erdbeben wellen auf den Routen von Arica nach Newcastle, Apia und den Sandwich- Inseln mit der Anzahl der Fluthstun den zwischen den genannten Orten, wie sie sich aus dem Verlaufe der forhachien nach Whewells Darstellung erge ben, so findet man dieselbe merkwürdige Uebereinstimmung wieder, die sich schon aus der Discussion der Route Arica Lyttelton, wie in der ersten Abhandlung über diesen Ge Es liegen genstand hervorgehoben wurde, ergeben hat. nämlich zwischen Arica und Newcastle 22 Fluthstunden, zwischen Arica und Apia 16, zwischen Arica und den Fluthstunden . Sandwich-Inseln 13 Die vollständige Uebereinstimmung der Bewegung der lunaren Fluth und der Erdbebenfluth kann somit als unzweifelhaft erwiesen Es folgt daraus daß die Bewegung betrachtet werden. der lunaren Fluth auch im pacifischen Ocean, von dem Ort ihrer primären Bildung angefangen, die einer freien im

a. m. 14h 25m

14.Aug . Ob (Mittern.)12h 37m 442 14. Aug. 1b a. m. 13h 31m 417 1

Gegensatz zu einer forcirten Welle ist, wie das für die Fluth im atlantischen Ocean längst angenommen ist. Prof. v. Hochstetter zeigt schließlich eine graphische Dar stellung des durch das Erdbeben hervorgerufenen Fluth phänomens, dessen Veröffentlichung er sich jedoch vorbehält

Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erdbebenwellen war also auf den verschiedenen Wegen eine sehr verschie dene. Diese Verschiedenheit erklärt sich genügend aus der verschiedenen Tiefe der von den Wellen durchlaufenen Meeresräume .

Airy hat die Beziehungen welche zwischen

1 Tie Berichte von Hilo und Honolulu sind nicht in Ueber einstimmung, ich habe mir daher erlaubt ein Mittel aus den zwei Berichten zu nehmen das ich für wahrscheinlicher halte.

bis zu einem späteren Zeitpunkte, wo diese Darstellung nachBerichten, die noch zu erwarten stehen, vervollständigt sein wird.

Die Moncrieff'sche Lafette.

Zinnverfälschung in Frankreich.

167

Die Moncrieff'sche Lafette.

Ob

J B

Dinglers polytechnisches Journal, dem wir die beige

leht wegen der für das Gegengewicht günstiger werdenden

gebene Zeichnung entlehnen, enthält eine genaue Beschrei bung der scharfsinnigen Erfindung Moncrieffs, auf die wir

Hebelverhältnisse ganz sanft theils nach rückwärts bewegt,

diejenigen Leser verweisen müssen

thätige Sperrklinke ein, und Rohr

die sich genauer zu

unterrichten wünschen . Für eine allgemeine Anschauung des Mechanismus genügt aber die Abbildung selbst. Das schraffirte Bild zeigt uns nämlich das Rohr und die Lafettenbestandtheile in der Lage in welcher das Geschüß gerichtet wird. Sobald der Schuß abgefeuert ist, geräth

theils sich senkt.

Am Ziel angekommen fällt eine selbst wie Lafettenbestand

theile verharren in der Lage wie die unterbrochenen Linien es andeuten. Die vormals zerstörenden Wirkungen des Rück laufessind nun umgewandelt in eine aufgespeicherte Kraft, dar gestellt durch die Hebung des Gegengewichts D. Sobald das Geschütz von neuem geladen ist, wird die aufgespeicherte Kraft

Bei gewöhn

in D durch Deffnung der Sperrklinke dazu benußt das Rohr

lichen Laffeten rollte das ganze Geschütz eine Strecke zu rück, und es ging nicht bloß Zeit verloren, sondern es

wiederzur Feuerstellung empor zu heben. Für das Gefechthat nun jene Einrichtung den handgreiflichen Vortheil daß nach

waren Beschädigungen und Abnüßungen unvermeidlich. Die Kraft des Rückstoßes wird aber jetzt dazu verwendet

dem Schuß das Rohr unter die Brüstung oder unter den

daß das Rohr sich allein zurückbewegt auf der unbeweglich verharrenden Bettung C in dem es ein Gegengewicht D

sieht noch mit seinen Kugeln zu erreichen vermag, während

zu heben hat, wobei sich das Rohr anfangs schleunig, zu

ten des Rohres und das Abfeuern erfordert ausgesetzt bleibt.

das Rohr durch den Rückstoß in Bewegung.

Rand eines Grabens herabsinkt, wo es der Gegner weder

es dem gegnerischen Feuer nur in der kurzen Zeit die das Rich

Binnverfälschung in Frankreich.

seze und Polizei-Verordnungen gegen die Legirungen des

Sowohl in Frankreich als in Deutschland gibt es Ge:

Verzinner ganz allgemein nur Zinn verarbeiten, welches eine bedeutende Quantität Blei enthält. Die Commission

Zinns mit Blei und andern der Gesundheit nachtheiligen Metallen. Sie werden aber wenig beachtet, da in dieser

untersuchte ferner mehrere im Handel vorkommende Zinn waaren, welche meist bedeutende Quantitäten Blei und

Hinsicht fast überall die gehörige polizeiliche Controle fehlt.

Antimon enthielten ;

Bei der französischen Akademie der Medicin ist dieser Sa

62 Proc. Zinn und 38 Proc. Blei, ein Becher aus 58

nitätsgegenstand jüngst zur ernstlichen Berücksichtigung ge kommen. Jeannel war mit der chemischen Untersuchung

Zinn und 42 Blei, ein Kaffeelöffel aus 75 Zinn und 25

der Verzinnungen und der Zinngeschirre des Militär Hospitals in Bordeaux beauftragt worden, und fand daß die Verzinnungen welche in dieser Stadt gemacht werden, 25-50 Proc. Blei enthalten.

Die zinnernen Gefäße ent

z.

B. ein

Eßlöffel bestand aus

Blei, ein Hahn von einer Fontaine aus 70 Zinn und 30 Antimon, eine Saugflasche für säugende Kinder aus 80 Blei und 20 Antimon, und ein kleiner Löffel war fast nur Blei. Der Referent der Akademie schloß, nach der Schilde rung der Gefahr für die Gesundheit bei dem Gebrauche

2 Proc. werden wohl andere Metalle gewesen seyn, die

solcher Geräthe, mit folgenden Anträgen : 1 ) es dürfe für Verzinnung nur Zinn verwendet werden welches höchstens

nicht angegeben sind.

Eine besondere Commission unter:

ein bis zwei Proc. fremde Metalle enthalte, da eine so

suchte zu Paris eine große Anzahl von Verzinnungen,

geringe Beimischung ohne Gefahr für die Gesundheit sey ; 2) das Zinn für Gefäße zur Aufbewahrung von Speisen und Getränken dürfe nie mehr als mit fünf bis sechs Proc. Blei vermischt werden, da diese Beimischung für Zinnge

hielten 83 Proc. Zinn und 15 Proc. Blei,

die fehlenden

welche jedoch das günstige Resultat ergaben daß von den Verzinnern der Hauptstadt selbst nur reines Zinn ange: wendet wird, aber sie fand dagegen daß die ambulirenden

Miscellen. 168

räthe unschädlich und hinreichend für die Solidität des

schen Vaterlande möchten ähnliche polizeiliche Vorkehrungen

Stoffs sei ; es müsse eine Controle über alle Zinnwaaren

eben so sehr geboten sein als in Frankreich.

eingeführt werden, eben so wie sie für Maß und Gewicht bestehe ; 3) die Prüfung des Zinns nach dem specifischen Gewicht wäre unsicher und verwerflich, die chemische Analyse

übliche Aufdrücken des Wappens mit dem Engel auf Zinn: gefäße zum Zeichen der Reinheit des Metalles ist ohne Werth wenn die polizeiliche Controle fehlt. Uebrigens ist

müſſe an die Stelle jener Prüfungsweise treten ; endlich 4) wäre der Minister der Landwirthschaft und des Handels

es ein erfreulicher Fortschritt der Zeit daß die Verwendung des Zinns in den Küchen immer mehr und mehr abnimmt

aufzufordern, Verordnungen im Sinne der vorstehenden Im deut vier Anträge für ganz Frankreich zu erlaſſen.

Es sollte daraus ganz verbannt werden .

Das vielfach

Miscellen. Pruner - Bey über die Stellung der amerika

larmenschen, zum Vergleichungsmaßſtabe nimmt, gibt es

nischen Menschenracen. Folgendes sind die bemer fenswerthen Schlußfolgerungen eines Berichts welchen Dr.

keine hervorragenden Anthropologen welche ihn bezüglich ſeines Physischen unter die Mongolen einreihen.

Pruner-Bey an die Pariser geogr. Geſellſchaft über die ethno

gens sind die physischen Unterschiede der amerikanischen

graphischen Studien des Dr. v. Martius erstattet hat :

Stämme, so wie sie Hr. v. Martius ebenfalls aufstellt, von der Art daß man versucht ist den einen dieser Stämme

" „Es ereignet sich, sagt er, in Amerika in großem Maßstabe

Uebri

das was man überall und zu jeder Zeit in dem Kampfe

mit den Mongolen, den andern mit den Europäern 2c. in

der schwachen gegen die starken Racen beobachtet : anfäng

Verbindung zu bringen.

lich viel Verluste, dann Aufsaugung und Verschmelzung ; dieser letteren Einwirkung wird das einheimische Element

sem Fall, die specifische Aehnlichkeit unter den Amerika

um so viel mehr Widerstand leisten, als das fremde an

zeichen welche sie von den andern Menschenracen unter

Anzahl geringer ist, und seinen Play weniger verläßt.

ſcheiden ? In Wirklichkeit ist der amerikanische Menſch viel

Uebrigens scheint Amerika vorzugsweise die Bestimmung

leicht der mindest isolirte der existirt, weil es bei ihm mon

zu haben der Schmelztiegel zu sein in dem sämmtliche

golisches, malayisch-polynesisches und, selbst ausnahmsweise,

Menschenracen sich mit einander vermischen werden .

Mit

dieser Frage steht in sehr naher Verbindung eine andere, welche die Anthropologie schon seit vielen Jahren aufge: griffen hat, die nämlich : ob der amerikanische Mensch wirk

Nun, wo ist zuvörderſt, in die

nern, und dann, wo sind die ihnen eigenthümlichen Kenn

ein wenig europäisches gibt.

Er bietet in seinem Ganzen

keinen so bestimmt ausgesprochenen Typus dar wie der Neger, der Turanier und der Arier, sondern ist vielmehr nur ein Mittelglied zwiſchen dieſen. “

lich isolirt genug ist, um, wie man sagt, eine abgesonderte Menschenart zu bilden ?

Gewiß, dieser Art war der erste

Alcohol aus Flechten.

Nach schwedischen Blättern

Eindruck welchen der Anblick des Indianers auf die Euro

ist es Hrn. Eten Stenberg gelungen die reichen Stärkemehl

päer hervorbrachte, und dieß ist noch immer die Ansicht

bestandtheile aus gewiſſen nordischen Flechtenarten vor allen

des Hrn. v. Martius und vieler andern Gelehrten.

seitdem diese Ansicht Wurzel gefaßt, haben sich neue Hori

aber aus dem sogenannten Renthiermoos (Cladophora rangiferina) zunächst durch Wärme und Säuren in Trau

zonte für die Beurtheilung dieser ernsten Frage geöffnet . . .

benzucker zu verwandeln und nach dessen Gährung einen

Zuvörderst lehrt uns das vergleichende Studium der Men

Weingeiſt darzustellen mit aromatischem Geruch wie Mandeln.

Allein

schenracen daß nichts, durchaus nichts, von dem was man bei dem Amerikaner bemerkt, ihm ausschließlich eigen ist. Seine Farbe, sein Haar, seine Hirnschale 2c., selbst der Bau seiner Sprache und seine bizarrsten Gewohnheiten

Kupfererzeugung der Welt.

Tonnen zeigen sich anderwärts ebenfalls .

Auch sehen wir daß die

à 20 Ctr. Ethnologen, und als einer der ausgezeichnetsten Hr. v. Mar tin selbst, in den Einzelheiten nichts vorzubringen wiſſen um dieser angeblichen Isolirung der amerikanischen Völker schaften eine feste Grundlage zu geben. Die geschicktesten Beobachter pflichten übrigens nur dieser selben Meinung bei in Bezug auf das Ganze des physischen Typus, sie wissen daß man in Amerika Völkerschaften mit mongolijchem Typus findet, und einige diesich dem arischen nähern. Selbst wenn man den Eskimo, diesen dem Anschein nach so sonderbaren Po

Im Jahre 1866

wurden an Kupfer gewonnen in :

Peru und Chili Vereinigte Staaten England Rußland Australien

Cesterreich Preußen Skandinavien China und Japan

Truck und Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung.

34,357 14,485 11,153 5600 4250 3775 3500 2850 2700

Tonnen à 20 Ctr. 2500 Frankreich 2000 Türkei 1825 Belgien 975 Spanien 850 Italien 370 Sachsen 355 Hessen und Naſſau 200 Hannover 125 Portugal

Redaction : Dr. C. F. Peschel.

Ausland.

Das

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde .

Zweinndvierzigster Jahrgang.

Nr. 8.

Augsburg ,

1869.

20 Februar

2. Unter den Guaraunos-Indianern. Inhalt : 1. Gerhard Rohlfs Reise durch Nordafrika. 1 ) Von Tripoli nach Kuka. 3) El Rey de los Guaraunos . Von Karl Ferd. Appun. 3. Die Fürsten des Steinreiches. (Schluß.) - 4. Geschichte eines deut schen Kattun-Druckers. -— 5. Die Ruffen in Bochara. -- 6. Das Matterhorn (Mont Cervin) im Wallis. - 7. Die lezte Präsidenten 9. Jubelausgabe von Stielers wahl in den Vereinigten Staaten. 8. Ueber den physiologischen Begriff des Glänzenden. Handatlas.

hauſes hieß, mit dem Rohlfs manche Stunde auf einem

Gerhard Rohlfs Reise durch Nordafrika.

Teppich saß, lebt in Dürftigkeit, denn von allem ihm ge 1) Von Tripoli nach Kula. bührenden Hausgut sind ihm nur 275 Palmen herausge Endlich erhalten wir über Geryard Rohlfs große Reiſe vom Mittelmeer quer durch Sahara nach dem Meerbusen

geben worden. Allerdings würde ihm die türkische Regie: rung sogleich volle Gerechtigkeit widerfahren lassen, allein die

von Guinea, deren Hauptergebnisse nur aus zerstreuten

späteren Erwerber der Domänen haben durch Bestechung

Nachrichten bekannt geworden waren, durch ein Ergänzungs : Heft (Nr. 25) zu Petermanns Mittheilungen eine zu

immer abzuwenden gewußt daß die Rechtsansprüche zur

sammenhängende Erzählung und Schilderung vorläufig des ersten Abschnittes, nämlich der Wanderung von der Küste

Beſſerki ist zu stolz als Bittender sich nach Stambul zu wenden.

Angetreten wurde der Marsch von Tripoli

Die Dase Fesan betrachtet Rohlfs als ein ausgetrock

ins Innere.

im März 1865, zunächst nach Misda.

Kenntniß des rechten Richters gelangten, und Mohammed

Von Misda drang

netes ehemaliges Süßwasserbecken mit scharfer natürlicher

der Reisende zwar seitwärts oder westlich bis Ghadanus vor, ſah ſich aber von dort nach Misda wieder zurückzu

Begränzung. Die Jahrestemperatur, abgeleitet aus den Angaben eines Thermometers welches 50 Centim. tief in

kehren genöthigt.

den Boden vergraben wurde, beträgt 21 ° C.

Erst am 29 September sette er sich

südwärts nach der Dase Fesan in Bewegung, die er am 26 October erreichte, und zwar auf einem Pfade der vor:

Im Januar

und December dagegen sah Rohlfs an 24 Tagen das Thermo

her noch nicht beschrieben worden war, nämlich westlicher

meter auf oder unter den Gefrierpunkt ſinken, ja vor Sonnen aufgang stand es sogar einmal (20. Dec.) auf -4° C und

als die Route welche über Sokna führt.

ein anderesmal (30. Jan. ) auf -5° C. Diese kühlen Winter

Jener Weg

kreuzt ebenfalls die Schwarzen Berge (Dschebel es Soda)

monate laſſen daher als Compensation zur Erreichung des

nur daß diese von Ost nach West bedeutend an Höhe zu

hohen Jahresmittels einen sehr heißen Sommer vorausseßen.

nehmen, und Rohlfs daher Höhen bis zu 909 M. (2982 feet)

Bisweilen bringen Südwinde wahrhaft tropische Regen nach

meſſen konnte, und Gipfel ihm sichtbar wurden deren Er

der Dase, und es sind schon solche Güsse gefallen daß die

hebung er auf 4000 F. ü . d. M. schäßen durfte, während

Eingebornen ihre Wohnungen verlassen mußten,

der höchste Punkt auf der Straße nach Sokna nur 2415 F.

aus salzhaltigen Erdstücken aufgeführt, zusammenschmolzen.

da sie,

erreicht, und noch weiter östlich durch Hrn. v. Beurmann gar nur 1659 Fuß (feet) gefunden wurden.

Die Fesaner beten daher zu Gott daß er sie mit Regen verschonen solle. Glücklicherweise ist der liebe Gott aber

In Mursuk, der Hauptstadt Fesans, verweilte Rohlfs vom 26 October 1865 bis 25 März 1866. Zu den an

thörichten Wunsch nicht.

ein gescheidterer Mann als die Fesaner, und erfüllt diesen Da nämlich die guten Leute

` ziehenden Bekanntschaften aus jener Zeit gehörte der lezte

nur wenige Fuß in die Erde zu stechen brauchen um überall

Sprößling der Uled Mohammed, die bis zur Ankunft der

Wasser zu finden, so halten sie den Regen für eben so

Türken 700 Jahre lang die Dase Fesan beherrschten.

unentbehrlich als unbequem, natürlich aber würden jene

Mo

hammed Beſſerki, wie dieser lezte Vertreter jenes Herrscher Ausland. 1869. Nr. 8.

flüssigen Schäße unter der Erde bald erschöpft sein, wenn 22

Gerhard Rohlfs Reise durch Nordafrika.

170

sie nicht von jenen Regengüssen von Zeit zu Zeit wieder

denen jedoch nur etwa 3000 Köpfe innerhalb der Stadt

erneuert würden .

Die Palmen bedürfen in Fesan keiner künstlichen Bewäſſerung, da sie mit ihren Wurzeln bis auf

mauer wohnen) werden täglich im Durchschnitt bloß 3 Kameele geschlachtet.

die wasserhaltige Schicht hinabreichen . Aus diesen Anga ben dürfen wir vermuthen daß sich unter der Daſe eine

Von Mursuk durch die Sahara zog Rohlfs den Weg über Bilma, wie die ersten Europäer welche nach Bornu

nicht wasserdurchlassende Thonschicht ausbreiten muß, und ihr allein verdankt das Becken seine organische Belebung.

gelangten, nämlich Denham und Clapperton. Heinrich Barth dagegen wählte die Bilmaroute zum Rückweg, und ebenso war Vogel über Bilma nach dem Sudan gelangt.

Nicht weniger als fünf Ernten lassen sich im Jahr erzielen, und zwar bestehen die Halmfrüchte aus Weizen, Gerste, Durra und andern Hirsearten , vor allem aus Xob und Gafoli.

Der Reichthum des Landes sind jedoch seine

Dattelpalmen, die dort so lustig und rasch gedeihen, daß sie stellenweise wie bei Rhodua einem Palmenurwald glei chen. Von sonstigen eßbaren Baumfrüchten werden nur Feigen und Mandeln in größerer Menge gezogen. Unter den Hausthieren haben nur Tauben und Kamele wirth schaftliche Bedeutung, von Pferden finden sich etwa nur 50 Stück vor. Große reißende Thiere fehlen gänzlich, nicht einmal von Hyänen und Schakalen, die andere Reisende irrig angetroffen zu haben versichern, will Rohlfs etwas wissen.

Die Dase trägt an baaren Einnahmen

etwa

200,000 Frcs., die wieder von Beamtenbesoldungen ver schlungen werden, indeß zieht die Regierung noch eine be deutende Summe aus dem Verkauf der Datteln auf den Domänen. Die Fesaner, ein gutmüthiges sanftes Volk, bei dem man weder Raub noch Diebstahl zu befürchten hat, der

Abgesehen daß ein Marsch durch die Saharra immer ein Bra vourstück bleiben wird, erhalten wir von Rohlfs eine treff: liche Beschreibung der durchwanderten Räume, viel aus führlicher als bei Denham, und genießbarer als die bei Barth. Rohlfs, obgleich völlig unabhängig, hielt doch mit seinen Die nern und Thieren fast gleichen Schritt mit einer nach Bil ma zurückkehrenden Gaffla (Karawane) der Tebu (Teda) . Fühlbar wurde ihm bei dieser Reise der große Unterschied zwischen dem arabischen und dem Tebu oder sudanischen Kamel. Die letztere Race ist schlanker, höher, schmächtiger und rascher in ihren Bewegungen aber minder ausdauernd. Da nun das arabische Kamel im Sudan verkümmert, das sudanische umgekehrt in Nordafrika nach kurzer Zeit stirbt, so neigt Rohlfs zu der Ansicht daß wir zwei Arten zu unter: scheiden haben, ein afrikanisches Kamel welches von jeher im Sudan heimisch war, und ein asiatisches Kamel, wel ches nach Nordafrika eingeführt wurde. Eigenthümliche Bildungen in der Wüste sind die „ Neu linge" und die

Zeugen"

(temoins).

Unter Neulingen

Hautfarbe nach meist schmußig gelb, sonst übrigens alle Farbenstufen auf der Leiter vom hellsten Weiß bis zum

versteht man Anhäufungen von Sand, meist kegelförmig,

bis zum Schwarz darbietend , sind aus einer Mischung von Berber , Araber- und Negerblut entstanden, sprechen vorherr

immer mit im Spiel, und die Gipfel krönt gewöhnlich noch

schend das Kanuri (Bornu-Sprache) daneben aber arabisch, so

Pflanzenwuchs vorhanden gewesen sein, während die „Zeu

wie etliche andere Wüsten- und Sudansprachen. Die Frauen

gen," ebenfalls Sandhügel, aber ohne jeden Rückstand von

sind klein, recht voll und fleischig bis zur Kugelrundung.

Pflanzenwuchs durch trockene oder feuchte Abwaschung entstehen, und nur die Reste oder Zeugen eines früher

Ihre Haare flechten sie ächt-äthiopisch in unzählige Flech. ten, salben sie reichlich mit Butter und überlassen es

bis zu 30 Fuß Höhe.

ein Ethelbusch.

Bei ihrer Bildung sind Pflanzen

Wo „ Neulinge " auftreten muß früher

höheren Niveaus sind.

dem unvermeidlichen Staub darauf eine mineralische Rinde

Am 24. März war Rohlfs von Mursuk aufgebrochen.

abzusehen. Die Geschlechtsreife tritt so früh ein daß man Geschöpfe von 10-12 Jahren bereits als Mütter

zunächst nach dem Südende Fesans über Gatron ( 1000

Daneben kommen Bei

Einwohner) bis Tedscherri (500-600 Einwohner), welches an der Südgränze der Dase liegt. Auf dieser Strecke

spiele von Patriarchenalter vor, denn als Rohlfs abzog,

wurde indessen noch eine Anzahl anderer Ortschaften be:

gab ihm der 126jährige Kadhi das Geleite mit seinem

rührt, auch gab es überall Palmenhaine, sowie Wasser.

ältesten und seinem jüngsten Sohn.

Der älteste war siebzig,

Einiges Aergerniß erregte der Entdecker bei seinen Beglei

der jüngste fünf bis sechs Jahre alt. Im günstigsten Falle hatte also dieser Mann zehn Geschlechter in weiblicher Descen

tern durch Aufspannen seines Sonnenschirmes, deſſen ſich noch heutigen Tages im Sudan nur ein Sultan bedienen

denz aufeinander folgen sehen können .

darf, so daß also der Sonnenschirm als Symbol der Sou

mit Kindern an der Bruſt ſieht.

Die Sittenlosigkeit

ist nirgends größer als in Fesan, wozu die geseßlich erlaub

veränetät ſelbſt in Afrika und vor der Türkenherrschaft

ten Verstoßungen der Frauen das Meiste beitragen , da die Verstoßenen der Prostitution anheimfallen . Aus Weizen,

hat, ist hinlänglich bekannt, selbst bis zum Jahre 1857

Gerste oder Xob wird zwar Brod gebacken, allein die Haupt

mußten alle englischen Damen, bevor sie in Delhi den Palaſt

nahrung, der Lebensstab, wie die Engländer sich ausdrücken, sind die Datteln. Fleisch, wobei man nur an Kameelfleisch

des Großmongolen betraten, bei der Thorwache ihre kleinen.

auch in Fesan galt.

Daß er in Südasien diese Bedeutung

Sonnenschirme abliefern .

zu denken hat, wird nur in Städten verzehrt, und auch

Bei Tedscherri beginnt die Wüste und die nächste be

dort nur spärlich, denn in Mursuk mit 8000 Köpfen (von

wohnte Dase ist Bilma oder die Landschaft Kawar.

Gerhard Rohlfs Reiſe durch Nordafrika.

171

Durchschritten wurde dieſer Abſchnitt vom 9. bis 25. April.

Tagesmärsche kostete.

Von Gefahren eines Ueberfalls durch räuberische Tuareg

Tiefe aber nur wenige Dumpalmen. Igdscheba wird bereits

hat Rohlfs nicht berichtet.

zum Sultanat Kawar gerechnet,

Die Brunnen liegen gut ver

Dort findet sich Wasser auf 2 Fuß

dessen erste (nördlichſte)

theilt und Waſſermangel beängstigte die Karawane ein

Ortschaft, Anay, am nächsten Tage beim Sichtbarwerden

einzigesmal als sie einen Brunnen erreichte der von Sand

mit Freudenschüſſen begrüßt wurde.

wehen verschüttet worden,

nach ein paar Stunden aber

wieder ausgegraben war. Auch darf man sich keineswegs die ganze Strecke pflanzenleer und unbelebt denken. Ans

Kawar, der arabische den Eingebornen jezt geläufige Name für Henderi Tege,

ist eine bewohnte Dase erster

Ordnung, wenn auch nicht so geräumig als Feſan.

Die

fangs war der Boden ſandig, kieſig und mit großen Sand steinblöcken übersäet, immerhin aber wächst nach Regen

hielt sich am Tage auf 40-50° C. , und eine Stearinkerze

fällen dort ein dorniges Kraut, Namens Had.

die den Sonnenstrahlen ausgesetzt geblieben war, schmolz

Rohlfs sah

Temperatur allerdings bei einem senkrechten Sonnenſtande

indeſſen nur öde Flächen, später mit Höhenzügen zu beiden

völlig vom Docht hinweg.

Seiten des Pfades, leßterer kenntlich an den bleichenden Knochen, nicht von Kamelen oder Laſtthieren, sondern von

übrigens reichlich auftritt, iſt es schon zu heiß um ſich in Obgleich man voller Stattlichkeit entwickeln zu können.

Menschen, den

überall in Kawar Waſſer im Boden findet, wird doch kein Getreide, sondern nur Klee gebaut. Die Tuareg, die

unglücklichen Schwarzen

die auf jenem

Wege nach Norden getrieben werden. Man muß diese Ge beine gesehen haben, ruft unser Verfasser aus, um sich mit dem verdienten Abscheu vor den Gräueln des Menschenhan dels zu erfüllen, der in den letzten Jahrzehnten obendrein massenweise zugenommen hat. Mitte Weges erreichte die

Selbst der Dattelpalme, die

Herren der Wüste, haben nämlich den Eingebornen ver boten Halmfrüchte zu erzeugen, denn da sie selbst nur Brodfrüchte als Rimesse für das Salz zu bringen haben,

Karawane das Tümmogebirge, eigentlich eine große Tafel

so würde es ihnen sonst an einem Tauschgegenstand fehlen. Kawar wird von einem Höhenzuge, dem Mogodom- Gebirge

geschwärzten Sandsteins vom Regen und Winde ausge

gegen Osten begränzt.

furcht daß man sich die einzeln stehenden Gipfel, von denen aber keiner wohl 4000 Fuß ü . d. M. erreichen mag,

bestieg, fand er 632 Meter über dem Meere oder 114

Einen seiner Gipfel, den Rohlfs

Meter über der Thalsohle, so daß also Kawar eine Hoch

als „Zeugen“ zu denken hat. Der Paß an seiner höchſten Stelle besaß 715 Meter absolute Erhebung. Mitten im

ebene von mehr als 500 Metern Erhebung bildet.

Gebirge sprudelt eine frische Quelle, erst seit Menschen gedenken den Karawanen bekannt. Auf diesem ersten Ab

Residenz des Sultans befand sich in Kalala.

Der Hauptort der Dase ist Bilma (Garu), allein die Die Herr

scherwürde ist in zwei verwandten Häusern erblich, die ab

ſchnitt bis zum Tümmogebirge hatte Rohlfs von der Hize,

wechselnd sich auf dem Throne folgen.

gesteigert durch den heißen Wüstenwind schwer zu leiden. Wenn ein so abgehärteter " Afrikaner" wie unser Bremer

so eingerichtet worden, damit die Fürſten nicht allzu mäch tig werden, auch muß vor dem Antritt des Sultanats der

Entdecker jene Tage der Wüstenreise als

Monarch auf sein Vermögen verzichten,

„ entseßlich" be

zeichnet, wenn er eingesteht daß er vor Erschöpfung nichts eſſen konnte, aber alle 5 Minuten mit Begier eine Taſſe Waſſer trank, wenn die Nächte selbst keine Erquickung brachten, das Thermometer vor Sonnenaufgang nie unter 20° sank, so dürfen wir immerhin jede Durchschreitung der Sahara durch einen Europäer als einen hohen der Wissenschaft geleisteten Dienst betrachten.

Absichtlich ist dieß

damit er nicht

etwa Sklaven kaufe und mit einer solchen Leibwache der Freiheit gefährlich werde. Außerdem ist ihm das Recht über Leben und Tod entzogen. Die Bewohner gehören zum Tebu oder Teda-Stamm, der nicht etwa zur Familie der Berber, ſondern zu den Sudan- Negern gezählt werden muß, wie Barth aus Sprachvergleichen es erhärtet hat

Vom Tümmogebirge geht es auf eine Ebene, Madema,

und wie Rohlfs es wiederum bestätigt, zugleich kann es jezt als erwiesen betrachtet werden daß die Tebu die Ga

hinab, sporadisch bewachsen und bevölkert mit großen Spin nen von 3 Centimeter Leibeslänge und 8 Centimeter bei

ramanten des Herodot sind. Gesprochen wird in Kawar sowohl eine Tedamundart wie das Kanuri. Den Kanuri

ausgestreckten Füßen. Am 15. April wurde der Lakakeño Fluß erreicht, an den man die ersten Talhabäume seit Fesan wieder sah. Der nächste Marsch führte bei „ uner:

negern stehen die Tedaneger ohnedieß ſehr nahe, außer dem findet eine starke Vermischung zwischen ihnen statt, nur

träglicher" Hiße zunächst über Kiesboden, dann zeigte sich

erkennt man die Teda daran daß sie ihre Häuser aus Stein, die Kanuri sie aus Erdklumpen erbauen, übrigens

wieder Krautwuchs, am nächsten Tage wurde ein Thal mit Talhabäumen durchzogen und am 20. April die grüne

gehalten, überhaupt sind die Tebu ein reinlicher Menschen

Insel (Daſe) Jat erreicht, wo Rohlfs die erste Dumpalme welche im Widerspruch mit der Familienphysiognomie dieser Gewächse in Aeste sich theilt, bewunderte und als Vorbote des Sudan begrüßte.

Nach einer Tagesraſt gieng es nun wieder über

eine steinige dann sandige Hochebene, hierauf über Stein: geröll bis zur unbewohnten Dase Igdscheba, die zwei harte

gibt es auch Palmenhütten. Die Steinhäuser werden sauber

schlag und Rohlfs Begleiter versäumten nie ſich zu waschen, so oft sich Gelegenheit dazu bot. Gerade Bilma ( Garu) unterscheidet sich jedoch unvortheilhaft durch seinen Schmuß, und sein widerliches Ansehen wird schon von Barth ge tadelt.

Die Häuser sind aus salzhaltigen Erdklumpen auf

geführt, doch ist es nicht Steinsalz was dort erbeutet wird,

Gerhard Rohlfs Reise durch Nordafrika.

172

sondern man gräbt Gruben die durch zufließendes Wasser sich beständig füllen. Bei der Trockenheit und Wärme

sich in der Nähe der Brunnen zusammenschaaren.

stehenden Granit.

Läftig sind die Mückenschwärme, die

verdunstet das Wasser und es bildet sich eine Salzrinde

Hausfliege dagegen, welche in den nördlichen Datteloasen

Die

an seiner Oberfläche, die, beständig abgestoßen und gesam

unerträglich wird, fehlt zwischen Kawar und dem Süd

melt, fortwährend sich erneuert.

rande der Sahara gänzlich.

Darauf beruht nun die

Mit dem dichter werdenden

Bedeutung der Daſe, denn wie Rohlfs später erzählt, war immer die erste Frage der Neger im Sudan nach Salz,

Pflanzenwuchse stellten sich auch die Spuren von Thieren

das höchste Bedürfniß der Schwarzen in dem äquatorialen

Sänger, sondern auch fleischfressender Hyänen, Antilopen und Gazellen.

Waldlande Nordafrika's.

Der Name Bilma bezeichnet bei

den Eingebornen die Landschaft, die Stadt selbst heißt vielmehr Garu , die Araber aber vermischen häufig die Ländernamen und die Hauptstadtnamen . So heißt be= kanntlich Damaskus bei ihnen Scham (i. e. Syrien) Misr

ein, nicht bloß von Vögeln wie Raben, Aasgeier und

Am 30. Juni zog die Karawane in die Dase Agadem ein. Sonst unbewohnt traf man dießmal acht Tebu an die dort mit ihren Hunden der Jagd auf die zahlreichen

Kairo und Aegypten, Rum, das östliche Rom (Byzanz)

Gazellen und Antilopen oblagen. Am 2. Juli ging es wieder südwärts. Der gemiethete halb erblindete Tebu

die europäische Türkei.

führer

Die Franzosen erlauben sich einen

verfehlte

indessen den Weg, und die Karawane

gleichen Unfug wenn sie die Insel Cuba die Habana

mußte am nächsten Tage nach der Dase Agadem zurück

nennen.

kehren, wo einer der Tebujäger sich als Führer vermiethete,

So ist es gekommen daß auch europäische Geo

graphen und Landkarten den Hauptort von Kawar Bilma

unter deſſen Leitung am 5. Juli die Karawane neuer

nennen und der Name Garu faſt eine Neuigkeit iſt. Die Eingebornen von Bilma behaupten daß die Tuareg zum

dings wieder aufbrach. Anfangs sieht man Felsen hin und wieder noch anstehen, sie verschwinden jedoch mehr.

Salzeinkauf manchmal mit 3-4000 Kamelen erscheinen,

und mehr, bald vermißt man auch größere Steine und

und wenn auch einer Negerſtatiſtik wenig Glauben zu schenken ist, so meint doch Rohlfs daß die Zahl der Kamele

auf der leßten Strecke nach dem Zadsee ist auch nicht

in einzelnen Jahren sich auf 1000 belaufen könnte.

derer aus der Passatzone hinaus. Der Wind kam nicht mehr aus Ost und Nordost, sondern aus Süden uud Süd

Die

ein Steinchen zu erblicken.

Gleichzeitig traten die Wan

Teda sind pulverscheu, wie alle Völker die keine Feuer waffen führen, große Helden können sie auch nicht sein, sonst würden sie sich von den Tuareg nicht den Getreide

her.

bau verbieten lassen, doch möchte sie Rohlfs nicht gerade

geringen Neigung gen Westen, so hatte der arglistige Füh

zu wegen Feigheit in Verruf bringen, dagegen verbürgt

rer dagegen eine Richtung nach Süden mit einer Nei

westen, die Regenwolken dagegen von Süd oder Südosten Führt die rechte Straße fast genau südlich mit einer

er sich für stark entwickelte Diebsgelüste, die selbst in aller

gung gegen Often eingeschlagen.

höchsten Kreisen, z . B. bei einer Ex-Königin ſich kund gaben,

Tages wollte sich noch immer kein Brunnen zeigen, und

der Rohlfs eine ihm entwendete Trinkschale wieder abzujagen

da die Wasservorräthe zur Neige giengen so wurde die Lage

genöthigt wurde.

keit, Gewissenlosigkeit und Raubluſt vor.

der Irregeleiteten sehr bedenklich. Der Führer der nun eingestand den Weg verfehlt zu haben ließ sich ein Kamel

Erst am 21. Juni konnte der Entdecker aus der Daſe wieder aufbrechen, und zwar mit einer kleinen Karawane,

geben mit dem Versprechen den Brunnen weiter oſtwärts zu suchen. Er ritt davon und ward später nicht mehr ge

deren Oberhaupt er selbst war. Im Ganzen bestand sie aus 14 Köpfen, da sich ihm ein Marabut und ein Sklaven

sehen, aus seinen Spuren aber ergab sich hinterdrein daß

Außerdem wirft er den Teda Grausam

händler mit Dienerschaft angeschlossen hatten. Am 23. Juni ließen sie den lezten Saum des grünen Kawar hinter

Am Abend des zweiten

er nach Agadem zurückgekehrt war. Absichtlich hatte er die Karawane in die Jrre geführt damit sie verſchmachten , und ihre Habe ihm und seinen Gefährten als Beute zu Bald nach dem Tebuführer wurden jedoch

sich, und hatten zwei Märsche schwer mit Sanddünen zu

fallen sollte.

kämpfen, doch zeigte die Wüste am 24. schon wieder Pflan zenwuchs nämlich die üppige Blätterpracht des Suak im

Weges gegen Osten abgeschickt.

saftigsten Grün. Zwar folgten am 25. wiederum Dünen , doch auch unter ihnen wurden einzelne Grashalme sichtbar,

die Lage der Zurückgeblicbenen eine martervolle, denn am Morgen war die letzte Tasse Wasser vertheilt worden.

und am 26. ließ sich schon ein reichlicher Pflanzenwuchs

Da wollte es nun ein gütiges Geschick daß am Abend ein

wahrnehmen.

Gewitter sich mit einem starken Regenguß entlud .

Daraus ergiebt sich denn daß die Sahara

zwei Mann, beide beritten, zur Aufsuchung des rechten Am dritten Tage wurde

Alle

auf dem Abschnitt zwischen der Dase Kawar oder Bilma,

Gefäße wurden ausgestellt, alle Pfüßen aufgelöffelt, und

und dem

zwei Schläuche Wasser gesammelt.

Zad : See

nicht

mehr den strengen Wüsten

charakter trägt, sondern bereits Uebergänge zur Steppe

Bei Sonnenuntergang

vorhanden sind. Waſſer freilich ist nur in den Brunnen anzutreffen. Am nächsten Tage (27. Juni) wurden sogar

kamen denn auch die ausgeschickten Leute zurück, die nicht bloß den rechten Pfad und Brunnen entdeckt hatten, Am 9. Juli sondern obendrein Wasser mitbrachten.

Dumpalmen wieder gesehen, und die Kameele fanden Weide,

ging es also rüstig weiter, und um 2 Uhr wurde der

auch bemerkte Rohlfs in der Sahara zum erstenmal an

Brunnen Belkaſchifari und mit ihm zugleich der Südrand

Gerhard Rohlfs Reise durch Nordafrika.

173

der Sahara erreicht. Wären die Unfälle mit den Führern

noch 3000 Lanzenreiter, die gepanzerte Leibwache des Sul

nicht dazwischengetreten, so hätte der Marsch von Agadem keine physischen Schwierigkeiten geboten, dafür schwebte

ist das Land der unbegränzten Handels- und Gewerbefrei

aber beständig, seit sie Kawar verlassen, über den Köpfen der Reisenden die Gefahr eines Ueberfalls von Seiten der Wüstenraubvögel, der Tuareg. Die Wüste, oder vielmehr ihr kräuterreicher Saum liegt nun hinter uns, neue Grasarten mit mehlreichen Samen

tans und etwa 1000 unberittene Bogenschüßen.

Bornu

heit, und die Abgaben sind kaum der Rede werth.

Die

Ausgaben bestreitet der Sultan damit daß er als „ großer Handelsmann im Süden" immer so viel Geld zu finden versteht als er braucht.

Baares Geld find nämlich die

Menschen in dem heidnischen Afrika, jenseits der bornuani

zeigen sich, Gebüsche treten erst vereinzelt auf, erheben ſich

chen Reichsgränze.

zu Bäumen, die Bäume (Mimosen) schaaren sich zusammen,

schenraub ausgeführt, deſſen Gräuel schon Barth geschildert

und der Waldgürtel des tropischen Afrika, der sich bis ans atlantische Meer erstreckt, ist gewonnen. Jetzt sieht man

hat, und das „ Geld" wandert dann zu Fuß auf dem Bilma

bereits Giraffen, und die Wipfel der Bäume bevölkern sich

Schandfleck des Reiches Bornu, fast alles andere klingt dagegen höchst erfreulich.

mit Vögeln, Brunnen aber fehlen weder rechts noch links. Der Boden besteht aus weißem Sande, und die Pflanzen rückstände bilden wie in Syrien, wo D. Fraas diese Er scheinung antraf und ſo glücklich erklärt hat, keinen Moder boden. Das prächtige Waldland ist aber eine Menschen: einöde, denn der erste bewehnte Ort, Ngigmi, (1500 Köpfe)

Daher wird zeitenweis ein großer Men

Pfade nach Norden, zunächſt nach Fesan.

Dieß ist der

Zwar hat Barth schon die Hauptstadt Bornu's uns geschildert, allein der vortreffliche Mann besaß eine sehr geringe Gabe der Darstellung und Rohlfs der viel kürzer und gedrängter schreibt, hat uns erst das Bild recht greif bar nahe gerückt.

Aus dem Städteplan bei Barth wird

den die Karawane am 14. Juli erreichte, liegt hart am

man sich erinnern daß Kuka aus zwei Häuservierecken bes

Zadsee.

ſteht, von Mauern eingefangen, zwischen denen ein großer

Das Thierleben gewinnt dort eine tropische Fülle. Die Luft ist belebt von Schmetterlingen (Libellen), Sing

los zerstreute Gehöfte.

offener Raum

bleibt ,

begränzt

wiederum durch regel

Kuka ist also eine Doppelstadt,

und zwar liegt in der östlichen Stadt der „Palast " des vögeln und Waſſergeflügel, Antilopen und Gazellen kommen zur Tränke an den See. Wildschweine durchwühlen den Boden . Weiher und Sümpfe nöthigen zu Umwegen, und an und in ihnen tummelt sich eine fröhliche Thierwelt.

Sultan,

und die Wohnungen der Vornehmen, während

die westliche Hälfte dem Volke gehört ; beide zusammen mögen 60,000 Einwohner zählen. Die bessern Gebäude

Was die sind wie in Mursuk aus geſtampfter Erde aufgeführt und

nde Tropenſonne bei hinlänglicher Beneßung aus dem Boden emportreiben kann, prangt in den saftigsten Farben. Am 18. Juli endlich standen die Reisenden vor dem Koma:

mit platten Dächern versehen, die auf Gebälk ruhen, die geringern Wohnungen dagegen sind Binsen hütten mit einem zuckerhutförmigen Dach.

dagu Waube, dem westlichen Zufluß des Zad- See's 1, der seit 27 Tagen wieder floß, denn sieben bis acht Monate im Jahr versiegt er auf seinem untern Laufe. Der Fluß wurde durchschwommen, das Gepäck dagegen auf einer kleinen

oder Rohr Jedes Haus

wesen umfaßt mehrere kleine Gebäude die durch niedere Erdmauern eingeschlossen werden. Der Hofraum wird ſtets von einem oder mehreren Bäumen beschattet, und gewöhnlich befindet sich darunter eine Kuka, welche wie

Fähre oder einem Floß aus Kürbißflaschen übergesetzt. der Affenbrodfruchtbaum zu den Adansonien gehört.

Das

Am 20. Juli konnte Rohlfs seinen Einzug in die Haupt stadt Bornu's halten . Bei dem dortigen Sultan Omar el

Laub dieser Bäume verdeckt allenthalben die Wohnungen, so daß man eher in einem Wald als in einer Stadt sich

Kanemi fand er wie Barth und dessen Nachfolger eine günstige Aufnahme. Die Geschenke im Werth von 180-200 Thlrn.

zu befinden glaubt, zumal Vögel zahlreich in den Wipfeln

waren kein Tribut wie ihn etwa in Südafrika schwarze Zaunkönige erpressen.

Omar pflegt sie immer so großmüthig zu erwiedern daß er oft von Fremden aus Gewinnſucht solche Gaben erhält. Daß ihm die preußische Regierung eben

niſten, darunter ein dem Canarienvogel gleicher Sänger, der den ganzen Tag seine Stimme vernehmen läßt. Von jenen Bäumen hat die Stadt ihren Namen, der nach Hein rich Barth aus billa Kukaua, die Stadt mit den Kuka bäumen entstanden wäre. Rohlfs gibt zwar zu daß sie bei den " Sudanbewohnern " Kukáua heiße, allein die Ka

jezt durch Rohlfs Geschenke hat zuführen laſſen, war reich lich verdient durch die Wohlthaten die er dem trefflichen M. v. Beuermann erwiesen hatte. Nur die schwarzen Hof

sich Denham und Klapperton.

schranzen, die sich wie Blutegel an den Reisenden heften, vertheuerten unserm Rohlfs seinen Aufenthalt. Bornu ist

Märkten und Markttagen Kuka's, und wir gewinnen da

nuri nennen sie Kuka, und keines andern Namens bedienen

Ein lebendiges Bild entwirft uns Rohlfs von den

jezt eine Großmacht im Sudan geworden, obgleich es nur etwa 1000 Mann zu Fuß und ebensoviel zu Pferd mustern

raus einen sehr hohen Begriff von der Civilisation der

kann, die mit Feuerrohren bewaffnet sind.

Gewerbserzeugnisse, darunter hübsche Metall- und Leder

Dazu kommen

1 Warum wir den Engländern zu lieb Tsad schreiben ist nicht einzusehen, da unſer Zlaut vollkommen ausreicht. Ausland. 1869. Nr. 8.

Neger Bornu's , denn nicht bloß Lebensmittel sondern

arbeiten werden feilgeboten.

Auch gibt es Geldwechsler, bei

denen man die Marientheresienthaler gegen Muschelgeld um 23

Gerhard Rohlfs Reise durch Nordafrila .

174

seßen kann.

streifen, Rohlfs dagegen spricht nicht davon, vielmehr be

Zu Barths Zeiten curfirten Baumwollen

Rohlfs, der so viele Völker schon geſehen hat, mehr Hoff nungen als Berber oder Araber erweckten. Wer also noch

zeichnet er das Muschelgeld als Werthmaßstab.

Es bil

ferner den Negern die Entwicklungsfähigkeit abstreitet, der

den nämlich 32 Muſcheln (Otternköpfchen, Cypraea moneta)

vergißt oder will aus Eigensinn nicht die Civiliſationen im Sudan anerkennen . Auch hilft die Ausflucht nicht,

ein ideales Rechnungspfund, während der Mariatheresien thaler im Werth zwischen 140-150 "1 Pfund, " also zwischen 4480-4800 Muscheln schwankt.

Spanische Thaler oder

Fünffrankenstücke sind nur mit Verlust anzubringen. Selbst Verkäufer von Trinkwasser stellen sich an Markttagen auf, aus deren Krügen gegen einige Muscheln der Durstige einen Trunk sich holen kann . Mit hohen Worten rühmt Rohlfs die Baumwollzeuge, die theils ungefärbt, theils

als sei etwa erst durch arabische Heidenbekehrer eine bessere Zeit in dem äquatorialen Süd- Afrika angebrochen, denn es gab dort schon Großstädte vor dem Auftreten der Ara ber, ja es gibt aus der vorislamitischen Zeit sogar eine Geschichte des Sudan. Das Vorhandensein großer Städte ist aber an sich ein vollgiltiges Zeugniß für eine höhere Gesittung, denn wo Menschen dicht aneinander rücken,

indigblau, theils geschmackvoll gewürfelt dargestellt wer den. Leider werden sie nur in 3-4 Zoll breiten Strei fen gewebt, und die Streifen müssen daher zusammen ge

müssen irgend welche gesellschaftliche Sahungen herrschen,

näht werden, die Fäden sind dagegen von der größten Regel

Rohlfs geradezu den Negern

mäßigkeit, und der Stoff so dauerhaft daß europäiſche Kattune nur als ordinäres Gut wegen ihrer Billigkeit

hat er insofern Recht, als jede Religion mit ihren Wohl

Absah finden.

Der Sultan besißt eine Anzahl im Lande

möchten wir einige Worte zu Gunsten des Islam sprechen.

gegossener Geschüßrohre, die sich zwar mit europäiſcher Ar

Der Prophet erlaubt die Heiden zu bekriegen und sie als Sklaven fortzuschleppen, der Gläubige aber soll den Gläu

tillerie nicht messen dürften, den Negern aber hohes Lob

ohne welche das Zusammenleben einer Mehrzahl ganz undenkbar ist. Das Vordringen des Islam nun hält verderblich ,

und gewiß

thaten auch eine Geißel bringt, den Fanatismus.

Doch

in unsern Augen einen hohen Werth, weil die Neger ihre

bigen nicht zum Sklaven erniedrigen. Mit der vollstän digen Bekehrung zum Islam müßte daher die Sklaverei

materielle Entwicklung ſich ſelbſt verdanken.

Manches iſt

aufhören, wenn auch jezt die Bornuaner sich nur an das

freilich nur Nachahmung wie überhaupt alle Völker von

Gebot halten die Heiden zu bekriegen, um sie desto fleißiger

andern Völkern Erfindungen und Fertigkeiten sich angeeig net haben , anderes dagegen ist den Eingebornen eigen

in die Sklaverei zu verkaufen . Kuka hat auch Schulen und zählt 2300 Schüler im Alter von 5 bis 25 Jahren.

thümlich.

Vorläufig erlernen sie gar nichts als den Koran zu lesen

eintragen.

Alle diese Leistungen besitzen aber deßwegen

Die Neger Bornu's , erklärt Rohlfs, ſind

in jeder Beziehung den Arabern , Berbern , ſelbſt den Türken in der Erzeugung aller Kunstpro ducte voraus.

Aus Barths wiederholten Aeußerungen dürfen wir obendrein schließen daß die Haussa = Neger in

und abzuschreiben, wenn ihnen auch der Sinn des Gele: senen und Geschriebenen völlig dunkel bleibt. Wie es bei einer Großstadt und obendrein bei schwung

Kano wiederum über den Kanuri-Negern in Bornu ste=

haftem Menschenhandel nicht anders zu erwarten ist, herrscht eine große Blutmischung bei den Bewohnern Kuka's, man

hen, weil sie ihm geistig geweckter erschienen, und der

sieht daher eben so viel häßliche als hübsche Gesichter,

Marktverkehr in Kano ihm daher noch interessanter war als der in Kuka. Solche Zeugnisse zweier gewissenhafter

helle wie pechschwarze Hautfarben , Adlernasen und Blatt

Reisenden sind entscheidend für den anthropologischen Rang der Neger.

Schnauzen. Die Männer tragen weite Hosen und dar über eine ärmellose weiße oder blaue Tobe, die an beiden

Wenn jemand mit der Behauptung auftreten wollte Araber oder Berber seien nicht entwicklungsfähig, so würde er zum Lohn nur Achselzucken ernten. Für die Araber

Seiten von der Schulter bis zu den Füßen offen steht. Die Frauen schlingen um die Hüften ein Tuch und werfen.

zeugt ihre eigene Geschichte, für die Berber zeugen die pharaonischen Aegypter, das größte Culturvolk der alten Welt.

Dagegen wird fortwährend keck versichert und ge

duldig vernommen daß die Neger einer höheren geſellſchaft: lichen Entwicklung nicht fähig seien. Hier sehen wir nun im Sudan, abgeschnitten durch die Sahara von medi terraneischen Culturberührungen, geordnete Staaten und blühende Gewerbe unter Negern sich entwickeln . Mögen sie noch so weit hinter andern Völkern zurückgeblieben,

nasen, feingeschnittene Mündchen und häßliche äthiopische

um die Schultern zur Bedeckung des Oberkörpers ein Stück Zeug. Das Haar wird in unzählige kleine Zöpfe gefloch ten. Dem Islam zum Troße herrscht im Durchschnitt Monogamie, bei gegenseitiger weitreichender ehelicher Frei heit und Nachsicht. Im Hauswesen wird nicht bloß auf Reinlichkeit, sondern sogar auf eine gewisse Behäbigkeit ge sehen. Selbst der Arme streckt sich auf ein niedlich gefloch tenes Rohrbett auf dem er mit Fellen und Matten sich ein weiches Lager bereitet. Die Thüren werden mit Flie genmatten versperrt wie sie die Spanier oder andere Be

Wesentlich) allein

wohner des südlichen Europa's nicht künstlicher oder dauer: hafter und geschmackvoller anfertigen könnten ." Von

ist es daß die Neger durch eigene geistige Kraft aufgeſtie:

Natur aus sind die Kanuri gutmüthig und friedfertig,

gen sind in der Gesittung daß sie einem Reisenden, wie

wurden daher unserm Reiſenden auch Schimpfworte wie

mögen ihre wirklich originellen Erfindungen an Zahl nur wenige sein, so iſt das ganz unweſentlich.

Unter den Guaraunos-Indianern.

Heide oder Christenhund nachgeworfen, so waren sie doch nicht allzu schlimm gemeint und wären vielleicht gar nicht laut geworden, wenn nicht mit dem Islam auch die Un Suldsamkeit in Kuka eingezogen wäre.

175

Dem Häuptling Celestino war unsere Anwesenheit sehr erwünscht, und er that alles mögliche selbst unsere gering: sten Wünsche zu befriedigen. Ein Indianer thut nie etwas umsonst, und sehr bald merkte ich die Motive die ihn bei den uns erwiesenen Ges fälligkeiten leiteten.

Unter den Guaraunos-Indianeru.

Fürs erste wünschte er nach und nach in Besiß der von uns mitgebrachten Tauschartikel zu gelangen, und fürs zweite durch unsere Vermittelung von Zeit zu Zeit den von ihm so sehr geliebten Branntwein zu erhalten.

Bon Karl Ferdinand Appun. 3.

El Rey de los Guaraunos.

Mein Leben unter den Guaraunos strich sehr einför mig dahin.

Lezteres wurde mir dadurch klar daß eines Mittags mehrere Guaraunos vom Ufer nach der Niederlassung mit dem freudigen Ausrufe : „ Wayeibaka okai manamo!“ (zwei große Boote) geeilt kamen. Sie meinten damit 2 Schiffe die den Caño Jmataca

S. hatte sich bald von seinem Jammer erholt und war

aufwärts gesegelt kamen . der Welt wiedergegeben.

Alles lief sofort nach dem Ufer

Die Uebernahme des uns vom

Häuptling Celestino angebotenen Feldes und die damit verbundene eheliche Verbindung mit den Guarauna-Mäd

darunter natürlich auch ich mit Freund S. Es war eine Bremer Brigg, gefolgt von einem venezuelauischen Schoo:

chen versuchte ich, troß der Wünsche meines Freundes, der für letteren wichtigen Act sich ungemein eingenommen zeigte,

jedoch in große Aufregung und vielfach konnte ich ihren

so lange als irgend möglich hinauszuschieben .

freudigen Ausruf „ Hobi " (Rum) hören .

ner.

Lesterer interessirte sie nicht, die erstere setzte sie

Celestino klopfte auf meine Schulter und winkte mir Die Männer fuhren jeden Morgen in ihren Curiaras ihm zu folgen. auf den Fischfang. während die Weiber und Mädchen nach Ich begleitete ihn nach seiner Wohnung. den entfernten Cassavefeldern sich begaben, um die zur Hier eröffnete er mir daß er mit der Brigg einige Brodbereitung nöthigen Wurzeln herbeizuholen. So waren wir meist allein im Orte und streiften im Urwalde mit der Flinte nach Wild umher.

kleine Tauschgeschenke gegen Branntwein zu wechseln wünsche, und bat mich den Vermittler dabei zu spielen, da der Ca pitän der Brigg, als mein Landsmann, mit mir eher als

Die tägliche Fischmahlzeit war uns beiden längst zu: wider und unsere Magen verlangten nach reelleremFleische,

als mit ihm ein solches Geschäft eingehen würde.

nach dem von Pauhais, Pavos del monte, Araras, Pec caris, Acuris und Labas.

Europäer gegenüber mich höchst ungern als Unterhändler

Obgleich diesem Anerbieten abgeneigt, da ich einem

von Indianern zeigen wollte, blieb mir doch in Erwägung Der Wald lieferte uns diese in reichlichem Maße. der Umstände nichts übrig als in den ſauren Apfel zu Mitunter auch brachten die Indianer ein Manati (Ma beißen, und eingedenk des Sprüchwortes

Unter Wölfen

natus australis), ihre Lieblingsspeise, das sie am Ufer des u. s. w. “ in ſein Begehren zu willigen. Orinoco, wo es vorzüglich von den Blättern des Mucu mucu (Philodendron arboreum) sich nährt, geschossen hatten . Es beruht auf einem Irrthum wenn in einem frühe

Die am Morgen vom Fischfange mitgebrachten Fische, die meist in Morocotos (Myletes Pacu) bestanden, wur den von allen Seiten zusammengebracht, und sämmtlich,

ren Artikel dieses Journals : „ Ueber das Aussterben von

nebst einem lebenden Araguato (Mycetes ursinus, Brüll

Thieren" gesagt wird, daß eben auch der Manati dem Aussterben nahe ist.

affen) und einem Piapoco (Ramphastos discolor) in eine

Nach meinen langen, sorgfältigen Beobachtungen über die südamerikanische Thierwelt ist der Manatus australis an der Mündung des Orinoco und Essequibo noch häufig, in großer Menge aber in den Flüssen des Inneren von Guayana und des nördlichen Brasiliens, dem Rupu nuni, Pirara, Mahu, Takutú, Rio branco und Rio negro anzutreffen. Die Indianer des Inneren von Guayana, die ihn coi

Curiara geladen, die ich in meiner neuen Stellung als Handelsagent der Guaraunos " bestieg und darin der herankommenden Brigg mit Hülfe zwei rudernder Indianer entgegenfuhr. An dem daher segelnden Schiffe angekommen, kletterte

ich an dessen Seitenwand empor und stand bald vor dem Capitän, der mit seiner Mannschaft die heranrudernde, sonderbare Gesandtſchaft mit großem Erstaunen vom Decke aus beobachtet hatte.

muru nennen, essen ihn nicht, die Brasilianer jedoch stellen

Es mochte ihm seltsam vorkommen, hier in dieser wil

ihm seines wohlschmeckenden Fleisches wegen sehr nach, und

den Gegend die Visite eines Europäers zu erhalten, der

das Fleisch des peixe-boy, wie sie ihn nennen, bildet, ein gesalzen und getrocknet, in diesen Gegenden einen bedeu

inmitten einer elenden Curiara, umringt von todten Fischen unter dem Heulen eines Brüllaffen, der seinen Kopf zum

tenden Handelsartikel, der bis nach Pará versandt wird.

Siße sich erkoren, und entschieden biſſige Angriffe auf jede

Unter den Guaraunos-Indianern.

176

Hand machte, die ihn von dort vertreiben wollte, sowie in

päern, zu größter Zufriedenheit ihres Oberhauptes aus:

Begleitung eines großschnabligen, fortwährend, gleich einem Gypspapagei, mit dem Kopfe wackelnden Tukans, in einer

führte, und wodurch ich den Weg für spätere größere Han

ihm keineswegs behaglichen Haltung daſaß. Das Siten in den langen, sehr schmalen Curiaras

der Indianer des Orinoco ist ein im höchsten Grad unge müthliches, und erfordert lange Uebung: der darin Unge wohnte kann sie bei der geringsten Körperbewegung die er

delsverbindungen derselben mit den europäischen Staaten und Nordamerika angebahnt habe!! Ich wurde nachher, da ich so glücklich meine Aufgabe gelöst, noch zu einer ganz ähnlichen Expedition benut, die eben auch zur höchsten Zufriedenheit Celestino's ausfiel, womit jedoch meine Carrière als " Handelsagent" endete,

macht, umwerfen ; er muß, die Füße lang ausgestreckt, sich

da während meines ferneren Aufenthaltes unter dieſen

auf den Boden des Fahrzeuges sehen, nicht die mindeſte Bewegung erlauben, und die genaueste Balance halten. Troßdem kommt es, selbst bei den mit solcher Fahrt

Indianern kein europäisches Schiff mehr den Orinoco auf:

völlig vertrauten Indianern oft vor daß die Curiara um

keiner bei den nen war.

wirft, worauf sie dann gleich Fischen nebenherschwimmen, und dieselbe wieder aufrichten ; da mir jedoch vom Schöpfer diese Kunst nicht verliehen, so wäre ich in solchem Falle gleich einem Mühlstein untergesunken. Daher kam es daß der Capitän der Brigg der un glücklichen Haltung, die ich in der Curiara einnahm, seine

wärts paſſirte, ich auch überdieß in dieſer Rolle nicht mehr aufgetreten wäre, da dabei nicht einmal ein Drden, deren Guaraunos bis jetzt gestiftet, zu verdie

Es war ungefähr zwei Monate nach meiner Ankunft in Zacupana, als Celestino mich und S. aufforderte ihn auf einer Tour aufwärts den Orinoco nach dem Orte Santa Catalina zu begleiten, um dem Rey de los Guarau nos 1, wie er ihn nannte, einen Besuch zu machen.

ganz besondere Aufmerksamkeit widmete, es fehlte mir nur Sehr gern erklärten wir uns dazu bereit, und fuhren noch eine Kleidung von Fellen nebst ein aus demselben. noch am Abend desselben Tages mit eintretender Fluth Stoff gefertigtes Parasol, und er würde mich unfehlbar ab, um am nächsten Morgen früh in Santa Catalina an für einen zweiten Robinson Crusoe gehalten haben, der zukommen. von den Wilden gebunden dahin geführt wird um von ihnen getödtet und in einer Sauce von Caffareep verspeist zu werden, während die Horde der Unmenschen am Ufer

Wir erhielten eine Curiara und zwei Guaraunos als unsere Ruderer und Diener für die ganze Tour.

der Execution fröhlich zujauchzt und auf den seltenen Braten eines Weißen sich freut. Als ich nun gar neben dem Capitän stand und ihn deutsch anredete, gerieth er noch mehr in Erstaunen, das aufs höchste stieg als die nackten braunen Guaraunos mit den Fischen, Affen und Tukan an Bord kamen, und ich die ganze Collection mit Ausschluß der Indianer ihm zum Ge schenk machte. Es war gut daß die Guaraunos nicht deutſch verſtan= den, und so die Generoſität, mit der ich über ihr Eigen

Ihre langen indianischen Namen waren jedoch sehr schwer im Gedächtniß zu behalten, und noch schwerer aus zusprechen ; es waren dazu ganz eigenthünliche Verdrehungen des Mundes nöthig, die leicht einen Kinnbackenkrampf be wirken konnten.

Um dieſem vorzubeugen bemerkte ich zu

Celestino daß ich ihnen andre Namen, die zweier berühm ter Paranaghieris (Weißen), dem einen den lieblichen Na men „ Schulze,“ dem andern den jenseits des Meeres nicht ganz ungewöhnlichen Namen „ Müller, " geben wolle, wo mit er vollkommen einverstanden war.

thum disponirte, ihnen unbekannt blieb ; ich mochte jedoch

Stolz im Besit dieser unter den Wilden Südamerika's

einem Deutschen gegenüber nicht den Fiſchhändler ſpielen,

noch nie dageweſenen Namen begannen meine Pathen aus

und hatte in meiner Weise den richtigen diplomatischen

Leibeskräften zu rudern sobald wir uns in das kleine

Weg eingeschlagen. Nachdem ich dem Capitän in aller Kürze über meine

Boot gesezt ; eine Flotte von Curiaras mit sämmtlichen Indianern der Niederlassung ,

Anwesenheit unter den Indianern Aufschluß gegeben, be orderte er in fließendem Plattdeutsch den Steuermann 4 Flaschen Genever und eine tüchtige Anzahl „ Beschüten" (Schiffszwieback) herbeizubringen , die ich als Gegengeschenk erhielt, in die Curiara bringen ließ, und sofort meine Heimfahrt mit dieſen den Indianern ſo kostbaren Schäßen nach Zacupana, dem wir bereits geraume Zeit vorbeige: segelt waren, antrat.

Hunden , zahmen Affen,

Papageien, Pfefferfreſſern und andern lebendigen Naturalien folgte uns.

Die Nacht war sehr dunkel, an Schlaf nicht zu denken, da sonst leicht der ausgehöhlte Baumstamm, in dem wir balanciren mußten, das Gleichgewicht verloren und ge kentert wäre, und Schulze und Müller ruderten mit einer Schnelligkeit und Sicherheit dahin, die mich glauben ließ mit ihren deutschen Namen auch deutscher Geist in

daß Großer Jubel empfieng mich als ich die meiner am

ſie gefahren sei. Ufer harrende Menge der Indianer erreichte, und die er langten Kostbarkeiten dem Häuptling übergeben ließ.

Es war 6 Uhr Morgens als wir, seit einer Stunde im Caño Piacoa eingefahren, bei Santa Catalina landeten .

Dieß war die erste diplomatische Sendung, die ich im Interesse des Handelsverkehrs der Guaraunos mit Euro

1 König der Guaraunos.

Unter den Guaraunok-Jydianern.

Am Ufer stand ein großes Rancho, das zur Aufnahme

177

ein solches ist

Hinter den Männern kamen die Frauen und Mädchen' dann die Kinder die mit bunten Perlen überladen waren

in den meisten Indianerniederlaſſungen Südamerika's zu finden.

und allerliebst aussahen. Ich blieb mit S. im Rancho zurück, da Celestino uns

für ankommende Fremde bestimmt war;

Das hiesige zeigte von großer Sorgfalt sowohl in Aus wahl der verwendeten Pfosten als auch im Bau über haupt, und das mit den Blättern der Manicaria gedeckte

zuvor beim Rey anzumelden

wünschte, eine indianiſche Sitte, die in Deutschland durch die Anmeldungen der in

Dach war im höchsten Grade zierlich gearbeitet.

einer Stadt angekommenen Fremden bei der Polizei Nach ahmung gefunden hat!

Es bedurfte nicht des lästigen, den Rocktaschen Ver derben bringenden Hausschlüssels um in dasselbe zu ge

dem Dache aufgehangenen

langen, indem es von allen Seiten offen war.

zufolge, den Principien des Mäßigkeits- Vereines zu hul

Ich ließ sofort unsere Hängematten im Rancho auf schlingen, und beorderte eben auch das Gepäck dahin, da

digen, indem er in dieser jedem Ankommenden befahl weder Rum noch irgend andere starke Getränke ans Land

ich mir vorgenommen hatte in demselben zu wohnen. Die Guaraunos sprangen sämmtlich ins Wasser um

zu bringen, vor allem aber dergleichen nicht in der Posada

sich zu baden, und machten sodann ihre Toilette, die einzig

einer Inschrift auf dem vor demselben ausgehängten Schilde

und allein darin bestand daß sie sich das Gesicht und den Körper roth und schwarz bemalten.

hieß, bei sich zu führen.

Ich hatte das besondere Vergnügen einigen der jungen. Mädchen die mich öfters in Zacupana skizzirend gesehen und deßhalb großes Vertrauen in meine Malerkunst seßten, mit Caruto zierliche Figuren auf ihre Körper zu malen. Nach beendigter Toilette ordnete sich der Zug, den ein Indianer mit einem kleinen Blechkasten, worin die Be ſtallung Celestino's als Häuptling, von der venezuelani

El Rey schien der mit weißer Farbe auf einem unter

al Peregrino,

Brette

geschriebenen Ordre

wie das von mir bewohnte Rancho laut

Die Gegend umher zeigte Spuren von Civilisation. Eine lange Strecke vom Ufer in das Land hinein war vom Urwald gelichtet und mit Kaffee, Cacao und Zucker rohr, über welche die zur Beschattung dienenden Erythri nen ihre dornigen Aeste ausbreiteten, bepflanzt. In einiger Entfernung,

auf einer Anhöhe, lag die

Guarauno-Niederlaſſung Santa Catalina, deren Hütten hier und da durch die umherstehenden grauen Stämme der

schen Regierung ausgestellt, sich befand, eröffnete ; diesem folgte ein anderer Indianer mit einer 16 Fuß langen

Cucuritopalmen hervorschauten.

Bambusstange, an der ein großes Stück hell polirtes Blech

derlassung ringsum einschließend, dahin.

(wahrscheinlich eine Flagge vorstellend) hing, und dann kam Celestino selbst, in großer Würde, streng theatralisch,

ner verfloſſen ſein als einige derselben, unter ihnen Schulze

gleich dem Oberpriester des Sonnentempels in der Pro cession des „ unterbrochenen Opferfestes " einherschreitend.

und Müller, zurückkamen. Leßtere mußten sofort Feuer anmachen um Kaffee zu kochen, während mehrere im Orte

Sein Körper war, wie der eines Indiers von Nuka hiva, mit zierlichen Dessins in Schwarz bemalt, die obere Hälfte seines Gesichts, von der Stirn bis zur Nase, völlig

wohnende Guaraunos das Rancho umstanden, neugierig uns und die mitgebrachten Sachen betrachteten und unge stüm nach Hobi (Rum) verlangten.

scharlachroth mit Dnoto eingerieben, die unter Hälfte, von den Lippen bis zum Kinn, mit dem Stärkemehl der Cas

mit der königlichen Ordre beschriebenen Brett und ihre auf

save weiß gefärbt, so daß das ganze Gesicht in gewiſſer

geregten Gemüther beruhigten sich.

Entfernung einem durch die Loupe

Es währte nicht lange als Celestino in Begleitung eines alten Mannes erschien, welcher ein vagabondirender

vergrößerten zwei

farbigen Billardball nicht unähnlich war.

Auf seinem Haupte trug er einen Schmuck von Pa

Weit in der Ferne zog sich der Urwald, die ganze Nier

So mochte eine Stunde seit dem Abmarsch der India

Statt aller Antwort zeigte ich mit der Hand nach dem

Farbiger zu sein schien, wie man sie mitunter in India

pageifedern, um den Hals ein Halsband von den Zähnen des Peccari, mit Jaguar- und Alligatorzähnen gemischt,

ner-Niederlassungen wegen unter civilisirten Menschen be gangener Verbrechen flüchtig antrifft.

an welchem auf dem Rücken an einer rothgefärbten Baum wollenschnur ein kleiner Spiegel und eine Menge zu

Er war wohl an 70 Jahre alt, von abschreckender Ma

sammengebundener bunter Vögelbälge herabhiengen. Der Oberarm und die Füße über dem Knöchel waren mit breiten Bändern weißer Glasperlen umwunden. In der über die Hüften um den Körper gebundenen Baumwollenschnur seines Schamschurzes steckte ein langes Messer und in der Hand trug er eine kurze Kriegskeule von dem eisenharten Holze des Sideroxylon durum. Ihm folgten die übrigen männlichen Guaraunos, unter ihnen Schulze und Müller, in buntester Bemalung. Ausland. 1869. Nr. 8.

gerkeit, und aus seinem eingefallenen Gesicht, mit der Ha bichtsnase, den tiefliegenden, kaßenartig leuchtenden Augen und dem spitzen Kinn sprach eine bedeutende Portion von Hinterlist. Von mittlerer Statur, jedoch durchs Alter etwas ge bückt, trug er auf dem Kopfe einen Palmenhut und als einzige Kleidung ein ziemlich schmutziges Hemd. Seine Hautfarbe bezeichnete ihn als Mestizen, sie war ziemlich hellbraun ins Gelbliche spielend, nicht viel dunkler als bei einem Südeuropäer.

24

Unter den Guaraunos-Indianern.

178

In das Rancho tretend, begrüßte er uns sofort mit großem Wortschwall in spanischer Sprache: Buenos dias, Señores ! Quien de Vms. es el capitan ? Vms. saben algo de la medicina ?

No tienen medicina

aquí ? Una medicina para curar esto ? ¹

Bald wurde er wohlhabend und legte eine Tienda ' in Sta. Catalina an, in der er Sachen zu verkaufen hatte die den Indianern besonders wünschenswerth waren. Dadurch zog er diese Leute immer mehr an sich und machte sie sich ihm unterthänig, so daß er von ihnen all

Und mit letteren Worten schob er das Hemd zurück

gemein als erstes Oberhaupt anerkannt wurde.

und zeigte an seinem Körper ein entseßliches Leiden. Er hatte eine Menge Söhne, die sein Ansehen und Ich mußte ihm auf seine leßte Anfrage antworten daß seine Gewalt, als er ein schwächlicher, kranker Greis wurde, ich leider für solche Krankheit keine Medicin bei mir führe und ihm nur den guten Rath geben könne sobald als möglich nach Ciudad Bolivar

aufs kräftigſte unterſtüßten, so daß er nicht mit großem Unrecht el Rey genannt wurde.

zu reisen, um dort einem Don Francisco schien nicht sonderlich über unsere An

tüchtigen Arzte sich anzuvertrauen. wesenheit erbaut zu sein ; er mochte fürchten daß wir hier Er schien durch meine Antwort ſehr verſtimmt und sie mehreres erblicken möchten was den Ansichten und Prin als Ungefälligkeit meinerseits zu betrachten. ,,Yo quiero nunca mas for Ciudad Bolivar," 3 entgeg

cipien eines Weißen zuwiderlaufen und deſſen Billigung unmöglich erhalten würde.

nete er mir, und nach dem was ich später über ihn erfuhr, Nach einer kurzen gleichgiltigen Unterhaltung lud er mochte er daran allerdings sehr wohl thun. mich ein ihn am Nachmittage zu besuchen , und begab

4 39 Vm. es el Rey de los Guaraunos ?"

frug ich ihn. sich, gefolgt von allen anwesenden Guaraunos, langsam

,,Me llaman así, pero non soy un rey, solamente hinweg . un probrecito Indio !" 5 entgegnete er, und sagte damit Ich benüßte die

bis zur Audienz freie Zeit um

drei große unwahrheiten, denn erstens wollte er als ober: eine Streiferei in den Urwald zu unternehmen , von der ſter Häuptling (König) der Guaraunos gelten, und hatte ich nach einigen Stunden, ohne irgendetwas neues gesehen den Titel rey den Indianern und Farbigen gegenüber an genommen, zweitens war er kein Indianer, und drittens

zu haben, unbefriedigt zurückkehrte, mich in die Hängematte warf und bis 4 Uhr Nachmittags schlief.

war er nicht arm, sondern reich. Sodann begab ich mich nach der Reſidenz des Königs ; Dieß war also der König der Guaraunos, Señor Fran cisco Silva, über den ich bereits in Ciudad Bolivar meh reres gehört hatte, ein alter schwächlicher, bis auf die Kno chen abgemagerter Mann, gegen welchen die Indianer Herculesgestalten waren. Und von einem solchen Manne

S. blieb zum Schuß unserer Sachen zurück. Die Residenz bestand in einem langen, niederen Ge bäude, gleich den Adobehütten der venezuelanischen Land bewohner. In der Lehmwand befanden sich eine Thüre und meh=

ließen sie sich beherrschen, arbeiteten umsonst für ihn, und rere durch Holzgitter verwahrte Fensteröffnungen, das Dach thaten alles was er verlangte ! Bereits als noch junger Mann unter die Guaraunos gekommen, hatte er das Leben unter ihnen angenehm ge funden, sich mit einer Indianerin verheirathet, und nach und nach ein gewisses Ansehen und große Macht über die Indianer erlangt.

Er war ein energischer, intelligenter Mann, legte Kaffee und Cacao Plantagen an, trieb Handel nach Ciudad Bolivar,

war mit Manicariawedeln gedeckt, die weit über der Wand hervorragten, und, durch Pfosten geſtüßt, eine Art Veran dah an zwei Seiten des Hauses bildeten. Keine Seele war vor dem Hause zu sehen, und so be: gab ich mich nach dem an der Hinterseite des Hauses be. findlichen großen, eingezäunten Hofraum. Ich war erstaunt über die Scene, die hier meinen. Blicken sich darbot !

und sogar Demerara mit dem seltenen theuren Aceite de Sassafras (Laurel-oil, von einer Ocotea), mit Copaiva balsam und vielen anderen seltenen Droguen der Wälder des Orinoco. Zu diesem allen mußten ihm die Guaraunos als Werkzeuge dienen, erhielten für ihre Arbeit soviel als nichts und mußten mit der Ehre, ihm zu dienen , sich be gnügen.

Auf Schildkrötenschalen, an der Erde liegenden Baum stämmen, Steinen, saßen in einem großen Halbkreise sämmtliche im Ort anwesende Guaraunos ; die Weiber und Kinder standen hinter ihnen. Aber in welcher Kleidung! Die meisten der Männer trugen schwarze Cylinderhüte und feine dunkle Tuchröcke, jedoch ohne Beinkleider, die

1 Guten Tag, meine Herren ! Wer von Ihnen ist der An führer ? Verstehen Sie etwas vom Studium der Medicin ? Ha ben Sie Medicin bei sich ? Eine Medicin um diese Krankheit zu curiren?

ihnen zu unbequem und warm sein mochten.

Angostura. 3 Ich werde niemals mehr nach Ciudad Bolivar reisen. Sind Sie der König der Guaraunos ? 5 Man nennt mich ſo, ich bin jedoch nicht König, ſondern nur ein armer Judianer.

Grade ungemüthlich aus, und schienen sich auch ebenso zu fühlen.

Mit ihren bemalten Gesichtern, den langen Haaren und nackten Beinen sahen sie in dieser Tracht im höchsten

Unter der Veranda des Hinterhauses, auf einem Stuhle, 1 Kramladen,

Die Fürsten des Steinreiches.

saß Don Francisco in der bereits beschriebenen Kleidung, umringt von seiner Familie, die aus seiner ebenfalls alten Frau, mehreren kräftig gebauten Söhnen und zwei wun

179

hier in der Einsamkeit unter wilden Indianern zubringen zu müssen. Die armen Mädchen thaten mir leid, und ich sicherte

derschönen 14—16 Jahre alten Töchtern bestand. Sie waren sämmtlich in der Kleidung der bemittelteren

ihnen fest zu daß sowohl ich als mein Freund S. während

venezuelanischen Landleute, die Söhne in kurzer Jacke, mit

bieten würden sie zu amüsiren, welches Versprechen aufs getreueste von uns erfüllt wurde.

darunter befindlichem buntem Hemde und fashionablen Beinkleidern, die Mädchen in nett anliegenden, ihre üppi gen Körper vortheilhaft hervorhebenden, bunten Calico röcken. Die europäiſche Kleidung der Indianer hatte mich frap: pirt, und nach den üblichen Begrüßungen frug ich Don

unseres Aufenthaltes in Sta. Catalina alles mögliche auf

Sodann empfahl ich mich, nachdem ich zu einem am Abend stattfindenden großen Tanze der Guaraunos ein geladen war. (Schluß folgt.)

Francisco, auf welche Art dieselben zu solcher moderner Kleidung gekommen ; er wich jedoch dieser Frage durch die Antwort aus, daß er es nicht wisse, und begann sogleich ein anderes Thema zu berühren.

Die Fürsten des Steinreiches.

Er gab mir Aufschlüsse über das Leben und die Sitten der Guaraunos, sowie über mehrere medicinisch wichtige Pflanzen und deren Standorte in den Wäldern des Dri

(Schluß.) Von den wenig berühmt gewordenen Diamanten von

noco, und aus der für mich sehr interessanten Unterhal tung mit ihm konnte ich entnehmen, daß er einen ziem

sehr bedeutender Größe hat jeder seine eigene intereſſante Geschichte, und es paßt auch hier unser Vergleich mit den

lich hohen Grad von Bildung und Intelligenz besaß, der ihn vollkommen befähigte sich zum Oberhaupte der Gua

die sich auf besondere Weise durch glänzende Eigenschaften,

raunos zu erheben. Als er sah daß seine Bemerkungen mich intereſſirten,

intereſſante Schicksale und erworbene Macht und Bedeutung von andern unterscheiden, ſo iſt es auch bei den Diaman

zeigte er mir ein voluminöses Manuscript, das zu meinem

tenkönigen.

Erstaunen ein vollständiges Wörterbuch der Sprache der Guaraunos in spanischer Uebertragung enthielt, und von ihm während der langen unter diesen Indianern zuge brachten Jahre ausgearbeitet worden war. Auf meine Bemerkung, daß es ein Verlust für die

Mächtigen der Erde.

Wie es unter dieſen Herrscher gibt,

Wir beginnen mit dem kleinsten unter ihnen, der von nur mäßigem Gewicht, aber vom reinsten Wasser ist und eine höchst merkwürdige Geschichte hat, den sogenannten Sancy. Er wiegt 532 Kar. und hat eine birnförmige (einem Pyramiden-Granatoeder gleichende) Geſtalt. Er

Wissenschaft wäre, wenn ein solches wichtiges Werk nach seinem Tode spurlos verschwände, entgegnete er mir, daß

stammt aus Judien und soll seit etwa vier Jahrhunderten

er deßhalb vorgesorgt und seine Söhne beauftragt habe › sofort nach seinem Absterben das Manuscript, welches er

Kühne, Herzog von Burgund ( 1433

sein, für den ihn van Berguem geschliffen haben soll. Jm

bis dahin noch mehr vervollständigen wolle, dem Bischof in Ciudad Bolivar zu überbringen, damit dieser die Heraus

von Portugal, der ihn aus Geldnoth für 100,000 Francs

gabe desselben bewerkstellige. ' Nach längerer angenehmer Unterhaltung mit ihm, wandte ich mich zu seinen Söhnen, die jedoch von der Bildung des Vaters nichts profitirt hatten, und im Aussehen und Benehmen mehr Indianern als civiliſirten Menschen glichen.

in Europa sein.

Hier scheint sein erster Besizer Karl der 1477) gewesen zu

Jahr 1489 gelangte er in die Hände des Königs Johann II

an einen Franzosen verkaufte. Durch diesen erhielt ihn der französische Graf Nic. de Sanch, von welchem er den Namen hat. De Sanch befand sich 1539 in Solothurn ; von hier aus schickte er den Diamanten durch einen Boten an König Heinrich III, welcher zu jener Zeit Unterpfänder zu einer Anleihe bedurfte. Der Bote erreichte aber nicht

Dagegen waren die wahrhaft schönen Töchter ungemein mit natürlichem Verſtande und Wiz begabt, und zeigten,

Paris, sondern wurde im Juragebirge von Räubern über

obwohl etwas schüchtern, daß sie unter civilisirten Leuten

fallen und erschlagen ; vorher gelang es jedoch dem treuen Diener den Stein zu verschlucken. Da derselbe nicht an

erzogen und Schulbildung genossen hatten. Sie hatten sich einige Jahre auf einer Hacienda un weit Ciudad Bolivar aufgehalten und das Leben dort

so behaglich gefunden, daß sie bedauerten jetzt ihre Jahre

kam, so schöpfte Sanch Verdacht ; er hatte von einem Er mordeten gehört, ließ nachforschen und man fand den Leich: nam des Boten. Da der Edelstein fehlte, so kam man auf die Idee die Leiche zu öffnen und entdeckte den Diamanten

Ich habe nie erfahren können, ob dieß geschehen und ob Francisco Silva überhaupt gestorben. Troß seiner schlimmen Krankheit erfuhr ich vor 4 Jahren, alſo ſechs Jahre nach meinem Besuche in St. Catalina, daß er noch lebe ; er muß daher in irgendeiner Weise seine Gesundheit wieder erlangt haben.

im Magen derselben !

1688 besaß Jakob II von England

den Sanch als er nach Frankreich kam ; später war er im Besitz Louis XIV und Louis XV, welcher lettere ihn bei seiner Krönung trug.

Bei der Revolution von 1789 ver

Die Fürsten des Steinreiches.

180

schwand der kostbare Stein, kam jedoch unter den Napoleo niden wieder zum Vorschein.

Von diesen wurde er 1830

für 1½ Mill. Fr. durch den Fürsten Paul Demidow für den Kaiser von Rußland angekauft, um 1836 abermals in Paris für 625,000 Fr. verkauft zu werden.

Modell aus pierre de strass gefertigt, welches alle Ver hältnisse des Steines auf das genaueste wiedergibt. Hier nach wurde seine Zeichnung gefertigt : alle sonstigen Ab bildungen sind nach Schrauff nahezu falsch. Diesen Mit theilungen, welche auch die Zeichnungen der übrigen großen Diamanten enthalten, sind unsere Figuren zum größeren

Viel bedeutender an Größe ist der im österreichischen Theile entnommen. Kronschage befindliche große Diamant, der sogenannte Flo rentiner.

Er wiegt 133

Karat und ist sehr schön facet.

Wenig von dem vorstehenden im Gewicht verschieden,

tirt ; er ist wassergelb, aber mit einem starken Stich ins

aber wunderschön im Schliff und von reinem Wasser ist

Weingelbe, und wurde wahrscheinlich ebenfalls von Ber guem, aber etwas später als der Sanch, geschliffen. Un

der französischen Krone gehörige Diamant.

sere Fig. 2. zeigt ihn von oben gesehen, Fig. 3 in der

186

der unter dem Namen Regent oder Pitt bekannte, früher Er wiegt Kar. und ist in Fig. 4 in der oberen, in Fig. 5 in

Fig. 5. 1

Fig. 4. Der Regent.

Fig. 2.

Fig. 3. der Seitenansicht abgebildet.

Der Florentiner Diamant.

Seinen Namen hat er da

her, daß ihn der als „ Regent“ bekannte Herzog von Orleans Seitenansicht.

Er war Eigenthum Karls des Kühnen, und

kam durch die Schlacht bei Granson (nach einer andern.

von dem englischen Gouverneur Pitt für Louis XV zu Zur Zeit der dem Preise von 2½ Mill. Fr. ankaufte.

Version durch die Schlacht bei Nancy, 1477, in welcher der

großen Revolution wurde der Stein in Berlin bei einem

Herzog von Burgund bekanntlich fiel) an Desterreich.

Kaufmann Treskow verseßt ; später wieder eingelöst, schmückte

Ein

Soldat soll ihn im Helme des Herzogs gefunden und für

er den Degenknopf Napoleons I.

einen Kronthaler an einen Geistlichen verkauft haben, bis

bekanntlich in der Schlacht bei Waterloo von den Preußen

er für 20,000 Ducaten in die Hände Papst Julius II ge

erbeutet, und so gerieth der Diamant in den preußischen Kronschat .

langte.

Dieser Degen wurde

In den Werken über Edelsteine findet sich sein Gewicht

Der berühmteste und durch die Londoner Weltausstel

auf 1391½ Karat angegeben, was mit den Notizen im In ventarium der österreichischen Schazkammer in Widerspruch

lung von 1851 wohl am bekanntesten gewordene Solitair

Dieß veranlaßte

wunderte und oft genannte Koh-i-nur oder „ Berg des Lichts. " Bei einem Gewicht von 186 Karat und einem

steht, wonach er 133

Kar. wiegen soll.

eine neuere genaue Wägung, welche 1865 durch Dr. Schrauff in Wien ausgeführt wurde und 133,18 Wiener Karat er gab, was mit der älteren Notiz fast genau übereinstimmt, Kar. erklärt Die Differenz gegen die Angabe von 139 ſich aus dem ſchwankenden Werthe des Karat, welcher je nach dem Handelsplate variirt. 1 1 1 1

Florentiner Karat Pariser " Amſterdamer „ Wiener "

So ist z . B. = 197,20 Milligr. = 205,50 " = 205,71 " = 206,13 "

Das Wiener Karat ist also etwa 4½ Proc. schwerer

ist der Diamant des Großmoguls von Delhi, der vielbe

Werthe von über 2 Mill. Thlrn. zog er trotz seines unvollkom menen Schliffes alle Augen auf sich und war wohl das jenige Object der Ausstellung, welches den höchsten imagi nären Werth hatte. Seiner erwähnen schon die älteſten Sagen der Inder ; nach dem ,,Official Catalogue of the great Exhibition III

erzählt eine indische Legende, daß

bereits vor 5000 Jahren der Held Karna, der Sohn des Sonnengottes, das Juwel in dem großen Kriege trug welchen das Epos Maha-Bharata besingt. Historisch be glaubigte Nachrichten über den Stein beginnen erst mit

als das Amsterdamer. Erst in neuerer Zeit fängt man an

dem Anfang des 14ten Jahrhunderts.

das Florentiner Karat als Einheit einzuführen.

nämlich erbeutete ihn der kühne Abenteurer Ala-eddin vom

Nach Schrauffs in den Sizungsberichten der Wiener Akademie im November 1866 veröffentlichten Mittheilun

die Zeit des Sultans Baber, eines Nachkommens des Timur

gen, wurden von dem in Rede stehenden Diamanten Gyps modelle genommen, und danach bei Saemann in Paris ein

1 S. 157 des Auslands ist diese Figur aus Bersehen ver kehrt gestellt worden.

Najah von Malwa.

Im Jahr 1306

Die nächſte Nachricht bezieht sich auf

Die Fürsten des Steinreiches.

Leng (Tamerlan).

Baber war der erste der Moguldyna

ſten welcher durch den Sieg über Jbrahim Lodi um 1526 in Hindostan ein Reich mit der Hauptstadt Delhi gründete

181

mant am Arme des Schah Echudscha, Nadirs Nachfolger, ge sehen. Schudscha wurde aus Kabul vertrieben, und befand

Er hinterließ eine

ſich unter dem Namen eines Gaſtes in der Gefangenschaft von Randschit Singh , welcher nicht ruhte bis er den

Selbstbiographie, in der er erzählt, um jene Zeit sei „die Familie des Bikermadschit " mit den Häuptern ihres Stammes

Stein für das Gegengeschenk einer Lakh = 100,000 Ru pien (etwa 66,000 Thaler) an sich gebracht hatte. Er

in Agra gewesen, und habe bei der Ankunft Humayuns (wer dieser war, erfährt man nicht) fliehen wollen ; sie seien aber als Gefangene zurückgebracht worden. Da Hu

trug ihn dann als Armband (also wie es scheint mit an

mayun nicht erlaubte daß sie geplündert wurden, verehrten

suchte man ihn zu bewegen den Stein dem Gotte Dschagar

und den Titel Großmogul annahm.

fie ihm

ein

perchkash" (Geschenk), welches aus einer Menge von Edelsteinen bestand, worunter sich auch der berühmte Diamant des Ala-eddin befunden habe. Ein

Kenner der damaligen Zeit schäßte ihn

dem halben täg

dern Juwelen zu einem Schmuck vereinigt) bei öffentlichen Gelegenheiten. Als Randschit auf dem Sterbebette lag, ver

nath (Juggernauth) zu verehren ; da er aber nur durch Neigen des Kopfes zugestimmt hatte, weigerte sich der Schahmeister ihn ohne bestimmtere Erklärung zu verab folgen. So blieb er also den nachfolgenden Herrschern.

lichen Unterhalt der Welt gleich und ungefähr 8 Misch kall (?) an Gewicht. " Baber erhielt nun bei seiner Ankunft

dessen Ermordung er unter den Kostbarkeiten von Lahore

das Juwel als Peschkash von Humayum. Daß der Stein in den mongolischen Schatz gerathen und identisch mit

lischen Indien einverleibt wurde, nahm England alle Schäße

dem Koh-i-nur ſei, wird einstimmig von den Juwelieren von Delhi und Kabul versichert. Er vererbte sich nun in der Moguldynastie weiter, und

für Kriegskosten und Schulden zugesprochen wurden ; diese aber beschloß den Rohinur der Königin von England zu

kam so

Füßen zu legen.

auf den

Großmogul

Aureng-Zegb (Drangſib,

d. i. „Zierde des Thrones "), welcher von 1659-1707 herrschte. Dieser ist es bei welchem ihn Tavernier, Ecuyer, Baron d'Aubonne, welcher 40 Jahre im Orient reiste, um Dia manten und andere Edelsteine zu kaufen, sah.

erhalten, von denen ihn zulet Echir Singh trug, nach

blieb.

Als das Pendschab unter Dhulip Singh dem eng

Lahore's in Besit, welche dann der ostindischen Compagnie

Er wurde im April 1850 von Bombay

abgesandt, und am 3 Juli desselben Jahres der Königin überreicht. Auf der im folgenden Jahre veranstalteten Weltaus

Der Groß

stellung prangte der Kohinur in einem vergoldeten eiser:

chan gestattete Tavernier die Juwelen seines Schatzes zu besichtigen, und erlaubte ihm sogar den großen Diamant zu zeichnen und zu wiegen. Tavernier beschreibt denselben

nen Käfig, ihm zu Füßen die nach der Zeichnung eines

als eine Rosette von der Form eines in der Mitte durchge schnittenen Eies von 280 Kar. Gewicht, und taxirt ſeinen Werth auf 11,723,278 Livres (rund 3,200,000 Thaler). Seine Unterfläche ist eben und entspricht einer natürlichen Spaltungsfläche. Taverniers Abbildung stimmt nicht ganz mit der Londoner überein, doch ist die Länge 1 Zoll 6½ Linien die gleiche, die Höhe um 7 Linien geringer ; die Breite beträgt 1 Zoll 2½ Linien. Nach Taverniers Mit theilung soll

aber der Stein früher

viel größer gewe

sen sein , und 793 % Karat gewogen haben, als Schah Dschehan ihn einem venetianischen Steinschneider, Hortensio Borgio anvertraute, der ihn aber dermaßen verschnitt daß der Schah ihm nicht allein keinen Lohn zahlte, sondern

indischen Künstlers in grünem Email ausgeführte Origi nalfaſſung.

Unter dem Käfig befand sich ein sinnreicher

Mechanismus aus der berühmten Schloßfabrik von Chubb , vermittelſt deſſen der Diamant jeden Abend, ohne berührt zu werden, in einen sichern Verschluß versenkt wurde. Der Effect den der Stein machte, entsprach übrigens nicht den Erwartungen

die der Name „ Berg des Lichts" erregt

hatte. Man gab sich viele Mühe ſeinen Glanz völlig zu entwickeln, und versuchte die verschiedensten Beleuchtungs arten, aber alles vergeblich !

Nur eines unterblieb was

man zunächst hätte versuchen sollen : den Stein in die unmittelbare Umgebung seiner früheren Fassung zurückzu versehen. Als Grund dieser geringen Wirkung mußte hauptsächlich der mangelhafte Schliff des Diamanten an: gesehen werden ; man entschloß sich denn auch ihn nach

ihn auch noch um 10,000 Rupien (ſein ganzes Vermögen) strafte.

der Exposition noch einmal (durch Coster) schleifen zu laſſen.

Als sich 1739 Nadir-Schah auf seinem blutigen Er oberungszuge in den Besitz von Delhi seßte, zwang er

noch 106/16 Karat wiegt, ist nun aber ein wohlgeschliffe:

auch Mahommed-Schah, den Enkel Aurengzebs, ihm alle Schäße auszuliefern, unter denen sich unter anderem zwei Pfauen mit Juwelenschweifen, ein Papagei aus einem

jeßigen Gestalt von oben gesehen in stereoskopischer Dar

einzigen Smaragd , und der große Diamant befanden ;

Man darf, um die Figur richtig zu sehen, nur ein ge

von Nadir erhielt der letztere den Namen Kohinur. Zunächst besaß ihn nun Achmed-Schah, der Gründer der Abdali- Dynastie von Kabul, der ihn von Schah Roch,

wöhnliches unten offenes Stereoskop auf die Papierfläche

dem jungen Sohn Nadirs, hatte.

Dann wurde der Dia

Er verlor hierdurch noch fast 80 Karat, so daß er jet

ner Brillant geworden .

Unsere Figur 6 zeigt ihn in seiner

stellung, und zwar in einer, wohl den meisten Lesern noch neuen Weise, nämlich körperlich und zugleich glänzend.

auffeßen.

Seine Seitenansicht unterscheidet sich sehr wenig

von der des Regenten, Fig. 5 ; nur ſind Pavillon und Cu lasse etwas niedriger (ſtumpfer) beim Kohinur.

Die Fürsten des Steinreiches.

182

Fig. 6.

Der Koh i nur in ſtereoſkopiſcher Projection.

Wie schon erwähnt war der früher als Armschmuck

durch sorgfältige Nachbildung in Flußspath veranschaulichte.

benußte Kohinur wahrscheinlich mit andern Edelsteinen zu

Danach hätte das Juwel die Form eines eiförmigen Gra natoeders gehabt von einer Größe welche nahezu der von

einem Geschmeide zusammengefaßt seines Hofstaates !

ein König inmitten

Ein ähnlicher Schmuck nun, welcher

einst der Gefährte des ebengenannten gewesen sein soll,

Tavernier für den ursprünglichen Diamant von Delhi an gegebenen entspricht !

und sich ebenfalls auf der Londoner Ausstellung befand, mag daher hier angeführt werden : der sogenannte Durra-il-nur, d. i . " Meer des Lichts." Er war von der ostindischen

Alle diese bisher beschriebenen Diamanten stammen aus Unter den in Brasilien gefundenen war lange Indien.

Compagnie ausgestellt, hat einen sehr bedeutenden Werth, und zeigt in orientalischer Fassung einen großen Diamant in Tafelform, welcher von 10 fleineren, aber immer noch

aber wurde zu Bagagem in der Provinz Minas Geraes ein

bedeutenderen Diamanten umgeben, und außerdem noch mit zwei kostbaren, herabhängenden Perlen geschmückt ist. Bedeutender

an Größe als der Kohinur ist der der

russischen Krone gehörende Orloff, welcher 1943, Kar. wiegt.

Zeit ein 120 Karat wiegender der größte ; im Jahre 1853

Diamant gefunden welcher ungeschliffen 247½ Karat wog. Er soll vom reinsten Wasser sein, wurde von Coster ge schliffen, wodurch er etwas weniger als die Hälfte seines ursprünglichen Gewichtes verlor und glänzte unter dem Namen l'étoile du Sud (Stern des Südens) auf der let ten Pariser Ausstellung.

Er bildet die Epiße des russischen Reichsscepters und zeigt im Schliff eine, von dem besprochenen Diamant ganz ab

Rajah Mattan auf Borneo besitzen.

weichende Form, welche in Figur 7 dargestellt ist.

363 Karat wiegen, eiförmig und vom ersten Wasser sein ;

Er ist

Den größten der bekannten Diamanten aber soll der Dieser Stein foll

er wurde auf Borneo gefunden. Alle diese weit überflügelnd, ein Riese unter den Dia mantenkönigen, wäre der der portugiesischen Krone gehö rende Braganza, wenn es festgestellt wäre daß er ein Dia mant ist. Er soll nicht weniger als 1680 Karat (12 / Unzen !) wiegen, einen Werth von 57 Mill. Pfd. St. haben, Fig. 7.

Der Orloff.

ist noch ungeschliffen und wurde 1741 in Braſilien gefun den. Es wird jedoch behauptet daß er nur ein wasser

10 Linien hoch, 1 Zoll 3½ Linien lang, und soll früher

heller Topas sei.

das Auge einer indiſchen Bramah- Statue (?) gebildet haben. Er schmückte dann mit noch einem andern großen Diamant

da ihn Niemand zu sehen bekommt.

Es ist wenig über den Stein bekannt,

den Thronsessel des Schah Nadir, und fiel nach dessen

Auch unter den farbigen Diamanten sind einige Be rühmtheiten zu nennen. Ein sehr schöner grüner Diamant

Ermordung in die Hände eines armenischen Kaufmannes, welcher ihn in Amsterdam feil bot, und 1772 an die

ist z . B. im Besitz des Königs von Sachsen. Ein Unicum aber ist der prachtvolle blaue Diamant welcher, dem Par

Kaiserin Katharina für 450,000 Silberrubel, 4000 Rubel lamentsmitgliede Th. Hoope gehörig, ebenfalls jährlicher Leibrente, und einen Adelsbrief verkaufte! Auffallender Weise ist der Orloff am unteren Ende eben so wie der Kohinur durch eine ebene Fläche begränzt. Dr. Beke erzählt (Athenäum 1851 , p . 718) daß 1832 bei der Eroberung von Cutschan in Chorassan durch Abbas Mirza ein Diamantstück von 132 Karat erbeutet wurde, welches früher ein armer Bewohner als Feuerstein benut hatte. Die Form dieses Stückes führte zu der Vermu thung daß es ein Theil des Kohinur sein könnte. Ten nant wurde hierdurch zu der Ansicht geführt (Athenäum 1852) daß dieses Stück, der Orloff und der Kohinur ur sprünglich einen einzigen Stein gebildet hätten , was er

auf der

Londoner Ausstellung sich befand, zu deren seltensten und schönsten Objecten er gehörte.

Er wiegt 441, Karat, mißt

% -1 % engl. Zoll bei bedeutender Dicke und ist als Me daillon, von Brillanten umgeben und in Gold gefaßt, ver: wendet. Seine Farbe ist die des schönsten Sapphirs und sein Feuer und Glanz sind über alle Beschreibung. Damit unter den Diamantenkönigen auch ein Mohren:

fürſt nicht fehle, befand sich auf derselben Ausstellung auch ein schöner schwarzer Diamant, von Jos. Mayer ausge ſtellt. Er hat bis jetzt allen Einflüssen der abendländi schen Cultur widerstanden, d. h. alle Versuche ihn zu po liren, waren fruchtlos.

Geschichte eines deutschen Kattun-Druckers in Frankreich.

The wir unsere Geschichte der Steinfürsten schließen, müssen wir noch einer Pseudo: Aristokratie gedenken, durch täuscht. Denn hier, die so mancher getäuscht wird und wie in der menschlichen Gesellschaft, gibt es "1 Prinzen von

183

er, wie's damals der Brauch war , in jeder Stadt von der Färberzunft Arbeit erhielt. Bei seiner Rückkehr in die Heimath verschaffte ihm die Erfindung einer neuen Art von Farbenbereitung und sein wohlverdienter Ruf als er erfahrener und intelligenter Zeugdrucker eine sehr vortheil

verstehen als sie sind : die falschen Diamanten.

und andere Glücksritter, die mehr zu gelten Wie schon

hafte Stelle in einer großen Fabrik Basels, welche er

erwähnt, werden geringere Edelsteine, wenn sie waſſerhell find, für Diamanten ausgegeben, farbige aber, besonders

unter der Bedingung annahm daß sein damals 11jähriger Sohn dort als Lehrling aufgenommen und daneben im

Topase, Hyacinthe und Sapphire durch schwaches Glühen Der erstere ist durch entfärbt und dann untergeschoben.

Zeichnen

seine Pyroelektricität vom Diamanten zu unterscheiden, leß

sogleich an die Arbeit, indem lepterer mit der bescheidenen

tere beiden durch ihr größeres specifisches Gewicht ; jeden

Beschäftigung zu beginnen hatte die von seinem Vater be

Armenien

und Formschneiden unterrichtet werden sollte.

In Basel angekommen, machten sich Vater und Sohn

falls aber ist die geringere Härte ein sicheres Erkennungs

nüßten Blöcke mit Farbe zu bestreichen.

zeichen. Eine andere Falsification bilden die sogenannten „hal ben Brillanten" ―――――― eine Art Demimonde der Steinwelt

strebsame Junge, immer voll Eifer sich nützlich zu machen. und etwas zu lernen, erheiterte die Arbeiter mit seinem

- bei denen ein ächtes Obertheil an ein Untertheil von geringeren Steinen mit Mastig angeklebt ist ―――― ächt und doch billig! Mehr interessant, als zu ernstlichen Täuschungen Anlaß gebend, sind die Nachbildungen in Phosphor. Löst man

Phosphor in Schwefelkohlenstoff und läßt legteren dann bei Abschluß der Luft in einem Strom von Kohlensäure verdunsten, so bleibt der Phosphor in durchsichtigen Kry ſtallen von solcher Schönheit zurück daß man diese vor

Der offene,

Wiß und seiner Fröhlichkeit, und wurde bald der allge meine Liebling, so daß jeder gern bereit war ihn in die Kunstgriffe des Handwerks einzuweihen, welche hauptsäch lich in der besondern Bereitung und Mischung der Farben bestanden , und sonst als strenges Geheimniß

bewahrt

wurden. Als das Engagement zu Ende ging , war es seinem Vater gelungen durch Arbeit und Sparsamkeit eine kleine Summe zurückzulegen ; auch hatte er sich durch seine Sittenreinheit und Ehrlichkeit die Achtung und das Ver trauen aller die ihn kannten erworben.

Er siedelte sich

einigen dreißig Jahren für künstliche Diamanten ausgab ; es sollen wirklich manche Leichtgläubige damit getäuscht

nun in Aarau in der Schweiz an, und gründete dort im Jahr 1755 eine kleine Baumwollendruckerei . Der dortige

worden sein. Die wahren Vertreter der Bijouterie fausse aber find

Magistrat, zufrieden dadurch den Einwohnern Arbeit ver schafft zu sehen, begünstigte das Unternehmen, und verlieh

die aus künstlichen Glasflüſſen (Kali, Bleioxyd und Kieſel

Oberkampf das Bürgerrecht, damals keine kleine Gunst,

erde) dargestellten, sogenannten „ pierres de strass," auch

und schwerer zu erlangen als mancher aristokratische von

,,imitation des

diamants"

genannt.

Burguigne (auch

Fürsten verliehene Rang und Titel.

kennen daß sie durchsichtiger sind als die ächten und nach

Der junge Oberkampf war mittlerweile ein erfahrener Arbeiter geworden; er hatte jezt sowohl in Theorie als in Praxis all' das gelernt was es für ihn in der Schweiz zu lernen geben konnte, der Wirkungskreis seines Vaters

einiger Zeit in Folge ihrer geringeren Härte Glanz und Glätte verlieren. Die Kieselerde dazu wird beiläufig von

Welt zu sehen.

Saemann) in Paris fabriciren dergleichen künstliche Dia manten, welche den ächten in Schliff und sonstigem Aus sehen täuschend ähnlich sehen ; sie sind jedoch daran zu er

Rhode Island geholt. Doch wie täuschend die Maske aller dieser steinernen

erschien ihm nun beschränkt, und er sehnte sich danach die Dieser Wunsch wuchs mit ihm.

Nach

langen Kämpfen mit seinem Vater, der nicht davon hören.

Industrieritter auch sein mag, nie werden sie dieselbe Macht

wollte, da Christoph ihm schon ein tüchtiger Beistand ge worden, und dereinst zu seinem Nachfolger bestimmt war,

und Bewunderung sich erringen wie die ächten „Fürsten

versicherte sich Christoph der Zustimmung seiner Mutter,

des Steinreichs. “

und flüchtete aus dem elterlichen Haus. Zunächst begab er sich nach Mühlheim, welches schon damals einen ge wissen Ruf genoß, und fand dort als Formschneider Be schäftigung in den berühmten Zeugdruckereien von Henry

Geschichte eines deutschen Kattun-Druckers in Frankreich. Christoph Philipp Oberkampf wurde geboren am 11. Juni

Dollfuß und Samuel Köchlin. War der alte Oberkampf auch anfangs empört über dieses Betragen, so gelang es doch der Zeit und dem Ein fluß der Mutter allmählig seinen Groll zu beschwichtigen.

1738 in Wiſſenbach, einem kleinen Städtchen Naſſau's.

Er hatte dem Sohne längst verziehen, als derselbe nach

Sein Vater , ein Färber , tüchtiger Arbeitsmann und dabei ſtrenger Lutheraner, hatte in seiner Jugend lange

sechsmonatlicher Abwesenheit ins elterliche Haus zurück. kehrte mit der Bedingung dasselbe nach Belieben wieder

Wanderschaften gemacht, von seiner Arbeit lebend, indem

verlaſſen zu dürfen .

Geschichte eines deutschen Kattun-Druckers in Frankreich.

184

Es stand auch nicht lange an so wurde die Unruhe wieder in ihm rege, und im October 1758 machte er sich

den,

Grund und Boden war

um

geringen Preis

abermals zu Fuß, auf die Reise nach Paris, um von dort weiter nach Spanien zu wandern. Er erreichte die große

vor den Genüssen und Zerstreuungen des Stadtlebens.

zu

bekommen, und die Abgelegenheit des Thales bewahrte es

Oberkampf und sein Gefährte waren bald entschlossen

Stadt mit fast leerem Beutel, aber mit dem Herzen voll Muth,

pachteten ein kleines unbewohntes Haus mit anliegendem

Vertrauen und Energie.

In Frankreich war damals die

Feld auf die Dauer von 9 Jahren, und schon wenige

Kattundruckerei noch strengstens verboten, nur das „ Clos

Tage darauf, im Frühling 1760, brachten Oberkampf, ſein

de St. Germain " genoß dazu, wie's scheint in Folge alther: kömmlicher Rechte des ehemaligen Klosters, eines besonderen

den neuen Schauplatz der Thätigkeit.

Privilegiums.

läufig klein genug bemessen ; das Haus bot so wenig Raum

Bruder Friß und zwei Arbeiter die Handwerksgeräthe auf Derselbe war vor

Unter dem Schuße dieses Privilegiums hatte ein ge

daß der große Kessel, welcher zum Hißen und Mischen der

wisser Cottin Druckereien errichtet, und an dieſen wandte sich nun der junge Oberkampf. Ein Zeichner, Formschnei

Farben dient, nicht darin untergebracht werden konnte, son

ein wahrer Fund, dabei war ihm Oberkampf von früher

dern wie der Feldkessel eines Regiments einfach im Freien, im Hof aufgestellt wurde. Dieß war der bescheidene Anfang einer der bedeutend

her schon bekannt.

sten und reichsten Fabriken Frankreichs.

der und Färber, alles in einer Perſon, erſchien Cottin als

Er beeilte sich seiner durch ein Enga

gement auf mehrere Jahre zu versichern, und bald wurde der günstige Einfluß des fleißigen und eifrigen jungen Ar beiters in den Kattundruckereien fühlbar.

Damals wurde

nach langem Zaudern endlich die Kattundruckerei freigege ben, und als nun die Geſeße darüber veröffentlicht wurden,

Mit großem Eifer wurde die Arbeit begonnen, und am ersten März 1760 druckte Oberkampf seinen ersten Cattun. Arbeitstheilung gab es bei dem geringen Personal nicht ; jeder der vier Arbeiter war Zeichner, Färber oder Drucker, je nach Bedürfniß, und nach zwei Monaten konnte schon.

erwachten in dem jungen Oberkampf die kühnsten Plane. Er war seines Gewerbes vollkommen mächtig, klug und

zu Markte gefahren werden.

arbeitsam ; seine Ersparnisse betrugen freilich nicht mehr als 125 Thaler, dieß war aber das Senftkörnlein welches

cantilen Theil des Unternehmens zu seiner Aufgabe ge: wählt hatte, sich derselben durchaus nicht gewachsen. Es

für ihn zum Wohlstand emporkeimen sollte.

gelang ihm nicht Verkäufe abzuschließen , und deßhalb wußte er auch nicht das Geld für die beim Ankauf der

Zugleich traf

es sich daß Cottin, dessen Geschäfte schon längst sehr schlecht standen, damals seine Zahlungen einstellen, die Arbeiter

Unglücklicher Weise zeigte Tavanne, welcher den mer

der außerdem getreulich seine eingegangenen Verpflichtungen

Gewebe ausgestellten und nun bald fälligen Wechsel her beizuschaffen. In seiner Bedrängniß wandte er sich an Oberkampf, welcher, obwohl nicht mit haftbar, doch seinem

eingehalten hätte, war nunmehr frei neue Verbindungen

Gefährten sofort seine 125 Thaler übergab, und dann

anzuknüpfen und neue Unternehmungen zu beginnen.

mit seiner gewohnten Energie die nöthigen Schritte that um diesen Schwierigkeiten entgegenzutreten. Zu dem Be

entlassen und sein Geschäft schließen mußte.

Oberkampf,

Einer seiner Landsleute, Namens Tavanne, hatte gleich bei der ersten Kunde des neuen Dekretes, und voll Hoff 1 nung in die glänzenden Aussichten, die daraus für das Geschäft erwachsen würden, eine kleine Kattundruckerei in der

hufe wandte er sich zuvörderſt an einen gewissen Parent, Buchführer des Rentamtes in Versailles, der von dort die

kampfdie dringendsten Vorschläge gemacht als Compagnon ein

Druckereien in Jouh schon öfter besucht hatte. Demselben war Oberkampfs Fleiß und Intelligenz längst aufgefallen, er kam ihm daher freundschaftlich entgegen und versprach

zutreten, und jetzt war dieser in der Lage gern Gebrauch

seine Verwendung.

davon zu machen.

schäfte ; eine kurze Zeit genügte jedoch um ihn zu über

die nöthigen Vorschüſſe von einem Seidenhändler zu erhal: ten, unter der Bedingung daß alle gedruckte Waare an

zeugen daß die Fabrik ungünſtig angelegt war. Warum sollte man in der Stadt bleiben wo Grund und Boden

denselben zum Verkauf abgeliefert, und er Antheil am Gewinn haben sollte. Der Seidenhändler erkannte bald

theuer, das Wasser entlegen, und die Arbeiter fortwährend

die großen Vortheile dieser Unternehmung, und da offen bar Oberkampf die Seele derselben war, so manövrirte er

Rue de St. Marcel errichtet. Echon längst hatte er Ober

Er betheiligte sich also an dem Ge

Zerstreuungen und Versuchungen jeder Art ausgesetzt waren? Oberkampf bestimmte seinen Associé auf dem Land einen günstigen Platz zu suchen, welcher auch bald gefunden war.

Drei Meilen von Versailles, fünfzehn von Paris

entfernt, liegt das friedliche Dörfchen Jouy- en-Josas, beste hend aus wenigen Hütten, welche die kleine Kirche umge ben. Nahebei fließt der Fluß Bièvre, von dem die, am Aus gang des Thales gelegenen Wiesen bewässert werden. Die Lage schien sonach alle Vortheile zu

vereinigen.

Das

Wasser war vorzüglich, und in reichlichem Maaße vorhan

In der That gelang es durch dieselbe

derart daß Tavanne bald disgustirt war, und jener mit geringer Einzahlung statt seiner in das Geschäft eintrat. Damit war aber eine Drohne in den Bienenkorb gekom: men welche den Honig der Arbeiterinnen für sich wegnahm. Hr. Parent, deſſen freundſchaftliches Intereſſe rege gewor den, merkte bald wie die Dinge standen, und daß der allzu aufrichtige und vertrauende Oberkampf durch die listige Habsucht seines Gefährten übervortheilt und mißbraucht werde. Er gab sich nun alle Mühe eine Abhilfe zu fin

Geschichte eines deutschen Kattun-Druckers in Frankreich.

185

den und trat bald auf mit einem dritten Partner, welcher

Ertrag von beinahe 12,000 Thaler aufzuweisen.

die schöne Summe von 50,000 Fres. in das Geschäft einzulegen bereit war und mit einem Drittel des Rein

thigt durch diese glänzenden Reſultate, beschloß die Geſell

gewinnes sich begnügte.

Oberkampf schlug freudig ein,

der Seidenhändler, wenn auch sehr beſtürzt, wußte doch nichts dagegen einzuwenden. Der neue Associé, Hr. Sarasin Demaraise, war ein gelehrter und geschickter Advocat und dabei ein sehr braver Mann. Er und Oberkampf wurden bald Freunde. Es dauerte nicht lange so entdeckte Demaraise die offenkun digsten Betrügereien von Seite des Seidenhändlers und

Ermu

schaft das zwar schon vielfach verbesserte, aber immer noch viel zu kleine Haus zu vergrößern, und Demaraiſe bot bereitwilligst die nöthigen Mittel dazu. Das neue Ge bäude wurde im Jahr 1764 begonnen und zwei Jahre darauf vollendet.

Jest nahm das Unternehmen große Dimensionen an, denn während Oberkampf unablässig bemüht war stets

verständigte sich mit Oberkampf dahin denselben nicht länger

neue, schöne Zeichnungen, mit den brillantesten Farben ausgestattet, zu liefern, versäumte er nicht für die große Mehrheit der Consumenten minder kostbare Waaren zu

zu dulden.

Da der Kaufmann nicht gutwillig seinen An

liefern, welche, da die Muster meist aus durchlaufenden

theil am Geschäft aufgeben wollte, kam es zu einem ernst

Arabesken und Blumen bestanden, in Zeichnung und Farbe nach der Mode stets wechselnd, Mignonettes genannt

lichen Proceß, für Oberkampf eine beunruhigende Sorge. Mit dem Seidenhändler kam es indeß zu einem gütlichen Vergleich, die Drohne verließ den Bienenstock, mit Honig reich beladen, und das Geschäft wurde nun unter der Firma: S. Demaraise, Oberkampf und Comp., aller Hin derniſſe ledig mit erneutem Eifer und Fleiße fortgeführt. Es ist bekannt daß in Indien schon seit unvordenk lichen Zeiten Kattune gedruckt worden sind. dort allemal nur die Contour gedruckt,

Jedoch wurde

die sämmtlichen

Farben mußten dann mit der Hand hineingemalt werden, daher auch der, in Frankreich noch gebräuchliche Namen : toiles peintes.

Derartige Induſtrie war natürlich nur

bei den niedrigsten Arbeitslöhnen möglich,

auch wurden

deßhalb in Europa die sämmtlichen Farben, sowie die äußere

wurden und einen massenhaften Absah fanden. Der Ruf der Fabrik war nun fest begründet. Ihn zu erhalten war Oberkampfs unermüdliches Beſtreben. Er war fortwährend bedacht jede Leistung zu verbessern und zu vereinfachen, er richtete eine Waschmaschine ein Handarbeit möglichst zu ersehen, und als sein Bruder auf Kupfer gravirte Muster mitbrachte, scheute er die erhöhte Ausgabe nicht um diese Neuerung sogleich für die feineren Waaren einzuführen . Oberkampf war bisher noch ledig geblieben, jest aber Er wollte er seinen Wohlstand nicht allein genießen. wählte seine Fran aus einer protestantischen Familie in Sein Glück war jedoch von kurzer Dauer, Sancerre.

eine

denn schon im Jahr 1782 erbte seine Frau von einem der Kinder die Blattern, und fiel ihnen zum Opfer.

kurze Beschreibung dieses einfachen Verfahrens zu geben. Das Muster wurde auf so viele glatt gehobelte Stücke

Während dieserZeit hatte Ludwig XVI den Thron Frank reichs bestiegen. Voll desschönsten Bestrebens die einheimische

Holz gezeichnet als dasselbe verschiedene Farben bekommen sollte. Nehmen wir an z . B. roth, blau und grün. Nun

Induſtrie zu heben und das Verdienſt zu belohnen, gab er der Fabrik in Jouy den Titel „Königliche Kattundruckerei “ und erhob später aus freien Stücken Oberkampf in den Adelstand.

Linie gedruckt ; der Erfolg blieb jedoch lange sehr zweifelhaft. Es wird gut sein hier, für die Uneingeweihten,

wurde auf der ersten Holztafel alles bis auf das Rothe weggeschnitten und dieß zuerst gedruckt, dann ebenso mit den zwei andern Holzblöcken und Farben verfahren.

Na

Im Jahr 1789 war der Vertrag mit Demaraise abge:

türlich mußten die Blöcke stets mit mathematischer Genauig keit auf den gleichen Platz gelegt werden um das Muster

laufen, nachdem er 25 Jahre gedauert hatte, und dieser wünschte jetzt sich von den Geschäften ganz zurückzuziehen.

correct herzustellen, und dann blieben immer noch einige Farben, wie z. B. Indigo mit der Hand, mit kleinen Pin

Sein Vermögen hatte sich sehr vergrößert, denn die zu theilende Summe belief sich nun auf 1,800,000 Thaler.

seln hineinzumalen, wozu meiſtens Frauen verwendet wur Dabei war man damals in der Behandlung der ben.

gewesen waren, als Freunde.

Farben noch nicht sehr geschickt, denn die Chemie hatte sich noch nicht damit befaßt, und das ganze Verfahren war

Die zwei Gefährten schieden als das was sie sich immer

Oberkampf war durch den Wohlstand seiner Familie nicht entfremdet worden ; im Gegentheil nahm er sich aufs lebhafteste der Familie seiner Geschwister an, nahm

noch ein mühsames, kostspieliges und schwieriges. Selbst verständlich lag dabei unendlich viel daran recht gute,

mehrere seiner Neffen ganz zu sich, zog sie nach und

geübte Arbeiter zu bekommen .

nach mit ins Interesse, und wurde durch ihre Dankbarkeit

Den Eifer mit welchem nun gearbeitet wurde belohnte bald der entschiedenste Erfolg. Die Muster fanden allge meinen Beifall, und der ausgezeichnete Druck machte die

nem ältesten Neffen, Samuel Widmer der Fall, welcher

Waare leicht verkäuflich. rasch.

Auch der Gewinn mehrte sich

Während derselbe im ersten Jahre zwischen 15 bis 1800 Thaler betrug, hatte das zweite Jahr schon einen

und ihre Intelligenz belohnt ; dieß war namentlich bei ſei:

ein ausgezeichneter Chemiker und Mechaniker wurde. Mit den großen Chemikern seiner Zeit, mit Berthollet,

Chaptal, Monge und Chevreuil, war Oberkampf in bestän diger Verbindung .

Gay- Lussac hielt in Jouy chemische

Geschichte eines deutschen Kattun -Druckers in Frankreich.

186

So verdankte man der Anwendung der wissenschaft

zeichnete, und begab sich zurück nach Jouh, wo er gelassen dem Ausgang der Sache entgegensah. Erst sehr viel später erfuhr er daß die Wechsel nicht

lichen Theorie auf die Praxis manchen schönen Fortschritt, unter anderm das Bleichen mit Chlor.

in Curs gebracht werden konnten und vernichtet worden waren.

und physikalische Vorträge für die Arbeiter, und mit vielen neuen Erfindungen und Versuchen wurde dort experimen tirt.

Zwei Monate darauf wurde Oberkampf als Mode Unterdessen nahm die Revolution ihren Verlauf, und Mit rich die allgemeine Aufregung stieg noch immer.

rirter, versteckter Royalist, mit einem Wort als ein reicher Mann denunciirt. Diese Anklage wäre hinreichend ge

tigem Tact benüßte Oberkampf diesen Augenblick um eine wesen um ihn aufs Schaffot zu bringen, wenn er nicht große Zeichnung, das Fest der Conföderation darstellend zum Glück einen warmen Freund und Vertheidiger an und für Vorhänge bestimmt, drucken zu lassen.

Der Er: einem der Mitglieder des Comité's gefunden hätte, und

folg war überraschend.

Nun machten es sich große Künſt dadurch die Weiſung bald erhielt daß die Fabrik, als eine

ler, wie Heult, Lebas und Demarne, zur Aufgabe eine der Republik nühende Anstalt, Reihe ähnlicher und auch nicht politischer großer Zeich nungen erscheinen zu lassen ; Oberkampf hatte abermals

von Oberkampf, seiner

Frau und seinen Kindern fort betrieben werden sollte.

Das

Ende der Robespierre'schen Herrschaft brachte

den Tact die politischen Stoffe bald wieder fahren zu lassen. Abermals wurde Mangel an Raum in der Fabrik fühl

einigermaßen Ruhe und Sicherheit mit sich, und in Jouy fing man an wieder tüchtig zu arbeiten. Im Jahr 97 erhielt der Fleiß eine neue Anregung durch die Erfindung

bar, und nun wurde ein koloſſales Gebäude nach dem

des

Plan eines Pariser Architekten projectirt und sogleich in Angriff genommen . Zu ebener Erde wurde eine große

Verdienst und als ein großer Fortschritt anzuerkennen ist, denn die neue Maschine druckte 55 Ellen täglich, und er

Halle, welche durch 88 Fenster das Licht erhielt, für die

sezte somit 45 Drucker. Immerhin blieb aber das Gra: viren der Walzen eine langwierige und kostspielige Arbeit,

Druckerei bestimmt.

Im ersten Stock waren die Bureaux,

die Zimmer der Gravirer und Zeichner und die Shawl Druckerei. aufbewahrt.

Daſelbſt wurden auch die sämmtlichen Modelle Im oberen Stock wurden die reichen Muster

Walzendruckes ,

welche

hauptsächlich als Widmers

bis es nach dreijährigem fortgeseßten Studium abermals Widmer gelang eine neue Maschine zur Vereinfachung dieser Arbeit zu erfinden.

vollendet, und ungefähr 300 Frauen waren an langen Tischen damit beschäftigt. Obenauf war dann noch ein.

Die Erfolge Napoleons und die Proclamation des

großer luftiger Speicher, von allen Seiten offen, wo die

Kaiserreichs erhöhten die Thätigkeit der Fabrik, in welcher nun 1400 Arbeiter beschäftigt waren.

gefärbten Stoffe zum Trocknen aufgehängt wurden, die dem Ganzen in der Entfernung ein malerisches Ansehen verliehen.

Im Jahr 1792 war das Gebäude vollendet,

Im Juni 1806 kam eines Tages ein kaiserlicher Garde de Chasse in Jouh angesprengt und meldete den Besuch des Kaisers, fast unmittelbar darauf kam Napoleon in

und in diesem Jahr war auch die Blüthe des Etabliſſe

Begleitung der Kaiserin Josephine, umringt und bewill

ments noch nicht beeinträchtigt, troß der politischen Un ruhen.

kommt von einer dichten Menge Bauern und Arbeitern.

Die Aufregung und Ueberspanntheit der Revolution

sprach der Kaiser seinen Wunsch aus , die Walzen - Druck

hatte längst auch das

ruhige Dörfchen Jouy erreicht. Volksversammlungen und politische Feste hatten stattge: funden, und es war ein Glück daß die ganze Munici palgewalt in den Händen Oberkampfs lag, welcher es nicht versuchte den Lauf des Stromes zu hemmen, und dem: selben erlaubte sich in stürmischen Reden und Beschlüssen zu ergießen, der aber ein um so wachſameres Auge auf wirkliche Handlungen behielt. Troydem blieb er aber

Nach einigen rasch

an Oberkampf gerichteten

maschine zu besichtigen.

Dieselbe wurde in

Worten

Gang ge

ſeßt, der weiße Stoff wurde unter die Walzen gebracht, und zum allgemeinen Erstaunen per Minute acht Ellen davon gedruckt.

Auf ein gegebenes Zeichen wurden die

Walzen gewechselt und andere Muſter gedruckt.

Napoleon

sprach wiederholt seine Befriedigung aus, besichtigte dann die ganze übrige Fabrik, fortwährend die eingehendsten

Am 19 Febr. 1794

Fragen stellend, deren Beantwortung die vollste Aufmerk samkeit seines Wirthes erforderte. Dann kehrte er zurück

wurde er von der Polizei auf den andern Tag um 11 Uhr in das Hôtel de Toulouse beschieden. Unten ſtand die

in den Hof, wo er abermals von der Menge umringt und jedes Fenster des riesigen Gebäudes von Arbeitern dicht

verhängnißvolle Bemerkung : „ Pünktlichkeit strengstens ver langt. " Als Oberkampf erschien, wurde ihm ein Plan vor

besetzt war.

gelegt wie 50 Millionen Francs

erhobener Stimme ſagte : niemand ſei würdiger es zu tragen. Bei der vierten internationalen Induſtrieausstellung, im

nicht ganz vom Schrecken verschont.

„ um das Land zu retten. "

erhoben werden sollten

Vierundvierzig der hervor

ragendsten Bankiers sollten dafür bürgen, und Oberkampfs * Unterschrift wurde dazu verlangt. Es wäre nuglos und gefährlich gewesen dieselbe zu verweigern ; Oberkampf unter

Da nahm Napoleon sein Ehrenkreuz ab, und

heftete es selbst auf Oberkampfs Brust, indem er mit

Jahr 1806, zu welcher die Manufacturen von Jouy zum erstenmal eine herrliche Auswahl ihrer Erzeugnisse geschickt hatten, erhielten dieselbe die goldene Medaille.

魂 黎

Die Russen in Bochara.

Die folgenden Jahre waren bemerkenswerth durch zwei

187

machen.

wichtige Erfindungen : erstens eine Art die grüne Farbe dauerhaft und unmittelbar zu drucken, ferner die Behand

Er sendete ihnen sogar Unterhändler und bat 1865 um Abordnung einer Botschaft nach der Hauptstadt Bochara. Die Russen, obgleichfie dem Emir zu mißtrauen

lung der Farben durch Dampf.

Ursache hatten, schickten ihm doch den Obersten Struve, in

Inmitten dieser ehrenvollen und arbeitssamen Wohl habenheit hatte Oberkampf manche Betrübniß des Lebens durchzumachen : Krankheit und Tod seines Kindes und ſeiner Freunde. Im Jahr 1810 verlor er noch Ludwig Rohr. dorf, den leßten seiner Gefährten aus früherer Zeit. Der rüstige Oberkampf selbst schien jedoch sein vorgerücktes Alter kaum zu empfinden.

Es war längst sein Wunsch, unab hängig von den Baumwollspinnereien, selbst in seiner Fabrik die rohe Baumwolle in gedrucktem Cattun zu ver wandeln. Er errichtete nun zwei Spinnereien, die eine durch seinen Schwiegersohn Ferry, die andere zuerst von seinem Bruder Frit, und als dieser sich zur Ruhe begab, von ihm selbst geleitet. Durch Napoleons Sturz und das Eindringen der Alliir ten wurde zum erstenmal die Fabrik in Jouy geschlossen. Der Wiederbeginn der Arbeit wurde neuerdings durch Na poleons Rückkehr von Elba und die Besetzung fremder Truppen verzögert. Die Gebäude blieben jedoch unver

deffen Gefolge sich Hr. Gluchofsky befand, von dem ein Bericht über die Beobachtungen und Erlebnisse der Bot schafter, begleitet mit Bemerkungen des Hrn . v. Khanikof, vor uns liegt.

Am 19. October 1865 verließen die Russen. Taschkend, und begaben sich nach Alt Tschinas, damals

dem äußersten Posten ihrer Macht am rechten Ufer des Eyr Darja. Da sie ihren Weg über Dschusak ( Dschizzak auf Vámbérys Karte) nach Samarkand führen sollte so galt es zunächſt eine öde waſſerlose Strecke zu überſchrei ten, die zwischen dem Ehr Darja und Tſchuſak ſich 14 D. M. (1 D. M. = 7 Werst) ausbreitet, und welche die Kara: wane in zwei Märschen zurücklegen, wobei ſie ſich mit Wasservorräthen versehen. Alt Tichinas ist wegen naher Moräste ein ungesunder Ort, dem es an Feldbau, an Brennholz, ja selbst an trinkbarem Wasser fehlt, das viel mehr aus dem Tschirtschik, 5 Werst entfernt, herbeigeholt werden muß. Der Ort (2000 Köpfe) verdankt seine Bedeutung nur dem dortigen Uebergang über den Syr

sehrt, und als der Friede endlich hergestellt war begann die Arbeit von neuem.

Darja. Die Ruſſen haben den Platz verlassen und Neu Tschinas an der Mündung des Tschirtſchik (linker Nebenfluß)

Jedoch war der alte Oberkampf jeßt nicht mehr fähig Sorgen, Arbeit und Unglück so wie sonst zu tragen. Er fing an schwach und kränklich zu werden. Eine heftige

in den Syr Darja im Frühjahr 1866 gegründet, am linken Ufer des Syr aber einen Brückenkopf befestigt. Die Brücke fehlt zwar vorläufig noch, soll aber bald erbaut

Erkältung brachte ihm ein schlimmes Fieber, und am 4 Oct. 1815 beschloß er mit 77 Jahren seine ehrenhaftes , nuß

werden, oder ist vielleicht in letter Zeit schon erbaut wor den. Wie mächtig der Verkehr seitdem gewachsen ist kann

bringendes Leben, umgeben von seiner Familie und seinen. zahlreichen Freunden. Er hinterließ einen Sohn und drei verheirathete Töchter.

die Fährgerechtigkeit über den Eyr vom Juli bis Novem ber 1866 1900 Rubel gezogen hat, auch wurden in der

Das Geschäft wurde noch 6 Jahre lang durch den Sohn, Emil Oberkampf und den Neffen S. Widmer fortbetrie ben, nach dessen Tode durch ersteren und einen neuen Compagnon, dem er jedoch durch seine schwache Gesundheit bald genöthigt war das väterliche Anwesen ganz abzu treten. Das Gedeihen der Fabrik schien aber mit dem Namen Es wurde darauf eine Oberkampf dieselbe zu verlassen. Nach Actien Gesellschaft gegründet, aber ohne Erfolg. wenigen Jahren wurde die Arbeit eingestellt und das An wesen verkauft. Nur das Hauptgebäude ist noch bis auf heutigen Tag stehen geblieben.

man daraus schließen daß die Krone aus dem Pacht für

nämlichen Zeit nicht weniger als 72 Häuser in Neu Tschi Die Schifffahrt auf dem Syr Darja reicht

nas erbaut.

aufwärts nur bis zum Dorfe Jrdschar, wo der Fluß durch Katarakten unterbrochen wird , allein die russischen In genieure hoffen daß er auch oberhalb mit leichten Booten sich beschiffen lassen wird. Der größte Mangel in Chokand bleibt vorläufig das Brennholz. Zwar wird schon jetzt aus dem waldigen Quellengebiet des Syr Darja Holz geflößt, allein es reicht nur hin um die obern Städte zu versorgen, so daß nach den Pläßen unterhalb von Chod schend keine Zufuhren gelangen. Als die russische Gesandtschaft auf einer Barke ans linke User gesetzt worden war, gaben ihr die bochariotischen Begleiter zu verstehen daß sie jest Gäste ihres Emirs seien,

Die Ruffen in Bochara. Im Jahr 1864 hatten die Russen Taschkend erobert ; der Emir von Bochara durch Empörungen im eigenen Reiche in Verlegenheit gesetzt, konnte ihnen damals diese neue Ausbreitung im Chanat Chokand nicht streitig

obgleich zunächst nur eine Wüste vor ihnen lag, und diese Wüste, geographisch wenigstens, zu Chokand gehört. Das Wetter war klar, um Mittag heiß, in der Nacht kalt. Nach einer Entfernung von 22 D. Meilen vom Syr Darja erreicht man den ersten Brunnen, nach 2

D. M.

den zweiten, beide mit bitter salzigem Wasser. Anderthalb D. Meilen weiter stößt man mitten in der Wüste auf zwei Prachtbauten in gutem Styl. Das eine ist eine

Die Ruffen in Bochara.

188

Auch die

überdeckte Cisterne, das andere ein Karawanserai.

Das

schafter hielten ihren Einzug in Samarkand.

Wasserbecken des ersteren füllt sich

beim

Straßen der ehemaligen Kaiserstadt waren dicht gefüllt mit Neugierigen, so daß für drei Reiter neben einander

im Frühjahr

Schmelzen des Schnees, dessen Wasser ihm zugeleitet wird, allein schon Mitte Juni ist der Vorrath wieder erschöpft. Die beiden Gebäude wo die Ruſſen vom 22–23. October übernachteten, führen den Namen Mursa-Robat. Am näch sten Morgen wurden 7 Meilen bis Uetsch Tübeh marschirt. Dort sieht man bereits die Schneeketten von Dratübeh und vor sich die schwarzen Höhenzüge , an deren Fluß Dichusak liegt (jetzt von den Russen erobert).

Dort giebt

es Waſſer, Canäle und Feldbau, ja die Vorſtadt besteht nur aus Häusern mit Gärten. Der Beg der Stadt be:

kaum Plak vorhanden war, doch fiel keine Störung vor, obgleich eine volle Stunde verstrich ehe die Gesandtschaft das für sie bereit stehende Gebäude erreichte. Am nächsten Tage als sich die Kirgisen aus dem russischen Gefolge auf der Straße blicken ließen, wurden sie mit Steinen gewor fen. Hr. Gluchofsky meint zwar es sei dieß in Folge von amtlicher Aufheßerei geschehen , allein gewiß ist daß bei

sunnitischen Muhammedanern die Ruſſen nur auf Haß zu rechnen haben, der immer unter der Asche fortglühen wird.

die Bewohner zusammen um die Ruſſen zu ſehen , von

Bei den Tadschik und den schiitischen Persern, bei der un

denen sie so viel gehört hatten, von denen mancher fürch

terdrückten und geknechteten Bevölkerung mögen die Ruſſen dafür auf Anhang rechnen, aber dieß ist eben der schwä

ten, mancher hoffen mochte.

Weder feindselige noch freund

liche Kundgebungen wurden laut, leßtere wären überhaupt den Unvorsichtigen höchst gefährlich gewesen , denn die

chere und feigere Theil der Bevölkerung . Von Samarkand nach Bochara, dem linken Ufer des

Russen bestätigen Vámbérys

Zerafschan entlang liegt eine Entfernung von 36 deut Dort ist alles dicht bevölkert und jedes schen Meilen.

Angaben vollständig, daß

nämlich in Bochara nach Japan das Spionenweſen in höchster Blüthe steht. Von Dschusak aus folgten die Bot

Felsenthor sich zwängt, worauf sich sein Thal erweitert, die

Fleckchen Land bebaut, nur hinter Kette-Kurgan erstreckt sich eine Sandzunge in die fruchtbaren Gefilde hinein. Doch wird diese Strecke wohl bald der Cultur gewonnen.

Berge von Dschusak zurücktreten, und das eigentliche Bo chara erreicht wird. Das Emirat Bochara ist nämlich

werden, denn das Grundeigenthum beſigt in Bochara einen so hohen Werth, daß viele Leute ihren Lebensunterhalt

nichts weiter als die doppelte Uferlandschaft des Gold

dabei finden durch mühsamen Anbau öde Strecken in Von Kette-Kurgan gelangte Fruchtland zu verwandeln.

schafter dem Laufe

des Dschaman Uti, der durch ein

ausstreuers oder Ser-Afschan, hoch cultivirt so weit das

Vor:

Wasser jenes Stromes ins flache Land sich verbreiten läßt.

die Botschaft in fünf Märschen nach der Hauptstadt.

Am 25. Oct. verließ die Gesandtschaft den festen Play Yangi-Kurgan oder die neue Festung und betrat ein

her treten die Berge zurück und zugleich steigeri ſich der Anbau des Landes, leider ist er nur durch die Wassermenge

fleines Steppengebiet wo Usbekenstämme hausen. Sie sind

des Zerafschan, die unter polizeilicher Aufsicht vertheilt wird, beschränkt . Hinter Bochara wird der Zerafſchan von

beinahe unabhängig vom Emir, ja gerade 1865 war eine Empörung erst unterdrückt worden, während welcher die Usbeken sich Samarkands zu bemächtigen trachteten. Diese

der Cultur völlig aufgesogen, so daß er den Oxus nicht erreicht.

Usbeken sind der streitbarste Völkerschlag des Emirates,

Auch in Bochara waren beim Einzug der Ruffen am

liefern den größten und besten Theil der Soldaten, eine

2. November die engen Straßen dicht gefüllt mit Neugie

ganz vortreffliche Reiterei, und sind überhaupt der herr schende Stamm sowohl in Bochara als in Chokand, denn

rigen und die Polizei mußte mit Peitschenhieben der Ges In einem engen sandtschaft einen Durchgang bahnen.

außer ihnen gibt es in den Städten nur die unterworfe

Gäßchen lagen die Gebäude welche für die Gesandten be

nen Tadschik, ein altiranisches Culturvolk, dann persische

stimmt waren.

Sklaven, so wie in einigen Theilen auf den Steppen Kir

daß das Hofthor welches in die Stadt führte, von außen verschlossen worden war. In der That wurden sie als

gisen.

Jene Usbeken nun sind fanatische Muhammedaner

und heftige Chriſten: alſo Ruſſen-Hasser.

Ihre Schwärme

umringten das Botschaftergeleite unter den schlimmsten

Schon am nächsten Tage merkten sie jedoch

Gefangene, nicht als Botschafter behandelt, die ruſſiſchen Officiere mußten sogar ihre Waffen abliefern und wurden.

Drohungen, sie warfen sogar Steine nach den Koſaken,

ſpäter mit Gewalt wieder nach Samarkand gebracht, wo

und nur Geduld, verbunden mit Kaltblütigkeit, rettete die

sie nicht nur Monate in Haft gehalten wurden, sondern auch das schlimmste über ihren Häuptern schwebte. Am

Ruſſen vor einer Schlächterei.

Jezt sind jene Usbeken

Unterthanen (vorläufig dem Namen nach) des Kaisers Alexan der geworden. Das Land glich bald einem ununterbrochenen Garten, denn die Reisenden befanden sich in der Landschaft Mian

B

by

dem usbekischen Theil der Bevölkerung, überhaupt bei allen

Ueberall drängten sich

wirthete die Gesandtschaft gastlich) .

‫ام‬

11. Februar 1866 hatte nämlich General Tschernajef den Syr überschritten und war durch die Wüste bis

nach

Dschusak vorgedrungen, dort aber mußte er angeblich wegen.

kal, die wegen ihrer Fruchtbarkeit im Morgenlande gefeiert

Futtermangels umkehren. Jeht ging der Emir Mozaffer von Bochara zum Angriff über, er rückte bis an den Syr

wird. Der reißende Zer- Afschan wurde an einer Furt, wo er sich in mehrere Arme theilt, überschritten, und die Bot

sich die Stromschnellen befinden, zu einer großen Schlacht,

Darja vor und am 6. Mai kam es dort bei Frdschar, wo

K+

·

Das Matterhorn (Mont Cervis) in Wallis.

die aber der russische General Romanofsky glänzend ge wann.

189

Am 4. Sept. 1868 bestieg ihn ein Mann der geologischen

Der Emir verlor seine Artillerie, die Stadt Chod:

Wissenschaft, H. Giordano, Inspector des Bergbaues im König.

schend mußte sich ergeben und jetzt erst wurden die schmäh

reich Italien, und entwarf ein auf barometriſche Höhenmeſſun

lich gefangen gehaltenen Botschafter ausgeliefert.

gen gestügtes, sorgfältig ausgeführtes geologisches Profil

Da sie während dieser Zeit streng bewacht worden waren und bei dem herrschenden Spionirſyſtem niemand ihnen die geringste Auskunft zu geben wagte, so konnten sie sich

des Berges, welches derselbe dem ausgezeichneten Schwei zer Geologen B. Studer in Bern mittheilte. Leßterer spricht sich über diese Beobachtungen und daraus gezogene Fol

Dochschon

gerungen rücksichtlich der Bildung dieses seltsam gestalteten

aus dem was sie unterwegs sahen , wird alles beſtätigt

Berges näher in einem Briefe aus welcher in dem „ Neuen

nur wenig über Land und Leute unterrichten.

was wir früher über die Lebensfülle Freghana's wußten .

Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie

Die Russen sind seitdem nach Samarkand vorgerückt, nicht

von G. Leonhard und H. B. Geinig“ (Jahrgang 1868.

der Syr Darja ist mehr die Gränze ihrer Eroberungen,

Erstes Heft) abgedruckt ist.

sondern bereits der Zerafschan. Es genügt ein Blick auf die Karte um zu wiſſen daß die Tage des Emirates Bo chara bereits gezählt sind.

Zwei Herren können sich nicht

in die Gestade des nämlichen Flusses theilen, und der Emir ist seinen Gegnern nicht gewachsen. Turkistan ist eine

Studer's früher ausgesprochene bezügliche Ansicht ist durch die Beobachtungen von Giordano einigermaßen mo dificirt worden. Sehr richtig hielt es Studer für unmög lich daß der riesige Felszahn aus der Tiefe hervorgehoben worden sei, dagegen spreche, wie schon der einsichtige alte

glänzende Kriegsbeute.

Da es zwei wichtige Handelsartikel

Alpengeologe de Saussure hervorgehoben hat, die Schärfe

erzeugt, Seide und Baumwolle, und an Arbeitskräften kein Mangel herrscht, so brauchen die Russen nur zu wollen,

ſeiner Kanten, die pfeilerähnliche Geſtalt und die gleichför: mige geneigte Stratification. Wie sollte eine hebende.

um im Herzen von Centralasien europäisches Fabrikwesen

Kraft, deren Wirkungen wir im Aufsteigen ganzer Länder.

anzuſiedeln.

Doch trägt die Eroberung Turkiſtans einen an maſſen oder in blaſenartigen Anſchwellungen kennen , ein

dern Charakter als die früheren Besißergreifungen derKirgiſen: Die Russen wandern be

so scharf begränztes Felsstück aus der Erdrinde hervorschie ben können. Das Matterhorn müßte offenbar starr, wie

kanntlich nicht aus, oder sie wandern vielmehr in das aſia

es jezt ist, ausgestoßen worden seyn, und die hebende

ſteppe oder etwa des Amurlandes .

tische Reich hinaus.

Daher entsteht das Bedürfniß nach Maſſe wäre unter ihm zu suchen. “

Studer hielt dafür

neuen Länderräumen, die den Bevölkerungsüberschuß auf

daß

nehmen können, wie denn in dem Transiligebiet im Süden

weithin ausgedehnte Anschwellung gebildet habe, ein großer

des Balchasch schon jetzt ein neues Stück Rußland auf blüht. In Turkistan dagegen gibt es keine leeren Räume.

Theil der Masse sey aber zurückgedrängt, und die mächti

die Hebung des Bodens ursprüglich eine mächtige,

gen, aus ungleichartigen ſtratificirten Steinarten bestehen : So weit das Wasser , so weit reicht der Feldbau,

und

so weit der Feldbau reicht, ist die Bevölkerung bereits an gewachsen.

Turkiſtan läßt sich also nicht besiedeln, sondern

den Pfeiler des Monte Rosa, des Lyskamms, des Matter horns , der Dent-Blanche u . s. w. seyen die Ruinen des alten Gewölbebaues.

nur beherrschen, und mit seiner Eroberung gerathen die

Nach den Beobachtungen von Giordano ist das Matter

Ruſſen in eine ähnliche Lage wie die Briten in Indien.

horn, wie auch sein Nachbar der Monte Rosa, vom Fuße

Die Usbeken werden sich nie unterwerfen, in den Russen

bis zum Gipfel sehr deutlich geschichtet mit einer schwachen.

nur Unterdrücker und nur verhaßte Ungläubige erblicken weßhalb zum Festhalten des Chanates Chokand und des Emirates Bochara stets eine nicht unbeträchtliche Waffen macht erforderlich bleiben wird.

Neigung von SO. nach NW. Fast bei jedem Schritt im Aufsteigen tritt man auf eine andere Felsart, schieferiger Kalkstein, Cipollin, Dolomit, Chloritschiefer, Talkschiefer, Serpentin, Hornblendeschiefer folgen in regellosem Wechsel aufeinander.

Das Matterhorn ( Mont Cervin) im Wallis. Wer im Kanton Wallis in der Schweiz das interessante Visp Zermatt- Thal besucht hat, wird die eigenthümliche Gestalt des obeliskenartigen, scharfkantigen, an 14,000 Fuß hohen Matterhorns (Mont Cervin) nie aus dem Gedächtniß ver lieren ; der merkwürdige Felszahn hat nicht entfernt seines gleichen im ganzen Gebiet der Alpen, überhaupt wohl nicht in Europa. Früher wurde er für unbesteigbar gehalten, in neuerer Zeit haben Touristen seine Besteigung gewagt, und sie hat sogar Menschenleben gekostet, indeß scheint man jezt leichtere Zugänge zu ſeinem hohen Gipfel gefunden zu haben.

Diese Weise der Zuſammenſeßung und der

Stratification hat das Matterhorn mit einem großen Theile der umliegenden Gebirge gemein, und es darf daher kei neswegs jener in seiner Gestalt so ausgezeichnete Fels: gipfel als eine sich von ihnen abtrennende, selbständige Masse betrachtet werden.

Die weitere Ausführung, durch welche die obige frühere Ansicht Studer's in ansprechender Weise modificirt wird, geben wir mit seinen eigenen Worten, wobei lobend an: zuerkennen ist daß derselbe selbst seine frühere Anschauung wesentlich berichtigt hat,

nachdem fremde aber durchaus

stichhaltige Beobachtungen ihm die Veranlassung dazu gaben. Darin erkennt man den wackern Naturforscher, dem jedes Vorurtheil fremd ist.

Studer sagt nämlich :

190

Die lezte Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten. Giordano hat sich auch vollständig überzeugt daß die

Felslager des Furggengrates, des Hörnli und der andern Umgebungen des Matterhorns ohne Unterbrechung in den Fuß desselben fortſeßen, daß alſo das Horn nicht der ſtehen gebliebene Ueberreft einer rings um dasselbe herum ein gesunkenen, durch Verwerfungen von ihm getrennten Maſſe sei, und noch weniger werden wir dem Gedanken Raum geben es von unten her aus seiner Umgebung hervorstoßen zu laſſen. So bleibt denn doch, wenn wir nach der Bil dungsweise dieser gewaltigen Gipfel fragen, nichts anderes übrig als die Lücken zwischen ihnen durch eine gewaltige Erosion zu erklären. Die abgebrochenen, wenig geneigten. Felslager des Monte Rosa, Mont Cervin, der Dent d'He rens und auch wohl der nördlich vorliegenden Gipfel müssen früher eine zusammenhängende Masse gebildet haben, sie gehörten einer allgemeinen Anschwellung des Bodens an, deren Spuren wir noch in der entgegengefeßten Neigung. der Felslager in den südlichen und nördlichen Ausläufern wahrnehmen. Die Anschwellung mußte eine Zerspaltung der äußern Masse zur Folge haben, und in den entstan denen Klüften haben die zerstörenden Agentien , Wasser, Frost oder Eis, während ungezählten Zeiträumen wirken Addicom können. Die Thatsachen daß die Felslager der Umge bung höherer Gipfel in den Fuß derselben fortseyen, ist aber die allgemeine Regel in unsern Hochgebirgen, und die vorige Folgerung muß auch für sie ihre Geltung haben. Die Thäler des Aargletschers, des Aletschgletschers , der beiden Grindelwaldgletscher u. a., wenn auch, wie die meisten Thäler unserer Hoch- und Kalkalpen, ursprünglich durch Spaltung entstanden, verdanken der Erosion und nicht Einsenkungen den größten Theil ihrer Erweiterung. So unglaublich Erosionen von dieser Größe erscheinen mögen, ihre Annahme ist immer noch eine bescheidene Zu muthung im Vergleich mit der Lory Favre'schen Hypothese,

lich gewesen ist, vielleicht nur nach Millionen von Jahren abschäßen könnte.

Die letzte Präsidenten-Wahl

in

den

Vereinigten

Staaten. Man kennt jest in officieller Form das nähere über die Volksabstimmung bei der Präsidentenwahl in Nord amerika, und die Vergleichung zwischen den Gesammtſummen die sie zeigt, und der wirklichen Mehrheit welche General Grant sowohl im Congreß als , wenn wir nach Staaten rechnen, bei der Präsidentenwahl selbst erhalten hat, ist nicht ohne politische Wichtigkeit.

Wenn wir die Abstim

mung in den einzelnen Staaten ins Auge faſſen, ſo hatte General Grant 26 Staaten für sich und nur 8 gegen sich. Blicken wir auf die Vertretung im nächsten Congreß im Repräsentanten - Hause , so ist die Mehrheit seiner Partei bei weitem nicht so groß, ja man sagt daß sie nicht hin reiche um bei einer Abstimmung, eine Zweidrittheilsmehr heit herbeizuführen - was indessen nebenbei gesagt, in Wirklichkeit — ſo künſtlich iſt das System in den Vereinig zu Grants Gunſten ſpricht, da es seine Par ten Staaten tei der Macht beraubt seine Vetos zu verwerfen, während es ihr die volle Macht gibt alles zu thun wozu er seine Einwilligung gibt, so daß er mehr Macht hat als er haben würde wenn die Partei welche ihn ins Amt gebracht hat, größer gewesen wäre als sie ist. Wenn wir uns aber von der nach Staaten gerechneten Mehrheit, und der Mehrheit im Congreß zu der Mehrheit bei der Volksab. stimmung wenden, so finden wir einen wundervollen Unter schied. Die amtlichen Listen zeigen eine Gesammtſumme von 3,008,501 Stimmen für General Grant gegen 2,705,628

nach welcher wir unsern höchsten Gipfel nur als die legten Stümpfe abgetragener Gewölbe zu betrachten hätten. Sie

wider ihn, oder, mit andern Worten, eine Mehrheit für etwa ihn bei der Volksabstimmung von nicht 6 Proc. -

unterscheidet sich auch von der Erklärung der Thalbildung durch Wasserströme oder Gletscher durch die Voraussetzung

ein 19tel sämmtlicher Stimmzettel. Die Abstimmung in den Vereinigten Staaten würde, wenn das ganze Volk in Maſſe

einer frühern Zerspaltung welche der nachfolgenden, zum Theil noch fortdauernden Erosion den Weg geöffnet haben.

gestimmt hätte, in der That offenbar ſehr unentschieden ge blieben sein. Nur die sehr weite Vertheilung einer entschiedenen, obgleich geringen, Vorliebe für den General

muß, den diese, auf sich allein angewiesen, nicht, wie wir es sehen, in gleicher Richtung durch die festesten und weich sten Gesteine fortgesett hätte." So weit Studer, dessen Anschauungen von der riesigen Erosion durch die jest vorliegenden Beobachtungen voll

Grant machte das Ergebniß des Kampfes so überwältigend und entscheidend. Die Erklärung des Votums liegt darin daß in weitaus der größeren Anzahl der Staaten General Grant der volkthümlichere der beiden Bewerber, in sehr

außerordentlich lange Zeiten müssen erforderlich gewesen

wenigen derselben aber der sehr viel populärere war. Die Wirkung des Repräsentativ- Gesetzes indessen ist : einer

sein um diese so gewaltig eingreifende Erosion zu den Seiten des

weit verbreiteten Vorliebe für dieſen oder jenen Candidaten

Matterhorns und Monte Rosa's Wenn auch angenommen werden

großes Gewicht zu verleihen, und zu veranlassen daß die gleiche Verbreitung dieser Vorliebe viel mehr zählt als selbst ein ungeheures, numeriſch auf dasselbe hinaus laufendes, Uebergewicht in besonderen Orten . (Economist.)

kommen gestüßt und bewiesen sein dürften.

kungen der Aushöhlungen

Aber welche

zuwege zu bringen ? kann daß die Wir

und Wegführungen der Ge

steine in der Eiszeit besonders kräftig waren, so ist doch der Gesammteffect in dem vorliegenden Falle so ungeheuer, daß man die Zeit, welche zu seiner Erzeugung erforder=

Ueber den physiologischen Begriff des Glänzenden. - Jubelausgabe von Stielers Handatlas.

191

Ueber den physiologischen Begriff des Glänzenden.

hat, ebenfalls stereoskopisch wirkt, nur muß man die rich.

In einem vorausgehenden Aufsage „ Die Fürsten des

nach einer von Hrn. Martins Magdorff erfundenen Pro

sich zu decken scheinen. Wir benußen diese Gelegenheit um hier ein Bild (Fig. 1 ) aus Hrn. Martins Mazdorff ", Wundern der Stereoskopie" vorzuführen, das manchen noch

jection, welche unter dem Stereoskop die überraschende Wirkung nicht bloß der Körperlichkeit, sondern der Durch

eine Neuigkeit bringen könnte. Unter dem Stereoskop zeigt sich uns ein Körper der einem geschliffenen Glase

sichtigkeit hervorbringt. Leser die kein Stereoskop zur Hand

gleicht ,

haben, wollen wir aufmerksam machen daß ein doppeltes

Glanze begabt. Der große Physiker und Meteorolog Dove entdeckte nämlich die Thatsache daß die beiden Bilder des

tige Entfernung von den Bildern so lange suchen bis diese

Steinreiches " befindet sich ein Doppelbild des Koh i nur

Opernglas, von dem man die Augengläser abgeschraubt

durchsichtig

und

zugleich mit

einem

gewissen

Fig. 1 .

Fig. 2. selben Körpers

auf den Nezhäuten des linken und des

führt.

Wurden wie in Figur 2 die Figuren auf weißem

rechten Auges niemals zusammenfließen, vielmehr getrennt

Grunde nur umrissen, und die eine schraffirt, so gehen die

bleiben und nur geistig in ein Bild vereinigt werden.

Wirkungen verloren, oder wir gewahren einen durchsichtigen

Glänzend erscheinen uns daher solche Körper die einen Licht

Körper der auf einer schraffirten Unterlage zu ruhen scheint. Bei Fig. 1 dagegen zeigt sich deutlich daß die beiden Ein

strahl in das eine, nicht aber in das andere Auge zurückwerfen, so daß wenn man sie abwechselnd bald mit dem einen bald mit dem andern Auge betrachtet, sie verschieden beleuchtet erschei

drücke auf der Nezhaut völlig getrennt bleiben , und daß aus dem Widerstreite zwischen Schwarz und Weiß nicht

nen; dieß ergibt sich wenn man auf einer stereoskopischen

etwa ein Grau entsteht, sondern die Täuschung des stereo:

Unterlage dasselbe Bild rechts weiß und links schwarz aus.

skopischen Glanzes erzeugt wird.

Jubelausgabe von Stielers Handatlas. Seit wir das leztemal dieser verjüngten Kartenſamm

Karte Europa, die uns in zwei Kartons (1 : 500,000) die

lung gedachten (Ausland 1868. S. 476) ist mit den drei

Montblancgruppe mit dem Kasbek im Kaukasus vergleichen

letten Lieferungen das Werk vollständig geschlossen worden . Vergleichen wir Blatt um Blatt mit einem " Stieler" wie

läßt.

Der Kasbek (15,524 pieds) ist niedriger als der

Elbrus (17,425 '), allein er eignet sich eben deßwegen besser

er vor zehn Jahren aussah, welcher rasche Fortschritt in

zur Gegenüberstellung mit dem Montblanc (14,807 ) . Mag

so kurzer Zeit! Wir haben zunächst noch zu gedenken einer

die größere Vergletscherung des letzteren zum Theil seine

Jubelausgabe von Stielers Handatlas.

192

Verluste durch Erosion verhüllen, so läßt ihn doch das Bild als eine ziemlich scharf begränzte,

etwa elliptische

auf jenem Wege die Pflanzen ausgetauscht worden die Europa mit Nordamerika in der meiocänen Zeit noch ge

Bodenanschwellung erkennen, während die Zerklüftung der

meinſam hatte, nicht über Jsland und Grönland, wie man

Kasbekgruppe schon viel weiter fortgeschritten

bisher aus ſonſt zulässigen Gründen vermuthete.

erscheint.

Der Nor

Dieß kann entweder daher rühren daß die Gesteine des Kasbek rascher verwittern , oder daß wenn die Widerstands

auf zwei Blättern dargestellt worden, die älteren waren

fähigkeit die gleiche wie beim Montblanc gewesen wäre,

aber auch der Verbesserung sehr bedürftig, namentlich was

der Kasbek früher gehoben worden sein müsse, also bereits mehr gealtert zu sein scheint wie der Montblanc. Die

Kleinasien betrifft, für welches Kiepert ein so treffliches

Naturtreue des Montblanekärtchens wird übrigens jeder

bürtig zur Seite steht. Von Palästina erhalten wir eine ganz neue Darstellung, eigentlich in zwei großen Cartons, denen

anerkennen

der in jener Gebirgsgruppe gewandert ist.

den der europäischen Türkei und Kleinasien sind ebenfalls neu

Gemälde geliefert hatte, dem nun das neue Blatt völlig eben

Dieß erinnert uns daran daß in einem Echweizer Blatte

die Karten im van de Velde'schen Atlas sichtbar als Muster

kürzlich der Vorwurf zu lesen war, auch der neue Etiele

zu Grunde gelegt worden sind. -

zeige nicht den geringsten Fortschritt in der Terrainzeich nung. Es wird nämlich dort verlangt daß die Bodener:

Jubelausgabe bis auf eine leste Lieferung aufgespart, und

hebungen durch Curven ausgedrückt werden sollen, die man sich durch die gleichen senkrechten Höhen gelegt denkt.

Allein

für welche Länder ist denn gegenwärtig eine solche Behand lung schon streng durchzuführen ? Selbst in Deutschland fennt man mit hinreichender Genauigkeit nur die Höhen der Eisenbahnen.

Ob übrigens die Terrainzeichnung mit Cur

Südafrika wurde bei der

mit Recht, weil dort jeder Tag Neuigkeiten bringen konnte. Es ist unbedingt das reichste Gesammtbild welches über Es reicht haupt je von Südafrika gestochen worden ist. bis zu dem Baker'schen Mwuta und dem Speke'schen Ukerewe See, und ist bis etwa 5º s. Br. bereits mit topographiſchen Details ausgefüllt.

Was freilich die Räume östlich vom

Njassa See betrifft, das Reich des Cazembe vorzüglich, so

ven ein wirksameres Bild erzeuge als die Schraffirung, darüber läßt sich streiten, daß sie aber für einen engen Maßstab nicht an

kennen wir es nur aus portugiesischen Berichten, und diese Berichte schweben mathematisch noch in der Luft. Doch ist

wendbar ist, liegt auf der Hand, und bis zu welcher Wirtſam feit die Eraffirungsmethode sich ausbilden läßt, zeigen eben

eben jezt der sextantenkundige Livingstone dort angekom men oder vielleicht bereits auf der Rückkehr von dort be

jene Cartons zur Karte von Europa . Als Neuigkeit enthält Das östliche fie auch ein Tiefenbild des Mittelmeeres .

griffen, ſo daß in jenem Naume die Ortsbestimmungen

Becken namentlich ist reich mit Tiefenzahlen bedeckt,

nur

Ocean in zwei Blättern zum Aneinanderlegen dargestellt,

vor der syrischen Küste und weſtſüdwestlich von Kreta ſind

und die einzelnen größeren Inseln und Inselgruppen in

noch Lücken.

ein paar Duzend Cartons uns nahe gerückt worden .

Ein Vorwurf für die Franzosen ist es aber

bald Festigkeit erreichen werden.

Endlich ist noch der große

daß sie sich so wenig für unsere Wiſſenſchaft rühren, sie die

Der darstellende Geograph oder der Kartenzeichner

doch vormals in der messenden Erdkunde weit voran leuch teten und das Mittelmeer einen französischen See nennen.

redet zu uns durch ein Bild oder durch ein Gemälde, aber freilich nicht wie der Maler durch Nachahmung der Natur,

Just vor ihren eigenen Thüren, wo täglich ihre Dampfer das Mittelmeer kreuzen, zwischen der balearischen Gruppe und Sardinien und zwischen Marseille und Philippeville

sondern zum Theil in einer Zeichensprache

in Algerien fehlen die Tiefenzahlen.

punkt zeigen den die Wiſſenſchaft an ihrem Ursprungsort

Die Italiener wie

Bedeutung das Herkommen entschieden hat.

über deren Eine gute

Karte soll und wird uns im Spiegel den jeweiligen Höhen

derum haben das Innere des tyrrhenischen Meeres hypso

erreicht hat.

metrisch (oder bathometrisch wenn man will) noch gänzlich vernachlässigt. -Als Seetiefenkarte zeigt auch das neue

geographischen Völkern, den Deutschen, Briten, Ruſſen und

Bild vom nordatlantischen Ocean bedeutende Fortschritte gegen die Maury'schen Karten, wenigstens der älteren Aus gaben. Geologisch bemerkenswerth ist es daß sich zwischen der Neufundlandsbank und den Azoren eine geräumige

In unsern Zeiten sind von den vier großen

Franzosen, die Deutschen durch ihre Vielseitigkeit an die Spitze gelangt, und wenn wir sagen daß die Jubelausgabe des Stieler den gegenwärtigen Standpunkt des Wiſſens in Deutschland getreu ausdrückt, so ist das ein großes, aber auch ein völlig gerechtes Wort, denn auf der letzten

Untiefe befindet, eingeſchloſſen in die 100 Faden-Linie, mit

Pariser Industrieausstellung erhielten die höchsten Preise

Tiefen die sich bis zu 35 Faden vermindern. Daß jene Untiese nicht, wie die Neufundlandbank theilweise, durch

nur der Stieler'sche und der Kiepert'sche Handatlas, Peter

erratische Blöcke der Eisberge aufgeschüttet worden sein

kannt worden durch die höchste Auszeichnung der Londoner geogr. Gesellschaft, eine Anerkennung die mittelbar übri

könne, folgt daraus daß sie am rechten Ufer des Golf stromes liegt, dessen Gabeltheilung sie vielleicht verschul det hat. War dort ehemals trockenes Land, wie andere Untiefen weiter östlich es vermuthen lassen, so sind vielleicht

manns Leiſtungen aber sind neuerdings erst wieder aner

gens jeden berührt der in Deutschland die Wissenschaft fördert, eben weil sehr viele mitwirken müssen, bevor über haupt gute Karten entstehen können.

Druck und Verlag, der 3. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction: Dr. D. F. Peschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndaierigster Jahrgang.

Nr. 9 .

Augsburg ,

1869.

27 Februar

Inhalt: 1. Ueber die Indianer der Provinz Valdivia. - 2. Ueber die Beziehungen zwischen Geschichte und Erdkunde. 3. Unter den Guaraunos-Indianern. 3) El Rey de los Guaraunos . (Schluß.) 1 4. Englische Ackerbau-Gesellschaften auf Actien. 5. Grahams neue Untersuchungen über den Wasserstoff. - 6. Polareis. - 7. Zweifel an dem künstlichen Ursprung unpolirter Stein geräthe. 8. Ein frommer spanischer Muselman. -- 9. Neuer amerikanischer Pferdehuf. - 10. Haifische aus großer Seetiefe. 11. Verbesserung der Nähmaschinen. - 12. Australische Talgsiederei.

sich sogleich dadurch unterscheiden daß sie Hosen tragen, Ueber die Indianer der Provinz Valdivia.

Von Dr. R. A. Philippi .

während die Araukaner nur ein Stück Zeug um die Lenden wickeln. Sie selbst nennen sich Mapunches, d. h. Einge: borne, von mapu das Land und che Mensch, oder im

Die Ureinwohner der Provinz Valdivia gehören zu demselben Volksstamm wie die Araukaner, von denen sie

Gegensatz zu den nördlicher wohnenden Araukanern Huil liches, d. h. Südmenschen, von huylli der Süden, und

122 172013

MATMULIGMEDRANOOD MLGOFMITIMAY

At

Heubner det

3628 Wohnung der Eingebornen Valdivia's nach einer Zeichnung des Verfassers.

Ausland. 1869. N. 9.

25

Ueber die Indianer der Provinz Valdivia.

194

che, 1

Sie hören es nicht gern wenn sie von den Chi lenen spanischer Abkunft Indios . Indianer genannt wer den, und lassen sich lieber naturales oder cholos nennen . Ihre Sprache ist ein Dialekt des Araukaniſchen und weicht von diesem namentlich dadurch ab daß sie das Ataukanische Groß heißt z . B. auf Araukaniſch v wie f aussprechen . h isc ian futa . vuta, auf Valdiv

und reißen sich die wenigen auf der Oberlippe emporsprie Benden Haare aus. Der gewöhnliche Ausdruck des Gesichtes ist Ruhe und Gutmüthigkeit, die oft in Stumpffinn übergeht, dich gibt. es auch Gesichter die recht verschmitt und andere die recht troßig aussehen. Die Männer tragen, wie bereits oben bemerkt, Hosen,

Was ihren Körperbau anbetrifft, so sind sie im allgemei : nen kleiner als die Europäer, namentlich als die Deutschen,

die dicht anschließen und bis etwas über die Kniee oder Sie sind von einem groben, bis an den Fuß reichen.

unterseßt und breitschulterig.

harten Wollenzeug, welches die Weiber auf einem höchſt einfachen Webstuhl weben, seltener gestrickt. Dieses Zeug

Alle Glieder sind im Ver:

hältniß zum Rumpf sehr kurz, besonders die Arme der Weiber; die Brust ist hoch gewölbt, der Nacken stark und der Hals kurz. Die Hände sind sehr klein und die des Weibes oft von großer Zierlichkeit.

Die Waden ſind ſtark,

die Knöchel rund, die Füße kurz mit sehr hohem Spann, bisweilen etwas unförmlich, und der große Zehe länger im Verhältniß zu den übrigen als beim Europäer. Es ist ein schönes Bild der Kraft, wenn der Mann die schwere Art mit Leichtigkeit schwingt, seine prachtvolle Brust her: vortritt und auf seinen breiten Nacken das schwarze gerin gelte Haar fällt, oder wenn er Laſten trägt und die Mus • keln seiner Beine und Arme hervordrängen. Das Weib

heißt carù (ſprich carü) oder cari, und wird von den Wei bern auch gefärbt, meist schwarz mit einer vitriolhalti gen Erde, Polcura, und mit verschiedenen Rinden und 1 seltener blau mit Indigo , aus dem mit Urin Blättern, (?) bereitet wird. Diese Hosen werden oft um den eine Küpe Leib mit einer meist scharlachrothen Binde europäischen Fabricats befestigt, die auf Valdivianisch chumpi, auf Einige tragen auch Strümpfe die Spanisch faja heißt. bis über die Knöchel gehen, von demselben dunkeln Zeug wie die Hosen sind und mit einem rothbunten wollenen Bande, das bisweilen Troddeln hat, über der Wade fest=

hat, wie ein deutscher Künstler sich ausdrückte, plastisch

gehalten werden.

geformte breite Schultern, welche nebst Nacken und Bruſt

von den spanischen Chilenen angenommen . Den Oberkörper bedecken sie mit dem poncho, Spanisch manta, einem vier

und Armen oft von vollendeter Schönheit sind, doch wer den die Brüste bald unförmlich groß .

Auffallend ist es

daß die Hüften gar nicht hervortreten, oder vielmehr daß die Weiber in der Taille so breit wie in den Hüften ſind. Die Kopfbildung ist im allgemeinen die der amerika nischen Race.

Die Stirn ist kurz, so daß der Haarwuchs

oft in kaum mehr als daumenbreiter Entfernung von den Augenbrauen einseht. zend, wenig geringelt.

Das Haar ist schwarz, grob, glän Die Stirn tritt ein wenig hervor,

und die Augen liegen, von mäßigen Brauen beschattet, halb vertieft und sind wenig geöffnet aber ziemlich lang

Vielleicht haben sie dieß Kleidungsstück

edigen Stück Zeug von demselben Stoff wie die Hosen, mit einem Schlitz in der Mitte, durch welchen der Kopf gesteckt wird. Der Poncho ist gewöhnlich schwarz, seltener braun oder grau, von der natürlichen Farbe der Wolle, und an den Seiten mit bunten Streifen verziert. Die zu diesen Streifen nöthigen Fäden färben jeßt die Weiber nur selten selbst, sie kaufen schmale Streifen von buntem Fries, bayeta, und zupfen die kurzen Fäden aus um die Die Haare trägt der Mann lang langen einzuweben. herabhängend, in der Mitte gescheitelt bis in den Nacken

geschlitt ; die Fris ist sehr dunkel, oft kaum von der Pu

und fast immer über der Stirn mit einem Band zusam

pille zu unterscheiden.

mengehalten, welches trari- oder thari-lonco heißt (thari Auf den Kopf wird bisweilen ein Band, lonco Kopf) . Filzhut von zuckerhutähnlicher Form gesezt, ohne Krempe,

Bei Kindern sind die Augen weit

geöffnet, groß, und der dunkle Augenstern tritt ungemein lebhaft auf dem blendenden Weißen des Auges hervor. Die Nase ist im allgemeinen kurz und breit, doch sieht man auch bisweilen Habichtsnasen ; ihre Flügel sind breit Die Backenknochen und die Nasenlöcher weit geöffnet. treten stark hervor.

von schwarzer oder hellgrüner, seltener weißen Farbe, manch. mal wird die Spitze nach innen eingestülpt. Die Kleidung der Frauen besteht ebenfalls nur aus

Die Lippen find etwas nach vorn

zwei Stücken, die von demselben groben und harten Wollen.

gedrängt, aber nicht auffallend dick, die Oberlippe iſt breit

ſtoff, cari, wie die Kleidung der Männer gemacht sind.

und die Unterlippe tritt etwas vor, während das Kinn

Das Unterkleid, chamal,

stark zurückweicht und nach dem Hals hin rund und kurz

so lang daß es von der Brust bis zur Erde reicht und so

abschließt.

breit daß es den Körper eng, ohne Falte umſchließt.

Die Männer bekommen äußerst wenig Bart,

ist ein viereckiges Stück Zeug,

Es

wird unter dem linken Arm durchgezogen und auf der 1 Es sei mir bei dieser Gelegenheit erlaubt, einen lächerlichen Irrthum von Gerſtäcker zu verbessern, welcher in einem seiner neuesten Romane die an das südliche Chile angränzenden Pata gonier Penchuenchen nennt. Sie heißen Péhuenches, von pehuen , die Araukarie, weil sie sich einen großen Theil des Jahres von den Samen dieses Baumes nähren. Die Gerstäcker'ſchen Namen kennt kein Menſch in Chile. Benchu heißt: vorher, erst, bevor.

Schulter der von hinten kommende Zipfel mit einer großen Nadel daran befestigt, so daß der rechte Arm und ein Theil der Brust frei bleiben.

Etwas unter der Bruſt wird

13. B. den Blättern des Loranthus tetrandrus, der Rinde des Senecio cymosus Remy .

7 "

7

Ueber die Indianer der Provinz Valdivia.

195

DiR me Walk wid YHT angle smudg

FORESTE

by , NY Ent!!

Publis

Ho

Having love duban

UNDE

SANT

16 096

2

45 patie

h

Eingeborne Frauen Valdivia's.

Der Kazike Llancaman und sein Sohn.

die manta, oder richtiger der chamal, mit einem bunten, gewirkten Gürtel umbunden, der hinten durchgeschlagen wird, und chumpi oder nùcùrhue (spr. nükürhue) heißt. Der mit einem Rand eingefaßte Schliz des Kleides ist an der linken Seite etwas nach hinten, so daß beim Gehen das linke Bein fast ganz zu sehen ist.

Das zweite Klei

dungsstück ist ein Tuch oder kurzer Mantel, icùlla ( pr. ikülja) genannt, ein viereckiges Stück von demselben cari,

tragen von enormer Größe, aber sehr einfacher Façon, wie sie die nebenstehenden Figuren zeigen ; zum Befestigen der Jcülja dienen meist sechs Zoll lange silberne Nadeln , deren Kopf eine freisrunde Scheibe ist, und von der oft eine silberne Kette herabhängt. Mehrfache Schnüre von Glas: perlen, in deren Auswahl sie sehr eigen sind, schmücken die Brust, und enden meist mit einem messingenen Finger hut jede, so daß sie bei manchen raschen Bewegungen

aber mit hellblauen auch wohl gelben und weißen Streifen am Ende. Es wird oben am Halse so zusammengesteckt daß die Mitte der einen Langfeite auf dem Nacken liegt. Haben sie die Mittel, so nehmen sie gern anstatt des eigen gewebten Zeuges ein Stück scharlachrothen Fries .

Das Haar wird mit Sorgfalt in zwei lange Zöpfe ge flochten, die auf den Rücken herunterhängen, und oben, wie bei den Männern, mit einem Tharilonco zusammen gehalten, dessen Knoten an der Seite sißt. Blumen ins Haar.

Oft stecken sie

Chrgehänge. klingeln. An den Fingern tragen sie silberne Ringe. Diese silbernen Schmucksachen werden meist von einheimischen Künstlern mit sehr primitiven Werkzeugen verfertigt, und ich

Das schöne Geschlecht der Huillichen liebt den Schmuck nicht minder als es bei andern, civilisirten und nicht civi lisirten, Völkern der Fall ist. Fast allgemein werden, wie bei den Araukanern und Patagonern , silberne Ohrringe ge

habe mehrere Jahre hindurch einen indianischen Kuhhirten, Felix Pichicona, gehabt, der zugleich Silberschmied war. Gold verschmähen sie durchaus. Schuhzeug wird nicht getragen ; höchstens binden die

Ueber die Indianer der Provinz Valdivia.

196

valdivianischen Indianer ein Stück rohes Fell als San

verlorene Freiheit beklagen und meist mit Thränen aufhö

dale, ojola, unter den Fuß. Was den Charakter dieses Volkes betrifft, so habe ich

ren, aber von großem Haß habe ich nichts wahrnehmen kön nen. 1 Zwar hat vor 9 Monaten ein an meine Besißung

einmal folgende Schilderung desselben gelesen : „ Der Cha

angränzender Kazike, Narcijo Loncochino, ein proceßsüchti

rakter des Volks ist ernst, still, traurig, und zeigt wie der

ger, auch von seinen Landsleuten durchaus nicht geliebter

eines jeden unrecht unterdrückten Volkes Falschheit, Ver schlagenheit, List, Betrug. Sie fühlen ihre Schwäche, schä

Mensch, den tollen Plan entworfen, am Weihnachtsabend über die weißen Ansiedler herzufallen, sie zu ermorden und

men sich ihrer Feigheit ; verachtet von den freien Stäm men, verachtet und mißhandelt von den Unterdrüdern,

die Provinz von ihnen zu säubern, so daß zwei Tage hin durch mein Sohn in Sorge war, seine Frau nebst den Kin

tragen sie Rachedurſt und Haß gegen die Creolen in ihrem

dern und die werthvollsten Habseligkeiten in den dichten Wald flüchtete, die Schafscheeren zerbrach und daraus Lan

Herzen. Man sieht und hört es ihnen an ; sie sind ver schwiegen, stumm, erfüllt von tiefem Leiden, Scham , ver

zen machte, mit denen er seine Knechte bewaffnete, Büchsen ,

borgener Gram.

Jagdflinten, Revolver lud um das Haus zu vertheidigen.

Dieser erfüllt ihre Gedanken, ihre Ge

spräche, sowohl in ihrer einsamen Hütte, wie auf ihren

Allein die ausgestellten Posten kündigten keinen heran

Festen, ihren Versammlungen, und in ihren Reden und

nahenden Feind an, und bald erfuhr er, Loncochino habe

Gesängen tönt nichts als Gram der Vergangenheit, Gram

sich ruhig, ohne den mindesten Widerstand zu versuchen,

über die verlorene Freiheit. Die geseßmäßigen chilenischen Autoritäten halten sie für Diebe und Räuber. Sie dul

verhaften und nach dem Städtchen la Union ins Gefäng

den, tragen, und ihr angeborenes Phlegma ,

niß bringen lassen.

ihr leiden

Ich hätte eine herrliche Gelegenheit hier eine roman:

schaftsloses Gemüth sinkt immer tiefer zur Abgeſtumpftheit herab. Man sagt von ihnen sie besäßen weniger Gefühl

hafte Schilderung von den Kriegsplanen meines edlen

als wir, allein wer sieht das pochende Herz im geſchloſſe nen Sarge (!) , wer kennt das Leben das hinter so viel Ker

den Listen, Gegenliſten u. s. w . einzuschalten, und Cooper

kerthum schmachtet ?"

ter und pikanter geworden wäre.

Nachbarn Loncochino, von den Gegenmaßregeln der Weißen,

etwas zu plündern, wodurch unstreitig dieser Aufſaß intereſſan Hat doch eine Nachricht

Das ist sehr schön, sehr poetisch, aber höchst überspannt

über das Leben der deutschen Einwanderer in Valdivia, in

und übertrieben. Der valdivianische Indianer ist wie die amerikanische Race im allgemeinen ernst ; da er wenig Be

welcher große Waldbrände, Jagden auf Löwen, wilde Stiere u. s. w., die niemals stattgefunden haben, aber sehr

dürfnisse hat, so fehlt ihm der Antrieb mehr zu arbeiten.

lebhaft mit Hülfe von Cooper geschildert sind, vielen Bei

als gerade nöthig ist um dieselben zu befriedigen, aber er

fall gefunden.

ist nicht faul zu nennen.

Seine Felder und Gemüsegär

ten sind gewöhnlich weit sorgfältiger bestellt als die der Einwohner spanischen und gemischten Ursprungs, und man sieht auch oft einige Blumen vor seiner Hütte, Nelken, Rosen, Gartenmohn u. dgl.

Dieß nöthigt mich hinzuzufügen daß die Indianer Valdi via's gar keine Waffen besigen, man sieht nicht einmal Lanzen und Keulen bei ihnen, und aus diesem Grunde

Ich habe Jahr aus Jahr ein

indianische Arbeiter auf meiner Besizung ; sie sind ganz

habe ich lange nicht an den beabsichtigten Aufstand glau ben wollen. Allein die gerichtliche Untersuchung hat densel

brauchbar zum Pflügen, zum Abschneiden des Korns, zum Fällen der Bäume, zum Aufhauen von Wegen im Ur

ben festgestellt, zugleich aber auch daß kaum ein paar Men

wald , und sie sind dabei recht fleißig ; allein lange hin ter einander kann

man sie nicht bei

ten ; sie dauern höchstens zehn

schen auf denselben eingegangen waren.

der Arbeit hal

Der benachbahrte Kazike Nomel, den Loncochino gleich

bis vierzehn Tage aus,

andern eingeladen hatte seinen Plan zu unterſtüßen, hatte

dann gehen sie unter dem einen oder andern Vor wand nach Hause. Man hat sie als diebisch verschrieen, und es ist wahr, sie stehlen nicht selten Vieh, aber doch lange nicht so oft wie die Abkömmlinge der Spanier, un ter denen es sogar viele gibt die als Caballeros anges sehen sein wollen und den Viehdiebstahl beinahe als Ge werbe treiben.

Ich habe mir aber zur Regel gemacht,

nicht ein Haar breit von der strengen Wahrheit abzuwei chen und alle Ausschmückungen derselben zu verschmähen.

Andere Gegenstände stehlen sie nicht ; ich

bin bald 16 Jahre unter ihnen angesessen und wüßte nicht daß mir etwas gestohlen worden wäre. Das Volk hat aller dings das Bewußtsein daß ihm früher das ganze Land ge hört hat, und daß es jetzt fremden Herren unterworfen ist, von denen sie häufig genug übervortheilt, betrogen und ge ringschäßig behandelt werden, und wenn sie zu Trinkgela gen zusammenkommen, ertönen noch oft Gesänge welche die

ihn angezeigt, nachdem es ihm nicht gelungen war ihm den: selben auszureden.

Nomel hatte ihm ganz richtig gesagt :

erstlich wird es uns nicht gelingen die Spanier (ſo heißen I die Indianer die Weißen) zu vertreiben, wir werden höch stens im Anfang einige todt schlagen die wir gerade über raschen können, aber am Ende ziehen wir den Kürzern. Zweitens haben wir uns gar nicht über sie zu beklagen, und drittens, wenn es uns gelingen sollte sie aus dem Lande zu jagen, so wären wir erst recht schlimm daran. | Auffallend iſt daß weder unter den Indianern in Valdivia noch unter den Araukanern das Andenken an die Helden der Kämpfe mit den Spaniern, an einen Lautaro, Colocolo, eine Hanc queu 2c. erhalten ist, sie wissen nur ganz im allgemeinen daß ihre Vorfahren mit den Spaniern gekämpft haben.

Ueber die Indianer der Provinz Valdivia.

197

Denn woher sollten wir Aexte, Salz und spanischen Pfeffer bekommen ? Woher erhielten unsere Weiber Indigo zum

der Regierung ernannt werden, und als Zeichen ihrer

Färben, Nähnadeln, Scheeren, Glasperlen ? Dinge die unsere Ureltern freilich nicht vermißt haben, ohne welche

silbernen Knopf erhalten ; Homer würde sie wahrscheinlich

Würde einen Cylinderhut und einen Stock mit einem

σκηπιοῦχοι βασιλεὶς nennen.

Gonderbar bag wohl in ber

wir aber doch jezt nicht mehr leben möchten.

ganzen Welt der Stock das Emblem der Herrscherwürde

Ich habe vorhin gesagt daß dieser verständige Nomel meinte, seine Landsleute hätten sich über die eingedrunge

ist!

lich darauf seinen Stamm zusammen zu berufen, sei es

Die Macht des Herrschers beschränkt sich aber ledig.

nen Spanier nicht zu beklagen, und dieß wird vielleicht

zur Berathung eines Antrags an die Regierung, sei es

manchem deutschen Leser unwahrscheinlich vorkommen, aber

um demselben eine Anordnung derselben mitzutheilen, etwa

es ist so. Der Indianr in der Provinz Valdivia ist voll kommen freier Herr seines Landes, zahlt keinerlei Abgabe,

die zur Ausbesserung des Weges verlangten Individuen zu beſtimmen 2c. (Jezt werden aber die Wege meiſt im

ist nicht zum Kriegsdienst verpflichtet.

Dagegen ist er ver

Contract vergeben,

und die Bauunternehmer verwenden

pflichtet bei den Wegebauten gegen den üblichen Taglohn zu arbeiten (daß dieser von einzelnen Beamten nicht immer

dazu freiwillige Arbeiter.)

richtig ausgezahlt wird, muß zugegeben werden) ; eben so soll er seine Kinder, Mädchen sowohl wie Knaben, ein paar

wenn die Parteien ihn freiwillig als Schiedsrichter anneh men, sonst von den gewöhnlichen Richtern ; nämlich bei

Jahre zum Missionär in den Unterricht schicken. Was sein materielle Lage anbetrifft, so kann ihn mancher deut sche Bauer darum beneiden. Wohl jeder Indianer hat

Gegenständen im Werth unter 15 Pesos ( 18 Thlr.) von den Inspectores , beträgt der Werth zwischen 15 und

ein paar Pferde zum Reiten, ein oder mehrere Joch Ochsen

licher, von den höheren Richtern. Leider läßt die Recht sprechung der unteren Richter, die unbesoldet sind, und

zum Pflügen, Holzanschleppen u. s. w ., einige Kühe, eine kleine Heerde Schafe, deren Wolle sein Weib zu seinen und thren Kleidungsstücken verspinnt und verwebt .

Er hat

Streitigkeiten zwischen

den

Indianern werden auch nur von den Kaziken geschlichtet,

40 Pesos, von den Subdelegados, und ist er noch beträcht

unentgeltlich Recht sprechen sollen, sehr viel zu wünschen übrig .

überflüſſiges Land zur Weide für sein Vieh, und braucht bei der Milde des Winters keine Futtervorräthe einzuheim

Die Hütten werden von viereckig behauenen Pfosten erbaut, die in die Erde dicht neben einander eingegraben

sen; sein Feld gibt ihm Weizen und Gerste zum Gebrauch für sein Haus, und es ist lediglich seine Schuld, wenn er in

werden.

Oben wird mit der Art ein Einschnitt in diesel

ben gehauen, welcher die Rahmstücke aufnimmt auf denen

einzelnen Jahren nicht damit bis zu Ende reichen sollte ; er

die Balken ruhen.

baut Kartoffeln, Lein, Mais, Erbsen, Buffbohnen, Vitsbohnen, endlich wird selten ein Indianer sein, der nicht auf seinem

gebunden, und auf dieſe das Gras oder Stroh befestigt welches das Dach bildet. Wenn ein Fluß in der Nähe ist, in welchem der Conutillo wächst (Schoenodum chilense

eigenen Land eine hinreichende Anzahl von Apfelbäumen hat, um eine gehörige Quantität Apfelwein bereiten zu

Auf die Dachsparren werden Ruthen

Desv., die einzige Restiacee Südamerika's), so wird dieser genommen; es ist ein vortreffliches, Material das 30 bis

können, deſſen Genuß die größte Seligkeit ist die er kennt. Denn die Neigung zum Trunk ist das allgemeine Laster, wie bei allen Individuen und Völkern, deren geistige und

d. h. Bromelia sphacelata Ruiz et Pavon, welche Pflanze

moralische Entwicklung nur mangelhaft ist, seien es Deutſche,

Hr. Regel zu einem eigenen Genus Greigia erhoben hat ;

Engländer, Russen, Neger oder sogenannte Wilde. Tage lang können die Indianer Valdiva's zechen , bis der

nur im Nothfall nimmt man Binsen, Juncus procerus.

lehte Tropfen aus dem Faß ist, und oftmals hat man deßhalb keine Knechte im Haus. Die Mestizen ſind faſt eben so schlimm. Aber selbst in ihrer Betrunkenheit zeich nen sich die valdivianischen Indianer vor den Araukanern und vor dem gemeinen Volk in den nördlichen Provinzen Chile's zu ihrem Vortheil aus ; es kommt selten unter

40 Jahre dauert, sonst Carey-Arten, Weizenſtroh, chupones,

Zum Festbinden dienen Schlingpflanzen, voquis, an denen Valdivia so reich ist, namentlich die überaus zähe und bieg ſame Lardizabala biternata, der collü voqui.

Der Fuß

boden ist die festgestampfte Erde ; eine Decke fehlt meist, oder es werden einige Bretter, auch wohl bloße Stangen über die Balken geworfen, und als Treppe verwendet man einen schräg gestellten, mit Kerben versehenen Baum. Fen

ihnen zu Schlägereien, und diese werden nie tödtlich. In den nördlichen Provinzen zieht der Betrunkene bei der ge

ster gibt es nicht, das Licht geht zur Thüre ein, die auch

ringsten Gelegenheit sein Messer und sticht seinen besten Freund, seinen Bruder, sein Weib nieder. Die Valdivia

paar Brettern zugestellt wird wenn die Inſaſſen das Haus verlassen. Gewöhnlich reicht das Dach auf der einen Seite

ner sind „,unos mansos corderos,“ zahme Lämmer, wie mir einst ein aus dem Norden nach dem Departement von

bildet so einen Corridor, unter dem sich die Einwohner des

La Union versetzter Gouverneur passend sagte.

Tages, bei gutem Wetter hauptsächlich, aufhalten, und oft

Die valdivianischen Indianer haben nur noch ein sehr lockeres Band von politischer Gemeinschaft unter einander.

sind zu beiden Seiten desselben Verschläge angebracht zum

Die einzelnen Districte haben zwar noch Kaziken, die von Ausland. 1869. Nr. 9.

Innern der Hütte durch einen Verschlag ein Schlafcabinet 26

den Rauch des Herdes herausläßt, und höchstens mit ein

weit vor, indem es auf einige Pfosten aufgelegt wird, und

Schutz gegen Wind und Regen. Ebenso ist in der Regel im

Ueber die Beziehungen zwischen Geschichte und Erdkunde.

198

für den Hausherrn und seine Frau abgetrennt, die auch meist eine Art Bettstelle haben, die von Knüppeln gebildet ist, auf denen ein Kuhfell und verschiedene Schaffelle liegen,

Zu seinen Schülern gehört auch Ernst Kapp, der im Jahre 1845 als Oberlehrer am Gymnasium zu Minden in einer " Philosophischen oder vergleichenden allgemeinen

während die Kinder in großer Eintracht mit den meist zahlreichen und stets höchst magern Kleffern um den

Erdkunde als wissenschaftliche Darstellung der Erdverhält nisse und des Menschenlebens nach ihrem innern Zusam

Feuerplatz herum auf der Erde schlafen. Die Hütten liegen stets einzeln, nie in Dörfern ver. einigt, und meist auf erhöhten, weit sichtbaren Punkten,

menhange" die Ritter'schen Probleme zu beantworten ver suchte. Der Verfasser ist seitdem nach Amerika ausge wandert, er hat sich in Texas angesiedelt und mit seiner Familie Baumwolle gepflanzt und gepflückt, die „ philoso

selbst wenn das Wasser aus ziemlicher Entfernung her: geschleppt werden müßte. Sie werden leicht verlassen, und

phische Erdkunde" aber dabei nicht vergessen, denn kürzlich

dafür neue errichtet, wenn dem Besizer darin irgend ein Unglück passirt ist, und ist eine niedergebrannt, so wird

zweiter Auflage,

der Eigenthümer gewiß die neue Hütte nicht auf der Stelle der alten errichten . Dieß wird auch nicht leicht ein Val divianer spanischer Abkunft thun.

empfiengen wir jenes nämliche Buch stark umgearbeitet in 1 deren Titel, dem Geschmacke unserer Zeiten

besser entsprechend, nämlich viel kürzer geworden ist. „ Ver gleichend" heißt diese Erdkunde in dem von Carl Ritter usur pirten Sinne, nicht wie man sich dieses Ausdruckes sonst be dient, denn ein Vergleich beschäftigt sich stets mit dem morpho

(Schluß folgt.)

logischen Inhalte einer Wissenschaft, er sucht die Aehn lichkeiten der Gestalten auf um ihre Uebergänge und mit den Uebergängen ihre Abstammung nachzuweisen. &s Ueber

die Beziehungen

zwischen Geschichte und

kann daher eine vergleichende Anatomie und Botanik, es fann eine vergleichende Sprachwissenschaft, es kann auch

Erdkunde. Wir wissen aus seiner Lebensbeschreibung daß Carl Ritter lange Zeit zwischen Geschichte und Erdkunde als Lehrfächern geschwankt hat und für beide sich streng vor bereitete. Dieser Bildungsgang war der nämliche den

eine vergleichende Erdkunde geben, aber die letztere iſt dann etwas anderes als was die Ritter'sche Schule zu geben beabsichtigt, welche die Geschichte der Bewohner „ ver : gleicht" mit der Natur ihres Schauplazes, und die eine

vor ihm Strabo gewandelt war, und genau wie Strabo

als Wirkung, die andere als Ursache erkannt sehen möchte. Was Ritter im Grunde bezweckte war eine geographische

führte er ihn zu der Ahnung daß die geschichtliche Ausbil bildung der Völker und die Natur ihrer Wohnsize in irgend

Flüssigen auf unsern Planeten erschien ihm als ein durch:

einer Wechselbeziehung zu einander stehen müſſen, und zwar daß die Natur des bewohnten Raumes die Geschicke

dachter, lange vorbereiteter Bau, dessen physische Wirkung den Gang der Geschichte beherrschte, so zwar daß oft ganz

seiner Bewohner als etwas voraus gegebenes beherrscht habe. Die Erde selbst trat ihm nun nicht als ein zufällig,

örtliche Gliederungen der Länder auf einer gegebenen Ent wicklungsstufe den Zauber übten zu denen sie angelegt,

sondern als ein absichtsvoll angeordneter Schauplatz zur

gleichsam prädestinirt waren .

Teleologie, das heißt die Gestaltung des Trocknen und

Erziehung des Menschengeschlechtes entgegen, und er ſtellte daher dem geographischen Naturwissen die hohe Aufgabe,

Auch unser Verfaſſer führt hin und wieder unerschrocken

überall in den Schicksalen der Völker die Herrschaft der

die Sprache der Teleologen. "1 Das Endziel, die Menschheit,

physischen Verhältnisse aufzusuchen und ihren Nachweis zu

ruft er aus, beſtimmt den Anfang und den Fortgang des

begründen. Dieß ist es was seinem Namen Unvergeßlich keit verliehen hat, denn nichts wird in der Wissenschaft

großen Lebensprocesses der Erde."

zuzufügen: „Die Erde ist nicht deßhalb mit diesen oder

mit Recht so hoch gestellt als die Eröffnung neuer Erkennt

jenen Organismen erfüllt, weil sie hier gerade diese, dort

nißzweige.

jene Bodenform hat, sondern sie hat ihrer auf die Erschaf

Der liebevolle Biograph Carl Ritters bemerkt

Ja er wagt sogar hin

zwar mit Recht daß der vortreffliche Mann anfangs nicht.

fung des Menschen zielenden Werdelust gemäß, die betref

gehalten habe was er versprach, und wir dürfen hinzu

fenden Oberflächenunterschiede hervortreten lassen . "

sehen daß er auch in seinen letzten reifsten Schriften nicht

glauben daß dieß vollständig im Ritter'schen Sinne gedacht

Wir

und gesprochen worden ist, nur kommt die Botschaft heu alle gerechten Erwartungen erfüllte,

daß

er den ursäch

lichen Verband zwischen den Länderräumen und den Schick:

tigen Tages um zwanzig Jahre zu spät.

Die Lehren der

salen ihrer Bevölkerung mehr ahnte als klar und streng

Geologie haben die Selbstvergötterung des Menschen streng

begründete, doch werden seine Verdienste dadurch um nichts

und gründlich gedämpft.

Ehemals durften wir uns wohl

geschmälert, denn was dem Meister nicht gelang werden.

einbilden, das Weltganze habe nur zur Huldigung unseres

die Schüler nachholen, vom höchsten Werth allein bleibt es daß Ritter unter Geschichtschreibern wie Erdkundigen

Geschlechtes seinen Schmuck und seine Ordnung empfan gen, die Pracht des gestiruten Himmels sei nur entfaltet

eine Schule stiftete die sich der allmählichen Lösung jener

1 Vergleichende allgemeine Erdkunde. Braunschweig.

Aufgabe geweiht hat.

Zweite Auflage 1868.

Ueber die Beziehungen zwischen Geschichte und Erdkunde

worden um die Sehnerven im Hintergrunde des mensch: lichen Auges zu berühren und zu entzücken. Der Sternen himmel blißte und schimmerte indeſſen ſtill und groß auf die Erde herab, ehe ein menschliches Geschöpf den Abdruck

199

der letzten Naturforscherversammlung in Norwich aussprechen durfte, ohne daß ein Widerspruch laut geworden wäre. Wenn also alle teleologischen Auffassungen in einem Kreise von Jrrungen sich drehen, so haben deßwegen noch

seiner Sohlen dort hinterließ, und er wird mit ungeschwäch .

nicht die Forschungsziele der Ritter'schen Schule als ver

tem Glanz um die alten Horizonte schweben, wenn es

fehlte zu gelten.

längst vorbei ist mit den sogenannten Herren der Schöpfung.

wisser Abhängigkeit bleiben von der Natur seines Wohn

Die Geologie lehrt uns daß die vormalige Pflanzen und

sizes, allein diese Abhängigkeit verringert sich mit dem

Jedes Volk wird zu allen Zeiten in ge

Thierwelt mit einzelnen Schönheiten ebenso ausgestattet

Fortschreiten der Gesittung .

war wie die Jeßtwelt, ohne daß sie irgend ein Menschen auge ergött, irgend eines Menschen Gedanken zur Bewun

folgerungen sich begründen laſſen, wo die Gränze zwischen Wahrheit und Irrthum liegt, mag an einem Beispiele un

derung fortgerissen hätte, denn für uns blieben davon nur

seres Verfassers erläutert werden.

lückenhafte, verwischte und verblaßte Spuren in den Ver steinerungen zurück. Wenn es eines Beweises bedürfte daß das Schöne in der Körperwelt für sich selbst,

nicht

Wie weit nun strenge Schluß

Die große geistige Bewegung welche Europa im 16ten Jahrhundert ergriff, wurde durch den Fall Konstantinopels in ihrer Reife beschleunigt. Es zerstreuten sich viele Grie

um der Menschenlust willen schön sei, so liefert uns die

chen nach dem Westen, vorzüglich nach Italien, und ver

Physiologie dafür eine wichtige Thatsache.

breiteten wo sie hinkamen die Kenntniß des Altgriechischen,

Wir wissen jezt

daß das Auge, ſonſt als das höchste Meisterwerk der Schö

das von dem lateinischen Mittelalter bis dahin vernach

pfung verehrt, ein sehr mangelhaftes Werkzeug ist, daß es

lässigt worden war, zugleich erhielten die Westeuropäer in

hinter dem Dhre, wiſſenſchaftlich kritisirt, weit zurückſteht

griechischen Handschriften die Schäße des besten Wissens aus dem Alterthum, die sie theils bis dahin gar nicht,

und zu den Mängeln des Auges gehört es daß es gewiſſe Farben nicht sieht, jene Farben des Spectrums nämlich, die unsern Sinnen entrückt mit höchſter Kraft auf Silber: jalze wirken. Erfahrungen beim Erzeugen von Lichtbil

theils nur in lateiniſchen Uebertragungen aus dem Ara bischen, also aus zweiter Hand, vielfach entſtellt erhalten

dern haben uns offenbart daß zwiſchen zwei Flächen, deren

hatten. Jene geistigen Schäße waren in Konstantinopel tausend Jahre lang gehütet worden, da die günstige Lage

Farbe genau als ein und dieſelbe allen Betrachtern erſchien,

jenes

dennoch große Unterschiede bestehen müſſen, weil sie auf andere Weise den lichtempfindlichen Ueberzug der Papiere angriffen.

hatte sein Dasein so lange zu fristen, bis im Westen zum

Plages

dem

oströmischen

Kaiserstaate

verſtattet

Die Welt ist also voller Farbenreize für die unsere sinnliche

Anbruch des Zeitalters der Entdeckungen und Reformatio nen die Völker sich vorbreitet hatten. Gewiß ist es also

Empfindung nicht ausreicht, sie ist weit schöner als wir sie

verstattet zu sagen daß jene eigenthümliche Thal

wahrnehmen, und unter jenen verborgenen Schönheiten wandeln wir herum mit theilweiser Blindheit geschlagen.

und

Die Geologie verkündigt uns außerdem daß alle Gestal

Beckenbildung, welche den Pontus mit dem Mittelmeer verknüpft und die in der Sprache der Erdkunde Bosporus, Marmarameer und Dardanellen heißt, die weltgeschichtliche

tung des Belebten vergänglich sei, ja gerade die höheren

Verrichtung ausgeübf hat, im 15ten Jahrhundert dem grie

Gestalten rascher vergänglich wie die niedern. Die Schöpfun gen beider Reiche sind also der Mode unterworfen, und

chischen Alterthum eine geistige Wiedergeburt zu sichern . Allein nur teleologischer Wahn wird behaupten daß mit der

das Menschengeschlecht erscheint in diesem Sinne nichts weiter als eine der vielen Trachten des Thierreiches, die

Gestaltung jener asiatisch-europäischen Meerenge für das Keimen einer neuen Zeit schon vorgesorgt gewesen wäre,

nach einer gewiſſen Dauer veralten und dann entweder

denn jene weltgeschichtliche Function von Byzanz wäre

verdrängt werden oder sich zu einer höhern Form umwan

ganz überflüssig gewesen, wenn bei der Eroberung Aegyp tens unter Amru die Bibliothek in Alexandrien nicht ver

deln müſſen .

Auch darin besteht ein Gewinn der neuen

geologischen Erkenntnisse, daß beständig ein gewisser Fort schritt geherrscht hat, daß auf das Einfache das Zusam

brannt oder vielmehr durch eine frühere Feuersbrunst nicht verheert worden wäre.

mengesezte, auf das wenig Gegliederte das Vielgegliederte, und - wenn man mit Vorsicht die Ausdrücke erwägt auf das sogenannte Niedere das sogenannte Höhere gefolgt

verhältnisse streng zu hüten .

iſt.

Wenn uns nun die Geschöpfe unseres Geschlechtes

römischen Geschichte stets den Ausdruck des Gewaltsamen,

wegen ihres entwicklungsfähigen Denkvermögens als die höchsten erscheinen, ſo müſſen wir uns doch zugleich einge

gleichsam des Eruptiven, und mahnt er uns daran daß Italien von vulcanischen Spalten durchzogen werde, so

ſtehen daß sie es nur in der Gegenwart sind, daß bei der unberechenbaren Dauer unseres Planeten im Verlauf der

müßten, wenn ein gesetzlicher Zusammenhang zwischen dem einen und dem andern bestände, alle Völker die in der

morphologischen Moden noch höheres, noch besser geglieder tes als das jezige Menschengeschlecht aufzutreten vermag eine Behauptung die der große Physiker Tyndall auf

Nähe von thätigen Vulcanen wohnen, sich vor ihren Nachh, Bei den barn durch Hang zur Gewaltthat auszeichnen.

Auch vor andern allzuhaſtigen Schlüssen hat sich die Un tersuchung der geschichtlichen Wirkungen gegebener Natur Findet unser Verfaſſer in der

Papua Neu- Guinea's und der Salomonen-Inseln,

ebenso

Ueber die Beziehungen zwischen Geſchichte und Erdkunde. ”

200

bei den Hanaken der Sandwich- Inseln, bei den Arauca

des Gesetzmäßigen dem einfachen Umstande daß in un

niern Südamerika's bewährt sich diese Voraussetzung leid

endlich vielen Fällen der Wohnsig eine Sache der Wahl

lich, nicht dagegen bei den Javanen und Malayen, bei

gewesen ist ,

den Japaneſen, Kurilen, Kamtſchadalen und Aleuten, ja wir fürchten daß auch zwischen dem Römerthum und dem

erreichen oder zu behaupten trachten wird, der für die natio

und jede Bevölkerung den Schauplah zu

nale Begabung am gedeihlichsten sich zu erweisen verspricht.

Vesuv schon deßwegen kein Zusammenhang erwartet wer

Das Drängen und Wandern hat von jeher ununter

den darf, weil ja der Vesuv im Alterthum erloschen schien.

brochen fortgedauert , ist

Als er i. J. 79 n. Chr. mit seinem ersten neueren Aus:

und schließlich mußte daher eine Mehrzahl von Völkern

wurf Pompeji

an den schicklichsten Play gelangen.

und

Herculaneum begrub, hatte

aber " Rom längst schon die Schale seiner Gewaltthätigkeiten" gefüllt. In die meisten Fehler gerathen solche Untersuchungen wenn sie zu viel beweisen wollen. Vorzug

darin daß

So sieht Kapp einen

auch jetzt noch nicht beendigt,

In den allgemein

sten Zügen, bemerkt Kapp, ist Verwandtschaft zwischen Boden und Race entweder Product des Indigenates der einheimischen oder wahlverwandschaftlicher Zug der einge wanderten Bevölkerung."

Wir haben es immer für eine

die Bewohner Attika's einen „ nur

leichtfertige Redensart gehalten, wenn Geschichts- oder Erd

mittelmäßig begabten Boden besaßen, denn eine reiche und

kundige in der altgriechischen Mythologie den heiteren Himmel

freigebige Natur wirkt auf die Dauer erschlaffend auf den

über Hellas, oder das aufbligende Meer als Spiegelbild

Bewohner, dessen Thätigkeit wenig angereizt wird. "

haben wieder erkennen wollen, gleichfalls als ließe sich

Um

gekehrt wird uns beim Innern Rußlands gerühmt daß sich

ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Gepräge der

dort die Gegensäße von Nord und Süd zu einem gleich

Landschaft und den Gemüthsäußerungen der Bewohner

mäßigen Klima aussöhnen sollen,

zu einer von arctiſcher

Dürftigkeit wie von südlicher Wucherkraft gleich entfern ten ebenmäßig vertheilten Fruchtbarkeit. " Die Geschichte.

nachweisen.

Geschichte und Erdkunde lehren vielmehr daß

man auf fröhliche Völker in Erdräumen stößt wo Regen und Lufttrübung vorherrschen, und umgekehrt daß Völker,

liefert unzählige Beweise daß das Gedeihen der Völker er

wie die alten Azteken, die in einem gefeierten Erdwinkel

folgte im Schooße des Ueberfluſſes, am Nil und Ganges sowohl wie auf dem magersten Boden, ſelbſt auf der ſandigen

sigen, an Seen mit vulcanischen Schneegipfeln in der Ferne,

norddeutschen Tiefebene, so daß also ein strenges Gesetz

Himmel, finster und verschlossen einem blutigen und düstern

sich nicht begründen läßt. Wenn ein Geograph zu ent scheiden hätte, in welchem Länderraum er eine seetüchtigere

schen Sonne, im Schooße tropischer Fruchtbarkeit beäng

unter einem milden gemäßigten , fast beständig heitern

Cultus mit großer Strenger huldigten.

Unter der indi

Bevölkerung vermuthen werde, in Frankreich oder in Deutsch

ſtigt die Gemüther ſeit Jahrthauſenden schon der Schrecken

land, so müßte er natürlich Frankreich vorziehen, deſſen oceanische Küsten fast zehnfach länger sind als die deutschen,

der Wiedergeburten, und erst der Buddhismus, der ein

und doch hat sich gerade bei den Deutschen höhere See

gung des Sinnlichen verheißt, eröffnete ſeinen Gläubigen

tüchtigkeit entwickelt. Der Verfaſſer hat diese Wahrheiten an andern Orten völlig anerkannt. Die Scholle, sagt

gänzliches Erlöschen als Lohn für die höchste Ueberwälti

die Aussicht auf eine Erlösung von der Laſt eines beſtän

er, beherrscht den Menschen, doch nur bis zu einem ge

dig sich erneuernden Daseins. Und dennoch stehen, wenn auch nicht in einem ursächlichen, doch in einem innern Zu

wissen Punkt. So wenig wie der erſte beſte Negerſtamm, an den Nil verseßt, die ägyptische Geschichte entwickelt

sammenhang die Götter Griechenlands mit den Farben und Lichtreizen an den Gestaden des ägäischen Meeres,

haben würde, ebenso wenig würde der ägyptische Stamm .

denn ein Volf welches mit seiner heitern Phantasie den

am Senegal oder Zambesi Pyramiden und Tempelstädte

homerischen Olymp sammt seiner Lästerchronik bevölkerte,

geschaffen haben.

mußte sich auch glücklich und mächtig festgehalten fühlen, als es auf seinen Wanderungen das sonnige und buchten.

Der Boden und der Mensch gehen da

her bloß bis auf einen gewissen Grad in einander ein. " Im gleichen Sinn bemerkt Kapp : „ Englands Seeherrschaft und sein Welthandel sind keineswegs ausschließlich und

reiche Hellas erreichte.

allein von seiner inſularen Lage und terreſtriſchen Beſchaffen

Entwicklung recht sichtlich beherrscht worden von der Natur der Erdvesten, und Kapp ist wohl der erste geweſen der

heit abhängig.

Ehe die Herrschaft der Meere in britischen

In den großen Zügen ist der Gang der menschlichen

Händen war, waren Spanien, Portugal, die Niederlande

im Hitter'schen Geiste diese Abhängigkeit erkannt und klar

im Besize derselben.

dargestellt hat.

Es müssen also auch geistige Impulse

Solche Eingeständniſſe mildern oder beseitigen völlig die früher geäußerten teleologischen Säße.

Als freundlicher Lenker unserer Gesittung

erscheint ihm das Wasser, und daher zerfällt räumlich wie

bei solchen Erscheinungen wirksam sein."

Wenn nun

dennoch im Gang der Gesittung , in der Ortsbewegung der Cultur sich eine recht innige Abhängigkeit von der Natur und Gestaltung der Länderräume erkennen läßt, so verdanken wir die oft überraschend scharfen Ausdrücke

zeitlich der menschliche Entwicklungsgang in drei Abſchnitte. Zuerst entſtehen Staaten an großen Strömen, dann an einem inneren Meere, zuleßt an der äußerlich fluthenden See, oder, wie der Verfasser sich auszudrücken beliebt, auf die potamische folgte die thalassische, auf die thalaſſiſche die oceanische Zeit. Die Culturströme waren der Nil,

1

Ueber die Beziehungen zwiſchen Geſchichte und Erdkunde.

die Zwillingsflüsse Mesopotamiens , der Ganges, schwach . unterſtüßt vom Indus, der Hoangho und Jangzekiang. Aus Reichen an Strömen werden nicht leicht Weltreiche entstehen,

denn die meisten Stromgebiete verharren in

ihrer Absonderung.

Degegen ist ein inneres Meer wie

201

die Stromculturstämme hätten sich sogleich auf das hohe Sie konnten es nicht bloß, Meer hinauswagen können. sondern sie haben es auch wirklich gethan, wie es der Ver fasser übersehen zu haben scheint, indem er den Chinesen nicht gerecht geworden ist. Bei ihm finden wir noch die

das mittelländische wie geschaffen zu vielseitiger Berührung

geläufige irrige Vorstellung, vor welcher alle neuen Drien

und gegenseitigem Austausch geistiger Schäße.

Ein Volk

taliſten dringend warnen, daß nämlich die Chineſen, ſeit

belehrt und erzieht das andere, die Summe der Kenntnisse,

sie geschichtlich bekannt geworden sind, sich gar nicht mehr

der Fertigkeiten und der Erfindungen wächst allmählich

entwickelt haben sollten, daß sie eigensinnig auf einer nie

wie ein Vermögen durch Zuschlag der Zinsen. Auch ist durch das Mittelmeer die Aussicht auf eine Vereinigung

dern Gesittungsstufe zu verharren wünschen und zur Ab wehr der ewig wechselnden Zeit eine Mauer um ihr Reich

vieler durch ein Weltreich gegeben.

aufgeführt hätten . " Wir finden, behauptet Kapp, die Chi nesen nicht befähigt in den Gegensaß des continentalen

Mitten im Mittel

meerbecken liegt eine Halbinsel, fast mitten auf der Halb insel eine Stadt, wie auserlesen durch ihre centrale Lage zur Herrschaft über die Halbinsel, wie die Halbinsel erlesen ist zur Herrschaft über die Gestade des inneren Meeres.

und des oceanischen Elements einzugehen, sehen sie viel mehr ohne oceanische Impulse in ihrer Continentalnatur verharren und nur in der Richtung binnenländischer Thä

Die Weltherrschaft fällt zuletzt auf einen Volksstamm von

tigkeit,

tüchtigen Eigenschaften, der beim ersten geschichtlichen Auf treten einen unschäzbaren Vorzug vor den ältern Cultur

wegen." Diese Lehren sind geschichtlich unbegründet. Das

völkern besaß, nämlich seine Jugend. Von ihm wird die Mittelmeercultur nach dem Norden verbreitet, wo andere

allmählich, erreichte überhaupt erst das Meer am Ende des 6ten Jahrhunderts v. Chr. , und breitete sich erst um 216 v. Chr. nach Südchina aus. Wiederum verstrichen

Völker fißen, aus denen dermaleinst noch höhere Schöpfun gen hervorgehen können, wenn die Römer altern und bei ihren Zöglingen die

Entwicklungsreife

eintreten sollte.

dem Landbau

und der Flußschifffahrt sich

be

chinesische Reich entwickelte sich im Binnenlande, wuchs

mehrere Jahrhunderte ehe sich die Chinesen tischen Meeren zeigten.

in südaſia

Nach arabischen Berichten gelang

Für sie ist nun ein ganz ähnlicher Uebungsplaß wie das Mittelmeer vorhanden, nämlich die Nord- und Ostsee, wo

ten jedoch zur Abbaſidenzeit chinesische Handelsfahrzeuge bis

die Prüfungen schon strenger

sich wieder auf den bengalischen Golf, und ihre Fahrzeuge zeigten sich lange Zeit nicht mehr westlich von der Südspite

ausfallen.

Dort mögen

Angelsachsen, Dänen und Normannen herumschweifen, lan den, plündern und erobern, dort kann sich eine Hansa ent wickeln, dort Holländer und ein britisches Mischvolk sich

nach Siraf am persischen Meerbusen.

Später beschränkten ſie

Indiens, ja nach dem Sturze der Thang-Dynastie liefen sie nicht weiter als bis in die Straße von Malaca. Da

für eine hohe Zukunft vorbereiten, wenn auf die Zeit der

gegen wagten sie sich unter der mongolischen Herrschaft

mediterraneischen Culturvölker die Zeit der

wiederum weit nach Weſten ; begleitete doch Marco Polo ein chinesisches Geschwader welches eine Prinzessin an Bord

Culturvölker folgen wird.

atlantischen

Höchſt bedeutsam ist es denn

auch wenn Kapp die drei großen Abtheilungen der arischen. als Germanen

trug bis nach Persien. Chineſiſche Fahrzeuge beſuchten nach Abderrazac den großen Welthafen Calicut in Mala:

oder oceaniſche, als Slaven oder continentale Völker be

bar, und die Geschicklichkeit ihrer Matrosen wird uns mehr

zeichnet.

fach gepriesen.

Europäer als Lateiner oder Mittelmeer ,

Die Lateiner blicben an das Mittelmeer gefesselt,

Ferner wissen wir daß im Jahr 1429

denn die verhältnißmäßig nicht zahlreichen Spanier und

chinesische Schiffe nach Aden und von dort sogar im rothen

Portugiesen in der neuen Welt werden mehr und mehr

Meere bis nach Dschidda, dem Emporium Mekka's, gelangten.

oder sind größtentheils schon aus Lateinern Ladinos (Me

Echon im Sten Jahrhundert n. Chr. hatten die Chinesen

stizen) geworden, während die wandernden Germanen zwei

beim Schiffsbau die Erfindung angewendet den Hohlraum

überseeiſche Welttheile nicht bloß erobert, sondern mit Be

der Fahrzeuge in mehrere waſſerdichte Zellen abzuſondern , damit ein eintretender Led nicht das gesammte Schiff beschädige - eine Erfindung die erst seit etwa 15 Jahren in

wohnern erfüllt haben, die Elaven dagegen den größten Theil des Festlandes von Europa und die nördliche Hälfte Asiens besigen und bebauen. Der Gang dieser Entwicklungen steht in so nahem Zu ſammenhang mit dem Bau und der Natur der Erdvesten, daß jeder andere Verlauf uns viel willkürlicher erscheinen müßte. Deßwegen läßt sich jedoch eine strenge Prädesti nation oder der Zwang einer Art von Natursaßung Es war durchaus nicht nothwendig nicht behaupten. daß zwischen den Staatenbildungen an den Strömen und dem Auftreten seebeherrschender Völker eine Entwicklung an einem innern Meer eingeschaltet werden mußte, denn Ausland. 1869. Nr. 9.

Europa nachgeahmt wird.

Auch insofern sind die Chinesen

„oceanisch" aufgetreten, mit Kapp zu reden, daß sie über seeische Länder aufsuchen. In Annam und Siam trifft man sie an allen Handelspläßen, auf Borneo fanden die Spanier bei ihrem Erscheinen chinesische Ansiedler, in Ea rawak bedrohten sie durch eine Verschwörung das Reich des Radscha Brooke, Singapur wird von ihnen stark be völkert, und auf Java mußten die niederländischen Statt halter mehr als einmal blutig die Unbotmäßigkeit der chine ſiſchen Bevölkerung unterdrücken.

In Californien, auf den 27

Ueber die Beziehungen zwiſchen Geſchichte und Erdkunde.

202

1

Sandwichinseln, in Australien gibt es chinesische Bevölke

sich Fahian, ein chinesischer Buddhist, auf einem indischen.

rungen, gefürchtet wegen ihres Fleißes, ihrer Sparsamkeit,

Schiffe zur Heimkehr nach China ein. Es ist also ganz klar daß die Hindu einen Anlauf nahmen oceanisch" zu

ihrer Genügsamkeit von der christlichen Culturbevölkerung. Man darf,

um die Chinesen billig zu beurtheilen , nie

übersehen daß sie drei Jahrtausende völlig abgeschnitten von der Berührung westlicher Cultur alles aus sich er:

tig vorwärts gebracht haben. Daher ist ein gewiſſer Dünkel bei ihnen, wenn auch nicht berechtigt, doch erklär

den Auswanderer bedrohte, sondern das Verbot die Hei math zu verlassen späteren Ursprungs ist, und dieser reli

Ea

schufen, daß sie von Fremden nichts entlehnten, wohl aber mit ihren Erfindungen das „ thalassische " Abendland mäch

werden, daß sie nach Ost und West ihre Fahrzeuge und Auswanderer sendeten, daß damals noch kein Kastenverlust

giösen Verirrung es zugeschrieben werden muß wenn die Hindu nicht fortfuhren seebeherrschend aufzutreten, sondern sich selbst an ihre Ströme bannten .

lich, und deßhalb haben die Himmlischen drei Jahrhunderte

Der Unterschied zwischen den Ansichten des Verfassers lang die Europäer, die sich an ihren Küsten zeigten und die nach ihren Begriffen von Schicklichkeit ihnen roh und

und den unsrigen ist ein geringer, aber wir müssen fest auf ihm bestehen. Denken wir uns das Mittelmeer mit irgend

ungeschliffen erscheinen mußten, als niedrige Barbaren be handelt. Gewißigt und bekehrt durch bittere Erfahrungen, miethen sie jetzt Europäer als Condottieri, Engländer als Schatzbeamte und Amerikaner als Diplomaten. ¹ Bewährt sich also an den Chinesen nicht der Saß daß

Bakso einer neuern oder ältern geologischen Formation zugeschüttet, so hätten die Bewohner der alten Welt nachKapp niemals Meer bezwinger werden können, sie wären von ihrem „ potami: schen" Bann nie erlöst worden . Wir dagegen behaupten daß auch dann eine „ oceanische " Entwicklungszeit eingetre 100

die Völker der Culturströme nicht über die See hinüber

ten wäre, früher oder später, vielleicht sehr spät.

Das

greifen, nicht „ oceanisch “ sich entwickeln, so läßt sich auch

rechtfertigen. „Was bei China, behauptet Kapp , über den Mangel der Schifffahrt auf dem Meer erwähnt wurde,

Mittelmeer hat beschleunigend gewirkt, wie alle Begünsti gungen der Natur ein früheres Reifen zur Folge haben, aber es war teleologisch nicht nothwendig damit irgend ein

*i

bei den Sanskritvölkern Indiens dieser Ausspruch nicht

Theil der Menschheit irgend eine Culturstufe erreichen sollte. Dem Hindu

sind sogar durch eine religiöse Sahung alle Meerfahrten verboten.

Hierzu mag ein natürliches Hinderniß mitge

wirkt haben, nämlich die Fluthſtrömungen im bengaliſchen Meerbusen, die im Ganges- Delta sich bis auf 20 Meilen landeinwärts erstrecken."

Flutyströmungen sind wohl keine

Wenn wir dem Verfaſſer häufig mit Widersprüchen entgegentreten mußten , so schließe man daraus nicht daß seine Ausführungen beständig gegen unsere Ansich

durch diese Erörterung ein klarer und deutlicher Ueber:

großen Hafenpläge an Strömen, wie London, Hamburg,

blick von seinen Anschauungen gewonnen werde.

Calcutta u. s. w ., verdanken sogar nur Ebbe und Fluth ihr Dasein, und je stärker dieser Rhythmus der Spiegel

Durchführung der Aufgabe bei jedem Länderraum können

dem Aus- und Einlaufen der Fahrzeuge.

Vor zwanzig

wir nicht näher eingehen, dafür wollen wir aber ein paar

Bewohner

Phönizien an einem schmalen wenig fruchtbaren Küsten

jest wissen wir durch die Ergründung sanskritischer Orts namen, namentlich durch Lassens Erklärung der ptolemäis

saume, hinter sich hat es ein Gebirge voll Schiffsbauholz,

recht faßlich sich darstellen läßt .

So liegt

ein Volk entwickeln sollte,

Hindu vor dem Beginn unserer Zeitrechnung und etliche Jahrhunderte nachher in überseeische Fernen strebten. Der

fahrt vertraut werden. Aegypten, abhängig von den Nil überschwemmungen, zwang seine Bewohner frühzeitig zur

Name der Insel Socotora, von den Griechen zu Dioskori

Kalenderbestimmung, folglich zu astronomischen Beobach

des verdunkelt, ist indischen Ursprungs.

tungen, zu den Bauten der schwierigsten Art, nämlich zu

mußte es mit der Schiff

sind erkannt worden für Sumatra, nach Java gelang

Wasserbauten, ferner zur Feldmeßkunde,

ten brahmanische Auswanderer .

schwemmung die alten Gränzen verwiſchte, jede Meſſung aber sest Kenntnisse in der Mathematik und Geometrie voraus. Werden geographische Erscheinungen zu Eigennamen um gewandelt, dann verbirgt sich hinter den Eigennamen ein

wenn die ptolemäiſchen Karten von Oſtaſien richtig verſtan den werden. Noch im 4. christlichen Jahrhundert schifft

Schlagwort zur tieferen Bezeichnung des Gegenstandes. Dahin rechnet Kapp die Namen Mesopotamien, Delta, Pharus, Jithmus.

16

da jede Ueber

Halbinsel Malaca, ja selbst in Siam, wie in Cambodscha,

1 Man vergl. dazu den merkwürdigen Erlaß über Errichtung eines Polytechnikums nach europäiſchem Muſter in Peking. Ausland 1868. . 787,

9

vor sich ein Meer mit Inseln : folglich, wenn sich dort

schen Landkarten von Südasien, daß die brahmanischen

ja noch weiter gegen

w **t*al *x* ‫ل‬

Beiſpiele aufzählen, wo der ursächliche Zuſammenhang zwiſchen der örtlichen Natur und dem geschichtlichen Beruf seiner

Jahren noch war es zulässig den Hindu vorzuwerfen daß

Often bis zum Verbreitungsbezirk der Sago Palme ; ferner find Sanskritnamen noch kenntlich bis zur Südspizze der

*****

Auf die

sie sich nicht von ihren Strömen zu entfernen wagten, allein

Sanskritnamen

#kaw INI

ten verstießen, sondern wir haben kritisch nur das hervor gehoben was wir nicht billigen, in der Hoffnung daß

Hindernisse, sondern eher natürliche Förderungsmittel. Alle

schwankungen der See sich einstellt, desto günstiger ist er

20% 1+ น

Man könnte noch hinzufügen daß in

Europa eine einzige Meerenge schlechtweg der Sund heißt, und daß die Engländer von

den Straßen“

sprechen

**

trifft auch in Indien im wesentlichen zu.

Ueber die Beziehungen zwischen Geschichte und Erdkunde.

203

wenn sie Singapur oder andere Besitzungen an der Halb inſel Malaca meinen. Tief und scharfsinnig ist die Bemerkung von Kapp daß

halten mit den russischen Kriegen gleichen Schritt nach dem Grundsay: Romanus ubi vincit, ibi habitat. Feste Nie

die Lage der Hauptstädte eines Reiches, wo sie nicht nach: weisbar auf Willkür beruht, Rückschlüsse erlaubt auf eine

derlassungen sind die Fußstapfen seiner Feldzüge : Astra chan und Tiflis, Odeſſa und Taganrog." Einen sehr hohen

geschichtliche Vergangenheit. Zur Zeit wo die Blüthe der Civilisation an das Mittelmer gebannt blieb, lagen alle Hauptstädte an diesem innern Meer, und zwar in den ältern Zeiten am Südrand oder ihm nahe, wie Sydon, Tyrus, Car thago, Alexandria. Nur ist bei Alexandria zu erinnern daß es ſchon einer ſpäteren Zeit angehört, wo Aegypten aufgehört hatte potamisch zu sein. Jüngere Brennpunkte des Mittel meeres rücken nördlicher, wie Athen, Rom und Byzanz.

lassungen überhaupt, und nicht bloß die Militärcolonien,

Culturrang legt Kapp der Wolga bei, die 20,000 Schiffe jährlich trage mit einer halben Million Menschen . Für ein continentales Volk wie die Russen mag allerdings selbst ein innerer Strom, ein Steppenfluß wie die Wolga, hohen Werth besigen, aber er erblaßt bei einem Vergleiche mit den Strömen der Vereinigten Staaten. Nicht zu über sehen ist nämlich daß Rußland über ein Verkehrsmittel verfügt welches

auf ebenem Boden in seinen Leistungen

Daß im Mittelalter die größten Stadtmächte, Genua und Venedig, die nördlichsten Gestadepunkte aufsuchen um sich

sechsmonatliche Schneedecke.

dem Innern des Festlandes möglichst zu nähern, läßt uns ahnen daß das nördliche Hinterland des Mittelmeeres nach

Flüssige und Fließende. „ Die politische Geographie muß jeden

dem Vordergrund der Geschichte drängt und die Cultur nach den oceanischen Rändern des Welttheiles strebt.

ihrer Abschnitte von den Gewässern einleiten lassen, weil von ihnen alle historische Stoß- und Schnellkraft ausgeht. "

Auch auf die Ausbreitung des Islam hat das Mittelmeer als physische Macht eingewirkt, doch möchten wir dieß nur

Am Wasser, den Regen inbegriffen, hängt schließlich alle Gesittung.

auf seine westliche Richtung beschränken. Der Islam war zwar vorzugsweise an das Festland und die Geſtade inne rer Meere gebannt, doch ist die Lehre des Propheten nicht an dem Ocean stehen geblieben , denn an der

den Wasserflächen sehr nahe kommt, nämlich eine mehr als Der Verfaſſer hat überhaupt

eine sichtliche Vorliebe, die wir völlig billigen, für alles

Der Verfasser hat sich am Schlusse genöthigt gesehen in einem Anhang unter der Bezeichnung Culturgeographie eine Geschichte der Verkehrsmittel und ihrer Erfindungen einzuschalten.

Damit läßt sich scharf die eigentliche Auf

Ostküste Afrika's verbreiteten sich bis nach Sofala früh

gabe der Ritter'schen Schule begränzen.

zeitig arabische Colonien, und der Islam dringt noch heute von dort aus binnenwärts unter den Negern vor. In den

giſchen Ansprüche sollte sie gänzlich verzichten, und solche

zwei ersten Jahrhunderten nach der Flucht gab es zahl: reiche muhammedanische Gemeinden in China, und seit etwa 5 Jahrhunderten dehnt sich der Islam mit Glück und raschen Schritten in der malayischen Inselwelt aus ; über schritten hat er jedoch einen Ocean noch nie.

Auf ihre teleolo :

Worte wie das Alexander v. Humboldt's, daß nämlich „ die Völker nur die Livrée der von ihnen bewohnten Gegenden tragen," flingen, aus ihrem Zusammenhang gelöst, wie eine Uebereilung .

Der Geschichtschreiber wie der Erdkun

dige muß zu sondern verstehen worin die Leistungen einer gewissen Bevölkerung von der Natur begünstigt worden.

Der Verfasser entdeckt Aehnlichkeiten im Bau Europa's

ſind, und was ſie ſich ſelbſt verdanken.

Er wird uns z . B.

mit der griechischen Halbinsel, es entſpricht nämlich in ſei nen Augen Hispanien der Peloponnes ; das mittlere Europa,

zeigen daß Mexico im gegenwärtigen Augenblick und für die Zukunft der Schauplaß sein könnte und sein sollte für

von den Pyrenäen bis zu seiner Einschnürung zwischen

die höchste Entwicklung der menschlichen Gesellschaft.

Ostsee und Pontus, Mittel- und Nordgriechenland ; Ruß land dagegen den Donaugebieten mit Thracien, wo der Halbinselcharakter aufhört und das Land continental wird.

er es nicht, um so tiefer in unserer Schäßung muß die Bevölkerung sinken. Der Schüler Ritters sollte uns er

Morphologisch gedacht würde ein solcher Vergleich nur als müßiges Spielwerk uns gelten dürfen, berechtigt aber ist er auf geschichtlichem Gebiete. Wie in der griechischen Halbinsel, bemerkt Kapp, das hiſtoriſche Leben vorzugsweise auf die eigentlichen peninsularen Glieder mit isthmischer Bildung gewiesen war, so zeigt sich diese Erscheinung auch an dem Ganzen des Continents. Die continentale breite Basis der griechischen Halbinsel, welche Thrake, Makedo nien, Illyrien und die Donauländer umfaßt,

ist ebenso

wie die große sarmatische Ebene erst verhältnißmäßig viel ſpäter, jene auf das thalaſſiſche Leben, diese auf das ocea: nische eingegangen. " Die Russen hat Kapp sehr treffend als ein continen tales Volk aufgefaßt.

„ Die auswärtigen ruſſiſchen Nieder

Ist

kennen lassen daß die Franzosen trotz ihrer herausfor dernden Lage zwischen einem inneren Meere und einem Ocean kein seetüchtiges Volk geworden sind, sondern statt dessen nach dem Jnnern des Festlandes drängen. Er sollte uns erwägen lassen daß das Marmarameer mit seinen beiden Thalengen Bosporus und Hellespont zum Flotten bau wie geschaffen , und diese " Prädestination" von den Osmanen dennoch völlig vernachlässigt worden sei. Wenn auch die Osmanen erst nach Konstantinopel ge langten als die Uhr der „thalassischen " Völker eben ablaufen sollte, so saßen doch vor ihnen dort die By: zantiner, welche ebenfalls die Gunſt der Lage nicht er griffen. Auf der andern Seite sollten uns Geſchicht : schreiber und Geographen zur höchsten Bewunderung fort: reißen, wenn Völker nicht unterstüßt, ja wenn sie befehdet

Unter den Guaraunos-Indianern.

204

von der Natur die abholde Macht bezwingen, wie die Holländer, die in beständiger Feindseligkeit mit der See leben

vollen Krüge aus der Hand und trugen ſie hinter ihnen her nach ihrem Hause, wo wir Abschied unter dem Ver

und doch dieses wilde Roß gebändigt haben.

sprechen nahmen, sie auf dem ,,bal paré" der Guaraunos

Ihr Gedeihen zeigt uns daß alle Teleologie zu Fr rungen führt. Wohl haben sich die physischen Mächte viel

heute Abends zu treffen.

Eingriffe erlaubt in den Gang der menschlichen Geſittung,

Don Francisco's in ungemeiner Weise sich zu steigern ; ein

Seit dieser Zeit schien der Bedarf an Waſſer im Hauſe

und anfangs hing alles ab von ihrer Gunst und Freund:

ununterbrochenes Wasserholen fand jeden Tag statt.

lichkeit, denn wie viele unserer Civiliſationshebel ſind nichts

und ich trabten mit den gefüllten Waſſerkrügen stets hinter

anderes als Geschenke des Nils ?

den Königstöchtern nach deren Residenz. So macht die Liebe einen Menschen sogar zum Wasser:

Aber mit jeder neuen

Erstarkung zeigt sich daß es etwas gibt noch stärker als alle sogenannten Prädestinationen, nämlich die menschliche That.

Auf die sogenannte thalaſſiſche Zeit wäre nie die

oceanische gefolgt, wenn nicht Menschenwiß und Menschen muth die See zu einem Lastthier umgewandelt hätten. Auf

E.

träger, und dieß war mein zweiter Posten den ich unter den Guaraunos bekleidete ! An irgend eine naturwiſſenſchaftliche Excursion konnte

der "thalassischen" Entwicklungsstufe durfte ein Erdkun diger behaupten : es sey eine Prädestination daß die Civili

unter obwaltenden, zarten Verhältnissen gar nicht mehr gedacht werden, dermaßen war ich den ganzen Tag hin durch über und über beschäftigt.

ſation an das Mittelmeer gebannt worden sey. Jezt könnte man sagen das atlantische Meer sey die herr

Abends 7 Uhr traten wir in das Tanzlocal der Gua raunos ein.

schende physische Macht, im nächsten Jahrhundert aber

Ee war eine sehr lange, mit Lehmwänden versehene

möchte das atlantische Meer nur noch als ein inneres an

und mit Palmblättern gedeckte Hütte, in deren Mitte ein großer, ausgehöhlter Baumstamm, der Paiwaritrog, lag. Fackeln aus in Fasern geklopften Stöcken der Lechthis, vermischt mit dem Harze des Algarobo (Hymenaea Courbaril)

gesehen werden, denn es gibt nur einen einzigen Ocean, die Südsee, vereinigt gedacht mit dem indischen Meere, von der Natur unterschieden und ausgezeichnet vor dem atlantischen Golf dadurch daß auf ihr allein eine frei entwickelte Mondsonnenfluthwelle westwärts rollt. So

brannten an verschiedenen Stellen und erhellten einiger

können sich die örtlichen Prädestinationen mit den Thaten

Eine Menge Guaraunos, Männer und Weiber, aufs schönste bemalt und mit allem ihnen zu Gebote stehenden

der Menschen verändern, so ändert sich mit ihnen der be D. P. seelte Ausdruck der Ländergestalten.

• 9

"o

3.

maßen die Dunkelheit des großen Raumes .

Schmuck behängt und umschlungen, waren hier versammelt. Wir begaben uns ohne weiteres zu den hübschen Töch: tern Don Francisco's, die in einer Ecke saßen, und waren bald in lebhaftester Unterhaltung mit ihnen begriffen. Die Guaraunos führten in dieser Zeit ihre Tänze auf, die ich

Unter den Guaraunos-Indianern .

bereits früher beschrieben ; eine Fidel, einige Bambusflöten und ein über einen ausgehöhlten kurzen Baumstumpf ge

Von Karl Ferdinand Appun. 3.

El Rey de los Guaraunos. (Schluß.)

S. war sehr begierig auf die Bekanntschaft der Kö nigstöchter, die bald an unserer Posada vorbei promenirten, um nach altgriechischer Weise in den Tinajas Wasser aus

spanntes Fell, auf welches mit einem Stück Holz losge: pocht wurde und das vollkommen eine Urtrommel ver finnlichte, dazu das Geklapper mehrerer Maracas, die nach dem Tacte, wenn ein solcher überhaupt existirte, hin und her geschüttelt wurden, dieß war die Ballmusik, von der in gehöriger Distance zu stehen, ich sehr erfreut war.

Paiwari wurde von einem jungen Mädchen umherge dem Flusse zu holen . Sie wurden unverzüglich von mir in die Posada ein geladen, mußten sich in unsere Hängematten sehen und einige Leckerbissen, in Biscochos (Zwieback) und Zucker bestehend, welche sich noch unter unseren von Ciudad Bolivar mitgebrachten Vorräthen vorfanden, zu sich nehmen. S. fand die Mädchen ebenfalls wunderschön, und wir

reicht, und ich war so unglücklich eine Calabaſſe dieſes widerwärtigen Getränkes zu erhalten, die ich Anstands halber austrinken mußte. Die Tänze der Indianer dauerten mehrere Stunden und wären die ganze Nacht hindurch fortgeführt worden, wenn nicht einer der Königssöhne Einhalt geboten hätte, da seine Schwestern mit uns zu tanzen wünschten.

unterhielten sie so wohl daß sie ohne Aufhören lachten, und die Geschäftsangelegenheit welche sie hierher geführt völlig vergaßen. Die eintretende Dunkelheit mahnte sie endlich daran,

sie sprangen aus den Hängematten, eilten zum Fluß und füllten das Waſſer ein. Wir nahmen ihnen sodann die

Er selbst ergriff die Fidel, seine Brüder, welche das musikalische Talent der Indianer, jedoch in ausgebildete: rem Grade besaßen, mußten die

anderen Instrumente,

außer der Urtrommel, deren Töne ich mir verbat, spielen und der Tanz begann.

fo

Unter den Guaraunos-Indianern.

205

Seiten mit einer Präciſion und feuriger Erregtheit aus:

An ein nochmaliges Zurückblicken nach den geliebten Mädchen war nicht zu denken, da bei dieser Procedur die

geführt, die eines besseren Zuschauerkreises würdig gewesen wären.

von Taschentüchern ihrerseits nicht zu denken, da ein solcher

Es wurden spanische Tänze getanzt und von beiden

El Zapatero, la Paloma,

Curiara umgeworfen wäre, überdieß war an ein Wehen

el Bolero und zulet der Mari-mari wurden den Augen der Guaraunos vorgeführt, die nicht wußten was sie von den Sprüngen, den Pi rouetten, Balancés u . s. w. der Tanzenden denken sollten,

Artikel in ganz Santa Catalina nicht exiſtirte, und nur

und sie wahrscheinlich als halb blödsinnig bemitleideten. Die Mädchen tanzten ausgezeichnet und S., der in die

machte Bemerkung : vaß sich die beiden Mädchen von den

spanischen Tänze einige schöne Gedanken und Erinnerun

indem sie zu küssen verstanden (welch' edle Beschäftigung

gen an „ Mabille " hineinflocht, übertraf sich selbst

unter den letteren nicht Sitte ist), rief eine Menge ange

allein der Ruf Adios amigos ! tönte uns nach, mit dem wir uns begnügen mußten. Wir waren beide ſehr verstimmt, und die von S. ge=

Indianerinnen aufs Vortheilhaftete dadurch unterschieden,

Alles endet und so geschah es auch mit diesem Balle.

nehmer Erinnerungen in mein Gedächtniß, die meine Ges

Wir begleiteten die zwei Mädchen nach Hause, da es

danken bis zur nächſten Landung am linken Ufer des Ori noco vollkommen fesselten.

aber eine sehr schöne Nacht war, so nahmen sie unseren Vor schlag an, uns nach der Posada al Peregrino zu begleiten, von wo wir sie wiederum nach Hause begleiteten, und so wäre der Rest der Nacht in einer Serie gegenseitiger Be gleitungen dahin geschwunden, wenn nicht el Rey, der

Nach Passirung der östlichen Epiße der großen Insel Tortola und der kleinen Insel Las portuguesas landeten wir unweit des Caño Araguao. Celestino wünschte hier eine Rancheria der Mariusas

wahrscheinlich wegen des Lärmes nicht schlafen konnte, den

zu besuchen, deren sich seit zwei Monaten eine Menge hier

Mädchen mit riesiger Stimme zugerufen hätte ins Haus zu kommen. Wir schlichen nach zärtlichem Abschiede leise nach un

aufhielten, um große Curiaras zu fertigen. Eine bedeutende Anzahl Indianer jeden Geschlechts und Alters standen bei unserer Ankunft am Ufer und stimmten

serer Posada, unterhielten uns, in der Hängematte liegend,

ein wahrhaft wildes Geheul und Geſchrei an, das höchſt

noch lange über die neue interessante Bekanntschaft, und • ich war völlig mit der von S. gemachten Bemerkung ein

wahrscheinlich freudige Ueberraschung ". durch unser Er scheinen ausdrücken sollte.

verſtanden daß wenn er durchaus eine Indiankin hei

DerHäuptling der hier versammelten Indianer, Luciano 1,

rathen müsse, er Panchita, die jüngste der Königstöchter,

ein alter Mann, trat vor, und begann eine lange Unter

als Frau wählen würde. Mit dem Vorsaße, unter diesen Umständen Mariquita,

redung mit Celestino, der über die geringste Kleinigkeit die

die ältere, zu nehmen, schlief ich ein. Als ich erwachte, hatten bereits Schulze und Müller

ihm auf seiner Tour paſſirt, den Zweck ſeines Beſuches, die weißen Leute (mich und S. ) die er mit sich bringe u. s. w. ausgefragt wurde.

den Morgenbrei, der in Ansehen und Geschmack völlig un

Es ist dieß eine allgemeine Sitte unter allen India: nern Südamerika's, und erinnert mich ſtets an die weiland

serm europäischen Buchbinderkleister glich ; ich seßte einen

Thorschreiber der deutschen Städte, die jeden durchs Thor

Topf zum Feuer um Kaffee zu kochen, und wurde in dieſer

einpassirenden Fremden hatten.

Feuer gemacht, und kochten ihren in Caſſadeſtärke beſtehen:

haushälterischen Bestrebung durch die Erscheinung der bei den Königstöchter überrascht, die bereits in solcher Frühe Waſſer holten. Doch genug hiervon ; ich will nur erwähnen daß wir in den drei Tagen unseres Aufenthaltes in Santa Cata

in ähnlicher Weise

auszufragen

Die Präliminarien dauerten wenigstens eine Viertel stunde, während welcher Zeit wir, nach indianischem Be griffe von Anstand, auf einem Fled wie festgebannt stehen

jeder Tag einen Band bildete, durchlebten, der dritte Band

mußten ; die Augen durften jedoch überall umherschweifen, und die meinigen , machten die Bemerkung daß dieser Seitenstamm der Guaraunos in seinen männlichen In

jedoch nicht mit einer Heirath, sondern nur mit einem sehr

dividuen durchaus nicht wohl ,

zärtlichen Abschied endete, den wir am Abend vor unserer

Gesichts noch des Körpers, vertreten ſei, in dem weiblichen

lina einen completten Liebesroman in 3 Bänden, wovon

weder in Schönheit des

Abreise von den Geliebten nahmen, um bei der Abreise

Geschlecht jedoch, ganz besonders in den jungen Mädchen,

am andern Morgen früh in Gegenwart der Indianer solche rührende Scene nicht zu produciren. Bereits um 5 Uhr Morgens, bei eintretender Ebbe,

durch sehr interessante Körperformen und allerliebste Ge sichter sich auszeichne, welcher Bemerkung S. vollkommen beipflichtete.

empfahlen wir uns der Familie Don Francisco's , die

Der Zauber welcher über Luciano's und Celestino's

Mädchen gaben uns bis zum Ufer das Geleite, wir seßten

Unterredung geschwebt, war verflogen, letterer hatte alle

uns unter dem nöthigen Balanciren in die Curiaras, und Schulze und Müller ruderten aus Leibeskräften den Caño abwärts .

1 Francisco Silva gab allen unter ihm stehenden Häupt lingen ſpaniſche Namen, genau aus demſelben Motive, aus wel chen ich es bei Schulze und Müller gethan.

Unter den Guaraunos-Indianern.

206

Neuigkeiten mitgetheilt, und der Zug bewegte sich langsam auf echt indianischem Weg in den Wald hinein. Dieser Weg bestand darin daß eine Strecke des Ur waldes niedergehauen und das vertrocknete Laub an den niederliegenden Stämmen abgebrannt war. Lettere waren

große Delicatesse der Indianer, sich umherwälzten, und auf welche von allen Umſtehenden die lüsternſten Blicke gewor fen wurden. Luciano winkte seinen Frauen die Vertheilung

in

natürlich nicht bei Seite geschafft worden, und so lag alles,

Ordnung zu bringen, und gieng mit Celestino und uns nach dem Orte wo die Curiaras gefertigt wurden.

Riesenstämme, Aeste, Echlingpflanzen u. s. w. , in einem Chaos über und durch einander ; dieß war der neugeschaffene

einen kleinen Caño ,

Weg, der eine bedeutende Geschicklichkeit im Klettern und mitunter sogar einige Vorstudien im Seiltanzen erforderte. Vor uns lagen zwei, wohl an 200 Fuß lange , an allen Seiten offene mit Manicariawedeln gedeckte Hütten, die Rancheria der Mariusas, welche ebenfalls inmitten eines Chaos durcheinander liegender Baumstämme placirt war. In derselben wimmelte es von Indianern, und wohl an 500 Seelen waren hier beiſammen.

An ein Eintreten in die Hütte war nicht zu denken,

Der Weg dahin war ziemlich lang und führte uns an an dessen einem Ufer ein großer

Play, in besserer Weise als bei der Rancheria, gelich: tet war. Hier lagen in wagerechter Richtung auf einem 4 Fuß hohen Gerüste dicke ausgehöhlte, an 35 - 40 Fuß lange Stämme des Cedro (Cedrela odorata und Icica altissima) , unter denen mehrere Feuer brannten und bei denen eine Anzahl Guaraunos geschäftig waren dem Stamme von außen eine paſſende Form zu geben. An den breiten Seiten war das Corial durch in das

da die an ihren Pfosten oft dreifach übereinander aufge

selbe gesteckte starke Stangen auseinander gehalten, und

schlungenen Hängematten den Weg hinein versperrten. Luciano führte uns in ein kleines, für ihn errichtetes Rancho, lud uns ein uns in die Hängematten zu sehen,

Biegung an beiden Enden zu geben, wobei große Vorſicht erforderlich ist, da bei der geringsten Vernachlässigung das

und ließ uns durch seine Frauen Yarumafudhen und von

Holz sehr leicht springt.

der jaftigen Umhüllung des Mauritiaſamens gefertigte Caſiri präsentiren.

Riesenstämme des Bombax Ceiba und globosum zur Fer

Ich habe diesen Yarumakuchen, von denen der Name

die Feuer dienten dazu ihm die nöthige, muldenförmige

Außer den zwei Arten des Cedro werden noch die

tigung des Corials benut.

das Intereſſanteſte für einen Europäer ist, bereits erwähnt,

Die Stämme derselben werden, nachdem sie gefällt, in

sie haben einen fauligen Geruch, und sind im Fette dicker Käferlarven geröstet. Der Hunger jedoch, der mich sogar

der erforderlichen Länge durchhauen, ausgehöhlt und auf

Mariquita vergeſſen ließ, ſpedirte ſie in den Magen, ebenso das widerlich riechende Cafiri.

durchzogen, werden sie auf Gerüste über Feuer gebracht, wie ich bereits angegeben.

einige Tage ins Wasser geworfen ; sobald sie davon gehörig

Während des Essens kamen eine Menge Frauen mit

Es gehört eine große Geduld und Zeitaufwand zu

großen Körben auf dem Rücken aus dem Walde und schritten auf uns zu.

solcher Arbeit, der Indianer besigt erstere im höchsten Grade und Zeit kommt bei ihm nicht in Betracht.

Da die Indianer hier nur für einige Monate lebten, so hatten sie keine Provisionsfelder in der Nähe angelegt, und die Weiber mußten im Walde nach Nahrungsmitteln

Bald giengen wir nach der Rancheria zurück, da wir noch vor Eintritt der Dunkelheit mit der dann eintretenden Ebbe abfahren wollten .

suchen, während die Männer auf den Fischfang fuhren. Nach dem Rancho von Luciano zurück gekommen, ließ er Diese Frauen nun brachten ihre vegetabilische Aus mich an eine in einer Ecke desselben befindliche, bisher beute zum Häuptlinge, um sie durch ihn vertheilen zu durch Blätter verdeckt gewesene Kiste treten, öffnete dieselbe laſſen. und zeigte mir mehrere neue europäiſche moderne Sommer: Nachdem sie bei dem Rancho Luciano's angekommen, anzüge, einige schwarze Hüte, sowie eine Menge Blechdosen stellten sie ihre Körbe hin und zeigten die gesammelten Leckerbissen.

mit Sardinen und andern Leckerbissen, die er mir in Tausch gegen Aerte und Messer anbot.

Sie bestanden sämmtlich in Sachen mit denen ein europäi scher Gaumen sich unmöglich begnügen würde ; einige Körbe

Diese Gegenstände in einer Rancheria wilder Guarau

enthielten die schuppigen Früchte der Mauritia zum Eſſen

nos zu sehen, sezte mich in das größte Erstaunen, und er

wie zur Fabrication des Caſiri, andere lange, dicke Stücke des Markes der Mauritiaſtämme zur Bereitung der Ya

innerte mich sogleich an die modernen Anzüge der Guarau

rumakuchen, noch andere die grünen Blattscheiden der Ma naque (Oreodoxa Bataua und Euterpe edulis), welche die

zu solchem Räthsel gefunden hatte; ich konnte zwar ahnen.

ls Palmenkohl genießbaren unentwickelten Wedel in ſich schließen ; andere Frauen brachten Calabaſſen die mit ver faulten Holzspänen gefüllt waren, in denen dide, fette Käferlarven von Passulus , Prionus und Calandra , die

nos in Santa Catalina, ohne daß ich bis jetzt den Schlüssel

daß sie auf unrechtmäßige Weise in Beſiß dieser Indianer gelangt seien, jedoch in welcher Art? Celestino antwortete mir auf meine deßhalb an ihn gerichtete Frage nicht, noch weniger Luciano, der die spa nische Sprache gar nicht verstand.

Unter den Guaraunos-Indianern .

207

Ich erhandelte mehrere Blechdoſen der oben angeführ

nächste europäische Schiff vorüber fahren würde, von dem

ten Delicatessen, in moderner europäischer Kleidung brauchte

ich Branntwein zu erhalten wünsche, ohne den die zwei Hochzeiten unmöglich gefeiert werden dürften.

ich jedoch unter den Indianern nicht zu gehen und mochte ſie auch an dieſem Orte nicht kaufen, da mir Zweifel über deren rechtmäßige Erlangung aufgestiegen waren. Daß die hier anwesenden Mariusas mit Europäern nicht in Berührung kamen, wurde mir dadurch klar daß ich sehr wenig europäische Geräthschaften bei ihnen sah, und die Weiber und Mädchen ihre Schamschürzen nicht aus Per: len, sondern aus der durch Klopfen flexibel gemachten Rinde einer Ficus-Art gefertigt hatten. Da die Weiber nicht einmal Glasperlen , den gewöhn

Ich beabsichtigte in diesem Falle den Capitän des Schiffes zu bitten uns nach Ciudad Bolivar mitzunehmen, um so von den Indianern fortzukommen . Celestino gieng darauf ein, ohne meine eigentliche Absicht zu ahnen, und wir waren vor der Hand von den fortwährenden Beläſti : gungen in dieser Angelegenheit befreit. Er hegte jedoch den steten Verdacht gegen uns daß wir von hier weg zu entkommen trachteten, so daß wir nicht die kleinsten Ausflüge machen konnten, ohne von

lichsten Schmuck der Indianer, trugen, wie kamen diese

einem uns nachgehenden Indianer beobachtet zu werden,

Indianer zu europäischer Kleidung und den Blechdosen mit Delicatessen ?

sogar die am Ufer liegenden Curiaras wurden verborgen, damit wir nicht in denselben entfliehen möchten.

Ich sollte von den Guaraunos darüber nie Aufklärung

Mehrere Monate vergiengen und kein fremdes Echiff passirte am Orte vorbei ; das Spionirsystem gegen uns

erhalten, und erst später, nachdem ich sie verlaſſen, ist mir dieselbe geworden. Bei einbrechender Dunkelheit empfahlen wir uns von Luciano, und ruderten unter ähnlichem heulenden Geschrei

nahm dermaßen überhand, daß wir zuleht gar nicht mehr

der Zurückgebliebenen wie bei unserer Ankunft ertönt war, der unweit Zacupana liegenden Insel Socoroco zu , um

ausgiengen, sondern den ganzen Tag hindurch in den Hänge: matten lagen. Ein solches Dasein wurde uns nahezu unerträglich. Da nahte, nachdem wir 6 Monate unter den Gua

den Inhalt einiger Blechdosen zu verzehren, da die Yaru

raunos zugebracht, endlich unsere Befreiung!

makuchen den hungrigen Magen nicht hinreichend befriedigt hatten . Es war jedoch unmöglich, als wir bei der Insel an gekommen, dort zu verbleiben ; Schulze und Müller ver suchten zwar in aller Eile ein Feuer zu machen, kamen jedoch bald wieder zur Curiara mit dem Ausrufe : „Kanne! Ranne!" (es geht nicht) zurückgelaufen.

S. und ich sprangen ans Ufer, drangen einige Schritte weit voi, liefen aber eben so schnell nach der Curiara zurück, und ließen eiligst von der Insel wegrudern. Während meines langen Aufenthaltes in Süd-Amerika hatte ich noch nie solche Massen Mosquitos angetroffen wie auf dieser Insel ; ihre Zahl war wirklich Legion, und ihr Singsang im höchsten Sopran dermaßen laut

daß

man ihn für Sirenenmusik halten konnte, so weit sie mir aus Büchern und durch Bühnenaufführung bekannt war. Spät in der Nacht landeten wir in Zacupana und schliefen unter süßen Gedanken an Mariquita und Pan chita ein.

Eines Tages landete bei Zacupana eine Lancha (gro ßes Boot), das einem venezuelanischen Händler gehörte, welcher im Delta des Orinoco Lebensmittel billig erhan delte, um sie zu guten Preisen in Ciudad Bolivar zu ver kaufen. Er war auf einer Tour nach Curiapo, einem Ort un weit der Mündung des Orinoco, begriffen, um Fische, be sonders Morocotos, die von Venezuelanern dort in unge heurer Menge gefangen und an der Luft getrocknet werden, und einen bedeutenden Handelsartifel am Drinoco bilden, einzukaufen. Da sein Proviant zu Ende gegangen, landete er hier, um Bananen und Cassavebrod einzukaufen. Glücklicherweise für uns waren die Indianer sämmtlich auf den Fischfang aus, und die Weiber in den Feldern, als er Celestino's Hütte besuchte und S. und mich ganz allein in derselben antraf. Ohne weiteres schilderte ich ihm unsere Lage, und bat ihn uns nach Curiapo mitzunehmen, um von dort nach

Von dieser Zeit an wurde mir der Aufenthalt in

Georgetewon in Britisch-Guayana zu gelangen, und er

Zacupana, wo ich bereits mehrere Monate lebte, zuwider ; ich hatte den Urwald umher längst aufs genaueste durch

willigte, nachdem ich ihm eine Doppelflinte dafür verspro . chen, gern darein .

forscht, und sehnte mich wieder unter civilisirte Menschen

Wir benutzten die Abwesenheit der Indianer

unsere

zu kommen ; ich ahnte damals nicht daß ich später viele Jahre hindurch unter den Indios bravos leben sollte! Celestino wollte durchaus nichts von meiner und S.'s Ab

Koffer zu ordnen, den einen für die Reise, den andern, um bei Celestino nicht den Verdacht einer Flucht zu erre

reise hören, und bestand darauf daß wir uns hier nieder:

und

lassen und Indianerinnen zu Frauen nehmen sollten ; er kam so oft auf dieses Thema zu sprechen daß ich ihm .

ſizer bekannken Weiſe, /, mit Erde und Steinen angefüllt,

gen , zum Zurücklassen. sodann ,

in

der

Letterer wurde völlig manchem

europäischen

geleert, Hôtelbe

über welche einige Wäsche gebreitet, und darauf die meisten.

endlich, um nicht durch abschlägige Antwort ihn zu erzür:

noch vorhandenen Tauschartikel gepackt wurden, den ersteren

nen, versprach auf seine Vorschläge einzugehen, sobald das

füllten wir mit den zur Reise nöthigen Sachen.

Englische Ackerbau-Geſellſchaften auf Actien.

208

Gegen Mittag kamen die Indianer vom Fischfang und

fernung von 3 Tagreisen) fuhr, um davon Anzeige zu

den Feldern zurück, und begannen ihren Handel mit dem

machen und Leute zum Bergen der Ladung herb eizuholen. Francisco Silva hatte durch seine Guaraunos das Un

Venezuelaner.

leßteren nach Curiapo reisen wollten, um, dq keine Schiffe mehr vorbeikämen, von dort Rum zu holen, da wir bereit

glück des Schiffes erfahren und seine Späher ausgeschickt, die ihm die Abreise des Capitäns und der Mannschaft nach Ciudad Bolivar sofort meldeten.

waren in Zacupana uns niederzulassen und Indianerinnen zu Frauen zu nehmen. Wir müßten natürlich einen Koffer

konnte nach dem verunglückten Schiffe, ließ die ganze La

Ich eröffnete Celestino sofort daß S. und ich mit dem

nebst einigen Tauschartikeln mit uns nach Curiapo nehmen, um Rum dafür zu erlangen, und diesen zum Schutz gegen Diebe in den Koffer schließen zu können , den

andern

Koffer mit Tauschartikeln würden wir dagegen bei ihm zurücklassen. Dabei öffnete ich den betreffenden Koffer vor seinen

Augen, und überzeugte ihn von dem Vorhandensein der zurückzulaſſenden Tauſchartikel. Der Venezuelaner bekräftigte ihm außerdem daß er uns in einigen Tagen nach Zacupana zurückbringen werde. Celestino, so mißtrauisch er sonst war, ließ sich bethö ren, und gestattete unsere Reise nach Curiapo ; die Begierde nach Rum gewann die Oberhand und siegte über seine Schlauheit. Abends beim Eintritt der Ebbe nahmen wir Abschied

von Celestino und den Guaraunos in Zacupana, Schulze und Müller erhielten einige Kleinigkeiten als Belohnung für ihre Dienste, die Lancha stieß vom Ufer ab, und lan dete des andern Morgens 5 Uhr am linken Ufer des Ori: noco, in Curiapo. Ich habe den Ort Zacupana und seine gutmüthige indianische Bevölkerung nie wiedergesehen! Jedenfalls werden die Guaraunos meiner sich noch oft erinnern, auch wenn mein Aufenthalt unter ihnen nichts weiter genußt als ihren Handel mit Fremden angebahnt und christliche Namen bei ihnen eingeführt zu haben ; es

Sogleich sandte er alle Guaraunos die er auftreiben

dung desselben, jedoch in seinem eigenen Interesse, bergen und nach den Wäldern in der Nähe seiner Niederlaſſung bringen, wo sie, mit Palmendächern bedeckt, viele Monate verborgen bleiben mußte, im Falle etwa bei ihm darnach geforscht würde. Der Capitän der Brig fand bei seiner Zurückkunft nach Yaya die Brig vollkommen gelöscht, und sogar die eisernen Nägel der Bekleidung wie vieles andere der Takelage entwendet, hatte jedoch nicht die Macht gegen die India ner etwas zu unternehmen, und so mußte auch dieser Ver lust ertragen werden . Die ganze Sache kam mittlerweile in Vergessenheit,

und nun wagten es die Guaraunos, zur Zeit meiner An wesenheit in Santa Catalina, ihren Raub offen zu zeigen, und mir in Araguao sogar diesen zum Verkauf anzubieten. Von der Brig konnte ich, zur Zeit als ich den Mal: paso von Yaya passirte, nur noch die Spißen der Masten über dem Wasserspiegel des Orinoco erblicken, so tief war sie seit ihrer Strandung bereits versunken . Francisco Silva hat sich viel Verdienst um die Gua

raunos erworben, er hat sie das Land bebauen gelehrt, zur Arbeit angehalten, und ihrer Trunksucht wo er nur irgend konnte zu steuern gesucht, daß er sie aber zur Be raubung eines Schiffes ermuntert hat, steht sicher als großer Schandfleck im Buche seines Lebens verzeichnet.

wird nicht ein Jahrhundert vergehen daß nicht die Namen. Schulze und Müller bei ihnen verhältnißmäßig eben so populär als in Deutschland sein werden! Curiapo ist ein elender, mosquitoreicher bei der Spring fluth stets einige Fuß unter Wasser gesetter Ort, deſſen

Englische Ackerbau- Gesellschaften auf Actien. Man glaubt gewöhnlich daß das ſo erfolgreiche Unterneh men der „ Rochdaler Pioniere" die erste praktische Verkör

Bewohner, Farbige und Neger, sehr bedeutende Handels geschäfte mit getrockneten Fischen nach ganz Venezuela und Britisch- Guayana machen.

perung des Cooperativ Princips in England gewesen. Aus

Hier endlich hörte ich auf meine Erkundigung, in welcher Art die Guaraunos in Santa Catalina und am Araguao

missäre bei der jetzt vor sich gehenden Untersuchung in Betreff der Beschäftigung von Frauen und Kindern beim

in Besiz europäischer Kleidungsstücke und anderer Artikel gekommen.

Ackerbau, scheint indeß hervorzugehen daß dieß in Wirk lichkeit nicht der Fall ist. Schon im Jahr 1830, d. h.

dem Bericht des Rev. James Fraser, eines der Untercom:

Es war 10 Monate zuvor, als im Malpaso von Yaya,

vierzehn Jahre vor dem Beginn des Rochdaler Plans, kam

da wo der große Caño Manamo sich abzweigt , eine Bremer Brig, von Europa kommend, strandete, und der maßen festrannte daß sie troß der großen Anstrengungen nicht wieder loskam. Ueberdieß leckte sie bedeutend und sank

nämlich ein Suffolker, Hr. Gurdon , von Aſſington Hall,

eines Bauernguts nicht mit Erfolg anwenden lasse.

jeden Tag tiefer in den aus Sand und Modder beſtehen den Grund, so daß sie vom Capitän aufgegeben wurde,

wählte zu diesem Zweck ein Stück seines eigenen Landes von ungefähr sechzig Acres im Umfang und mittlerer Quali

der mit seiner Mannschaft nach Eiudad Bolivar (eine Ent

tät aus, und bildete sogleich seine kleine Cooperativ Gesell

auf den Gedanken den Versuch zu machen ob sich das Princip der Mittheilhaberschaft bei der Bewirthschaftung Er

Englische Ackerbau-Geſellſchaften auf Actien.

schaft.

209

Er nahm die ersten Mitglieder seiner Assington Cooperative Agricultural Society --- fünfzehn an der Zahl

unverzinslich die Summe von 400 Pfd. St. lieh. Wäh rend der 14 Jahre welche seit der Gründung dieser zweiten

ausschließlich aus der Classe landwirthschaftlicher Ar beiter. Jeder von ihnen legte 3 Pf. St. in das Unter

ihre Mitglieder

nehmen ein, und um die Gesellschaft in den Stand zu

400 Pfd. St. an Hrn. Gurdon zurückzubezahlen, auch wei

Cooperativ Gesellschaft verflossen, gedieh sie so rasch, daß im Stande waren das

Darlehen von

sehen ihr Gut mit dem Nöthigen auszurüsten, lieh Hr.

teres Land an sich zu bringen und den erforderlichen Vieh

Gurdon derselben die Summe von 400 Pf. St., ohne Zinsen.

ſtand anzuschaffen.

Das Unternehmen hatte seit seinem Beginn einen unun

eine Jahresrente von 325 Pfd. St. abwerfen, ist ohne alle Schulden, und der Viehstand des Guts wird auf

terbrochenen höchst gedeihlichen Fortgang. Die Actien haben jezt einen Werth von 50 Pf. St. Das Darlehen von 400 Pf. St. iſt zurückbezahlt.

Die Anzahl von Acres

welche die Gesellschaft inne hatte, vermehrte sich von 60 auf 130, und die der Actieninhaber von 15 auf 21. Die Dividenden der Gesellschaft schwankten ――― wie die anspruchsvollerer Gesellschaften zwar seit der Grün

dung, allein alljährlich gab es doch einigen Gewinn zu vertheilen. Neben der Zurückzahlung des Darlehens von 400 Pf. St. hat die Gesellschaft für ihr Gut sechs Pferde, vier Kühe, hundert und zehn Schafe und dreißig bis vierzig Schweine angeschafft.

Das Land wird von fünf Män

nern und zwei oder drei Knaben angebaut. Wenn ein Mitglied auf dem Gut arbeitet, erhält es seinen Lohn in dem nämlichen Verhältniß wie man einen gewöhnlichen Landmann bezahlt. Ein Ausschuß von vier Mitgliedern ist mit der Leitung des Guts beauftragt, von welchen zwei alljährlich zurücktreten.

Die praktische Leitung des Guts

Sie hat jetzt 212 Acres inne, die

1200 Pfd. St. gewerthet. Die ursprünglichen Actien von 3 Pfd. St. 10 Sh. werden jezt um 30 Pfd . St. verkauft. In Folge davon daß die Gewinne der Gesellschaft zur Rückbezahlung des Darlehens von 400 Pfd. St. und zur Erwerbung und Bestellung so vielen weiteren Landes ver wendet wurden, ist der unter die Mitglieder wirklich vertheilte Ueberschuß nicht groß gewesen, allein man ſieht leicht daß die Aussichten dieses Vereins für eine erfolgreiche Zukunft sprechen.

Was diese zweite Gesellschaft ferner betrifft, so

sind die Mitglieder nicht auf die

Classe von

Ackers

leuten beſchränkt. Thatsächlich aber werden sämmtliche, mit Ausnahme von sechs, aus dieser Claſſe genommen die sechs andern sind : ein Müller, ein Hufschmied, ein Schuhmacher, ein Wagner und zwei Schreiner.

Die Vor

theile von Gesellschaften wie diese in Assington , welche das Augenmerk der Landleute vorsorglich auch auf die Zukunft richten, zur Verminderung der Armuth beitra

indeß ruht in den Händen des Gutsvogts, der selbst Mit glied der Gesellschaft ist, aber seinen Lohn von derselben

gen

auf die nämliche Weise empfängt wie jeder andere Land: mann. Kein Mitglied darf mehr als eine Actie in der

einflößen wollen, liegen klar zu Tage.

Gesellschaft haben, und nur Bauern der Pfarrei dürfen

auf den Landbau angwendet wie in Assington, führten

Actien besigen.

daselbst im Jahr 1863 zur Gründung eines Cooperativ Magazins. Man nennt es die ་་ Assington Industrial and

Wenn daher ein Mann seinen Wohnſig

in größerer Entfernung als drei engl. Meilen von Assing ton nimmt, ſo muß er sich seiner Actie entledigen. Wird ein neues Mitglied in die Gesellschaft zugelassen, so hat es 5 Pf. St. für seine Actie zu hinterlegen, und den Rest des laufenden Werths in Fristen zu bezahlen. Die Ge bäulichkeiten werden von den Bächtern in gutem Zustand erhalten, sind zu 500 Pf. St. versichert, und unterliegen alle zwölf Jahre einer neuen Schäßung . Einem Mitglied welches dessen bedarf, kann man auf die Hälfte des lau: fenden Werths seiner Actie Vorschuß geben -- ein Vor recht von welchem indeß selten Gebrauch gemacht wird. Sämmtliche Abstimmungen

und

ihren Mitgliedern

Interesse am Boden und

dadurch Interesse an ihrem gemeinschaftlichen Vaterland

Die erfolgreichen Ergebnisse des Cooperativ - Princips,

Provident Society;" fie begann ihre Thätigkeit ursprüng lich mit 36 Mitgliedern, zählt deren aber jeßt 88. Die Actien haben einen Werth von 1 Pfd. St., und von jedem Mitglied erwartet man daß es fünf im Beſiß habe.

Je

dem Actien-Inhaber ist ein Zins von 5 Proc. auf sein Capital zugesichert , und die Gewinn- Bilanz wird im Ver hältniß des Betrages der Einkäufe jedes einzelnen unter die Mitglieder vertheilt. Der Betrag der Mitglieder: Einkäufe im September Quartal 1867 belief ſich auf 660 Pfd. St., der Nichtmitglieder auf 45 Pfd. St.

Nichtmit

in dieser Gesellschaft - ein bemerkenswerther intereſſanter Umstand - geschehen durch

den Werth ihrer Actien.

Kugelung.

ein Mitglied seinen Antheil nicht in Geld nehmen will,

Nach vierundzwanzigjähriger Probe sah Hr. Gurdon seinen ersten Versuch so gut gelungen, daß er zu einer

kann es denselben dem Betrag seines Capitals zuſchreiben lassen. Die durchschnittliche leztjährige Dividende auf den

zweiten Probe ermuthigt ward.

Betrag der Einkäufe belief sich auf ungefähr 5½ Proc.

Im Jahr 1854 gründete

er daher die Affington - Cooperative Agricultural Asso ciation ein Unternehmen das mit 70 Acres Land und 36 Mitgliedern begann, von denen jedes 3 Pfd . St. 10 Sh. zuschoß.

Hr. Gurdon zeigte seine Freigebigkeit

abermals dadurch daß er der neuen Aſſociation ebenfalls

gliedern wird nicht geborgt, auch Mitgliedern nicht über

im Jahr.

Wenn bei einer Gewinntheilung

Die Anſtalt beſteht aus einem Geschäftsführer,

seiner Frau und einem Ladendiener, welche wöchentlich Löhne von bezw. 14 Ch., 3 Sh. und 8 Sh. erhalten. Den Vorstand des Magazins bildet ein Ausschuß von Actieninhabern ; alles wird registrirt, und das Geschäft

Grahams neue Untersuchungen über den Waſſerſtoff.

210

nach den Vorschriften geführt welche die Genehmigung des Registrators menschenfreundlicher Gesellschaften in England erhalten haben. Ein anderes ländliches Cooperativ- Magazin befindet

Nicht-Actieninhabern gemacht, die nur Halbgewinnste erhiel ten. Die Verkäufe im Magazin für das erste Quartal betru gen 320 Pfd. St., für das zweite 349 Pfd. St., für das dritte 468 Pfd. St., für das vierte 511 Pfd. St.

Die Dividen

sich in blühendem Zustand in dem Dorfe Tortworth, Gloucestershire, unter den Auspicien Lord Ducie's. Dieser

den für die Actieninhaber beliefen sich, im verausgabten

Edelmann hat den Erfolg welchen der Tortworther Ver

2 Sh. 9 P., für das dritte 3 Sh. 2 P., für das vierte

such gehabt, selber geschildert in einem trefflichen Briefe der am 9. April 1868 in der „ Times" erschien. Es geht

3 Sh. 6 P.

Pfund, für das erste Quartal 3 Sh. 4 P. , für das zweite

(Chamb. Journal.)

aus dieser Mittheilung hervor daß im März 1867 sich etwa zwanzig der einſichtsvollsten in Lord Ducie's Dien sten stehenden Männer versammelten, und übereinkamen einen Versuch mit einem Cooperativ: Magazin für Spece reien zu machen .

Auf der Stelle wurden nahezu 50 Pfd.

St. als Actien Capital zuſammengeschossen, und ein Aus schuß gewählt. Für eine passende Dertlichkeit war leicht gesorgt, einfache Ladengeräthe waren schnell hergerichtet, Vor räthe wurden gekauft, und in wenigen Tagen begannen die Verkäufe.

Grahams neue Untersuchungen über den Wasserstoff.

Baarzahlung wurde gleich im Beginn als

Wer den chemischen Forschungen des Graham gefolgt ist,

Münzmeiſters

und ihre Reihenfolge von der Zeit

ſeiner ersten Mittheilung an Thomſon's „ Annals of Phi losophy," im Jahr 1826, bis zur Gegenwart beachtet hat, wird von seiner in lezter Woche in der Königlichen Soci tät verlesenen Abhandlung nicht überrascht werden.

Nach

unumgänglich festgesetzt. Der Ausschuß bestand aus "Per jonen verschiedener Grade, mit Einschluß von Taglöhnern.

dem was derselbe vor dreißig Jahren über die Natur des Wasserstoffs und nach seiner Botschaft aus den Sternen "

Ein Zimmermann, der die Hälfte seiner Zeit in seinem Gewerbe arbeitet und seine Nachmittage und Samstage

über den in einem Meteorstein enthaltenen Waſſerſtoff

dem

Magazin widmet, hin und wieder mit der Bei

gesagt hat, fommt ganz logisch eine neue Abhandlung „über das Verhältniß des Waſſerſtoffs zum Palladium .“

hülfe eines Schulknaben als Schreibers, wurde zur Füh

Hr.

rung des Geschäfts hinreichend befunden. Durch die wöchent

gelangt der Societät

liche Oberaufsicht des Ausschusses, der sich im Magazin

Metall-Hydrogens vorzulegen ; allein er führt an

selbst versammelt, werden die Vorräthe ſtets im Gleichgewicht

danke bränge sich dem Geiste von selbst auf daß Palla

mit dem Begehr gehalten. Die Waaren werden zu den gewöhn lichen Ladenpreisen verkauft, und am Ende jedes Quartals

dium, mit dem Wasserstoff welchen es in sich enthalte,

wird eine Vertheilung der Gewinnste unter die Einkäufer vorgenommen. Lord Ducie's Schilderung des Erstaunens

welchem die Flüchtigkeit des einen Elements beschränkt ist durch seine Vereinigung mit dem andern, und welches sein

der Tortworther Landleute, als sie sich

metallisches Aussehen

in der neuen Lage

von Capitaliſten". sahen, ist ergößlich. " Die Leute, " schreibt er, sind erstaunt zu sehen daß, während sie ihre Waaren zu den gewöhnlichen Preisen und in besserer Beschaffenheit

Graham ist

bis jetzt noch nicht zu dem Punkte

einfach eine Legirung

theilen verdankt.

eine Stange dieses

hochflüchtigen der Ge

dieses flüchtigen Metalls ſei ,

in gleicher Weise

in

beiden Bestand:

Diesen Gedanken bestätigt er durch eine

Reihe von Versuchen, in welchen Palladium mit 800- oder

als früher erhielten, sich geheimnißvoll ein Fonds an

900mal seinem Volumen Wasserstoffgas geschwängert ist ; dieser zusammengesetzten Substanz gibt er daher den Namen

sammelte der ihr Eigenthum ist, und der im Verhältniß zum Umfang ihrer Einkäufe groß oder klein wird. "

vorsichtigen Genauigkeit zu Stande gebracht wurde welche

Hydrogenium.“

Dürfen wir dieses Resultat, das mit der

„ Ein Mann mit zahlreicher Familie, " fügt Lord Ducic bei, ,,dessen Ausgaben für seine Lebensbedürfnisse sonach groß

Hrn. Grahams Forschungen stets gekennzeichnet hat, nicht

sind, sieht auf solche Art in einem ganz neuen Lichte das

betrachten ? Faraday bildete einmal aus verschiedenen Gaſen

Wort welches ihm die Versicherung ertheilt : daß Glück

vor den Augen von tausend staunenden Zuschauern in der

unter die Besißungen des Mannes gehört dessen Köcher voller jungen Kinder ist. " Die Gesammtverkäufe des mit dem 23. März 1868

als einen Schritt zur Gewinnung einer Wasserstoffstange

Royal Institution" eine feste Masse.

Ist es einem unserer

jezt lebenden Naturforscher vorbehalten uns die Festma chung des Wasserstoffs zu zeigen?

endigenden Jahrs beliefen sich in diesem Tortworther Maga

Es geht aus den Einzelheiten der verlesenen Versuche

zin auf die Summe von 1648 Pfd . St. , welche die aus

hervor daß die Dichtigkeit des Palladiums, wenn es bis

schweifendsten Träume seiner ursprünglichen Förderer weit

zu dem oben erwähnten Umfang mit Waſſerſtoff geſchwän gert ist, wahrnehmbar ' sich vermindert ; daß die mittlere

übertrafen. Die Actien-Inhaber am Ende des ersten Jahres waren , nach Geschäftszweigen , folgende : Landleute 25, Zimmerleute und Maurer 11 , Krämer 9, Pächter 6, Gärt

Dichtigkeit des Hydrogeniums 1.951 oder nahezu 2 ist ; daß seine Zähigkeit und elektrische Leitbarkeit geringer sind

ner 6 , Geistliche, Gentlemen, häusliche Dienstboten und

als im Palladium, daß aber die leitende Kraft, die 5.99

verschiedene andere 16.

beträgt, doch beträchtlich ist, und „sich construiren läßt um ,

Große Einkäufe wurden auch von

Grahams neue Untersuchungen über den Waſſerſtoff.

211

den metallischen Charakter des zweiten Bestandtheils des

rung in der Zelle.

Draths zu begünstigen, " d. h. des Wasserstoffs. Andrer seits ist Hydrogenium magnetischer als Palladium - wie 48° zu 10º ―― und „ man darf es daher wohl. wie Hr.

Säure 0,57 Vol. Waſſerſtoff auf und dieses entweicht selbst im Vacuum erst nahe bei Rothgluth. Es läßt sich schließen daß Eisen in der Kälte nicht vom Gas durchdrun gen wird .

Graham bemerkt, aus der Claſſe paramagnetiſcher Metalle

Weiches Eisen nimmt in verdünnter

in eine höhere, in die streng magnetische Gruppe mit Eisen, Nickel, Kobalt, Chrom und Mangan verseßen. Diese

Positive Elektroden nehmen niemals Sauerstoff auf.

Thatsache dürfte ihre Wirkung üben auf das Aussehen

hatte, gab beim Erhizen im Vacaum eine Spur Kohlen säure, keinen Sauerstoff.

Ein Platinblech welches als solche mehrere Stunden gedient des Hydrogeniums in meteorischem Eisen, in Verbindung mit gewissen andern magnetischen Elementen. " Man wird aus vorstehender kurzer Skizze erkennen daß die von Hrn.

Die bekannte Eigenschaft des Platinschwammes, Waſſer stoff zu entzünden, scheint nur vom Einfluß des Metalles

Graham gewonnenen Ergebnisse von allerhöchster Wichtig: keit sind, und wir getrauen uns vorauszusagen daß Waſſer

auf den verschluckten Wasserstoff abzuhängen. Der Wasser stoff scheint polarisirt und seine Anziehung zum Sauerstoff

stoff in einigen der nächsten Jahre eine ansehnliche Rolle beträchtlich erhöht zu seyn . in der Experimentalwissenschaft spielen wird.

annehmen daß Hr. Lockyer, und jene andern eifrigen Aſtro nomen welche kürzlich erstaunliche Fluthen von Wasserstoff in heftiger Bewegung um die Sonne entdeckten, den Che mikern die innerhalb der Mauern ihrer Laboratorien den Wasserstoff ihren Forschungen unterziehen, ihre Mitwirkung werden angedeihen lassen ? (Athenäum .)

Wenn eine Zinkplatte

Wenn man das Gasmolecül

Dürfen wir

in verdünnter Schwefelsäure

des Wasserstoffes als Aſſociation zweier Atome betrachtet, so ist es die Anziehung des Platins zum negativen Atome, welche letteres an das Platin fettet, es ist die Tendenz zur Bildung eines Platinhydrürs vorhanden. Demnach iſt das Wasserstoffmolecül polarisirt, d. h. mit seinem positi ven Atom nach auswärts gekehrt und dieses hat eine leb haftere Affinität zum Sauerstoff. Allerdings sind die bei den Atome Wasserstoff untrennbar ein Molecül, aber man kann sich denken daß ein solches weggenommenes Atom

Waſſerſtoff nichts , bringt man aber dazu ein dünnes Palla

durch ein anderes von nebenliegenden Molecülen ersetzt Man muß nur annehmen daß ein Paar neben wird.

diumblech und zwar in Berührung mit dem Zink, so saugt das Palladium bei 12° C. in 1 Stunde sein 173faches

einanderliegender Wasserstoff Molecule zusammen auf ein einziges Molecül des äußeren Sauerstoffes wirken.

steht, so verschluckt sie von dem an ihr frei werdenden

Volum an Waſſerſtoff in ſich auf.

Noch auffälliger wurde

die Absorption wenn man Palladium zur negativen Elek

Auf ähnliche Weise erklärt sich die katalytische Wirkung des Platins gegen Alkohol, Aether u . s. w.

trode in einer sechszelligen Bunsen'schen Batterie mit an Das Schmiedeeisen enthält von seiner Bereitung her gesäuertem Waſſer machte ; dann erſchien in den erſten 20 Secunden gar kein Wasserstoff und schließlich hatte das Palladium sein 200,4faches Volum Wasserstoff aufgenommen.

Obwohl das Gas das Palladium ganz durchdrungen

eine ziemliche Menge Kohlenoryd verschluckt (es kann bis zu 4 Vol. aufnehmen, weit mehr als vom Waſſerſtoff) . Befreit man es von diesem Gas und läßt durch ein Eisen rohr ins Vacuum Kohlenoryd treten, so passirt durch das

platte, gewaschen, mit einem Tuch abgerieben und in ein

Rohr von 1,7 Millm. Dicke nicht merklich an Gas, bis die Temperatur die volle Rothgluth erreicht hat, dann gehen pro Minute 0,284 K. C. durch den Quadratmeter.

luftleeres Glas eingeschmolzen, hatte nach 2 Monaten nicht

Palladiumschwamm nahm 655 Vol. Wasserstoff auf und

eine Spur Gas abgegeben, das Vacuum war vollſtändig geblieben. Erst bei 100º und darüber wurden 333 Vol.

haben muß, so hat ersteres doch gar keine Neigung das Metall zu verlassen, denn eine so beladene Palladium

Ferner drang durch einen hohlen Palladium

gab nichts davon im Vacuum ab, bis die Temperatur nahe auf 100" gebracht wurde. Gehämmertes Palladium Am wirksamsten aber ist dieses nahm ebenso viel auf.

cylinder, der als negative Elektrode diente, keine Spur

Metall wenn es aus seiner Chloridlösung (mit 1,6 Proc.)

Wasserstoff ins Innere,

durch den Strom in Geſtalt von compactem Metall gefällt wird. Eine einzige Zelle schlägt es in glänzenden Blät tern auf dünnem Platindraht nieder, von welchem sie nach

abgegeben .

obwohl man letzteres durch einen

Sprengel'schen Aspirator evacuirte. Augenscheinlich ist der verschluckte Wasserstoff kein Gas mehr, wie man auch seinen

Waſſerſtoff wird leicht vom Palladium abgegeben, sobald man deſſen Stellung in der Batteriezelle umkehrt, und an

Die dem Platin zugekehrte Seite einiger Zeit abfallen. ist weiß metallglänzend, die andere Seite matt dunkel wie Solches Palladium enthält keinen verschluckten Arsen.

der Atmosphäre wird das Metall manchmal heiß in Folge der Oxydation des Wasserstoffes. Platin nimmt in einer

Wasserstoff : erhißt man es auf 100º in Wasserstoff und läßt es darin 1 Stunde erkalten, ſo nimmt es 982,14 Vol.

Volta'schen Zelle etwa sein 2,19faches Volum Waſſerſtoff auf und verliert es auf ähnliche Weise wie Palladium, durch Hitze kurz unter der Rothgluth, leicht durch Umkeh

Das ist Gas (bei 11º C. und 756 Mm. gemessen) auf. Palla beladenes die größte Menge absorbirtes Gas. So

physikalischen Zustand sich vorstellen möge.

Der absorbirte

dium hatte (1,0020 Grm. ) an Wasserstoff (0,0073 ) für

Polareis.

212

100 Theile der Verbindung 99,277 Palladium und 0,723

folgt sofort die schneidendste Kälte des ganzen Winters.

Wasserstoff = 1 Aeq. Pd +0,772 Aeq . H (Pd = 106,5 ,

Dann aber fängt der Einfluß der Sonne an fich fühlbar

H = 1 ).

zu machen, und im Juli bricht das Eis auf.

(Journ. für prakt. Chemic.)

Während

der drei Sommermonate geht die Sonne nie unter,

und

Mittag und Mitternacht sind gleicherweise von glänzendem Sonnenschein beleuchtet. Einige wenige Sterne zeigen sich im September. Der dunkelste Theil des Winters ist die

Polareis. Zeit von der Mitte Decembers bis zur Mitte Januars ,

Unter den Seefahrern und Männern der Wissenschaft

wo das Nordlicht den Himmel in ein Feuergewölbe ver

stritt man sich in früheren Zeiten um die Frage : ob Salz wasser die Fähigkeit befiße zu gefrieren . Die Erfahrung in manchen Fällen eine strenge Lehrerin - hat diese Frage gelöst, indem sie bewies daß innerhalb der Polar

wundervollen Täuschungen der Sonnenstrahlen.

kreise das Meer Hunderte von engl. Meilen weit mit Eis massen bedeckt ist, welche eine schreckliche, unnachgiebige

folge, und in der Breite von Banks's Land iſt es ſelbſt

Schranke gegen die Pole bilden. Maury schildert die in diesen furchtbaren Einöden wirksamen Kräfte in einer be

Ende Januars von 9 Uhr 30 Minuten Morgens bis 2 Uhr 30 Minuten Nachmittags erträglich hell, so zwar

rühmten Stelle.

" Hier werden," sagt er, " Eisberge ge

bildet und stürzen Gletscher in das Meer hinab ; dort haben die Fluthen ihre Wiege , die Walfische ihre Herberge ; hier vollenden die Winde ihren Kreislauf, und die Strömungen

wandelt und Nebenmonde zum Vorschein kommen, die den Mond mit flammenden Kreuzen, Kreisen und Scheinmon den umgeben, welche kaum übertroffen werden von den Die schnei

dende Februarkälte hat ein beträchtliches Zwielicht im Ge

daß um die Mittagsstunde der Arcturus der einzige durch das zunehmende Tageslicht unerlöschte Stern ist.

Die

einzige Zeit für die Schifffahrt im nördlichen Polarkreis ist die vom Juli bis September, im südlichen der Januar,

des Meeres machen ihre Runde in dem wundervollen

Februar und ein Theil des März.

System oceanischer Circulation ; dort leuchtet das Nord: licht, und die zitternde Magnetnadel ist zur Ruhe gebracht, und hier ferner sind, in den Labyrinthen jenes mystischen

Jahrs sind die Polargegenden undurchdringbar abgesperrt durch weite Eisfelder, sowohl " Eisflächen" (ein kleineres

Kreises, irdische Kräfte von verborgener Gewalt und ungeheu rem Einfluß auf die Wohlfahrt des Menschen unaufhörlich

die jeden Fuß Wasser bedecken, von der seichtesten kleinen

in Thätigkeit. Innerhalb des Polarkreises sind der Pol der Winde und die Pole der Kälte , der Pol der Erde und des Magnets.

Es ist ein Kreis von Geheimnissen , und

der Wunsch hineinzugelangen, seine unbetretenen Wüsten und geheimen Kammern zu erforschen, so wie sein physisches Aussehen zu studieren, ist zu einer wahren Sehnsucht ge worden." Das Meereseis ist weißlich, undurchsichtig , rauh auf der Oberfläche, und besteht aus dünnen Platten eines porösen. schwammigen Gewebes.

Während des übrigen

vom Schiffsmast aus zu übersehendes Eisfeld) als „ Packs, “

Bucht bis zur weiten Fläche der Baffins Bay oder des Melville Sundes. Eisflächen haben oft mehrere engl. Meilen im Durch messer, und man sieht von der Mastbaum-Spiße aus ihr Ende nicht , während das große Pack der Baffins : Bay sich Hun: derte von englischen Meilen erstreckt, ohne auch nur einen ein zigen blaues Wasser zeigenden Riß.

Bucht

oder junges

Eis bildet sich rasch in der Nähe von Land, wo das Waſſer seicht und in seiner ganzen Tiefe bald abgekühlt ist, daher der Name. Die kleinen runden Scheiben die man „ Pfann

Der in seiner Substanz enthalte:

kuchen Eis" nennt , rühren von den weichen Krystallen

nen Menge starken Salzwassers wegen ist es sehr schwer und dicht, und ragt nur zum fünften Theil über das Wasser hervor. Wenn das Meerwasser zu gefrieren be

welche der Frost bildet wenn er die Oberfläche des unruhi gen Wassers zum erstenmal erfaßt, oder, wie einige sagen, von dem, ohne zu schmelzen, in das Meer fallenden Schnee

ginnt, lagert es sein Salz theilweise ab, welches, auf diese Art frei geworden, den Gefrierungsproceß unten verzögert. Alte Eisfelder haben fast süßes Wasser, das Schmelzen

sodann in eine zusammenhängende Fläche, die mit der

aber macht sie brackisch. Die Polarmeere gefrieren erst wenn die Temperatur auf ―― 112 Réaumur fält,

kleinen Eisfeld von 2 bis 7 Fuß Dicke im Sommer, und

welche im Norden im September, im Süden im März

von 15 oder selbst

eintritt, obgleich selbst im Sommer eine geringe Zunahme der Kälte hinreichend ist mehrere Zoll dickes junges Eis zu Die Sonne geht früh im November unter, und bilden.

Dieses wird oftmals durch die vereinigte Thätigkeit von

sich in bisweilen 50 Fuß hohe

die Strenge des arktischen Winters beginnt im December ;

phantastischesten Gestalten aufhäufen ; sind sie dann zu=

sie dauert bis Ende Januars, während welcher Zeit der

ſammengewirbelt und zusammengeklemmt durch diese un

Thermometer auf etwa 320 R. unter Null steht. Ein oder zwei Wochen milderen Wetters treten dann ein ; allein um

gesehenen Kräfte, und wiederum festgekittet durch Frost, so wird das ganze ein „Pack" genannt. Der Rand eines

die Mitte Februars kommt die Sonne wieder, und ihr

jeden schweren Packs besteht aus alten " Hügelkämmen “ der

her.

Die Bewegung der Wellen treibt in beiden Fällen

die lockere Masse in diese Gestalten .

Sie vereinigen ſich

Zunahme der Kälte an Dicke wächst, bis sie zu einem

20 Fuß im Winter, geworden ist.

Wind und Fluth gebrochen , worauf die ungeheuren Bruchſtücke Hügelkämme“ von den

Polareis .

allergrößten in einander gekeilten Eismassen.

Im Sommer

213

brechen diese in kleinen durch enge Gassen mit einander in

caster Sund hindurchzusegeln. Der alte Resolute" wurde allein in dem Pack 1500 engl. Meilen weit fortgetrieben

Verbindung stehenden Wasserlöchern auf, mit gelegentlichen Deffnungen im Rande des " Packs . " Ein eigenthümliches

und der Dampfer „For " ward, nachdem er im Nordwaſſer

Aechzen, das aus dem Druck entſteht welchem das Eisfeld

eingeschlossen worden, den ganzen Winter hindurch bis nach

unterworfen ist, kündigt den herannahenden Bruch, oder „ Nip" an. Das Eis „ krümmt" sich, d. h. es erhebt sich in einem

Cap Farewell zurückgetrieben, mit der nämlichen Eisland schaft um sich her, und kam endlich gerade so wieder aus der

Bogen, bricht über, und thürmt die gebrochenen Stücke

Eiemasse heraus wie er seine unfreiwillige Rückfahrt an getreten hatte.

langs der Linie des Bruchs mit scharf gellendem Ton auf. Dieß wird hauptsächlich durch die Kraft von Fluthen oder von breiten Wellen verursacht. Wenn der Wind zwei Eisfelder zusammentreibt , so ist die Wirkung im Augenblick des Zusammenstoßes

eine

Der Eisschimmer ( Eisblink) oder das von Schnee oder Eis am Horizont reflectirte Licht, schwankt in seiner Fär bung über Feldeis ist der Schimmer sehr blaß, hellgelb ;

ausge

über Packeis rein weiß ; von jungem Eis hat er eine leicht

nommen da wo das eine sehr schwer ist, in welchem Fall

grauliche Färbung, und der auf Schnee am Land hindeu tende Schein ist tief gelb. In den Südpolar- Gegenden ist der

es unter das andere hinunter dringt.

ähnliche,

ohne einen Riß an seinen rostigen Seiten zu erhalten,

Wehe dem unglück

lichen Walfisch- Fahrzeug das zwischen zwei einander gegen: über liegenden Eisfeldern sich befindet wenn ein Eisbruchh unvermeidlich ist, und ihm keine Zeit läßt einen temporä: ren Dock in das Eis zu sägen !

Es wird heraufgedrückt

lettere bläſſer als im Norden ; ferner ist eine eigenthüm: liche Dunkelheit am Horizont, ein Wasser-Himmel genannt, ein sicherer Vorbote offenen Wassers in der angezeigten

und auf seine Balkenenden geschleudert (d. h . so sehr nach

Richtung. Was die ebenen Flächen betrifft die man "Fluth- Ter

einer Seite geneigt daß die Balkenlage fast in verticaler

rajjen" nennt, so nimmt man gewöhnlich an daß sie durch

Richtung ist), oder in Stücke zerschmettert ; oder, was noch schlimmer, das Eis kann sich erheben und es gänzlich

geologische Veränderungen in der allmählichen Empor hebung der Küste während langer aufeinander folgender Jahrhunderte entstanden seyen. Belchers Ansicht zufolge

überwältigen. Bisweilen tritt ein Bruch fast geräuschlos ein, mit kaum einigem Aechzen, und hebt in „ruhiger aber schauderregender Großartigkeit “ große Eismaſſen in die Höhe. Scoresby nennt dreizehn Fuß als die durchschnittliche Tiefe eines Winter Eisfeldes, allein dieß schwankt in hohem Grade.

Im Kennedy Channel traf Dr. Hayes gebrochene

Stücke von viermal dieser Dicke.

sind sie, unter starkem Druck, durch Buchteis hervorgebracht worden, das so weit auf der Oberfläche des Strandes hin aufgedrängt wurde bis die bewegende Kraft , aufhörte. Dieß kann mehrmals geschehen, indem jede darauffolgende Eisfläche über und hinter die leßte gleitet, und das Ganze dann in eine Masse zusammen gefriert.

Natürlich bleibt,

Es schmilzt bis zu einer

wenn es später bricht oder im Sommer schmilzt, der Ein

Tiefe von vielleicht vier Fuß durch die Einwirkung der

druck seiner Lagerstelle auf den sandigen Abhängen einer

Sonne, und auch die Wellen vermindern die Dicke be

Fluthterrasse zurück. Das Innere von Grönland nehmen umfangreiche Glet:

trächtlich.

Enge Canäle und Buchten sind bald eisfrei,

der Hauptkörper des Eises aber löst sich nie auf.

In

scher ein, welche an die Küste vorrücken und die tiefen

Folge eines langen Sommertags geräth es, nach der

dunkeln Fjorde mit gefrornem Schnee anfüllen .

Laune von Wind oder Welle dahin und dorthin getrieben, ins Schwimmen ; und ob es nun das Land umgibt wie

der Sommer vorrückt, werden diejenigen Theile der Gletscher

ein weißer Gürtel, oder weit außen in dem Meere sich

graben, und stürzen mit furchtbarem Getöse hinab, in dem

befindet , am Horizont kaum anders unterscheidbar als

schäumenden Wasser sich schaukelnd bis sie das Gleichge

durch den im Sonnenschein flimmenden Gischt, wenn das

wicht gewinnen, worauf sie, als vollkommene Eisberge; da und dorthin schwimmen, von Winden und Strömun

Waſſer gegen den lufwärts liegenden Rand des Eises sich bricht ――― es bleibt veränderlich, aber fest und unnachgiebig,

So wie

welche in das Meer hineinragen von den Wellen unter:

bis die Winterfröste allmählich wieder eintreten, und sein

gen getrieben. Viele werden durch die Polarströmung nach Süden getragen. Sie gelangen dann in 50 Gr.

heller treibt

schmelzen, und die Erd- und Stein -Ladungen abseßen welche

Feind in Todeskälte sinkt. In jedem Winter die große Barrière zwei Eiszungen vom Melville

Breite in die warmen Gewässer des Golfstroms, wo sie

Sie schwimmen südwärts,

sie von grönländischem Boden in sich aufgenommen haben.

und vereinigen sich, um das große Pack oder „ Mittel- Eis" der Baffins- Bay zu bilden, welches durch die unheimlich

Verlaufe der Zeit die „ Große Bank" von Neufundland

und vom Smith- Sund hervor.

dunkle Nacht sich fortwälzt bis zu seiner Auflöſung im offenen Ocean. Es ist in Bewegung vom December bis

Maurv zufolge hat sich wahrscheinlich auf diese Art im

gebildet.

Sie sind in unglaublicher Menge vorhanden.

Bis zu 500 hat man sie in Sicht bei einander gezählt ;

zum Mai, und im Juli ist es hinlänglich weit fort ge

sie hatten eine Höhe von 50 bis 300 Fuß und erstreckten

schwommen um die Walfischfänger in Stand

sich in allen Größen eine engl. Meile weit.

zu sehen

durch das „ Nordwaſſer“ von Melville: Bay bis nach Lan

Ihr Aus

sehen ist sehr schön und nicht weniger außerordentlich.

Zweifel an dem künstlichen Ursprung unpolirter Steingeräthe.

214

Gothische Kirchen, ägyptische Tempel, Luftschlösser mit Pfei lern und Bogenfenstern, von Krystall-Gewinden geziert, sind nur einige der unbegreiflichen Form-Mannichfaltigkeiten die man da ſehen kann, während sie unter der Sommerſonne funkeln wie Berge polirten Silbers, mit Zinnen und Klip. pen hellen Sapphirs oder des bläsfesten Grüns, von denen Katarakte klaren Waſſers, untermischt mit Eisstücken, herab stürzen. Dieſe mannichfaltigen Farben haben ihren Ent stehungsgrund in mehreren Ursachen. Die Eisberge sind ursprünglich aus Süßwassereis verschiedener Jahrhunderte gebildet, allein der aus Salzwasser bestehende liegt häufig theilweise darüber. Ziemlich viel Schnee häuft sich auf

welches den Renthieren verstattete sich bis dorthin zu ver breiten. Jest schienen die Gemüther hinlänglich vorbereitet auch die lange vernachlässigten Beobachtungen des Hrn . Boucher de Perthes und mit ihm die in den Anschwemmungen der Somme gefundenen Feuersteine von feilförmigen Umriſſen flach und mit geschärften Rändern als menschliche Erzeug niſſe anzuerkennen. Als nun Sir Charles Lyell sich an die Fundstätte begab und solche Geschiebe vor seinen Augen aus ungestörten Schichten ausgegraben wurden , schienen. In dem berühmten Buche Zweifel nicht mehr zulässig. über das Alter des Menschengeschlechtes (Antiquity of

ben hervor die mit der Stellung des Beschauers wechſeln .

Man) ließ der berühmte Geolog solche Findlinge abbilden, und wer jemals einen der geschäßteren Abbeviller Feuer steine vor sich gesehen und seine zugeschärften Kanten be trachtet oder berührt hat, der durfte sich mit dem Archäo

Nur ein Achtel ihrer gesammten Dicke ſieht man über dem

logen Sir John Lubbock im Stillen sagen :

Wasser.

Feuersteingeschiebe ist für den Alterthumskenner ein so sicheres Wahrzeichen von der Gegenwart des Menschen wie

ihren Gipfeln an, und bildet, wenn er durch die Wärme der Sonne aufgelöst wird, große Teiche süßen Waſſers. Endlich bringen die Sonnenstrahlen auf den Bergen Far

Häufig stürzen Eisberge ein, weil das Meer ihren

Fuß untergräbt. Eine ominös rollende Bewegung kündigt dieses Ereigniß an ; sie dauert einige Zeit fort, endlich neigt sich der Berg auf die Seite und verschwindet unter einem furchtbaren Geplätscher , eine Gischtsäule in die Luft sendend .

Er kommt dann über der Wasserfläche wieder

zum Vorschein, schwankt hin und her, und schwimmt endlich mit verändertem Aussehen ruhig weiter.

Zweifel

an dem künftlichen Ursprung unpolirter Steingeräthe.

Im Jahre 1841 begann Hr. Boucher de Perthes im Thale der Somme Steine zu sammeln, die, in älteren poſttertiären Bildungen eingeſchloſſen, von Menschenhand geformt erschienen .

Als er sie 1847 in seinen Antiquités

celtiques beschrieb,

beherrschte die Fachmänner noch die

Ansicht Cuviers, daß der Mensch zu allerlegt in der Schö pfung aufgetreten sei, und jene Fünde wurden daher so wenig beachtet wie die Entdeckungen Schmerlings in bel gischen Höhlen, wo Gebeine von Menschen mit den Kno : chen längst ausgestorbener Thierarten vereinigt gefunden wurden. Ueber diese letteren unbequemen Thatsachen. ſuchte man sich damit zu beruhigen daß man sich die Men schenknochen

durch Gewässer in jene Höhlungen

geführt

und durch Zufall zu jenen älteren Resten gesellt dachte. Aber eine solche Ausrede, die für wenige vereinzelte Fälle ausreichen mochte, erschien nicht mehr stichhaltig als sich ähnliche Fünde mehrten, als Menschen und Thierknochen unter Schichten von Kalkſinter, die Kalkſinter wieder bedeckt mit andern Erdschichten angetroffen wurden. Es ist also

„ Ein solches

es die Fußstapfen im Sande für Robinson Crusoe gewesen. Die Häufigkeit solcher Kunsterzeugnisse an be: waren. " schränkten Dertlichkeiten war indessen beunruhigend. In Dänemart besonders lagen die Schäße in ungezählter Sir John Lubbock erzählt daß er in Begleitung des Prof. Steenstrup im Laufe einer Stunde bei Froë lund unweit Korsör 141 geschärfte Geschiebe, 84 Stein: Menge.

gewichte, 5 Steinäxte, eine Steinfeile und etwa 150 Feuer Ebenso hatte bei La Dou ſteinſplitter aufleſen konnte. “ chetterie Hr. Brouillet in weniger als einer Stunde einen Karren mit 500 Kilogramm solcher Alterthümer beladen. Die örtlichen Anhäufungen erklärte man sich damit daß in der Nähe wo Feuerstein brach, der sich leicht zu einer künstlichen Umformung eignete, Fabriken entſtanden, und daß die umhergestreuten Findlinge mißrathene und in Stich gelassene Werkzeuge seien. Noch scharfsinniger erläuterte Sir Charles Lyell ihr Vorkommen im Thal der Somme. Dort trat der Feuersteinmensch auf, als die Eis zeit herrschte oder wenigstens nicht völlig vorüber war. Er lebte am Flusse und nährte sich vom Fischfang . Im Winter, wenn die Somme mit Eis überdeckt war, half er sich genau so, wie es noch jest die ichthyophagen Rothhäute Canada's thun. Er schlug Deffnungen in die Eisdecke und lauerte mit seiner Feuersteinwaffe, bis ein Fisch zum Luft schöpfen zu einem günstigen Wurf sich näherte. Oft genug mag ihm ein Fehlstoß sein Geschoß entführt haben. Den fen wir uns daß Hunderte europäischer Rothhäute Jahr tausende lang auf dem Eise der Somme Fische harpunirt haben, so können wir uns nicht mehr wundern wenn so viele Steinklingen auf den Boden fielen, vom Geröll ein: gehüllt wurden, und jeßt als Einschlüsse Bestandtheile einer jüngern Schichtenbildung geworden sind.

jezt allseitig anerkannt worden daß der Mensch Zeitgenosse war vieler ausgestorbenen Thierarten, ferner daß er in

Man schritt also unverdrossen weiter und schuf für den vorhistorischen Menschen zwei archäologische Abschnitte, das

Frankreich schon auftrat als dort noch ein Klima herrschte

paläolithische und das neolithische Zeitalter.

Die Ein

Ein frommer spanischer Muselman.

215

theilung ist ein Werk Sir John Lubbocks, und gut begrün

jei.

det für jeden der die oben geschilderten Steingeräthe für Menschenwerke anzusehen den Muth hat. Neolithische

nicht geschliffen sind, sondern

Feuersteinsplitter darstellen, nicht zu den paläolithischen

Geräthe sind nämlich solche welche mit polirten Oberflächen

Werkzeugen zählen.

erscheinen, paläolithische dagegen Geräthe mit unpolirter Ober

einer einzigen belgischen Höhle mit Menschenknochen ver einigt an 30,000 Stück gefunden .

fläche, wie sie durch Brüche entstehen.

Die Fundorte von

solchen Paläolithen mehrten sich jedoch bald in besorgniß erregendem Grade.

Es mußte also an unzählig vielen

Orten Steinfabriken gegeben haben. Merkwürdigerweise fand man sie nur auf dem Gebiete von Kreidebildungen, denen die Feuersteine angehören , oder man konnte nachweisen daß sie und wie, sie von einem nahen Kreidelager an ihren heutigen Fundort geschwemmt worden seien. Aller

Wir bemerken dabei daß Pfeilspißen, wenn sie auch nur

natürlich gespaltene

Solche echte Pfeilspigen hat man in

Whitley nun zählt eine Menge Dertlichkeiten auf wo man eingebackene Feuersteingeſchiebe findet. Ihr lehrreich stes Vorkommen ist das unweit Spiennes (Belgien), ober: halb welcher Ortschaft in einer Schlucht durch ein Gewässer ein Querschnitt bloßgelegt worden ist, an dem sich unter 2 Fuß mächtigem Löß ein Schicht von 6 Zoll mit paläo lithiſchen Geſchieben findet, 4 Fuß tiefer treten noch Feuer

dings fand man sie auch weit entfernt von Kreidebildun

steinsplitter auf, dann aber folgt 20 Fuß mächtig reiner

gen, wie an der Nordküste von

Löß und zuletzt eine Kreideunterlage.

Landsend,

Cornwallis bis zum

ja selbst auf den granitiſchen Scilly - Inseln.

Dorthin ,

schloß man weiter ,

Menschen

verschleppt

konnten sie nur durch

worden sein ,

allein

gerade

ihr

Vorkommen auf den Scilly : Inseln, wo der paläolithische Mensch

als Jäger nichts zu jagen gefunden , als Fischer

sich einen sehr wenig versprechenden Ort erwählt hätte, verdächtigt die Beweiskraft, und ohnehin iſt geologiſch nach gewiesen worden daß jene Feuersteingeräthe erratisch ver schwemmt worden sind. Menschliche Gebeine hat man in ungestörter Lagerung mit den ungeschliffenen Feuersteingeräthen noch nicht an getroffen, denn ein Kieferbein das man in der Abbeviller paläolithischen Ablagerung in ungestörter Lage vor etlichen Jahren angetroffen haben wollte, und über dessen Alter französische wie britische Geologen und Alterthumskundige zu Gerichte saßen, wird jezt für apokryph gehalten, das heißt, schlaue Arbeiter haben es zur Täuschung der Ge

Die Geschiebeschicht,

die sich auf große Entfernung verfolgen läßt, enthält Pa läolithen von 18 Zoll Länge von den regelloſeſten Bruchstücken bis zu den scheinbar vollkommensten Werk zeugen, und zwar zeigen die Stücke da wo sie dem Ein fluß der Atmosphäre nicht ausgesetzt waren, eine reine muschelartige Bruchfläche. Taugliche und untaugliche sind völlig durcheinander gemischt, und wenn man unter' Hunderten

eins

auswählt das sich als Werkzeug beson

ders geeignet hätte ,

es ein

Sammler vereinzelt auf

bewahrt und zur Schau in Muſeen ausstellt, dann scheint es so sicher die Gegenwart des Menschen zu bekunden, wie die Fußstapfen die Robinson sah. Aus diesen Bedenken sollte man sich die Lehre ziehen, vorläufig Steingeräthe wie die bei Abbeville gefundenen, noch nicht als sichern Beweis für ein allzu frühes Auf treten unseres Geschlechts gelten zu laſſen, überhaupt vor läufig die poläolithische Zeit als zweifelhaft zu betrachten .

lehrten in die Schichten hineinzulagern verſtanden, um ſich

Uebrigens erhalten wir vielleicht rasch Gewißheit daß solche

ein Trinkgeld zu erschleichen.

Kieselwerkzeuge auch natürlichen Ursprungs sein können,

Französische Gelehrte haben schon längst die paläoli

wenn sie nämlich sich auf Inseln finden sollten von denen.

In England war das Ansehen von

wir geschichtlich wissen daß sie erst sehr spät bevölkert wor

Lyell und Lubbock noch allzumächtig, doch schon vor drei

den sind, wie Island, die Bermuden, die Azoren, die Ma

thische Zeit bezweifelt.

und jetzt abermals tritt N. Whitley, der Schrift:

deiragruppe, alle Inseln im atlantischen Ocean südlich von

führer der königl. Institution von Cornwallis mit der Be

den Canarien , im indischen Ocean südlich von Afrika.

hauptung

Leider werden gerade auf den genannten Inseln, da sie nur vulkanische Bauten oder von Korallen aufgeführt sind,

Jahren

auf, jene Geräthe seien nur Naturerzeugniſſe.

Wir wissen längst daß an manchen Fundstätten polirte

ſich miſchen, daß die verschiedenen Culturstufen der Zeit

keine Kreidelager anstehen. Vielleicht aber liefern uns Neu-Caledonien, oder Neu-Seeland, die Chatham: oder die

nach ineinander übergingen .

Noch in der Schlacht bei

Aucklandinseln, oder Theile der antarctischen Länder Feuer

Hastings wurde mit Pfeilen geschossen die eine Steinspite trugen. Das Steinzeitalter hat sich sogar noch heutigen

steinwerkzeuge von paläolithischer Physiognomie, die gleich

Steingeräthe mit Bronzegeräthen, Bronzegeräthe mit Eisen

Tages örtlich erhalten, denn Catlin beschrieb uns kürzlich die Er:

wohl eines menschlichen Ursprungs nicht verdächtigt werden. könnten.

zeugung von Feuersteinpfeilspitzen bei den Apatschen . " Den noch muß selbst Lubbock zugestehen daß niemals irgendein verirrtes polirtes Steingeräth unter den unpolirten (paläo Ein frommer spanischer Muselman. lithischen) nie ein unpolirtes mit geschliffenen Steinen, Bron zen oder Eisen in irgendeiner Grabstätte gefunden worden 1 S. Ausland 1866, S. 238. 2 S. Ausland 1868, S. 101.

Der reichhaltigen, mandhe interessante Parallelen bie tenden Geschichte der herrschenden Ideen des Islams von Alfred von Kremer (Leipzig 1868) entnehmen wir (aus

Miscellen.

216

dem Abschnitt

rationaliſtiſche Auffassung des Korans “)

folgende Erzählung : Ein frommer spanischer Muselman wurde nach seiner Rückkehr aus Bagdad befragt ob er den gelehrten Zusam menkünften der Scholaſtiker in Bagdad beigewohnt habe. Ich bin zweimal, antwortete er, bei ihren Versammlungen gewesen, aber ich habe mich wohl gehütet ein drittes mal hinzugehen.

Warum ? Stellt euch vor, bei der ersten

Versammlung waren nicht nur Muhammedaner von allen Secten, Orthodoxe und Heterodoxe gegenwärtig, sondern auch Parſen (Feueranbeter), Materialiſten, Atheiſten, Ju den und Christen, kurzum Ungläubige aller Art. Jede

eindringen, um jede Verlegung des Hufs zu verhindern , und das Eisen wird stets kalt aufgenagelt. Die Gabel des Fußes welche jest stets von den Hufschmieden wegge ſchnitten wird, läßt man wachſen, und sie ist von bedeu tendem Nußen für das Pferd, indem sie dem Tritt des selben Sicherheit verschafft. Das Eisen für den gewöhn lichen Gebrauch hat eine Vorderspiße und eine Spize an jeder Seite, diese aber hindern das Pferd nicht seinen Fuß in einer natürlichen Stellung auf den Boden zu bringen. Für Frostwetter wird eine andere Art Hufeisen gebraucht, mit keinem derselben aber kann es eine Anhäufung von Schnee oder Erde unter der Hornsohle geben .

Der Er

dieser Secten hatte ihren Sprecher, der ihre Ansichten ver

finder dieses neuen Hufeisens, der ein Patent dafür erhal

theidigen mußte.

ten, ist Hr. Goodenough, welcher früher mit Hrn . Rarey associirt war. Man hat an einer Anzahl Pferde, der Londoner General Omnibus Company angehörend, Ver

Wenn einer dieser Parteiführer in den

Saal trat, erhoben sich alle ehrerbietig und Niemand seßte sich, bevor er Plaz genommen hatte.

Als der Saal nahezu

voll war, nahm einer der Ungläubigen das Wort und sprach : „Wir haben uns versammelt um zu discutiren, ihr

suche angestellt, die sehr befriedigende Ergebniſſe geliefert haben. (Chambers's Journal.) *

alle kennt die Vorbedingungen ; ihr Muhammedaner dürft uns nicht mit Beweisgründen bekämpfen die aus eurer Schrift geschöpft sind oder auf die Reden eures Propheten sich stüßen : denn wir glauben weder an dieses Buch noch an euren Propheten.

Jeder der Anwesenden soll sich nur

Dr. E. P. Haifische aus großer Seetiefe. Wright erzählt in den ,,Annals Nat. Hist. daß er in Setubal, einem init Lissabon durch die Eisenbahn verbun denen Fischerdorf, Fischer 600 Faden Tau einsenken sah, an

auf Gründe berufen welche aus der menschlichen Vernunft

welchem in den ersten dreißig oder vierzig Faden Haken

genommen sind." Diese Worte wurden allgemein bejubelt, und ihr werdet begreifen daß ich, nachdem ich solche Reden

befestigt waren, und daß die Fischer, als sie das Tau nach

keine Lust fühlte in diese Versammlungen

hatten, die drei bis vier Fuß lang waren, und wie todte

gehört hatte, zurückzukehren.

Man beredete mich indeß noch eine andere

Zusammenkunft zu besuchen und ich gieng auch ; derselbe Scandal.

es war

einiger Zeit einzogen, fünf oder sechs Haifische gefangen

Schweine in das Boot hineinfielen .

Wie es scheint, hatte

die rasche Druckveränderung die Haie ohnmächtig gemacht. * Verbesserung der Nähmaschinen .

Hr. Thomas

A. Macaulay in New York hat ein Patent erhalten auf eine Erfindung welche die Wheeler'schen und Wilſon'ſchen Nähmaschinen, mittelst einer einfachen Veränderung in den

Miscellen.

Stand sehen soll den Kettenstich mit einem Faden zuwege Neuer amerikanischer Pferdehuf.

Eine ver

zu bringen.

befferte Methode des Pferdehufbeschlagens ist aus Amerika, wo eine ſiebenjährige Erfahrung ihre Vorzüge vollkommen erwiesen hat, zu uns verpflanzt worden.

Einer der Haupt

vorzüge derselben besteht darin daß sie die Pferde vor eini

(Intell. Observer.) *

Australische Talgsiederei.

Die Schafe verviel

fältigen sich in Australien in so erstaunlicher Weise, daß das Absieden der Thiere, bloß um den Talg zu gewinnen,

gen der Krankheiten bewahrt, denen sie ausgesezt sind wenn man sie auf die gewöhnliche Weise beschlägt. Das

ein höchst umfangreiches Geschäft geworden ist.

gegenwärtig im Gebrauch befindliche Hufeisen ist zu schwer, zu lästig, zwingt das Pferd seine Beine in einer falschen

geworfen ; aus einem andern Kessel wird dann Dampf herüber geleitet, und bald sind die Stücke in einen Brei

Stellung zu halten, und schwächt seine Nützlichkeit lange vor der natürlichen Abnahme seiner Kräfte. Das Gewicht

verwandelt ; der Talg dringt obenauf, und wird durch

eines Sages der neuen Hufeisen ist um fünf Pfund ge= ringer als das der Hufeisen welche die Omnibus- Pferde tra gen ; jedes Hufeisen ist so verfertigt, daß es genau an den

Vierhun

dert Schafe werden zerstückt und in einen großen Keſſel

große Zapfenröhren in Fäſſer zur Ausfuhr abgezogen. Die Brühen, die Reste des Fleisches und die Knochen, die so erweicht werden daß sie in den Händen leicht zerbrechen,

Huf paßt, und darf nicht über die Ferse hervorragen: die

gibt man den Schweinen. Hunderte von armen Leuten in England und anderwärts würden eine solche Kraftbrühe

Nägellöcher sind in einem solchen Winkel eingebohrt, daß

herzlich gern essen .

die Nägel sicher in der gehörigen Richtung in den Huf

in einem Tage werden

Drud und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Die Masse muß ſehr groß seyn, denn viertausend Schafe abgesotten.

Redaction : Dr. D. F. Beschel.

Das

Ausland .

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndwierigster Jahrgang.

Nr. 10.

Augsburg ,

1869.

6 März

2. Ort und Wort. 3. Die La Platagebiete und Inhalt: 1. Reise nach dem Altai im Jahre 1868 von B. v. Cotta. ihr wachsender Wohlstand. 4. Ueber die Indianer der Provinz Valdivia. Von Dr. R. A. Philippi. ( Schluß.) 5. Der Sac und der Spitzenrindenbaum. 6. Neue Flugmaschinen. 7. Bei den Quellen der Seine zur Römerzeit und unter Napoleon III. 8. Erfinder von Alphabeten für Sprachen nordamerikanischer Indianer. - 9. Nochmals die riesigen schwarzen Bergkrystalle in der Schweiz.

Reise nach dem Altai im Jahre 1868

von B. v. Cotta. Am 30 Mai 1868 trat ich die Reise an, um im Auf

Der erste Pfingsttag, welcher dieses Jahr in Rußland mit dem unsern zusammenfiel, wird hier noch allgemeiner als in Deutschland durch Maien und Blumenschmuck ge feiert.

Alle Locomotiven, Bahnwärterhäuser und Restau

trage des kaiserl. ruff. Cabinets den Altai zn besuchen. An der Gränze Sachsens nahm ich für längere Zeit zu

rationen waren mit Birken und Blumen geschmückt, aber

gleich Abschied von jedem anstehenden Geſtein. Ueber Königsberg nach Eydtkuhnen und Wirballen, in der Nacht noch bis Dünaburg. Die schönen Eichen und Buchen Deutschlands werden von der russischen Gränze

der geographischen Breite zu erkennen ; es war mir als

an immer seltener, und hören bald ganz auf. Die Wälder bestehen dann fast nur noch aus Kiefern und Birken, mit einzelnen Fichten und Aspen ; diese aber bleiben treue Begleiter bis zum Altai.

1 Juni.

Die freundlichste Lage in malerischer Hügel

in diesem Schmuck gab sich recht deutlich ein Unterschied

führe ich immer weiter in unsern Mai zurück, bis zu deſſen Anfang, und wirklich feierte man ja hier erst den 20. Mai. Es scheint daß den slavischen Nationen der Frühlingsge brauch der Maien ebenso, und vielleicht noch ursprüng licher eigen ist als den germanischen.

Gegen 6 Uhr Abends

erreichten wir St. Petersburg, deſſen goldene Kuppeln uns schon einige Zeit vorher im Sonnenglanz entgegen leuch teten.

landschaft hat Wilna, ganz überraschend in dieser diluvialen Niederung, deren geologischer Charakter sich übrigens gleich

2. bis 6. Juni in St. Petersburg. Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, die Kirchen, die Paläste oder die

bleibt von der Elbe bis nach St. Petersburg, und selbst bis

Gastfreundschaft der russischen Hauptstadt zu schildern. 6. Juni. Nachmittags Abreise nach Moskau. Ober

nach Moskau.

Fruchtbarer Lehm und dürrer Sand wech seln mit sumpfigen Torfflächen, Wald herrscht vor. Die Aufmerksamkeit, selbst des schnell vorüber fahrenden Geologen, wird aber doch vielfach angeregt durch die großen

lieutenant Majuroff begleitet mich als Adjutant, Georg Edel aus Esthland als Diener. Ich habe für nichts mehr zu sorgen.

Am andern Morgen langten wir in Moskau

erratischen Blöcke, die zerstreut oder dicht gedrängt neben.

an, wo uns schon Hr. Teplouchoff am Bahnhof erwartete.

der Bahn umherliegen, und deren stark glänzende Mineral bestandtheile zuweilen selbst im schnellen Vorüberfahren als Feldspath oder Glimmer erkennbar sind. Die Groß

7. und 8. Juni. Besichtigung von Moskau. Der Kreml, die 360 Kirchen mit ihren 1500 goldenen oder bunten Thürmen und Kuppeln versehen den Westeuro

artigkeit des diluvialen und erratischen Phänomens wird

päer in eine ganz neue Welt.

erst recht auffällig, wenn man tagelang mit Dampfeseile an seinen einförmigen Erscheinungen vorüberfährt. Welche gewaltige Oberflächenräume gleichzeitig von diesem Eis :

der fremdartigen Stadt hier zu schildern ist aber nicht meine Absicht, ebensowenig die gastliche Aufnahme bei ver schiedenen Deutschen die ich kennen lernte.

meer überfluthet und dann trocken gelegt worden sind, drängt sich da der Phantasie weit schlagender auf, als beim bloßen Anblick einer Karte. Ausland. 1869 Nr. 10.

Nowgorod, und da sogleich auf das Dampfschiff, welches gegen 10 Uhr nach Kasan und Perm abfährt. Es blieb 28

9. Juni.

Den gewaltigen Eindruck

Nachmittags auf der Bahn nach Nischne

Reise nach dem Altai im Jahre 1868.

218

ſomit keine Zeit die Stadt zu besichtigen, in welcher bereits einige Vorbereitungen zur großen Messe getroffen wurden . Sie liegt reizend, meist am rechten Steilufer der Wolga, und auf dem dahinter ausgedehnten Plateau. Zahlreiche Personen- und Schleppdampfer sowie andere Frachtschiffe mit zum Theil sehr eigenthümlichen Fortbewe gungseinrichtungen beleben den majeſtätischen Fluß, deſſen rechtes Steilufer überall aus den fast horizontalen Schichten der Permformation und aus rothen Mergeln besteht, die von den russischen Geologen neuerlich zum Trias gerechnet werden.

In diesen Schichten sind unzählige Schluchten

eingeschnitten, die ihren Ursprung zum Theil nur dem

v. Woronzoff, der Director der großen Gußstahlfabrik, war bereits mit 3 Wagen, angekommen um uns vom Schiff Der frühe Morgen beleuchtete den reizenden Blick von der Terraſſe des Wohnhauses, welches auf dem etwa 150 Fuß hohen linken Steilufer des Flusses sich er: hebt, die große Fabrikanlage vollständig beherrschend . Es abzuholen.

ist eine Ausnahme daß hier das linke Ufer schroff aufſteigt, denn in der Regel zeigt an der Kama nur das rechte diese Eigenthümlichkeit, wodurch scheinbar die Hypothese bestätigt wird, nach welcher die Abspülung der Flußufer Doch darauf von der Erdrotation abhängig sein soll. komme ich bei anderer Gelegenheit zurück.

Regen verdanken (Ruitwinas), und welche J. G. Kohl in

Der Tag, obwohl so früh begonnen, verging doch schnell

seiner südrussischen Reise so vortrefflich beschrieben hat. An den nur 150 bis 200 Fuß hohen Abhängen lag im

durch Benutzung der sehr bequem eingerichteten Badestube,

oberen Theil dieser kurzen Einſchnitte sehr häufig noch blen dend weißer Schnee.

trefflich eingerichteten Eisengießerei und Gußſtahlfabrik, in welcher letterer Hr. v. Woronzoff während meiner An

Daß der Fluß fortwährend an seinen Ufern nagt,

wesenheit einen Stahlguß von etwa 500 Centnern aus führen ließ. Es geschah das mit derselben Präcision

kann man vielfach deutlich erkennen.

Die vorspringenden

Besichtigung der 3 Werst entfernten Stadt, und der vor

Hügel des Thalgehänges erscheinen dadurch sehr häufig

welche ich vor einigen Jahren in der berühmten Krupp'

wie halb abgeschnitten, und sind es auch wirklich ; das

ichen Fabrik zu beobachten Gelegenheit hatte.

heißt ihre ursprüngliche Abrundung ist abgespült , und durch eine steil geneigte ebene Entblößungsfläche erseßt, der

der Eisengießerei als in der Gußſtahlfabrik wird vorherr schend für die ruſſiſche Armee und Flotte gearbeitet, doch

alle Vegetation fehlt, und die somit dem Geologen Gele:

baut man nebenbei auch schon Dampfschiffe für die Kama

legenheit bietet die ganze Schichtenreihe auf einmal zu überblicken. Das ist recht intereſſant für einigemale, aber

und Wolga.

es wird langweilig, wenn man fünf Tage lang immer dieselben horizontalen Schichten in derselben Weise aufge schlossen findet.. Zum Glück treten Unterbrechungen durch schöne Wälder ein, besonders an der Kama aufwärts, und in diesen Wäldern zeigt sich die Linde manchmal in geschlossenen Beständen, so wie mehr vereinzelt die Pichta, eine Tannen art die durch ihre spise Obeliskengestalt sehr auffällt. Kiefer und Birke bleiben aber auch hier die Hauptbäume. 11. Juni.

Da bei Kasan der Dampfer einige Stun

den anhält, so bleibt Zeit über die

12 Meile breiten

Inundationsflächen der Wolga nach der interessanten Ta tarenstadt und Universität hinüberzufahren . 12. Juni erreichten wir gegen Abend die Einmündung der Kama.

Die Ufer sind hier größtentheils flach, und

unterhalb der Vereinigung ist die Wolga so breit daß man dieselben stromabwärts gar nicht mehr sieht . Auf der Kama wird es einsamer ; nur selten begegnet man Dampfern oder andern Schiffen, auch die Orte und Lan dungsplätze liegen weiter aus einander; über die niederen. Holzbauten derselben ragt aber in der Regel eine hohe, weithin sichtbare, weiße Kirche mit 3 bis 5 grünen Kuppel In den Städten erheben sich sogar 5 bis 6 solcher Prachtbauten. Da die Maschinen mit Holz ge

Sowohl in

Ich fand bei Hrn . v. Woronzoff auch bereits meinen Reisewagen vollständig fertig, eine in Kasan erbaute, höchst bequeme sogenannte Tarantasse, in deren langem Schiff über drei verschließbaren Bodenkästen durch 2 Heu- und 2 Haar-Matrazen mit übergelegtem Teppich, die Lagerstätten für mich und meinen Begleiter eingerichtet wurden, wäh rend der Diener sich auf dem Bocke etablirte. 16. Juni.

Nachmittags bestiegen wir die Tarantaſſe,

die nun für einige Wochen zugleich unsere Wohnung sein Mit Wein und Lebensmitteln reichlich versehen, ſollte. fuhren wir dem Ural zu.

Dieses langgestreckte Gränz

gebirge Europa's kennen zu lernen, muß natürlich jedem Eurepäer insbesondere aber jedem Geologen ― von besonderem Interesse sein.

In dieser letzteren Eigenschaft

fühlt man sich indessen etwas enttäuscht, statt einer eigent lichen Bergkette nur ein aufsteigendes Hügelland, etwa wie im sächsischen Erzgebirge - statt anstehenden Gesteins in der Regel nur Wald, Weide und angebaute Felder zu finden, so daß es auf dem Wege von Perm nach Katha: rinenburg zu den großen Ausnahmen gehört frisches Ge stein zu beobachten. Das Fremdartige der Anbauweise und des Volksstam mes mag dafür einigermaßen entschädigen. Die Dörfer

thürmen empor.

und Städte sind, mit Ausnahme der hochaufragenden

heizt werden, so muß zu deſſen Erneuerung häufig angehal ten werden.

Kirchen, lediglich von Holz erbaut, aus dicken Baumſtäm men zusammengefügt, mit einem vorspringenden Dach von Brettern, Birkenrinde, Stroh oder Rasen ; zum Theil sehr

15. Juni.

Früh 1 Uhr langten wir schlafend vor

Perm an, und schon um 2 Uhr wurde ich geweckt ; Hr.

freundlich durch Schnitzwerk verziert, die Umgebung der hellen Fenster und der Thüren bunt angestrichen, kleine

Reise nach dem Altai im Jahre 1868.

Treppenhallen vor dem Eingang, alle Häuser nahe anein andergebaut , jedes mit einem wohlverwahrten Hofraum, der oft in mehrere Abtheilungen getrennt ist, und beson dere Viehstände, Ställe und Scheunen enthält. Die Bau art erinnert an die Schweiz, nur ſtehen alle Häuſer in

219

4) Ein zersetztes grünliches Geſtein als ursprünglicher Felsboden. Die lange Tagesdauer gestattete uns nach der Rück kehr von Beresoffst gegen 10 Uhr Abends noch den Besuch einiger Grünstein- und Serpentinbrüche in der nächsten

Reihen zusammengedrängt, die wo der Hof ausmündet durch dichte Holzwände und große hölzerne Thore ab

Umgegend der Stadt.

geschlossen sind.

schleiferei waren nur noch Ueberreste vorhanden.

Dazwischen sieht man hie und da auch ganz kleine Hütten von würfelförmiger Geſtalt niit plattem Rasendach. Sichtbare Gärten fehlen leider gänzlich, und daran ist nicht lediglich das Klima schuld, denn hinter dem Hof ist in der Regel ein Raum eingezäunt, in welchem Kraut, Kartoffeln, Zwiebeln und andere Gemüse erbaut werden, wo aber bei oft sehr fruchtbarem Boden allerlei

20. Juni.

Von der bereits aufgegebenen kaiserl. Stein Nach

einem späten, aber um so reichlicheren Frühstück auf der Gartenterrasse des Hrn. v. Danieloff bestiegen wir wieder unsere Tarantaſſe, um die Reise durch die breite sibirische Steppe anzutreten . Bei der 70. Werst von Katharinenburg aus sah ich noch Thonschieferbrüche am Wege, dann wurde es Nacht,

Unkraut eine so hervorragende Rolle spielt, daß dadurch

und vom nächsten Morgen bis Barnaul oder eigentlich

der Begriff eines Gartens vollständig unterdrückt wird. Ohne zu übernachten, erreichten wir am 18. gegen Mittag Katharinenburg. Die Stadt dehnt sich über einen großen

bis Salair sollte ich kein anstehendes festes Gestein wie der erblicken.

Flächenraum

aus,

21. Juni. Die Sonne ging sehr früh über der breiten Steppe auf, doch ist die Bedeutung dieses Wortes hier

imponirt durch schöne Kirchen und manche palastartige Gebäude, aber die Umgegend ist einför

eine etwas andere als wir gewöhnlich damit zu verbinden

mig.

pflegen.

In den breiten Straßen überwiegen je nach der Witterung Staub oder unergründlicher Koth. Zur großen Zierde gereicht der Stadt ein langgestreckter jeeähnlicher Teich, welcher sie in zwei fast gleiche Theile trennt. 19. Juni.

Hr. Oberst (Staatsrath) Danieloff hatte

die Güte uns nach Beresoffsk zu fahren.

Leider hat hier

der Abbau der goldhaltigen Quarzgänge schon seit Jahren

Das Land ist nicht durchaus eben, auch nicht

steril oder unbebaut, wenigstens im Bereich unserer Straße ――― - des gewöhnlichen Karawanenweges nicht. Hie und da erheben sich flache Hügel, zum Theil mit Kiefern und Birken bewaldet, auch dazwischen wechseln kleine Wald partien mit Weideland und mit zum Theil sehr frucht baren Feldern in der Nähe der Dörfer oder kleinen Städte,

ganz aufgehört, und nur an einer Stelle gelang es noch

die in Abständen von 20 bis 30 Werſt aufeinander folgen,

den Beresit mit einem Quarzgange darin anstehend zu

und die in der Siegel zugleich die Poststationen enthalten .

beobachten, da das flachwellige und nur schlecht bewaldete

Jeder Ort ist im Umkreis von 1 bis 5 Werst von einer

Gebiet fast überall ſehr stark von etwas goldhaltigen dilu

Umzäunung umgeben, innerhalb welder das Vieh frei um

vialen und recenten Ablagerungen bedeckt ist.

her läuft.

Diese gold

haltigen Ablagerungen nehmen hier am östlichen Fuß des

Gelangt man zur Station, so sprengt sogleich

ein Knecht auf stets bereit gehaltenem Pferd in den großen

Ural einen Flächenraum von circa 9000 Quadrat-Werſt

eingezäumten Raum, um die nöthigen Postpferde zu holen.

ein,

Wir treten unterdeß in das Stationshaus ein, welches sich

wovon aber bis jezt nur 2 bis 3000 zur Gold

Sie bestehen vorherrschend aus Lehm und Steingeröllen,

nur selten von den übrigen Bauernhäusern unterscheidet. Ein bis zwei Zimmer sind für die Reisenden reservirt, fast

welche letteren aber nur so wenig abgerundet sind daß

stets sehr reinlich gehalten und meist recht freundlich ein

man sie weit beſſer als Steinſchutt bezeichnen kann.

gerichtet.

gewinnung in Angriff genommen sind.

Man

Den Fußboden bedeckt oft eine Leinwanddecke.

rungsproduct betrachten, welches nur wenig durch Wasser fluthen in seiner ursprünglichen Lage verändert iſt. Wir

Die eine Ecke nimmt ein sehr großer Ofen ein, in einer zweiten steht häufig ein breites Gardinenbett, in einer dritten unter dem nie fehlenden Heiligenbild — ein

besuchten mehrere der in Arbeit stehenden Goldwäschen, die früher bereits von Gustav Rose sehr sorgfältig unter

sophas und einige Holzstühle, darüber hängen allerlei Bilder,

möchte dieſes Material vorherrschend als locales Verwitte

ſucht und beschrieben worden sind .

Die Goldtheilchen lie

kleiner weißgedeckter Tiſch, an den Wänden 1 bis 2 Leder

gen zum Theil ganz nahe der Oberfläche, zum Theil in

religiöse, militärische oder komische Gegenstände darstellend, wo der Ezaar auf einem solchen Bilde erscheint, ist er stets

der untersten Diluvialschicht, welche auf Grünstein, talti

wenigstens noch einmal so groß als die übrigen Menschen.

gem Schiefer oder Beresit ruht.

Wünscht man sich zu waschen, so findet man im Vorraum

Prado Buschminsky

In einer dieser Wäschen

zeigte sich folgende Reiben

folge : 1) Schwarzer Thon oder Teichschlamm 3-10 Fuß

oder im Hof ein dazu aufgehängtes Waſſergefäß,

und

irgend ein dienstbarer Geist ist bereit uns daraus Wasser auf die Hände zu gießen ; Waschbecken in unserem Sinne

mächtig. 2) Grauer Thonsand 7-8 Fuß.

sind durchaus ungebräuchlich.

Auf unseren Wunsch er

3) Sand, Kies und Steine mit Goldtheilchen 3–4 F.

maſchine), einige Gläser und Löffel, lettere sehr oft von

scheint sehr bald ein blankgepußter, großer Samovar (Thee

Ort und Wort.

220

Silber.

Gewöhnlich kann man auch treffliche Sahne, süße

ein leiser Engelsgesang an unser Ohr ―――――――― immer näher und

und jaure Milch, Quaß, Eier, manchmal auch frisches

näher kommt er heran,

Brod, Butter, Honig und dergleichen erhalten .

skopisches Hohngelächter über, und das ist das Signal zum

Für das

plößlich geht er in ein mikro

alles legt man nach der Benußung 10 bis 30 Kopeken

unmittelbar darauf folgenden Angriff.

auf den Tisch, ohne vorher nach der Rechnung zu fragen.

jeden dieser Feinde zerquetschen, stets sind neue Andring linge da, und am Morgen fühlen und sehen wir die em

Wenn nicht eine solche Stärkung längern Aufenthalt bedingt, kann man in der Regel in 10 bis 15 Minuten weiter reisen . Bei trockenem Weg fährt man sehr schnell,

Wenn wir auch

- pfindlichen Spuren an allen zugänglichen Körpertheilen. Im Uebrigen unterscheidet sich diese Barabinsky'sche Steppe

fast nur scharfen Trab und Galopp, aber die Jemschicks

nur wenig von der früher durchfahrenen Gegend, noch am

sind doch eigentlich schlechte Kutscher ; sie fahren schnell

meisten durch die häufigen Landseen und Sümpfe, welche

ohne Rücksicht auf Pferde, Wagen und Personen, und zu

zugleich die Brutſtätten der fliegenden Quälgeiſter ſein

den großen Ausnahmen gehört es, wenn nicht während

mögen.

der Fahrt etwas am Geſchirr zerreißt oder in Unordnung geräth ; in der Regel tritt ein solcher Fall schon in der ersten Viertelstunde nach der Abfahrt ein. Jede Brücke

28. Juni.

Gegen Mittag erreichten wir den Ob, deſſen

Ueberfahrt ziemlich lange aufhielt. Schöne gelbe Lilien schmücken seine Uferwiesen. Am östlichen Steilufer liegt

und jeder Hügel wird stets im strengſten Lauf genommen,

das große Dorf Besk, wo wir beim Friedensrichter Wassi

was zuweilen mit recht empfindlichen Stößen verbunden ist, da die Brücken meist aus unbehauenen Baumstämmen

leff sehr freundlich bewirthet wurden.

bestehen.

Abend fuhren wir weiter.

Nicht selten begegnet man langen Zügen von

Wir sind hier schon

im Altaigebiet, aber noch ganz in der Steppe.

Gegen

Wälder und östliche Zuflüſſe

Frachtwagen, die sich nur langſam fortbewegen, hier und

des Ob bringen eine größere Abwechselung in die Landſchaft.

da auf dem Weg eine Rast machen oder bei munteren Diese Wagen sind in der Regel nur

Am 29. Juni erreichen wir zum zweitenmal den Ob, der hier merklich schmäler ist ; Barnaul liegt einige Werst

einspännig , während Personen selten mit weniger als 3 Pferden neben einander gespannt reisen.

freundlichen Stadt an, die einen sehr großen Raum ein

Feuern übernachten.

jenseits, erst gegen 8 Uhr Abends langten wir in dieser

Nur wo überflüssig viel Pferde vorhanden, sind so

nimmt, auf der Ostseite bis zum Obi hinab reichend, west

unzweckmäßige Gebräuche erklärbar, da jene Einspänner

lich einen großen Werksteich umrahmend, umgeben von

beinah eben so viel Wagenlast fortzubewegen haben als Güterlast.

flachen Sandhöhen, die nur noch Reste früherer Bewaldung enthalten.

Der Ueberfluß an Pferden erklärt auch ihre schlechte Pflege und ihre geringe Schonung.

Ich selbst habe im

30. Juni.

Schon früh ſtellte sich eine große Zahl

Laufe der Reise 2 Pferde todt im Wege liegen, und meh

zuvorkommender Besuche ein, und der Tag vergieng schnell, durch Erwiederung derselben und durch die große Gast

rere als unbrauchbar ausspannen laſſen.

freundschaft der Bewohner Barnauls, welche Stadt unter

24. Juni.

Gegen Abend erreichten wir das Städtchen

Ischim, und gewährten uns hier in dem sehr freundlichen Posthaus ein ruhiges Nachtlager, Barnaul.

allen sibirischen wohl die größte wissenschaftliche Bildung in sich birgt.

das einzige bis nach

(Schluß folgt. )

25. Juni. Am Morgen passirten wir den schim, gegen Mittag fuhren wir an einem sehr großen See vor über, deren von hier aus mehrere folgten. 26. Juni.

Ueberfahrt über den Frtisch, der schon ein

sehr mächtiger Strom ist, mit 100 bis 150 Fuß hohem östlichen Steilufer, ganz aus horizontalen Sand- und Ton schichten gebildet, welche Spuren von Braunkohlen enthalten.

Ort und Wort. Das Lesen von Adreßbüchern mag ein seltsames Ver gnügen sein,

ein unerlaubtes oder unſittliches ist es mei

Wir sind jest in der sogenannten Barabinsky'schen

nes Wiſſens nicht, und so will ich denn gestehen daß diese

Steppe, in welcher Unmaſſen plumper Pferdefliegen, und

Art von Lectüre zu den Beschäftigungen meiner Muße stunden gehört. Sie wäre eine Narrheit zu nennen, und

sehr kleiner Mücken den Reisenden verfolgen und quälen, dadurch aber auch einige Abwechselung und Beschäftigung Die dicken Pferdefliegen - welche die merkwür

stünde noch unter dem Erbsen: und Linsenlesen, wenn sie

gewähren.

nicht einen bestimmten vernünftigen Zweck hätte.

dige Fähigkeit besißen, während des Flugs scheinbar an dersel

meine ist ein sprach- und culturgeschichtlicher, und in dieſem

ben Stelle zu verbleiben, und dabei doch der Bewegung des Wagens zu folgen wwwxxxxxx verschwinden mit dem Sinken

diesen Blättern niederzulegen.

der Sonne; dann folgen ihnen aber sogleich die heimtückischen

lassen da ist Wissenschaft, und daß in Orten und Worten,

Mücken um bis zum Sonnenaufgang ihre blutgierige Thätig

zwischen Ort und Wort Geseze walten, ist längst bewiesen. und anerkannt.

teit fortzusehen .

Wir hoffen eben einzuschlafen, da tönt

Der

Einne sei mir gestattet vereinzelte Ergebnisse vorläufig in Wo sich Gesetze finden

Ort und Wort.

Beim Studium des Münchener Adreßbuchs bemerkte ich die Häufigkeit der Namen Eder und der auf -eder (-öder, -etter) endigenden. Sie wiederholte ſich im Salzburger, Wiener und - in minderem Grade in einigen sonstigen bayerischen Na menbüchern. Ich erkannte bald daß hier eine wesentlich süddeutſche Gruppe vorlag, und deutete sie zuerst aus dem süddeutschen Etter

Zaun, Umfriedung des Hofes, des

Ortes, daher Hof selbst.

Es waren also bäuerliche, erst

später in die Städte gewanderte Namen. Das letztere bleibt richtig, aber erst der Einblick in das neulich erschie nene alphabetische Ortslexikon, welches den Schlußband des topographisch statistischen Handbuchs von Bayern und damit zugleich den der „ Bavaria" bildet, brachte auf die volle Spur.

Es gibt in Bayern I. etwa 700 zusammen

221

für schön ist freilich sonderbar.

Der Augsburger Name

Mannsnöther stammt also von einem Hofe Manzenöd, der Einöde des Bauern Manz oder auch Mannet (etwa - Mainhart) und ein Manetsöd liegt wirklich im Be zirk Griesbach; Ortsnamen Manzen, Manzenberg u. s. w. gibt es ohnehin genug. Kurz - jene bayerischen Ge schlechtsnamen und dieſe bayerischen Ortsnamen decken sich aufs schönste. Was so häufig irre führt das ist die scheinbare Zu sammensetzung. Namen wie Kantenzetter , Kanten: sieder , Methsieder zerlegt man unwillkürlich in Kan ten und Meth, zetter und sieder, und denkt bei letterem etwa an ein verschollenes Gewerbe des Methbrauens . Da gibt es die von den Jahrhunderten verschliffene Fuge zu

gesetzte Ortsnamen, lauter kleine Einöden, die auf : öd , ed auslauten; ferner II. etwa 120 selbständige Ded,

finden in welcher die ursprünglichen Theile sich zusammen: schlossen. Die polirten Quader der ägyptischen Bauten

Ed (Eth u. s. w.; die Schreibung natürlich sehr willkürlich)

sind oft so haarscharf aufeinander gepaßt daß die feinste Spiße

und III. ungefähr 150 zusammengesette mit Deden , Ded , Eden , Ed : anlautende Orte.

des Federmessers nicht in die Fuge zu dringen vermag. So auch jene Wortgefüge. Das zeige sich gleich bei einer zwei ten Gruppe bayerischer Orte. Das Wort Winden bildet

Näher ins Auge gefaßt habe ich zunächſt die erſte Claſſe, und es zeigt sich daß die Orte derselben ausschließlich sich auf die drei Kreise Oberbayern, Niederbayern und Ober: pfalz vertheilen, und zwar in Oberbayern auf die Land gerichte Altötting, Berchtesgaden, Dorfen, Erding, Laufen, Miesbach, Mühldorf, Pfaffenhofen, Rosenheim, Schroben hausen, Traunstein, Wasserburg ; in Niederbayern : Bogen, Deggendorf, Dingolfing, Eggenfelden, Grafenau, Griesbach, Passau, Pfarrkirchen, Vilsbiburg, Vilshofen, Wegscheid ; in der Oberpfalz : Amberg, Burglengenfeld, Kemnath, Neunburg v. W., Tirschenreuth, Vohenstrauß,

das zweite Glied in folgenden Namen :

Beigels , Brods ,

Dauten , Gräben-, Grimmſch-, Herrn-, Jrles , Loh-, Mein harts , Hagen , Reinz , Rüdensch , Schwaigarts , Wal burgs , Wolfarts-winden. Ferner auf wind endigen : Biſch (3 dieſes Namens), Ditters , Durn , Egloffs:, Eisen-, Etlas:, Geisel , Gerolds , Herzog , Koppen , Kurzen , Mechel , Oster , Poppen-, Reu: manns , Roth , Echneider , Starkensch , Tauten , Voken Wal-schwind. Dazu noch : Labertswend, Steinwenden, Veitswend,

Das heißt : das Gebiet der Deden zerfällt in zwei Haupttheile ; der südliche ist umgränzt von den Alpen, der Jiar, der Salzach mit dem Jnn und von der

Ferner 16 einfache Winden (Winten), je 2 Ober: winden und Unterwinden, ein Wenenden , ein Wine

Donau; der nördliche dehnt sich zwischen der Vils und

den; endlich Windischbachmühle, Windischbergendorf, Win

Nab, dem bayeriſchen (böhmischen) Wald und der Donau bis Passau. Die Mehrzahl der öd aber fällt auf Nieder

laibach ,

bayern (Pfarrkirchen etwa 80, Eggenfelden 70, Griesbach

dischhausen ,

Waldmünchen.

50, Vilsbiburg 40, in diesen vier Bezirken also zusammen. 240) . Das mir vorliegende Ortsverzeichniß des Salzbur gerlandes zählt, wie es scheint, die kleinen Wohnplätze, die „Einöden," nicht auf, dennoch finde ich auch dort ein Ed und 6 ed. Nicht minder erscheinen die Deden in Dester:

Wasserschwenden, Wolfertschwenden.

dischbuchen, Windischengrün, Windischenhaig , Windischen Windischeschenbach ,

Windischgaillenreuth , Win

Windischletten, Wünschenbach , Wünschen dorf, Wendschdorf _ _ _ _ _ _ _ _ zusammen 78 Orte. Wenige da

von mögen anderer Deutung fähig sein , die meisten sind sicherlich nichts

anderes als Niederschläge der bekannten

windischen, slavischen Einwanderungen.

(Vergl. Schmeller

IV, 111 ). Ueber welche Bezirke sich diese alten Siedlungen

Helmonsöd in Oberöster

erstreckten, ist nach der obigen Zusammenstellung leicht nach:

reich z . B. heißt a . 1150 Helwigsoede ; Rauhenöd ebenda a. 1308.

zuschlagen. Daß namentlich das nordöstliche Bayern eine Menge slavischer Ortsnamen bewahrt hat, zeigt ein Blick

Ich hatte früher den Familiennamen Katheder durch

auf die Karte ; aber die „ Winden “-Colonien ſind weithin

Kothhof oder Rothhöfer gedeutet, mit dem Beiſaße daß Koth altdeutsch fât lautete. Nun -― in den Bezirken Rosenheim

über das bayerische Land versprengt. (Ober-Perwind - auch im Land ob d. Ens heißt a. 1125 Bercwiniden

und Traunstein liegen in der That zwei Kothöd . Wer an einer derartigen unästhetischen Namengebung zweifelt, den verweise ich auf die drei salzburgischen Orte Wald

ein Fingerzeig für manche „ Ber: " und

reich ob und unter der Enns.

wind ")

Es scheint beachtenswerth daß eine dritte Gruppe, die Namen auf grün , gleichfalls in Oberfranken vorherrschen.

prächting ,

Schöngumprächting und Kothgum

Sie erstrecken sich dort (übrigens stets nach ungefährer,

prächting.

Letzteres ist gewiß : (in dem) kothigen (alt

nicht genau ſtatiſtiſcher Zählung) über 9 Landgerichte ; in

Die Form schönig

der Oberpfalz fand ich sie noch um Kemnath, Tirschenreuth 29

deutscher Dativ kâtigun) Brechting . Ausland. 1869. Nr. 10 .

Ort und Wort.

222

und Waldmünchen ; sonst noch in den Bezirken Rothen burg a. T. und Mellrichstadt. Ich habe mir notirt :

mahnt zur Vorsicht, ganz abgesehen davon daß Schreck auch

ters , Drei-, Egglas,, Engelhards-, Ernests, Fischer., Frosch-,

einfacher Personennamen ist. Auch der Geschlechtsname Scharlach ist ein leicht erklärlicher Ortsname. Zum fünften die Gruppe der Wimm und wimm

Gerolds ,

(auch im Salzburgischen vorkommend).

Baier , Bauern , Bischofs , Boben, Carls , Christus , Die

Göpfers ,

Göhmanns , Gottmanns , Hader

Die Bildung ist

ober- und niederbayerisch und gar nichts anderes als das

manns-, Hahnen-, Haiden-, Hain-, Heiners , Heinzl , Her: mes-, Herolds-, Hertwegs-, Hildbrands-, Kühl-, Leuppolds-,

schwäbische, alemannische Widdum, Wittem u. s. f. (z. B.

Lipperts , Münchs-, Neu-, Otten: (2mal), Poppen , Rap,

ein Widdum bei Kempten, bei Sonthofen, bei Lindau),

polten , Reicholds-, Rügers-, Rupperts , Schallers , Schei ben , Schnecken , Siegmunds , Sinnater , Sonnens, Stein ,

d. h. ursprünglich der zur Pfarrkirche gestiftete Grundbeſiß (Schmeller IV, 32), woher auch die Geschlechtsnamen

Stemmas , Stifts , Tiefen-, Ulrichs-, Uscherts-, Volkmans-,

Wittmer, Widmaier u. f, w ..

Walbern:, Weides , Wolfers-grün, Summa 55 ; dazu 10 einfache Grün. Schmeller (II, 114) deutet das Wort

Schmeller II, 487 spricht über die Ortsnamen Lahr, larn , lern. Kenner wissen daß neben seine Deutung

auf

ein ursprünglich waldloses Gelände, " was also etwa

dem alemanischen Wang, Wangen entspräche. Oder ſoll man an eine Umdeutschung aus Slavischem, etwa an das böhmische Krowi, Krowina d. h. Gebüsch, erinnern ? Räumlich noch enger beschränkt sind die 48 Namen auf richt , nämlich auf die 6 oberpfälzischen Bezirke Amberg, Nabburg, Neumarkt, Neunburg v. W., Neustadt a. WN., Sulzbach, und auf Beilngries in Mittelfranken ; also auf einen Landstreifen der sich von der Altmühl nach der oberen Nab hinzieht.

Ich finde : Affen , Alten-, Ammers-, Ahl-,

Aşmanns-, Bern , Demen , Dippen-, Dirns , (2) Ecken-, Eins-, Ermers , Chen-, Förder-, Freuden-, Gehrs-, Godl-, Grafen (2 ), Halmes-, Harten-, Hebles , Helms , Hirſch-, Kains , Kropfer3 , Labers , Langen , Locken , Oberns, Pesen , Picken , Pillmanns-, Popven-, Röcken-, Rummers-, Seibolds , Traun , Trichen , Tröglers , Ullers , Ungens, Wirns-, Wißl , Wolfs-, Würm-, Zilchen-richt. Aus den älteren urkundlichen Formen aber (Schmeller III , 37) scheint sich zu ergeben daß dieses richt lediglich mundart liche Entstellung aus riut = Reute, Rodung ist. Wenn ſo, dann stimmen die richt dem Sinne nach zu der vierten Gruppe, den Mais und - mais, welche sich über Ober: bayern, Niederbayern und Oberpfalz ausdehnen. Der Maißaltdeutsch meizan, schneiden , hauen ――――――― ist ein abgeholztes Waldstück, ein Schlag, ein Abtrieb (ſ. Schmel ler II, 627) . Wem also Familiennamen wie Pomeisel und dergleichen Kopfweh machen, der mag sich im bairi schen Ortslericon die Löſungen holen. Ja, ich fürchte man hat sich auch mit dem Geschlechte Lauten = und Becken schlager ( schläger) vergebliche Mühe gemacht. Wald: und Ortsnamen Schlag und schlag gibt es in Bayern genug und im beſondern zwei Orte Bäckenschlag und

• · Lautenschlag.

andere getreten sind.

Ich will hier nur das bayerische

Material zu der Frage geben : Berg , Dachs,, Enk , Es-, Ex , Füs ,

Gimp ,

Gnad , Gur-, Häus-, Höf , Hölz ,

Knad , Kös , Mants, Poppo , Vog-, Weß-, Wink , Wit , Zei , Zeit , Zwick: larn . Sodann noch : Enzlar, Köslar, 2 Saulorn und (hierher ?) Zeitldorn. Zum Schluß, erheiternd oder belehrend, vielleicht man chen zum Forschen reizend, ein alphabetischer Mischmasch bayerischer Ortsnamen, mit gelegentlicher Einschaltung eige ner Bemerkungen. Aepfelkoch, Affennest (Schwalben-, Kröten , Geiers-, Heßen-neſt), Alfalter, Altfalter (= Affalter = Apfelbaum), Antenfresser, Antenfuß, Antwort, Babilon, Bachappen (dazu Mooshappen, und der Geschlechtsname Mossapp), Bachbewohner (? !), Bachhagel, Baunigl (Staudigl ; im Salzburgischen Muntigel.

Montegelin),

Behütgott, Birnstengel, Brennschinken, Brodschelm, Brodstrum (Praztrum in Oberösterreich heißt a. 1209 Broteſtrum; Obertrum ebenda a 1143 Drum, Trumm , Drun), Bürstenstiel, Burgmagerbein, Dürrmaul,

Also nicht sowohl Musikanten ſondern Waldbesizer werden die Ahnen jener Familien gewesen ein. So möchte auch der bekannte Name Leydenfrost

Duftschmid,

einfach Umstellung aus Leutenforſt ſein, wie ein Dorf in Oberfranken heißt. Auch ein Name wie Schreckenbauer

Eierkäufeln, Eierkäufler,

braucht nicht unbedingt ein terre rusticum zu sein ; der artige, an traurige Zeiten der Vergangenheit mahnende Imperativbildungen sind zwar sehr häufig (Schindenbauer, Haßdenbauer 2c. ), aber der mehrfache Ortsname Echrecken

Das

oberösterreichische Montigl heißt a. 788 Monticulus,

Dreifaltern ( drei Apfelbäume ?), Dungerfalter,

Eigenriepl (Riepelschuster, bei den Riepeln ;

Münchener

Familienname Siebzehnrübel), Ewigkeit, Finkenflug, Finkenſchlag ( Voglsam = Vogelsang), Flohkraut, Fremdling, Fremdstuhl (Hauptſtuhl, Landstuhl, Neystuhl),

Die La Platagebiete und ihr wachsender Wohlstand.

Mostviel,

Freudensaal, Freundschaft, Treue Freundschaft, Froschkern ( = -geren ? vrgl . Gern),

Muckenwinkl, Muckenwinkling,

Frühling, Früthling (vrgl. Eisenbartling und ähnliche Di minutive),

Nebenweg, Neffo (Hindo und andere allgäuische Namen, sehr einfach zu erklären), Neukirchen Balbini,

Fuchslueg (Vogllueg ; Wolfschlugen in Württemberg), Fürhaupt (Hunds , Bach , Roß , Men , Schweins , Thier , Waalhaupten).

Neunaigen, Neunteufeln,

Giebacht (dazu Sieh dich für, Luginsland, Kehrdichannichts, Kehrum, Umkehr, Rundum, Umgang , Zickzack, Wartaweil, Sieh dafür),

Nordhalben (Wallhalben, Rißenschattenhalb, Rizenſonnen halb ; im Salzburgischen Sonhalb und Schattseite ;

Umundum,

d. h. auf der Nord , Wald-, Schatten , Sonnenseite (hälfte); Riß ist der Name des Hofbauern.

Gottesgab, Grundwürmer,

Ofen,

Gjelchet,

Pumpernudl,

Gückelhirn, Guglmuck (Raßenhirn, Kaßenbrüh [-brühl ?] ) , Guttbat,

Rauch im Holz, Rauchstube, Roßleich, Roßtauschen,

Haarschedl (Modschiedl ,

993

Staudenschedl ;

Sachspfeifen,

Geschlechtsname

Schabernak (auch in der Steiermark),

Treffenschedl),

Schiefe Ebene,

Habernagel, Haberzagel (Hennezogl, Kronzogel [Krähenzagel ?] Maiszogl),

Schmalzhaferl,

Hahnschenkel (Ochsenschenkel, Roßschenkels),

Schnabelwaid (vrgl. Schwabelweis),

Haidvolk (vrgl. Haidvocking), Halbinsel,

Siebenellen, Siebengaden, Siebenhasen, Siebenbiß, Sirtnitgern,

Hallthurmſpig, Hammerthos,

Sorgenflieh, Speckbrod,

Haselquemten, Haseltasch,

Spitispui,

Heimlichschönau,

Sprengseisen,

Heißkistler,

Steinparz (Grillparzer),

Herrenlosen (Waſſerlosen), Herrnrast,

Stubenvoll (Geschlechtsname Stumm vobl), Unkundewald,

Herzoghut, Heutreter,

Waffenhammer (8 dieses Namens, dazu 5 „ Waffenſchmi den" und 3 " Wappenschmieden, " lettere in der Rhein

Hierflucht, Hinflucht, Höll und Haid (als ein Name ; ebenso Holz bichl.

pfalz), und Haid

Wolfsdrüßl (= Wolfskehl) .

Dem entsprechen Geschlechtsnamen wie Leib

undgut, Fleischundblut , Süßengut

süß und

gut? letteres kann nämlich ebensogut das Gut des [Bauern ] Süß heißen, ein bayerischer Ortsname heißt Die La-Platagebiete und ihr wachsender Wohlstand. in der That Süßengut), Hufschlag, Hundbalgen (vrgl . Kazwalchen ; Einwalchen in Desterreich

Welche Männer und welche Zustände in Peru, Ecua, dor, Venezuela oder den isthmischen Staaten Amerika's

o. d. E. heißt a. 800 Einwalhesdorf; Seewalchen ebenda a. 1128 Sewalhin),

herrschen, bekümmert sehr wenige Zeitungsleser, und noch weniger Geschäftsleute. So war es auch mit den Laplata:

Hundeſſen (Moneſſen), Hundsschweif, Hundskopf,

gebieten bis zum Sturze des Dictators Rosas.

Iglgais, Iglhaft, Kirchisen (liegt an der Jsen ; Geschlechtsname Kircheis),

haben die Argentina oder der Silberbund ſammt Uruguay plößlich für uns an Bedeutung gewonnen. Wie der Ama. zonenstrom im Norden, so ist der Silberstrom (La Plata)

Kniebis, Kniebos (Zaunbos, Zaunbrechl), Komposten, Lernbeut! ( = Lehrdenbeutel),

im Süden dem Handel eröffnet worden. Schon daß ein blutiger und zäher Krieg geführt wird, nicht ein Bürgers krieg, sondern ein Krieg zwischen Staaten und Staats

Löffelsterz (Pfannenstiel, Pfauenstiel, Pfifferlingstiel), Löschenbrand (vrgl. Leidenfroſt und Süßengut), Maulschelle, Moostorb, Mordkammer, Morgenroth (Nebel),

Scitdem

intereffen, ist für Südamerika zwar nichts überraschendes, doch immerhin in jenem Umfang noch etwas neues. Die La Plataftaaten treten auf unsern Märkten mit ihrer Wolle auf, die sich von Jahr zu Jahr veredelt. |

Die Aus

fuhr von Fleisch in irgend einer genießbaren Form gehört

Die La-Platagebiete und ihr wachsender Wohlstand.

224

zu den Nahrungssorgen Europa's .

Endlich sind in neue

Realenstück auf, welches nicht viel größer ist als ein Silber

ster Zeit neben Brasilien die La-Plata- Staaten ein Wan

groschen. Seine ,, Bravourarie" aber bestand darin daß er die

derziel nicht bloß für Italiener, sondern auch für Englän

zehn Stücke aus welchen die Beſattelung des Gaucho beſteht,

der, Deutsche und Schweizer geworden.

im vollen Lauf des Roſſes von diesem abnahm, einzeln auf

Dieß alles gibt

dem neuesten Buche über jene Räume, verfaßt von einem

den Boden warf, dann umkehrte, sie aufhob und wieder

geschäftskundigen Engländer der von 1861 bis zum vorigen

befestigte ,

Jahr in den Ländern am Silberstrom wanderte, einen tagesgeschichtlichen Werth. 1

(Gürtel), und Sobrecincha um den Bauch des Roffes feſt

Ein jeder Leser weiß längst daß jene Gebiete bisher

und zwar mußten zwei davon , die Cincha

geschnallt werden. Wettrennen und Wettspiele zu Pferd werden noch jest zahlreich abgehalten.

faſt nur Viehzucht trieben, und daß die Hirten Gauchos

Von allen Staaten des Silberbundes huldigt Santa

genannt werden, ein Wort welches im Lande ſelbſt Gaotscho gesprochen wird, dessen Ursprung aber völlig dunkel ist, wenn

Fé am meisten dem was man gewöhnlich Fortschritt nennt. Unter Oroños Verwaltung wurde die Civilehe nicht bloß

es nicht vielleicht mit huaso zusammenhängt, wie in Chile diese

dem freien Ermessen anheimgestellt, sondern wie in Frank

Leute genannt werden.

reich rechtsverbindlich eingeführt, durch ein Gesetz vom 26. September 1867. Der Bischof schleuderte zwar den

schrieben worden,

Der Gaucho ist unzähligemale be

also weiß ein jeder daß er kein Engel

iſt, daß er sich im Verbrauche von Seife keine Excesse zu Schulden kommen läßt, ferner daß er ein Messer bei sich führt, und mit ihm zuweilen nach seinem Mitmenschen sticht. Die Gauchos sißen beständig im Sattel, werden aber als Reiter weit übertroffen von den Patagoniern wie von den Indianern des Chaco, obgleich sie selbst nichts anderes sind als Mischlinge von Spaniern und Eingebo renen.

Auf den großen Estancias oder Viehzüchtereien

Bannstrahl gegen alle welche zur Einführung dieser Saßung beigetragen hatten. Der Strahl fuhr aber kalt herab ohne zu zünden. Eine Woche zuvor hatten die Geistlichen sich geweigert auf dem städtiſchen Kirchhof römische Katho liken zu beerdigen, weil sie Freimaurer gewesen waren. Ohne weiteres wurde ihnen die Verwaltung der Kirchhöfe entzogen und den städtischen Behörden übergeben. Wenn nur auch der " Fortschritt" sich darin äußern wollte daß

gibt es unter den Gauchos verschiedene Rangstufen, näm

die Gesellschaft wie der Einzelne streng seine Zusage halten

lich den Major domo oder Aufseher, den Capitaz Gaucho,

müsse.

- seinen Stellvertreter, den Chasqui Gaucho oder berittenen Boten, endlich den Peon oder Knecht, der Gaucho heißt, sobald er beritten ist.

Abarten sind der Cartero Gaucho,

also der Fuhrmann, und der Lechero Gaucho, oder Milch mann, der mit zwei Krügen an beiden Seiten des Sattels in die Stadt reitet und dort Milch verkauft ( ohne sie unterwegs zu verfälschen, wie man bis jezt anzunehmen noch berechtigt ist).

Der Gaucho lebt nicht bloß im son

dern auch auf seinem Sattel, der seine gesammte fahrende Habe umschließt. Des Nachts nämlich dient der Sattel ſelbſt als Kopfkiſſen, und dazu zehn andere Stücke, jedes besonders benannt, theils Schaffelle, theils Teppiche, theils Häute als Unterbett und Decke.

An Galatagen werden

Dieß scheint aber in Santa Fé noch für Ueber fluß gehalten zu werden. So hatte jene Provinz den Unternehmern der centroargentinischen Eisenbahn Ländereien zu beiden Seiten der Bahn zugesagt, drei Jahre nach Be ginn der Arbeit. Die drei Jahre verflossen, die Eisenbahn war vollendet, ja sie wurde schon befahren, aber nicht eine der verheißenen Quadratruihen der Gesellschaft ausgelie fert. Als die drei Jahre abgelaufen waren, entdeckte man nämlich daß alles Land zu Seiten der Bahn im Privat besit sich befand. Es wurde nun abgeſchäßt nach dem Werth den es vor dem Bau beſeſſen hatte, und schließlich für den Gesammtbetrag der Gesellschaft Ländereien ander wärts angewiesen, deren Versteigerung dann am 20. De cember 1866 eröffnet wurde.

die Rosse der reichen Gauchos mit Geschmeide bedeckt, und

Auch von Buenos- Ayres führt schon ein Stück Eisen

bei den Feierlichkeiten zur Eröffnung der Eisenbahnarbeiten

bahn westwärts, und Hutchinson benußte einen Zug dem eine Locomotive vorgespannt worden war mit dem großen

bei Rosario im April 1863 sah Hutchinson einen Gaucho

Dieß war jedoch nichts im Vergleiche zu

Namen ,, Voi á Chile." (Ich fahre nach Chile!) Können die Nordamerikaner über die Felsengebirge fahren, warum

einer Musterung die Urquiza 1858 über 14,000 Gauchos

die Südamerikaner nicht über die Anden? Bei der Schläf

hielt, und bei der ein Häuptling aus Córdoba erſchien ,

rigkeit der Argentiner, deren drittes Wort quien sabe ? (wer weiß ?) oder ein mañana ! (auf morgen !) lautet,

der seinen Gaul mit Silberzeug im Werth von 2000 Thlrn. belastet hatte.

dessen goldenes Geschirr und Sattelzeug auf 50,000 Fres. geschätzt wurden. Die Gauchos find Kunstreiter aus Liebhaberei, und zeigen ihre Stückchen den Zuschauern fürs Zuschauen. Ro sas ' Beliebtheit gründete sich darauf daß er nicht nur alle derartigen Belustigungen begünstigte, sondern selbst Großes darin leistete.

Im vollen Galopp hob er vom Boden ein

1 Thomas J. Hutchinsou, The Paraná with incidents of the Paraguayan War. London 1868.

möchte es aber sehr lange währen bis zur Eröffnung der Andesbahn, und wenn sie säumig sind in Erfüllung ihrer Versprechungen, so wird die Voi á Chile-Locomotive längst den Weg des alten Eisens gewandelt sein, bevor die Schienengeleise nur Mendoza erreichen , jeßt endigen ſie schon am Rio Salado . Auf dem Wege dorthin wird der Ort Lujan berührt, wo sich ein wunderthätiges Mutter gottesbild befindet, welches seit 1677 fort und fort beſchenkt

Die La Platagebiete und ihr wachsender Wohlstand.

worden ist, so daß die goldenen, silbernen und mit Edel

225

ſteinen bedeckten Kreuze, Kronen, Herzen und Ketten zu

Santa Fé 14 Arroben oder 370 Pfd .) zur Zeit von Hut chinsons Anwesenheit mit 120 Papierthalern (nicht ganz

Hunderten zählen. Im Jahr 1856 verübte dort ein ge wisser Benites mit einer Bande einen Einbruch, und zog

ist aber außerordentlich, denn von einer Fanega Weizen

fich,

in der

Aussaat werden 20-25 Fanegen , und bei der Gerste das

Morgendämmerung zurück. Doch wurde zeitig Lärm ge: schlagen, und da das Gesicht der Tempelräuber durch eine mirakelhafte Wolke geblendet worden war, gelang es sie

70. bis 80. Korn geerntet ! Noch außerordentlicher sind die Erfolge der Viehzucht. Etwas oberhalb S. Nicholas

reich beladen mit Beute,

meistens Geld,

Manu für Mann aufzugreifen. Benites selbst wurde an einem Corral ergriffen gegenüber dem Heiligthum, zu dem sein Pferd immer und immer wieder zurückgekehrt war. Seine Verfolger gelobten ihm ein ehrliches Strafgericht wenn er sich ergeben würde. Er legte also seinen Re

6 Thlr. pr. ) bezahlt wurde.

Die Fruchtbarkeit des Bodens

fließt der Arroyo Pavon, berühmt durch den Sieg den General Mitre über Urquiza am 17. September 1861 dort erfocht.

Zur Zeit jener Schlacht gab es am Pavon

60-70,000 Schafe, im December 1866 zwischen 300 bis 400,000, außerdem aber 120-150,000 Kühe, 600-800 Bullen , und 15-20,000 Pferde.

Die La-Platagebiete

volver ab, und wurde, als er dieß gethan, auf der Stelle erschlagen. Fides argentina so hält man sein Wort im Silberlande ! ein lügenhafter Name schon für das

besigen für Viehzucht vor Australien oder Nordamerika

Gebiet, denn der Rio de la Plata heißt so a non lucendo. Ein anderes Beispiel wie man Wort hält. In dem

Vieh Gras, und zwar viel zarteres als im Sommer auf

Baradero District der Provinz Buenos - Ayres, an einem Seitenarm des Paraná, wurden schweizerische Auswanderer herbeigelockt, mit dem Versprechen daß jede Familie etwa 11 engl. Acres Land unentgeltlich erhalten sollte. Zehn Familien kamen 1856, acht andere folgten nach. Sie ge: diehen sämmtlich als Landwirthe. Im Jahr 1859 mahnte ein wohlwollender Patriot, Señor Pineiro, die Provincial regierung daran daß sie den Colonisten die Schenkungs urkunden noch nicht verabfolgt habe. Im Jahr 1865 ver : faßte derselbe Pineiro eine Schrift über Ackerbau worin er bemerkte daß auch bis dahin die Schweizer noch immer

einen unschäzbaren Vortheil : im Winter (d. h. im astro nomischen Sommer der nördlichen Halbkugel) findet das

den Weiden, während anderwärts für Winterfutter Sorge getragen werden muß.

Da während Hutchinsons Anwesen:

heit am Pavon die Schafschuren gehalten wurden, so kann er auch angeben daß für das Abscheeren von 100 Vließen 2 bolivian. Dollars ( 1 b. D. = 1 Thlr. 1—2 Sgr. pr . ) bezahlt wurden. (25 Pfd.) ,

Acht Vließe wiegen etwa eine Arroba

also beträchtlich mehr als bei uns, und die

Arroba Wolle wird in Rosario mit 3-4 Dollars bezahlt. Von dem neuerdings viel genannten General Mitre erfahren wir daß er der Sohn eines Beamten, geboren zu Buenos Ayres am 26. Juni 1821 , in Montevideo er

Sonst sollen

zogen worden sei. Dort erhielt er mit 17 Jahren den Capi tänsrang, war mit 19 Jahren verheirathet, wurde dann

Der Aufschwung der Länder am Paraná ist übrigens

Erdarbeiten gezwungen, flüchtete dann nach Bolivia, diente

auf Ausfertigung ihrer Besihtitel harrten . sie sich immerhin recht wohl befinden.

ganz unglaublich.

von Rosas zu einem Gauchopeon erniedrigt, ja sogar zu

1796,

dem dortigen Präsidenten Ballivian als Journalist und Sol

konnte man in der Provinz Buenos Ayres um 80 harte

Zu Azara's Zeiten, etwa um

dat, mußte in Folge einer Revolution nach Chile flüchten,

span. Thaler (Patacuns) 30-40 spanische Quadratmeilen

gründete dort nach einander zwei Zeitungen, und kehrte

Land kaufen, und noch um 1803 war die Quadratlegua um 20 Thaler feil. Wer noch vor 15–20 Jahren mit einer

nach Rosas' Sturz 1852 in die Heimath zurück . Erst 1859 zog er die öffentliche Aufmerksamkeit durch eine (nach

mäßigen Summe Geldes nach Uraguah oder der Argentina ging, und ein paar Quadratmeilen Land kaufte, könnte jest

Hutchinſons Urtheil) claſſiſche Lebensbeſchreibung des Gene

nach dem Verkauf als steinreicher Mann heimkehren . Baupläge

1859 unglücklich für Buenos Ayres gegen die Argentiner

vollends sind enorm gestiegen. San Nicolas , die erste Stadt aufwärts am Paraná, behauptet 10-12,000 Einwohner

ſtande im Jahr 1861 über den alten Gegner.

zu besigen, doch scheint die Ziffer übertrieben zu sein.

Für

soll er sich lebhaft nur um den materiellen Fortschritt seiner

einen winzigen Bauplay von 20 × 25 Fuß, wurden je

Heimath gefümmert haben, doch ist er am Schluſſe ſeiner

1500 Papierthaler für den Quadratyard verlangt . also etwa 150 Papierthaler für den Quadratschuh, freilich sind

Präsidentschaft voriges Jahr ( 1868) geworden.

7 Papierthaler nur 20

rals Belgrano, eines Befreiungshelden, auf sich, focht dann

unter Urquiza , siegte aber dafür bei einem neuen Auf Seitdem

wieder unpopulär

gr . in baarem Gelde werth.

Sollte irgendwem die oben geschilderte Fruchtbarkeit

Doch kommt selbst dann immerhin der Quadratſchuh auf

der La Platagebiete Lust zum Wandern erwecken, so geben

7 Thlr. deutscher Währung zu stehen. Der Arbeitslohn um San Nicolas beläuft sich zur Erntezeit mit 3 Mahlzeiten und

mindestens eben so harte Besteuerung wie in den Verei

Thee auf 4 % bis 5 Sh. ( 1½ bis 12 Thlr.) .

Man sollte

wir ihm

andererseits zu bedenken, daß er sich auf eine

nigten Staaten gefaßt machen muß .

Die Einfuhren sind

daher meinen daß der Weizenbau kaum sich bezahlen werde, da die Fanega (in Buenos Ayres wiegt die Fanega

durchschnittlich mit 15 Proc. belastet, die Ausfuhren mit 5 Proc.

8-8½ Arroben à 25 Pfd ., also 200-212 Pfd., in Ausland. 1869. Nr 10.

wirthschaftlicher Gräuel, allein da sie bequem zu erheben sind, 30

vom Werth.

Ausfuhrzölle an sich sind schon ein staats

Die La-Platagebiete und ihr wachsender Wohlstand.

226

und das Geldbedürfniß weit größere Macht besitzt als alle goldenen Regeln der Wissenschaft, so ist an Abhilfe sobald nicht zu denken.

Daneben wimmelt es von directen und

indirecten Abgaben, selbst die Locomotiven werden besteuert wie jedes Maulthier welches eine Laſt trägt ; von jedem Rind werden beim Schlachten 2 Realen (8 R. = 1 Doll. Silber) erhoben, für jeden Maskenball müssen 10 Dollars Licenz gezahlt werden, abgesehen davon daß die einzelne

machen werde, in der Voraussicht es just zu der Zeit hergeben zu müſſen wann es anfange ihm Nußen zu tragen. Die unglaublichsten Entwürfe sind auf Einwanderung gebaut worden ; um nicht zu ermüden, wollen wir jedoch nur das ergöglichste Beispiel von den vielen erwähnen die unser Ein Hr . Edward Etchegaray schlug Verfasser aufzählt. vor eine Gesellschaft auf 10,000 Actien à 25 Pfd . St. zu gründen, die auf 1000 Quadratleguas am Rio Quinto

Doppelte u. s. w.

Niederlassungen schaffen sollte. Von den erwählten Län : dereien hätte sie nur 25 D. Leguas an 2000 Einwande rerfamilien überlassen, denen die Ueberfahrtskosten und die

Begeben wir uns weiter aufwärts am Paraná, so ge langen wir nach Rosario, jetzt noch die zweite Stadt der

Unterhaltung im ersten Jahre vorgestreckt werden sollten, unter der Bedingung nach 3 Jahren die Vorschüsse

Argentina, wie jezt noch Buenos- Ayres die erſte ist ; allein,

ſammt den landesüblichen Zinsen von 10 Procent zurück: zuzahlen. Am 31. December 1876 verspricht der Unter: nehmer den Actionären daß erstens das ursprüngliche

Maske wiederum 2 Realen zu entrichten hat. Jagdkarten für einen Tag kosten 2 Realen, für einen Monat das

am Paraná gelegen und großen Fahrzeugen zugänglich, über trifft Rosario durch seine mittlere Lage weitaus jenen See hafen, der ihm nur noch an Bevölkerung, Einkünften, Handels: umsaß und Reichthum nicht aber an Wachsthum zuvorkommt. Seit der Eröffnung der Eisenbahn zwischen Rosario und der Binnenstadt Córdoba sind 1866 52 englische Schiffe in Rosario mit 20,382 Tonnen Frachten eingelaufen , während vor Eröffnung der Bahn 1862 nur 3 solche Schiffe dort löschten! Da der argentinische Staatenbund, bei einer Oberfläche von etwa 25,000 Q. M., nicht halb so viel Einwohner zählt als die Stadt London , einzelne Striche durch ihre staunenswerthe Fruchtbarkeit dem Ackerbau einen goldenen Boden verheißen, der größte Theil jedoch sich nur für Viehzucht eignet , diesem Nahrungszweig aber ebenfalls ungewöhnliches verspricht, so ist es begreiflich daß viele

Capital sammt den aufgelaufenen Zinsen

vorhanden sein

werde, ferner ein baarer Reingewinn von 1,608,317 Pfd . St. (etwa 600 Procent), und außerdem die übrigen bis dahin als Huten verpachteten 975 Quadratmeilen Land, welche in Folge der vorausgesezten Besiedelung dann 5,850,000 Pfd. St. werth geworden wären ! Diese und ähnliche Schwindeleien sind Rechnungen ohne den Wirth, denn die Auswanderer gehen nach wie vor nach den Vereinigten Staaten, und wir sind die lezten die ihnen davon abrathen werden. Es gibt aller dings gegenwärtig eine Menge englischer, amerikanischer und deutscher Grundbesitzer in den argentinischen Ländern, es sind dieß auch Einwanderer, aber fast nur reiche oder reich gewordene Leute, und für dieſe Claſſe gibt es noch immer genug Aussichten ein Vermögen günstig durch Landein

Mittel aufgeboten werden den europäischen Auswanderer strom nach dem La Plata zu lenken. Noch im Jahr 1829

käufe anzulegen.

indessen wurde im Staate Buenos: Ayres ein Geseß erlaſſen, welches allen Fremden den Erwerb von Ländereien an neu zu gründenden Niederlassungen in den Gränzgebieten ver

der großen fast noch unbekannten Indianerwildniß, westlich von Paraguay und Corrientes . Dort aber ist das Leben

bot!

Die Ansichten haben sich seitdem gewaltig geändert,

wurden aufder Estancia eines Hrn . Pearson bei Frayle Muerte

allein immer noch denken die guten Leute in den Laplata: Staaten, fie könnten den Einwanderern ihre Bedingungen vorschreiben. Reifere Ensicht finden wir nur im Staate

am 16. Oct. 1866 drei Engländer ermordet, kurz darauf bei

Santa Fé, dessen bisheriger Statthalter , Don Nicasio Droño, eifrig sich bemühte, Einwanderer herbeizuziehen. Nach seinem Wunsche sollten die Preise des Landes auf

Wohlfeil ist das Land an der Gränze des Gran Chaco,

der Ansiedler durch Raubzüge der Indianer gefährdet.

So

San Juan zwei Brüder, James und William Barron, im October 1867 wurde eine deutsche Meile von der Eiſen bahnstation Canada de Gomez ein junger Engländer in seinem Hause erschlagen, am 26 Novbr. 1867 die Colonie

5000 Dollars für die Quadratlegua festgesetzt werden, die an Flächeninhalt einer halben deutschen Quadratmeile

Sunchales von Indianern überfallen und 9 Personen ge tödtet. Zum Schuße geschieht viel weniger im Norden als im Süden. Der Staat Buenos- Ayres unterhält auf einer

gleichkommt ( 1 argent. Legua = 5196 Metres ), so daß etwa der englische Acre auf etwas über /, Thlr. ſich be

gegen die Pampas-Indianer, welche nach der höchsten

rechnet hätte , wohlfeiler noch als in den Vereinigten. Staaten. Doch wurden diese Vorsäte wieder bereut, und am 14. September 1864 ein Gesetz erlassen welches theils höhere Preise vorschrieb, theils in der Wildniß des Gran Chaco Auswanderern Land auf sechs Jahre verhieß, unter der Bedingung daß sie zur Nußbarmachung 400 Dollars auf die Quadratmeile ausgeben würden. Mit Recht be merkt Hutchinson daß kein nüchterner Mensch Land urbar

Gränzlinie von 107 sp. Meilen 14 Forts mit 3500 Mann

Schäßung 6000 Streiter, in Wahrheit vielleicht nur dieHälfte, mustern, während gegen den Chaco auf einer Ausdehnung von 253 Leguas nur 718 Mann in 5 Forts aufgestellt zu werden pflegen . Die Pampas Indianer wählen die Vollmondszeiten im October, November und December zu ihren Ueberfällen ; in den Wintermonaten von Mai bis September sind nämlich die Pässe der Anden durch Schnee ungangbar, und da die Beute in Vieh besteht, welches

Die La-Platagebiete und ihr wachsender Wohlstand.

227

Früher schon wurde es getroc

nach den chilenischen Märkten getrieben werden soll, so

ersten Ranges zu werden.

werden die Ueberfälle stets auf den australischen Sommer

net, und, in diesem Zustande Tscharki geheißen, zur Neger fütterung an cubanische Sklavenhalter verkauft. Jezt aber finnt man in beiden Welten darauf das Fleisch in genieß

verlegt.

Die Indianer des Chaco schildert Hutchinson, im

Widerspruch mit den bisherigen Nachrichten, als furchtſam und feig im Gefechte ; nur in die Enge getrieben, sollen fie wie Tiger fechten, dann aber eher bis zum leßten Mann

barem Zustande, wo möglich frisch nach den europäischen

die Toba an beiden Ufern des Rio Vermejo , der unweit

Märkten zu befördern . Die Zubereitungen sind sehr man nichfach geworden, am besten bekannt und benußt in Deutsch land iſt der „ Liebig'sche Fleiſchauszug“ zu Suppen. Fr

dem vielgenannten Humaitá in den Paraguay:Srom mün det. Bogen und Pfeile sind ihre nationale Waffe, doch

wird für Antwerpner Actionäre in Fray Bentos (rechtes Ufer des Uruguay) zubereitet, und Hutchinson, der die An

bedienen ſie ſich auch der Bola oder der Kugel die,

ſtalt besuchte, versichert sie sei die einzige ihrer Art ohne

fallen als daß ſie ſich ergäben.

Der tapferste Stamm ſind

einem Lederriemen, um den Kopf geschwungen wird.

an Der

In der Banda Oriental aufder großen Schlächterei (saladero) bei Payſandu, werden dagegen die Rinder getödtet durch Einschlagen des Gehirns mit einer

üblen Mezgergeruch .

Speer dient ihnen nur im Handgemenge, auch nur zum Stoße, nie zum Wurfe. Die Indianer im Chaco leben in kleinen Ortschaften, Tolderien geheißen, und gehorchen

Keule.

erblichen Häuptlingen , mit Ausnahme der Mocovi, die

entblößt werden.

nach republicaniſchem Geschmack nur für den Kriegspfad einen Anführer wählen. Der Abschluß einer Ehe ist höchst

kammer oder das rechte Herzohr, ein zweiter Schnitt in die linke Herzkammer geführt, damit aus dem rechten das

einfach bei ihnen.

Der Bewerber wendet sich an die Eltern, und ist er diesen willkommen , so wird er eingeladen die

Venen aus dem linken das Arterienblut heraustrete. Nach erfolgter Entleerung wird eine Röhre durch die linke Herz

Nacht mit ihnen unter einem Dache zuzubringen.

kammer nach der Körperpulsader geführt.

Morgen zieht er aus um ein Wild zu erlegen, welches er

verlängert sich als senkrecht aufsteigender Schlauch von 20 bis 25 Fuß Länge nach dem Boden eines großen Beckens,

als Probestück seiner Waidmannsfertigkeit heimbringt.

Die

künftige Schwiegermutter nimmt bei ſeiner Rückkehr Sattel und Zaum vom Roſſe und trägt beides an die Stelle wo Die erste der Schwiegersohn seine Hütte erbauen soll. Nacht muß das junge Paar auf einer Roßhaut schlafen, die Häupter gen Westen gekehrt, und erst wenn die Strah len der Morgensonne ihre Füße getroffen haben, gilt der Ebebund als geschlossen. Zur Züchtigung der Indianer werden bisweilen Streif

Rasch muß nun die Brust geöffnet und das Herz Ein Schnitt wird jezt in die rechteHerz

Diese Röhre

gefüllt mit Salzsohle unter welche etwas Salpeter gemiſcht worden ist. Ein Hahn an der Röhre, der aufgedreht wird, läßt die Salzſohle mit einem Druck von 20–25 Fuß in die Blutgefäße des Körpers einſtrömen. Bei Schafen und Schweinen wird der Salzstrom nach etwa 4 oder 5 , bei Ochsen in 9-12 Secunden schon durch die Oeffnung der rechten Herzkammer hervorbrechen und nach weitern 2 Mi nuten sind alle feineren Gefäße von den Blutreſten gerei Der Einschnitt der rechten Herzkammer wird jezt

züge in den Chaco ausgeführt, und Genera! Taboada soll

nigt.

durch eine Anzahl gut geführter Verfolgungen die Toba auf

geſchloſſen, damit die Salzſohle alle Blutgefäße gehörig ausdehne und anfülle. Drei Viertelstunden läßt man das

ihre Jagdgründe zurückgescheucht haben .

Uebrigens wird

auch dadurch die Sicherheit wenig gewinnen, wenn es ge: gründet ist daß die eigentlichen Anstifter der Ueberfälle immer Gauchos sind, oder daß, wie unserm Verfasser ver sichert wurde, selbst Soldaten der Gränzposten heimlich sich an den Verbrechen betheiligen. Sonst gesteht Hutchin son daß der Raubmord nicht gerade viel häufiger in den La Platastaaten vorkomme als anderwärts, gar nicht zu denken an Italien und an Ungarn, nur ist es abschreckend daß der Mord, ſelbſt wenn der Verbrecher auf friſcher That ertappt wurde, oft nicht härter bestraft wird als daß man

Thier liegen, damit es gehörig mit Salz gesättigt werde, dann wird das Fleiſch in Streifen zerlegt und an der Luft getrocknet oder geräuchert. Die beſſeren Ochsen liefern etwa 300 Pfd. Fleisch und für ein Pfund sind in England schon Preise von 4 bis 5 P. (313 bis 4 Slbgr.) erzielt worden. Das Verdienst des neuen Zubereitungsverfahrens besteht aber darin daß das äußerliche Einsalzen vermieden wird, da durch ein solches Verfahren der Nahrungswerth des Fleisches beträchtlich zerstört wird. Immerhin erhält man

den Schuldigen ein paar Monate unter die Soldaten reiht.

auf jenem Wege nur eine beſſere Art von getrocknetem Fleisch. Weit mehr verspricht das Verfahren der HH. Paris und Sloper. Das Rindfleisch wird zuerst von den Kno

Es ist längst bekannt daß vor etwa 20 Jahren noch in der Argentina , wer ein Rind schlachtete und ihm

chen, jedoch nicht vom Fette befreit, in Zinnkäſten verpackt, diese geschlossen bis auf eine Oeffnung im Boden, durch

die Haut abzog, für die abgezogene Haut alle Reste zum

welche von unten nach oben Wasser durch hohen Druck

Lohn erhielt. Diese „guten alten Zeiten“ sind längst vor: über. Zuerst benußte man außer der Haut den Talg,

gelangt. Dieses Waſſer läßt man später zurücklaufen und der luftleere Raum wird durch eine zweite Oeffnung von oben mit eingepreßtem Gas ausgefüllt, dessen Mischung

später die Knochen und Hufe, jezt wird das Blut geſam: melt und in Dünger verwandelt, ja, was man früher halb wegwarf,

nämlich das Fleisch, verspricht ein Handelsgut |

vorläufig noch geheim gehalten wird. beide Oeffnungen luftdicht geschlossen.

Hierauf werden Rindfleisch auf dieſe

228

Die La-Platagebiete und ihr wachsender Wohlstand.

Art in Paris verpackt und versendet, wurde sechs Monate

Die Stadt Paraná auf dem linken entrerianischen Ufer,

später in Buenos Ayres genossen und an Geschmack völlig

also auf der nationalökonomisch falschen Seite des Stromes

dem frischen Fleische gleich befunden.

doppeltschwefelsaurer Kalk zur Aufbewahrung des Fleisches durch die HH. Medlock und William Bailey empfohlen,

gelegen, scheint eine mißrathene Stadt zu sein. Man sieht dort eine ungeheure jugendliche Ruine, kahle Mauern mit einer Kuppel, die Kirche San Pablo, die vor der Vollen:

welches Verfahren verstatten würde das Pfund Laplata

dung unvollendet geblieben ist, ferner ein geräumiges Thea

fleisch zu 2½ bis 3 P. (2

Endlich wird auch

bis 21 2 Slbrgr.) nach Eng

land zu liefern. Der Verfasser aß auf der Heimkehr 1868 in Montevideo Rindfleisch das 4 Monate zuvor in Eng land nach Bailey's Verfahren verpackt worden war, er fand es ebenso saftig und schmackhaft wie frisches Rindfleisch, nur war ein ganz klein wenig Kalkgeschmack bemerkbar. Wir zweifeln keinen Augenblick länger daß in weniger als zehn Jahren argentinisches oder australisches Schaf und

ter, in welchem aber nicht gespielt wird, einen Präsiden tenpalast der noch auf einen Bewohner wartet, alte Dampf sägemühlen die am frühen Morgen schon Feierabend ge nießen, und Windmühlen die sie in dieser Beschäftigung Weit besser steht es über dem collegialisch unterstüßen. Strom in dem nur 5 Leguas entfernten Santa Fé, ob gleich diese Stadt sonst den Müßiggängern wegen ihrer

Ochsenfleisch ein wichtiges europäiſches Nahrungsmittel bilden wird. Sollte es selbst nicht gelingen das künstlich

musterhaften Tagesgewohnheiten empfohlen werden könnte. Ein gestrenger Magistrat hat indessen durch Geseze gesorgt daß alle Waarenläden mindestens von 11 Uhr Vormittags

aufbewahrte Fleisch gänzlich von irgend einem störenden

bis 4 Uhr Nachmittags geöffnet bleiben müssen!

Nebengeschmack zu befreien, so wird die Gewohnheit das

8 Uhr sieht man in der Regel niemand auf den Straßen, dann erscheinen Indianer, Negerdienstboten uud Wasch:

ihrige thun, um den Nebengeschmack erst erträglich erschei nen zu lassen und dann gänzlich zu verwischen . Alle Hoffnungen dagegen daß die Argentina Baum: wolle erzeugen werde, dürfen aufgegeben werden . Vor etlichen Jahren, gesteht Hutchinson, daß er die glühendſten Erwartungen von dieser Cultur gehegt habe. Auf seine Anregung sendete ihm die Manchesterer Gesellschaft für

Vor halb

frauen die zur „Frühmeſſe “ gehen, während „ anſtändigere“ Nach der Meſſe wird Leute die Neunuhrmeſſe besuchen. von 10-11 Uhr gefrühstückt. Dann folgen die Geschäfts ſtunden von 11-1 Uhr, hierauf die Sieſta, die bis 4 Uhr dauert, und während welcher Zeit nur Engländer oder Hunde in den Straßen sich zeigen, doch behaupten andere

Baumwollenzucht 1863 nicht weniger als 20 Fässer à 140 Pfund des besten New-Orleans- Samen, den er an die Statthalter der verschiedenen Provinzen vertheilte. Was

daß die beſſere Claſſe der argentinischen Hunde jedenfalls verleumdet worden sei, da sie sich an den Grundsay bin Um 4 Uhr eilt alles nach det tel maître tel chien.

daraus geworden ist, weiß er nicht, nie erfuhr er etwas über einen Erfolg, er ist vielmehr überzeugt daß 1867 in

einem Seitenarm des Paraná mit sandigem Boden, 300 Schritt vom Hauptplag entfernt, um zu baden, und zwar

der Argentina keine oder blutwenig Baumwolle erzeugt

Um 5 Uhr geht es zur beide Geschlechter gemeinsam. Tafel, von der Tafel zur Abendmesse, von der Abendmesse in eine der Tanzgesellschaften, wo argentinische Lebendig feit ihre besten Vertreter findet , die Moskiten ausge

worden sei. Doch hat in Entre Rios ein ehemaliger Pflanzer aus den nordamerikanischen Südstaaten Baumwolle gezo gen, und den Verfasser brieflich unterrichtet daß er wäh rend dreier Jahre einen Ertrag erhielt der um ein Drittel

nommen.

reichlicher war als in Georgien, denn es übertrafen seine

Verläßt man Santa Fé, so bleibt bei der Bergfahrt

Kapseln an Größe und Füllung die nordamerikaniſchen,

auf dem Paraná zur Linken der Gran Chaco, den unser

und waren weder dem Schimmel noch der Fäulniß aus gesetzt, auch wurden Muſtern vom Jahre 1865 in Manchester

Verf. durch Streifzüge kennen gelernt hat. Maleriſche Schönheiten darf man dort nicht suchen. Die Reize be

die höchste Preiswürdigkeit zuerkannt. Allein es fehlt das Beste für den Anbau, nämlich das Angebot von Arbeit . Aus A. v . Humboldts Schilderungen sind uns allen die Qualen bekannt welche die Anwohner des Orinoco von

stehen vielmehr in der Einsamkeit und den Gefahren die

den Moskiten zu erdulden haben. Am Paraná iſt es nur insofern besser als die Plage während der sechs Winter

Geschwader wilder Pferde, noch häufiger eilen südamerika nische Strauße vorüber, sonst sind Papagaiengeſchrei am

Hin und wieder stehen am Ufer indianische

Toldas, aber sie sind verlassen, bisweilen erscheint auch ein

Lage und das Summen und Zirpen von Millionen In

Kein Mensch an Bord der Dampfer vermag dann

secten bei Nacht die gewöhnlichen Thierlaute. Bald ſieht man geräumige Gefilde von Salz schimmern, wo Mo

zu schlafen, sondern alle rennen auf dem Deck auf und ab um sich der Gegner zu erwehren, ja Hutchinson sah oft daß

Wildniß.

Der Chaco ist vorläufig eine

Im Sommer dagegen ist sie uner:

monate verschwindet. träglich.

in der Einsamkeit lauern.

die Matrosen von Segelschiffen,

wenn diese unter

Nachts am Ufer beigelegt hatten, die höchſten Maſten er klimmten und sich dort aufrecht mit Stricken festbanden, um ein wenig schlafen zu können, denn die Moskiten er heben sich bekanntlich nur wenig vom Boden.

räste verdampften, bald wiederum Haine mit erquickendem Schatten.

Ameisenhügel sowie die Haufen der Biscachas

oder Pampakaninchen gehören zu der geläufigen Staffage der Steppen, gelegentlich zeigt sich auch ein Biber

oder

4 Wahrscheinlich ist eine Waffermansart (Myopotamus) gemeint, denn die Biber finden in Nordamerika ihre Aequatorialgränze.

Die La Platagebiete und ihr wachsender Wohlstand.

ein Gürtelthier, oder ein Tapir schaut verwundert durch

229

Salta und Jujuy keine Spuren davon sich finden. Nun möchte man vermuthen daß die peruaniſchen Sonnensöhne

das Gezweig nach dem Fremdling. Hutchinsons Wanderungen erstreckten sich nicht weiter

in ihren besten Zeiten Colonien ausgesendet hätten, die sich

als bis zum Paso de la Patria, wie die Strecke auf dem

dem Paraná so beträchtlich genähert hätten, allein viel

Paraná oberhalb seines Knies heißt, wo er die Gränze

wahrscheinlicher ist es daß unter Don Diego Rojas, den

bildet zwischen Corrientes und Paraguay . Damals war der Pajo just der Schauplaß des Krieges zwischen Lopez

Almagro mit der Provinz Tucuman belehnt hatte, perua

und den Tripelalliirten , so

daß die Spaziergänge

in

den Drangenhainen auf dem linken Ufer des Paraná durch zeitenweise Granatenwürfe gewürzt wurden.

nische Hilfstruppen als Colonisten nach dem Salado ge sendet wurden und dort ihre Sprache befestigten. Aus der Argentina begeben wir uns mit Hutchinson

Seine Schil

nach Uruguay, und zunächst nach Montevideo, welches troz

derungen der Argentina beschließt Hutchinson mit der Stadt Corrientes, deren ehrwürdige Kirchen ihr höheres Alter an

seiner blutigen Auftritte im vergangenen und in früheren Jah ren dennoch in voller Blüthe ſteht. Die Montevideaner haben

deuten, während schräge Dächer das Auge des Besuchers

sich durch ihre Furcht vor Straßenbeleuchtung zur lächer

auf sich ziehen, der sich längst dieſes Anblicks in Südame rika entwöhnt hat. Corrientes ist gegenwärtig eine Völker

lichen Berühmtheit gebracht.

muſterkarte, denn es treiben sich dort hin und her Briten, Franzosen, Nordamerikaner, Italiener, Deutsche, argenti

bei der Straßenbeleuchtung Pferdetalg als Beleuchtungs

Als im Jahr 1857 das

gelbe Fieber auftrat, schrieb man es dem Umstand zu daß

nische Gaucho und Gaicuru wie Mocovi aus dem Gran

ſtoff verwendet wurde. Als dann vor etlichen Jahren die Cholera in den dichtbevölkerten Vierteln wüthete, wo

Chaco, die Heu als Viehfutter bringen.

hauptsächlich Italiener wohnen,

In Corrientes

und die Straßen vier

erkundigte sich Hutchinson nach den letzten Tagen Aimé

Schuh hoch mit Abfällen von Pflanzen und Thierstoffen

Bonpland's .

bedeckt sind, wurde das mittlerweile eingeführte Gas ver

Aber wer war Aimé Bonpland ? Jedenfalls

war er nicht Besizer einer großen Schlächterei, und so

dächtig und abgeschafft.

kannte ihn niemand, oder er war bereits vergessen .

Bon

schaftliche Gutachten zweier Aerzte und einer chemischen.

pland starb 1858 in Mercedes, 50 Leguas östlich (süd

Ortsberühmtheit eingeholt, die sich für die Vergiftung der

östlich ?) von Corrientes im Besize von vier (Quadrat?)

Stadt durch Gas verbürgten, besonders als eine silberne

Zuvor wurde jedoch das wiſſen

Leguas Land, einem Geschenk der Provinz Corrientes.

Münze nach Befeuchtung mit Wasser aus dem Becken der

Noch im Jahr 1854 war er zum Vorstand eines natur

Gasanſtalt sich schwärzlich getrübt hatte !

wiſſenſchaftlichen Muſeums in Corrientes ernannt worden, und Hutchinson theilt uns das Schreiben vom 27 Octbr.

übrigens die städtiſchen Behörden ihre Pflichten vortrefflich .

1854 mit, worin Bonpland erklärt daß er mit Dankbar

Sonſt erfüllen

Sie haben die beſſeren Gaſſen gepflastert, die Chauſſeen macadamiſirt, sorgen auf das eifrigste für Verschönerung,

keit das Ehrenamt annehme und alles aufbieten werde

und haben es dahin gebracht daß 1866 4000 Kinder bei

zur Förderung des Unternehmens, obgleich er vor 3 Mo

derlei Geschlechts in 38 Stadtschulen unentgeltlich Unter

naten schon 80 Jahr alt geworden sei.

richt empfingen. Die Zolleinnahmen im Hafen stiegen aber auch von 1862-1866 um 81 Proc., . indem sie im lehtern Jahr die achtbare Summe von 312 Mill . Dollars

Der Anstalt ver

heißt er sein Herbarium zu weihen, welches 3000 Pflanzen aus der Argentina, der Banda oriental und Paraguay, die Ergebnisse langjährigen Sammlerfleißes, enthalte. Ver gebens aber forschte Hutchinson diesem Schaße nach, nicht einmal den Ort wohin das Museum verlegt worden war wußte ihm jemand anzugeben ! Corrientes wurde 1588 an

Silber eintrugen.

Die ersten Ansiedler der Stadt kamen

von den Canarien und aus Andalusien, ja noch jezt wili man sie an Mundart und an Racenmerkmalen wieder er kennen. Montevideo zeichnet sich vor dem quadratischen

einer Stelle gegründet die damals Arazatay hieß, ihr

Einerlei der übrigen südamerikanischen Städte durch ein

voller spanischer Name lautet San Juan de las Siete

bewegtes Terrain aus, denn beim Einfahren in den Hafen

zahl

Corrientes, weil sich vor der Stadt im Paraná eine An ――― angeblich sieben Wasserwirbel zeigen sollen.

Berg dem die Stadt ihren Namen verdankt.

Im Guarani heißt Corrientes Taragui, was Eidechſen be deutet, von der auffallenden Menge dieser Thiere die sogleich

bild längs der glatt gehaltenen Chauſſeen liegen beneidens : werthe Landsize ausgestreut, und einer davon, der zu den

nach Gründung der Stadt in den Höfen, an Mauern und auf den Dächern sich zeigten.

größten örtlichen Sehenswürdigkeiten zählt, und der von

In Bezug auf Indianersprachen wollen wir hier hin

erhebt sich dem Beschauer zur Linken der 500 Fuß hohe Im Weich

Fremden gegen Eintrittskarten an zwei Tagen der Woche besucht werden kann, die Quinta Buen Retiro,

gehört

zufügen daß das Guarani oder die Tupisprache (Lingoa

Hrn. Buschenthal, also wohl einem Deutschen.

Dort ſieh:

geral) in Paraguay vom Volk gesprochen wird. Höchſt merk würdig ist außerdem ein inselartiges Auftreten des Quichua oder der Sprache der Incaperuaner zwischen dem Rio Salado und Rio Dulce in der Provinz Santiago, während west

man ein Stück vom Londoner Kew Garden, ein Fleckchen

gebäude ist ein Gebäude zum Wohnen, kein Schaugericht,

wärts nach den Anden zu in den Provinzen Tucuman,

und ausgestattet im besten Geschmack.

aus dem jardin des plantes, neben Erinnerungen an das Bois de Boulogne, und die Champs élysées.

Das Wohn

Wäre fließendes

Ueber die Indianer der Provinz Valdivia.

230

Wasserfür eine oder ein paar kleine Cascaden zur Hand ge

dach à 1000 Guineen, und ein Wasserbecken, à 200 Yards

wesen, der Landſih (250 engl. Acres in Ausdehnung)

ins Geviert, auf 20 Fuß Tiefe berechnet, mit wenig Waſſer und vielen Fischen à 20 Millionen (in Ziffern 20,000,000)

würde zu den lieblichsten Erdenwinkeln gehören. In der Richtung nach Mercedes folgen noch meilenweit einladende Landsize auf einander.

Franks.

Alles ist rechtwinkelig und viereckig, so daß zu

Den Personenverkehr

leßt der Beschauer in eine Art quadratische Verzweiflung

dorthin besorgt ein Eilwagen mit sieben Pferden, von denen vier in einer Reihe zunächst am Wagen und zwei

je nach ihrem Rang, als für Bischöfe, Admiräle, Pro

geräth.

Im Innern gibt es Prunkgemächer für Gäste,

als erster Vorſpann, vom Kutscher gelenkt werden, während

vincialstatthalter oder Botschafter, alle aber sind ausge

ziemlich weit vorausgespannt das einzelne siebente vom

stattet im kostspieligen Styl der Zeiten Ludwigs

Postillon geritten wird.

Bald verliert sich der Weg in

Von Urquiza ſelbſt erfahren wir nicht mehr als daß er sich

völlige Einöden, doch bleibt der Boden wellenförmig, ja es stehen sogar Felsen an, durch die sich in Thälern leben Streckenweise sieht man auch dige Gewässer winden.

schwarzes Haar sorgfältigst zum Verdecken einer kahlen

Wälder von Disteln, die, der Schafzucht jezt so hinderlich, bekanntlich aus der alten Welt heimlich nach Südamerika

zu sich nimmt, auch nicht raucht, und außerhalb seines Palastes für das Ideal eines englischen Landwirthes

eingewandert sind, um dort jezt als unbarmherzige Con

(gentleman- farmer) gehalten werden dürfte.

quistadoren die schwächere eingeborene Pflanzenwelt zu ver: drängen, denn auch unter den Pflanzenarten gibt es Cor

muß ihm nachgerühmt werden daß er in Concepcion 1850 eine höhere Schule, ein Gymnasium mit vielen Freipläßen

tes und Pizarro. In dem hübschen Mercedes findet sich wiederum eine sehenswerthe Quinta, die einem Schafer:

erſchuf, und wenn die Mittel ausgingen, aus seiner eigenen Caſſe es unterstüßte. Viele Chilenen und Peruaner er

baron, das heißt einem schafzüchtenden Freiherrn de Maua gehört, doch ist sein Wohngebäude kein Gebäude zum

hielten vormals dort ihre Ausbildung, allein in Folge der

Wohnen ,

1861 ) ist die Schule wieder auf eine niedere Stufe ge junken.

sondern

zum Anstaunen ,

also ein Palast.

Sieben span. Meilen am Gestade des Rio Negro, im Ganzen 13 Suertes Land, jede zu drei Viertel (Quadrat:?)

XV.

grauer Augen mit eindringendem Blick bedient, daß sein

Scheitelstelle gekämmt wird, daß er kein geistiges Getränk

Uebrigens

politischen Aenderungen (Niederlage Urquiza's am Pavon

Legua mit 70,000 Schafen und 1500 Roſſen oder Maul

Hutchinson kehrte drei Tage nach Ermordung des Ge nerals Flores ( 1868) nach Montevideo zurück, und er er

thieren, sind dem edlen Befizer unterthänig. Das Entstehen

flärt daß er troß aller Fragen nicht flug geworden sei über

von fürstlichem Grundbesit, so ungleich den Erscheinungen

den Ursprung und die politische Bedeutung jener eintägigen Revolution und Contre Revolution . Man hört nichts anderes

in den Vereinigten Staaten, hängt wohl eng zusammen mit der Landesnatur, die zur Viehzucht im Großen nöthigt,

als Parteifabeln, und europäische Leser mögen daher gewarnt

daher denn auch an massenhafte Einwanderung schwer zu

sein über den Werth den südamerikanische Zeitungsnachrichten

denken ist.

besigen.

Allein die kleinen Viehzuchthäuptlinge können

sich im entfernteſten nicht meſſen mit dem großen Hirten: könige des La Plata, mit General Urquiza. Sein Vor name lautet - wie man im Zweifelsfalle hätte vermuthen dürfen - Joseph, und zur Feier des Josephstages war Hut

Kurz vor der Ermordung am 3 Febr. 1868 war

Morgens ein Sohn des Flores zu seinem Vater eingedrun gen und hatte ihm eine Ohrfeige gegeben, dann wollte er ſein Regiment aufwiegeln, wurde jedoch rechtzeitig daran gehindert.

Etliche Tage nachher erklärte die Amtszeitung :

die Ohrfeige sei nur aus mißverständlichem Uebermaß kind:

chinsons nach Sanct Joseph (San José) oder Urquizia, wie man das Ding nennen könnte, eingeladen worden.

licher Liebe ertheilt worden .

San José liegt nordwestlich von Concepcion, der Haupt stadt von Entre Rios . Es ist keine Stadt oder eine Ort:

feige, niemand den Zusammenhang, und der künftige Ge schichtschreiber darf aus dem Vorfall machen was ihm sein

schaft, obgleich es eine sein könnte, sondern ein frei auf

historisches Gewissen erlaubt.

Jedermann erfuhr die Ohr:

kahler Steppe stehendes Wohnhaus, welches der Eigenthü mer für einen Palast erklärt, der Fremde aber für einen Bahnhof halten würde, mit großer Fronte, zwei Thürmen an jeder Ede, einem Garten mit wenig Schatten hinter Ueber die Indianer der Provinz Valdivia. einem Eisengitter, einer kleinen Kirche, Höfen u. s. w., alles ausgeführt in einem veredelten und großartigen Saladero style, das heißt, die Schlachtgebäude des edeln Generals

Von Dr. R. A. Philippi . (Schluß.)

sind im

kleinen das

was

San José

in

seiner Art

ist. Der Gaſt des königlichen Meggers iſt boshaft genug zu bemerken daß alles in und vor dem Palast den drücken

Die Mobilien sind wenig zahlreich und einfach.

Tische

den Eindruck hinterlasse, als träge es eine Etikette mit der

hält dieser Naturmensch für überflüssigen Lurus, ebenso die Stühle. Statt letterer sieht man bisweilen nie

Inschrift :

drige Bänkchen, wie sie bei vielen wilden Völkern, z . B.

hat mich so und so viel gekoster. "

So sieht

man im Garten Vogelhäuser aus Messingdraht mit Glas

auf Tahiti, ebenfalls gebräuchlich sind, und man ſieht ſolche

Ueber die Judianer der Provinz Valdivia.

231

Bänkchen kaum höher als unsere Fußbänke sogar noch in

mente berücksichtigt. Es gehören zu dieser Preſſe zwei dicke

Santiago bei dem ärmeren Volk, welches denselben ent sprechende, niedrige Tischchen liebt. Die paar Schüsseln

hölzerne Schrauben und zwei Muttern und diese ersteren

Teller, Töpfe oder Krüge, welche die Küchengeräthe bilden,

leßtern

werden aus freier Hand mit der Art ausgehauen, die mit einem groben Stechbethel (?) ausgeſtemmt.

werden von den Weibern aus einem rothen Thon, mit

Der ausfließende Saft wird auf der gleichfalls in unserer

freier Hand geformt und auch von ihnen gebrannt. Frisch gebrannt lassen sie die Flüssigkeiten durch, und müſſen erst „curirt" werden, was geschieht indem man in die

Abbildung sichtbaren Unterlage gesammelt und in die Gefäße, große thönerne Töpfe, jezt aber häufig Fässer von Alerce ¹ Dauben, geleitet, wo er gährt.

heiß gemachten Töpfe Milch hinein gießt, die sich dann in In Santiago curirt

Sehr einfach ist der Webſtuhl . Er beſteht lediglich aus 4 Stöcken, von denen zwei schräg in die Erde gestellt

man sie mit Fett, denn auch in der Hauptstadt, so wie überhaupt in ganz Chile, kennt man keine andre als diese

werden ; die beiden andern, an denen die Kette befestigt

aus freier Hand gearbeitete unglaſſirte Töpferwaare ; ſei

einem hölzernen Stäbchen, einer Art großen Nadel durchge

es daß nie in früherer Zeit ein spanischer Töpfer nach

zogen, es ist also dasselbe Verfahren wie das beim Strümpfe stopfen angewendete. Mit einem Holz in Gestalt eines Lineals wird dann der durchgezogene Faden gegen das früher

die Poren zieht, und sie verstopft.

ist, werden daran festgebunden .

Chile gekommen ist, sei es daß der spanische Stolz es ver ichmäht hat das Töpferhandwerk zu treiben, oder auch

Der Einschlag wird mit

nur den unterjochten Indianern den Gebrauch der Töpfer

gemachte Gewebe festgeschlagen. Es kann natürlich auf diese

scheibe zu zeigen . Alle Töpfergeräthe sind unten zugerun det, nicht eben. Die seltsamen Formen welche die alten

Weise kein sehr langes Stück Zeug fertig gebracht werden, die Arbeit geht nur sehr langsam von Statten, und es muß schon

peruaniſchen Geſchirre zeigen, ſieht man nicht, findet sie auch nur sehr selten in den chilenischen Gräbern. In Valdivia

eine fleißige Weberin sein, wenn sie einen Poncho in vier

fieht man bisweilen ovale Wasserkrüge, die oben einen Henkel haben, und einige Aehnlichkeit mit einer Ente bes ſißen, weßhalb man ſie patos, Enten, nennt. Bis auf die

ihre häuslichen Arbeiten zu verrichten hat.

Wochen fertig bringen soll, während sie freilich nebenbei Zu bewundern

ist nur, wie auf diese rohe Weise ein so egales und dich tes Gewebe entstehen kann.

Es ist wohl überflüssig zu

lezte Zeit wurden auch auf diese Weise die großen Wein fäſſer verfertigt, wie in Italien, am Kaukaſus 2., ſo groß

bemerken daß unter den valdivianiſchen Indianern das Spinnrad eine ganz unbekannte Maschine ist, dieß gilt

daß ein Mann bequem darin liegen kann ; seit man aber

aber auch für ganz Chile ; man ſpinnt nur mit der Spindel,

der Weinbereitung mehr Sorgfalt widmet, erseht man ſie

und findet auch häufig genug thönerne Spindelwirtel in der Erde. Es scheint daß die verschiedensten Völker der

immer mehr durch Fässer von amerikanischem Eichenholz. Die Formen dieser Geräthe ſind auch bis zur Stunde die selben wie zur Zeit der Eroberung vor 400 Jahren, wie die Geschirre beweisen die man in alten Gräbern findet,

Erde selbständig das Spinnen erfunden, und dabei ganz ähnliche Vorrichtungen gebraucht haben. Vielleicht wird aber auch jemand diesen Umstand als Beweis für die An

und in dieser Beziehung hat der deutsche Reisende, welcher

sicht geltend machen, daß die Südamerikaner aus Asien

hier in Santiago gebrauchte Töpfe aufkaufte um sie in

oder einem andern Lande der alten Welt, wo man mit

seiner Heimath als chilenische Alterthümer wieder zu ver

Spindel und Wirtel spann, eingewandert sind.

kaufen, eben keinen großen Betrug verübt.

Die Indianer

besigen ferner hölzerne Teller, thonco, hölzerne Löffel, ſtatt

Ebenso einfach wie der Webstuhl sind die Ackerwerk Der Pflug ist die einfachste Art von Haken ; ein

zeuge. deren aber häufig die Schalen der großen Miesmuschel, Mytilus chorus Mol. , dienen. Die Trinkgefäße sind Ochsen hörner wie bei den alten Skandinaviern und Germanen . Zum Waschen dienen hölzerne, aus einem Stück gemachte Tröge, auf Spanisch artesas. Das Getreide wird theile. in Ledersäcken aufbewahrt, theils in großen aus einem zu jammenhängenden Ring von Rinde der Eucryphia cordi folia gemachten Gefäßen. Der Apfelwein wird sehr einfach bereitet.

Man wirft

am hintern Ende gebogener Baumstamm, deſſen vorderes Ende am Joch der Ochsen befestigt wird ; am hinteren Ende ist ein spitiges, dreikantiges Stück von hartem Holz eingefügt, von Luma (Myrtus Luma) , Pelú (Edwardsia Macnabiana) oder Chinchin (Azara microphylla). Dieser Pflug kehrt natürlich die Scholle nicht um, erfüllt aber aber doch seinen Zweck das Erdreich aufzulockern hinreichend, und hat sogar seine Vorzüge in einem mit vielen Baum wurzeln durchzogenen Erdreich. Gewöhnlich wird zwei

die Aepfel in eine aus einem ausgehöhlten Baumſtamm gemachte Canoa, wie sie die Ansicht im Vordergrund zeigt,

mal in derselben Richtung gepflügt, und ein drittesmal quer über. Als Egge dient ein Bündel Dornen. Ge

und ein paar Leute schlagen mit langen Stangen lustig auf die Aepfel los bis sie in kleine Stücke zerschlagen

schnitten wird mit der Sichel, die den Namen ichuma führt.

sind.

Diese werden dann in lederne, wie ein grobes Sieb

durchlöcherte Säcke gethan, und unter die Preſſe gebracht

Dieß ist kein spanisches Wort, und man kann daraus vielleicht schließen daß die Eingeborenen Chile's bereits vor Ankunft der Spanier ein sichelähnliches Instrument be

deren Herstellung eine bewunderungswerthe Arbeit ist, wenn man die Unvollkommenheit der dazu angewendeten Inſtru

1 Alerce, ſpan. , die Lärche.

Ueber die Indianer der Provinz Valdivia .

232

sessen haben, dessen sie sich beim Ernten bedienten, und dessen Namen ſie dann auf das eiserne Werkzeug über trugen. Das Ausdreschen besorgen Pferde, die im Kreis herumgetrieben werden, wie es in ganz Chile die allgemeine Sitte ist. Vor Ankunft der Spanier und vor Einführung der Pferde haben die Eingeborenen wahrscheinlich die Kör ner der von ihnen Magu und Tüca genannten Getreide arten, die sie statt Weizen und Gerste bauten, mit den Füßen ausgetreten ; wenigstens geſchicht dieß noch heutigen Tages in einigen Gegenden Chiloë's mit den sehr geringen Quantitäten Getreide die dort jede Familie baut. Der Anbau der beiden genannten Gräser hat jest ganz auf gehört, und man weiß durchaus nicht welche Grasart die Tüca gewesen ist ; den Magu oder Mangu fand Hr. A. Gay noch auf einem Punkt der Insel Chiloë cultivirt. Es ist eine Art Bromus , Br. Mango Desv. , und da mir die selbe niemals in den langen Jahren meines Aufenthaltes in Chile vorgekommen ist, so möchte ich glauben daß es eine Pflanzenart sei die im Begriff ist aus der Schöpfung wieder zu verschwinden, oder daß sie nur eine durch die Cultur aus einer noch jezt vorhandenen, wildwachſenden

u. s. w.

Sehr wohlschmeckend ist auch die harina tostada

mit Milch, wogegen sie meinem Geschmack nach nicht in Kaffee oder Chocolade oder in Aepfelwein genommen wer den sollte. Die Valdivianer find in Beziehung auf leßtere Flüssigkeit anderer Meinung ; cupülca d . h. harina tostada mit Aepfelwein ist für sie eine Delicateſſe. In den mittleren Provinzen Chile's findet man ſehr häufig fugelige, oder etwas flachgedrückte, in der Mitte durchbohrte Steine, meist von 2-3 Zoll, sehr selten von 5-6 Zoll Durchmesser wie Darwin angibt, deren Gebrauch unbekannt ist. Darwin sagt von denselben (Reiſe II. p. 18 der deutschen Ausgabe ¹) : „ man nimmt an, es seien Keulen gewesen, obgleich ihre Form nicht dazu besonders geeignet erscheint.

Burchell erzählt daß einige Stämme in Süd

afrika Wurzeln ausgraben mit Hülfe eines Stockes,

der

an einem Ende ſpit iſt, und deſſen Kraft und Gewicht durch einen runden Stein vermehrt wird, in den das an dere Ende fest gekeilt wird . Es scheine wahrscheinlich daß die Indianer von Chile früber ein ähnliches Ackerwerkzeug gebrauchten. " Da die Oeffnung von beiden Seiten nach der Mitte hin conisch gebohrt ist, die Mitte des Loches

Trespenart entstandene Form war, etwa aus dem Lanco, Bromus catharticus (Br. stamineus Desv. ) hervorgegangen,

also weit enger ist, so wäre die Befestigung dieser Steine

welche Art, beiläufig gesagt, troß Feuillée's Behauptung durchaus nichts Purgirendes hat. Wer will mag daraus einen Beweis für die Richtigkeit der Darwin'schen Theorie von der Veränderung der Arten, von der ich nicht viel

möglich.

halte, hernehmen. So viel ich weiß haben die Indianer Valdivias nur Mehl von geröstetem Weizen oder Gerste, harina tostada.

an einen Stock ungemein schwierig, um nicht zu sagen un Hr. Valentin Grundcynski, ein polnischer Geist

licher, der in Folge der Revolution Polens im Jahr 1830 sein Vaterland verlassen hat. seit vielen Jahren in Chile lebt, und zwar meist als Geistlicher auf dem Lande be schäftigt, hat mir versichert, man gebrauche diese Steine zum Theil noch jezt und zwar um den gerösteten Mais

gemacht. Zu dem Ende wird das Getreide mit Sand oder

zu zerquetschen. Zu dem Ende werde dieser auf einen flachen mit einer breiten Rinne versehenen Stein gethan

Asche vermischt, in einem Topf unter beständigem Um rühren am Feuer erhißt bis es hellbraun wird, und dann

und allmählich in die Rinne geschoben, in welcher man den erwähnten runden Stein mittelst eines locker durch

mit den Füßen getreten, bis durch diese Operation die Hülsen entfernt sind. Nachdem die Körner sodann durch Werfen

das Loch gesteckten Stockes hin und herrolle.

gereinigt sind, werden sie auf einem flachen Stein mit Hülfe eines kleineren, beinahe walzenförmigen Steines zu

eigentlich muti oder muthi. (Die Spanier verwandeln gern das u der chilenischen Sprache in o ) In den mitt:

Mehl zerrieben, welches ein Hauptnahrungsmittel, ja oft auf

leren Provinzen wird der Mais oder Waizen zu mote mit

Ein zweites Hauptgericht der Indianer ist der mote,

Reisen, bei Expeditionen in den Wald u . s. w. das einzige

Asche gekocht, welche die Häute der Körner ablöst, diese

Nahrungsmittel ist.

werden dann zwischen den Händen oder durch Treten mit

Um es zu genießen braucht man es

nur mit kaltem Wasser anzurühren.

Dieß Gericht heißt

den Füßen entfernt, worauf die Körner gewaschen und zum

ulpo, und ist eben so wohlschmeckend wie nahrhaft, da

zweitenmal in reinem Waſſer gekocht werden.

durch das Rösten das Stärkemehl in Gummi und Zucker umgewandelt wird. Es kann meines Erachtens kein besseres

Operation iſt der mote fertig, und so wird er auch auf . den Straßen Santiago's herumgetragen und verkauft, die

NahrungsmittelfürHeere auf Märschen geben, denn die harina

armeren Leute genießen ihn oft auf der Straße kalt und

tostada enthält bei verhältnißmäßig geringem Gewicht und

meist in Verbindung mit gekochtem, in reichlicher Brühe schwimmendem Obst, getrockneten Kirschen, Pflaumen, Pfir

Volumen sehr viel Nahrungsstoff, und bedarf keiner zeitrau benden Zubereitung und keines Brennmaterials. Man kann

fichen.

Nach dieser

In Valdivia dagegen wird der mote nur warm

ihren Geschmack durch Zusatz von etwas Zucker noch ver

als Suppe oder Brei genossen, mit Fett geschmelzt und

bessern ; die Feinschmecker unter den Indianern Valdivia's und Chiloe's mischen etwas Leinsamen beim Rösten darunter ;

wo möglich mit Erbsen, großen Bohnen u. dgl. vermiſcht. Die trockenen Vitsbohnen (Phaseolus nanus), Porrotos

man kann durch eine geringe Quantität harina tostada

oder Frejoles, welche die Hauptnahrung des Volkes im

das Trinkwasser verbessern und angenehmer machen ; man

1 Die angegebene Seitenzahl stimmt nicht zu dem Citat. D. Red.

fann es als Zusatz zu Suppen gebrauchen, als Brei kochen

Ueber die Indianer der Provinz Valdivia.

233

mittleren und nördlichen Chile bilden, ja oft mit Wasser

dabei den Pillan an, die Gottheit, welche Donner, Bliz,

und Salz ohne Fett gekocht, die einzige Mahlzeit der Knechte find, werden in Valdivia nicht gegessen, wohl aber die grünen Bohnen. Die Ursache ist die daß die Regenzeit

vulcaniſche Ausbrüche u . dgl. hervorbringt, und welche nur mit Unrecht für identisch mit unserm Teufel erklärt wird. Die

in Valdivia so früh einseßt, daß nur ein kleiner Theil

Bedeutung der dabei gesprochenen Worte wollten sie mir nicht erklären. Es soll noch Machis, Zauberer und Aerzte

Bohnen reif wird, etwa so viel man zur nächſten Saat braucht. Um so häufiger ißt man Buffbohnen (Vicia

unter den getauften Indianern geben, aber sie müssen ihr Wesen sehr im Geheimen treiben, weil sie sonst hart ge

Faba), habas, sowie Erbsen, alverjas (auf spanisch guisau tes ; der Spanier nennt die Wicken alverjas) . Linſen werden in Valdivia sehr wenig, Kichererbsen, garbanzos,

ſtraft werden.

gar nicht gebaut.

Mais und Kartoffeln werden ebenso

ihre Kenntniß zum Schaden anderer oft genug verwenden.

häufig wie im Norden Chile's gebraucht, ja es werden Kar toffeln von Chiloë und Valdivia nach dem Norden der

Ihre Gifte halten sie sehr geheim, und ich habe z. B. erst nach

Republik ausgeführt, da sie in diesen südlichen Provinzen entschieden beſſer ſind. Das Fleisch wird meist als Spießbraten genossen, und ein Rippenstück, von einem jungen valdivianischen Hammel im Freien gebraten, wird gewiß jedem Gaſtronomen mun den, zumal aber wenn ein tüchtiger Ritt den Appetit ge schärft hat.

Die valdivianischen Indianer sind jezt , wohl

alle getauft und kaum wird irgend ein alter Mann noch ungetauft geblieben sein.

Man kann aber nicht sagen daß

Die Indianer kennen die heilkräftigen und

giftigen Kräuter des Landes sehr gut, und manche India nerin soll in der Torikologie sehr bewandert seyn , ja

jahrelangem Bemühen Kenntniß von dem giftigen Heren baum , Palo de las brujas, oder Latue, bekommen. ( Es ist meine Latua vene uosa , welche Grisebach indeß früher als Lycioplesium puberulum beschrieben hat.)

Fast alles junge Volk versteht jezt Spanisch, viele Frauen und ältere Männer dagegen kennen diese Sprache noch nicht. Im officiellen Verkehr mit den spanischen Behörden braucht der Kazike aber nur seine Sprache. Ich selbst war einst zugegen als ein Kazife mit dem Gouverneur von Osorno verhandelte. Er hielt eine lange Anrede in indianischer

sie vom Christenthum viel mehr als Aeußerliches angenom

Sprache, die ein Dolmetscher dem Gouverneur auf Spanisch

men haben; sie können das Kreuz schlagen und einige

wiederholte ; ebenso wiederholte der Dolmetscher die spa nische Antwort seinem Kaziken in indianischer Sprache,

Gebete hersagen, das iſt ſo ziemlich alles, und ich bezweifle daß alle die zehn Gebote kennen. Die Kinder lernen bei den Missionären auch Lesen und Schreiben . vergessen aber beides sehr rasch wieder.

die meisten

Wenn sich ein

paar Indianer verheirathen wollen, so müssen sie wieder einige Wochen zum Miſſionär um über ihre Pflichten als Als mein Kuhhirt, Felix Cheleute belehrt zu werden . Pichicona, der Wittwer war, wieder heirathen wollte, sollte er auch mehrere Wochen lang zu dem Pater Kapuziner. Mein Verwalter remonstrirte, er könne ihn nicht entbeh ren, und übrigens habe der Bräutigam ja schon bei seiner ersten Verheirathung den nöthigen Unterricht allein der fromme Pater bestand darauf.

erhalten,

Schließlich wurde

das Abkommen getroffen daß anstatt des Pichicona ein anderer Knecht zum Miſſionär kam, um den dem Pichicona bestimmten Unterricht zu empfangen, d. h. um ein paar Wochen lang dem Missionär für die bloße Kost zu ar beiten. Von dem Aberglauben der Araukaner ist nicht viel bei den valdivianischen Indianern zu bemerken, namentlich nicht der schreckliche Glaube daß die Ursache eines in der Blüthe der Jahre erfolgenden Todes eines Häuptlings stets Zau berei sei, in Folge dessen nach einem solchen Todesfall jedesmal ein oder auch wohl mehrere Personen umgebracht werden, die der Zauberer oder machi als die Urheber des Todes bezeichnet.

Einige alte heidnische Gebräuche mögen

noch immer im Geheimen getrieben werden. Als ich im Jahr 1852 am Vulcan von Osorno wochenlang in der Einöde hauste, und ein Rind von meinen indianischen Begleitern schlachten ließ, sprengten sie etwas Blut aus, und riefen

trozdem der Kazike eben so gut spanisch verstand wie sein Dolmetscher. Nach einer mit möglichster Sorgfalt vom Pater Frai Lorenzo de Verona im Jahr 1852 angestellten Schäßung be trug die Anzahl der Indianer in der Provinz Valdivia und dem jezt zur neuen Provinz Llanquihue geschlagenen Departement Osorno 20,783, was ziemlich richtig sein mag. Zur Zeit als die Spanier das Land eroberien, war sie ohne Frage Die Einwohner der Diöcese Imperial weit bedeutender. wurden damals auf 200,000 geschäßt, was für die jeßigen Provinzen Valdiva und Llanquihue über 100,000 gegeben Zahlreiche alte Grabſtätten, zum Theil in

haben würde.

Gegenden wo meilenweit herum jezt kein Indianer wohnt, der Umstand daß große, jezt mit dichtem Wald bedeckte Strecken Landes offenbar früher angebautes Land waren und andere Betrachtungen, deren Ausführung zu weit füh ren würde, sprechen durchaus für die Richtigkeit der An nahme einer sehr zahlreichen, früheren Bevölkerung. Daß dieselbe so herunter gekommen ist, daran sind wohl weniger die Kriege mit den Spaniern schuld, welche nach Einnahme der Stadt Valdivia durch die Indianer den 24 Nov. 1599, und nachdem die Spanier im October 1602 Dsorno ge räumt hatten, in diesem Theil Chile's ein Ende hatten, als die Menschenpocken, die Ruhrepidemie und in der leßten Zeit der Branntwein .

Der Sack- und der Spihenrindenbaum.

234

Der Sack- und der Spikenrindenbaum.

streift man sie vom Holz stückweise ab, läßt sie dann in

das ist, um das mindeste zu sagen,

Wasser vollkommen aufweichen, und schlägt sie hierauf so lange breit bis sie ganz weiß und rauh wird wie ein Pelz.

ein eigenthümlicher Name für eine Pflanze, dennoch aber,

Diese Stücke werden dann in die Formen der verschiedenen

„ Sadbaum "

wie wir zeigen werden, ein für den Baum der denselben trägt ganz besonders geeigneter, da diese natürlichen Säcke unter den Eingeborenen in gewöhnlichem Gebrauche ſind. Der Baum welcher diese scheinbare Anomalie erzeugt, ist den Botanikern als Antiaris saccidora , Dalz., befannt, und in Westindien einheimisch, wo er eine sehr bedeu tende Größe erreicht, indem er häufig 100 Fuß hoch ist, und einen Durchmesser von sechs Fuß hat.

Gewänder geschnitten die man herstellen will, und zusammen genäht. Ferner bereitet man aus der Rinde vortreffliches Papier. Die Frucht des Baumes hat etwa die Größe einer kleinen Feige, und schwißt eine Quantität harziger Flüffig keit aus. Die Samenkerne sind sehr bitter, allein weder Frucht, noch Samen, noch Harz werden zu hauswirthschaft: lichem Gebrauch verwendet. Nahe verwandt mit dieſem

Die Rinde ist

dick, ſtark, zäh und faſerig, und wird von den Eingebornen zur Verfertigung von Tauwerk sowohl als von Säcken

Baum ist der berühmte Upas von Java (Antiaris toxi caria, Lesch.) , über den man uns ganz fabelhafte Dinge erzählt hat. Der "Tapa" oder Papier Maulbeerbaum

gebraucht. Diese Säcke verschafft man sich auf folgende ſcharfsinnige, obgleich sicherlich einfache Weise.

der Südsee-Inseln ist ebenfalls ein naher Verwandter, so

Man wählt je

nach der Größe des erforderlichen

Sacks die jüngeren oder kleineren Bäume aus . Ein Stamm von ungefähr einem Fuß im Durchmesser ist vielleicht die nüßlichste Größe. Dann wird ein Block ausgehauen

daß diese drei Pflanzen, obgleich sie ihrer geographischen Lage nach weit von einander getrennt sind, Beispiele einer Ver bindung durch natürliche Aehnlichkeiten bieten. Der Spißenrinden Baum Jamaica's (Lagetta lintea

von der Länge welche der Sack erhalten soll. Solche

ria, Lam.) liefert ein weiteres Beispiel einer bemerkens werthen Rinde. Sie besteht aus zahlreichen concentrischen

Blöcke legt man in Wasser um die Rinde einfeuchten und weich werden zu lassen, worauf man sie ringsum mit

Schichten sehr feiner und starker Fasern, welche ein voll ständiges in allen Richtungen in einander verflochtenes

Keulen schlägt.

Hiedurch wird die äußere Rinde vollſtän dig abgelöst, die innere weich und biegsam und vom Holze frei gemacht. Dann kehrt man sie über dem Holz um, oder wendet in Wirklichkeit die innere Seite nach außen .

Netwerk bilden, so daß sie, wenn die Rinde breit geschla

Um den Sack zu vollenden, ist nun weiter nichts erfor derlich als ihn am einen Ende zusammenzunähen ; ſelbſt dieß aber ist in einigen Fällen nicht vonnöthen, und

winnt. Ist die äußere Rinde von einem ziemlich hoch: gewachsenen Stamm abgelöst, so können die innern Rin

manche Säcke haben nicht einen Stich an sich. In diesem Fall wird das Holz einige Zoll vom Ende abge: sägt, die Rinde an dieſem aber nicht abgestreift, so daß sie

einiger Sorgfalt bis zu einer Breite von einem Yard,

für den Sack einen natürlichen hölzernen Boden bildet. Man könnte vielleicht glauben daß man derartige Säcke

den Stamm nach der

mehr der Seltsamkeit als des Gebrauchs halber herſtellt : allein dem ist jedoch nicht so, denn in Westindien und

fest geschlossen und compact, und selten oder nie mehr als

gen und die Fasern, dadurch daß man sie sorgfältig in eine Seiten-Richtung zieht,

abgesondert sind, in hohem

Grade das Aussehen weißer Spißen oder eines Neßes ge

denschichten sehr leicht getrennt werden, und laſſen ſich mit

oder mehr, auseinander ziehen, während man jede belie bige Länge einfach dadurch zu erhalten vermag daß man erforderlichen Länge abschneidet.

Wenn man die Rinde am Holze sieht, ist sie anscheinend

Ceylon werden sie von den Eingebornen zum Tragen

ungefähr einen Viertelszoll dick : obgleich aber die äußere Oberfläche der Rinde, wie sie den Stamm bedeckt, durch

verschiedener Waaren, wie Reis 2c., vielfach benüßt, und je für sechs Annas (1 Anna 1 Egr. 3 % Pf.) ver 锻 kauft. Natürlicherweise haben sie nicht das Aussehen wie

so enthüllt doch ein Querdurchschnitt des Holzes sogleich Die Eingebornen be ihre weiche oder faserige Bildung.

ein gewobener oder auf ſonſtige künstlichere Art verfertig ter Sad , immerhin aber entsprechen sie den Zwecken für welche die Eingebornen sie benüßen wollen, und in Ermangelung beſſerer Materialien und größerer Handwerks geschicklichkeit zeigt die Verfertigung derselben einen gewissen Grad von Scharfsinn und Anpassung, wie man ihn bei den Eingebornen vieler noch auf einer niedrigen Stufe der Gesittung stehenden Theile der Welt wahrnimmt . Einige Probestücke dieser eigenthümlichen Säcke befinden sich im Muſeum von Kew, deren eines sechs Fuß hoch ist und einen Fuß im Durchmesser hat. Außer dieser Verwen dung der Rinde gebrauchen die Eingebornen dieselbe auch zur Verfertigung von Kleidungsstücken. Zu diesem Zwecke

nichts auf ihre faserige Beschaffenheit unterhalb hindeutet,

nüßen dieſe natürlichen Spißen zu einer Menge wirth: schaftlicher Zwecke, so z . B. zur Verfertigung von Hüten, Müzen, Halsbändern 2c. Im Muſeum von Kew befindet sich eine sehr ansehnliche . Sammlung dieser Gegenstände, nebst Probestücken von dem Stamm und der Rinde in ihrem natürlichen Zustande. Ein Schriftsteller, indem er von der Spitzenrinde spricht, jagt :

Die Damen der Insel (Jamaica) sind ungemein

geschickt in der Verfertigung von Müßen, Krausen und vollständigen Spizengarnituren aus derselben ; um die Ninde zu bleichen, nachdem sie, soweit es sich thun läßt, abgezogen worden, setzen sie dieselbe ausgebreitet dem Sonnenschein aus, und begießen sie häufig mit Waſſer.

Sie erträgt das

Neue Flugmaschinen.

Waschen mit gewöhnlicher Seife, oder der Caratoe-Seife, un gemein gut, und erlangt einen Grad von Weiße welcher den

235

Ein Franzose, Hr. de Lucy, fand das merkwürdige Gesetz daß bei den flugbegabten Thieren die Fläche der Flügel mit dem Körpergewicht abnimmt, wenigstens ge

besten künstlichen Spißen gleichkommt. Es unterliegt keinem Zweifel daß man daraus sehr feine Tücher und vielleicht

langte er zu dieser Ansicht durch folgende Vergleiche.

Papier machen könnte.

Mücke (Culex), die 460mal leichter ist als der Hirschkäfer,

Die Neger haben aus dieser Rinde

sehr dauerhafte Anzüge bereitet.

Die

Gewöhnlich aber verwen

besit verhältnißmäßig 14mal größere Widerstandsflächen

det man sie jest zur Verfertigung von Tauen. Die Spas nier verarbeiten sie, wie man sagt, zu Kabeln, und die

zum Flügelschlage. Das Marienkäferchen, von denen 160 auf einen Hirschkäfer gehen, bedient sich einer vergleichs

Indianer machen eine Menge verſchiedener Gewebe daraus. Eine weitere Benützung dieser Rinde ist die zu starken und dauerhaften Pferdspeitschen ; zu diesem Zweck wählt

weise fünfmal größeren Flügelfläche als dieser. Zehn Spaßen sind so schwer als eine Taube, und doch sind die Flügel, flächen des Spaßen relativ doppelt so groß als die der

man einen Aſt oder Zweig von ungefähr der Dicke eines Spazierſtocks oder eines gewöhnlichen Peitschengriffs aus, und schneidet ihn in die erforderliche Länge ; dann löst man

rer Segler der Lüfte erhebt sich höher, mit einziger Aus

einen Theil der Rinde von dem Holze, schlägt ihn in Fasern, und streift ihn ab bis zu einer gewissen Entfernung von dem dicken Ende, an welchem für den Griff ein Stück un

zusetzen) . An Ausdauer scheint jedoch der Australier facile princeps zu sein, denn kein Vogel unternimmt so weite

Hierauf flicht man die lose Faser dicht berührt bleibt. zusammen, und bildet so einen ausgezeichneten Riemen.

Wanderungen. Er wiegt 20 Pfd. 15 Unzen, aydp., und auf jedes Pfund besißt er nur 139 Quadratzoll (inches)

In frühern Zeiten wurden die zur Züchtigung der Sklaven gebrauchten Peitschen nahezu auf dieselbe Weise und aus Der Gattungsname des demselben Material verfertigt.

Widerstandsfläche, 140mal weniger vergleichsweise als die Mücke, die 3 Mill. mal leichter ist. Ueberhaupt vergleichen.

Spitzenrindenbaums rührt von dem einheimischen Namen Lagetto her, unter welchem man ihn in Jamaica kennt. Er ist ein Baum der ungefähr 25 bis 30 Fuß hoch wird, und zu der natürlichen Ordnung der Thymelaceen gehört,

Taube.

Der schwerste Vogel den de Lucy bei seinen Un

tersuchungen wog, ist der australische Kranich.

Kein ande

nahme des Adlers (und des Condor möchten wir hinzu

sich die Vögel günstig mit den Insecten, denn die Taube, 97,000mal leichter als die Mücke, bietet der Luft eine 40mal kleinere Oberfläche für das Pfund des Körperge wichtes.

Um einen nahe liegenden Einwand sogleich zu

unterdrücken, wollen wir rasch hinzufügen daß bei den

deren europäischer Vertreter der gemeine Seidelbast ist. Die

Vögeln nicht etwa durch Muskelstärke, also durch Aufwand

Blüthen haben eine röhrenförmige Blumendecke und eine ausgebreitete acht Staubfäden enthaltende Röhre: die Früchte Die Pflanze wird in den find klein, rund und haarig.

mechanischer Kraft ersetzt wird, was an Widerstandsfläche den Flügeln mangelt, denn an Muskelstärke stehen die

englischen Treibhäusern häufig angebaut, mehr aber als ein Gegenstand der Seltsamkeit denn ihrer Schönheit wegen.

mand wird überhaupt etwas einwenden gegen die Stärke der Insecten. Der Löwe ist ein Schwächling im Vergleich

(Intellectual Observer. )

zum Floh. Der größte Gewinn aus jenen Messungen bleibt jedoch immer daß durch eine günstige anatomische Vorrichtung wie bei dem australischen Kranich die Wider

Neue Flugmaschinen.

Insecten obenan, viel höher jedenfalls als die Vögel.

Nie

standsfläche auf 139 Quadratzoll, also noch nicht einmal auf einen Quadratschuh des kleinen englischen Maßes, für das Pfund des Körpergewichtes beschränkt werden kann.

wir Menschen näm Wir fliegen noch immer nicht lich. Wer daran die Schuld trägt, wollen wie nicht un

Der australische Kranich ist also vorläufig das Muster.

Würden wir die Schwalbe uns erwählt haben, die tersuchen, jedenfalls trifft die Engländer der geringste Ta del, denn bei ihnen ist die Darstellung von Vorrichtungen

einen Quadratmeter Widerstandsfläche für jedes Kilogramm zur Verfügung hat, dann brauchten wir für einen Men

zum Fliegen zu einer sogenannten brennenden Frage oder Alltagsforge geworden. Diese Bemühungen haben übri

schen, der sammt Flugapparat 165 Pfd . wöge, eine Fläche von 116, 250 D. Zoll, also etwa 807 Quadratschuh.

gens in neuester Zeit einen echt wissenschaftlichen Werth erhalten, seitdem man die Aufgabe begonnen hat mathe matiſch zu unterſuchen. Selbst wenn man das Ziel nicht erreichen sollte, könnte Saul unterwegs statt der Eselinnen eine Krone finden, und warum sollte es überhaupt nicht

Neh.

men wir uns die Taube als Exempel dann würde sich die Wiederstandsfläche schon auf 31,000 Q. 3. (215 Quadrat schuh) vermindern, während nach dem Muster des austra lischen Kranich nur 10,850 Q. 3. oder 75-76 D. Schuh oder etwa 8

Schuh ins Geviert nöthig wären.

erreicht werden ? Das gegenwärtige Geschlecht , welches es dahin gebracht hat mit Fußtritten Hemden zu nähen, braucht

Schon im Jahr 1842 verbreitete ein Hr. Henson die

am wenigsten zu verzagen. Obendrein ist uns neuerdings ein Schimmer aufgegangen daß das Ding nicht ſo ſchwie rig sei als es den Anschein hat,

Kunde daß er eine Flugmaschine von 6000 Q. F. Fläche erfunden habe. Gebaut wurde fie nie, sondern nur ent worfen, allein seit 1844 vereinigte sich Henson mit einem

Bei den Quellen der Seine zur Römerzeit und unter Napoleon III.

236

Hrn. Stringfellow, und im nächsten Jahr vollendeten sie gemeinsam das Modell zu einer fliegenden Dampfmaschine,

Doch mit Dampfflügeln ist uns nicht gedient, wir selbst wollen fliegen. So dachte auch Hr. Spencer, der

die 25-28 Pfund wog mit Flügeln die 20 Fuß von Epiße

beſte Lehrer in der Gymnaſtik den England aufzuweiſen

zu Epiße maßen.

Da die Versuche mißlangen, gab Henson

hat, ein großer Virtuos auf dem Trapez, und verwandelte

seine Plane auf, Stringfellow seßte dagegen seine Arbeiten

sich in einen Cherub mit Flügeln und Schweif, zu denen

fort, und brachte endlich eine kleine Dampfflugmaschine zu Stande, die mit Wasser und Brennstoff nur 612 Pfund

er theils Regenschirmdrähte, theils Korbgeflechte wählte und beides mit einem luftdichten Stoffe überzog. Er selbſt mit

wog.

der Vorrichtung wog 158 Pfd ., die Widerstandsfläche be

Es wurden mit ihr nur in geschlossenen Räumen

Versuche angestellt.

Sie lief zuerst auf Eisendräthen statt

trug 110 Quadratfuß, also 1½ Pfd. auf den Quadratfuß,

der Schienen, um Bewegungskraft zu erzielen . Hatte sie ein Drittel des Wegs zurückgelegt, so erhob sie sich vom

was noch über den auſtraliſchen Kranich geht.

Draht und wurde am Ende des Zimmers von einem Tuch

zontale Bewegung zu gewinnen, und zuleßt erhob er sich

aufgefangen.

Es war etwas gewonnen, wenn auch nicht

mehr als eine Spielerei.

Stringfellow hatte sein Spiel

zeug vergessen, als sich in England die Luftschifffahrtgefell schaft bildete, und Preise für Fortschritte in den Flugma schinen ausseßte. Da erwachte die alte Erfindungsluft von

Mit ſeinen

Flügeln lief er einen sanften Abhang hinab, um eine hori:

und blieb auf einer Strecke von 120 Fuß über dem Boden. Er sinnt jezt auf Verbesserungen und wird nächstens wie: der fliegen. Eine ganz einfache Vorrichtung wurde erfunden von einem Arbeiter W. Gibson. Der Erfinder selbst wog 10 % Stein ( 147 Pfd.), die Flügel je 10 Pfd ., das Gerüst 21 Pf., Da er nur 2 windmühlenartige zusammen 188 Pfd.

neuem in Stringfellow . Gleichzeitig hatte ein Hr. Wenham einen nicht unglüc lichen Gedanken ausgesprochen, den man die pelikanische

Flügel anwendete von 12 Fuß Länge, 12 Fuß am brei:

Lösung der Aufgabe nennen könnte !

testen, 1 Fuß am schmalsten Theile, beide zusammen von 37 Quadratfuß Widerstand, also je 5 Pfd. Gewicht auf

Wenham sah näm

lich am Nil Pelikane senkrecht dicht übereinander mit sehr einen Quadratfuß, so muthete er sich die fünffache Leistung kurzen Flügelschlägen ziehen

Er sagte sich also daß die des australischen Kranich zu.

Flügelbewegung des einen Vogels in senkrechter Richtung feine Störung auf die Flugbewegung des andern Vogels

Bewegt wurden die Flügel

nach dem Style eines Spinnrades, nur daß beide Füße ab wechselnd je einen von zwei Bügeln niederdrücken sollten. Es

ausübe, folglich könne man durch senkrechte, etagenförmige Anordnung der Widerstandsflächen die mechanische Auf gabe erleichtern.

gelang dem Manne ſich 12–18 Zoll vom Boden zu erheben, allein die Flügel waren so schwer daß er die Tritte nicht

Nach diesem Gedanken baute Stringfellow

eine Maschine mit drei Flügelflächen über einander. Flü gel und Maschine mit Brennstoff und Wasser wogen we: niger als 12 Pfund, also nicht mehr wie eine Gans ; die erzielte Widerstandsfläche betrug

28 D. F.

oder 2¼3

D. F. für das Pfund, die Bewegung aber hatte den Werth von einer Drittels: Pferdekraft. Hr. Stringfellow gewann den wohl verdienten Preis von 100 Pfd. St. für

oft wiederholen, also sich nicht lange in der Höhe erhalten konnte. Aber auch er verspricht sich zu bessern.

Werden wir also bald etwas besißen wie den Zauber: mantel, nach welchem der Goethe'sche Fauft sich sehnte ? Alles was sich sagen läßt, beſteht darin daß einige dan kenswerthe Fortschritte erzielt worden sind.

die

leichteste Dampfmaschine im Verhältniß zu ihrem Gewicht. “ Der Cylinder von 2 Zoll Durchmesser bestand aus dünnem Messingblech, der Kolbenhub betrug 3 Zoll, die Umdrehungen in der Minute 300. Drei Minuten nach Entzündung des Brennstoffes betrug der Druck 30 Pfd .,

in 5 Minuten

Bei den Quellen

der Seine zur Römerzeit und

unter Napoleon III.

50 Pfd. und in 7 Minuten 100 Pfd. auf den Quadrat: zol, lezteres die höchste anwendbare Kraftentfaltung.

Die

Maschine flog im Juni 1868 im Krystallpalast an einem Drahte schwebend. Sie wurde auch im Freien geprüft,

Es liegt uns eine so eben erschienene, elegant gedruckte und mit Bildern ausgestattete kleine Schrift vor, welche den Titel führt : ‫ יי‬Note sur le monument des sources de la Seine lue à la Société Parisienne d'Archéologie et

allein unter sehr ungünstigen Verhältnissen, dennoch senkte sie sich sehr langsam in geneigter Ebene. Jezt baut String: fellow eine große Maschine die einen Mann tragen soll. Diese Aufgabe ist viel leichter als bei einem zarten und kleinen Modell, zumal menschlicher Verstand den Mechanis mus unterſtüßen kann. Auch ist 2½ Q. Schuh Wider standsfläche für das Pfund lange noch nicht das was unser

d'Histoire par Charles Lucas. Architecte" (Paris 1869) . Sie bringt zweifache interessante Nachrichten, nämlich von einem römischen Tempel, der Göttin Sequana gewidmet, welcher bei den Quellen der Seine gestanden hatte, und von einem neuen Monument, welches unlängst bei diesen Quellen errichtet wurde. Aus dieser Schrift berichtet hier „ das Ausland" das Wichtigste.

australischer Kranich leistet. Bekanntlich liegen die Quellen des französischen bedeu 1 Näheres im Ausland 1867.

S. 716.

tenden Flusses, die Seine, welcher durch die Hauptſtadt

Bei den Quellen der Seine zur Römerzeit und unter Napoleon III.

Paris seinen Lauf nach Hâvre de Grace nimmt, und in den Kanal zwischen Frankreich und England ausmündet, in den Wäldern der Commune Sainte-Seine im Departement der Côte d'Or. Bereits in den Jahren 1763 bis 1822 entdeckte man römische Antikaglien in der Gegend dieser Quellen. Im erstgenannten Jahr fand man in der benachbarten Commune

237

von vier dorischen Säulen ; ihre Fragmente und Baſeu waren noch an den ursprünglichen Stellen. Von hier geht es über zwei Steinstufen in eine der Capellen, in welcher wahrscheinlich die Statue der Göttin gestanden hatte. Säulenstäbe, Capitäle, Basen und andere Fragmente be kundeten die reiche Auszierung dieſes Raumes.

Aber auch

Blessey bei Chanceaux, zwei Kilometer von den Seine : Quellen,

die andern Capellen waren nicht minder prächtig decorirt gewesen ; die kostbaren Marmore, zu Simsen und Platten

eine nachgebildete kleine Galeere (Schiff) von Bronze, 66 Cen: timeter lang und 11 Centimeter breit, in welcher zwei Ruderer

geschnitten, von der ehemaligen Wandbedeckung herrührend, die Fresko Malereien , die kleinen Steinwürfel von ver

mit unbedecktem geſchorenem Kopfe ſizen. Bei den Römern geschah es daß Schiffsleute welche in Lebensgefahr waren, das Gelübte ablegten den Kopf geschoren zu tragen. In

schiedenen Farben welche die Boden-Mosaik gebildet hatten, und Stücke des Frieses mit Mosaik in griechischem Geschmack,

der bronzenen kleinen Galeere müssen ursprünglich noch

anschauliches Bild von der ehemaligen kostbaren innern Aus schmückung des Gebäudes.

mehrere Ruderer geſeſſen haben , denn es sind darin die Zapfenlöcher dafür vorhanden. Der Vordertheil des Schiffs trägt einen Schwanenkopf.

Das Stück befindet sich jetzt

wovon die Reste sich hin und wieder vorfanden, gaben ein

Von dem äußeren architektonischen Schmuck desselben waren nur einige Säulenschafte und korinthische Capitäle

in dem archäologischen Muſeum der Stadt Dijon. Sehr wahrscheinlich ist es ein ex-voto gewesen , welches der

des hindeuten.

Quellengöttin gewidmet wurde von einem Mitglied einer römischen, die Schifffahrt auf der Seine betreibenden Ge

stücken nur Bruchstücke von Ziegeln vorfand.

vorhanden, welche auf einen großen Maßstab des Gebäu Die Höhe der Säulen laſſen auf einen Säulengang schließen wovon man außer jenen Säulen Die Säulen

sellschaft. Bei der Anlage eines Altars in der Notre Dame-Kirche zu Paris entdeckte man im Jahre 1711 einen Jupiters- Altar, dessen Inschrift die Worte Nautae Parisiaci

Fragmente weisen Zeit hin.

Diese Nautae sind auch sonst aus dem römischen Alterthum mehrfach bekannt.

Statuen, Stein und Bronze-Büsten von Frauen , Män

enthielt.

auf die

beste Epoche der römischen

Eine sehr große Anzahl von Votiv- Altären, zerbrochene

nern und Kindern fanden sich zwischen den Bautrümmern, und darunter glaubt man die ſizende Statue der Göttin

Im Jahre 1767 wurde ein weiterer Fund gemacht von einem eisernen Dreizack, welcher aber von einem Schmied verschmiedet worden ist.

Sequana und einen Torso vom Apollo Granas erkannt zu haben. Dieser Apollo war nämlich der Gott solcher

Im Jahr 1823 folgte ein dritter Fund, von einigem

Quellen und Brunnen denen eine Heilkraft beigelegt wurde.

römischen Töpfergeschirr, zwei Bronce- Münzen von Aurel,

Ferner entdeckte man im Schutt Füße und Beine von

und der rechten Hand einer steinernen Statue, welche

Stein, goldene und bronzene Ringe und verschiedene kleine

einen Delphinenkopf festhielt. Diese Sachen fanden sich bei

Widmungs- Gegenstände ,

dem Abtragen einer kleinen Kapelle, Notre- Dame de Fon taines, genannt, welche bei der Quelle von Billy lag.

Bronce, zum Theil vergoldet oder versilbert, welche Theile

Dieser leßte Fund erregte Aufmerksamkeit und veran laßte vorzüglich daß im Jahr 1833 von der Commission

Brüste und Geschlechtstheile.

Quellen müssen im Alterthum als heilkräftig gehalten wor

für Alterthümer des Departements ein Comité gebildet

den seyn, wovon aber jezt die Analyſe ihres klaren Waſſers

wurde, welches weitere Nachgrabungen vornehmen sollte.

durchaus kein Zeugniß gibt.

Es begann die Arbeiten erst im Jahr 1836.

Ein sehr interessanter Fund bestand in einer eiförmi gen Vase von ziemlich grober Töpferarbeit. Sie war 54

In der Com

mune Saint-Seine fanden die Arbeiter schon in der Tiefe

nämlich dünne Plättchen von

des menschlichen Körpers darstellen,

namentlich Augen,

Die Wasser der Seine

eines halben Meters an einem Punkte, Gros Fayard ge

Centimeter hoch, 50 Centimeter breit und von einer um

nannt, die Fundamente eines Gebäudes. Zu verschiedenen Zeiten wurden dieſelben nach und nach blos gelegt, und man erkannte daß dasselbe länglich vierseitig gewesen war,

gebogenen Bleiplatte, 10 Kilogramm wiegend, ziemlich her metisch umschlossen. Eine Inschrift welche sehr unregel

und eine Länge von 57 Metern hatte, die Breite blieb un ermittelt. Seine Façade war gegen Morgen gerichtet, im Innern hatte es eine Anzahl von Zellen oder Capellen, in einigen

derselben

Springbrunnen.

befanden sich Wasserquellen

oder

mäßig um den Hals der Vase herumlief, sagt daß ein ge wiſſer Rufus die Vase der Seine Göttin gewidmet habe. Die Inschrift hat einen Auslassungsfehler, welcher unbe zweifelt von der Unkunde des Töpfers herrührt. Genau, also mit diesem Fehler, heißt sie :

Diese Capellen umgaben einen, in ihrer

Deae Sequana Rufus donavit. Mitte liegenden saalartigen Raum, in welchem sich die geheiligte Quelle befand, die in einer in Stein gehauenen und oben mit Steinplatten bedeckten Rinne abfloß. von

Rechts

der jest versiegten Quelle fand man die Reste

Diese Vase enthielt eine zweite viel kleinere, 14 Centi meter hoch und 12 Centimeter breit. Um sie herum fan den sich eingesteckt 120 Ex Voto, aus dünnen Blättchen

·

Erfinder von Alphabeten für Sprachen nordamerikanischer Indianer.

238

von Bronze und Silber geschnitten.

In der kleinen Vase

Es waren Kaisermünzen in der Rei

nen plastischen Denkmals wesentlich beiträgt . Die Inschrift desselben würde gewiß, wäre es auf deutschem Boden er richtet, minder anmaßend und prunkvoll die persönlichen

henfolge von Augustus (29 Jahr v. Chr.) bis Magnus Marimus (388 n. Chr. ), darunter ein Domitian und ein

Anerkennungen hervorheben. Die französische Nationa lität gibt sich darin zu erkennen. Sie lautet in der Ur

selbst lagen 830 römische Münzen , darunter etwa 300 un kenntlich abgenußte.

Nerva (96 n. Chr.)

von

sehr frischem Gepräge .

Mit

sprache :

großer Wahrscheinlichkeit wurde der Tempel der Seine Quellen gegen Ende des ersten Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung errichtet und gegen Ende des vierten Jahr hunderts zerstört, in welche leßte Epoche die allgemeine Zerstörung der heidnischen Tempel durch die Christen in dieser Gegend zu sehen ist. Die Hauptstadt von Frankreich verdankt der Entdeckung dieses Tempels eine interessante Seite ihres Geschichtsbuchs, da die Seine die Ursache ihres Reichthums und ihrer Schön beit ist . Gleich bei dem Anfange der Nachgrabungen war es der Gedanke und Wunsch der Alterthums : Commission

Sous le règne de Napoléon III Empereur des Français, le conseil municipal de Paris, avec le concours du conseil général de la Seine, sur la proposition de M. le Baron Hausmann , sénateur, préfet de la Seine, grand' croix de la légion d'honneur, a. par délibération du XVIII août MDCCCLXV, érigé ce monument aux sources du fleuve qui a donné son nom au Département de la Seine et auquel Paris doit son antique prospérite MDCCCLXVII.

daß ein Monument an der bedeutungsvollen Stelle den Quellen der Seine errichtet werde, welches zugleich den Wohlstand der Gegend heben könnte.

Man gedachte dieses

auf dem Wege der Subscription zu bewirken, aber der Baron Hausmann, Präfect des Seine Departements, glaubte die Ehre der Würdigung des Seine-Fluſſes der Hauptstadt selbst zuwenden zu müssen.

Erfinder von Alphabeten für Sprachen nord

Der Stadtrath

amerikanischer Indianer.

von Paris ging auf seinen Antrag in dieſen Gedanken ein, und beschloß die Erwerbung des zur Ausführung erforder:

Vor ein paar Monaten verkündete die „ New -York Tribune" daß in dieser Stadt eine literarische Rarität um

lichen Grundstücks und die Bestreitung der Kosten des Monu die Summe von 1130 Dollars verkauft worden war, der ments, wobei sich auch noch der Generalrath des Departe ments betheiligte. Nach 35 Jahren, wo zuerst der Ge danke an eine solche Ausführung aufgetaucht war, steht

höchste Preis den in diesem Lande je ein Buch erreicht hat. Es war eine Abschrift von Eliot's indianischer Bibel, ein Buch welches kein jezt Lebender im Stande sein dürfte

jezt das Denkmal prachtvoll an der ausgezeichneten Stelle. Mitten in dem Thale wo der Seinebach seinen viel

zu lesen.

Eliot war ein puritanischer Engländer,

und

wegen seiner religiösen Anſichten nach Neu-England aus

fach gewundenen Lauf beginnt, erhebt sich eine Grotte, erbaut von Felsstücken, welche in der Nähe gewonnen wur den, und in ihrem vorne offenen Jnnern zeigt sich ruhend die Nymphe der Seine, von dem Meißel des ausgezeichne

finnigen Kopfes in Erinnerung, bei dem Volke der Verei

ten Künstlers Jouffroy aus Stein gearbeitet.

Es ist ein

nigten Staaten unter dem Namen George Gueß bekannt,

wunderschönes jugendliches Frauenbild. zwar gewandlos, aber doch decent. In der Linken hält es die umgestürzte symbolische Urne, aus welcher die vereinten Quellen der

Indianer von Geburt und eigentlich See- quo-lah geheißen.

Seine ausfließen.

Die Rechte umfaßt straußartiges Ge

gewandert, wo er in Roxbury starb. Dieß brachte mir die Leiſtungen eines andern scharf

Sein geduldiger Fleiß, seine unermüdliche Beharrlichkeit und sein natürlicher Scharfsinn sind höchst bemerkenswerth. Während Eliot's Bibel in mohikanischer Sprache, aber

binde von Früchten aller Art, welche in üppigster Fülle Wahrscheinlich ist die Figur, da sie von

mit gewöhnlichen lateinischen Buchstaben geschrieben und mit verschiedenen Zeichen versehen war, um die mannich

Ferne gesehen werden muß, von großen Dimensionen ; die Schrift gibt diese nicht an. In den Grotten entspringen

fachen Modulationen des Tones anzudeuten, erfand See

die Flußwasser, welche sich in einem vor ihr ausbreitenden

mes. Den ersten Anstoß zu seiner Idee erhielt er wäh rend der früheren franzöſiſch-indianischen Kriege. Die

herabhängen.

quo-lah ein eigenes Alphabet zum Gebrauch seines Stam

seeartigen Baſſin ſammeln, und daraus ihren Lauf durch einen großen Theil von Frankreich bis zum Meere hin fort ſeßen. Die Stelle macht einen sehr vortheilhaften Ein

bei welchem sie einen Brief fanden. Der Gefangene mußte

druck, das Bächlein fließt durch die herrlichen Wiesen des engen Thales, welches von dem prachtvollen Grün des

zu ihrer Erbauung das Schriftstück vorlesen ; daß er es anders las als desjen eigentlicher Inhalt lautete, läßt sich

dichten hochstämmigen Waldes umgeben erscheint. Völlige Ruhe beherrscht diesen Fleck, die Seele wird in feierliche

denken. Das „ redende Blait “ blieb lange etwas Wunder bares für die ungeschulten Gemüther jener Prairienbewoh

Stimmung versezt, wozu die würdige Einfachheit des schö

ner, welche es als eine Gabe des

Cheroki hatten einen Weißen zum Gefangenen gemacht,

großen Geistes " be

Nochmals die riesigen schwarzen Bergkrystalle in der Schweiz.

trachteten und verehrten .

239

Aber See-quo -lah, damals noch

eine Feder und etwas Papier von den Händlern an der

ſehr jung, erkannte es anders, und behauptete, es sei ledig lich eine menschliche Erfindung. Der Wunsch auch sein.

Gränze, doch wurde die Feder sorgsam aufgehoben als Muster um die andern darnach zu behandeln. Seine

Stamm möchte ein geschriebenes Alphabet besigen, erwachte in ihm .

wurde seine erste Schülerin.

Während langer Jahre ließen ihm die Wanderungen

Tinte machte er sich selbst aus Rinden.

Seine Tochter

und Streifzüge seines Stammes nicht Muße genug dazu,

Aber es erging ihm wie Roger Bacon, Guttenberg und Galilei. Er wurde von seinen Nachbarn verdächtigt

und die Idee war in ihm wieder eingeschlafen .

schwarze Künste zu treiben, um so mehr als er seine Hütte

Als er

aber gelähmt wurde, was er auf die Dauer seines Lebens

selten verließ, was wohl erklärlich war, da sein Geist be

blieb, erwachte in den langen Stunden seiner dadurch be schäftigt und seine Zeit ausgefüllt waren ; wenn er aber dingten Gefangenschaft diese Idee aufs neue.

Er begann

damit alle Laute der Cheroki - Sprache zu sammeln :

der

auch von seinem Stamm gemieden wurde, so schüßte ihn doch sein unschädlicher und bemitleidenswerther Zustand vor

Erfolg war aber nichts weniger als befriedigend, denn es waren deren über zweihundert.

Eine weitere Schwierig

feit war, für jeden Laut ein Zeichen zu bestimmen ; wählte dazu, wie die alten Aegypter,

er.

und wahrscheinlich

wie alle Alphabet-Erfinder, Hieroglyphen, hauptsächlich solche Bilder welche mit dem Gegenstand übereinstimmten, z. B. Vögel, Thiere 2. und die sich am besten zur Darstellung eigneten.

wirklichen Verfolgungen. Es wurde ihm mitgetheilt daß die Leute, bevor sie hart urtheilen wollten, bereit seien die Früchte seines Fleißes in Augenschein zu nehmen. Im folgenden Jahr brachte er seine Erfindung vor die Häupt linge (Sachems) seines Stammes . Er ließ seine Tochter nach seinem Dictiren schreiben, während sie im anstoßen . den Gemache saß und umgekehrt ; die Leute waren höchst

Wie viel Uebung und Arbeit war aber erfor

derlich ehe der Verstand . es zu einer solchen Eintheilung bringen konnte ! Mit einiger Entmuthigung durchging er die lange Liste und versuchte sie zu vermindern. Das gelang ihm auch herunter bis zu sechsundachtzig, da sich

erstaunt. Nach einigem Schwanken und seiner wiederhol ten Versicherung daß er keine übernatürlichen Kräfte zu Hülfe nehme, wurde ihm erlaubt einige jungen Leute zu unterrichten. Nach Verlauf einiger Monate wurden diese

hiebei der Umstand günstig erwies daß in der Cheroki

jungen Leute dem Publicum vorgeführt, und unter allge. meiner großer Aufregung öffentlich auf so viele Arten ge

Sprache alle Sylben mit einem Selbstlaut enden .

Eine

prüft und versucht, als die schlauen Indianer sich nur aus

Aufzählung und Ordnung dieser Sylben, und ein beſtimm

denken konnten. Die Jünglinge zeigten sich jedoch ihrer neuen Kunst vollkommen mächtig.

tes Zeichen für jede war also genügend, und es war kein Unterschied zwischen Consonanten und Vocalen nothwendig.

Diese Entdeckung veranlaßte den Druck des neuen Te Dieses Verfahren war zwar etwas schwerfällig , wenn man aber einmal damit vertraut war, so zeigte sich das Buch Das längste stabiren leichter als mit Eliot's Methode. Wort des neuen Systems bedurfte nicht mehr als vierzehn

staments in der Cheroki Sprache, im Jahr 1825 ließen die Vereinigten Staaten die durch See-quo lah erfundenen Buchstaben gießen, und sogar eine Zeitung damit drucken (Phönix). Der einzige Unterschied der großen Buchstaben.

Zeichen oder Sylben, während Eliot's längste Worte oft von den kleinen besteht in der Größe. Die arabischen Nummern wurden erst durch die Missionäre an die Stelle

mehr als dreißig aufweisen . Die alte Welt bedurfte langer Zeiträume um die Bilder:

der ursprünglich erfundenen gesezt. zeichen mit Buchstaben zu vertauschen.

Die Idee einfacher

Schriftzeichen stellte sich sehr allmählich und unvermerkt ein. Dieser einfache Indianer aber entledigte sich mit einem Schlage der Bilderzeichen, und erfand ein Alphabet, beinahe so be quem als das der europäischen Völker. Er machte nun se

See-quo-lah sprach später sein Bedauern darüber aus daß seine Erfindung dazu beigetragen habe die indianische Er selbst bekehrte sich nie zum Religion zu untergraben .

Er mochte

Christenthum, und als sein Stamm gezwungen wurde Ge orgia zu verlaſſen, zog er mit fort nach Arkansas.

vielleicht englisches Gedrucktes in die Hand bekommen haben,

Wir wissen daß er sich später im Norden Mexico's,

denn einige seiner Zeichen haben sehr viele Aehnlichkeit

dann in S. Francisco aufhielt, wo er im August 1843

mit den englischen.

im Alter von 78 Jahren starb.

vielerlei Zeichen als es verschiedene Laute gab.

Die Zahl 4 ist mit Vorliebe benüßt,

andere Zeichen gleichen den griechischen oder arabischen Buchstaben, andere den slavischen.

Im Klang aber sind

alle ihren Vorbildern vollkommen unähnlich.

Das Zeichen

lautet wie thu, M wie lu, und ebenso ist ' s mit den übrigen.

Die Mehrzahl seiner Buchstaben jedoch sind

seine Erfindung.

Alle werden auf mehrfache Weise benügt,

Nochmals die riesigen schwarzen

Bergkryftalle in

der Schweiz.

so zu sagen verdreht, gestürzt oder verkürzt. Ein Nagel diente ihm zur Feder und damit schrieb er auf Rinde. Gelegentlich erlangte er (ungefähr um 1825)

Dem Verfaſſer des Aufsaßes : „ Merkwürdiger Fund von riesigen dunkelschwarzen Bergkrystallen in der Schweiz,"

Nochmals die riesigen schwarzen Bergkrystalle in der Schweiz .

240

Sehr merkwürdig sind einige der Mineralien welche

welcher im " Ausland " (Nr. 5. von diesem Jahr) mitge theilt wurde, sind durch die Güte des Hrn. R. v. Fellenberg

die schwarzen Bergkrystalle begleitet haben, nämlich :

Rivier Druckblätter zugegangen, enthaltend die von ihm in Bern gehaltenen Vorträge über jenen in seiner beson deren Art und Großartigkeit vielleicht bisher allein stehen den Fund.

1. Rosenrother Flußspath in feinen Trümmern und Nestern, derb und körnig, aber auch als unvollkommen ausgebildetes Oktaëder, welcher sich am Saalband des Quar

Sie beſtätigen mit größerm Detail dasjenige zes mit Albitfeldspath vorfand.

was der im

Ausland " gegebene Auffah enthält : aber es 2. Bleiglanz.

fommen auch einige interessante Ergänzungen darin vor, welche wir hier nachtragen wollen. Die Krystallhöhle wurde des Tiefengletschers entdeckt.

auf der linken Thalseite Hier streicht im grobkör

nigen Granit , welcher den Galenstock , das Furkahorn, den Tiefenſattel und die Kette vom Rhoneſtock bildet, ein 55 bis 60 Fuß langer Quarzgang oder vielmehr eine Quarzlinse von Nordwest nach Südost , in welcher die Krystallhöhle ihren Sitz hat.

Zwei Klumpen, jeder 20 Pfund schwer.

waren in der Höhle angewachsen.

Die größte Mächtigkeit dieser

Quarzausscheidung ist in der Mitte 12 Fuß, verschmälert sich aber nach beiden Enden, und keilt sich endlich ganz

Der Bleiglanz bestand

aus Zusammenhäufungen von kubooktaëdrischen Krystallen von 1-2½ Zoll Kantenlänge, welche ein zerfressenes An sehen hatten.

Die chemische Analyse ergab einen geringen

Silbergehalt dieses Bleiglanzes, aber, was viel merkwürdi ger ist, auch geringe Spuren von Platin.

Schon früher

hatte der französische Berg -Ingenieur Gueymard behauptet daß die Bleiglanze des Wallis Platin enthalten. Auf dem zerfressenen Bleiglanz waren folgende vier Mineralien als Umbildungs Producte vorhanden. 3. Laumontit, wether in feinen Krystallen erkannt

im Granit aus.

Etwas tiefer sind noch zwei kleine Quarz wurde.

Die Analyſe lieferte dazu die Beſtätigung.

Er ist

linsen sichtbar. v. Fellenberg - Rivier schlägt das Gewicht der höchst wahrscheinlich ein Umwandlungsproduct des Feld sämmtlichen gewonnenen schwarzen Bergkrystalle (Morione) spaths im Granit. auf 290 bis 300 Centner an. 4. Wie die Höhle beschaffen ist, und wie darin die schwar

Gelbbleierz (Wulfenit) in deutlichen wachsgelben

Krystallen, deren Natur die Analyse ebenfalls bestätigt

zen riesigen Bergkryſtalle zwiſchen Chloriterde in allen Mich

hat.

tungen lose durcheinander gelegen haben, hat schon er frühere Aufsaß geschildert. Ueber die bezügliche Genesis

vorkommende Mineral merkwürdig genug , es möchte aber

äußert sich v. Fellenberg-Rivier in folgender Weise : „Diese

schließen lassen, da im Granit vom Wallis Einsprengungen von Molybdänglanz bekannt sind

Verhältnisse lassen uns auf eine bedeutende Modification

Es ist dieses an sehr wenigen Punkten der Erde

auf die Gegenwart

des Molybdänglanzes

im Granit

und Umwandlung des früheren Zustandes der Höhle ſchlie 5. und 6. Weißbleierz und Leadhillit, als offenbare ßen.

Denkt man sich die Höhle ursprünglich als geſchloſſene Zersehungsproducte des Bleiglanzes .

Linse, in welcher die warme gesättigte Kiesellösung ruhig Die Krystallhöhle hat daher einen unerwarteten Reich

zur Auskrystallisation gelangen konnte , so mußten von allen Seiten der Druse die großen Individuen zusammen

thum an merkwürdigen Vorkommniſſen

anſchießen, wobei ſich die schwersten schon sehr früh durch

sonst nur in erzführenden Gangspalten anzutreffen sind.

ihr absolutes Gewicht losgelöst haben mögen.

Der Chlorit,

eröffnet, welche

Die Höhle und ihre Umgebung sind gewiß sehr einladend

aus dem offenbar die große Menge schwarzer Erde ent

zu fernern geognoſtiſchen Untersuchungen, welche die fleißi

ſtanden ist, und der viele von den Krystallen bedeckt, mit

gen Schweizer-Mineralogen gewiß bald ausführen werden.

unter auch den Kern mancher Individuen bildet, scheint den innersten Hohlraum der Höhle ausgefüllt zu haben. Mit der langsamen Zersehung des Granits, die wohl erſt

Zu wünschen wäre auch eine chemische Analyse der schwar zen Bergkrystalle, um ihr färbendes Princip , vielleicht Kohle, kennen zu lernen.

angefangen hat als durch Felsablösungen und Denudation der Quarzgang bloßgelegt wurde, und atmosphärische Luft und Feuchtigkeit eindringen konnten, scheint der Quarz (Bergkrystall) sich allmählich am Hängenden losgelöst zu haben und niedergestürzt zu seyn.

Wie aber die ganze

Masse dieser großartigen Krystallisation zu einem so voll ständig chaotisch durcheinander gerührten Schutthaufen wer den konnte, dazu scheint mir das langsame Agens der Berwitterung nicht hinzureichen, und es mag wohl einst ein Erdbeben die schwarzen Herren in ihrer beschaulichen Einsamkeit gestört und durcheinander geworfen haben. "

Druckfehler: Seite 164, erste Spalte, Zeile 27 von oben : anstatt „ von denen das eine das andere“ lies : „ von denen die eine die andere.“ Seite 164, erste Spalte, Zeile 8 von unten : anstatt „ an das“ lies : „in das.“ Seite 164, zweite Spalte, Zeile 3 von oben: „und" fällt weg. Seite 164, zweite Spalte, Zeile 24 von oben: anstatt „ Bultſtedt“ lies : „Buttſtedt. “ Seite 164, zweite Spalte, Zeile 25 von unten : anstatt „Gerhardsgeraut“ lies : „ Gerhards gereut." Seite 164, zweite Spalte, Zeile 17 von unten: anstatt „Vallersroda“ lies : „ Vollersroda.“ Seite 165, erste Spalte, Zeile 1 von oben : anstatt „ Saatwald“ lies : „Saalwald. “

Truck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. C. F. Beschel.

Das

Ansland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndwierigster Jahrgang.

Nr. 11 .

Augsburg ,

1869.

13 März

Inhalt: 1. Owen's vergleichende Anatomie der Wirbelthiere. 2. Reise nach dem Altai im Jahre 1868 von B. v. Cotta. 3. Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde. Von Prof. Dr. Senft in Eisenach. 5) Bergaushöhlungen . 4. Englische Vermeſſungen in Indien, Abessinien und Centralaſien . 5. Der schwarze Getreidelauffäfer, ein verheerender Feind der jungen Getreidefelder. 6. Die Ergebnisse des franzöſiſch-britischen Handelsvertrages. 7. Nochmals Tacitus und die rheinischen erloschenen Bulcane. 8. Eidgenöſſiſches Poſtweſen. Von Jakob Meſſikommer. ―― 9. Seetiefen und Temperaturen im Golfstrom.

29 Dreißigstel der Menschen welche das Jahr 1492 erlebt Owen's vergleichende Anatomie der Wirbelthiere. ! haben, aus dem Mittelalter hinübergegangen sein in die neue Zeit. Genau so ist es mit den Thierarten gegangen,

Dritter Band . 1

daher Richard Owen beschließt sein umfangreiches Werk mit der untenstehenden Zeichnung, zu welcher er keinen erklä

Cuviers

Ansichten

nur

bei

der

Unwissenheit

seiner Zeitgenossen haltbar erschienen. Wenn oie heutigen. Pferdearten, rief er aus, von dem Paläotherium abstam

renden Tert liefert, wahrscheinlich in der berechtigten Er men sollten, so wartung daß sie sich selbst erläutere.

müßten sich doch Uebergänge zwischen

Zu Cuviers Zeiten

m1

waren nur die Reſte des Paläotheriums bekannt, nicht die des Hiparion so wie einige andere Zwischenformen .

m1

m1

Cu

Pi

P1 vier wollte durchaus nicht die Möglichkeit anerkennen daß

P1

die jezt auftretenden Thierarten die Abkömmlinge sein könnten der älteren fossilen Arten. Am Schluß irgend eines

m ***

geologischen Abschnittes dachte er sich eine ziemlich vollstän

I

dige Vernichtung der Thier: und Pflanzentrachten, der Vor

IT I V

THI

I

Im N

hang fiel, und wenn er sich wieder hob, stand eine neue etwas veränderte Schöpfung da. längst widerlegt worden.

Geologisch ist Cuvier

Wir wissen jest daß der Vor

hang nie fällt, daß es auch gar keine Schöpfungsabschnitte M gibt, und daß wenn wir dennoch von Abschnitten, von tertiären und secundären Zeiten reden, und diese großen Vergangenheiten wieder in kleinere Abſtände zerlegen, in I eocäne und meiocane, oder in Trias-, Jura- und Kreide zeiten u. . w., wir uns dabei vollständig bewußt sind daß wir dieß willkürlich thun, um uns unter einander zu verständigen, gerade so wie die Geschichtschreiber vom Alter:

I

Paläotherium . Fig. 1.

thum, vom Mittelalter, von der neuen Zeit sprechen, ohne daß zwischen beiden Zeiten irgend eine Pause oder ein Zwischenact eingetreten sei.

Wollte man beispielsweise das

Jahr 1492 als einen Gränzstein sehen, so würden etwa

1 On the Anatomy of Vertebrates. Vol . III. London Longmans, 1868. (Ueber den zweiten Band s. Ausland 1867. S. 271 ) Ausland. 1869 Nr. 11.

Hipparion.

Roß.

Ursprung der Pferdearten.

Vor sehr wenigen Jahren vergaß Élie de Beaumont bei einem Streite darüber ob der Mensch Zeit

beiden finden. "

genosse ausgestorbener Thiere gewesen sei, alle Vorsicht so weit, daß er ausrief: " Cuvier hat gelehrt daß der Mensch zuletzt in die Schöpfung getreten sei. Cuvier war ein Genie, und die Worte eines Genies wird man nicht um 31

Owen's vergleichende Anatomie der Wirbelthiere.

242

stoßen !" Das Genie ist aber eine erbärmliche Machtgröße verglichen mit der zermalmenden Kraft der Thatsachen.

möglich, zumal jeder Tag uns neue Gegenstände zuführt, die uns die Uebergänge der verschiedenen Arten erklären,

In den strengen Wissenschaften gelten die Gewährsmänner

und vorhandene Lücken ergänzen . Owen billigt auch voll ständig die Ansicht daß das Erlöschen der Arten durch

nichts, sondern nur die Beweise. Sehen wir den Fall daß einer oder der andere unserer Leser nicht die geringsten Kenntnisse von vergleichender Anatomie beſäße daß er sich nicht unter die Genies rechne, nicht im entfernteſten daran dächte sich mit einem Cuvier messen zu wollen. Nun

äußerliche Ursachen, durch Unterliegen im Kampf um das Dasein, (struggle for existence) herbeigeführt werde. Worin also besteht noch sein Widerstreit mit Darwin? Wir bemerken bei den einzelnen Thieren und Pflan

werfe er einen Blick auf Fig. 1.

Dort endigt der Huf

zen die Neigung ein wenig von der (idealen) Muster

des Paläotheriums in drei Gliedern , die den Fingern oder

finger (III), und Goldfinger (IV) der menschlichen Hand,

geſtalt ihrer Art abzuweichen (Variation) . Das Aus artungsbestreben ist nach Darwins und nach Owens Ansicht Also auch die Ursache daß neue Arten entſtehen können .

denn der Daumen und der kleine Finger sind bereits ver schwunden. Soll aber aus dem Hufe des Paläotherium der

darin sind beide Gegner einig. Die dauernden Ausartun : gen, fährt Darwin fort, streben stets nach einer Richtung die

Huf eines Rosses werden, so müßten auch der 2. und 4.

dem ausgearteten Geschöpfe beim Kampfe um das Daſein

Finger verschwinden, und nur der Mittelfinger übrig blei

kleine Vortheile verspricht , Ausartungen die nachtheilig

Zehen entsprechen, und zwar dem Zeigefinger (II) , Mittel:

ben, welcher den Huf des Pferdes vertritt.

Cuvier ver

oder gleichgiltig sind, kommen zwar eben so häufig oder

langte also ein Geſchöpf zu sehen welches nicht mehr Pa

häufiger vor, allein die nachtheiligen, weil sie das Geschöpf

läotherium und noch nicht ein modernes Pferd ſei. Einem ersten Fund dieser Art, wie ihn Cuvier begehrt hatte, ver danken wir Charles Darwin auf seiner Erdfahrt unter dem

wieder, und für die Erhaltung der gleichgiltigen ist keine äußerliche Ursache thätig, sie werden deßhalb sich fortver.

(spätern) Admiral Fitzroy. Die Mittelstufe des Ueberganges vertritt das Hipparion, und unsere Zeichnung läßt uns wahr nehmen wie bei diesem Geschöpfe der 2. und 4. Finger des Paläo therium bereits zu Afterhufen zuſammengeschrumpft waren, von denen beim modernen Rosse noch einige Knochenspuren

im Kampf um das Dasein schwächen , erlöschen von ſelbſt

erben oder untergehen, je nachdem ſie der Zufall begünſtigt oder nicht. Die günstigsten Ausartungen allein haben die höchste Aussicht sich durchVererbung zu erhalten, weil eben ihr Auftreten ihren Inhaber beſſer ausrüstet, so daß unter den

übrig geblieben sind, wie es die Querschnitte (Fig. 1, p. 1.

täglich oder jährlich in der freien Natur auftretenden Aus artungen ein beständiges Sichten stattfindet (natural se

m. 1 die sich auf II . und III. bezichen) näher läutern . Wir möchten nun nicht den oben vorausgeseßten neugebackenen

seitigt, die vortheilhaften berücksichtigt sowie weiter ent

lection), bei welchem die unvortheilhaften Ausartungen be

vergleichenden Anatomen dazu verleiten auf einen Meister wie Cuvier mit einem si tacuisses mitleidig herabzuschauen,

wickelt, die gleichgiltigen ihrem Schicksal überlassen werden .

aber wir haben nichts

jenige von Darwins Ansichten, welche noch als bestritten gilt, die andern Säße dagegen sind wohl jezt allgemein angenommen worden. Owen denkt sich das Entstehen der

ringer zu

denken

dawider

über

wenn er anfängt ge

den Werth

der sogenannten

„Genialität," die nichts ist gegen das Gewicht der That sachen. Doch soll damit das Andenken an Cuvier nicht verdunkelt werden , denn ihm hauptsächlich verdankt die vergleichende Anatomie ihre Ausbildung.

Sein Unter

Die Lehre von der natürlichen Zuchtwahl iſt indeſſen die

neuen Arten nicht in unmerklichen Uebergängen wie Darwin, sondern plöglich etwa in der Art daß eine Hipparionſtute ein Füllen irgendeiner modernen Pferdeart geworfen habe von dem unsere jezige equine Bevölkerung abstammt.

Da

suchungsverfahren ist geblieben, was es war, und seine Schüler, also Leute die ihr anatomisches Sehen und Er

solche Vorgänge beobachtet worden sind, so darf man diese

fassen ihm verdanken, sind es, die jest bereichert durch

Anschauung gewiß als berechtigt gelten lassen.

Ein solches

neue Thatsachen sich über die beschränkten Anschauungen

Geschöpf welches ſeine Eltern theilweiſe verläugnet, nennen

des alten Meisters erheben, der bei einer gleichen Fülle der Beobachtungsgegenstände unbedingt zu gleichen Schlüssen

wir ein Monstrum oder eine Mißgeburt. Monstra waren also zur Zeit ihres ersten Auftretens alle Ureltern einer

gelangt wäre.

späteren Art.

Aber auch auf die Monstra findet wieder

Richard Owen, ein Schüler Cuviers, ein scheinbarer

Darwins Lehre von der Zuchtwahl Anwendung, denn ist

Gegner Darwine, bekennt sich jezt offen am Schlusse seines

monströſe Ausartung nachtheilig oder die Mißgeburt wirk lich eine mißliche Geburt, so wird sie sich nie oder schwer,

Werkes zu der Lehre von der genealogischen Abstammung der Thierarten, mit andern Worten die heutigen Geschöpfe sind ihm Nachkommen der tertiären Geschöpfe auf der Stufenleiter von Kind, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern u. s. f., ohne daß irgend ein Glied der Rette fehlen dürfte. (Transmutations : Theorie. )

Dieß ist aber der Grundge

danke von Darwins Lehre, und beim heutigen Standpunkt der Paläontologie ist eine andere Auffassung kaum noch

ist sie gleichgiltig nur durch Hilfe des Zufalls, ist sie gün stig kraft ihrer Begünstigung sich vererben.

Der Unterschied

der Ansichten zwischen Darwin und Owen läßt sich daher durch ein Gleichniß veranschaulichen .

Denken wir uns der

Abstand von einer Mutterart zu ihrer Kindesart betrüge in Zeit ausgedrückt eine Minute, so können wir die Dar winische Lehre mit einer Uhr vergleichen auf der ein

Owen's vergleichende Anatomie der Wirbelthiere.

Secundenzeiger 60 kleine Sprünge auf dem Zifferblatt

243

gen des Nervensystems bis zur Wahrnehmung von Empfin }

zurücklegt, während der Minutenzeiger langſam und unmert

dungen und Ausübung willkürlicher Bewegungen. Halte lich von einem zum nächsten Minutenstrich rückt. Die 1 man das menschliche Gehirn in seiner Entwicklung auf, Owensche Lehre ist dagegen eine Uhr ohne Secundenzeiger, so entſtehen Geschöpfe wie die bekannten „ Azteken, “ die Brod und Stuhl jagen können und beide Gegenstände un so daß nach Ablauf jeder Zeitminute der Minutenzeiger plöglich von einem Strich zum andern springt. Auch un: ter den festländischen Gelehrten theilen höchst achtungs :

terscheiden, aber die ſich nicht erheben können zur Aeuße

daß die bestrittenen Säße äußerst geringfügig sind, sobald

rung eines Saßes wie : „ gib mir Brod, " „ bring mir den Stubl. Zu einer solchen Ausübung des Denkvermögens würde ein geräumigeres Gehirn unentbehrlich sein. " „ Das

man darüber einig ist daß die jeßigen Arten einer Gat tung geschwisterlich abstammen von einer vorweltlichen.

Denken verhält sich zum Gehirn des Menschen, wie die Elektricität zu der Nervenbatterie des Zitterrochens . Jede

Elternart, und daß die Ordnung der Thiere in ein System bewußt oder unbewußt das Streben enthält einen Stamm

Empfindung läßt auf einer Gehirnfaser ihren Eindruck

werthe Größen Owens Ansichten, doch sieht man wohl ein

baum der Fauna herzustellen.

Richard Owen hat viele Gegner, nicht bloß in Eng Man wirft ihm seine Fröm

land, sondern auch bei uns.

melei vor und verdächtigt ihn daß er aus Liebedienerei gegen theologische Richtungen den wiſſenſchaftichen That sachen Zwang angethan habe. Wir wissen nicht was seine Gegner sich unter einem Frömmler denken, gewiß ist nur daß Owen sich selbst als einen " Materialisten " ankündigt.

zurück und verleiht ihr damit die Fähigkeit ihn zu wieder holen, worauf das Gedächtniß oder die Wahrnehmungen beim Träumen beruhen. " Der Anblick des Haſen erwecke im Hunde eine Wahrnehmung und einen Willensact, zu: gleich belle er in der Aufregung der Jagd. Bisweilen wenn er schläft gibt er uns durch ein halb erdrücktes Bellen sowie durch gleichzeitige Körperbewegungen kund daß er von seinen Jagden träume. Beim Schlaf schließen sich die Augen und das Sehen hört auf, die Summe aller Thä

Da es, so bemerkt er am Schluß, voraussichtlich sein letztes Werk sei mit dem er auftreten werde, so möge man ihm

tigkeit, die wir als „ Seele“ bezeichnen, erlischt gleichfalls. Tiefer Schlaf ist völlige Aufhebung des Selbstbewußtseins

verstatten auch vorzulegen was er glaube, das heißt was er bei der Summe der heute ermittelten Thatsachen früher

beim Menschen wie beim Hunde.

oder später als Wahrheit erwiesen zu sehen erwarte. Er erklärt sich zunächst als Anhänger der Urzeugung (gene

verrichtungen nennen wir Träume, das Erwachen aber ist

ratio aequivoca) und er führt Versuche von Pouchet an, die es ihm wahrscheinlich erscheinen lassen daß sich Infus ſorienleben in Aufgüssen mit organischen Stoffen entwickeln könne ohne daß Eier oder Keime vorhanden waren, ſo daß eine elternlose Zeugung stattfinde, und gewisse Infusorien (Bacterien, Vibrionen) ihre eigenen Urahnen sind. Den Ursprung der Schöpfung denkt er sich ebenfalls als Urzeu gung aus Stoffen die protozoischer Urschleim, Sarcoden oder einzellige Organismen genannt worden sind. Aus ihnen könnten aufsteigend wie Stamm und Aeste sich die höheren Geschöpfe entwickelt haben, wenigstens ziehe er un bedingt diese Anschauung einer andern vor, welche die ge sammte belebte Schöpfung auf ein Urei zurückführe, wie

Die ersten Schritte zur

Rückkehr und die theilweise Wiederaufnahme der Gehirn

ein oft jäher Rücksprung zum Höhenpunkt des Selbstbewußt Schlaf, narcotische oder andere Reizmittel, Krank seins. heit bezeugen gemeinsam durch ihre Wirkungen daß die Arten und Steigerungen geistiger Aeußerungen die Ergeb nisse entsprechender Eindrücke und Aenderungen in der Zu sammensehung des Gehirns sind."

Er wisse recht wohl daß

man solche Ansichten Materialismus nenne und sie unver einbar halte mit dem Begriffe einer unabhängigen, un theilbaren , unſtofflichen (immaterial) Geisteskraft oder Seele. Er habe aber niemals verstanden worauf man einen Unterschied zwischen dem Materiellen und Immate riellen begründen wolle. „ Mit Locke sage ich, daß mein Glaube an ein künftiges Leben und der Wiedererweckung der Todten sich darauf gründet daß sie Stücke sind einer

etwa die ägyptischen Prieſter das All aus einem Ei ent

göttlichen Offenbarung. "

stehen ließen.

ergrauten Anatomen und Physiologen, den einige Gegner

(Dieß ist ein Stoß gegen Darwins Lehre von der Pangeneſis.) Was wir Leben nennen ſei nichts anderes als eine Kraft, wie die Kraft des Eisens, welches Eisen anziehe, sobald es magnetisch geworden sei. Nerven kraft lasse sich verwandeln in elektrische Kraft und umge fehrt ; die erste Belebung organischer Stoffe könne daher auch durch Umsah irgend einer Kraft entstanden gedacht

Das sind die Ansichten eines

für einen Frommler ausgeben. Ein jeder der im Fache der anatomischen Vergleiche bewandert ist, wird uns zugestehen daß sich keine Uebersicht von solchen Arbeiten geben läßt, denn dazu wäre eine Wieder Um aber guten holung der Abbildungen erforderlich.

werden, nur führten von den Protozoen zu Gewächsen

Willen zu zeigen, wollen wir einige Einzelnheiten hervor heben, die einen größern Kreis anziehen möchten . Der

oder Thieren sehr enge und nahe Uebergänge, während noch eine Kluft herrsche zwischen dem mit magnetischer

vorliegende dritte Band beſchäftigt sich mit den Säuge thieren, und da bereits die Knochen- und Bänderlehre in

Kraft erfüllten Eisen und dem mit Lebenskraft erfüllten

der letten Hälfte des zweiten Bandes vorgetragen worden

Urschleim oder Sarcod. Bei den Thieren lassen sich voll ständige Uebergänge gewahren von reinen Reflexbewegun

war, so beginnt der dritte mit den Muskeln und zwar mit dem Zwerchfell welches, beiläufig bemerkt, beim Menschen

Owen's vergleichende Anatontie der Wirbelthiere.

244

nicht höher entwickelt ist als bei den Monotremata (Schna

da der Kopf herabhängt das größere Gewicht auf die beiden

belthier) die bei Owen (besser als bei Cuvier) zu unterst

vorderen Stüßen .

stehen.

ter vorwärts steht, zunächst den linken Hinterfuß, dann den rechten Vorderfuß, hierauf den rechten Hinterfuß, und dann den linken Vorderfuß vorwärts seßen , und

Einen hübschen Muskelapparat besißt der Igel.

Sezt sich dieses Thier in Vertheidigungszustand, so zieht es die Vorderfüße mit einer Knieebeugung ein und senkt zunächst den Kopf. Durch die damit verbundene Krüm mung des Rückens werden die Rückenmuskeln der Haut, die sonst einen schmalen Wulst von der Stirn angefangen bis etwa zu den Hüftbeinen bilden, halbkugelförmig ange

Ein Roß wird, wenn die rechte Schul

nach Vollzug dieser vier Bewegungen den Schwerpunkt des Körpers um die Länge des ersten Schrittes vorwärts ge rückt haben. So geht das Pferd im Schritt. Anders ge

spannt, und die Stacheln, der Spannung der Haut gehor:

ſtaltet sich die Bewegung im Trab . im dreiviertel , vier: viertel und zweiviertel Galopp. Beim leßteren berühren

chend, richten sich peripherisch auf. (Fig. 2.)

der linke Hinter: und der rechte Vorderfuß, hierauf der rechte Hinter und der linke Vorderfuß (wie beim Trab) paarweise gleichzeitig den Boden. Dieß ist die Gangart beim Wettrennen. Das berühmte Roß Eclipse legte bei jedem Sprung 25 Fuß zurück, und wiederholte die Sprünge 2mal in der Secunde, so daß es 4 engl. Meilen in 6 Minuten 21 Secunden zurücklegte. Flying Childers ge: langte über 822 Fuß in der Secunde oder beinahe eine englische Meile in der Minute, er lief also doppelt so rasch als ein deutscher Schnellzug. Beiden berühmten Rennern gönnte man vier Jahre bevor sie zu den Wettläufen ein geübt wurden, so daß ihr Muskelsystem Zeit hatte sich völlig zu entwickeln .

In der Gegenwart werden die Ren

ner verdorben, weil die höchsten Preise für dreijährige, also unreise Rosse ausgesetzt werden. Das Kaninchen

a, a, a die

hat eine eigenthümliche Bewegung, denn mit den Vorder: füßen bewegt es sich zwei oder drei Schritte vorwärts, dehnt dadurch den Körper und die Hinterfüße aus, welche

Der frühere unfruchtbare Streit ob die hintern Glied maßen des Gorilla als Hand oder Fuß endigen, wird gott

lettere durch einen gleichzeitigen Sah angezogen werden . Es geht also mit den Vorderfüßen, und springt mit den Hinterfüßen. Den Affen eigenthümlich sind die Schwung sprünge von Ast zu Ast. Sie halten sich dabei mit einem

Fig. 2.

Ein Jgel im Begriff sich aufzurollen. Muskeln der Rückenwulst.

lob nicht mehr erneuert, doch läßt uns Owen die Mus culatur

am

menschlichen Fuß

mit

der

am Fuße des

Gorilla vergleichen. Beim menschlichen Fuß haben wir hallu zwei Muskelflechsen, wovon die eine (flexor lougus cis) einzeln nach der großen Zehe verläuft, die andere da gegen (flexor longus digitorum pedis) theilt sich auf der Mitte des Fußes in 4 Stränge die an der 2., 3., 4. und 5. Zehe angeheftet sind. Beim Gorilla-Fuß ist der Bau ein anderer, denn die Flechse die nach dem Daumen oder der großen Zehe geht, verzweigt sich zuvor, und wird zu gleich am 3. und 4. Finger angeheftet, wodurch ein Grei fen und eine Gegenstellbarkeit des Daumens erzielt wird.

Arm fest, und geben dem Körper eine Schaukelschwingung bis die Summe der aufgespeicherten Bewegung hinreicht um das Ziel zu erreichen. Owen sah im Londoner Thier: garten den Sprung eines Gibbon (Hylobates) über einen Abstand von 15 Fuß, aber noch glücklicher war Hr. Mar tin, der Director des dortigen zoologischen Museums, bei Beobachtung eines weiblichen Hylobates agilis. Ein leben: diger Vogel wurde ihm zu lieb in Freiheit gesezt.

Das

Affenweibchen faßte seinen Flug ins Auge, gab sich einen Schwung, und ergriff im Fluge mit der einen Hand den Vogel, während die andere Hand das Ziel, nämlich einen Auf dem Boden gehen die Affen

Der Muskel welcher dem menschlichen flexor longus digi

entfernten Ast erreichte.

torum pedis entspricht, verzweigt sich wie beim Menschen nach dem 2. 3. 4. und 5. Finger, endlich ist noch ein Muskel vor

mit vier Händen, doch tritt bei den höheren ungeschwänz ten menschenähnlichen Affen die merkwürdige Aenderung

handen (flexor brevis), der am Fersenbein entspringt, und am 2. und 3. Finger angeheftet ist. Mit andern Worten

ein daß sie nicht die Sohle der Vorderhände sondern das

der menschliche Fuß ist ein Werkzeug ausschließlich zur Ortsbewegung und zwar bei aufrechtem Gange, während der Fuß des Gorilla seine Eigenschaften als Greiforgan noch nicht aufgegeben hat. Bei der Bewegung von Landsäugethieren wird der Rumpf wagrecht von vier Säulen getragen, und zwar fällt,

zweite Glied der Finger auf den Boden sezen. Auch der Gorilla geht gewöhnlich auf allen Vieren, viel seltener auf den hinteren Gliedmaßen allein.

Er watschelt dann

und sucht durch Schwingungen den Oberkörper im Gleich: gewicht zu erhalten, auch seßt er diese ihm unbequeme Bewe gung nie sehr lange fort.

In die Enge getrieben erhebt

er sich wie der sohlengängerische Bär auf die hinteren

Owen's vergleichende Anatomie der Wirbelthiere.

Hände

um die Vorderarme zum Kampfe in Bereitschaft

zu haben. Noch fehlt uns in dieser Beziehung jede ver mittelnde Zwischenstufe zwischen dem höchsten Affen und dem niedrigsten Menschen, denn der Australier wie der

245

keln von den Achſen der Gelenke zu den Abſtänden von der Schwerkraftsrichtung folgendermaßen : der halbe Abstand fb verhält sich zum Abstand mb wie 1 : 8 ;

2 ov zu tv

Buschmann sind doch vollkommene sohlengängerische Zwei

wie 16 ; 2 kd zu pd wie 1 : 3, und tv zu bm wie 3 : 4. Daraus leitete er durch Berechnungen ab daß, die

füßer.

streckenden Muskeln des Beines während der Dauer jener

Ein Gegenstand staunender Bewunderung bleibt uns wohl immer der menschliche Körper als Mechanismus

Stellung eine Kraft von 6032 Pfd. oder das 50fache des Gewichtes entfalten mußten !

daher zur Erbauung

Die vergleichenden Anatomen stoßen bekanntlich auf

gewisser Erscheinungen

große Schwierigkeiten wenn sie uns zeigen sollen daß das

wie sie Borelli gegeben hat. In Fig. 3 sehen wir näm lich einen Mann der ein Gewicht trägt, und in der an

menschliche Gehirn sich vom Thiergehirn sehr scharf und

betrachtet, und Owen wiederholt seiner Leser eine Zergliederung

gegebenen Stellung erhalten wird durch die Gesäßmuskeln bei f, den vierköpfigen Schenkelstrecker bei y und die Waden

günſtig unterscheide.

Das Gehirn (nach Abzug der dura

mater) wog bei einer auſtraliſchen Frau von 5 F. 3 3 . (feet, inches) 32 Unzen und bei einer Buſchmannsfrau 1 30,75 Unzen, das Gehirn Cuviers wog 64 Unzen , und die

Gehirnkapsel des großen

Göttinger Mathematikers

Gauß, von Rudolph Wagner gemessen, enthielt 341 Ku bikzoll, die eines gewöhnlichen Taglöhners 291 Kubikzoll. Große Denker haben also ein schwereres, oder was wohl das nämliche sagen will, ein geräumigeres Gehirn als ge wöhnliche Menschen .

Der Erfinder des Bumerang unter

den Australiern und des Wurfbrettes für Speere unter den Papua mögen sich unter den ihrigen durch eine ähnliche außer ordentliche Geräumigkeit des Gehirns ausgezeichnet haben, wie wir es bei großen Denkern unter den Europäeern finden .

m

Folglich möchte man gern sagen der Mensch besize

unter allen Säugethieren das geräumigſte oder schwerſie Gehirn. Leider ist das nicht wahr. Das Gehirn des Elephanten ist noch schwerer als das des Menschen, und der Walfisch übertrifft wiederum den Elephanten , überhaupt alle Säugethiere durch das Gewicht seines Gehirns . Woll ten wir, um den Rang des menschlichen Gehirns zu retten, die Ausflucht ersinnen daß Elephant und Wal nur so ge räumige Denkwerkzeuge besißen weil sie so große Thiere sind, und daß der Mensch im Verhältniß zu seiner Kör , pergröße das schwerste Gehirn besige , so trifft es sich lei

K

der daß bei der Erntemaus (Mus messorius) das Gehirn 6 Gran wiegt, bei einem Gesammtgewicht des Körpers von nur 112 Gran, ſo daß alſo ihr Gehirn mehr als ¼

Fig. 3. muskeln bei . Beträgt das Gewicht r 120 Pfd., das Kör pergewicht des Trägers 150 Pfund, stellt die Linie rs, die Richtung dar in welcher die Schwerkraft wirkt, und schneidet sie das Oberschenkelbein bei e, das Schienbein bei x, stellen wir

uns ferner vor daß der Schwerpunkt des

des Körpergewichtes beträgt, die Erntemaus daher noch höher begünstigt erscheinen würde als ein Cuvier, ja die relativ größten Gehirnmaſſen finden sich bei Singvögeln. Nur wenn man die Riesen und die Zwerge unter den Wirbel thieren ausschließt, bleibt der Saß aufrecht daß der Mensch absolut und relativ das größte oder schwerste Gehirn be

Trägers bei b, der gemeinsame Schwerpunkt des Trägers und seiner Laſt aber bei a zu suchen sei, dann wird das Gewicht des Mannes vom Kopfe bis zu b (150 Pfund)

site.

75 Pfund betragen, der Abschnitt von b zu e nach unge:

niederen Säugethieren liegt das kleine Gehirn völlig ent

fährer Schäßung 47 Pfd., folglich das Gewicht des Bogens abe (75 +47 ) 122 Pfd ., die Strecke cvx nach billiger

blößt unter dem großen Gehirn.

Schäßung etwa 20 Pfd. und daher das Gewicht des Bo Nach Bo: gens abvx zusammen ( 122 +20 ) 142 Pfd . relli verhalten sich aber die Richtungsabſtände der Mus : Ausland. 1869. Nr. 11 .

Verglichen dagegen mit den Vierhändern, besißt der

Mensch ein größeres Gehirn, wie man auch rechnet, und Bei den zugleich zeigt es höhere Gliederungen im Bau .

Bei den höheren Säuge:

thieren nähert sich das kleine dem großen Gehirn, wird 1 Owen schlägt vor wenn man die Geräumigkeit der Kapfel ermittelt hat, das Gewicht des Gehirns zu berechnen, indem man auf jeden Kubizoll 259,57 Gran (cubic inches, grains) rechnet. 32

Owen's vergleichende Anatomie der Wirbelthiere.

246

von diesem überwachsen und schließlich völlig eingehüllt wie beim Menschen. Auf diese stufenweis fortschreitende Ein

nämlich das Verhältniß zwischen großem und kleinem Gehirn beim Menschen (8 : 1 ) das höchste. Man kann

hüllung des kleinen Gehirns hat Owen seine systematische

daher bei dem jeßigen Standpunkt der Kenntnisse den

Ordnung der Säugethiere begründet. Vor neun Jahren noch behauptete er daß nur beim Menschen das große Ge

sagt,

hirn völlig das kleine bedecke.

der ihm an Aehnlichkeit am nächsten stehenden Geschöpfe,

Dieß war aber ein Frr

thum, da auch bei den menschenähnlichen Affen dieß statt findet, wie Owen zuleßt es anerkennen mußte. Gleichwohl hält er, wie seine Kritiker ihm mit Recht vorwerfen, sein

Rang des menschlichen Gehirns nur retten indem

man

es sei absolut und relativ größer als das Gehirn

der Vierhänder, es sei relativ größer als das aller Säuge thiere mit Ausnahme der kleinsten, und absolut größer mit

In den Halbkugeln des

Ausnahme einiger riesiger Geschöpfe. Den Vorzug der völligen Umhüllung des kleinen Gehirns theile es nur mit

großen Gehirns finden sich Höhlungen ; sie sind bei niedern

zwei Affenarten, ebenso gewisse Gliederungen in den Ge

Thieren mehr oder weniger einförmig, bei den höchsten

hirnhöhlen, an Zahl und Unregelmäßigkeit der Windungen.

werden ihre Innenwände durch Auswüchse oder Hörner gegliedert. Eines dieser Hörner, die sogenannte Vogels

werde es nur von wenigen Geschöpfen übertroffen, alle aber übertreffe es durch Vereinigung sehr vieler Einzelvorzüge.

flaue, sollte nur der Mensch besigen, behauptete Owen

Uebrigens ist es ja nicht nothwendig daß das menschliche

System noch immer aufrecht.

Jeßt muß er aber eingeſtehen

Gehirn alle einzelnen Vorzüge im höchsten Grade besigen

daß beim Tschimpansi und Gorilla die Höhlung durch eine

ſolle. Wenn nur durch die Summe der beſeſſenen Vorzüge

Wulst an ihren Wänden verengert werde, welche die Ge ſtalt eines Hornes annehme, wie auch eine Erhabenheit

sein Rang gesichert bleibt , mag es in Einzelnheiten übertroffen werden, geradeso wie manche Werkzeuge des

sich in dem hintern Horn zu entwickeln beginne. Beim Menschen schreitet die Gliederung dieser Erhabenheit fort,

rathen.

ebenfalls vor neun Jahren.

welche nun den Namen hippocampus minor oder pes hip pocampi minor (Vogelklaue) mit Recht führe. Welche Bedeutung diese Gliederungen für den geistigen Rang der Die Thierpsycho Geschöpfe haben, wissen wir gar nicht. logen stellen jedenfalls den Elephanten (von dessen schönem Gehirn Owen eine Abbildung liefert) und den Hund viel höher als die Affen, troß aller Menschenähnlichkeit ihres Gehirns. Das große Gehirn ist glatt bei niederen Thieren, bei

Thierleibes bei den höheren Säugethieren Rückschritte ver Was beispielsweise die Geruchswerkzeuge betrifft,

so steht nach Owens Ausspruch der Mensch und die Affen unter den meisten Vierfüßern . In der Nervenlehre gibt Owen die Geschichte der Ent deckung der Empfindungs- und der Bewegungsnerven aus einem sehr selten gewordenen Druckwerke, welches Charles Bell 1811 in wenig Abzügen drucken ließ und vertheilte. Bei den Rückenmarksnerven unterscheidet man die hinteren (Fig. 4 A. ) Wurzeln, die feiner sind, von den vorderen

höheren Thieren zeigt es Runzeln und Falten oder Fur chen und Windungen. Hier glaubte man nun den Schlüssel zu einer Rangordnung gefunden zu haben, denn durch die

A größere Zahl der Furchen und Falten vermehrte sich die Oberfläche des Gehirns, und da an der Oberfläche des großen Gehirns eine Schicht grauer Nervensubstanz sich befindet, so wurde durch die Windungen diese Substanz vermehrt und diese Vermehrung schien entscheidend für den Rang des Gehirns zu sein.

Allein erstens fand sich

daß bei manchen Vierhändern die Furchen sehr einfach und spärlich auftreten, obgleich bei ihnen das große fast gänzlich das kleine Gehirn umhüllt, wodurch sie also sehr hoch stehen Dann aber zeigten sich beim Elephanten und bei einigen Cetaceen, beim Delphin (Delphenus Delphis) nament lich ein höheres Maß von Windungen als selbst beim Men

sollten.

schen.

In Bezug auf den Delphin half man sich wieder,

indem man sagte, seine Gehirnwindungen seien zwar zahl reicher aber symmetrisch, während sie beim Menschen un Beim Elephanten sind sie jedoch jymmetrisch verlaufen.

Fig. 4.

Die Wurzeln der Rückenmarksnerven.

ebenfalls unsymmetrisch, und jedenfalls war es in Bezug

gröberen bei P., welche lettere mit dem Nervenganglion

auf die Quantität der grauen Nervensubstanz ganz gleich: giltig ob die Windungen symmetrisch oder unsymmetrisch

G. sich vereinigen bevor sie mit den andern bei C. zu dem flachen Bande eines Nervenstammes zusammenfließen.

Eine einzige Messungsart gibt dem mensch

Bell nun kam auf den glücklichen Gedanken daß in jedem

lichen Gehirn einen unbedingten Vorrang, nach Owen ist

Stamme Empfindungs- und Bewegungsnerven vereinigt

ausfallen.

Reise nach dem Altai im Jahre 1868.

247

liegen möchten, und daß durch Versuche ihre verschiedenen oder Spitzähne sind im Oberkiefer diejenigen welche im Verrichtungen gesondert sich offenbaren möchten. Allein I Kieferknochen hart an der Nath mit dem Vorderkiefer stehen . er stieß auf die Schwierigkeit daß er die eine Art Nerven

Auf dem untern Kiefer iſt ein Hundszahn derjenige welcher

fasern nicht in Thätigkeit versehen konnte ohne die andere Endlich aber bewältigte er seine Aufgabe. zu verlegen.

bei geschlossenem Gebiß über die Krone oder Epiße des

„Bei Entblößung der Wurzeln der Rückenmarksnerven fand ich daß der Bündel der hinteren Nerven, welcher an

zähne folgen dann die vordern Backenzähne (premolars),

der hinteren Seite des Rückenmarks entspringt, durchschnit

Backenzähne, welche sich nie erneuern .

ten werden konnte ohne daß sich die Rückenmuskeln zu jammenzogen sowie aber das vordere Bündel mit dem

Amphicyon, von dem er einen Oberkiefer abbildet, auf

Meſſer nur berührt wurde die Rückenmuskeln sich zuſam " menzogen Es ist gewiß intereſſant aus dem Munde des Entdeckers selbst die früheste Nachricht über seine Erkennt

obern Spizzahnes noch ein wenig vortritt.

Auf die Hunds:

kenntlich daran daß sie auf Milchzähne folgen, endlich die Als Typus für die

Säugethiere gilt Owen der Zahnbau des ausgestorbenen

dem sich 8 Backenzähne, 6 Milch- oder vordere Backenzähne, 2 Spitzähne und 6 Schneidezähne befanden, also 44 Zähne auf beiden Kiefern.

Eine deutsche Redensart sagt der Dachs zehre vom

niß einer großen Wahrheit zu vernehmen . Wir schließen unsere Mittheilungen aus dem dritten

eigenen Fett.

Es gibt einige zahnlose Gattungen unter den

Dieß thut er auch wirklich, dieß thun über haupt alle Thiere die in einen Winterschlaf fallen, und bei denen sich im October eine dicke Fettlage unter der Haut vorzufinden pflegt, welche im März noch nicht ganz

Säugethieren wie die echten Ameisenfreſſer (Myrmecophaga ) die Schuppenameiſenfreſſer (Manis), und die monotremati

aufgezehrt, wenn auch beträchtlich zuſammen geschwunden ist, während alles Fett des Bauches an den Gedärmen

schen Ameisenfresser (Echidna ).

und an den Lebern verzehrt ist. Merkwürdiger Weise findet sich auch bei Thieren die nicht periodischen sondern nur

Bande mit ein paar Bemerkungen über den Zahnbau auf den Cuvier eine systematische Eintheilung zu begründen suchte.

Das Schnabelthier führt

Hornzähne, und bei den Walen stellen sich wenigstens im embryoniſchen Zuſtande vergängliche Zähne ein.

Die Zahl

32 beim Menschen, den Affen der alten Welt, und den echte Wiederkäuern ist die Durchschnittszahl, die Normalziffer aber ist 44.

Das Armadill hat 90, der Delphin des

Ganges 120, und der echte Delphin 100-190 Zähne, lehteres die höchste Zahl die bei Säugethieren angetroffen

zeitweiligen Entbehrungen ausgeseßt sind ein ähnliches Magazin zur Aufspeicherung von Nahrung. So dienen die zwei Fettballen des Kamels und der eine des Drome dars, die wir ihre Höcker nennen, bei Wüstenreisen als Sparpfennig und erscheinen daher auch am Schluſſe län gerer Entbehrungen beträchtlich vermindert.

wird. Der Mensch ist in der heutigen Schöpfung allein ausgezeichnet durch lückenlosen Zahnbau wodurch sein Ge biß nicht wenig an Festigkeit gewinnt. Ehemals glaubte man er ſei das einzige Geschöpf welchem dieser Vorzug zu komme, allein bei erloschenen Vierfüßern (Anoplotherium ,

Reise nach dem Altai im Jahre 1868

Nesodon, Uichodon) sind ebenfalls geschlossene Zahnreihen entdeckt worden. Owen unterscheidet Thiere ohne (Mono

von B. v. Cotta.

phyodonten) und Thiere mit Milchzähnen (Diphyodonten).

(Schluß.)

Ein Nachwuchs von Zähnen findet bei allen Säugethieren 1. Juli. statt, mit Ausnahme allein der Monotremata (Echidna, Schnabelthiere) der Cetaceen (Fischzißenthiere, Wale) , und der Bruta (Armadill, Ameisenfresser) . Nur bei Thieren die

Der Vormittag war wieder unter Besuchen

vergangen, nach dem Mittagessen Abreise nach Salair. Der erste Theil des Weges fällt zusammen mit der leß ten Tagesreise nach Barnaul. Am Morgen des

Milchzähne führen, lassen sich einzelne Zähne als Individuen 2. Juli erwachten wir mitten im Urwald, hier Tzscherni mit Zahnindividuen bei andern Thieren ſtreng vergleichen . Wenn aber Cuvier die Zähne selbst nach ihrer Gestalt und Ver richtung als Schneidezähne, Reißzähne, Hundszähne, Back: und Tubercularzähne unterscheiden wollte, so hat uns Owen überzeugt zu welchen Willkürlichkeiten dieses Verfahren leitete.

oder Teiga genannt : die Vegetation iſt ungemein üppig : den Fahrweg begränzt auf beiden Seiten zunächst ein un durchdringliches Dickicht von Kräutern und Sträuchern, die sich Raum und Licht streitig machen; Kletten, Disteln, Echirling, Fingerhut, Schafgarbe u. s. w. erheben sich 10

" Größe und Gestalt, lehrte er, sind die unwesent lichsten Merkmale, die Homologie der Zähne entscheidet sich vielmehr nach ihrem örtlichen Ursprung, ihrer Verbindung und ihrer Entwicklung. " Mit andern Worten Owen ver

bis 12 Fuß hoch, dahinter Spiräen, Robinien und Faul baum, von wildem Hopfen durchwachsen, ―――― und hinter

sucht eine topographische Eintheilung der Zähne.

wenig Fichten und Kiefern gemengt.

Schneide

diesen erst der Hochwald, aus Aspen, Birken , Pichten mit

in dem Vorderkieferknochen des Oberkiefers und in dem

Gedrängte Schaaren weißer Schmetterlinge beleben den Fahrweg und den blühenden Waldsaum ; auf den großen

entsprechenden Theile des Unterkiefers stehen.

Distelblüthen sigt oft ein dichter Kranz der Falter, so daß

zähne, wie immer ihre Gestalt sei, sind ihm daher solche die

Hundszähne

Reise nach dem Altai im Jahre 1868.

248 ――

―――― fie

aus der Ferne gesehen

zur Blume zu gehören

scheinen, die dadurch ein ganz fremdartiges Ansehen ge winnt. Gegen Mittag langten wir in Salair an, wo Oberſt

24. Juli.

Nachmittags erreichten wir bei Kuria die

ersten flachen Vorhügel des Altai, die aus quarzigem Ge stein bestehen. In der Nähe hat man Sandstein- und Schieferthonschichten erschürft, welche Abdrücke von Stein:

Staatsrath Smirnoff uns eine freundliche Wohnung bereitet

fohlenpflanzen enthalten.

hatte.

sicht nicht vor Tagesanbruch in Schlangenberg anzulangen, verursachten einen mehrstündigen Aufenthalt. Auf einer kleinen Excursion in die Umgegend trafen wir auch die

Noch an demselben Nachmittag wurden die großen

Tagebaue und Pingen der Silbergruben besichtigt. 3. Juli.

Befahrung der Gruben und kleine geogno

stische Wanderung an der Oberfläche.

Am Abend langte

eine Staffete an, welche die hiesigen Beamten zum Em pfang Sr. k. H. des Großfürsten Wladimir nach Bar: naul berief. Unter diesen Umständen kehrten auch wir

Dieser Umstand, so wie die Ab:

ersten Jurten an, die, in einiger Entfernung von dem Dorf aufgestellt, von Kalmüken (Kirgisen) bewohnt wurden. Dieſe luftigen Filzhütten machten dem Westeuropäer, der fie zum erstenmal sieht, einen recht fremdartigen Eindruck ;

am 4. Juli dahin zurück, wo wir am Morgen des 5. an langten, und dießmal in dem zufällig ganz leer ſtehenden

ihre innere Einrichtung bietet aber wenig anziehendes,

sehr bequemen Hause des Dr. Dumberg abstiegen.

daß diese Nomaden mit einer gewissen Vorliebe möglichst

und noch häufig hatte ich später Gelegenheit zu bemerken

öde Plähe zu ihrer temporären Ansiedelung wählen, und Wir fanden die Stadt schon im vollen Festschmuck für diese auch noch durch ringsum ausgestreute Knochen ver den Empfang des Großfürsten bereit. unzieren. 6. Juli.

Gegen Mittag langte Ee. f. Hoheit unter Auf der Station vor Schlangenberg warteten wir den

großem Volksjubel und dadurch aufgewühltem Staub an. Bei meiner Vorstellung wurde mir die gnädige Auf forderung an dem beabsichtigten Ausflug nach dem Te lezky- See theilzunehmen. Leider unterlag ich schon am

Aufgang der Sonne ab ; diese Station liegt schon ganz zwischen felsigen Granitbergen, denen, um eine sehr male: rische Gegend zu bilden nur der Schmuck des Waldes fehlt.

So bleibt die Landſchaft bis Schlangenberg, wo

nächsten Tag einem Ruhranfall, ſo daß ich diesen schönen Plan aufgeben mußte, und auch der Großfürst erkrankte bald darauf in Biest, so daß dessen Abstecher in das wilde

wir Vormittags 8 Uhr anlangten, und ein sehr geräumi ges elegant eingerichtetes Haus zur Wohnung erhielten.

Gebirge überhaupt aufgegeben wurde. Meine Krankheit fesselte mich bis zum 23. in Barnaul ; doch konnte ich während dieser Zeit wenigstens die Sammlungen des

vor, und dann fuhren wir zur nahe gelegenen Schmelz: hütte.

Museums, Karten und Grubenplane studiren, wodurch die

erwähnte fatale Augenentzündung an weiteren Excursionen,

Zeit nicht vollständig verloren ging. Am 13. waren auch die HH. Teplouchoff und Scharin angelangt, welche von nun an meine treuen Begleiter blic ben bis zurück nach Perm. Nicht genug kann ich der ärztlichen und freundschaft lichen Fürsorge danken die mir in Barnaul durch Dr. Hopfenhaus und zahlreiche liebenswürdige Bewohner der Stadt zu Theil wurde. Am 23. Nachmittags reisten wir, jezt in 2 Tarantaſſen Bis zum Landhaus des Dr.

Oberst Eidorrff stellte mir bald sämmtliche Localbeamte

Vom 25. Juli bis 6. Auguſt hinderte mich die schon

nur die nächsten Gruben und Steinbrüche vermochte ich während dieser Zeit zu besuchen. Zu meiner großen Freude hatte sich am 1. Juli auch Oberst v. Eichwald eingefunden, welcher vor einigen Monaten Nertschinsk im östlichen Sibi rien verlassen hatte, um eine Professur an der Bergakademie in St. Petersburg anzutreten, vorher aber mich auf meiner Altaibereisung zu begleiten.

Da in Schlangenberg auch

noch die HH. Ivanoff und Bastrigien , zu meinen Beglei= tern bestimmt waren, so nahmen wir von hier aus 3 Wa:

vertheilt, von Barnaul ab.

gen ein, und bedurften sehr viele stets voraus zu bestellende

Hopfenhaus im Schwanensee fuhren wir durch Kieferwal

Pferde ; ich brauchte für meinen etwas schweren Wagen

dung, dann aber beginnt sehr bald eine eigentliche Steppe eine waldlojes Flachland, von sehr wenigen

allein stets 6 bis 8, einmal sogar 10.

Die ursprüngliche

Gabeldeichsel war längst beseitigt, und durch eine einfache

Bächen durchzogen, mit kaum bemerkbaren Feldern in der Nähe der baumlosen Orte, die aus der Ferne zwar den Eindruck regelloser Holz : und Reisighaufen machen, aber

ersezt, da sich jene für die tiefgleisigen Gebirgswege durch

Vegetation. Dichte Staubwolken trübten die heißen Sonnenstrahlen

Der See gilt für den malerischesten Glanzpunkt des Altaigebietes ; er ist auf einer Seite von pfeilerförmigen

und verursachten mir eine empfindliche Augenentzündung, welche mir leider wieder mehrere Tage Beobachtungszeit raubte.

Granitfelsen, auf der andern von flachhügeliger Steppe umgeben. Die niedere Vegetation ist zwar üppig, aber und vielleicht war es dieser Wald fehlt auch hier fast ganz

aus nicht eignet.

Am 7. August seßte sich unsere Karawane, dießmal Graugrüne Arte 1 ausnahmsweise schon Vormittags, in Bewegung, zunächst doch ganz wohnliche Häuser enthalten. miſten, Veronica incana und Galium verum bilden den nach dem Kolyvansee, dann nach der kaiserlichen Stein: schleiferei in Rolyvan. vorherrschenden Charakter der niedern und durchsichtigen

Reise nach dem Altai im Jahre 1868.

Umstand, verbunden mit zu heller Sonnenbeleuchtung bei drückender Hiße

und

immer noch etwas angegriffenen

Augen, der den Eindruck sehr herabzog.

Ich fand die Lage

249

An den Fuß des Berges zurückgekehrt, bewirthete uns der Bienenwärter mit ganz ausgezeichnetem frischen Honig, Milch und Gurken, für Thee und Zubehör war von Ko

der Schleiferei an dem von schönem Hochwald umgebenen großen Hüttenteich weit anziehender. Dieser Ort wird

lyvan aus gesorgt worden .

deßhalb zuweilen auch von Gästen aus Barnaul, und selbst

in derselben Nacht nach Schlangenberg zurück : den nächſten Tag nahm die Verpackung der geſammelten Mineralſchäße

aus Omsk, für einige Zeit zum Sommeraufenthalt gewählt. Der Director der kaiserl. Steinschleiferei, Hr. Oberst Stobin, bei dem wir eine höchst zuvorkommende Aufnahme

Nachdem wir in Kolyvan gespeist, kehrten wir noch

und die Aufzeichnung vieler Bemerkungen in Anspruch. 11. Juli gegen Mittag reisten wir in der Richtung

fanden, und dessen liebenswürdige Gattin sogar wegen

gegen Riddersk weiter.

meiner Augenentzündung ein Zimmer mit grünen Gardi nen vorbereitet hatte, führte uns nach Tisch noch in die

Baum wird sichtbar ; nur Steppenvegetation und niederes

Schleiferei, in welcher wesentlich nur für das kaiserl. Ca

Kletten,

binet die schönen Porphyre, Grünſteine und sogenannten Jaspisse zu allerlei Kunstwerken verarbeitet werden.

dringlich für Fußgänger, wechselt mit der graugrünen Weidefläche ab. Hie und da sieht man kleine Gruppen

8. Juli Vormittags nach der ältesten Demidoff'schen Grube und Hütte im Altai, deren Lage jezt nur noch durch

kirgisischer Jurten.

kleine Schlackenhalden und einen verwitterten Denkstein mitten im Wald erkennbar ist.

Nachmittags auf einen benachbarten Granitberg, dessen Gipfelfelsen der Nixen ― stein ruinenförmig über den Wald aufragen und von sehr sonderbaren Ausspülungen durchbohrt sind ; dann über breite in der üppigsten Blüthe stehende Waldwiesen flächen nach dem weißen See. Leider trübte schon seit 10

Die Gegend ist trostlos öde, kein

Gestrüpp von Johannisbeeren, Spiräen, Rosen, Himbeeren, Disteln, Farn, Malven u. s. w., faſt undurch

In Lasicha (Ober Ubinska) an der Uba

übernachteten wir im.Poſthauſe. 12. Juli.

Mit Tagesanbruch bestiegen wir einen be

nachbarten Berg.

Einige Schurfarbeiten auf seiner Höhe

haben den Grauwackenſchiefer aufgeſchloſſen, der hier außer ordentlich viele Versteinerungen enthält, von denen eine große Zahl gesammelt wurde. Dann zwischen immer höher aufsteigenden, aber meiſt fahlen Bergen bis Riddersk, wo wir am Nachmittag an langten.

Tagen ein entfernter Waldbrand jede Fernſicht ; am Ufer des Sees aber erwarteten uns bei einem geschmackvollen

Dieser große Bergort liegt am östlichen Rand eines

Sommerhaus die Damen mit allerlei Erfrischungen, und erst spät kehrten wir von da zurück nach Kolyvan.

7 Werst breiten Thalkeſſels, rings von hohen Bergen um geben. Südlich steigen die schroffen alpinischen Gipfel bis

9. Juli. Wir fuhren einige Werst weit an den Fuß des blauen Berges, des höchsten der Gegend . Bei einer im Wald erwarteten einsamen Bienenstation mitten im uns die Reitpferde, die uns vierzehn Reiter - voran

zu 7000 Fuß über dem Meeresspiegel und 4-5000 Fuß über dem Thalboden auf, aus deſſen Geröllebene - die einem früheren Seebecken zu entsprechen scheint

fich

nur vereinzelte Granithügel und Porphyrkegel erheben, lettere ganz in der Form von kleinen Basaltbergen.

der Forstbeamte mit 2 Waldarbeitern zur Lichtung des Weges den steilen Pfad hinauftrugen, durch dichten Wald und dichtes Gestrüppe, aus Loniceren, Johannis beeren und prachtvollen Waldblumen beſtehend. Die be

Diese Lage würde prachtvoll zu nennen sein wenn nicht die umgebenden Berge fast vollständig entwaldet wären. Die Abhänge und der Thalboden zeigen nur

gleitenden Kojaken pflückten dicht mit rothen Trauben behan

Steppengräser, Gestrüpp und vereinzelte Feld: oder Baum

gene Johannisbeerzweige, an denen wir uns erfrischten,

gruppen.

während die Pferde ein wenig verſchnauften. Auf der Höhe des Berges erheben sich mächtige Granitfelsen, aber die

lichen Wirthes, des Hrn. Bergverwalters Ivanoff.

Fernsicht war leider wieder durch den Rauch des Wald brandes gestört. Ein sehr großer Granitblock auf dem höchsten Sattel dee Berges enthielt eine beckenförmige Vertiefung voll Wasser und Algen, und in diesem etwa 6 Fuß breiten. Becken schwammen kleine röthliche Thierchen umher, die sich bei näherer Untersuchung als sehr sonderbare Crustaceen ergaben.

Wie eine Dase erscheint aus der Ferne der von

Birken und Aspen beschattete Hausgarten unseres freund

13. August besuchten wir alle benachbarten Halden und Pingen des hiesigen Grubengebietes, deren silbererzhaltige Lagerstätten in sehr unregelmäßiger Weise den Thonschiefer durchseßen, und dabei einigermaßen an die Nachbarschaft des Porphyrs gebunden erscheinen. 14. August. Wir ritten in großer Gesellschaft auf den gegen 6000 Fuß hohen Jranoff-belloff. Dieser Berg be

Weil so weit im Osten der alten Welt aufgefunden,

steht aus Granit, häufig durchsetzt von sogenannten Trapp gängen. Steppen- und Gestrüppflora voll lästiger Mücken

erklärten wir sie durch Majoritätsbeschluß für noch lebende

herrscht vor, nur vereinzelt führt der steile Weg durch Nadel

Eozoa. Eicher würde es aber sehr interessant sein zu untersuchen auf welche Weise diese kleinen Krebje in das

wald, in welchem sich zwischen Kiefern, Pichten und Zirbel kiefern auch vereinzelte Bäume der Pinus sibirica Ledes

durchaus isolirte Wasserbecken gelangt sein können. Ausland. 1869. Nr 11.

bur's finden . 33

Reise nach dem Altai im Jahre 1868.

250

Die Aussicht vom Gipfel, der ein hölzernes Kreuz trägt, ist sehr umfassend. Ringsum erheben sich kahle Berge von zum Theil alpinischen Formen, nur durch den breiten Thal kessel unterbrochen, in welchem Riddersk 5000 Fuß unter uns liegt, als einziger sichtbarer Wohnort.

Auch in diesem

men ungemein malerisch sind, während leider auch hier der Wald mit Ausnahme der lieblich gruppirten kleinen ―――― Flußinseln gänzlich fehlt, und in einer wenig angebau ten Gegend um so empfindlicher vermißt wird. Nach der Ueberfahrt auf das südliche Ufer der Buch.

Panorama vermißt man aber sehr empfindlich zuſammen

tarma langten wir gegen Abend in Syranoffst an. Das

hängende Waldflächen. 15. August. Vormittags Befahrung der Grube Sokol:

ist wieder ein großer Ort auf breiter Steppenfläche, fast Am rings von zum Theil sehr hohen Bergen umgeben. grani deſſen auf, höchsten ragt südwestlich der Adlerberg

nik.

Nachmittags Excursion nach dem tief und schroff in

den Granit eingeschnittenen Thale des Gramatucha. Am Ufer des rauschenden Bergflusses unter dem Dach

tene Felszacken schroff gen Himmel ragen, während ſüdöſt Auch lich Porphyrberge mehr abgerundete Regel bilden.

einer großen sibirischen Fichte hatten die vorausgeeilten

hier fehlt der Wald gänzlich, und selbst an trinkbarem

Diener Teppiche ausgebreitet, die Theemaschine und aller lei andere gute Dinge aufgestellt. Dieser Lagerplay war

Wasser ist so großer Mangel, daß es 10 Werst weit aus der Buchtarma herbeigeholt werden muß, da der kleine

der anziehendſte den ich im Altai kennen lernte ; das Thal

Bach

vor uns zeigte ganz alpinische Formen, an den höchsten Rändern der nach Nord gerichteten Bergabhänge auch etwas

zum Auspumpen der Grubenwasser in Bewegung sett für etwas verwöhnte Gaumen ungenießbar ist . Die hie

Schnee; hie und da hat ſich noch etwas Wald zwischen

sigen Gruben sind gegenwärtig die reichsten im ganzen

den schroffen Felsvorsprüngen erhalten ,

Altai, aber die geförderten Erze müssen wegen Mangels an Brennmaterial an sehr entfernte Hüttenwerke geliefert werden, was nicht nur große Transportkosten, sondern auch

obwohl erst vor

wenigen Jahren die größten Flächen desselben durch einen gewaltigen Brand zerstört worden waren,

nur die halb

verkohlten Stammreſte zurücklaſſend. 16. August.

Der Weg zu Pferde durchs Gebirge nach

der Buchtarma mußte aufgegeben werden, da man besorgte in den kleinen Gebirgsorten nicht genug Pferde erlangen zu können ; es war nämlich die Nachricht eingelaufen ſie seien kürzlich durch Bären von ihren Weideplägen versprengt worden. Da nun überdieß die bisher untadelhafte Witte rung mit Regen drohte, so fuhren wir nach dem Mittags essen zunächst eine Strecke auf dem alten Wege zurück und dann in dem schönen Thale der Ulba hinab in das Seiten thal von Bobrofka, wo wir übernachteten. 17. August.

Während der Nacht war wirklich starker

Regen gefallen, aber bei unserer Abfahrt klärte sich der Himmel wieder etwas auf.

beträchtliche Verluste an Silber verursacht. 19. Auguſt .

Untersuchung der Tagesoberfläche und

Besichtigung der Grubenrisse wie der Sammlungen . 20. August. Grubenbefahrung und Excursion über Tage. In der Grube fanden wir auf dem 11. Lauf also ziemlich tief unter dem Stollen die Wände zum Theil mit den prachtvollsten Eiskrystallen besetzt, so daß man sich in einer der schönsten Krystalldrusen zu bewegen schien. Sehr frischer Wetterwechsel ist offenbar die Ursache dieser interessanten Erscheinung, die immerhin nicht so leicht erklärbar ist, da sie in verhältnißmäßig so großer Tiefe beobachtet wird. 21. August.

Nachmittags Fahrt bis zur Einschiffungs:

die mehrmals durchfahren werden.

stelle der Erze am rechten Ufer des Frtyſch, einige Werst oberhalb Buchtarminsk. Das Berg und Hügelgebiet

Wir waren hier an die sogenannte Kosakenlinie

welches der Weg durchschneidet, ist wieder ganz waldlos,

das Thal der Ulba, mußte.

Bald erreichten wir abermals

welcher ein werſtlanges sogenanntes Feldgeſtänge

gelangt, und an jedem Haltepunkte begrüßte uns der com

enthält aber zwischen der Steppenflora einige sehr frucht

mandirende Officier, um den Pferdewechsel zu überwachen. Die sehr schlechten Wege erforderten für jeden Wagen 6

bare Feldstrecken, oft weit entfernt von den Dörfern.

bis 10 Pferde, und da die vorausgesandten Staffetten stets

22. Aug. Noch vor Sonnenaufgang wurden unsere Wagen auf ein Schiff gebracht, die unmittelbaren Reise

viel mehr Pferde beſtellt hatten als nöthig, so erſchien es fast als wenn an den Stationsorten, deren Bevölkerung

zweiten Schiffe.

uns zum Theil erwartete, Pferdemärkte abgehalten werden sollten. Den schwierigsten Theil des Weges bildete eine

schifft und begannen die Waſſerfahrt. Der Zrtyich durchschneidet bis nach Ustkamenogorsk hinab

gegen 500 Fuß aufsteigende enge Schlucht, in welcher der

die Gebirgsmasse des Altai, doch werden die südlich auf

bedürfnisse aber unter ein sehr freundliches Zelt auf einem Gegen 6 Uhr früh hatten wir uns einge

Fahrweg theilweise nur aus dem steinigen Bette des Baches

steigenden Berge gewöhnlich nicht zum Altai, sondern zur

bestand.

Kirgisensteppe gerechnet.

Gegen Abend stellte sich wieder Regen ein, und

Mit allen Windungen beträgt

wir übernachteten deßhalb in Birosoffka (Birkendorf). 18. August. Bald erreichten wir ein östliches Seiten

dieser Wasserweg von unserm Einschiffungspunkt aus bis

thal des Jrtysch, deſſen Wasserspiegel in der Ferne sichtbar wurde, während südlich die selfigen Granitkegel von Buch: tarminst aufragten. Von Buchtarminsk aus führte unser

ser ganzen Ausdehnung sind die Uferformen eben so wech selnd und mindestens eben so malerisch), die zu beiden Seiten aufsteigenden Berge aber oft weit höher als am Rhein

Weg in dem Thale der Buchtarma aufwärts, dessen For

zwischen Bingen und Bonn, oder an der Elbe zwischen

nach eben genannter Stadt etwa 120 Werst, und in die

Reise nach dem Altai im Jahre 1868.

Lobosiz und Tetschen.

Doch können sich nur die Formen

251

lich wieder aufgenommen worden ist, während hier schon das

der Ufer mit jenen messen, denn die 14stündige Waſſer

alte Volk der Tschuren (vielleicht Scythen) Kupfererze ge

fahrt beim günſtigsten Wetter wird troßdem faſt ermüdend

wonnen haben soll .

einförmig durch den gänzlichen Mangel an altem oder neuem Anbau, Wald und Frische der Vegetation.

Dieser ganze Theil des Altaigebirges ist verhältnißmä Big flach undulirt, aus Thonschiefer, Porphyr und wenig

Nachdem wir an dem unscheinbaren Buchtarminsk und dem Einfluß des Buchtarma vorüber waren, erblickten wir

Grünstein bestehend ; ganz unbewaldet mit dürrer Steppen flora bedeckt - ein trostloser Anblick. Jenseits des Jr.

bis zur Landung im Abenddunkel nicht ein einziges Dorf, keinen Wald, keine Quelle und kaum einen einzigen Seiten

tysch ragen aber aus der Kirgiſenſteppe einige sehr zackige und hohe Berggruppen empor.

bach. Das helle Sonnenlicht zeigt alles Vorhandene un verhüllt , aber nur die nackte Bodenform ; der Phantasie

25. Aug. Nach Besichtigung der Tagesoberfläche von Tschudack reisten wir nach Nikolajeffik ab, und langten

ist kein Spielraum gelassen sich unter einer Hülle üppiger Waldvegetation lauschige Pläßchen, kühle Quellen, verdeckte

der Grubenrisse und der großen Pingen füllten den Rest

Reize, verborgenes Leben zu denken.

Die Schönheit der

nadten Körperform genügt selbst beim Menschen nicht für ―― die Dauer eine theilweise Verhüllung erhöht ihre Reize. Der gewaltige Strom bewegt sich zwischen Bergen und Felsen aus Granit und Thonschiefer, nur theilweise von

daselbst gegen Mittag an.

Besichtigung der Sammlungen,

des Tages aus. 26. Aug. Etwa 18 Werst

südlich

von Nikolajeffsk

dem flachen Diluvialgebiet eine kleine Gruppe von Porphyrbergen, in denen früher zwei Gruben

erhebt sich aus

zeigt sich in den Bergfalten niederes Geſtrüpp mit verein

bebaut worden sind . Wir konnten nur noch die Ueber reste derselben besichtigen. 27. Aug. Vormittags wurde die einige Werst östlich

zelten Baumkrüppeln, oder es dehnen sich flache Uferterraſſen

gelegene Grube Taloffst befahren, gegen Abend aber reiste

vor den Bergen aus, die von ungleich hohen Waſſerſtän den herrühren.

ich mit Majuroff und Scharin in der Richtung nach Se mipalatinst ab, während ich mich von den übrigen Reise

Wo der Fluß kleine Inseln einschließt, da sind diese

begleitern trennen mußte um den Rückweg anzutreten. Teplouchoff hatte schon einige Tage vorher eine besondere Excursion unternommen, um sich in Semipalatinsk wie

einer niederen graugrünen Steppenflora bedeckt ; höchstens

zuweilen von Weiden, Aspen und Pappeln beschattet, auch zeigt sich dort wohl ein vereinzeltes Fischerboot, und viele Stellen der Fahrt bieten an sich höchst malerische An sichten , aber immer nur auf kahle Formen . Das thie rische Leben beschränkt sich auf Schwärme von Wildenten verschiedener Art, Krähen, Bewohner des Wassers.

einzelne Raubvögel und die

der mit mir zu vereinigen. Mitten in der Nacht erreich ten wir bei Schulipinsky den Jrtysch, da dieser aber über fahren werden mußte, warteten wir den Anbruch des Ta ges im Wagen ab.

Nach einer kleinen Steppenfahrt auf

dem südlichen Ufer kehrten wir auf das nördliche zurück.

Unsere sechs kirgiſiſchen Ruderer hatten nur selten nöthig

schnell thalabwärts führte ; bei so geringem Kraftaufwand

Beide sind nur etwa 20 Fuß hoch, beſtehen aber im Fluß bette aus steil aufgerichtetem Thonschiefer, der dann von Lehm und Sand bedeckt ist ; auf der oberen Thonschiefer

möchte allenfalls die dürftige Kost genügen welche unsere

gränze entspringen sehr viele Quellen.

Kirgisen während des ganzen Tages genossen ; sie bestand

29. Aug. Gegen Abend erreichten wir Semipalatinſk. Aus einiger Entfernung gesehen, macht es den Eindruck

ihre Kräfte anzustrengen, da die Strömung allein schon uns

aus Wasser

und Zuckermelonen, den Fruchtböden von Im

einer großen Stadt mit vielen Moscheen und Kirchen, die

Gegensah dazu waren wir sehr reichlich versorgt, und kürz

durch 14 Thürme geziert sind ; gelangt man aber in die

Sonnenblumen, etwas Schwarzbrod und Ziegelthee .

ten uns die Zeit durch zahlreiche Mahlzeiten, sowie durch

breiten, tief sandigen Straßen, so wird jener erste Eindruck

fruchtlose Schießübungen nach Wildenten. Am Landungsplay oberhalb Buchtarminsk fanden wir

sehr herabgestimmt, da nur sparsam größere städtische Häuser

das sehr freundlich gelegene und elegant eingerichtete Haus des Localbeamten schon vollständig erleuchtet, und zu unse rer Aufnahme bereit, auch lieferte die Küche sehr bald einen wahren Ueberfluß von allerlei trefflichem Material. 23. Aug. Wir reisten durch die kleine Stadt Ustka menogorsk nach Belusoffit, wo wir Nachmittags noch die Gruben befuhren, und eine kleine Excursion über Tage ausführten. 29. Aug.

sich zwischen den niederen Holzhütten und rohen Gartenzäu nen erheben. Unsere Wohnung bei Hrn. Stephanoff bot indeſſen einen recht freundlichen Blick auf den Jrtysch, deſſen . Bett auch hier noch in dunklen Thonschiefer eingeschnitten ist, während 20' über dem Wasserspiegel die allgemeine lockere Sanddecke beginnt. Der Bazar von Semipalatinsk, welcher früher viel von chinesischen Kaufleuten besucht worden ist, hat durch

In Perosoffsk wurde wiederum die Grube

befahren, und dann noch der Weg bis zu der einsam ge

die Unruhen im Innern Centralaſiens sehr verloren .

Nur

mit Mühe gelang es mir einige chinesische Artikel aufzu

Noch denselben

treiben, die Hauptmasse der Waaren besteht aus europäi

Abend besichtigten wir auch dieſe Grube, welche erſt neuer

ſchem Ausschuß, und man kann sich zwischen den Holzba

legenen Grube Tschudack zurückgelegt.

Reise nach dem Altai im Jahre 1868 .

252

raken dieses Bazars leicht auf den Wiener Tandelmarkt versett dünken. Die Inseln, welche den Fluß in mehrere Arme spalten, sind fast allein noch mit Wald bewachsen, und ein Spa ziergang auf einer der größern derselben bot nach langer Entbehrung wieder Waldesfrische. Jenseits dehnt sich das flache Land als echte Steppe aus.

Das unmittelbare Flachufer bedecken -

so weit der

Wasserspiegel auf und abschwankt- niedere grüne Sumpf pflanzen ; darauf folgt ein Rand, welcher durch Polygonum und andere Salzpflanzen fast purpurroth erscheint - und diese concentrischen Farbenkreise haben dann wieder die ein förmige grau-gelb-grünliche Steppe zur Umgebung. Merk würdig genug wechſeln mit den vorherrschend ſalzbaltigen

am 30. Aug. Mittags Hrn. Teplouchoff vor, und beſtell

Seen auch solche die nur süßes Wasser enthalten, und bei dem Orte Presnogarkoffska (zu deutsch Süßbitter) liegt auf der einen Seite ein Salzsee, auf der anderen - kaum

ten sogleich Pferde zur Weiterreise, die wir kurz vor Son

200 Schritt davon getrennt

nenuntergang antraten.

etwa 20 Fuß tiefer stehendem Wasserspiegel. Es ist schwer einen Grund dieser Verſchiedenheiten zu erkennen.

Von diesem Spaziergange zurückgekehrt, fanden wir

Wir fuhren nun 12 Nächte und 11 Tage lang auf

ein süßer, letterer mit

der sogenannten Kosakenlinie, die sich zwischen Sibirien

Das animalische Leben erschien etwas reicher in der

nördlich und der Kirgisensteppe südlich hinzieht, eine Ein

Kirgisensteppe als auf dem nördlichern Weg durch Sibirien,

richtung die freilich ihre ursprüngliche Bedeutung verloren hat, seitdem auch die südliche Steppe zum russischen Reich

fluß übte.

gehört. Da eine solche Fahrt nur wenig Abwechselung darbietet. so werde ich auch nur einzelnes daraus hervor heben.

doch ist es möglich daß die Jahreszeit hierauf einen Ein In der Barabinskiſchen Steppe war die Vogel

welt besonders durch Krähen, Raben, Elstern, Sperlinge und Staare vertreten, für welche lettere man ähnliche

Der Steppencharakter tritt zwischen Semipalatinsk und

Wohnhäuser, in Ermangelung der Bäume auf Stangen errichtete wie bei uns.

dem Ural auch nach unseren westeuropäischen Begriffen - weit deutlicher hervor als auf dem Wege zwischen Katharinenburg und Barnaul. Bei Belakamenske sahen weißer Quarzfels ragt wir das letzte anstehende Gestein

ratte aus, welche hier die Beutelthiere Australiens zu ver

Unter den wilden Vierfüßlern zeichnete sich eine Spring

treten scheint.

Das Zuchtvieh gleicht nördlich ganz dem

europäischen, während wir aus dem südlichen Wege statt in großen Steinblöcken aus dem diluvialen Sand hervor, und hat offenbar die Benennung des Ortes (zu deutsch)

der gewöhnlichen fast nur Fettschwänze und unter dem Rindvich zuweilen Reitochsen fanden.

Weißstein) veranlaßt, von da bis Troisk fehlt jede Spur In der Kirgisensteppe kamen zu den genannten Vögeln

eines Felsens, auch die tiefsten Flußeinschnitte haben nur Sand und Thon oder Lehm entblößt, in deren Schichten

große Schaaren von wilden Enten, Gänsen und Schwänen

ich nur bei Petro Pauloffit, am Ufer des Jschym, einige

(Singſchwäne) als temporäre Bewohner der Seen und

Meeresmuscheln entdecken konnte.

Die ebene oder flach

Flüsse, Birkhühner, Haselhühner, Schneehühner und Zwerg

gewellte Oberfläche ist äußerst selten von Flußbetten durch schnitten, dafür aber ziemlich häufig von flachen Landseen

trappen hinzu, die uns, im Vorüberfahren geſchoſſen, reich: liche Mahlzeiten lieferten,

auch vielerlei Raubvögel von

Steppengräsern bedeckt, von Semipalatinsk bis Dmst zei

denen Teplouchoff einen Edelfalken erlegte. Während der Nächte hörten wir nur einmal Wölfe heulen. Auch im

gen sich aber nördlich zuweilen die Vorposten eines ziem

Altaigebirge haben wir von den vierfüßigen Bewohnern,

lich zusammenhängenden Kiefern- und Birkenwaldes ; zwi

außer den gezähmten, nur ausgestopfte Exemplare und

ſchen Omsk und Troizk sind dann kleinere Waldgruppen in die Steppe eingestreut, und verleihen derselben, in Ver

viel unbenutter Raum vorhanden ist, pflegt sich das Wild

bindung mit den Landseen - hie und da einen parkarti

ſtets in möglichſter Entfernung vom Menschen und deſſen

unterbrochen.

Vorherrschend ist das flache Land nur mit

gen Charakter im größten Maßſtabe.

Nur zunächst um

die regelmäßig angelegten, und ganz aus Holz erbauten Kosakendörfer finden sich Frucht

und Melonenfelder sowie

einen Bären an der Kette zu sehen bekommen.

Wo so

Ansiedelungen aufzuhalten.

Die menschlichen Bewohner waren auf dem nördlichen

kleine Gemüsegärten. In großer Ausdehnung ist der Boden jo salzhaltig,

Wege beinahe nur Russen, wenig auffallend durch Klei dung und Sitte ; auf dem südlichen dagegen trafen wir in den Straßendörfern Kosaken, in den hie und da zer

daß der Fahrweg zum Theil von weißen Salzkryſtalliſationen überzogen ist und wie mit Reif bedeckt erscheint. Auch die

streuten Jurten aber im Dienst der Kosaken stehende Kir giſen, ſehr auffallend verschieden durch Habitus und Klei

Seen sind zum Theil Salzseen, und dieser Salzgehalt kommt dann auch durch eine eigenthümliche Flora zur Er: scheinung. Zuweilen sieht man an den Seerändern da

Dung . Sehr befremdend ist namentlich die Art und Weise in der sie sich zuweilen mitten auf dem Wege niedersehen. oder vielmehr kauern, um eine kleine Unterhaltung zu füh ren. Wir haben es vergeblich versucht diese Stellung

durch einen höchst auffallenden concentrischen Farbenwechsel bedingt ; der blaue Waſſerſpiegel ist zunächst von einem dunkelgrünen Schilfſaum eingefaßt.

nachzuahmen ; es scheint daß der Körper ganz besonders dazu gebaut sein muß, um gleichzeitig mit den Füßen und

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

253

dem Gesäß den Boden zu berühren und so bequem ſißen zu können, während die Knie an die Brust reichen.

sehr schlecht - führte uns zwischen prachtvollen Wäldern

Die größern Städte welche wir durchfuhren sind Omsk,

bis wir am Mittag des 15. in Katharinenburg anlangten.

Petro-Pauloffst und Troisk.

und Seen dahin, an großen Eisenhüttenwerken vorüber,

Omsk ist die Hauptstadt

Damit war die große asiatische Wegschleife geschlossen,

Weſtſibiriens, der Sitz des General-Gouverneurs und der

und die Rückfahrt bis St. Petersburg und Freiberg folgte

Hauptbehörden.

denselben Linien und Gelegenheiten wie vorher die Hin reije.

Die Stadt dehnt sich breit am rechten

Ufer des Jrtysch aus, in welchen hier von Norden her ein kleinerer Fluß einmündet. Sie enthält ziemlich viele große und schöne Wohnhäuser, Schulen, Kasernen und Kirchen, auch ein ganz leidliches Gasthaus.

Von der eigentlichen.

Stadt ist die Festung durch den Seitenfluß getrennt.

Die Schöpfungen des Regenwassers in

Wie in ganz Rußland und Sibirien, sind auch hier die Aerzte, Apotheker, Telegraphenbeamten und Bäcker

und

auf

der Erdrinde. Von Prof. Dr. Senft in Eisenach,

großentheils Deutsche. Petro-Pauloffst, am rechten Ufer des Jichym gelegen,

5.

Berganshöhlungen .

ist kleiner als Omsk, enthält nur wenig hervorragende Ge bäude, aber einen sehr besuchten Marktplay, den wir mit

Wie wir früher gesehen haben, ſo entſtehen Erdfälle

Bieh, Melonen, Gemüsen und allerlei Nüssen angefüllt

dadurch daß Erdrindemassen sich in eine unter ihnen befindliche Höhlung hinabsenken. - Höhlungen im In

fanden.

Troizk sahen wir eigentlich nur bei Nacht. ist ebenfalls sehr ausgedehnt und scheint -

Die Stadt nach den

nern der Erdrinde spielen demnach für die Veränderung

Kaufhallen zu urtheilen - ein bedeutender Handelsplay

der Erdoberfläche eine nicht unbedeutende Rolle. und ver: dienen schon deßhalb unsere volle Beachtung, ganz abger

Es gehört nicht mehr zu Sibirien, geologiſch ſogar

ſehen davon daß sie einerseits gar häufig die Leichenge

schon zum Ural, denn in dem flachen Hügelgebiet treten hie und da bereits die krystallinischen Gesteine der Ural kette unter dem Diluvialboden hervor.

wölbe einer untergegangenen Thierelt, und andererseits

Am 11. August früh Morgens erblickten wir die ersten

bachten kann. - Betrachten wir demgemäß diese hohlen

zu sein.

die geheimnißvollen Laboratɩrien bilden, in denen allein der Gebirgsforscher die Bildungsweise von Mineralkörpern beo

Berge des Ural, zugleich die ersten ordentlichen Waldberge

Räume im Innern der Erdrinde nach ihrer Form und Bil

ſeitdem wir den Ural verlassen. Gegen 8 Uhr fuhren wir in das jedem Bergmann und Geologen wohlbekannte Miast

dungsweise etwas sorgfältiger.

ein welches, sehr malerisch von Granit- und Glimmerſchie

entweder als Rizen, Spalten oder Klüfte, wenn sie die

fer Bergen umgeben, an einem 7 Werst langen Bergwerks

Erdrindemassen unter starken Winkeln von oben nach unten.

Die leeren oder hohlen Räume der Erdrinde erscheinen

oder umgekehrt durchschneiden,

teich liegt.

dabei mehr oder weniger

In Begleitung einiger Bergbeamten fuh

parallel zu einander stehende Seitenwände besigen, und

ren wir nach einigen benachbarten Goldseifen und nach der

eine weit größere Länge und Tiefe als Breite zeigen, ſo

12. August.

Fundstätte des Miascites, eines Gesteins von ſehr auf

daß eine Mineralmasse, mit welcher sie ausgefüllt würden,

fallender mineralogiſcher Zuſammenſeßung, welches außer.

die Gestalt einer colossalen Tafel oder Platte zeigte, oder

dem bis jetzt nur noch bei Ditro in Siebenbürgen und bei Laurvik und Brevik in Norwegen bekannt ist. Ein ganzer

als eigentliche Höhlen , wenn sie regellos zerstreut im Innern einer Felsmasse auftreten, und die Form bald einer gewölbten Halle oder eines riesenhaften Blasenraus

Bergrücken am nördlichen Ufer des weißen See's unweit Miask besteht daraus, und dieser Berg ――― durch zahlreiche Steinbrüche aufgeſchloſſen — iſt ſo reich an zum Theil seltenen und schön krystallisirten Mineralien, daß man sich für einen eifrigen Mineralogen kaum einen anziehenderen

mes, bald einer wildzackigen Lücke, bald eines stollenför migen Ganges beſißen. — Von jenen Rizen, Spalten und Klüften welche theils durch Zusammenziehen der Maſſen theile beim Erstarren und Austrocknen einer Erdrinden

Sommersih denken könnte als an dem malerischen Ufer

masse entstehen, wie man schon an jeder austrocknenden

dieses prachtvollen See's,

Thonschlammpfüße bemerken kann,

der beinah ringsum von Edel

ſteinen eingefaßt ist.

theils aber auch durch

gewaltsame Hebungen und Senkungen einer Gebirgsmaſſe

Der Weg nach Katharinenburg führte uns

in Folge von Erdbeben erzeugt werden, ja sich manchmal

am westlichen Fuße und Abhange des Jlmengebirges ent lang, welches östlich der Uralkette parallel verläuft, die von

gen, kann hier nicht weiter die Rede sein, obgleich auch in

hier aus ganz ähnliche bewaldete Bergformen zeigt , wie

ihnen das Regenwaſſer gar manche Veränderungen hervor

etwa der Thüringer Wald in seinen schönsten Theilen.

ruft, und manches Product seiner Mineralbildungskraft

Vom nördlichen Ende des Jlmengebirges aus wird auch der Ural flacher, aber unser Weg ――― als solcher allerdings

niederlegt ; hier handelt es sich jezt nur um die eigentliche

13. August.

auch durch Ausschlämmung von Thonzwischenlagen erzeu

Höhlengebilde.

254

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

Die meisten dieser Höhlen treten im Gebiete der Kalf stein , Dolomit

und Gypsmassen der verschiedensten

sowohl der ältesten wie der jüngsten - Formationen vor herrschend da auf wo die Schichtmassen dieser Gesteine aus ihrer ursprünglich horizontalen Lage herausgerissen, und auf das mannichfachste verschoben, zerknickt und gebogen er scheinen. Jedoch findet man dergleichen auch hie und da in der Masse anderer Gesteine, z. B. der Basalte, wie wir

convergirend zu einander stehen, und sich über der mehr oder weniger wagrechten Sohle unter einem Winkel zur Höhlendede mit einander verbinden (Fig. 1 und 2).

3) Schlauchhöhlen , enge, sich hin und herwin dende, oder im Zidzad geknickte Gänge, welche bald gerade, bald gehöhlte Seitenwände haben.

später zeigen werden. Entweder stehen nun dieselben mit der Außenwelt scheinbar in gar keiner Berührung, so daß

4) Schlöte, meist senkrecht niedersehende, cylinder

man ihre Existenz im Innern der Erdrinde erst dann ge wahr wird wenn sich über ihnen ein Erdfall gebildet, oder sonst ein Zufall — 3. B. bei Anlegung eines Bergs

hin und hergebogene Räume, deren Seiten: wände glatt oder gerieft sind.

werkes — sie aufgeschlossen hat ; oder man bemerkt an der

oder schlotförmige, bisweilen auch wurmförmig

8) Gewölbhöhlen , in denen die Längenausdehnung nicht vorherrscht.

Oberfläche der Berge bald weite thorähnliche, bald enge

1 ) Blasenhöhlen von mehr oder weniger halb: spaltenförmige Deffnungen, welche den Eingang zu densel

fugeliger oder blasenförmiger Gestalt; ben bilden ; ja es kommt sogar häufig vor daß solche Höhl ungen gleich an dem Gehänge eines Felsen mit einem

2) Dome, Hallen oder unterirdische Grot

weiten Thore beginnen, dann nach innen zu immer nie

ten, meist hohe Räume von ungeregelter Gestalt

driger und schmäler werden, und zuletzt in ihrem Hinter grunde ganz ausspißen, wie man dieß an allen Grotten

mit bald gewölbter, bald zadig auf und nieder steigender Decke und geneigter oder wagrechter

bemerken kann.

Sohle; häufig mit erdiger Masse theilweise aus gefüllt , oft die Leichenkammern urweltlicher

Sieht man von diesen Grotten, d. h. von

den an ihrem Eingange weit geöffneten, und in ihrem Hintergrunde ausfeilenden Gewölben ab . so erscheinen nun

Thiere, oft aber auch mit Stalaktitenbildungen

die eigentlichen Höhlen hauptsächlich unter folgendenFormen:

ausgeschmückt.

a) Einfache Höhlen , welche in ihrer ganzen Aus

3) Klufthöhlen , von ganz ungeregelter Gestalt

dehnung eine und dieselbe Form bemerken lassen : «) Ganghöhlen , in denen die Längenausdehnung bei weitem vorherrscht.

1) Spaltenhöhlen, welche fast parallele Seiten wände haben und horizontal oder auch schief fortziehenden, mit einer mehr oder weniger wag rechten Decke versehenen Spalten gleichen ;

mit wildzerrissenen, zackigen, sich bald einander nähernden, bald von einander entfernenden Seis tenwänden, zerklüfteten Deden, und nach unten statt der Sohle sich in einen oft unermeßlich tiefen Schlund verlierend. b) Zusammengesette Höhlen (Höhlenzüge).

Die

2) Stollengänge, deren Querdurchschnitt einem

eben kurz geschilderten einfachen Höhlen kommen in der Regel unter einander verbunden vor, so daß sie

Dreiecke gleicht, indem ihre beiden Seitenwände

von außen mit einer Ganghöhle beginnen, welche sich nach dem Innern des Berges zu in eine Gewölbhöhle erweitert.

Sehr oft gehen dann von diesen Gewölb höhlen wieder Ganghöhlen aus, welche abermals zu zu Gewölbhöhlen führen. Haupthalle das

Bisweilen bildet auch eine

Centrum, um welches

herum die

übrigen kleineren Hallen und Klufthöhlen zerstreut liegen ; öfters aber kommt es noch vor daß die Gewölb

Fig. 1.

höhlen mit ihren Verbindungsgängen in einer bald geraden bald gewundenen Richtungslinie liegen, oder daß von den beiden Seiten eines Hauptganges Neben gänge abführen, welche am Ende in einer Gewölbhöhle endigen. Endlich gibt es aber auch Höhlensysteme, welche mehrere über einander liegende Etagen bilden, die dann theils durch schief oder senkrecht niederseßende Spalten, Schläuche oder Schlöte, theils auch durch Klufthöhlen mit einander in Verbindung stehen.

Für alle diese

Höhlenzüge geben die großartigen ,, Gypsschlotten " des Mansfelder Beckens (

Fig. 2.

z . B. bei Wimmelburg und

Die Schöpfungen des Regenwaffers in und auf der Erdrinde.

255

Helbra unweit Eisleben), die Muggendorfer , Gailen reuther und Sophien-Höhle in der sogenannten „Frän

durchströmt ; oft auch bilden sie den Sit unterirdischer

fischen Schweiz. " die Schwarzfelder , Biels: und Bau

Höhlenetagen oder sogar in unerreichbare tiefe Schlünde ergießen. Sehr viele Höhlen aber sind auch theilweise er

mannshöhle am Harze, die Glücksbrunner Höhle bei Schweina am Thüringer Walde, die über 600 Fuß

Seen, von denen aus sich bisweilen Wasserfälle in tiefere

füllt von jüngeren Mineralbildungen, so namentlich von

langen Höhlenzüge des schwäbischen Jura (z. B. die Karls- und Nebelhöhle) ; vor allen aber die berühmte

oft phantastisch geformten blendendweißen Kalksintergebil den, welche wir später noch ausführlicher betrachten werden,

3080 Klafter lange Adelsberger Höhle in Krain, die Kirkdaler Höhle in Yorkshire und die mit ihren laby

resten, welche entweder von den ehemaligen Höhlenbewoh

rinthischen Gängen und Hallen 160 englische Meilen sich ausdehnende Mammuthhöhle am Green-River un weit Louisville in Nordamerika hinreichende Belege. Soviel in der Kürze über die Grundformen der Höhlen. Es sind von denselben nur die am meisten hervortretenden und auch in den complicirtesten Höhlenzügen immerwieder: kehrenden Formen angegeben worden.

oder auch von erdigen Substanzen und thierischen Ueber:

nern herrühren oder von späteren Wassereinfluthungen mit Schlamm untermischt in die Höhlen geführt worden sind. Reich an solchen Thierresten sind unter anderen die Bau manns und Bilshöhle im Uebergangskalke am Harze, die Muggendorfer, Sophien und Gailenreuther Höhle im fränkischen Juradolomit, die Sundwiger und Rosenbecker Höhle im Bergkalke Westphalens, die Adelsberger Höhle in Krain, die Kirkdaler Höhle in Yorkshire u. a. Auch die

In manchen Höhlenzügen treten dieselben deutlich her vor ; in anderen aber, deren Verbindungsgänge nach allen Richtungen hin auf und abwärts ziehen, gegenseitig in

Glücksbrunner Höhle im Zechsteindolomite am Südrande des Thüringer Waldes enthielt früher vollständige Gerippe von Höhlenbären. Sind diese Gerippe gut erhalten und

einander münden, sich labyrinthisch durchkreuzen und ähn liche Gewölbhöhlen mit einander verbinden, sind sie um so

rühren sie von Thieren her welche überhaupt in Höhlen

schwieriger aufzufinden und von einander zu unterscheiden, je zahlreicher die sich durchkreuzenden Gänge und je ähn licher die untereinander verbundenen Gewölbe sind. Wie nun die Formen verschieden sind, so zeigt sich auch

leben, z. B. von Hyänen, Höhlenbären u . a. Raubthieren, findet man auch in ihrer Umgebung Anhäufungen von ihrem Kothe und von zermalmten oder angenagten Knochen grasfressender Thiere, so darf man mit ziemlicher Gewißheit annehmen daß dieselben nicht von Außen her in die Höh

die Größe und der Umfang der Höhlen unendlich verſchie len gefluthet worden sind, sondern wirklich von ehemaligen den.

Von kleinen, nur wenige Fuße im Durchmeſſer hal

tenden Räumen steigt die Größe einiger Gewölbhöhlen auf mehrere hundert Fuß Länge, Breite und Höhe. So besizt z . B. der sogenannte Tanzsaal in der Adelsberger Höhle eine Länge von 100 und mehr Fußen, eine Breite

Höhlenbewohnern abſtammten welche in ihren Wohnſtätten theile eines natürlichen Todes gestorben, theils auch wohl durch eingedrungene Wasserfluthen ertränkt worden sind. Interessant und für die Annahme daß dieſe Thierreſte

Und betrachtet

von den ehemaligen Bewohnern solcher Höhlen wirklich herrühren, sprechend ist auch die Beobachtung daß die

man vollends alle zu einem einzigen Höhlenzuge gehörigen Gänge und Gewölbe als ein Ganzes, so kommen oft im : mense Größensummen zum Vorschein. So soll die schon

schmalen Eingänge solcher Knochenhöhlen, z . B. der schon genannten Sundwiger Höhle, an ihren Seitenwänden ge

vorhin erwähnte Mammuthshöhle eine Länge von 9 eng

beim Durchzwängen an ihnen gerieben. Gewöhnlich liegen

lischen Meilen und mit ihren sämmtlichen Gängen eine Und nach Ausdehnung von 160 engl. Meilen haben .

nun dieſe Thierreſte theils in einer ſandig lehmigen, häufig von Fäulnißsubstanzen durchzogenen, übel moderig riechen

Schmidt ( die Grotten und Höhlen von Adelsberg, Lueg,

den, schwarzbraunen Erdschichte, welche später in die Höhlen

Planina und Laas.

Wien 1854 ") haben die eigentlichen

geschlämmt worden ist, theils in einer fast nur aus thieri

Höhlen des Karstes, zu denen unter anderen die 3080 Klafter lange Adelsberger Höhle und die 2980 Klafter

schem Humus bestehenden, Schwefelwaſſerſtoff entwickelnden

von 120 Fuß und eine Höhe von 80 Fuß.

langen Höhlen von Planina gehören, eine Gesammtlänge von 10,090 Klaftern, d. i. etwa 2½ Meile. "! Nimmt man

glättet sind, als hätten sich ihre ehemaligen Bewohner

und viel phosphorſauren Kalk enthaltenden, pulverigen oder staubigen Masse, welche jedenfalls aus den weichen Kör pertheilen der eines natürlichen Todes gestorbenen Thiere

von diesen lettgenannten Höhlenzügen die durchschnittliche Breite der Höhlengänge zu 20 Fuß an, was gering gerech net ist, so ergeben sich mehr als zwei Quadratmeilen sol

alsdann noch mit einer Sand und Gerölllage, welche durch spätere Abstürze von den Decken der Höhlen ent

cher unterirdischen Räume unter einer Gesammtoberfläche

standen oder auch wohl durch Wasser eingeführt worden.

von etwa sechs Quadratmeilen. "

entstanden ist.

In sehr vielen Höhlen ist diese Leichenerde

Welch kolossaler Erdfall

ist, bedeckt , und in manchen Höhlen endlich hat im Ver

würde da entstehen, wenn mit einemmale die Gesteinsdecke über diesen Räumen zusammenbräche!

laufe der Zeit das von der Höhlendecke abtropfende Waſſer

In ihrem Innern erscheinen die Höhlen entweder leer

zum schüßenden Grabstein über diese Leichengewölbe einer

noch eine fest zusammenhängende Kalkſinterdecke, gleichsam

und trocken oder sie werden von unterirdischen Bächen

ausgestorbenen Riesenthierwelt ausgebreitet.

Die Schöpfungen des Regenwaffers in und auf der Erdrinde.

256

Nachdem wir in der Kürze die Bauart und Formen, den Umfang und Inhalt der Höhlungen kennen gelernt

später niederrieselnden Regentropfen.

haben, kommen wir zu der Lösung der Frage : Wie sind diese Aushöhlungen in der Erdrinde entstanden ? Diese

sich dieses Becken in die Breite, aber noch mehr in die Tiefe, da das Wasser vermöge seines Drucks am stärksten.

Frage werden wir am sichersten beantworten, wenn wir die Art und Weise untersuchen , nach welcher noch in der

durch erhält das ursprünglich

fugelig vertieftes kleines Becken, der Sammelplatz aller Allmählich erweitert

auf den Mittelpunkt seines Beckenbodens einwirkt.

Hier

halbkugelige Becken eine

Gegenwart solche Höhlen entstehen, oder wirkliche That ſachen aufſuchen, welche zweifellos die Vildungsweise der: selben in einer längst verschollenen Vergangenheit uns vor

länglich eirunde Gestalt.

die Augen stellen.

Gestalt eines Schlauches. Da das Regenwasser in seiner von ihm genagten Höhlung zeitweise stehen bleibt und zu

1 ) „Steht der Tropfen, höhlt er den Stein," so lautet

Und indem nun alles nach

folgende Wasser eben durch seinen Druck nach unten stärker wirkt, bekommt die von ihm genagte Höhlung zuleßt die

ein altes, aus der täglichen Erfahrung gegriffenes Sprüch wort. Und in der That hat auch dasselbe volles Recht,

nagen aufhört, so bald es sich mit Gyps gesättigt hat,

denn überall wo Waſſer anhaltend und lange auf einer Gesteinsmasse steht, welche sich durch dasselbe lösen oder

Folge davon rings um den Rand seiner jedesmaligen Oberfläche an der Seitenwand seines Beckens einen hori

erweichen und schlämmen läßt, wird eine mit der Zeit

zontalen Gypsring ab, welcher entweder von später nach

umfangreicher werdende Vertiefung oder Höhlung entſtehen. Am meisten und augenfälligsten bemerkt man dieß bei den

folgendem Wasser wieder weggewaschen wird, oder auch, namentlich wenn er krystallinisch ist, stehen bleibt und so

schon im reinen Wasser mehr oder weniger leicht löslichen

eine Marke in dem Höhlenschlauche bildet, welche alle die

Maſſen des Gypſes und des Steinsalzes, wie oben bei der Beschreibung der Erdfälle angedeutet worden ist. Die mäch tigen Höhlenzüge oder Schlotten im Gypse des Mansfelder Beckens allein sind schon hinlängliche Belege für diese aus: höhlende Kraft des Waſſers.

Statt also noch mehrere

beginnt es allmählich zu verdampfen, und seht nun in

Stellen angibt an denen das Wasser eine Zeitlang stagnirt hat. Auf diese Weise zeigten sich z . B. in einem 12 Fuß langen und 10 Zoll breitem Schlauche des Gypsstods bei Kittelsthal nicht weniger als 25 Querringe, von denen einige noch ganz vollständig erhalten waren. Der so an

Beiſpiele dieser Art anzuführen, wollen wir lieber die Merkmale untersuchen , an denen man die Entstehung

Tiefe immer mehr zunehmende Schlauch ist entweder cylin

dieser Höhlen durch Wasser, und namentlich durch Regen wasser, erkennt.

daß

Da das Regenwasser nach dem oben genannten Sprüch wort nur dann ein Geſtein aushöhlen kann wenn es län gere Zeit auf deſſen Masse verweilt, also nicht gleich wie der verdampft, so wird selbstverständlich seine aushöhlende Kraft nur an solchen Stellen einer Gypsfelsoberfläche beginnen welche gegen die zur Waſſerverdampfung reizende Kraft der Sonnenstrahlen geschüßt sind . von lebenden Pflanzen,

Eine dichte Hülle

eine starke Ueberlage von Erd

boden, welcher das Wasser festhält, oder eine Decke von feſtem, aber zerklüftetem Geſteine, welche das Regenwaſſer durch seine zahlreichen Spalten auffängt und zu dem unter ihm lagernden Gypſe leitet, bildet daher die beſten Punkte von denen aus das Regenwasser den Gyps an nagen kann. Endlich aber sind auch die feinen Haar spalten, von denen jede Gypsfelsmasse durchzogen wird, vortreffliche Canäle, durch welche jeder Regentropfen auf:

drisch oder nimmt nach unten an Querourchmesser zu, so er bisweilen fast einem umgestürzten Trichter oder

einer birnförmigen Blase gleicht, und zeigt anfangs ganz glatte, nur von den obengenannten Querringen unterbro chene Seitenwände ; hat er aber erst einen größeren Quer durchmesser erhalten, so daß später eintretende Regenriesel ihn nicht mehr vollständig ausfüllen können, dann erschei nen an seinen Wänden mehr oder minder zahlreiche, senk recht nach unten ziehende Rinnen, welche bisweilen jo dicht nebeneinander liegen daß sich die

Seitenwände

eines

solchen Schlauches regelmäßig senkrecht gefältelt oder canel lirt zeigen. Alle diese Rinnen sind nichts weiter als die Producte von der Lösungskraft des an diesen Seitenwän den herabrieſelnden Regenwassers.

So nagt denn nun das

Waſſer abwärts bis es auf eine feſte Geſteinsunterlage, welche ſich entweder gar nicht mehr oder doch nur sehr schwer vom Wasser lösen läßt, stößt ; alsdann aber beginnt sein Nage werk seinwärts, so daß jest nun die Höhlung im Gypse am Grunde des Schlauches ebenso vorherrschend im Brei

gesogen und in das Innere der Gypsmasse geleitet wird. In allen diesen Verhältnissen liegt der Grund warum die

tendurchmesser wächst wie sie vorher an Tiefe zugenommen bat. Befinden sich unter solchen Verhältnissen in einem .

Höhlen in Gypsfelsen entweder scheinbar gar keinen oder doch nur einen sehr versteckten, unscheinbaren Ausgang

dersehende Schläuche (Schlöte oder Schlotten), deren jeder

zur Erdoberfläche besitzen . Wenn nun aber auch das Regenwasser geeignete Stellen zum Annagen des Gypses erhalten hat, so geht

Gypsstocke nicht weit von einander mehrere senkrecht nie

sich unterhalb in eine Höhle erweitert, so bilden sich häufig zwischen den einzelnen Höhlen Verbindungscanäle oder sie

sein Höhlungswerk doch nur sehr allmählich vor sich (denn

fließen am Ende in einander und bilden nun eine einzige große Höhlenhalle, in welcher sich alles durch die Schlöte

1 Theil Gyps braucht 480 Theile Wasser zu seiner Lö sung) . An seiner Haftungsstelle entsteht zunächst ein halb

füllt und nun die von ihm berührten Wandungen derſel

niederrieselnde Wasser ansammelt, bis es die ganze Höhle

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

ben solange ausnagt als noch Gyps vorhanden ist.

Auf

diese Weise verschwinden dann auch die ursprünglichen Schlöte.

kohlen saure Wasser welches sich in derHauptspalte ansammelt

1

Hat indessen eine solche Höhlung eine schiefe Sohle, so drängt sich alles in sie gelangende Wasser nach den tie

noch mächtiger wirken ; denn von den zahlreichen Spalten zweigen welche in dieser Hauptspalte münden, führen immer wenigstens einige frisches kohlensaures Wasser zu, und be wirken auf diese Weise daß sich das schon vorhandene

feren Stellen derselben und nagt sich am Ende an diesen letteren einen Abzugscanal, wodurch die Höhle trocken ge

257

1

legt, aber auch in ihrer weiteren Entwicklung gestört wird.

Wasser nie vollständig mit Kalk sättigen kann, und demnach nie aufhört frische Kalktheile von den Wänden seines Be

So schafft schon das reine Regenwasser die Höhlen im Gebiete des Gypses. Alle diese Höhlungen nun, mögen

hälters zu lösen. Auf diese Weise wächst dann der Höh lenraum nach allen Richtungen hin, schneller und stärker,

ſie einfach oder zuſammengesett, schlauch oder hallenförmig sein, besitzen mehr oder weniger glatte oder fein gerinnelte

tenden Felsspalten, denn diese werden fortwährend nicht

am meisten aber an den Mündungen der Wasser zulei

Wände, und zeigen namentlich am Grund ihrer Seiten

nur von dem sie durchsinternden, sondern auch von dem

wände sanft gehöhlte Vertiefungen, welche in den ein: zelnen Verbindungscanälen im Zickzack gegenüber stehen,

in der Höhle schon stehenden Wasser benagt. Die Folge davon ist daß der Haupthöhlenraum nach oben und nach

und gerade durch dieses Stellungsverhältniß offenbaren

den Seiten hin unregelmäßig zerklüftet erscheint, und daß

daß sie durch das Wasser welches die Canäle ausnagte,

von seiner Decke die zwischen den Wasser führenden Spal ten befindlichen Gesteinsmassen ale wildzackige Felsklippen

entstanden sind.

Wie nun das reine Wasser den Gyps aushöhlt, ganz

herabhängen und oft auch in ihn herabstürzen. (Fig. 3.)

so nagt auch das mit Kohlensäure beladene Rieselwaſſer, welches von außen her in das feste Gemäuer der Erdrinde eindringt, in die Massen des kohlensauren Kalks und Do. lomits Höhlungen der verschiedensten Art. Wenn das aus der Atmosphäre zur Erdoberfläche niederrauschende Regenwasser in die mit verwesenden Thier und Pflanzensubstanzen bedeckte oder durchzogene Erd krume der Culturfelder, Grasmatten und Wälder ein dringt, dann saugt es die durch den Verwesungsproceß erzeugte Kohlensäure in sich auf und schlängelt sich all mählich durch den Erdboden durch, bis es den festen fel figen Untergrund erreicht.

Auf diesem sammelt es sich

entweder an wenn derselbe ganz massig ist, oder es sintert in die Rizen und Spalten desselben ein wenn es gerade auf solche stößt.

Oft wird es aber auch von diesen leg wenn sie sehr eng sind. Besteht nun

teren aufgesogen der felsige Untergrund aus einer Gesteinsart welche von der Kohlensäure vollständig gelöst werden kann, z . B. aus Kalkstein oder Dolomit, dann beginnt auch gleich das kohlensaure Wasser in den Rizen und Spalten, an deren Wänden es herabrieselt, sein Lösungswerk, und zwar auf

Fig. 3. Durchschnitt einer Höhle von 3 Fuß Durchmesser im Muschelkalk bei Madelungen, welche durch einen Steinbruch auf geschlossen wurde und sehr deutlich die Wasserzuleitungscanäle und die durch dieselben herbeigeführten (in der Zeichnung punk tirten) Kalksinterbildungen wahrnehmen läßt. Oft kann man an den Wänden dieser Höhlen noch deutlich die oben schon angedeuteten Merkmale von der Wirksamkeit des Wassers erkennen ; häufiger aber sind die

sehr engen, kaum bemerklichen Haarspalten am stärksten, weil die gegenseitigen Wände dieser es fest angezogen halten,

selben verdeckt von Stalaktiten und Kalfsinterüberzügen oder

auf weiter klaffenden Spalten langsamer, oder auch wohl gar nicht wenn diese senkrecht niedersehen, so daß das sie durchrie selnde Wasser gezwungen ist sie jählings zu durchſtürzen. Am

jen ihrer füftigen Decke und Wände. Ja in diesem legten Falle haben sie gar manchmal das Ansehen als seien sie

meisten aber wirkt es wenn es endlich auf dem Grunde der von ihm durchzogenen Spalten ankommt: da bleibt es

Verdrückung der sie umschließenden Felsmassen entstanden .

stehen, da sammelt es sich an, da concentrirt sich seine Kohlen säure. Von hier aus löst es nach allen Seiten hin, bis die von ihm besessene Spalte zu einer Höhlenhalle wird. Kommt es nun gar vor, wie es namentlich im dolomitischen Kalksteine so

auch ganz verschwunden in Folge von theilweisen Einstür

überhaupt nur durch einen theilweisen Einsturz oder eine

Nach den eben gegebenen Mittheilungen ist also das Regenwasser, sowohl das reine wie auch das mit Kohlen säure beladene, der unmittelbare Erzeuger der meisten Höhlen namentlich im Gyps- und Kalkgebirge, oder doch wenigstens die erste Ursache zur Bildung derselben; indem

häufig der Fall ist, daß eine Felsmasse von oben nach unten von zahlreichen Rißen durchzogen wird, die sich netförmig ein: ander durchkreuzen und an ihrem unteren Ende in eine ein

rinde ausnagt und dann die Wassermengen schafft, welche sich nun in diesen unterirdischen Behältern ansammeln und

dann kann das

das Werk des Regentropfens erweitern und vollenden ; ja

zige Hauptspalte mit einander vereinigen,

es zuerst die Canäle und Behälter im Innern der Erd

258

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

in manchen Fällen kann es dann sogar die mittelbare Ur sache zur Bildung von neuen Höhlungen werden, welche 1 dadurch entstehen daß in eine von Wasser ausgenagte Höh lung die unmittelbar über derselben liegende Gesteinsdecke stürzt, während die über dieser befindliche oberste Gesteins decke unberührt stehen bleibt, so daß also in diesem Falle ein unterirdischer Erdfall entsteht, über welchem nun das stehen gebliebene oberste Deckengestein das Gewölbe einer Höhle bildet. So befindet sich an dem steilwallförmigen Muschelkalkbergrücken des Kielforstes - 1 Meile westlich von Eisenach — eine kleine Höhle, deren Boden aus einer trich terförmig eingeknickten Kalksteinschichte besteht, während ihre Decke aus einer sehr compacten, horizontallagernden Dolo: mitkalksteinbank gebildet wird, etwa wie beifolgendes Profil zeigt. (Fig. 4.)

massen sehr häufig allen inneren Zusammenhalt und ihre Stüße, so daß sie theils in die zwischen ihnen befindlichen Höhlen stürzen, theils zu einem wilden Haufwerke von Felsklippen zusammenbrechen mußten. In allem dieſem liegt der Grund warum einerseits die Höhlen im Dolomite so wild und zerklüftet aussehen und sich bald zu engen Schluchten zusammenziehen, bald wieder zu weiten Hallen ausdehnen, und andererseits die Felsmassen dieses Gesteines so abenteuerliche Gestalten zeigen. Die fränkische Schweiz zeigt dieß alles im schönsten Maße. Indessen gibt es doch auch viele Höhlen welche ihre erste Entstehungsweise nicht der ausnagenden oder ausschläm menden Kraft des Regenwassers , sondern lediglich der Ver schiebung oder Zusammenknickung von Erdrindemassen durdy Erdbeben verdanken. So befand sich früher am Nord abhange des Goldberges bei Eisenach eine Höhle voll schö ner Kalksinter, welche ihre Bildung lediglich der Umknickung von Muschelkalkschichten verdankte.

La

Skil

An diesem Berge näm

lich zeigen die Schichtmassen des Buntsandsteines und Mu schelkalkes eine fächerförmige Aufrichtung, in Folge deren die, bei normaler Lagerung über dem Buntsandsteine lie genden, Muschelkalksteinſtraten nicht bloß unter die ersteren geschoben, sondern auch umgeknickt worden sind, etwa wie beifolgendes Profil zeigt (Fig. 5).

Fig. 4. Am Kielforst bei Herleshausen. a. Kalkstein. b. Höhle, durch Einknickung der Kalkschicht d entstanden. e. Ausgewaschene Gypslagerstätte. Diese Höhle ist offenbar dadurch entstanden daß ein unter den Kalkschichten lagernder Gypsstock stellenweise auf

d

dee a

gelöst und auf unterirdischen Canälen weggeführt wurde. In die hierdurch entstandene Höhle knickte dann die mürbe, blättrige Kalksteinschichte d, während der über ihr lagernde massige Kalkstein a vermöge seiner Festigkeit ruhig seine Wenigstens spricht für diese Er alte Lagerung behielt. klärungsweise daß an dem dieser Höhle gegenüberliegen den Bergabhange unter dem Kalke d das Gypslager noch

Rothliegendes ; b = Zechstein ; c = Buntsandstein; Fig. 5. (a d = Muschelkalk ; e = Höhle welche durch Zusammenknickung der Muschelkalkschichten d entstanden ist.)

vorhanden ist.

Von dieser Höhle, welche gegenwärtig zu einem Felsen feller ausgemeißelt worden ist, wurde man erst nach An legung eines Steinbruches etwas gewahr. - Ebenso sind mir im Gebiete des Muschelkalkes Höhlen bekannt , welche

Zusah: Die Höhlen im Dolomite, zu denen z. B. die Altensteiner Höhle am Thüringerwalde und die meisten Höhlen der fränkischen Schweiz gehören, haben wohl alle

nur dadurch entstanden sind daß die Muschelkalkschichten

ihre Entstehung dem der Lösungskraft von Kohlensäure hal tigen Meteorwasser zu verdanken. Der meiste Dolomit war ursprünglich ein Gemenge von Kalkstein und Dolomit Indem nun das (sogenannter dolomitischer Kalkstein). Meteorwasser die Kalksteinpartien zwischen den, nur schwer lösbaren, eigentlichen Dolomitpartien löste und auswusch,

von zwei entgegengeseßten Seiten her durch Erdbeben so zusammengefaltet wurden daß sich die einzelnen Schichten stellenweise bauchig auseinanderbogen (Fig. 6. ), etwa so wie die Blätter eines Buches, wenn man dasselbe von seinem Rücken und der diesem gegenüber liegenden Seite her zu sammenpreßt.

so daß nur noch diese letteren übrig blieben, entstanden zwischen den nun noch übrigen eigentlichen Dolomitmassen nach allen Richtungen hinziehende Klüfte und Höhlen, welche um so zahlreicher und größer wurden, je mehr und je größere Kalksteinpartien ursprünglich zwischen den Dolo Durch dieses Wegfluthen mitmassen vorhanden waren. noch übrigen Dolomit: verloren auch die aber Kalkes des

Fig. 6.

Englische Vermessungen in Indien, Abessinien und Centralasien.

259

Ferner findet man im Granit und Porphyr, ja selbst im Basalte Höhlungen, welche ihrem ganzen Ansehen nach

tes Actenstück, da es nicht nur trigonometrische Einzelhei

durch Zusammensturz der sie einschließenden Felsmassen entstanden sind.

graphische,

Endlich bemerkt man namentlich in der nähern Umge

ten gibt, ſondern auch Nachweisungen mittheilt über geo: astronomische, geodätische und magnetische Ge

genstände, und uns mit wichtigen, jest zu bearbeitenden, Ergebnissen bekannt macht.

Der Fleiß der trigonometri

bung von Vulcanen größere und kleinere Gewölbhöhlen,

schen und topographischen Vermesser während der Zeit

welche so regelmäßig blasenförmig aufgetrieben sind daß

welche der Bericht umfaßt,

man unwillkürlich zu der Annahme getrieben wird, diese

daß sie mit den großen Theodoliten eine Verificationsbasis gemessen haben von welcher die 65 Dreiecke eine Boden.

blasenförmigen Höhlen für ein Werk eingeschlossener und ſich gewaltsam ausdehnender vulcaniſcher Dämpfe zu halten. So viel über die Entstehungsweise der verschiedenen Höhlungen der Erdrinde. Man wird aus dieser Darstel lung wohl schon erkennen daß das Regenwasser bei der Bildung und Formung der meisten derselben eine große

läßt sich daraus beurtheilen

fläche von 8561 engl. Geviertmeilen bedecken ; ferner 6300 Geviertmeilen Dreiecke zweiter Ordnung, in welchen die Lagen von 1479 Punkten und die Höhen von 400 beſtimmt. wurden ; 800 Geviertmetlen topographischer Vermessung nach dem Maßstabe von 2 Zoll

auf die Meile,

1348

Rolle spielt, mag nun dasselbe die erste Ursache zu ihrer

Geviertmeilen nach dem Maßſtabe von 1 Zoll, und 620

Bildung gegeben oder das durch Gesteinsverschiebungen entstandene Werk weiter fortgebildet und vollendet haben ; daß dagegen die durch Erdbeben erzeugten Höhlungen wohl

Meilen Linear-Gränzvermessung.

während des Marsches nach Magdala, bewies daß die Wiſſen

mehr zu den localen Erscheinungen gehören.

schaft ebenso ihre Helden hat wie der Krieg ; denn in dem

Eine Abtheilung von drei

Officieren, abgesandt zu einer Vermessuna in Abessinien

Zeitraum von vier Monaten machte sie 2 Bestimmungen Schließlich muß hier aber noch erwähnt werden daß unabhängiger Länge,

14 der Breite, 5 des Azimuth, be

auch das wogende Waſſer der Ströme und des Meeres ſtimmte 50 Längen durch Zeitübertragung, maß 5 Grund nicht unthätig ist in der Erzeugung von Höhlungen ; denn die nach außen mit einem thorförmigen hohen Eingange

linien, stellte 58 Punkte trigonometrisch fest, bestimmte 80 Höhen, durchwanderte 400 Linear Meilen mit den Mikro

ſich öffnenden, und nach hinten sich gewölbförmig verschmä meter Theodoliten, vermaß Magdala und ungefähr 70 Ge lernden Höhlen, welche man gewöhnlich Grotten nennt, viertmeilen der Umgegend nach einem Maßstabe von 2 und die thor oder thurmähnlichen Durchbrüche von Fels: und Bergmaſſen, durch welche noch gegenwärtig die Ge wässer, wie unter natürlichen Brücken, hinrauschen, sind

Zoll auf die Meile, und erkundete und verzeichnete in Kar ten 6000 Geviertmeilen Landes nach dem Maßstabe von Zoll auf die Meile.

Und all dieß vollbrachte sie unter

wohl zum größten Theil Werke des fluthenden Wassers, ſei es nun daß ein zwiſchen engen, im Zickzack vor- und ein

großen Hemmnissen und Entbehrungen. Oberst Lieutenant Walker sagt uns daß Abtheilungen

springenden Felsufern sich durchzwängender Strom da wo er mit Gewalt gegen eine vorspringende Felsklippe ge

in Ober- Assam thätig sind, wo indeß die Vermessung, der

schleudert wird, eine grottenförmige Höhlung in diese Klippe

dichten Wälder halber welche selbst die Gipfel der Berge bedecken, langsam vor sich geht. Eine ähnliche Erfahrung

nagt, wie man z . B. großartig an den sogenannten Defen der Salzache bemerkt ; -- sei es daß des Oceans brandende

machten die Vermesser an der Ostgränze, wo sie 50 engl.

Woge in das von ihm gepeitschte Felsgestade eine immer

Meilen Linien und 153 Meilen 6 Fuß breiten Straßenwegs durch Wald zu hauen hatten, ehe sie eine Verifications

größer werdende Höhlung einstößt, wie man an der be rühmten Fingalsgrotte und an den sogenannten Seethoren

basis messen konnten.

In Akiab, an der Küste von Ar

racan, prüften sie ihre Arbeit durch Fluth- Beobachtungen, und natürlichen Brücken (z . B. über der Taminaschlucht und fanden eine Differenz von nur 1.94 Fuß in den Niveau bei Bad Pfäffers) ſehen kann. Bestimmungen, obgleich die Vermessungslinie etliche hundert engl. Meilen durch ein wüstes Land geführt worden war. Diese Arbeit soll durch eine Kette von Dreiecken zweiter Ordnung mit dem Vorgebirge Negrais und dem Leucht thurm des Alguada Riffs verbunden werden.

Englische Vermessungen in Indien , Abessinien

richt über die Operationen der großen trigonometriſchen

Wie sich einige unserer Leser wohl erinnern werden, wurde in Indien von dem verstorbenen Obersten Everest ein großer Bogen des Meridians gemessen ; er ist Hun derte von Meilen lang, jeßt aber ist Aussicht auf Aus:

Vermessung Indiens während 1867-68 " haben einige

dehnung desselben ; denn als Oberst Lieutenant Walker

unserer wissenschaftlichen Gesellschaften (schreibt das Athe näum) von Oberst-Lieutenant Walker, dem Vorstande der

der Meerenge sich näherte welche die Insel Ceylon von der Hier wird es, wie ich hoffe, Halbinsel trennt, bemerkt er:

Vermessungs - Commission,

möglich sein die indische Triangulation mit der ceylonischen

und Centralafen. Unter dem Titel „ Auszüge aus dem Allgemeinen Be

schrift erhalten.

eine etliche Bogen starke Flug

Es ist dieß ein bemerkenswerth interessan

zu verbinden ; ist dieß aber geschehen , so werden die ver

Der schwarze Getreidelaufkäfer, ein verheerender Feind der jungen Getreidefelder.

260

einigten Arbeiten einen Meridian- Bogen von etwa 25 Grad in der Länge liefern, der sich von den Himâlaja : Gebir gen herab bis an den südlichsten Punkt von Ceylon erstreckt, und eine werthvolle Bereicherung der Geodäsie seyn dürfte. Im Himalaja ist die Vermessung von Capt . Montgo

von mehr als

17,000 Fuß über dem Meer in sich, die

höchste betrug 19,000 Fuß." Wir erfahren aus dem Berichte ferner daß eine Karte. von Turkestan, mit den angränzenden Theilen der briti schen und russischen Gebiete, vollendet und durch das pho tozinkographische Verfahren veröffentlicht worden ist. Diese

merie, mit guten Ergebnissen, bis in die Bezirke Kumaon und Garhwal geführt worden, und unter der Leitung des selben fähigen Officiers wurde sie bis in das Trans -Himalaja Land ausgedehnt, über die oberen Becken des Setlersch

Karte bietet uns ziemlich werthvolle Belehrung in Betreff der Straßen von Afghanistan über Kokan und Kaschgar, und über den Orus Fluß, die Pamir- Steppe und den Sari Kul

oder Taschkurgan: Bezirk, nach Jarkend und andern

und Indus bis auf einige Entfernung jenseits der östlichen Wasserscheiden, wobei man in denjenigen Theil von Groß Tibet eindrang welcher zwischen der Wüste Gobi und dem oberen Becken des Brahmaputra Flusses liegt. Die Ein

Orten. Die Gegenden von denen man am wenigsten weiß, sind die zwischen dem Oxus und der südlichen Gränze Ko kans liegenden. Von der Gestaltung der Pamir Steppe ist gar nichts bekannt, und sehr wenig von den Ortslagen

zelheiten werden hier so intereſſant, daß wir vorziehen die Worte des Berichts ſelbſt anzuführen .

auf derselben.

„Die Straßen- Vermeſſungen erstrecken sich über eine Gesammtentfernung von 850 Meilen, in deren Verlauf die Breiten von 75 verschiedenen Orten bestimmt, und

die Bestimmung der sehr bezweifelten Lagen der Hauptstädte von Altischahar, oder Klein-Bochara, der Lösung nahe iſt.

die Höhen von

80 Orten

geleitet wurden.

Durch diese Straßenvermessungen ist die

Eine andere der Aufmerksamkeit werthe Thatsache ist daß

durch

den Siedepunkt ab:

Die Lage von Jltschi, der Hauptstadt von Kokan, ist end

Geviertmeilen von

giltig festgesetzt, die von Jarkend annäherungsweise ; aus diesen aber hat man die Lage von Kaschgar berechnet, als in 39° 25' nördl. Br. und 75° 25 ' östl. Länge liegend,

Tibet oberflächlich bestimmt, wovon ein ansehnlicher Theil

d. b. ziemlich östlich von der Lage welche von früheren

ganz neu ist.

Geographen angenommen worden ist. Während des Jahres welches der Bericht umfaßt, wurden 15 topographische und geographische Karten photo

Geographie von etwa 20,000

engl .

Auch der Lauf des Setledsch zwischen Schlipki

und Totling, bisher unbekannt, ist bestimmt.

Dem obern

Laufe des Indus - Fluſſes folgte man südlich von dem Punkt an wo er beinahe an seiner Quelle das Ladak Gebiet verläßt, und über das Vorhandensein eines großen Armes des obern Indus hat man endgültige Gewißheit. "

zinfographirt, 20 vorläufige Triangulationskarten und 10 Landkarten zinkographirt, und diese verschiedenen Karten in 7376 Abzügen der Oeffentlichkeit übergeben .

Die westlichen Goldfelder von Groß- Tibet sind in den Er forschungen ebenfalls inbegriffen, und die Pandits der Ab theilung besuchten den Thok Dſchelang (Jalung ) , größte gegenwärtig bearbeitete Goldfeld.

das

Dieses Feld liegt,

wie Walker sagt, auf der nördlichen Straße von Rudok

Der schwarze Getreidelaufkäfer, ein verheerender

nach Lhasa, und er hofft daß die Forschungen endlich von dort längs den Abbängen der nördlichen Waſſerſcheide des

Feind der jungen Getreidefelder.

Brahmaputra fortgeführt werden können, um auch die Lage

Der schwarze Getreidelauffäfer (Zabrus gibbus) mit

und Größe der großen Seen zu bestimmen die, wie man

seiner die jungen Getreidefluren verheerenden Larve hat sich schaarenweise in Gegenden des deutschen Vaterlandes

weiß, in jener Gegend vorhanden sind. “

Theil der oberen Becken des Setledsch und Indus unbe

eingefunden wo man ihn früher nicht kannte. Zu Ende December 1868 hatten die Larven desselben in der Gegend

rührt geblieben, und wir theilen die Hoffnung Hrn . Wal kers daß endlich noch viel mehr von dem gegenwärtig un

von Essen bei Borbeck zwei Felder von circa 35 Morgen, welche mit Roggen bestellt waren, und eine kleinere Weizen

bekannten tibetanischen Land werde erforscht werden .

Parzelle in ihrem Anwuchs gänzlich zerstört, und etwas ſpäter lief die Kunde ein daß eine und anderthalb Meilen von Bonn, bei Waldorf und Cadorf, in kurzer Zeit über

Es ist sehr erfreulich zu erfahren daß nur ein kleiner

Die

folgende Stelle gibt einen Begriff davon was eine Ver messung in diesem hochgelegenen Himmelsstrich bedeutet : „Länger als drei Monate waren die Pandits in einer Höhe

100 Morgen mit junger Roggensaat bestellte Felder durch

von mehr denn 12,000 Fuß über dem Meeresspiegel . Sie gingen dreimal hin und her über das Himâlaja- Gebirge, und ebenso dreimal über die Gangri- Berge, zwischen dem Setledsch

das Inject gänzlich vernichtet waren.

und dem Indus, sodann einmal über eine sehr hohe Gebirgs: kette zwischen den beiden oberen Armen des Indus, und zweimal über die zwischen dem Indus und Thok Dichelang ; jede dieser Wanderungen schloß die Besteigung eines Paſſes

Geheimrath Hartstein, Director des landwirthschaftlichen. Instituts zu Poppeldsorf bei Bonn, untersuchte im Inter eſſe der landwirthschaftlichen Cultur die unerwartete Er scheinung bei Borbed. Von naturhistorischer Seite ist folgendes über den so ſchädlichen Käfer zu erwähnen.

Derselbe ist pechschwarz,

Der schwarze Getreidelaufkäfer, ein verheerender Feind der jungen Getreidefelder.

unten aber braun von Farbe.

Das Weibchen legt seine

261

Larven können in die durch Regenwürmer u. s. w.

im

die Larven ausschlüpfen und vom Getreide sich nähren.

Boden hervorgerufenen Poren, durch den Regen oder sonst dorthin geführt sein, während endlich in einer Tiefe über

Mit Eintritt des Winters graben diese sich 20 Zoll tief,

10 Zoll keine Larven aufzufinden waren .

Eier klumpenweise einige Zoll tief in die Erde, wo alsbald

und kommen im Frühjahr wieder an die Oberfläche, um am Getreide wieder allmählich ihre Mahlzeiten zu halten. Im dritten Jahre ausgewachsen, sind sie doppelt so lang als der Käfer, fast weißlich, oben rothbraunlich, und großköpfig ; ihr erster Brustring ist doppelt so lang als die beiden fol

Um der großen landwirthschaftlichen Calamität Einhalt zu thun, macht Hartstein folgende Vorschläge : „Hinsicht lich der Schußmaßregeln habe ich bereits an Ort und Stelle empfohlen, den verschont gebliebenen Theil des Fruchtfeldes mit einem fußtiefen Graben zu umgeben und denselben

genden, ihre Leibringe mit bräunlichem beborstetem Schilde,

einige Zoll hoch mit frisch gelöschtem Kalf zu füllen. Da eine

die Beine kurz. Ende Mai gehen sie zur Verpuppung bis drei Fuß tief in die Erde, und nach vier Wochen kommt

Verbreitung der Larven in der Erde nicht anzunehmen ist,

aus der gekrümmten gelblichweißen weichen Puppe der

findet, so wird durch das Gräbenziehen die weitere Ver

Käfer hervor.

heerung der Saaten zu vermeiden sein.

vielmehr die Wanderung derselben auf der Oberfläche ſtatt

Was dagegen die

Hartstein hat über seine Localbesichtigung bei Borbeck

Tödtung der Insectenlarven betrifft, so erscheint es noth

folgendes mitgetheilt : „ Das eine der Roggenfelder war bis auf den untern Theil desselben vollständig zerstört, während auf dem andern Roggenfelde, wie auf der Weizenparcelle,

wendig daß die verwüsteten Fruchtfelder umgepflügt wer den, um die an die Oberfläche gebrachten Larven durch

die Pflanzen nur theilweise vernichtet sind, obgleich die Insectenlarven sich über die ganze Fläche dieser Acker: stücke verbreitet fanden. Von den Larven blieben die Wurzeln der Pflanzen unversehrt, die oberen Theile, ein

Vögel oder durch Einwirkung des Frostes zu zerstören. Dieß allein erscheint jedoch nicht ausreichend. Ich halte vielmehr weiter für nöthig, den verwüsteten Acker und na mentlich an der Stelle wo sich bei dem ſtrichweiſen Ab fressen der Saat die Larven massenweise zusammengehäuft

schließlich der Herzknospe der Pflanze werden aber von den Larven vollständig verzehrt, so daß die betroffenen

finden, mit frisch gelöschtem Kalf zu überstreuen, denselben

Pflanzen unbedingt zu Grunde gehen. Das Zerstörungs werk führen die Larven in den Nachtſtunden aus, während sie sich am Tag in den Boden zurückziehen . So

ration des Kalkens wenigstens an der lettgenannten Stelle

gelang es mir nicht auf der ganzen Fläche auch nur eine Larve auf der Oberfläche zu finden. Die Bodenober

während der Nacht, in welcher Zeit die Larven ſich auf

fläche hat zahlreiche Löcher, und ist an einzelnen Stellen maulwurfsartig aufgetrieben, was gleichfalls nach den an

ration nöthigenfalls zu wiederholen. Statt Kalk wäre auch Eijenvitriol in fein gepulvertem Zustande zu verwenden,

gestellten Untersuchungen von den Larven herrührt. meinen örtlichen Untersuchungen kam es mir darauf an

welches eine noch mehr zerstörende Wirkung auf die Insec ten ausübt. Werden diese Maßregeln baldigst und mit

festzustellen. in welcher Zeit die Larven vorhanden sind, und zu welcher Tiefe im Boden sie sich finden. Auf dem

Energie zur Ausführung gebracht, so dürfte eine möglichſt

durch Eggen mit dem Boden zu vermischen und die Ope

zu wiederholen.

Empfehlenswerth erscheint es ferner das

Ueberstreuen mit Kalk auf dem noch nicht umgepflügten Lande

der Oberfläche befinden, vorzunehmen und auch diese Ope

vollständige Vernichtung der Insectenlarven gelingen, und

am meisten verheerten Roggenfelde zeigte sich zunächſt daß

auf diese Weise ein möglicherweise sehr großer Schaden

die Frucht strichweise Schritt vor Schritt abgefressen wird, so daß die vollständig zerstörte Saat wie durch eine Linie

in der Zukunft verhütet werden. "

von der üppigen Frucht, an welcher sie die Zerstörung fortsetzen, geschieden erscheint. Während auf dem kahl gefressenen Felde nur hier und da einzelne Larven noch zu treffen sind, finden sich dieselben am Rande der noch

phischen Entfernungen von einander, sehr massenhafte Auf

maſſenhaft zusammengehäuft.

Merkwürdig ist das sprungweiſe, oft in großen geogra

treten des schädlichen Insectes. Seine erste großartige Verwüstung wurde im Jahr 1818 im Mansfeld'schen auf den Roggenfeldern beobachtet, dann in neuerer Zeit in

Eine

Böhmen, und im Jahr 1866 abermals an verschiedenen,

Nachgrabung an dieser Stelle ergab auf einen Quadratfuß

weit von einander entfernten Orten der Provinz Sachsen,

Fläche in einer Tiefe bis zu

in Böhmen, Ungarn und Mähren, und im Jahr 1868

unversehrten Saat

2 Zoll 46 Stück Larven,

wieder in der Nähe von Halle.

Ein Bericht aus Mähren

vom April 1866 gibt an, daß eine Schafheerde nicht im

"

"

von 2 bis 4 Zoll 62

"!

"

"

"

"I

Stande sey die Saat bis zur Wurzel so völlig abzuschnei

"

von 4 bis 6 Zoll 4 von 6 bis 8 Zoll 11

"

"

"

"

den, wie diese Larve durch ihren nächtlichen Fraß. An meh

"

"

von 8 bis 10 Zoll

#!

"

rern Orten in Böhmen mußte in jenem Jahr die ganze Wie und woher Wintersaat gänzlich umgeackert werden.

4

zusammen 127 Stück Larven. Hiernach ist der Sit der Larve die oberste Erdschicht bis zu 4 Zoll ; die in folgenden Schichten gefundenen

das Insect jest nach Weſtfalen und an den Rhein gekommen jein mag, ist völlig unbekannt.

" Die Ergebnisse des französisch-britischen Handelsvertrag es.

262

Die Ergebniſſe des franzöſiſch-britischen Handels- |

Es betrugen dem Werthe nach jämmtliche Einfuhren Frankreichs nach England:

vertrages. Die ausbedungene Kündigungsfrist des französisch- eng lischen Handelsvertrages ist kürzlich verstrichen ohne daß einer der beiden Staaten von ihr Gebrauch gemacht hätte.

vor dem Vertrag

Der Handelsvertrag zwiſchen Frankreich und England war der Vorläufer eines ähnlichen Vertrages zwischen Frank

nach dem Vertrag

reich und dem deutschen Zollverein, der uns vor vier oder fünf Jahren mit einer Sprengung dieses wichtigen Bünd nisses bedrohte.

der in seinem Tarif fast bis zur Härte der Handelsver Mit jenem Vertrage betrat Frankreich bote ausartete.

Pfd. St. 1858

Bfd . St. 1859

11,965,407 1865 31,625,231

13,271,890 1866

16,870,858 1867

37,016,754

33,740,660

Ferner betrugen dem Werthe nach die Ausfuhren Eng lands nach Frankreich :

Pfd. St. 9,242,201 26,597,429

Pfd. St. 11,326,823 25,355,072

Auch sonst besißt der britisch-französische

Handelsvertrag einen geſchichtlichen Werth, denn Frankreich war bis dahin die hohe Schule des Schutzolles gewesen,

Pfd. St. 1857

vor dem Vertrag nach dem Vertrag

Pfe. St. 9,581,956 23,022,420

In der Sprache der Schußzöllner war der Vertrag für Frankreich eine Löwentheilung, denn

es brachte lauter

den Weg der Tarifermäßigungen, und jest, nach einer neunjährigen Dauer, lassen sich seine Wirkungen mit stati

„Opfer" in Gestalt von Tarifermäßigungen, während Eng

Die Ergebniſſe würden noch viel

willig gebracht hatte, als wesentliche Entschädigung aber

stischer Genauigkeit prüfen .

schärfer hervortreten, wenn nicht in jener Zeit zwei mächtige Störungen vorgekommen wären, die Baumwollennoth in Folge der Seceſſion und die Crediterschütterung des Jah Troßdem sind die Ziffern von überwältigen res 1866. der Klarheit. Wer sich eines guten Gedächtnisses erfreut, wird sich

land als Freihandelsgebiet seine „ Opfer“ vorher schon gut

nur eine Ermäßigung seines Finanzzolles auf Weine bie ten konnte. Es betrugen nun die Einfuhren franzöſiſcher Weine nach England :

dem Werthe nach : 1857

Pid. St. Pid. St.

1858

1859

528,895 1865

383,100 1866

559,304 1867

865,747

1,456,060

1,497,917

noch deutlich der vielen düstern Vorhersagungen erinnern, womit die Schußzöllner über dem Rhein die franzöſiſchen Gewerbe erschreckten, welche dann als Warnungen von den

der Menge nach : 796,760

Gallonen 623,041

1,010,888

2,915,387

3,668,842

3,771,301

Lippen der Schutzöllner diesseits des Rheines als getreue liches Echo wiederhallten

Damals wagten wir im „ Aus

land " zu behaupten daß der Handelsvertrag zu den großzen ſtaatsmännischen Entschlüssen Napoleons III gehörte, daß | seine Wohlthaten dem genannten Monarchen dermaleinst

vor dem Vertrag nach dem Vertrag

Wer gewann dabei mehr ? die Franzosen,

ein ehrendes Andenken ſichern würden, denn der Handels. vertrag war den Franzosen durch und durch widerwärtig, an Beliebtheit konnte der Kaiser durch die Tarifermäßigung schwerlich gewinnen, ja er lief Gefahr daß er zur Berant: wortung gezogen werden möchte , wenn etwa in den

Die Schutzöllner sagen :

denn sie konnten mehr Wein verkaufen.

Die Freihändler sagen : die Briten, und zwar auf doppelte Art, denn sie konnten nicht nur mehr Geld auf den Ankauf von Wein verwenden, sondern sie tranken auch für ihr Geld eine größere Menge Wein, da die Mengen noch rascher wuchsen als die Wertbe.

ersten Jahren eine schlimme Handelsstockung eintreten sollte, die

unfehlbar

wäre.

dem

Vertrage

zur Last

gelegt worden

Darauf nun erwiederten die politischen Weiſen in

der Heimath, Napoleon III habe nur die Gewogenheit der

Die Einfuhren Frankreichs nach England an Seide und Seidenwaaren beliefen sich dem Werthe nach : 1857

1858

1859

Pid. St.

1,357,000 1865

1,477,000 1866

1,732,000 1867

Pfd. St.

6,780,000

7,553,000

7,018,000

Engländer sich erkaufen wollen auf Koſten der franzöſiſchen Gewerbe, mit andern Worten er habe die französische In duſtrie um politiſcher Vortheile willen verrathen. Was die Gewogenheit der Engländer werth ist, die schon damals dem Gewichte nach : von allen Festlandshändeln sich fern zu halten erklärten , mag ſich jeder ſelbſt ſagen, wir wollen heute untersuchen wie schändlich der

Verrath" der französischen Industrie in

den Ziffern sich abspiegelt.

vor dem Vertrag nach dem Vertrag

428,600 2,405,334

Bfunde 508,494 2,706,665

553,076 2,451,867

Wir vergleichen die drei leßten

Jahre 1857, 1858 und 1859 vor dem Handelsvertrage mit

Mit andern Worten die Seidenausfuhren Frankreichs ſtie

den drei leßten statistisch bekannten Jahren 1865, 1866

gen dem Werthe und Gewichte nach um das Fünffache.

und 1867 nach dem Handelsvertrage, und da wir engliſche

So „verrieth“ Napoleon III die franzöſiſchen Seidengewerbe !

Quellen benügen, ſo müſſen wir auch nach engliſchem Gelde rechnen.

Ferner finden wir folgende Einfuhren Frankreichs nach England dem Werthe nach.

Nochmals Tacitus und die rheinischen erloschenen Vulcane.

Vermehrung

Durchschnitt der Jahre 1857-59

t

Butter Eier

Uhren Handschuh künstliche Blumen

60

Strohhüte

Bfd. St. 152,480 293,588 90,226

1867 Pfd. St. 2,265,147 889,653

198,136 1,149,465 301,544 945,626

487,773 103,677 74,860

fuhren von Baumwollenwaaren nach England ebenfalls von 371,000 auf 653,000 Pfc.

3fach doppelt mehr als doppelt 3fach 13fach.

Gerade so betrug bei den Wollenwaren der „ Verrath" nicht ganz 3 Millionen Pfd. St., sondern wurde durch das

Vor dem Vertrag befand sich England Frankreich gegen über in der Lage daß es stets mehr kaufte als abſeßte, es litt" unter einer paſſiven Handelsbilanz, wie die Schuß zöllner sagen, das schwärzeste und unheilvollste was einem Handelsgebiete nach ihren Ansichten begegnen kann . Es

a

leidet" nach dem Vertrage noch immer, ja leidet noch etwas ſtärker als vorher.

1

Seine Ausfuhren nach Frankreich betrugen dem Werthe nach:

Höchste Ziffer aus den Jahren 1857-59 Pfd. St.

< 1

i

5 L

1867 Pfd. St. 937,178 589,000 500,000 137,000

615,232 792,060 388,000 113,000

Kohlen Eisen Maschinen Messerwaaren

Die höchste Zunahme, etwa 50 Proc., trifft die Kohlen, bei welcher Waare die Schußzöllner tolerant zu denken pfle gen, andere Einfuhren zeigen Abnahme, so daß man fast bei jenen vier Posten zusammen einen Stillstand anneh men darf. aufgemerkt aufgemerkt!! — jezt kommt der „ Verrath. “ Die Ausfuhren Englands nach Frankreich betrugen bei den Jezt aber

Wollenwaaren: engl. Ellen

Pfd . St.

1 Günstigstes Jahr vor dem Bertrage (1858) 1865 1866 1867

260,500 1,685,000 2,785,000 3,110,000

Die Größe des Verrathes " beträgt hier 11½ Mill. Pfd . St., gemildert nur dadurch daß die Franzosen ihre Aus

15fach

$

56

263

3,896,000 20,864,000 31,196,000 27,139,000

Hier ist für England ein Absatz entstanden der vor dem Vertrage nicht vorhanden war, mit 12facher Vermehrung im Werthe und etwa 7facher in der Menge. Auch Wollen: garne sind von 1,168,000 Pfd. und 210,000 Pfd . St.

St.

steigern fonnten.

Wachsen der französischen Ausfuhren nach England von Mill. (1868) um 2 Mill. ge 71 Mill. ( 1859) auf 9 mindert. In den Wollen , Leinen , Baumwollen Garnen und Geweben haben sich also die Ausfuhren Englands nach Frankreich um 2 Mill. mehr gesteigert als die Aus: fuhren Frankreichs nach England.

Zum Ersatz aber be.

trägt das Wachsthum des Abjaßes an französischen Seis denwaaren 5 , Mill., ganz abgesehen von dem vermehrten Umsaß bei den Weinen und andern Bodenerzeugniſſen. Die allgemeinen Folgen , des Handelsvertrages waren also eine Steigerung des französischen Absaßes (fast nür Landeserzeugniſſe) von 16¾ auf 33¾ oder um 17 Mill. Pfd. St., des englischen Absatzes in Frankreich von 92 auf 23 Mill . oder um 131 Mill. (von welcher Steigerung jedoch nur 7 , Mill. auf britische Landeserzeugnisse treffen) . Wer hat nun mehr gewonnen ? Auf diese Frage gibt es zwei Antworten. Die freihändlerische lautet : die Englän der, denn sie sind im Stande um 17 Mill . Pfd. St. mehr französische Waare zu verbrauchen. Die schutzöllnerische lautet : die Franzosen, denn ſie ſind jezt in der Lage für 17 Mill. mehr Landesproducte nach England abzusehen. Die französischen Schutzöllner dürfen freilich klagen daß ihnen an engl. Baumwollen , Leinen und Wollengarnen, so wie an Zeugen aus diesen drei Faserstoffen auf den eignen Märkten eine Mitbewerbung erwachsen ist , an die sie früher sich nicht gewöhnt hatten, und die manchen Unternehmungen sehr weh gethan haben mag. Anderer : seits haben die engl. Seidenwebereien sehr schwer unter der französischen Concurrenz gelitten. Das Schlußergebniß blieb aber immer daß von beiden Seiten mehr Erzeugnisse abgesetzt wurden als früher. Gerade die liberalen Tarife sind also dem Aufschwung der Gewerbe förderlich, freilich in einem Sinne der den Schutzöllnern nicht behagen will. Das Ziel des Freihandels ist es nämlich daß ein Land viel erzeuge, um viel nach auswärts abzusehen, das Ziel des Schutzolles ist lieber weniger aber vielerlei zu erzeugeu.

vor dem Vertrage auf 4,303,623 Pfd ., und 556,305 Pfd. St. gestiegen. Der zweite und der dritte „ Verrath" betrifft die Leinen. Nochmals Tacitus und die rheinischen erloschenen und Baumwollengewerbe, nämlich : Vulcane. Höchste Ziffer aus den Jahren 1857-59

Pfd. St. 75,400 89,371

Flachs Leinengarn Baumwollenwaaren 285,000 53,000 Baumwollengarn

1867 Pfd . St. 261,000 277,000 1,096,000 581,000

In meinem kritischen Aufsaß über den Gegenstand der vorstehenden Ueberschrift, welcher im Ausland " Nr. 32 von 1868 abgedruckt erschien, habe ich eine bezügliche ein gehende Arbeit vom Professor Dr. R. G. Zimmermann in Hamburg nicht berührt.

Sie führt die Aufschrift : „ Noch:

Miscelle.

Eidgenössisches Postwesen.

264

malige Erörterung der Frage : „ Gibt Tacitus einen histori: schen Beweis von vulcanischen Eruptionen am Niederrhein ?" und steht in v. Leonhardts und Bronns " Neuem Jahr buch für Mineralogie, Geologie, Geographie und Petre factenkunde. " Jahrgang 1853, Leider hatte ich den Zimmermann'schen Aufſaß nicht gerade im Gedächtniß als ich denjenigen für das „ Aus: land" schrieb.

Den Fehler, welchen ich daher keineswegs

absichtlich begangen habe, muß ich nachträglich verbessern . Dr. Zimmermann sucht es wahrscheinlich zu machen daß das von Tacitus erwähnte Ereigniß bei den Juhonen wirklich ein vulcaniſches geweſen ſei, welches bei einer römi

auch die kleineren Gemeinden wetteifern durch entsprechende Beiträge die Wohlthat des erleichterten Verkehrs genie Ben zu können. Wenn der Verbrauch der Seife der Maßstab für die Beurtheilung der Reinlichkeit eines Landes ist, wenn der . Zustand der Obstbäume einestheils auf den Untergrund resp. Bodenbeschaffenheit ziemlich richtige Schlüſſe ziehen. läßt , und anderntheils eben so wohl den intelligenten Landwirth verräth, so ist gewiß auch der Briefverkehr eines Landes ganz geeignet über den Bildungsgrad des - denn da wo jeder selben ein richtiges Urtheil zu fällen mann (wie in der Schweiz, Preußen 2. ) leſen und ſchrei

Sinzig (Sentiacum), bei Remagen (Rigomagus) und am

ben kann, werden naturgemäß mehr Briefe geschrieben als´ wo 50-80 Proc. der Bevölkerung (wie in Italien und

wahrscheinlichsten bei Andernach) (Andenacum) vorgekom

Spanien 2c. ) desselben unkundig sind.

schen Niederlassung, einem Castrum, am Rhein, etwa bei

men wäre.

Alle Gründe aber welche für diese Ansicht

von Dr. Zimmermann beigebracht werden , sind in meinem Aufsatz bereits so vollständig widerlegt, daß ich keine Ver Diese

Seetiefen und Temperaturen im Golfstrom.

Erklärung glaubte ich indeß meinem geehrten Hrn . Gegner,

In der Sihung der Londoner geographischen Gesellschaft

anlassung finde hier noch einmal darauf einzugehen .

so wie den Lesern des „ Auslands “ eben so sehr in der Sache selbst schuldig zu sein, als um mich gegen den mög

am 8 Febr. wurden die Bemerkungen des Commanders

lichen Vorwurf zu verwahren daß ich wesentliche Wider

W. Chimmo über „ Sondirungen und Temperaturen im Golfstrom" verlesen . Hr. Chimmo verbreitete sich über die

sprüche gegen meine Anſicht absichtlich ignorirt hätte.

Hauptergebnisse der Forschungen welche er unter der Lei

Nöggerath.

tung des Admiralitäts - Hydrographen in der „ Gannet" im

Juli , August und September unternommen hatte.

Der Theil des Atlantischen Meeres welchen er auf dieſe Art in den Bereich ſeiner Arbeit zog , lag innerhalb und Eidgenössisches Postwesen.

jenseits des nördlichen Randes des Golffiromes nach dem Süden der Neufundland-Bank, und von dort in der Rich:

Von Jakob Meſſikommer. tung nach den Azoren . Die Postverwaltung hat in den letzten zwei Jahren eingenommen : 1) Von Reisenden und Gepäckübergewicht

betrug 2700 Faden .

Die größte Tiefe die er fand

Die von Maurv als unergründlich

angegebene Tiefe ward ebenfalls sondirt, und bei 1450 Faden

1867 2,164,810 Fr. 2) Von Briefen und Drucksachen

1868

2,149,843 Fr.

der Meeresgrund erreicht. Mehrere Sondirungen wurden. in dem auf den Karten als die Milne- oder Sainthill

1867 3,893,490 Fr. 3) Von Geldern, Packeten und Mandaten 1867 2,168,360 Fr. 4) Von übrigen Einnahmen 1867 543,767 Fr.

1868

3,799,013 Fr.

Bank bezeichneten Theil vorgenommen , und stets ward tiefe See in der Dertlichkeit gefunden. Die Temperatur

1868

2,358,598 Fr.

Summa

8,770,427 Fr.

. des Meeres unterhalb der Strömung des Golfstromes (Br. 44° 3', Länge 48° 7') betrug, wie sich erwies, 6º R.

# 1868

507,259 Fr.

gegen

8,814,713 Fr.

in 50 Faden, und 41/2 fläche 16º.

in 1000 Faden, die der Ober

Weiter öftlich (Länge 37° 47' , Breite 43 ° 43 ′) ,

wo die Meeresoberfläche 2012° zeigte, war die Temperatur Es zahlt somit jeder Einwohner der Schweiz (2½ Millio nen) im Durchschnitt der Post über 3 Fr. per Jahr

in 100 Faden 15º, und in 1000 Faden 6º.

Letzteres

Durch die Herabjegung

war die allgemeine Temperatur in den größten Tiefen. Was die Bodenproben betrifft welche durch diese Sondirungen.

der Telegraphentage von 1 Fr. auf 50 R. für die einfache Depesche (20 Worte) ist der gefürchtete Verlust nicht ein

zu Tage gefördert wurden, so sprach sich der Commander sehr ausführlich darüber aus, da er sie mikroskopisch unter:

getreten, sondern es hat sich im Gegentheil ein Mehrertrag durch die größere Benutzung des Telegraphen herausgestellt.

sucht und treffliche Abbildungen davon gemacht hatte.

Wohl kein Land hat wie die Schweiz im Verhältniß zu

Tiefen fein lebendes Wesen existire, alle Exemplare seien todt und bei vielen die Höhlungen mit unorganischen

gewiß eine erfreuliche Thatsache.

ihrer Größe ein so ausgedehntes Telegraphenneg

jede

größere Gemeinde ist mit einem Bureau versehen , und

Er

war hierbei zu dem Schlusse gelangt: daß in jenen großen

Theilchen ausgefüllt gewesen.

Truck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. C. F. Beschel.

Ausland.

Das

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde .

Zweinndwierzigster Jahrgang.

Nr. 12.

Augsburg ,

1869.

20 März

Inhalt: 1. Frisches Bandmännerwesen und irisches Elend. - 2. Briefe über vergleichende Mythologie. Von Prof. Dr. Fr. Spiegel. ― 3. Zu Fuß nach Braſilien. Von Karl Ferdinand Appun. 1 ) Meine Menagerie. ― 4. Hutchinson über den paraguitiſchen 6. Die Verfinſterung der Sonne am 18. Auguſt 1868. 7. Ueber den Krieg. - 5. Die Indianerstämme Britisch Guayana's. 8. Erste Rübenzuckerfabrik in England. 9. Neue Heilmethode bei Schlangenbiſſen. Flug der Insecten.

Frisches Bandmännerweſen und iriſches Elend .

Armagh folgte natürlich eine allgemeine Strafe und zwar wurden die bevorstehenden Ferien für die Classe verwirkt

Verfaſſer von criminaliſtiſchen Schreckensromanen mögen

erklärt.

Darauf beschlossen die Schüler Gewalt mit Ges

ihre Phantasie noch so sehr anstrengen, sie werden nichts

walt zu beantworten.

erfinden können was schaudernsgierige Leser in höhere

rück, verrammelten und vernagelten die Thüre, versahen sich

Aufregung versehen kann, als die Anzeichnungen eigener

mit Waffen, von denen sie auch später Gebrauch machten, in fofern eine Flinte mit Schrot dem Gärtner unter die Beine

Erlebnisse, die W. Steuart Trench kürzlich veröffentlicht 1 hat. Der Verfaſſer, aus einer guten irischen Familie und nahe verwandt mit dem Erzbischof von Dublin, be kleidete seit 25 Jahren das ehrenvolle aber gefährliche Amt eines Verwalters oder Landagenten auf den großen Be ſizungen des Marquis v. Lansdowne, Marquis v . Bath, Lord Digby und anderer irischer Magnaten.

Als Knabe

trat er 1821 in das Gymnaſium von Armagh, und aus seiner Schulzeit müssen wir eines Ereignisses gedenken, weil es uns Aufschluß gibt warum so viele Verbrechen in Irland ungestraft verübt werden.

Einer der Lehrer hatte

die Classe durch irgend etwas gegen sich aufgebracht.

Eine

Verschwörung wurde angezettelt, und einer der Buben legte ein Päckchen Schießpulver hinter den Ofen, das sich erwär

Sie zogen sich in ihren Schlafſaal zu

gefeuert wurde, und hielten die Belagerung ein paar Ferien tage standhaft aus, so lange ihre Wasservorräthe ausreich ten.

Schließlich ergaben sie sich auf die Bedingung daß

ein jeder eine tüchtige Tracht Schläge in Empfang nehmen sollte. Die Execution fand lautlos statt, an einem Vorrath von Ruthen war kein Mangel, und die männlichen Dienst boten des Hauses erfreuten sich dabei der Gelegenheit ihren jungen Quälgeistern alte Schulden heimzuzahlen. Auf dieses Beispiel treuen Zusammenhaltens bei übeln Streichen wollen wir den Fall eines Verrathes folgen laſſen . Trench bewohnte nach seiner Verheirathung die Grafschaft Tipperary, die berüchtigtste in Bezug auf Verbrechen und

men und wenn der Lehrer gegenwärtig wäre entzünden

Elend und obendrein in der schlimmsten Zeit der Band männer Vehme. Der Geheimbund der Bandmänner (Rib

sollte.

bonmen), dessen Verfahren bei einer spätern Gelegenheit

Alles gieng nach Berechnung, das Pulver flammte

auf und der Lehrer wurde durch den Luftdruck in das Zim

geschildert werden soll, hatte den Zweck den Pächter im

mer geschleudert.

Genuß seiner Pacht gegen den Eigenthümer zu schüßen, natürlich wenn er mit dem Pachtschilling im Rückstand

Als die Sache untersucht wurde, geſtand

keiner der Schüler wer der Anstifter gewesen sei.

Wir

sehen also schon in der Jugend den Hang zu Verschwörun

war und ausgetrieben werden sollte.

gen, verbunden mit strengen Gelübden der Verschwiegen

ein Pächter der Vehme, der eine Pacht antrat von welcher ein Bandmann entfernt worden war. Später wurde der

heit.

Dieß lettere wäre gewiß ein ehrenhafter Zug des

Daher verfiel auch

irischen Charakters, wenn nicht gar zu oft die camerad schaftliche Treue beim Eintritt ganz gemeiner Versuchungen

ihre Behme überhaupt alle Beschwerden zogen die vorge

erschüttert würde. Einen Fall dieser Art werden wir noch kennen lernen . Auf die Pulververschwörung der Schüler in

so erhielt er von der Vehme eine Warnung, ja es ist vor

1 Realities of Irish Life. Ausland. 1869. Nr. 12.

London 1868.

ursprüngliche Zweck verändert, indem die Bandmänner vor

bracht wurden.

Wollte ein Pächter einen Knecht entlassen,

gekommen daß sogar ein Landwirth am Leben bedroht 34

Frisches Bandmännerwesen und irisches Elend.

266

wurde, weil er einen Schäfer nicht miethen wollte, ob

er ein paar Schritt zurück weichen, strauchelte aber dabei

gleich ihn zu diesem Dienst die örtliche Bandmännerloge für berechtigt erklärt hatte. In der Nähe der kleinen Stadt

über Gestrüpp und fiel zu Boden, worauf sich der Mörder über ihn warf und ihm mit angeseztem Laufe eine Kugel

Cloghjordan, wo Trench wohnte, waren im Jahre 1840

Darauf warf er das Pistol in die nächste Hecke, steckte die Hände in die Taschen und mischte. sich unter die Gruppe die um die Leiche herum stand, als Auf die der Verfaſſer und sein Freund heran ritten.

zwei Morde auf öffentlicher Straße bereits verübt worden, als eines Sonntags während des Gottesdienstes vier Män ner an dem Hause eines Landwirths, Namens Hall, er

durch den Kopf jagte.

schienen und Geld sowie Waffen heiſchten. Zwei davon wurden bald darauf ergriffen und deportirt. Von dieser

Angabe seines Cameraden wurde der Mörder ergriffen, vor

Zeit an war Hall der Vehme verfallen .

Zeit an herrschte in Tipperary längere Ruhe, denn die Bandmänner sind sehr behutsam wenn es ihnen an das

An einem heitern

Maitage, als Trench mit einem Freunde über Land ritt, vernahm er den schwachen Knall eines Feuergewehres, was er jedoch nicht beachtete, bis kurz nachher ein Mann an die Reiter herantrat und ihnen gelassen mittheilte daß so eben Hr. Hall erschossen worden sei .

Sie eilten auf den

Schauplah und fanden auch wirklich den Unglücklichen noch warm, aber entseelt, während rings herum die Bauern auf

Gericht gestellt, verurtheilt und hingerichtet.

Von dieser

eigene Leben geht. Im März 1843 kam Trench nach Carrickmacroß in der Grafschaft Monaghan als Landagent auf die große Herr schaft Farney, die zur Hälfte Hrn . Shirley, zur Hälfte Lord Bath gehört. Der frühere Verwalter war in der Nacht vorher gestorben, und überall erglänzten Freuden

den Kartoffelfeldern arbeiteten, und nur ein paar Ber

feuer der Bevölkerung

wunderte um die Leiche sich versammelt hatten.

für ihren Bedränger ansahen . Am nächsten Tage kamen die Bauern in bellen Haufen zu Hrn . Trench um ihn zur

Trench

meinte, der Mörder könne noch nicht weit entflohen sein und zu Pferd noch eingeholt werden, sein Freund aber bemerkte ihm kühler, er solle sich keine Mühe geben ihm

über den

Tod

dessen den sie

Herabsehung des Pachtschillings zu bewegen.

Vergebens

sagte er ihnen daß er als Fremdling nicht wiſſen könne ob

denn der Mörder könne sich ebenso gut

die Pachtschillinge zu hoch seien, er wurde umringt und auf

unter der müssigen Gruppe befinden die auf die Leiche

der Straße nach Carrickmacroß geschleppt. Auf allen Anhöhen war es lebendig, überall begegnete

nachzusehen ,

herabſtarre und sich den Kopf zerbreche wer so etwas

lohnungen für den Angeber ausgesetzt wurden und durch

Trench feindseligen Gesichtern, man riß ihm Rock und Hemd vom Leibe und schleppte ihn unter Mißhandlungen weiter. Da griff ihm ein starker Mann unter den Arm und

Zeichnungen die Summe von 1500 Pf. St. ( 10,000 Thlr.)

flüsterte ihm zu : „ Sie wollen dein Blut haben, aber faſſe

zusammenkam, meldete sich endlich bei den Richtern ein

dich, zuvor müssen sie meins vergießen. " Endlich konnte Trench nicht mehr weiter, er fühlte das Nahen einer Ohn

verübt haben könne. Alle Anwesenden waren Mitwisser und noch fand sich unter ihnen kein Verräther. Als aber Be

Theilnehmer als Königszeuge. Hr. Hall hatte nichts wei ter verbrochen als daß er das Conacre 1 verweigert hatte, und die Bandmänner beschlossen,

es sei verdienstlich das Wütherich Der Angeber Land von diesem zu befreien. " und der Mörder wurden zur Vollstreckung des Vehmspru

macht und ließ sich mit dem Rücken an eine Böschung hinter der Straße führen um mit den Leuten ein leßtes Wort zu reden. Eine gewaltige Stimme die in dem Ge

ches gedungen und lauerten am Morgen der That im Freien

tümmel öfters durchgedrungen war, rief auf die Frage des Mißhandelten, was man denn eigentlich von ihm wolle :

auf Hrn. Hall. Der Angeber mit einem geladenen Piſtol im Aermel schlich dem Unglücklichen nach, aber Hr. Hall

veriprechen?" Das Leben des Verfassers war in dieſem

drehte sich rechtzeitig um und frug den Mann was er wolle. Dieser bat ihn um die Erlaubniß auf Conacre säen zu

sicherungssumme für den Todesfall.

dürfen, die ihm verweigert wurde.

Hall ging darauf ſei

nes Weges und der Angeber folgte ihm abermals . Wie derum drehte sich der Landwirth um, worauf der gedun gene Mörder sich seitwärts zu seinem Cameraden schlich, das Pistol auf den Boden warf, und mit einem Eide gelobte nichts mehr mit dem Verbrechen zu schaffen haben zu wollen, da er vom Unglück verfolgt werde. Der junge Verbrecher hob das Pistol kaltblütig auf, schalt seinen Ge fährten eine erbärmliche Memme, und eilte schleunig Hrn . Hall nach. Dieser, jetzt besser auf seiner Hut, drehte sich abermals um und begann aus seinem Stock einen Degen zu entblößen.

Um die Klinge völlig herauszuziehen, wollte

1 Wer den Ausdruck Conacre nicht kennt, findet weiter un ten eine Erklärung.

" Eine Herabſegung des Pachtzinses ! Willst du sie uns

Augenblick nicht viel mehr werth als seine etwaige Ber

"! Und mit welcher

Herabsehung," frug er, wollt ihr Euch zufrieden stellen ?" ,,Wir wollen," erwiederte die nämliche Stimme, nicht mehr zahlen als den halben Zins !“ „ Dann, entgegnete Trench Nie werde kaltblütig, ist unsere Verhandlung zu Ende. ich so etwas versprechen. " Eine tödtliche Stille folgte und das Leben des Verfassers hing ab von dem nächsten Spre cher der die Leidenschaften entfesseln oder beschwichtigen würde.

Da rief abermals die nämliche gewaltige Etimme :

„ Zurück ihr Jungen, wenn euch das Leben lieb ist ! Nie mand soll ihm was Leides thun er ist im Grunde doch ein ehrlicher Kerl!" Dieß fühlten nun alle, ein Umschlag der Stimmung gab sich in allen Mienen kund, und Trench rurde auf die Schultern gehoben und unter Jubel nach dem nächsten Hose getragen.

Frisches Bandmännerwesen und irisches Elend.

Im Jahr 1851 übernahm Trench die Verwaltung der Ländereien der Lady Bath.

Die größte Schwierigkeit ſeiner

267

geschlagen, er sezte sich , er versprach sogar daß er sich füge, daß er auswandern wolle.

Trench verlangte hierauf daß er

Aufgabe bestand wie überall in der vorhandenen Ueber

augenblicklich mit ihm nach Carrickmacroß gehen solle um

völkerung. Die vereinigten Beſizungen des Hrn. Shirley und Lord Bath bestanden aus 67,333 Acres mit einer

den Handel fest abzuschließen. Mac Kay aber bat ihn bis auf morgen zu warten, wo er kommen werde, denn

Rente von nur 46,395 Pfd. St., und einer Bevölkerung

wenn er jest ginge würden die Leute sagen er habe sich

von 44,107 Köpfen.

Che er sein gefährliches Amt antrat,

aus Kleinmuth verhaften lassen.

Trench glaubte ihm aufs

hatte ihm Lady Bath zuſichern müſſen daß er keinen Päch

Wort, und der Pächter öffnete jezt mit seinem Finger, den

ter, selbst wenn er mit seinen Zahlungen noch so tief im Rückstande sei, auszutreiben gezwungen sei, daß er jedem

stellte er sich am andern Morgen und Trendy erklärte ihm

er in das Schloß steckte, die Thüre.

Gegen alle Erwartung

solchen Pächter alle Schulden nachlassen, ja ihn obendrein

nun daß er einstweilen noch auf dem Pachtgrunde bleiben,

noch mit Geld zur Auswanderung unterſtüßen dürfe.

dann aber reichliches Zehrgeld zur Auswanderung erhalten sollte. Er erreichte aber nie Amerika, sondern einen Mo

Der Eigenthümer zahlte also um nur die Bevölkerung los

zu werden,

und

in

der That wurden bis 1865

nicht weniger als 10,000 Pfd. St. für Auswanderung geopfert.

Trench gab sich alle Mühe die Bedingungen

zu veröffentlichen unter denen er die Verwaltung über nommen habe , gleichwohl entschloß sich niemand zur Auswanderung.

Aller Augen waren auf Joe Mac Kay

nat nach jenem Auftritte ſtarb er, an gebrochenem Herzen wie man zu sagen pflegt. Die Bezähmung des Widerſpänſtigen hinterließ anfangs einen guten Eindruck, sehr viele Pachter wurden geschmeis diger, allein nach etlicher Zeit erwachte der alte Band männergeist, es ging von Mund zu Mund der Spruch daß

Mac

Trench der Urheber alles Uebels wäre, und daß man das

Zins gezahlt, wollte

Land vom Tyrannen befreien müsse, gerade so wie man

auch keinen zahlen, wollte auch nicht auswandern, sondern

nach einander vier Gutsverwalter auf benachbarten Län

sich im Genuß der Pacht mit Gewalt behaupten.

dereien zuvor niedergeschossen habe.

gerichtet, einen classischen Bandmänner - Häuptling. Kay hatte seit 5 Jahren keinen

Trendy

suchte den Löwen in seiner Höhle auf, ohne Begleiter trat er bei ihm ein.

Mac Kay führte ihn in das Zimmer und

schlug die Thüre hinter sich zu .

Dem Schloß der Thüre

Es wurden also 50

Pfd. St. zur Prämie für Meuchelmörder zusammengeschossen und ein Behmtag ausgeschrieben. Nach dem Bandmänner brauch bilden zwölf Geschworene ein Gericht, allein aus

fehlte inwendig der Griff, es konnte alſo nur künſtlich noch

nahmsweise fanden sich sechzehn

geöffnet werden .

Vorfälle wurden durch das Geſtändniß eines der gedung

Mac Kay war eine herculische Gestalt,

Trench an Stärke weit überlegen, an der Wand aber hing

enen Meuchelmörder später bekannt.

eine Streitagt, eine alte drohende Waffe, auf welche Mac

lehte Wort führte der Borsigende.

Kay oft seine Blicke richtete.

wesenden auf zu

Im Zimmer ſtand ein Tiſch

ein .

Alle damaligen

Das erste und das Er forderte die An

äußern, was sie etwa zu Gunsten des

mit zwei Stühlen, und Trench wählte vorsichtig seinen Play jo

Angeschuldigten

daß er zwischen dem Pächter und der Streitart zu ſigen kam. Eine Unterredung entspann sich, in welcher Trench dem

Trench nach daß er ihm ein eisernes Thor geschenkt habe. " Möge dein Bich daran das Genic brechen, " schrie der

Fren

Borsigende ihm zu.

auseinander segte daß er auswandern müſſe, daß

vorbringen könnten.

Der eine rühmte

Ein anderer hatte Holz und Schiefer

seiner Rückstände dabei nicht gedacht, er vielmehr noch mit

platten zur Ausbesserung seines Daches erhalten.

Geld unterstützt werden sollte.

das Dach über deinem Haupte zusammenbrechen ! "

Mac Kay bestand darauf

Möge Ein

nicht seinen Bacht zu verlassen, wo er jeden Busch gepflanzt,

dritter rühmte daß Trench dem Kinde eines Nachbars

jeden Stein ſelbſt aufgerichtet habe, und den er vertheidi

während einer Krankheit Wein geschickt habe.

gen werde mit seinem Leben.

das Kind starb !" warf der Vorsitzende dazwischen. Kurz Trench wurde verurtheilt. Der Vorsißende sezte die schwarze

Seine Aufregung steigerte

sich, er sprang auf, so daß Trench, der nie unbewaffnet

„Ja ! aber

war, selbst nicht daheim bei Tisch, ein paar Piſtolen aus

Müze auf und zwei Mörder wurden gedungen.

der Tasche zog, die Hähne spannte und seinen Gegner ins

waren weder Pächter noch gehörten sie als Bewohner zu

Auge faßte.

weil er argwöhnte Trench habe das Haus mit Gerichts

den Ländereien der Lady Bath. Der eine, Hodgens, war bei Eisenbahnarbeiten in der Nähe von Castleblaney be

dienern und Conſtablern umſtellen laſſen.

schäftigt, und der andere, Thornthon, im Grund ein Tage

Der Jre warf wilde Blicke durchs Fenster

Wie Tiger ſtan

den sich beide Männer gegenüber, als aber Trench auf den Bächter anschlug, kreuzte dieser ruhig die Arme als wollte er zum Schuß herausfordern.

Jezt wurde Trench

inne daß der Pächter mehr auf seine Vertheidigung als auf einen Angriff bedacht gewesen war.

Er legte alſo die

Pistolen auf den Tisch im Bereich von Mac Kays Griffen

Beide

dieb, bewohnte eine Hütte jenseits der Gränze der Be sigungen. Jungen, rief der Vorsitzende vergnügt, schießt ihn nur nicht vor dem Dienstag nieder, denn er will mir an diesem Tag ein paar eiserne Thüren schenken, um die ich sonst käme. “ Trench wurde gewarnt und war auf seiner Hut.

Nicht

nieder und rief: „Da ! du Schurke, weißt doch daß du mir

ohne Berechtigung zählte er auf die Verzagtheit seiner

nichts anhaben darfst."

Gegner, denn die Fren morden nur dann wenn ſie ſelbſt

Der Pächter war wie niederge

Frisches Bandmännerwesen und irisches Elend.

268

Er sorgte dafür daß zwei

gens, als er dieß erfuhr, gerieth in die höchste Aufregung

Revolver beständig geladen in greifbarer Nähe ſich befan:

und Versuchung, er versprach für den nächsten Morgen

keine Gefahr zu fürchten haben.

den.

Begab er sich aus dem Haus, so geschah es stets zu

ein offenes Geständniß,

nur wolle er zuvor mit seinem

Pferd oder im Wagen, nie ohne zwei Begleiter, gewöhnlich

Beichtvater sich berathen.

mit einem seiner Söhne.

gieng, nach der Beichte aber war Hodgens völlig umge: wandelt, betheuerte nichts verrathen, sondern für sein

Den Kutschern war eingeſchärft

worden daß sie, sowie ein Schuß fallen sollte, augenblick

Der Priester kam, der Priester

lich halten müßten, widrigenfalls sie als Mitschuldige be trachtet und von rücklings niedergeschossen werden würden .

Vaterland sterben zu wollen. "

Es war ferner ausgemacht worden daß sowie Trench oder

jemanden angegeben zu haben.

Er starb auch wirklich ohne Doch waren auch ohne

irgend einer seiner Begleiter von einer Kugel niedergestreckt

ihn schon die Rädelsführer der Bandmänner hinreichend bekannt, und nachdem Trench einen nach dem andern ge

worden wäre, die andern ihn fallen oder liegen laſſen, den

nöthigt hatte auszuwandern, fühlte er sich so sicher daß

Mördern aber unverzüglich nachſeßen sollten, denn bei frühern

er die Kapseln von seinen Drehpistolen herunternahm und

Gelegenheiten waren immer die Verbrecher deßhalb entwischt,

in seinem Buche die Zuversicht ausspricht daß er das Tragen von Waffen nicht mehr nöthig zu haben glaube. Es bedarf für keinen aufmerksamen Leser der Beleh:

weil die Anwesenden sich mit ihrem Opfer beschäftigt und darüber die Verfolgung versäumt hatten. etwas länger als ein Jahr.

So lebte Trench

Mehr als einmal hatten die

beiden Meuchelmörder mit ihren Musketen im Hinterhalt

rung daß jenes Buch im gegenwärtigen Augenblick gerade eine politische Tragweite besigt, auch haben die conservati

wußte, wie Trench und seine Begleiter auf der Hut seien,

ven Zeitschriften sich flugs seines Inhaltes bemächtigt und Trench selbst ihn weidlich zu ihren Zwecken verwendet.

was sie verabredet hatten und daß ihre Gegner zu den

hat übrigens keine politischen Ziele im Auge gehabt,

Schüßen ersten Ranges gehörten .

der Muth und nach Jahr und Tag erklärten sie „ es ſei

berichtet absichtslos mit hiſtoriſcher Gewissenhaftigkeit was er erlebt hat, und wird den guten ja überwiegend vortreff

kein Glück bei dem ganzen Handel, " ſie gaben jezt Trench auf und wollten sich lieber an einem andern „ Tyrannen “

lichen Eigenschaften seiner irischen Landsleute ebenso gerecht Wir können ans nicht als er ihre Schwächen enthüllt .

versuchen.

an Trench von den beiden Meuchelmördern nicht das ge

versagen hier anzudeuten daß wenn die heutige Geſellſchaft in Nordamerika durch das Auftreten sogenannter Rowdies,

ringste mehr zu fürchten hatte. Der nächste den sich die saubern Gesellen erkoren, war der Amtmann 'Mac Ardle.

trunksüchtiger und blutgieriger Tagediebe, so oft befleckt erscheint, diese Blüthe des Etrolchenthums genau zusam

Als sie eines Tages erfuhren daß er über Land zu fahren gedenke , legten sie sich gegen ihn in den Hinterhalt. Jhr Vorhaben war inzwischen verrathen worden, und der

tons Zeiten, ja viel später noch,

gelegen, allein ſie wußten und jedermann in der Umgegend

Jedesmal sank ihnen

So fatalistisch ist der Jre daß von jener Zeit

Amtmann wäre dießmal gern daheim geblieben, aber seine heroische Frau litt es nicht.

Sie sezte sich neben ihn in

den Wagen, nachdem zuvor eine Schaar Constabler zur Absuchung des Waldes links und rechts ausgeschickt wor den war. Der Weg führte zuleßt durch eine einsame Fel senschlucht, scherzweise der „Kaiber Paß“ geheißen. auf jener Strecke die Gefahr schaarten sich

Da

am drohendsten erſchien,

die Polizeidiener dichter um den Wagen.

menhängt mit der irischen Auswanderung.

zehnten unseres Jahrhunderts,

er

Zu Washing

in den ersten Jahr

wird in den Schilderun

gen von Reisenden jener Straßen und Kneipengeſtalten nicht gedacht, sie fehlen noch heutigen Tages in Canada und andern Ansiedlungen des britiſchen Nordamerika, wohin Fren bekanntlich nicht auswandern . Wo dagegen die irische Bevölkerung dichter auftritt, da läßt sie es auch in den Vereinigten Staaten nicht an geheimen Geſellſchaften feh: len, gegen die der typische Amerikaner, wie gegen alles heimliche, einen herzlichen Widerwillen empfindet.

Plötzlich bemerkte der eine von ihnen auf einer Felsenkante

Der Ursprung des irischen Elends ist so sonnenklar

einen Gegenstand, konnte aber nicht unterscheiden ob es ein Busch oder ein Mensch sei. Um sich aus größerer Nähe

daß über ihn eine Meinungsverschiedenheit nicht aufkommen

Gewißheit zu verschaffen, ſchwang er sich über die Hecke, die in Irland wie in England neben den Chausseen herzulau fen pflegen, und siehe da ! dicht vor ihm lagen und lauer

kann.

Die Eingeborenen jammern zunächst über die Ab

wesenheit ihrer Gutsherrschaft (absenteeism), allein welcher Lord, Sir oder Gentleman wird wohl in einem Lande bleiben wo er hinter jeder Hecke ein für oder vielmehr gegen ihn geladenes Feuerrohr suchen muß ? Wären die

ten die beiden Meuchelmörder niedergeduckt. Sie waren so verblüfft und außer Fassung daß sie sich von den Con

Herren selbst gegenwärtig, es ginge ihnen nicht um ein

stablern ohne Widerstand in Ketten legen und fortführen

Haar besser, als ihren Landagenten.

ließen.

Grund ist es rein unmöglich daß Fabriken entstehen, denn

Es währte nicht lange, so trat aus Galgenfurcht

Aus dem gleichen

Thornton als Königszeuge auf, und in Folge seiner Ge

welcher Capitalist würde es wagen mit einer irischen Ar

ſtändnisse

beiterbevölkerung irgend ein Unternehmen zu beginnen ?

wurde sein Gefährte zum

Tode verurtheilt.

Trench wirkte ihm damals Begnadignng vom Lord Lieute

Auch er hatte den Bandmännerunfug zu befürchten, und

nant aus, unter der Bedingung daß er die andern Band

würde, wie Trench, die Arbeiterſäle nicht betreten dürfen

männer und ihre Logengeheimnisse angeben wolle.

ohne Leibwache und Drehpistolen in jeder Tasche.

Hod:

Da

Frisches Bandmännerwesen und iriſches Elend .

269

also eine große Induſtrie in Irland nicht denkbar ist, die kleinen Gewerbe aber in unseren Zeiten vollständig besei

ja Smal so hoch als der sonst übliche (7—15 Pfd. Et. pro Acre). "

tigt sind, so bleibt der Bevölkerung kein anderer Erwerbs

Warum dulden die Grundeigenthümer diesen Krebsscha

zweig als die Landwirthschaft.

Irland, wegen seines feuch

den ? Sollten sie nicht um der Iren ſelbſt willen den Conacre

ten Klima's und seiner trüben Sommer, eignet sich unüber

unfug, die Afterpachten und überhaupt die Zwergpachten

trefflich für Graswirthschaft und Viehzucht, es eignet sic dagegen gar nicht für den Anbau von Weizen. Allein die Viehzucht beschäftigt die wenigsten Hände auf einer

abschaffen ?

Ist nicht als Folge vorauszusehen daß wenn

ein Mißwachs der Kartoffeln eintritt wie 1846, der Hun gertodt dann zu Hunderttausenden die Uebervölkerung nieder

gegebenen Fläche, und die irische Bevölkerung stemmt sich

mähen wird ?

daher gegen die Natur, wenn sie, wie dieß doch geschieht,

Die Grundeigenthümer sind bekanntlich nicht

Ueberwiegend ist jedoch der Anbau der Kar

in Frland, sondern in Großbritanien, ihre gewiſſen!oſen Landagenten oder Verwalter aber lassen, um sich nicht mit

toffeln, und diese Frucht liefert, wenn sie nicht fault, immer

der Bevölkerung zu entzweien, die Afterpächter aufschießen

noch leidliche Erträge.

wie die Pilze.

Weizen baut.

Ein Land also welches gegen seine

Gewissenhafte Verwalter dagegen,

wie

tlimatischen Satzungen sich auflehnt, muß von vornherein.

Trench, die dem Uebel steuern, werden vervehmt, und am

mit Armuth gestraft werden.

hellen Tag ermordet wie Hr. Hall, der „ Tyrann, “ der

Die Theilung oder Zerſtücklung der Ackerfläche ist an ſid) kein Nachtheil, sie kann sogar Segen bringen, und als Zei

keine Conacreverträge bewilligen wollte. Die Sprache der conservativen Stimmen ist nun sehr

chen des Wohlstandes gelten, aber alles richtet sich nach den

einfach.

Dertlichkeiten .

dem Elend, der strenge Gutsherr ist daher sein Wohlthä

Eine intensive Bewirthschaftung ist nur auf

Der Jre sich selbst überlassen, sagen sie, verfällt

zerstückelten Flächen denkbar, und trägt ihre Gewinne in

ter, denn er steuert der Uebervölkerung, dem Pauperis

unmittelbarer Näbe großer Märkte, vorzüglich in geringen

mus, dem Hungertode.

Abständen von Großstadten.

Wer dem Fren männlich und un

Auf dem flachen Lande aber

erschrocken gegenübertritt, wie Trench, gewinnt das Spiel.

wird sie ein Fluch. Für britische Verhältniſſe gilt die Regel daß ein Pacht, wenn er sich lohnen solle, durchschnittlich

Kommt einer der Bandmänner an den Galgen, wird ein

15 Acres Land umfassen müsse. Nur die Hälfte der iri schen Bächter verfügt selbst jest, nach der stattgefundenen

Häuptling wie Mac Kay zum Weichen genöthigt, müſſen Meuchelmörder als Fatalisten ihren Anschlag gegen Vor sichtige aufgeben, so herrscht Ruhe und der Bedrohte kann

Auswanderung, über dieses unumgängliche Maß, ein Vier

die Patronon aus den Läufen seiner Pistolen ziehen. Also

tel bewirthschaftet weniger als 5 Acres, und 40,000 weniger

Strenge und Einschüchterung zum Besten der Leute selbst.

als einen, ja bei den neuen agrarischen Untersuchungen

Dieß scheint denn alles sehr verſtändig und faßlich, beson

fand sich eine Fläche von 205 Acres in 422 Looſe vertheilt.

ders wenn man noch das Folgende liest, eine ergötzliche

Die Pachtzerstückelungen führen mit Schnellzugsgeschwin digkeit in das Elend. Bei einem zur öffentlichen Kennt

gespart haben.

niß gelangten Fall ergab sich daß im Lauf einer Generation von zwei großen Pachten die eine sich in 29, die andere in 60 Afterpachten zerstückelt hatte . Der ursprüngliche Pächter über nahm das Land als er heirathete. Als seine Kinder heran

Scene aus Trench's Buch, die wir uns zum Schluſſe auf

NachBeendigung der Schwurgerichtssitzung der Bandmän ner über Trench, bemerkte einer der Beisiger, daß ein neues agrarisches Gesetz beim Parlament eingebracht werden solle.

wuchsen, theilte er die Pacht in Kopftheile, die elenden

„Der Teufel hole alle Ackergeseße, schrie der Präsident. Was nüht Wir brauchen den Acker und keine Geseze.

Hütten erbauen sich gewöhnlich die Leute selbst, da sie fast

uns ein neues Geset ? Trench hat niemandem das Land

noch weniger Anſprüche an Bequemlichkeit erheben als die Schweizer zur Pfahlhüttenzeit . Geheirathet wird bereits

wir überhaupt Pachten zahlen ?

im 18. oder 17. Jahre bei beiden Geschlechtern, und die Ehen sind adid in diesem Falle zum Entsetzen - fruchtbar. Daß sich eine Familie in die Pachiflur theilt, ist zwar traurig, aber immer noch verzeihlich.

Hat indessen irgend

ein Fre eine größere Pacht inne, so will er sogleich den Grundherrn spielen, er zerstückelt ihn in Afterpachte, treibt von den Afterpächtern den Zins ein, und lebt dann von dem Ueberschuß

des Afterpachtschillings.

Oder er läßt

auch seine Felder von Conacreleute bestellen.

„ Sehr ver

genommen der den Pachtzins zahlte.

nicht uns

Aber warum ſollen

Gehört der Boden

gehörte er nicht unsern Vorfahren bevor diese

englischen Blutsauger herüberkamen und ihn uns nahmen ?“ Nachdem sich beim Schnaps das edle Collegium geeinigt, daß man die Engländer wieder verjagen müsse , damit Irland den Iren zurückgegeben werde, fügte einer der her kulischen Bandmänner launig hinzu : „Wenn die Englän der einmal fort sind, welche mörderische Rauferei wird dann zwischen uns Jren ausbrechen ! " Daß dieß die Folge gewiß ist es aber sein möge, mußte zugegeben werden, mit den Seinigen zu rau

breitet in Irland, sagt Roscher (Nationalökonomie, Bd . 2,

viel besser, " rief der Herkules,

567.

fen, als in der Knechtſchaft unserer Feinde zu verharren. “ Diese dramatisirte Episode verdanken wir freilich nur dem

E. 191.

2. Aufl. ) , iſt das Conacreſyſtem, wo dem

Arbeiter eine Parcelle gewöhnlich schon gedüngt, oder gutes Weideland nur für eine Ernte überlassen wird.

Der in

Arbeit zu entrichtende Pachtschilling ist hier mitunter 4, Ausland. 1869. Nr. 12.

Gedächtniß des anwesenden Königszeugen Thornton . Wir wollen nicht untersuchen wie viel daran ben trovato ſei, 35

Briefe über vergleichende Mythologic.

270

ſondern wir nehmen an alle Worte seien gesprochen und | mehr vergessen zu werden, denn immer allgemeiner wird die Anerkennung der bedeutenden Leistungen derer diese auf der Stelle stenographisch befestigt worden. noch so junge Wiſſenſchaft ſich rühmen kann. Diese Aus Da habt ihrs ! rufen nun die toryistischen Blätter. Euer Bright hat bevor er Minister wurde davon gespro chen alle englischen Grundbesizer in Irland auf Kosten des britischen Schazes zu expropriiren und dann die Lände reien von Staats wegen an Eingeborne zu verpachten. Wenn sie nun verpachtet wären, würden sie nur verafter pachtet und verconacret werden, die Bevölkerung Frlands, die wir mit schwerem Geld durch Auswanderung bis auf

zeichnung ist der vergleichenden Sprachwissenschaft wohl zu gönnen, denn nicht ohne Mühe hat sie ihre gegenwärtige Stellung sich errungen, und der Sieg in dem Kampf um die bloße Existenz ist ihr keineswegs ein leichter gewesen. Als Franz Bopp im Jahr 1816 sein Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit dem der griechischen,

Mill. vermindert haben, würde wieder über 7 Mill.

lateinischen, persischen und germanischen Sprachen erscheinen ließ, da ahnten wohl nur wenige die Bedeutung des Buches,

steigen, und käme dann wiederum die Kartoffelfäule als

und die meisten Leser dürften nach dem damaligen Geiſte

Würgengel, so müßten wir zur Fütterung der Verhun

der Zeiten das Werk mehr in der Absicht in die Hand ge nommen haben sich an den Beigaben zu erbauen, welche

5

gernden, um nicht vor aller Welt als herzlos gescholten zu werden , wiederum Millionen aus unserm Beutel zah len. Und hört ihr denn nicht daß sie überhaupt keinen Pacht zahlen wollen ? Das Land selbst wollen sie haben ohne Entschädigung, und wer ihnen weniger bietet, wird fie nie befriedigen.

Hätten sie aber allen Grund und

Boden, gehörte Irland den Jren, welche mörderische Raus ferei" würde dann um den Besitz des Ackers sich entspin nen! Wie eine Saat von Drachenzähnen schlügen sie sich mit Steinen unter einander todt. Sie würden es vielleicht. Aber was kümmerte es dann die Briten ? Wer hat ihnen den Auftrag gegeben die Fren zu zähmen ? Sie haben kein anderes Recht über Frland als das Recht des Stärkeren. Wären die Jren die Stär keren gewesen, oder würden sie morgen erstarken, so hät ten sie ganz sicherlich

keinen Pachtschilling zu zahlen,

sie würden sich in der Familie um das Land raufen, und

aus der Literatur der Inder überseht waren, als um die anscheinend trockenen Untersuchungen über die Conjugation verschiedener Völker durchzugehen. Lange freilich konnte die Bedeutung der neuen Wissenschaft nicht verborgen blei ben, aber die Ueberraschung war keineswegs eine freudige, und die Aufnahme welche sie fand vielmehr im Ganzen eine unmuthige und ablehnende. Es schien doch gar zu sonderbar und anmaßend zugleich daß das Sanskrit, eine Sprache aus dem fernen Indien, deren Name erst seit einigen. Jahrzehnten in Europa erklungen war, überraschende Auf schlüsse bieten sollte für die claſſiſchen Sprachen, die seit Jahr hunderten bis ins Einzeleſte angebaut und durchforscht worden waren, ja daß die neu auftretende Sprache verlange nicht bloß als eine Schwester der beiden classischen Sprachen zu gel ten, sondern selbst gewisse Vorzüge vor denselben zu haben. behaupte. Solchen Widerspruch findet indeß eine neu auf

über Frland aufzuweisen haben, wollen Männer wie Glad

tretende Lehre öfter, zumal wenn sie umgestaltend in die Wissenschaft eingreift, und die Anhänger bisher beliebter Methoden nöthigt die gewohnten Bahnen zu verlassen

stone und Bright, will das neue und verjüngte Parlament

und neue Wege einzuschlagen.

sich nach ihrer Art wohler befinden .

Eben weil die Briten

nur ein Recht oder vielmehr ein Unrecht des Stärkeren

Eine neu auftauchende

langsam andere und gerechtere Zuſtände herbeiführen, und

Wahrheit kann aber durch diesen Widerspruch höchstens etwas

beginnt zunächst mit der Besihausweisung der Hochkirche aus irischen Gemeinden, die ja als Katholiken nichts mit

in ihrem Laufe aufgehalten, nie jedoch ganz beseitigt werden. So ging es auch hier. Echon jetzt ist jener Widerstand

ihr zu schaffen haben.

fast verklungen, und nur selten und vereinzelt tönt noch hie und da eine grollende Stimme in unsere Ohren. Ein

Ob den Jren dieſe Politik zum

Segen gereicht, darum handelt es sich gar nicht, sondern einzig darum daß die Briten nicht mehr irisches Elend zu verant worten haben.

Die Toryblätter sprechen von Klugheits

maßregeln, die jeßige Regierung aber beabsichtigt eine Ent lastung der britischen Gewissen.

neues Geschlecht von Philologen ist herangewachsen, das, schon von jeher mit der Existenz der vergleichenden Sprach wissenschaft bekannt, sich nicht hochmüthig gegen dieselbe abschließt, sondern mehr und mehr bestrebt ist die neue Wissenschaft anzuerkennen und ihre Resultate sich anzu eignen, und somit den Schaden wieder gut zu machen welcher der Philologie aus ihrer früheren Abschließung ge gen die vergleichende Sprachwissenschaft erwachsen ist. Denn

Briefe über vergleichende Mythologie.

daß die Philologie durch das frühere unnatürliche Verbält: I.

niß wirklich Schaden gelitten hat, ist unbestreitbar, und oft genug gesagt worden. Vielleicht weniger bekannt, aber

Von Prof. Dr. Fr. Spiegel. darum nicht minder wahr ist es, daß auch die vergleichende In der Aufzeichnung der bedeutenden Fortschritte welche die Wissenschaften in dem gegenwärtigen Jahrhunderte ge macht haben, pflegt die allgemeine Sprachwissenschaft selten

Sprachwissenschaft durch diese Verhältniſſe ebenso gelitten Dem philologischen Widerspruche gegenüber hat sich ihrer nicht selten eine unruhige Haft bemächtigt, man ſucht

hat.

Briefe über vergleichende Mythologie.

durch maſſenhafte Resultate zu imponiren und die Gegner zum Schweigen zu bringen. Nicht alles was dieser an sich oft wohlgemeinte Eifer zu Tage gefördert hat, darf eine eingehende Forschung als bewährt anerkennen. Nicht selten hat man auch Lust gezeigt die Philologie entgelten zu lassen was höchstens einzelne Philologen verschuldet hatten. Nur gar zu oft betrachtete man (freilich unter dem Wider

271

Sprachen als zwei ſich beſonders nahe stehende Schwester sprachen zusammenfassen, oder das Italiſche, als näher mit dem Celtischen verwandt, vom Griechischen abtrennen solle. Wichtiger für unſere nächsten Zwecke ist es daß sich in der Sprachwissenschaft bereits zwei verschiedene Richtungen be stimmt unterscheiden lassen, die namentlich in dem mehr oder

spruche der berühmtesten Sprachforscher) die Philologie

minder strengen Festhalten an den Lautgesehen kennbar sind. Während diejenige Richtung welche größere Freiheit in den

nicht als eine der vergleichenden Sprachwissenschaft gleich

Lautübergängen gestattet, der Ansicht ist daß in der indoger.

stehende, sondern ihr untergeordnete Wissenschaft.

manischen Urzeit eine große Menge von fertigen Wörtern und mithin auch von fertigen Begriffen bereits vorgelegen

Daher

ſtammt die Luſt ſelbſt berechtigten Forderungen der Philo logie zu widerstehen, das Sanskrit mehr als billig her vorzuheben, und die Individualität der andern indogerma: nischen Sprachen weniger als recht ist zu achten .

Doch

habe, kann dieß die strengere Richtung in dieser Ausdeh nung nicht zugeben, ſie läßt vielmehr gar manches erſt in späterer Zeit entstehen, und räumt mithin der Thätigkeit

dieß sind die Ausschreitungen die nach den früheren Uebel

der Einzelsprachen einen größeren Spielraum ein.

ständen unvermeidlich waren, und welche hoffentlich das jezt angebahnte bessere Verhältniß bald verwischen wird.

wichtig dieser Gegensaß auch für die vergleichende Mytholo gie sei, wird sich erst später zeigen laſſen.

Wie

Die Vertreter der allgemeinen Sprachwissenschaft, und

Es konnte nicht ausbleiben daß man beim Fortgange

namentlich ihr Begründer Bopp, haben den mehr ablehnen: den als widerlegenden Zweifeln der Philologen gegenüber

der Sprachforschung erkannte, daß sich die vergleichende

nuglose Polemik einzulassen, aber auch unerschüttert durch

Sprachwissenschaft auch noch zu andern Dingen gebrauench lasse als um den Ursprung der grammatischen Formen zu erklären und die Grundbedeutung der Wörter zu erfor

den lange anhaltenden Widerspruch, arbeiteten sie ruhig fort an dem Werke das sie begonnen hatten. Von ein

schen, es lag nahe genug auch historische Folgerungen aus Wenn es wahr den gewonnenen Thatsachen zu ziehen.

greifender Wichtigkeit war es daß Bopp sich entschloß seine Resultate in einer vergleichenden Grammatik niederzulegen

ist daß die Völker der Inder, Perser, Griechen, Römer, Slaven, Litthauer, Deutschen und Celten alle von einem

welche sich über alle Redetheile

gemeinschaftlichen Urvolke abstammten und alle in ihrer Sprache noch deutliche Spuren jener gemeinsamen Abstam

den allein richtigen Weg eingeschlagen.

Ohne sich in eine

erstreckte.

Der ruhige

ſyſtematiſche Weg in dem hier die ursprüngliche Gleichheit der indogermanischen Sprachen an allen Theilen der For: menlehre nachgewiesen wurde, wirkte mehr als die glänzend ſten Einzelforschungen.

Der Kreis der indogermaniſchen

mung zeigen, so mußte auch der Versuch gelingen mitHülfe der Sprachvergleichung die Grundzüge des Culturzustandes aufzufinden den die alten Indogermanen in der Zeit vor der Völkertrennung gehabt hatten. Aus dem Umstande

Sprachen selbst wuchs bei dem tieferen Eingehen der For schung beträchtlich. Schon in dem ersten Hefte der ver gleichenden Grammatik hatte Bopp außer den classischen

daß die meisten Indogermanen nicht bloß den Vater und die Mutter sondern auch den Hund, die Kuh, das Schiff

Sprachen noch das Litthauiſche, Gothische und Altbaktrische

u. s. w. mit demselben Ausdrucke benannten, ließ sich mit

mit dem Sanskrit vergleichen können, sehr bald erkannte er auch in den slavischen Sprachen einen eigenen Zweig

Sicherheit schließen daß diese Begriffe schon gebildet, die Gegenstände schon bekannt waren ehe die verschiedenen

des indogermanischen Sprachstammes, endlich wurde auch

Völker der Indogermanen sich trennten ; die Art und Weise

noch das Celtische hinzugefügt, das seiner schwierigen Form wegen am längsten Beanstandung gefunden hatte. Einige

solcher Forschungen hat Mar Müller an einem glücklich gewählten Beispiele gezeigt. Man denke sich einmal, es

Mißgriffe, wie die Einordnung der caucasischen und ma laischen Sprachen scheiterten an dem allgemeinen Wider

sei uns gar keine Kunde von dem altrömischen Staate und den altrömischen Zuständen mehr erhalten, die roma

spruch, und verschwanden bald wieder von der Lagesord nung. Von da ab erachtete man den Kreis der indoger

sind .

nischen Sprachen aber wären uns so bekannt wie sie jest Aus den romanischen Sprachen würde sich als zwei

manischen Völkerfamilie für geschlossen, und versuchte nicht mehr denselben zu erweitern, dagegen vertiefte sich nun die

fellos ergeben daß eine ältere Sprache einmal vorhanden

Forschung um so mehr in die einzelnen Eigenthümlichkeiten der verschiedenen Sprachfamilien. Es war vorauszusehen

verdanken, denn jede von ihnen hat Formen aufzuweisen welche sich weder aus ihr selbst, noch auch aus ihren

daß bei fortschreitender Forschung die ursprüngliche Ein müthigkeit der Sprachforscher nicht erhalten bleiben konnte,

heren Zustand zurückweisen.

daß sich neben abweichenden Erklärungen im einzelnen auch

gewesen sein müsse, welcher sie sämmtlich ihren Ursprung

Schwestersprachen erklären lassen, sondern auf einen frü Mehr noch, aus den Namen

für Brücken, Städte, Thürme und viele andere Gegen stände welche alle diese Sprachen gemeinsam haben, würde

durchgreifende Verschiedenheit der Ansichten zeigen werde. Bon solchen durchgreifenden Verschiedenheiten nennen wir

sich herausstellen daß ebenso wenig wie die Wörter auch

beispielsweise nur die Frage, ob man die beiden claſſiſchen

die Gegenstände welche sie bezeichnen von irgend einem

Briefe über vergleichende Mythologie.

272

der romanischen Völker erfunden sein können, sondern allen als gemeinsames Erbgut überkommen sein müſſen. Von diesen Ausdrücken zurückschließend würde man ein unge: fähres Bild der römischen Zustände erhalten wenn man ſie zuſammenſtellt, ein Bild freilich das sehr lückenhaft ſein würde, das aber doch einem vollkommenen Nichtwissen bei weitem vorzuziehen wäre. spielsweise

an

den

Ganz dieses was hier nur bei

romanischen Sprachen nachgewiesen

müssen. Die Sache ist wichtig genug um die größte Vor sicht für geboten zu erachten und nur aus solchen Wörtern Folgerungen zu ziehen deren Gleichheit nach den Forde rungen der Wissenschaft unbestreitbar ist. Es ist ein sehr interessantes Gebiet der Forschung wel ches sich hier an die vergleichende Sprachwissenschaft an schließt, aber auch ein sehr dunkles und schwieriges . Darum möchten wir unsere Leser gleich vom Anfange an vor über

worden ist muß für die altindogermanische Ursprache wirk lich versucht werden. Auch die indogermaniſchen Sprachen besigen eine nicht unbedeutende Anzahl von Wörtern , welche

triebenen Erwartungen warnen.

überall dieselben sind, die aber keine dieser Sprachen von der andern entlehnt hat, sondern die ihnen allen aus einer

kann jest schon mit aller Sicherheit gegeben werden, man ches andere steht ohne Zweifel noch für die Zukunft in

gemeinsamen Quelle zugekommen sein müſſen. Mit dieſen gemeinsamen Wörtern ist auch in den indogermanischen

Aussicht. Dagegen dürfen wir uns nicht wundern, wenn sich auch manche Hoffnung, auf deren Erfüllung man be stimmt gerechnet hatte, als trügerisch erweist . Trotz ein

Sprachen eine Anzahl von Begriffen gegeben welche sich früher gebildet haben mußten als die Einzelsprachen ent standen. So gut man nun die römischen Zustände un gefähr aus den romanischen Wörtern wieder erkennen würde, ebenso gut müssen wir auch einen Abriß der alten indogermanischen Zustände aus dem Wortschaße der ver schiedenen indogermanischen Sprachen wieder gewinnen können. Wir können auch hier mit Gewißheit sagen daß ein solches indogermanisches Urvolk einmal vorhanden ge wesen sein muß, wenn wir auch die Zeit seines Bestehens und den Ort wo es wohnte bis jetzt nicht genau angeben können. Der Ruhm , auf diesem Felde der vergleichenden Cultur geschichte zuerst die Bahn gebrochen zu haben, gebührt un zweifelhaft A. Kuhn in Berlin, welcher im Jahre 1845

Der Forscher ist hier

eben ganz von dem Material abhängig, das ihm der Zufall erhalten hat . Manches recht wichtige und schöne Resultat

zelner Lichtblicke bleibt das Gebiet der indogermanischen Urzeit doch immer noch in tiefstes Dunkel gehüllt. So wäre es gleich am Anfange dieser Studien äußerst wichtig. wenn wir die Frage beantworten könnten wo denn eigent lich jenes indogermanische Urvolk wohnte, denn wäre sie einmal beantwortet, so würden wir wissen welche Stellung wir zu einer ganzen Reihe neu auftauchender Fragen zu nehmen hätten. Allein es ist sehr zweifelhaft ob wir diese Fragen jemals in der Weise beantworten können wie es die Wissenschaft verlangt. Zwar hat man seit langer Zeit angenommen das Ur Land der Indogermanen liege in Aſien und zwar innerhalb jener Hochebenen Centralasiens welche schon so manche Völkermasse nach Westen entsendet hat. Die Sache hat

gemeinschaftlichen Bezeichnungen zusammenstellte und die

an und für sich nichts Unwahrscheinliches, sie läßt sich sogar mit einigen Wahrscheinlichkeitsgründen stüßen , allein

sich von selbst ergebenden Folgerungen

aus ihnen zog.

von Wahrscheinlichkeit bis zur Gewißheit ist noch ein wei

Die Bedeutung der gewonnenen Aufklärungen sowie ihre Sicherheit lenkten die allgemeine Aufmerksamkeit auf die

ter Schritt, und weiter als bis zur Wahrscheinlichkeit wer den wir schwerlich gelangen. Es liegt kein Grund vor diese

kleine Schrift welche später nochmals abgedruckt und häufig

Hypothese zu verneinen, besonders so lange man nicht eine

ausgezogen wurde, so daß wir die Reſultate derselben ge genwärtig als in das allgemeine Bewußtsein übergegangen erachten dürfen. Von verschiedenen Seiten hat man an

wahrscheinlichere, besser begründete Vermuthung an ihre Stelle sehen kann, man muß sich aber hüten sie für eine bewiesene Wahrheit anzusehen. Gewiß ist daß die am

dem Ausbau dieſer indogermaniſchen Culturgeschichte ſeit

östlichsten wohnenden unter den indogermanischen Völkern,

dieser Zeit gearbeitet, am umfaſſendſten ist aber das große

die Zuder und die Eranier, zuerst in das Licht der Ge

Werk von Pictet : Les origines indo-européennes on les Aryas primitifs (2 Bde. Paris 1859-63) . Das Material

zuerst in einem kleinen Schulprogramme die wichtigsten.

großen Theil der Zweige menschlichen Wissens, und wenn

ſchichte treten, und zwar zu einer Zeit die nahe an das zweite Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung hinauf reichen dürfte. Gewiß ist ferner daß die Form in welcher sich die Sprache bei den ältesten Indern und Eraniern zeigt, der

wir auch glauben daß dasselbe der kritischen Sichtung

jenigen

noch sehr bedarf, so ist doch auf alle Fälle an haltbarem.

Ursprache gehabt haben muß.

Stoffe so viel gesammelt daß man sieht die junge Wiſſen

uns noch nicht in der Nähe ihrer Wohnsiye den Wohnſig des Urvolkes zu suchen und die Hochebene Pamer, die

welches der Verfaſſer gesammelt hat, erstreckt sich über einen

ſchaft brauche um Stoff nicht verlegen zu sein.

Die kri

tische Sichtung freilich wird sich nicht bloß auf Einzelhei ten erstrecken dürfen, sondern auf die Grundsätze überhaupt, denn es ist klar daß die beiden sprachvergleichenden Schulen von denen wir oben gesprochen haben gerade auf diesem Gebiete mit ihren Gegensäßen recht deutlich hervortreten

am

nächsten

steht welche die

indogermaniſche

Allein dieß alles berechtigt

man wohl als den Ausgangspunkt der Zudogermanen ge nannt hat, ist in der Nähe des ewigen Schnees und Eiſes eben nicht sonderlich geeignet ein culturloses Urvolk zur Gesittung zu erziehen, abgesehen davon daß dieses Urvolk doch nicht mit den Lawinen von dort herabgekommen sein

Zu Fuß nach Braſilien.

könnte. Fragt man nun nach der Geschichte dieser Hypo these und erwägt auf welche Weise sie sich allmählich ge bildet hat, so sieht man leicht daß sie mit mythischen

unter diesen Wilden, zu denen ich mich von den braſiliſchen Wapischianna Indianern, welche mich und meine Diener einige Zeit gefangen gehalten und uns zu tödten beab

Wenn man es

ſichtigten, von Takutú aus glücklich geflüchtet hatte. Der Häuptling der Atoraï's, Manaruá, hatte mich in seinen Schutz genommen und versprochen ein Corial mir

Ansichten und Vorurtheilen in nahem Zusammenhange steht, nach welchen die Menschen vom hoben Norden und von hohen Bergen herabgestiegen sind.

273

daher neuerlich versucht hat den umgekehrten Weg einzu

bauen zu lassen, in dem ich, den Rupununi und Essequibo

ſchlagen und die ursprünglichen Wohnsiße der Indogerma- 1 nen in Europa zu suchen, von wo sie nach Asien hinüber

nach Georgetown am Demerara zurückkehren könnte, um

gewandert wären, so ist auch dagegen nicht viel zu sagen,

dort für fernere Reisen aufs neue mich auszurüsten, da ich

abwärts , nach zwei Monaten Reise in die civiliſirte Welt

und auch dieſe Anſicht läßt sich mit einigen geschichtlichen

unter den Wapiſchiannas all mein Eigenthum verloren, und

Gründen unterstüßen.

nur mein Leben, wie das was ich an mir trug, gerettet hatte.

Nur darf man nicht vergessen daß

auch dieſe zweite Annahme eine Vermuthung ist so gut wie die andere und sich ebenso schwer als geschichtliche That

Der Indianerstamm der Atoraïs ist im Aussterben be

sache nachweiſen laſſen wird. Auf alle Fälle liegt die Spaltung des indogermanischen, Volkes in verschiedene Zweige so weit zurück daß man diese Thatsache überall

griffen, obgleich ich ihn in größerer Seelenanzahl antraf als Richard Echomburgk, welcher deren nur noch 7 in einer Hütte unter den Wapischiannas lebenden Individuen, als

vergessen hat, denn die meisten indogermanischen Völker

Ueberreste des vormals bedeutenden Stammes erwähnt.

betrachten sich als Eingeborne der Länder welche sie be

Ich habe drei Niederlaſſungen dieſer Indianer am obern Rupununi besucht, welche zusammen eine Seelenzahl von 90 Individuen , den Rest des Stammes, enthielten ; freilich befinden sich unter diesen mehrere Wapischiannas, besonders

wohnen. Weit sicherer als die Annahme von den ursprünglichen Wohnsißen der Indogermanen lassen sich die Fortschritte begründen welche sie in verschiedenen Zweigen der Cultur bereits gemacht hatten.

Aus diesen Fortschritten erkennen

wir den Geist der dieser Völkerclasse von jeher einwohnt ; Sie können uns zeigen daß diese schon in der frühesten Stufe ihrer Entwicklung kein Barbarenvolk waren. Mit Recht

hat man

namentlich

auf den Umstand hinge

wiesen daß die Indogermanen schon damals bis

über

hundert zählen konnten, was den unentwickelten Zahlen: systemen anderer keineswegs unbegabter Völker gegenüber hoch anzuschlagen ist. Als ein besonders wichtiges und

Weiber, mit welchen die Atoraï's , um ihren Stamm wieder zu verstärken, in Polygamie leben, wobei ihnen. der Häuptling, welcher zu meiner Zeit bereits 5 Frauen hielt, mit gutem Beispiel vorangeht, und für zahlreiche criação (Nachkommenſchaft) ſorgt. Das einstige große Gebiet der Atoraïs, vom linken Ufer des obern Rupununi (von seinem Durchbruche des Canucugebirges an) bis zum Takutu ist jetzt von den

bemerkenswerthes Capitel aus dieser altindogermaniſchen Culturgeschichte sondern sich diejenigen Theile aus welche

Wapischiannas, welche aus Brasilien (vom linken Ufer des Takutu und dem rechten Ufer des Rio branco [Urari coeira oder Parime]) her famen, in Besitz genommen. worden, wozu die Atorais allerdings sehr scheel sehen, wenn

auf das geistige Leben des Urvolks hinweisen.

Wenn sich

sie auch zu schwach sind gegen die an Zahl ihnen bei weitem

das lettere auch nicht bloß auf die Religion beschränkt

überlegenen Wapiſchiannas etwas unternehmen zu können .

hat, so ist es doch natürlich daß alle Lebensäußerungen

Die Atoraï-Niederlassung Yakutu, in welcher ich mich aufhielt, liegt unter 2° 50′ nördl . Br., und 59" 21 ′ w. L.

desselben mit der Religion in naher Beziehung stehen. Diese religösen Vorstellungen der Urzeit mit Hülfe der Ein

Greenwich, eine Viertelstunde weit vom linken Ufer des

zelmythologien aufzufinden und zusammenzustellen ist die Auf

Rupununi an dem sehr kleinen Flusse Yakutu, der auf

gabe der vergleichenden Mythologie, zu deren Betrachtung wir uns nun wenden wollen.

dahin sich ziehenden Hügelkette entspringt, und ein wenig

einer von E. nach N. am rechten Ufer des Sawara-aúru

unterhalb des großen Falles Cuta-tarúa in den Rupununi mündet.

Bu

Fuß

nach

Brafilien.

Von Karl Ferdinand Appun. 1.

Meine Menagerie.

Ich befand mich am oberen Rupununi unter den Atoraï 14 Indianern. Bereits seit sechs Monaten lebte ich 4 Benfey in der Vorrede zu Ficks Wörterbuch der indoger manischen Grundsprache p. IX. Vgl . auch Whitney: language and the study of language p. 201 . Ausland. 1869. Nr. 12.

Der Ort Yakutu, nur aus 4 großen Hütten bestehend, unter denen die des Häuptlings durch ihre Größe sich aus: zeichnet, und durch ihre Bauart an die braſilianische am Rio branco erinnert, liegt in der offenen Savane mit der Aussicht nach dem im Norden gelegenen Canucugebirge, welches in prachtvoller Färbung und kühnen Formen am fernen Horizonte sich dahinzieht. Gegen Osten tauchen aus der ebenen Savane mehrere felsenreiche , bedeutende Höhen auf, unter welchen der nächste, der am rechten Ufer

des Rupununi 36

gelegene

Zu Fuß nach Braſilien.

274

2000 Fuß hohe Tarucaparu , den südlichsten Punkt des

von den Atoraï's "1 Rumi," von den Macuschis „ Coati “

Canucugebirges bildet.

genannt, mit ungemein langem Wickelschwanz.

Tiefer hinein erhebt sich der durch

eine steile Felswand ausgezeichnete , sonderbar geformte, Taua-tauani, dem noch mehrere andere ähnliche Felsmassen, immer entfernter sich anreihen, bis das Ganze durch den

Mit seinem spigen purpurrothen Hundsgesicht, seinen langen, am Kopf und ganzen Körper herabhängenden, schwarzen Seidenhaaren, den langen, dürren Armen und

1000 Fuß hohen gewaltigen Granitblock Vivi geſchloſſen Nur noch als kleine Epiße ist, in allerweitester

Beinen, gewährte er einen sehr abschreckenden Anblick und

Ferne, bei der klarsten, reinsten Atmosphäre, die am Ufer des Quitaro 800 Fuß sich erhebende, seltsam gestaltete

einem Negerkinde nicht unähnlich .

Felsenpyramide des Wataráipuru 1¹ (Devils- rock) zu er blicken.

Frau die ich überhaupt in meinem Leben gesehen , welche

war, in sigender Stellung aus der Entfernung gesehen,

Als ich ihn von einer Atoraï- Indianerin, der ältesten

sicher über 100 Jahre zählte und eine ebenfalls steinalte

Ueber dem Flüßchen Yakutu, gen Süd, zeichnet sich, auf der hügelig ansteigenden Savane liegend, ein Atoraï

Tochter hatte, erhandelte, zeigte er sich, besonders bei dem

dorf scharf gegen den Horizont ab, und gegen Westen begränzt ein niedriger Höhenzug, Mauruma meketſiba, ſo wie ein größerer bewaldeter Berg, Waratti, weit überragt

einem sehr unbändigen Thiere zu thun zu haben glaubte.

Transporte nach meiner Wohnung so wild, daß ich mit

Nach dem ersten bei mir verlebten Tage und nachdem

von den drei Kuppen des 3500 Fuß hohen Siririgebirges,

ich ihn stets reichlich und mit eigener Hand gefüttert, durfte ich ihn berühren, bald darauf ihn streicheln und allerlei Un

und dem zuckerhutförmigen Duloucoupan, die weit dahin sich ziehende Savane.

sinn mit ihm vornehmen.

Von anderen ließ er jedoch aus

Scheu sich nicht berühren, und stieß bei deßhalb angestell In der Regenzeit liegt die auf einer kleinen Erhebung der Savane befindliche Niederlassung einer Insel gleich da, indem die ringsum niedrig liegende Savane völlig unter Wasser steht. Die unter den Atoraïs verlebten sechs Monate ver ſtrichen mir im höchsten Grade einförmig, ich hatte mit dem Verluste meines Bootes, welches mit der vollen Ladung

ten Versuchen, oder wenn ihn überhaupt etwas erschreckte, kurze, grunzende Töne aus. Ich besaß noch einen jüngeren Affen derselben Art, welcher sich eben so wie der Alte benahm und fortwäh rend mit diesem spielte, ihm das Ungeziefer absuchte, mit dessen Schwanzende sich amüsirte, und ihn manchmal so empfindlich darein biß daß dieser laut aufschrie.

an Tauschartikeln für die Indianer, meinen Sammlungen, Skizzen, Büchern u. s. w. in einem der Wasserfälle des Takutu untergegangen war, alles eingebüßt, womit ich mich

Der lange Wickelschwanz spielt bei allen Bewegungen des Coaita eine Hauptrolle, oft hängt er stundenlang mit

beschäftigen konnte, nur allein ein kleines Tagebuch, wel ches ich stets bei mir führte, war mir geblieben, ſo daß

den Hinterfüßen gegen einen Gegenstand ſich ſtüßend und den Körper hin und her schaukelnd an diesem.

ich mein Reisejournal, vermittelst einer Ararafeder und dem Carminroth des Caraveru (von Bignonia Chica) als

Den größten Spaß gewährte mir wie den Indianern der alte Coaita als er behufs seiner Einschiffung am un

Tinte, fortführen konnte. Dieß war aber auch alles !

teren Rupununi acht Tage über Land transportirt werden mußte.

Weitere Touren konnte ich aus Mangel an Artikeln

Seine Größe erlaubte es nicht ihn in einem Kaſten

zur Bezahlung der dazu nöthigen Indianer nicht unter

oder überhaupt in anderer Weise fortzubringen als auf den Schultern eines Judianers.

nehmen, und so blieben meine Ausflüge einzig und allein auf die nahe gelegene Savane beschränkt.

Die Versuche, die Don Quixote ähnliche Gestalt dieses

Ueberdieß sind die Atoraïs von sehr ruhiger Gemüths

Affens auf Indianerschultern zu postiren, fielen im höchſten

art und ungemein verſchloſſenem, mißtrauischem Charakter, ganz unähnlich den Macuschis und Arekunas , welche , bei

Beinen von seinem Size herabglitt und mit den langen

näherer Bekanntschaft, ein joviales, gegen den Weißen

Armen an den ungeheuren Haarbusch des Indianers ſich

Grade poſſierlich aus, besonders wenn er mit den dürren

überaus gefälliges Volk sind, unter denen ich viele Jahre

fest geklammert hatte, so daß seine magere Gestalt am Rücken

in größter Freundschaft und mit viel Vergnügen gelebt, und die mich stets gleich einem der Ihrigen betrachtet haben.

des Trägers herabhing und dessen Kopf dadurch hintenüber gezogen wurde. Oder auch, wenn der Affe von den Schul tern auf den Kopf des Indianers stieg, den langen Wickel

So blieb mir als Zeitvertreib in Yakutu nichts übrig als mich mit Zähmung der von den Indianern erhandel ten lebenden Thiere zu beschäftigen. Der Stolz und die Zierde meiner Menagerie war ein großer, 4 Fuß hoher Coaita-Affe (Ateles paniscus Geoffr.), 1 Der Name Ataraipu auf der Karte und in dem Werke von Schomburgt ist unrichtig.

schwanz mehrfach um den Hals desselben schlang und mit seinen beiden Händen fest in dessen Augenhöhlen, um sich dort festzuhalten, griff, so daß dieser nicht das mindeſte sehen konnte. Und so folgte ein drolliges Manöver des Affen dem anderen, so daß die sonst so ruhigen, zuschauenden India ner vor Lachen bersten wollten, während der Träger des

Zu Fuß nach Braſilien.

275

selben nahe daran war die Geduld zu verlieren und vor

nehmen und Stimme viel Aehnlichkeit mit den Faulthier

Aerger über das Lachen der anderen davon zu laufen.

Arten. Er bewegte sich wenig von seinem Plate, den lang behaarten Kopf auf die Brust gesenkt, den buschiger, ziemlich

Nach einstündigem Unterricht gelang es endlich dem Affen die Position, welche er zu behaupten hatte, klar zu

langen Schwanz um den Körper gewickelt, verharrte er den

machen, und ſein Träger wandelte hinweg mit ihm, wobei

Tag über in größter Ruhe, nur wenn ich mich ihm näherte,

er sich sehr zu hüten hatte irgendeiner Pflanze über Manns

um ihn zu streicheln, ließ er ein winselndes Geschrei er: tönen. Dabei fraß er nichts anderes als reife Bananen,

höhe zu nahe zu kommen, da der Affe an jeder derselben. ſofort mit den Händen sich festhielt, und, wenn ſie ſtark

und als ich einſt mehrere Tage, troß meiner größten Be

genug war, auf sie sprang.

mühungen diese nicht auftreiben konnte, verhungerte er

Beim Paſſiren eines Waldes mußte deßhalb stets ein zweiter Indianer hinter dem Affenträger gehen, welcher den Coaita von den Stämmen und Aesten, an die er sich

lieber, als daß er irgend eine andere ihm dargebotene Nah. rung zu sich nahm.

Der Ateles pauiscus ist weniger lebhaft, aber auch bei weitem weniger bösartig als die Cebus und Mycetes

Den lächerlichsten Anblick gewährte es wenn bei jedes maliger Fütterung des Pithecia eine zahme Psophia (Trom petenvogel) sich einfand, um von der in den Händen des Affen befindlichen reifen Banane große Stücke loszu

Arten ; ich habe ihn, außer in dem Canucugebirge, nur in den Wäldern des oberen Demarara (am Orourou Mararri

picken, wobei dieſer ſtets das kläglichste Geſchrei anſtimmte. Wie er auch immer die Banane vor den Bissen des gie:

oder großen Falle) wie des oberen Massaruni in kleinen 16 Stück beobachtet. So ungemein Heerden von 12 -

rigen Vogels zu sichern trachtete, gelang ihm deren Rettung doch nie, da die Psophia derselben stets habhaft wurde,

phlegmatisch er ist, zeigt er sich auf der Flucht ungemein behende und ſchnell, und wirft von den Bäumen herab

selbst wenn er sie mit seinem Leibe überdeckte.

nach seinem Verfolger mit Zweigen und Baumfrüchten .

erlangen, dann hackte er den Affen aufs heftigste, so daß dieser bald sich überwunden gab und dem Räuber die

geklammert, loszureißen hatte.

Ein anderer Affe, den ich lebend besaß, war der Sa kawinki (Chrysothrix sciurea Kaup ) , ein sehr lebhaftes Thierchen, das sich von Spinnen, Echaben, Raupen , Käfer larven und kleinen Eidechsen nährt. Dieser Affe ist weniger häufig im Inneren Guayana's,

Wurde es dem Vogel zu sehr erschwert die Frucht zu

Banane in größter Resignation so lange hinhielt bis sie von diesem völlig aufgepict war. Ein gleiches wiederfuhr diesem Affen von den Rham

findet sich aber in großen Heerden in dem Manglegebüsch

phastos-Arten die ich besaß, welche ihm oft sein Freſſen stablen, so daß der Wärter während der Fressenszeit ihn

der Küste.

stets vor seinen Feinden behüten mußte.

ſchaft ,

da

Er erträgt leider nur kurze Zeit die Gefangen

Ich habe ihn

er eine sehr zarte Constitution zu beſigen

öfter am unteren Essequibo und Massaruni, unweit der

scheint und bei der geringsten auffallenden Veränderung

Küste, und auch am Rupununi bei Pirara und am Ca

des Klima's und der gewohnten Lebensweise stirbt.

nucugebirge, jedoch nur in kleinen Gesellschaften von 8 bis 10 Stück, aber weder in Venezuela noch im Amazonas

Ein Paar der niedlichen Marmouſetäffchen (Midas ru fimanus Geoffr.) waren eben auch in meinem Beſih und ließen ihre zarte Stimme, dem Pfeifen eines Vogels glei chend, nur dann hören wenn sie sich zankten, was ſtets geschah wenn einer dem anderen das Essen wegzunehmen trachtete. Sonst waren sie ein schönes Vorbild ehelicher Liebe, das jedesmal

nach geschehenem

Fressen den

Culmina

gebiete angetroffer.. Das drolligste Thier unter meinen zahmen Säugethie. ren war der Quaſchi oder Hibihi (Nasua socia's Pr. Neuw.), wovon ich ein Paar besaß. Der Bemerkung von Burmeister in seinen " Thieren Brasiliens" (Bd. I. pag. 120), „daß sich das Naſenthier nur sehr schwer zähmen lasse und stets sein widerspenstiges,

tionspunkt erreichte, außerdem saßen sie stets bei einander

eigensinniges Naturell auch in der Gefangenschaft beibe.

und waren sich im Absuchen der Flöhe gefällig . Ihre Lieblingsnahrung bestand in reifen Bananen und

halte, " muß ich durchaus widersprechen, obgleich ich allen anderen Anſichten Burmeisters über die in diesem Werke

außerdem in Spinnen, Schaben, Larven und anderm ähn

aufgeführten Thiere, soweit ich sie beurtheilen kann, vollkommen der Wahrheit getreu beipflichte.

lichen Ungeziefer.

als

Dieses Aeffchen kommt in großen Heerden in den Wäl

Ich besaß sehr oft lebende Nasua socialis und habe

dern am Rupununi und dem Canucugebirge und in Bra:

stets gefunden daß sie sehr schnell und leicht sich zähmen lassen und dann zutraulich, gleich Hunden, gegen ihren

ſilien

auf der bewaldeten Serra da Carauma am Rio

branco vor, und ist ebenfalls sehr zarter Natur. Noch eines Affens muß ich erwähnen, den ich jedod nur kurze Zeit am Leben erhielt, des Pithecia leucoce phala Geoffr. (Larighi der Macuſchis) . Dieser Affe (ein graubraunes Weibchen) war ungemein phlegmatischer Natur und hatte in Färbung wie im Be

Herrn werden.

Sie sind es allerdings nur gegen dieſen und zeigen sich gegen unbekannte Personen welche mit ihnen

spaßen wollen, ungemein wild und biſſig, eben auch ein gewöhnlicher Fall bei unseren Hausthieren. Es gibt nichts drolligeres als das Benehmen des Thie res jobald man es streichelt oder bei seinem Namen ruft ;

Zu Fuß nach Braſilien .

276

dann hebt die sehr bewegliche, rüsselförmige Nase sich an

Sobald es mich nur erblickte, stieß es laute, schreiende

ihrer Spize in halbrunder Form und eine der Vorderpfo

Töne aus, die in ein kurzes, heiseres Bellen übergiengen,

ten in seinen Mund steckend und an derselben beißend, läßt

sobald es gereizt oder in Furcht gesezt wurde.

er ununterbrochen ein freudiges Geschrei, lautem Vogelge zwitscher gleich, hören.

Sich selbst überlassend, wühlt er fortwährend mit dem Rüssel und den Vorderpfoten die Erde auf um nach Larven zu suchen oder spielt mit ſeinem langen buschigen Schwanze, oder den Pfoten, in welche er gern hineinbeißt.

So gut und sanft diese Fischotter gegen mich sich benahm, ſo zornig konnte sie werden, wenn irgend eine andere Per son sich ihr nahte und niemand , außer mir, war vor ihren Bissen sicher, was auch ihren Tod nach sich zog, da mein Diener in meiner Abwesenheit, weil er bei unvorsichtigem Nahen von ihr in den Fuß gebissen wurde, sie todtschlug.

Er ist ein kluges und so dreistes Thier daß er selbst größere Hunde nicht scheut, und wenn sie ihm zu nahe kommen, mit weit geöffnetem Maule und erhobener Rüssel spite unter durchdringendem Geschrei tapfer gegen sie los: fährt.

Sie war sehr gefräßig und verseßte mich oft durch ihr furchtbares Geschrei, wann der täglich ihretwegen auf den Fischfang gesandte Indianer nicht zu rechter Zeit mit den für sie bestimmten Fischen ankam, in großen Allarm, ihr sonstiges zutrauliches Wesen jedoch, indem sie mir erlaubte.

Jhn in der Gefangenschaft frei umberlaufen zu laſſen

mit ihr oft in recht grober Manier zu spielen und mir

ist nicht rathsam, da er alles ihm in den Weg kommende

gleich einem Hunde nachlief, glich diese ihre Schattenſeiten völlig wieder aus. Die Lutra brasiliensis und eine größere Art, Lutra

zerbeißt und jede Art von Lebensmitteln stiehlt, wie auch unter dem jungen Geflügel Tod und Verderben verbreitet. Mein gezähmtes Paar entwickelte eine solche Fülle phyſi scher Liebe, daß ich es gerathen fand sie nur höchst selten zusammenzubringen. In den Wäldern laufen die Quaschis in kleinen Trupps von 15-20 Stück, den Schwanz hoch aufgerichtet, schnell dahin und erklettern, besonders gegen Abend, die Bäume, um ihre Lieblingsspeise, die Eier und Jungen der Vögel, aufzusuchen, außerdem freſſen ſie Larven, Baumfrüchte u. ſ. w.

euhydris Cuv., fommen in den Flüſſen Guayanas', Venezue la's und Braſiliens, in Geſellſchaften von 10-12 Stück häufig vor ; sie sind im Waſſer ungemein schnell in ihren Bewegungen und tauchen bei Verfolgung nur bisweilen aus dem Waſſer, und dann nur für Augenblicke, mit dem Kopf empor. Oft tauchten sie auf meinen weiten Fluß fahrten gleich dem Delphin nahe bei dem Boote auf, um tanzten dasselbe eine Zeit lang unter kurzem heißerem Gebell,

welche im Laufe mit den Alten nicht fortkommen konnten,

und verschwanden eben so schnell als sie gekommen, um an einem ganz entfernten Drte das ähnliche Spiel wieder zu beginnen, besonders wenn die Indianer ihre Stimmen

abzujagen, die bald so zahm wurden daß sie wie Hunde überall hin mich begleiteten.

nachahmten, und sie dadurch wieder an das Boot heran lockten.

Es gelang mir einst im Monat April einem dahin eilenden Trupp Quaſchis mit Jungen, vier der leyteren,

Die Nasua socialis ist im ganzen tropischen Süd- Ame

In der trockenen Jahreszeit, wenn die Savanenflüſſe

Ein anderes Säugethier welches, obgleich

niedrig und an manchen Stellen völlig ausgetrocknet sind,

im wilden Zustande sehr unbändig, von mir jedoch sehr bald gezähmt wurde, war ein Waterdog (Lutra brasilien

werden sie ohne große Schwierigkeiten gefangen, indem die

rika einheimisch .

sis Ray), von den Brasilianern Loutra, in Venezuela Nutria" genannt. Dieses Thier wurde, • obwohl erst wild eingefangen, innerhalb zweier Tage so zahm daß die Indianer darüber

Indianer sie nach einer seichten Stelle hin jagen, die ihnen das Schwimmen verbietet, wo sie dann bei ihrem wackeli gen langsamen Gange leicht eingeholt werden ; im Wasser ist ihnen schwer beizukommen , und es gehört sehr große Geschicklichkeit dazu, sie zu schießen, wobei überdieß das getroffene Thier selten zu erlangen ist, da es nach em:

erstaunten und ich bei ihnen in Verdacht kam als hätte ich Zaubermittel zu dessen Zähmung angewendet. jedem Morgen führte ich es nach dem 10 Minuten von

pfangener Wunde sofort untertaucht und nicht mehr zum Vorschein kommt. Ein einziges Säugethier meiner Menagerie wurde, so

meinem Wohnort entfernten Flüßchen Yakutu, welches zu lange ich es besaß, nie völlig zahm, und dieß war ein dieser Zeit dermaßen ausgetrocknet war daß nur noch in junger Jaguar ( Felis onca Lin. ). den Vertiefungen des engen Flußbettes Wasser sich befand : hier in einem der größeren Wasserpfuhle hielt es sich den

Er war dem weiblichen Jaguar, der mit ihm und noch

Tag über auf und kam am Abend nach meiner Hütte, neben der ich ein Häuschen von Palmenblättern für es

einem seiner Jungen nach dem Fluß um zu saufen ge gangen, und vor ihm begegnenden Indianern geflohen

errichtet hatte, zurück, worin es , nach eingenommener Abend

war, von letteren geraubt worden, und wurde mir in

mahlzeit einer beträchtlichen Anzahl Fische, die Nacht über blieb, um am Morgen, in wackelndem Gange, den flachen,

einem Zustande größter Unbändigkeit gebracht.

breiten, spit zulaufenden Schwanz nach sich schleppend,

weißes Fell mit schwärzlichen , Flecken.

nach seinem Wasserbassin zurückzukehren .

Er mochte erst 6 Monate alt sein, und hatte ein ſchönes unregelmäßig ſtehenden

Zu Fuß nach Braſilien.

Ich war besorgt eines Nachts die Jaguar- Mutter nach |

Dieser herrliche ,

277

wilde Vogel ,

von den Macuſchis

ihrem Jungen suchend in meiner Hütte zu sehen, da das

„ Guan," den Wapischiannas „ Cocoi“ und in Venezuela

lettere zu dieser Zeit stets ein heftiges kaßenähnliches Ge ſchrei ausstieß, und wunderte mich überhaupt wie die Alte

,,Buitre" genannt, ist in Britisch Guayana selten ; er findet sich sparsam im Canucugebirge, häufiger aber im Acarahy

ihr Junges den Indianern so willig als Beute überlaſſen

gebirge an den Quellen des Essequibo, wo die dort leben

hatte, ohne irgend einen Angriff auf sie zu deſſen Wieder

den Woyawoi Indianer ihm wegen seiner daunenartigen

erlangung zu machen .

weißen Bauchfedern, die sie zu ihrem Kopfschmuck benußen,

Jedoch die Sache war einmal so geschehen und ich wurde auch nicht mehr durch die Alte beunruhigt.

ſehr nachstellen. Außerdem habe ich ihn noch in den Küsten Anden von Venezuela angetroffen.

Das Junge zeigte in den ersten Tagen seiner Gefangen schaft very ungentlemanlike manners. Es tobte Tag und Nacht über in dem Käfig, und nahm außer Blut fast gar nichts zu sich ; nach und nach schien es jedoch mit seinem Echicksal sich ausgesöhnt zu haben, wurde ruhiger, aß rohes Fleisch und schlief am Tage, so daß ich hoffte es am Leben zu erhalten . Es wuchs zusehends von Monat zu Monat, jedoch meine

Ein anderer Vogel derselben Ordnung, den ich lebend besaß, war bei weitem empfänglicher für meine Zähmungs versuche. Es war dieß ein king of the carrion-crows, Geier: könig, Cassana" der Macuschis und Wuráerepo " der Arawaaten (Sarcorhamphus papa Sw. ) . Er wurde von den Indianern in einem Savanenwäld chen gefangen, als er, vollgefressen von dem Aas eines

Versuche es anzurühren und zu streicheln wurden stets mit

todten Savanenhirsches, in seiner momentanen Unbehilf

größter Entschiedenheit von ihm zurückgewiesen, entweder schnappte es nach meiner Hand oder schlug mit der Vor

lichkeit nicht schnell genug auffliegen konnte. Sehr bald gewöhnte er sich an mich, und blickte mit

dertage nach mir ; sein Dasein beschränkte sich darauf daß

seinen herrlichen Augen, mit scharlachrother Pupille und

es, mit dem großen Kopfe hin- und herwiegend, im Kaſten

glänzend perlenweißer Fris, treuherzig mich an, sobald ich mich ihm näherte, um ihm den in brillanten Farben pran genden nachten Kopf zu krazen.

auf und ab spazierte. So lange es in meinem Besige war, habe ich es nic so weit zähmen können daß es mir ein Berühren seines Körpers erlaubte.

Als es einst aus seinem Kasten ent

sprang, lockte ich es durch ein Stück blutiges Fleisch in die Hütte zurück ; ein Indianer warf ihm eine Matte über den Kopf, ein anderer bemächtigte sich seiner Taßen, und so wurde es wieder in den Käfig gesteckt.

Seit dieser Zeit wurde es nur noch unbändiger. Ein würdiges Seitenstück zu diesem Thiere war eine lebende Harpyia destructor Daud .; die am Rupununi in dem Canucugebirge gefangen wurde.

Er kam sofort zu mir, wenn ich ihn bei dem ihm ge gebenen Namen rief, und ich fonnte ihn bald frei umher laufen laſſen ; oft warf ich ihn in die Höhe, worauf er in graciösen Schwingungen so hoch in die Lüfte sich erhob daß er den Blicken der ihm Nachsehenden entschwand, stets kehrte er aber, wenn auch oft erst in einigen Stunden , nach meiner Behausung zurüd. Da ich wegen des üblen Geruches dem Vogel nicht Aas zu fressen geben wollte, so versuchte ich seine Fütte rung mit frischem Fleische, das er bald eben so gern fraß, als das in Fäulniß übergegangene.

Für dieſen majeſtätischen und ſtolzen Vogel hatte ich eine kleine Hütte mit Palmdach machen lassen, und es

Der Geierkönig ist tief im Innern von Guayana weniger

kostete nicht geringe Mühe, ihn in dieſe hineinzubringen

häufig, als näher der Küste zu ; ich fand ihn nicht selten uns weit der ersten Fälle (Kaikutschi- cabra) des Fluſſes Deme

und ihm die Fesseln zu lösen, ohne dabei von seinen ge waltigen Klauen verlegt zu werden. Er wurde nie zahm, trohdem ich alles mögliche dafür anwandte und täglich in sein Hüttchen mich begab, um

rara, wo mir die Arawaak-Indianer einst 3 lebende Exem plare brachten, die an einem todten Maulthiere zehrend, von ihnen angeschossen und dann gefangen worden waren. Sie leb ten jedoch nicht lange, da in den Tropen meist jedes , wenn

ihn an meinen Anblick zu gewöhnen und allmählich zu civilisiren .

auch noch so unbedeutend durch einen Schuß verleßte Thier dem Tode verfallen ist, indem selbst die kleinste Wunde,

In kühner troßiger Stellung, mit aufgerichtetem Feder schopf und wild umherblickenden Augen saß er auf der

besonders bei Vögeln, brandig wird. Daß übrigens der Sarcorhamphus papa, da wo er vor

dicken Stange, und seine scharfen, ungeheuren Krallen an

kommt, stets der Erste beim Fraße gefallener Thiere iſt, und so lang er damit beschäftigt keine der Cathartes Arten dabei duldet, ist eine Thatsache, von der ich selbst

den ungemein starken, kräftigen Fängen, wie der hohe, mit hackenförmiger Spize versehene Schnabel waren ganz ge eignet mir die größte Vorsicht bei meinen Zähmungsver: suchen anzuempfehlen. Die Zähmung dieses Thieres mißglückte jedoch, wie

mich öfters überzeugt habe. Ein anderer Vogel in größtem Formate den ich lebend

bereits gesagt, und ich hatte bei seinem spätern Transporte

besaß war der „ Tararamu“ der Macuschis, Jabirú der Brasilianer, " Garçon soldado" der Venezuelaner , und

zu Land und im Boote die größten Umstände.

„ Niggercup" der Engländer (Mycteria americana Liuu.)

Hutchinson über den paraguitischen Krieg.

278

Ich handelte denselben bereits in gezähmtem Zuſtande von

richtete eine ſtrenge Rede in Guarani (Lingoa geral) an

den Indianern ein .

ihn, die nach der Verdolmetschung des Lootsen also lau

Von Figur an sich schon drollig, besonders wenn er mit eingezogenem Hals und Kopf, einem in großen Mantel

tete : "Hund von einem Paraguiten ! Schämst du dich nicht vor deinen Landesfeinden Klagen hören zu lassen,

Grade possirlich, wenn er den ihn neckenden Indianerbuben

damit sie dich auslachen ? Ist dir der Ruhm für das Vaterland verwundet worden zu sein nicht genug daß du

mit halb ausgebreiteten Flügeln, den nackten Kopf und

auch noch um Theilnahme wimmerst ? Laß mich nicht einen

Hals lang ausgestreckt, mit dem hohen, aufwärts geboge: nen Schnabel heftig klappernd, voll Aerger so lange nach :

einzigen Laut mehr vernehmen oder ich zeige dich der aller höchsten Behörde an" (nämlich dem Feldmarschall Lopez).

lief bis diese sich in eine Hütte oder auch auf einen Baum

Von diesem Augenblick an kam kein Seufzer mehr von den

kragen gehüllten Zwerge gleich, dastand, war er im höchsten

vor ihm sich geflüchtet hatten, worauf er dann ſtillſtand

Lippen des Unglücklichen, der vier Stunden nachher unter

und noch lange Zeit sein Klapperconcert zum Besten gab.

den sichtlich höchsten Schmerzen verendete.

Er war ungemein gefräßig und verzehrte täglich seine Ration von 6-8 zwei Fuß langen Fischen, die er, wenn ihm zugeworfen, mit seinem Schnabel geschickt auffing, und

Solche Züge gewinnen gewiß unsere Herzen, doch fehlt es auch den Braſilianern nicht an einzelnen leuchtenden Thaten. Sie haben den schönen Brauch eingeführt ihren

ohne weitere Umstände seinen weit ausdehnbaren Schlund

Kriegsschiffen den Namen heldenhaft gefallener Soldaten

hinabgleiten ließ .

zu geben. So heißt einer ihrer Dampfer Obrist Fidelis, nach einem tapfern Officier der in dem Treffen bei Yatay

In Ermangelung frischer Fiſche nahm

er auch mit getrockneten, sowie mit rohem Fleische fürlieb.

getödtet wurde, und ein anderer Enrique Martinez, nach einem Lieutenant der von den Paraguiten in der Schlacht

(Schluß folgt. )

bei Riachuelo erschossen wurde, als er sich weigerte die

Hutchinson über den paraquitischen Krieg . Hutchinson, aus dessen Werk über die La Plata Staa: ten wir in einer vorausgehenden Nummer das Wichtigste wiedergegeben haben, spricht mit der strengsten Vorsicht von dem langwierigen Krieg zwischen Paraguay und der südamerikanischen Tripelallianz.

Ueber jede Waffenthat

sind nach Europa doppelte Berichte gelangt, und jedesmal haben sowohl Paraguiten wie Braſilianer ſich den Sieg bei irgend einem Treffen zugeschrieben. Einig ist alle Welt nur darüber daß die Paraguiten sich wie Helden schlagen. Berühmt ist bereits die Antwort der paraguitischen Schuld wache geworden, die, auf ihrem Posten vergessen, von einem Duzend Gegnern umringt und zur Waffenstreckung auf gefordert mit den Worten no tengo ordines (dazu habe ich keine Befehle) das Bajonnet fällte, und natürlich auf der Stelle getödtet wurde. Hutchinson, der immer auf Seite der Alliirten blieb, faufte die Photographie eines

brasilianische Flagge zu streichen. Wenn wir uns ein Urtheil bilden wollen, um unsere Theilnahme dem einen oder dem anderen der Gegner zu

zuwenden, so bleibt uns nichts übrig als dem Ursprung des Krieges nachzuforschen . Am 5 März 1865 hatte Prä: sident Lopez einen Congreß nach Asunion, der Hauptstadt Paraguay's berufen. Er verkündigte darin daß er Bra silien den Krieg erklären werde. Weßhalb ? Weil Braſi lien in Uruguay (also nicht einmal einem Gränzſtaate von Paraguay) die Erhebung des „ Rebellen" Flores (wurde im Frühjahr 1868 in Montevideo ermordet ) begünstigt und dadurch das politische Gleichgewicht in den Laplataländern gestört habe. Paraguay habe sich angeboten im Verein mit dem argentinischen Bunde zwischen Brasilien und Uru guay zu vermitteln, aber dieses Anerbieten sei gar keiner Antwort gewürdigt, folglich die Ehre des paraguitischen Freistaates schwer gekränkt worden. Endlich verlautete noch die Hauptbeschwerde daß nämlich Brasilien die Provinz Matto

„ Sergent

grosso, welche kraft der Entdecker: und Beſiedelungsrechte so wie durch Verträge zu Paraguay gehöre, besetzt habe. Unter Matto grosso ist hier die benachbarte, brasiliani

Gonzalez, der allein gegen zehn Brasilianer focht, zulet

sche Provinz Paraná zu verstehen, von Matto grosso selbst

Befragt, weßhalb

dagegen nur diejenigen Stücke die zum Gebiete des Para

er so lange gegen eine solche Uebermacht sich gewehrt habe, rief er: Ich focht, weil ich tapfer bin, wie alle Para

guaystromes gehören. Gebietsstreitigkeiten sind also die Ursache des Krieges und eine Prüfung jeder Karte wird

quiten!"

Ein englisches Kanonenboot,,, Dotorel, " an deſſen Bord Hutchinson verweilte, hatte aus Barmherzigkeit et

rasch den Schlüssel zum Verständniß der paraquitischen Ziele liefern. Unter lat. 27° S. vereinigen sich der Para

liche verwundete Paraguiten von dem Wrack des Dampfers Marques Olinda nach der Wasserschlacht bei Riachuelo am

guay und der Paraná, nachdem beide lange Zeit parallel nach Süden geflossen sind, indem der Paraná seine Rich

11 Juni 1865 aufgenommen. Einer der Verwundeten litt an Gedärmentzündung und stieß heftige Schmerzenslaute aus. Da trat ein paraguitischer Unterofficier, der die Aufsicht über die Geretteten führte, an das Bett des Kranken, und

tung aufgibt und durch ein Knie dem Paraguay ſich zu

gefangenen Paraguiten mit der Unterschrift:

aber auf gütliches Zureden sich ergab.

wendet. Das Land zwischen diesen beiden Strömen, eine Binnenhalbinsel oder ein Mesopotamien, beißt in der poli tischen Länderkunde Paraguay.

Die Quellengebiete des

Hutchinson über den paraguitiſchen Krieg.

Paraná wie des Paraguay fielen jedoch unter brasilianische Botmäßigkeit, und waren mit einzelnen brasilianiſchen Kleinstädten bedeckt und von Brasilianern besiedelt worden. Paraguay war also in der Lage zwei schiffbare Ströme, die für das Innere Brasiliens von höchster Wichtigkeit sind

279

Karten, nämlich das Zwiſchenſtromland zwiſchen Paraguay und Paraná zählt jedoch nur 3265 Quadratmeilen mit 1,337,431 Einwohner. Sein Flächeninhalt ist also etwa um ein Fünftel größer wie England mit Wales, die Be völkerung jedoch noch nicht so zahlreich als die des Groß

zumal seitdem der untere Lauf des Paraná der Schifffahrt

herzogthums Baden, für Südamerika aber, da beinahe 400

offen stand, völlig zu beherrschen und nach Willkür zu verschließen. Lopez ließ auch sogleich nach seiner Anrede an den Senat in Asuncion die brasilianischen Ortschaften

Köpfe auf die Quadratmeile fallen, eine ungewöhnlich dichte

oder Städte Coimbra, Albuquerque, Curumba, San Lou

gebracht haben, reden das Guarani oder die allgemeine.

renzo, Dorados, Miranda und sogar Theile der Provinz Matto grosso wegnehmen. Da alle genannten Orte be

südamerikanische Indianersprache, neben welcher das ſpa

quem nur zu Wasser auf dem Paraguay erreichbar sind,

Besiedelung. Die Bewohner, meist Mischlinge, denen die Jesui ten die ersten Begriffe von höheren Geſellſchaftsformen bei

nische öffentlich und amtlich gesprochen wird. Der Volks stamm ist außerordentlich kriegerisch und begeistert für sein Vaterland. Seit seiner Befreiung von Spanien 1811

so gelang ihm dieser Handstreich ohne große Mühe , und bis jezt sind sie noch immer in seinen Händen geblieben.

hat er unter strenger despotischer Zucht geſtanden, zunächſt

Nun hatte sich Lopez an den argentinischen Bund ge wendet und um Erlaubniß zum Durchzug seiner Truppen

unter der des Dr. Francia bis 1840, dann unter der des Carlos Antonio Lopez, eines ſelbſterwählten Dictators und

durch die Provinz Corrientes gebeten, damit er auch die

seit 1862 unter Francisco Solano Lopez, seinem Sohne.

östlichen Provinzen Brasiliens angreifen könnte.

Diese

Von 1811 bis heutigen Tages hat kein Umsturz stattge

Erlaubniß wurde ihm verweigert, denn sie wäre eine Ver legung der Neutralität gewesen. Dagegen gab der argen

funden, sondern wir gewahren sogar daß die höchste Ge walt ohne Schwierigkeit vererbt werden konnte. Die Para

tiniſche Bund den braſilianiſchen Kriegsſchiffen Erlaubniß den Paraná hinaufzugehen. Dieß durfte wiederum als ein Neutralitätsbruch der Argentiner von Paraguay be

guiten treiben faſt ausschließlich Ackerbau und es herrscht unter ihnen eine höchst glückliche Vertheilung der Ver

trachtet aber auch ebenso gut ignorirt werden , insofern der

gibt. Das Klima ist über alle Maßen preiswürdig , der Boden üppig und die Bewohner recht arbeitsam. Uebrigens

Paraná zu einer Völkerstraße geworden war und allen Flaggen offen stand.

mögen, da es weder übermäßig reiche noch arme Leute

fehlt es dem Lande keineswegs an Gewerben, namentlich

Fünf Wochen nach Verkündigung des Krieges mit Bra

nicht an Bergbau, so daß der Kriegsbedarf in Paraguay

filien vor dem Congreß in Asuncion kamen plöglich fünf

selbst erzeugt wird, allerdings unter Aufsicht von Fremden,

paraguitische Kriegsdampfer den Paraguay herab, nahmen

Engländern, Nordamerikanern und Portugiesen.

auf dem Paraná vor der Stadt Corrientes zwei argenti

ginn der Feindseligkeiten riefen die argentinischen Blätter aus „ der Paraguay und Paraná würden bald von einem

nische Kriegsschiffe hinweg und setzten gleichzeitig 5000 Mann Infanterie ans Land , die sich am 13. April der Stadt Corrientes bemächtigten. Dieß war ein Ueberfall und Handstreich mitten im Frieden, noch erschwert durch den Umstand daß der 8. Artikel des Freundschaftsvertrages vom Jahre 1856 zwischen der Argentina und Paraguay wörtlich lautete: "1 Würde (was Gott verhüte ! ) unglück

gepanzerten Geschwader geschlossen und

Bei Be

die Paraguiten

damit zur Nachgiebigkeit gezwungen werden. “ Die Preſſe in Asuncion erwiederte darauf nicht ohne Berechtigung mit vieler Würde : Paraguay habe sich 40 Jahre lang frei. willig von der Außenwelt abgesperrt und dabei wohl be: funden, es werde also auch die Blokade aushalten können .

licherweise ein Krieg zwischen dem argentinischen Bunde

Nach unsern statistischen Angaben bestand das stehende

und dem Freistaate Paraguay ausbrechen, so soll keine

Heer in Paraguay aus 15,000 Mann Linie und einer Reſerve

der kriegführenden Parteien die Feindseligkeiten früher be ginnen als sechs Monate nach erfolgter Ankündigung des

von 46,000 Mann, auch Hutchinson schätzt die Gesammt stärke auf 60,000 Mann, also auf 5 Proc. der Bevölke

Bruches. "

rung.

Paraguay hatte alſo nicht bloß Braſilien mit

Die Ziffer ist keineswegs unglaubhaft, zumal aus

Krieg überzogen, sondern unter erbitternden Umständen auch

allen neueren Nachrichten sich ergibt daß Paraguay ein

die Argentina überfallen, ein winziges Gebiet zwei Riesen

martialer Kleinſtaat sein muß, ein südamerikanisches Preu

ländermaſſen, wenn es die Länder und nicht die Bevölke

ßen, wenn man den Vergleich nicht allzu streng nimmt. Gleich nach der Kriegserklärung wurde Lopez vom Senat

rungen wären die Krieg führten . Was aber ermuthigte das kleine Paraguay zu diesem Wagniß mit zwei Gegnern gleichzeitig anzubinden ? Paraguay, wie es die Paraguiten verstehen.

denn

auch " ihr Vaterland muß größer sein“ würde sich über Quadratmeilen erstrecken Paraguay 16,576 D. . Das unserer 1 Eigentlich mit dreien, da Uruguay voraussichtlich ſich an Braſilien und die Argentina anschließen mußte.

zum Feldmarschall ausgerufen, in welcher Eigenschaft ihn Die Kaiserwürde, auch der gothaische Hofkalender kennt. die sein Vater bereits ablehnte, sollte, ſo hieß es, ihm eben falls angetragen worden sein. Einstweilen hat er sich bes gnügt einen Verdienstorden zu stiften mit fünfRangstufen, wovon die höchste, das Großkreuz nur an den Präsidenten. der Republik, den Feldmarschall, den höchsten kirchlichen.

Hutchinson über den paraguitischen Krieg.

280

Würdenträger im Lande (Bischof), und auswärts nur an Staatsoberhäupter verliehen werden kann, die ihr Amt auf

sodann aus Corrientes zurückgeschlagen, wurde Lopez aus

Lebenszeit inne haben, was meistens nur auf Monarchen

einem Angreifer ein Vertheidiger.

sich beziehen wird.

Diese lezte Bestimmung und überhaupt die Ordensschöpfung ist so völlig gegen den Geist des Frei ſtaates und (Brasilien abgerechnet) so unamerikanisch, daß der Verdacht sehr nahe liegt Lopez habe eine erbliche Mo:

schiffe erzwangen die Beschiffung des Paraná oberhalb der Paraguaymündung, sie fuhren den Paraguay aufwärts

narchie in seinem Hause begründen wollen. Wenn es ein Verbrechen wäre für den Krieg gerüstet

Landes, sammt der Eisenbahn , und den Telegraphenver

zu haben, so würde es leicht sein Lopez einer solchen Ver

nördlich von Asuncion, also abgeschnitten von seinen Hülfs mitteln , denn im Rücken hat er nur einige wenige Ort

schuldung zu überführen.

In den 50ger Jahren reiste er

in Europa und kehrte von dort mit einem angekauften Kriegsschiff zurück . Er hat seitdem ein Zeughaus und ein Werft errichtet, die Kanonen, angeblich) Lancastergeschüße,

Alliirten rasch an Gebiet gewinnen.

Aus Braſilien und

Die alliirten Panzer

troh der Befestigungen bei Curuzu

und Humaitá, und

jetzt ist Asuncion in ihren Händen, die Hauptstadt des

bindungen.

Lopez stand nach den leßten

Nachrichten

schaften am Paraguay, und dann die Wildniß oder die unbewohnten Räume Bolivia's . Wenn auch die Paraguiten, wegen ihren Heldenmuthes,

werden im Lande gegossen und gebohrt, und die Artillerie der Paraguiten soll ganz vortrefflich schießen, wie Hutchin son behauptet, weit besser als die alliirte. Das Land iſt

ihres Patriotismus und ihrer strengen Zucht unsere höchste Theilnahme erwecken, so fällt doch auf Lopez die Schuld daß

bedeckt mit einem Telegraphenneße und bereits gesegnet

er die spartanischen Eigenschaften seiner Landsleute für Ziele persönlichen Ehrgeizes mißbrauchen wollte. Am 13. Sept

mit Eisenbahnen,

tember 1866 sendete er die ersten Friedensvorschläge.

also verhältnißmäßig den andern süd

amerikaniſchen Staaten weit vorausgeschritten.

Die Kriegs

flotte bestand beim Ausbruch der Feindseligkeiten aus elf

Er

erklärte sich darin zu Unterhandlung bereit bis auf einen einzigen Punkt, der nämlich seine Dictatur betraf. Dieß

Dampfern, die auf den Flußwerften gebaut worden waren. Diese Ueberlegenheit, ein gefüllter Schah, die Gunst der Ortslage, die Vortheile einer einheitlichen Gewalt, trefflich geschulte, von höchster Begeisterung erfüllte Truppen, rechts

Staatenbündnisses vom 1. Mai 1865 zwischen Braſilien der Argentina und Uruguay bestimmt nämlich, daß der

fertigen die Kühnheit des Feldmarschalls, daß er gleich: zeitig zwei Nachbarstaaten angriff. Seine Truppen be:

stehen) nicht verlegt werden soll, doch müsse Lopez seine

war aber just der Hauptpunkt.

Der Inhalt des Drei

Besisstand von Paraguay (wie ihn die Tripelalliirten ver

Aemter niederlegen, Humaitá geſchleift werden, wie auch mächtigten sich rasch der gesammten Provinz Corrientes, ſeßten sogar über den Uruguay und nahmen die braſilia nische Stadt Urugayana (lst. 29° 38 ′ long. 56° 59 ′ W. Gr.) weg!

Die erste Flußschlacht auf dem Paraná bei

in Zukunft nie ein derartiges Fort zur Bedrohung der Stromschifffahrt errichtet werden dürfe, endlich sollen die Gränzen von Paraguay festgesetzt bleiben, so wie sie jest auf unsern Karten angegeben werden, mit andern Worten

Riachuelo (11 Juni 1865) fiel zweifelhaft aus, die bra Paraguay soll seine Ansprüche auf die brasilianische Pro silianische Flotte hielt es indessen gerathen wieder strom

vinz Paraná und Theile Matto grossos, endlich auf den

abwärts zu gehen, nachdem sie ihre Schäden ausgebeſſert

Chaco oder das linke unbewohnte Ufer des Paraguay für

hatte.

alle Zukunft aufgeben.

Major Cabral, der paraguitische Befehlshaber von

Bella Vista, einer corrientinischen Stadt, vernahm kaum von dieser Bewegung, als er in einer Nacht mit ein paar tausend Mann und 40-50 Kanonen 4 deutsche Meilen

Mag auch Lopez am Beginn seines Ueberfalls die Zu stimmung der Paraguiten besessen haben, später fonnte er den Krieg nur unter Gewaltmaßregeln noch fortseßen. Das

über ein sehr schwieriges Terrain und über mehrfache De filéen zurücklegte, so daß er am 14. Aug. 1865 noch vor

Spionenwesen ließ er wie unter Francia und unter seinem Vater in höchster Blüthe beſtehen . Wie es in Asuncion zu

den Brasilianern das unterhalb gelegene Cuevos erreichte, we die Gegner dicht vor seinen Kugeln vorüberfahren mußten. Sie kamen allerdings vorüber, aber ziemlich übel zugerichtet : einer ihrer Dampfer erhielt nicht weniger als 41 Schüsse, und manche Kugeln gingen durch beide Schiffswände. Dieß war der lezte größere Erfolg des Lopez . Am 17. Auguſt mußten die Paraguiten in Folge des Treffens bei Yatay (in Corrientes an der Gränze von Entrerios) die corrientischen Eroberungen aufgeben, und zugleich die paraguitische Besatzung, die in Urugayana zurückgeblieben war, die Waffen strecken.

ging, nachdem die Alliirten mit ihrer Flotte den Paraguay hinaufgingen, darüber liefert uns einigen Aufschluß die Depesche des amerikanischen Botschafters C. A. Washburn vom 24. Septbr. 1868. 1 Sie stroht zwar von Uebertrei: bungen, denn es wird unter andern gesagt Lopez habe schon 100,000 Mann von seinen Truppen, also 8 Proc. der Bevölkerung (!!) , wegen Feigheit füjiliren laſſen müſſen, er ſelbſt ſei ſo feuerscheu daß er sich ein einzigesmal nur in den Bereich der Granaten begeben, aber schleunigſt wieder entfernt habe. Eine Thatsache jedoch genügt um uns mit allem Unwillen gegen Lopez zu erfüllen. Waſh burn wurde nämlich aufgefordert zwei Mitglieder seiner

Obgleich die Paraguiten seitdem unaufhörlich ihre Sieges: berichte nach Europa gesendet haben, sehen wir doch die

4 Abgedruckt in der Wiener Zeitung vom 6. Decbr. 1868.

Die Judianerstämme Britisch Guayana's.

Legation, die HH . Bliß und Maſtermann, auszuliefern. Wohl weigerte er sich dessen standhaft, als er jedoch den

281

und sich um den Menschen, als für seine Beachtung auf zu niedriger Stufe stehend, nicht fümmere. Deßwegen

Dampfer bestieg um sich einzuschiffen, wurden beide Herren

beten sie ihn auch nicht an, sondern suchen sich gewisse

von seiner Seite geriſſen, und über ihr weiteres Schicksal

böse Geister, welche die Gewässer und Wälder bewohnen , günstig gestimmt zu machen. Die Sage von der Sündfluth

ist nichts weiter bekannt geworden.

Die Verhaftung ge

schah nur auf Grund politischer Verdächtigungen und An

ist allgemein unter ihnen verbreitet, und die Macusis und

gebereien. Ein Staat aber, bei dem nicht einmal das Gesandt:

Tamanaken sprechen von der Wiederbevölkerung der Erde

schaftspersonal Sicherheit genießt, dem muß gezeigt und fühlbar gemacht werden daß er nicht allein auf der Erde

von Pyrrha und Deukalion hat.

lebt, sondern zu beachten hat was andern Völkern als

in einer Weise welche Aehnlichkeit mit der claſſiſchen Sage

Bei einigen Stämmen bezeichnet man, wie in Malabar, die Abstammung nach der Mutter, und herrscht die merk

Recht und Sitte heilig gilt.

würdige Sitte vor daß nach der Geburt eines Kindes der Vater das Bett hüten und sich einer strengen Lebensord: nung unterwerfen muß, während die Mutter ihrer Arbeit nachgeht, und sich wie gewöhnlich beschäftigt. Die Arawaken Die Indianerstämme Britisch Guayana's. sind die mindest barbarischen aller Stämme. Es ist kein Grund vorhanden zu glauben (sagt das

Sie nennen.

das höchste Wesen „ Unsern Vater, “ „ Unsern Schöpfer, "

„Athenäum“ vom 27 Februar in seiner Besprechung von H. Brett's 99The Indian Tribes of Guiana" ) daß diese

und den

Stämme den von ihnen jet bewohnten Theil Südame: rika's von sehr früher Zeit an inne gehabt haben, z. B.

lichkeit an die europäiſchen Coloniſten halber, bekannt, nen : nen sich Lokono, „ das Volk“ ein Wort welches fast

schon vor der christlichen Zeitrechnung.

das nämliche ist wie das hindustanische Log- und führen

Alles spricht unter

in der Höhe Wohnenden. "

Sie sind ihrer mil

den und friedlichen Gemüthsart wegen, und ihrer Anhäng

anderm dafür daß die Cariben um das 11te Jahrhundert

ein einfaches Leben, ohne Streitigkeiten.

n. Chr. von dem nördlichen Festlande nach Mittel-Amerika

leidigt,

Werden sie be

so thun sie dieß selten anders kund als dadurch

und den Inseln gekommen sind, und mit noch mehr Grund

daß sie mit dem beleidigenden Theile nicht sprechen. " Einer

läßt sich annehmen daß sich erst im fünfzehnten (!) Jahr:

ihrer Häuptlinge sagte zu Hrn. Brett :

hundert diese grimmigen Eroberer in Südamerika anzu siedeln begannen. Physisch und geistig stehen diese Stämme

Sprache, fluchen nicht, dein Volk aber thut dieß. "

rerseits werden Muth und Tapferkeit unter allen Stäm

natürlich den besten Racen des alten Continents nicht nach.

men sehr bewundert, was sich selbſt in ihren Spielen 'zeigt.

Die gegenwärtig lebenden Indianer sind wohlgestaltet und kräftig, und man hat in den von ihnen errichteten Tumuli

So lesen wir: „ Die Maquarri ist eine mehr als 3 Fuß

" Wir, in unserer Ander

lange Peitsche, mit welcher man im Stand ist einen sehr

Menschenknochen von beträchtlicher Größe gefunden, welche die Ueberreste hochgewachsener und ungemein starker Men

wuchtigen Hieb zu führen, wie ihre blutenden Beine zur

schen sein müſſen.

Die nämlichen Grabhügel beweisen

Handen wenn sie tanzen, und ſtoßen dabei Rufe aus welche

klärlich daß sich das Cannibalenthum keineswegs auf die Cariben beschränkte, sondern unter den andern Stämmen

Aehnlichkeit haben mit dem Ton eines gewiſſen in den Wäldern oft gehörten Vogels. In einiger Entfernung von

Guayana's ebenfalls vorherrschte.

den Tänzern waren Paare die einander am Beine geißel Der Mann welchen die Reihe traf die Geißel zu

Troß diesem Beweis

von Barbarei und andern noch stärkeren, wie z. B. der fast völligen Rohheit der entdeckten alten Werkzeuge und dem gänzlichen Mangel an allen Ueberresten von Gebäu den, ist nichts vorhanden was den Glauben rechtfertigte daß die Stämme ihrem Ursprung nach nicht einem gesitteten Volk angehörten, denn ihre Sprachen sind wohlklingend, und stehen, wie es scheint, mit denen Asiens in Verbin dung ;

auch ihre Sagen und religiösen Ueberlieferungen.

ſind denen der Nationen der alten Welt ähnlich.

Ein

Acawoio, der mit den Ueberlieferungen seines Stammes gut bekannt war,

begann ein Gespräch mit Hrn. Brett

folgendermaßen:

Im Anfang dieser Welt wurden die

Vögel und die vierfüßigen Thiere von Makonaima, dem großen Geist welchen kein Mensch gesehen hat, geschaffen. " Die Indianer glauben im allgemeinen daß es einen großen Echöpfer gibt, der unendlich gut, groß und weise ist, allein ſie ſind der Meinung daß er in höchſter Seligkeit wohne

Genüge beweisen.

Sie schwingen diese Peitschen in ihren

erhalten stand fest auf einem Bein, und hob das andere vorwärts, während sein Gegner, sich bückend, ein wohlerwo genes Ziel nahm und, vom Boden aufspringend um seinem Streich erhöhte Kraft zu geben, seinem Widerpart einen tüchtigen Hieb beibrachte. Der lettere gab kein anderes Zeichen seiner Verwundung als daß er verächtlich lächelte, obgleich er vielleicht blutrünstig geworden durch den Peit schenhieb, den er, nach kurzem Tanze, mit gleicher Kraft erwiederte. Nichts gieng über die gute Laune womit dieſe Von jedem Mann, wenn er Dinge getrieben wurden. nicht betagt oder kränklich war, erwartete man daß er sich Einer derselben war in an dem Wettkampfe betheiligte. Folge der Strafe die er erhalten hatte, kaum im Stande Gemeiniglich tranken sie nach einigen Peitschen : hieben Paiwari zusammen, und kehrten dann zur Haupt: abtheilung der Tänzer zurück, von welchen ununterbrochen

zu gehen .

Die Verfinsterung der Sonne am 18. August 1868.

282

frische Paare heraustraten um ihren Muth an einander

Gegenwart offenbar schämte, in scheinbar tiefem Nachdenken

zu erproben. "

am Feuer saß, und sich alle Mühe gab uns nicht zu beachten . Als aber Philip die Aeußerung that daß Gott seinen Sobn

Sie hängen mit großer Liebe an ihren Kindern, und Ein unbedeutender Vorfall, der sich bestrafen sie selten.

in die Welt gesandt habe um unsere Natur auf sich zu

ereignete,

nehmen, und als er ein Gemälde von dem in der Krippe

dürfte die Stärke des Muttergefühls unter diesen soge ,,Alle, mit nannten Wilden in ein helles Licht stellen.

zu Bethlehem liegenden Knäblein zeigte, konnte die india

drängten sich vor:

ſie ſchlich ganz nahe zu uns heran, und legte, von dieſem

Diese Ausnahme wärts um unsere Lehren anzuhören. war die Frau eines Häuptlings, ein schönes verständig aus

Augenblick an, das tiefste Intereſſe an der Erzählung des Lebens des Heilandes an den Tag. "

in Coroduni unter den westlichen Acawaios

einzigen Person,

Ausnahme einer

nische Matrone dieser Anziehungskraft nicht widerstehen :

sehendes Weib, welche sich ihres dürftigen Anzugs in unserer

Die Verfinsterung der Sonne am 18. Auguft 1868. auf welchem die verschiedenen Beobachter sich aufstellten. Der schwarze Streifen bedeutet den Gürtel der völligen

den Zeitungen erfahren haben, von England, Deutschland

Verfinsterung und die schraffirten Stellen, wie sich von selbst ergibt, das Meer.

und Frankreich Beobachter nach Arabien, Indien und der Halbinsel Malaca ausgesendet.

Fig. 1 zeigt uns das Feld Das Feld der Beobachter bei der Verfinſterung am 18. Auguſt.

UPPE

m gau Bel hapur sc Bid Canti

Fig. 1.

Die deutschen Beobachter

WahTonni

Zur Beobachtung der großen Verfinſterung der Sonne am 18. August vorigen Jahres wurden, wie wir alle aus

Herschel. Campbell , Franzosen

Stephan Rayet.

Capt. Haig

Tennant, brit. Janssen, frz. Vier Aufgaben waren den Beobachtern gestellt worden. Sie sollten 1 ) die eintretenden Erscheinungen photographisch befestigen, 2) die Lage, Höhe und die Umrisse der soge nannten Auswüchſe (Protuberanzen) am Sonnenrande be ſtimmen, 3 ) das Aussehen der Lichtkrone beschreiben und ihre Polarisation feststellen,

4) die Spectralerscheinungen

an der Lichtkrone und den Auswüchsen prüfen.

Was sie

Photographen in Aden, die DD. Vogel, Fritsche, Zenker, Thiell, lösten ihre Aufgabe weitaus am besten. Vogel selbst hat in öffentlichen Blättern die Spannung und die auf regenden Zwischenfälle (Auslöschen des Lichtes im verdun kelten Zelte) geschildert. Fig. 2 ist eine Darstellung der verfinsterten Sonne nach den deutschen Photographien. Die Leistung unserer Landsleute in Aden war ein großer

geleistet haben, wollen wir versuchen auch für solche Leser

Sieg, denn der englische Major Tennant in Gantur, der

faßlich darzustellen, denen Vorkenntnisse mangeln oder wie

bei günstigem Wetter beobachtete und seine sechs Platten

der entschwunden sein sollten.

vorschriftmäßig ausseßte, mußte schließlich eingestehen „ die

Zwei deutsche Expeditionen hatten sich in Aden auf gestellt. Dort betrug die Dauer der Vollständigkeit der Berfinsterung nur 3 Minuten, während an verschiedenen

Hiße habe die salpetersaure Silberlösung dermaßen ver dichtet gehabt, daß von der Lichtkrone nur schwache Spuren zu sehen waren und die Bilder selbst mit Flecken bedeckt zum Vorschein kamen. “ Die Photographic News riefen

indischen Standpunkten 5 Minuten zur Verfügung stan

daher bei dieser Botschaft aus : „Das ist kein Mißgeschick,

den.

sondern eine Niederlage. " Die Bilder der verfinſterten Sonne die Warren de la Rue 1860 aus Spanien heim

Man wählte jedoch Aden, weil für Indien schon

hinreichend gesorgt und es wichtig war an verschiedenen Orten zu beobachten, schon deßwegen weil die Verfinſte

brachte, waren gelungen.

rungen für die verschiedenen Orte zu verschiedenen abſo: luten Zeiten eintraten, daher man vielleicht einem in der

fahrungen und die englischen Beobachter waren ihrer Auf

Zwischenzeit vollzogenen Gestaltenwechsel an den Aus: wüchsen auf die Spur fommen konnte. Die deutschen

Vorsichtsmaßregeln .

Also besaß man hinlängliche Er

gabe nicht gewachsen, sondern versäumten die nöthigſten Die Ursache des Mißlingens aber,

vermuthen die Engländer, sei Beamtenprotection gewesen,

Die Verfinsterung der Sonne am 18. August 1868.

283

denn fein einziger erfahrener Photograph war der Expedi

scheinbaren Monddurchmessers ; die Farbe der Auswüchse

tion beigegeben worden.

war ein korallenrosa mit einem Stich ins violette. Alle Aus wüchse ruhten scharf und deutlich mit ihrer Basis auf dem schwarzen

Mondrand.

Dr.

Oppolzer in Aden konnte

das große Horn 37 Secunden, Dr. Weiß ebendort es eine volle Minute nach Beendigung der Vollständigkeit noch unterscheiden , Hr. Kero Laguman in Bidschapur zwei Minuten, Hr. Stephan in Wah- tonne etliche Secun den.

Dieser Beobachter bemerkt in Uebereinstimmung mit

Fig. 2. Die verfinsterte Sonne nach den deutschen Photographien. Der schwarze Kreis ist der Körper des Mendes, die dicht schraf firten Stellen im Hintergrund die Luft, die weißen radienförmigen Strahlen sind die Lichtkrone (corona), die dunklen Stellen die am Mondrande zu entspringen scheinen, theils Hörnern, theils Gebirgsmassen gleichend, sind die Lichtauswüchse (Protuberanzen) der Sonne. Das große Horn links unten besaß an Höhe 1 des Sonnendurchmessers, also 13-14,000 deutsche Meilen.

Fig. 4. Zu den Beobachtern in Bidschapur gehörte der Genie capitän Tanner, der als fertiger Zeichner eine Skizze lie: ferte, von welcher Fig. 3 entlehnt worden ist. Seine Abbil dung kann sich freilich an Werth mit einem Lichtbild nicht messen, das Horn links unten stimmt jedoch zu den deut schen Photographien, wenigstens was seine Lage betrifft. Die Auswüchse erschienen ihm krapp-rosa, also etwas schmutzig.

Die verfinsterte Sonne nach einer Zeichnung von Ste phan in Wah-Tonne.

mehreren anderen daß unmittelbar nach Eintritt der Voll ständigkeit und kurz vor ihrem Ende der Rand des Men des von einem schmalen Lichtring umgeben schien. Dieser ist auch auf den deutschen Lichtbildern wahrnehmbar, so wie auf Fig. 5, einer Zeichnung die am Bord des Dampfers " Rangun" der Peninsular and Oriental Company ent worfen wurde, welches Fahrzeug den Gürtel der Verfinste

rung auf bober See kreuzte.

Fig. 3.

Die verfinsterte Sonne nach einer Skizze von Tanner in Bidschapur.

Fig. 5. rosenfarbig und hatten eine flammenartige Gestalt.

Auch

Janssen in Gantur vergleicht sie mit den Flammen eines Schmiedofens, wie sie aus dem Brennstoff unter scharfem

Die verfinsterte Sonne nach Zeichnungen der Officiere an Bord des Pestdampfers Rangun.

Das große Horn erschien

Die Lieutenants W. M. Campbell und Herschel fan: den in Belgaum daß das Licht der Krone polarisirt war

ihm 3 Bogenminuten hoch, also etwa 1 des Durchmessers

in einer Ebene die durch den Mittelpunkt der Sonne

Der Franzose Stephan in Wah- Tonne hat nur eine Zeichnung der Erscheinung (Fig . 4) gegeben ; die Höhe des großen Horns bestimmte er auf 1/10 des

führte.

Gebläse herauszubrechen pflegen.

der Mondscheibe.

Zu dem gleichen Ergebniß gelangte Capt. Bran fill in Gantur, und es wurde auch später durch die fran zösischen Beobachter bestätigt.

Die Verfinsterung der Sonne am 18. August 1868 .

284

Sonst ist noch zu bemerken daß während der Vollſtän

in dem Farbenbilde schwarze Linien auftreten , dieſe Li

digkeit Venus, Sirius und andere mächtige Eterne auf glänzten, Merkur und der vorausgeseßte intramercuriale.

nien werden örtlich verschieden sein, je nach den Stoffen der Dämpfe , denn jeder

Planet Vulkan wurden jedoch von keinem Bericht erwähnt.

Schichten in dem Farbenfächer aus.

Von höchster Wichtigkeit sollten aber die Spectralprü

glühender

Gasball

Stoff löscht örtlich bestimmte

umgeben

von

Ist die

Sonne ein

Dämpfen feuerflüch

fungen der Auswüchse werden, ja ihnen zu Ehren waren

tiger

hauptsächlich die Expeditionen abgesendet worden.

der Frauenhoferschen Linien chemisch benennen . Daß der glühende Ball der Sonne von solchen Dämpfen umschwebt

Doch

Stoffe , so können wir diese Stoffe mit Hülfe

verſtatte man zuvor ein Wort der Erläuterung über dieſes Verfahren.

werde, wußte man also durch die Spectraluntersuchungen,

Wenn ein Sonnenstrahl durch eine schmale Rize fällt

daß aber die Auswüchse oder Protuberanzen zu diesen

und hierauf durch ein Glasprisma geleitet wird, so sehen wir nicht mehr ein weißes Licht, sondern der Lichtstrahl wird

Dämpfen gehörten, vermuthete man vorläufig nur mit gro Ber Wahrscheinlichkeit. Es galt daher die Protuberanzen

gleichsam fächerförmig auseinandergetheilt, und liefert dann

zu befragen, aus welchen Stoffen sie bestehen möchten .

ein Farbenbild von Roth, Orange, Geib, Grün, Hellblau,

Auch hier ließ sich das Spectroskop anwenden.

Ein sol

Wird in die Flamme eines gewöhnlichen Gasbrenners

ches Farbenbild heißt ein Spectrum. Auf diesen Farbenſtrei fen gewahrt man bei Anwendung von Vergrößerungen

durch eine Röhre Luft hineingeleitet, so verliert die Flamme

Indigblau und Violett wie bei dem Regenbogen .

beinahe völlig ihre Leuchtkraft, fie brennt lichtlos wie

senkrechte lichtlose oder schwarze Etreifen oder Linien, bald

etiva die blaue Flamme des Weingeistes.

breiter bald dünner.

Ihre Stellung in Bezug auf die

jedoch in diese Flamme einen feuerflüchtigen Stoff ein

Farben, und ihr gegenseitiger Abſtand, der sich mit größter Genauigkeit messen läßt, bleibt immer der nämliche. Die

taucht, und sie durch das Spectroskop betrachtet, ſo ſieht

So wie man

dunklen Linien im Spectrum des Sonnenlichtes vermehr

man eine oder mehrere bunte Linien auf schwarzem Grunde. Diese bunten Linien erscheinen genau an den nämlichen

ten sich bei wachsender Vergrößerung.

Stellen des Farbenspectrums

Frauenhofer konnte

schon 600 unterscheiden und ihre Lage bestimmen, daher man sie die Frauenhoferschen Linien genannt hat.

wo dieselben Stoffe

als

Beschmutzungen eines glühenden Platindrathes oder als

Da

Dämpfe vor dem Durchgange electrischen oder Hydroory

nun sowohl das Hydroorygen- Gaslicht, wie das elektrische

gengaslichtes schwarze Linien geliefert hatten, und es be

Licht, ja selbst eine Leuchtgasflamme, ein Spectrum ohne

ruhte die schöne Entdeckung Kirchhofs gerade darin daß er

Frauenhoferſche Linen, alſo ein lückenloſes (continuirliches) Spectrum liefern, so überzeugte man sich daß die Frauen

die schwarzen Frauenhofer'ſchen Linien im Farbenbilde des

hoferschen Linien der Sonne eigenthümlich, eine Eigenſchaft

im Spectroskop zeigte, wenn er bald den einen, bald den

wenn man will ein Mangel — des Sonnenlichtes ſeien.

andern Stoff in der heißen Flamme eines Bunsenschen

Kirchhof und Bunsen gelangten nun zu folgender Ent:

Gasbrenners verflüchtigte.

deckung.

Wurde durch einen Platindraht ein elektriſcher

Strom geleitet bis er weißglühend wurde, so lieferte ſein Licht ein lückenloses Farbenbild , wenn der Draht vor her vollständig

gereinigt war.

Trug er aber die ge

Sonnenlichtes, als bunte Linien auf ſchwarzem Hintergrund

Wurde also das Spectroskop

auf die Protuberanzen gerichtet, so fragte es sich welche bunten Linien zum Vorschein kommen würden . Darüber gibt nun das folgende Diagramm Aufschluß. Oben (Fig. 6) sind die sogenanntenHauptlinien des Sonnen

ringste Spur von Kochsalz an sich, so entstand in dem

farbenbildes angegeben.

Gelb des Farbenbildes eine schwarze Linie.

ABC u.j. w. ist eine jest in der Wiſſenſchaft feststehende ; die Engländer bezeichnen sie nicht anders als die Franzosen.

Da nun Koch

falz aus Chlor und Natrium besteht, und die schwarze

Ihre Benennung mit Buchstaben

Linie vom Natrium herrührt, so nennt man ſie die Natrium:

oder die Deutschen.

linie.

Wasserstoffes (Fig. 7) , aus drei bunten Linien auf schwarzem .

Wurde der Platindraht mit andern Stoffen verun

Dann folgt das Farbenspectrum des

reinigt, so traten schwarze Linien an anderen Stellen auf,

Grunde bestehend, den schwarzen Linien CF G des Sonnenspec

und da man die Lage dieſer Linien im Farbenbild mit größ

trums entsprechend.

Nach ihnen kommen drei Spectra

ter Schärfe messen kann, so war eine Erklärung für die

wie sie von den Beobachtern der Sonnenverfinsterung ge

Frauenhoferschen Linien gefunden, denn denken wir uns daß die Sonne ein glühender Platindraht wäre, so wür

sehen worden sind.

den uns die Frauenhoferschen Linien anzeigen, mit welchen chemischen Stoffen der Lichtkörper beschmußt wäre. Die Sonne darf indessen deßwegen nicht für einen glühenden Platindraht gehalten werden.

Lassen wir ein elektrisches

Licht oder das Licht eines Gases durch das Prisma fallen, so erhalten wir ein lückenloses Farbenbild.

Muß aber

Einer der glücklichern Beobachter war

jedenfalls Major Tennant (Fig. 10) , denn er gewahrte CDbF und G der schwarzen Sonnenlinien als bunte Striche im Spectrum der Protuberanzen, CFG davon gehören dem Waſſerſtoff an . Ganz besonders wurde aber Janssen vom Zufall begünstigt. Im Moment nämlich wo die Vollstän digkeit eintrat, verschwanden im Spectroskop die Frauen hofer'schen Linien, und es traten an ihre Stelle 5 oder 6

derselbe Lichtstrahl bevor er das Prisma erreicht durch

glänzende Linien, roth, gelb, grün, blau und violett.

Dämpfe feuerflüchtiger Stoffe hindurchgehen, so werden

sich hinterdrein ergab, standen nämlich im Gesichtsfelde des

Wie

Die Verfinsterung der Sonne am 18. August 1868.

Noth.

Gelb.

Drange

Grün.

Blau.

285 Indigo.

1 D

B C

A Fig. 6.

B C

A

F

G

Blau.

E

Indigo.

b

G

Die farbigen Linien auf dunklem Hintergrund im Spectrum des Wafferſtoffes (die Striche am schwarzen Rand und die Buchstaben sollen zum Vergleich mit den schwarzen Linien des Sonnenspectrums dienen).

Fig. E.

Gelb

Fig. 9.

E

Belb.

Judigo

G

F

b

Blau .

Grün

E

D

B C

Indigo.

F

b

G

Die farbigen Linien im Spectrum der Protuberanzen, gesehen von Tennant. Gelb.

Orange.

E

D

B C Fig. 11.

Blau

Grün.

b

Indigo

F

G

Fig. 10.

Blau

Die farbigen Linien im Spectrum der Protuberanzen, geschen von Herſchel.

Orange..

Roth.

F

F

Grün.

D

B C

Roth.

D

Indigo.

Die farbigen Linien im Spectrum der Protuberanzen, gesehen von Rayet.

Drange

Roth .

Blau

Grün

D

B C

A

Gelb.

Orange.

s

A

Roth.

Grün.

D

Roth

A

b

VITTUFORMULIER

Fig. 7.

Gelb.

Orange.

Roth.

A

E

Die schwarzen Hauptlinien im Farbenbild der Sonne bis zum Indigblau. (Die Linien H und (H') im Violetten sind aus Raumersparniß weggelassen worden, sie würden rechts von G folgen.)

Die farbigen Linien im Spectrum der Protuberanzen, gesehen von Lockyer.

Orange

Gelb.

Fig. 12.

Grün.

Blau.

Indigo.

Dieselben, gesehen von Lockyer.

Spectroskopes zwei mächtige Protuberanzen. Janssen über zeugte sich daher daß die Protuberanzen aus Gasen be stehen, daß ihre Linien mehrfach zusammenfallen mit den Hauptlinien des Sonnenspectrums, daß endlich die rothe C und blaue 'F-Linie, die den Wasserstoff anzeigen, unver kennbar waren. Rayet , der in Wah Tonne beobachtete, erhielt ein noch vollkommeneres Spectrum (Fig. 8), er ſah neun Linien (die Linie bei der Gruppe G erschien als doppelt) ,

und konnte ihre Lage mit der erforderlichen Schärfe er mitteln. Als er später sein Instrument auf einen zweiten Auswuchs richtete, ergab sich daß eine der violetten Linien fehlte. Die chemische Zuſammenſeßung der Protuberanzen ſcheint sich daher nicht immer gleich zu bleiben. In dem Augenblicke wo der französische Beobachter Janssen an seinem Instrument stand und die Vollständig. keit erwartete, kam ihm der Gedanke : wozu man eigentlich

Die Verfinsterung der Sonne am 18. August 1868.

286

eine Sonnenverfinſterung brauche um das Licht der Protu beranzen spectralisch zu untersuchen ? Vorhanden sind sie ja immer, und wenn man daher die Ränder der Sonne mit

ſphäre zurück, die völlig zum Auslöschen der Protuberan

dem Spectroskop absuche, werde man wohl auf die Spectral

sondern er schwächte auch die Beleuchtung der Erdenluft so stark ab daß die Protuberanzen, hell erleuchtet von der bedeckten Sonne, sichtbar werden konnten . Airy behielt

linien der Protuberanzen stoßen, und das bisher Unsichtbare oder nur bei Verfinsterungen Sichtbare täglich wahrzunehmen vermögen.

Am nächsten Tage schon begann er ſein In

strument für solche Untersuchungen einzurichten, und 30 Stunden nach der Verfinsterung sah er bereits spectrosfo : pisch neue Protuberanzen.

War daher die spectroskopische

Untersuchung jener rosenrothen flammenartigen Auswüchſe an der Sonne die Hauptaufgabe der südaſiatiſchen Expe ditionen gewesen, so hätten sie im Grunde sämmtlich da beim bleiben können. Am 19. Aug. brachte Janssen sein Spectroskop mit Hülfe des „ Suchers " (Richtungsfernrohrs ) in eine Stellung daß durch den Spalt für den Strah lendurdgang nur ein Stück von dem Lichte des Son nenrandes in das Spectrum gelangte , während der Rest des Spaltes über den Sonnenrand hinaus ragte. Er suchte nun so lange bis er auf eine Protuberanz ſtieß, worauf er in seinem Instrument zwei Farbenbilder über einander erhielt : das eine mit schwarzen Frauenhofer'schen Linien auf buntem Grunde, das andere matt mit glänzen:

Der Mond als Verfinsterer schien daher unentbehrlich, denn er bedeckte nicht nur die Sonnenscheibe,

zen hinreichte.

auch vorläufig Recht, denn Hr. Lockyer sah mit seinen Spectralinstrumenten keine Protuberanzen . Als ihm jedoch der Optiker Browning für solche Untersuchungen ein geeig netes Instrument lieferte, wurden die bunten Linien der Ein Glasprisma, indem es den Protuberanzen sichtbar. Lichtstrahl fächerartig auseinander legt, dient ja dazu die Lichtwirkung abzuschwächen, es mildert also das Sonnen licht ganz ähnlich wie ein gefärbtes Glas, schwächt aber keineswegs die Wirkung des Lichtes bunter Spectrallinien Das Instrument für Lockyer wurde erst nach der Verfinsterung der Sonne fertig, so daß im October 1868 die Untersuchungen in London begannen . Von dieser Ent: ab.

deckung nun hatte Hr. Warren de la Rue die französische Akademie eben unterrichtet, als der Brief von Janſſen geöffnet wurde, welcher die nämliche Neuigkeit enthielt. Lockyer hatte also früher als Janssen an das neue Unter

farben war jedoch so blendend, daß es die Beobachtung

suchungsverfahren gedacht, Janſſen dagegen war vor ihm zum Ziele gelangt. Die Franzosen scheinen überhaupt mit den besten Instrumenten verfeben gewesen zu sein, wäh

hinderte.

rend die Spectraluntersuchung

den Linien der Protuberanzen.

Das Licht der Sonnen

Er drehte also die grellsten Farbenlichter, blau,

unsere deutschen Beobac

rothe Linie genau als Verlängerung der schwarzen C-Linie

ter in Folge ihrer mangelhaften Instrumente fehlgeschla gen war.

im Sonnenspectrum aufsteigen. Auf gleiche Weiſe ſah er dann später die F- Linie. Die bunten Spectrallinien der

Die fast gleichzeitige Entdeckung Janſſens und Lockyers erseßt der Untersuchung die Wohlthat einer fast ununter

gelb, grün, aus dem Gesichtsfelde.

Plößlich sah er eine

Protuberanzen verlängern sich also als schwarze Linien

brochenen Sonnenverfinsterung.

in das Sonnenlicht, und die Stoffe der Protuberanzen sind

fahren kaum bekannt, so sing man auch anderwärts an die Protuberanzen spectroskopisch zu sehen, und der Astro

es daher die eine Anzahl der schwarzen Frauenhofer'ſchen Linien im Sonnenspectrum erzeugen. Diese Entdeckungen theilte Janssen nicht telegraphisch, sondern brieflich der fran zösischen Akademie mit. Sein Schreiben war bereits in Paris, und unterwegs an seine Adresse, als Hr. Warren de la Rue der gelehrten Körperschaft eine Mittheilung des Hrn. Lockyer vorlas.

Hr. Lockyer hatte Ende 1866 die Vermuthung ausge sprochen daß die Auswüchse der Sonne durch das Spec troskop an jedem hellen Tage gefunden und chemisch zer gliedert werden könnten. Der Gedanke schien sehr nahe

Auch wurde das neue Ver

nom des Collegio Romano P. Secchi , eine Zierde des Jeſuitenordens, kündigte schon im November v. J. an, auch er sehe jezt die Farbenlinien der Sonnenauswüchſe an jedem hellen Tage. In einer späteren Mittheilung an De la Nue

bemerkte Lockyer, er habe sich überzeugt daß die

Protuberanzen nichts anderes sind als örtliche Anhäufungen einer Gasschicht welche die Ober fläche der Sonne völlig umhülle , denn auf allen Strecken des Sonnenrandes gewahre er die cha rakteristischen Spectrallinien der Protuberan

zu liegen, allein die Ausführung stieß auf Schwierigkeiten, denn damals erklärte eine Fachgröße ersten Ranges, wie

zen.

der britische Reichsastronom Airy, er könne sich die Mög lichkeit nicht vorstellen daß in der Nähe des starkwirken

Dicke (wo keine Protuberanzen auftreten) überall gleich

den Farbenbildes der Sonne, das vergleichsweise schwache Licht der Protuberanzen sichtbar werden sollte. In Fern rohren waren die Auswüchse bisher nicht wahrgenommen

Die senkrechte Mächtigkeit jener Gasschicht wird von

ihm auf 5000 Meilen (miles) geſchäßt, und behält diese

mäßig vom Sonnenäquator bis zu den Drehungspolen. Ein Auswuchs gibt ein Spectrum von wenigen langen hellen Linien, wird aber das Instrument auf den äußer ſten Sonnenrand gerichtet, und zwar so daß der Schlig

geworden, denn wurde das Sonnenlicht durch dunkle Gläser abgeschwächt, so erloschen auch die Protuberanzen, wurde aber der Sonnenkörper zugedeckt gleichsam durch einen künstlichen Mond, so blieb doch die stark erleuchtete Atmo

↑ Dieſer berühmte Phyſiker und Aſtronom war lange Zeit Leiter und Vorstand der industriellen Firma Thomas de la Rue und Comp. Seit Ende vorigen Jahres hat er sich jedoch von den Geschäften zurückgezogen.

J. E. Marey über den Flug der Insecten.

senkrecht zur Tangente steht (oder mit andern Worten daß er die Verlängerung eines Durchmessers der Sonne dar stellt), so zeigt sich ein ganz schmaler Streifen des wahren Farbenbildes der Sonne und an diesem als Saum das Spectrum der Gashülle, bestehend aus wenigen kurzen hellen Linien, die glänzend heraustreten aus dem matten Farbenbild des diffusen Tageslichtes . Da die glänzenden Spectrallinien der Gashülle an das Sonnenfarbenbild an gränzen oder gleichsam es verlängern, sö " läßt sich mit großer Genauigkeit feststellen ob die bunten Linien des Spectrums der Gashülle als die Fortseßung irgendeiner der schwarzen Frauenhofer'schen Linie auftreten und in der That gewahrt man auch wirklich, daß die bunten Linien bald eine Fortseßung der schwarzen bilden, bald sich selbst in das

287

zwei Elementen zusammen gesezt sei , wovon das eine in

dem Wasserstoff der Sternennebel ,

das andere in

dem Waſſerſtoff der Sonne, beide vereinigt aber im ir dische Wasserstoff vorhanden seien.

Andererseits ist je

doch vermuthet worden daß die Spectrallinien des Waſſer: stoffes bei Vermehrung von Druck und Temperatur sich verschieben möchten. Sainte - Claire Deville erklärte der Pariser Akademie daß bereits ein Apparat verfertigt wor den sei um die Lage der Spectrallinien des Wasserstoffes bei verschiedenem Druck und verschiedenen Temperaturen festzustellen, und daß Hr. Mascart nach vorläufigen Ver: suchen, die jedoch noch kritischer Wiederholungen bedürfen, die Temperatur der Protuberanzen durch die Spectralana lyse festgestellt zu sehen hofft.

Sonnenspectrum hinein verlängern, das heißt dort die betref

In den Farbenbildern der Protuberanzen bei der Ver

fenden schwarzen Frauenhofer'schen Linien auslöschen. Wird nun das Instrument auf diese Art am Sonnenrand herum

finsterung am 18. Aug. ist eine Linie gesehen worden bei

geführt und dieser abgesucht, und stößt der Beobachter dabei auf einen Auswuchs, so verlängern sich plößlich die vor her furzen bunten Spectrallinien der Gasumhüllung

Sonnenspectrums, die von Natrium herrührt, gehalten, allein

(Chromosphäre nennt sie Lockyer). Werden die Längen der Linien gemeſſen und durch das Instrument der Aus

linie benachbarte, und daß man zwischen beiden unterschei den müsse.

wuchs gleichsam betastet, ſo läßt sich auch die Gestalt und Größe der Protuberanzen feststellen, wie dieß von Lockyer bereits geschehen ist . (Fig . 13. )

Endlich bestätigt sich jetzt wiederholt daß die Protube:

D.

Man hat sie anfänglich für die gelbe D - Linie des

alle neueren Beobachter stimmen darin überein, daß es jene D-Linie selbst nicht sei, sondern nur eine der Natrium:

ranzen und die Sonnenflecken in einem örtlichen Zuſammen hang stehen.

E. J. Marey über den Flug der Insecten. Phyſiologen haben den Versuch gemacht die Häufigkeit Fig. 13. Gestalt und Größe einer Protuberanz ( a) ohne Ver finsterung am Sonnenrande durch das Spectroskop wahrgenommen und bestimmt durch Lockyer.

der Bewegungen des Flügels nach dem Tone zu beſtimmen welchen das Insect während des Flugs hervorbringt.

Sie

mußten sehr hohe Zahlen zulaſſen : sechs hundert Schwin gungen in einer Secunde für die gemeine Fliege (Lacor:

Die Protuberanzen sind also örtliche Anhäufungen in einer Gasumhüllung der Sonne, es sind Gaſe im Zustande der Verbrennung, denn sie liefern bunte Spectrallinien auf

daire) ; indeß muß diese Zahl in Fällen sehr raschen Flugs verdreifacht werden. Andere Insecten müssen eine noch

dunklem Hintergrund und vertreten einige der schwarzen

weit größere Zahl von Flügelschlägen hervorbringen. Nichts : destoweniger sind diese Naturforscher nicht einig geworden

Frauenhofer'schen Linien im Farbenbild der Sonne. Dieſe Erkenntnisse Lockyers sind gleichzeitig in Indien durchJanssen

über die Ursache welche den Ton erzeugt den wir während des

bestätigt worden.

Flugs der Insecten hören.

Welches aber sind nun die Stoffe der

Einige sind der Meinung : der

Protuberanzen ? Janssen erklärt in einer Depesche vom ersten Februar d. J. die Spectrallinien des Wasserstoffes

Ton sei unabhängig von den Flügelbewegungen, und werde durch einen besonderen Summungsapparat hervorgebracht

seien überall in der Gasumhüllung (Lockyers Chromosphäre) der Sonne sichtbar, und die Protuberanzen bilden nur die

(Chabrier) ; andern zufolge soll er von den abwechselnden

Erhöhungen der Gashülle.

Bewegungen der Luft beim Aus- und Eindringen durch die Luftröhren herrühren.

Indessen will Lockyer beobach

tet haben daß die blaugrüne F- Linie des Waſſerſtoffes

Angesichts dieser Meinungsverschiedenheiten habe ich

nicht genau zusammenfalle mit einer Linie der Protuberan zen bei F. Man hat vermuthet dieß sei vielleicht die Linie

nach einer Methode gestrebt um auf eine unfehlbare Weiſe jeden der Flügelschläge eines Insects zu zeigen, und die

irgend eines andern Stoffes, und die F-Wasserstoff-Linie

graphische Methode entspricht sehr gut der Bestimmung der

fehle in der Sonne gänzlich, gerade so wie in den Spectren der Sternennebel wohl die F-Linie des Wasserstoffes gese: hen werde, nicht aber die C-Linie. Es könnte sich also

Häufigkeit derselben . Ich faßte mit einer feinen Haar zange den hintern Theil des Unterleibs eines Insects,

zutragen daß der Wasserstoff nicht einfach sondern aus

und als es zu fliegen suchte, richtete ich einen seiner Flü gel in solcher Weise, daß er sich mit seiner Epiße an der

Miscellen . 288

Oberfläche eines rauchigen Cylinders rieb der sich mit einer bekannten Geschwindigkeit bewegte.

Der Flügel nahm

bei jeder dieser Umdrehungen ein wenig von der Schwärze des den Cylinder bedeckenden Rauchs hinweg, und hinter

schwingen, so rührt dieß von dem Widerſtand der Luft her, welche dem Flügel eine Abweichung in jeder Hälfte seines Laufs auferlegt.

(Comptes rendus .)

ließ eine Spur seines Vorübergangs. Dieser Versuch gibt ein Diagramm das die verschiedenen Formen zeigt welche periodisch unter den nämlichen Merkmalen hervor:

Miscellen. gebracht werden, und sonach einer Bewegung des Flü gels entsprechen. Mittelst eines chronographischen Diapason kann man mit voller Bestimmtheit die genaue Zahl der

Erste Rübenzuckerfabrik in England .

Suffolk,

in einer Secunde zu Stande gebrachten Bewegungen des

bereits berühmtseiner Ackerbauwerkzeuge, seiner weißen Back: steine und seiner Schießbaumwolle wegen, hat angefangen

Flügels angeben. Der von mir gebrauchte gab eine graphische Zeichnung von 500 einfachen Schwingungen in der Secunde.

in einer eigenen von

den erforderlichen Werken umge:

benen Fabrik Zucker zu bereiten. Ein ununterbrochenes Reiben des Flügels an dem Cylinder stellt einen Widerstand für dieses Organ dar, welcher seine Häu

Die Werke wurden von

einem Kaufmann von Mincing Lane errichtet ; die benachbar ten Pächter versehen ihn mit rothen Rüben, und er verwan

figkeit verzögert.

Um also der Wahrheit so nahe als möglich zu kommen, wählte ich jene Zeichen aus in denen die Berüh

delt sie (die Rüben, nicht die Pächter) in Zucker.

rung des Flügels mit dem Cylinder die geringste war, so

sische Rübe ist wegen ihree großen Verhältniſſes von Zucker stoff für diesen Zweck die beste, und von dieser Art wurden

daß die Diagramme auf eine Reihe von Punkten vermin dert wurden. Ich sand folgende Zahlen : gemeine Fliege

im letzten Sommer 800 Tonnen (16,000 Ctnr.) gepflanzt,

Die schle

troß der durch die Trockenheit hervorgebrachten ungünstigen 330, Drohne 240,

Biene 190, Wespe 110, Wolfsmilch schwärmer 72, Waſſerjungfer 28, Kohlschmetterling 9.

Ich möchte beifügen daß die Flügelbewegungen in dieſer Art Gefangenschaft sich des größeren Widerstands wegen Meine Zahlangaben müssen. an Zahl vermindern werden

Bedingungen. Für das gegenwärtige Jahr rechnet man auf einen Ertrag von 4000 Tonnen (80,000 Ctnr.) , die Ende Septembers zum Gebrauch bereit sein sollen, worauf die Werke die Rüben im Verhältniß von 60 Tonnen täglich umwandeln werden.

(Athenäum.) *

also geringer sein als die Schwingungen in freiem Fluge. Um einen richtigen Begriff von dem Gange des Flügels

dem Raume nach zu erhalten, habe ich meine Zuflucht zu Wheatstone's optischer Methode genommen. Bekanntlich bringt dieser berühmte englische Physiker an dem Ende vibrirender Stäbe helle Metallfugeln an, deren Glanz auf der Nezhaut bleibende Eindrücke von den periodischen Be wegungen zurückläßt welche dieselben ausführen . Dadurch daß ich ein kleines Stück Goldblatt mit Fir niß an das Ende eines Insectenflügels befestigte, und das Thier in einen Sonnenlichtstrahl , verseßte, erhielt ich ein

Neue Heilmethode bei Schlangenbissen.

In

dem letzten Bande der Transactions of the Royal Society of Victoria, die in Melbourne erscheinen, liest man eine Darlegung von Dr. Halfords interessanten Forschungen über die Natur der Veränderung welche durch das Gift von Schlangenbissen in dem Blute hervorgebracht wird. Dr. Halford benutte hiebei das Mikroskop, überzeugte sich daß eine Veränderung vorhanden war, beschrieb ſie, und hatte seitdem eine Gelegenheit seine Theorie und sein Gegen

helles Lichtbild in der Form der Zahl 8, welche die ver

gift zu erproben.

schiedenen Punkte anzeigt die der vergoldete Fleck dem

von einer Schlange gebissen : binnen kurzem trat Schläf

Raume nach in jeder Umdrehung durchzog.

rigkeit ein ; man erlangte ärztliche Hülfe, allein bis ſie kam war der Mann vollkommen bewußtlos, und seine unteren

Unter ver

schiedenen Arten von Insecten habe ich fast stets die näm liche Form angetroffen. In einem späteren Artikel werde ich zeigen daß diese complicirte Bewegung ihren Grund nicht in einer Reihe perio discher von dem Insect ausgeführter Muskelthätigkeiten hat - Thätigkeiten die im einen Fall eine einfache Schwingung in senkrechter Richtung erzeugen würden, während in der wagrechten Richtung andere Muskeln in der gleichen Zeit zwei Schwingungen hervorbrächten. In Wirklichkeit führt das Insect nur eine Bewegung aus, die den Flügel zu senken,

auf welche eine Bewegung der Erhebung folgt,

und wenn in Folge dieser beiden conträren Bewegungen. der Flügel nicht beschränkt wird sich in einer Fläche zu

Ein Eisenbahnarbeiter wurde nämlich

Extremitäten gelähmt.

Nun wurde Dr. Halford durch den

Telegraphen gerufen : er machte einen Einschnitt in eine Blutader, brachte die Spiße einer Sprite in dieselbe und sprigte mit Waſſer verdünntes Ammoniak ein.

Die da

durch hervorgebrachte Wirkung wird als „wundervoll und augenblicklich" geschildert. Der Mann kam wieder zum Bewußtsein, erholte sich mehr und mehr, und wurde ganz gesund. Mögen daher hinfort alle diejenigen welche in Be zirken leben in denen es giftige Schlangen gibt, nicht ver gessen daß Ammoniak in eine Blutader einge sprit das Heilmittel gegen einen Schlangen biß ist.

Druck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

(Chamb. Journal.)

Redaction: Dr. E. F. Beschel.

Das

Ausland .

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde .

Beiundwierzigster Jahrgang.

Nr. 13.

Augsburg ,

1869.

27 März

Jubalt: 1. Die Steppen Westsibiriens. Von B. v. Cotta. - 2. J. J. v. Tschudi's Reisen durch Südamerika. - 3. Zu Fuß nach Brasilien. Von Karl Ferdinand Appun . 1 ) Meine Menagerie. (Schluß.) 4. Die Züchtung des Straußen als euro päisches Hausthier. ―― 5. Bruchstücke aus Jules Garniers Beschreibung von Tahiti. -- 6. Neuere Forschungen über die Urzeugung (Generatio aequivoca s. spontanea).

Die Steppen Weftfibiriens.

Eigentliche Quellen und durch sie gebildete Bäche fehlen fast ganz.

Von B. v. Cotta.

Dafür sind flache Landseen zum Theil mit in gewissen Regionen ungemein

salzigem Wasser erfüllt Der große Erdraum zwischen dem Ural und dem Altai,

häufig, und erreichen manchmal eine beträchtliche Größe.

dem Eismeer und dem Aralsee beſteht aus einer einförmigen Niederung , die oft Steppe genannt wird , obwohl die

Durch diese oft von allerlei Waſſervögeln reich belebten Waſſer flächen, sowie durch die hie und da eingestreuten Wasser

Natur des Landes im allgemeinen nicht dem entspricht was wir in Deutschland gewöhnlich unter Steppe verstehen.

Flächen bedecken, wird manchmal ein recht anmuthiger,

Es ist ein Flachland in welchem sich kein eigentlicher Berg erhebt, welches kein wirkliches Thal durchzieht. Niedere

hervorgerufen, wenn auch dazwischen sich breite Strecken aus

gruppen, die im Norden sogar große zusammenhängende

im größten Maßstabe parkartiger Charakter der Landschaft

Hügel und breite Höhenzüge, die bis circa hundert Fuß

dehnen, die jeden solchen Reizes entbehren, und die auch

über das mittlere Nivean aufsteigen, Landseen, Sümpfe,

in unserem Sinne Steppen genannt zu werden verdienen .

Wälder und Fruchtfelder fehlen ihm aber durchaus nicht.

Der oft sehr fruchtbare Boden wird fast nur in der Nähe

Dagegen fehlt vollständig anstehendes festes Gestein, der Boden besteht vielmehr überall nur aus diluvialen und

der größere Theil ist Weide oder Waldland.

recenten Ablagerungen von weicher Beschaffenheit, aus horizontalen Schichten von Sand, Lehm, Thon und der

der Dörfer oder Städte als Feld oder Garten angebaut, Dörfer und

Städte sind aber wohl nur an den Haupiverkehrslinien einigermaßen reichlich vorhanden, in Abständen von 2 bis

Schwarzerde (Tzschernosom), stellenweise auch durchdrungen

die sich mehr -durch ihre Breite als durch ihre Festigkeit auszeichnen scheinen sie weit sparsamer vertheilt zu sein, und auf gro

von starkem Salzgehalt. Vom Ural ausgehend zeigen sich die legten vereinzelten Ruppen festen Gesteins in 15 bis

fast ausschließlich aus Kiefern und Birken, nur an den

gleichen, hie und da mit geringen Spuren von Braun kohlen, oder an der Oberfläche bedeckt von sehr fruchtbarer

20 Meilen östlichem Abstand vom Fuß des Gebirges, und etwa ebenso weit westlich vom Altai verschwindet der Thonschieser unter dem Bette des Jrtysch. Dazwischen

4 Meilen ; abseits von den Hauptstraßen

ßen Strecken gänzlich zu fehlen.

Die Wälder bestehen

Ufern der Flüsse und Seen gesellen sich dazu Weiden , Aspen und Pappeln. Sie werden nicht geschont, und verschwinden besonders in der Nähe der Orte mehr und mehr, da man

auf einer Breite von mehr als 200 Meilen

nicht nur alles Brenn- und Baumaterial beliebig aus ihnen

iſt alles diluvial. Nur in der südlichen Kirgiſenſteppe treten, weiter von den Gebirgen entfernt, sedimentäre Ab

entnimmt, die Birken zum Dachdecken und zu Anfertigung von Gefäßen entrindet lebendig schindet , sondern

lagerungen von höherem Alter und von festerer Beschaffen heit - selbst allerlei Erze enthaltend -- aus der allge ! meinen Diluvialdecke hervor. Wenige große Flüsse mit sehr sparsam vertheilten klei nen Zuflüssen durchſtrömen dieſes breite Gebiet. Ausland. 1869. Nr. 13.

oft genug auch durch Unvorsichtigkeit große Waldbrände veranlaßt. Durch diese werden namentlich die Kiefern mehr und mehr verdrängt, da sie nicht wie die Birken nach erfolgtem Brand neue Wurzelausschläge bilden. Da durch geschieht es daß ursprünglich gemischte Wälder ſich 37

290

Die Steppen Weſtſibiriens.

allmählich in reine Birkenwälder umwandeln.

Die Birke

ist noch nicht ausgelaugt, sondern stellenweise stark salzhal

vermehrt sich auf Kosten der Kiefer, weil sie den Kampf

tig geblieben.

gegen das Feuer beſſer besteht, aber dem Kampf gegen den Menschen unterliegen beide. Man würde in den fruchtbaren Strecken Sibiriens

ner continentaler Erhebung des Bodens, oder aus irgend

weit mehr Kornfrüchte erbauen können als die Bewohner,

der Entscheidung harrt, aber die oceanische Natur jener

Ob das Zurückweichen des Meeres in Folge allgemei

einer anderen Ursache erfolgte, das ist eine Frage die noch

und die hie und da errichteten Branntweinbrennereien be

Wasserbedeckung wird nicht nur durch die zurückgebliebenen

nußen können.

Was sollte man aber mit dem Ueberfluß

salzhaltigen Seen erwiesen, sondern auch durch vereinzelte

anfangen? Das westlich zunächst vorliegende Rußland er

fluß an Getreide, die schiffbaren Flüſſe Sibiriens aber

Reste von Meeresmuscheln, die sich in den sandigen Thon schichten vorfinden. Bei Petro-Pauloffit, also gerade recht inmitten des

münden sämmtlich in das Eismeer.

Da also kein Absaz

großen Steppenraumes, fand ich die dicken Schalen einer

möglich, beschränkt man sich auf die Erzeugung des eigenen Bedarfes, und bei dem großen Ueberfluß an fruchtbarem

Austernspecies in den sandig thonigen Schichten des Steil ufers am Jschym. Doch scheint dieses Meer eben nicht reich bevölkert gewesen zu sein, da ich an den Ufern des

baut, besonders in seinen südlichen Provinzen, selbst Ueber

Urboden, welcher 10 bis 15fachen Ertrag liefert, wechselt man den Anbauraum, und läßt den Dünger überall un benugt, wo man ihn nicht als Brennmaterial zu verwer

Frtysch und des Obi keine Spur davon zu entdecken ver: mochte. Der Mangel eigentlicher Thäler innerhalb eines so

then genöthigt ist. Die Viehzucht überwiegt deßhalb weitaus den Feldbau, und auch sie wird in noch sehr ursprünglicher Weise be trieben. Die Bevölkerung befindet sich dabei vorläufig ganz wohl, und es sind diese sogenannten Steppen durch aus keine unfreundlichen oder ungaftlichen Wohnpläße.

großen Flachlandes ist ganz bezeichnend und leicht zu er klären. Die größeren Flüſſe, wie der Obi, Jrtyſch, Iſchym und Tobol treten bereits ziemlich fertig als solche aus den angränzenden Gebirgen hervor, aber in so geringer Höhe

denn die Brunnen sind fast aus

über dem Niveau ihres Zieles, des Eismeeres, das kaum ein Spielraum für eigentliche Thaleinschnitte übrig blieb. Sie konnten höchstens hie und da, bei Berührung der

schließlich Ziehbrunnen, die ein mattes, zuweilen sogar et was salziges Getränk liefern, wie die Mühlen beinah aus

flachen Bodenerhöhungen, die ihr Lauf umgangen, nirgends durchbrochen hat, einseitige Steilufer bilden. Kleinere Zu

schließlich Windmühlen sind. Darin gleichen die Steppen Sibiriens ganz den Puszten Ungarns.

flüſſe erhalten sie aus den fast nivellirten Zwiſchenräumen nur sehr wenig ; wahre Quellen und daraus ablaufende

Der durchreisende Deutsche vermißt am meisten trinkbares Wasser oder Bier ,

Nach dieser flüchtigen Schilderung der äußeren Erschei

Bäche fehlen fast gänzlich, weil ihre natürlichen Bedingun hinreichende Höhenunterschiede und ein entsprechen

nungen wende ich mich den geologischen Verhältnissen zu,

gen

welche zwar ziemlich einförmig, in ihrer Totalität aber

der innerer Bau- nicht vorhanden sind.

doch recht interessant sind. Die fast horizontale Diluvialdecke, welche ohne Unter brechung einen so gewaltigen Flächenraum überzieht daß man bei gutem trockenen Weg 9 Tage und 9 Nächte braucht um sie schnell fahrend zu durchreisen, ist offenbar in einer sehr neuen geologischen Periode vom Wasser abgelagert worden, und belehrt uns ſomit daß damals Europa, mit dem Ural abschließend, von Hochasien gänzlich getrennt war, deſſen nordöstliche Küsten im Altai, in den Gebirgen Tur kestans und im Kaukasus aufragten. Das trennende Wasser war aber offenbar nicht ein großer Landsee, son dern ein breiter Arm des Oceans, der wenn auch mit durchschnittlich nur geringer Tiefe vom Eismeer beginnend, durch den Pontus mit dem Mittelmeer zusammenhing,

Das Waſſer der atmosphärischen Niederschläge insofern es nicht ſe: gleich wieder verdunstet sammelt sich in den zahlreichen Landſeen oder in den ſparſam vertheilten Flußbetten, und was davon in den Boden eindringt, also Quellen bilden könnte, findet durch horizontale Sandschichten einen unter irdischen Ablauf in die Flüſſe und Seen, aus diesem ent nehmen es die Ziehbrunnen. Die wenigen Bäche aber welche vorhanden sind, entspringen größtentheils aus Land ſeen oder aus Sümpfen. Während also eigentliche Thäler und Berge dieſem ehemaligen Meeresboden fehlen, sind dagegen zahlreiche Depressionen ohne allen, oder ohne hinreichenden Abfluß zur Entleerung in Menge vorhanden und bilden die er wähnten Seen, welche mehrfach in fast geradlinigen Reihen

vielleicht auch noch über die Landenge von Suez hinweg

oder Zonen hinter einander gefunden werden, nordwestlich

mit dem Rothen Meere.

Bei seinem Zurückweichen hinter

vom Altai sogar in fast genau unter einander parallelen

ließ dieses Meer einen nur flach undulirten Boden ohne

Reihen, was wohl einer besonderen Beachtung werth ist.

Thäler und Berge, und ohne jede Spur vulkanischer Thä

Der Holzschnitt Fig. 1 stellt den obigen Fall nach einer fleinen Karte v. Helmersen's dar. Wir erblicken darauf

tigkeit aus irgend einer geologischen Periode, aber doch mit zahlreichen Vertiefungen unter das mittlere Niveau, die jest mit Binnenseen erfüllt sind, welche zum Theil noch ihren Salzgehalt bewahrt haben.

Auch der Boden

zwei auffallend geradlinige und unter einander parallele Reihen von Seen, die nur zum Theil durch Abflüſſe unter einander und mit dem Obi bei Barnaul verbunden ſind.

Die Steppen Westsibiriens .

291

tern der Karte von Westsibirien (1848) erblickt man eine große Zahl derselben, in Wirklichkeit sind sie aber doch noch sehr viel häufiger. Wie der westlichste auf dem vor stehenden Holzschnitt besißen sie zwar oft ein Zuflußſyſtem, Diese scheinen vorzugsweise die aber gar keinen Ablauf. a

lk

u na

Barnaul.

salzhaltigen zu sein, da sie keine Auslaugung durch Ab lauf erlitten. Es ergibt sich dieser lettere Umstand am

r

Ba

deutlichsten bei einer Vergleichung des Caspi mit dem Baikal-See. Der erstere ohne Ablauf ist jetzt noch brackisch, der letztere dagegen mit Ablauf, ist längst zum Süß wasserbecken geworden, obwohl die in ihm noch lebenden Seehunde ziemlich sicher beweisen daß er einst eine Mee resbucht war. Für die zahlreichen kleinen Seen des flachen Westsibiriens ist überhaupt gar keine andere Erklärung zulässig als daß sie zufällige Vertiefungen eines früheren Meeresbodens darstellen, da sie durchaus nicht den Cha rakter von Einsturzvertiefungen (Erdfällen) an ſich tragen

i

e Al

Tsc

har

ysc

h

0 Kolywa n. Schleiferei.

wie viele der fleinen Seen in dem norddeutschen Diluvial gebiet, denn sie sind äußerst flach, oft inselreich und höchst unregelmäßig geſtaltet.

Fig. 1.

Physiognomie der Steppenflüſſe.

Ich habe schon mehrfach erwähnt daß selbst die grö Diese Reihen sind ziemlich genau aus SW . nach NO. ge richtet, und ihnen beinahe parallel sehen wir näher dem Altai, aber noch in der Steppe den unteren Lauf des

ßeren Flüsse Westsibiriens, nachdem sie einmal die Gebirge verlassen haben, nicht mehr in eigentlichen Thälern ablau fen, sondern entweder zwischen überhaupt ganz flachen, nur

Alei, und noch weiter südöstlich den Tscharisch mit einem Seitenzufluß und langgestreckten See, wieder in zwei ziem Auch nordöstlich von den kleinen lich parallelen Linien.

etwa bis

Seenketten scheint sich der ungefähre Parallelismus noch

20 Fuß hohen Ufern, oder neben einseitigen.

Steilufern von 50 bis 150 Fuß Höhe. Das alles kann durchaus nicht auffallend erscheinen, wenn man bedenkt wie gering überhaupt die Niveauunterschiede der Gegend Sehr auffallend ist es dagegen daß das hohe Steil

Das ist offenbar zu viel Pa einigemale zu wiederholen. rallelismus um ihn durch blosen Zufall erklären zu dür :

sind.

fen

er muß irgendeine bestimmende Ursache haben. Von Gesteins: oder Schichtungseinfluß kann in diesem Falle gar nicht die Rede sein, denn die nur flach undulirten

Jrtysch, Obi u. s. w. sich ganz in der Regel auf ihrer Ostseite erhebt, während umgekehrt die in Rußland südlich

Zwischenräume der verschiedenen Wasserläufe und unver bundenen Seeen bestehen nur aus weichen sandig- thoni

ufer besißt.

ufer an diesen Flüssen somit ganz der Behauptung Babi

gen, horizontalen Ablagerungen der Steppe. Die Waſſer betten liegen überhaupt nur in sehr scharfen Einsenkungen.

fähr meridianer Richtung fließenden Ströme in der nörd

Wir finden da also sieben oder acht parallele Mulden und dazwischen sieben flache Sättel, deren Zusammen: setzung fich durchaus nicht von dem übrigen Flachland un terscheidet.

ufer bei den nördlich fließenden Flüssen Sibiriens, Jschym,

abfließende Kama fast nur auf der Westseite hohe Steil Es entspricht die gewöhnliche Lage der Steil

nets, nach welcher in Folge der Erdrotation alle in unge.

lichen Hemisphäre die Tendenz haben müssen

nach rechts

abzuweichen, folglich ihre rechten Ufer stärker anzugreifen und mit der Zeit in Steilufer zu verwandeln, natürlich tritt in der südlichen Hemisphäre der umgekehrte Fall ein.

Für die wahrscheinlichste Erklärung halte ich in diesem Falle eine Dünenbildung an der Küste des ehemaligen

Diese Tendenz muß nothwendig mit der geographischen Breite, also vom Aequator nach beiden Polen hin zuneh

Meeres, ungefähr parallel dem Außenrande des südöstlich aufragenden Altaigebirges, welches eben die Küste dar: stellte. Die Dünenmulden sind nach Ablauf des Meeres

men, da die Unterschiede der Umdrehungsgeschwindigkeit an der Erdoberfläche für gleiche Abstände in diesen Rich

zu getrennten Seen oder zuſammenhängenden Waſſerläufen geworden. Höchst auffallend sind gewiß auch an sich schon die zahlrei chen kleinenaber flachen Seen ohne jeden Ablauf, in denen also

tungen vom Minimum (am Aequator) bis zum Maximum Theoretisch ist das ganz un (an den Polen) zunimmt. zweifelhaft richtig, da jedes gegen Nord fließende Waſſer theilchen mit inhärirender größerer Umdrehungsgeschwin digkeit stets in Regionen gelangt deren Rotation eine min

Zufluß und Verdunstung ſich ausgleichen, ganz wie in den

der schnelle ist, und folglich nach Ost abzulenken bestrebt

großen Binnengewässern des Aral- und Kaspi- Sees. Sie find in Wirklichkeit noch viel häufiger als sie auf den besten

ist : umgekehrt strebt jedes gegen Süd fließende Theilchen

Karten dieser Erdgegend erscheinen, zwar auf den 4 Blät=

relativ zu den festen Ufern gegen West ; es fragt sich nur ob die Kraft welche durch diese Tendenz ausgeübt wird,

Die Steppen Weſtſibiriens.

292

groß genug ist um irgend einen factischen Einfluß auf die

2) Diese Flüsse machen zum Theil starke Windungen,

Ufergestaltung zu haben. Babinet hat in den Compt. rend. T. 49 p. 769 den constanten Druck berechnet welchen in der Breite von Süd

in denen von einem Rotationseffect gar nicht die Rede ſein kann.

frankreich ein in meridianer Richtung fließender Fluß in Folge der Rotation auf sein rechtes Ufer ausübt. Er

Steilufer,

beträgt nur ungefähr

3) In diesen Windungen zeigen sie oft ganz gleiche die bei Ostwestrichtung der Strömung sicher

nicht von der Rotation herrühren können.

1/100000 des Druckes welchen ein

4) Bei den sibirischen Flüssen sind die hohen Steilufer

Wasserbett welches so tief als der Fluß breit ist, durch seine Schwere ausübt, d. h. ein 10 Kilometer breiterFluß drückt auf ſein Ufer mit demselben Gewicht wie ein 1 De cimeter tiefer auf seinen Boden.

stets durch die Lage der flachen Landerhöhungen bedingt,

Es ist auch nicht allzuschwer für jede Breite zu berech

welche von den Flüssen stets umgangen nicht durchbrochen find, ihre Seitenlage ist deßhalb am meiſten von dem Weg abhängig den das Waſſer ursprünglich zum Ablauf gewählt hat. Allerdings gilt das nicht für die niederen.

nen um wie viel jedes von Süd nach Nord laufende

Steilufer, die nicht von den Zufälligkeiten des benachbar

Wassertheilchen, wenn es auf kein Hinderniß stößt (wie

ten Niveaus, sondern lediglich von der Einseitigkeit der

eine in ruhiger Luft abgeschossene Kugel) bei beſtimmter

Flußwirkung abhängig sind.

Entfernung von seinem geradlinig vorliegenden Ziel gegen Ost abgelenkt wird .

Nach dem allen scheint mir daß für dieſe Flüſſe die Frage

Aber es scheint mir unmöglich den

jedenfalls noch nicht sicher zu entscheiden ist ; man würde etwas

Effect der Abspülung zu bestimmen, welcher durch dieſe

besser darüber urtheilen können wenn vollständige topo

Kraft am Ufer eines Flusses hervorgebracht wird, weil dabei zu viele zum Theil kaum beſtimmbare Nebenumſtände

graphische Karten über ihren gesammten Lauf vorlägen, denn von Reisenden die solche Dinge beachten und darüber

berücksichtigt werden müßten, wie die Widerstandsfähigkeit der Ufer, die allgemeine oder die locale Abweichung von

berichten, sind sie, mit Ausnahme der Kama, bisher doch immer nur an den üblichen Ueberfahrtsstellen besucht wor

der genau meridianen Richtung, die Flußwindungen und ganz besonders die Schnelligkeit des Wasserlaufes, durch

den, die vielleicht nur eine zufällige Uebereinstimmung, und selbst darunter Ausnahmen zeigen .

welche erst der Druck in Friction verwandelt wird. Man kann sagen in der Geschichte der Erde haben

Wir haben oben gesehen daß ein großer Theil West: sibiriens während der sogenannten Diluvialperiode vom

häufig auch die kleinſten constanten Wirkungen durch sehr

Meere bedeckt gewesen sein muß ; es entsteht daher für den

lange Dauer große Effecte hervorgebracht, wie das beſon: ders Lyell zuerst recht schlagend hervorgehoben hat ; auf

Geologen die Frage : wie lange dürfte das der Fall geweſen sein ? Natürlich ist eine solche Frage nicht ganz sicher, und nicht in Jahren ausdrückbar, ſondern nur relativ mit einiger

der andern Seite aber müſſen wir bedenken daß der Ro tationsunterschied, und folglich die dadurch bedingte Seiten ablenkung in ihrem Ursprung fast unendlich klein ſind, während lettere doch auch sogleich auf einen Widerstand

Wahrscheinlichkeit aus der Altersreihe der horizontalen Abla gerungen, welche das ehemalige Wasserbecken erfüllen, zu be antworten. Nun fehlt ſowohl öſtlich, am Fuße des Ural als

stößt, der sie aufzuheben strebt und wirklich aufhebt, d . h. in Wärme verwandelt, wenn nicht ihre äußerst geringe

westlich, oder im Innern des Altai jede Spur von Ablagerungen der tertiären, Kreide , Jura- und Triasperiode, nur südlich

Kraft schon hinreicht kleine Theile des Ufers loszureißen.

zeigen sich in den Umgebungen des Caſpi-See's , die aller neuesten pleiocänen Tertiärschichten. Daraus ist man aber wohl zu schließen berechtigt daß während der genannten.

Jedenfalls darf man behaupten daß ein festes Felsufer durch diesen leisen Druck gar nicht verändert wird, höch stens wäre es denkbar daß sehr lockere aus Sand oder Lehm bestehende Ufer in hohen Breiten, wo der Rotations. unterschied schnell wächst, dadurch angegriffen werden könn

geologischen Zeiträume, mit Ausnahme vielleicht des Endes der Tertiärperiode, auch in ganz Westsibirien keine Abla gerungen erfolgten, wahrscheinlich weil es damals noch nicht vom Meere bedeckt war ; die Meeresverbindung welche

ten. Bei den sibiriſchen Flüſſen ſind dieſe lehteren Bedin + gungen allerdings in gewissem Grade erfüllt, und es ist

einst Europa von Asien trennte, würde somit nur in der

daher eine solche Wirkung hier nicht absolut undenkbar.

sogenannten Diluvialperiode, und vielleicht in der Pleiocän : zeit stattgefunden haben ; also in derselben Periode aus

Wenn wir aber die thatsächlichen Verhältnisse berück sichtigen, so stimmen diese doch nur theilweise mit der Theorie überein, und können, wie mir scheint, aus folgen den Gründen nicht für beweisfähig gelten : 1 ) Es finden sich an allen diesen Flüssen auch einzelne Ausnahmen von der Regel, in welchen das der steten Abspülung unterworfene Steilufer auf der linken statt auf der rechten Seite liegt, am Obi z . B. bei Barnaul, an der Kama bei Perm.

welcher man in diesem Landstrich zahlreiche Reste von Mammuth und Rhinozeros aufgefunden hat, die, da ihre gegenwärtigen Repräsentanten nur in sehr warmen Erd strichen leben, durch ihre climatische Lage gerechtes Auf Wie lassen sich wohl diese scheinbaren Widersprüche beilegen ? Sollten vielleicht jene Dickhäuter, in deren Magen auch Nadelholzzweige als Nahrungsmittel, auf

sehen erregten.

deren Haut eine nicht unbedeutende Haarbedeckung gefunden wurde (was beides nicht auf tropischen Wohnort hinweist) ,

J. J. v. Tschudi's Reisen durch Südamerika.

auf den flachen Inseln und Küsten jenes diluvialen Tren nungsmeeres gelebt haben, dessen Anwesenheit, besonders wenn es etwa zu einer constanten Strömung aus Süd nach Nord Veranlassung gehabt hat an der Stelle des gegenwärtigen extremen Continentalflimas, ein weit mil deres Küstenklima bedingte ?

293

die Vereinigung der Sierra von Ambato mit der Sierra von Aconquija, bei den Eingebornen Cueſta de la Chilca geheißen, zu erſteigen . Steil hebt ſich der Saumpfad über Schnee und Eis empor. Auf halber Höhe neben einem jähen Abgrund fielen die Maulthiere so oft und rutschen dabei Strecken zurück daß sie zulezt auf diesem Wege nicht weiter

Spuren einer größeren Gletscherausdehnung im Altai einer der westeuropäischen entsprechenden Eiszeit - in

zu bringen waren, sondern eine Seitenschlucht benutzt wer den mußte. Oben angekommen thürmte sich Berg über Berg, gähnte Schlucht an Schlucht mit den steilsten Ab.

Verbindung gebracht werden. Schon General v. Helmer: sen vermißte am Altai jede Spur von erratischen Blöcken,

stürzen. und schärfſten Zaden, ein Gebirgschaos unbeſchreib: lich an Bracht und Schrecken, wie Tschudi, der vielgewan

Damit könnte dann auch der gänzliche Mangel an

derte,

Felsrundung oder Eisschliff, auch ich habe trot eifrigen Suchens weder in den Vorhügeln des Altai, noch in den

ähnliches noch nie gesehen. Zwei Stunden ging es abwärts in einer Schlucht zu einer Quelle, der einzigen.

tiefen Thaleinschnitten des Gebirges die geringste Spur

auf 6 Leguas Entfernung.

davon finden können, obwohl die Berge 7-11 Tausend Fuß über dem Meeresspiegel aufragen, und in der Kun guhr- Gruppe gegenwärtig einige kleine Gletscher enthalten. Am Ural läßt sich der Mangel an Eisspuren auf Rechnung der zu geringen Erhebung schreiben, aber im Altai ist der:

Frische Blutspuren in der Nähe rührten wie ſich ſpäter ergab davon her daß kurz zuvor ein Peon dort seinen Herrn ermordet hatte. Von den Schneekämmen herab gestiegen gelangte Tschudi zu der Stadt Andalgalá (3000 Einwohner, faſt nördlich von Cata

selbe um so auffälliger, da Ssäwerzoff in den viel süd

marca) zwiſchen sorgsam gepflegten Weingärten gelegen . Von dort besuchte Tschudi die Bergbauten von Capillitas,

licher gelegenen Gebirgen Turkestans

Epuren

hierauf das Städtchen Santa Maria (8-900 Einwohner)

früher sehr ausgedehnter Gletscher gefunden haben will . Bemerkenswerth ist noch die zum Theil sehr steile Auf

wo der Weinstock bei 7000 Fuß absoluter Erhebung noch immer gedeiht, und wendete sich nun über San Carlos nach Molinos, der leßten größeren Ortschaft (250-300

deutliche

richtung der paläozoischen oder noch älteren Bodenschichten an beiden Rändern des weſtſibirischen Beckens, des Thon schiefers bei Semipalatinsk und östlich von Katharinenburg, sowie des Glimmerschiefers bei Troisk, wo diese überall nur von einer schwachen Diluvialdecke überlagert sind, und stellenweise aus ihr hervorragen.

Einwohner) im dortigen Westen der Laplataſtaaten.

Die

indianiſchen Bewohner beschäftigen sich viel mit dem Fange der Vicuñas, deren Wolle mit 100-120 span. Thalern der Centner in den nächsten Südseehäfen bezahlt wird. Noch einträglicher ist oder war vielmehr die Jagd auf Chinchillas, denn die Ausbeute, ehemals 2500-3000 Duzend Felle, ist seit 1857 auf 600 Duzend herabgefallen. Die Jäger suchen die fast unzugänglichen Höhlen und Felsen

I. I

v . Tschudi's Reiſen durch Südamerika.

Der fünfte Band

rigen dieser niedlichen und äußerst scheuen Thiere auf, um vor dem Eingange Roßhaarschlingen oder Schlagfallen zu rückzulassen. Hat sich der Fallensteller entfernt, so fahren.

mit dem Hr . v. Tschudi ſein großes

Reisewerk beendigt hat, enthält zum Schluß eine ungewöhn liche Fülle neuer Belehrungen.

Wir hatten den Verfaſſer

das leztemal durch die argentinischen Gebiete begleitet und dort in Catamarca verlaſſen (Ausland 1868.

aus ihren Höhlen, entgehen aber zuletzt doch nicht ihrem

E. 774),

von wo er mitten im Winter bei Schneewetter am 5 Juli gegen Norden aufbrach. Er gelangte zunächst nach Singuil mit europäischem Klima und fruchtbarem Weizenboden. Der Viehzucht bereiten dort die Condore besondere Schwie rigkeiten, insofern trächtige Kühe nicht aus den Augen verloren werden dürfen, denn kaum hätte das Thier ge worfen, so würde sich auch einer der Riesenvögel auf das unbewachte Kalb herabstürzen.

nach langer Pause die neugierigen Geschöpfe aus den Löchern und gerathen in ihr sicheres Verderben . Die an dern, gewißigt, wagen sich dann ein oder zwei Tage nicht

Von Singuil hob sich der

Schicksal. Der Preis der Felle ist von 2-3 auf 5—6 Peſos das Duzend in Molinos gestiegen. Hr. v. Tschudi war mit dem verwegenen Vorsatz nach

Molinos gekommen, mitten im Winter über die Pässe der Cordilleren zu reiten. Sein Wirth, D. Indalecio Gomez, der reichste und einflußreichste Mann in Molinos, bot alles auf um die Abneigung der Arrieros gegen eine Wan derung in der schlimmsten Jahreszeit zu überwinden. Der Miethpreis der Maulthiere für ein solches Unternehmen

Pfad steil auf die Cuesta de Singuil, führte über das Pla

ist beinahe so hoch wie ihr Ankaufspreis, und dieß ist nicht

teau des Cienega ( 10,000 Fuß) und hierauf in das Thal

unbillig, denn der Vermiether weiß nicht ob er sie jemals wieder sehen wird. Im Winter pflegen auf den Pässen

von Pucara, wo sich eine Aussicht auf den Aconquijastock mit Gipfeln bis zu 15,000 Fuß eröffnete. 1 Reisen durch Südamerika. 1869. Ausland. 1869. Nr. 13.

Jeßt galt es

V. Band. Leipzig. Brockhaus

durchschnittlich drei Schneefälle niederzugehen. Sind dann Reisende auf der Mitte des Weges, so kann sie nur ein Wunder vor dem Verderben retten.

Dennoch ließ sich ge 38

J. J. v. Tschudi's Reisen durch Südamerika.

294

gen schwere Goldunzen ein Indianer bereit finden 7 Maul thiere und zwei Peone zu stellen .

Die Schwierigkeiten

beſtehen nicht etwa in steilen, schwer zugänglichen Pfaden, sondern darin daß der Weg über eine pflanzenleere, theil weis wasserlose Hochwüste führt. Die Maulthiere mußten. daher gut aufgefüttert werden, damit sie die Beschwerden. beffer ertrügen.

Sieben Tagreifen werden bis Atacama

gerechnet. Der erste Marsch (29 Juli) führte bis zum Weiler

heit stellt sich an ganz bestimmten Gebirgsübergängen ein, und zwar keineswegs immer an den höchsten, wie z. B. das obige Rincon nur 13,200 Fuß abs. Erheb. besaß. Es ist auch gerade nicht nothwendig daß man vor Aus bruch des Uebels anstrengend geſtiegen ſein müſſe, wie dieß auch an jenem Tage durchaus nicht der Fall gewe: sen war.

Ekel vor aller Nahrung stellte sich ebenfalls ein, und nur durch Rauchen milderten sich die Erscheinungen. Dazu quälte den Verfasser die gesteigerte Elektricität der

sis) bewachsen, die aber bald verschwanden. Die nächste Nacht, wo der Thermometer bis 8º R. unter Null sank,

Luft, eine Folge ganz ungewöhnlicher Trockenheit. Alle wollenen Stoffe sprühten und knisterten, aus den Finger spitzen der Reisenden stoben Funken, und auf den Ohren der Maulthiere spielten, gleichsam als Sankt Elmsfeuer,

wurde im Freien bei einer 14 Leguas entfernten Quelle zugebracht. Mit froſtſtarren Gliedern wurde 125 Uhr Mor gens aufgebrochen, und um 10 Uhr die Abra de la Cor

blaue Flämmchen. Unter diesen peinigenden Leiden mußte Tschudi um Mitternacht zu dem eigentlichen Uebergang über die Cor

Urucatado.

Auch am nächsten Morgen war die wüſte

Gegend noch immer mit Riesencactus (Cereus atacamen

tadera, ein Paß und zugleich die argentinisch-bolivianische

dilleren aufbrechen : es war der sechste Marsch und 30 Le

Gränze überschritten.

guas noch zu überschreiten.

Jenseits beginnt die wahre Wüste

Bei Tagesanbruch begann das Die Maulthiere litten außerordentlich, vier von

die sich zum stillen Meer erstreckt, nur unterbrochen von

Steigen.

wenigen Dasen an fumpfigen Stellen.

ſieben bluteten aus der Nase.

Quer vorüberstrei

chende Sandhügel vermehren die Mühseligkeiten der Maul thiere.

Hin und wieder zeigt sich ein niederer Strauch

oder gefrorene Büschel des Jchugrases (Stipa ichu) die selten die Höhenstufe von 11-12,000 Fuß herabsteigen. Der Pfad hatte sich wieder gesenkt auf eine kieſige Wüſte mit Salzlagern und Salzseen, lettere bevölkert von den schönen Cordillerenflamingos (Phoenicopterus andinus), später führte er über einen Boden der wie ein Sieb von den Löchern der Wühlmäuse durchbohrt war.

Da jene

Wüste auch in den Sommermonaten ganz pflanzenkahl ist, so ist es völlig räthselhaft wovon sich Hunderttausende dieser gefräßigen Thiere ernähren mögen. Die dritte Nacht war wieder empfindlich kalt, bis zu einem Thermometer: stand von ―――― 8" 1/2 R., die Luft jedoch still. Am 1. August kamen die Wanderer an einer unbewohnten Schäferhütte unter Riedgras vorüber, und dann in ein tief unter Schnee

Oben angekommen, fand der Reisende die Beschaffenheit des Weges unverändert, denn er führte, nur um ein paar tausend Fuß erhöht, wiederum über Salz und Sandwüsten. Um 7 Uhr Abends

wurde nach 19stündigem Ritt auf hart gefrornem Schnee hinter einer Steinwand Halt gemacht. Kein Brennholz und kein Lagerfeuer, der Wein in den Trinkhörnern erst gefroren, dann ausgelaufen, der Durst, gesteigert durch die feinen Salztheilchen die in der Luft schwebten, nicht anders zu stillen als mit Schnee. Die erschöpften Maulthiere Um ließen auch vor Durst ihr Futter völlig unberührt. 9 U. Abends - 9º R. um 3 Uhr früh beim Aufbrechen 11 ° ½ R. Von einem Gebirgskamm war nichts zu sehen,

sondern aus der Hochebene steigen zahllose mit Schnee be Endlich gegen Mittag ging deckte Pyramiden und Kegel. es abwärts, aber erst um 8 Uhr Abends wurde unter quälendem Durst das Indianerdörfchen Soncor erreicht, wo

begrabenes Thal. Um 1/25 Uhr Abends wurde gerastet, und um 2 Uhr Nachts bei - - 9º R. wieder aufgebrochen.

ein süßer Bach die Maulthiere erquickte.

Der 4. Marsch ( 18 Leguas) brachte die Wanderer nach

ken.

Tschudi konnte

nur mit Mühe einige Schlucke Wasser und Matéthee trin:

Reißig, welches ein Peon zwei Meilen vorher mitgenommen

Auf den Durst war nämlich ein Wasser- Ekel gefolgt, auch spürte er, obgleich er 3 Tage keinen Bissen zu sich ge nommen haite, keinen Hunger. Doch war das Schlimme jetzt überstanden, denn mit dem nächsten Marsche wurde die

hatte, war der einzige verfügbare Brennstoff. Das Lager wurde in einem Corralon , das heißt in einem freien, mit

Der Paß von Dase San Pedro de Atacama erreicht. Molinos führt also in sechs Märschen durch eine menschen

Steinmauern eingeschlossenen Raum, der für den Viehtrans

leere Wüste mit fast gänzlichem Mangel von Pflanzen wuchs, weit abliegenden Wasserpläßen über Höhen zwischen 10- 14,000 Fuß. Eine Cordillere, wenn man darunter

dem Plate Rincon.

Dort fließt ein Bach süßen Waſſers

und an seinem Rande wächst einiges Futter.

Ein Bündel

port im Sommer errichtet worden ist, zugebracht, und dort überfiel den Verfasser das Soroche, auch Puna oder Berg: frankheit genannt , die sich durch Ohrensausen, Schwindel, Nicht

einen geschlossenen Gebirgskamm versteht, wird dagegen Die Wüste selbst beginnt auch nicht nicht überschritten.

jedermann ist diesem Uebel ausgesezt, aber voreilig ist es deßwegen, wenn manche, die davon verschont blieben, das

etwa erst am Weſtabhang der Abdachung, sondern ist schon auf der argentinischen Seite vorhanden.

Beängstigung und stürmisches Herzklopfen kund gibt.

Vorhandensein einer Bergkrankheit haben läugnen wollen.

Die Case San Pedro in der Wüſte Atacama ist be

Wer zu dem Uebel neigt kann es sogar bei den Bergbe

reits von Philippi und dann von Hrn. v. Tschudi früher

steigungen in den Alpen kennen lernen .

schon in den Petermann'schen Mittheilungen (Ergänzungs

Die Bergkrank

J. J. v. Tschudi's Reisen durch Südamerika.

hef: I1) geschildert worden, so daß wir das bereits darge Wir be: ſtellte hier nicht nochmals wiederholen wollen. gnügen uns mit der Erwähnung daß die Sprache der dor tigen Indianer mit dem jezigen Geschlecht erlöschen wird, denn wie dem Verf. ein Eingeborner gestand, finden sie selbst ihre Sprache so häßlich ( fiera), daß sie ihre Kinder lieber das spanische lehren. Tschudi hält die Atacamensen

295

Außer diesem Astronomen zählt zu den Celebritäten der chilenischen Hauptstadt natürlich vor allen Dr. Philippi, ursprünglich aus Kaſſel, ferner der Chemiker und Mine: ralog Domeyko, der Philolog Lobeck und der Jurist Bello, jämmtlich an der Universität thätig, deren Beiträge den Monatsheften der Anales de la Universidad de Chile einen so hohen Werth verleihen daß sie die

die werthvollsten

für die Ueberreste der tapfern Calchaquiſtämme, welche die

von sämmtlichen wiſſenſchaftlichen Publicationen in ganz

peruanischen Inca nur mit großen Anstrengungen unter: werfen konnten. Ein zweites Dasenstädtchen ist Calama

Südamerika enthalten. " Nicht eben günstig äußert sich dagegen Tschudi über den Franzosen Pissis, den die Re:

(8700 F. abs. E.), welches sich aus einer Entfernung von

gierung mit der Ausführung einer topographisch geologi

8 Leguas mit süßem Trinkwasser versehen muß.

Man hat

schen Karte des Landes beauftragt hat, die den Erwar

vor Jahren versucht Kamele (Dromedare) für den dortigen Wüstentransport einzuführen. Sie eignen sich zwar nicht

bildung geschieht unendlich viel, und von allen südamerika

tungen bisher nicht entsprach.

Zur Hebung der Volks

gut als Laſtthiere wegen der scharfen steinigen Pfade, die ihre Sohlen verleßen, doch gedieh ihre Zucht ganz vorzüg

nischen Ländern steht Chile durch geistige Fortschritte oben

lich, denn 1858 waren auf einer Haciende schon 100 Stück

ruhen und Bürgerkriege.

beiſammen.

Das nächste Ziel, die Hafenstadt Cobija,

ihrer Schönheit gepriesenen Frauen Santiagos damals

liegt an einer traurigen, pflanzenleeren Küste, und ihre

von den Jesuiten ein Fanatismus entzündet worden der

beiden Süßwasserquellen reichen nur für 3-400 Menschen

bis zur Albernheit ſich ſteigerte.

an, Dank der Abwesenheit unaufhörlicher politiſcher Un Leider war unter den wegen

Der Jesuit Ugarte durfte

Durch Dampfmaschinen wird zwar Meerwaſſer deſtil

es wagen unter einem Marienbilde einen Briefkaſten an

lirt , da aber Kohlen zur Feuerung aus England oder

zubringen, in welchen die fromme:: Damen ihre Bittgesuche

Chile zugeführt werden müssen, so darf man sich nicht

einzureichen hatten, auf die dann Ugarte, im Namen der

verwundern

Muttergottes antwortete ! Die Kirchen waren während des

daß für die Wäsche eines Hemdes 4 Rea

len ( 1 fl.) verlangt werden.

Der Plaz verdankt sein

Gottesdienstes, immer zum Erdrücken voll und daher konnte

Dasein hauptsäch der jährlichen Ausfuhr von 400,000 Ctr. Rohkupfer.

ein so grauenhaftes Unglück ſich zutragen wie bald nachher der furchtbare Kirchenbrand, bei dem so viele Menschen kläglich umkamen . Das Klima der Stadt ist nicht gün:

Mit dem nächsten Postdampfer begab sich der Verfaſſer Als er es 20 Jahre zuvor von Süden

stig, im Winter soll das Thermometer Nachts einige Grade

her aus dem grünen Chiloe erreichte, klang ihm der Name

unter Null sinken, die Sommer sind heiß, wenn aber die

der Stadt wie Hohn, jezt, wo er monatelang nur Wüſten paradieſiſch. “

eisigen Winde von den Cordilleren herabfallen, können jähe Wechsel von 6-10 Grad eintreten. Für die nächt

Troy aller Erdbeben und Feuersbrünste hatte die Stadt in

liche Ruhe und Sicherheit wird durch ein musterhaftes

jener Zwischenzeit ihre Einwohner (80,000) verdoppelt, und

Corps von Nachtwächtern (sr.enos) gesorgt. Wahrhaft wohlthuend aber wirken bei dem sonst üblichen Jammer

nach Valparaiso.

gesehen hatte, fand er die Umgebung beinahe

Gelände in der Nähe, auf denen der Verfaſſer früher bota nisirt hatte, waren schon mit Gebäuden bedeckt. Den chile nischen Truppen, deren Uebungen er beiwohnte, ertheilt er

über südamerikanische Creolenrepubliken folgende Worte Tschudi's : „ Ich verließ Santiago erfüllt mit Hochachtung

den ersten Rang unter den südamerikaniſchen Soldaten, sie bewegten sich mit Präcision, ihre Ausrüstung war gut

für die großen Fortschritte des Landes in jüngster Zeit und vor einer Regierung, die unter vielen ungünstigen

und ihre Arsenale sind mit Kriegsvorräthen wohl gefüllt. Noch günstiger waren die Eindrücke der Hauptstadt San.

Verhältnissen so viel für die Bildung und sittliche Hebung der Nation geleistet hat. "

tiago, (100,000 Einwohner), damals noch nicht wie seit

Ueber Valparaiso begab sich der Verfasser mit dem

etlichen Jahren durch eine Eisenbahn mit Valparaiso ver. bunden. Von der nahen Anhöhe des Cerro de Santa

Postdampfer wieder nach Norden um in Arica auszuſtei gen. Dort beschäftigte ihn, als ergrauten Archäologen

Lucia gesehen, bot Santiago mit seinen vielen großartigen

ein nabes Leichen oder Mumienfeld.

Bauwerken, seinem Schmuck von Palmen, dunklen Cypreſſen und herrlich blühenden Pfirsichbäumen vor einem erhabe

werden häufig Schädel mit künstlichen, intensiv rothgelb

nen Gebirgshintergrund einen höchst genußreichen Anblick.

gesichtern mit eingetrockneten Fleischtheilen und wirrem Haar einen unheimlichen Eindruck verleihen. Diese Augen

Der 60 Meter hohe Cerro aus grünſteinartigen , steil ein

Bei Ausgrabungen

glänzenden Augen gefunden , die den grinsenden Todten

fallenden oder liegenden Porphyrsäulen gehört zu den na turwissenschaftlichen Merkwürdigkeiten, denn der Director

sind jedoch keine Induſtrieerzeugniſſe, ſondern ſtammen nach

der Sternwarte in Santiago, der rühmlich bekannte Moesta, entdeckte daß sich der Berg, alltäglich dem Stande der Sonne

zeigenden Riesentintenfisch her.

folgend, durch Wirkung der Bestrahlungswärme ausdehnt.

wüſten Küſtenſaum nach Tacna (12-14,000 Köpfe ein

genauerer Untersuchung von dem an der Küste häufig ſich

Mit der Eisenbahn begab sich Hr. v. Tschudi über den

J. J. v. Tschudi's Reisen durch Südamerika.

296

schließlich der Bewohner des Weichbildes).

Trotz der Ae:

hoch.

Die Llama

und Alpacazucht wird auf der „ vil

quinoctialzeit, aber erklärlich bei der hohen Lage der Stadt

den Hochebene" (puna brava) betrieben, die bei

(1830 par. F. ), waren die Abende und Morgen sehr kühl, die Hiße vor und nach Mittag sehr drückend ; im Winter

Fuß beginnt, und bis zur Schneegränze reicht.

fallen starke Nebelregen (garuas).

art der Häuser, da die Zimmer durch keine Decke geschlossen

gedeihen solche Feldfrüchte wie Kartoffeln und Quinoahirſe, Gerste wird zwar gebaut, aber nur zum Futter, da sie

sind, sondern jedes sich nach seinem eigenen Dachstuhl

selten zur Reife gelangt.

Sonderbar ist die Bau:

12,500

Die (zahme)

Buna liegt zwischen 10,500 und 12,500 Fuß und auf ihr

Das

Ein Labsal des Auges ist auf dem weitern Wege der

Innere ist jedoch in den bessern Häusern anständig und

kegelförmige Schneevulkan Sajama (in Pariser Maß 20,971 ' nach Pentland ; 19,750 ' nach Piffis und 20,971

öffnet, an dem zugleich die Fenster angebracht sind.

sauber.

Zur Illustration der dortigen Gesellschaftszustände

mag es dienen daß ein Schneider in Tacna unter seinen

nach Hugo Red). Der Pfad senkt sich hinter Joya ein wenig.

Gesellen eine Anzahl Officiere vom Lieutenant bis zum

nach dem Rio Desaguadero herab , der bekanntlich, wie ſein

in Peru genießt aber freilich

Name besagt, ein Abfluß des Titicacafee's ist, im Win

auch ein Obrist die nämliche Achtung wie bei uns ein

ter auf einer Fähre überschritten werden muß, damals aber nur 2½ Fuß höchste Tiefe besaß .

Major aufwärts

zählt ,

Wachtmeister. Nicht besser ist es beiläufig in Bolivia, wo auf je 96 Soldaten ein General, auf je 12 ein Obrist und auf je 5 cin Subalternofficier trifft. Am 25. Septbr. erstieg von Tacna aus der unermüd liche Reisende noch einmal die Cordilleren bolivianische Hochland zu durchwandern.

Die ersten beis

den Märsche geht es immer bergan, bis nach dem Dorfe

Tschudi befand sich dort auf dem Gebiete der Aymara Indianer. Ihre Sprache reicht vom Titicaca See bis Oruro und Paria, also vom 16-19° f. Br. Die Aymara waren wie die Ketschua oder Altperuaner ein Culturvolk. Ja, da die Tempelbauten am Titicaca- See ein sehr hohes Alter beanspruchen, und die Inca oder Sonnensöhne vom

Palca, welches schon 9100' (pieds) über dem Meere liegt,

Titicaca kamen ebe sie Cuzco stifteten, so darf man bei

dort erst beginnt

Aufsteigen nach der

nahe vermuthen daß die Aymara in älterer Zeit den Alt

Cordillere, auf deren Höhe ein Karawanſerei oder Tambo

peruanern (Ketschuaſtämmen) an Geſittung voraus waren, wenn sie auch später dem Incareiche wieder unterworfen

das eigentliche

bereits 11.820' (pieds) Erhebung genießt.

Tschudi, der

von dort den Weg nach Oruro einschlug, hatte zunächst einen Paß zu überſteigen , deſſen Höhe Pentland

auf

wurden. Die Aymarasprache bildet gegenwärtig eine Insel im Gebiete der Ketschuasprache. Höchst wichtig ist es nun

14,410ʻ (feet) beſtimmt hat. Der Paß ist berüchtigt durch die

daß Hr. v. Tschudi vermuthungsweise äußert, es möchte

dort auftretende Bergkrankheit, der Reiter wie Saumthiere zu erliegen pflegen, die letteren zeigten Merkmale des

ursprünglich eine bedeutende Uebereinstimmung im Wort schaße der beiden Sprachen geherrscht haben . Beispiels

Uebels schon bei Palca.

weise führt er folgende Vergleiche an.

Oben angekommen behält der

Reisende Schneegipfel, die bis zu 19,500 ' (feet) reichen. zur Seite, später bewegt er sich neben dem Pomarape (21,700 ) und dem Parinacota (22,030' , feet) wo ihm seltsamerweise mitten in der Bergwildniß von einem Gränz posten der Paß abverlangt wird, denn sowohl in Bolivien wie in Peru verfolgt die Paßquälerei den Wanderer auf Schritt und Tritt.

Die Hochebene ist nicht gänzlich un

bewohnt, sondern man kommt an Estancias vorüber, auf

Zahlwörter Drei Fünf Sechs Zehn Tausend

Aymara kimza

pesca socta tunca huaranca

Retschua kimza, pishca,. socta, tschunca, huaranca.

Der heutige Aymara starrt von unglaublichem Schmutz, denn er wird nicht einmal bei der Geburt gewaschen. Da

Ein Llama

bei ist er träge, mißtrauisch, ungefällig, falsch, grausam,

kostet dort oben 4 Pesos, und liefert 1-2 Arroben

lügnerisch, diebisch, trunksüchtig, von Haß gegen andere

lufttrocknes Fleisch (Tscharki), das etwa 3 Pesos die Arroba

Stämme, von glühendem Haß gegen die Weißen erfüllt. Noch immer nährt er die Hoffnung auf Rache und Be

denen Llama- und Alpacazucht betrieben wird .

werth ist.

Ein Llama trägt etwa 1 Ctr., läßt aber seine

Belastung nicht höher steigern, sondern verweigert so oft es geschieht das Aufstehen . Sanft behandelt ſind die Thiere leicht zu lenken, und folgen willig auf Ruf und Pfiff dem Führer, werden aber störrisch, boshaft und völlig unbrauch

freiung von seinen Beherrschern. Harte Arbeiten und schwere Entbehrungen erträgt er, wenn es sein muß, mit Leichtigkeit.

Der Ketschua oder Peruaner übertrifft ihn an

Die Alpaca

Verstand, Thätigkeit, Offenheit und an Schliff der Sprache. Die Gesichtsbildung der Aymara weicht sehr stark von dem

werden nicht als Laſtthiere verwendet, sondern in halbwil dem Zustande nur wegen ihrer Wolle und ihres Fleisches

Typus der Brasilianer ab, theils durch die minder ent wickelten Jochbogen, theils durch die schmale, meist gerade,

gezüchtet.

zuweilen hakenförmig gebogene Nase.

bar bei roher und unfreundlicher Begegnung.

Auf den Hochebenen sind sie um 5-6, an

derwärts um 7-8 Pesos feil.

Der Preis der

Die Hautfarbe ist

Wolle,

auffallend schwarzbraun, sie wird, wie dieß auch von andern

die den Thieren jährlich einmal abgeschoren wird, schwankt

schon ausgesprochen wurde, mit der wachsenden senkrechten

von 60-80

Höhe in Südamerika dunkler, während in andern Erd

Pesos der Centner ,

steht also ziemlich

J. J. v. Tschudi's Reisen durch Südamerika.

297

durch lichtere Färbung

schmackvollen Gebäuden, worunter etliche neue, im Innern

Die Stadt San Felipe d'Austria de Oruro ist seit dem

aber herrscht ein architektonisches Gewirr und wenig Sau berkeit. Die Gassen der Vorstädte werden geradezu als

theilen Gebirgsvölker sich sonst auszeichnen.

17ten Jahrhundert von 60,000 auf 7000 Köpfe herunter gekommen und stak damals gerade voller Soldaten, In dianern und Mestizen von schlechtem Aussehen und wenig

Cloaken benutzt und dem Regen die Reinigung überlassen. Auch in La Paz spürte Hr. v. Tschudi die Bergkrankheit.

erprobtes Mittel gesteuert, indem man den betrunkenen

Troy der hohen Lage bleibt der Schnee nur stundenlang liegen, auch bedienen sich die Bewohner keiner Beheizungs mittel in den Zimmern, während der Regenzeit soll es

Soldaten zwingt ein Glas " Ordonnanzpunsch" (nämlich

sogar sehr heiß sein.

faulenden Urin) zu trinken , dessen Ammoniakgehalt ihn

wohner sind Indianer oder Cholos. Unter leßteren wird das nämliche verſtanden wie unter Ladinos in Mexico, nämlich Mestizen oder Mischlinge mit Weißen, und zwar

Uebung .

Ihrer Trunksucht wird durch ein rohes aber

nicht bloß schnell ernüchtert. sondern ihm einen so heilsa men Ekel beibringt daß Rückfälle sehr selten sind. Von den 2000 Gruben die um Oruro nach und nach angebro

Neun Zehntel der 60-70,000 Ein

chen wurden, werden nur wenige noch bearbeitet, denn die

mit überwiegendem Indianerblut, ein freches lasterhaftes Gesindel, von welchem alle Revolutionen auszugehen pfle

silberführenden Gänge, am Ausgehenden sehr reich, ver

gen.

armten rasch mit der Tiefe.

Im Cerro Pie de Gallo sollte

im vorigen Jahrhundert ein Tagbau aufgegeben werden, der habsüchtige Eigenthümer aber wollte zuletzt sich noch der metallreichen Pfeiler bemächtigen die als Gewölbſtüßen ſtehen gelaſſen worden waren. Er ließ mehrere davon gleichzeitig sprengen, und die Erschütterung war so stark daß in verschiedenen andern Bauten des Cerro 300 Arbei ter verschüttet wurden ! Um Oruro werden jährlich 25 bis 30,000 Centner Zinn erbeutet, wie denn Bolivien zu den zinnreichsten Ländern der Welt gehört, was noch immer verschiedene Handbücher, die wir nachgeschlagen haben, an zugeben unterlassen. Wir warnen auch vor der Behaup tung, daß Zinn sich gediegen nicht in der Natur vorfinde, denn nach Tschudi kommt es in diesem Zustande aus der bolivianischen Grube Posoconi.

In Druro bei 12,450'

(feet) Erhebung litt der Verf., so oft er rasch gehen wollte, an der Bergkrankheit.

Das Klima ist selbstverständlich

ziemlich rauh, doch blieb der Schnee damals nur wenige Stunden liegen.

Bei der Bevölkerung herrscht Geophagie,

und zwar wird eine leichte weiße Thonerde von den nie dern Claſſen rob, von den höheren geschlämmt und in Fi guren gepreßt genossen. Hr. v. Tschudi kannte eine Dame die täglich eine Monstranz oder einen Heiligen aus Thon erde verspeiste. Ein anderes Lebensmittel, welches der Berfasser empfiehlt, ist die Chicha mascada, also ein Bier

Von Musik und Gesang sind sie große Liebhaber, und der Verfaſſer theilt uns aus ihrem Munde einige

hübsche spanische Schnadahüpfl mit,

die mit dem Spiel einer Mandoline begleitet zu werden pflegen. Die India ner blasen dagegen auf Rohrflöten (Kaina) mit ſechs Löchern und höchst schwierigen Ansah. Unter der ſpaniſchen Regie rung war das Blasen der Kaina verboten, weil ihre Töne

dem Indianer die geschichtliche Vergangenheit und das Weh der Gegenwart allzu lebhaft ins Gedächtniß riefen, den Haß gegen die Weißen anschürten, und sogar, wie die Chronisten erzählen, viele zum Selbstmorde trieben. Von La Paz besuchte der Verfasser die weltberühmten Baureſte bei dem Dorfe Tiahuanaco (12,930 Fuß über dem Meer). Sculpturarbeiten liegen zerstreut umher, allein die Merkwürdigkeit des dortigen Trümmerfeldes besteht in der großen Anzahl von Steinplatten, darunter eine größte von 774 und 472 Centimeter Seitenlängen , aus Granit vom Cerro de Ckapia, der volle 12 Leguas entfernt liegt und wohin der Weg über den Rio Desaguadero führt. Frgend ein Bau sollte bei Tiahuanaco begonnen werden, wurde jedoch unterbrochen, wie man vermuthet hat durch den Einfall des peruanischen Inca Yupanqui. Die Steins arbeiten sind nämlich gänzlich verschieden von den altpe ruanischen, noch aber wagt man nicht das Volk zu benen nen dem sie zugeschrieben werden müſſen.

Steinquadern

(Tichitscha), welches gewöhnlich aus Maiskörnern bereitet.

zu einem künftigen Bau liegen auch noch auf einem zwei ten Hügel dessen Boden zugleich mit Millionen Scherben.

wird, die von eigens angestellten Weibern gekaut, aus geſpien und der Gährung überlassen werden. Man könnte

gebrannter Geschirre bedeckt ist, die wahrscheinlich bei irgend einem Gottesdienste zertrümmert wurden. Dort ragt auch

den Mais auch mahlen,

allein der menschliche Speichel

befördert die Umwandlung des Stärkemehls in Zucker, daher

auch Hr. v. Tschudi die gekaute Tschitscha vorzog

und sich dabei tröstete daß sie immer noch appetitlicher ſei als Brod, dessen Teig mit Negerschweiß zusammenge : knetet wird. Ueber eine beinahe glatte Ebene führt der Weg nach La Paz, deſſen Hintergrund der dreispißige Illimani bildet (höchster Gipfel in Pariser Maß 19,843 ′ nach Pentland, 20,037

nach Biſſis, 20,622 ′ nach Hugo Reck). Die Stadt,

auf unebenem Boden gelegen, ist reich an stattlichen, ge Ausland. 1869. Nr 13

aus der Erde ein Portal hervor aus einem Stein gemei ßelt und zwar mißt der Monolith, soweit er sichtbar iſt, 372 Centimeter in der Höhe und 236 Centimeter in der Diese Reste sind unwiderlegliche Zeichen einer Breite. hohen nicht peruaniſchen Cultur, die streng gegliederte ge sellschaftliche Zustände voraussehen läßt, ohne welche der artige Unternehmungen nicht denkbar wären . Vor dem Dorfe Santiago de Huaqui sah Tschudi zum erstenmal in der Ferne den Titicaca See aufblißen, und zugleich traf er dort vier sogenannte wilde Delbäume, die ersten Bäume die er in Bolivien sah. Der Abfluß 39

J. J. v. Tschudi's Reisen durch Südamerika.

298

des Sees oder Rio Desaguadero wird in der Nähe auf einer eigenthümlichen Brücke überschritten. Es ist eine

barkeit ihrer Stadt daß in der nämlichen Nacht und im

Echiffbrücke, getragen von Kähnen die aus Schilf geflochten find, über welche ein 15-18 Zoll hohes Flechtwerk von

stute Zwillinge auf die Welt brachten. Die ersten beidenFälle

nämlichen Haufe die Frau, die Kuh und eine Maulthier

Das Ganze wird gehalten

waren nicht unerhört, vielleicht waren mit solchen Erſchei nungen schon die alten Griechen und Römer bekannt, allein

durch Schilfseile, die an vier steinernen Pfeilern festgespannt

die Maulthierstute macht Arequipa die höchste Ehre, denn

sind.

So hilft man sich in Hochländern ohne Baumwuchs.

nach dem gemeinen Glauben sollte das Maulthier völlig

Baumschlag fehlt also auch dem gepriesenen Gebirgsbild

unfruchtbar sein, annähernd jedoch kommt unter 50,000

des Titicaca, in dem sich die höchsten Berge der neuen

Fällen ein fruchtbares Thier vor, hier aber eins mit doppel tem Mutterſegen !

Saumpfadbreite gelegt

ist .

Welt, der Jllimani und Illampu,

der Supayhuaſi, der

Angel und der Chachacomane spiegeln.

Die landschaftliche Zierde der Stadt ist der Misti oder

Wir eilen nun mit dem Verfasser über Puno (8-9000

der Vulkan von Arequipa (20,300 Fuß, feet) ein reiner

Einw. ) wieder zum stillen Meer hinab, doch gilt es zuvor

Regel, gänzlich schneefrei in heißen Sommern, seit dem

etliche Cordillerenpässe zu überschreiten, die ersten beiden von Pentland gleich hoch (15,590', feet) beſtimmt . Hinter

Aschenwurf im Jahre 1542 ruhend, zum erstenmale 1828,

dem zweiten, Alto de Toledo geheißen, liegt noch ein

dann allein von Markham, dem berühmten Entführer oder „Räuber" der peruanischen Chinarinden, 1858 bestiegen.

Rücken um etliche hundert Fuß höher, doch geht es, wenn

Arequipa gehört zu den besterbebten Städten der Welt,

man ihn bezwungen hat, keineswegs entschieden abwärts,

denn von 1811-45 wurden nicht weniger als 826 Eid

es müſſen zuvor ein dritter und vierter Paß überſtiegen werden bevor der zackige Kamm der Küstencordillere sicht

stöße, monatlich also zwei gezählt, die wohl selbst einen

bar wird; Schnee lag übrigengs nirgends. Die nächste Rast hinter dem vierten Paß findet den Reisenden noch immer

dürften .

14,360 F. über dem Meer.

nur auf 45,000, natürlich größtentheils Cholos .

eifrigen Liebhaber solcher Begebenheiten befriedigt haben. Die damalige Zahl der Einwohner auf 60 bis

70,000 Köpfe von Patrioten angegeben, schäßte Tschudi

Auch senkt sich der Pfad nur

um von neuem sich an einem Kamm, dem leßten Kamm (Alto de los Huesos) 13,610 F. ü. d. Meer, zu erheben,

Am 7 November verabschiedete sich der Verfaſſer von Arequipa um die Dampferstation Islay an der Küste zu

denn dort auf der Knochenhöhe, wie der Name richtig.

erreichen.

besagt, unter einer Bein- und Schädelstätte von Maul

flusses verläßt, betritt man alsbald eine sandige Wüste

thieren,

der den

mit wandernden Dünen (medanos), bis sich der Pfad auf etwa

Reisenden am andern Tag in das üppige Thal oder die

2000 Fuß Erhebung gesenkt hat. Dort beginnen die Lomas, sandige Hügelreihen, die während des australischen Sommers

beginnt der ununterbrochene Absturz,

Dase Arequipas bringt.

Die Stadt mit ihren vielen ge

fälligen und geräumigen Gebäuden ist von dem Erdbeben

Sowie man das fruchtbare Thal des Chiri

völlig pflanzenleer erscheinen. Statt der Regen beginnen dagegen im Juni wässerige Nebel (garuas) zu fallen und be

am 13. Aug. 1868 in einen Trümmerhaufen verwandelt worden, allein der Zauber der Dertlichkeit wird mächtig

kleiden mit einer entzückend schönen Blumenpracht, gelb und

genug sein , bald eine verjüngte Schöpfung hervorzu rufen. Obgleich Tschudi vom Hochlande herabkam, fand

violett blühender Oxalis, so wie blauer würzigduftender Va

er die Nächte doch empfindlich kühl, die Tage dagegen lieb

Inga, die von Rindern und Maulthieren abgeweidet wer den, den Boden, der stellenweise so stark benet wird, daß

lich mild.

nille (Heliotropum peruvianum ) und mit der ſtolzen Flor del

Nachtfröste sollen sich nicht selten im auſtrali

schen Winter (Mai bis Detbr.)

einstellen.

Wären die

größere Kothstrecken zu durchwandern waren.

Nachtfröste nicht, die dortige Dase, welche so weit reicht.

Wir lassen nun den Verfaſſer heimwärts dampfen und

als das Wasser des kleinen Flusses Chiri, würde vielleicht

bemerken nur daß er noch einen Abstecher über Callao nach Beide Städte fand er ebenso stark ge Lima ausführte.

zu den fruchtbarsten Winkeln

der Erde gehören .

Der

Boden wird so theuer bezahlt daß die spanische Geviertelle (Bara) bisweilen mehr als einen spanischen Thaler kostet !

wachſen wie Valparaiso, so daß die materielle Vergröße rung auf Ungerechte so gut wie auf Gerechte, auf Revo

Der Weizen reichte aber auch mit seinen blühenden Aehren Hrn. v. Tschudi zu Pferd bis an die Brust. Unter der

lutionssüchtige und Friedfertige, auf Neuperuaner und Chilenen sich erstrect. Erwähnen wollen wir ferner daß

Hauptähre sprießen aus dem Halm noch zwei Nebenähren

die Eisenbahn, zwischen Callao und Lima die nur

hervor, jede so voll wie eine gewöhnliche deutsche Aehre.

Pesos gekostet hat, 3400,000 Pesos jährlichen Brutto:

Auf Luzernefeldern zählte der Verfasser aus einem Wurzel stock 20-22 riesenhafte Kleestengel , die Wurzeln aber hatten 1-2 Zoll Durchmesser !

Die Stadt liegt zwar

7818' (pieds) hoch, dafür aber unter lat. 16° 23 ' E.

Es

1

2 Mill.

Ertrag abwarf und vielleicht die beſtverzinsliche Bahn der Erde ist. Damit sagen wir Hrn. v. Tschudi, der über Panama heimkehrt, für dießmal Lebewohl, indem wir uns

fehlt also nicht an Wärme, der Boden ist alte vulkanische

vorbehalten aus dem außerordentlich reichen Inhalt des fünften Vandes noch etliche anziehende Anekdoten und Bruch

Asche, und die Düngung wird im Guanolande nicht ge

ſtücke in einem Nachtrage zu liefern ,

spart.

Die Arequipeños erzählen zum Beweis der Frucht

Zu Fuß nach Braſilien.

Fuß nach

Bu

ihres Körpers ſo lange, als er in der Nähe der Hütte ſich befand.

Brasilien.

Von Kart Ferdinand Appun. 1.

299

Der Trompetenvogel ist ein großer Liebling der In dianer und in den meisten ihrer Niederlassungen gezähmt

Meine Menagerie .

zu finden. (Schluß.) Er bewohnt die Urwälder der großen Flüſſe Guayana's, Den Jabirú Storch habe ich überall im Innern des

besonders des Essequibo, Demerara, Berbice und Coren .

tropischen Süd Amerika, in den Campos Brasiliens, den t Savanen Guayana's und den Llanos Venezuela's, nie je

tyn, und ist dort in Heerden von mehreren 100 Stück an zutreffen er läuft, ähnlich den Hühnervögeln, den Tag

doch an der Küste beobachtet, er ist ungemein scheu, und I über am Boden umher, nach Larven und Früchten suchend, die Nacht bringt er jedoch auf Bäumen zu . deßhalb schwer zu schießen, trotzdem jedoch ist er muthig, sobald es gilt gegen einen Angriff zur Wehr ſich zu ſehen.

Sehr oft hörte ich bei meinen Bivouaks an den Ufern

Am Takutú, wo diese Vögel in Herden von 100 Stück

der großen Flüsse die lauten, seltsamen, brummenden Töne

vorkommen, und wo sie auf den hohen Uferbäumen ihre großen, den Storchen ähnliche Nester haben, konnten meine

einer Heerde dieser Vögel in der Abenddämmerung aus dem düsteren Urwalde erſchallen, und sandte einige India

Indianer nicht in den Besitz der in einem solchen Neste

ner ab um deren einige zur Nachtmahlzeit zu erlegen, da

befindlichen Eier gelangen, da diese aufs muthigſte von

ihr Fleisch recht wohlschmeckend ist.

den Alten mit dem gewaltigen spißigen Schnabel verthei:

In ihrem Benehmen der Psophia ungemein ähnlich,

digt wurden, und ich das Tödten der Alten den India nern verboten hatte.

sind die Pfefferfresser oder Tukans, von denen ich mehrere lebende Exemplare in 3 Arten , den Rhamphastos Toco

In den Llanos von Venezuela ſchoß ich einſt zwei die: jer Vögel, den einen davon jedoch nur flügellahm . Als ich mich, im Glauben er sei bedeutend verwundet, ihm

Gmel. , R. erythrorhynchus Gmel und R. vitellinus Ill. , besaß.

näherte, erhob er sich plötzlich und rannte in voller Wuth,

Der große Toco, von den Macuschis Curawui " genannt, den ich frei umherhüpfen ließ, (denn vom Laufen

heftig klappernd , mit dem Schnabel fortwährend nach mir

ist bei den Rhamphaſtiden nicht die Rede),

tyrannisirte,

hackend auf mich ein, so daß ich, da ich beide Laufe meiner Flinte abgeschossen, nolens volens vor ihm laufen mußte, bis ich in Besitz eines auf der Erde liegenden trockenen Blattſtieles der Copernica gelangte, mit dem ich ihn zu Boden schlug. Ein anderer durch drolliges Benehmen sich auszeich nender Bogel meiner Menagerie war der Yakamik der Macuschis, " Warracaba “ der Warraus und Accaways oder Trompetenvogel ( Psophia crepitaus Lin.), von denen ich

gleich der Psophia , auch alle Hausthiere , und sogar die letztere unterwarf sic sich seinem großen, unförmlichen Schnabel, dessen zusammengedrückte Spiße sie oft genug fühlen mußte. Die Hocco (Crax) und Jacú - Hühner (Penelope), welche er schonungslos verfolgte, und denen er in seiner Gegenwart nicht einen Bissen Nahrung gönnte, fürchteten ihn auch ungemein, und liefen bei seinem Anblick schleu Er tödtete mehrere meiner kleinen Sper nigst davon.

mehrere besaß. Diese Vögel liefen, vollkommen zahm, frei umber, und führten die Oberherrschaft über die Hühner sowie über die

lingspapagaien (Psittacula passerina Kuhl) sowie eine Menge kürzlich ausgekrochener Hühnchen, und zeigte sich überhaupt als großer Feind aller kleinen Vögel.

Hunde der Indianer. Kam ihnen irgend eines dieser Thiere in den Weg,

In ihrer Lebensart waren die drei Arten sich völlig

oder wurde es freſſend von ihnen erblickt, ſo ſtürzten ſie

gleich, und wo sie nur irgendein anderes Thier mit Freſſen

mit ausgebreiteten Flügeln, unter kurz ausgestoßenen, dum

beschäftigt sahen, hüpften sie in größter Schnelligkeit mit

pfen, brummenden Tönen auf dasselbe los, und jagten es

dem langen Schnabel heftig klappernd herzu und nahmen

heftig, mit dem spißigen Schnabel nach ihm hackend, in die

ihm das Fressen weg, ja zerrten es den Hunden mitunter

Flucht.

aus dem Maule.

Alle glänzenden Gegenstände, wie Kupfernägel, Nadeln, Knöpfe u. s. w ., deren sie habhaft werden konnten, ent

wenn dann der oft große Hund, durch den plöglich vor

Es war im höchsten Grade belustigend,

ſeinen Augen auftauchenden Schnabel des frechen Räubers verdußt, dem schnell mit der Beute davon eilenden Dieb

wendeten sie und kamen, so bald ich mich nur blicken ließ, unter heftigem Brummen auf mich zugelaufen, und bück:

traurig nachsah oder in seiner Vertheidigung zu bellen an

ten mit dem Körper und dem Kopfe sich dicht vor mir

fing und dafür vom Vogel mit einigen kräftigen Schnabel

nieder, um von mir gestreichelt und am Kopfe gekrat zu werden, im höchsten Grad unwillig und zudringlich, wenn

hieben regalirt wurde, die ihn schnell mit eingezogenem

ich damit aufhörte. Jedem meiner Hütte sich Näbernden liefen sie entgegen und verfolgten ihn unter den possierlichsten Bewegungen

Schwanze vom Schauplah wegtrieben . Sie gehorchten im Nu auf meinen Ruf und stritten ſich unter einander aufs heftigste um die ihnen vorgewor fenen Bananenfrüchte.

Zu Fuß nach Brasilien.

300

Tagtäglich flogen fie gegen Mittag in den entfernten

l

ren Rupununi, des Mahu, Takutú und Rio branco, und

Wald, wo sie Mittagsruhe hielten, und von wo sie erst am Abend nach ihrem Nachtquartier, dem Dache meiner

zur Zeit der Fruchtreife der Mauritia flexuosa in großen

Hütte, zurückkehrten.

weit sich dahinziehengen Wäldern dieser Palme anzutreffen .

Echaaren in den an den Sümpfen und kleineren Flüssen

Sie fingen sehr geschickt die ihnen zugeworfene Nah:

Am Rio branco ist er so häufig . daß mein indianiſcher

rung, etwas unbeholfen sah es dagegen aus, wenn sie ihr

Jäger innerhalb 2 Stunden 18 Stück derselben schoß und

auf der Erde liegendes Fressen mit der Spitze des un

noch eine viel größere Zahl derselben erlegt hätte, wäre ibm nicht die Munition ausgegangen .

förmlichen Schnabels aufrafften , es in die Höhe warfen und die Nahrung in die weit geöffnete Kehle hinabfallen

Ich habe ihn außerdem noch an der Mündung des

ließen, worauf dann meist ein gewaltiges Würgen erfolgte,

Orinoco, am rechten Ufer dieses Stromes, bei der Gua

bevor die oft sehr großen Bananenstücke glücklich weiter

rauno-Niederlaſſung Zacupana in großer Menge ange troffen.

gelangten. Sie wurden mir oft durch ihre große Dreistigkeit und

Der M. Araçanga ist einzig und allein nur in den

Frechheit im Stehlen zuwider, und ich konnte sie nur

Savanenwäldchen des Inneren Guayana's, besonders am

durch leichte Schläge mit einem dünnen Rohr, vor welchem

Pacaraima Gebirge, wie in den Llanos von Venezuela anzu treffen, wo er sich hauptsächlich von Früchten der Maximiliana.

sie großen Respect hatten, im Zaume halten. Sie sind ebenfalls, besonders der Toco, Lieblingsvögel der Indianer, und in vielen Niederlassungen derselben ge zähmt, frei umherfliegend zu finden. Der R. Toco fommt selten und dann nur zu gewissen

Zeiten an der Küste vor, am häufigsten bewohnt er die Savanenwäldchen des Inneren von Guayana. Die anderen beiden Arten leben in den Urwäldern

regia , Astrocarpum und Bactris- Arten nährt, und der einzige Arára ist welcher ein wenig sprechen lernt. Die Indianer stellen den Aráras ihrer schönen Federn wegen, welche sie zu ihrem Kopfschmuck und Federmänteln benutzen, ungemein nach, und halten sie in ihren Nieder lassungen in Menge gezähmt, um sie von Zeit zu Zeit der langen Schwanzfedern für den angegebenen Zweck zu be

unweit der Küste, ganz besonders häufig jedoch im Inne Die Indianer tödten beide, besonders den R. vitel

rauben.

Die jungen Vögel dieser Gattung haben ein sehr

wohlschmeckendes Fleisch und geben herrliche Suppen. linus, zu Hunderten, um deren Bälge, an eine Baum Meine Aráras waren so zahm daß sie am Morgen wollenschnur in ein Bündel zusammengereiht auf dem Rücken herabhängend ,

als ganz besonderen Schmuck zu

tragen. Sie lassen in den Wäldern, besonders bei bevorstehen dem Regen, sehr häufig ihren Ruf in kurz abgestoßenen Tönen vernehmen, die den Venezuelanern wie Dios te de, den

nach den Wäldern flogen und erst Abends zurückkehrten, womit ich vollkommen einverstanden war, da ich ihr schreck liches Geschrei den Tag über gern entbehrte. Sie leben streng in Paare abgesondert, und die ein zelnen Paare halten sich, selbst wenn sie in Heerden flie gen, stets beisammen.

Indianern wie pia- po-co flingen, wobei sie den Kopf in die Höhe werfen und den großen Schwanz lebhaft auf und nieder bewegen.

Ein anderer schöner großer Papagai, von welchem ich mehrere Exemplare besaß, ist der Psittacus xanthops

In der Gefangenschaft nehmen sie mit jeder Nahrung fürlieb, am liebsten sind ihnen jedoch reife Bananen ; der

Wagl., der ebenfalls sehr zahm wird, und den ich einzig

R. Toco frißt sehr gern die Früchte des Capsicum und

dem 2º 30′ n. Br. , bei den Atoraï und Taruma-India nern antraf. E: ist von bei weitem ruhigeren Tempera

stellt denselben

und allein nur unweit der Quelle des Rupununi, unter

in den Provisionsfeldern der Indianer ment als die anderen Papagaien, jedoch nicht so gelehrig als dieſe.

eifrig nach. Einen wahren Reichthum sowohl an Individuen als auch an Arten besaß ich an lebenden Papagaien. Von den gewöhnlichen Psittacus ochrocephalus Gmel. , Ps. aestivus Linn.

und P. pulverulentus Gmel . hatte

Der am meisten gesuchte,

jedoch nicht in Britisch:

Guayana, ſondern nur am unteren Rio negro, überhaupt im Gebiete des Amazonas vorkommende Papagai, iſt der Psittacus aestivus Linn. , von den Indianern Taua-taua und den Brasilianern Papagalho oder Papa-cacao genannt,

ich allein einige 50 Stück. Vor allen paradirten in meiner Sammlung die drei der schönsten in Brit. Guayana vorkommenden Arára- Arten,

da er den Früchten des in den Wäldern des Rio negro

Macrocercus Macao Linn., M. Ararauna L. und M. Ara çanga Lin., von denen der erste der gewöhnlichste und am

wachsenden wilden Cacao's sehr nachstellt. Die Indianer im Inneren Guayana's lieben ihn sehr und erhandeln ihn

meiſten bekannte ist und mehr in den Urwäldern der Küste

von den brasilianiſchen Indianern durch Tausch,

als im Inneren vorkommt.

auch ich in Besit einiger Exemplare gelangte.

Die letzten beiden sind jedoch nur Bewohner der Savanen des

Inneren ;

der schöne blaue und gelbe

M. Ararauna ist ungemein häufig an den Ufern des obe

wodurch

Er ist der gelehrigste unter allen Papagaien Süd- Ame rika's und steht darin dem grauen Papagai (Ps. eritha cus) durchaus nicht nach.

Zu Fuß nach Brasilien.

Es ist zum Erstaunen wie weit dieser Vogel im Erler: nen des Sprechens es bringt.

Zwei derselben,

die ich

301

feiner und nicht so durchdringend als die der Maitaccas und anderer Papagaien, sowie sie überhaupt von zarterer

besaß, waren von den Brasilianern dermaßen geschult daß

Natur als diese sind.

ſie eine lange Conversation in portugiesischer Sprache mit einander hielten, wobei sie so überaus natürlich lachten

Zwei kleiner Papaggienarten will ich noch erwähnen, von denen ich die eine, den Conurus solstitialis Kuhl,

und weinten, daß in der ersten Zeit in welcher ich sie besaß, ich oft im Glauben mich befand, die Conversation, die sie

stets in Menge, die andere, den Conurus versicolor Ginel. , nur in einem Pärchen lebend besaß.

außerhalb meiner Hütte führten, rühre von Menschen her,

Beide werden jedoch nie so zahm als die vorhergehen. den Arten, bleiben stets scheu, und der erstere zeichnet sich

und neugierig hinauslief, weil ich mich besuchende Brasi lianer vermuthete. Außerdem lernen sie ganze Arien pfei fen, wobei sie ebenfalls aufs täuschendste die Menschen stimme nachahmen. Dieser Papagai steht deßhalb in Braſilien wie in Gua yana in hohem Preise. Von zwei anderen Papagaien, dem Conurus Maca vuana und C. nobilis Kuhl, welche den Uebergang von den

durch seine Bissigkeit, wie durch sein durchdringendes, wider wärtiges Geschrei aus. Selten sißen die C. solstitialis, von den Indianern „Keſſi-keſſi, “ in Braſilien „ Guaruba “ genannt, ruhig bei: jammen ; sie zanken und beißen sich fortwährend und leiden es durchaus nicht in einem Käfig sich zu befinden, den sie,

Macrocercus zu den Conurus-Arten bilden, besaß ich meh

wenn er nicht ganz von Blech ist, in kürzester Zeit völlig ruiniren. Sie kommen in großen Schaaren nur an den

rere gezähmte Individuen. Der erstere, in Brasilien und Venezuela

Maracana, "

Flüssen Mahu, Takutú und Xurumú, besonders in der Nähe des Pacaraima Gebirges vor, und werden wegen ihres

von den Macuschis „ Maracang “ genannt, ist in Britisch Guayana in großen Heerden überall da zu finden, wo die Itapalme (Mauritia flexuosa Linu. fil. ) wächst, indem die Früchte derselben seine Hauptnahrung ausmachen ; er

herrlichen Gefieders in den Indianerniederlaſſungen in großer Menge gezähmt gehalten . In Venezuela habe ich sie an der Mündung des Orinoco, bei dem Guarauno Orte Zacupana, sowie in Braſilien am Rio branco und

ist deßhalb in den Savanen, Campos und Llanos am häufigsten . In gezähmtem Zustande ist er weniger lär mend als die anderen Papagaien, und hält sich stets paar.

Rio negro angetroffen . Der Couurus versicolor, von den Indianern nachseiner

weise zusammen.

wild als der vorige und ein durch seine überaus bunte

Der C. nobilis, von den Indianern nach seinem Ge

Stimme

Tumih tumih" genannt, ist bei weitem nicht so

Färbung herrliches Vögelchen.

Er ist selten und kommt

ſchrei „Keih-keih" genannt, ist wilder und lärmender, kommt

in Britisch Guayana nur im Canucugebirge und an der

sehr häufig in der Umgebung des Roraima, seltener am

Mündung des Rupununi in den Essequibo ziemlich häufig in der Umgebung des dort befindlichen Caribendorfes

Pacaraima Gebirge und bei Pirara vor, und erhebt gleich allen kleineren Arten ein durchdringendes Geschrei, wenn er in der Savane in großen Gesellschaften dahinzieht. Außerdem waren noch zwei größere Papagaien in mei nem Beſiß, der Deroptyus accipitrinus Wagl. und Pionus menstruus Lin.

Carina vor, außerdem habe ich ihn auch in den Wäldern an der Mündung des Orinoco, bei den Orten Zacupana und Curiapo, gesehen. An das Geschrei dieser Sammlung lebender Papagaien

Ersterer heißt in Guayana " Hia-hia," ist weniger häufig

denke ich jezt noch mit stillem Entſehen, das sich, zur Zeit als ich sie besaß, in den kraftigsten Worten Luft machte

als Psittacus ochrocephalus und aestivus, und lebt nur

und mich oft dem Davonlaufen nahe brachte, ganz beson

paarweise in den Wäldern Guayana's, besonders am Ru pununi und oberen Maſſaruni, auch habe ich ihn in Vene

tion ihre durchdringenden Stimmen erhob und ein Ohren

zuela, jedoch nur einmal, angetroffen.

ders wenn bei eingetretenem Regenwetter die ganze Collec:

Maitacca, " in Venezuela

betäubendes, lang andauerndes Concert veranstaltete. Es gehörten wahrlich starke Nerven dazu solch eine

„Cotarra" genannt, ist in den Wäldern Guayana's häufig, und kommt im September und October auch an die Küſte,

wilde, tropische Musik zu ertragen ! Zum Schlusse der Aufzählung meiner Menagerie er

um ſeine Lieblingsfrucht, die in dieser Zeit dort reifen, die Guava's (Psidium pomiferum et pyriferum) aufzusuchen,

wähne ich noch zwei Arten kleiner Vögel welche durch ihr niedliches Gefieder, ihr drolliges Wesen und ihre unge

auch habe ich ihn in Venezuela und Braſilien angetroffen . Die Indianer halten stets viele gezähmte Maitaccas

meine Zahmheit vor allen anderen sich auszeichneten ;

Der lettere, in Brasilien

in ihren Niederlassungen, welche wie der Hia hia sehr zu traulich werden, jedoch, wie diese, nicht sprechen lernen. Ein Pärchen der Hia-hia, welche ich besaß, waren un

waren dieß der Cassicus persicus Daud . Jamacaii Daud .

es

und Icterus

Beide Arten werden so zahm daß sie in den Nieder

ihre schönen Halsfedern sich sträubten und im

lassungen der Indianer stets frei umherfliegend gehalten werden, was auch bei meinen Exemplaren geschah. Sie flogen von Hütte zu Hütte, pickten alle dort be:

Halbkreise um den Kopf emporstanden ; ihre Stimme ist

findlichen , ihnen zugänglichen Lebensmittel, besonders Pi

gemein zahm und sahen allerliebst aus, wenn, im Zanke begriffen,

Zu Fuß nach Braſilien.

302

sang und Bananen, an, und wurden durch ihre große Zu traulichkeit oft sehr lästig. Regelmäßig zur Essenszeit fanden diese Störenfriede

den Quellen des Rupununi und Quitaro , im Lande der Taruma : Indianer, angetroffen , außerdem noch in ebenso großzer Anzahl in den Küsten-Anden von Venezuela. Von

in meiner Hütte sich ein, setzten sich troß meines Abweh rens auf die Teller, und ließen mir, durch ihr fortwähren

Baum zu Baum dahinfliegend, stoßen sie dabei kurz ab gebrochene, glasglockenähnliche Töne in reinen Accorden

des Geschrei nach Futter, auch wenn sie bereits genug ge

aus, welche die lautlose Ruhe des Urwaldes aufs ange

gessen hatten, nicht die mindeste Ruhe, so daß ich mir zu

nehmste unterbrechen.

leht nicht anders zu helfen wußte, als sie jedesmal wäh

Dieß war der Totalbestand meiner Menagerie zur Zeit meines Aufenthaltes unter den Atoraïs, welche, so wie die Wapischiannas und Tarumas, von nah und fern mit

rend der Essenszeit einsperren zu laſſen. Der Cassicus persicus, von den Macuſchis „ Taurupia “ und den Engländern Mockingbird " genannt, weil er alle

lebenden Thieren mich versorgten, für deren Bezahlung

Thierstimmen die er hört nachahmt, lernt furze Melodien.

der Häuptling Manaruá garantirte, der mich mit einem Theil seiner Leute nach Georgetown zu begleiten versprach,

pfeifen, und das drollige Benehmen des kleinen Vogels, das komische Emporwerfen des Kopfes, das Drehen des

um dort seine wie meiner Lieferanten Bezahlung von mir in Empfang zu nehmen.

Halses , wie das tactmäßige Hin und Herbewegen des ganzen Körpers bei seinem musikalischen Vortrage entlockt

Ich kam auf solche Art in kurzer Zeit in Besitz einer

Er ist im gan

Menge lebender Thiere, leider aber dadurch auch zu einer

zen tropischen Süd-Amerika zu Hause, und seine langen, beutelförmigen, aus der Epidermis der Palmblätter kunst

Menge gewöhnlicher Papagaienarten, da ich all das Vieh,

dem Beſchauer ein unwillkürliches Lachen.

das die Indianer mir brachten, kaufen mußte, weil sie sonst nach ihrer Manier, mit ferneren Lieferungen eingehalten

reich gefertigten und von den Aesten der Uferbäume in Menge herabhängenden Nester sind sehr häufig an den Flüssen zu erblicken. Der Icterus Jamacaii, " Murmúruta" der Macuichis,

hätten, wodurch mir manches Seltene entgangen sein würde. Wäre es mir von der englischen Regierung nicht zur

mit seinem lieblichen Gesang und dem herrlichen orange

um damit einen zoologischen Garten in Georgetown zu

gelbem Gefieder, ist ein großer Favorit der Indianer, be

begründen, so wäre eine Collection derselben meinerseits

Pflicht gemacht worden auch lebende Thiere zu ſammeln ,

das

sist jedoch nicht die Lebhaftigkeit und das drollige Beneh men des vorigen. Ich besaß ihn in vielen Exemplaren.

letzte gewesen wonach ich auf meinen Reisen im

Innern Guayana's getrachtet hätte, und wenngleich ich zur Pflege und Wartung der Thiere einen besonderen

und ließ ihn frei umherfliegen ; sein klagender schöner Ge sang ertönte besonders häufig am Morgen.

Gehülfen hatte, so lag mir selbst doch die Beaufsichtigung,

Er kommt in Britisch Guayana sehr häufig am Birara,

Zähmung u. s. w . ob, und oft gelang es mir nicht, trot

Mahu und Takutú, ebenso wie in den Campos von Braſi

aller Bemühungen und trotzdem ich weit und breit darnach

lien und den Llanos von Venezuela vor, und wird in den

umhersandte, die zur Fütterung der Thiere so nöthigen

Küstenstädten, wo er unter dem Namen „ Trupial" bekannt

Bananen zu erhalten,

ist, zu guten Preisen bezahlt.

großen Maßstab wie die civilisirten Völker der tropischen.

Bon Cassicus Arten besaß ich außerdem noch 3 zabme junge Cassicus viridis Vieill., welche wahrhaft unersättlich

Gegenden anbauen, da sie auf den Anbau aller andern Nahrungspflanzen , außer der Mandiocca oder Cassade (Manihol utilissima Pohl) geringen Werth legen.

waren, und mich durch ihr perpertuirliches, durchdringen des Geschrei nach Futter oft im höchsten Grade peinigten.

Doch alle die Beschwerden welche diese Thiere mir ver ursachten, ſind nichts gegen den gräßlichen Lärm den sie,

Sie wurden überdieß durch ihre große Zutraulichkeit

besonders die Papagaien, machten, und den ich 6 Monate

ungemein lästig, und machten, wenn ich sie ignorirte, durch Hacken mit dem spizen, starken Schnabel sich mir in recht empfindlicher Weise bemerklich.

welche die Indianer nicht in dem

hindurch in meiner Wohnung, und wieder 2 Monate auf meiner Reise aus dem Innern nach der Küstenstadt George

Sobald ich sie dann an

ſah, ſverrten sie den Schnabel weit auf, wackelten mit dem

town , in ein und demselben Boote mit ihnen mich be

Kopfe, schlugen mit den Flügeln , und ließen ununter brochen ihr kreischendes Geschrei hören, bis einige in ihre

findend zu erdulden hatte!

Kehle gestopfte Stücke Bananen dieser Musik ein Ende

in Georgetown meiner Menagerie ledig wurde, und noch

machten.

tagelang tönte mir zu den gewohnten Stunden das furcht bare Geschrei derselben in die Ohren wieder, und bei jedem

Diese drei Vögel erschienen mir gleich den Harpyien der alten Griechen, und benahmen sich besonders zur Essens:

Regenschauer erwartete ich die betäubenden Concerte der Papagaien zu hören.

zeit denselben so ähnlich, daß sie ihres unappetitlichen Be tragens wegen in Käfige verbannt wurden.

Doch genug hiervon und zurück zu meinem Aufent

In Britisch Guayana habe ich sie in sehr großen Schaa

halte unter den Atoraïs. Daß dieselben ihre Todten verbrennen, wie Schomburgf

ren, oft zu Tausenden, in den Wäldern des Canucugebir ges und des Roraima, sowie im Caraiwaimengebirge an

Ich konnte kaum das Gefühl

der Freiheit lebhaft genug in mir auffaſſen, als ich später

|

anführte, ist nicht der Fall während meines Aufenthaltes

Zu Fuß nach Brasilien.

303

beigewohnt und die Giftfabricanten auf ihren Excurſionen nach den dozu nöthigen Pflanzen begleitet habe, ferner das

unter diesen Indianerstämmen ereigneten sich einige Todes fälle, und unter diesen der eines Mädchens in der Hütte des Häuptlings, in welcher auch ich wohnte.

Maschi, ein arsenikähnliches (?) Gift, das aus der Wurzel knolle des Arum venenatum Woelfers bereitet wird.

Sobald dieselbe gestorben war , verließen sämmtliche indianische Bewohner die Hütte, nachdem sie alle ihre

Die Todte, welche in der Nacht gestorben war, blieb bis

Es ist dieselbe Pflanze welche die Obiahs (Zauberer der Neger) in Surinam zu ihren Vergiftungen benußen und die dort Tonkin heißt.

Mittag in der Hängematte liegen, und wurde dann, in dieselbe gehüllt, unweit des Hauses begraben .

dann zu ganz feinem weißen Pulver geſtampft, und das:

Sachen daraus entfernt und ins Freie gestellt hatten.

Die Knolle derselben wird an der Sonne getrocknet,

Am andern Morgen erschien der aus einer benachbar: ten Wapischianna Niederlassung herbeigerufene Piai, um

selbe, ein furchtbar ſtarkes Gift, von den Indianern in

den bösen Geist aus der Hütte zu treiben, und räucherte 1 unter dabei gemurmelten Beschwörungen jeden Winkel der ſelben mit einem dermaßen übelriechenden, erstickenden Dampf

einem Federkiele aufbewahrt . Die Knolle ist so giftig daß man sie zu berühren sich scheuen muß, da ihre Berührung ein heftiges Brennen

und schlimmen Hautausschlag zur Folge hat.

verursachenden Holze aus, daß ich mit meinem Diener Hals

Der Kanaima streut dieses Gift seinem Opfer, das er

über Kopf aus der Hütte laufen mußte , und wir eine Biertelstunde lang vor Husten kaum zu Athem kommen

während dessen Schlafes zu beschleichen sucht, auf die Lippen

konnten. Meine Menagerie begann ebenfalls in Folge dieses Rauches ein so entseßliches Geschrei, daß sicher da

verschluckt oder eingeathmet werde, oder auch gibt er es

durch schon der böse Geist aus der Hütte flob.

wari

oder unter die Nase, damit es von dieſem beim Erwachen

ihm bei einem Trinkfeſte, indem er dasselbe mit dem Pai dadurch sich vermischen läßt daß er die Calabaſſe

Nachdem der Píai die Entzauberung derselben voll

(Trinkschale) mit dem Getränk in der Hand dergeſtalt hält

brachte, zog die Familie des Häuptlings mit all ihren Sachen wieder in diese ein, und nahm die Trauervisiten

daß der Daumen in dasselbe taucht, wodurch das unter dem Daumennagel verborgene Gift im Getränk sich auf

ihrer Bekannten entgegen, welche erstere, wie mein irischer Diener versicherte , den Todenklagen seines Landes an Gebeul nicht nachstehe, nur daß dabei, anstatt des dort

löst, und dann dem arglosen Opfer präsentist wird.

gebräuchlichen Boteen, reicht wurde.

Dieses Gift wirkt je nach den Doſen in denen es ge geben wird ; der davon Genossene kann noch Monate lang, allmählich abzehrend , fortleben , und stirbt dann eines

hier reichlich Paiwari umherge

qualvollen Todes ,

oder er kann auch innerhalb einer

Stunde unter fürchterlichem Brennen in den Eingeweiden

Ich habe übrigens nie bemerkt daß bei den Judianern die Trauer um die Todten sehr von Herzen kommt und

und heftigsten Krämpfen ſterben.

lange andauernd ist, ihr apathischer Charakter ist für der gleichen Gefühle wenig empfänglich, und das Klagen und Heulen um den Verstorbenen sind nur Folgen einer ge

Das Maschi

wird von den Serekongs an den Quellen

des Massaruni, im Pacaraima-Gebirge, wie von den Acca way's am oberen Massaruni bereitet, von denen es die andern Judianerſtämme eintauschen.

waltsam erzeugten Aufregung . Fragt man den Indianer, gleichviel welchen Stammes, nach der Ursache des Todes des Verstorbenen, so ist man

Kann der Kanaima seinen Feind nicht durch Gift ums Leben bringen, so lauert er ihm auf, um ihn durch einen

sicher die Antwort zu erhalten : „ der Kanaima hat ihn

Schuß zu tödten, oder überfällt ihn bei Nacht, mit der

getödtet," wobei stets der Name eines feindlichen Stammes,

Kriegskeule ihn todtschlagend ; in jedem Falle verstümmelt er den todten Körper aufs Gräßlichste. ,,Kanaima" werden bei den Indianern außerdem die bösen Geister seines Glaubens genannt, die bei Nacht um

zu näherer Bezeichnung des Mordes, beigefügt wird, als : der Arekuna-Kanaima, der Macujchi-Kanaima " u. s. w.

Es beruht diese Behauptung auf dem Glauben der Indianer daß ihr Feind ihnen selbst aus weiter Entfernung

hergehen und den Menschen auf schreckliche Weise ums Leben bringen ; außerdem sind, wie bei dem Tabu der Südsee-Insulaner, die ihnen fremden, unbekannten Gegen

durch Zauberei schaden, sie krank machen und tödten könne, und der welcher dieß bewirkt ist der Kanaima des Todten.

Kanaima, " und sie hüten sich wohl solche zu be rühren, so daß ich oft einzelne meiner Sachen, um sie bei der ungemeinen Neugierde der Indianer vor deren Berüh

Hat ein Indianer den andern getödtet, so tritt der nächste Anverwandte des Getödteten als sein Rächer, Kanaima, auf, und verfolgt den Mörder und dessen ganze

stände

Familie so lange, bis er deren Tod durch Gift oder in anderer hinterlistiger Weise herbeigeführt hat.

1 Ich habe lebende Knollen dieser Pflanze vor 10 Jahren von Guayana nach Deutschland gesandt und wird sich dieß Arum wohl noch in einigen Gärtnereien vorfinden. 2 Von den Indianern aus der Wurzel der Mandiocca gefer tigtes, berauschendes Getränk. 3 Maſchi ist überhaupt der indianische Name für jedes Gift, welches aber in den Fällen wo es zur Befriedigung des Rache durftes angewendet wird, den Namen „Kanaima“ führt.

Der Gifte deren der Kanaima zu diesem Zwecke sich bedient, sind zwei, das Urali oder Pfeilgift, deſſen Zube reitung bei den Macuschis am Canucugebirge ich öfters 1 In Frland heimlich ( ohne Steuern dafür zahlen) gebrann ter Whisky.

Die Züchtung des Straußen als europäiſches Hausthier.

304

rungen und etwa damit getriebenen Spielereien zu sichern,

man für dasselbe hergerichtet hatte, und schlief im Winter

als „Kanaima“ bezeichnete. Es liegt übrigens unter den Indianern selbst noch viel

halb von Schnee bedeckt, geſchüßt durch sein undurchdring

Dunkel über dem Begriff dieses Wortes, und sie scheuen. sich sogar den Namen „Kanaima " viel im Munde zu

liches Feder Vließ. Sein Fleisch läßt sich, Hrn. Florent Prévost zufolge, mit dem des Ochsen vergleichen, und wäre werthvoll als Meggersfleisch, denn die Keule eines

führen.

Emu dürfte mehr

Nach dem Glauben der Macuſchis, Atorais und Wa: pischiannas ist stets der Arecuna: Kanaima die Ursache des

als 22 Pfund wiegen ; das Fleisch eines jungen fünfzehn bis achtzehn Monate alten, wenn dieſes vollkommen ausgewachsen ist, wird hoch geſchäßt ; der

Todes ihrer Stammgenossen, da sie die Arecunas wegen ihres kriegerischen Charakters ungemein fürchten und öftere

hahn- und Schweinefleisch .

Geschmack davon hält ungefähr die Mitte zwischen Trut:

Feindseligkeiten mit denselben zu beſtehen hatten. Umge kehrt fürchten die Arecunas sich wieder vor den Macuschis,

Seine Eier, von welchen eins gleich ist einem Duzend Hühnereier, sind sehr köstlich, und haben einen ausgesuchten Wohlgeschmack ; die mit einer

und auf meiner Reise vom Roraima (im Arekunagebiete) nach Pirara (im Macuschigebiete) war das energiſcheſte Auftreten meinerseits nöthig, um die als Laſtträger und

reichen Menge Flaum bedeckte Haut dient zur Verferti gung werthvoller Teppiche, und seine biegsamen und an muthigen Federn werden zu Schmud gebraucht. Einen

Träger mich begleitenden 50 Arekunas zu bewegen in das

weiteren Begriff von dem Werthe dieses Vogels wird man

Gebiet der Macuſchis mir zu folgen, da sie von denselben getödtet zu werden fürchteten.

ſich machen können, wenn wir beifügen daß die kaiserliche Acclimatisations - Gesellschaft eine Preismedaille von 1500

Und so ist ein Indianerstamm gegen den andern feind

Franken für die Zähmung desselben ausgesezt hat. Ueber dieß sollten aus einem besonderen Grund anhaltende

selig und jeder fürchtet den andern. Um im Besitz der zum Baue meines Bootes nöthigen Rägel zu gelangen, sah der Häuptling Manarua sich ge nöthigt eine Tour. nach Braſilien, nach einer am Rio branco, unterhalb des Forts São Joaquim gelegenen Fa zenda zu unternehmen, deren Eigner, ein Portugiese, neben bei einen kleinen Handel mit den zum Leben nöthigsten

Versuche gemacht werden um es in Europa zu zähmen : es ist nämlich eine von den fünf Arten noch lebender flügelloser Vögel, die, wenn man sie nicht in Länder zu verseßen sich bemüht in welchen sie nicht einheimisch sind, einem raschen Aussterben entgegen gehen. Während die Acclimatisation eines gegen Kälte so un empfindlichen Vogels wie das Emu keine ernsten Schwie

Bedürfnissen trieb. Ich beschloß diese Tour, welche ich bisher stets auf den

rigkeiten zu bieten schien, ließ sich die des Straußen kaum

Flüssen Mahu oder Sawara-aúru und Takutú unternom ,

erwarten ohne lange Frist und viele Mühen, und doch ist

men, zu Lande mitzumachen, und miethete zu meiner Be

dieser anscheinend hoffnungslose Versuch schon so weit

gleitung als Diener, Jäger und zur Fortbringung meiner Sammlungen 12 Atoraïs.

zem werde der Strauß in Europa einheimisch gemacht sein.

Die aufmerksamste Pflege meiner Menagerie wurde dem Wärter aufs beste anempfohlen, und am 20. No

geglückt, daß

er den Glauben rechtfertigt binnen

kur:

Viel hat hiezu der Eifer zweier Mitglieder der kaiserlichen Acclimatisationsgesellschaft beigetragen - des Hrn. Goſſe,

vember 1866 trat ich mit dem Atoraï-Häuptling Manaruá

eines gelehrten Arztes und Physiologen in Genf, und des

und 20 anderen seines Stammes die Fußtour nach Bra ſilien von Rupununi aus an .

Hrn. Chagot, eines Pariser Kaufmanns .

Der lettere, der

die Beobachtung machte daß der Strauß immer seltener werde, und das Aussterben eines Vogels zu verhindern wünschte dessen Federn ein so wichtiger Handelszweig sind, jezte hochherzig einen Preis von 2000 Fr. für die Verviel fältigung und Zähmung des Straußen in Frankreich, Al

Die Büchtung des Straußen als europäiſches

gerien oder am Senegal aus. Erfolglose Versuche in der Straußen Züchtung sind sowohl in Marseille als in Paris gemacht worden, besser

Hausthier.

maten heimisch sind, bietet ihre Acclimatisation doch keine

gelungen aber sind die in Florenz und Algier. Im Jahr 1857 war Hr. Hardy in Algier mit seinem Verſuch fast

besondern

ganz glücklichy: ein Paar Strauße fingen an

Obgleich der Strauß und der Kasuar in warmen Kli

Schwierigkeiten ,

und daß der Nandu

(der

auf ihren

amerikanische Strauß) und das Emu sich in Europa fort

Eier zu fizen, verließen sie aber bald, weil das Nest vom

pflanzen können, davon hat man bereits Beweise.

Regen durchnäßt wurde.

Das

Um die Wiederkehr eines solchen

Emu ist in Frankreich, Belgien, England und anderwärts

Unfalls zu verhüten,

errichtete er da wo das Nest ge=

aufgezogen worden, und hat eine außerordentliche Fähig keit der Kälte Widerstand zu leisten an den Tag gelegt.

wesen war einen Sandhügel, in der Hoffnung daß eine zweite Eierlegung in demselben stattfinden werde. Um die

In Paris lebte eines mehrere Jahre lang in freier Luft,

Mitte des Monats Mai ward auf dem Gipfel des Hügels

machte keinen Gebrauch von der schützenden Hütte die

ein neues Nest ausgescharrt ; Ende Juni's fingen die Vögel

Die Züchtung des Straußen als europäisches Hausthier.

einige Stunden täglich zu sitzen an ; am 2. Juli trat ein regelmäßigeres Sißen ein, und am 2. Sept. sah man ein Junges (ein Weibchen) umhergehen.

Dieß war der erste

305

tiefes und mehr als drei Fuß breites Loch zur, Aufnahme der Eier ausgescharrt, die, wie ihm sein Instinct sagte, kommen würden . Das Legen begann im Mai, und gieng

authentische Fall daß ein Strauß in Gefangenschaft das

regelmäßig, in einem Zwischenraum von je zwei Tagen, bis

Tageslicht erblickte, und er gedieh so gut, daß er, als er

zum 6. Juni vor sich, zu welcher Zeit dann 11 wohlgebil dete Eier vorhanden waren. Ein drittes Legen brachte

zwölf Monate alt war, die Größe seiner Eltern erreicht hatte. Im Jahr 1858 brütete das nämliche Paar von zwölf Eiern neun aus, und während der folgenden Jahre war Hr. Hardy in der Züchtung junger Strauße, von andern in seinem Besize befindlichen, gleich glücklich . Jahren (1857-1867 )

In zehn

legten 42 Paare 875 Eier, und

brüteten 162 Junge aus, von denen, nach Verfluß von Hr. Hardy drei Monaten, noch 103 am Leben blieben. gibt anziehende Einzelheiten über den Gewinn welchen er an seiner Schaar von 21 männlichen und weiblichen Strau Die Gesammtsumme Ben im Jahr 1866 gemacht hat. dieses Gewinns beläuft sich auf 5918 Fr. 20 Cent., oder 281 Fr. 80 Cent. auf den Kopf. Diese Vögel verzehren

zwei kleine und mißgestaltete Eier zu Tage, was bewies daß es jetzt damit zu Ende sei. Auch dieses Legen fand mit bemerkenswerther Regelmäßigkeit an jedem zweiten Tag um 3 Uhr Nachmittags statt, obne eine Abweichung von zehn Minuten vor oder nach). Vom 25. Mai an wünschte das Männchen zu brüten, und sezte sich bisweilen auf die Eier ; allein nach dem 30. Mai verließ es das Nest nur noch um dem Weibchen zu gestatten ein Ei zu legen.

Nachdem das lezte Ei gelegt war, ſaß das Weib chen einige Minuten lang in der Mitte des Tages auf den Eiern. Dem Männchen dagegen fiel dieses Geschäft ſtets mindestens 22 Stunden täglich zu. Diese merkwürdige Brütung gieng folgendermaßen vor Jeden Morgen um 7 Uhr wurden die Strauße aus

täglich 500 Grammen Gerste und Gras und, wenn dieses fehlt, in Stücke geschnittene Opuntia. Diese Nahrung ver

sich.

ursacht, mit Einschluß der Wartung, nicht über 20 Cent. für jeden Strauß täglich, oder 73 Francs jährlich. Die

gemeiniglich aus Brod, Gerite und Gras bestand, sich

Federn

Gewinns ; sie

kehrten sie, auf Befehl des mit ihrer Pflegung betrauten

werden in öffentlicher Versteigerung, und dem Gewichte

Weibes, in das Neſt zurück, von welchem ſie ſich für die

nach,

nächsten 24 Stunden nicht entfernten.

liefern den größten Theil des

verkauft.

Fünfzig

Schwingfedern, für die „ all:

gemeine Ausstellung " ausgewählt , wurden zu 199 Fr. 50 Cent. geschätzt. Wenn Strauße einmal in solcher

ihrem Nest herausgetrieben, um vor dem Frühſtück, das

einige Bewegung zu machen .

Nach Beendigung des Mahls

Die Aufsicht über

ſie war eben so leicht wie die über die Cochin-Hühner, und nicht einmal zeigten sie sich widerspänstig .

Menge vorhanden ſind daß sie auf dem Fleischmarkt ver:

Von den elf Eiern wurden zwei vor Beginn der Brü

kauft werden können, so wird natürlich ein neues Gewinn

tung zerbrochen. Am 44. Tage nachdem das Sißen be gonnen, sah man ein Junges am Rande des Nestes. Voll

Item aus dem Absatz des Fleiſches erwachsen. Die Acclimatisation der Strauße ist, auf Ansuchen des Fürsten Demidoff, mit gleichem Erfolg in dem Zoologischen Garten von San Donato in Florenz betrieben worden . Aus der interessanten Schilderung welche der Fürst von zwei Ausbrütungen gegeben, ersehen wir daß die erste Brütung nur von dem Männchen geleitet wurde ; das Weibchen kam bloß an die Eier wenn ersteres sich, um Nahrung zu sich zu nehmen, zurückgezogen hatte, und drehte dieselben dann sorgfältig herum, worauf es sich ent fernte. Die zweite Ausbrütung wurde abwechslungsweise von dem Männchen und dem Weibchen vorgenommen, der größere Theil der Mühe fiel indeß dem Männchen zur Last. Einmal aber, während eines Regengusses, als eines allein das Nest nicht schüßen konnte, saßen sie beide dar auf. Die zweite Brütung zeigte dieſen erfreulichen, auf Häuslichmachung hindeutenden, Zug ebenfalls. Wegen seiner vergleichsweise hohen nördlichen Breite, 45°, seiner Höhe über dem Meere, 645 Fuß, und seiner durchschnittlichen Temperatur, 53° F. (9º ½ R.) , muß Gre noble als einer der interessantesten Orte für die Straußen Züchtung betrachtet werden.

Im April 1864 hatte in

dem Acclimatisationsgarten der Zoologischen Geſellſchaft der Alpen ein männlicher Strauß ein anderthalb Fuß

Begier zu sehen was das Nest enthalte, zwang Hr. Bou teille die Strauße es zu verlaſſen . Es hatte zwei noc nicht von der Schale freie Junge.

Von den sieben übri

gen Eiern erwiesen sich drei als unfruchtbar, und wurden. weggenommen ; vier zweifelhafte blieben im Neste. Soz bald als es gestattet war,

nahm das Männchen seinen

Play auf dem Neste wieder ein, als ob es nicht berührt worden wäre.

Nach Verfluß von vier Tagen wurden die

Eier zerbrochen, und man fand daß sie Todte in verſchie denem Alter enthielten. Einen Tag nach dem Ausschlüpfen krochen die Jungen unter dem Männchen hervor, und begannen Sand sowohl als einen Teig von harten Eiern, Brod und Lattich zu picken, der für ihre Eltern hergerichtet worden, so daß man über das wovon sie sich nähren würden außer Sorge war. Anfänglich hatten diese jungen Strauße ungefähr die Größe einer weiblichen wilden Ente, welcher sie der Gestalt nach auch glichen ; in 14 Tagen aber waren sie nahezu doppelt so groß, und begleiteten die Alten überall hin, pickten im Sande, und liefen unter die Beine derselben wenn sie bemerkten daß sie Nahrung zu ſich nahmen. Das Weibchen, das so wenig Sorge für ihre Eier an den Tag gelegt, zeigte sich als eine höchst ängstliche Mutter, behielt

Die Züchtung des Straußen als europäisches Hausthier.

306

die Jungen beständig im Auge, und lief augenblicklich zu ihnen wenn sie ihren Ruf vernahm, welcher mit dem eines in Schrecken versetzten jungen Truthuhns Aehnlichkeit hat. Diese halb gezähmten Strauße verdienen daher nicht

das des Ochsen oder Hafen, gedämpft oder gebraten ; als Rostbraten, welcher der Prüfstein guten Fleisches ist, läßt es nichts zu wünschen übrig. Alle die vielen die es in Gre noble gegessen, fanden es vortrefflich.

Das Fleisch des

daß man ihnen Mangel an natürlicher Zuneigung zu ihrer ―――― Brut zum Vorwurf macht eine Anschuldigung welche die Schriftsteller des Alten Testaments gegen den Strauß

Straußen ist nicht das einzige eßbare Erzeugniß des Thieres ; die drei Legungen im Jahr 1866 gaben uns 45 Eier, die im ganzen 154 Pfd . wogen. Auf verschiedene Weise zu

der Wildniß erheben;

bereitet, hat man sie stets gut befunden. Ein Straußen Ei auf einem Gericht gibt dieſem ein sehr appetitliches

auch sind sie nicht so dumm wie

man sagt daß sie seien .

Sie waren scheu,

aber eben so

der Pflegung derselben betraut war, die Jungen in ihre

Aussehen, wegen der schönen Farbe des Eiweißes, in deſſen Mitte der Dotter glänzt wie ein Auge vom hellsten Gelb. Beim Pfannkuchen unterscheidet sich dieses Ei in keiner

Arme, ohne daß die Alten Mißvergnügen darüber zeigten, während sie, beim Anblick eines fremden Menschen oder

die Zubereitung von Saucen unvergleichlich.

fähig anhänglich zu werden wie die meisten unserer Haus thiere : so z . B. nahm in Grenoble das Weib welches mit

Thiers in Wuth geriethen.

Beziehung von dem eines Huhnes, sein Gelb aber ist für

Nach den Nahrungserzeugniſſen kommen die Federn,

Hr. Bouteille schließt seinen Bericht über dieselben mit

die nicht weniger wichtig sind.

Die Federn unſerer er

folgenden Worten : „Ich halte diesen Versuch für einen Es hochwichtigen, weil er ein praktisches Jutereſſe hat

wachsenen Strauße ,

ist in der That eine Brütung und Aufzucht in einem Hof raum welchen ich geschildert habe, und in dieser Hinsicht

Brief mit einigen Zahlen schließen, welche, wie ich hoffe,

ist er neu ; auch glaube ich nicht daß man an irgend einem andern so weit nördlich gelegenen Orte, wie der unsrige, ein solches Ergebniß erzielt hat. " Der nämliche Herr erzählt die Fortseßung des Versuchs bis zum Jahr 1867, und diesem Bericht wollen wir hier noch folgende Einzelheiten entnehmen. Im Jahr 1865 war die Straußenzüchtung in Gre

300 Fr.

nach dem Maußern , wurden für

( 140 fl. südd. W.) verkauft.

Ich will diesen

beweisen werden daß die Züchtung des Straußen, ſelbſt in Frankreich, gewinnreich sein kann. In unserem Hofe, wo die Thiere wirklich gefüttert werden, betragen die jähr lichen Ernährungskoſten 80—90 Fr. für jeden.

Im Jahr

1866 z . B., welches das wenigst einträgliche der drei Ver suchsjahre war, brachten die Federn 300 Fr. ein, und die Eier 180 Fr., was ein niedriger Preis ist, da man die Echalen allein für je 3 Fr. verkaufte.

Von diesem Er

noble bis zum zehnten Monat erfolgreich , dann aber star

trägniß von 480 Fr. haben wir, wenn man 200 Fr. für

ben drei Junge, die so groß waren wie ihre Eltern, in

Nahrung und Wartung abzieht, einen Gewinn von 280 Fr.

Folge eines eigenthümlichen Zufalls, deſſen Ursache und

an zwei erwachsenen Straußen.

Heilmittel gleich unbekannt sind .

Furchtbare Brüche und

Durchschnitt von drei Jahren, und rechnet man die ver

Gliederverrenkungen ereigneten sich, selbst wenn die Thiere

kauften Jungen dazu, so beläuft sich der Gewinn auf 560 Fr."

nicht in heftiger Bewegung waren, einmal sogar während der Anwesenheit eines Arbeitsmannes, der nicht das ge: ringste Geräusch hörte.

Da ich vermuthete daß dieſe Kno

chen Zerbrechlichkeit von Mangel an kalfigem Stoff in ihrer Nahrung herrühre, so wurde diese geändert, aber nicht zeitig genug um den leßten Unfall zu verhindern . Diese Zerbrechlichkeit ward ebenso in Madrid bemerkt, aber au genscheinlich nicht in demselben Umfang. Obgleich jedoch diese Versuche nicht alle rosenfarben sind,

Nimmt man aber den

Diese Einzelheiten über den Gewinn aus der Straußen züchtung sind, selbst unter dem Nachtheil eines europäischen Klima's, hinreichend um Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei ist der industrielle Werth dieses gewaltigen Vogels unbe achtet geblieben : da er einen Mann mit mehr als der Ge: schwindigkeit eines schnellen Rosses tragen kann, so sehen wir nicht ein warum in der guten künftigen Zeit" die in entlegenen Orten wohnenden Leute ihre Briefe nicht durch eine Straußenpoſt erhalten sollten ; oder warum ein Mor

so glaubt Hr. Bouteille doch daß kein Grund vorhanden sei sich entmuthigen zu lassen. Ich habe," bemerkt er,

genritt auf dem Vogel nicht das Mittel sein sollte einen

„jezt die Ueberzeugung gewonnen daß die Fortpflanzung des gezähmten Straußen eine vollständig ausgemachte

ſo ſtarken Appetit zu erregen, daß man zu einer Omelette à l'autruche in dem achtungswerthen Gewicht von etwa

Thatsache ist ; die Zähmung ist nicht nur intereſſant für

drei oder vier Pfunden Lust bekäme?

die Wiſſenſchaft, sondern auch für diejenigen welche sich mit der Auffindung neuer Nahrungs- und Industriezweige beschäftigen.

Hr. Saint - Hilaire war der Meinung : der Strauß könne ein für den Fleischmarkt sich eignender Vogel werden, und wir können dieß aus Erfahrung beſtä

Obgleich erst in neuerer Zeit einige Landwirthe am Cap der guten Hoffnung die Straußenzüchtung in die Hände genommen haben, si wird die Häuslichmachung desselben doch so eifrig betrieben, daß es dort eine ansehnliche

tigen.

Straußenheerde gibt. In einem Alter von sechs bis acht Monaten werden die Jungen Tag und Nacht in Freiheit.

lichkeit mit dem des Hasen.

gelassen. Sie versorgen sich selbst, und bekommen nur dann und wann, um sie an den Play anhänglich zu ma.

Das Fleisch des Straußen ist reichlich vorhanden, nahrhaft , wohlschmeckend und hat einigermaßen Aehn Man kann es bereiten wie

Bruchſtücke aus Jules Garniers Beſchreibung von Tahiti.

307

chen wenn sie ausgewachsen sind, eine kleine Quantität

verschmäht haben ganze Seiten ihrer Werke diesem im

Mais, oder andere Nahrung, da sie ohne diese sehr wild

Stillen Ocean verlorenen Posten zu widmen.

werden würden.

Sie sind große Liebhaber der stacheligen

Birne und des Samens der Aloë wenn die Blätter abge fallen sind. Die Jungen nähren sich von Blättern, die man klein schneidet, von allen Arten Vegetabilien, Rüben, Lattich, Disteln und dem Stachelstrauch, Dubbeljes doorn. Sind sie drei Tage alt, so bekommen sie außer diesen Pflanzen und Vegetabilien, ein wenig Mais oder Gerste. Sie werden bei Nacht auf Stroh, Heu oder Wolle in einer Küche z. B. — unter: einem warmen Raume

Nähert man

sich aber selbst diesem Eilande, umgeben von einem ewig stillen, blauen, durchsichtigen Meere, betrachtet man in der Nähe diese tausendfach gezackten Berge, und die ihnen ent strömenden Gewässer, welche die Strahlen einer glänzenden Sonne durchschimmern, streift man umher in diesen Thä lern, wo die Flüſſe von einer eigenthümlich friſchen, dufti: . gen Atmosphäre umgeben sind ; schwelgt man dazu in einem wonnigen dolce far niente mit den Eingebornen und er: gött man sich an ihren so lebendigen Tänzen, an ihren

gebracht, dürfen nie hinausgehen bis die Sonne aufge

Sängern die aus der schönsten Jugend der Insel gewählt .

gangen ist, und werden den Tag hindurch mit Nahrung versehen.

mit den duftenden Blumen ihrer Wälder geschmückt dann wird man könnte fast sagen darin gekleidet find

Man schäßt die Strauße hauptsächlich ihrer Federn

man verstehen daß solche Bilder die Reisenden begeistern. mußten, die wohl träumen konnten in diesem neuen Eden

wegen, die erst gepflückt werden wenn ſie achtzehn Monate alt sind, und zwar während der Monate August und Sep tember, entsprechend unserm Februar und März.

Die im

Handel vorkommenden beſten Straußenfedern rühren von

die Erfüllung haben.

aller menschlichen Wünsche gefunden zu

Als der Chef der Colonie von meiner Absicht hörte

Vögeln her die in den trockensten und ſandigſten Gegenden

diese zu durchstreifen, stellte er ein Schiff zu meiner Ver

leben, wo es sehr wenige Stachelsträuche gibt die im Stande

fügung um die Vorräthe und Instrumente der Küste ent: lang zu transportiren, sowie auch einen Dolmetscher und

wären die Federn zu beschädigen.

Diejenigen welche das

gezähmte Thier liefert, sind um ungefähr 30 Proc. billiger; nichtsdestoweniger haben auch die Federn zahmer Strauße einen solchen Werth daß sie Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen.

Im verflossenen Jahr erhielt jemand in London

98 Pfd. St. 14 Sh. 2 P. für die Federn von 18 jungen

eine Ordre, in französischer und tahitischer Sprache verfaßt, welche mir die Erlaubniß ertheilte bei den tahitischen Häuptlingen und den französischen Behörden alle Mittel und Leute zu requiriren die mir zur Förderung meines Unternehmens nöthig sein würden . Auch wurde mir die

Straußen, obgleich dieselben in ſchlechtem Zuſtand waren,

Begleitung des Hrn. Mery, Artillerie-Officiers und eifri

da man ſie, aus Mangel an Erfahrung, in einer ungeeig

gen Geologen für meine Reise gewährt, welche mindestens einen Monat dauern sollte.

neten Jahreszeit gepflückt hatte. Ein Straußen-Ei wird 24 Hühner Eiern gleich geachtet, und hält sich lange, wegen der Dicke der Schale. Am Cap braucht man Straußen : Eier vielfach zur Bereitung sehr guter und billiger Kuchen. Wenn wir beifügen daß man am Cap die Straußen

Die Insel Tahiti ist durch eine Reihe vulcaniſcher Eruptionen entstanden, welche zu sehr verschiedenen Zeit räumen stattgefunden haben, wie theils aus der verschie denartigen Beschaffenheit der ausgeworfenen Gesteine, theils aus der Lagerung jüngerer Schichten über den älteren zu

züchtung für beinahe ebenso gewinnbringend hält wie die Unterhaltung von Merinoschafen, so haben wir genug ge

erkennen ist. Viele Jahre sind oft zwischen einen Aus bruch und dem nächsten verflossen. Es konnte damals

nug gesagt, um zu beweisen daß dieß eine Art Induſtrie ist der man sich in vielen Theilen des Erdballs, mit Ein

einer mächtigen Vegetation bedeckt gewesen sein ,

schluß nicht weniger britischen Besitzungen, mit Vortheil

in der vallée de la reine findet man unter einer baſal:

widmen kann.

(Chamb. Journal. )

ein beträchtliches Festland exiſtirt haben, und dasselbe von denn

tischen Schichte vollständige verkohlte Baumstämme. Wir selbst fanden im Süden der Insel ein Bruchstück dieser alten Vegeta tion inmitten eines vulcanischen Tuffes.

Man kann auch noch

die Breite und die lange Dauer jezt verschwundener Flüſſe an den beträchtlichen Furchen erkennen die sie in den alten Bruchstücke

aus Jules Garnier's Beſchreibung

Schichten hinterlassen, über welche sie einst dahingeflossen. Aber diese Perioden der Ruhe wechselten oft plöglich mit

von Tahiti. Mehr als tausend Meilen trennen Tahiti von den großen Welttheilen Amerika und Australien. Bei einer Ausdehnung die kaum das Doppelte des Departements der Seine beträgt und einer Einwohnerzahl von höchstens

verwüstenden Naturerscheinungen . Die Trachyte, die Dolo : mite, die Basalte, mit einem Worte alle die entstandenen Gesteinsarten welche heutigen Tages das Gerüst der Insel bilden, drangen aus der Tiefe der Erde hervor, deren Ober

9000 Köpfen, frägt man sich woher es kommt daß so viele

fläche sie überdeckten . Diese glühenden Flüsse füllten zuerst die Tiefen und Thäler, dann schob sich die nach der Erkal

hervorragende Schriftsteller und berühmte Reisende es nicht

tung erstarrte Oberfläche mit Regelmäßigkeit über einan

Bruchſtücke aus Jules Garniers Beſchreibung von Tahiti.

308

der, wie man es an mehreren Punkten der Insel sehen kann. Welche Verwüstung herrschte aber damals auf dieſen

dort in Kieselsteinen, die mit einem Kohlenbecken erhit sind, gebraten wird,

dann Hühner, und alle Sorten

verschlackten und noch bebenden Felsen ohne Vegetation,

Früchte. Die Tahiter sind

ohne Thiere, ohne Waſſer ! Als aber die Erkaltung erfolgte

alles was sie besigen für Spirituosen hergeben, so daß die

entschiedene Saufer.

Sie würden.

und durch die dadurch bedingte Zuſammenziehung die neuen

Regierung den Verkauf derselben durch die Europäer ganz

Felsen auf allen Seiten barsten, drangen die Gewasser in

verbieten mußte , und die Insulaner streng bestraft wenn

diese Klüfte und flossen darin der allgemeinen Senkung Nach und nach wurden dieſe ursprüng

fie Liqueure bereiten oder trinken, welche sie aus importirten Orangen zu bereiten lernten . Sie betranken sich indem

lichen Flußbette beſtimmter und weiter, und bildeten endlich die Thäler, wie wir sie heute sehen. Jedoch bedurfte es

ſie dieſes Getränk maſſenhaft ausschlürften, und führten dann unter sich jene ausgelassenen Tänze auf, welche so be

vieler Zeitalter um diese Umänderung zu bewirken ! Die Oberfläche der vulcanischen Felsen zerbröckelte sich

liebt waren zur Zeit als wir dahin kamen .

und daraus bildete sich die Erde, die nun den Fuß der Berge und die Thäler bedeckt, fruchtbare Dammerde, in welcher alle Bestandtheile, die eine üppige Vegetation be günstigen, enthalten sind. So konnte nach und nach das Leben wieder einkehren,

die Ebene, die das Meer begränzt ihre größte Ausdehnung, ungefähr 3 Kilometres in der Breite. Dort befinden sich

nach dem Meere zu .

Inmitten dieser Ruhe Pflanzen, Thiere und Menschen . siedelten sich die arbeitsamen Zoophyten, welche die Corallen liefern, in Maſſen am östlichen Ufer an, wo ihre Arbeit vor der zerstörenden Einwirkung der Paſſatwinde geſchüßt Als so durch ihre Sorge ein hinlänglich fester Wall

Im District Atimaono, im Norden der Insel, erreicht

seit dem Jahre 1864 die großen landwirthschaftlichen Nieder lassungen einer reichen englischen Gesellschaft.

Diese kaufte

damals 4000 Hektares dieses vorzüglichen Bodens um einen sehr geringen Preis und setzte dann 1600 chineſiſche Kulis dorthin , unter deren ausdauernden Arbeiten diese flachen und mit einer mächtigen Lage Humus bedeckten Strecken bald von breiten bequemen Straßen durchzogen, und dieselben mit unzähligen Bananen und Fruchtbäumen

längs der Küste errichtet war, konnten alle Felsen und Bruchstücke, die das Wasser vom Gipfel der Berge brachte,

besezt wurden. Die verwilderten und unnüßen Waldungen wurden ausgerottet und auf dem Plaße verbrannt, und

in einem ruhigen, abgegränzten Gewässer versinken, wo sich auf diese Weise jener ebene und fruchtbare Landstrich bildete welcher sich längs der ganzen östlichen Küste erstreckt,

an deren Stelle colossale Pflanzungen von Zuckerrohr, Baumwolle und Kaffeebäumen angelegt.

am Fuß der vulcanischen Berge und meist auf den Korallen banken selbst ruhend.

strand, und bilden ein großes und malerisches Dorf, der Hafen selbst war durch zahlreiche kleine Schiffe belebt.

An der westlichen Küste hat das , durch andauernde

All' diese, durch die Arbeit veranlaßte Bewegung bildete

Südwestwinde bewegte Meer dem Ueberhandnehmen der

einen auffallenden Contrast gegen die Ruhe und Unthätig

Die zahlreichen

Behausungen dieser Colonie erstreden sich bis zum Meeres

Korallen entgegen gearbeitet, und gestattete kaum einen

keit die im übrigen auf der ganzen Insel herrscht.

schmalen Landstreifen sich da und dort zwischen dem Meer

finanzielle Seite dieses Unternehmens zeigte schon so er:

und den Bergen zu bilden, an welchen rings die unermüd

freuliche Resultate daß der Gérant so eben auf eigene

Die

lichen Wellen des Oceans sich brechen.

Rechnung die Verwilligung eines eben so großen Stück

Wir verfolgten einen angenehmen Weg längs des Ufers über den eben besprochenen flachen Landstrich. Da zeigte

Landes

sich nun die Pflanzenwelt in ihrer ganzen Fülle mit ihren Waldungen von Cacao : und Orangen : Bäumen, Papaya und Pinien 2c.,

welche einen erhabenen Tempel

erhandelt hatte ,

auf der benachbarten

Insel

Nuka -hiva, ¹ welche unter franzöſiſchem Protectorat ſteht. Da ich mich darüber wunderte daß er es nicht vorgezogen hätte in Tahiti selbst diese neue Ausbeutung auszuführen, wurden mir die zwei Hauptgründe die dagegen einzuwen

mit dichten grünen Vorhängen bilden, die nur hie und da sich heben um das Meer und den unbegränzten Horizont

ten Erfolgen der Preis der Grundstücke sehr gestiegen,

zu zeigen.

dann glaubte er auch daß auf dieser Insel schwerlich nocy

den waren gesagt.

Erstens war seit den von ihm erziel

Die Wohnungen der Eingebornen finden sich nur ver

ein so ausgedehnter und günstig gelegener Plaß zu finden

einzelt an diesem Gestade ; gegen die Thäler zu, wo die Küste breiter wird, stehen die bedeutenderen Dörfer. In

sein würde, indem die am Ufer des Meeres gelegenen

der Gegend der Vorgebirge, wo die Küste schmäler wird, ist sie meist unbewohnt.

tares betragen.

Wir übernachteten gewöhnlich in dem Hauſe welches der Gouverneur in jedem größeren Dorf für die reisenden Beamten errichter hat. Hier wurden wir in der Regel

tors dieser schönen Ansiedlung den Rücken kehrten, führte

schon erwartet, und fanden eine wenig abwechselnde aber

↑ Nuka-hiva liegt in der Maiquejas- Gruppe. Wir vermuthen daher einen Druckfehler. D. R.

reichliche Mahlzeit bereit : das übliche Spanferkel, welches

flachen Landstriche insgesammt nicht mehr als 20-25 Hek:

Als wir dem gastlichen Dach des intelligenten Direc

uns unser Weg nach dem im Districte Papenriri gelege nen berühmten See Vaihiria.

Die Straße dorthin zieht

Bruchstücke aus Jules Garniers Beschreibung von Tahiti.

309

sich an einem, zwischen zwei Bergen eingezwängten Flusse entlang, deren Wände oft senkrecht aufsteigen, so daß der

schwimmend erreicht wird, wobei sie sich durch einige Feis. Stämme unterstützen. Durch die Zeit die einer der Ein

Weg auf beiden Seiten sehr schmal ist und man fortwäh

Bald aber wird der Fluß reißender, die Rollſteine

gebornen auf diese Art zu seiner Ueberfahrt bedurfte, konnten wir die Größe des Sees annähernd berechnen . Dieser in 16 Mann legte in einer Minute 35 Mètres zurück,

welche deſſen Bett bilden gleiten und kugeln mit dem

Minuten die ganze Strecke, also ungefähr 560 Mètres.

Wasser fort, sobald sie der Fuß des Wanderers berührt,

Eine wagrechte hinausgeschossene Flintenkugel erreichte beinahe das jenseitige Ufer, und Hr. Mery schätzte die

rend genöthigt ist von einer Seite auf die andere überzu sehen.

so daß es auch dem flinksten unter uns oftmals wieder: fuhr in das Wasser zu rutschen und von dem reißenden, ungestümen Strome fortgerissen,

von dem mitgerissenen

Tragweite unserer Kugeln auf circa 5-600 Mètres. Die Breite des See's beträgt beiläufig 150 Mètres. Dank

Gerölle geschlagen und gequetscht, erst in einiger Entfer

diesem See, dessen Spiegel während der großen Regen sich

nung wieder am Land festen Fuß fassen zu können. Das Thal Vaihiria ist bei seinem Eingange und un

hebt, und bei der Dürre sinkt, brauchen die Thäler und

gefähr während der ersten zwei Stunden Weges breit und fruchtbar ; dann schließt es sich, und seine Seiten zeigen dem Auge eine Reihe terrassenförmiger Höhen, deren Wände ſich 150 bis 200 Meters erheben mögen, und von deren Rande tosende Cascaden garbenförmig sich ergießen. Oft

Ländereien von Vaihiria so lange weder Ueberschwem mungen noch Wassermangel zu befürchten, bis nicht aus dieſem natürlichen Becken das Wasser einen Ausweg ge

steiler Kegel gleicher Höhe, leßtes Zeugniß jener einstmals

funden hat um sich direct ins Thal zu ergießen. Ich konnte mich nicht entschließen Tahiti zu verlaſſen -ohne die Königin Pomare IV gesehen zu haben, — was allen ohne lebt Sie ist. erreichen zu übrigens nicht schwer Pomp in ihrem Palast, und fürchtet nichts so sehr als

ſtehenden Berge welche von den Gewässern allmählich hinweggewaschen wurden. An manchen Stellen theilt sich der Fluß um diese Zuckerhüte rundum zu umspülen.

ceremoniöse, gezwungene Besuche, welche sie als das größte der von Europa eingeführten Uebel betrachtet. Ich hatte die Ehre, durch einen der Günstlinge der Königin vorge

Nach fünf Stunden eines sehr beschwerlichen Marsches

ſtellt zu werden, welche ich mit einigen Prinzeſſinnen ihres

gelangten wir an einem Punkt wo der in zwei Arme ge theilte Strom einen jähen Abhang hinunter stürzt, wel

Gefolges beim Kartenspiel antraf. Pomare zählte damals vier und fünfzig Jahre, aber nichts in ihrer Erscheinung

chen wir erklimmen mußten. Der ganze Boden war hier mit Feis bedeckt, jener wilden Banane, welche ein so wich

schien einen Beginn von Gebrechlichkeit zu verrathen. Ihre Züge waren ernst, aber nicht unfreundlich, und ihre Augen voll Geist ; ihr langes Haar, das in einem zweifachen

auch erhebt sich inmitten des Umkreises der Terrasse ein

tiges Nahrungsmittel der Eingeborenen bildet.

Auf diesen

schroffen Wänden fanden wir die Ueberreste eines durch die Tahitier zur Zeit ihrer Kriege gegen uns erbauten Forts. Endlich hatten wir jene beschwerliche Strecke über. wunden und erreichten ganz erschöpft den Höhenrand. Wir fanden uns nun auf einer weiten, fruchtbaren Hochebene, inmitten der üppigsten Vegetation und umgeben von hohen, majestätischen Bergen.

Zopf herabwallte, erinnerte an die junge gefallſüchtige Prin zessin Amaïta, welche zur gleichen Zeit als Königin ernannt wurde und zur Frau reifte. Auch Arüfaaite, der Gemahl der Königin, war bei dieser Zusammenkunft anwesend. Er scheint mir ein wür diger Repräsentant des schönen tahitischen Typus.

Seine

wohlproportionirte Gestalt erreichte beinahe 6 Fuß ; ich

Wir gingen über die Plattform hinweg, hatten noch

hatte ihm schon öfters begegnet, und stets den gleichen,

während einiger Augenblicke einen Kamm, oder vielmehr eine wellenförmige Erhebung des Bodens zu übersteigen, traten dann plößlich aus den Gehölzen, die bisher den

ist um 7 Jahre jünger als die Königin, und sie hat von ihm sieben Kinder, während sie von ihrem ersten Gemahl

tiefgelangweilten Ausdruck bei ihm wahrgenommen.

Er

Horizont unseren Blicken verdeckt hatten, und fanden uns unmittelbar vor dem Vaihiria See. Dieser See füllt die

ohne Nachkommen blieb, und ihn deßwegen verstoßen hatte.

untere Hälfte eines weiten Trichters, welcher nur von der Seite des Thales von wo man kommt eine Deffnung zeigt.

Welt, scheint sich zwar seit einigen Jahren in gleicher

Längs der Wände desselben stürzen tausend Waſſerfälle in großen Bögen herab ; sie werden durch unausgesetzte Regen Wir selbst waren bald ganz durchnäßt von unterhalten

Diese schöne tahitische Race, eine der größten auf der

Zahl zu erhalten,

troß des Contactes mit den Weißen,

doch ist dieß wohl nur als ein Aufschub zu betrachten, und eine Zeit wird kommen, und ist vielleicht nicht mehr gar ferne, wo nur noch die Erinnerung an diesen Zweig

dem feinen Regen, der diese von Feuchtigkeit geschwängerte Luft fortwährend füllt.

einer großen Familie beſtehen wird, deſſen Ueberreste jezt auf den fernen Gipfeln eines unermeßlichen, heute

Während unsere Führer beschäftigt waren ein Feuer anzuzünden, und die Mahlzeit sowie unsere Lager für die Nacht zu bereiten, hatte ich Muße den See mehr im ein

überflutheten Festlandes hausen.

zelnen zu betrachten.

Seine Ufer sind ganz unwegsam,

so daß das entgegengesette Ufer von den Eingebornen nur

Neuere Forschungen über die Urzeugung (Generatio aequivoca s. spontanea).

310

Neuere Forschungen über die Urzeugung

(Gene

lirtem Wasser 24 Stunden liegen, dampfte das Wasser ab und untersuchte nun seine Schäße mit einem Mikroskop

ratio aequivoca s. spontanea). von 180facher Multiplication. Nach langem Streite zwiſchen zwei grundverſchiedenen Ansichten über eine alte Streitfrage stehen sich beide gleich: berechtigt gegenüber.

Die Körperchen die er sand, Namentlich auf

sind auf Fig. 1 bis 4 abgebildet worden.

Fig. 1 und 2 haben die meisten Gegenstände das Ansehen

Die Anhänger der einen behaupteu

daß kein Organismus entſtehen könne außer es sei denn ein Ei, ein Keim, eine Zelle von einem vorausgehenden Die Anhänger Organismus zuvor ausgebildet worden. der andern behaupten, in Aufgüſſen auf Reſten von orga=

.00 9

nischen Substanzen könnten sich mikroskopisch kleine Orga Seit beinahe zehn Jahren nismen elternlos entwickeln.

Fig. 1 .

Fig. 2.

schwankt der Kampf zwischen den Vertretern dieſer An: schauung, besonders lebhaft in Frankreich, wo der Che miker Pasteur gegen, der Mikroskopist Pouchet für die Ur oder Selbsterzeugung aufgetreten sind.

Von beiden Seiten

von Organisirung, man will.

doch kann man darüber denken wie

Jedenfalls aber darf man sie nicht für Eier,

sind uns eine Reihe von Versuchen vorgeführt worden ,

Sporen, Keime oder Urzellen derjenigen Körperchen hal ten die in Aufgüſſen unter einer Vergrößerung von 800

einer scharfsinniger erdacht als der andere, keiner jedoch von entscheidender und unzweideutiger Wirkung. Auch

Durchmessern (Fig. 5) gesehen werden, denn dazu sind sie viel zu groß. Die Gegenstände in Fig. 3 bis 4 sind wohl

bemerken wir im voraus daß das später folgende den alten Streit nicht schlichten wird, wenn es auch neue That ſachen uns bringt.

Als der Feldzug von Pouchet eröffnet

wurde, zählte er in Frankreich und auswärte nur ein paar Anhänger, die Ueberzeugung fast aller Fachgelehrten war gegen ihn. Jeht nach zehn Jahren hat er und sein An hang zwar nicht gesiegt,

allein er ist auch nicht widerlegt

worden. Anfangs fertigte man die Ansicht der Urzeugung mit einem sehr wohlfeilen Spruch ab. Aristoteles und die

Fig. 3.

Fig. 4.

Gelehrten des Alterthums, so sagte man, nahmen eine Urzeugung an. Die größeren Thiere ließen sie aus Eiern

nichts anderes als Sonnenſtäubchen, d. h. Trümmer von

entstehen, allein das Ungeziefer, unter welches sie sogar

wenigen einzelnen Körpern auf welche der Verdacht von Keimen fallen könnte.

organischen oder unorganischen Stoffen ,

untermischt mit

noch die Mäuse begriffen, erzeugte sich selbst aus Schmuß und verwesenden Stoffen.

Je schärfer beobachtet wurde,

Umgekehrt hat ein sehr einfacher Versuch von Pouchet

desto mehr Fälle angeblicher Urzeugung wurden auf echte Zeugung zurückgeführt. Zuletzt flüchtete sich daher die

den englischen Anatomen und Physiologen Owen, wie er selbst erzählt, für die Ansicht der Urzeugung gewonnen. Er bereitete nämlich einen Aufguß, von dem er die Hälfte

Urzeugung in das kleinste Leben, wohin das mikroskopi sche Sehen ihr nicht mehr folgen konnte. Dieser Vorwurf war ein ungerechter, denn die Urzeugung konnte eben nur

in ein flaches Gefäß goß.

Mitten in dieses Gefäß stellte

er ein tiefes Glas, und füllte es mit der andern Hälfte

in der kleinsten Welt, sie konnte nur bei der Bildung

des Aufguſſes, beide bedeckte er mit einer Glasglocke. Nach

einer vereinzelten Zelle beginnen . Die Gegner der Urzeu gung waren genöthigt ihre Zuflucht zu einer noch völlig

acht Tagen schwärmten in dem tiefen Glas lauter gewim perte Infusorien, in dem flachen Gefäß nur Bacterien und

unerwiesenen Hypotheſe zu nehmen, sie behaupteten nämlich die Reime oder Sporen der Infusorien schwebten klein bis

Vibrionen. Wurde der Versuch umgekehrt, mit demselben Aufguß, das flache Gefäß bis zum Rande, das tiefe Glas

zur Unsichtbarkeit in der Luft, fielen in die Aufgüsse hin

nur ganz wenig über den Boden angefüllt, so enthielt das

ein und belebten diese mit

einer

kleinsten

Thierwelt.

lettere die Bacterien und Vibrionen, das andere die ge

Pasteur ersann nun einen hübschen Versuch um seine Gegner von der Anwesenheit der Infusorienkeime in

wimperten Infusorien. Wenn die Keime aller Aufguß thierchen in der Luft schweben, wie die Panspermatiſten

der Luft zu überzeugen .

behaupten, wie kommt es daß sich nur Keime von Bacterien

Er leitete einen Luftstrom in

eine Glasröhre, welche er zuvor mit einem Stück Schieß

und Vibrionen auf eine seichte Aufgußschicht senken, die

baumwolle verschlossen hatte.

Dieſer Pfropfen ſollte gleich:

Keime gewimperter Infusorien aber auf tiefe Schichten?

ſam als Filter oder Sieb dienen, in welchem jene Keime

Dieser Versuch mag dazu dienen die Gläubigen der Ur zeugung im Glauben zu bestärken, einen strengen Beweis

zurückgehalten würden. Nach dem Durchgang der Luft löste er die Schießbaumwolle in Aether auf, sammelte die

bringt er noch nicht, er nöthigt jedoch die Gegner zu einer

Rückstände in einem Uhrglas, wusch fie, ließ sie in diſtil

Ausrede, denn sie müſſen ſagen : auf seichte wie auf tiefe

Neuere Forschungen über die Urzeugung (Generatio aequivoca s. spontanea).

311

Aufgußschichten senken sich die Reime von Vibrionen, Bac terien und gewimperten Aufgußthierchen gleichmäßig herab,

Bereiten wir einen kalten oder warmen Aufguß aus irgendeinem Pflanzen: oder Thierstoff und bedecken wir das

allein bei der Seichtheit können nur Vibrionen, bei grö

Gefäß zur Abwehr gegen Staub sorgfältig mit Papier, so wird zuerst der Aufguß einen Opalschimmer annehmen, hierauf entsteht an der Oberfläche in Stunden oder Tagen,

Berer Tiefe nur gewimperte Infusorien sich entwickeln . Beim Beginn des Streites behauptete Pasteur, man

würden sich dann keine Organismen entwickeln, da bei

je nach der Temperatur oder den angewendeten Stoffen ein Häutchen. Unter sehr starken (1 X 800) Vergröße:

Pouchet bereitete

rungen gewahrt man daß dieses Häutchen zusammengesezt

. sogleich einen Aufguß aus Gerste, ließ ihn 6 Stunden

ist aus sehr kleinen Körperchen (Fig. 5 a) von unbeſtimm

brauche nur die Aufgüsse zum Sieden zu bringen, und es

100° C. alle Keime getödtet werden .

lang in einer offenen Flasche sieden, verschloß diese während des Siedens mit einem Pfropfen, und tauchte den Hals sogleich in Flaschenpech. Nach 6 Tagen wurde etwas Hefe bei 18° C. im Aufguß bemerkt, am nächsten Tag stieg die Temperatur des Aufgusses plötzlich auf 27 °, die Flasche plagte, und sowohl mit nacktem Auge wie unter Vergrö Berung wurde Hefe bemerkt.

Hefe aber ist eine Pflanze.

Statt die Flagge zu streichen, bemerkte Pasteur, der Versuch beweise nur daß eine Temperatur von 100 ° C. nicht genüge die Keimkraft der unsichtbaren Sporen zu zerstören, Temperaturen von 130 ° C. würden aber hin reichen. Pouchet ließ nun die zugeführte Luft sowie die organischen Bestandtheile für die Aufgüsse Temperaturen von 130, ja später 150 ° C. aussehen, das Schlußergebniß blieb immer günstig.

Ebenso unglücklich war Pasteur als

er behauptete, wenn der Aufguß in versiegelten Flaschen bei großer Kälte auf hohen Bergen geöffnet werde, so ent wickeln sich keine Infusorien. Die HH. Pouchet, Jolly

Fig. 5.

a.

b.

C.

ter Kleinheit bis zum Durchmesser von 1/30.000 Zoll. Sechs Stunden später hat sich der Anblick des Häutchens geän Die Körperchen haben an Umfang ge dert (Fig. 5 b). wonnen, manche von ihnen sich paarweise vereinigt, so daß Am sie schon Stäbchen oder Fäden (Bacterien) bilden . nächsten Tage oder 12 Stunden später ist die paarweise Anordnung wieder fortgeschritten (Fig. 5 c), ja man findet. schon Reihen von 8 Körperlängen, auch bewegen sich die Bacterien rasch über das mikroskopische Gesichtsfeld.

Bei

fortgesetter Beobachtung treten Gestalten auf wie Fig. 6 a, In dieser Masse von und noch später wie in Fig. 6 b. 00 00000000 ကာ ∞∞∞

und Musset bestiegen den 9000' hohen Maladetta- Gletscher in den Pyrenäen und erhielten in acht Flaschen Infusorien.

Fig. 6.

Pasteur entgegnete darauf, sie hätten nicht acht ſondern mindestens zwanzig Flaschen aussehen sollen, die Flaschen

SEL FooSooom OO

a.

b.

auch nicht mit einer Feile öffnen dürfen, weil sie dabei mit den Fingern, an denen Keime haften könnten, dem Aufguß zu

Körperchen bewegen sich Vibrionen mit schlangenartiger Be Diese Gestalten haben entweder ein wegung (Fig. 7 a).

nahe gekommen wären, ſondern den Flaschenhals mit Zangen abbrechen müssen , die zuvor ins Glühen versezt worden wären. Um dieſe pedantischen Einwände zu beseitigen, wan

einziges Knie mit gleich langen Gliedern, wie Fig. 7 b,

b derten die unverdroffenen Urerzeuger nächstes Jahr wie der zum Maladetta : Gletscher , nahmen sogar 22 Flaschen

a

mit, öffneten sie mit glühenden Zangen und in allen 22 entwickelten sich Infusorien . Auch hier aber ist kein Be

Fig. 7. weis gewonnen oder nur der Beweis daß ſelbſt auf 9000' senkrechter Höhe die Kälte die Keime nicht zerstört wenn welche vorhanden sind.

Vibrionen und ihre Bewegung (1 × 800).

und sind dann durch Vereinigung zweier Bacterien ent:

sondern es ist sogar rathsam die Lehren der Urerzeuger aufmerkſam anzuhören, denn da die Ansicht von der Allgegen

standen, oder die ' Glieder sind ungleich lang wie Fig. 7 d, aber bewegungslos in diesem Falle, oder sie bestehen aus zwei Knieen (Fig. 7 e) und zeichnen sich durch rasche Orts veränderung aus oder aus einer Mehrzahl von Gliedern wie

wart der Infuſorienkeime in der Luft nicht streng erwiesen werden konnte, so ist sie nur eine Hypotheſe geradeſo wie

Fig. 7 a. Die Bewegung erfolgt in dem Sinne wie es die punktirte Linie Fig. 7 c andeutet. Sind denn nun wirklich

die Selbsterzeugung eine Hypothese ist. Wir geben also im Folgenden eine Darstellung der Lehre Pouchets nach

die Vibrionen durch Anreihung von einfachen Stäbchen oder Bacterien entstanden ? Dumas wollte etwas derartiges

John Hughes Bennett, zugleich mit neuen, höchst wichtigen

wahrgenommen haben, allein Pouchet war ehrlich genug. diese Thatsache, obgleich sie seinen Ansichten so günstig

Bei diesem Stande des Streites ist es nicht bloß billig,

Wahrnehmungen des lehteren, die der Selbſterzeugung ſehr günstig sind wenn sie auch keine letzte Entscheidung bringen.

wäre, zu bezweifeln.

Bei der Maſſe der Körperchen im

.

Neuere Forschungen über die Urzeugung (Generatio aequivoca s. spontanea).

312

Gesichtsfelde und bei ihren raschen Bewegungen muß es sehr selten gelingen diesen Vorgang zu beobachten. Ben

d: Robs g

nett war zweimal so glücklich. Das erstemal erfolgte das Anreihen wie in Fig. 8. Bei a wurden die Bacterien

a

b

የ d

b

9317 Fig. 8.

Vereinigung von Bacterien ( 1800).

noch getrennt gesehen, bei b waren sie vereinigt und be bewegten sich hierauf wie e und d es angeben. Noch genauer fonnte das zweitemal der Vorgang überwacht werden.

f

Hier wurde wie in Fig. 9 die Annäherung zweier

Jo Bacterien bei a und b beobachtet, bei e waren sie bereits Fig. 10. Entstehung eines Paramecium nach Bouchet (1X250).

a

b



d

e

f

g

Aufguß gelangt sein, dort aber so lange schlummern und auf ihre Entwicklung harren, bis die Bacterien

ง 8 PE VIII

bereitet hatten. Fig. 9.

und Vi

brionengeneration die Flüssigkeit zu ihrem Auftreten vor:

Zweiter Fall einer Vereinigung von Bacterien.

Die Bildung der Vibrionen aus den Bac

terien, die Fig. 11 in der Reihenfolge der Zahlen noch

vereinigt, und setzten sich nun in chronologischer Folge wie

1.

d, e, f, g in Bewegung.

2.

3.

4.

5.

6 06



Nach etlicher Zeit wenn der Aufguß wieder untersucht

00000000 wird hat das Leben aufgehört.

Bacterien und Vibrionen

sind ohne Regung und offenbar todt.

Fig. 11.

Sie verwesen rasch

und es entwickelt sich nun ein zweites Häutchen.

In dies einmal schematisch wiederholt , läßt sich aber nicht mit

sem werden rundliche Massen sichtbar, die das Licht stark der Lehre von

den Keimschwärmen

in

der Luft ver

brechen, sie beginnen bald sich in Bewegung zu sehen mit einigen, und so lange die Beobachtungen Dumas' und Hilfe einer schwingenden Wimper die an einem Körperende angeheftet ist (Monas lens). In ein oder zwei Tagen vermehren sich die Wimpern, ein Kern verdichtet sich und

Bennetts nicht widerlegt werden, müssen wir wenigstens für die Vibrionen annehmen daß wir ihre Entstehung aus Bacterien überwachen können.

das Geschöpf schwimmt ebenmäßig durch die Flüssigkeit. Jest Selbst wenn aber die Urzeugung bei den Infusorien treten verschiedene Gestalten auf, je nach der Wärme, Jahres zeit, Besonnung und Art des Aufgusses, die Amoebae, Para

allgemeinen Beifall fände und durch fortgesette Beobach tungen bestätigt werden sollte, würden wir wohl deßwegen

mecia, Vorticellae, Glaucoma 2c. benannt wordensind . Bouchet auf eine Urzeugung aller Organismen schließen dürfen ? hat das Auftreten des Paramecium in dem zweiten Aufguß Vorläufig gewiß nicht, denn der Aufguß seßt immer irgend häutchen wie in Fig. 10 geschildert. Zuerst schaaren sich die einen schon vorher organisirten Stoff voraus.

Bildungen

Körperchen wie bei a zusammen, vergrößern ihren Umfang aus organisirten Stoffen könnten uns nie die Entstehung bei b und c, zugleich tritt Verdichtung hinzu bei d, ein äußeres Häutchen wird unterschieden bei e, das sich scharf trennt bei f, und bald bei g einen Kern

der ersten Organisationen beweisen . Erst wenn sich In fusorien entwickeln würden in Aufgüssen von organischen

oder Keimfleck unter Stoffen, die chemisch aus unorganischen Verbindungen dar

scheiden läßt. Die höheren Infusoriengestalten treten immer erst auf, nachdem die Bacterien und Vibrionen verschwunden sind.

gestellt worden wären, dürften wir uns einen solchen Schluß erlauben.

Sie entstehen elternlos, sagen die Urzeuger, aus der Ver wesung des ersten Geschlechts, und sie sehen darin einen

Berichtigung.

Gegenbeweis daß die Keime der Aufgußthierchen nicht in der Luft schweben. Aber auch hier gelangen wir zu keiner Gewißheit, denn die Keime konnten aus der Luft in den

In Nr. 11 S. 242 Spalte 1 soll es bei Erklärung des Holzschnittes Fig. 1 heißen daß die als p 1 und m 1 bezeich neten Gegenstände den ersten vordern und ersten wahren Back zahn vertreten.

Druck und Verlag der 3. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction: Dr. D. F. Beschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinnduierigster Jahrgang.

Nr. 14.

Augsburg ,

1869.

3 April

Inhalt: 1. Die Geheimnisse der Firsternwelt und die Spectraluntersuchungen. 2. Briefe über vergleichende Mythologie. Von Prof. Dr. Fr. Spiegel . II. -— 3. Die Handelsgeschichte des Jahres 1868. 4. Die Jnsel Rapa ( Südsee) als Station für die Panamá-Dampfer. 5. Straßen und Handelsverbindung zwiſchen Britiſch-Indien und Kaſchgarien. - 6. Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde. Von Prof. Dr. Seuft in Eisenach. 6. Mineralbildungen in Höhlungen. 7. Pflege der Erdkunde in Italien.

Die Geheimnisse der Fixßternwelt und die Spec

unvergleichlicher Entdeckungen wirklich genossen wird, be weist uns der Umstand, daß eine kleine Schrift von Hug

traluntersuchungen. Der Reiz und der Werth des menschlichen Lebens steigt beträchtlich, wenn es in eine Zeit großer und unerwarte ter Entdeckungen fällt.

Als am Ende des 16ten Jahrhun

gins in deutscher Bearbeitung rasch in erster Auflage ver griffen wurde. 1 Die Zerlegung des Lichtes von Himmelskörpern durch das Prisma ist höchst schwierig und erfordert einen Be

derts das Fernrohr erfunden wurde, brachte jedes Jahr eine

obachter ersten Ranges wie William Huggins.

große Neuigkeit, und rasch nach einander wurden die Ge

Die Nächte,

heimnisse des Sonnensystems, wie überhaupt das System

in denen die Luft zur Anstellung so feiner Beobachtungen Da hinreichend ruhig ist, sind uns sparsam zugemeſſen.

selbst, vorher nur geahnt, durch sinnliche Wahrnehmung

für die Sicherheit der erreichten Ergebnisse manchem Laien

entschleiert.

bang werden möchte, so gewähren die Abbildungen der

Man sah damals zuerst was Kopernikus nur

theoretisch gefolgert hatte, das sichelförmige Licht der Venus,

Spectralbilder vollständige Beruhigung.

zuerst die Flecken der Sonne, zuerst die Flecken des Mon des als Ebenen an deren Rändern Kraterberge durch hel

In einem einzigen.

Bilde sind bisweilen über 80 Linien geſehen und ihre Ab stände gemessen worden. Eine Vorrichtung an dem In

lere Beleuchtung heraustraten.

Jupiter gehörte bald nicht

ſtrumente verstattete die gleichzeitige Wahrnehmung der

mehr zu den einsamen Gestirnen, sondern zeigte sich in Be gleitung von vier freundlichen Monden, am Saturn aber

Spectralbilder irdischer Stoffe zum Vergleich mit den Spec

wurden, wie seltsam ! zwei

das neue Werkzeug der Beobachtung lieferte, sind ganz außerordentliche, denn jetzt haben wir einen Schlüssel in

Henkel" sichtbar.

Wir benei

den die Zeitgenossen Galilei's um diese Ueberraschungen, mit denen menschliche Erfindungsgabe belohnt wurde, wir beneiden noch mehr die Glücklichen die in ſtillen unvergeß lichen Nächten zuerst von

allen Sterblichen ungeahnte

Merkwürdigkeiten erschauten.

Nur einmal in der Geschichte.

der Wissenschaften schien sich wiederum eine Zeit eingestellt

tralbildern himmlischer Lichter.

Die Aufschlüſſe aber welche

den Händen die physischen Vorgänge selbst in den entfern testen Himmelsräumen zu überwachen. Der Mond und die Planeten werfen bekanntlich Son nenlicht zurück,

also können die Spectralbilder ihres Lich

tes nur das Spectralbild des Sonnenlichtes wiederholen.

zu haben, in der sich Ueberraschung auf Ueberraschung

Sind jedoch der Mond und die Planeten eingehüllt in

drängte, als Leeuwenhoek nämlich seine ersten mächtigen

Dunstkreise, so wird das Sonnenlicht bei seinem doppelten

Mikroskope schliff und mit diesem Schlüssel das Reich der

Durchgange durch jene Schichten eine Verkümmerung er

kleinsten Dinge eröffnete.

leiden und die zurückgeworfenen Sonnenstrahlen im Far benbild mehr Frauenhofer'sche Linien oder Absorptions: streifen wahrnehmen lassen als das Farbenbild der direc

Allein die gesteigerten Lebens :

reize zu den Zeiten Galilei's sind auch uns zu Theil ge worden, denn seit Kirchhoff das Spectroskop erfunden hat, sehen wir zwar nicht eine größere Anzahl Körper wie früher, wohl aber sehen wir die Stoffe und das Spiel der Kräfte im erfüllten Weltenraum. Ausland. 1869. Nr . 14.

Daß in unsern Tagen die Zeit

1 Ergebnisse der Spectralanalyse in Anwendung auf die Him melskörper von William Huggins, deutſch mit Zusäßen von W. Klinkerfues. 2. Aufl. Leipzig 1869. Quandt u . Händel. 40

Die Geheimnisse der Fixsternwelt und die Spectraluntersuchungen.

314 ten Strahlen.

Das Spectroskop hat auf diese Voraus

sehung folgendes geantwortet. Es bestätigte aufs strengste was auf andern Wegen schon halb und halb erwiesen wurde, daß der Mond von keiner Atmosphäre umgeben ist die in wahrnehmbarer Menge Licht verschlucke. Der Jupiter dagegen erfreut sich einer Dunsthülle, und zwar von derselben chemischen Zu sammensetzung wie die irdische, zugleich aber ist darin ein Gas oder ein Dampf gegenwärtig, welcher in der Erden luft nicht wahrnehmbar ist. Das Farbenbild des Saturn: lichtes stimmt überein mit dem jovialen, und wahrscheinlich rüh ren die fremden Verschluckungsstreifen von Waſſerdampf her. Venus zeigt das Farbenbild des Sonnenlichtes, man könnte also daraus schließen daß sie keine Atmosphäre besite, doch ist es auch möglich daß das Licht nicht von der Oberfläche des Planeten, sondern zunächst von einer Wolkenschicht die ihn einhüllt, zurückgestrahlt werde. Das Titelgemälde zeigt uns die Farbenbilder der Fir sterne Aldebaran (« Tauri) und Beteigeuze (« Orionis) aus nicht weniger als 80 gemessenen frauenhoferschen Linien oder Verschluckungsstreifen zusammengesetzt, die aber „ nur ein kleiner Bruchtheil der unzähligen feinen Linien sind,

wortet daß die Vermuthung richtig war. Im Farbenbilde vom Doppelstern « Herculis sind die grünen, blauen und auch die rothen Schichten durch Gruppen dunkler Linien abgeschwächt, folglich leuchtet der Stern orangegelb. Es gibt Sterne welche die Stärke ihres Lichtes verän dern, und zwar entweder periodisch oder plößlich, und dann meistens auf kurze Zeit leuchtend.

In Tycho de Brahes

Tagen 1572 und zu Keplers Zeit 1604 wurden Sterne gesehen die rasch bis zum Glanze der Venus aufstiegen und wieder erloschen.

A. v. Humboldt hatte im Kosmos

. diese Erscheinung unter dem ahnungsvollen aber gewagten War Ausdruck " Auflodern neuer Sterne" besprochen. nun der große Mann wohl berechtigt damit anzudeuten daß irgend ein Flammenausbruch jene Erscheinung erzeuge? Das Spectroskop hat geantwortet : er war berechtigt. Am 12. Mai 1866 wurde in Europa im Bilde der nördlichen Krone ein „ neuer“ Stern zweiter Größe entdeckt. Hr. Barker aus London hatte ihn in Canada schon seit dem 4. Mai gesehen, und gefunden daß seine Lichtstärke bis zum 10. Mai gewachsen war, dann aber abgenommen habe. Huggins rechtzeitig noch unterrichtet, untersuchte den Stern mit dem Spectroskop, welches ihm zwei übereinan

welche man in den Spectren dieser Sterne wahrnimmt. "

der fallende Farbenbilder gewahren ließ.

Am obern Rande des Farbenbildes sind die Verschluckungs

ein stetiges Farbenband mit dunklen Querlinien , oder Ver zehrungsstreifen, wie bei der Sonne oder andern Fixsternen.

streifen des Sonnenlichtes, unten die Spectrallinien irdi scher Stoffe angegeben worden.

Auf den Schulbänken ist

uns gesagt worden, die Fixsterne seien Sonnen.

Wir

haben es geglaubt, wir haben es gläubig wiederholt, wir

Das erste zeigte

Es rührte also von einem flüssigen oder festen glühenden Körper her, der umgeben sein mußte mit einem fälteren

haben uns auch in reiferen Jahren von der Berechtigung

Dunstkreis, durch dessen Lichtverschluckungsvermögen die dunklen Streifen hervorgebracht wurden. Aus diesem Spec

einer solchen Vermuthung überzeugt. Werfen wir jetzt einen Blick auf die Farbenbilder jener beiden Sterne, so

tralbilde, als Hintergrund, traten vier hellglänzende Farben: linien hervor, welche die Anwesenheit einer andern Licht

Der Stern Alde

quelle, und zwar eines leuchtenden Gases verkündigten, zu

baran ist eine Sonne, umgeben von einer Atmoſphäre in der sich Dämpfe von Natrium, Magnesium, Wasserstoff,

gleich mit der Andeutung daß dieses Flammengas heißer sein müsse als die andre Lichtquelle, weil seine Linien an

dürfen wir sagen : es sind Sonnen.

Wismuth, Antimon , Tellur, Quecksilber vorfinden.

Diese

Stoffe sind nicht etwa durch das Zusammenfallen einer einzigen, sondern von zwei, drei oder vier Linien in ver schiedenen Farbenregionen des Spectrums erwiesen worden. Fünf oder sechs Elemente des Aldebaran sind in Betei geuze wiedergefunden worden, andere fehlen. Wir wissen alle daß manche Sterne weißes, manche farbiges Licht uns zusenden, daß es rothe, gelbe, blaue und grüne Sterne gibt. Man konnte sich im Voraus diese Erscheinung leicht erklären.

Waren wenig dunkle Streifen

vorhanden, oder waren sie gleichmäßig über alle Farben schichten vertheilt, so blieb das Licht des Sternes weiß,

Glanz das Farbenband übertrafen.

Zwei der Linien ge

hörten dem Spectrum des irdischen Wasserstoffgases an. Binnen zwölf Tagen sank der Lichtwerth des Sternes von der zweiten zur achten Größe herab. Mit Hülfe des Spec troskops wurde hier der Beobachter auf der Erde Zeuge einer Firsternkatastrophe. Der Stern erlitt offenbar den Ausbruch großer Gasmassen, und zwar zum Theil von Wasserstoff der durch die Verbindung mit einem andern. Elemente an der Oberfläche verbrannte, und die vier glän zenden Spectrallinien erzeugte. Durch diese Flammenent wicklung wurde auch der andere leuchtende Körper des

Farbe geschwächt oder beinahe ausgelöscht, so mußte der

Sternes erhitzt, und der Lichtwerth des Gegenstandes ge steigert. Der Vorgang war im Laufe von ein paar Wo chen vollendet, er war überhaupt längst vorüber ehe eine

Stern das Licht der Ergänzungsfarbe zeigen. Waren also viele schwarze Linien im roth, orange und gelb, so wird

Kunde davon die Erde erreichte, denn bei der großen Entfer nung des Sternes mögen die Lichtwellen Jahre gebraucht

der Stern blau geleuchtet haben, waren umgekehrt auf der

haben che sie zu dem Spectroskop des Hrn. Huggins ge langen konnten. Eine solche Leistung des Epectroskopes wird die Laien gewiß in hohe Bewunderung setzen, aber noch viel ernster

wurde dagegen durch viele dunkle Streifen das Licht einer

kalten Seite des Spectrums die verfinsternden Streifen häufig, so nahm das Licht des Sternes eine warme Fär bung an, vielleicht orange.

Das Spectroskop hat geant

Die Geheimnisse der Firsternwelt und die Spectraluntersuchungen.

und wichtiger für den Kundigen ist die Prüfung des Lichtes bei den Nebelflecken. Die Lichtnebel der Milchstraße kennt ein jeder, aber solche leuchtende Stellen sind nicht bloß

315

aller bekannten Nebelflecken,

besteht aus Gas und zeigt

drei helle Spectrallinien . Im ganzen hat bis jetzt Huggins 60 echte und falsche Nebel (Sternhausen) untersucht, davon

Firmament zerstreut wo sie jedoch nur in Fernrohren wahr genommen werden. Als das teleskopische Sehen sich ver

sind jedoch 14 von Lord Rosse noch nicht in dem großen Teleskop geprüft worden, es bleiben also nur 46 übrig Es zeigten nun die bereits charakteriſirt worden waren.

schärfte lösten sich einzelne dieser bisweilen sehr regel

im Spectroskop :

auf die Milchstraße beschränkt, sondern über das ganze

mäßig, nämlich kreisrund, elliptisch, ringförmig angeordne ten Lichtschimmer in Haufen zahlloser Sterne auf, andere jedoch blieben was sie gewesen waren, ein milder Licht schimmer.

Noch mächtigere Teleskope lösten wiederum einige

der letteren in Sternenschwärme auf, brachten aber zugleich

Echte und sogenannte Nebelflecke

stetige Farben getrennte Farben bilder bilder 10

Sternhaufen Aufgelöste oder vielleicht aufgelöste Auflösbare oder vielleicht auflösbare Blaue oder grüne

5 10 -

auch eine neue Anzahl unlösbarer Flecken zur Kenntniß.

Nichts von Auflösbarkeit wahrgenommen 6

6 4 5

Nun entstanden zwei Ansichten unter den Astronomen . Die einen hofften daß mit der Verbesserung der Instru mente die ungelösten. Flecken sich sämmtlich in Sternen:

Aus dieser Uebersicht ergibt sich daß das Prisma als Sternenhaufen oder auflösbare Nebelflecke genau dieselben

haufen zertheilen würden, die andern, zuerst Sir William

Lichtschimmer bezeichnet wie das Teleskop, und als echte

Herschel, der Vater Sir Johns und Großvater Alexander

Nebelflecke nur solche welche nicht auflösbar gewesen waren oder im Verdacht der Unauflöslichkeit ſtehen können. Dem :

Herschels, vermutheten daß es eine besondere Claſſe von Lichtnebeln geben möchte, die für immer unlösbar bleiben

nach gibt es echte Lichtnebel, und nichts verhindert uns

würden, weil sie nicht von einem Schwarm fester leuchten

manche von ihnen uns als recht benachbart im Raume zu

der Körper, sondern von gasartigen leuchtenden Stoffen herrührten und Massen des Urstoffes darstellten aus denen Die Anhänger ſich die Sterne zusammengeballt hätten.

denken, daher auch die kürzlich beobachteten Gestaltverände rungen in dem unlösbaren berühmten Nebel der Argo 1

der ersten Ansicht dachten sich die unlösbaren Nebel un

so unglaubwürdig als anfangs erſcheinen .

die jedoch noch weiterer Bestätigung bedürfen, nicht mehr

endlich fern und trugen in sich die Anschauung daß die

Auch die Kometen hat das Spectroskop zur Antwort

Körperwelt für menschliches Fassungsvermögen unbegränzt ſei, die andern hatten nichts dawider wenn man sich die

auf Zweifel und Fragen genöthigt . Donati hatte schon 1864 gefunden daß das Kometenlicht helle Spectrallinien

leuchtenden Stoffe unserm Beobachtungsorte recht nahe dachte. Beide Ansichten, gleichberechtigt, lebten und ver

zeige, also gasartig sei. Huggins beobachtete zuerst den teleskopischen Kometen Nr. 1 vom Jahr 1866 , densel

erbten sich seit Sir William Herschels Zeiten fort.

ben der durch eine Entdeckung Schiaparelli's ewig denk würdig bleiben wird. Der Schweif des Kometen zeigte

Jezt

galt es die Lichtquellen durch das Spectroskop zu be fragen.

das Spectrum des Sonnenlichtes .

Am 18. August 1864 richtete Huggins ſein analytisches Fernrohr nach einem Nebelfleck im Drachen (Nr. 4373

zurück und zwar nicht das Licht des Kometenkopfes,

nach Herschels Katalog 37 H.. IV.), und mit großer Ueber raschung fand er statt eines continuirlichen Farbenbandes drei helle abgesonderte Linien ! Dieser Nebel war also

sondern das Sonnenlicht.

Er wirft also nur Licht

Der Kopf oder Kern des Kc

meten hat ein eigenes Licht, welches dem der gasartigen Nebelflecke ähnlich ist. Der Ueberseßer des kleinen Werkchens hat noch in einem

sicherlich kein Sternenhaufen, sondern ein echter Nebel, das Licht rührte auch nicht von einem festen oder flüſſigen glü henden Stoff, sondern von einem leuchtenden Gase her.

Anhange sein Urtheil abgegeben über die Hypotheſe, daß man durch die Farbenbilder der Firsterne erkennen könne, ob sie sich der Erde nähern oder von ihr entfernen. Es

Mikrometrische Messungen ergaben daß die eine Linie der hellsten Linie des irdischen Stickstoffſpectrums sehr nahe

gibt sogar schon Berechnungen über die Geschwindigkeit Die Auf mit der sich einzelne Sterne bewegen sollen.

lag, daß die schwächste dagegen mit der grünen Waſſer stofflinie zusammenfiel, die mittlere Linie aber mit keinem

gabe selbst ist höchst verwickelt und Huggins darauf ge:

Spectrum irdischer Stoffe sich vergleichen ließ, sondern nur

richtete Untersuchungen noch nicht recht reif. Wir begnü gen uns daher das Princip zu erläutern welches Doppler

der Bariumlinie am meisten sich näherte.

Außer diesen schon vor drei Jahrzehnten zu begründen suchte.

hellen Linien war ein äußerst schwaches stetiges Farbenbild vorhanden, welches vielleicht von einem sehr kleinen Kern

Wenn

eine Locomotive pfeifend an uns vorüberfährt, ſo nehmen wir von dem Augenblicke an wo die Pfeife uns am näch

im Nebel herrührt, der nicht im gasförmigen Zustande sich befindet. Wurde dagegen das Spectrum auf aufgelöste

ſten gewesen war, ein Sinken des Tones und zwar um so plötzlicher und bedeutender wahr, je rascher sie vor

(fälschlich sogenannte) Nebelflecke, also auf Sternenhaufen überfuhr.

Durch die Annäherung wurde nämlich vorher

gerichtet, so zeigte es ein Farbenbild ohne Unterbrechung. Die Lichtnebelwolke im Schwertgriff des Orion, der größte

1 S. Ausland 1868, S. 1128.

Briefe über vergleichende Mythologie.

316

die Schwingungsdauer des Schalles scheinbar verkürzt, durch die Entfernung scheinbar verlängert. Genau wie Schallwellen verhalten sich aber auch die Lichtwellen. Nähert sich uns eine Lichtquelle , so wird jede von ihr ausgedehnte Welle einen kürzern Weg zurückzulegen haben, und kürzere Zeitunter wegs sein, entfernt sich die Lichtquelle, ſo tritt das Gegentheil ein. Da nun die Erschütterungen unseres Sehorgans bei Annäherung der Lichtquelle rascher aufeinanderfolgen, und von dem Zeitzwischenraum zwischen den einzelnen Er schütterungen die Farbe

abhängt , die sich nach der Schwingungsdauer richtet, so könnte es wohl geschehen daß ein Stern, der in Wahrheit grünes Licht uns sendet, bei rascher Annäherung uns gelb, ein gelber orange erscheinen.

würde, umgekehrt ein grüner bei Entfernung der Lichtquelle blau. Dieschwarzen Abſorbtionsstreifen im Spectrum ändern dagegen ihre Lage nicht, und wenn daher die Doppellinie

zu walten als bei den frühern Feindseligkeiten gegen die allgemeine Sprachwissenschaft. Nach unserer Ansicht liegt es vornehmlich darin daß man über das Gebiet und die Grundsäge nach denen die vergleichende Ÿythologie zu ver fahren hat, noch nicht hinlänglich ins klare gekommen ist, und daher Mißgriffe leicht und entschuldbar sind. So ver: schieden wie die Ansichten über die Methode der verglei chenden Mythologie, find natürlich auch ihre Ergebnisse, verschiedenartig sind endlich auch die Maße mit denen sie gemessen wirk. Wir werden also vor allem die hauptsäch lichsten der jet geltenden Methoden zu besprechen haben, und an diese Besprechung werden

wir eine Darlegung

unſerer eigenen Ansichten über diesen Punkt knüpfen . Auch die Begründung der vergleichenden Mythologie, ebenso wie der allgemeinen indogermanischen Culturgeschichte

D im Gelb in das Blau hineingeschoben würde, so könnte

überhaupt, verdanken wir dem Scharfsinn A. Kuhns . Von ihm gingen die ersten Vergleichungen auf diesem Felde

man daraus die Bewegung des Sternes und seine Ge schwindigkeit berechnen . Wenn sich überhaupt etwas sicheres auf diesem Wege ermitteln läßt, so wird man es bei Prü

aus, von ihm wurden aber auch zuerst die Grundsätze an gegeben nach denen man auf diesem Gebiete zu arbeiten Wenn man bei Vergleichung der einzelnen indo habe.

fung der Doppelſterne finden, die sich bekanntlich um einen

germanischen Sprachen fand daß die Namen für Vater, Mutter, Sohn, Tochter u. s. w. nicht weniger mit einan

gemeinsamen Schwerpunkt bewegen, und Klinkerfues em pfiehlt daher den Doppelstern a Centauri , weil deſſen Parallaxe recht befriedigend festgestellt worden ist.

der übereinstimmten als die Bezeichnungen für den Acker: bau und deſſen Geräthschaften, für die Hausthiere, die Zahlen und vieles andere, da lag es nahe zu fragen, ob sich denn nicht auch in der Religion eine ähnliche Ueber einstimmung unter den verschiedenen hieher gehörenden Natürlich war es auch daß man bei dieſer

Völkern zeige.

Briefe über vergleichende Mythologie. Forschung ebenso verfuhr wie man früher bei den Unter suchungen über die indogermanische Familie, die Zahlen u. s. w. verfahren war : man untersuchte zuerst ob irgend

Bon Prof. Dr. Fr. Spiegel. II. In unserem ersten Briefe haben wir versucht zu zeigen, wie die vergleichende Sprachkunde nicht ohne Mühe sich

welche Wörter vorhanden seien die religiöse Begriffe be zeichneten und alle indogermanischen Sprachen gemeinſam besäßen. Es war das klar daß man sich auf dem mytho

ihre jezige Stellung errungen hat und als besondere Wiſſen Wir haben ferner gesehen, schaft anerkannt worden sei.

logischen Gebiete mit bloßer Wörtervergleichung nicht be gnügen dürfe, man mußte auch zusehen ob es nicht schon

wie sich aus der vergleichenden Sprachkunde allmählich eine alt-indogermanische Culturgeschichte entwickelt hat, und

in der Urzeit ausgebildete Mythen gab, welche sich bei allen oder doch den meisten indogermanischen Völkern vor

es ist uns klar geworden daß die vergleichende Mythologie

finden.

nur eine besondere Abtheilung eben dieſer Culturgeschichte sei.

Wer also die allgemeine Sprachwiſſenſchaft als beſon

dere Wissenschaft anerkennt, der gibt damit zugleich zu daß es möglich ſei das alte Culturleben der Indogermanen in allen seinen Theilen mit Hilfe ihrer Sprachen zu er

Leicht möglich mußte es vom Anfange an scheinen. daß sich von beiden nur eins erhalten habe, entweder der Name oder die Sache. Es war denkbar daß sich ein my thologischer Name erhalten habe, aber ohne die ursprüng lich dazu gehörende Mythe, indem dieselbe aus dem Ge

dürfte mithin nicht zu besorgen sein daß die vergleichende

dächtnisse der Völker verschwunden und durch Neubildun gen erseht worden war. Ebenso möglich ist aber auch der umgekehrte Fall, daß zwar der Mythus sich erhielt, aber

Mythologie dieselben Kämpfe um ihre Existenz zu führen

der ursprüngliche Name nicht haften blieb, sondern der

haben werde welche die vergleichende Sprachkunde in der

ursprüngliche Mythus an einen oder den andern der ſpäter entstandenen Götter sich angeschlossen habe. In der That zeigte nun die nähere Forschung zunächst daß der Name für Gott bei den meisten indogermanischen Völkern der

forschen, also auch ihre Religion und Mythologie.

ersten Periode ihres Bestehens beunruhigten.

Es

Wenn nun

gleichwohl die vergleichende Mythologie eine solche Gunst bis jest nicht gefunden hat, wie man nach dem Ansehen

erwarten sollte, wenn sie sogar Widerspruch und Tadel

selbe sei, und auch sonst zeigten sich in Namen und Mythen Für die Forschung unverkennbare Spuren der Gleichheit.

hat erfahren müſſen, ſo scheinen dabei ganz andere Gründe

hatte Kuhn schon früher folgende, wie mir scheint richtige

das die vergleichende Sprachwiſſenſchaft gegenwärtig genießt

Briefe über vergleichende Mythologie.

Säße aufgestellt.

317

Um zu erweisen daß irgend ein Begriff

bei allen oder doch den meisten indogermanischen Völkern

schon in der indogermanischen Vorzeit bekannt war, muß gezeigt werden daß derselbe bei allen oder doch den mei

vorfinden. Wider Vermuthen wird jedoch dieser Weg nicht betreten. Der Beweis einer ursprünglichen Identität der

ſten indogermanischen Völkern mit demselben Worte be zeichnet wird, daß dieses Wort überall wirklich dasselbe ist,

scheint anzunehmen daß die Identität der Mythologie der

Indogermanen wird als geliefert betrachtet, und Müller

nicht bloß der Wurzel, sondern auch dem Suffixe nach, die

Indogermanen

Nachweisung der Gleichnamigkeit eines Gottes bei verſchie

folge, er beschäftigt sich fortan nur mit der Frage wie die

denen indogermanischen Völkern wird immer der sicherste

aus dem bisher Angeführten von selbst

man sich jedoch auf den Namen nicht ſtüßen und will man

Entstehung der Mythologie zu erklären sei : „Während 1 dieser Urperiode, sagt er, ehe als die verschiedenen Na tionalitäten sich bildeten, war jedes arische Wort in ge:

gleichartige mythologische Züge bei den Völkern indoger: manischen Stammes nachweisen, so hat man vor allem

wissem Sinn ein Mythus. Ursprünglich waren die Worte alle nomina appellativa, fie drüdten die zahlreichen charak

darauf zu achten und zu begründen daß diese Züge nicht

teristischen Attribute eines Begriffs aus. "

bloß ähnlich, sondern wirklich identisch sind.

Wort einen Begriff ganz und gar bezeichnet, sondern nur eine Seite desselben, so müssen natürlich in der Ursprache

Stützpunkt für die vergleichende Mythologie bleiben.

Kann

Es wäre gut

gewesen, wenn sich die vergleichende Mythologie immer in den eben bezeichneten ihr angewiesenen Gränzen gehalten hätte. Statt dessen hat man nicht selten die Mythe zu

Da nun kein

viele Synonymen vorhanden gewesen sein, von denen jedes

deuten gesucht und auf diese Deutungen einen beſondern

denselben Begriff, nur von einer andern Seite gefaßt, aus drückte. Doch nicht bloß Synonymen gab es in jener alten

Werth gelegt, ein Vorgehen," auf deſſen Bedenklichkeit wir weiter unten hinweisen müssen.

waren, so mußten nothwendiger Weise viele Dinge welche

Zeit, da aus wenigen Wurzeln alle Bezeichnungen zu bilden

Neben A. Kuhn ist namentlich auch M. Müller auf dem Gebiete der vergleichenden Mythologie thätig gewesen,

gleiche Eigenschaften besaßen mit demselben Ramen bezeich

und er steht zu Kuhn theils in bewußtem, theils aber auch

flarheit jener Urperiode in welcher die Begriffe nur durch

wohl in unbewußtem Gegensatze.

metaphorische Ausdrücke bezeichnet wurden, welche in einan

Es scheint uns als ob

net werden, es entstand somit die Polyonymie.

Diese Un

die große Verschiedenheit dieser beiden Standpunkte bis

der flossen, ist nun nach M. Müller die Grundbedingung

jezt noch nicht durchgängig zum Bewußtsein gekommen sei, und wir wollen deßwegen etwas genauer auf dieselben

der Mythologie ; es brauchte nur der wahre etymologische

eingehen.

Scheinbar geht M. Müller allerdings von den jelben Punkten aus wie Kuhn . Auf eine sehr einleuch

Sinn einer Bezeichnung dem Gedächtnisse zu entschwinden, und eine künstliche Erklärung an dessen Stelle gesetzt zu werden, so entstand ein Mythus, oder konnte wenigstens

tende Weise zeigt er seinen Lesern wie man mit Hülfe der

entstehen.

vergleichenden Sprachwissenschaft eine allgemeine indoger

zeichnungen für dasselbe Object den Sprachen zur Last, namentlich wo ein starker Verkehr obwaltete, oder die Sprache

manische Culturgeschichte herstellen könne. Durch einge streute kleine Tabellen macht er die nahe Verwandtschaft anschaulich, in welcher die Hilfszeitwörter, die Verwandt schaftsnamen, die Namen der Hausthiere und selbst einige Namen der wilden Thiere in allen indogermanischen Spra chen zu einander stehen.

Er zeigt wie die Namen mehrerer

Im Laufe der Zeit wurden nun die vielen Be

eine literarische Ausbildung erhielt. Man begnügte sich mit einem Namen für das Object, das nun gewissermaßen ein nomen proprium für dasselbe wurde, die übrigen ließ man fallen.

Auf diese Weise kommt M. Müller gleichfalls

dazu, die vergleichende Sprachwissenschaft für die verglei

Getreidearten die Bezeichnungen für Herrscher, endlich für

chende Mythologie zu benüßen, aber er macht einen weit

die hauptsächlichsten Zahlwörter überall dieselben seien, und wie diese Thatsache nicht bloß die nahe Verwandtschaft

ausgedehnteren und ganz andern Gebrauch von ihr als Kuhn. Es genügt ihm nicht, in den verschiedenen Spra

der Sprachen, sondern auch das Alter der betreffenden Be griffe beweise. Es bezeugen uns also diese Namen daß

chen die spärlichen Ueberreste aufzusuchen, die sich unter gleicher Bezeichnung von der Urzeit an erhalten haben,

die alten Indogermanen die Familie bereits begründet

oder die wenigen Erzählungen, die unverändert von frühe

hatten, daß sie die Grade der Verwandtschaft bis ins ein zelne herab unterschieden, daß sie sich nicht bloß mehr

ster Zeit auf uns gekommen sind, zusammen zu stellen.

der Viehzucht, sondern auch bereits dem Ackerbaue gewid

einzelnen mythologischen Bezeichnungen der Einzelsprachen

met hatten, daß sie über sich wo nicht einen König, so doch ein Stammesoberhaupt anerkannten . Wenn nun

zu erklären, und aus der durch die Etymologie als ur sprünglich gefundenen Bedeutung das Wesen eines Gottes

folgerichtig von diesen

abzuleiten.

äußerlichen Lebensumständen des

Indogermanen zu seinem innern Leben fortgegangen wird , so erwartet man daß dieß in der bisherigen Weise geschehe , und daß der Beweis für das Vor handensein einer indogermanischen Urreligion zunächst an eine Reihe bedeutsamer Namen geknüpft werde, welche sich Ausland. 1869. Nr. 14.

Mit Hülfe der Sprachvergleichung sucht er vielmehr die

Wir können uns mit der Müller'schen Methode

durchaus nicht befreunden, die uns eher ein speculatives 1 Cf. M. Müller Essai sur la mythologie comparée, p. 41 . Ich citire nach der französischen Uebersetzung (Paris 1859), die mir allein zugänglich ist. Vergl. ferner deſſen lectures on the science of language 2. ser. 357. 358 . 41

Briefe über vergleichende Mythologie.

318

System der Mythologie zu sein scheint, welches mit Hülfe der vergleichenden Sprachwissenschaft bewiesen werden soll, als eine vergleichende Mythologie. Die leßten Gründe in welcher dieser Gegensatz wurzelt, scheinen uns so wichtig zu sein daß wir genöthigt sind mit einigen Worten anzugeben, warum wir den Müller'schen Ansichten nicht beitreten können.

genden Geschlechter als tiefer stehend anzunehmen wie die vorhergehenden, daher denn auch Müller die Mythologie mit Vorliebe ale Sprachenkrankheit definirt. Nach unserer An sicht drückt die Sprache ursprünglich Anschauungen aus, nicht Gedanken. Nannte man in der Urzeit den Wolf den Zerreißer, so darf man wohl annehmen daß die Eigenſchaft wie derselbe Menschen und Thiere zerreißt, so sehr in den

Zunächst müssen wir uns dagegen erklären daß man

Vordergrund trat, daß alle die andern Eigenschaften des

bereits jezt ein allgemeines Princip als gefunden an

Wolfes nur wenig und auch gar nicht beachtet wurden . Erst

nimmt, aus dem man die gesammte Mythologie und ihre

nach und nach wurden auch andere Eigenschaften an dem

Entstehung erklären kann.

Wolfe bemerkt, der Begriff den man mit dem Worte Wolf

Wohl wissen wir daß nicht

bloß die Mythologie, sondern die ganze Sprache voll von Metaphern ist, es mag also zugegeben werden daß der eine

verband, wurde immer ausgebildeter, was ursprünglich die Hauptsache schien, trat immer mehr zurück.

Wie mit dem

oder andere mythologische Begriff aus einer Metapher her vorgegangen sein kann . Allein einen oder einige solche

Worte Wolf, so wird es auch mit den übrigen Worten

Vorgänge zu einem allgemeinen Geseße zu stempeln, dazu

uns nun auf den Hauptgrund welcher den Unterschied

ist wenigstens bis jetzt die Zeit noch nicht gekommen.

zwischen dem Standpunkt Müllers und dem unsrigen be

Die vergleichende Mythologie ist mehr eine Wiſſenſchaft

dingt

der Zukunft

Sprache. Nach Müllers Ansicht gehört die Sprachwiſſen schaft zu den Naturwissenschaften ; Metapher oder ähnliche

als der Gegenwart ,

mythologischen

Figuren ,

welche

wären daß sie von keiner

und

die Zahl

der

so sicher nachgewiesen

Seite angezweifelt werden ,

unserer Sprache gegangen sein.

Diese Bemerkung leitet

es ist die verschiedene Ansicht vom Wesen der

Aus solchen

Erscheinungen gelten ihm als Naturgeſeße, die analog dem Gesetze der Schwere und ähnlichen andern die ihnen vor

winzigen Thatsachen Folgerungen von so großer Tragweite

gezeichneten Bahnen gehen, ohne dem Menschen irgend

mag

kaum ein halbes Duzend betragen.

zu ziehen, scheint mir mehr als bedenklich.

Ferner, die

eine Einwirkung offen zu lassen.

Nach unserer Ansicht ist

Auffindung der richtigen Etymologie der Eigennamen iſt

die Sprachwissenschaft eine historische Wiſſenſchaft.

in allen Sprachen äußerst schwierig wo nicht unmöglich,

bestehen nicht allein aus Lauten, sie haben auch einen

Worte

allein gesezt auch es sei die ursprüngliche Etymologie und

Inhalt und dieser Inhalt birgt die Summe des Wissens

Bedeutung eines mythologischen Eigennamens gefunden,

die sich das Menschengeschlecht seit Jahrtausenden aufge:

so würde doch in den meisten Fällen nicht viel damit ge

sammelt hat.

wonnen sein, da ja der Name niemals viel mehr ist als

schichtlichen Wissenschaften verläuft nicht nach bloßen Natur

Vieles in der Sprache wie in andern ge

ein Symbol welches zwar die Sprechenden an die ver

gesehen, sondern verdankt ſein Daſein dem Zufall, der Will

schiedenen mit ihm angedeuteten Vorstellungen erinnern, nimmermehr aber dieselben ausdrücken sollte. Man hat

für, wie wir bis jetzt sagen müssen, wenn auch in Zukunft vielleicht wissenschaftliche Bezeichnungen an die Stelle dieser

also in einem etymologischen Namen höchstens den ersten Ausgangspunkt, niemals aber die volle Summe der An

Ausdrücke treten dürften.

schauungen vor sich, welche durch das Wort ausgedrückt wer

bleiben müssen, was aber von der Sprachforschung gesagt

den sollen.

Welchen schädlichen Einfluß aber falsche oder

ist, das gilt selbstverständlich auch von der vergleichenden

doch nicht ganz sichere Etymologien üben können, wenn man

Mythologie. Wir haben es für unsere Pflicht gehalten, den Gegen sah zwischen dem Standpunkte M. Müllers und A. Kuhns

ihnen einen Einfluß auf die mythologische Forschung ein räumt, ist zu offenkundig daß das wie es weitläufiger zu erörtern brauchten.

Bedenklich scheint uns auch daß Müller

die Sprache als Ausdruck der Gedanken ansieht.

Nach

ihm machten auf den Urmenschen die Gegenstände welche

Wenn dem so ist, so wird die

Methode der Sprachforschung auch immer eine historische

etwas genauer darzulegen, weil der lettere auch der unserige. ist; es lag uns aber fern eine Polemik über diesen Gegen stand hier zu eröffnen. Im Gegentheil. Wenn die ver

Er rang darnach

gleichende Mythologie ihr vorgestecktes Ziel wirklich erreicht,

die Begriffe, die er sich gebildet hatte, durch die Sprache

so wird der Gewinn der uns aus ihr erwächst, gerade der

auszudrücken, dieß gelang ihm aber nur theilweise, nie mals vermochte er den ganzen Begriff mit einem Worte

sein daß sie alle Speculation über die Entstehung der

wiederzugeben .

darlegt wie dieselbe, wenigstens bei den Indogermanen, entstanden ist. Dann wird sich auch unzweifelhaft erken

er sah einen überwältigenden Eindruck.

Anfänglich war man sich wohl bewußt

daß der Begriff und der sprachliche Ausdruck sich nicht

Mythologie unnüß macht, weil sie uns eben geschichtlich

der Begriff durch den ungenügenden, sprachlichen Ausdruck

nen lassen welche Ansicht die richtigere gewesen sei, ob die M. Müllers, ob die unserige. Vorerst aber wird es an

litt, und man nicht mehr in dem Worte fand als die Ety

der Zeit sein sich näher liegenden Problemen zuzuwenden

deckten, aber es konnte nicht fehlen, daß im Laufe der Zeit

mologie besagte.

Da liegt es denn nun freilich nahe,

einen Abfall von dem Urzustande zu finden, und die fol

und genauer noch die Wege zu untersuchen welche zu dem gewünschten Ziele führen könnten.

Briefe über vergleichende Mythologie.

Soviel also steht uns vom Anfange an fest, der Weg den die vergleichende Mythologie einzuhalten hat, ist der historische. Indem wir völlig anerkennen daß die verglei chende Mythologie durch solche historische Forschung schon so manche mythische Persönlichkeit als der Urzeit angehö rend nachgewiesen hat, können wir doch andererseits nicht umhin zu bemerken daß die ganze Wiſſenſchaft noch in ihren Anfängen steht und Nachweisung des vergleichbaren Mate:

319

wenn man die Sache möglichst für sich selbst sprechen läßt. Man theile wo möglich die verschiedenen Mythen welche verglichen werden sollen in ihrer ganzen Ausdehnung mit, nicht etwa bloß die Züge welche man zur Vergleichung passend hält.

Erst wenn dieß geschehen ist, hebe man die

Punkte hervor in welchen der wirkliche Schwerpunkt der Untersuchung liegt.

Auf diese Weise wird man wenigstens

rascher zur Klarheit gelangen und Irrthümer werden weni

rials zu den ersten Pflichten eines vergleichenden Mytho logen gehöre. Als sicherstes Mittel haben wir schon oben

ger schädlich wirken als im andern Falle.

den Nachweis identischer Namen bei verschiedenen indoger manischen Völkern bezeichnet ; es wird aber kaum der Be

gleichenden Mythologie ist endlich auch der geschichtliche

merkung bedürfen daß der oben berührte Gegensatz zwischen den zwei Schulen der vergleichenden Sprachwissenschaft ge rade hier sich geltend machen wird. Wer da glaubt daß es ermittelt sei daß die Sprachen in der "Urzeit nicht nur

man es daß die verſchiedenen Sprach- und Völkerindividua litäten von vergleichenden Sprachforschern und Mythologen

Von bedeutendem Einfluß auf die Methode der ver

Standpunkt auf den man sich stellt.

Nicht selten findet

als den Pflanzen ähnliche Organismen aufgefaßt werden . Die verschiedenen indogermanischen Sprachen sind gleichsam

bereits über dieselben Mittel geboten haben, über welche

ebensoviele Samenkörner, von denen ein jedes auf einen

wir sie später gebieten sehen, sondern auch schon den größ ten Theil des fertigen Wortvorrathes besaßen, der wird ganz anders verfahren wie derjenige welcher glaubt daß der Bestand der Ursprache ein weit geringerer und theil.

andern Boden gefallen ist.

Sie gehen auf und entwickeln

ſich aus ſich ſelbſt, ſie treiben Blätter, Blüthen und Früchte, bis sie endlich vergehen. Nach der Verschiedenheit des Bo dens ändert sich das Aussehen dieser Sprachpflanzen, auf

weise ein anderer geweſen ſei, und daß erst nach und nach in den Einzelsprachen sich der spätere Reichthum ausbildete.

dem einen Boden gedeihen sie beſſer, in dem andern schlech

Während jener geneigt ſein wird vom Sanskrit, als der Sprache welche der Ursprache am nächsten steht, auszugehen und die

schieden halten, so bleibt doch den Sprachkundigen nicht

in dem ältesten Theile der Sanskritliteratur vorkommen

ein und dasselbe sind .

den mythologischen Gestalten als Gebilde anzusehen die, wenn nicht alle, so doch meistentheils der indogermanischen

schen und seinem Thun und Laſſen auf das Innigste ver

ter, mag sie aber auch der Uneingeweihte für noch so ver

verborgen daß diese Sprachen und ihr Inhalt im Grunde Diese Ansicht theilen wir nicht.

Für uns sind die Sprachen, als mit dem einzelnen Men

bunden, mehr mit den lebendigen Individuen als mit den

Urzeit angehören, wird der andere von den Einzelsprachen ausgehen und die wenigen in ihnen zerstreut noch vorhan denen Wörter aufzufinden suchen, die noch aus der Urzeit

wickeln sich mithin ebensowenig lediglich aus sich selbst

erhalten und als identisch erweisbar sind. Bei der ersteren Richtung wird die Individualität der Sprache jedes ein:

Gar häufig zeigt sich die Einwirkung fremder Völker in

an die Scholle geketteten Pflanzen zu vergleichen, und ent

als sich irgendein Individuum aus sich selbst entwickelt.

zelnen Volkes nicht hoch angeschlagen werden können, da

der Sprache an fremden Wörtern, in der Mythologie in

man dieselbe mehr als eine Entartung der Ursprache auf faſſen muß. Die andere Richtung hingegen welche die Einzelsprache als eine Fortbildung der Ursprache auffaßt,

fremden Ideen.

wird

leicht vorkommt, man verlangt von ihm auch daß es etwas

gerade die individuelle Seite vorzüglich betonen, und es ganz natürlich finden wenn das was sie als Erb

gut aus der Urzeit aufzufinden vermag, nur in unzuſam menhängenden Einzelheiten besteht. Wir haben aber be

Ein Individuum indeß welches nur das

besit was es von andern entweder geerbt oder geborgt hat, wäre ein trauriges Individuum, wie es zum Glück nicht

eigenes besize. Solches individuelles Eigenthum besigt denn nun in der That auch jede Sprache.

Für die verglei

chende Mythologie ist nun sowohl dieſes individuelle Eigen

reits gesagt daß sich der vergleichende Mytholog nicht

thum als auch das von fremdher Erborgte nur insofern

darauf beschränken darf bloß nach identischen Namen zu suchen, sondern daß er auch die mythologiſchen Züge nicht vernachlässigen darf welche sich als identisch erweisen, auch

von Wichtigkeit als es gilt dasselbe auszuscheiden, aber diese

wenn keine Namen zur Vergleichung berechtigen .

Diese

tere ausgeschieden hat, kann sie mit dem Reste ihrer Thä

Forderung ist natürlich eine nicht zu umgehende, anderer seits aber auch eine sehr bedenkliche, weil sie der Subjecti

tigkeit beginnen. Ein sehr gefährliches Beginnen aber bleibt es zuerst mit der Ausscheidung des Indogermani

vität einen weiten Spielraum eröffnet, was dem einen sehr ähnlich zu sein scheint, ist es vielleicht in den Augen eines anderen nur in sehr geringem Maße, und es werden

schen zu beginnen, und alles was sich nicht zur Vergleichung

sich hier nicht so leicht feste Normen finden lassen nach denen man zu verfahren hat wie bei den Namen . Nach

die größten Irrthümer begangen werden.

unserer Ansicht ist es nun nach dieser Seite hin am besten

zige was man zur vergleichenden Mythologic bedarf : man

Ausscheidung ist eben von hoher Bedeutung ; erst nachdem die vergleichende Mythologie alles Fremdartige und Spä

eignet den Philologen zur beliebigen Verwendung zu über laſſen.

Es kann gar nicht fehlen daß auf diesem Wege

Natürlich ist aber die geeignete Methode nicht das ein

Briefe über vergleichende Mythologie.

320

muß auch bestimmte Kenntnisse haben. Unter diesen Kennt nissen nun steht die Kenntniß der Vedas oben an. Die unläugbare Wichtigkeit dieser Schriften für die vergleichende Mythologie und die geringe Förderung welche die Erklä rung derselben bis jetzt erfahren hat, macht es durchaus nothwendig daß der vergleichende Mythologe hier auf ei genen Füßen stehe.

Er vermeide es deßhalb am Anfange

sich die Erleichterungen zu verschaffen welche ihm das Peters burger Sanskrit - Wörterbuch , die Schriften von

Muir

u. s. w . verschaffen können, und suche sich durch das Lesen der Texte und einheimischen Erklärungsschriften einen selb ſtändigen Einblick in die älteste indische Mythologie zu verschaffen, und die sie beherrschenden Anschauungen zu ver Erst wenn dieß geschehen ist mag er auch die ſtehen. Werke anderer zur Hand nehmen, und seine eigenen An sichten mit den in jenen Werken niedergelegten Anschau ungen vergleichen und die ersteren entweder darnach be

Sprachwissenschaft die nahe Verwandtschaft des Avesta mit dem vedischen Sanskrit behauptet, mithin diesem Buche fast dieselbe Wichtigkeit beigelegt hat wie den Vedas selbst. Den bieraus von selbst sich ergebenden Folgerungen hat man nun bisher geglaubt dadurch entgehen zu können, daß man behauptete das Avesta bedürfe keines besondern Studiums, da es mit den Vedas nahezu identisch sei. Schon die bis herigen Forschungen haben dieses Vorurtheil widerlegt, und es wird im Laufe der Zeit ganz verschwinden . Das Avesta vertritt die eranische Individualität, welche von der indi schen ganz abweichend und scharf ausgeprägt ist. Indem wir aber unberechtigten Uebertreibungen entgegentreten , fällt es uns darum nicht ein die wirklich begründete Ver wandschaft zwischen der vediſchen Religion und dem Aveſta abläugnen wollen. Mag man annehmen die Indogerma nen seien von Centralasien aus gegen Westen gezogen, und die beiden arischen Stämme seien allein in Asien zurück

richtigen, oder auch ihnen gegenüber seine eigene Ueber zeugung näher begründen. Wer dieß thut wird sich bald

geblieben, oder mag man umgekehrt behaupten die Indoger manen hätten sich vom Westen aus nach Osten gewendet,

überzeugen daß es mit der viel gerühmten Durchsichtigkeit der Vedamythologie nicht so weit her ist. Nur von den

immer werden zwei Thatsachen bestehen bleiben : einmal, daß die beiden arischen Völkerſtämme längere Zeit noch beisam: men blieben, nachdem schon die übrigen Zweige der ganzen

Hauptgottheiten mag es gelten daß ihr Wesen ziemlich flar ist, nicht aber von der großen Menge untergeordneter, darum aber für die vergleichende Mythologie keineswegs Troß des nicht unbedeutenden Um fangs kommt es vor daß manche Persönlichkeiten nur unwichtiger Personen.

selten erwähnt werden, und noch öfter, daß von manchen immer nur wieder dasselbe erzählt wird, so oft sie auch vorkommen , und immer nur in größter Kürze.

Natürlich

lassen sich solche Namen die keine rechte Gestalt gewinnen mit Hülfe der Phantasie beträchtlich ausmalen, und in jedes beliebige mythologische System einordnen, das ist es aber gerade wovor sich die vergleichende Mythologie zu hüten hat.

Auch wird man bei näherer Betrachtung fin

den daß die öfter ausgesprochene Ansicht, die Vedas seien eigentlich ein Eigenthum des gesammten indogermanischen Urvolkes, nicht bloß der Jnder, ein durchaus übertriebener ist.

Der Kreis der vedischen Anschauungen unterscheidet

sich allerdings wesentlich von den der späteren Inder, er ist aber darum nicht weniger national bestimmt als dieser. Um zu erkennen daß die Ansicht eine irrige sei welche die vedischen Anschauungen mit derjenigen der indogermaniſchen Urzeit ziemlich gleich seßt, braucht man nur die Vedas selbst

Sprachfamilie sich abgerissen hatten ; dann zweitens : daß die Literaturen und Anschauungen der beiden genannten Völkerfamilien die ältesten sind welche der indogermaniſche Sprachstamm aufzuweisen hat. Es muß somit für aus. gemacht gelten, daß das Eranische ebensogut wie das älteste Sanskrit von der eingreifendsten Wichtigkeit für die Sprach: wissenschaft sowohl als für die vergleichende Mythologie ist ; es handelt sich aber hier um anderes und höheres als das Alteranische mittelst einiger Lautgeseze in Sanskrit um Es gilt vielmehr ein uraltes geistiges Leben

zuwandeln.

ebensowohl wie eine uralte Sprache zu begreifen, und die Gesetze aufzufinden nach denen es sich in einer Zeit welche noch weit jenseits der Vedas liegt in seine gegenwärtige Gestalt umgesetzt hat.

Ein Blick auf die Karte lehrt uns nicht bloß wie groß, sondern auch wie wichtig das Gebiet des eranischen Sprachstammes ist, wie derselbe nicht bloß von der einen Seite in Kleinaſien an das Griechische an gränzt, sondern auch gegen Norden das Gebiet der slavi schen Sprachen fast erreicht, ja in einer früheren Periode vielleicht wirklich erreicht hat. Diese sprachlichen Verhältniſſe

Epoche hin, welche aber höchstens die Periode der Unge

müssen, so denken wir, auch für den vergleichenden Mytho logen von hohem Interesse sein. Hierzu kommt noch daß das Sanskrit und die eranischen Sprachen allein das Material

trenntheit der arischen Völker, nicht aber die indogermani sche Urzeit gewesen sein kann .

liefern können für den Inhalt der arischen Periode in der indogermanischen Entwicklung , welche, als die lehte

Die Behauptung daß der vergleichende Mythologe in

Phase vor dem Eintritt der geschichtlichen Verhältnisse, selbstverständlich zuerst festgestellt sein muß, ehe man es wagen darf noch weiter in das Dunkel der Urzeit einzu

zu befragen : sie weisen deutlich genug auf eine vergangene

den Vedas wohl zu Hauſe ſein müsse, wird kaum erheblichen Widerspruch finden .

Unerwarteter vielleicht ist es wenn

wir fordern daß derselbe auch im Avesta und den altera nischen Sprachen und Literaturen ebenso zu Hause sein, und auch da ſelbſtändig urtheilen müſſe.

Und doch versteht sich

dieß eigentlich von selbst, da von jeher die vergleichende

dringen. Es fehlt mithin nicht an Gründen welche die vergleichende Mythologie zwingen müssen das eranische Culturgebiet zum Gegenstande ihrer ernſten Aufmerksamkeit zu machen, und weil das Studium dieſer Literaturen noch

Briefe über vergleichende Mythologie.

ein sehr junges, und darum noch nicht völlig gesichert ist, so thun auch hier gründliche Kenntnisse noth um vorkom menden Falles ein selbständiges Urtheil fällen zu können. Daß dem Auftreten der Inder und Eranier als geson derter Völker eine Periode gemeinsamer Entwicklung vor ausging die wir eben als die arische Periode bezeichnet. haben, ist eine Ermittlung der allgemeinen Sprachwissen: schaft, über welche ein Zweifel füglich nicht bestehen kann. Dunkler wird die Sache wenn wir nach der Zeit fragen

321

gehende Beschäftigung mit dem Gegenstande geweckt wer den. Dagegen liegt bei demjenigen der nur die eine oder die andere dieser Mythologien als sein Lieblingsfach be treibt, die Befürchtung nahe, er werde die übrigen zu ver gleichenden Fächer seinem Lieblingsfache zu liebe mehr als billig in den Schatten treten laſſen. Es sind eben keine leichten Anforderungen, die wir

in welcher die übrigen indogermanischen Völker sich von

eben an den vergleichenden Mythologen stellen zu müſſen glaubten, derselbe wird außer Geist und Combinations. gabe noch tüchtige Kenntnisse mitzubringen haben. Wir

der gemeinsamen Mutter losgelöst haben und ihre Sonder existenz begannen. Man hat hierüber überhaupt bloß Ver muthungen, und fest steht bloß eines : daß nämlich diese

haben, die von uns gestellten Forderungen scheinen viel Es kann sein mehr in der Natur der Sache zu liegen.

glauben übrigens die Sache nicht unnöthig erschwert zu

Abtrennung in die Zeit vor der arischen Periode fallen muß. Gehen wir von der bisher fast ausnahmslos vertre

daß die unläugbare Schwierigkeit solcher Vorarbeiten geeig

tenen Ansicht aus daß die Indogermanen von Osten nach

doch so sehr bedarf, eher abzuschrecken als anzulocken.

Westen gewandert seien, so erhalten wir vor der arischen Periode eine zweite, in welcher sich nach der einen Ansicht

würden dieß sehr bedauern, aber ohne im Stande zu sein

die Indogermanen in der Art spalteten daß Griechen und Römer einerseits, Slaven, Germanen und Kelten anderer

die solchen Zweigen der Wissenschaft ankleben, welche außer

seits noch längere Zeit beiſammen blieben ehe ſie in geson derte Völker auseinander fielen ; während nach der andern Ansicht ursprünglich noch Slaven und Deutsche ein Volk blie ben das erst später in die drei Zweige der Slaven, Litthauer

die vergleichende Mythologie gehört, haben dieſelben doch

net ist manche neue Kraft,

es zu ändern.

deren die junge Wissenschaft Wir

Neben manchen unleugbaren Nachtheilen,

alb der gewöhnlichen Heerstraße liegen und zu denen auch

auch einen nicht zu unterschäßenden Vortheil : es braucht sich Niemand mit ihnen zu beschäftigen, wenn ihn nicht Die vergleichende innere Lust und Liebe dazu antreibt.

die Griechen

Mythologie ist kein Studium wie das der Pandekten und

(aus denen später die Albanesen sich abzweigten) einen Stamm für sich bildeten, während mit den Jtalern die

der Dogmatik, das man eben des lieben Brodes willen

und Germanen

gespalten

wurde,

ebenso

Kelten im nächsten Zusammenhange standen . Zur Lösung dieser Frage wird seiner Zeit die vergleichende Mythologie

treiben muß, mag man Lust dazu haben oder nicht, wer ſich nicht mit ihr beschäftigen will kann es füglich bleiben lassen. Aus diesem Grunde braucht man sich auch nicht zu scheuen an die Arbeiter in diesem Felde alle die An

vielleicht wichtige Beiträge liefern können, vor der Hand genügt es uns die Thatsache im Auge zu behalten, daß die Zeit in der die Arier, Griechen, Römer, Slaven,

forderungen zu stellen welche die Wiſſenſchaft zu stellen

noch ungetrennt beisammen wohnten,

schaft ist der Dilettantismus, ihn gilt es vor allem fern

Deutsche u. s. w .

eine weit frühere ist als die arische Periode, daß also die Ausbildung der Religion eine geringere oder doch eine vielfach verschiedene war. Hieraus folgt nun wieder daß das gemeinschaftliche Erbgut aus dieser Zeit nicht nur weit spärlicher ist als aus der vorigen, sondern auch daß das selbe mehr versteckt und nicht deutlich wahrnehmbar ist. Unter diesen Umständen ist es eine ganz natürliche For

gebietet.

zu halten.

Der gefährlichste Feind aber dieser jungen Wiſſen

Es iſt zu bedenken daß sich die vergleichende

Mythologie noch eine gesicherte Stellung nicht errungen hat, daß sie von manchen Seiten mit mißgünstigen Augen be trachtet wird. Sie muß sich die allgemeine Achtung erst noch erwerben und dieß wird sie nur können wenn sie tüch tige Arbeiten liefert.

Durch massenhafte Resultate zu wir

ken, wie dieß die Sprachvergleichung zu ihrer Zeit gethan hat, dürfte die vergleichende Mythologie nicht in der Lage

derung wenn man von dem vergleichenden Mythologen verlangt er solle sich mit den verschiedenen Einzelmytho

sein, um so mehr muß sie dafür sorgen daß man keine

logien gründlich bekannt machen ehe er an die Lösung dieser verwickelten Fragen geht, denn es handelt sich nicht

ihrer Arbeiten der Oberflächlichkeit zeihe. Gründlichen Ar beiten aber wird man ―― so denken wir zum wenigsten ―――

bloß darum die Hauptzüge der Mythen kennen zu lernen, ſondern gerade die in den Schatten gestellten Nebenbezic

die Achtung bis zu einem gewissen Grade selbst dann nicht

hungen, die für die vergleichende Mythologie sehr leicht Man muß aber weiter die Hauptsache werden können.

hält. Daß die Philologen eine große Achtung vor einer ver

noch eine genaue eingehende Beschäftigung mit den hier in Betracht kommenden Mythologien im Intereſſe der Un parteilichkeit fordern. Nur wenn der vergleichende Mytho

fünf bis sechs Einzelmythologien ohne eigene Studien zu

versagen wenn man ihre Reſultate nicht für ganz gelungen

gleichenden Mythologie haben sollen, welche offenbar aus

sammengeschrieben ist, kann vernünftiger Weise nicht er

loge die verschiedenen Einzelmythologien mit gleicher Liebe

wartet werden ; es ist nur zu "begreiflich daß sich selbst bei dem wohlwollenden Beurtheiler der vergleichenden Mytho

umfaßt, wird man auf seine unbedingte Unparteilichkeit vertrauen können ; diese Liebe kann aber nur durch ein Ausland . 1869. Nr. 14.

weiß ob er selbst dem was gelungen erscheint vertrauen 42

logie ein unbehagliches Gefühl einstellt und derselbe nicht

Die Handelsgeschic

322

hte

des Jahres 1868 .

darf, ohne vorher die Quellen nochmals zur Hand genom

Die Handelsgeschichte des Jahres 1868 .

men zu haben. Das abgelaufene Jahr hat sich für Handel und Ver

Noch über eine wichtige Frage werden wir uns zum Schlusse hier aussprechen müssen. Kuhn glaubt die Grund

kehr besser als 1867, und entschieden besser als 1866 ge

anschauung der indogermanischen Mythologie in Naturer:

staltet, doch war nach jenen Patientenjahren noch immer

scheinungen wie das Gewitter suchen zu müssen, dem ent gegen verlegt M. Müller den Mittelpunkt derselben in die

Erholung fortgeschritten.

Sonne, während endlich Comparetti auch schon ethischen

Feldzugs und der Eroberung Paraguays durch die Tripel alliirten, so wie des svanischen Aufstandes, dreier Ereig

nicht die völlige Gesundheit zurückgekehrt, sondern nur die Mit Ausnahme des abeſſiniſchen

Hintergrund in jener alten Zeit annehmen will. Es fragt sich zu welcher dieser drei Ansichten wir uns bekennen und die Entscheidung wird uns insofern leicht, als wir uns für

Friedensjahr, doch wurde dieser Genuß durch Kriegsbesorg

keine der drei Ansichten zu erklären gedenken.

nisse wieder bedeutend geschmälert.

Nicht als

nisse die nur örtliche Wirkungen hatten, genpſſen wir ein

Diesen Besorgnissen

ob wir diese Fragen für unwichtig oder unberechtigt hiel:

würde aber allzuviel Ehre erwiesen werden wenn man

ten, sie gehören vielmehr zu den wichtigsten, und es scheint

ihnen alles Mißliche in den Jahresergebniſſen zuschreiben wollte, sondern die Ursachen liegen weit tiefer. Die Nach

uns sehr wünschenswerth daß sie, wenn möglich, von der vergleichendenMythologie beantwortet werden. Allein die Zeit

wirkungen des Bürgerkrieges in den Vereinigten Staaten.

ihrer Beantwortung scheint uns gegenwärtig noch nicht ge

so wie die Verminderung der Ausbeute an Edelmetallen,

kommen zu sein.

haben in den Gang des Welthandels weit mächtiger einge

Nach unserer Ansicht ist die gegenwär

tige Aufgabe der vergleichenden Mythologie eine sehr ein

griffen.

fache, aber darum feineswegs leichte.

Sie soll vor allem

Aufschwung abermals wie schon im Jahr 1867 Desterreich

den Stoff sammeln, der sich noch aus der Vorzeit erhalten.

überrascht. Sein Handelsumsat betrug nach Abzug der Edelmetalle 1867 : 1868 :

hat, und der in den einzelnen Mythologien verborgen liegt,

Von allen Ländern hat uns durch entschiedenen

denn bis jetzt ist das gesammelte Material unverhältniß

bei der Einfuhr 279,503,800 fl. bei der Ausfuhr 404,730,300 fl.

mäßig gering und nach der Natur dieser Fragen muß man

366,074,500 fl. 424,086,800 fl.

über ein möglichst großes Material gebieten, ehe man diesel ben zu beantworten sucht, dann erst kann man auch die Frage aufwerfen ob sie überhaupt zu beantworten sind, denn von vorneherein kann man dieß nicht mit Sicherheit behaupten, denn die vergleichende Mythologie ist hier in einer ganz andern Lage als die Einzelmythologien.

Die meisten der

Besonders stark hatte die Einfuhr von England nach Desterreich zugenommen . Sie betrug nämlich 1868 : 1867 : 1866 : Ctr. Ctr. Ctr. im allgemeinen . . darunter:

1,971,408

2,987,635

3,783,020

301,490

611,609

657,683

1,021,021 1,435,404 87,766 175,218

1,635,437 436,825

indogermanischen Einzelmythologien wie die indische, era nische, griechische, deutsche u. s. f. liegen in genügender Aus dehnung vor um es zu rechtfertigen, wenn man nicht bloß

Chemikalien und Farbstoffe . Rohstoffe für Gespinnste und Gewebe •

die verschiedenen Anschauungen darlegt, sondern auch nach Maschinen den Grundansichten fragt von welchen jede dieser Einzel mythologien bei ihren Schöpfungen ausgeht. Anders steht es mit der vergleichenden Mythologie. Es würde freilich

In diesen Ziffern gibt sich deutlich eine Erhebung der

ein großer und unschäßbarer Gewinn sein, wenn es ge

Gewerbe zu erkennen, denn ein Land welches ſeine Zu fuhr von Roh und Hülfsstoffen sowie von Maschinen ver

länge die Grundanschauungen zu ermitteln welche die alten

größert, muß nothwendig seine Productionskräfte gesteigert

Indogermanen in ihrer Mythologie leiteten, wir würden dann eine Geschichte der religiösen Ideen wenigstens bei

und zugleich seine Capitalsanlagen vermehrt haben.

Der

Aufschwung des österreichischen Handels im Jahre 1867

den Indogermanen besigen, und diese Geſchichte müßte an

konnte zum Theil auf Rechnung der ausgeführten ungari

die Stelle jener Vermuthungen über den Ursprung der

schen Früchte geschrieben werden, die schon im Herbste das

Mythologie treten, mit denen gegenwärtig jedes Handbuch

Land verließen, allein 1868 war davon weit weniger die

der Mythologie zu beginnen pflegt.

Rede.

Noch sind wir soweit

Die Ernte des vorigen Jahres betrug in England

nicht, und ob es überhaupt gelingen werde dieses große Resultat zu erreichen steht noch dahin. Wir sind hier na

28 Proc. über dem Mittel, in Frankreich gewährte sie reichlich das Mittel, in Italien war sie unter dem Mittel,

türlich ganz von dem Material abhängig das uns die ver

in Spanien und Portugal sehr mangelhaft, in Ungarn

gleichende Mythologie zu Gebote stellt, und gegenwärtig wo sie ihre Thätigkeit erst beginnt, vermag niemand zu

unter dem hohen Ertrage des Jahres 1867, in Nord- und

ſagen ob dieſes ein reichliches oder ein spärliches ſein werde. Was wir bis jetzt für gewonnen halten, hoffen wir fünf

gefallen, in den Vereinigten Staaten wurde knapp das Mittel erreicht , Californien , Australien und Chile da

tighin unsern Lesern vorlegen zu können.

gegen erfreuten sich eines ungewöhnlichen Segens. Was nämlich die Brotfrüchte betrifft, so ist der Welthandel wirklich

Südrußland von hoher Güte, aber unter dem Mittel aus

Die Handelsgeschichte des Jahres 1868.

323 Goldausbeute. Victoria : Californien :

ein Handel der Welt geworden, so zwar daß selbst die Ernten am Stillen Meer auf die Getreidepreise in Europa zurück die östliche Erdhälfte hat schon manches Stück Brod gegessen was ihr die westliche von ihrem Ueberfluß reichen konnte. wirken, denn

höchstes Jahr 1853 1867 niedrigstes

11,500,000 5,000,000

1856 1867

12,000,000 5,000,000

Einen schwachen Ersaß gewährt uns das Steigen der Silberausbeute, nur möchten wir warnen auf die nach:

Durchschnittlich haben sich die großen Stapelartikel ge folgende Tabelle allzuviel Sicherheit zu legen.

gen 1867 im Preis gehoben, gefallen sind nur Weizen ( 25 Proc.), Wolle ( 10 Proc.), Tabak (16 Proc.), gestiegen sind

Die Be

rechnungen der Silberausbeute sind sehr ungenau, da sie auf so viele weit zerstreute Dertlichkeiten sich vertheilt.

Talg (13 Proc.), Zinn ( 14 Proc.), Baumwolle (71 Proc.), Seide (13 Proc. ), alle übrigen haben wenig geschwankt.

Silber: alte Länder: neue Länder : Zusammen:

Auffallend war wieder um der Abfluß an edlen Metallen nach Aegypten und Südasien. Es betrugen nämlich : die Baarsendungen Europa's nach dem Morgenlande : Gold Silber Zusammen Pf. St. Pf. St. Pf. St. in 8 Jahren, von 1861-68 77,974,000 35,195,000 113,168,000 Durchschnitt 4,400,000 9,747,000 14,146,000 1864 6,969,000 23,925,000 16,956,000 1865 9,744,000 4,349,000 14,093,000 1866 2,871,000 7,075,000 9,946,000 1867 1,648,000 2,047,000 3,695,000 1868 10,076,680 6,518,060 3,558,620

Mill. Pf. St. Mill . Pf. St. Mill. Pf. St. 309 36 345 15 2 17 Durchschnitt von 20 Jahren Durchschnitt: 1849-51 15,5 15,5 ---1852-56 16,1 16,1 1857-59 16,1 1,0 17,1 1860--63 15,2 3,0 18,2 1864-68 4,5 15,0 19,5 1849-68

In Bezug auf Silbererzeugung sind es die Bergwerke in der californischen Sierra Nevada , welche die Gesammt erzeugung so beträchtlich gesteigert haben, inmerhin sieht man doch daß dem Werthe nach noch ein halb mal so

Im Jahr 1864 wurde der Höhenpunkt der Baarsen: dungen erreicht, das nächste Jahr zeigte bereits den Durch

viel Gold als Silber gegenwärtig erbeutet wird, also ein Pfund Gold etwa auf 10 Pfund Silber.

Dem Sinken

schnitt des jeßigen Jahrzehntes und vorlegtes Jahr war die

der Metallproduction haben wir es zum Theil zuzuschreiben

Summe sehr mäßig geworden, allein 1868 zeigte wiederum

wenn die Goldwerthe der europäischen Umsäße nicht mehr

einen Rückfall in die alten Verhältnisse. Glücklicher: weise war die Ursache eine vorübergehende, denn der

so rasch als im vorigen Jahrzehnt wachsen wollen.

abessinische Krieg erheischte Baarsendungen von 4 Mill . Pf. St.

sächlich den pacifiſchen Goldfünden verdankt.

Auch wird man gewahren daß es vorzugsweise Gold ge

wohl erwägen daß damals in den guten Jahren gegen

gewesen sei, welches nach dem Osten abfloß, während die Sendungen von Silber, welches sonst die wahre Rimeſſe

24 Mill. Pfd. St. mehr Gold als 1848 gewonnen wurden. Diese 24 Mill . konnten nicht in den Händen der Gold:

ist womit wir Indien das Opium bezahlen, um mit dem Opium 120 Mill. Pfd. Thee in China einzutauschen, nur

vielleicht 20 Mill. voraus.

um 11½ Mill. gewachsen sind.

Höchst wichtig ist das Sinken

nach Europa, verdrängte dort einen beinahe gleichen Werth

der Goldausbeute in den Fundorten am Stillen Meer.

gemünztes und ungemünztes Silber, welches nach Osten wanderte, und wofür nun neue asiatische Rimessen gewonnen

Hier folgt eine Uebersicht der lehten 20 Jahre nach dem Economist :

Der

unerhörte Aufschwung in den 50er Jahren wurde haupt Wir müſſen

gräber bleiben, ſeßten alſo eine europäiſche Einfuhr von

werden konnten.

Das Gold fand seinen Weg

Ist aber nur einmal ein neuer oder ein

erweiterter Verkehr möglich geworden, so werden rasch in Goldausbeute in Millionen Pf. St. aus alten aus neuen Zuſammen : Goldländern : Goldländern : 1849-68

292

Durchschnitt von 20 Jahren 14 Jährlicher Durchſchnitt : 1849-51 13,5 1852-56 14,0 1857-59 14,6 1860-63 15,3 1864-68 15,6

365 18

657 32

die neue oder verstärkte Strömung andere Handelsgüter mit hineingezogen, welche bis dahin auf günſtige Frachtgelegen: heit warten mußten. Die Edelmetalle beschleunigen daher ungemein die Vertheilung und den Austausch der Orts: erzeugnisse, besonders da sie die Spesen decken, welche die

10,3 24,7

23,9 38,7

21,9 18,3 14,4

36,5 33,5

Anknüpfung der ersten neuen Fäden und die Organiſation des Frachtenverkehrs erheischen. So stieg denn der Umsaß und die Productennachfrage zusehends im vorigen und selbst noch bis zur Mitte des

30,0 jeßigen Jahrzehntes.

Das Jahr 1868 ist übrigens noch nicht genau ermittelt,

Eine Rückwirkung durch den nord

amerikanischen Bürgerkrieg wurde zwar seit 1862 schon

ſondern nur interpolirt worden, allein man werfe einen

gespürt, aber anfänglich in mildem Grade.

Blick auf folgende bedeutsame Ziffern :

thum des Absages zugleich mit einer Vermehrung der um.

Das Wachs

1

Die Handelsgeschichte des Jahres 1868.

324

laufenden geprägten Metalle und ihrer Vertreter bewirk

das dreifache, Brasilien das ſechsfache, Aegypten das dop

ten ein fortwährendes Steigen der Arbeitslöhne, und mit

velte, Westindien ist neu aufgetreten als Ausfuhrgebiet,

dem Steigen der Arbeitslöhne auch den Hang zu Arbeits :

jedoch mit einer kleinen Quantität. Da sich nun in Groß britannien die Spindelzahl seit 1860 um ein Zehntel vergrößert

einstellungen. Die Arbeitseinstellungen sind am meiſten zu fürchten wenn nach einem anhaltenden Steigen der

hat, der Verbrauch des Rohstoffes aber, in Pfunden aus,

Löhne ein Umschlag eintritt. Sie sind ein Zeichen daß es den Arbeitern vorher sehr wohl gegangen ist, nun aber

gedrückt, im vorigen Jahre nur 84 Proc. des Normaljahres 1860 betrug, so konnte es nur 4 bis 5 Tage in der

plöglich, statt einer gesteigerten Nachfrage, ein übermäßiges

Woche durchschnittlich Arbeit für die Garnmühlen geben,

Angebot von Arbeitsleistungen eingetreten ist.

und es mußte daher entweder die Wochenarbeitszeit ver fürzt oder längere Zeit gänzlich gefeiert werden . Die bri

Die Strikes

in England waren nie häufiger als 1866 und Anfangs 1867, im vergangenen Jahre dagegen ungewöhnlich selten,

tische Spindelzahl ist offenbar zu groß, und ehe sich das

obgleich die Löhne sich nicht gehoben haben, sondern immer noch 20-25 Proc. niedriger stehen als vor dem Ausbruch

Gewerbe wieder heben kann , muß eine Mehrzahl der Die Preise der ältern Garnmühlen aufgegeben werden.

der Krisis im Jahre 1866. Selbst bei so erniedrigten Löhnen herrscht gegenwärtig unter den englischen Garn arbeitern sehr große Bedrängniß wegen Einschränkung der

Baumwolle schwankten höchst beträchtlich im Laufe des

ſtand am Beginn des Jahres 7 % P. das Pfund, stieg

Der Ursprung dieses Leidens liegt darin daß

bis zum 27. April auf 12 % , fiel bis zum 29. Juli auf

die Garnspindelzahl in Großbritannien ſeit 1860 viel raſcher vergrößert worden ist als es die Zufuhr des Rohstoffes er: laubte.

Diese Schwankungen sind so außerordentlich, daß Specu lanten im Laufe des Jahres große Vermögen gewinnen.

Arbeitszeit.

Wird das Jahr 1860 als Normaljahr vor dem Aus

Jahres 1868.

Amerikanische Wolle (Middling Upland)

912 und hob sich wieder bis zum 30 Nov. auf 113%.

und verspielen konnten.

Für die Baumwollengewerbe ist

bruch des amerikaniſchen Bürgerkrieges in Bezug auf die

dieser Zustand nicht günstig, allein die Käufer sind zum

Zufuhr von Baumwolle nach und die Garnerzeugung in

Theil selbst schuld daran wenn es noch nicht besser ist.

Europa angenommen, so gelangen wir zu folgenden Ver

Es gibt noch immer hißige Gemüther welche von Jahr zu Jahr erwarten daß die Vereinigten Staaten über eine Normalernte

gleichen : wie 1860 verfügen werden. Dieß ist aber rein unmöglich seit

Gesammtzufuhr von Baumwolle nach Europa Großbrit. Frankr. Deutschl. Uebrige Ballen u. Holland Staaten à400 Pfd. Proc. Proc. Proc. Proc. 1860 1866 1867 1868

4,611,750 3,811,000 3,877,000 4,255,750

61.1 60.1 60.6 58.3

14.6 14.4 14.1 15.0

9.5 13.2 11.6 13.4

14.8 12.3 13.7 13.3

der Abschaffung der Negersklaverei.

Wenn die Vereinigten

Staaten die Hälfte Baumwolle der ehemaligen Normaljahre uns schicken, so ist dieß der neue Normalzustand.

Der

Rest der uns fehlt muß folglich aus andern Gebieten er: gänzt werden, aus Indien, Aegypten und Brasilien vor. züglich.

Diese Länder schickten vor 1860 viel weniger

Baumwolle, weil der Anbau sich damals nicht bezahlte, der Pflanzer deßwegen lieber Zucker, oder Kaffee, oder Ge

Wir gewahren also daß jezt von der europäischen Zu fuhr Großbritannien fast 3 Proc. weniger, Deutschland dagegen fast 4 Proc. mehr verarbeitet. Die Zufuhr ſelbſt ist jest nur noch um 8 Proc. geringer als im Normal. jahre 1860.

treide baute. Sollen also dieſe ſubſidiären Gebiete uns den Ausfall der nordamerikanischen Ernte ergänzen, so müssen die Preise hoch bleiben. Im Normaljahr 1860 fostete das Pfund amerikanische Baumwolle der Haupt

Die Ursprungsländer welche den Rohstoff verbrauchssorte 62 P.

liefern, haben dagegen in Bezug aufQuantität beträchtlich ihre Rollen verändert, wie es in der folgenden Tafel sichtbar wird.

Es ist nun rein undenkbar daß

solange die Negersklaverei nicht wieder eingeführt wird, jemals amerikanische Wolle diesen Preis erreichen könnte, denn nicht nur daß in den Vereinigten Staaten viel weni

Einfuhr von Baumwolle nach Großbritannien. 1868 1867 Gewicht 1860 der Tausend Tausend Tausend Ballen Ballen Aus : Ballen Ballen 1226 1269 2583 Nord-Amerika 443 Bfd. 563 1511 1452 370 " Indien 437 103 637 160 " Brasilien 202 500 " 106 198 Aegypten 129 100 180 " Westindien

Zusammen

3366

3501

ger Baumwolle erzeugt wird als 1860, jedes einzelne Pfund kommt auch theurer zu stehen, da die bezahlte Negerarbeit Man wird nicht weit theurer ist als die Sklavenarbeit. fehlgreifen wenn man 9-9½ P. als den neuen norma len Mittelpreis für diejenigen Sorten bezeichnet die in den Normaljahren der Sklavenzeit mit 6½ P. bezahlt wurden. Unter 9 u. 9

P. wird sich der Preis nie lange halten.

können ; behauptete er sich aber höher, so würde wiederum mehr Baumwolle in den Aushilfsgebieten gepflanzt und

3660 dadurch ein Rückgang der Preise bewirkt werden.

Dieß heißt mit andern Worten :

Nordamerika sendet.

nur noch die Hälfte wie ehemals, Indien dafür beinahe

Was

die Vereinigten Staaten betrifft, so betrugen die Ern ten von

Die Insel Rapa (Südsee) als Station für die Panamá-Dampfer. 1860 1865 1866 1867 1868

4,675,000 Ballen (wirklich) 2,329,000 " " 2,204,000 " " 2,577,000 " " 2,550,000 " (geschätzt).

325

37 Wochen lang, 1862 14 Wochen lang,

endlich vom

25. Juli 1867 bis 19. November 1868 volle 69 Wochen! Dieß ist gewiß ein denkwürdiges Ereigniß. Theils ist es

Die Bewegung dieser Ziffern läßt also nicht vermuthen daß große Sprünge zu hoffen oder zu fürchten sind. Die Besizer von Garnmühlen in England sind seit 1866 sehr in ihrem Vermögen zurückgekommen, in vielen Fällen Auch die dortige Rhederei ist arbeiteten sie mit Verlust. jest wenig blühend, immerhin aber noch in glänzender Lage verglichen mit der nordamerikanischen ; denn wenn 1861 noch unter dieser Flagge 1932 Fahrzeuge mit 1,847,076 Tonnen Gehalt in britischen Häfen einliefen, so war 1868 ihre Zahl auf 451 , ihr Regiſter auf 434,908 Tonnen gesunken ! Die britiſchen Importgeschäfte haben in den leßten drei Jahren mit empfindlichen Verlusten zu kämpfen gehabt. Bei den Baugewerken ist ebenfalls eine Stockung einge

ein Zeichen des Mißtrauens in den Frieden, theils aber beruht es auf einem andern Umstande. Wir bemerkten oben daß der Abfluß edler Metalle nach dem Morgenlande von 24 Mill. und 14 Mill. Pfd . St. in den Jahren 1864 und 1865 auf 10 , und 3 % Mill. Pfd . St. in den Jahren 1866 und 1867 gesunken war. Da der Zufluß nur wenig gemindert fortdauerte, mußte sich in den großer Sammelbecken das edle Metall anhäufen, und in der That betrugen

die Baarschätze der Bank von England : der Bank von Frankreich: Febr. 1866 12 Mill. Pf. St. April 1864 9 Mill . Pf. St. Oct. 1867 23 " " Sept. 1868 53 " " Zuwachs

11 Mill. Pf. St.

44 Mill. Pf. St.

Seitdem haben sich die Baarvorräthe in der Bank von

treten, denn die Neubauten bringen nicht den erwarteten Zins ein. Alle Eisenbahnen haben einen geringeren Nußen

England um 3 Mill., in der Bank von Frankreich um 11 Mill. vermindert. Der Abfluß nach Osten betrug aber

abgeworfen, bei manchen ist er gänzlich verschwunden. Millionen sind zum Fenster hinausgeworfen worden durch.

auch im Jahre 1868 gegen 10 Mill. Pfd . St.

den Bau gänzlich

nugloser Parallelbahnen.

Ehemals

wurde gerechnet daß in Großbritannien das Vermögen sich jährlich um eine Summe steigere die näher an 200 als an 100 Mill. Pfd . St. gränzte, in den letzten drei Jahren aber ist es fraglich gewesen ob überhaupt die Nation rei

Die Insel Rapa ( Südsee) als Station für die Panamá-Dampfer.

cher geworden sey. Ein tüchtiges Volk weiß aber aus dem Mißgeschick einen bleibenden Gewinn zu ziehen. Die Eng länder sparen gewaltig seit vorigem Jahre, und zwar sind die Einschränkungen nicht bloß bei den Haushaltungen ein getreten, sondern, wo sie noch ergiebiger ausfallen, bei den Gewerben . Damit hängt auch nahe zusammen daß die jezige Regierung die Staatsausgaben so beträchtlich ein zuschränken sucht. Unter andern Einzelheiten möchten wir noch erwähnen daß das amerikanische Erdöl im Jahr 1868 wieder eine sehr große Rolle gespielt hat. Es wurden nämlich nach allen Weltgegenden verschifft aus Nordamerika Gallonen Erdöl : 1866 61,000,000 1867 63,594,000 1868 94,505,343 also 1868 fast um die Hälfte mehr wie 1867 ! Wie lange dieser Segen sich noch ergießen wird, gehört zu den ernſten

Achtzehn Tage lang hatten wir auf dem Stillen Ocean. vollkommen ruhige See gehabt, und am neunzehnten kam bei Tages Anbruch die Insel Rapa (zuweilen irrig Opara 1 genannt) in Sicht. Hier befindet sich eine Kohlennieder lage der Panamá Dampfer für den Fall daß es ihnen an Brennstoff gebricht. Wenn man von Wellington (Neu Seeland) aus nach Panamá geht, um die günstigen West winde zu benüßen, schlägt man einen mehr südlichen Weg ein, während man von Panamá zurückkehrend, um densel ben Windgürtel zu vermeiden, ganz nahe bei Rapa vorüber fährt. Dieses Eiland, das etwa 18 engl. Meilen im Um fang und eine sehr unregelmäßige Gestalt hat, zeigt viele Auszackungen, von denen zwei ansehnliche Buchten sind, jede mit einem kleinen Dorf, eine dritte und größere da gegen bildet einen schönen ruhigen Hafen der einzige Umstand welcher die Insel werthvoll macht. Sie wurde im Jahr 1791 von dem englischen Seefahrer Vancouver entdeckt, und seitdem ist wenig von ihr bekannt geworden,

Sorgen. Gewiß ist nur daß er um so früher endigen wird, je rascher die Ausbeute jest wächst. Die Delpreise

bis sie von der Panamá Compagnie zu ihrem Haltplat ausersehen ward.

aber die nach dem Versiegen der Petroleumquellen künftig eintreten werden, dürften uns dermaleinst harte Entbeh rungen auferlegen, besonders da das Petroleum uns durch

der "Ruahine" näherten, sehr malerisch ; ihre spißigen Piks

Das Aussehen von Rapa war, als wir uns der Insel in

seine Lichtfülle sehr verwöhnt hat.

drängten sich, so zu sagen, durch die unregelmäßigen aber abgerundeten Formen der bergartigen Hügel des Eilandes

Dreimal seit ihrer Gründung hat der Zinsfuß der Bank von England auf zwei Procent gestanden, nämlich 1852

1 Sie liegt einsam auf lat. 270 35′ S., long. 146º 40′ W. Greenw.

Die Insel Rapa (Südsee) als Station für die Panamá-Dampfer.

326 in die Luft empor.

Der Hafen lag gerade vor uns, zwei

| 200 engl. Meilen außerhalb des um die Geſellſchaftsinseln

Kohlenschiffe hatten etwa zwei engl. Meilen entfernt sicher

gezogenen magischen Kreiſes, zum tahitiſchen Protectorat ge

Anker geworfen, und es war, wie es schien, kein Hinder niß zwischen uns und ihnen vorhanden. Endlich kam das

höre. Wie man uns sagte, machten diese Franzosen beinahe

erwartete Boot, mit dem Capitän des Kohlenschiffs der Com

(einen gewaltigen Trunkenbold) und zwei Häuptlinge, Miroto

pagnie und einem eingebornen Lootsen, an. Wirsegelten vor

(den Mann welcher die Tahitier an die Franzosen verrieth)

sichtig vorwärts, und ſehr bald wurde der Meeresgrund unter

und Eitou, dazu die Insel den Franzosen schriftlich abzu

uns sichtbar.

alle Einwohner betrunken, und brachten den König Tapanua

Mit einem wahren Freudengefühl sahen wir

treten. Manche der einflußreichen Häuptlinge waren abwesend,

endlich daß wir wohlbehalten durch die Bojen Linie gelangt

blieben also bei dieser Gelegenheit nüchtern, und sprachen

waren, und daß wir uns in dem romantischeſten Hafen

nun dem König das Recht ab irgendwelche nicht zu ſeinem

befanden den man sich denken kann, indem das Land ſich

persönlichen Eigenthum gehörige Ländereien zu veräußern.

auf drei Seiten gleich den Mauern eines Amphitheaters er

Nachdem jest Se. schwärzliche Majestät allen Rum getrun

hob, und durch die Riffe und ein Leuchtthurm-Inselchen auf

ken, beginnt er seinen Handel zu bereuen, und hofft daß

der vierten, oder östlichen,

die Engländer auf die Insel kommen und ihn gegen alle

Seite geschüßt

war ; über

dieß genoß er den Vortheil daß er vom offenen Meer aus

Eindringlinge schüßen werden.

frische Luft hatte.

war, wie einer ihrer Capitäns uns sagte, einfach der : die

Zwanzig Schiffe könnten sich hier sicher

Der Zweck der Franzosen.

vor Anker legen, und noch dazu unzählige kleine Fahrzeuge.

Geschäfte der Compagnie zu hindern ; um dieß aber zu thun,

Die endlose Mannichfaltigkeit an Form und Farbe um uns her war höchst bezaubernd. In der Nähe unseres Anker:

bürden sie sich eine nußlose Ausgabe von jährlich 600 Pfd. St. auf, bloß um das Kohleneinnehmen zu überwachen .

plazes befand sich ein kleines Dorf mit etwa dreißig Ein Mit unserer Kohleneinnahme wurde natürlich sogleid wohnern ; weiter entfernt auf der entgegengeseßten Seite der Anfang gemacht, und der größere Theil der Passagiere, aber lag ein anderes größeres, das wir die Hauptstadt nannten wo der König und der französische Reſident

voll Begierde eine Zeitlang ihrem eisernen Gefängniß zu entrinnen, zerstreute sich allmählich an der Küste, während

lebten.

Mit Leidwesen sahen wir nur daß die französische

Flagge statt der englischen hier wehte, und es unterliegt

diejenigen welche zurückblieben gegen Korallen , tropische Vögel, Federn, Bananen 2c. Handelsgeschäfte mit den Ein

nicht dem geringsten Zweifel daß die Eingebornen ſelber gebornen schlossen .

Ich selbst nahm einige kleine Skizzen

die lettere vorgezogen haben würden. auf, und nachdem ich etliche der sehr eigenthümlichen Züge Die Franzosen hatten das Protectorat über Rapa, des Landes zu Papier gebracht, ging mein nächſter Zweck wie ich glaube, unter dem Vorwand angenommen daß die Insel eine Dependenz der tahitischen Gruppe sei.

Allein

auf einer dem Kaiser gewidmeten neuen Weltkarte be findet sich ein um die Gesellschaftsinseln gezogener Kreis als die Gränze des französischen Protectorats. Diese Linie nun scheint mehr als 200 englische Meilen von Rapa entfernt zu sein, und hätte die Panamá- Compagnie hier nicht eine Station errichtet , so würden die Franzosen wohl nie hieher gegangen sein. Weil diese aber sich

dahin mit einem mäßigen Grade von Genauigkeit die Höhe der hervorragendſten unter den Bergſpißen zu bestimmen die auf diesem merkwürdigen Eiland emporragen. Dieß war nie zuvor gethan worden, und ich hatte vor meiner Ankunft so viele verschiedene Muthmaßungen über die Höhe der Rapa Piks erhalten ――――― sie schwankten von 400 bis zu 1400 Fuß 2c. ―― daß mir um so mehr daran lag zu irgendetwas definitivem zu gelangen.

Die Schwierigkeit

beſtand darin mir einen hinreichend ebenen Raum zu erfolglos bemüht hatten die Compagnie zu veranlaſſen Ta hiti als die Halbweg- Station anzunehmen, und weil sie hörten

verschaffen um eine Grundlinie messen zu können, was, selbst unter günstigen Umständen , wenn es mit Ge

daß die Compagnie einen mehr als Tahiti auf ihrem Wege nauigkeit geschehen soll, durchaus nichts leichtes ist.

Da

liegenden Plas suche, so bildeten sie sich ein : dieser Play ich indeß fand daß die Küste unzugänglich war, so wählte müsse eine der Gambier-Inseln gewesen sein , die beträcht lich nordöstlich von Rapa liegen und im Protectoratskreis

ich einen Platz am Strande, nahezu in einer Linie mit dem Schiff und dem Berge.

eingeschlossen sind.

Dann verschaffte ich mir Ge

Demgemäß ſandten sie einen Reſi wißheit über die Länge dieser Linie auf dreierlei Art : ein

denten dahin, um die Vorgänge zu überwachen.

Da sie mal durch Messung auf der Karte, dann durch Schall,

nach einiger Zeit fanden daß niemand sich zeige, und hör und drittens durch

die mit dem Sextanten gemeſſene

ten daß Rapa zum Besuchshafen ausersehen worden, so wurde der nämliche Resident in den ersten Monaten des

anguläre Länge des Schiffs . Der Durchschnitt hievon gab mir eine leidliche Grundlinie, und natürlicherweise

Jahrs 1868 an Bord des franzöfifchen Kriegstransport: gelangte ich durch die Winkel an jedem Ende derselben schiffs La Dorade nach dieser Insel geschickt. Einige Mo nate vor diesem, und nach der ersten Kohlen- Einnahme der

und eine kleine Triangulirung zu der Höhe eines der höch: sten Piks, nämlich 2100 Fuß.

Schiffe der Compagnie auf der Insel, legte ein anderer französischer Dampfer, La Touche Treville, daselbst bei.

Die kurze Zeit in welcher ich die Einwohner näher

Dieses Schiff erklärte zum erstenmal daß Rapa, obgleich

kennen lernen konnte, und die Angaben die ich von andern

Die Insel Rapa (Südfee) als Station für die Panamá-Dampfer.

über dieselben erhielt, gaben mir einen sehr günstigen Ein druck von ihrer friedlichen Charakter: Einfachheit und Ehr lichkeit.

Ihre Anzahl beläuft sich jetzt nur noch auf etwa

125-130 Männer, Weiber und Kinder. Früher glaubte man, und zwar ihrer eigenen Angabe zufolge, daß ihrer 1200 bis 1500 ſeien.

Allein innere Kriege vor allem an

327

unserer Ankunft in Wellington erfuhren, in Neu- Seeland eben sowohl wie in Südamerika empfunden hatte. Der Hülfsquellen und Erzeugnisse der Insel sind es gegenwärtig an Zahl oder Quantität nur wenige, aus genommen vielleicht Ziegen, die es in Menge gibt, und die man überall auf den unzugänglichsten Stellen sich

dern und dann die Verheerungen verschiedener unter ſie

erlustigen sehen kann, wo, wenn man das Fernglas zu

gebrachter Epidemien verminderten die Einwohner auf die jeßige beschränkte Anzahl. Sie sind dem Aussehen nach ein schö

Hilfe nimmt,

ner, männlicher, wohlgebildeter Menschenschlag, und hatten

reliefartig sich abheben. Von Zeit zu Zeit nehmen kleine Schiffe eine Ladung derselben mit nach Tahiti. Man

in meinen Augen Aehnlichkeit mit den Maoris .

Zu verz

wundern ist nur daß sie da sie hauptsächlich von einer eßba ――― ren Wurzel, Taro genannt die für uns einigermaßen -geschmacklos und fad ist so wie von einem färglichen Vorrath von Fleiſch und Fischen Aussehen bewahren .

leben,

ein so gutes

Auch ihre Sprache im allgemeinen,

die Namen der Landspitzen, der Berge 2c. schienen meinem Ohr maori-artig. Das Klima der Insel muß für einen Europäer sehr köstlich sein;

denn da sie rings vom Meer umgeben,

ist

ihre auf einem äußerst schmalen Berg

rücken hin und her sich bewegenden Gestalten am Himmel

sagte mir der Statthalter der leztern Insel habe dem französischen Residenten auf Rapa befohlen sie alle aus: rotten zu lassen

nach welchem erleuchteten Grundsatz, ― ist schwer zu sagen allein der Resident hatte zu vie gesunden Menschenverstand um dem Befehl nachzukommen. 1 Die „ Ruahine“ hatte auf ihrer früheren Fahrt versuchs weise einige Schafe ans Land gesezt, sie gediehen aber nicht ; denn als er sie wieder an Bord nahm, hatten ſie an Gewicht beträchtlich verloren .

Einige Schweine kann

ihre Temperatur sehr gleichmäßig, und obgleich den Tropen

man bekommen, sie sind gut, aber theuer.

sehr nahe, zeigt der Thermometer doch selten mehr als 75° F. (19º R. ) mitten im Sommer. Das Wetter, meis

Geflügel gibt es im Walde: so z. B. Pfeifenten und

Einiges wilde

natürlicherweise Möven.

stentheils schön, ist doch bei gelegentlichen Regenschauern

man nicht, obgleich einer unserer Passagiere mir sagte : er

veränderlich, wie sich in Folge der Einwirkung der hohen.

habe den gangen Tag in leiblicher Furcht vor denselben

Reptilien oder Schlangen findet

Bergspitzen, welche die Wolken aufhalten und sie veran

geschwebt, so daß er sich seinen Naturgenuß auf diese Art

laſſen ihre zurückgehaltene Feuchtigkeit niederzuschlagen, er

sehr unnöthigerweise verdarb. Ratten sind in großer Menge vorhanden. Merkwürdig ist daß, als das Kohlenschiff der

wartenließ. Die Winde wehen neun Monate lang im Jahr aus den Strichen zwiſchen Süvoſt und Nordoſt, und ſind west

Compagnie zum erstenmal dorthin ging, die Mannschaft

liche während der übrigen Zeit ; denn natürlicherweise wird,

von Mosquitos belästigt wurde, obschon man an der Küste

da die Insel so nahe an den Tropen liegt, der Passat

keine fand ; sie wurden in der That dorthin zu Schiff

wind im Sommer (November, December, Januar und

gebracht , und sind jetzt verschwunden. Fische sind in reicher Menge vorhanden - einige sind sehr schön, beson

Februar), wo er rings um die Insel herrscht, durch die Sonne südwärts gelenkt, während er im Winter an der nörd

ders der Papagaifisch und die Gold

lichen Gränze der regelmäßigen westlichen Luftströmung Das meteo: bleibt, die sich dann mehr nördlich erstreckt.

gute Seebarben und einige andere Arten kann man sich

rologische Departement in England hegt die Absicht die Insel zu einer Beobachtungsstation zu machen, und hat so eben die erforderlichen Instrumente dahin geschickt, so daß Rapa ein Punkt von großem wissenschaftlichen Interesse und Nußen werden dürfte.

In der That kann,

da der

füdliche Stille Ocean meteorologisch ein uns fast unbe kanntes Meer ist, die Bedeutung dieser festen Station Rapa in Verbindung mit den Beobachtungen an Bord der Panamá- Schiffe und in Neu- Seeland nicht hoch genug angeschlagen werden.

Bereits ist ein Fluthmesser dort,

und Silberfische ;

leicht verschaffen ; von Haifischen wimmelt es. Die Taro-Wurzel, die Hauptnahrungsquelle der Ein wohner, wächst reichlich, ihr Anbau erfordert aber Auf merksamkeit, da sie ohne viel Waſſer nicht gedeiht.

Wir

ließen eine Quantität englischer Gemüse - Samen zurück, und hoffen daß der Anbau derselben Erfolg haben werde. Wassermelonen gibt es viele, und sie sind wohlfeil ; Ba= nanen gedeihen gut, und sind sehr schmackhaft ; auch Orangen werden erzeugt, sie sind aber von armseliger Be schaffenheit und ebenso die Ananas von sehr untergeord

Zoll ist, und die Hafenzeit bei Voll- und Neumond 12, 15 .

neter Art. Das Zuckerrohr kommt gleichfalls gut fort, und Cocosnüſſe gab es früher auch auf der Insel, allein ungünstige Witterung zerstörte sie vor einigen Jahren ins

Die Welle welche sich kürzlich längs der Küste von Peru

gesammt.

der zeigt daß das äußerste Steigen und Fallen 2 Fuß 6

verheerend hinzog, wurde auch in Rapà gespürt, und ſie spülte in der That das Kohlenwerft der Compagnie hin weg. Auch ein leichtes Erdbeben fand dort statt, dessen Stoß von Süden kam, und im Zeitpunkt sehr nahe mit den Störungen zusammenfiel welche man,

wie wir bei

Ich konnte keine Gewißheit erhalten ob sie gut gedeihen, glaube aber daß der Cocosnußbaum außerhalb der Tropen nicht blühen wird. Kohl ist in Menge vor 1 Der französische Beamte war eben so unwissend wie der Verfasser. Der Statthalter wollte offenbar der Insel das Schicksal St. Helena's ersparen.

Straßen und Handelsverbindung zwischen Britisch- Indien und Karschgarien.

328

handen, und Mais läßt sich leicht ziehen ; Kartoffeln bis jetzt nur höchst mittelmäßig.

versprach der Zustand der Dinge nicht sonderlich viel. Die Straßen von Kullu durch die abgelegene britische Provinz

Kohlen von sehr geringer Beschaffenheit hat man im In nern gefunden; die Schiffe benüßen dieselben hin und

Lahoul waren für beladene Thiere kaum gangbar.

wieder zum Kochen 2c., zu Dampferzwecken aber sind sie unbrauchbar.

ward ich ununterbrochen mit Klagen behelligt über die

Als ich

im Jahr 1866 Lahoul entlang nach der Gränze reiste,

Das Land ist im allgemeinen mit dickem Geſträuch und

Unterdrückung, die Erpressungen und die Plünderung unse rer Handelsleute durch die Beamten von Ladak. Die an

Farn bedeckt, und zeigt da und dort mit einer Art groben Grases, das fünf oder sechs Fuß hoch wird, bewachsene

botszöllen gleich kamen, und doch waren sie noch mild im

erkannten Zoll - Gebühren waren so drückend, daß sie Ver

lichte Stellen. Es gibt einige wenige schöne blühende Stau

Vergleich mit den ungeseßlichen Steuern welche von den

den, und während der Baum und kleinere Farn in Fülle

Beamten erpreß: wurden.

vorhanden sind, findet man Bäume von leidlicher Größe

wanderte, gingen die Agenten des Maharadscha von Dorf

Während ich

durch Lahoul

in dem nördlichen Theile der Insel, aber nur kleine in der

zu Dorf, und erhoben zum Besten ihres Herrn Tribut von

Nähe des Hafens. Wir weilten in der „ Ruahine“ nahezu zwei Tage auf

britischen Unterthanen .

Rapa, und da der zweite davon ein Sonntag war, so war es nicht ohne Interesse zu sehen daß der Tag streng

den Ereignissen welche ſtatifanden, ausgenommen die That sache daß die Muhammedaner das chinesische Joch abge

gefeiert wurde, und daß es an diesem sonst so ruhigen

schüttelt und damit alle Handelsverbindungen mit dem ― Often abgebrochen hatten ein Umstand der uns offenbar sehr zu statten kam. Allein außer dieser einen ermuthigen den Thatsache ließ sich nur wenig der Meinung entgegen

Plaze noch merklich ruhiger war ale am Tage zuvor ; Frauen und Männer hatten ihre besten Kleider angethan, und erstere überdieß allen den kleinen Puß den sie zur Schau zu tragen hatten. In jedem Dorfe gibt es als Kirche ein besonderes Gebäude, dasjenige in dem größeren Dorfe be: findet sich in sehr gutem Zuſtande, in unserm Dorf aber war die Kirche in traurigem Verfall. Es gibt auf Rapa merkwürdige Ueberreste von augen: scheinlich befestigten Pläßen, welche die Vertheidigungs

Jenseits der Kaschmir- Gränze erfuhren wir wenig von

sezen welche viele aussprachen, daß der Gedanke Handels verkehr mit Mittelaſien auf einer solchen Linie anzuknüpfen, rein chimärisch sei. Innerhalb des kurzen Zeitraums von zwei Jahren hat sich indeß alles geändert. Mit vergleichsweise unbedeuten den Kosten

bis jezt ſind nicht mehr als 500 Pfd. St. wurden die Straßen

orte der früheren kriegerischen Zeiten gewesen seyn sollen. Auf den Gipfeln vieler der steilen Berge sind dieſe vier

(6000 ft. ) ausgegeben worden

edigen Festungen zu sehen, und einige davon haben eine

gangbar gemacht. Flüsse wurden überbrückt, steile Anhöhen mit leicht gehbaren Wegen versehen, und für eine weitere

sorgfältige Construction . Sehr eigenthümlich aber ist daß ſie meistens inwendig solid, die Steine gut viereckig gemacht,

von Kullu an die Ladak'sche Gränze für beladene Thiere

Rings herum im

Summe von 500 Pfd. St. wird die ganze Straße vollendet werden können.

Innern, oder auf dem Gipfel des einen, sind immer noch die Gebeine und Schädel einer großen Anzahl von Krie

Zollgebühren sind vermindert, die Unterdrückungen und

gern zu finden, welche, wie man sagt, von ihren Gegnern.

Erpressungen durch Ladak'sche Beamte beseitigt ; anstatt

ausgehungert worden waren .

des frühern Systems Träger ohne Bezahlung zu preſſen, wird jest Dank den freisinnigen Befehlen des Maha

sehr groß und trefflich gekitter find.

(Nautical Magazine. )

Der an Kaschmir bezahlte Tribut ist abgeschafft ; die

radscha und der Wachsamkeit Dr. Cayley's — jedem Mann für seine Dienste der volle Miethlohn bezahlt.

Freude

und Heiterkeit herrschen jezt durch ganz Ladak, und die

Straßen und Handelsverbindung zwiſchen Britisch

zahlreichen Handelsleute denen man auf der Straße be

Indien und Kaschgarien.

gegnet drücken ihre größte Zufriedenheit und Dankbarkeit

In der Londoner königl. geographischen Gesellschaft ver las kürzlich der Generalmajor Sir H. C. Rawlinson eine

stand abseiten der Agenten des Maharadscha, noch von

Abhandlung über die „Handelsstraßen zwischen Turkeſtan und Indien, theilte aber' zuerst einige Auszüge aus einem

Monopolien Kaschmirs ; vielmehr sieht jezt der Mahara

Berichte Hrn. Forsyths , des mit der Ueberwachung des Handels von Nordindien betrauten Commissärs, mit, denen.

Handelsverkehrs vollkommen ein , und jeder wetteifert mit

aus.

Ueberdieß hört man jeßt nichts mehr von Wider

düſtern Voraussetzungen in Betreff der Vernichtung der

dscha und sehen alle seine Agenten den Vortheil eines freien

dem andern in der Bemühung den Handel, den sie eben wir folgendes entnehmen.

Vor zwei Jahren (schreibt Hr. Forsyth), als die Frage bezüglich der Anknüpfung von Handelsverbindungen mit Ladak und Mittel- Asien zum erstenmal angeregt wurde,

erst noch gänzlich hatten unterdrücken wollen, zu fördern und auszubreiten. Von Jarkand und Kaschgar bringen die Handelsleute und Reisenden ermuthigende Berichte über die Ruhe und

Straßen und Handelsverbindung zwiſchen Britisch-Indien und Kaschgarien.

329

die kräftige Regierung welche unter Jakub Beg Kuschbegi

über die Himalaja-Berge.

herrscht, und alle sprechen sich einstimmig darüber aus daß es der ernſteſte Wunsch des Herrschers und seines Volks

werthe Thatsache daß die Handelsleute insgesammt, als dieß hervorgehoben wurde, nachdrücklich erwiederten : die

ſei den Handel mit Hindostan zu voller Entwickelung ge

Ursache der Hemmung des Handels auf der directen Route liege einzig und allein in der übermäßigen Erhebung von

langen zu lassen. In Leh angekommen, bemerkte ich mit Erstaunen die

Waarenmassen im Bazar, sowie die Haufen von Gütern die man aus Jarkand, Kaschmir und dem Bendschab ge bracht hatte, und die in den Häusern oder in den Hof: Leh selbst ist ein unbedeutender räumen dahinter lagen. ――― die Hauptstadt eines spärlich bevölkerten und armen Ort Landes, das wenig oder keinen Handel unterhalten kann .

Allein es ist eine bemerkens

Zöllen seitens der Regierung von Kaschmir. Als Beweis hiefür deuteten sie auf die Anwesenheit vieler Handels leute in der Versammlung welche nie zuvor nach Leh ge kommen, jest aber durch die Ankündigung einer Herab sehung der Zollgebühren veranlaßt worden seien die Reise zu unternehmen.

Auf eine Beleuchtung der Schwierigkeiten der Straße

Wichtig aber ist es als das Handels-Entrepot zwischen fernen Ländern, deren kräftige Lebensfähigkeit hier un widerleglich in die Augen fällt.

wollte man sich nicht einlaſſen, erklärte aber daß dieſelben den Handelsverkehr nicht hindern würden wenn man die Zölle herabsehte. Diese Thatsache ist wichtig, und gibt

Die Liste der Ein- und Ausfuhren welche Dr. Cayley liefern wird, dürfte den gegenwärtigen Zuſtand des Mark

Aufmunterung ; denn es ist, wie sogleich gezeigt werden wird, alle Aussicht vorhanden daß wir im Stande sein

tes zeigen.

werden die Wege sehr zu verbessern.

Es

wird zugegeben

daß die Hauptwaaren

maſſe dieſer Saiſon ſich noch unterwegs befindet, und daß

Die Verhandlung wandte sich dann dem Zustande der

bis jetzt die zur Erleichterung des Handels getroffenen Maßregeln noch nicht vollständig bekannt sind. Dennoch

Straße zwischen Ladak und Turkeſtan zu. Bisher wurde nur eine Linie benüßt, die über das Karakorum- Gebirge,

ist es als ein befriedigender Anfang anzusehen daß die

welche so ungemein gefährlich und schwierig ist, daß die

heurigen Handelsgeschäfte ungefähr doppelt so groß sind als die vorjährigen.

Handelsleute genöthigt sind drei Pferde für je ein bela:

Diesem Handel muß nun ein neuer Anstoß gegeben werden durch die Errichtung eines Marktes in Leh im Herbst eines jeden Jahrs Und um dieß mit Erfolg thun zu können, war es nothwendig zu einiger Berechnung des Begehrs und Vorraths der verschiedenen Artikel zu ge= Die Zeit allein kann den Markt gehörig ordnen, die Erfahrungen aber die man bei Gründung des Jahr. markts in Palempur gemacht , lehrten daß es , um langen.

denes zu nehmen, und man berechnet hat daß 25 Proc. der Thiere unterwegs zu Grunde gehen.

Das Miethgeld

für ein beladenes Pferd während der Reise schwankt zwi schen 40 und 50 Rupien (à 1 fl. 12 fr.), was natürlich die Frachtkosten ungeheuer vermehrt.

Indeß haben all

diese Schwierigkeiten und Koſten nicht verhindert daß der Handel sich mit jedem Jahr verdoppelte ; denn das wirk liche Hinderniß, die übermäßigen Zölle, wurde beseitigt. In ähnlicher Weise, obgleich in geringerem Grad, ist

sich vor Täuschung und Verlust zu schützen, nothwen dig war eine Art Schäßung der Artikel vorzunehmen, und zu veröffentlichen, nach denen wahrscheinlicherweise Nach

bisher die Straße zwischen Leh und Hindostan einigermaßen gefährlich und schwierig gewesen, doch gibt es hier eine

frage stattfinden werde.

Tschamba und den niedrigen Bergen, deren Lebensunter

Demgemäß wurde eine Versammlung von Handels

große Classe der

Bevölkerung

von

Bussahir ,

Lahoul,

halt gänzlich von diesem Handelsverkehr abhängt.

Für

leuten zur Besprechung commercieller Angelegenheiten ab

diese Leute werden die Verbesserungen welche jetzt die bri

gehalten. 1 Die Erörterung ward zuerst auf die Straße gelenkt auf welcher Jarkand und Turkestan gemeiniglich mit Waaren versorgt werden.

tische Regierung unternimmt ,

Aus den Angaben der Handelsleute ergibt sich nun daß in den lezten Jahren engliſche Waaren in großen Maſſen über Dera Ismail Chan und Peschawer nach Bochara

die Straßen so bequem

machen, daß sich auf eine 25 Proc. betragende Verminde rung der Transportkosten hoffen läßt. Was den mittelasiatischen Handel betrifft, so ist es eine Sache von der größten Wichtigkeit daß die Straße welche man vor zwei Jahren bei der erstmaligen Anregung der

gesendet wurden, von dort über Kokan nach Kaschgar und Jarkand gelangten, und erfolgreich mit den aus Rußland gebrachten concurrirten .

wahrscheinlichleicht gangbar machen lasse, jezt von Dr. Cayley,

Ein Blick auf die Karte wird zeigen daß der Handels verkehr auf diese Art einen sehr bedeutenden Umweg macht,

Kamele erklärt worden ist. Bei der Tschangtschenmo- Straße sind sämmtliche schwierige Pässe des Karakorum vermieden.

und die doppelte Zeit zur Beförderung der Waaren braucht die er auf der directen Straße nöthig gehabt

Anstatt sechs Tage lang nacheinander marschiren zu müſſen

hätte.

wie über den Karakorum, werden die Handelsleute Gras,

Der Grund hiefür, der sich natürlich dem Geiste von selbst aufdringt,

ist der ungünstige Charakter der Straße

Sache als diejenige bezeichnete die ſich für beladene Thiere

der darüber reiste, für durchaus wegſam ſelbſt für beladene

ohne auch nur einen Grashalm für das Vieh zu finden,

Holz und Waſſer längs der Tschangtſchenmo Linie im Ueber: fluß finden.

Drei Stellen nur sind ohne Gras, und diese

Straßen und Handelsverbindung zwiſchen Britiſch-Indien und Kaſchgarien.

330

befinden sich nicht an nacheinanderfolgenden Haltplägen,

Thees, im Begriff die Tschangtschenmo - Route nach Jarkand

ſo daß man an jede einzelne Station, wo es nothwendig

einzuschlagen, und so die Linie für künftige Karawanen zu

ist, ohne Schwierigkeit Futter bringen kann. Es laſſen sich daher die Städte Jarkand und Chotan ohne alle Lebens :

eröffnen.

gefahr oder sonstigen Schaden auf einer leicht wellenför migen Straße eben so schnell erreichen, wie auf der schwie: rigen und unwirthlichen Karakorum -Straße. Leute die nicht in diesen hohen Gegenden zu reisen pfle gen, haben oftmals gesagt daß es für den Handelsverkehr unmöglich sey den Weg über Höhen von 18,000 oder 19,000 Fuß einzuschlagen . Die beste Antwort hierauf aber ist die Erfahrung und die Thatsache.

Der Handelsverkehr schlägt

nicht nur diese Straßen ein, sondern zeigt auch eine Neigung zur Zunahme. Thatsächlich bildet eine bloße Höhe inner.

Wenn mit Jakub Beg Kuschbegi Unterhandlungen an= geknüpft würden, und Erfolg hätten, so läßt sich behaup ten daß er die Macht und, wie wir überzeugt sind, auch den Willen hat die directe Straße über Kogiar nach Jar kand vor den Plünderungen der Kandschoti-Räuber zu schützen, und so für den Handelsverkehr eine noch kürzere Linie benutzbar zu machen. Nach Verlesung obigen Berichts des Hrn. Forsyth be merkte Rawlinson : „Obgleich ich nun die Vorschrift daß aus unsern Berathungen jede Erörterung über politische Angelegenheiten ausgeschlossen sein soll, vollkommen gut

halb gewisser Gränzen kein Hinderniß zum Fortkommen. Wenn der Reisende die Ebenen von Rupschu oder Ladak erreicht hat , befindet er sich bereits in sehr ansehnlicher

heiße, kann ich doch nicht umhin einige Worte über die

Höhe, vielleicht 15,000 Fuß.

Die Pässe über ihm erheben.

nach, in hohem Grad zu jener Entmuthigung Anlaß

sich nicht mehr als 2000 øder 3000 Fuß, und die Abhänge

gegeben mit welcher wir bisher bei Förderung unſers Han

sind gemeiniglich leicht zu erſteigen. Es ist sehr wohl bekannt daß, obgleich man zwischen

kämpfen hatten.

Kullu und Leh über vier Päſſe zu gehen hat, doch der einzige von welchem Reisende mit Furcht sprechen gerade der niedrigste ist, der Rohtang.

Dieser Paß ist nur 13,000

russisch-indische Frage zu sagen, weil eine irrige Auffassung der

eigentlichen

Tragweite derselben , meiner Meinung

dels und der geographischen Forschungen in Mittelaſien zu Lassen Sie mich zuvörderst sagen daß ich

vollkommen mit dem übereinſtimme was jüngst in der " Edinburgh Review " ausgesprochen ward : selbst der tollste Russenfürchter könne nie Gefahr sehen von jenseits der

Fuß hoch, wegen seiner Nähe an den regnerischen Land

Gebirgsketten des Kuenlun und Karakorum (denen ich noch

strichen Hindostans aber werden seine Halden durch die

den Hindukusch beifügen möchte).

häufigen Regengüsse in tiefe Schluchten ausgewaschen oder

über diese Gebirgsketten, auf die ich bereits die Aufmerk

durch beständige Echneelawinen gefahrvoll gemacht.

ſamkeit gelenkt, für den Handelsverkehr vollkommen gang

So

Obgleich die Straßen .

wie wir weiter reisen und dem Einfluß der Regengüſſe

bar sein mögen, sind sie doch ganz unwegsam für den

entkommen, finden wir in den Pässen wenig Schnee liegen,

Marsch eines Heers, und zwar nicht der physischen Schwie

und da eine geringere Einwirkung auf den Boden vor. handen ist, so gibt es in den Bergabhängen fast gar keine

rigkeiten wegen, sondern des Mangels an Vorräthen halber. Der praktischste Beweis hiefür liegt darin daß, soweit wir

Schluchten.

die Geschichte kennen,

Daraus folgt daß, wenn man von dem Bara-Latſcha Paß noch Tschangtschenmo geht, man über das 19,000 Fuß

Feind je versucht habe entweder auf der Polu- oder Tschang

hohe Gebirge nur eine Reihenfolge weiter Undulationen zu

tral-Route vom Orus Thal aus, nach Indien einzudringen.

kein Beispiel bekannt ist daß ein

tschenmo-Straße von Ostturkestan her, oder auf der Tschi

übersteigen hat , welche für unternehmende Handelsleute

Nein, wenn in der Fülle der Zeit Rußland je den Ver

fein Hinderniß bieten .

Man dürfte vielleicht fragen : warum

such machen sollte sich Indien zu nähern, oder feindlich

man eine so bequeme Straße, wenn sie existirt, nie benutt

gegen dieses Land aufzutreten, so wird seine Vorrückungs

hatte ?

linie nicht über irgend einem der Pässe der großen nörd

Darauf hat man bis jept keine befriedigende Ant

wort erhalten, außer der Behauptung daß viele Jahre lang von irgend einem früheren Beherrscher Ladaks die Straße

lichen Gebirgsreihe des indischen Kaukasus liegen, sondern

und, was auch

es wird dem folgen was man in der Sprache der Mathe matiker die Linie des geringsten Widerstands nennt, und

der Grund sein mag , wir haben es jest bloß mit der

diese Linie geht von der Südost- Ecke des kaspischen Meers

Thatsache zu thun daß die Straße , obgleich gangbar, bis jetzt geschlossen war. Während ich dieß schreibe,

in Bezug auf diese will ich ferner nur sagen daß, solang'

macht mich ein Handelsmann , der dieselbe eingeschlagen hatte , auf eine noch fürzere Route für einen Theil des

den Persern und Afghanen bewahren — d . h. solang' als

Wegs aufmerksam, durch die man zwei Tagmärsche ersparen

wir alle einen vereinigten Widerstand bieten - ein der

verboten war.

kann.

Sei dem wie ihm wolle

Ohne Zweifel würde man auch, wenn man geeig

nete Personen dazu verwendete die ganze Linie zu ver messen, höchst befriedigende Ergebnisse erlangen ; mittler weile ist der Jarkander Wakil, begleitet von einer Abtheilung Pendschaber Handelsleute und Pferdsladungen Kangra

aus, und führt über Mesched, Herat und Kandahar, und

als wir unsere gegenwärtigen friedlichen Beziehungen zu

artiges militärisches Vorgehen einfach unmöglich iſt.¹ (Aus den Proceedings of the Royal Geographical Society.) 1 Dieß ist fast wörtlich das nämliche, was kürzlich in den „Rückblicken“ (Ausland 1869, S. 68) bemerkt wurde. „ Daß die Ruſſen Indien zu erobern oder nur zu bedrohen gedenken, ge

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

331

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde. Bon Prof. Dr. Senft in Eisenach. 6.

Mineralbildungen in Höhlungen.

Die Höhlungen der Erdrinde werden vom Volk immer

den Wassers oder das Rauschen von unsichtbaren Wasser

mit einer gewissen abergläubischen Scheu oder Furcht be trachtet, denn sehr häufig gelten sie als der Sitz böser

strömen, die Ueberreste einer untergegangenen Thierwelt in denselben alles das erregt selbst in dem Gemüthe

Geister der verschiedensten Art, als der Versammlungsort

des aufgeklärten Menschen eine eigenthümliche, bangende

und die Werkstätten der Gold, Silber und Edelsteine be reitenden Kobolte, als die Heimath und Geburtsstätte der

oder ehrfurchtsvolle Empfindung. Betritt man nun gar die Höhlensäle , deren finstere Räume versteckt sind unter

giftigen Lindwürmer und Schäße bewachenden Drachen,

den prachtvollsten blendendweißen Steingardinen und Säu

oder auch wohl gar als die Eingänge zur Unterwelt und

lenhallen, welche von dem hohen Gewölbe derselben bis zu

Hölle.

Kein Wunder ! Der meist versteckte geheimnißvolle

ihrer Sohle niedersteigen, während ihre klüftigen Seiten

Eingang in dieselben, die eigenthümlichen, bald eisig kalten,

wände überkleidet sind mit funkelnden Krystallschalen ; -

bald warmen Luftströmungen, welche ihnen entweichen, die

dann glaubt man in der geheimnißvollen Werkstätte von

unheimliche Finsterniß, die oft nicht zu übersehenden Hallen

Berggeistern zu sein, welche mit kunstreicher Hand das gli

und unergründlichen Abgründe, das Klingen des tropfen

hernde Erz und den blendenden Krystall schaffen zur Aus

Aus der Adelsberger Höhle.

www

W

hört zu den alltäglichen Gedankenlosigkeiten die einer dem andern nachplaudert. Gesezt selbst es wäre so, was hat damit die Er oberung von Samarkand zu schaffen ? Samarkand ist an sich nichts mehr als ein wohllautender Name für leere Paläste oder Kuinen, eine sonstigen höhere Bedeutung hat der Platz nicht. Rücken aber die Russen deßwegen den indischen Briten irgendwie näher? Man entwerfe sich, ehe man antwortet, doch zuvor einen Feldzugsplan der Russen gegen Indien, und man wird sogleich erkennen daß große Truppenmassen dorthin niemals auf dem endlosen Umweg um den Aralsee marschiren werden. Der Ort von dem aus die Russen gegenwärtig Indien bedrohen , ist eine kleine, auf den meisten Karten nicht sichtbare Küsteninsel, Namens Aschurade,

am Südostwinkel des kaspischen Meeres unweit Astrabad. Tort. könnten Barken und Dampfer jederzeit 40-50,000 Mann mit ihrem Kriegsgeräth an das persische Ufer setzen, und von dort durch Chorassan führt die Heeresstraße über Herat nach Afgha nistan. In England wird jezt asiatische Politik, über die sich nicht sprechen läßt ohne genaue Länderkunde, soweit gut verstan den daß die Unabhängigkeit von Herat und nichts anderes für die Sicherheit Jndiens entscheidend gehalten wird. In der Rich tung von Aschurade nach Herat sind die Russen aber seit 30 Jahren nicht um einen Tagesmarsch vorgedrungen, nicht einmal die räu berischen Turkmanen haben sie sich unterworfen, wofür doch alle Welt ihnen dankbar gewesen sein würde."

332

Die Schöpfungen des Regenwaſſers in und auf der Erdrinde.

schmückung ihrer unterirdischen Heimath, dann sieht die Phantasie in den von der Sohle dieser Hallen in die Höhe

Höhlungen in Gebirgsarten, welche Erze enthalten oder

ragenden oder von den Decken derselben gleich Eiszaden

schwer zugänglich sind, so muß man die künstlich vom Berg:

niederhängenden Säulenspißen die Anfänge von neuen Säulengebilden, an deren Weiterbau und Vollendung nur der eintretende Mensch jene scheuen Geister gehindert bat.

manne geschaffenen, aber längst wieder verlassenen Höh lungen aufsuchen, um ihre Schäße kennen zu lernen.

-So die ewig thätige Phantasie. - Der nüchterne Ver: stand des Forschers dagegen erblickt in allen diesen präch

deren Baugestein entweder aus Eisenspath oder aus einem

tigen Mineralgebilden der Höhlen und Klüfte nur das Werk des Wassertropfens, und sucht es emsig auf, da es ihm die beste, ja die einzige Gelegenheit schafft, einen Blick in die so geheimnißvolle Bildungsweise der Mineralienwelt

wir in derselben jene glitzernden Sinterwände , und wei Ben Stalaktitensäulen , dafür blinken uns aber von der

zu werfen. Besuchen auch wir zu diesem Zwecke die Höh lungen im Innern der Erdrinde, und zuerst eine Stalak

von Erzadern durchsetzt sind.

Da aber diese Art Höhlen

Wir betreten demgemäß zunächst eine düstere Höhle,

Eisenspath haltigen Kalkgestein besteht .

Zwar vermiſſen

schwarzen Decke herab blendendweiße Mineralgebilde ent gegen, welche bald wie labyrinthisch verästelte Korallenstöcke, bald wie verſteinte Pflanzenwurzeln , bald auch wie viel zacige Hirschgeweihe aussehen , und in ihrer Größe von 1 Zoll bis 1 Fuß wechseln.

Zugleich quellen hie und

titenhöhle, so wie sie uns in der Adelsberger Höhle in Krain, oder in der Sophienhöhle in der fränkischen Schweiz entgegen tritt.

da aus den Klüften der ſtarkriſſigen Seitenwände ſchneeweiße,

Blendendweiße, durchscheindende ein bis mehrere Fuß dicke,

vor, welche fast wie gefrorene Waſſerrieſel aussehen, und

bald einfache, bald bündelweise zusammengewachsene, cylin

bei ihrem Zerschlagen theils strahlig , theils parallel mit

an ihrer Oberfläche schaumig aufgetriebene Gebilde her

driſche oder nach unten schmäler werdende, bisweilen auch

einander verbundene Krystallſtängel zeigen.

in ihrer Mitte dünnere Säulen bilden das Gerüste der Höhle

Rings um

Zwischen ihnen

diese Klüfte aber zeigen sich die Felswände mit zierlichen Krystallnadelsternen bejeßt. Alle diese schönen Gebilde be

spannen sich von der Decke aus mannichfach geschwungene

ſtehen ebenso, wie jene oben betrachteten Stalaktiten und

und gefaltete vorhangartige Draperien aus,

an

Wandsinter aus kohlensaurem Kalk ; der Bergmann aber

erscheinen mit kurzen

nennt sie Eisenblüthe, weil sie hauptsächlich an Eiſenſpath=

und die Stüße ihrer

klüftigen Decke.

ihren Rändern prächtig geschmückt

welche

und langen, glitzernden Eiszacken ähnlichen, Steinfransen,

gesteinen, welche kohlensauren Kalk enthalten, vorkommen,

unter denen gar manche so lang sind daß sie faſt den

und durch die Ausscheidung oder Ausblühung des letteren

Boden berühren. Hie und da hängen mehrere Reihen solcher Draperien hinter einander von der Decke herab,

aus dem Eisenspath entstehen.

sie in den sogenannten „ Echazkammern " des gewaltigen

während die Deckenräume zwischen ihnen ganz verhüllt er ――――――――― scheinen von abwärts strebenden Säulenzacken. Während

Eisenspathlagers bei Eisenerz in Steiermark vor ; jedoch findet man sie auchan andern Orten auf Klüften und Höhlen

Wahrhaft prachtvoll kommen

auf diese Weise die finstere, einsturzdrohende Gewölbdecke

von Eisenspathgängen und Eisenkalksteinen, zumal in alten

gestützt und geschmückt erscheint, blicken uns von den klippi

verlassenen Eisenbergwerken, welche lange Zeit verſchloſſen

gen und füftigen Höhlenwänden hier blendeweiße , ganz

gewesen sind. In eben diesen Höhlen, aber noch mehr in alten Berg

glatte, dort funkelnde, aus lauter kleinen Krystalltheilen zusammengesetzte Ueberzüge entgegen. Und damit nichts ungeschmückt bleibe, treten uns auf der schlüpfrigen, oft mit Wasser bedeckten Sohle des Höhlenraumes hier kreis runde halbkugelige Polster, welche aus lauter übereinander Liegenden, nach oben zu immer kleiner werdenden Stein:

werkstollen, welche zu abgebauten Erzgängen führen, zeigen sich aufder Sohle derselben an solchen Stellen, welche zeitweise von der Höhlen oder Stollendecke aus mit Wasser betropft werden, beutel- oder beckenförmig vertiefte, 3–6 Zoll breite, Kalkgebilde, welche eine ganz glatte und bald schneeweiß,

scheiben zusammengesezt sind, dort aber Steinsäulen, welche

bald rosenroth, bald grünlich gefärbte Oberfläche haben

nach oben zu immer dünner werden , oder auch riesige

und in ihrer Vertiefung eine kleinere oder größere Zahl ganz freiliegender, abgerundeter, wie aus Emaille bestehen der, erbsen bis haselnußgroßer Eteinchen tragen. Man

Steinkegel entgegen, deren Oberfläche ganz mit Zackenaus wüchsen befeht erscheint.

Das sind die am meisten und häufigsten hervortreten

kann diese wunderschönen „ Sinterneſter, " die in der That

den Mineralgebilde einer Höhlenhalle. Unter ihnen hat man alle die von der Decke einer solchen Höhle herabhängenden,

einem sammt seinen Eiern versteinerten Vogelneste gleichen, vom Boden abheben ; nur muß man vorsichtig sein.

vorherrschend eiszackenförmigen oder säulenähnlichen Gebilde Stalaktiten, die von der Höhlensohle in die Höhle ragen:

ſchönſten und buntesten gefärbt hat man sie bis jeħt in alten, seit langer Zeit verlassenen Kobaltstollen bei Ri

den Zacken oder Säulengebilde Stalagmiten, und die an den Seitenwänden auftretenden, dichten over krystallinischen Rindenüberzüge Einterrinden genannt . Nicht minder schön, wenn auch bei weitem nicht so großartig geschmückt wie diese sogenannten Stalaktitenhöhlen , zeigen sich die

chelsdorf in Kurhessen und bei Schweina am Südwest rande des Thüringerwaldes gefunden ; sie zeigen sich aber auch in den Kalksteinhöhlen der Rauhen Alp u. a. D. Neben diesen Sinternestern ist oft die Sohle der Höhlen und Stollen auf mehrere Fuß im Umkreis bald mit oder

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

gelbem, rosenrothem, blaugrünem oder weißem, ganz glattem Kalkfinter, bald mit einer 36 Linien dicken Lage von erbsen

bis haselnußgroßen kugel , ei oder bohnenförmi

gen, weißen, emailleähnlichen Sinterkörnern bedeckt, welche entweder lose neben und über einander liegen oder durch einen weißen Kalkkitt mit einander fest verbunden sind, und deren jedes ein Steinchen umschließt. Da diese eben

333

1 werden dieſe dem flüchtigen Beobachter sehr arm an Mi neralschägen vorkommen. In der That ist dieß aber nicht so. Wenn wir mit der düsteren Bergmannslampe die Wände einer solchen Gypshöhle recht genau unterſuchen, so blinken uns hie und da, namentlich aber in den Vertiefungen der: jelben, blendendweiße oder auch wohl rosenrothe Drusen und Polster von prächtig ausgebildeten Gypsspathkrystallen

falls schönen Sintergebilde häufig die größte Aehnlichkeit

entgegen.

mit versteinerten Fiſcheiern (Rogen) oder Erbsen haben, so

sten gegenseitigen Umschlingungen und Verflechtungen ganze Höhlen aus.

nennt man sie Rogensinter und Erbsensinter (Dolith und

Bisweilen füllen dieselben in den wunderbar

Indessen nicht bloß kohlensauren Kalk, son

Wer kennt nicht in dieser Beziehung die prachtvolle

dern auch Erzarten oder Metallsalze hat die unermüdliche

„ Marienglasgrotte" im Herzog Ernst- Stollen bei Reinhards brunnen am Nordabhange des Thüringer Waldes ? Diese

Pisolithsinter.

Mutter Erde benutzt, um die ihrer Haut vom Menschen

So sind die Wände in den Stollen, welche durch den grauen Sandstein und den Kupferschiefer der sogenannten

war jedenfalls früher nichts weiter als eine einfache Höh lung im späthigen Gypse, und ist erst im Verlaufe von Jahrhunderten mit dem wundervollen, labyrinthischen Ge

Zechsteinformation getrieben sind, an manchen Stellen mit prächtig pfirsichblüthroth oder grasgrün gefärbten, wie Emaille

flechte riesiger, sich auf das mannichfachste durchkreuzender und um einander herumwindender Gypsſpathkryſtalle aus

aussehenden Sinterüberzügen bedeckt, an anderen Stellen erscheinen auf diesen Wänden ebenso schön gefärbte pulve

gefüllt worden, wie es noch gegenwärtig dem Beobachter entgegenfunkelt. In der That die großartigste Kryſtall.

eingegrabenen Wunden zu verdecken oder zu heilen.

rige Beschläge oder auch glänzend krystallinische Polster von rosenrother Kobaltblüthe (arsensaurem Kobaltorydul), grasgrüner Nickelblüthe (arsensaurem Nickeloryd) oder von weißem, seidenglänzendem , nadelförmigem Pharmakolith (arſenſaurem Kalk) ; an noch anderen Stellen zeigen sich prächtig sammetgrüne,

wie Atlas glänzende, halbkugel

oder traubenförmige Malachitrinden oder schön kryſtalli : nische Drusen und Sterne von blendend blauer Kupfer lasur (kohlenſaurem Kupferorydhydrat) . Und während ſo die finsteren flippigen Seitenwände dieser Stollen auf das mannichfachste rosenroth, blau, grün und weiß marmorirt erscheinen von Mineralüberzügen, quellen hie und da aus den Rizen und Spalten dieser Wände oder auch der brüchigen Decken eiszackenähnliche, durchsichtige Steinflüſſe und Stalaktiten von wassergrünem Eisenvitriol, grasgrü nem Nickelvitriol, himmelblauem Kupfervitriol oder auch weißem Zinkvitriol hervor. Welche Fülle von schönen Mineralbildungen in diesen finſteren, unheimlichen Räumen der Erdrinde !

Und doch

find hier nur die allergewöhnlichſten derselben angegeben worden.

Wer sich übrigens von dieser Mannichfaltigkeit

druse die man sich denken kann, troß der großen Lücke welche sie gegenwärtig durch Ausbrechen vielleicht des schön ſten Theiles ihres Krystallgeflechtes erlitten hat. Außer diesen Krystallen findet man aber an den Wän den der Gypshöhlen, besonders in den Rißen und Klüften derselben, auch noch größere und kleinere Krystalldrusen oder auch pulverige Beschläge von Bitterfalz, Glaubersalz, ja selbst von Kochsalz, lauter Mineralarten welche man Stalaktiten leicht an ihrem Geschmack erkennen kann. von all diesen Gebilden sieht man freilich nur äußerst ſelten, am ersten noch von Gyps, weil sie alle mehr oder minder leicht in dem Wasser welches durch die Höhlendecken tropft löslich sind. Untersucht man endlich noch die kleinen Waſſertümpfel welche sich hie und da auf der Sohle der Gypshöhlen be finden, so wird man oft auf dem Grunde derselben die schönsten und vollſtändigſt ausgebildeten Gypskryſtalle fin den ; ja füllt man sich eine große Flasche mit diesem Wasser und läßt es zu Hause an einem kühlen Orte ganz allmählich verdampfen, so erhält man als Rückstand von demselben bisweilen die zierlichsten Krystallchen von all Wir finden also daß

der Mineralschöpfung überzeugen will, der besuche nur die

den eben erwähnten Mineralien.

abgebauten Erzhallen (den sogenannten „ alten Mann")

auch die Gypshöhlen die Bildungsstätte für gar manches Mineral abgeben. Und so werden wir in jeder Höhle bei

im Rammelsberg bei Goßlar oder auch die alten Kobalt stollen von Biber bei Hanau, von Richelsdorff bei Ro thenburg, von Schweina (2½ Meilen südlich von Eisenach) und andere verlassene Bergwerke. Er wird dieselbe aber

deren genauen Untersuchung gar manches schöne Mineral theils schon fertig, theils noch in seiner Entwicklung be griffen auffinden, und dadurch eine Gelegenheit erhalten.

alten Erdfällen derjenigen Erdrindemassen welche Kupfer-, Zink , Kobalt-Nickelerze enthalten, auffinden , wie ich selbst

zu erfahren welche Mittel die Natur benugt um aus dem schon vorhandenen Material neue Mineralien zu schaffen, wie sie dann nun weiter mit dieſen Materialien und Mit

in einer höhlenartigen Kluft des unteren Zechsteins bei Kupfernjuhla unweit Eisenach erfahren habe.

bar starren,

Zum Schluſſe unſerer Höhlenuntersuchungen besichtigen Scheinbar wir nun noch eine Höhlung im Gypsgebirge.

währende Wanderung und Wandlung der Materie herrscht, und wie endlich gerade in diesem Reich überall das

auch schon in den natürlichen Höhlenstollen, ja selbst in

teln schaltet und waltet, wie ferner selbst in dem schein. unbeweglichen Reiche der Steine eine fort

Pflege der Erdkunde in Italien.

334

Gesetz hervortritt aus dem zerfallenden Schutt der Erd

mit den atlantischen Gestaden

materie neue , schön und anmuthig geformte Körpermaſſen zu schaffen , welche die noch übrige, alte, den Zerfall drohende Erdrindenmasse theils wieder festigen, theils mit

Wendepunkt der nautischen Leistungen. Freilich waren schon früher Schiffe aus Nordeuropa nach dem Mittelmeer,

einem schönen Gewand umhüllen und verbergen.

bezeichnet

einen großen

und umgekehrt mittelländische nach Nordeuropa gelaufen,

Dieß auf

allein es geschah dieß nur bei besondern Gelegenheiten,

dem einfachsten und geradeſten Wege zu ergründen, ist gewiß eine der schönsten Aufgaben welche dem Forscher zu Theil werden kann ; denn die Lösung derselben führt ihn zu

im Jahr 1318 dagegen wurde ein jährlicher und regel

Flandern und England eingerichtet , die Frachten zur

dem trostreichen Gedanken : mag auch der Erdkörper seine Oberflächenformen ändern wie er will , verloren

geworden als die Ueberlandfrachten in Europa.

geht troßdem von seiner Masse nichts, selbst wenn hie und da eine Strecke dieser Oberfläche von der nimmer ruhenden Woge

mäßiger Verkehr zur See von Genua und Venedig nach

See, einschließlich der Seegefahren, waren wohlfeiler

Schon vorher, im Jahr 1291 waran Tedifio Doria und die Brüder Vivaldi von Genua ausgelaufen, um außerhalb der

des Oceans verschlungen werde, dieselbe muß endlich ihren

Säulen des Herkules längs der Geſtade Afrika's einen Weg

Raub selbst wieder zur Neubildung von Landesmaſſen ver wenden, mag auch das grimme Stoßen eines Erdbebens ein

nach Indien zu suchen.

liener von Lissabon aus nach den Canarien oder den

Stückchen dieser Oberfläche zusammenbrechen und zu Staub zermalmen ; die dem Erdkörper ſelbſt mitgetheilte Schöpfungs

wieder gefundenen Inseln , wie sie damals hießen, und erneuerten die Kunde von dieser der Wissenschaft ver

kraft verbindet den Staub wieder zum feſten Baustein ihrer Veste. Mit einem Worte : der Erdkörper beſißt in ſich die

lorenen Inselgruppe.

Kraft aus sich selbst heraus sich immer wieder zu verjüngen. (Schluß folgt.)

lich ein Jahrhundert vor den Portugiesen die Gruppe der

Um das Jahr 1341 segelten Jta

Die catalanische Karte von 1351

läßt keinen Zweifel aufkommen daß Italiener wahrschein

Azoreninseln gesehen haben, die Azoreninseln aber liegen auf zwei Fünftel der nächsten Entfernung zwischen Europa und Amerika.

Um die Portugiesen zu einem ſeefahrenden

Volke zu erheben wurden von König Diniz genueſiſche Nau tiker berufen.

Pflege der Erdkunde in Italien. In der Geschichte der Erdkunde standen die Italiener

Aber noch viel wichtiger waren ihre Leistungen als darstellende Geographen.

Sie brachten die ersten Kompaß

vor Zeiten im hellsten Glanz, aber wir müssen um meh rere Jahrhunderte zurückgehen, wenn wir sie als Fürsten

karten auf die Welt, und im 14ten Jahrhundert waren

der Wissenschaft finden wollen.

Ihnen gehört nämlich das

die Gestade des Mittelmeeres auf den alten Karten so

13. , 14., 15. und zum Theil das 16. Jahrhundert an.

scharf und genau umrissen, daß mehrere Einzelnheiten, wie Lelewel gezeigt hat, noch richtiger angegeben waren.

Nicht leicht wird man am Beginn des 14. Jahrhunderts anderwärts einen so unterrichteten Kosmographen treffen

als auf französischen Seekarten spät im 17ten Jahrhun

als den Sänger der göttlichen Komödie.

dert. Die italienischen Kartenzeichner blieben Meister ihres Dom Pedro Handwerkes noch im 15ten Jahrhundert.

Nicht nur hatte

er sich die besten Anschauungen der Scholastiker

angeeig

net, sondern er huldigt bereits Hypothesen, die erst nach zwei Jahrhunderten als Wahrheit festbegründet werden sollten.

brachte dem Infanten von Portugal, Prinz Heinrich (fälsch lich der Schiffer beigenannt) als höchstes Kleinod für

Um zwei Jahrzehnte früher

als Dante's Hölle erschien,

seine indischen Entdeckerplane eine venetianische Karte mit

waren die Brüder Poli aus China zurückgekehrt, um mit

heim. Welchen Verfaſſer dieſes merkwürdige Ländergemälde hatte, darüber gibt es nur Vermuthungen, jedenfalls glich

ihren asiatischen Wundern ihre ungläubigen Zeitgenoſſen in Staunen zu seßen. Marco Polo blieb jedoch nicht der einzige Italiener der den Orient besuchte, 1291 folgte ihm

es den gleichzeitigen Erzeugniſſen des 15ten Jahrhunderts,

Montecorvin, im 14. Jahrhundert Odorico von Pordenone

der Weltkarte des Fra Mauro, die den Dogenpalast ziert, oder dem Atlas des Andrea Bianco, einem Kleinod der

und Marignola nach China, im 15. Jahrhundert haben wir die wichtige Schilderung Nicolo Contis über Indien

Marcusbibliothek in Venedig. Diese Karten waren ohne mathematischen Entwurf gezeichnet, für den Seemanns

und Birma, am Anfang des 16. Jahrhunderts gelangte der Bologneser Bartema nach Südasien, und als erster

punkte durch Giſſung, ihre Lage aber mit Hülfe der Buſſole,

Europäer nach den molukkischen Gewürzinseln. Durch ihre nautischen Leiſtungen hatten die Italiener alles vor: bereitet für das Zeitalter der großen überseeischen Ent deckungen.

Gewöhnlich hält man 1492 für das Entschei

dungsjahr.

Viel wichtiger jedoch erscheint uns das Jahr

gebrauch aber hinreichend, indem die Abstände der Küsten

beſtimmt wurden, so daß sie neben anderen Verzerrungen auch die Fehler der magnetischen Declination trugen. Die Nordweisung der Magnetnadel war allen neueren Forschungen zufolge, den Chinesen zwar schon in einem hohen Alterthum bekannt,

aber wahrscheinlich zum zweitenmale

1318, als zuerst fünf venetianiſche Galeeren Gewürze nach

selbständig in Europa gefunden worden . Schon im 12ten Jahr:

Antwerpen brachten.

Die Umschiffung Europa's auf langer

hundert war sie am Bord mediterraneischer Fahrzeuge im

Fahrt, die unmittelbare Verbindung des Mittelmeeres

Gebrauch, längst bevor Flavio Gioja in Amalfi als Er

Pflege der Erdkunde in Italien.

335

finder des Schiffscompasses genannt wird. In neuester Zeit hat jedoch Hr. Breusing von der Bremer Seemanns

großen Foliobänden mit mehreren Auflagen fortsette. Sie diente als Muſter wiederum den deutschen und holländi

schule 1 es glaubwürdig erscheinen laſſen, daß dem Amal

schen Sammlungen der De Bry und Hulsius, sowie dem

fitaner Gioja das Verdienſt gebühre, die bereits auf einem

Engländer Hakluyt, nach welchem sich eine ältere noch jest blühende britische Gesellschaft für Geschichte der Erd. kunde benannt hat.

Stift schwebende Magnetnadel mit einer Windrose zuerst verbunden, mit andern Worten den ersten brauchbaren Schiffscompaß verfertigt zu haben. Die Italiener waren also die nautischen Lehrmeister als das Zeitalter der großen Entdeckungen anbrach.

Die

Seit Ramusio's Zeiten verschwinden jedoch die Italiener als Meister oder Helfer beim Aufbau der Erdkunde auf lange Zeit.

Es sind anfänglich die Deutschen die nach

Fahrten der Portugiesen an der atlantischen Küste Afrika's

ihnen, und dann die Hofländer welche die Wiſſenſchaft be.

entgingen ihrer Wachsamkeit nicht, denn nicht nur lieferten zwei Reisende, Cadamoſto und Usodimare, uns Beschreibun gen Afrika's die sie am Bord portugiesischer Entdecker sam

herrschen, die letteren verdrängt am Ende des 17ten Jahr. hunderts durch die Franzosen, denen die ersten drei Vier

melten, sondern italienische Seekarten beweisen daß sie dic

nicht gänzlich verwaist von wissenschaftlichen Größen . Ga

neuen Umrisse Afrika's auf die alten Weltkarten eintrugen.

lilei könnte genannt werden wenigstens auf dem Felde der

tel des 18ten Jahrhunderts gehören.

Freilich war Italien

Die beiden Genueser Cristoforo und Bartolomeo Colombo

astronomischen Geographie, und Toricelli, insofern seine

betrieben das Kartenzeichnen als Erwerbszweig. Der ältere der Brüder führte 1492 die ersten Schiffe über den atlan

Entdeckungen der Erdkunde ein wichtiges Instrument der Höhenmessung lieferten, dagegen schweigen wir lieber von

tischen Ocean nach dem Oſtrande Asiens oder nach Indien, wie er meinte und wurde dadurch unbewußt der Entdecker einer neuen Welt. Sein angeblicher Gegner Amerigo

mograph einen großen Ruf genoß, so war dieser doch, wie sich später ergab, ein unverdienter. Eine glänzende Lei

Vespucci, ein Florentiner, war, was man auch sonst über seine Leistungen denken oder streiten mag, jedenfalls ein

stung zur Förderung der Erdkunde verdanken wir jedoch der Academia del Cimento, die gleich nach ihrer Stiftung

ausgezeichneter Geograph und Kartenzeichner, denn die

das

spanische Regierung übertrug ihm das Amt die einzig gil tigen Seekarten für Westindienfahrer zu entwerfen und

messende Instrument welches Anspruch auf wiſſenſchaftli chen Werth erheben kann. ¹

dabei neuheimgebrachte Karten der Entdecker zu billigen,

Seitdem begegnen wir unter den Italienern nur ver einzelten Gelehrten wie Zurla im vorigen, den Grafen Bal : delli Boni im ersten Viertel des jeßigen Jahrhunderts.

zu benußen oder zu unterdrücken. Ein anderer Nachfolger in diesem ehrenvollen Amte war Sebastian Gabotto, ein Venetianer, anfangs in britischen, später in spanischen, zuletzt wieder in britischen Diensten. In Begleitung seines Vaters Giovanni von Bristol 1497 absegelnd entdeckte er (nach den Normannen) zuerst das Festland Amerika's und auf seinen spätern Entdeckungsfahrten entschleierte er die Ostküste Nordamerika's von der Hudsonstraße bis zur Halbinsel Florida.

Auch er war ein Kartenzeichner und

zugleich Erfinder einer neuen mathematischen Projections art. Am Abend seines Lebens noch rief er in England

Riccioli, denn obgleich er im 17ten Jahrhundert als Kos

Florentiner Thermometer" schuf, das älteste wärme

Die topographischen Arbeiten wurden von Desterreichern ausgeführt, von Desterreichern sind auch die Tiefen des adriatischen Meeres gemessen worden. Ein verdienstvoller Seemann wie Alessandro Malaspina, der am Ende des vorigen Jahrhunderts auf spanischen Fahrzeugen die Küsten Südamerika's am stillen Meer befuhr, lieferte zwar vor treffliche Arbeiten, auf die sich Alex. v. Humboldt wieder holt gestüt hat, aber sein Journal ist bis heute noch un

eine Gesellschaft ins Leben, die zuerst einen Seeweg nach

gedruckt geblieben, und es fragt sich ob es gegenwärtig der Mühe lohnt es zu veröffentlichen, seitdem wir das

Rußland, nämlich über das Nordcap und das weiße Meer,

große Werk von Fit Roy besigen.

betrat und zur Gründung von Archangel führte.

Als bei

Seit etwa 20 Jahren oder früher noch hatten sich Jta.

den Franzosen 1523 der Entdeckertrieb erwachte, war es wiederum ein Florentiner, Giovanni Verazzano, welchen

liener ein eigenes Entdeckungsfeld ausersehen, nämlich den

ſie die Führung ihrer Geschwader anvertrauten.

Die Ent

tum aus schwärmten italienische Elfenbeinjäger nach Süden

deckungen im atlantischen Westen wie die eines neuen See

und Südwesten aus. Ihnen verdanken wir eine Anzahl unschäßbarer Aufschlüsse über das Wirrsal in der Strom

weges nach Indien berührten aber die Handelsintereſſen

weißen Nil und seine linken Nebengewässer.

Von Char

der italienischen Scemächte zu tief als daß nicht in Italien die Fortschritte der Erdkunde aufs eifrigste hätten überwacht

funde des obern Nil.

werden sollen.

Es war der Vor

unmöglich gewesen aus Unyoro ihren Rückweg nach Europa über Gondokoro zu vollenden. Jene italienischen Pfad:

läufer der spätern großen Sammlung die Ramuſio von

finder aber trafen daheim in ihrem Vaterlande weder ein Publi

So entstand schon 1507 in Vicenza das

erste Sammelwerk der Entdeckerberichte.

Ohne die italienischen Elfenbein

jäger wäre es Speke und Grant ſehr schwierig, ja vielleicht

der Mitte bis zum Ende des 16ten Jahrhunderts in drei 1 Zeitschrift für Erdkunde.

1869.

Bd . 4.

S. 31 .

1 Der Erfinder selbst ist unbekannt, ebenso wie das Jahr wel ches zwischen 1657 und 1667 geſucht werden muß.

336

Pflege der Erdkunde in Italien.

cum noch eine Preſſe die ſich ihre Berichte angeeignet hätten. Der Piemontese Brun Rollet, der Malteser De Bono be nußten französische Zeitschriften, der Nilentdecker Marchese Antinori die Petermann'schen Mittheilungen zur Veröffent

Beiträge, besonders einen Bericht des Marchese Antinori über seine und Carlo Piaggia's Entdeckungen im Niam niamlande mit Karten, sowie die wichtige Mittheilung des

Reise im Original erschienen sei, wissen wir selbst nicht

Nilreisenden Dr. Ori, über die Wanderungen der Gebrüder Poncet und ihrer Wekile westwärts vom weißen Nil ', eine längere Arbeit über Reisen in Borneo von Odoardo Bec

lichung ihrer Erlebnisse und Beobachtungen.

Wo Miani's

anzugeben, nur „ Miani's Palme " am weißen Nil begeg

cari, sowie über die Karten des tunesichen Sahel von de

nete uns auf den Nilkarten der englischen Reisenden und 、 auf den Tafeln in Petermanns Mittheilungen. Es konnte auch nicht wohl anders kommen, als daß

Gubernatis, sammt einer Reihe werthvoller Corresponden: zen. Es ist auch zu erwarten daß es an Stoff nicht so

italienische Geographen als Schriftsteller gleichsam im Exil lebten. Von 1848 bis 1866 hatten die Italiener viel wich

als die Franzosen, die La Plata Gebiete, Peru und zum Theil Californien gehören zu ihren Lieblingszielen, und alienische Auswanderer bilden an manchen Orten in Süd

leicht mangeln werde.

Italiener sind viel wanderluſtiger

tigere Sorgen als die Beförderung der Erdkunde, sie soll ten in dieser Zeit eine Nation werden. Einem Volke wel: ches eine geschichtliche Aufgabe zu lösen hat, darf man

amerika namhafte Bruchtheile der Bevölkerung.

nicht zumuthen mit Eifer der Wissenschaft zu dienen. Was von geistigen Kräften vorhanden ist, wird sich in solchen Zeiten fest und unverrückt den patriotischen Zielen zukeh

einzelt stehen. In Turin hatte sich fast gleichzeitig ein Alpenclub gebildet, der ähnliches zu leisten verspricht wie

Wo überhaupt große geschichtliche Entwicklungen vor sich gehen , muß die Zeit arm bleiben an Leiſtungen auf geistigem Gebiet. Künstler wie Gelehrte werden

Die Florentiner Gesellschaft sollte aber nicht lange ver

der Wiener Alpenverein.

Neben ihm ist in Turin eine

geographische Gesellschaft unter dem Namen Circolo geo grafico italiano gebildet worden, die so eben in einem 2 Hefte ihre ersten Arbeiten veröffentlicht hat. Wir finden

aus ihrer Ruhe aufgestört, sie hängen mit einem Auge

darin nicht bloß eine Stiftungsgeschichte, sondern auch einen

an der Tagesgeschichte, und Großes werden sie nie hervor bringen wenn nicht ihr ganzes Jch mit dem Werke unter

Bericht über eine kleine Uebungsreise nach den cottiſchen.

ihren Händen beschäftigt ist. Jezt aber wo Italien aufgehört hat ein „ geographischer

gegenstand an der Hochschule, und jene Reise sollte dazu

Begriff," ein leerer Name in der Erdkunde zu sein, wo es eine italienische Nation gibt, die das Schwerste ihres Werdeprocesses überstanden hat, wären günstigere Zeiten eingetreten daß die Italiener auch unserer Wissenschaft, die sie einst so lange und so glänzend beherrscht hatten, wiederum ihre Dienste widmen könnten . Am 11. April 1867 vereinigten sich denn auch etliche 70 Freunde der Erdkunde in Florenz und beschloffen eine geographische Ge sellschaft zu stiften. Am 12. Mai wurde sie mit 163 Mit:

Alpen.

In Turin ist nämlich die Erdkunde Unterrichts

dienen den Schülern Gelegenheit zum Gebrauch der wissen schaftlichen Instrumente zu geben. Es wurden also die Höhen gemessen theils mit dem Quecksilberbarometer, theils mit dem Aneroiden, theils mit dem Kochthermometer. Leider wurde die Berechnung nach den Formeln im Annuaire du bureau des longitudes ausgeführt, die den Feuchtigkeits zustand der Luft noch vernachlässigen. Es wurden auch kleine Triangulationen vorgenommen, die Karten verglichen, und jede Gelegenheit ergriffen um die Schüler wiſſenſchaft lich auszubilden. Solche Versuche verdienen die wärmste

gliedern eröffnet, am 1. Jan. 1868 zählte sie bereits 413 Aufmunterung, denn es ist ein Frrthum zu glauben, daß und am 22. Juni 482 Theilnehmer, darunter eine Plejade Die Mittel über der größten italienischen Celebritäten. sehr bescheiden, verfügte zwar waren welche die Gesellschaft

nur derjenige mit solchen Beobachtungen sich zu beschäftigen habe der für wissenschaftliche Reisen sich vorbereiten wolle. Ein jeder der sich kritisch über die Vorarbeiten zur Begrün

dennoch schickten sie sogleich davon einen Beitrag für den deutschen Reisenden Mauch. Die Zeiten sind also längst

dung der Länderkunde erheben will, muß ein genügendes Sachverständniß durch Selbstübung sich erwerben.

verklungen wo jenseits der Alpen uns nur die drei Worte entgegenschallten : morte ai Tedeschi ! Das erste Jahrbuch 2 der Florentiner Gesellschaft enthält außerordentlich reiche

So begrüßen wir denn ein altberühmtes Volk der Erd kunde nach einem dreihundertjährigen Erstarrungsschlaf von neuem wieder auf wiſſenſchaftlichem Gebiete, und wir können

1 Als Präsident fungirte Cristoforo Negri, als Vicepräſi denten : Cesare Correnti , Graf Francesco Miniscalchi Erizzo, Lodov. Pasini, Adolfo Targioni Tozetti. Im Ausschuß finden wir noch folgende Namen , die in Deutschland längst bekannt sind: den Historiker Amari, den Entdecker Marchese Antinori, den Gen.-Lieut. Nino Bixio, die Professoren Gius. de Luca, de Gubernatis, Gio Batt. Donati und Carlo Matteucci.. (†.) 2 Bolletino della Società geografica italiana. Anno I. Agosto 1868. Firenze 1868.

uns nur Glück wünschen wenn es uns mit ähnlichen Lei stungen überraschen sollte wie zu den Zeiten des Messer Milione oder der großen atlantischen Seefahrer. Beschel. 1 S. Ausland 1868, S. 1057. 2 Pubblicazioni del circolo geografico italiano. cembre 1868. Torino.

Druck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction: Dr. C. F. Peschel.

Di

Ausland.

Das

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Sweiunduierzigster Jahrgang.

Nr. 15.

Augsburg ,

1869.

10 April

2. Die englischen Vermesser am Sinai. - 3. Aus Inhalt: 1. Das Mikroskop in der Geologie. Bon Ferdinand Zirkel. 4. Die Schöpfungen des Regenwaſſers in und auf der Erdrinde. Von Prof. Bickmore's Wanderungen im niederländischen Indien. 5. Richard Burtons Wanderungen durch die braſilianiſchen Dr. Senft in Eisenach. 6 ) Mineralbildungen in Höhlungen. (Schluß.) Hochlande. 1 ) Die Bergwerksgebiete in Minas Geraes. ―――― 6. Silberproduction im Staate Nevada. - 7. Alter der Holzſchneide 9. Zur altägyptischen Metrologie. dxxx.c 10. Die schwarzen Bergkrystalle in der Kryſtall kunst. - 8. Mineralischer Reichthum Japans. höhle des Tiefengletschers . 12. Pagagaien in England acclimatiſirt. 11. Blitzschlag in einem Bergwerke.

Das Mikroskop in der Geologie.

Es gibt nun eine große Reihe von Felsarten, wie Grünstein und sogenannte Trappe aller Art, Melaphyre,

Bon Ferdinand Zirkel.

Basalte, Phonolithe, der größte Theil Laven, Schiefer der verschiedensten Gattung , welche scheinbar dicht oder kryp

Bis vor nicht allzu langer Zeit durfte die Geologie tokrystallinisch ausgebildet, d. h. deren zusammenſeßende fast nur die bekannten denkwürdigen Resultate Ehrenbergs über die Gegenwart von mikroskopischen Organismen in

mineralische Gemengtheile so fein und winzig sind daß das ganze Gestein wie eine gleichartige homogene Masse aus

der Kreide, dem Polirſchiefer, Bergmehl, der Vulkanasche u. f. w ., sowie die Studien über die vegetabilische Struc tur der Steinkohlen als durch das Mikroskop gewonnene Ergebniſſe in ihren Annalen verzeichnen. Für diese Wiſſen schaft ist nach langem Zwischenraum endlich wieder die

sieht.

Um einigermaßen die Mineralelemente, welche das

selbe constituiren, festzustellen, veranstaltete man einerseits eine chemische Analyse der ganzen Felsart, und hielt sich andererseits an die hier und da in der Masse dennoch er kennbaren größeren Krystalle, indem man von dem Sah

Zeit angebrochen daß jenes unscheinbare Geräth, welches ausgieng daß lettere auch in kleinster Ausbildungsweise dem Botaniker, dem Zoologen, dem Histologen, Anatomen

allemal an der Zuſammenſeßung des Geſteins theilnehmen.

und Physiologen längst als unentbehrlich gilt , auch in ihrem Dienst allgemeiner thätig ist. Und zwar ist es ein

Endgiltige Entscheidung können aber solche Untersuchungen nicht herbeiführen, da ihnen jedwede Controle der Richtig.

anderes Feld, auf welchem dasselbe jetzt als Rüstzeug be:

keit abgeht, und bloße Vermuthungen sind es, welche auf

nugt wird. Freilich ist die Zahl der Forscher welche auf diesem Gebiet arbeiten vorläufig noch spärlich, wie es die

statirte Wahrheiten angegeben werden.

Neuheit des Gegenstandes und die Schwierigkeit der Unter suchung mit sich bringt ; gleichwohl sind aber die Resultate welche bisher erzielt wurden, wie es scheint wichtig genug,

Grund derselben in den Lehrbüchern leider oft als con

Das Mikroskop ist das einzige Rettungsmittel aus diesen Schwierigkeiten.

Schleift man Blättchen oder Schei

ben der betreffenden Gesteine so dünn daß sie stark durch

um einmal, wenn auch nur in gedrängter Kürze, übersicht scheinend oder durchsichtig werden, so kann man vermittelst lich zusammengestellt und beleuchtet zu werden.

jenes Instruments die in mikroskopischer Kleinheit vorhan

Diejenigen Felsarten welche nicht aus wiederverbunde nen Trümmern früherer präeristirender Gesteinsmaſſen be

denen Gemengtheile bei durchfallendem Licht einzeln leib: haftig als solche erkennen.

stehen, pflegt man in krystallinische und amorphe zu schei

operation auf einer Gußeisenplatte unter Beihülfe von

den ; erstere sind aus einzelnen krystallinischen Mineralin dividuen, welche einander direct begränzen, zusammengesetzt,

mit ſeinſtem Smirgelſchlamm beendigt. Das dünngeschliffene

Gewöhnlich wird die Schleif

Smirgel und Wasser begonnen, und auf einer Glastafel

wie der Granit, lettere werden von einer einzigen Masse

Gesteinsplättchen wird auf einem Glasplättchen mit Canada

gebildet die selbst nicht krystallinisch ist, und keine räumlich

balsam aufgekittet , und darüber bringt man zum Schutz

abgesonderten Elemente darbietet, sondern, wie der Obsidian, meistens eine glasartige Beschaffenheit besitzt. Ausland. 1869. Nr. 15.

und zur Erhöhung der Pellucidität ein Deckgläschen an . Die Operation selbst ist natürlich zeitraubend, und erheischt 43

338

Das Mikroskop in der Geologie.

manche Vorsicht , ein geübter Schleifer kann aber von manchem Gesteine Präparate anfertigen, deren Dicke nicht einmal den fünfzigsten Theil eines Millimeters beträgt. . Die zu benutzende Vergrößerung richtet sich nach dem

UCK DR 178 4 )}

Zweck welchen man dabei verfolgt : eine schwächere wendet man an, wenn man sich nur vorläufig orientiren und eine allgemeine Anschauung der zusammenseßenden Theile und

**** ITC . ihrer Verbindungsweise erlangen will, zu einer stärkeren, welche aber 800 kaum zu übersteigen braucht, schreitet der

6

jenige welcher das Detail zu studieren beabsichtigt. Mit dem größten Vortheil bedient man sich eines Mikroskops, an welchem eine Polarisationsvorrichtung angebracht ist ; werden die Objecte im polarisirten Licht betrachtet, so ist es leicht sich über deren amorphe oder krystallinische Be schaffenheit, über deren einfache oder doppelte Brechung Rechenschaft zu geben. Dennoch ist die Ermittelung der die krystallinischen, ſcheinbar homogenen Felsarten zusammenſeßenden Mine ralien nur einer jener Dienste, welche das Mikroskop dem Geologen leistet . Es lehrt ihn nicht minder die Histologie, die Textur oder das Gewebe der Gesteine kennen, wie es aus der Verbindungsweise der einzelnen Gemengtheile re ſultirt, und eröffnet ihm dabei das Studium auch der Structur verhältnisse dieser Krystalle oder krystallinischen Körner. Indem wir zuvörderst unser Augenmerk auf die mikro

1 2 Cose &

Aff

Fig. 1. Farblose mikroskopische Kryſtallausscheidungen in glasigen Gesteinen.

gation zu spinnenähnlichen Häuschen, Auflösung in aneinan dergereihte Körnchen statt. (Fig . 2.) Grüne Säulchen von Hornblende (die z. B. in dem Pechstein der schottischen Insel Arran wunderbar fein verästelte blumen und baumähn liche Gebilde erzeugt), Glimmerblättchen, Eisenglanztäfelchen, schwarze Magneteisenkörner sind in diesen glasigen und halbglasigen Gesteinen in mikroskopischer Kleinheit und in Bemerkenswerth ist es, ungeahnter Menge vorhanden . wie oft Obsidiane von verschiedensten Punkten der Erde

skopische Structur der Gesteine richten, kommen dabei die glasigen und halbglasigen, sowie die kryptokrystallinischen eigentlich in so fern allein in Betracht, als das Gewebe

(z . B. von Grönland, Neuſeeland, Mexico, Ungarn) irgend eine Varietät der mikrokrystallinischen Entglasung bis ins unbedeutendste Detail unter einander übereinstimmend aus

der deutlich und grobkrystallinischen mit bloßem Auge unter sucht werden kann. Das mikroskopische Studium der so

geprägt darstellen.

genannten glasigen und halbglaſigen Gebilde, welche, den Obsidian, Bimsstein, Perlit und Pechstein begreifend, natür liche Producte einer rasch erfolgten Erstarrung geschmolze

TIGE

ner Massen sind, hat ergeben daß in ihnen, ähnlich wie in den künstlichen Schlacken, seltsame und reichlich vorhan: dene winzige Kryställchen enthalten sind. Selbst die äußer

Fig. 2. Schwarze mikroskopische Krystallausscheidungen in glasigen. Gesteinen.

lich wie vollkommen reines schwarzes oder grünliches Glas

Die mikroskopischen Ausscheidungsproducte sind in den

aussehenden Obsidiane, die eigentlichen Glaslaven, ſind von jenen mikroskopischen Krystallausscheidungen nicht frei.

natürlichen Glasmassen sehr unregelmäßig vertheilt, stre denweise sind lettere ganz frei davon, dann erscheinen

Bornehmlich bestehen dieselben aus nadelförmigen bald längern, bald kürzern, entweder farblosen oder dunkel

Stellen wo nur vereinzelte derselben, kreuz und quer ge lagert, in der Glasmasse gewissermaßen umherschwimmen,

schwarzen Kryställchen ; selten sind dieselben länger als 0.015 Millim ., während ihre Dicke gewöhnlich zwischen

dann wieder solche wo sich förmliche Stränge oder Ströme von gewöhnlich streng parallelen, äußerst dicht zusammen:

0.001 und 0,003 Millim . schwankt. Die farblosen (Be lonite) weisen die verschiedenste Gestaltung auf, find bald gerad gezogen, bald gekrümmt, bald gleichmäßig dick, bald

geschaarten farblosen Nädelchen durch das Glas hindurch ziehen. Diese Krystallströme, diese aus Millionen anein

an den Enden keulenförmig anschwellend, hier stumpf, dort

andergedrängter „ Mikrolithen “ bestehenden Bänder zeigen sich zumeist schon dem bloßen Auge als feine trübe Streif

zugespitzt, oder wie eine Gabel in zwei Zacken auslaufend, oftmals in viele, reihenweise hintereinander liegende Glied

chen in den sonst pelluciden Dünnschliffen. Den Verlauf und das Verhalten derselben unter dem Mikroskop zu ver:

chen zerstückelt ; alle diese Formen bilden häufig sehr zierliche sternartige Gruppen. (Fig. 1.) Die schwarzen, wie kurze Haare aussehenden (Trichite) sind vielleicht noch eigenthümlicher

folgen, ist in hohem Grade wichtig. Sie sind oft wellig hin und hergewunden, oft plötzlich und mehrfach hinter

geſtaltet ; bei ihnen findet ſchleifenähnliche oder rankengleiche Verdrehung und Krümmung, zickzackartige Knickung, Aggre

einander scharf geknickt (Fig. 3), oft ist es ein im Wege liegender größerer Krystall, an welchem sie sich gewiſſer maßen gebrochen haben, vor welchem sie sich aufstauen

Das Mikroskop in der Geologie.

339

au der concentrischen Structur der Perlitkügelchen ganz willkürlich verlaufen, und somit anzeigen daß die Schalen bildung dieser Gesteine von der mikroskopischen Krystall ausscheidung ganz unabhängig ist und eine reine Contrac tionserscheinung sein dürfte. Von den kryptokrystallinischen Gesteinen nahm man bisher an daß sie, wie es der Name besagt, bis in ihre fleinsten Theilchen krystallinisch zusammengesetzt seien, und sich nur durch die Winzigkeit dieser von den gewöhnlichen

Fig. 3.

Mikroskopische Fluctuationstextur in Obsidian.

grobkörnigen Felsarten unterscheiden.

Die mikroskopische

Untersuchung hat aber dargethan daß diese Ansicht, wenig

und förmlich zerstäubt werden, den sie umzingeln, um hinter Alle diese Verhältnisse ihm wieder fortzuseßen (Fig. 4).

stens für sehr viele Fälle, unrichtig ist, indem jene Gesteine zwischen ihren einzelnen krystallinischen Gemengtheilen noch

deuten darauf hin daß in der aus geschmolzenem Zustand

eine amorphe, nicht individualisirte, einfach brechende gla

erstarrenden Glasmasse zu einer Zeit als nicht nur die fleinsten nadelförmigen mikroskopischen Kryställchen schon

sige Maſſe enthalten welche alles durchdringend, auch wohl hier und da größere Partien bildend, gewissermaßen den

gebildet und in Reih und Glied gestellt, sondern auch schon

Grundteig abgibt.

größere Krystalle ausgeschieden waren, noch Verschiebungen

weise nichts davon zu gewahren, und es bedarf recht dünner Schliffe, um ihre Gegenwart sicher zu erkennen. So führen

und Fluctuationen erfolgten, was einen noch plastischen Zustand des Magmas vorausseßt. 1

An den ganzen Stücken ist natürlicher

wohl die meisten Basalte und Felsitporphyre, so viele Pho nolithe, Melaphyre, Grünsteine und Trappe eine allerdings mitunter schon theilweise umgewandelte Glassubstanz in sich, welche aber gewöhnlich gegen die mikrokrystallinischen Gemengtheile zurücktritt.

Schon diese Beobachtung allein

dient den Geologen, welche jenen Gesteinen eine mehr oder weniger lavaähnliche Entstehung aus geschmolzenen Maſſen Und das Mikroskop zuschreiben, zur kräftigsten Stüße.

G 4000

eröffnet ferner bei ihnen einen Einblick in die Gruppirung

ro A

100

Fig. 4.

der krystallinischen Elemente, welcher jene Bildungsweise in

D

Mikroskopische Fluctuationstertur in Bechstein.

offenbarster Deutlichkeit bestätigt . Alle Structurverhält nisse nämlich welche so eben bezüglich der vor unsern Augen aus dem Schmelzfluß erstarrenden Massen erwähnt wur

Ganz ungeheuer groß ist die Anzahl der durch Gase

den, und welche sich in gleicher Weise in den künstlich ge

hervorgebrachten mikroskopischen Poren oder leeren Hohl räume in manchen Obsidianen ; in isländischen Obsidianen

bildeten Schlacken nachweisen lassen, finden sich auch bei

zählt man an manchen Stellen auf einem quadratischen Raum von 0.005 Millim. Seitenlänge 20 nahezu in einer Ebene gelegene Gasporen, was für die Fläche eines Qua dratmillimeters 800,000 Poren ergeben würde.

Das Ma

rimum erreicht die Porenentwicklung in dem natürlichen.

diesen Gesteinen in wundersam getreuer Analogie wieder holt. Da sind die mikroskopischen leistenförmigen Feld spathdurchschnitte, die länglichen Augitsäulchen zwar hier in richtungslosem Gewirre umhergestreut, dort aber strecken weise parallel neben einander gruppirt, zu Strömen welche sich oft hin und her winden, welche fächerförmig oder eis:

Glasschaum, dem Bimsstein .

blumenähnlich auseinander laufen ; wo größere dickere Kry

Die fettglänzenden, weniger pelluciden, hierher gehöri gen Gesteine, wie Bechstein und Perlit, verdanken ihr nur

stalle diesen Strängen im Wege liegen, da werden sie von

halbglasiges Aussehen einer so außerordentlich massenhaften Ausscheidung jener mikroskopischen Kryställchen innerhalb ihres grauen, grünen oder braunen Glases, daß es stellen.

ihnen umzingelt, oder diese sind aus ihrem Verlauf abge lenkt, oder endigen plöglich, wie durch einen harten Stoß, wobei die kleinen Kryställchen nach allen Richtungen aus einanderfahren.

Zwei wichtige Punkte sind es namentlich,

weise förmlich davon wimmelt und beim Bewegen des

worauf diese eigenthümliche charakteristische Mikrostructur,

Dünnschliffs einem wirr vor Augen wird . Die aus zwiebel artig ausgebildeten Glaskügelchen bestehenden Perlite ent

welche unzweifelhaft mit Bewegungen innerhalb der fest werdenden Masse zusammenhängt, ganz offenbar verweist.

halten dieselben entweder ganz regellos gruppirt oder zu

Einerseits deutet sie an daß das Magma solcher Gesteine

Strömen und Bändern vereinigt welche, ohne Beziehung

einstmals eine plastische Beschaffenheit besaß, und daß darin

1 Abbildungen dieser Verhältnisse finden sich in dem treff lichen Werke " Philosophie der Geologie" von H. Bogelsang, wel cher einer der thätigsten Forscher auf diesem Gebiete ist.

zu einer Zeit, als größere Krystalle bereits ausgeschieden waren, noch Verschiebungen der kleinsten Kryställchen er Bald nachdem diese Strömungen stattfanden, folgten.

Das Mikroskop in der Geologie.

340

scheint alsdann die Masse so rasch fest geworden zu ſein daß dieselben gewissermaßen firirt wurden. Wir werden

licherweise hier nicht die Absicht sein die mikroskopische Charakteristik und die Unterscheidungsmerkmale der einzel

nicht irren, wenn wir, auf dieſe Verhältniſſe geſtüßt, über haupt den ursprünglichen Zustand solcher Gesteine mit dem jenigen der Glaslaven gleichbeschaffen annehmen . Ande:

erfolgen. Die Durchschnitte trikliner Feldspathe zeichnen sich z . B. vor dem monoklinen Orthoklas oder Sanidin

nen anzuführen, und nur einige Andeutungen mögen hier

rerseits wird durch jene Fluctuationstextur dargethan daß

durch ihre Streifung aus, welche davon herrührt daß zahl

die zusammensetzenden Kryställchen ihre gegenseitige uran

reiche dünne Lamellen zu einem Krystall verzwillingt sind.

fängliche Gruppirung noch nicht verändert haben, daß alſo,

Im polarisirten Licht erscheinen solche Krystalle, indem jede

welchen nachträglichen Umwandlungsprocessen auch die in

der verbundenen Lamellen andersfarbig wird, mit den bun

Rede stehenden Geſteine anheimgefallen sind, dieſelben nicht entfernt hingereicht haben, um jenes charakteristische Urge

testen Streifen, mit blau, gelb, grün, roth u . s. w. zart und fein liniirtein prächtiges Schauspiel, welches würdig

füge zu verwischen.

Mit jenen mehr oder weniger hefti

wäre unter jene Präparate aufgenommen zu werden, die

gen Wallungen und Bewegungen innerhalb der erstarren

den herrlichen Farbenzauber polarisirender Substanzen zur Anschauung bringen sollen. Dabei sind solche Lamel

den Masse hängt dann auch die Erscheinung zuſammen daß manche der größern mikroskopischen Krystalle in sehr deutlicher Weise zerbrochen sind, eine Erscheinung welche

len trikliner Feldspathe oft von ganz unglaublicher Dünne, indem eine Breite derselben von nur 1/500 Millim . nichts

makroskopisch längst bekannt ist.

seltenes ist.

Die regulären Krystalle, wie z. B. Leucit,

Jene eigenthümliche Structur mancher Sandsteine welche

Nosean, Granat, sind dadurch charakterisirt daß sämmt

die englischen Geologen ripple drift nennen, und welche darin besteht daß zwischen horizontalen Schichten geneigte Schichten vorkommen, die aus einzelnen, nach entgegen

liche Durchschnitte durch dieselben, sie mögen eine Form und

brechen, also zwischen den beiden Nicols nicht polariſirend

gesetter Richtung einfallenden Lagen zuſammengesetzt ſind, zeigt sich mikroskopisch auch in den krystallinischen Glimmer

im regulären System krystallisirten Gemengtheilen .

Neigung haben welche sie wollen, stets das Licht einfach

wirken, ein vorzügliches Unterscheidungsmittel von den nicht Ein

schiefern, und liefert einen ausgezeichneten Beweis dafür daß ihr Material ursprünglich als mechanisches Sediment

krystalle und Augitkrystalle auseinanderzuhalten, ist indeſſen

abgesezt ist.

leider bis jezt noch nicht gefunden worden ; ein solches zu

Die Wirkung der spätern metamorphosiren den Umwandlungsprocesse ist vermittelst des Mikroskops ebenfalls deutlich im Glimmerschiefer wahrzunehmen, und

durchgreifendes Kriterium um mikroskopische Hornblende

ermitteln wäre dringend wünschenswerth, da makroskopiſch Hornblendgesteine und Augitgesteine scharf von einander

so beschaffen daß sie zu dem Schluß berechtigt, dieselben seien auf nassem Wege vor sich gegangen. In den Dünn

getrennt zu werden pflegen.

schliffen von Glimmerſchiefern kann man so ganz vortreff lich noch die ursprünglichen Quarzkörnchen des vormaligen

dem Mikroskop mit den einzelnen Gemengtheilen chemische Reactionen vornehmen könnte. Derlei mikrochemische Ver

Sandsteins und die später neugebildete Quarzsubstanz von einander rasch und leicht unterscheiden.

suche erheischen aber große Kunstfertigkeit, und werden mei

Neben der Untersuchung der Structur ist die Ermit telung der die kryptokrystallinischen Gesteine zusammen

einzelnen Gemengtheile nicht in erforderlicher Weise iſoliren kann. Ein Verfahren jedoch wodurch man sich wenigstens

sehenden Mineralien, wie

darüber Rechenschaft geben kann ob einer derselben durch

erwähnt, eine Hauptaufgabe

Ein großer Vortheil erwüchse daraus wenn man unter

stentheils dadurch erschwert, oder vereitelt daß man die

Diese Forschungen sind

Säuren unangreifbar, oder darin auflöslich ist, empfiehlt

zwar augenblicklich noch im Entwicklungsstadium begriffen ,

sich von selbst und liefert ganz brauchbare Resultate. Man

da es vor allem gilt die Grundzüge einer mikroskopischen

zerreibt das betreffende Geſtein zu einem nicht allzufeinen

des mikroskopirenden Geologen.

Kennzeichenlehre der Felsartengemengtheile zu schaffen, welche

Pulver, in welchem man dann mit dem Mikroskop die ein:

es ermöglicht die lettern in ihrer winzigsten, mannichfach wechselnden und vielfach gestörten Ausbildung allemal mit

zelnen Körner nach Farbe, Ansehen der Substanz, Pola

Sicherheit wiederzuerkennen

ein Ziel welchem man nur durch

des Pulvers wird mit Salzsäure längere Zeit gekocht, von

risationsverhalten u. s. w . unterscheidet.

Ein anderer Theil

tausend und aber tausend vergleichende Untersuchungen

dem etwa dadurch gebildeten Kieselsäureschleim gereinigt

sich nähern kann, das aber in voraussichtlich manchen Vieles ist Fällen kaum je ganz erreicht werden dürfte.

und gut ausgewaschen.

indessen in dieser Richtung schon geschehen, und von Tag zu Tag wird neue Aufklärung gewonnen.

schwundensein irgendeines Gemengtheils natürlich an daß derselbe durch Säure zersetzbar oder auflöslich ist, während

Die als Gemengtheile der krystallinischen Massenge

Bringt man dann dieſe ſo geäßte

Pulvermenge unter das Mikroskop, so deutet das Ver

ſteine auftretenden Mineralien sind bekanntlich vorzugs.

alle noch vorhandenen durch Salzsäure unangreifbar sind. Auf diese Weise läßt sich z . B. feststellen daß die impellu

weise die verschiedenen Feldspathe, Nephelin, Leucit und

ciden schwarzen Körnchen in zahlreichen dunkeln kryptokry:

Nosean, Augit, Hornblende, Diallag und Hypersthen, die Glimmer, Olivin, Magneteisen, Granat. Es kann natür

ſtallinischen Gesteinen, welche man gewöhnlich für Magnet eisen hält, zum Theil Titaneisen sind, da ſich eine ziem

Die englischen Vermesser am Sinai.

liche Menge derselben in dem genugsam mit Salzsäure

341

durch genaues Studium der Schicksale : welche bei solchen

Magneteiſen iſt

Vorgängen die einzelnen Gemengtheile betreffen, die ur

nämlich in dieser Säure löslich, Titaneisen unlöslich. Die Studien über die Natur der mikroskopischen Ge

sprüngliche Beschaffenheit jener theilweise metamorphosir

mengtheile der kryptokrystallinischen Felsarten haben, wenn auch noch sehr in der Kindheit begriffen , doch schon

logie mit den jüngern wird dann vermuthlich schlagend zu Tage treten, und bewirken daß die Zweifel schwinden.

ganz bemerkenswerthe Reſultate ergeben . Abgesehen davon daß einzig und allein auf diesem Wege der Schleier zu heben und zum Theil bereits etwas gelüftet ist, welcher

welche noch vielfach über ihre Bildungsweise laut werden.

bebandelten Gesteinspulver wiederfindet.

die eigentliche Zuſammenſeßung solcher Geſteine bisher ver hüllte, haben sie unter anderem dargethan daß manche Mineralien, welche noch vor kurzem als höchst selten galten und nur von spärlichen Fundorten bekannt waren, in mikroskopischer Winzigkeit ausgebildet, recht häufig an gar vielen Punkten vorkommen. Beispiele davon sind der No sean, ein eigenthümliches Schwefelsäure und Chlor halten des Silicat, welches früher auf den Besuv, die Umgegend des Laacher Sees am Rhein und das Hegau am Boden see beschränkt schien, und das sich nun plöglich in sehr zahlreichen Phonolithen Böhmens, der Lauſiß, der Rhön, Centralfrankreichs u. s. w. fand. Ferner der Leucit, den man bis jezt nur in Laven Italiens, des Laacher Sees und des Kaiserstuhls im Breisgau kannte, der aber einen

ten ältern Eruptivgesteine zu reconstruiren.

Die Ana

Nebenbei erfahren durch jene mikroskopischen Unterſu chungen über die Natur der Geſteinsgemengtheile noch manche andere frühere Ansichten eine Berichtigung.

Aus

einer

Betrachtung der mit bloßem Auge in den einzelnen Fels arten sichtbaren Mineralien hatte man verschiedene Schlüsse gezogen über ein gesetzmäßiges Nebeneinandervorkommen oder gegenseitiges

Sichausschließen

mancher

derselben.

Das Mikroskop belehrt uns daß diese Regeln der Aſſocia= tion oder Exclusion etwas allzu voreilig, ohne genaue Kenntniß der eigentlichen Zusammensetzung, aufgestellt wor den sind ; denn man findet, freilich dem bioßen Auge un sichtbar, oft genug diejenigen Gemengtheile in mikroſkopi scher Kleinheit in den Gesteinen vorhanden welche nach jenen angeblichen Geseßen denselben fremd sein sollten. (Schluß folgt.)

sehr häufigen mikroskopischen Gemengtheil nicht nur unzähli ger anderer geflossener Laven, sondern auch ganz gewöhn lich aussehende Basalte, z. B. von Sachsen, der Rhön, dem Thüringer Wald, ausmacht. Es knüpft sich an dieſe Thatsache noch das geologische Interesse daß dadurch jene leucitführenden Basalte in die allernächste Beziehung zu den Producten thätiger oder erloschener Bulcane gerückt werden: ein Stück des Basaltfelsens, auf welchem das Schloß von Stolpen in Sachsen steht, bietet mikroskopisch ganz genau dieselbe mineralogische Zusammensehung dar wie die erstarrten Laven welche heutzutag in geschmolze nem Zustande dem Vesuv entflossen sind. Auch der Nephe lin besigt eine vormals ganz ungeahnt weite Verbreitung als mikroskopischer Gemengtheil sehr verschiedener Gesteine, als da sind Phonolithe, Basalte, Andesite, Trachite, Rhyo lithe, sogenannte Trappe.

Und dazu kommt noch daß, während man ihn nur an die jüngeren Eruptivgeſteine gebunden glaubte, er auch schon in viel ältern, z. B. den Melaphyren, auftritt. Dadurch wird die Uebereinstimmung in der mineralogischen Zusammensehung der zwar nach der chemischen Constitution zusammengehörenden, aber durchweite geologische Zeiträume getrennten Gesteine in befriedigender Weise immer augenfälliger. Es scheint dem Mikroskop der Nachweis vorbehalten daß die den jüngeren Erdbildungs. perioden angehörigen Eruptivgesteine mit Bezug auf ihre Gemengtheile immer nur getreue Repetitionen der viel äl

Die englischen Vermeſſer am Sinai. (Aus einem Briefe von H. S. Palmer , d. d . Wadi Feiran, 2. Februar 1869.) Am 17. Dec. bestiegen wir den Dschebel Katarina, die Bergspitze welche dem Umm Schaumer ſeinen vermeintlichen Anspruch der höchste Pik der Halbinsel zu seyn streitig macht. Der Unterschied kann indeß , sey dem wie ihm wolle, kaum einige Fuß betragen, und obgleich unſere In strumente nur einen geringen Vertiefungswinkel an leyterem Pik zeigten , so haben wir doch noch nicht die Mittel ge habt zu bestimmen wie viel von der Erdkrümmung herrührt. Der Punkt wird endlich ins reine gebracht werden wenn wir den Umm Schaumer ſelbſt beſteigen, was wir hoffent: lich noch vor dem Ende der Woche thun werden. Wir erreichten innerhalb 3

Stunden den Gipfel,

ungefähr 8300 Fuß über dem Meeresspiegel.

Das Auf

steigen, gewöhnlich langsam und mühselig, sonst aber nichts, wurde bei dieser Gelegenheit schwierig, wo nicht gefährlich gemacht durch den weichen Schnee welcher die Abhänge des Berges selbst bedeckte , und durch den düstern Engpaß durch welchen wir uns vom Wadi Dedſcha aus ihm näherten. Die letzte halbe (engl. ) Meile besonders stellte uns noch

Freilich sind die lettern, weldje unfaßbare

eine harte Aufgabe , und wir wateten in tiefem Schnee

Zeiträume hindurch den mannichfaltigsten Zersehungs- und Umwandlungsprocessen zugänglich waren, schon mehr oder

und auf darunter liegenden eisbedeckten Felsen , bis die Beine und Lungen der ganzen Gesellschaft kaum mehr ihre

weniger in einem veränderten Zuſtand, und es iſt die ge wiß lösbare Aufgabe des mikroskopirenden Petrographen Ausland. 1869. Nr. 15.

mittelste und wahrscheinlich auch die höchste ist , so gehört 44

teren sind.

Dienste zu leisten vermochten .

Da diese Bergspitze die

Die englischen Vermeſſer am Sinai.

342

die Aussicht vom Dschebel Katarina zu den ſchönſten auf der ganzen Halbinsel. Von diesem hohen und frostigen.

reichen ; allein dem gespenstischen ironischen Grinsen nach

Standpunkt aus konnten wir , obschon der Tag durchaus

zu urtheilen womit er beim Niederlegen seiner Bürde aus

nicht günstig war , und häufig Wolken große Theile der Landschaft verhüllten , doch deutlich die beiden Arme des

rief: „Hr. Holland, dein Scheich ist auf dem Gipfel eines

Rothen Meeres sehen , so wie andrerseits hinter denselben

doch vollkommen gewachsen, und wußte den Gipfel zu er :

Berges," kann über diese That niemand in höherm Grad

die große Kalkſtein

erstaunt gewesen sein als er ſelbſt. Seitdem hatten wir ihn entlassen müſſen. Wir hatten nie ein besonderes

Wüste des Tih , die sich weithin nordwärts zieht , so daß

Wohlgefallen an ihm gehabt ; er war lärmend und kindisch,

die geographische und geologische Beschaffenheit der ganzen

besaß keinen Einfluß auf die Araber, und benahm sich in

Granitgegend wie auf einer Musterkarte vor uns ausge

Betreff unseres Transports so sorglos, daß wir ihn un Die Trennung ging möglich länger behalten konnten.

die Berge Arabiens und Afrika's ,

breitet lag.

Die Spißen des Serbal waren zu unserm

Leidwesen zu keiner Zeit ganz sichtbar, und nur der Umm

jedoch nicht so leicht von statten.

Schaumer trat dann und wann auf einige Augenblicke aus seinem Nebelschleier hervor , indessen gelang es uns doch

wechslungsweise auf uns alle los, und ergriff unsere Hände

im Verlauf eines dreiſtündigen geduldigen Abwartens alle

Zuerst stürzte er ab

um sie zu küssen. Es war anfangs etwas spröder Widerstand dabei, während welchem er einmal den Eindruck

nothwendigen Beobachtungen von diesem Punkt aus, einem

auf mich machte als sei er eine junge Dame ; endlich aber

der wichtigsten unserer Vermessung, zu machen . Wir stiegen einem Schritt welcher, ob: in einem Stoßtrab herab -

war ich, wie die übrigen, genöthigt die Strafe über ihn verhängen zu laſſen. Sein nächster Schritt war nun sich

in unserer Lage

auf den Boden niederzulegen und den Pandit zu bitten ihn durchzuprügeln. Allein dieser saß eben bei seinem

schon er uns bisweilen läſtig wurde

gewiß der beste war, uns Zeit und Strapaze ersparte, und uns in den Stand setzte vom Gipfel aus in zwei Stunden das Lager zu erreichen.

Mittagmahl, und sagte zu ihm : er solle nur warten bis er

Der Weg führte uns manchmal durch eine Scenerie

Obgleich nun unser Scheich sich für dieses gnädige Ver

der großartigsten Art : ein Theil des Wadi Nasb , dessen

sprechen warm bedankte, so wußte er sich doch für den Rest

gegessen habe , dann werde er ihn tüchtig durchbläuen.

Erforschung der Pandit und ich unternommen , und den

des Abends ziemlich abseits zu halten.

wir unserer Vermessungsskizze beigefügt hatten , machte einen besonderen Eindruck, da er ein bemerkenswerthes

den Händen des Scheichs Haſſan, des Oberhaupts sämmt

Beiſpiel von jenen hoch-gefärbten Gängen gab welche die Granit und Schieferfelsen durchziehen, die man hier und in vielen andern Theilen dieses Landes in beträchtlicher Menge sieht, nirgends aber in solcher Fülle und Voll kommenheit wie in Wadi Nasb. Dort zeigt die Land schaft Streifen mit zahllosen Adern von Porphyr und Divrit, mannichfaltig und glänzend in Farbe und in Mäch tigkeiten von einigen wenigen Zoll bis zu vielen Fuß, meilenweit über das Land nach jedem Theile der Wind rose streichend. Einen großartigen und kaum minder eindruckvollen Zug sieht man in den ungeheuren Granit geschieben, mit glatten kuppelförmigen Gipfeln und gewal

Wir sind jezt in

licher Towara Araber, eines ruhigen ernſten Mannes, der gut und redlich arbeitet, und keinen Lärm und keine Un ruhe verursacht. Auf unserer Reise von Dschebel Musa hieher famen wir durch den Paß von Nukb Hawy und den Wadi Solaf hinab.

So groß auch der Ras Sufsafeh geschienen wenn

man ihn von der Ebene Er Rahah sah, so gab es doch andere und entferntere Punke in dem Paß von denen aus er, wo möglich, ein noch großartigeres Ansehen hatte. Wir wurden nie müde rückwärts zu schauen und seine ſtattliche Gestalt und Umrisse zu bewundern, da er allein am Him mel sich abhob, in warme violette und indigblaue Tin ten gekleidet war, und sich uns in dem klaren sanften

tigen verwitterten Deffnungen in ihren untern Seiten, welche in wilder Verwirrung in den Seitenschluchten.

Lichte des vielleicht gerade schönsten Tags zeigte den wir

dieses Thals übereinander liegen .

Viele derselben hatten

Die einigermaßen allzu große Nähe des Dschebel Bostan

eine so ungeheure Größe , daß man bequem und aufrecht

an seinem westlichen Abhange benimmt ihm etwas von ſei

darunter gehen konnte, und ebenso in den Zwischenräumen

besonders war vorhanden die ich unbedenklich für so groß

ner wahren Höhe und seinen massigen Verhältnissen, und beeinträchtigt auch einigermaßen die Wirkung welche, wenn dieß nicht wäre, eine durchaus vollkommene seyn würde.

halte wie die Kuppel von St. Paul.

In allen andern Beziehungen steht er (von Nordwest aus

zwischen ihnen , wie sie aufeinander ruhten.

Eine Masse

während unsers Aufenthalts auf der Halbinsel gehabt haben .

Während der Pandit und ich mit Vermessungen be

gesehen) ganz abgesondert von den ihn umgebenden Ge

schäftigt waren und Namen sammelten, bestieg Wilson, in

birgsreihen und erhebt sich vom Fuße bis zum Gipfel in einer ganz ungebrochenen Linie. Gegen das niedrigere Ende des Wadi Solaf hin kamen .

Begleitung Hollands, den Dschebel Mascud zum Zweck der allgemeinen Triangulirung. Unser Scheich, „ Eid, “ wurde in Abwesenheit anderer Araber in den Dienst gepreßt, und veranlaßt die Instrumente zu tragen. Obgleich ein Araber der Thäler und nicht der Berge, war er seiner Aufgabe

wir durch die Mündung des Wadi Umm Tachlah, des Schauplatzes der großen Katastrophe im letzten Winter, als eine starke Abtheilung von Arabern, die auf einer nie

Aus Bickmore's Wanderungen im niederländischen Indien.

343

1. dern Anhöhe in der Mitte der Mündung des Thals ihr Lager aufgeschlagen, nächtlicher Weile durch eine Wasser fluth so plötzlich weggeschwemmt wurde, daß sie nicht ein mal Zeit hatten sich auf die nur hundert Schritte davon

|

das westliche und schmälere Thal ――――――― ist eine Wildniß von Geschieben und Gießbachbetten, sowie hoher aus Alluvial-Ab lagerungen bestehender Ufer, und trägt die Spuren mancher „ Seils" an sich. Von Punkten in diesen beiden Thälern, so wie

entfernten Berge zu flüchten. Diese großen Fluthen, oder „Seils," sind ein seltenes Vorkommniß, aber schrecklich in

von einigen Stellen auch in Wadi Feiran, kann man eine

ihrer Wirkung wenn sie eintreten.

Adscheleh aus aber wird der höchste Pik nie gesehen.

Plögliche und gewaltige

Plazregen, welche auf die nackten, keine aufsaugende Kraft

unvollkommene Ansicht des Serbal haben ; vom Wadi Der

Raum zwischen beiden, der, wie ich glaube, als eine Ebene

besigenden und alles Erdreich baren Felsen herabſtürzen,

geschildert worden, ist ein Chaos schroffer Berge, die sich

ergießen sich mit furchtbarer Raschheit von

den Berg

bis auf 2500 Fuß über Feiran erheben, und in Betreff

halden and Thälern herab, und reißen alles mit sich fort. Die " Seil" von der ich spreche , übertraf an

beren unsere Stiefel und Kniee etwas ganz anderes erzäh len könnten .

Holland hatte damals sein

Die Schwierigkeit der Besteigung des Serbal ist sehr

Lager ganz in der Nähe, und konnte nur mit knapper Noth sich retten. Ich fürchte fast daß wir heuer nicht.

überschäßt worden. Wir gingen auf einer Jägersfährte hinauf, die länger, obgleich weniger abschüssig ist, als die über den Wadi Abu Hamad, welche von Reisenden ge

Größe alle vorangegangenen.

das Glück haben werden Zeuge einer solchen Fluth zu sein, denn die Jahreszeit für heftige Regengüsse ist jetzt ziemlich vorüber. Unser hiesiges Lager hat eine angenehme Lage an dem Vereinigungepunkte des Wadi Alleiat mit dem Wadi Fei ran, und befindet sich nahe an der Caſe von Feiran, die gerade an diesem Punkt ihr Ende erreicht. Sie können sich das Vergnügen denken mit welchem wir, nachdem wir so lange an nichts anderes als an das kränkliche Grün von Wüstengräsern und Geſträuchern gewöhnt waren, den Anblick eines vollkommenen Waldes von Dattel-, Palmen-, Tamarisken , Akazien- und Sidr Bäumen willkommen hie Ben

eines Waldes der sich zwei (engl. ) Meilen das

Thal hinab erstreckte, und durch den ein kühler klarer Bach in munterm leichten Wellenschlag unter dem Schatten der Bäume mäandrisch dahinfloß.

Dieſe Daſe, wie alle andern grünen

wöhnlich eingeschlagen wird ; beim Herabsteigen aber folg In beiden Fällen gab es ten wir der letteren Schlucht. nichts erschreckendes - sicherlich nichts was der Schwie rigkeit nahe käme den höchsten Pik des Ras Sufſaſeh zu erklimmen. Die Aussicht vom Gipfel, obwohl nicht so um fangreich, ist vielleicht angenehmer und mannichfaltiger als die vom Dschebel Katarina, indem sie, neben der gewöhn lichen Wüsten-Gruppirung, Berg und Thal, eine nähere Aussicht auf das Meer, auf die große heiße Ebene von El Kaa, die sich von der Küste bis auf wenige (engl.) Mei len hinter dem Serbal erstreckt, und auf die grüne Dase von Feiran gewährt, welche sich östlich durch die Berge schlängelt. Die wenigen Regenschauer die während unsers Auf enthalts gefallen sind, haben bereits eine merkliche Wir

Plätze in den Sinai-Bergen, verdankt ihr Dasein einer

kung auf die Vegetation hervorgebracht .

Zusammenziehung des Wadi und dem daraus folgenden

sträuche haben Knospen, und ſehen frischer und grüner aus

Bäume und Ge

Aufhalten des gewöhnlichen raschen und ungehinderten Ab

als zuvor, und in gewöhnlich versengten und dürren Thä

fließens der Gewäſſer. Der Dschebel Serbal ist ungefähr vier (engl. ) Meilen

lern ſprießen Grashalme zwischen dem Gerölle hervor, und

vom Lager.

Schatten zu Leben.

In maſſiver Rauhigkeit und Kühnheit des

etliche Farnkräuter und Schlingpflanzen kommen in ihrem (Athenäum . )

Charakters und Umrisses bietet dieser Berg unbestreitbar einen Anblick dem kein anderer auf der Halbinsel gleich. kommt.

Obgleich er aber nicht unbedingt der höchste ist,

` übt er doch eine größere Gewalt über das Land aus als irgendein anderer.

umliegende

Leider gibt es kaum

einen einzelnen Punkt in den an seinem Fuße liegenden

Aus Bickmore's Wanderungen im niederländischen Indien.

Thälern (auf dieser Seite jedenfalls) der einen umfassenden Anblick des Berges darböte.

Nur wenn man diesen oder

jenen der benachbarten Berge besteigt, kann man die ganze

Die Eingebornen , Malayen , haben eine auffallend kleine Statur, indem das männliche Geschlecht durchschnittlich

Reihe der prachtvollen Bergspigen auf einmal sehen , und

nicht mehr als fünf Fuß drei Zoll hoch ist. Ihre Gesichter ſind

es gibt keine Ebene irgendwo in der Nähe die sich zur Ver

rautenartig, die Backenknochen hoch und hervorragend, der

sammlung einer großen Volksmasse irgendwie eignete. Zwei unwichtige Thäler, Wadi Aleiat und Wadi Adsche

more schildert die Küstenbewohner ihrem Charakter nach

leh, jedes drei bis vier

(engl .) Meilen lang , erheben

Mund weit, und die Nase kurz aber nicht flach.

als ſanft, zuverlässig und gastlich .

Hr. Bick

Sie sind auch sehr

bal, undsind für einen Reisenben die mühseligſten auf dergan

ruhig und träg ; dem Namen nach sind sie Muhamme daner, allein nicht im geringsten fanatisch ; sie behalten

zen Halbinsel.

viele ihrer Hindu -Anschauungen bei, und sind dem Spiele

sich vom Feiran aus bis an den wirklichen Fuß des Ser

Jedes

und besonders der Wadi Adscheleh ,

Aus Bickmore's Wanderungen im niederländischen Indien.

344

Sie sind sehr reinlich und baden

Wissenschaften so unheilschwangeren Periode des ersten

ſich beständig, in großen und geſellſchaftlichen Abtheilungen, bei welcher Gelegenheit die äußerste Schicklichkeit und gute Manieren beobachtet werden. Die Bärte sind unter ihnen

französischen Kaiſerreichs der Zerſtörungswuth zum Opfer fielen. Hr. Bickmore reiste nach dem fernen Often um

durch einige zerstreute Haare vertreten, welche sie außreißen , und das schlichte grobe Haar wird von beiden Geschlech tern lang getragen, so daß es für den Fremden nicht leicht.

veranstalten.

leidenschaftlich ergeben .

ist zu wissen ob er einen Mann oder eine Frau vor sich habe. Es gibt nichts aufregendes von diesem harmlojen Völk lein zu erzählen, dagegen bieten die wilden Stämme von Su matra,

Celebes und Ceram viel des Sonderbaren un

Schrecklichen. Büffel sieht man auf allen großen Inseln des Archi pelagus

in Menge,

wie auf Ceylon und in Indien.

Auf Java ist der Büffel sehr häßlich, aber ungemein nüß lich, und es hat für einen Fremden etwas unangenehm über raschendes, wenn er an Wasserpfühle kommt aus welchen die Nasen und Augen dieser trägen Geschöpfe, die man

zum Nutzen seines Landes eine ähnliche Sammlung zu Die Muscheln sind seine Hauptzwecke, allein

er wird nicht viele Leser finden die hierin gleicher Gesin nung mit ihm ſind ; sie werden lieber bei den ungewöhn lichen Einzelheiten verweilen welche er über die Sitten der wilden Stämme des Innern mittheilt, in Betreff deren er viele der schauerlichsten Geschichten bestätigt die man bis her entweder für ganz mythisch oder für höchlich übertrie: ― ben gehalten hat und auch lieber die Schilderungen der wundervollen Natur- Erzeugnisse lesen, die er mit der Liebe eines echten Naturforschers beschreibt. Gleich in der ersten Zeit seines Aufenthalts in Am boina sah Hr. Bickmore zwei schöne Exemplare des Birgus latro, eines ungeheuren Eremiten-Krebses, dessen Gewohn heiten höchst merkwürdig sind.

Die Eingebornen

Dieses Geschöpf nährt sich von der allgemein wohlthäti

legen in den hochgelegenen Gegenden des Landes Teiche an, damit auf ihren Reiſen die Büffel ganz auf die ihnen behagende Art ausruhen können. Diese Thiere sind im

gen Cocosnuß. So wie die reife Frucht vom Baume fällt, reißt sie die trockene Hülse mit ihren mächtigen Klauen

allgemeinen gelehrige Geschöpfe, haben aber eine außer

ben findet, bloßgelegt ist.

ordentliche Abneigung

von Euro

indem sie mit ihren schweren Klauen wie mit einem Ham

päern, was sie dadurch an den Tag legen daß sie heftig schnauben " Bei solchen Gelegenheiten," sagt Hr. Bid: more, werden sie starrköpfig und unlenksam, und ihre

mer darauf schlägt, und die ölige fettmachende Nahrung innerhalb erlangt sie mittelst der zangenartigen Klauen

Eigenthümer haben mich häufig aufgefordert hinwegzu

ist dieses Thier für seine eigenthümliche Lebensweise ausge

gehen, damit kein Angriff auf mich gemacht werde. “

rüstet.

hier Wasser-Ochsen nennt, hervorragen .

gegen

den Anblick

Der Entschluß der holländischen Regierung ihre Nieder

ab, bis das Ende der Schale, wo man die schwarzen Nar Dann bricht sie die Schale auf,

welche an ihren Hintergelenken hängen - so vollkommen

Der riesige Eremit wird als ein großer Lecker

bissen für die Tafel betrachtet, und zu diesem Zweck sorg fältig gemästet. Als Hr. Vidmore, nachdem er einen will

lassung nach und nach, so viel als möglich, in eine solche Lage zu bringen daß sie sich auf sich selbst stützen könne,

kommenen Muschelhandel abgeschlossen, nach dem nächsten

hat eine Anzahl mechanischer Gewerbe unter den Eingebor: nen, die ein glückliches Volk zu sein scheinen, das seine

Dorf an der Küste abreiste, fragte er den Radschah : ob er ihm eine Flasche geben könne um Wasser in seinem Nachen.

Zeit mit mäßiger Arbeit und unmäßigem Spielen zu

mitzunehmen? "! Der Radichah, " sagte er, " lächelte über den

Die holländische Regierung

Gedanken daß ich an tropisches Leben so ungewohnt sei,

verbietet die Hahnengefechte, allein die Spanier besteuern

und befahl einem Diener auf eine der Cocosnußpalmen zu

dieses Laster nur, so daß man ihm auf den Philippinen in einem Umfange fröhnt welcher der Regierungscasse ein

flettern, und einige Büschel ihrer großen grünen Frucht abzuschneiden. Diese könnten wir überall hin mitnehmen,

bringt, ins Leben gerufen.

jährliches Einkommen von 40,000 Dollars verschafft.

Die

und öffnen wann es uns beliebe ; einige Streiche mit einem

malayische Sprache liefert Zeugniß von dem Vorherrschen.

schweren Hackmesser würden uns sogleich einen perlenden

dieser ruchlosen Unterhaltung : sie hat einen besonderen

Brunnquell liefern. "

Namen für das Hahnengefecht, einen für den natürlichen und einen für den künstlichen Sporn des Hahnen, zwei

Dieser nämliche Radschah zeigte dem Reisenden, als kostbarste Schäße, einige Glasringe, die, wie er betheuerte,

Namen für den Kamm, drei für das Krähen, zwei für einen

nicht das Werk von Menschenhänden seien, sondern aus

Hahnenkampfplatz und einen für einen Hahnenkämpfer von Gewerbe.

den Köpfen von Schlangen und wilden Schweinen her

Es war Mitte Sommers als Hr. Bickmore Amboina,

lichen Ursprung derselben zu erklären waren vergeblich , und wurden übel aufgenommen . Der Besitz der magischen Schäße erhöhte die Bedeutung des Radschah, die Erklä rung ihrer eigentlichen Beschaffenheit würde dieselbe ge

das Ziel seiner langen Reise und die wichtigste der Ge würz-Inseln (Molukken) erreichte. Hier veranstaltete vor mehr als hundert und fünfzig Jahren Rumphius seine große

rührten ! Alle Versuche die wahre Natur und den wirk

Sammlung morgenländischer Muscheln, die im Jahr 1705 in seiner Rarifeit Kamer" beschrieben und in Leyden

fährdet haben.

untergebracht wurden, aber in der für die Künſte und

eben so interessanter Gegenstand.

Die Gewürznelfen-Ernte ist eine interessante Zeit und ein Sie tritt zweimal jähr

Aus Bickmore's Wanderungen im niederländischen Indien.

lich ein, im Juni und im December.

Die Eingebornen

der Inseln wo die Gewürznelken wachsen , eſſen dieſe nie mals in irgendeiner Gestalt, und es ist auch kein Grund Als die vorhanden zu vermuthen daß sie es je thaten. Portugiesen zum erstenmal auf diese Inseln kamen, fanden sie daß die Chinesen, Araber, Malayen, Javanesen und Macassaren insgesammt mit diesem Artikel Handel trie Die erste Bemerkung über Gewürznelken kommt in ben. Europa in einem während der Regierung Aurelians I, zwischen 175 und 180 n. Chr., erlassenen Gesetze vor, wo sie als einen Handelsartikel von Indien nach Alexandria Die langwierigen Reisen und bildend erwähnt werden. häufigen Umladungen vermehrten den ursprünglichen Preis so sehr, daß man in England vor der Entdeckung des Vor

345

dung war nicht reichlich, und da sie aus Rinde verfertigt ist, so glich sie einem Streifen groben braunen Papiers, vier Zoll breit und drei Fuß lang.

Die folgende Schil

derung hat etwas eigenthümlich furchtbares an sich, obs wohl wir ziemlich gut an Wilde gewohnt sind.

„Jeder

der Krieger war mit einem Parang, oder Hackmesser, be waffnet, das er in seiner rechten Hand hoch in die Höhe hob ; an seiner linken dagegen trug er einen drei oder vier Fuß langen und nur einige Zoll breiten Schild, wel dhen er vor sich hielt, als ob er einen eingebildeten Schlag abwehren wolle.

Ihr Tanz bestand bloß aus einer Reihe

von Sprüngen vorwärts und rückwärts, und hin und wieder aus einem schnellen Herumdrehen, wie wenn sie sich gegen einen plöglichen Angriff im Rücken vertheidigen

gebirgs der guten Hoffnung dreißig Chillinge per Pfund für dieselben zahlte, oder 168 Pf. St. für den Centner,

wollten.

was 365mal mehr als ihr ursprünglicher Preis war. Die: ser ungeheure Preis war die Ursache daß den Portugiesen, den Spaniern, den Holländern und den Engländern so viel daran lag eine Durchfahrt nach dem Osten zur See

und alten Männer begleitete. Anfangs war der Tact der Muſik langsam, allmählich aber wurde sie schneller und lauter , bis alle so schnell und laut sangen als sie konnten. Die tanzenden Krieger wurden aufgeregter,

zu finden, warum ferner jede dieser Nationen, als die In seln entdeckt worden, darnach strebte den Handel selbst zu

schwangen ihre Messer, und sprangen mit all ihrer Macht hin und her, bis, wie einer von unserer Gesellschaft be

monopolisiren , und warum sie endlich so ausdauernde und seeräuberische Kriege Jahre lang wider einander

zusehen daß sie in

führten. Im ganzen genommen ist das Leben der Eingebornen dieser schönen Inseln ein glückliches und beneidenswerthes.

Ihr einziges musikalisches Instrument war eine

rohe Tifa, die ein eintöniger Gesang der Weiber, Kinder

merkte, ihre Augen wie Feuer waren.

Es war leicht ein

einem solchen Zustande zeitweiliger

Tollheit kein größeres Bedenken tragen würden einen Kopf vom Rumpfe zu trennen als eine Bambusstaude abzu hauen ." Und wirklich tragen sie auch kein Bedenken, denn

Sie kennen nie irgendwelchen physischen Mangel, und sind offenbar nicht im Stande sich geistige Sorge zu machen ;

sie sind weithin berüchtigte Kopfabschneider, ja in dieser

der Wunsch für die Zeiten der Krankheit oder hohen Alters etwas aufzusparen ist ihnen nicht bekannt, und sie

eifriger als die Dayaken von Borneo ; denn in das Gesez

haben keinen Begriff davon was eine Hungersnoth eigent lich ist, auch fein Wort in ihrer Sprache um diesen Begriff

Kunst selbst größere Meister und

in ihrer Ausübung

des Stammes ist die Beſtimmung aufgenommen : daß kein junger Mann heirathen kann bis er mindestens einen Menschenkopf abgehauen hat.

Diese systematische Gesetzes

auszudrücken , denn die Natur hat für ihre Bedürfniſſe mit freigebiger und sicherer Hand gesorgt.

verfügung macht, möchten wir sagen, die borneanischen · Wilden zu wahren Liebhabern im Kopfabschneiden. Mit

Die vorherrschenden Elemente des Gemäldes sind Schön heit und Friede bis man Ceram, die größte Insel der Molukken, erreicht. Sie bildet in Wirklichkeit eine große

welchem Entsetzen muß der amerikanische Reisende, diese

Gebirgskette, welche viele Querzüge und Ausläufer aus sendet ; das einzige Flachland befindet sich östlich von der Amahai- Bay, und bildet ihre südliche Küste. Einige dieser

regen als irgendwelche ekelhafte Thiere, betrachtet haben!

grauenhafte Thatsache vollständig sich vergegenwärtigend, die wahnsinnigen Elenden, die größeren Widerwillen er

Der Kopf eines Kindes

wird hinreichen für die nackte,

Berge haben eine prachtvolle Höhe, und der ganze Ge

färgliche, formelle Erfüllung des Gesezes, obgleich man der Korf ihn als eine gemeine Opfergabe ansieht

birgszug ist ununterbrochen über und über mit Wald be: deckt. Viele Theile der Insel sind gänzlich unbekannt, und

leicht auch kämpfen kann, ist etwas rühmlicher ; der Kopf

eines Weibes, weil es möglicherweise entkommen oder viel

was die Menge der Bevölkerung betrifft, so lassen sich hierüber nur Muthmaßungen aufstellen . Der Schilderung Hrn. Bickmore's zufolge möchte man glauben daß, je gez

größten Tapferkeit, und daher die ruhmvollste Trophäe .

ringer dieselbe, desto besser sei es. Der Resident in Amahai sandte einige der Küstenbewohner zu den Alfuren, oder dem

Vor einigen Jahren führten die Holländer an der Nord küste Krieg mit diesen Eingebornen, und als sie die

wilden Gebirgsvelt, um sie einzuladen herunter zu kom men und ihren Kriegstanz aufzuführen. Eine Abtheilung

selben in ihre Berge zurückgedrängt hatten , fanden sie in den Hütten der Wilden wohl zwei- und dreimal so viele

von zwanzig Mann nahm die Einladung an. Sie hatten Aehnlichkeit mit den Malayen, waren aber dunkler, und hatten krauses, obgleich nicht wolliges Haar. Ihre Klei Ausland. 1869. Nr. 15

menschliche Schädel als wahrscheinlicherweiſe Leute — Män ner, Weiber und Kinder zusammengenommen --- im ganzen

eines Mannes aber steht natürlich in höherer Achtung, und der Kopf eines weißen Mannes ist ein Beweis der

Dorfe waren. Wenn ein Mann sich nicht getraut allein auf 45

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

346

eine solche Jagd auszugehen, so ladet oder dingt er zwei oder

ten hatte, und die wundervollen Bäume und Blumen

drei andere zu seiner Beihülfe, und alle legen sich dann in der Nähe eines Dorfs in Hinterhalt, bis zufällig jemand

ihm unaufhörlich neue Wonne bereiteten.

lichen Halbinsel, inmitten des vielen Schönen und An

vorbeikommt, worauf sie hervorspringen, ihrem Opfer den Garaus machen, und forteilen. Dieß erzeugt natürlich

furchtbaren Anblick Zeuge, einem Leprosen- Dorfe, das neun

ziehenden ,

war Hr.

Bickmore

Auf der nörd

besonders

von

einem

Das ganze Innere der östlichen Hälfte

zehn Bewohner enthielt, deren Leiden er schildert, und dann in feierlichem aber bebendem Ton hinzufügt : „Wer noch

der Insel, wo Kopfjagd vorherrscht, ist ein steter Schau

nie solche Aussäßige gesehen hat wie diese, kann sich keinen

tödtliche Feindschaft zwischen jedem Stamm und allen an dern in der Nähe.

plat endlosen blutigen Streits.

Hat man sich eines Kopfs

Begriff von den Formen machen welche das menschliche

bemächtigt, so wird das Gehirn herausgenommen, und der

Fleisch anzunehmen und doch noch Leben im Körper zu

Kopf über ein Feuer gebracht um geräuchert und getrocknet zu werden. Während dieses Processes ziehen sich die Mus

laſſen im Stand ist. " Tröstlich aber ist es von ihm zu hören mit welcher Menschlichkeit die holländische Regierung

keln des Gesichts zuſammen und verändern die Züge, bis

diese Unglücklichen behandelt.

ſie ein höchſt geſpenſtiſches Aussehen erhalten.

Hat ein

Krieger einen Kopf abgeschnitten, so zieht er einen Kreis auf der papierartigen Rinde seines einzigen Gewandes. Einer der angenehmen Bursche die zur Belustigung Hrn. Bickmore's tanzten, hatte vier solcher Kreise.

Das Padang-Plateau Sumatra's erregt außerordentliches Interesse. Jedes Naturerzeugniß ist dort schön, verschwen derisch reich vorhanden, köstlich für jeden Sinn ; das Erhabene, das Anmuthige, das Ueppige und das Romantische zeigen.

Der Reisende sich in wundervoller Mischung, edles und majeſtätiſches thie:

gab ihm zu verstehen daß er die Bedeutung derselben kenne, indem er eine Hand viermal um ſeinen Hals zog und dann vier Finger in die Höhe hob ; worauf, " fügt er bei, " der Wilde vor Freude herumhüpfte wie ein Kind, da er glaubte man betrachte ihn als den Tapfersten der

risches Leben ist in Fülle da. Nur das Menschengeschlecht ist verabscheuungswerth und schrecklich. Hrn. Bickmore's Schilderung der cannibalischen Batta- Stämme gehört zu den grauenhaftesten Blättern in den Jahrbüchern der Menschheit. Diese Stämme üben den Cannibalismus ge

Tapfern, während ich mit stummem Erstaunen meine Blicke wohnheitsmäßig und sind, so zu sagen, Kunstfreunde auf ihn gerichtet hielt, und mir zu vergegenwärtigen suchte : welch ein verhärteter Schurke er sei." 1

desselben ; sie kochen den menschlichen Leichnam auf ver schiedene Weise, und würzen ihn mit mancherlei Gewürzen.

Der empfindsamste Philanthrop würde sicherlich aner sie verspeisen nicht nur ihre Kriegsgefangenen, oder Feinde ; kennen daß man die Alfuren zum guten Theil ausrotten sollte. Hrn . Bickmore's Gefühle sind also ganz verständlich, wenn er sagt: „ Die Eingebornen, welche, als ich mit einer Anzahl Soldaten Jagd auf Rebellen machte, von

der Cannibalismus ist die gewöhnliche Befriedigung ihr Eßluft (?), und ihre Grausamkeit ist so höllisch, daß Dante selbst nicht vermocht hätte sie aus seiner Einbildungskraft zu entwickeln. '

unsern Soldaten ergriffen wurden, waren bei einem Ge lage der Wilden anwesend gewesen und hatten, ihrem eigenen Eingeständniß nach , an einer Freudenfeier theil genommen, die darin bestand einen noch ganz blutigen Men ſchenkopf in der Mitte ihres Kreises herumzustoßen. Eine alle meine Nerven angreifende Furcht beschlich mich ehe ich in den Schlaf verfiel, da mir die Wahrscheinlichkeit vorschwebte daß,

Die Schöpfungen

des Regenwassers

in

und auf

der Erdrinde.

wenn unsere Wachen nicht da wären und die Verbrecher der Bon Prof. Dr. Senft in Eisenach. verdienten Strafe entgegenführten, dieſe jedem von uns den Kopf vom Rumpfe trennen, und ein weiteres teuflisches Saufgelage feiern würden. "

6.

Mineralbildungen in Höhlungen.

Erstaunen muß man nur daß

(Schluß.) es Hrn. Bickmore unter solchen Umſtänden überhaupt möglich war zu schlafen. Welch ganz andern köstlichen Eindruck machte es auf ihn, als er von dieser Feindesjagd in den Wäldern in die schönen Muscatnuß-Haine von Neiro und auf die glänzen den Korallen-Riffe von Loutar gelangte, dann den schrecklichen Vulcan Gunong Api, so furchtbar und gefährlich es auch war, bestieg, und sich endlich zu Forschungszwecken in eine verlassene Hütte in den Abgeschiedenheiten der Wälder zurückzog, wo

er die allerprächtigsten Vögel zu Gefähr

1 Die Schädel stammen keineswegs stets oder auch nur der Mehrzahl nach von Ermordeten, häufig werden sie aus Gräbern gestohlen und vererben als Kleinodien in den Familien.

Und so wollen auch wir jeßt uns nicht bloß mit dem Anblicke der oben angeführten, höhlenbewohnenden Mineral körper begnügen, sondern auch soweit es bei dieser Ge legenheit gestattet ist wenigstens untersuchen, in welchen Höhlungen der Erdrinde diese Mineralgebilde vorherrschend auftreten, unter welchen Verhältnissen sie sich in denselben. entwickeln und durch welche Ursachen ihre verschiedenen Gestalten hervorgerufen werden.

1 Frau Jda Pfeiffer , die unter den Batta- Stämmen wan derte, würde Hrn . Bickmore ob solcher Phrasen ins Gesicht gelacht haben.

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

a. Was zunächst die Wohnstätten der gewöhnlichen Höhlen mineralgebilde betrifft, so ist es wohl von selbst einleuch tend daß

dieselben

entweder

in den sie umschließenden

Wand und Deckengesteinsmassen selbst das Bildungs . material für diese Mineralien haben, oder doch durch Canäle mit Erdrindenmassen in Verbindung stehen müssen welche ihnen in wässerigen Lösungen die Mineralbildungs mittel zuführen. In dieser Weise werden also 1) alle Höhlenmineralien welche aus kohlensaurem Kalk bestehen, so der Kalkspath und Aragonit ,

als das

Hauptbildungsmaterial der gewöhnlichen Kalkstalaktiten und Kaltsinter, vorherrschend in Höhlenräumen auftre ten deren Bildungsgesteine entweder geradezu aus Kalk stein bestehen oder doch kohlenfauren Kalk unter ihren

räumen des Gneißes, und Urthonschiefers.

347

Granites, Porphyrs, Glimmer

b. Soviel im allgemeinen über die Wohnstätten der Wenn man nun aber glaubt daß jede

Höhlenmineralien.

dieser Wohnstätten, wenn sie nur das Bildungsmaterial für die oben genannten Mineralien enthält, auch ſtets von diesen letteren bewohnt sein müßte, so ist man im Jrrthume, vielmehr gibt es z . B. viele Kalkstein- oder Dolomithöhlen welche keine Spur von Stalaktiten, Sintern oder sonstigen Mineralarten enthalten, wie unter anderen die große Al tensteiner Höhle im Zechsteindolomite am Eüdabhange des nordwestlichen Thüringerwaldes lehrt ; ja es kommt (z. B. in der fränkischen Schweiz) gar nicht selten vor daß von zwei nahe nebeneinander liegenden und aus demselben

Gemengtheilen haben, wie dieses beim Dolomit, Eisen

Gesteine bestehenden Höhlen die eine ganz mit Stalaktiten beſezt ist, während die andere ganz leer von diesen Gebilden

spath, Mergel und den mit kalkigem Bindemittel ver sebenen Sandsteinen der Fall ist. Aber es können diese

erscheint.

Kalkmineralien auch in Höhlungen auftreten welche aus

In diesem lehteren Falle bemerkt man alsdann oft daß von zwei übereinander liegenden Höhlungen die obere Stalaktiten aller Art besigt, während die untere

ganz kalkleeren Felsgesteinen gebildet werden, wenn die

gar keine oder nur schwache Spuren derselben

letzteren nur durch zuleitende Canäle mit Felsarten in Verbindung stehen welche entweder schon aus Kalk be

offenbar deßhalb nicht, weil das Bildungswaſſer allen Kalk schon in der oberen Höhle verloren hat. Diese Erscheinun gen leiten uns auf die Erörterung der zweiten oben auf,

stehen oder doch unter ihren chemischen Bestandtheilen Kalkerde enthalten. So kommten an den spaltenreichen Wänden einer höhlenartigen Kluft im Glimmerschiefer bei Ruhla die zierlichsten Aragonitdrusen vor, obgleich dieser Schiefer keine Spur von Kalkerde enthält, aber

enthält,

gestellten Frage hin : "1 Unter welchen Verhältnissen werden sich Höhlenmineralien in Höhlungen entwickeln ? Die Er fahrung lehrt uns in dieser Beziehung folgendes : 1) Vor allem müſſen Canäle in einer Erdrindenmaſſe vor

er steht durch seine Schieferspalten mit einem, über ihm lagernden Fels dolomitischen Kalksteines in Verbindung. Die Hauptheimath der Kalkstalaktiten und Kaltsinter

handen sein, welche einerseits oberwärts bis zur Erd oberfläche oder wenigstens bis in die obere, aus lockerer Erdkrume oder Sand bestehende Decke reichen, und hier

bleiben indessen immer die Kalkdolomit- und Mergel geſteine; 2) die aus Gypsspath (schwefelsaurem Kalk) bestehenden

das Meteorwasser aufsaugen, und andererseits abwärts in einem Höhlenraume ausmünden. Die Leitungscanäle dürfen nicht

Höhlenbewohner , seien es nun Stalaktiten oder Krystall drusen, vorherrschend in Gypshöhlen oder auch in Höh lungen von Kalkstein, Dolomit oder Mergel auftreten, wenn diese leßtgenannten Gesteine sehr viele Schwefel kieſe (Eiſenkiese) enthalten, da bei der Verwitterung dieser Kiese Schwefelsäure entsteht, welche den kohlensauren Ralf in schwefelsauren Kalk, d. i. in Gyps umwandelt ; 3) die aus Eisenspath (kohlensaurem Eisenoxydul) oderstrah ligfaserigem Braun

«) einen zu starken Querdurchmesser besigen ; denn sind sie zu breit und zu hoch, so wird das sie durchſin ternde Waſſer bei ſonſt günſtiger Lage von der Ober fläche ihrer Steinwände zwar auch immer etwas auf lösen, aber das Aufgelöste auch wieder auf der breiten Steinfläche, über welcher es sich ausbreitet, abseßen, ſo daß die neue Mineralbildung innerhalb der Stein spalten selbst stattfindet. Hierdurch können diese Spal

oder Rotheisenstein (Glaskopf) ge

bildeten trauben , nieren- oder stalaktitenförmigen Höhlen bewohner ihren Hauptsit in Spatheisenstein oder Eisen orydul haltigen Dolomithöhlen haben, aber bisweilen

ten im Verlaufe der Zeit in ihren untern Räumen allmählich ganz mit krystallinischen Mineralbildungen ausgefüllt werden ;

auch auf Höhlenräumen von anderen Eisenoxydul hal

P) einen nicht zu starken Fallwinkel bilden ; denn je senk

tigen Felsarten, z . B. von Glimmer-, Hornblende , au gitreichen Gesteinen (im Basalte) vorkommen ; 4) die Quarzkrystalldrusen und Chalzedonstalaktiten

in

Klüften und Höhlungen von Felsarten auftreten welche aus kieſelſauren Mineralien (sogenannten Silicaten) be ſtehen und demgemäß bei ihrer Verwitterung in kohlen haurem Wasser lösliche Kieselsäure geben. Ihre Haupt heimath findet sich daher vorherrschend in den Höhlen

rechter solche Steinspalten nach der Tiefe ziehen, um so stärker wird die Fallkraft des Wassers in ihnen sein. Haben sie dabei einen sehr weiten Querdurch messer, so wird sie das von oben her eindringende Wasser so rasch durchstürzen daß es nicht Zeit behält von seiner Rieselfläche Steintheile aufzulösen. Der Fallwinkel solcher Steinspalten darf sich aber auch nicht zu sehr der Horizontalen nähern ; denn ist dieses

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde. 348

der Fall, so sezt das Wasser alles das was es in

desselben absetzt, entsteht mit der Zeit eine Rüben:

den oberen Regionen der Spalten gelöst hat, in den unteren Regionen der letteren wieder ab, so daß diese

stalaktit welcher in seiner Are eine cylindrische Höh lung besitzt.

allmählich von unten nach oben von der abgesetzten 2) Die Fahnen oder Vorhangsform, wenn eine Wasser

Mineralmasse ausgefüllt werden .

zuführende Spalte an ihrer Mündung zahlreich vor

Soweit die Erfahrung reicht, so sind diejenigen Stein spalten welche 1 bis höchstens 8 Linien im Querdurch

tretende, nahe nebeneinander stehende Zackeneden besitzt.

messer haben, und unter einem Winkel von 12 bis höch

auch zuerst seinen Mineralgehalt an den vorspringen den Ecken ab, so daß sich rübenförmige Stalaktiten

stens 45 Grad in der Decke eines unter ihnen befindlichen Höhlenraumes einmünden , die geeignetsten für die Bildung von Deckenſtalaktiten . Ueberhaupt aber sind die Steins spalten um so bessere Leitungskanäle für Mineralbildungen in Höhlenräumen, je kleiner ihr Querdurchmesser ist und je mehr sich ihr Fallwinkel in seiner Beziehung zu einer Höhlendecke von dem rechten entfernt .

In diesem Falle nämlich seßt das Rieselwasser zwar

bilden, dann aber wird

alles später nachtropfende

Wasser von eben diesen Stalaktiten so angezogen daß es seinen Mineralgehalt in den seitlich befindlichen Winkeln zwischen denselben so lange abgibt, bis die Räume zwischen je zwei dieser Stalaktiten ganz aus: gefüllt sind.

Die in einem Höhlenraume mündenden Steinspalten haben nun ihre Mündung entweder an der Decke oder an den Seitenwänden , seltener an der Sohle dieses Raumes . - Münden sie an der Decke, so kann dieses nun wieder entweder in dem Gewölbe der Decke oder in den Winkeln welche die Decke mit den Seitenwänden einer Höhle bildet, stattfinden .

Beides ist von Einfluß für die Wirkungsweise des mineralbildenden Wassers . Denn münden die Wasser

m A

canäle an dem Gewölbe der Decke selbst, so sezt ihr Waſſer Fig. 2.

a) bei geringem Fallwinkel dieser Canäle fast seinen ganzen Mineralgehalt an jeder vorspringenden Ecke der Mündung in ganz ähnlicher Weise ab, wie das von einer Dach traufe abtropfende Wasser während des Winters die Ciszaden . Die so vor sich gehende Stalaktitenbildung zeigt als

dann vorzüglich folgende zwei Hauptformen . 1) Die Rüben , Zacken- oder Zapfenform, wenn eine

Wasser zuführende Spalte an ihrer Mündung in ein zelne, entfernt von einander stehende mehr oder min der spit vorgezogene Ecken ausgeht . Wenn in diesem Falle die vorspringende Ecke aus einem massigen , fast cylinderförmigen Steinbruchstücke besteht, so sezt das tropfende Wasser seinen Mineralgehalt an den vor stehenden unteren Endkanten dieses Bruchstückes ab, so daß rings um die untere Endfläche des letteren ein hervortretender Wall von der abgesezten Mineral masse entsteht. Und indem nun alles später nach : tropfende Wasser seinen Mineralgehalt immer und immer wieder theils an den untern Rand des schon abgesezten Mineralwalles, theils an der Außenseite

8) Bei einer sehr steilen , der senkrechten sich nähernden Falllinie der Zuleitungscanäle dagegen seht das Wasser, zumal bei reichlicher Menge, nur wenig oder auch gar nichts an der Mündung seiner Canäle ab , sondern nimmt seinen ganzen Mineralgehalt mit zur Sohle der Höhle hinab. Jst nun diese lettere felsig und mit Vor sprüngen versehen, so sezt das Wasser auf diesen seinen Mineralgehalt so ab, daß sich zuerst scheibenfömige Pol ster und später auf diesen allmählich immer höher wer dende, abgeſtumpfte Kegel oder nach oben hin dünner und spißer werdende Säulen bilden, also ganz ähnliche Gestalten, wie sie das von einem Dache abtropfende Wasser während des Winters auf dem Straßenpflaster unter der Dachtrause bildet. Es können indessen solche Stalagmiten , wie man die von einer Höhlensohle aufragenden Stalaktiten genannt hat, auch unter Deckenmündungen entstehen , welche stark geneigte Zuleitungscanäle haben. Sie entstehen alsdann entweder aus dem von den Deckenſtalaktiten abtropfen den und noch etwas Mineralsubstanz haltenden Wasser, oder auch dann wenn die Zuleitungscanäle sehr viel Wasser führen.

Im ersten Falle bilden sie sich stets

senkrecht unter der Spiße der Deckenſtalaktiten und kön nen sich dann auch im Verlaufe der Zeit theils durch ihre eigene, theils durch die Verlängerung der Decken ſtalaktiten mit diesen legteren zu einer einzigen Säule verbinden , welche dann aber nach ihrem Vereinigungs punkt hin gewöhnlich dünner erscheint . Fig. 1.

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

Besteht aber die Sohle einer Höhle zu oberst aus

349

stanzen, mit denen sie während ihres Gelöstseyns in

einer lockeren Lage von Sandkörnern und darunter erſt

Berührung kommen, zersetzt werden , wie dieß z . B. mit

aus einer festen Gesteinslage, so werden alle einzelnen

dem Eisen , Kupfer- und Zinkvitriol der Fall ist, so

Sandkörner von dem sich aus dem Tropfwaſſer abſchei

bald er in Lösungen Kalksteine berührt. Anders ist es mit dem Meteorwasser welches Kohlensäure in fich gelöst

denden Mineralgehalte mit einer Rinde überzogen, und zugleich bei fortdauernder reichlicher Waſſertropfung in eine unaufhörlich rotirende Bewegung gesezt.

Durch

enthält. Dieses ist ein Hauptlösungsmittel für alle Mineralien welche Kohlensäure, Phosphorsäure, Fluor

diese lettere sowohl wie auch durch das gegenseitige An

oder auch Kieselsäure (wenigstens in vielen Fällen) ent

einanderreiben der einzelnen inkruſtirten Sandkörner er

halten.

halten alsdann diese letteren eine kugelige äußerlich abgeglättete Gestalt. Dauert nun die Tropfung des

der Regel die Mineralien unzerseßt in sich löst und

Wassers fort, so werden diese einzelnen Körner durch immer neu hinzutretenden Mineralsah zu schwer um

Dabei besigt es noch die Eigenschaft daß es in

dann bei seiner Verdampfung wieder ebenso in ihrem chemischen Bestande unverändert absetzt, wie es sie auf gelöst hat.

Das Kohlensäure haltige Wasser wird also

im Innern der Erdrinde den Kalkstein oder kohlenſauren

noch von dem Tropfwasser gehoben zu werden ; sie blei ben alsdann auf der Sohle liegen, werden weiter im

Kalk, den Dolomit oder kohlenſauren Magneſiakalk, den

Zeitverlaufe durch das Tropfwasser zu einer fest zu= sammenhängenden Masse zusammengekittet, und bilden

Eisenspath oder das kohlensaure Eisenoxydul, den Mala chit und die Kupferlafur (kohlenſaures Kupferorydhydrat),

nun die sogenannten

den Flußspath oder das Fluorcalcium, ja ſelbſt die oben erst aus Silicaten freigewordene Kieselsäure in ſich auf: lösen und bei seiner Verdunstung in Höhlen und Spal

rogen

oder erbsensteinartigen.

(volithischen und pisolithischen) Sinter. Wenn endlich die in einer Höhlung mündenden Waſſer canäle so liegen daß ihr Wasser an den Seitenwänden

ten unter den verschiedensten Formen wieder absehen. Wenn daher immer kohlensaures Wasser in genügender .

der Höhle herabrieſelt, ſo ſehen sie ihren Mineralgehalt in der Regel an den Höhlenwänden ab, wenn diese eine rauhe unebene Oberfläche haben oder nicht senkrecht abfallen, so

Menge zu den genannten Mineralarten gelangen kann, so wird es auch unermüdlich diese an dem einen Orte Es fragt lösen und an dem anderen wieder abseßen.

daß sie im Stande ist das Rieselwasser in seinem Zuge nach unten so aufzuhalten, daß es zum Theile verdunſtet

sich nun, unter welchen Verhältnissen dieses Waſſer am reichlichsten auftreten wird.

und so seinen Mineralgehalt absehen kann . Ist in diesem

Das unmittelbar aus der Atmosphäre in die Spalten Falle das Rieselwasser nicht mit Mineralsubstanz gesättigt und verdunſtet es nur sehr langsam, so bilden die von

der Erdrindemassen

ihm ausgeschiedenen Mineraltheile mehr oder weniger gut

meiſtens Kohlensäure, aber verhältnißmäßig so wenig daß es nur leicht lösliche Minerale, wie kohlenſauren

ausgebildete Krystallrinden ;

eindringende Wasser besißt zwar

enthält dagegen das Rieſel

Ralf in sich, aber auch nur in geringen Mengen, auf waſſer ſehr viel Mineralsubstanz, oder verdunstet es sehr rasch, so erscheinen die von ihm gebildeten Absätze dicht,

nehmen kann. Dazu kommt noch daß es in jedem Boden welcher mit Pflanzen bedeckt wird, von den Wurzeln

fast emailleartig, und bilden dann die gewöhnlichen Sinter überzüge.

Sind

aber die Sinterwände einer Höhle glatt

oder fallen sie steil und senkrecht zur Höhlensohle nieder, so seht das Rieselwasser in der Regel nichts oder doch nur sehr wenig auf ihnen ab. 2) Sind nun die nöthigen Wasserleitungscanäle in der Weise vorhanden wie sie sein müſſen, dann ist vor allem auch Wasser in solcher Menge und in solcher Beschaffen heit nöthig, daß es die von ihm beleckten Gesteinsmaſſen auflösen kann. Das reine Wasser vermag nur verhält nißmäßig wenige Salze, wie Koch , Glauber , Bitter: falz, Alaun, Eisen , Kupfer , Zinkvitriol, Salpeter 2c., und außerdem noch Gyps in bemerklicher Menge in sich zu lösen. Aber gerade diese Mineralkörper kommen nicht oft als Höhlenbewohner vor, am seltensten in der

dieser leyteren begierig aufgesogen wird. Das atmo sphärische Wasser allein würde hiernach wohl schwerlich die herrlichen Säulenhallen so großer Höhlen, wie z . B. die Adelsberger Höhle ist, aufbauen können ; ja die Er fahrung lehrt sogar, wie weiter unten gezeigt werden joll, einerseits daß in Höhlungen alle Stalaktitenbildun gen in ihrer Entwicklung ganz still standen, als man bloß dem Meteorwasser den Weiterbau derselben über ließ, und andrerseits daß in Höhlen der jahrelang still gestandene Stalaktitenbau allmählich wieder begann, als die Außenfläche der Höhlen einschließenden Berge mit Wald oder auch mit Culturpflanzen bedeckt wurde. Diese lettgenannte Erscheinung, welche ich vielfach in kleineren Höhlen der Umgegend Eisenachs beobachtet habe, leitet unmittelbar auf den Schluß hin daß die Pflanzenwelt

rieselndes Wasser wieder gelöst werden oder doch ver wittern, d. h. zu mehlige Masse zerfallen, welche sich

selbst einen großen Einfluß auf die Wanderung und Wandelung der Mineralienwelt in ihrer Umgebung aus: übt. In der That ist dieß auch so. Denn, abgesehen

dann in der Feuchtigkeit der Höhlen löst, und anderer seits weil viele von ihnen durch andere Mineralsub

davon daß nach den Erfahrungen der Pflanzenphyſio logie jede Pflanze des Nachts und auch schon während

Form von Stalaktiten,

einerseits weil sie durch nach:

Die Schöpfungen des Regenwassers in und auf der Erdrinde.

350

des Tages bei bewölktem Himmel mit Wasserdampf zu gleich auch Kohlensäure ausathmet, bilden ja alle verwe

mitberge hervor.

senden Pflanzenglieder, wie sie jahraus jahrein dem Standorte der Gewächse einverleibt werden, zunächſt

Berge noch aus dolomitiſchem Kalksteine, das iſt aus

eine unversiegbare Quelle von Kohlensäure und Wasser, sodann mit ihrer Verwesungssubstanz selbst (in dem soge nannten Humus) ein Mittel welches unaufhörlich atmo sphärischen Wasserdunst in sich aufsaugt und ansammelt. Eine mit verwesenden Pflanzensubstanzen wohl versorgte Bodendecke auf klüftigem Felsgesteine ist daher das reich lichst spendende Laboratorium für die Bereitung von Kohlensäure haltigem Wasser.

Dazu kommt nun noch

daß ein laubreicher Pflanzenschirm auf der Oberfläche von Bergen, deren Gesteinsmassen durch die Sonnen strahlen sich leicht erhißen und in Folge davon das auf fie eindringende Meteorwasser sammt seiner Kohlensäure leicht und rasch wieder verdunsten lassen (wie dieß alles namentlich auf kahlen Kalkbergen der Fall ist), die Macht der Wärmestrahlen schwächt und seinen Standort feucht Durch dieses alles läßt es sich nun erklären, erhält.

In diesen nämlich dauert die Stalak

titenbildung so lange fort, als das Gestein dieser

einem mechanischen Gemenge von Kalkstein und Dolo: mit besteht ; sie nimmt aber ab, oder hört ganz auf, sobald aller Kalkstein durch kohlensaures Wasser aus dem dolomitischen Kalkstein ausgelaugt worden ist, sobald also das Gestein nur noch aus reinem Dolo mite beſteht — (natürlich vorausgeseßt, daß der Dolo: mitmasse nicht von Außen her aus Kalkgesteinen ihrer Umgebung gelöster kohlensaurer Kalk zugeleitet wird) . Der einfache Grund dieser Erscheinung liegt in der schweren Lösbarkeit der Dolomitmasse in kohlenſaurem Und wie mit dem Dolomite so ist es auch Waſſer. mit andern Gesteinen, deren Masse in kohlensaurem Wasser nur sehr schwer lösbar ist. Ueberhaupt er: scheint unter den gewöhnlichen Höhlenbewohnern der kohlensaure Kalk am leichtesten lös

und transportir

bar in fohlensaurem Wasser, und eben deßhalb auch am häufigsten unter den Höhlenmineralien.

Sein nächſter

warum

Verwandter in dieser Beziehung ist zwar der Eisen

a. Kalkberge, deren Oberfläche mit Wald bedeckt ist, eine

spath, allein dieser wird nur dann von kohlenſaurem

äußerst üppige und artenreiche Vegetation produciren,

Wasser aufgelöst werden können, wenn dasselbe frei

so lange sie eben durch den Wald in Schatten gehal ten werden, und alljährlich die abgestorbenen Abfälle

von mechanisch beigemischtem Sauerstoff ist, und in diesem Fall auch nur in solchen Höhlenräumen der

desselben erhalten, aber dürr, unfruchtbar, und nur als die Träger eines ärmlichen Borstengrasvolkes

gelangen kann, denn sobald dieſer lettgenannte Stoff

erscheinen, sobald sie ganz entwaldet worden sind, und

mit Eisenspath in längere Berührung kommt, wandelt

b. in den Höhlungen der Kalk- und Dolomitberge die

hydrat) um , welcher nicht mehr durch kohlensaures

Erdrinde auftreten fönnen, in welche kein Sauerstoff

er denselben in Brauneiſenſtein (d. i. in Eisenoxyd Mineralbildungen ohne Aufhören vorwärtsschreiten, so lange diese Berge bewaldet oder sonst mit einer kräftigen Pflanzendecke versehen sind , dagegen in ihren Mineralbildungen stillstehen, so bald sie ihrer

Wasser lösbar ist.

Schwer lösbar ist schon die Kiesel

säure, ja diese wird eigentlich erst dann lösbar wenn ſie im Verbande mit Kali oder Natron durch kohlen:

Vegetationsdecke beraubt worden sind, aber auch ihre

saures Wasser gelöst, und dann von diesen alkali schen Substanzen abgeschieden wird ; ihre Mineralab

Höhlenmineralbildungen wieder aufnehmen, sobald sie

säße finden sich

von neuem wieder eine Pflanzendecke erhalten haben.

Höhlenräumen in der nächsten Umgebung von den

3) Es können indessen die Mineralbildungen in einer Höhle

daher

auch noch am ersten auf

jenigen Mineralmaſſen, aus deren Zersehung sie frei geworden ist.

Am schwersten lösbar erscheint der

auch aufhören trotz des reichlichen Vorhandenseins von kohlenſaurem Waſſer, wenn a . sich die zuleitenden Waſſercanäle — z . B. durch Mine ralabsäße in ihren Räumen. - verstopfen, b. der Raum einer Höhlung so nach Außen hin ver schlossen ist daß zunächst keine Luftströmung, und in Folge davon dann keine Verdunstung des Mineral bildenden Wassers stattfinden kann,

Flußspath ; er ist daher auch am seltenſten unter den Höhlenmineralien und wohl nie in stalaktitischen For men zu finden. Soviel über die Arten und Bildungsweisen der in Höhlenräumen auftretenden Mineralarten. Möge das Vorstehende, was sich auf vielfache Beobachtungen ſtüßt, genügen. Ueber die Art und Weise wie sich nun weiter die verschiedenen Gestalten der Höhlenmineralien entwickeln ,

c. die Gesteinsmaſſe in der Umgebung einer Höhle und

hier noch näheres mitzutheilen, möchte für diesen Ort zu

ihrer Zuleitungscanäle entweder alle durch kohlenſaures

weit führen, so interessant es auch ist, die Natur bei der

Wasser lös und auslaugbaren Bestandtheile verloren hat, oder doch nur noch solche Gemengtheile enthält,

Zusammenfügung der einzelnen Mineraltheile zu abge: schlossenen Körpern zu beobachten.

welche sich nur in stark mit Kohlensäure gesättigtem und ohne Unterbrechung zufließendem Wasser lösen lassen. Recht grell tritt dieß in den Höhlen der Dolo |

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

Richard Burtons

Wanderungen

durch die bras

lianischen Hochlande.

351

orten zu versehen, wo dem Reisenden sogleich der euro päische Appetit zurückkehrt,

wo er sich starke Bewegung

erlauben darf und dabei die Wonne genießt in einer tro 1.

Die Bergwerksgebiete in Minas Geraes.

Brasilien, das viel gelästerte und viel gelobte Land, ist in neuester Zeit so oft von Deutschen geschildert wor den, daß es fast gewagt erscheint es wiederum den Lesern vorzuführen . Allein diesesmal ist es ein Engländer, der

denen Haut zu stecken, wohin weder 1849 noch 1861 das gelbe Fieber und 1856 die Cholera nicht sich zu erheben. vermochten, und wo die Leute die zu wenig ,, Bismarck " (Blut und Eisen) haben, an Stahlquellen sich das Man: gelnde ersehen können.

Die Aussicht auf die vielgestalte

ten Berggipfel sowie auf die Abhänge, theils abgeschoren uns unterhalten und belehren soll, 1 Engländer sehen aber andere Dinge und was andere zuvor gesehen hatten mit Obendrein ist es nicht bloß ein Englän andern Augen. der, sondern Richard Burton,

dem wir Gehör schenken

sollen, derselbe Burton der zuerst den Fuß nach dem afri kanischen Härrar seßte, der die verunglückte Unternehmung in das Somaliland ausführte, der verkappte Ungläubige, der mit den Pilgern Medina, der Mekka besuchte und sich dort in der Kaaba bis zum schwarzen Stein drängte, der

von ihrem Pflanzenwuchs, theils bedeckt noch mit soge nanntem Urwald, ist dabei nicht gänzlich zu verachten. Doch eilen wir weiter ,

erst abwärts , dann aber

wieder aufwärts nach dem 20 deutschen Meilen entfernten Juiz de Fora.

Unterwegs gelangen wir auf einer Brücke

über das Parahybuna-Flüßchen, auf dieser Brücke wer den unglaublich aber wahr ! Ausfuhrzölle erhoben von den Gütern die aus der Provinz Minas Geraes nach

selbe Burton der den ersten großen Binnensee Afrika's, den Tanganyika entdeckte, den wir wiederum ein paar Jahre

Rio gehen, ja der Zoll ist von 17 Sch. (5 , Thlr. ) im

später in das Mormonenland begleiteten, und den wir das

gestiegen.

leştemal als Consul auf der Insel Fernando Po antrafen, um uns über Abbeocuta von ihm unterrichten zu laſſen und dann mit ihm auf dem Festlande die erloschenen Kegel

Jahre 1825 jezt auf 2 Pf. St. ( 13 % Thlr. ) für den Karren Allein so hielt man es noch vor 100 und 200

Jahren in den meisten europäischen Reichen, fiel doch die Binnenzollgränze zwischen Ungarn und den österrei chischen Erblanden erst 1849.

Da es in Juez de Fora,

der Camerungruppe zu besteigen . Der ehemalige indische Officier wurde vor drei Jahren nach Rio de Janeiro ver sezt und hat seinen ersten längern Urlaub benugt um das

einem Dorf gemiſcht aus Prunk und Elend, nichts zu suchen gibt, fahren wir, noch immer im Wagen, über die Serra

Innere Brasiliens, zunächſt die Provinz Minas, zu durch: Wie Hr. v. Tschudi vorzüglich die deutschen wandern.

den höchsten Berg Brasiliens gehalten wurde, sind längst

Niederlassungen besuchte, so erkundigt sich Burton nach den Schicksalen seiner Landsleute, und dieß gewährt uns die Möglichkeit wichtiger Vergleiche. Wir meinen nämlich

Berg Itatiaiossu, ein Tupiwort für großer Flammen

daheim Brasilien würde nur von Deutschen als neue Hei math erwählt, sie bilden jedoch im Gegentheil nur einen verschwindenden Bruchtheil der Einwanderer, denn von den 10,032 Ankömmlingen des Jahres 1867 waren 4822, bei: nahe die Hälfte, Portugiesen. Selbst die Engländer (647 Köpfe) strömten zahlreicher zu als unsere Landsleute (357 Köpfe), vorzüglich aber hatten sich Nordamerikaner aus den Südstaaten, nämlich nicht weniger als 1575 nach Bra

da Mantiqueira.

vorüber.

Die Zeiten wo der Itacolumi noch für

In der Serra da Mantiqueira wird jezt der

berg , von seinen flammenartigen Umriſſen ſo geheißen, als der höchste Gipfel genannt. Dreimal gemessen kommt ihm eine Höhe von etwa 3000 Metern (2994-3140 M.) oder 10,000 engl. Fuß zu.

Es ist ein Vulcan mit zwei

Kratern und zahlreichen Schwefelquellen sowie Schwefel fieslagern.

Das Mantiqueiragebirge soll ehemals, worauf

angeblich auch der Name deutet, ein Schlupfwinkel für Räuber gewesen sein, jezt aber hat es viel von seinem Waldesdunkel und völlig seine criminalistische Poesie verloren. An seinen blauen Schieferwänden verdichtet sich die atlan tische Luft zu Regen, und daher leidet das in seinem Wind

silien gewendet. schatten liegende Land an großer Trockenheit. Am 12. Juni 1867 verließ Burton in Begleitung seiner

Gneiß und

Granit, durchzogen von Quarzadern, bilden die untere

Gemahlin Rio de Janeiro in der Richtung nach den Berg

Grundlage, während die oberen Stockwerke in den Zeiten

werksgebieten. Dieß war das Revier des Hrn . v . Eschwege Aber wie ver sowie der HH. v . Spix und v . Martius.

vom alten bis zum neuen rothen Sandstein (devoniſches bis triaſſiſches Alter) gebildet wurden.

ändert hat sich alles seit ihren Zeiten ! Jezt führt auf

Die Pflanzendecke

beſteht meistens aus Capoeira, das heißt aus Jungwald

einer berühmten Landstraße eine vierspännige Postkutsche

oder dem zweiten Wuchs wenn der Urwald abgetrieben

im Trab 1900 Fuß hinauf nach dem deutschen Petropolis,

worden ist.

die „ Oberpfalz“ von den Einwohnern genannt, im Gegensat

und düsteren Farbentönen, den jungfräulichen Wald unter

zu einer nördlich und tiefer liegenden Ortschaft, „ Unter

scheiden,

pfalz " geheißen.

Der zweite Wuchs ist mehr kraut als holzartig, mit Ge

Rasch lernt der Neuling, schon an den tieferen

" Innerhalb fünf Stunden vermag sich

deſſen Boden auch viel weniger Gestrüpp trägt.

jezt ein jeder vom heißen Rio nach den beiden Gebirgs

strüpp,

1 The Highlands of the Brazil . Tinsley brothers.

reichlicher gesegnet. Beiläufig bemerkt iſt Braſilien außer ordentlich reich an Torflagern, die bisher noch nicht abs

2 Vols. London 1869 .

aber auch mit Blumen sowie mit Fruchtbäumen

Richard Burtons Wanderungen durch die braſilianiſchen Hochlande.

352

gestochen wurden, wenn sich auch ganz kürzlich ein Eng

buco landete, war er auf 2 % Shill. gesunken, und 1867

länder ein Torfpressungsverfahren patentiren ließ.

ging er auf 1 Sh. 1 , P. herab. Auf den Campos um Barbacena wächst die amerika

Haben wir die Höhe der Mantiqueira hinter uns, so

nische Weinrebe, welche im Juli eine kleine, im December sind wir jetzt auf den Campos oder Prairien angelangt, die man sich als ein wellenförmiges von Höhenbuckeln un terbrochenes Hochland zwischen 2000-2500 F. zu denken

eine reichliche Traubenernte gibt, die unreif zu Essig, reif zu einem dünnen „ Burgunder" gepreßt wird ; aus den Ro finen gewinnt man dagegen einen trefflichen Branntwein.

hat, einseitig aufgerichtet nach der See zu, von einer Ge birgskette ungeschichteter Felsarten zwischen 24000 F. mittlerer Erhebung. Durch diese Hochebenen ziehen soge

Das gewöhnliche Getränk ist die Cachaça (oder Tafia der Franzosen) und vertritt den Schnaps der Deutschen und Slaven . Sie wird aus den Rückständen der Zuckermolasse

nannten Esbarrancados, tiefe schluchtenartige Erdrisse, oft kesselförmig ausgewaschen und reich an Erdschlipfen. Die Campos erscheinen anfangs steinig und öde, nur mager

bereitet und bei den gemeinsten Sorten nicht einmal der Fuseläther entfernt, so daß, wer sich diesem Genuß ergibt, auf baldigen Säuferwahnsinn und auf ein frühes Grab

mit Gras bewachsen, die Heimath von Ameisen und Gür telthieren, doch findet man bald auch größere Gefilde mit reichem Ackerland, vortrefflich für Baumwollen und Ge treidebau geeignet. Wie in Californien soll es ebenfalls Strecken geben wo Hafer wild und gesellig wächst.

die erhitte Haut und als Schußmittel gegen Insecten Canninha ist ein besseres Getränk und stiche erschaffen

Auch

an Bäumen herrscht kein völliger Mangel. Araucarien zwar sieht man nur in der Nähe von Ansiedlungen, der König der Camposbäume aber ist der Aroeira (Schinus terebinthifolius und S. Molle), denn er liefert ein äußerst hartes, gegen die Witterung unempfindliches Holz, welches eine schöne Politur annimmt ; auch ist er, beladen mit Büscheln rother Beeren ,

mit Berechtigung hoffen darf ; denn die Natur, wenn man teleologisch sprechen soll, hat ihn nur zu Waschungen für

entspricht dem Rum von Jamaica ; da die Flasche für 1 % bis 1 , Sgr . ) feil iſt, ſo erhält man es bis 2 Pence (5 Die Bevölkerung ist laut in den Lo stets unverfälscht. beserhebungen ihres Labsales, welches den Erhitzten ab kühlen, den Erkälteten erwärmen, den Durchnäßten trock nen, den Trocknen beneßen soll. Der Restillo ist ein zwei tes Destillat der Cachaça oder der Canninha. Während

eine Augenweide, aber die Ein

gebornen gehen ihm aus dem Wege , denn Gelenkge schwülste sollen sich einstellen wenn man unter seinem Schat ten schläft, und Entzündungen im Gesicht bei zarten Per sonen schon wenn sie unter ihm hinwegschlüpften .

Die

Luft der Campos ist erquickend und aufheiternd, die Nächte kühl, klar und erhebend wie in der arabischen Wüste. In Barbacena, welches bessere Tage noch vor 20 Jah ren gesehen hat, war die höchste Merkwürdigkeit ein Gold barren. Bis zum Jahr 1808 nämlich vertrat Goldstaub in dem Bergwerkslande das geprägte Geld, dann wurden Barren in Umlauf gesetzt, die sich bis 1832 erhielten. Das fragliche Stück, etwa 3 Zoll lang, besaß einen Werth von 15 Pf. St., doch gab es vormals einige süße Brocken die etliche Mark wogen ( 1 Mark = 8 Unzen, 1 Unze = 8 oitavas oder Achtel ; 1 oitava früher 11 Milreis oder Das Goldalter 712 Fres. werth, gilt jest 3½ Milreis. )

alle früheren Reisenden, wie Burton anerkennt, die Nüch ternheit der Brasilianer rühmen, herrscht unter den Minei ros oder den Bewohnern von Minas geraes leider jezt allge meine Trunksucht. Zu den wichtigen Landesproducten gehört der Maulbeerbaum, der dort die Blätter nicht abwirft, sondern zu den Immergrünen gerechnet werden muß. Die Theecultur, früher mit Glück betrieben, hat nur wegen eines Preisrückganges aufgegeben werden müssen. Indigo wächst überall wild. Die Bienenzucht gedeiht noch über alle Maßen gut. Ein europäischer Schwarm liefert in 6 Monaten 12-15 neue Schwärme außer 1

Pfd . Wachs

und 20 Liter Honig. Möchten nur die Mineiros verschont bleiben von den Erfahrungen der Bienenzüchter in den deutschen Colonien São Paulo's, die anfangs ebensolche über reiche Ernten erzielten, und zuleht gar nichts mehr erhiel ten. Der afrikanische Delbaum (azeitona da Africa ) iſt

nämlich 1864 sein Ende, denn seitdem haben im

im Grunde nur ein 15 Fuß hoher domförmiger Busch, mit theeblüthenähnlichen Blumen, an denen sich zu allen Jahres

Laufe von 3 Jahren die Banknoten alles Gold aus dem Goldlande vertrieben. Silber ist auch selten geworden,

zeiten runde Fruchtcapseln entwickeln mit etwa 5 dreikan tigen Mandeln von der Größe einer Viertelshaselnuß, die

doch zeigt es sich noch immerhin. Die (unsichtbare ) Werth einheit Brasiliens ist der Real (Plural reis), für den die Milreis - 1 $ 000 Chiffre 0 $ 001 gesetzt wird. waren ein Werth etwas höher als der geschrieben

ölreicher sind als die Ricinusbohnen.

nahm

Dollar oder Fünffrankenthaler. Ein Conto - geschrieben 1 : 000 $ 000 oder auch 1 : 000 $ - ist, wie der Name besagt, eine Million Realen oder 1000 Milreis .

Im Jahr

Ein Viertelbuschel

solcher Samen liefert 5 Flaschen klares Speiseöl. In den Bergwerksgebieten befinden sich auch reiche Lager von bra silianischem Copal, gewöhnlich brêo (Pech) genannt, die wie der Bernstein Harzausschwißungen einer untergegangenen Waldflora von Hymenäen verdankt werden , und oft

1801 stand der Handelswerth der Milreis auf 5 Sh. 72 D., im J. 1815 auf 5 Ch., in der Zeit von 1835-36 212

Sandkörner wie Insecten als Einschlüsse enthalten. Die Ureinwohner verfertigten daraus ihre bernſteinfarbigen Lip peneinsätze. Im Weingeist theilweise, im Aether gänzlich

Shillinge ; als Burton im Juni 1865 bei Pernam

löslich, liefert dieser Copal einen dauerha ften Firniß, und

-2

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

wurde reichlich nach Europa ausgeführt, bevor ein anderer

353

nächste unterwegs ist, aus Mangel an gehöriger Pflege.

Artikel von der afrikaniſchen Küste ihn aus der Gunst

Die Sklaverei ist in Brasilien langsam im Erlöschen, und

der früheren Käufer gänzlich verdrängte.

Vanilla ?) mit großen fleischigen und sehr dunklen Schoten,

vielleicht befindet sich dieses Reich auf dem besten Wege das Uebel los zu werden. Burton bestätigt was schon Hr. v. Tschudi bemerkt hat, daß die Brasilianer ihre Sfla

von denen sich die Ratten mäſten .

ven mild behandeln .

In dem tropi

schen Brasilien wächst ferner eine Vanille (Epidendron

Sie bewahren ihren

Gewürzgeruch etliche Monate, befruchten sich selbst oder werden durch Nachhilfe der Insecten befruchtet, und blieben bisher völlig von der Menschenpflege vernachlässigt. Der Reisende übernachtete entweder unter dem Obdach

Ein einziger Fall von

schwerer

Peitschenstrafe kam zur Kenntniß des englischen Verfaſſers. Ueberhaupt besitzt der Sklave in Brasilien in Folge eines ungeschriebenen

Gewohnheitsrechtes

den

Genuß großer

des Firmaments , oder in einem Rancho, oder in einer Venda, d. h. bei einem Krämer der so ziemlich alles feil

Freiheiten. Daß er durch Verkauf von den Seinigen ge trennt werde, hat er nicht zu befürchten. Die geistlichen Körperschaften würden beschämt sein wenn sie Sklaven

hat : Schnaps, Rum, Knoblauch, Gebetbücher und Kerzen.

hielten, ja die Freilassung der Eflaven wird als eine fathe

In den größeren Ortschaften dagegen findet sich immer ein

lische Pflicht erklärt.

Estalagem oder eine Hospedaria, die, wenigstens was die

schen Sklaven, wenn er ernstlich will, tausend Wege zur

Rechnungen betrifft, mit Londoner Hôtels auf gleichem Range steht. Als unabwendbares Gericht erscheint

Freilassung offen .

Schweinefleisch, wie denn die Schweinezucht nach Burtons

4 Mill. Sklaven , während 1864 ihre Zahl, die sich jedoch

scharfsinniger Bemerkung stets bei jugendlichen Geſellſchaf Nach dem Schweine

nicht genau feſtſtellen ließ, jedenfalls nur zwiſchen 2,500,000 bis 1,400,000 schwankte. Wird der Negerhandel nicht er:

ten eine vornehme Rolle spielen wird.

Wie auf Cuba stehen dem braſiliani

Nach den als höchst verlässig bezeichne

ten Angaben von A. M. Predigao Malheiro gab es 1850 noch

fleiſch erscheint auf der Tafel des „Hôtels“ Reis mit

neuert, so überlebt die Sklaverei in Brasilien sicherlich nicht

Hühnern, denen gern ein Schenkel oder Flügel zu fehlen pflegt. Dazu kommt eine infernalische Sauce aus Pfeffer

das jetzige Jahrhundert. Burtons Weg führte ihn über das Dorf Alagoa Dou

und Citronensaft, bei der sich britischer und braſiliani

rada oder Goldensee. Ehemals befand sich dort ein Weiher

scher Geschmack

der durch Erdstiche abgeleitet wurde.

als schöne Geister brüderlich begegnen.

Nie fehlt das braſilianiſche Nationalgericht, nämlich ein Brei aus schwarzen Bohnen mit Mandiocca-Mehl .

Zuleßt .

Den goldenen Bei

namen erhielt er von ehemals ergiebigen Wäschereien in der Nachbarschaft. Dort traf der Verfasser Landsleute,

erscheinen süße Speisen, Arm in Arm mit starkgesalzenem

nämlich englische Ingenieure welche die Linie für eine

Käse, die gleichzeitig genossen werden.

künftige Eisenbahn abstecken sollten. Zugleich wurde dort die Bekanntschaft mit den Carrapatos erneuert, einer Zecke

Die köstliche süße

Butter, welche die deutschen Colonisten auf die Märkte hat keinen Geschmack, “ wie die Brasilianer ſagen,

(Ixodes americanus, welche wahrscheinlich nur ein I. Collar

geradeso wie es nach Burtons Bemerkung in Suez Leute

im Jugendzustand ist) die punktgroß sich in die Haut bohrt,

gibt welche Salz in das süße Nilwasser schütten.

Tischwein unter dem Namen „ Lissaboner" besteht aus

und die peinlichsten Schmerzen verursacht. An manchen Dertlichkeiten in Minas wie São Paulo ist die Plage so groß.

einem Absud von Farbholz und Molaſſenrum, vorsichtig ver: mischt mit einigem Wein ; den Schluß bildet eine Tasse

trägt, und Pferde wie Rinder bisweilen der Erschöpfung

liefern,

Der

daß fast jeder Grashalm eine Anſiedlung dieser Quälgeiſter

Kaffee, sehr stark aber schlecht bereitet, denn die Bohnen

erliegen.

werden kohlschwarz gebrannt, und das Waſſer durch Säcke filtrirt.

dem Ungeziefer zu reinigen, den Boden mit Pulver zu be streuen und damit die Froden in die Luft zu sprengen.

In Minas kommen auf zwei männliche drei weibliche Geburten, in Pará sollen sogar (was wir jedoch bezwei

In Afrika pflegte Burton um die Hütten von

Gegen eine eingebohrte Zecke gibt es ein Duzend Haus mittel, Mercurialſalbe und Stiche mit glühenden Nadeln

feln) 4 oder 5 weibliche Geburten auf 1 männliche erfolgen ,

unter andern, alle aber verfolgen den Zweck den Kopf

und unser Verfasser gibt zu bedenken ob für so jugendliche

des Thieres mit seinen Klauen aus der Wunde zu ent fernen. Denn bleibt er darin zurück, so erzeugt er ein

Staaten nicht bis zum Dichterwerden der Bevölkerung ein temporärer Mormonismus zu empfehlen sei, worüber wir

giftiges Geschwür, welches sich Monate, ja Jahre lang hart

jedoch uns nicht weiter äußern wollen. Merkwürdig ist die Abnahme der Neger auch in Brasilien. Auf den briti

näckig behaupten, und sogar Hautkrankheiten herbeiziehen. kann.

schen Antillen beträgt die jährliche Verminderung 4 Pro

Zecken, auch lieben sie vorzugsweise kühle und feuchte Stellen

mille, auf der Insel Tobago sogar 16 Promille.

der sonnigen Hochlande.

In den

englischen Bergwerken werden die schwangern Sklavinnen

Bei großer senkrechter Erhebung verschwinden die

vom 4ten Monat an von jeder Arbeit befreit, und nach

Ein merkwürdiger Plah ist Congonha. Es liegt mitten in einer Wildniß, und besteht nur aus Kirchen, Klöstern

dem Wochenbett nur leicht beschäftigt.

und einem Dorfe von 600 Köpfen.

Sie wissen sich auch

Es verdankt seine

beständig im Genuß dieser Privilegien zu erhalten, allein

Entstehung einem wunderthätigen Bilde, wie es denn ehe

meistens stirbt das frühere Kind just in der Zeit wo das

mals kein beſſeres Mittel gab in Brasilien eine Stadt

Richard Burtons Wanderungen durch die braſilianiſchen Hochlande.

354

die Auffindung eines solchen Schatzes.

Die Arbeiten werden betrieben von Eklaven und von

Ehemals, als die Indianer noch mühelos zum Kirchenbau gepreßt wurden, entstanden sehr rasch christliche Tempel,

brasilianischen Taglöhnern unter einem Generalstab von Europäern. Die Ellaven, 1452 an der Zahl, werden jeden

jezt hat der Kirchenbau fast gänzlich aufgehört. Zu der Muttergottes von Congonha wallfahrten vom 11. bis 14. Sept. an 7000 Perfornen, und von diesen frommen.

andern Sonntag gemustert, aufgestellt in 6 Compagnie säulen. Sie erscheinen sämmtlich barfuß, denn Fußbeklei dung ist das äußere Abzeichen des freien Mannes . Ein

Leuten fristet der Ort sein Dasein.

Sklave welcher redlich gedient hat, erhält jedes Jahr zur

zu gründen als

Auszeichnung einen rothen Streifen an seiner Kleidung, Zwei Märsche weiter erreichte Burton sein nächſtes der siebente rothe Streifen erhebt ihn in den freien Stand. Hauptziel, Morro Velho.

Eo heißt ein höchst merkwürdiges Nach der Musterung erfolgt die Löhnung, die von 0 $ 240

Bergwerk welches einer englischen Gesellschaft gehört.

Da bis auf 0 $ 480, ja bei Arbeiten über der Zeit auf

es sehr große Gewinne abwirft, so wollen wir hier nur 0 $ 640-0 $ 800 steigen kann .

Dazu

empfängt ein

sogleich bemerken daß mit Ausnahme von ein paar andern jedes 1 Pfd. Seife für 14 Tage, eine Auslage die der zweifelhaften Unternehmungen dieses Bergwerk das einzige Gesellschaft jährlich über 2500 Thlr. kostet. ist bei dem englische Speculanten ihr Geld nicht verloren haben. Alles Gold in Minas Geraes findet sich in ehemals sogenannten Ur und Uebergangsgesteinen, ent weder aber in Quarzadern (Cascalho) oder in Jacutinga,

Die Hospital

bücher verzeichnen unter 1452 Negern für ein halbes Jahr 32 Todesfälle und 16 Geburten, folglich würde die Minen bevölkerung ohne Zuzug mit der Zeit aussterben . Frauen, die geboren haben, erhalten 1 Milreis, eine Flasche Wein

oder in verschiedenen pyritiſchen Formationen.

Unter Jacu und gute Rathschlage ; auch werden sie die nächsten 6 Mo

tinga versteht man eine schwärzliche Erde, gemengt aus nate nicht im Bergwerk, sondern in der Baumwollenspin: eisenhaltigem Glimmerschiefer, Quarz, Manganoryd, Talg: nerei verwendet. bruchstücken.

Vom 1 Juli 1865 bis November 1867

Arsenikkies, aus Arsen, Eisen und Schwefel zog kein Unfall Lebensverlust nach sich, überhaupt kamen

bestehend, ist sehr selten in den Gängen anzutreffen, dann aber stark goldführend.

Aermer an Gold, aber häufiger,

ist ein Eisen- oder Schwefelkies (genauer Markaſit).

Leibesbeschadigungen nur in Folge von Bruch der Ketten. beim An- und Ausfahren vor. Die Verzimmerung ist un

Noch

ärmer an Gold, aber um so häufiger, ist Magneteisenkies, deſſen Eisenbestandtheile von 59½ bis 63½ Proc. schwankten, der Rest ist Schwefel.

vergleichlich großartig. Der braſilianiſche Bergmann findet aber auch dafür in den jungfräulichen Wäldern noch immer Stämme von ebenso ungewöhnlichen Dimensionen wie großer Härte.

Der Bergbau und die Verhüttung werden in Braſilien eben so roh wie in Mexico betrieben, allein die geschicktesten englischen Bergleute haben nach bezahltem schwerem Lehrgeld auf größere Verbesserungen verzichtet, und das alte irra tionelle Verfahren als das ſparſamſte erkannt, wie überall in Südamerika. Morro Velho, 2000 ′ über der See lat. 19 ° 58′ 6 ″ S.

Die Grube senkt sich vom Ausgehenden

auf 1134′ (feet) hinab und beſigt eine Breite von 108 ′ , sie besteht also in einem Hohlraum wie er in gleicher Ge räumigkeit, in der Neuen Welt wenigstens, nirgends an ders vorkommt. Die Wärme wächst mit der Tiefe in folgendem Maße :

7 Meter unter der Oberfläche 271 , " " "

long. 43° 51 ′ W. Greenw. gelegen, ist ein ungeſunder Play. Während Burtons Aufenthalt von einem Monat

Unterschied

200 65 C. 270 22 " 60 57 C.

Einwohner klagen daß sie täglich alle vier Jahreszeiten

Es beträgt daher die Zunahme der Erdwärme je 1º C. auf 40 · 27. Unten auf der Flur der Grube ſammelt

durchleben.

sich Wasser an, welches natürlich ausgepumpt wird.

wurden nicht weniger als 3 Europäer begraben .

Die

Um Mittag glüht die Tropensonne, die Nächte

Es

dagegen sind eisig kalt, und an den Morgen während der

hat ein wenig Eisengehalt, der vielleicht davon herrührt

trocknen Jahreszeit (April bis October) fällt Reif. Im Jahr 1837 wurden erst 41,861 Ditaven Gold erbeutet, die 1846

daß es in Berührung kommt mit den eisernen Werkzeugen

auf 154,584 ſtiegen ; von 1855-1858 kam die Leitung in

Wärmemeſſungen sehr ernstlich beschäftigt hat, findet jedoch daß das Grubenwasser auf der Grubensohle kälter ſei als

schlechte Hände, und der Ertrag fiel.

In der Zeit vor

der Bergleute.

Der Director Gordon, der sich mit den

1858-1866 hob dagegen der Director Gordon die Aus

an der Oberfläche.

beute von 285,615 auf 522,119 Oitavas, oder auf 8158

spruche mit dem Wachsthum der Wärme im Erdinnern,

Mark, jede etwa 150 Thlr. am Ursprungsorte werth. In dem halben Jahr welches mit März 1867 schloß, betrug

und wir müssen vorläufig annehmen daß örtliche Ursachen. vorhanden sind welche dem Wasser etwas von seiner Wärme

der Reingewinn 49,131 Pfd . St.

Die Mächtigkeit des

Erzganges schwankt von 4-60 Fuß, sein Fallen beträgt 450--462, und sein Streichen ist südlich bis südsüdöstlich) . Die Ebenen der Schieferung stehen bisweilen senkrecht, bisweilen aber auch parallel zu den Gangwänden.

Diese Thatsache steht in grellem Wider

entziehen. Die Verhüttung der Erze beschäftigt 550 Arbeiter bei derlei Geschlechtes und steht unter der Aufsicht eines deut schen Gelehrten Hrn. Dietsch), über den sich Burton höchst günstig äußert.

Die Erzstücke werden zuerst von Männern

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

bis zur Fauſtgröße zerklopft ; Frauen, deren je vier auf einen Mann gerechnet werden, zerkleinern hierauf die Faust

24 -- 26 Stunden rotirt.

355

Dreimal im Monat wird das

Zoll Kantenlänge, mit

Amalgam geschieden . Zuerst wird es zwiſchen kaffeeſack artigem Segeltuch durchgewunden, der rückbleibende Schlamm

Hilfe von rautenförmigen Stahlhämmern. Die besten Ar beiterinnen zerkleinern täglich 30 Ctr. Erz . Auch lernen

hierauf mit siedendem Wasser in Porzellanmörsern ge rieben, Quecksilber hinzugefügt, gewaschen und der mine

sie äußerst rasch nach dem Aussehen das taube Gestein

ralische Teig in Gemsenleder ausgepreßt. Das Amalgam besteht aus 42 Proc. Gold und 57 58 Proc. Queck

stücke bis zu Stücken von etwa 1

von dem reichern auszusondern.

Jeder männliche Arbeiter

muß in der Woche zwei hölzerne Trichter von 16 Kubikfuß Raum mit Erzstücken füllen. Gearbeitet wird nur bei Tageslicht, doch kann der Fleißige mit seiner Aufgabe am Freitag fertig werden, so daß ihm dann der Samstag ge Man wird anderwärts erstaunen daß bier 350 Ar

hört.

beiter zum Zerkleinern anstatt der Maschinen verwendet werden ; allein noch sind die Straßen so schlecht, daß schwere Maschinenbestandtheile sich nicht beziehen lassen. Je 200 bis 210 Tonnen Erze kommen täglich unter die Stampf mühlen, die durch gewöhnliche Wasserräder getrieben wer den, und welche Batterien von je 3-4 Stempeln 60 bis 78mal in der Minute heben.

Die Stempel wiegen mit

dem Kopf 234-288 Pfund. Der Kopf selbst besteht aus . dem Eisen wie es in Minas gewonnen wird ; wohl hat der Bergwerksdirector aus

England stählerne Stempelföpfe

eingeführt, von denen jeder 106,3 Milreis kostete,

keiner

jilber, sowie etlichen Unreinigkeiten.

Hierauf findet nun . • in Retorten die Scheidung des Amalgams ſtatt. Wie viel Quecksilber dabei verloren wird, ist nicht recht ersichtlich. Burton gibt an daß im Jahr 1866 1091 Pfund Mercur und 1867 5200 Pfd . monatlich verloren giengen . Dich würde also ein Pfund Quecksilber auf die Ditava (Werth 7 Sh. ) be

tragen, folglich 8 Pfd. auf die Unze, demnach das 128fache an Quecksilber für je ein Gewicht Gold. In Europa würden. wahrscheinlich bei einer solchen Verschwendung alle Berg leute längst verhungert sein, allein Burton bemerkt aus drücklich daß sich in Brasilien die Quecksilberersparniß nicht bezahlt, auch waren die Preise in Morro Velho sehr mäßig , nämlich 1½ Milreis für das Pfund Mercur.

Das Gold

welches aus dem Amalgam abgeschieden wird, muß von seinem Eisen und Arsenikgehalt durch Ausschmelzen in

aber hielt so lange aus als die im Lande gefertigten Eisen

Thontiegeln gereinigt werden. werden durch Zuſchläge von

köpfe. Die Ursache wurde uns später klar, als Burton die benachbarten Eisenhütten am Gongoflüßchen beschreibt.

fohlensaurem Natron in gleichen Mengen innerhalb 45 Mi nuten in einen Holzkohlenofen mit 26 F. hohem Schorn

Dort finden sich nämlich Erze die schon Hr. v. Martius

stein zum Fluß gebracht, und in gußeiserne gewärmte

und St. Hilaire denen der Insel Elba gleichgesezt haben.

und befettete

Sie enthalten 54-84 Proc., durchschnittlich etwa 60 Proc. Metall, während in England Erze von 35 , ja noch von

Je 12½ Pfd . Legirung Pfd. Borax und doppel

Formen in Barren von 1600 Ditavas à 7 Sh., also im Gesammtwerth von 3730 Thlrn. ausgegoſſen.

Das Ausschmelzen in Bra

Alle zwei Monate werden sie von einer Maulthiercarawane unter Anführung des Hrn. George Morgan , eines er

silien geschieht fast nicht kunstreicher als wie bei den Negern in Afrika, die aber eben deßwegen auch ein ganz vorzüg

probten Reisenden, nach Rio geleitet. Obgleich ein Ueber fall sich leicht ausführen ließe, ist doch noch nie einer ver

liches Metall erhalten.

sucht worden

20 Proc. verhüttet werden.

Zur Feuerung dienen Holzkohlen,

geschürt durch ein faltes Gebläse ; folglich ist das Product ein ganz vorzüglicher Stahl, erzeugt auf höchſt kostspielige Weise, der aber trotzdem dem örtlichen Verbraucher wohl feiler zu stehen kommt als der englische Stahl .

Das Era, unter den Stempeln zu Schlamm verwandelt,

gewiß ein treffliches Zeugniß für die Bevöl ferung längs des Goldpfades . Burton redet seinen Landsleuten eifrig zu Braſilien unter den überseeischen Wanderzielen zu bevorzugen. Jeder Weiße der seinen Fuß dort ans Land seßt, gehört zur höchsten Kaste, und steht gesellschaftlich allen andern

wird nun gewaschen, d. h. es geht durch 26 Fuß lange

Weißen gleich.

Rinnen, abgetheilt in Kammern von 3 Fuß Länge und 14 Zoll Breite, mit je 1 Zoll Gefäll auf den Fuß. Der Boden ist bedeckt mit halbgegerbten Häuten oder Wollen stoffen, die ersteren dermaßen befestigt daß die Haare strom

jezt schon große Eifersucht gegen die Fremden, im Innern

aufwärts stehen, damit sie das Gold, wenn es durch seine

Von diesen Thatsachen bin ich so fest überzeugt daß so oft ich einen Einwanderer über Mißerfolge in Brasilien kla

größere Schwere nach unten sinkt, zurückhalten. Der fei nere Schlamm, der zurückbleibt, ist jetzt für die Amalgama tion geeignet, aber 30 Proc. des vorhandenen Goldes ent: schlüpfen mit dem gröberen Schutt. Dieser wird jedoch auf gefangen und kommt dann in eine automatische Maschine zum Waschen, ja der abfließende Schutt aus dieser Ma

In den atlantischen Städten freilich herrscht.

jedoch wird jeder Ankömmling mit Inbrunst noch empfangen . " Nirgends anderswo kann ein redlicher und fleißiger Mann mit so wenig Geld und Geschicklichkeit ſich emporbringen.

gen, so wie das Volk und seine Satzungen bemängeln höre, dieß mir ein genügender Beweis dafür ist daß viel eher Brasilien sich über ihn zu beschweren habe, daß er ein Taugenichts, oder ein Trunkenbold, oder ein Tagedieb,

schine wird seit 1855 mit gutem Erfolge zum drittenmale

oder ein unverbesserlicher Schwindler, oder im günſtigſten Fall ein unbrauchbarer (impossible) Mann sei." Wir

gewaschen. Das Amalgamationsverfahren besteht darin daß der Goldschlamm in Tonnen mit Quecksilber vermischt

hören hier also aus dem Munde eines Engländers über englische Einwanderer das nämliche was Hr. v. Tschudi

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

356

über schweizerische oder deutsche Einwanderer gesagt hat. Nur eines darf man bei Burtons Lob Braſiliens und seinem Tadel über die Einwanderer nicht übersehen : beides bezieht sich nur auf Minas geraes und

und Wurzelstöcke, in welche der Wanderer oft knieetief ein bricht. Der Boden dieser Wälder senkt sich theils in Mul den theils in schroffen Klüften, die dann mit Doppelschat

Im heißeren

ten verdeckt sind, und auf deren Sohlen entweder Schlamm sich ansammelt oder ein kaltes Bächlein abfließt. Bis:

Nordbrasilien hat nicht immer die Schuld an den Ein

weilen stößt man auch auf anstehendes Gestein und sieht

wanderern gelegen.

das Beispiel der Engländer nachzuahmen, die sich nicht ein

im Querschnitt wie auf einer felsigen Unterlage eine Schicht von fettem, rothem Lehm ruht, die große Geſchiebe von

zeln oder in kleinen Gesellschaften durch das Reich ver

Granit, Gneiß und Grünſtein einschließt,

zetteln, sondern große stattliche Gemeinden bilden .

es auch in den Küstengebirgen der Fall ist, wo Agassiz diese Erscheinung wahrnahm, die ihn dann zu der abenteuerlichen

São Paulo , also auf Südbrasilien.

Unsern Landsleuten gibt er den Rath

Wir

mahnen also deutsche Auswanderer nur eine südliche Pro vinz Brasiliens zu wählen, und sich den dortigen deut schen Colonien anzuschließen . Die freien Arbeiter und Handwerker in Morro Velho verdienen 8-10 Pf. St. (50-66 Thlr.) im Monat (25) Arbeitstage), aber geschickte Leute bringen es noch höher. Das Reisegeld nach Brasilien wird von der Gesellschaft bezahlt. Jeden Monat wird dem Bergmann ein Pfd. St. abgezogen, bis die Summe 50 Pf. St. erreicht. Diese die nen als Bürgschaft für Bezahlung der Geldstrafen. Außer dem werden 8 Sch. monatlich bis zu 25 Pf. St. für die Rückbeförderung nach Europa zurückgelegt, die jedoch bei eintretender Kränklichkeit selbst dann gewährt wird, wenn die Summe noch nicht erspart sein sollte. Freie Brasilianer waren anfangs unwillig sich zu verdingen, jezt bilden sie schon 40 Proc. der Arbeiter, so daß es auch beim Erlö schen der Sklaverei nicht an Angebot von Arbeitsleistun Die Tagesarbeit eines Bergmanns gen fehlen dürfte. besteht im Bohren von zwei 4 Palm tiefen Sprenglöchern.

genau so wie

Vermuthung einer braſilianiſchen Eiszeit verleitete, obgleich er zugeben mußte, weder Gletscherschliffe noch Gletscherrißungen an Felsen angetroffen zu haben. Unter Tages herrscht in jenen Wäldern eine erstickende feuchte Hiße, die Fieberlüfte ausbrü tet, wie denn sämmtliche Bewohner in solchen Waldstrecken ein kränkliches Aussehen zeigen. Alle Baumstämme erhe ben sich astlos so hoch als möglich, denn das Sonnenlicht ist ja hier der Siegerpreis im Kampfe um das Dasein. Die Kronen dagegen sind sehr verschieden gebaut, nämlich äußerst regelmäßig bei allen Myrtaceen , und äußerst ver worren und malerisch unregelmäßig bei den Malvaceen und Euphorbiaceen. Wie jeder sich selbst schon sagen wird, erhöhen diese Gegenfäße die Reize des Anblicks außeror: dentlich. Durch seine Farbenpracht vor allem verdient aber der brasilianische Urwald seinen hohen Preis. Einige Bäume ſind laubkahl, andere mit aschgrauen oder gelben Blättern bekleidet, noch andere tragen rosige oder brandige Far bentöne, während das Grün in seiner vollen Stufenleiter

Gewöhnlich arbeiten je zwei zusammen mit einem Buben, der den Bohrer aufrecht halten muß . Die Sklaven dage:

bis zum tiefsten Smaragd vertreten ist. Die goldenen und violetten Blüthen ziehen zuerst das Auge an, doch

gen werden von ihren Herren gemiethet und zwar jährlich für 220 Milreis die besten Männer, 100 Milreis die besten Frauen, minder taugliche Personen werden niedriger be

fehlt es deßwegen nicht an weißen und blauen , an rosen und scharlachrothen, alle aber beladen die Luft mit ihrem gewürzigen

Geruche. Die oft genug beschriebe nen Schmaroßergewächse sind so zahlreich daß an einem einzigen Stamm oft mehr Gewächsarten nisten und klet

zahlt. Die Freilassungen in Folge 6jähriger Dienste be Die Zucht unter den trugen in letzter Zeit jährlich 13. Sklaven wird durch Geldstrafen aufrecht erhalten, doch

tern als sich in einem europäiſchen Walde zuſammenfinden.

kann der Chef jeder Hauptabtheilung das Palmatorio ver ordnen, also Schläge mit einer Leiste aus hartem Holze

Orchideen sind darunter indeſſen auf dem Hochlande nicht so zahlreich vertreten wie an der Küste. Der Urwald ist arm

auf die flache Hand, aber nur dem Director ist es erlaubt Geißelstrafen für schwere Fälle von Betrunkenheit, Unge. horsam, Aufruhr und Raub zu verhängen, auch muß jede

an größern Thieren und große gehören geradezu zu den Seltenheiten, dagegen schwärmt er von kleineren, aber nur in den Wipfeln, wo eine kreischende Vogelschaar ihr Wesen treibt. In der Nähe von Aqua Quente, bei einer Dert

Vollstreckung einer Körperstrafe in die Bücher unter genauer Angabe aller Umstände eingetragen werden . Von Morro Velho bog Burton zu einer kreisförmigen Rundreise durch die Bergwerksgebiete ab, die ihn über Duro preto nach seinem Ausgangspunkt zurückführte.

Un

terwegs waren noch große Strecken von Urwald zu ſehen und aufrichtig zu bewundern.

Nur durch wenige Lücken

vermag die Sonne ihre Strahlenschäfte in die Waldes dämmerung hinabzusenken. Der Boden besteht aus einer nie

entwässerten ,

schwammig weichen chocoladebraunen

Modererde, den Verweſungsrückständen der Baumſtämme

lichkeit Namens Corrego de Ogo, sind Steinkohlen entdeckt, und ihr Finder L. F. Arantez 1863 mit einer goldenen Medaille belohnt worden. Nach Burtons Beschreibung finden sich Flöße von drei verschiedenen Altern beisammen, nämlich oben Braunkohle oder Lignit, dann schwarze, muschelbrüchige, höchst brennbare und gasreiche Steinkohlen, die der englischen Cannel: (eigentlich Candle) Kohle ent sprechen, endlich zu unterst ein Anthracit. Allein die Frage, ob die Flöße abbauwürdig sind, gesteht Burton nicht beantworten zu können .

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

Ueber Marianna oder Marianopolis, wo noch im Jahre 1750 an Bergwerksfünften für die Krone 80,000 Mark Gold erhoben wurden, das jetzt aber eine verödete Bischofs stadt ist, besuchte Burton noch ein englisches Bergwerk bei Maquiné, welches 350 Personen beschäftigt und das ein: zige außer Morro Velho ist welches Gewinne abwirft. Hierauf hielt er seinen Einzug in Duro preto, vormals Villa rica geheißen. Der ältere Name, Schwarz gold auf deutsch, bezog sich darauf daß das aufgefundene Gold durch Verunreinigung mit Eisenoryd dunkel gefärbt er scheint, auch gibt es einen Ort, nämlich Santo Antonio, welcher Duro (spr. D- üro) branco, Weißgold , heißt. Duro preto, die Hauptstadt von Minas, besteht aus langen Häuserreihen neben der Hauptstraße, in einem Thal mit vielen Felsennasen, an welchen die Gebäude auf und ab

357

razo durch Humboldt, Bonpland und Bousfingault, so ge: nießt auch der Itacolumi durch Eschwege, Spix und Mar tius einen Affectionswerth in der Erdkunde. Sein Felsen gipfel besteht aus hartem blankem Eisenschiefer ohne sicht: bare Spuren einer Schichtung.

Bevor wir diesmal von Burton Abschied nehmen, der auf seinem alten Wege von Duro Preto vorläufig nach Morro Velho zurückkehrt, wollen wir noch einige Bemer kungen über die Brasilianer, genauer über die Mineiros oder die Bewohner von Minas geraes, hinzufügen. Die Vermuthung daß das Klima oder die Landesnatur auf die Racenmerkmale Einfluß übe , ist vielfach bestrit ten worden, und streng bewiesen konnte sie nur bei Ein zelnheiten werden. Um so kostbarer für uns muß das wenig streng Erwiesene sein.

Dahin gehört denn der auf:

Es wird von einer italienischen Sonne beschienen,

fallende Uebergang der angelsächsischen Race in den Ver

aber von englischen Nebeln eingehüllt, so daß jeder Ankömm ling dort Gelegenheit findet sich satt zu frieren, auch würde jener Hauptort, wenn er in der Provinz São Paulo läge

einigten Staaten zu einem Mustertypus, den wir den neu amerikanischen nennen möchten. Zwei Körpermerkmale der

klettern.

für eine Stadt zweiten Ranges angesehen werden, denn ehemals, nämlich vor mehr als 100 Jahren, zählte er 30,000 Köpfe, jezt nur noch 6—10,000, je nach der Höhe der ab und zuströmenden Bevölkerung. Wie Duro preto, so ist auchseine große Naturmerkwürdigkeit, nämlich der Jtaco lumi-Berg gesunken, in sofern man ihn zu Martius ' Zeiten noch für den höchſten Gipfel in Oſtbraſilien hielt. Hr. v. Eschwege lieferte vom Jtacolumi den Mineralogen Europa's den Gelenkquarz, allein Hr. v. Tschudi konnte in Duro preto das Mineral nicht antreffen, und er erzählt uns daß der deutsche Bergmann die Quarzstücke durch Feuer

sogenannten Rothhäute, nämlich die Kleinheit und Zartheit der Hände und Füße, sowie das straffe, grobe und schwarze Haar, haben sich den transatlantischen Angelsachsen, die doch nie oder nur höchst ausnahmsweise sich mit den In dianern miſchten, nach und nach mitgetheilt. Dazu kommt noch eine Spärlichkeit des Bartwuchses hinzu, an welchen die Neuamerikaner leiden . Auch eine höhere nervöse Reiz barkeit wird unter jene Veränderungen bisweilen gezählt. Das thatsächliche Vorkommen dieses Umstandes soll nicht geläugnet werden, allein ob nicht Lebensgewohnheiten es find die ihn erzeugen, wäre reiflich zu bedenken. Die Rothhäute werden wenigstens nicht als nervös erregt, son

Dieß scheint jedoch auf einem gelenkig geblasen habe. Irrthum zu beruhen, tenn Burton bemerkt daß der Ge

Vereinigten Staaten herrscht obendrein gegenwärtig ein

lenkquarz schon vor 200 Jahren vom Padre Anchieta be schrieben worden sei, daß er in dem Steinbruch bei Sao

anderes Klima als zur Rothhautzeit in Folge der Abtrei bung der Wälder. Nun ist es höchst lehrreich daß ein

Thomé das Letras gewonnen werde, und daß er ſelbſt ein Exemplar davon sich erworben habe. Der Name Jta columi, ein Tupi (Guarani ) Wort, wiederholt sich in Bra filien außerordentlich häufig, und bedeutet Stein und

dern im Gegentheil als phlegmatiſch geschildert.

In den

solcher Beobachter wie Burton auch an den Braſilianern jene amerikanischen Racenmerkmale entdeckt hat. Alles wel lige des Haupthaares, wodurch die Arier in der alten Welt sich auszeichnen, verschwindet auch bei den Brasilianern :

Kind. Der geographische Itacolumi iſt nämlich ein Felsen gipfel dessen Seitenzacke das " Kind" vorstellt. Der Gipfel

das Haar wird straff, glänzend und wunderbar dicht, und

des letteren ist um 5-600 Fuß niedriger als der des „ Steins." Burton ritt auf den Berg ; allein die höchſte

wie bei den Engländern groß, fleischig und knochig sind,

Spize, die früher durch eine Kette zugänglich gewesen war, läßt sich, seitdem diese abhanden gekommen ist, nicht mehr

ebenso erhalten die Hände und Füße, die bei Portugiesen

einen anmuthigen und zarten Bau. Vor Brasilien liegt eine große Zukunft, dieselbe Zu kunft beinahe wie vor den Vereinigten Staaten, denn

erreichen. Ein Kochthermometer gab 5860 F. (feet) an für den Punkt bis zu welchem der Reisende gelangte, die höchſte Spize schäßt er auf 6400 '. ' Der Itacolumi ist also kein hoher Berg, allein wie A. v. Humboldt schon bemerkt

seine Bevölkerung verdoppelt sich örtlich (wenigstens in

hat, ist in der Höhenkunde alles nur relativ, und der Jta columi bleibt noch immer weit und breit der höchſte Gipfel.

ten 1820 standen , also um ein halbes Jahrhundert zwar hinter diesen zurück , aber mit einem ähnlichen

Auch behalten manche Berge ihre Berühmtheit durch die großen Namen die sich an sie knüpfen. Wie der Chimbo

Wachsthum begabt.

1 Eschwege fand 5720' (feet), Spix und Martius 5 68′ (pieds).

São Paulo), abgerechnet die Einwanderer, in je 30 Jah ren, und so steht Brasilien jetzt etwa, mit mehr als mit 10 Millionen Einwohnern, dort wo die Vereinigten Staa

Fruchtbarkeit

ist die Regel,

bloß in der brasilianischen Pflanzenwelt.

nicht

Die Mädchen hei

rathen mit 14 Jahren, was sie nicht verhindert noch im vorge rückten Alter Kinder auf die Welt zu bringen. Daß Männer

Silberproduction im Staate Nevada. -

358

von Siebzigen noch 15jährige Mädchen heirathen, ist gar nichts

Alter der Holzschneidekunſt.

Nevada zugewandt, wo am Treasure Hill reiche Silber:

seltenes, und dann geschieht es wohl daß eine solche 15jäh

erzgänge im Kalkstein,

rige Stiefgroßmutter im gleichen Alter wie ihre Enkel ſteht.

welche in ihrem Ausgehenden auf mehrere tausend Fuß Feldes erstreckung verfolgt worden sind, und im Ausgehenden faſt

Die Zärtlichkeit der Eltern und die ehrfurchtsvolle Liebe

Schiefer und Quarzit aufſeßen,

der Kinder sind ein herrschender Zug bei den Brasilianern,

alle Kalkspath in der Gangausfüllung zeigen.

der schon Hrn. v. Tschudi gewonnen hatte. Die geschlecht: liche Moral erklärt Burton für untadelhaft bei den Minei

derselben, östlich von dem Comstockgang, baut die Grube

Auf einem

ros, was um so anerkennenswerther ist als die Mischlinge

Ausgehenden des 18-20 Fuß mächtigen Ganges Maſſen

ihren leicht entzündlichen Begierden weniger Zwang anlegen und die Sklaven gänzlich ohne Scheu und Zurückhaltung

von Hornsilber, so schwer als ein Mann heben kann, ge winnt. Die Grube Keystone in demselben Revier liegt

sind. Die Häufigkeit der Verbrechen ist nicht sehr groß, und in keinem Land ist der Reisende sicherer als in Brasilien.

des vorigen hat, und fördert eben so schöne Erze wie die

Eberhardt, welche in einem 4-5 Fuß tiefen Tagebau im

auf einem Gange der kaum ein Viertel der Mächtigkeit

Doch ist gerade der Mord sehr vorherrschend weßhalb auch

Grube Eberhardt.

jedermann Waffen trägt.

Blutvergießen wird als etwas

stone von seltener Schönheit und werth eine Stelle in

sehr geringfügiges angesehen und die guten Leute scheuen sich nicht sehr stark vor jemandem der ein „ Mördchen“

der kostbarsten Mineralien- Sammlung zu finden, ſoll 30

(uma mortezinha), wie sie sagen, auf dem Gewiſſen hat. Der Mord selbst wird häufig auf die scheußlichste Art ver übt, nämlich gegen Lohn durch gedungene Leute. Die Beweggründe zum Mord sind Zänkereien unter Betrunke nen, Proceſſe und Streitigkeiten über Landbesit, Liebes Ein händel, Verführungen und endlich politischer Haß. Fremder der sich nicht in solche Gefahren begibt, hat daher nicht das mindeste zu befürchten, er leidet höchstens, zumal

Ein Stück Hornsilber der Grube Key

Pfund wiegen und einen Silberwerth von 150 Dollars haben. Kleinere aber reichere Stücke dieser Art kommen häufig vor.

Das aus einem bedeutenden Förderquantum

dieser Erze auszubringende goldhaltige Silber wird auf 800-1000 Dollars die Tonne oder 40-50 Dollars im Centner geschäßt. Auch der Bergbau im Reese- River- Diſtrict ſoll ſich im Jahre 1868 sehr günstig gestaltet haben. Ein Theil der Gänge dieses Districts seht im Granit, ein anderer im

wenn er ein Engländer ist, und selbst unter den Tropen Thonschiefer auf,

der im Westen von Granit, im Osten

nicht seine Trachten . ändert, von der Neugier der Straßen von Kalkstein begränzt ist.

Unter den letteren soll sich der

jugend, die ihn mit geöffnetem Mund oder mit heraus gestreckter Zunge anstarrt. Das letztere soll übrigens nicht etwa ein Zeichen verächtlichen Abscheues sein, sondern ist

Silbererzgang der Grube Eldorado South auszeichnen. Er ist 22 Fuß mächtig, hat Talkschiefer im Liegenden mit einem deutlichen Thonbestege, und Thonschiefer im Han

nur eine unwillkürliche Muskelbewegung, die bei der bra silianischen Jugend auf dem Gipfelpunkte der Verwunde rung sich einstellt.

genden, an beiden Saalbändern aber spiegelglatte Rutsch flächen. Gleich unter Tage zeigt er am Hangenden ein 52 Fuß

mächtiges Erztrumm mit vielem Hornsilber,

Im nächsten Abschnitt werden wir mit Burton den ganzen schiffbaren Lauf des Rio das Velhas und des São:

welches im Streichen des Ganges bereits 300 Fuß und im

Francisco-Stromes hinabschwimmen.

Fallen desselben 25 Fuß tief unter Tag aufgeschlossen worden ist. Es kommt überhaupt noch besonders in Betracht daß sich aus dem Hornsilber das edle Metall sehr leicht aus:

Silberproduction im Staate Nevada. Die Silber Production der Welt scheint sich durch die bezüglichen bergmännischen Entdeckungen im Staate Nevada in neuerer Zeit ganz bedeutend zu steigern. Schon früher hat das Ausland Nachrichten gebracht über die reichen Silber und Goldgewinnungen auf dem Comstockgang in diesem Neuere Berichte aus New-York vom Februar Staate.

scheiden läßt, und daher die Schmelzkosten niedrig ausfallen. Doch ist, nach aller Analogie, zu vermuthen daß sich das Hornsilber nur im Ausgehenden der Gänge findet und sich in der Tiefe andere Silbererze, vielleicht Schwefel-, An timon oder arsenikhaltige Verbindungen des Silbers ein stellen werden, möglich aber auch statt dessen gediegenes Silber.

d. J. bringen aber die Kunde daß auch in der Nachbar schaft jenes Ganges neue Aufschlüsse von reichen Silbererz Lagerstätten gemacht worden sind, welche vorzüglich große Alter der Holzschneidekunft. Massen des sonst so seltenen Chlorsilbers oder Hornsilbers enthalten. Dieses Erz wurde bisher vorzüglich nur in Chile gefunden ; in Europa ist es nur als eine große Sel tenheit angetroffen worden. Die Bergleute haben sich jetzt auch besonders dem Districte White Pine im östlichen

Hr. Thomas Gilks verfolgt in seinem Werke : „ A Sketch of the Origin and Progress of the Art of Wood En graving (Ekizze des Ursprungs und Fortschritts der Holz ſchneidekunſt), “ den Holzschnitt bis zu den Babyloniern

Mineralischer Reichthum Japans .

Aegyptern und Chinesen. Die ersteren scheinen ihre Back steine mit eingeschnitten en Holzstöcken gestempelt zu haben, von denen er die Zeichnung eines ägyptischen Backstein

359

Schule, und das lezte Capitel erläutert die Art und Weise des Gebrauchs der Werkzeuge. server.)

(Intellectual Ob

Stempels gibt, welcher aus Holz angefertigt, und von Hrn. Lane, der ihn aus einem Grab in Theben erhielt, nach England gebracht worden war.

Du Halde wird angeführt

um zu zeigen wie die Chinesen die Seiten ihrer Bücher

Mineralischer Reichthum Japans.

stachen : sie zeichneten zuerst Buchstaben auf dünnes Pa pier, flebten dieses auf einen Holzstock, schnitten dann die überflüssigen Theile hinweg, und ließen die Buchstaben er haben zurück.

Der englische Conſul Gavar in Hocodadi berichtet der englischen Regierung daß die Insel Yeſso sehr reich an Mineralien sei. Er habe reiche Bergwerke besucht, welche

Der Gebrauch von Holzstempeln wird sodann

bis zu den Griechen verfolgt, und ihre Verwendung das

man in Folge der dort herrschenden Unwissenheit in den

ganze Mittelalter hindurch nachgewiesen ; hierauf kommen

ersten Grundsäßen des Bergbaues aufgegeben habe.

Beschreibungen der Spielkarten der Deutschen, die im fünf

In der Nähe von Ono, einem 12 engl. Meilen von

zehnten Jahrhundert von Holzstöcken abgedruckt wurden . Den frühesten bekannten Maler- Holzschnitt erhielt man,

Hocodadi entfernten Dorfe, befindet sich ein Bleibergwerk in einem Thale welches reichlich mit Holz und Waſſer zum

wie die Sage geht, aus einem Kloster bei Augsburg ; er

Maſchienenbetrieb versehen ist. Hier ſtellten aber die Japa nesen die Arbeit schon ein als sie nur drei Fuß tief auf

trägt das Datum von 1423. Dieses interessante Probe stück stellt den h. Christoph dar, mit dem jugendlichen

die Lagerstätte, den Gang, eingedrungen waren.

Etwa

40 engl. Meilen weiter in der Nachbarschaft von Ulop,

Chriſtus auf seiner Schulter und mitten unter den Fiſchen über den Fluß watend. Zur Rechten des Gemäldes ist

in einer eben so günstigen Lage, gibt es ein ebenfalls ver

die Zelle des Einsiedlers, der eine große Laterne in der Hand hält, um dem Heiligen hinüber zu leuchten. Auf

nachlässigtes Bleibergwerk, dessen Erz 2½ Proc. Silber hält. Auch hier hat man den Bergbau nur an der Ober

der Linken ist eine Waſſermühle mit über das Rad herab laufendem Wasser, und hinter der Mühle trägt, wie man

fläche betrieben.

Kupfer und Eiſen finden sich als verſchie:

dene Erze in großer Menge. Der Consul reiste längs der

sich vorstellt, der Müller einen Sack voll Mehl nach einer

östlichen Küste mehrere Meilen auf einem eisenhaltigen

entfernten Hütte ; im Vordergrund dagegen sieht man eine Geſtalt die einen Esel nach der Mühle treibt . Am Fuße

Sande, welcher 60 Procent Eiſengehalt haben soll.

des Stiches befindet sich das Datum 1423 und eine latci nische Uebersehung dem Sinne nach folgender Zeilen :

Wenn immer täglich du das Vild St. Christophs wirst betrachten, Sollst du an diesem Tag in schwerer Todespein nicht schmachten.

kohlen finden sich sehr reichlich.

Stein

Ein japaneſiſcher Officier

sagte aus daß ein Theil der östlichen Küste von Kusuri ganz aus guten Steinkohlen gebildet sei, welche von den Wogen ins Meer fortgespült würden. Die russischen See officiere kennen sie, und kommen dahin um Kohlen zu laden.

In Zwari, einem der prächtigſten Häfen im japa

Hr. Gilks beschreibt ferner die Blockbücher, und gibt

nesischen Meere, besuchte der Conſul Gavar ein reiches

eine Schilderung des von Faust und Scheffer in Mainz im Jahr 1417 gedruckten Psalters. "I Nur sieben Abdrücke

Steinkohlenbergwerk, deſſen Kohlen eine ganz helle Flamme

dieses Buche sind, so viel man weiß, noch vorhanden, und

enthalten 35 Procent Bitumen und flüchtige Bestandtheile

sie wurden insgesammt auf Pergament und in Farben ge druckt. Die Zeichnungen der Buchstaben und der Stich

jedoch 10 Procent Asche. Ein Ingenieur behauptet in einem

deuten auf einen Fortschritt in der Kunſt.

englische Steinkohlen.

Dieses Werk

und große Wärme geben ; fie liefern 55 Procent Coks ,

Berichte daß diese Kohlen vollkommen so gut seien wie

stochen worden sein ; man kann es in der Bibliothek des

Ich selbst füge hinzu daß das japanesische Kupfer von Alters her schon in Europa den Ruf einer ganz

britischen Museums, Fach 3, sehen, und selbst bei unserer

beſondern Reinheit hatte.

nun vorgeschrittenen Stufe des Farbendrucks wird das

verstorbenen Freunde , dem Obersten v.

Registriren der Farben die strengste Besichtigung ertragen. " Rasch über andere frühe Holzschneider hinweggehend, wid met Hr. Gilts ein Capitel dem Albrecht Dürer, dessen

Sammlung von japanesischen Mineralien, welche reiche Erze von den meisten Metallen enthielt. Derselbe ver

soll von Johannes Meydenback, Gutenbergs Gehülfen, ge

Ferner sah ich bei meinem Siebold, eine

dienstliche Reisende legte mir ein japanesisches Buch über

Porträt als von ihm selbst gestochen angeführt wird, und

Bergbau und Hüttenkunde vor, welches zahlreiche Bilder

im folgenden Capitel befindet sich ein schönes reducirtes

von bezüglichen Gegenständen enthielt. Den Text konnte ich freilich nicht lesen, aber nach den Bildern müssen die

Facsimile eines Chiaro-oscuro von dem jüngern Goltius (1557) .

Dieses ist unter den zahlreichen verdienſtlichen

Illustrationen der Edelstein des Buches .

Der geschicht:

Japanesen nicht so ganz unerfahren im Bergbau und in der Metallurgie sein.

Die Bilder erinnerten allerdings

liche Theil des kleinen Bandes schließt mit einer Schilde.

an die Zustände der bezüglichen Fächer wie sie der alte

rung Bewicks so wie anderer Mitglieder der englischen

Agricola in der Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts in

Miscellen.

360

Wenn aber erst die europäi

ramide wurde, wie ich anderwärts gesagt, dadurch bestimmt

sche Cultur ganz in Japan eingedrungen sein wird, ſo iſt

daß man dem Bau eine Erhöhung von 9 in 10 an den Eden gab.

Deutschland geschildert hat .

zu erwarten daß das an metallischen und andern nüß lichen Mineralien so reiche Land, ein ergiebiges bergbau liches Gebiet werden muß, besonders da die Japanesen bei ihrem großen Drange nach Wissen und Können keine lange Zeit erfordern werden um die ihnen von auswärts zuflie Benden Kenntnisse und Erfahrungen sich anzueignen. Eine genaue geognostische Untersuchung von Japan und

Die schwarzen Bergkrystalle in der Krystall höhle des Tiefengletschers.

Mit Bezugnahme auf

einen Artikel über diesen Fund erhalten wir eine Zuſchrift des Hrn. Edmund v. Fellenberg , der uns bittet unsern Lesern zu berichtigen, daß der geologisch mineralogische Theil

ſeinen Eilanden würde gewiß eine belangvolle Bereiche: rung der Geologie bilden : die Wissenschaft kennt davon.

der Untersuchungen (Ausl. Nr. 10) von ihm selbst herrühre,

kaum mehr als einige unbedeutende Notizens

seinem Vater, der nur die chemiſchen Analyſen ausführte.

nicht wie dort angegeben wurde von Hrn. v .Fellenberg-Rivier,

Mittlerweile sind wieder schöne Exemplare der noch übrigen Krystalle erworben worden von Museen in St. Gallen, Winterthur und Chur, sowie für die Sammlungen des Züricher Polytechnikum ,

des Jardin des plantes und der

Miscellen.

École des mines in Paris. Freiberg wird ebenfalls noch versehen werden. Immer sind noch Stücke im Gewicht.

Zur altägyptischen Metrologie. Oberst Henry James, Englands berühmtester Geodät in der Gegenwart,

von 30 Pfund bis 2 Centner in Oberwald vorräthig,

bemerkt gelegentlich einer Berichtigung im „ Athenäum : "

nachdem im Ganzen bisher für 20,000 Fr. abgeſeht wor den waren .

Der Hauptpunkt des Interesses das sich an die Maßver hältnisse der großen Pyramide knüpft, liegt in der That sache daß, da wir die Ecken der Sockel für alle vier Win

Blihschlag in einem Bergwerke. Der Blitzstrahl

kel der Pyramide vollkommen in dem Felsen erhalten haben in welchen sie gehauen sind, wir auch die Angaben beſißen

der in das Maschinenhaus eines Bergwerks geschlagen, drang in den Schacht, traf am Arm einen Arbeiter der

um die Länge der gewöhnlichen ägyptischen Elle, oder des Cubitus , zur Zeit der Erbauung der Pyramide kennen zu

fich 50 Meter unterhalb des Bodens befand, und anfangs glaubte man habe ein Gewehr auf ihn abgeschossen, ging

lernen, und zwar auf dieselbe Weise wie wir die Länge

dann ununterbrochen weiter hinab und, nachdem er in

des griechischen Fußes und der griechischen Elle aus den

die Tiefe von 300 Klaftern gelangt war, in eine Sei tengallerie, durchlief fie in einer Länge von 600 Klaftern,

Maßen des Parthenon bekommen haben. praktischer Ingenieur,

Hr . Inglis, ein

maß die Entfernung von Winkel

und verwundete einen Mann am Fuße, einen andern an

zu Winkel der Sockel, und fand daß die Längen der Sei

der Brust.

ten 9,120, 9,114 und 9,102 Zoll betrugen, oder daß die

gen Schlage davon .

mittlere Länge 9,110 Zoll war.

Ozon Geruch war erstickend .

Stuart erhielt 12.138 Zoll

Die übrigen Arbeiter kamen mit einem hefti Kein Mann wurde getödtet.

Der

( Cosmos.)

als die Lange des griechischen Fußes aus den Meſſungen des Parthenon, und Penrose aus denselben 12.16 : die mittlere Länge beider ist 12.149 und die mittlere Elle da:

Papagaien in England acclimatisirt.

Wir

her 18.224 Zoll, was, mit 500 multiplicirt, 9,112 Zoll gibt, und nur um 2 Zoll von Jnglis ' mittlerem Maße ab

finden in Les Mondes die Angabe daß seit etlichen Jahren in dem Garten von Lincolns Inn in London ein grünes

weicht.

Der Text spricht von Papagaienpaar sich gezeigt hatte. perroquets zebrés, also vom Genus Psittacus, ohne

Wenn wir Stuarts Länge der griechischen Elle

nehmen, so weicht 500mal ſeine Länge nur um 1½ Zoll von der Inglis'schen zweier der Seiten ab, die 9,102 Zoll

daß wir die Art zu entziffern wagten , vielleicht ist P. pas

beträgt ; nehmen wir Penrose's Länge der griechischen Elle, so gibt sie uns genau 9,120 Zoll, das größte Inglis’ſche

serinus oder P. tui gemeint. Dieses Papagaienpaar lebte friedlich und kameradschaftlich mit den Spaßen . Während

Maß. Diese Ergebnisse scheinen uns zu zeigen daß, wie Herodot angegeben, die ägyptische Elle gleich war der von

der Wintermonate verschwand es, kehrte aber regelmäßig Im Jahre 1868 ließ sich nur im Sommer wieder.

Samos, d. h. der griechischen Elle, daß die Seiten der großen

einer der Papagaien sehen, der andere dagegen schien ver schwunden, vielleicht brütete er gerade, denn später wurden

Pyramide genau 500 ägyptische oder griechische Ellen aus machten, und daß die Pyramide genau 25 Arurä oder ägyptische Tagewerke bedeckten.

Die Arura war, Herodot

zufolge, ein Quadrat von 100 Ellen.

Die Höhe der Py

nicht nur beide wieder wahrgenommen, sondern hatten auch Welche Freude wenn eine Brut von 5 Köpfen bei sich. sich diese hübsche Vogelart in England einbürgern würde !

Truck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. C. F. Peschel.

P

. Ausland

Das

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndu ierzigster Jahrgang.

Nr. 16.

Augsburg ,

17 April

1869.

Inhalt: 1. Der Altai. Von B. v. Cotta. 1 ) Geologischer Bau. - 2. Die Goldwäscher in Sibirien. - 3. Das Mikro skop in der Geologie. Von Ferdinand Zirkel. (Schluß.) 4. Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande. 2) Thalfahrt auf dem Rio das Velhas und dem São Francisco . 5. Die Farbe der Wintervögel. 6. Verbreitung und Häufigkeit des Polarlichtes. 7. Notizen über einige Handelsproducte. 8. Verwandlung der Sonnenwärme in Nußkraft. -- 9. Lon 12. Geiß doner Honorare für Seiltänzer und Vortragleser. 10. Geologie der Nilgebiete. - 11. Zur Geologie von Spißbergen. ler'sche Röhren für Reibungselektricität. - 13. Tragweite der Whitworth-Kanone.

Der Altai.

und Reihen vor sich ; ihre Pflanzendecke ist so dürftig, daß die Steppe hier erst recht zu beginnen scheint.

Die zer

Von Bernhard v. Cotta.

1. Geologischer Bau. Fast im Centrum des großen asiatischen Continents er hebt sich der Altai, als westliches Ende der langen Ge birgskette die bis zur Mündung des Amur fortseßend Ostsibirien vom südlichen Asien trennt. Diese gewal

streuten Wälder der Niederung, die zahlreichen belebten Wasserflächen hören auf, öde Bergrücken und Kegel begren zen den östlichen Horizont. Allmählich erreichen die Berge bei der Kolyvanschen Schleiferei und bei größere Höhen Schlangenberg 4 bis 5000 Fuß, bei Riddersk 6 bis 7000 Fuß - aber auch diese höheren Berge sind größtentheils waldlos, nur von niederen Gräsern und wildverwachsenem

tige Bergmauer , welche sich beinahe 600 Meilen lang durch 60 Längengrade ausdehnt, ist ungefähr in der Mitte ihrer Länge vom Baikal-See und dessen südlichen Zuflüſſen

Gestrüpp bedeckt. Ihre oft recht schönen Formen treten unver hüllt hervor, aber es sind nackte trockene Gestalten, unbelebt durchQuellen, Bäche oder menschlichen Anbau, ohne Schatten,

quer durchbrochen, welche lettere ebenso wie der Jenisei und der Irtysch in dem nördlichen Hoch-Becken China's

ohne erquickendes Grün, mit Ausnahme vielleicht der Früh

entspringen.

jahrszeit — eine echte Gebirgssteppe. Eine dem Auge erfreu liche Ausnahme davon macht die nächste Umgegend der Koly

Die lettgenannten Flüsse durchschneiden zwar

auch die Bergkette, haben aber kein weiteres Thor für den großen Verkehr der Völker gebildet wie das Baikalbecken bei Jrkuzk und Kiachta.

Der Altai ist das Hauptquellengebiet des Obi, aber

van Schleiferei, wo der 5000 Fuß hohe Blauberg (Sinu cha), von zahlreichen anderen Berggruppen umgeben, noch von dichtem Wald bedeckt ist, aus dem sich malerische

auch der Irtysch und Jeniſei erhalten Zuflüſſe aus dieſer breiten Gebirgsgruppe , deren östliche Grenzen durchaus

Granitfelsen erheben. Da liegen zwischen den Bergen und Felsen auch noch die schönen Wasserflächen des Kolyvan Sees, des Weißen Sees und des großen Werkteiches, wäh

willkürlich sind, denn das Tangnu- Gebirge wie das Saja nische schließen sich ohne Unterbrechung daran an, und da

rend der dichte Wald hie und da durch ungemein blumen reiche Wiesen unterbrochen ist.

das lettere quer vom Jenisei durchschnitten ist, so könnte

Das ist aber, wie gesagt, eine Ausnahme, die Regel bleibt ein ödes Bergland.

es fast zweckmäßiger erscheinen, seinen westlichen Theil noch zum Altai zu rechnen, dessen Name ―――――――― chinesisch Alin nach Radloffs sprachlichen Forschungen auf 4 verschie dene Arten abgeleitet werden kann : von Ala-tun, Goldge birge, Alin-tau, buntes Gebirge, Al- Taiga, hochliegender Urwald, oder Alty- ai, sechs Monate.

Der äußere Charakter des Gebirges ändert sich indeſſen bei noch weiter östlichem Vordringen über die Region der Erzgruben und den festen Ansiedelungen hinaus.

Die

Berge steigen dort noch höher auf, 7 bis 8000 Fuß, im Kunguhr sogar bis 11,000 Fuß über dem Meeresspiegel ;

Wer sich dem Altai vom Ural kommend nähert, der

ihre Häupter tragen zum Theil ewigen Schnee, ihre Ab

erblickt nach vieltägiger Reise durch das breite Steppenge:

hänge sind mit dichtem Urwald (Taiga) bedeckt, einzelne Thalschluchten sogar von kleinen Gletschern erfüllt. Die 46

biet zunächst nur kahle Hügel in ungeordneten Gruppen Ausland. 1869. Nr. 16.

Der Altai.

362

Ansiedelungen werden in dieser Region immer seltener, und bestehen vorherrschend nur noch aus den beweglichen Jurten der Kalmücken.

Dieser Theil des Gebirges ist noch

wenig bekannt, von Naturforschern nur erst selten und

deckt sind, aus dem sich, sobald man es zu durchdringen versucht, dichte Wolken blutgieriger Mücken erheben, die ihre Angriffe zumeist auf die Gegend der Augen richten ; in einer Gebirgsgegend in der man nur selten ein trink

flüchtig durchreist, doch entwerfen diese wenigen die an .

bares Waſſer findet, während die Sonne ungehindert den

ziehendsten Schilderungen, namentlich vom Telezky- See,

staubigen Boden erbitt, der Regen bald grundlose Wege

dessen lang gestrecktes Wasserbecken, etwa von der Größe

erzeugt.

des Genfer See's, in eine tiefe Querspalte des Gebirges

Glücklicherweise ist andererseits wenigstens im west

eingesenkt, rings von steil und hoch aufsteigenden Felsen und bewaldeten Bergen umgeben ist, durch deren Schluch

lichen Altai die Drientirung schon sehr erleichtert durch die vortrefflichen Karten welche aus dem unermüdlichen Ar

ten rauschende Bäche herabstürzen, an dessen malerischen Ufern aber noch keine einzige feste menschliche Ansiedelung

beiten der Gebrüder May in ziemlich großem Maßstabe hervor gingen, und auf denen durch Niveaulinien auch die

gefunden wird.

wichtigsten Höhenunterschiede zur Darstellung gebracht sind.

Von diesem östlichen Theil des Gebirges

vermag ich leider nicht aus eigener Anschauung zu berich

Aus diesen Karten ergibt sich zugleich daß von so be:

ten, sein geologischer Bau ist indessen nach allen vorliegen

stimmten Erhebungsrichtungen, wie sie v. Tschihascheff unter dem Einfluß der sonderbaren Hypothese Elie de Beaumonts

den Mittheilungen ein so übereinstimmender mit dem des westlichen Theiles, daß es mir wohl erlaubt sein wird auch darüber zu urtheilen, wenn ich mich dabei auf die Berichte und Karten des Generals v. Helmersen und mit einiger Vorsicht auch auf die des Hrn. v. Tschihascheff stüße. Bevor ich indessen zur Besprechung des innern Baues

festzustellen versucht hat, im Altai gar nicht die Rede sein kann. Die breiten Depressionen welche sich zwischen den Haupterhebungen ausdehnen, scheinen weit mehr Resultate der Erosion als der Erhebung zu sein ; sie folgen vorzugs weise den leichter zerstörbaren Schiefergesteinen, während

der Altai- Erhebung übergehe, muß ich aber noch einige Bes

zwischen ihnen die festeren Granitmassen aufragen ;

merkungen über seine äußeren Formen und Verhältniſſe

auch diese letteren liegen durchaus nicht in bestimmten

hinzufügen.

meist unbewaldet und auch nur vereinzelt von Feldern

Richtungen. Sei es mir also nach diesen Vorbemerkungen gestattet, eine ganz allgemeine Uebersicht vom inneren Bau der

bedeckt, größtentheils also ziemlich leicht zugänglich sind,

Altaigruppe vorzulegen welche allerdings nur zum Theil

wird die Aufgabe des Geologen doch durch mancherlei an

auf eigenen Beobachtungen beruht.

Obwohl im westlichen Altai die Berge wie die Thäler

dere Umstände außerordentlich erschwert.

Das größte Hin

derniß ist die starke Verwitterung der Gesteine. Wo nicht wirkliche Felsen hervorragen , da besteht die Oberfläche überall

aus

einer dicken, oft sehr fruchtbaren Verwitte

aber

Derselbe, oft durch große Feldspathkrystalle porphyr artige Granit den wir in den Gebirgen Deutschlands so ungemein häufig finden, bildet im Altai eine Anzahl cen traler Massen von unregelmäßiger Umgrenzung innerhalb eines Gebietes welches wesentlich aus krystallinischen und

rungskrume, von Steppengräsern oder von dichtem Gestrüpp bedeckt. In den breiten Thälern, und selbst an flachen. Abhängen, sind diese Verwitterungsproducte überdieß noch

ältesten ſedimentären Schiefern, mit untergeordneten Ein lagerungen von Kalkstein oder Dolomit, Hornstein, Quar

viele Fuß mächtig aufgeschwemmt, und selbst die hervor.

zit oder festem Sandstein besteht.

ragenden Felsen zeigen nur ausnahmsweise ganz frisches

Als etwas jüngere Eruptivgesteine treten dann noch Porphyre mit felsitischer Grundmasse und Grünsteine in

Gestein. Künstliche Entblößungen fehlen, mit Ausnahme der Erzgruben, fast gänzlich . Wie sollte es auch anders

mancherlei Modificationen hervor, welche überall nur Spal

sein in einem Lande dessen Häuser und Brücken nur aus Holz erbaut, dessen Straßen niemals beschottert werden,

ten oder unregelmäßige Räume von geringerer Ausdeh nung zwischen den Schiefergesteinen erfüllen, an ihren

dem Kunststraßen, Eisenbahnen oder Canale überhaupt noch fremd find.

Händern umgeben von allerlei, zum Theil jaspisähnlichen, zum Theil breccienartigen Contactbildungen. Das ist alles

So muß man denn oft meilenweit über schattenlose

ungefähr wie im Harz, und wer erwartet hätte im Altai -etwa wegen seiner entfernten Lage — ganz neue geo logische Verhältnisse zu finden, der würde sehr enttäuscht

Strecken wandern, reiten oder fahren, um von einer Ge steins Entblößung aus eine zweite zu erreichen.

Der Geo

log als solcher sollte eigentlich überhaupt nur zu Fuß sich fortbewegen, aber wer vermag das auszuführen , in einer

worden sein. Fast nur längst Bekanntes findet dort neue Bestätigung . Ueber dem Glimmerschiefer welcher local in Talk ,

Gegend wo die Orte 3 bis 4, abseits der Hauptstraße auch wohl 5 bis 6 Meilen weit von einander entfernt

Chlorit und Hornblendeschiefer übergeht und untergeord:

liegen, wo eigentliche Wege überhaupt nur sparsam vor:

nete Einlagerungen von Quarzit oder körnigem Kalkstein

handen, und wo große Flächen von einem fast undurch:

enthält, finden wir zunächſt Thonglimmerſchiefer und Thon

dringlichen Gestrüpp aus Rosen, Johannisbeeren, Spirä ren, Loniceren, Himbeerbüschen, Kletten und Disteln be

schiefer wechselnd mit quarzitischem Sandstein und dichtem Kalkstein, die alle hie und da schon organische Reste der

Der Altai.

363

Silur: oder Devonperiode enthalten, ohne daß es schon | jest möglich wäre sichere geographische Gränzen zwischen.

selten auch die Erzlagerſtätten dieser Gegend durchſeßt ha ben, folglich neuerer Entstehung als diese sind. Wenn ich

diesen Gebieten ungleichen Alters zu ziehen.

aus den von mir besuchten Regionen des Gebirges auf das

Darüber

folgen ähnliche Gesteine, zwischen denen aber Kalksteine

Ganze schließen darf, ſo muß ich vermuthen daß derglei

mit carbonischen Organismen (Meeresthierreste) eine her

chen kieselsäure- arme, basische Eruptivgesteine dasselbe fast

vorragende Rolle spielen,

überall, aber stets nur in verhältnißmäßig schmalen Spal ten durchbrochen haben . Wenn man von Riddersk aus

und an diese reihen sich dann

Sandsteine und Schieferthone welche

Pflanzenreste der

Steinkohlenperiode enthalten, zwischen denen aber im Altai

den etwa 6000 Fuß hohen Granitrücken des Jwanoff be

selbst noch keine Steinkohlenlager aufgefunden worden sind, während einige hundert Werst nördlich über dem Kohlen

steigt, so durchschneidet man eine außerordentliche Zahl solcher dunkler, scharf begränzter Gesteinsstreifen, die nichts

kalkstein bei Kuznetsk ganz ähnliche Schichten bereits in

anderes als die Ausgehenden von Trappgängen sind, und

Abbau genommene Steinkohlenlager und ähnliche wenn auch speciell etwas verschiedene Pflanzenreste enthalten. Es würde natürlich von außerordentlicher Wichtigkeit sein,

Schlangenberg und Syranoffsk oder die felsitischen Por:

wenn man in dem äußerst holzarmen westlichen Altai eben falls brauchbare Kohlenlager auffände, was in der That zu erwarten ist. Ueber diesen Ablagerungen der Kohlenperiode,

deren

ebenso zahlreich durchsetzen sie die Grauwackenschiefer von

phyre der Gegend von Nikolajeffsk. Wo sie einigermaßen mächtig hervorgetreten sind, da haben auch sie ebenfalls Contactbildungen erzeugt ,

welche

ein sehr

erwünſchtes

Material für die kaiserliche Steinschleiferei zu Kolyvan liefern.

geologisches Alter ich noch nicht genauer zu bestimmen

Da ich von den räumlich sehr untergeordneten Erz

wage, die möglicherweise sogar in die Dyasperiode herein ragen könnten, fehlt jede neuere Sedimentärformation auf

lagerstätten des Altaigebietes später sprechen werde, so hätte ich hier noch die diluvialen und recenten Ablage=

wärts bis zu den entschieden diluvialen Ablagerungen.

rungen zu berühren.

Also während der Dyas , Trias , Jura , Kreide und Ter

Diluvial und recent ist im Altai noch schwer zu tren

tiärperiode scheinen in dieser Erdregion überhaupt keine

nen, da die Ablagerungen beider Zeiträume zum Theil aus gleichem Material bestehen.

Ablagerungen aus großen Wasserbecken stattgefunden zu haben, wahrscheinlich war dieselbe durch diesen ganzen gro

Die sandigen, thonigen und lehmigen Schichten welche ßen Zeitraum hindurch Landoberfläche. Die Granite des Altai ragen also als große, zusam

die breiten Steppengebiete zwischen dem Altai und Ural bedecken, reichen nicht nur bis dicht an den Fuß des Ge

menhängende Maſſen aus den kryſtalliniſchen und gltſedi mentären Schiefern hervor, die sie durchbrochen und zum

birges heran, sondern sie dringen auch weit in die breiten. Thäler des Gebirges ein, wo sie sich dann mit den fort

Theil aufgerichtet zu haben scheinen.

In Folge ihrer etwas dauernden Abschwemmungen aus den Hochthälern mischen.

größeren Widerstandsfähigkeit gegen Zersetzung und Ab Die letzteren unterscheiden sich nur etwa durch Geröll

schwemmung bilden ſie überragende Bergkämme oder Hügel rücken, häufig von ruinenförmigen Felsen gekrönt. Der:

lager, aus heimischen Geſteinen beſtehend, und durch wenig

gleichen Granitgebiete sind am ausgedehntesten im west lichen Gebirgstheil, viel weniger im östlichen vorhanden.

veränderte Verwitterungsproducte der anstehenden Gesteine. Solches Material wird aber jedenfalls auch schon während

Die Porphyre mit felsitischer Grundmasse, mit und ohne Quarzbeimengung (Porphyrite), treten als kleinere felsige oder kegelförmige Kuppen hervor, welche die durchſeßten Schiefergebiete überragen ;

an ihren Grenzen zeigen sich

eigenthümliche Contactbildungen, die theils als jaspisähn lich veränderte oder breccienartig zertrümmerte Schiefer, theils als dichtere Erstarrungsproducte der Porphyrgrund maſſe anzusehen sein dürften.

der Diluvialperiode in der Gebirgsregion abgelagert wor den sein, so daß es für diesen Zeitraum nur eine be sondere Küsten Facies in der darstellt.

allgemeinen Diluvialdecke

Sehr wichtig erscheint es dagegen daß im Altaigebiet eigentliche erratische Blöcke, Moränenreſte, Gletscherſchutt, abgerundete oder abgeschliffene Felsoberflächen, welche man als Zeugen einer einst größeren Gletscherverbreitung einer sogenannten Eiszeit ansehen könnte , gänzlich

Die Grünsteine, welche theils diabasischer, theils diori tischer Natur sind, sehr oft aber auch ganz dicht (aphani

fehlen, wie das v. Helmersen auch für den östlichen Ge

iisch) oder porphyrartig mit dichter Grundmaſſe auftreten,

birgstheil bestätigt, wo es noch jezt einige Gletscher gibt.

scheinen durchschnittlich noch beschränktere Räume einzu

Thierische Reste aus der Diluvialperiode, namentlich

nehmen

als die Porphyre, dafür aber ungemein häufig

Zerspaltungen des Granites, der krystallinischen Schiefer Dergleichen und der sedimentären Gesteine auszufüllen .

solche von großen Dickhäutern, sind dagegen dem Altai nicht fremd, und auch hier wiederholt sich das über die

ziemlich dichte schwarze Gänge pflegen die Bergleute am

ganze Erde verbreitete Phänomen daß man sie vorzugs: weise in Kalkstein oder Dolomit Höhlen und Spalten am

Altai Trappgänge zu nennen, und sie spielen im Berg baubetrieb eine ziemlich wichtige Rolle, da sie gar nicht

besten erhalten findet ; das ist z. B. der Fall in der Gegend der Kolyvan-Schleiferei.

Die Goldwäscher in Sibirien.

364

Wenn wir den inneren Bau des Altaigebirges mit dem anderer Gebirge, insbesondere der so genau unter: suchten westeuropäischen, vergleichen, so finden wir, wie schon erwähnt, eine vollständige Bestätigung des Sahes, daß die Gesteine und ihre Lagerungsverhältnisse sich überall auf der Erde in ähnlicher Weise wiederholen, daß sie nicht

8) Diluviale Ablagerungen. 9) Recente Ablagerungen. Die Erhebung des Gebirges hat nach der Kohlenperiode oder vor der Diluvialperiode stattgefunden, in dieſem un ermeßlich langen Zeitraume läßt sie sich aber noch nicht näher feststellen.

nach Welttheilen oder nach Klimazonen in der Art ver schieden sind wie die Floren und Faunen. Mannichfal tigkeit zeigt sich überall, aber in dieser Mannichfaltigkeit auch überall eine stets wiederkehrende Uebereinstimmung. Jede Gebirgserhebung weicht äußerlich wie innerlich etwas von jeder andern ab, ihre Gesammtheit zeigt außerordent

Die Goldwäscher in Sibirien. Ein Sittenbild nach dem in Irkutsk erscheinenden „Amur, “

liche Verschiedenheiten, und diese treten selbst in so be schränkten Erdräumen wie in dem Gebiet Deutschlands sehr bestimmt hervor ; aber unter diesen ungleichen Typen. finden sich sehr übereinstimmende in den entferntesten Erd gegenden. Mit dem Altai läßt sich z . B. , wenn man von räum , licher Ausdehnung und Höhe abſieht, unser Harzgebirge in sehr vielfacher Beziehung vergleichen.

deutsch von J. N. Frig. Die Goldbergwerke in Sibirien werden entweder durch die Regierung

oder durch Privatunternehmer betrieben.

Jene, der Bestimmungsort der in die Minen Verurtheilten , befinden sich im Nertschinsker Kreise, diese, in welchen die Zwangsarbeit ausgeschlossen ist, vornehmlich in den Steppen. des Jenisej und Witim,

eines Nebenfluſſes

der Lena.

In beiden treten größere Granitmassen aus vorherr

Die nachstehenden Zeilen sollen sich auf die letteren be

schend schiefrigen Gesteinen der silurischen , devonischen und Kohlenperiode hervor, und bilden mit ruinenförmigen

schränken, und sich vorzugsweise mit dem Arbeiter in den

Felsen gekrönte Berge. In beiden sind diese Schichten etwas später von quarz

Privatwerken beschäftigen, in deren Ausbeute wenigstens die Hälfte der auf Befehl der Regierung Deportirten ihren Lebensunterhalt sucht - und finden muß.

führenden und quarzfreien Porphyren mit felsitischer Grund

In den Monaten März und April machen sich die

maſſe und von Grünſteinen verschiedener Art durchseßt, und diese Durchsetzungen, von geringerer räumlicher Aus dehnung, sind von analogen Contactbildungen, Breccien,

Arbeiter, oft aus sehr entfernten Gegenden, nach den Gold bergwerken auf den Weg, denn um dieſe Zeit beginnt ge wöhnlich aufs neue der Betrieb, in denselben. Der Zuzug

Hornfels, jaspisähnlichen Gesteinen und dergleichen beglei tet. Nur scheinen die Grünsteine des Altai im allgemeinen

besteht, wie eben erwähnt, zum großen Theil aus Depor tirten, die in ein fremdes noch dazu unwirthliches Land

einer etwas späteren geologischen Periode anzugehören als die des Harzes.

geworfen, und daſelbſt, jedes Anhalts, jedes Schußes bar, gerne Mittel und Wege ergreifen wodurch sie, ſei es auch nur auf karge Weise, ihr Leben fristen können. Da die

In beiden fehlen echt vulcanische Gesteinsbildungen, Basalte, Trachyte u . s. w. gänzlich. In beiden treten dagegen blei

und silber ,

kupfer

Arbeiten im allgemeinen viele Hände in Anspruch nehmen, so ist an Unterkommen gewöhnlich nicht Mangel ; man

und eisenhaltige Lagerstätten auf, die mehr oder weniger regelmäßige Zerspaltungen ausfüllen. In beiden endlich fehlen die Ablagerungen der Dyas

greift nach allem was sich bietet, und sorgt vor allen Dingen dafür daß die Neuangeworbenen, ein wunder

bis Diluvialperiode, doch mit dem Unterschied daß diesel ben am Außenrand des Harzes in sehr vollständiger Reihe

nicht vertreten ist, unter Dach und Fach gebracht werden. Die angewiesene Wohnung ist freilich nicht sehr einladend, denn sie ist unbequem, und dabei noch eng und feucht.

vertreten sind, was beim Altai nicht der Fall iſt.

bares Gemisch von allerlei Volk, in welchem nur der Pole

Ordnen wir die Gesteine und Formationen des Altai

Die Arbeit selbst muß eine äußerst mühevolle genannt

nach ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge, so ergibt sich nachy stehendes Schema :

werden, und das Wegräumen der aus Erde, Sand und Steinen bestehenden Schichten, das Aufdecken der gold

1) Metamorphische Schiefer aus vorſilurischen Ablage rungen entstanden.

haltigen, sowie das Waschen und Wegschaffen dieser leß teren, nimmt von Tagesanbruch bis in die sinkende Nacht

2) Silurische und devonische Ablagerungen . 3) Granite, wenn diese nicht vielleicht neuerer Ent stehung sind als die

die Zeit des Arbeiters in Anspruch ; kaum läßt man ihm die unbedingt nothwendigen Augenblicke zu Frühstück und

4) Ablagerungen der Steinkohlenperiode.

Vesper. Von einer Pause an Sonn- und Feiertagen ist erst recht keine Rede. Als Mittagskost reicht man dem

5) Quarzporphyre und quarzfreie Porphyrite. 6) Silber und kupferhaltige Erzlagerstätten.

und Brod soviel er essen will .

7) Grünſteine.

müsse froh sein wenn das Tagewerk glücklich vollbracht

Arbeiter ein Pfund mit dünner Grüße gekochtes Fleisch, Man sollte meinen er

Die Goldwäscher in Sibirien.

365

ist; deſſenungeachtet findet man welche die noch zwei Stun den bei Licht arbeiten, nur allein um eine Kleinigkeit mehr zu verdienen .

zu 2 Rubeln, ein elendes baumwollenes Hemd zu 3 Rubeln anseßen.

Der Arbeiter in den Bergwerken hat viel Aehnlichkeit

ſeitens der Regierung aufs ſtrengſte verboten, findet jedoch deffenungeachtet, wenn auch auf heimliche Weise statt, und macht die Taschen des Arbeiters um manchen Rubel leichter. Es scheint als wenn diese Verordnung nur um

mit dem russischen Soldaten, denn auch er kennt keine Ruhe. Arbeit mit möglichst geringer Unterbrechung , das ist seine Aufgabe, die er, oft bis an den Gürtel im Wasser watend und den brennenden Sonnenstrahlen ausgesetzt, zu lösen gezwungen ist. Kann es unter so bewandten Um ständen wundernehmen wenn er die Beute gefährlicher Fieber oder des schrecklichen Skorbuts wird ? Von Unterhaltung oder Zeitvertreib kann an einem Orte der Hunderte von Wersten von jeder menschlichen Wohnung entfernt liegt, selbstverständlich keine Rede sein, und ebenso sehr fehlt es an Repräsentantinnen des schönen Geschlechts, welche anderwärts so viel zur Annehmlichkeit

Der Verkauf von Branntwein in den Bergwerken ist

deßwillen erlassen worden sei um den Arbeiter zu ruiniren. Wäre der Handel mit Branntwein und andern Waaren freigegeben, so würde die Concurrenz schon billige Preise hervorrufen ; wie die Sachen jedoch hier stehen, ist der Willkür Thür und Thor geöffnet. In vielen Bergwerken befinden sich kleine Garküchen, in denen gleichfalls, versteht sich unter dem Siegel des Geheimnisses, Branntwein geschenkt wird.

Gegen Erlegung

von 1 Rubel ſteht es dem Arbeiter hier frei ſich an einem

des Lebens beitragen, hier jedoch nur durch einige bei Be

Glas des beliebten Getränkes gütlich zu thun, und dabei

Das Leben amten dienende Mädchen vertreten sind. spinnt sich hier in schreckenerregender Monotonie ab, bietet dabei aber auch freilich wenig Gelegenheit zu Ausgaben

noch mit der dicken, durch körperliche Reize nichts weniger als verlockenden Wirthin zu schäkern. Der Wirth sieht bei derartigen Ausbrüchen roher Zärtlichkeit ſtets durch die

welche Vergnügungen sonst gewöhnlich beanspruchen . Troß dem verläßt der Arbeiter selten oder, richtiger gesagt, nie die Stätte seiner Thätigkeit mit etwas Geld in dem Beu

hübsches Sümmchen, oft bis zu 500 Rubeln beiseite bringt,

Die Ursache dieser

und der Grubenbefizer gleichfalls dabei nicht schlecht fährt.

letteren liegt in dem bedeutenden Handgeld, welches die Zwischenhändler, echte Vampyre, bewilligen. Gefeßlich soll

eine wichtige Person, weil dieser das von jenem in den

tel, um so öfter aber mit Schulden.

dieses zwar anderthalb Rubel nicht übersteigen, allein der gleichen Verordnungen sind, zumal in Rußland, unglaublich dehnbar. Es gibt da allerlei Bedürfnisse die befriedigt,

Finger, denn er weiß daß er durch gehörige Nachgiebigkeit, in den drei Monaten in welchen gearbeitet wird, ein

Für den Arbeiter, ist der Schankwirth schon deßhalb

Gruben gestohlene Gold kauft, nota bene auf Rechnung und zum Vortheil des Bergwerkbesizers.

In Rußland ist

nämlich ſämıntliches gewonnene Gold nicht Eigenthum des

Zahlungen die geleistet werden müſſen, und die das Hand geld bis auf 50, ja 75 Rubel steigern. Im eigenen Inter esse muß es des Zwischenhändlers vornehmste Sorge sein so viel Leute wie irgend möglich anzuwerben, und dieſe,

ders die chinesischen, bieten.

in der Hoffnung auf reichen Erwerb, haben dann nichts

den ist es erklärlich daß es der Grubeneigenthümer bei

eiligeres zu thun als das Aufgeld sofort durch die Gurgel zu jagen. Da trifft es sich denn häufig genug daß sie den Ort ihrer Bestimmung unter den größten Entbeh und, angekommen rungen, ja faſt verhungert, erreichen an der Stelle ihrer Wirksamkeit, entblößt von allem,

seinen Arbeitern nicht an Aufmunterung fehlen läßt von

wie sie sind, nichts nothwendigeres zu thun haben als sich zum Ankauf der unentbehrlichsten Kleidungsstücke

thum ; in Wahrheit verdient nur dasjenige Gut diesen

Vorschuß zu

erbitten ,

oder ,

wenn ihnen dieser ,

wie

häufig geschieht, verweigert wird, auf Borg zu kaufen, Auf solche und so alles sündentheuer zu bezahlen. Weise kann der Arbeiter natürlicherweise nicht nur zu nichts kommen, sondern er bleibt auch dem Creditgeber gegenüber in fortwährender Abhängigkeit von demselben, einer Ab hängigkeit die durchweg auf die raffinirteſte, schamloſeſte Weise ausgebeutet wird.

In seltenen Fällen nur nimmt der Grubeneigenthümer selbst den Verkauf der dem Arbeiter nöthigen Gegenstände

Grundherrn, sondern des Reichsschahes, und wird dafür ein bestimmter Preis bezahlt, der aber stets ein ungleich niedrigerer ist, als derjenige welchen die Kaufleute, beson Unter so bewandten Umstän

dem edlen Metall, dessen Förderung der Controle

von

kaiserlichen Beamten und Kosaken unterliegt, so viel wie möglich bei Seite zu bringen. In dem großen Czaren reiche ist es wirklich ein sonderbares Ding um das Eigen

Namen welches gestohlen ist, oder von dem die Regierung nichts weiß.

Auch in den Gruben gehören die darin vor

kommenden Schäße nur scheinbar dem Beſizer ; in Wahr heit jedoch der Regierung. Daß dieser die verübten Ver untreuungen nicht fremd sind, geht schon aus den fürchter lichen Strafen ― Knutenhiebe, Brandmarkung, Galeere (?) ―― hervor welche sie darauf gesezt hat. Bis auf den Grundherrn, sollte auch er seine Hand im Spiele haben, dehnt sie sich freilich nicht aus, und auch die Arbeiter kommen nicht gerade schlimm weg wenn den Aufsichtsbe amten die Hand gehörig vergoldet wird.

in die Hand ; gewöhnlich überläßt er dieses Geschäft seinen

Ein gewisser Aufseher in den Goldgruben, welcher,

Beamten , welche dann, ungeachtet der Controle der Re gierung, das Pfund Zucker zu 1 Rubel, ein Päckchen Thee Ausland. 1869. Nr. 16 .

nebenbei gesagt, die Flasche Branntwein für 5 Rubel ver kaufte, wußte den Diebstahl so geschickt zu leiten und seine 47

Die Goldwäscher in Sibirien.

366

Arbeiter dazu zu bereden daß ihm selbst aus den benach barten Gegenden das edle Metall zugetragen wurde. Sonder barer Weise hatte für diese Uebergriffe die Regierung weder Augen noch Ohren , und das Kriegsgericht diesem fallen nämlich neben den politischen auch die Verbrechen des Golddiebstahls zu verurtheilte auf Antrag des obener wähnten Aufsehers vier Arbeiter zu 1000 (?) Knutenhieben und zur Geleere. Die Kronbeamten kennen alle Veruntreuungen und

gegen, überzeugt Weg und Mühe seien nicht vergeblich. Zureden hilft, die Versuchung ist groß, der Widerstand leicht besiegt, und so läßt sich denn der Wanderer bald beschwagen, greift nach dem dargebotenen Miniaturgefäß, und bezahlt dessen Inhalt sündentheuer. Eine Woche nach Schluß der Campagne, also etwa um Mitte Septembers herum, zeigen sich in den Dörfern die erſten aus den Gruben zurückkehrenden Arbeiter ; allein in welchem Aufzuge ! Sie sind abgemagert, ermüdet, hungrig

Uebergriffe welche in den Bergwerken vorkommen aufs

und in Lumpen gehüllt, zugleich aber auch ohne Erinne

genaueste, wissen solche jedoch so geschickt zu ihrem Vortheil

rung für dasjenige, was sie so lange Zeit hindurch zu er: tragen hatten. Was sie im Schweiße des Angesichts und

auszubeuten, daß sie in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu ansehnlichem Vermögen gelangen. Es gibt unter ihnen Millionäre! Jedenfalls wissen sie die Sache schlauer an.

unter Entbehrungen aller Art erübrigt haben, beträgt, so:

die armen Tungusen, die dem russischen Schwert erlagen,

fern es nicht bereits in die Hände der Wucherer überge gangen ist, bei manchen bis 50 Rub., bei den meisten 15 bis 20. Das viele Geld mit herumzuschleppen macht

heute unter kaum glaublichem Drucke leben, und durch

ihnen förmlich Sorge, und so suchen sie es denn so schnell

Seuchen, vornehmlich syphilitische aufgerieben, werden . Mit dem 10. September ist der Tag gekommen an

wie möglich los zu werden, ohne im entfernteſten an Weib

zufangen und zu betreiben als die Urbewohner des Landes,

welchem die mühevolle Arbeit in den Bergwerken ihr Ende erreicht. Ein kalter Wind streicht über die Steppen, und Schneegestöber überzieht die Anhöhen mit einer weißen Decke. Vom frühen Morgen an umlagern dann schon die Ar

und Kinder zu denken die mit Sehnsucht darauf warten - und rechnen. In den Schenken ist zu der Zeit kaum Plaz zum Durchkommen, und dabei ein Lärm daß einem die Sinne vergehen.

Je toller, je besser," denkt der Schenkwirth,

beiter das Comptoir, und ſobald ſich deſſen Thüren öffnen, drängen sie sich hinein um die monatliche Löhnung in

und redet den Gästen auf alle Art und Weise zu das Leben

Kaum ist dieses Geschäft abgemacht, so packen sie ihr bißchen Hab und Gut, so wie ein Stück

Helfershelfer einen Wink, den dieser ganz richtig dahin

Brod in einen Beutel, werfen diesen über die Schulter,

dieser Procedur so gewandt benimmt wie der beste Taschen spieler Die Gäste wenigstens werden von dieser Fälschung

Empfang zu nehmen.

und kehren so schnell wie möglich dem Ort ihrer seitherigen Jhr Reiseziel ist vorderhand Thätigkeit den Rücken . das nächste Dorf, und rüstig geht es, im Schnee bis an die Kniee, vorwärts ; sie spüren weder Müdigkeit noch Kälte und Hunger, denn es beschäftigt sie einzig und allein der und Gedanke an den warmen Winkel der ihrer wartet an den in Aussicht stehenden Branntwein. Zur Zeit wann der Arbeiter der Grube Valet sagt, kommt auch der ganze Schwarm der zum Branntwein Monopol gehörigen Beamten in Bewegung. In den der Steppe zunächst liegenden Dörfern erwarten sie mit Krü gen, Flaschen, Eimern und Fässern, voll des beliebten Fusels, bereits ihre Schlachtopfer, und gleich der Spinne umgarnen sie sie mit ihren unsichtbaren Fäden . Gewöhn lich macht es ihnen nicht allzu viel Mühe die Beute in ihr

zu genießen ; ab und zu gibt er dabei aber auch seinem

deutet dem Spiritus etwas Waſſer zuzusehen, und der sich bei

nichts gewahr, und außerdem hat ja auch das Geld so gut wie keinen Werth für dieselben. Betrachten wir die in den Schenken ab- und zuſtrö mende Gesellschaft jetzt etwas näher.

In ihrem abgerisse

nen Anzug erinnert sie lebhaft an eine Bande Wegela; gerer, doch ändert sie sich ― in ihrem Aeußeren wenig stensbald nicht zum Nichtwiedererkennen, und gibt bei der Metamorphose welche sie mit ihrer Kleidung vornimmt, gerne den grellen, schreienden Farben den Vorzug .

Wenn

irgend möglich, darf bei dem neuen Menschen welchen sie anzieht, eine Ziehharmonika nicht fehlen, und ausgerüstet mit diesem Instrument, dem sie wahrhaft ohrenzerreißende Töne entlockt, ziehen die Don Juans der Steppe mit zurückgeworfenem Haupte durch das Dorf und schauen her.

Es ist dieß die wahre Erntezeit für die Betrüger in allen ihren Abstufungen, und unter ihnen stehen die Krämer nicht in letter Reihe. Auch

ausfordernd in jedes Fenster in dem sich ein Frauengesicht blicken läßt. Einer von ihnen, ein kräftiger, rothbackiger

sie schlagen in irgendeiner Bauernhütte ihr Lager auf, legen darin den schon anderwärts überall zurückgewiesenen Ausschuß aus, und wissen ganz genau daß sie an dem an geheiterten Arbeiter immer noch einen guten Abnehmer

aufs linke Ohr gedrückt, den Kamelhaarkittel über einen

Neß zu ziehen und sie auszusaugen.

Bursche von etwa 20 Jahren, hat die Müze unternehmend

Arm geworfen, hält in der linken Hand die Harmonika, auf deren Tasten er mit den mit messingenen und bleier: nen Ringen geschmückten Fingern der rechten herumfährt.

Wie überall, so ist auch hier die Concurrenz im

Wie es scheint, geht ihm die Melodie eines Tanzes im

Spiele, und so kommen denn diejenigen Industriellen die recht sicher gehen wollen, mit dem mit Wasser gehörig ver dünnten Branntwein dem Arbeiter bis in die Steppe ent

Kopfe herum, zu welcher er durch Anschlagen der Stiefel Das Tempo ist an: absätze an einander den Tact gibt.

finden.

fangs ein langſames, gemessenes , doch wird es mit jedem

Die Goldwäscher in Sibirien.

folgenden Augenblick ein mehr lebendiges, leidenschaftliche res, und artet endlich geradezu in Raserei aus. Plöglich, wie aus der Erde herausgewachsen, stellt sich ein abscheu licher, blatternarbiger, abgerissener Kerl ihm gegenüber, und muthet jedem Gliede seines Körpers die unglaublich ſten Verrenkungen zu. Um die Tanzenden, die in Wahrheit im Schweiße ihres Angesichts arbeiten, hat sich bald ein

367

Wie so besißt nicht mehr die Mittel dieses zu lindern. oft kommt auch hier die Reue zu spät ; es muß unter allen Umständen Rath geschafft werden, und da dieß auf andere Weise nicht zu bewerkstelligen ist, so legt in seiner Ver zweiflung der Unglückliche sich aufs Stehlen ! Wie er zu dem ihm durchaus nothwendigen Gelde gelangt, ist ihm gleichgültig ; er schaudert selbst vor dem Morde nicht zurück,

Kreis von Zuschauern gebildet, welcher den Productionen

um dasjenige wieder zu erlangen was er auf die leicht

um so mehr zujauchzt, je mehr sie halsbrechender Na tur sind.

sinnigste, gewiſſenloſeſte Weiſe verpraßt hat.

In den nahe gelegenen Städten wiederholen sich seitens

Die Tage in welchen der Arbeiter das Bergwerk ver läßt, sind nicht nur für die Schänker und Krämer, son

der ununterbrochen betrunkenen Goldgräber Scenen ähnli cher Art. In den wunderlichsten Anzügen sieht man sie

dern auch für die hohe Polizei Tage goldener Ernte. In Jeniseist, dem den Gruben am nächsten gelegenen Orte,

in Droschken aus einer Schenke in die andere fahren, und

tragen die Beamten der öffentlichen Sicherheit alles was ſie den bei irgend welcher Uebertretung ertappten Arbeitern im Gefängniß abgenommen haben, zusammen und verkau fen es später zum eigenen Besten.

die musikalischen Genüsse, die ihnen daselbst geboten wer den, finden neben der Harmonika in gräulich verstimmten Drehorgeln eine willkommene Vermehrung.

Treffen sie auf

ihrem Weg eine Pfüße oder sonst dergleichen, so besinnen sie sich nicht lange, breiten den gekauften, oft kostbaren Shawl über dieselbe und überschreiten sie auf diese Weise, stolz wie ein König.

Daß sie nach dem eigenthümlichen

Gebrauche das Tuch von der Erde wieder aufheben, fällt ihnen im entferntesten nicht ein ; sie sind zu stolz um sich

Auf welch wahrhaft tolle Einfälle die Arbeiter, so lange sie Geld in der Tasche haben, verfallen, davon nur ein Beispiel. Bei dem Stadtvogt eines kleinen Ortes meldete sich ein Trupp Arbeiter mit dem Verlangen : er solle gegen eine Vergütung von 100 Rub. ihnen gestatten nach ihrer Weise in der Stadt umherzufahren .

Der Beamte wei

darnach zu bücken, und so wird es eine Beute der sich darum raufenden Weiber und Kinder. Wenn die Sonne hinter dem westlichen Horizont ver

ter gaben deßhalb ihr Vorhaben nicht auf. Mit zehn Pfer: den bespannten sie zwei mit den Spißen nach unten gekehrte

schwindet, leeren sich allmählich die Schenken, und die ihrer

Eggen (! ) und hielten in Gesellschaft liederlicher Weiber

Sinne kaum noch mächtigen Arbeiter ziehen sich in ihre

unter Absingung der obscönsten Lieder auf den originellen Schlitten ihre Rundfahrt ab.

Wohnungen zurück. Ueber die Scenen, welche nun an die. Reihe kommen, lassen wir am besten den Vorhang fallen ;

gerte sich auf die Forderung einzugehen, allein die Arbei

Hat der Arbeiter die Grube, welche gegen verhältniß

sie sind so haarsträubender Natur, sprechen aller Sittlich

mäßig kargen Lohn monatelang seine Zeit und Kraft faſt

keit so sehr Hohn, daß man Anstand nehmen muß sie auch nur anzudeuten.

unausgesett in Anspruch nahm, auch glücklich im Rücken, so ist er deſsenungeachtet doch noch nicht über alle Drang sale hinweg, denn maucher von ihnen verirrt sich in der

Welcher Morgen einer auf solche Weise verbrachten Nacht folgen muß, kann man sich leicht denken ; von einem wirklich stärkenden Schlafe kann keine Rede sein, und der nach wüstem Sinnentaumel Betäubte, nicht aber Erquickte, erwacht mit schwerem Kopfe und dem Gefühle größter Um beides los zu werden, kehrt er dahin

unübersehbaren Wüste.

So erging es im Jahre 1845

einigen Hunderten dieser armen Leute ; je weiter sie vor drangen, desto mehr entfernten sie sich von der Richtung welche sie der Heimath zuführen sollte. Ihr Schuhwerk

Unbehaglichkeit.

nugte sich ebenso bald ab, wie die übrige Bekleidung durch

zurück wo er sich's geholt hat, und der vor ihm liegende Tag verläuft wie der vergangene, unterscheidet sich in nichts von den folgenden, bis endlich die leßte Kopeke ver

Strauch und Sumpf Noth litt ;

An Creditgeben ist seitens der Schänker und Kaufleute selbstverständlich nicht zu denken ; unter Dro: jubelt ist.

dazu gesellte sich bald

quälender Hunger, und nirgends, soweit das Auge reichte, zeigte sich ein gastliches Dach, unter welchem sie ihre müden Glieder ausstrecken konnten, nirgends eine Spur von Men schen.

Was halfen ihnen die paar Rubel die sie noch bei

hungen weisen sie dem Gaste bei welchem sie Ebbe wittern die Thüre, und diesem bleibt nun nichts weiter übrig als

sich trugen,

den Weg nach der Heimath anzutreten, die er, da er über keine Hülfsquellen mehr zu verfügen hat, oft genug nur

digen ? Die Hoffnung endlich auf den rechten Weg zu kommen, spornte sie zum Weitergehen an; mit dem Auf wande der wenigen Kräfte welche ihnen noch übrig geblie

durch Betteln erreicht. Mit der allmählichen Ernüchte rung beschäftigt ihn je länger desto lebhafter der Gedanke in welchem Zuſtande er wohl die Seinigen finden werde, und die Antwort welche er sich geben muß, kann keines Weib und Kinder werden wegs eine beruhigende sein. ihm mit allen Zeichen des Elends entgegentreten, und er

an einer Stätte wo es geradezu unmöglich

war die Bedürfniſſe, und zwar die dringendsten, zu befrie

ben waren, schleppten sie sich vorwärts, allein bei jedem Schritte den sie thaten, zeigte sich ihnen dasselbe Bild, eine endlose Wüste ohne die geringste Spur eines Weges, ja selbst ohne sichtbare Fußstapfen.

Die Baumrinde mit

welcher ſie, in Ermangelung von besserem, den Hunger

Das Mikroskop in der Geologie.

368

ſtillen mußten, griff ihre Verdauungswerkzeuge an, und so brachen sie denn, bis zum Tod erschöpft und bar aller Sie kamen sämmtlich um, Hoffnung, endlich zusammen .

schiedenen Gesteinen sind auf überaus deutliche Weise sehr

und ihre Knochen bleichen in einer Gegend die nur durch .

lehren, aus einzelnen Zonen oder Schaalen bestehen, welche

unglücklichen Zufall eines Menschen Fuß betritt .

einander zwiebelartig umhüllen.

Leicht

hätten die Unglücklichen dem traurigen Schicksal entgehen können dem sie zum Opfer fielen, wenn sie sich beim Ver laſſen der Grube nach einem tüchtigen, zuverläſſigen Führer umsahen ; allein das kam ihnen, zu einer Zeit in welcher

Sehr viele Hornblende- und Augitkrystalle in den ver

regelmäßig aufgebaut, indem sie, wie ihre Durchschnitte

Bisweilen kommt, um

diese Zusammenseßung noch offenbarer zu machen, eine mehr oder weniger scharf abstechende Farbenverschieden, heit der einzelnen Schichten hinzu. Solche Kryſtalle ſind also durch fortwährende Umlagerung, welche aber gewiſſer

sie sich in fortwährendem Taumel befanden, am wenigsten

maßen ruckweise und mit Intervallen erfolgte, zu ihrer

in den Sinn.

jeßigen Größe gewachsen.

Berauscht wie sie waren, glaubten sie auch

leicht ohne denselben fertig zu werden, oder, richtiger gesagt, schlichen auf diese Weise dem sichern Verderben entgegen.

So fein sind die einzelnen zu

Man sollte meinen, Beiſpiele und Erfahrungen solcher

sammenseßenden Lagen, daß sie oft nur wenige Tausend stel eines Millimeters messen. Der Schaalenaufbau tritt mitunter in den Durchschnitten dadurch noch besser hervor

Art, der Trieb der Selbsterhaltung müßten zum Nachdenken zwingen und zur Vorsicht mahnen ; doch dem ist durchaus

schiedenfarbigen Zonen linienartig aneinandergereihte Mag

daß auf der Gränze zwischen gewissen der einzelnen ver

nicht so. In den Bergwerken erzählt man sich viel von Arbeitern die in ihre Heimath nicht mehr zurückgekehrt

neteisenkörner einherziehen, welche sich also auf der einst

sind, also auf irgend welche Art in der Steppe zu Grunde

senden Krystalle abgesezt haben. Während die einzel nen Schichten gewöhnlich einen unter einander und mit

gegangen sein müssen ; dessenungeachtet machen sich die nachfolgenden mit gleichem Leichtsinn auf den Weg, und müſſen von Glück sagen wenn sie zwischen den schneebe deckten Bergen dem Hunger, der Kälte oder den Bären nicht zur Beute werden. Wie leicht der Mensch vergißt, ſelbſt das schlimmſte was ihm widerfahren ist, lehrt die Erfahrung aller Zeiten,

maligen Oberfläche der dann durch Umhüllung weiterwach

den Conturen des ganzen Krystalls parallelen Verlauf haben, gewahrt man dann und wann auch einen anders begränzten Kern, dessen Kanten und Ecken beim fortschreiten den Wachsthum den krystallographiſchen Geſeßen entsprechend durch Flächen ersetzt wurden, und umgekehrt . Ganz ähn lichen Schichtenaufbau beobachtet man auch am Granat,

und die Arbeiter in den Goldbergwerken Sibiriens machen.

am Feldspath u. s. w.

davon am wenigsten eine Ausnahme. Mag es ihnen noch so traurig ergangen sein, mögen sie mit noch so viel Ent

erfolgt innerhalb einer geschmolzenen Masse nicht anders als da wo er in einer Mutterlauge liegend wächst.

Die Vergrößerung des Krystalles

behrungen zu kämpfen und eine Behandlung gleich oder

Das Mikroskop belehrt uns daß diejenigen Mineralien,

vielmehr unter dem Vieh zu erdulden gehabt haben, so ziehen sie doch im October haufenweise wieder nach den

welche dem bloßen Auge aus reiner und homogener Sub stanz zu bestehen scheinen, sehr oft eine große Menge win

Werbeſtätten, wo die Agenten der Grundherren mit vollem

ziger fremder Einschlüsse beherbergen, welche theils Flüssig .

Beutel ihrer warten, nehmen das Handgeld, das ſo ſchnell

keiten, theils feste Körper sind, und welche in allgemein

wie möglich verjubelt wird ; und der alte Tanz, oder viel mehr das alte Elend, beginnt von neuem. Daß Scenen

geologischer und in genetischer Beziehung die allergrößte

von Uebermuth und kaum glaublichem Leichtsinn heute weniger an der Tagesordnung sind als früher, daran hat die Sittenverbesserung im allgemeinen wenig oder keinen Antheil ;

es ist dieß lediglich eine Folge des schmäleren

Wichtigkeit besigen. Mit freiem Auge sichtbare Einschlüsse einer Flüssigkeit sind z . B. in vielen Quarzen und Amethysten von Schem nig, in manchen Flußspathen, Gypsen, Steinsalzen nicht eben selten und längst bekannt. Die eingehüllte Flüssig keit sit in einem Hohlraum und da sich gewöhnlich neben bei noch ein Bläschen findet, so sieht man sie beim Neigen

Verdienstes .

der Stücke wie diejenige einer Wasserwage hin und her laufen. Auch nachdem David Brewster nachgewiesen daß

Das Mikroskop in der Geologie. Von Ferdinand Zirkel.

solche Höhlungen mit Flüssigkeiten sich gleichfalls in mikros kopischer Kleinheit in manchen andern Mineralien (z. B. Smaragd , Beryll , Chrysoberyll , Chrysolith , Feldspath, Steinsalz) finden, glaubte man noch daß dieselben nur in

(Schluß.) Kaum minder wichtig wie für die allgemeine petro graphische Geologie die Bestimmung und Feststellung der die Gesteine zusammenseßenden Gemengtheile ist für die

ausgebildeten Kystallen, und in diesen nur selten und zu fällig vorkommen. Erst durch Henry Clifton Sorby (1838) wurden diese Beobachtungen verallgemeinert, und zugleich

Bildungsweise der Mineralien die Erforschung ihrer mikros

auf zwei ganz neue Gebiete gelenkt, indem einerseits die künstlich gebildeten Krystalle in dieser Rücksicht einer ein

kopischen Structurbeschaffenheit.

gehenden Untersuchung unterworfen wurden, und anderer

Das Mikroskop in der Geologie.

369

seits die als Gemengtheile von Gesteinen auftretenden

natrium, wenn sie sehr langsam kryſtalliſiren, durchsichtig

Mineralien eine Prüfung erfuhren, wobei er alsdann die

klar, und arm an solchen Einschlüssen, sehen sie sich da gegen rasch ab, so sind sie damit so erfüllt, daß sie

beiderseitigen Resultate in scharfsinniger Weise mit einander verglich.

Die kleinern mikroskopischen Flüssigkeitseinschlüſſe ſind gewöhnlich rundlich, dem freisrunden genähert, eiförmig, die größern oft auf das verschiedenartigste gestaltet, mit unregelmäßigen Verästelungen und schlauchförmigen Verzerrungen. Weitaus die meisten derselben zeigen cin

vollkommen weiß und opak aussehen. Wenn Kryſtalle aus einer sich abkühlenden sehr heißen Lösung wachsen, erfolgt die Ausscheidung anfangs schleunig, und es werden weiße trübe Kerne gebildet, später geht sie langsamer von statten, wodurch die äußern Theile der Krystalle klar und

ganz deutlich erkennbares Bläschen in ihrer Ausfüllung, welches sich sehr oft innerhalb derselben hin und her be

Eigenthümlich ist daß indesſſen ver sie unter ähnlichen Bedin wenngleich Salze, schiedene Unterschied in der beträchtlichen einen gungen kryſtalliſiren,

wegt, zumal in den kleinern, wo es keine so große Adhäsion

Anzahl der Flüssigkeitseinschlüsse

an den Wandungen zu überwinden gibt. Diese freiwillige Beweglichkeit der Libelle ist es, wodurch der ganze Ein

Lösungen von Chlorkalium und Alaun nicht

schluß auf das entschiedenste als eine Flüssigkeit charak: terisirt ist.

pellucid ausfallen.

aufweisen.

Verdunsten allzu rasch

bei gewöhnlicher Temperatur, so umhüllten das erstere so viel Mutterlaugepartikel daß es vollkommen weiß und opak aussieht, während der Alaun sehr wenige einschließt und Es kann uns daher nicht befrem

Es gewährt ein eigenthümliches, an organiſches Leben erinnerndes Schauspiel, zu sehen wie oft in faſt

ganz durchsichtig wird.

allen den hunderten von Flüssigkeitseinschlüssen, welche man in dem Gesichtsfeld des Mikroskops überblickt, die

den daß wir auch in einem und demselben Gestein gewiſſe Mineralien mit solchen Einschlüssen durch und durch erfüllt,

winzigen Bläschen in unabläſſigem raſtlosen Tanz umher: wirbeln. Dazu ist nicht etwa ein Rütteln oder Neigen des Präparats erforderlich, sondern das unfühlbare Zittern des Mikroskopirtisches reicht, wie es scheint, hin, diese con stante Bewegung zu erzeugen ; vielleicht ist diese aber auch eine Erscheinung welche sich der sogenannten Molecular bewegung anschließt.

Nicht zweifelhaft kann es sein daß gleichwie in den präparirten Dünnschliffen, so auch im Innern der Gebirgsmassen diese seltsame Bewegung statt: findet ein jeder Granitblock enthält in seinen Quarzen Millionen von Flüssigkeitseinschlüssen, und in den meisten . derselben dreht sich - vielleicht seit Millionen von Jahren ein Bläschen rubelos umher. Die größeren Flüssigkeitseinschlüsse in den Gemeng

andere frei oder fast ganz frei davon finden. Wandungen welche die

Sind die

Flüssigkeitseinschlüsse begränzen,

gerade und flach, so entsprechen sie meist auch Flächen des betreffenden Kryſtalls ; ſo ſind ſie z . B. in den cubiſchen Krystallen von Chlornatrium selbst würfelförmig.

Aber

von solchen Formen welche in der That negative Krystalle repräsentiren, findet ein Uebergang zu den allerunregel mäßigſten Geſtaltungen ſtatt. Sorby hielt in seiner classischen Abhandlung ,,on the mi croscopical sructure of crystals indicating the origin of mi nerals and rocks" an dem Grundsatz fest daß die eingehüllte Flüssigkeit in den bei gewöhnlicher Temperatur aus einer Lösung wachsenden künstlichen Krystallen stets ganz ihren Hohlraum ausfüllt, und daß die Bläschen in den Ein

theilen der Gesteine messen selten mehr als 0.06 Mm im größten Durchmesser, und es finden sich alle Abstufungen

schlüssen dann entstehen wenn Krystalle in höherer Tem

der Kleinheit, die kleinsten erscheinen selbst bei 1000facher Vergrößerung nur als die allerfeinsten, kaum wahrnehm

Höhlung befindliche Flüssigkeit, welche früher hinreichte sie

baren Punkte.

Und doch ist bei Poren, deren sichtbarer

peratur sich bilden, und beim Sinken derselben die in der

zu füllen, sich nothwendigerweise zusammenzieht. Hinge so das Maß der Contraction der eingeschlossenen Flüssigkeit

Umriß nur den drei Millionsten Theil eines Quadratmilli meters befaßt, noch manchmal ein deutliches Bläschen zu erkennen. Sie erscheinen entweder einzeln unregelmäßig,

von der Höhe der Temperatur ab, von welcher aus die

durch einander gestreut, oder zu vielfach sich verzweigenden

die Kryſtalle gebildet wurden, diejenige überſtieg bei wel: cher sie untersucht werden. So verlockend aber auch die

Abkühlung begann, so müßte die relative Größe des Bläs chens anzeigen, um wie viel die Temperatur, bei welcher

und theilweise wieder vereinigenden Reihen und Streifen versammelt, und bilden so förmliche Schichten, welche nach

Aussicht ist aus

verschiedenen Richtungen hin die klare Mineralmaſſe durch setzen.

und Flüssigkeit die Temperatur bei der Kryſtallentstehung eine Berechnung welche, ausge bemessen zu können,

dem Dimensionsverhältniß von Libelle

Ganz dieselben mikroskopischen Flüssigkeitseinschlüsse zei

dehnt auf die flüssigen Einschlüſſe in den Gemengtheilen

gen sich auch in den Krystallen welche künstlich aus einer

krystallinischer Geſteine, von der allergrößten geologiſchen Wichtigkeit wäre, so scheint doch in der That jenes Ver

wässrigen Lösung entstehen, z. B. bei Chlorkalium, Chlor natrium. Es sind hier Partikel der Mutterlauge welche von dem wachsenden Kryſtall mechanisch eingehüllt wurden. Zwischen der Anzahl jener in einem Krystall und den Ver hältnissen seiner Bildung besteht gewöhnlich ein sehr inni ger Zuſammenhang ; so sind z . B. Chlorkalium und Chlor Ausland. 1869. Nr. 16

hältniß keinen sichern Stützpunkt

abgeben zu können.

Denn man findet unzähligemal dicht neben einander gele: gene Flüssigkeitseinschlüsse eines und desselben Krystalls, deren Bläschen total abweichende relative Größe beſitzen : große Einschlüsse mit winzigen Bläschen neben ganz kleinen 48

Das Mikroskop in der Geologie.

370

Die Herkunft der Libelle ist

schlossenen Partikel dieser gelben Mutterlauge beim Erkal:

durch diese Beobachtungen, welche den Annahmen von

ten kleine tiefrothe Krystalle jenes Chromats sich ausscheiden. Nach und nach hat man auch noch in manchen andern

mit sehr großen Bläschen.

Sorby widersprechen, wieder zur offenen Frage geworden. Auf alle Fälle wird man aber daran festhalten müſſen daß die mikroskopischen Flüssigkeitspartikel in den Gemeng

Gemengtheilen von Gesteinen mikroskopische Einschlüsse von Flüssigkeiten gefunden, z . B. in einigen Feldspathen, in Nephelinen, dann aber auch in Olivinen von Basalten

theilen der Gesteine ursprünglich bei der Bildung derselben eingehüllt wurden.

Es würde zu weit führen der hier

und Laven und in Leucitkrystallen aus geflossenen Lava Namentlich die beiden lettern Vorkommuiſſe ver

strömen. und da aufgestellten, theilweise auch von ihren Urhebern wieder aufgegebenen Meinung entgegenzutreten, daß die selben erst nachträglich in präeristirende mikroskopiſche Hohl räume der Mineralien langsam eingefickert seien. Zahlreiche Thatsachen streiten gegen diese, ihrerseits eigentlich gar nicht begründete Ansicht. Alle Mineralien der Felsarten also welche derlei Einschlüsse beherbergen, sind ―――― und das ist der Ge winn der für die Geologie aus diesen Beobachtungen er ―――― wächst gebildet worden bei Gegenwart von Flüſſigkeit als solcher, oder von Gasen welche sich zu Flüssigkeiten condensirten.

dienen in geologiſcher Rückſicht alle Beachtung, indem sie beweisen daß in dem geschmolzenen Magma, aus deſſen Erstarrung das Lavagestein entsteht, Wasserdampf vorhan den sei. Zugleich geht daraus hervor daß die Gegenwart von Flüssigkeitseinschlüssen in Gemengtheilen eines Gesteins nicht dessen Festwerdung aus geschmolzener Materie wider: streitet, und daß das Triumphgeschrei gewisser Ultranep tunisten bei der Entdeckung der mikroskopischen Flüssig. keitseinflüsse im Quarz der Granite höchst überflüssig war. Wenn ein Krystall aus einer künstlich geschmolzenen Masse sich ausscheidet, so hüllt er während seines Wachs

Unter allen Gemengtheilen der Gesteine ist wohl keiner

thums sehr häufig kleine Partikel des Schmelzfluſſes mecha

reicher an solchen flüssigen Einschlüssen, als der Quarz der

nisch in seine Maſſe ein, welche, indem sie rasch erſtarren,

Granite, Gneiße, Porphyre u. s. w. Kaum in irgend einem fehlend, sind sie stellenweise so massenhaft darin vertreten

sich gewöhnlich als Einſchlüſſe von glaſiger Substanz dar

daß es förmlich von ihnen wimmelt, und nicht selten zählt

erwähnte Aufnahme von Mutterlauge- Theilchen bei den

man auf einem Raum von 0,01 Quadratmillimeter 250 deutlich unterscheidbare derselben : in der That fast ein

aus einer wäſſerigen Lösung entſtehenden Krystallen. Diese mikroskopischen Glaseinschlüsse haben sehr oft eine dem

förmliches Getränktsein mit Flüssigkeit, und das milchige

Eirunden genäherte Umgränzung, mitunter aber auch eckige

Aussehen der Quarzkörner ist gewöhnlich auf derlei mikro skopische Einschlüsse zurückzuführen. Wenn die chemische

gar selten ist auch die oben gleichfalls für die Flüssigkeits

Analyse solcher Mineralien und Gesteine diesen Waſſerge halt nicht oder nur theilweise ergibt, so kommt dieß daher

bieten.

Es ist das ein ganz analoger Proceß, wie die oben

und zadige, unregelmäßige und splitterähnliche Form, nicht

einschlüsse angeführte Erscheinung, daß ihre Contour die

daß einerseits beim Pulver eine große Menge der Flüssig

Geſtalt des ſie einschließenden Kryſtalls im Miniaturmaß stabe wiedergibt.

keitshöhlen aufgesprengt wird und ihr Inhalt rasch ver dunstet, andererseits in nicht zerstörten Poren des Pulvers

Gemengtheilen derjenigen Gesteine deren Masse zum größ

. Dieselben Glaseinſchlüſſe finden sich nun sowohl in den

das Fluidum sich wegen der Libelle beim Erhißen ausdehnen.

ten oder großen Theil selbst zu Glas erstarrt ist, wie z . B.

kann, und so nicht seine Hülle zu durchbrechen braucht. Was die Natur der in den Quarzen der Granite einge

die porphyrartigen Obsidiane, die Pechsteine, als auch in fol.

schlossenen Flüssigkeit anbelangt, so gibt Sorby an, er habe durch Versuche dargethan daß dieselbe Wasser sei welches Chlorkalium und Chlornatrium, die Sulphate von Kali, Natron und Kalk enthalte.

Da die Solution oft eine ent

chen welche bei ihrer Festwerdung lediglich zu einem Ag gregat von Krystallen ausgebildet wurden, zwischen denen keine glasige Grundmasse steckt.

Wo immer sich die Glas:

einschlüsse zeigen, da liefern sie den unwiderstehlichſten Be weis dafür daß der sie einhüllende Krystall in Gegenwart

schieden saure Reaction zeige, so müsse Säure - Ueberschußz

einer geschmolzenen Masse fest geworden ist.

vorhanden sein. Dieß Vorkommen von freier Salzsäure und Schwefelsäure wäre höchst merkwürdig, wenn man in

Krystalle innerhalb einer Glasgrundmasse eingebettet lie

Da wo solche

Betracht zieht, wie sehr charakteristisch diese Substanzen

stimmt allemal die Farbe der Glaseinschlüsse mit derjeni

für moderne vulkanische Thätigkeit sind : den uralten Erup tivmagmen würden dann bereits diejenigen Stoffe nicht

gen der den Krystall umgebenden Glasmaſſe überein, ist diese grün, so auch jene grün, ist diese braun, ſo jene

gefehlt haben welche auch die Lava- Eruptionen heutiger Tage

gleichfalls u. s. w.

begleiten. Winzige würfelförmige Krystalle, welche man bisweilen innerhalb der Flüssigkeitseinschlüsse der Quarze

klarste dargethan daß die gedachten Kryſtalle sich aus dem

gen (wie z . B. die Feldspathkrystalle in den Obsidianen),

Durch diesen Umstand wird auf das

jenigen Magma ausgeschieden haben welches beim Erstar ren auch die Glasgrundmasse lieferte, und daß diejenigen

findet, scheinen jenen Chloriden anzugehören und in an licher Weise entstanden zu sein, wie wenn Kochsalzkrystalle .

Geologen eine unrichtige Ansicht verfolgen, welde glauben

aus einer siedendheißen Lösung wachsen, welche zugleich

jene Gesteine seien aus einer Einschmelzung älterer ent

chromsaures Kali enthält, innerhalb der alsdann einge

standen und ihre Krystalle nur gerettete Ueberreste der

Das Mikroskop in der Geologie.

lettern.

371

Mit dieser Art und Weise der Bildung hängt

Umrandung desselben, mitunter auch ragen sie in den

alsdann auch zusammen daß oftmals aus der umgebenden Masse unregelmäßig sich verästelnde Adern von Glassub

Hohlraum des Bläschens hinein, zum Beweis daß sie sich bildeten als der Glaspartikel noch plastisch war. Die

stanz in die Krystallmasse sich hineinerstrecken.

Glaskörner erscheinen bisweilen an gewissen Stellen der Krystalle zusammengehäuft ; so ist oft das Centrum der

Die Glas

einschlüsse in den Gemengtheilen der ganz oder faſt ganz krystallinischen Gesteine (z. B. Trachyte, Phonolithe, Ba salte, Melaphyre, Porphyre) verweisen aber unbestreitbar darauf daß diese Krystalle (also das ganze Gestein) aus einem Magma entstanden sind, welches unter andern Um

Krystalle überreich daran, die äußere Zone fast ganz frei davon, oder es findet der umgekehrte Fall statt. Neben bei sind dieselben auch wohl reihenförmig nebeneinander gelagert,

auf eine Zone innerhalb des ſonſt reinen Kry

ſtänden zu einer Glasſubſtanz sich hätte verfeſtigen können,

ſtalls beschränkt, deren Gestalt die verjüngte des leßtern iſt.

d. h. aus einer geschmolzenen Maſſe. Man sieht wie diese unscheinbaren mikroskopischen Gebilde der Ausgangs punkt werden, um auf exactem Wege zur Lösung einer der

Die Anzahl der von den Krystallen eingehüllten Glas: partikel geht oft ins Erstaunliche.

Durchschnitte von Leucit

krystallen aus Vejuvlaven z. B. welche das Gesichtsfeld

allerwichtigsten geologischen Streitfragen zu schreiten.

des Mikroskops bilden, bieten manchmal Hunderte von win

In den Glaseinschlüssen findet sich gewöhnlich ein Bläs chen oder auch wohl mehrere derselben, welche aber, da selbst in einem und demselben Krystall bezüglich des Vo

zigen braungelben oder grünlichen Einschlüssen in einer

lumverhältnisses zwischen Glaseinschluß und Bläschen kei nerlei Constanz obwaltet, nicht, wie es die frühere Ansicht war, einer Contraction des eingehüllten Glaspartikels ihre Entstehung verdanken . Oft ist auch selbst der ganze Ein schluß durch winzige Höhlungen fein porös. Jene Bläs chen sind natürlicherweise fixirt und bewegen sich unter keinen Umständen . Glaseinschlüsse von Flüſſigkeitseinſchlüſſen zu unterſchei

Ebene dar, und bei der durch die leiseste Drehung der Mi krometerschraube um ein Minimum veränderten Focaldiſtanz treten Hunderte andere tiefer gelegene Glaskörner inner: halb der farblosen Leucitsubstanz hervor, so daß diese in der That durch und durch auf das innigste mit freien Glaspartikelchen imprägnirt ist, welche in einem nur den Bruchtheil eines Millimeters meſſenden Krystall nach Tau senden zählen.

Und wenn man nun die kürzlich gemachte

Beobachtung hinzufügt daß dieselben Leucite auch deutliche

den fällt gewöhnlich nicht schwer. Wo der Einschlußz grün oder gelb oder braun gefärbt ist, wo er mehrere Bläschen

Flüssigkeitseinschlüsse mit beweglichen Bläschen zeigen, so ――― wäre schon auf Grund dessen der mit der Wirklichkeit übereinstimmende Schluß gestattet daß der ursprüng

besitzt, da hat man es mit einem glasigen Partikel zu thun,

liche Zustand der Laven derjenige eines wasserdampfbela

wo das Bläschen sich von selbst hin und her bewegt, da liegt offenbar ein flüssiger Einschluß vor. Aber auch die

denen Schmelzflusses ist, und nicht zweifelhaft kann es weiter sein daß alle Gesteine deren Krystalle jene hoch

farblosen Glaseinschlüsse und die Flüssigkeitseinschlüſſe mit

wichtigen mikroskopischen Gebilde beherbergen, sich einst

unbeweglichen Bläschen kann man ganz gut auseinander

mals in einer lavaartigen Beschaffenheit befunden haben.

halten. Die Randbegränzungen der leztern erscheinen im durchfallenden Licht ziemlich breit und dunkel, die der er

Augite, Hornblenden, Feldspathe, Noseane, Nepheline, Olivine, Leucite enthalten in verschiedenen Gesteinen die

ſtern indeß schmal und fein, das Bläschen der letztern ist dagegen schmal umrandet, im Vergleich mit demjenigen der

Quarze in manchen Trachyten und Pechsteinen.

allerdeutlichsten Glaseinschlüsse ; deßgleichen nicht minder die Zumal

Glaseinschlüsse, welches aus einer breiten dunkeln Zone mit einem kleinen lichten centralen Fleck besteht . Dieses

der lettere Punkt ist dazu angethan um die Bedeutung

abweichende Aussehen rührt von der verschiedenen Brechung

Quarz ist der Angelpunkt jeglicher Theorie über die gene

her welche das Licht beim Durchgang durch zwei benach barte verschiedene Medien erleidet.

fällt die feuerflüssige (eigentlich durchwässert-feuerflüssige)

Wie die glasige Grundmasse mancher Gesteine stellen: weise durch Ausscheidung winziger nadelförmiger Kryſtäll

mikroskopischer Forschungen ins rechte Licht zu setzen.

Der

tischen Verhältnisse der Maſſengeſteine, mit ihm ſteht und

oder nasse Bildungsweise der lettern .

Bisher besaß man

für den Quarz nur Beweise seiner Entstehung auf wäſſe

chen zum Theil entglast ist, so hat sich derselbe Proceß

rigem Wege, weder auf künstliche noch auf natürliche Weise

auch in vielen der mikroskopischen Einschlüsse von Glas innerhalb der Krystalle des Gesteins wiederholt ; da diesel ben im Moment ihrer Einhüllung geschmolzene Partikel

hatte man jemals die Ausscheidung auch nur eines Quarz

waren, zeigen sich oft schmale Krystallgebilde von außer:

producte aus dem Schmelzfluß wurde dadurch für die soge nannten Plutonisten schwer, die Annahme ihrer Entstehungs

ordentlicher Kleinheit darin ausgeschieden. Alle Stadien kommen vor zwischen rein glasigen Einschlüssen und solchen die durch innig durcheinandergewirrte Krystallfasern sehr

krystalls aus einer geschmolzenen Maſſe beobachtet, und die Deutung der quarzführenden Gesteine als Erstarrungs

weise auf wässerigem Wege für die neptunistischen Wider. sacher leicht gemacht.

ſtark entglast sind ; im leytern Falle fehlen sehr häufig die

Durch die Entdeckung mikroskopischer Glaseinschlüſſe in den Quarzen vieler Maſſengesteine --

Bläschen. Sind nur spärliche Nädelchen in dem Glas einschluß vorhanden, so siten sie gewöhnlich an der äußern

namentlich derer welche selbst eine Glasgrundmasse besigen, wie Bechstein - tritt in diese Frage der chemischen Geo

Das Mikroskop in der Geologie.

372

logie ein ganz neues, entſcheidendes Moment ein : nunmehr ist es erwiesen daß der Quarz sich hier aus einem ursprüng lich homogenen Magma, welches später zu Glas erstarrte, d. h. aus einer geschmolzenen Maſſe thatsächlich ausgeſchie: den hat.

Reichlich verbreitet sind in den krystallinischen Gemeng theilen der Eruptivgesteine winzige mikroskopische Hohlräume, gewöhnlich von eiförmiger oder kreisrunder Umgränzung, welche wie die größeren Blasen in den Laven durch Gaſe oder Dämpfe gebildet wurden, und sich durch einen beſon ders breiten Rand auszeichnen . Das Mikroskop weist nach daß die krystallinischen Ge mengtheile der Felsarten nicht nur jene amorphen entweder flüssigen oder festen glasartigen Partikel einschließen welche, wie wir gesehen haben, für die Ergründung der Bildungs

geordnet.

Ueberaus schön ist der Anblick, den die meisten

kleinern Leucitkrystalle unter dem Mikroskop darbieten ; dieses Mineral hat die charakteristische Tendenz, zahlreiche fremdartige Körper in sich einzuschließen und dieselben so zu gruppiren, daß sie im Krystalldurchschnitt entweder einen centralen runden Haufen oder mehrere concentrische Kränze darstellen, welche entweder Kreise oder achteckige Leucitoeder durchschnitte sind ; zwischen den einzelnen Kränzen liegt als dann reine Krystallsubstanz, und jene Körper (grüne Augit nädelchen, Magneteisenkörner und Glaspartikel) find also auf der Oberfläche von Kugeln oder kleineren Leucitoedern vertheilt, welche man sich in den Krystall eingeschrieben denkt. Unzählige verschiedene allerliebste Muster von sol chen verunreinigten Leuciten kommen in reicher Fülle vor. (Fig. 5 und 6) .

verhältnisse von solcher Bedeutung sind, sondern auch fremde kryſtalliſirte Körper in reichlicher Fülle. Auch sie wurden während der Entstehung des Krystalls von diesem in seine wachsende Masse eingehüllt, müſſen demnach früher als dieser, oder spätestens gleichzeitig mit ihm erzeugt worden So kann man mitunter aus einer Combination der

ཚོར་

sein.

verschiedenen Einwachsungen

das gegenseitige Altersver hältniß in der Ausscheidung der einzelnen Krystalle ermit

8G CE 9 D

teln. Freilich ergibt ſich meiſtens aus derlei Unterſuchun gen gerade bas Resultat daß eine solche gesetzmäßige Al tersfolge, wie man sie früher vielfach vorausgesetzt hatte, nicht existirt. Ehedem nahm man z . B. an daß aus einer geschmolzenen Maſſe dasjenige Mineral welches am ſchwie rigsten schmelzbar ist, auch zuerst, das leichtflüſſigere da gegen erst später erſtarren müſſe. Auf dieſe Theorie ge stüßt, glaubte man einst daraus einen Grund gegen die Entstehung des Granits aus einer geschmolzenen Masse ableiten zu können, weil sich so oft der höchst schwer schmelz bare Quarz als der offenbar zuletzt gebildete Gemengtheil zu erkennen gibt .

Wenn aber die Untersuchung von Dünn schliffen der Vesuvlaven darthut daß der darin befindliche

Fig. 5. Durchschnitt durch mi kroskopischen Leucit aus dem Ba salt von Stolpen (Sachſen).

Fig. 6. Durchschnitt durch mi kroskopischen Leucit aus dem Ba salt von Schlackau (Röhn).

In gar manchen Krystallen sind die eingewachsenen mikroskopischen Kryställdhen in ganz unerwarteter Anzahl vorhanden ; Augite in Basalten enthalten oft neben den schon massenhaft eingehüllten Glaspartikeln noch fremde kreuz und quer im wirren Gewimmel darinsteckende Nädel chen, so daß sie förmlich wie damit gespickt aussehen . Außer dem ist die große Verschiedenartigkeit der eingeschlossenen Kryställchen bemerkenswerth ; die Leucite vom Schorenberg bei Rieden am Laacher See hüllen z . B. nicht weniger als

Leucit mikroskopische Augitkrystäktchen umschließt, so muß fünf verschiedene fremde mikroskopische Mineralien ein:

der verhältnißmäßig leicht schmelzbare Augit vor oder mit dem überaus schwer schmelzbaren Leucit krystalliſirt sein. Und findet man zugleich in den Augitkrystallen desselben Gesteins umgekehrt mikroskopische Leucite eingeschlossen, so wird es klar daß gar keine strenge Reihenfolge in der Ausscheidung stattfand , sondern daß beide Mineralien gleichzeitig und durcheinander aus dem Schmelzfluß der Lava starr wurden. Während ſehr vielfach die fremden mikroskopiſchen Kry

Augite, Nepheline, Noseane, Granaten und Magneteisen, welche sämmtlich schon gebildet geweſen ſein müſſen, bevor die Krystallisation des umschließenden Leucits beendet war. Die Einwachsungen fremder mikroskopischer Mineralien in größeren krystallinischen Gemengtheilen der Gesteine haben noch eine besondere petrographische Bedeutung. Oft sind gewisse der leichter zerseßbaren und durch die Verwitterung angreifbaren Mineralien in den Gesteinen sämmtlich mehr oder weniger ſtark umgewandelt und verändert.

Wo da

ställchen ganz unregelmäßig und wirr eingeschlossen wur: den, gibt es andere Fälle wo die Einwachsung in einer

gegen mikroskopische Individuen derselben von andern grö

gesetzmäßigen Beziehung zu Form und Wachsthum des

ßeren Krystallen, welche der Metamorphose starken Wider

großen Krystalls steht.

Die Augite und Hornblenden mit

stand leisten, umhüllt worden sind, da liegen sie wie in

ihrem Aufbau aus einzelnen schaalenförmig sich umhüllen

einer Antiquitätenkammer aufbewahrt, wohlgeschüßt und

den Schichten enthalten gewöhnlich die fremden Einwach

wohlerkennbar. Eind z . B. auch in einem Phonolith die selbständigen Nepheline in hohem Grade von der Verwitte

sungen (Magneteisenkörner, Nephelinsäulchen, Feldspath nädelchen) parallel dem Verlauf der Schichtenzonen an

rung erfaßt, umgewandelt, und nicht mehr gut unterſcheidbar,

Richard Burtons Wanderungen durch die braſilianiſchen Hochlande.

373

so legen die winzigen Nepheline, welche frisch und vor:

pentinartigen Masse umgeändert wird, wie die ganze Grund:

züglich erhalten von dem Feldspath eingeschlossen werden, Zeugniß davon ab daß dieses Mineral früher einen Be

heit gewinnt, und in den verschiedensten Felsarten die

standtheil des Gesteins ausmachte.

masse gewiſſer Gesteine allmählich eine andere Beschaffen

Neubildung zahlreicher Mineralien auf násſem Wege mas

Es hat sich ferner ergeben daß es solche mikroskopische

senhaft vor sich geht — das alles ist mit dem Mikroskop

Einwachungen sind wodurch gewiſſe Mineralien ihr be:

und nur mit dieſem auf das deutlichste zu verfolgen.

sonderes eigenthümliches Aussehen

Der sog.

ses ausgedehnte Untersuchungsgebiet ist freilich bis jetzt

ein hübsd)

noch wenig betreten worden, das wenige aber was darauf

erlangen.

Sonnenstein von Tvedestrand in Norwegen,

und glänzend röthlich schilleruder Feldspath enthält unzäh: lige dünne sechsseitige regelmäßige oder verzerrte Täfelchen von röthlichem durchscheinendem Eisenglanz.

Rother fein

Die

gewonnen wurde, fordert laut zu fernern Forschungen auf. Und so mögen denn die mikroskopischen Studien der Gesteine und Mineralien gedeihlich weiter gepflegt werden,

vertheilter Eisenglimmer ist es gleichfalls welcher den bei

eifrig und wahrheitliebend und vorsichtig, aber auch un

Staßfurt vorkommenden Carnallit und den Stilbit aus

bekümmert darum daß ihre Ergebnisse vorläufig noch kaum

dem tyroler Faſſathal intensiv coth färbt.

Auch die pracht

über die engen Gränzen geologischer Fachkreise hinaus

volle Farbenwandlung des Labradors iſt größtentheils in

dringen.

einer Interponirung mikroskopischer Diallagkiyställchen be

unscheinbar, so ist doch der Werth der erkannten Thatsachen

gründet.

und der nüchtern aufgebauten Schlüſſe groß.

Der kupferrothe metallische Schimmer des Hy

Sind die Untersuchungsobjecte auch klein und

persthens wird ebenfalls durch eingewachsene fremde dunkle lameliare Körper hervorgebracht.

Die Erscheinung des ſchö

nen zwölfstrahligen Eterns, welche man bemerkt wenn man durch Glimmer von South Burgeß in Canada auf eine Kerzenflamme blickt, der sog. Aſterismus, wird dadurch

Richard Burtons

Wanderungen

durch

die brah

lianischen Hochlande.

bewirkt daß zahlreiche nadelförmige Cyanitkryställchen darin eingewachsen sind, welche sich unter 30° schneiden. 2. Den Untersuchungen von zahlreichen allgemein für rein

Thalfahrt auf dem Rio das Velhas und dem São Francisco.

und homogen gehaltenen Mineralien wird es unzweifelhaft gelingen darin viele mikroskopische Verunreinigungen nach: zuweisen, und so den Grund aufzudecken weßhalb die che

Wir hatten Burton in Morro Velho verlassen , und begeben uns nun mit ihm eine kleine Strecke nordwärts nach

mische Zusammensetzung mancher Vorkommnisse nicht mit der Normalformel des Minerals stimmen will. Ein wei

dem Städtchen Sabará am Alten- Weiberfluß ( Rio das

teres Resultat in dieser Richtung wird die Ausmerzung mancher vermeintlichen Species sein, welche nur eine durch

ten des São Francisco hinabzuſchwimmen. Zu dieſem Vorsatze kaufte er ein Ajôjo, eine Noahs Arche, die im

eingewachsene fremde Körper verunreinigte andere ist.

spanischen Amerika eine Balsa oder ein Floß genannt

Velhas) wo er sich entschließt bis zu den großen Katarac

Das Studium der in den Mineralien und Felsarten

werden würde, obgleich sie nicht genau dem Begriff ent

vor sich gehenden allmählichen Umwandlungsproceſſe iſt in

spricht dem wir diesem Worte beilegen, denn ein Ajôjo

den letzten Jahrzehnten überaus eifrig gepflegt worden ,

beſteht aus zwei, mitunter drei Kähnen, feſt unter einan

und Resultate sind daraus entſprungen von solcher Bedeu

der verbunden durch Querplanken, auf denen ein Zelt auf

tung, daß für wichtige Abschnitte der Geologie eine gänz

geschlagen wird.

liche Reformation unserer Ansichten sich vollzog.

die aufgeschlagene Bühne 6 Fuß breit. Seine Gemahlin mußte er wegen Kränklichkeit zu Land nach Rio zurück.

Während

Burtons Kähne waren 33 Fuß lang und

die chemische Analyse und die mineralogische Untersuchung das Product der Umwandlung kennen lehren, ist es das

senden.

Mikroskop welches über den Gang derselben früher unge

Velho als Diener bei sich, außerdem schlossen sich ihm als

ahntes Licht zu verbreiten vermag.

Mit seiner Hilfe kann

man Schritt für Schritt der Metamorphose nachspüren und das Detail solcher interessanten Processe vollkommen erfaſſen. Wie innerhalb der Gesteine ſich das Magneteisen zu Eisenocher umwandelt, wie der flare Leucit zu einem

Er selbst behielt nur einen Burschen aus Morro

Gefährten ein Brasilianer und ein Einwanderer aus den nordamerikanischen Südstaaten an. stand aus drei Bootsleuten.

Die Bemannung be

Der Rio das Velhas ist ein Seitenstrom des São Francisco, der geschwisterlich über drei Breitegrade neben ihm herfließt . Bis zur Ermüdung schildert uns Burton

verworren faserigen Aggregat wird, und damit die Fähig feit erlangt das Licht doppelt zu brechen, wie totaler Ruin das

seine Thalfahrt auf diesem Gewässer.

endliche Schicksal des Noseans ist, wie der Olivin der Um

mit ihren Aussichten auf die Anhöhen zur Rechten und

Jede Tagesstrecke

wandlung zum Opfer fällt, welche zuerst seinen Rand ergreift

Linken zieht an uns vorüber, ebenso besuchen wir jede der

und auf den Sprüngen in das Innere schleicht, bis der ganze

kleinen Ortschaften am Ufer, besichtigen Kirchen und öffent liche Gebäude, sowie was sich an Honoratioren vorfindet,

Kryſtall bald mit erhaltenem Umriß, bald unter Verwischung desselben zu einer schmußig grünen oder gelbbraunen ser

denn an bewohnten Ortschaften fehlt es keinem Ufer.

Der

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

374

Velhasfluß ist eine eigenthümliche Erscheinung für den Stromkundigen.

Kein Tag auf der Fahrt verstreicht ohne

daß nicht irgend ein Strudel oder eine Stromschnelle über : standen werden müßte, so daß an eine Bergfahrt wenig: stens in der trockenen Zeit nicht zu denken wäre.

Die

brasilianische Regierung hat vorläufig in der Absicht die

sollen die jetzt verschwundenen Rothhäute ehemals die kost baren Edelsteine als Spielzeug für ihre Kinder gebraucht baben. Als die ersten Diamanten im Jequitinhonha ge waschen worden waren und 1725 nach Portugal gelangten, sollen sie als unerkannte Größen keine Käufer gefunden haben, bis ein kluger Mönch, der zuvor in Indien gewe

Sabará gebaut worden, der aber nach einer Fahrt von

sen war, von den Goldwäschern in Brasilien eine Anzahl solcher Juwelen einhandelte, die bis dahin nur als Steine beim Brettspiel gedient hatten. Wichtiger als diese land

etwa 10 D. Meilen ein frühes und naſſes Grab im Fluſſe fand. Daß der Velhas nicht längst schon die Stufen auf

läufigen Anekdoten ist es daß ein Engländer, der seine Lebens zeit in Diamantina zugebracht hat, in den letzten Jahren

denen er sich hinabſenkt ausgewaschen, und sich ein sanf

einen Rückgang des Wohlstandes wahrgenommen haben will. Immerhin betrug die brasilianische Ausbeute an

Schiffbarkeit zu erhöhen von einem Franzosen den Strom unter: suchen lassen.

Vor Zeiten (1834) iſt auch ein Dampfer in

tes Erosionsbett ausgetieft hat, wie der Rhein unterhalb Schaffhausen, sollte uns auf den Gedanken bringen daß er noch ein jugendlicher Strom sei, wenn wir nicht ver muthen müßten, daß er auf einem sehr alten Stück Erd boden fließe.

1861. 1867.

Das Ausgraben der Flußbetten in hartem

Diamanten Gewicht Werth Ditavas 4696 2,348,000 Milreis 5704 " " 2,852,000

Gestein ist aber eine zeitraubende Arbeit, und auf den

Die Zahlen für die Zwischenjahre deuten zwar auf fort

Hochebenen bewirkt die Erosion nichts weiter als daß die

schreitendes Wachsthum, allein einerseits muß das Sinken

Stromschnellen stromaufwärts rücken, keineswegs aber daß

der Milreis erwogen werden, und dann ist auch die Aus

sie die Abhänge besänftige.

beutung selbst viel kostspieliger geworden. Vormals wurden die Diamanten nur von der Ober

Bei Lagoa Santa (Heiligensee) etwa 19° 40′ s. Br. am linken Ufer des Velhas wohnt Dr. Lund, der berühmte dänische Alterthumsforscher, welcher durch so viele brasilia

fläche der zeitweise trockenen Strombetten gewonnen, bis einige Higköpfe auf den Gedanken fielen, den Diamant

nische Höhlen gefrochen ist, und sie ihrer Knochenschäße be

schutt bergmännisch in der Tiefe aufzusuchen.

raubt hat.

von den klugen Leuten ausgelacht, wer aber zuleßt und

Gleichzeitig fand er mit Darwin das foſſile

Sie wurden

Pferd in Amerika, und den „fossilen Menschen, " der in

am besten lachte waren die Hißköpfe.

allen Handbüchern der Geologie herumspukt, bald als will kommener, bald als unwillkommener Gast. Burton hätte

also sogleich mit Burton an den südlichen Rio das Pedras, einen Quellenarm des Jequitinhonha. Dort gelangt man

gern dem dänischen Höhlenkenner einen Besuch abgestattet,

vom Ausgehenden theils auf schiefen Ebenen, theils auf

auch stellte der Secretär des Gelehrten, Hr. Behrens, einen Empfang auf den nächsten Tag in Aussicht, allein als

Leitern 80 Fuß tief unter Tag, wo bei 1920 Fuß Breite ein Stollen in eine ehemalige Flußsohle hineinge

der nächste Tag kam, war Lund abermals nicht in der

trieben worden ist, über die das Gewässer den Diaman

Lage Gäste zu begrüßen, wie Burton vermuthet, aus einer

tenkies aufgeschüttet hat.

gewissen Scheu. welche creolisirte Europäer vor dem Wieder:

die jest bloßgelegt sind, sieht man noch wie das Waſſer

sehen ihrer ehemaligen Landsleute empfinden.

Der Secre

große Hohlräume ausgewaschen hat, jede dieser "! Taschen “

tär ruderte indessen den Reisenden zu den Pfahlbauten im Heiligensee, welche jedoch nichts anderes zu sein scheinen

thümern vielleicht hundert Contos ( 1000 Milreis ) einge

als eine ehemalige Palissade die überschwemmt worden war. Als Burton Tres Barras auf seiner Thalfahrt erreicht hatte, verließ er seine Arche zeitweilig um rechts abzubie gen zu einem Maulthierritt nach der Stadt Diamantina, früher Tejuco geheißen

Noch im Jahr 1801 war es ein

Verfügen wir uns

An den felsigen Seitenwänden

war angefüllt mit Desmonte (Waſchgut) und hat den Eigen

bracht.

Die Grube liegt tief unter dem Waſſerſpiegel,

allein der Fluß wird oberhalb durch einen Damm und ein Wehr abgeleitet, zugleich aber in zwei Stränge getheilt, wovon der eine, in einem Mühlgraben eingefangen, das Rad zum Auspumpen der Grube treiben muß, die jedoch immer noch ziemlich feucht bleibt. Kommen die Novem

trauriger Flecken, allein der heutige stattliche Play ist selbst aus den Beschreibungen von Gardner und Barbot, die

berregen, dann steigt der Strom auf 25

dem vorigen Menschenalter angehörten, nicht mehr wieder

auf 40 Fuß und schwemmt den Damm hinweg, der jedes

zu erkennen . Die Umgebung der Stadt gehört ausnahms weise in Brasilien zu den unsicheren Gebieten. Jeder trägt selbst unter Tags Waffen, und wird um keine Ecke ohne

Jahr erneuert werden muß .

Vorsicht biegen.

Es sind die Quilombeiros oder Neger:

banditen, welche gefürchtet werden , wie denn nirgends die

30, bisweilen

Ob auch die Grube erſäuft

und friſch ausgepumpt wird, bemeckt Burton nicht.

Die

jährlichen Gewinne schwanken zwischen 80-100,000 Milreis, die Kosten aber belaufen sich nur auf 25,000 Milreis, bei einer Arbeit mit 300 Ellaven ; der Waschkies, je nach

schwarzen Sklaven so unbotmäßig auftreten als in den Diamantenwäschereien. Diamantina verdankt sein Dasein

seiner Zusammenseßung Cascalho oder Canga genannt,

nur dem Diamantenhandel.

so aussehen, wie sie Spig und Martius zeichneten.

Nach der hergebrachten Fabel

wird nach den Waschplätzen geführt, die noch jetzt genau Wenn

Richard Burtons Wanderungen durch die braſilianiſchen Hochlande.

im November die Regen fallen wird der Schutt gewaschen. Ehemals schrieb das Gesetz vor daß ein Eflave der einen Edelstein von großer Schwere (17 Karat) fand, die Freiheit erhalte, jest bewilligen die Eigenthümer von freien

375

lichen Grundlehren nicht anders sein.

Für die mensch

liche Gesellschaft ist deßhalb der Diamant ein ganz uner jegliches Tauschmittel, theils wegen seiner Unzerstörbarkeit, theils wegen der Leichtigkeit seiner Ortsbewegung,

theils

Stücken diesen Preis schon bei Steinen von 12 Ditavas um die Leute zur Aufsicht zu ermuntern. ' Das Waschen einer einzigen Pfanne erfordert 1/2 Stunde und

wegen der Sicherheit mit der er sich in unruhigen Zeiten ver

schwächt so sehr das Auge, daß schon mit 25 Jahren der Sklave für die Arbeit untauglich wird, Kinder über

den Vereinigten Staaten und der sonstigen starken Nach frage gestiegen. In Brasilien wie in den atlantischen

haupt sind die besten Wäscher. Daß Vergrößerungsgläser angewendet werden sollen, davon wollen die Brasilianer

Städten Nordamerika's tragen die Männer bis auf die Wirthshauskellner und die Negerbänkelsänger Diamanten.

bergen läßt. In den lezten Jahren sind die Preise wegen der starken Goldausbeute, sowie wegen der großen Ankäufe in

noch nichts wissen.

an Ringen oder Busennadeln.

Das Diamantenwaschen ist jetzt gänzlich freigegeben worden. Liebhaber suchen daher nach neuen Diamant

höhern Spesen bei den Wäschen eine Vertheuerung herbei

ſtrecken, auf denen sie vorläufige Probewäschen anstellen . Die Strecke wird dann öffentlich versteigert und dabei auf

schen Diamantenlager bisher nur oberflächlich aufgescharrt

je 1000 Brassen oder Klafter des Flußbettes geboten. Der Eigenthümer hat das Vorkaufsrecht, wenn er das höchste

geführt.

Endlich haben auch die

Doch ist Burton der Ansicht daß die brasiliani:

worden sind ; die tiefen Kessellöcher unter und oberhalb der Wasserstürze sind noch nicht einmal mit dem Taucher helm untersucht worden.

In Zukunft werde man die Dia

Im Rio das Pedras entrichtet der Besizer eine Art Wasserzoll von jährlich 1 Milreis für 1000 Klaf: ter. Ueber das geologische Vorkommen der Diamanten

und wie in Indien den Schutt trocken auslesen, nicht waschen. wie in Brasilien.

ist so viel geschrieben worden daß wir von Burton, der aus zweiter Hand schöpft, nicht viel neues hören, außer

Von Diamantina begab sich der Verfaſſer wieder an sein Floß zurüd um die Thalfahrt fortzuseßen. Er preist

daß Agassiz in dem Diamantschutt eine Geröllſchicht aus Merkwürdig seiner brasilianischen Eiszeit erblicken will. bleibt immer daß Gold und Diamanten sich so gern örtlich

uns sogleich mit vollen Backen das Land am untern Velhas

Gebot zahlt.

zusammengesellen, denn neuerdings sind in Californien wie Uebri in Australien solche Edelsteine gefunden worden. gens gibt es Goldländer (Peru) ohne Diamanten und

mantenflüsse völlig ableiten um ihre Betten zu untersuchen,

als ein günstiges Feld für Einwanderer.

Das beste was

er davon sagen kann besteht indeß nur darin daß der Grund noch sehr wohlfeil ist, und ihm unter andern ein Besig von 4 engl. Quadratmeilen (21 , engl. Quadratm . = 1 deutsche Quadratm.) um 400 Milreis

angeboten

Gold und Dia

wurde, also um weniger als was seine Arche gekostet hatte.

manten werden aus Flußbettgeröll ausgewaschen, beider Muttergestein hat ein sehr hohes geologisches Alter, und dieß genügt wohl daß sie öfters als Nachbarn auftreten.

flasche brauche nicht wie an manchen Mississippistrecken

Diamantenlager (Oſtindien) ohne Gold.

Die Landschaften seien lieblich, das Klima mild, die Chinin

Castelnau hatte behauptet daß bis zum Ende unseres

früh morgens mit dem Frühstück aufgetragen zu werden, von schädlichen Thieren sei nichts zu befürchten und die

Jahrhunderts die Diamanten auf den fünften Theil ihres

Insectenplage stelle sich nur zu gewissen Jahreszeiten ein.

Werthes sinken möchten, Burton dagegen meint daß eine

Solchen Versicherungen eines flüchtigen Reisenden ist aber durchaus nicht zu trauen, denn er sah den Strom nur

Breissteigerung unfehlbar eintreten müsse. Im Jahre 1848 allerdings fiel ihr Werth plößlich um 50 Proc. Doch er holte sich der Markt augenblicklich wieder.

Im Jahre 1750

bis 1754 kostete ein Diamant vom reinsten Wasser und 1 Karat Schwere 8 Pfd. St., jest 17 bis 18 Pf. St.

am Schluß der Trockenzeit. Dagegen erwähnt er am 9. Sept. (der dem Sonnenstande nach dem 9. März der nördlichen Erdhälfte entspricht ) Temperaturen die sich von 10" R. am Morgen auf 19" um Mittag und 23° 1/2 um 1 Uhr Nachm. hoben, man überlege also wie heiß es im

Die Preise der Diamanten sind in der ganzen Welt überall dieselben, sie kosten in Paris fast genau so viel als in 2 Diamantina, und es kann ja nach den staatswirthschaft

australischen Sommer werden muß.

v . Tschudi sagt im Gegentheil daß die Freilassungen bei werthvollen Fünden außer Gebrauch gekommen seien.

selbe Thier (Pulex penetrans) welches die Franzosen sehr

2 Aus einem längern Preisverzeichniß bei Burton wollen wir nur folgende Posten hier anführen. Werth eines Karat Diamanten vom reinſten Waſſer in Diamantina, Paris 1866 : bei Steinen von 6-7 Gran (Troy) 107 Sch. 140 Fres. 290 " 220 " 20 " " 24 " 325 " 280 " " " Je schwerer die einzelnen Stücke, desto höher steigt der Werth eines Karats.

Gleich darauf klagt

er über das Ungeziefer. In einer einzigen Nacht wurde er selbst von zwei Bichos do pé angebohrt. Es ist das

ungeeignet den Pharaofloh nennen, die Nigua im spani schen Amerika, auch Chique, Chigo, Chigger, (engl. ) Jigger geheißen . Unter dem Mikroskop gleicht der Bicho einem kleinen Floh, der viel rascher friecht als der europäische Floh, jedoch nicht springt. Da nur, wie bei unserm Floh (Pulex irritans), die Weibchen stechen, so behaupten die Brasilianer (natürlich grundlos) : es seien Männchen gar nicht vorhanden. Der Bicho sucht die Körperstellen auf

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

376

wo die Haut dicker ist, daher auch seine Bevorzugung der

Francisco als Straßenreiniger die Urubu Geier, der Acara,

Neger; seine Lieblingsplätze sind sonst die Haut unter den

ein Reiher von weißem und reinem Gefieder, der sich immer

Nägeln der Finger wie der Zehen, sowie auf der Fußsohle. Dort dringt er ein bis zum Fleisch, und, anfangs nur

in feierlicher Stimmung zu befinden scheint, dann im Schmet terlingsflug eine Seeschwalbe, und endlich eine sehr lär

ein schwarzer Punkt, schwillt er erbsengroß auf und ent wickelt einen Sack mit hellgelben Eiern. Leute mit em:

mende Möve, die das Lagerfeuer Burtons kreischend zu

pfindsamer Haut fühlen den ersten Stich, und ziehen sich

umflattern pflegte. Etwa unter 17 ° 40 ′ E. Br. hörte Burton zum erstenmal das Geschrei der Guariba Affen

selbst oder lassen sich von Negern mit einer Nadel das

(Mycetes ursinus).

Thier herausziehen .

Platt aber dabei der Eierbeutel, so

Brüllaffe nicht südlicher sich verbreitet, allein das Land

eitert die Wunde, und wochenlange Lahmheit kann dann

besitzt noch immer eine beträchtliche senkrechte Erhebung.

eintreten.

Man wird sich wundern daß dieser

Burton selbst war genöthigt an einem ein

Schlangen sind bei weitem nicht so häufig als wir nach den

zigen Tage nicht weniger als sechs solcher Hautflöhe zu

gemeinen Vorstellungen von den Tropen vorauszusetzen gewöhnt sind. Die Anaconda soll sich zeigen und nach

entfernen .

An kühlen schattigen Plätzen hausen wiederum

die Borrachuden (Culex penetrans), deren Stich das Aus: treten eines Bluttröpfchens zur Folge hat, das vollſtändig ausgepreßt werden muß ; ferner sollte man noch Ammoniak über die Wunde reiben, weil sonst das Jucken bis zum Unerträglichen sich steigert. Die Moskiten sind weniger lästig, denn sie gehören nicht zu der großen Art die

Angabe der Eingebornen sogar ausnahmsweise bis zu 60 (?) Fuß wachsen, doch sind Exemplare von 30 ′ bereits selten, da die Grasbrände die meisten Thiere schon in der Jugend zerstören. An Klapperschlangen fehlt es zwar nicht, doch hörte Burton nie in Brasilien daß ein Mensch von ihnen

auf

gestochen worden sei, da das Thier träg und harmlos bleibt solange es nicht gereizt wird. Freiwillig angreifen

halten; auch bemerkt Burton daß am obern Velhas eine

soll nur die Jararoca, eine lanzenköpfige Otter (Viper

sich an der Küste , in den

Leuchterbaumsümpfen

sehr hübsche Tabaksstaude (Nicotiana ruralis oder Langs

atrox oder Bothrops Neuwiedii,

dorfii) wächst, mit deren Blättern sich der Wanderer nur

Korallennatter (Coluber fulvus oder Elaps corallinus)

Hände und Gesicht zu reiben braucht um in den Moskiten

mit prächtigen schwarzen carminrothen und grünen Ringen und eine ähnliche Art (Coluber venustissimus) , sowie

wolken ungestört sich bewegen zu können .

Sonſt ſind auch

noch die winzig kleinen Sandfliegen, von den Braſilianern polvora (Pulver) oder Mucuim genannt, zu fürchten.

Zu

Spix.)

Die gemeine

eine dritte mit orangegelbem Kopfe (C. formosus), endlich die Peitschenschlange sind unschädlich, was auch die Ein

ihnen gesellen sich die Maruim, deren Stiche wie glühende

gebornen sagen.

Woher der vielverbreitete Haß des Men

Nadelspigen schmerzen und die besonders in der Nähe der

schen gegen die Schlangen stammt ist ein Räthsel.

Augen quälende Anschwellungen erzeugen. In den Flüſſen hausen die Jacaré (Crocodilus sclerops), die jedoch nicht dort, sondern nur dann gefürchtet werden wenn sie in

manchen mag er sich aus der Bibel herschreiben, viel leicht ist es auch

die Menschenähnlichkeit

Bei

des Kopfes

oder der unheimliche Blick, die den Widerwillen erregen,

Seen auftreten ; gleichwohl hörte Burton daß kürzlich selbst

wenn nicht dahinter nur eine gemeine Furcht vor den Gift

ein Flußkaiman ein Weib ins Wasser entführt haben solle,

fängen sich verbirgt, und die giftlofen für die Bösartigkeit

doch sah Burton im Velhas wie im Francisco nur kleine Exemplare, die 5 Fuß nicht überschritten, und, da an bei den Flüssen fleißig gebadet wird, so kann die Gefahr nicht ernſt ſein. Am obern Velhas läßt sich in der Dämmerungszeit beständig ein Ziegenmelker vernehmen.

Das Geſchrei iſt

höchst eigenthümlich, nach angelsächſiſchem Gehör soll es lauten Pst-whip-poor- Will (Bst-peitsche- armer-Wilhelm), die Portugiesen dagegen wollen

die Worte vernehmen :

„Johann schlägt Holz" (João corta páu). daß

Burton geſteht

man beides heraushören könne, den portugiesischen

Sat jedoch besser als den englischen.

Aehnlich ist es mit

ihrer Anverwandten büßen läßt .

Auch in Braſilien wird

ein starker Branntweinrausch als das beste Gegenmittel für Schlangenbisse angewendet. Bei Guaicuhy liegt die Mündung des Velhas in den Franciscusstrom ( at. 17° 11 ' 54" und long 1° 43 ′ 35" West. Rio). Der Wasserspiegel besitzt noch immer 567 oder 432 Meter absoluter Höhe nach zwei verschiedenen Messungen.

Der Velhas dehnt sich dort 167 Meter in

die Breite aus und liefert 209 Kubikmeter Wasser in der Secunde, der Franscisco dagegen hat eine Breite von 359 Metern und einen Eccundenerguß von 446 Kubik metern. Gleich oberhalb der Vereinigung bei Pirapora (wörtlich Fischsprung) ergießt sich der Francisco in

einem Kiebig (Vanellus cayennensis Neuw ) , der am untern Velhas sich einstellt. Die Spanier nennen ihn nach seinem Geschrei Tero-tero, die Portugiesen Quero-quero (ich suche,

Höhe, die jedoch nur am rechten Ufer senkrechte Abstürze

suchej. Da manche Gelehrte Werth auf solche Namenschöpfun

bilden. Von da ab bleibt der São Francisco schiffbar bis zu

gen legen, wollen wir noch hinzufügen daß am untern

den großen Fällen in der Nähe der Küste, und wird mit Barken

Francisco ein anderer Vogel die Worte vernehmen läßt:

befahren von 45 Fuß Länge und 14 Fuß Breite bei 3-5 Fuß

(das) Feuer (ist) erloschen, nämlich fogo ' pagou ( apagou).

Tiefgang.

Zu diesen Vögeln gesellen sich bei Annäherung an den

Strom gesehen. Segeldruck aber wird nicht zur Fortbewegung

kurzem Abſtand über zwei Stufen von 6 und von 7 Fuß

Erst seit 40 Jahren etwa werden sie auf dem

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

377

angewendet, vielleicht aus Furcht vor den plöglichen Wind

jedenfalls die bequemere Fortsetzung des Wasserweges nach

stößen, daher denn auch bei der Bergfahrt während der nassen Zeit die Boote, mit Stangen geschoben , nur zwei

dem Innern von Minas, auch hat der Ausschuß für die

Legoas im Tage zurücklegen können.

Die Barqueiros oder

Schiffsknechte sind ein eigener meist achtungswerther Men schenschlag, nur die roheste Sorte ist leidenschaftlich den Weibern und dem Branntwein ergeben, aber auffallend ist

Stromarbeiten sich zu Gunsten des Velhas statt des obern São Francisco entschieden.

Die Bevölkerung im Gebiet

des lehteren wird auf 12 bis 2 Mill . Köpfe geſchäßt, könnte aber zehnfach größer sein. Obgleich sich keine feste Grenze ziehen läßt für gesell.

auch bei ihnen die Abwesenheit aller schlechten Reden oder Schimpfworte in ihrem Munde. Sie schwelgen in

schaftliche Zustände, so verändern sich doch die Brasilianer

dem schädlichen Chancaca-Zucker oder der Rapadura, einer

Francisco erreicht.

unkrystallisirten Zuckermasse von welcher die Molaſſe nicht

einigen, beginnt die paradieſiſche Trägheit sich zu zeigen,

abgeschieden ist, ja Burton sah sogar einen Mann auf einem Sitz zwei Pfund davon verzehren. Merkwürdig ist

und so eifrig Burton im Lobe der Südbraſilianer gewesen war, so sarkastisch behandelt er die Nordbrasilianer im all.

ihre Begabung für Stegreif-Poeſie. Männer und Frauen hocken einander gegenüber und antworten sich singend ohne

gemeinen.

sehr merklich sowie man die Mündung des Velhas in den In Guaicuhh, wo sich die Ströme ver

Der Schmuß in den Häusern könnte die höch

ſten Anforderungen befriedigen, da ihn das geſchwisterliche

den mindesten Anstoß. Allerdings ist im Portugiesischen nie

Zusammenleben mit den Schweinen und die Nahrung aus

mand in Verlegenheit einen Reim zu finden, allein die Leute halten auch ein strenges Versmaß inne. Für jeman

Fischen und Manioc mächtig fördert.

den der sie miethet, wird diese Gabe bisweilen lästig, da sie wie die indischen Palankinträger ihn auf sehr dreiste Weise zum Gegenstand oder vielmehr zur Zielscheibe ihrer

Unbeabsichtigt wer

den die Leute dem Fremden sehr lästig. Sie lehnen sich unter die Thüre seines Obdaches und starren ihn an mit Augen wie Marmorgötter, mag er nun gerade essen, oder sich den Bart scheeren oder ein Bad nehmen. Selbst

Dichtungen erwählen . Der São Francisco (von 2900 Kilometer Länge) ist

Frauen, die Cigarette im Munde, treten ungeheißen ein,

nach dem Amazonas (5400 Kilometer) und dem Paraná oder Laplata (3440 Kilom. ) der dritte Strom Südameri ka's, denn der Tocantins besißt eine Entwicklung von nur

und beginnen zu plaudern als ob sie die ältesten Bekann ten wären.

2300 Kilometer.

In Europa ist ihm nur die Wolga über

legen, sonst aber gebührt ihm der 16. oder der 17. Rang unter den Strömen der Erde.. Der Bau seines Strom: bettes ist ein großes Räthsel.

Agassiz hat jetzt feſtgeſtellt

daß die Becken des Piauhy und des Amazonas der Kreide: zeit und Süßwasserbildungen angehören . Er denkt sich das letztere als einen ungeheuern Süßwassersee, der einen Gebirgsriegel nach dem atlantischen Meere durchsprengte (!) . Das geologische Alter des São Franciscobeckens dagegen ist noch nicht ermittelt, wenn auch geologische Karten von Süd amerika bereits in Umlauf sich befinden . Hr. Chusin war so glücklich den Abdruck einer --- einer! ―― Univalve dort

warten nicht ab daß man sie zum Niedersißen einladet,

Gleich beim Eintritt in den São Francisco änderte sich das Wetter : es fielen die ersten Regen.

Dieß waren

jedoch nur künstlich herbeigezogene Vorläufer, eine Folge nämlich der Prairiebrände, die nothwendig über dem Lande eine Auflockerung der Luft bewirken und ein Hereinströ men von kalten Südströmen verursachen.

Im November

jedoch treten die ersten ergiebigen Regen und mit ihnen ein Hochwasserstand ein der bis zum März anhält. Mit wenig Ausnahmen werden fast alle Ortschaften dann über schwemmt, und daß sie später von Fiebern heimgesucht wer den, kann sich jeder selbst sagen. Burton, der sich im September nach Norden, also der Sonne entgegen be wegte kam noch etwas früher in den Gürtel der Regen:

zu entdecken, denn Südamerika wie Südafrika sezen durch ihre Armuth an Fessilien unsere Geduld auf eine schwere

zeit, und die Stromfahrt empfing durch tägliche Gewitter eine sehr unerbetene Würze. Gefährlich geradezu sind auf

Probe, und alle Bergleute in Minas klagen daß sie keine Muscheln in den Gruben finden. Nach dem Baer'schen Ge

dem São Francisco plötzliche Windstöße von solcher Gewalt

seze sollte der São Francisco, auf der südlichen Halbkugel nach Norden fließend, ſein linkes oder östliches Ufer unter wühlen, und sollen sich die steilen Uferabstürze wirklich nach

untern Strecke dagegen dringt der Passatwind durch die

St. Hilaire am östlichen Ufer finden. Burton konnte dagegen bei seiner Fahrt die Regel nicht giltig finden, und bemerkt daher daß jene Lehre einen praktischen Werth für den Francisco nicht besize. Da dieser Strom kurz vor seiner Mündung noch über Anhöhen herabſtürzt, so ist er einer der schönsten Typen eines Plateaustromes. Weil er aber eben deßwegen vom Meer aus immer unzugänglich bleiben muß, so kann er auch nur dem Binnenverkehr dienen, allein ſelbſt dann nur bis zur Velhasmündung. Der Velhas ist

daß sie selbst Verheerungen anrichten können,

auf der

engen Uferwände mit Heftigkeit stromaufwärts. Zwischen São Romão und Januaria, also just unter lat. 16 , entdeckte Burton eine alte Freundin, auf die er so wenig gefaßt war als irgend einer seiner Leser, näm lich die Cocospalme - Cocos nucifera, seßen wir hinzu, Von da damit niemand ein Mißverständniß vermuthe. ab begleitet sie den Fluß abwärts bis zur See gewiß auf 200 deutsche Meilen, während nach dem atlantischen Meer im Vogelflug noch 80 deutsche Meilen Zwischenraum liegen. Die Cocospalme ist nun bekanntlich ein Strandgewächs, welches die Nähe des Meeres liebt und sich von ihm nicht gern

Richard Burtons Wanderungen durch die braſilianischen Hochlande.

378

entfernt. Doch hier zeigt sich deutlich daß sie nicht sowohl

jest wendet er sich in einem sanften Bogen der Küste zu,

an die See gefesselt ist als vielmehr nur einen salzigen

erst nordöstlich, dann östlich, dann ostsüdöstlich fließend. Am Beginn dieser Strecke liegt ein Dorf Namens

Boden erfordert. Dieser ist denn auch im São Francisco thale vorhanden, man findet sogar Strecken wo das Salz ausblüht.

Dadurch gewinnen wir zugleich einen Finger

zeig für die Bildungsgeschichte des Strombeckens.

Burton

betrachtet ihn nämlich als einen kürzlich erhobenen ehema ligen Meeresboden, dessen Rückstände noch nicht völlig ausgelaugt worden wären, allein eben so gut fönnte man dort einen vormaligen salzigen Binnensee suchen, der

Xique-rique auch Chique-chique geſchrieben, denn das x ver: tritt das französische eh in charme. Xique-gique ist der Indianername für die Opuntien, und zwar an manchen Orten für einen eßbaren Cactus, der, geröstet und geſchält, den Geschmack von süßzen Kartoffeln (Bataten) haben soll . Dort am São Francisco wird jedoch damit ein fast baumartiger Orgelcactus bezeichnet. Zu ihm gesellt sich noch ein an

Das Salz spielt

deres wohlbekanntes Gewächs, ein Wohlthäter der Thiere in durstigen Ländern der Melonencactus (Melocac us oder

übrigens im Innern Braſiliens eine ebenso entscheidende Rolle wie im Sudan Afrika's, denn alle Hausthiere, nicht

Echinocactus) , so benannt wegen der Gestalt seines Stammes, von den Portugiesen aber Mönchshaupt (cabeça

bloß Rinder, sondern auch Maulthiere und Schweine ver

de frade) geheißen.

langen mit Begierde nach diesem Gewürz, und sammeln ſich

mit den Hufen die gewaltigen Stacheln von der Melone abzustreifen, und ihren Durst an dem schwammigen inneren.

trocken gelegt wurde als er einen Abfluß durch die großen Wasserfälle von Paulo Affonso erhielt.

an jedem Plage wo sie Spuren davon finden um ſie auf zulecken.

Ohne Salz kränkeln und fallen sie.

Als Ersay

mittel gibt man ihnen daher mitunter Schießpulver mit Del und dieß ist jedenfalls besser als gar nichts . Eine andere Palme zeigt sich am Ufer da wo der Fluß den 12ten Breitegrad durchschneidet, es ist die Carnahuba oder Wachspalme (Corifa oder Copernicia cerifera), die mit 5 Jahren ihre höchste Schönheit erreicht und deren malerische Wedel, fächerförmig gestaltet, mit grimmigen Sie gehört zu den nugbarsten Dornen bewaffnet sind. Arten ihrer Familie, denn sie liefert aicht bloß Holz zu Bauwerken sowie ein eßbares Gummi, sondern die Blät ter des jungen Baumes, wenn sie 2 Fuß Länge bei glei cher Breite erreicht haben, lassen, abgeschnitten und getrock net, schmutzig gelbe Schuppen fallen, die bei Schmelzhite in braunes Wachs sich verwandeln. Auch in den unreifen. Beeren, sowie am Krontrieb der Palme, der deßhalb ab gefragt wird, ist Wachs enthalten. Dem Fehler dieses Productes, nämlich seiner großen Sprödigkeit, läßt sich ab: helfen wenn der Masse ein Drittel Bienenwachs oder 10 bis 1 Talg zugesetzt wird. Carnahuba-Kerzen haben eine Rhabarberfarbe, aber ihr Licht läßt sich nicht vergleichen mit dem schlechter Paraffinkerzen. Etwas oberhalb dieser Palmengrenze, nämlich bei Urubú,

Reitthiere und selbst Rinder lernen.

Fleisch zu stillen. Rosse die sich an diese Nahrung ge wöhnt haben gedeihen viel besser und werden höher bezahlt als solche die sie verschmähen.

Burton, der Xique-xique bei einer Eröffnung von Dampfschifffahrten eine große Zu kunft voraussagt, durchsuchte auf einem Ritt die Umgegend. Er traf wenig Leute unterwegs , doch gehörte zu der wieder kehrenden Staffage ein Mann zu Roß mit einem Säug ling in den Armen und daneben die Mutter zu Fuß. Jedermann trug Waffen, denn die Gegend ist unsicher, und ein kürzlich verübter dreifacher Mord hatte die Be wohner in gesteigerte Besorgniß verseßt. Doch ist die Um gebung der Cactusſtadt außerordentlich fruchtbar, und ihre Lage eine gesunde. Wie heiß es übrigens dort sein muß kann man aus der Bemerkung schließen, daß ein kalter Regen und Wind unserm Verfaſſer Frostschütteln verur sachte, obgleich das Thermometer noch immer 18° R. zeigte. Bei Pilão Arcado oder etwa unter dem 10. Breite: grade, wo der Fluß von Nordost eine Viertelswendung nach Osten vollzieht, hört das Sandsteingebiet wieder auf, be grenzt von Gneisgranit, der rasch in wahren Granit über geht. Der materielle Zustand der Flußanwohner beſſert sich durchaus nicht, sie wissen mit dem Nothdürftigſten das Leben zu fristen, und beschränken ihre Arbeit auf das mög lichst kleinste Fleckchen Erde, überhaupt ist das Land dort

einer Stadt von etwa 300 Feuerstellen mit 16-1700 Ein

ein „ Treibhaus des Müssigganges, " wie Burton sich aus

wohnern, die in Armuth, Niedrigkeit und Unwiſſenheit le ben, so daß ein Landgut in Minas oder São Paulo an

drückt. Die Stadt Joazeiro, von den Bewohnern oberhalb gepriesen wie ein Klein- Paris , besteht aus einer Häuser

ökonomischer Wichtigkeit eine ganze Stadt wie diese auf wiegt, beginnt sich der Boden völlig zu ändern. Das

fronte, 21-25 Fuß über den niedrigsten Waſſerſtand ge

Kalkgebiet mit seinem reichen Lehmboden geht über in Sandstein und die früher waldigen Ufer tragen nur noch

Ueberschwemmungen geschüßt. Die Straßen sind unge pflastert, und nur die besten Häuser mit einem Unterbau

niederes Buschwerk.

aus Backsteinen versehen.

Der Strom selbst der bisher zwischen

legen, und, mit Ausnahme von ſeculären Hochwassern, vor

Im Jahr 1852 wurden dort

flachen Gestaden sich ausbreitete, und sie bei Hochwasser

1328 Köpfe gezählt, jezt mögen etwa 2000 vorhanden sein.

mit weiten Ueberschwemmungen bedrohte, wird jetzt einge engt durch steile Uferwände, durch welche auch die Zuflüſſe

Der Play ist sehr günstig gelegen, denn es freuzt dort den São Francisco die Hauptstraße aus Bahia nach den nördlichen Pro

sich hindurch drängen müſſen . Weiter unterhalb verändert der

vinzen, dagegen ist der Boden in der Umgegend hart und

Francisco seinen Lauf ; bisher floß er streng nach Norden,

mager, zugleich aber verhältnißmäßig hoch im Preise.

Bei

Richard Burtons Wanderungen durch die brasilianischen Hochlande.

Joazeiro sollten die beiden projectirten anglobrasilianischen Eisenbahnen endigen, denen das Reich 5 und die Provin zen noch 2 Proc. Zinsen garantirt hatten. Die bisherigen Bauten sind unsinnig kostspielig und äußerst liederlich aus geführt worden, die Actionäre haben viel von ihrem Ver mögen eingebüßt und das Land ist überbürdet worden mit einer Zinſenlaſt. Unterhalb Joazeiro verwandeln sich die Ufer in einen Garten, auch sind überall die Zeichen flei

379

des Flußgefälles. Die Strömung war so stark, daß Bur tons Floß in einem Tage (4 Nov. ) 27 engl . Meilen zu rücklegte statt 14, dem bisherigen Durchschnittes auf dem untern Strome. Auf der seichtesten Stelle war jedoch das Wasser durch die Regen von 5 auf 8 Palm gestiegen und die Gefahren dadurch betrachtlich vermindert worden. In früheren Zeiten mag der Strom wohl über Stufen hinab gesezt sein. Diese hat er aber ausgewaschen, und nur noch zahl:

etwa bis Villa da Boa Vista

reiche theils bewachsene, theils kahle Klippeninseln stehen lassen.

(500 Köpfe), wo wiederum eine größere Verödung eintritt.

Hinter dem letzten Falle wird er wieder spiegelglatt. Dort

Hinter dieser Stadt beginnen nämlich die Stromschnel

gleichen die Ufer denen des Nils oder des Indus, wo sie in das trockene Land hinaustreten. Die Verdunstung unter der

ßigen Anbaus sichtbar,

len, deren Bedeutung schon hinlänglich fühlbar werden. wird, wenn wir hinzusehen daß Joazeiro, obgleich der Küste

tropischen Sonne bewirkt troß der Nähe des Meeres eine ſicht

doch so nahe, noch immer 1000 Fuß Erhebung über den Meeresspiegel besißt. Der erste Vorläufer der Kataracte

liche Verminderung der Wassermasse, und der geringe Anbau

befindet sich aber noch viel weiter oberhalb, es iſt nämlich die

breitung des Druckwaſſers. Die Wildheit der vormaligen Granitlandschaft geht über in die sanften Linien von Sand:

Cachoeira (Stromschnelle) do Sobradinho, ein paar deutsche Meilen oberhalb Joazeiro, welche jedoch bei Hochwasser der Schifffahrt keine erheblichen Hindernisse bereitet. Allein dort sieht man die erste Granitinsel im Francisco wenn man den Strom von Velhas aus hinabſchwimmt.

Zwischen Villa da Boa Vista bis zum eigentlichen be rühmten Stromſturz von Paulo Affonso gibt es zwei reißende Strecken. Die erste sind die „ gutartigen " Stromschnellen, vertheilt über etwa 30 Legoas . Der Strom hat dort sein Felsenbett bis zu dem Granit hinunter eingeschnitten, aber

des sandigen Ufers reicht nicht weiter als die seitliche Ver

steinbildungen.

Wie in allen trockenen Ländern sind die

Gewächse mit Dornen und Stacheln reich bewaffnet, und natürlich fehlen auch nicht die Cacteen .

Einzelne Felsen

am Ufer sind mit eingerißten Zeichen versehen, die Burton mit rührender Gewissenhaftigkeit abgebildet hat, und die, wie wir fürchten, von nordischen Alterthumskennern begie rig als Runenschrift erklärt werden möchten.

Kaiser Dom

Pedro II hält sie für Inschriften der Quilombeiros, das heißt entlaufener Negersklaven, was Burton aus dem Grunde

noch eine Menge Inselklippen stehen gelassen zwischen denen

bestreitet daß das Schreiben und Bekritzeln etwas völlig

das Wasser mit doppeltem Gefäll wie durch Pfeiler einer Brücke hindurchschießt. Die Stromlandschaft ist voller

unafrikanisches sei.

Schönheit, doch entzieht ihr die beinahe gänzliche Abwesen heit der Palmen jeden tropischen Anstrich. Bei einer dieſer Inseln ließ Burton sein Floß landen. Vielleicht hat man cher Leser, dem Brasilien nicht genauer bekannt ist , sich im Stillen gefragt wo die Eingebornen, die Botocuden, Co roados und wie die andern Stämme heißen, geblieben seien.

Sie sind aus jenem Flußthale seit diesem Jahr.

Uns haben sie an die Felsenrißungen

erinnert die in Guayana so häufig vorkommen und über deren culturgeschichtliche Werthlosigkeit Hr. v. Martius in seinem letzten Werke sich sehr verſtändig geäußert hat. Bei dem Porto de Sao Pedro Dias da Varzéa Re donda, ein etwas langer Name für wenige Behausungen, beendigte Burton seine Stromfahrt, und verkaufte er seine Arche, denn der Rest des Weges mußte durchwandert wer den. Gleich hinter Varzéa Redonda liegt nämlich der Fall

aber lehrreich genug für einen aus der Ritter'schen Schule, hat noch ein

von Itaparica, das Vorspiel des großen Sprunges auf die lehte Küstenstufe. Der Fluß hat sich dort sein Bett durch

Rest von ihnen auf einer Insel in jenen Stromschnellen, sowie

Sandstein geschnitten, welchem Syenit als Unterlage dient. So weit die Wogen waschen, erscheint das Gestein ganz

hundert verschwunden , Geographen

ein anderer weiter unten das Daſein fristen können . Das Völk chen sammelte sich um das Fahrzeug und wollte offenbar sich unangenehm machen, da die Männer mit Meſſern ſowie mit kleinen Bogen und Pfeilen wie sie zur Vogeljagd die. nen, sich sämmtlich bewaffnet hatten. Aber die unver fälschten Rothhäute waren auch unter ihnen schon verschwun den. Hie und da zeigte sich bereits gekräuseltes Haar und verrieth deutlich die Vermischung mit afrikanischem Blute. Wie bei den Botocuden wurden Anklänge an den mongolischen Typus an ihnen sehr auffallend. Der Schä del war dick und rund wie bei den Kalmücken, die Gesich ter platt mit vortretenden Backenknochen, die Augen schief gestellt wie bei den Chinesen. Die schlimmen Stromschnellen " des Francisco liegen bei Surubabe und bestehen aus neun Brüchen im Profile

schwarz und blank gefärbt als ob es mit einem Theerspiegel überzogen wäre. Innerhalb einer Viertelwegstunde besigt der Strom ein Gesammtgefäll von 55 Fuß, und an einer Stelle der bahianischen Userseite stürzt er in einem Sat über einen Uferrand. Die Höhe dieses Sprungs wechselt je nach den Jahreszeiten von 6 bis zu 32 Fuß . An einer andern Strecke gleicht das Strombett einem vulcanischen mal pais. Die Steinblöcke liegen dort so dicht ausgestreut, daß bei niedrigstem Wasserstand ein Mann mit einer Springstange trocknen Fußes über den ganzen São Fran cisco sehen könnte. Der Anblick ist nicht anmuthig, auch nicht großartig, sondern düster und unerquicklich. Auch gibt es in der Nähe und bis nach Paulo Affonso keine Behausungen, sondern herrscht völlige Dede.

Die Farbe der Wintervögel.

380

Mit dem Gefühl einer bevorstehenden Enttäuschung

noch immer 305 · Fuß absolute Erhebung,

also ein sehr

näherte sich Burton dem Paulo Affonso, den die Brasilia

starkes Gefäll für die noch übrige kurze Strecke bis zum

ner als den Niagara Südamerika's betrachten . Mit jenem nordamerikanischen Stromsturze hat aber der brasilianische

Meere.

Wenn der Niagara in jedem Jahr einen Fuß

zurückschreitet, so müßte der Paulo Affonso nach gleicher

Der Niagara als Abfluß eines Sees

Zeitberechnung mindestens 2400 Jahre alt seyn, ein sehr

ist ziemlich unabhängig von den Jahreszeiten, während der

färgliches Ergebniß an Zeit und willkürlich obendrein, denn

Paulo Affonso durch die Regenzeit gewaltig verändert wird. Ferner hat er bereits sein Bett in einer Schlucht bis zu

die Auswaschung bei gleichem Gefäll und gleicher mitt

wenig Aehnlichkeit.

260 Fuß vertieft, und wird von ihr an der engsten Stelle

lerer Tiefe hängt vollständig Gesteins.

ab von der Härte des

auf 51 Fuß zusammengepreßt, wobei sich seine Oberfläche in schäumende Milch verwandelt. Der Umgebung fehlt

Am Schluß unserer Musterung des Buches können wir Burton das Zeugniß ausstellen daß wir lange Zeit

jede malerische Anziehungskraft, denn das Naturwunder

kein so langweiliges und unergiebiges Werk unter der

ereignet sich auf einer kahlen Hochebene, der das saftige Laubgrün des Niagara völlig mangelt. Auch handelt es sich nicht wie bei diesem Katarakt um einen senkrechten

Hand gehabt haben wie dieses leßte Erzeugniß des vor

Sprung, sondern nur um eine Senkung auf starkgeneigten

mals so geistreichen und sprudelnden Schriftstellers . Zwei Bände von 900 ziemlich eng gedruckten Hoch Octavſeiten stellen die Geduld auf eine harte Probe, und schwer

Abhängen in drei Absäßen . Ehemals muß der Strom sanft über die Hochbebene geflossen sein, bis er dort eine

lich dürften sie viele unter seinen englischen Leser be

mürbe Stelle in den Felsen fand, die er sich rasch vertiefte.

Bandes, so werden sie dort eine Blumenlese aus französischen

Dornengewächse sind auch am Paulo Affonso vorherrschend, die Cacteen stehen in voller Kraft, und zu ihnen gesellt

men daß die Engländer sich in Braſilien durch ihre Bru

sich eine Riesennessel, Causanção major von den Portu giesen, Jatropha urens von den Botanikern geheißen. Von den drei Absätzen über welche das Wasser sich ergießt, en

stehen.

Erreichen jedoch einige den Anfang des zweiten

und deutschen Reisenden finden, die sämmtlich übereinstim

talität verhaßt gemacht haben. Burton ergeht sich dabei in Klagen daß seine Landsleute - genau so wie die Fran zosen und neuerdings die Deutschen — gewöhnt sind ihr

digt der oberste mit einem Sturze von 32 Fuß Tiefe, der Strom wird dann zu einer Biegung nach Südwesten ge

eigenes Lob zu singen, und daß diese Selbstberäucherung Burton fann seine für Patriotismus angesehen werde.

nöthigt, und durch aufragende Felsenzähne in fünf Bänder getheilt, von denen vier einen senkrechten Sprung vollziehen,

Landsleute nur damit trösten daß, wenn man sie haſſe, andere fremde Nationen von den Brasilianerns nicht we

während das fünfte eine Strecke lang sich über den andern.

niger als geliebt werden.

hält, dann an einem Felsen westlich abprallt, und in den

wanderung gehofft, und was sie ihnen brachte ist noch

gemeinsamen Keſſel stürzt. Hierauf tobt der Strom über ein halbes Duzend Stufen einen Abhang von 39 Fuß

weit unter dem geblieben was sich bei größter Bescheiden:

Sie haben zu viel von der Ein

heit erwarten ließ.

abwärts nach dem letzten Sturze, der, gegen Süden gerichtet, 192 Fuß Höhe beſißt. Unten angelangt springen die Waſſer massen zornig wieder empor, und stoßen eine hohe Nebelsäule in die Luft. Dieß ist der großartigste Theil des Schauspiels

Die Farbe der Wintervögel .

gesehen vom Rande der überhängenden Felsentafeln. Der Nia gara besteht bekanntlich aus dem Hufeisenfall von 158 Fuß Tiefe und 1900 Fuß Breite, und dem amerikanischen Falle

In Altum, „ der Vogel und sein Leben, " wird die in: teressante Frage aufgeworfen, warum diejenigen größeren

von 162-164 Fuß Tiefe und 908 Fuß Breite. Das ge sammte Bett ist also 3225 Fuß breit, wovon 2808 mit Wasser bedeckt sind, während der Rest der Ziegeninsel zu

Wintervögel, welche ein durchaus offenes Leben führen

kommt.

Schnee sich so grell wie möglich abheben.

Der Paulo Affonso dagegen wird an der schmal

und daher von weitem sichtbar sind. ihre Farbe für die Winterszeit durchaus nicht verändern und von dem weißen Es sind dieß

sten Stelle auf 72 Palmen oder 50 engl. Fuß verengt. Der Strom verliert auf den drei Abstürzen im ganzen

nämlich unſere ſchwarzen Vögel : Rabe, Krähe, Saatkrähe,

261 ' 11 " an senkrechter Erhebung . Wenn Burton dennoch den Paulo Affonso dem Niagara vorziehen will, so kann man

Drosseln ist die schwarze Amsel der einzige Standvogel.“ „Alles soll Harmonie sein, alle Vögel sollen in ihrem Ge

sich dieß nicht anders erklären als daß die Engländer eine

fieder den farbigen Charakter ihrer Wohnstätte widerspie

besondere Neigung verspüren alles Nordamerikanische zu verkleinern, denn der Paulo Affonso verhält sich zum Nia

Schneefeldern diese schwarzen Vögel. "

gara etwa wie der dritte Theil des schweizerischen Gieß baches sich zum Rheinfall bei Schaffhausen verhalten würde.

Dohle, Elster. “

Der Verf. sezt noch hinzu : „ja von den

geln, und hier der denkbar größte Contrast, auf weißen Altum, der Dar

wins Leistungen mit einer unglaublichen Naivetät ignorirt, weiß als Teleologe keine andere Erklärung vorzubringen als

An eine Schiffbarmachung des Francisco kann vorläufig

die: „Nach meinem Geschmack ist keine als die Rabenfarbe,

nicht gedacht werden, selbst unterhalb der Fälle behält er

schwarz, weiß, grau, in so hohem Grade geeignet den Winter

Verbreitung und Häufigkeit des Polarlichts.

nicht freilich als den Tod des thierischen Lebens, wohl aber als monotone Ruhe erscheinen zu lassen, also die feier liche Winterstille zum Ausdrucke zu bringen, und es iſt nicht unwahrscheinlich daß andere mit mir in diesem Ur theile übereinstimmen. " Mit dieser Erklärung gibt Altum einen vortrefflichen Beleg zu zwei Säßen, die den Eingang jenes Buches zieren. Zuerst sagt er von der Anschauungsweise welche gegenwärtig die herrschendste in der Natur ist : „Auf diesem

381

Man wird einwenden daß so scharfsichtige Thiere wie die Raubvögel sich durch solche Maskeraden unmöglich wer den täuschen laſſen. Allein man vergesse nicht daß es einem im Fluge dahinstürmenden Raubvogel wohl eben so schwer wird einen Gegenstand gut zu firiren und ihn nicht aus dem Auge zu verlieren, als uns, wenn wir mit der Eisenbahn dahinschießen. Weiter vergesse man nicht daß beim Erkennen eines Thieres es sich nicht allein um die Sehkraft, sondern auch um eine vergleichende Denkthätig

Standpunkt stehen die Naturforscher als solche, und leisten

keit handelt.

fortwährend in

Da diese lettere beim Menschen weit mehr

Großartiges."

entwickelt ist, so wird sich ein Mensch ceteris paribus viel

Dann schildert er seinen, den teleologischen Standpunkt, und bekennt mit rührender Offenheit : „Freilich lassen sich,

schwerer täuschen lassen als ein Raubvogel, nnd so dürfen

wie bereits angedeutet, von hier aus keine naturhistorischen

einen günstig gefärbten Vogel übersehen wird als uns dieß passirt.

den

einzelnen

Zweigen

Entdeckungen machen. “ Es dürfte nun interessant sein gerade an diesem Fall, vor welchem dem Teleologen nach eigenem Geständniß der Verstand still stehen bleibt, den Unterschied zwischen der Darwin'schen Anschauung und der Teleologie darzuthun,

wir denn kecklich annehmen daß der letztere eben so oft

Zum Schluß noch eine Bemerkung : Altum sucht eine solche wie die geschilderte Auffassung so darzustellen, als meinte unser einer die Thiere haben sich absichtlich diese pfiffigen Farben gewählt.

So kindisch kann kein ernster

Forscher denken, die Sache ist einfach die : weil dem Raub: da ein gewiegter Naturforscher, Kölliker, Darwin den vogel immer der Vogel am leichtesten zu Gesicht und in größten Teleologen nannte. die Fänge kommt,

Darwin erklärt die Farbe der Thiere als eine Anpassung bewirkt durch natürliche Auswahl ; nach ihm müſſen alſo die Thiere so gefärbt sein daß man sie möglichst schwer ſieht oder mit andern Dingen verwechselt.

der ungeschickt

(d . h . für das Opfer

nicht aber für den Habicht ungeschickt) gefärbt ist, so blei ben schließlich nur die geschickt gefärbten übrig. Dr. G. Jäger.

Wie paßt dieß

für die Farbe der genannten Wintervögel ! Höchst einfach ! man betrachte eine Schneelandschaft : sie gleicht einer weißen . Tapete mit einzelnen schwarzen oder düsteren Flecken und Strichen, gebildet durch vorragende Steine, Erdschollen, durch Pflanzen 2c.

Verbreitung und Häufigkeit des Polarlichtes. Wie Hr. Elias Loomis in seinem Werk über diesen

Es gibt also nur zwei Farben die ein Wintervogel, der weithin sichtbar ist, tragen kann, ohne sein Leben zu

in den hohen Breitegraden ,

und sind in den tropi

gefährden : entweder die Grundfarbe der Tapete, das Weiß,

schen Himmelsstrichen

unbekannt.

oder die Farbe der Flecke, in welchem Fall er mit ihnen verwechselt zu werden hoffen kann, oder weiße Farben in

(23° 9 ′ Br. ) kann man in dem Zeitraum eines Jahrhun derts nur sechs sichtbare Nordlichter erwähnen ; weiter süd

Warum sind sie nun aber just nicht weiß ? Einfach deßhalb weil sie auch im Sommer bei uns leben müssen, und da ist die weiße Farbe die aller unvor

lich sind sie noch seltener, während sie mehr nördlich, selbst

theilhafteste, wie man sich deutlich an den Haustauben überzeugen kann . Wo es Habichte gibt, sind es die weis

von Washington, findet man für den Jahresdurchschnitt

ihrer Vereinigung.

Gegenstand bemerkt, zeigen sich die Polarlichter besonders

beinahe

auf der Insel Cuba, häufiger werden.

In Habana

Wenn man vom

Aequator aus gen Norden wandert, längs des Meridians

der Polarlichter die folgenden Zahlen : 10 in 40º der Breite,

Ben Tauben die immer zuerst aus den Flügen heraus: Kann also ein Standvogel der gema gefangen werden.

Zwischen 50° und 62 ° sieht man das Polarlicht in fast

Bigten Zone seine Farbe nicht wechseln, wie die Schnee hühner, so bleibt ihm keine Wahl als in schwarz (bis grau)

jeder Nacht. Es zeigt sich dort in großen Höhen am Him mel, und eben so oft im Süden als im Norden. Ueber

20 in 42º, 40 in 45 ° und 80 in der Gegend von 50º.

In der That kann

62º hinaus vermindert sich die Jahreszahl der Lichter ; sie

man sich des Winters bequem überzeugen, wie leicht aus der Vogelperspective - denn von hier aus ersieht sich der ein stille sigender schwarzer oder Habicht seine Beute -

beträgt beinahe nicht mehr als 40, über 67° hinaus nur

sonst eintönig gefärbter Vogel mit einer Erdscholle 2c. zu verwechseln ist. Noch günstiger wird es wenn ein grell

lichen; nur vermindert sich die Zahl der Polarlichter weni ger rasch wenn man sich dem Nordpol nähert, indem der

weißer Fleck bewirkt daß die Gestalt des Vogels in zwei dunkle Stücke zerschnitten wird, weil dann auch die Contour verloren geht.

Himmelsstrich in welchem es im Durchschnitt jährlich 80

oder schwarz und weiß sich zu kleiden.

20, und in 78º nur 10.

Die im Meridian von St. Pe

tersburg beobachteten Ergebnisse sind nahezu

die näm

gibt, sich zwischen den Parallelen 66 und 75 befindet. Aus einem graphischen Umriß, der nach vorstehenden An :

382

Notizen über einige Handelsproducte.

gaben hergestellt worden . geht hervor daß die Gegend wo die Polarlichter am häufigsten sind um den Nordpol eine ei

bis 1820 nur eines jährlich gab. Von 1827 an fing die jähr

runde Zone bildet, deren Achse in der Breite von 56º durd)

liche Anzahl der Polarlichter wieder an sich zu vermehren ; sie belief sich von 1837 bis 1842 auf 42, und man kann

den Washingtoner und in der Breite von 71 ° durch den St. Petersburger Meridian geht.

bezeichnen.

Der geringen Anzahl von Beobachtungen zufolge die man über das Phänomen der Polarlichter in der südlichen

Jahren zwischen dem Maximum von 1787 von 1845.

Halbkugel besißt, möchte es scheinen daß sie in dieser Hemi sphäre minder häufig sind als in der nördlichen. Dennoch dürfte die größte Anzahl der Polarlichter der südlichen Halbkugel denen der nördlichen entsprechen ; man kann,

Hr. Loomis zeigt daß das Polarlicht seinen Sitz in der Atmosphäre hat, weil es an der Drehungsbewegung der Erde theilnimmt, und daß es eine elektrische Erschei

nach einer beträchtlichen Anzahl von Beobachtungen, sagen daß eine Erscheinung des Polarlichtes in der Nähe des einen der magnetischen Pole der Erde von einem gleich: zeitigen Erscheinen des Polarlichtes am andern magneti

das Jahr 1845 als die Mitte der Reichlichkeits : Periode Es gäbe sonach einen Zwischenraum von 58 und dem

nung ist welche in den hohen Regionen der Luft eintritt ; er verharrt in dieser Hinsicht auf den so ausgesprochenen bisweilen so kräftigen elektrischen Kundgebungen die während des Erscheinens der Polarlichter in den Tele graphendräthen stattfinden.

(Les Mondes.)

schen Pol des Erdballs begleitet ist. Ueber die Höhe der Polarlichter hat man viele von einander abweichende Angaben : eine Menge Beobachtungen die man auf verschiedenen Stationen über das Polarlicht des 28. Aug. 1859 angestellt, welches in einer so großen Anzahl von Gegenden sichtbar gewesen ist, führten zu dem Glauben daß seine obere Gränze 534 engl. Meilen über der Oberfläche der Erde war.

Notizen über einige Handelsproducte. Gummi arabicum

Bdellium Sesam Chilisalpeter. torum

Strychnos pota

Die höchste Höhe der Po

larlichter ist gemeiniglich 70 engl. Meilen ; allein es iſt sehr selten daß sie sich in einer Höhe, oberhalb der Erde, von weniger als 45 engl. Meilen, oder in einer solchen

Den Freunden der Handelsgeschichte und der Produc: tenkunde glauben wir einen Dienst zu erweisen, wenn wir fie auf eine Reihe von Arbeiten aufmerksam machen die

von mehr als 500 engl. Meilen zeigen. Die HH . Lottin und Bravais folgern aus einer ansehnlichen Zahl von Be obachtungen daß die mittlere Höhe der Polarlichter 60 bis 100 engl. Meilen über der Oberfläche der Erde beträgt.

Dr. Flückiger in verschiedenen Nummern der schweiz. Wochenschrift für Pharmacie und anderwärts veröffentlicht hat, wo sie vielen entgehen möchten. Das arabische Gummi welches nach England gelangt

Insbesondere ist die Zahl der Polarlichter um 11 Uhr vor

stammt sämmtlich aus Ostafrika, dagegen wird das west

Mitternacht, wenigstens im Norden Amerika's, am größten”, dann vermindert sie sich nach und nach bis um 1 Uhr

afrikanische Gummi über Bordeaux nach Frankreich einge führt.

nach Mitternacht. Nach 1 Uhr geht die Abnahme weit rascher von statten.

genau das nämliche Verhalten, und ihr etwas abweichendes Aeußere scheint nur von meteorologischen Einwirkungen

Die Gesammtzahl der Nordlichter während einer gewiſſen Jahresreihe war in den Frühlingsmonaten 698,

in den

Sommermonaten 661, in den Herbstmonaten 744 und in den Wintermonaten 542. Diese nämlichen Beobach tungen deuten zugleich auf ein im December ausgesproche

Das west- und ostafrikanische Gummi zeigten chemisch

herzurühren.

Das harzliefernde Gewächs ist in den Nil

ländern und am Senegal das gleiche, nämlich die Acacia. verek, die sich nach Aeußerungen von Gerhard Rohlfs auch in Centralafrika findet, daher durch das ganze Fest land verbreitet sein dürfte. Der Verek, wie ihn die west

nes Minimum, so wie auf ein anderes minder ausgespro

afrikanischen Neger nennen,

chenes im Juni ; ebenso gibt es, wie es scheint, zwei Ma rima, das eine im April, das andere im September.

nordwärts, tritt gesellschaftlich jedoch nicht als geschlossener Wald auf, und ist ein Strauch oder ein Bäumchen bis zu

Während gewisser Zeiträume sind die Polarlichter sehr häufig; dann kommt eine Periode mit einer Anzahl mehr

Gummibildung in der Rinde der Acacien während der

oder weniger beträchtlicher Jahre, während denen ihr Er scheinen selten wird. Aus einer tabellarischen Uebersicht

Regenzeit von Juli bis October ſtatt. Die heftigen trockenen und heißen Wüstenwinde führen durch plötzliche Austrock

20 Fuß Höhe.

erstreckt sich vom Senegal

Nach Schweinfurth und Baker findet die

welche die in New York und Boston angestellten Beobach

nung zahlreiche Risse in der Rinde herbei, aus denen bei

tungen von 1742 bis 1864, d . h . also 122 Jahre, umfaßt,

fortschreitender Einschrumpfung das Gummi herausgepreßt

ergibt sich daß von 1742 bis 1786 auf 1789 eine progressive

wird.

Vermehrung der Polarlichter vorhanden war, und daß dieser bis 1820 eine rasche Abnahme folgte. Danach erhob sich die

licher ausfällt, je anhaltender und stärker sich der aus:

mittlere Jahreszahl der Polarlichter von 1786-1789, der Epoche des Maximums, auf 48 , während es vom Jahr 1816

Einschnitten kann die Rede nicht sein, da sie ganz über :

Im December beginnt die Ernte, die um so reich

trocknende Ostwind zuvor eingestellt hatte.

flüssig wären.

Von künstlichen

Echon im zweiten christlichen Jahrhundert

Miscellen.

383

erscheint gummi arabicum unter diesem Namen als Han :

del des Mittelalters entweder uns entgangen oder von uns

delsartikel, arabisch aber hieß man es nur weil es von

nicht erkannt worden sei.

Arabern auf die Märkte gebracht wurde.

A. albida und A. Adansonii unbedeutende Mengen Gummi's

Höchst interessant ist ferner eine Bemerkung die Flücki. ger in der Berner naturhistorischen Gesellschaft am 9 Jan. vortrug. Sie betrifft nämlich die Gewohnheit daß die

als Beimischung des Verekgummi's liefern.

Engländer

Ein hochgeschäßtes aromatiſches Harz, das bei Schrift stellern des Alterthums als indisches Product erwähnt

oder modrigem Wasser die Trinkgefäße mit dem ge= pulverten Samen von Strychnos potatorum ausreiben.

wird, ist das Bdellium .

Wie schwierig der Name zu er

Bei dieser Bemerkung möchte manchen ein kalter Schauder

klären sei, mag man bei Lassen ( Ind. Alterth. 1. 290) nachlesen. Ebenso wenig befriedigend ließ sich bisher das

überlaufen, denn er denkt dabei an die Brechnüſſe (Strychnos nux vomica) , die 1 Proc. des furchtbaren Strychnins ent

Nur Acacia

verek ist die Mutterpflanze, höchstens daß A. nilotica

in Indien zur Klärung

von schlammigem

Muttergewächs dieses Handelsartikels feststellen , und es

halten.

gibt darüber eine ganze Reihe von Vermuthungen .

Verwandtschaft nicht das mindeste mit der chemischen Gleich

Jest

Allein hier lernen wir wiederum daß systematische

kommt unter dem Namen Bdellium (der jedoch nur ein

artigkeit der Stoffe zu schaffen hat, denn das fragliche Ges

usurpirter ist) ein Harz aue Senegambien.

wächs enthält ebenso wenig Spuren von Strychnin, wie

Ohne Zweifel,

bemerkt Flückiger, waren unter dem Bdellium des Alter thums Gummiharze indischer Balsamodendron-Arten zu ver

troh ihres Namen die Strychnos toxifera , welches Gewächs

ſtehen, und das Genus Balsamodendron ist mit den weih

jedoch dafür das furchtbare Pfeilgift (Curare, Wurali) lie. fert. Das Strychnospulver hat den Reisenden und den

rauchliefernden Boswellien verwandt. Nun ist eine jener Arten, nämlich Balsamodendron africanum über Südara

Truppen in Indien durch Reinigung des Waſſers vor treffliche Dienste geleistet. Ein kalter wässeriger Nieder

bien, Abessinien, Mosambik, und quer durch das afrikani

schlag der Samen, der als Hauptbestandtheil nichts weiter

sche Festland bis nach Senegambien verbreitet.

Das Harz

als Gummi enthält, gibt nämlich mit Gerbstoff einen reich

dieſes Gewächſes iſt, man weiß nicht waan und von wem, als Bdellium auf den europäischen Markt gebracht worden, und

lichen weißen Niederschlag, und da die Verunreinigungen des indischen Wassers wahrscheiulich meist aus gerbstoffhal

die Handelsgeschichte dadurch in die Gefahr einer Mystifi

tigen Pflanzentheilen bestehen, so erklärt sich dadurch das

cation gerathen .

Geheimniß der reinigenden Wirkung des Pulvers.

Das Balsamodendron africanum ent

hält in den Parenchymschichten seines Bastes ein Gummi, welches durch jeweilige Abblätterung der Rinde heraustritt. Fällt es dann auf den Boden, so lesen es die Gummi

Den obigen Notizen möchten wir noch eine Mittheilung des Dr. Karl Nöllner anreihen über die Entstehung der Salpeterlager an den Küstenländern von Peru und Chile.

sammler auf, und verfälschen arglos oder wissentlich damit

Sie kommen sämmtlich in der Zone vor wo kein Regen

das arabische Gummi ; denn die Stammpflanzen beider

fällt, können aber nach seiner Ansicht nicht die Reste ehe

Harze sind so völlig verschieden, daß jede Verwechselung als

maliger Guanoschichten sein.

ausgeschlossen gelten muß. Bei den Stücken die Flückiger chemisch untersuchte konnte ein Aroma nicht wahrgenommen

Chilisalpeter große Mengen von Jod enthält, so brachte dieß Nöllner auf den Gedanken daß die Salpeterlager

werden, folglich ist das moderne Bdellium nicht der hoch geschäßte Artikel des Alterthums.

durch Anhäufung von stickstoffhaltigen und jodreichen See tangen entstanden sein möchten. Dieß ist nun recht an

Sesam, nach Sprenger von seinem arabischen Namen

Da nun der sogenannte

nehmbar, weniger aber die Vermuthung wie die An

Simsim abzuleiten, sind die Samen einer 2 Meter hohen einjäh

häufung der Tangmassen erfolgt sein soll.

rigen frautartigen Bignoniacee , Sesamum indicum, ur :

winde als Orkane (die aber dort unbekannt sind) ſollen

Heftige Weſt:

sprünglich im südlichen und östlichen Asien heimisch, jest nicht

die Tange auf das Land geschleudert haben, bis sie durch

bloß nach Mesopotamien, Syrien, Kleinasien und Aegyp

forschreitende Erhebung der Küste dem Meere

ten, sondern auch nach Braſilien und Georgien verbreitet.

wurden.

entrückt

Wenn sie auch nicht 90, sondern jedenfalls weniger als 70 Proc. fettes, an der Luft nicht trocknendes Del liefern, so gehören sie doch zu den ölreichsten Producten . 1 Dem Alterthum war der Sesam bekannt, denn er wird von

Miscellen.

Dioscorides, dann später unter den Arabern von Jbn Sina erwähnt .

Dr. Flückiger fügt hinzu daß im Mittelalter das

Sesamöl nicht im europäischen Handel gewesen sei, scheint aber seiner Sache nicht recht sicher zu sein, auch wir kön nen nur bemerken daß der Seſam im südeuropäiſchen Han

Verwandlung der Sonnenwärme in Nuß In den Vereinigten Staaten ist eine beträchtliche Anzahl kleiner Maschinen von einer bis zu vier Pferde: fräften, die durch erwärmte Luft in Betrieb gesezt wer

kraft.

Sie sind die Erfindung eines gebor nen Schweden, des Hrn . Ericsson, der sich jetzt damit be

den, im Gebrauch. 1 Die Erdnüſſe, über welche Flückiger im Archiv der Phar macie 1865, Jan., eine Denkschrift veröffentlicht hat, geben nur 50 Proc. Del.

schäftigt ein Mittel zu finden durch welches sich die un

Miscellen.

384

mittelbare Sonnenwärme benüßen läßt um Maschinen in Bewegung zu sehen , ohne die Anwendung von Steinkohlen oder anderm Brennstoff. Er hat sich über zeugt daß dieß möglich ist, und schätzt die direct auf zehn Geviertfuß der Erdoberfläche fallende Wärme als

Erhebung, Charaktere und Oberflächen-Umriſſe angenommen von welchen der Nil ein Ergebniß war. Eo oft die b lagerungen dieses Flusses sich nicht ausgedehnt hatten, waren die Fossilien von meiocänem oder älterem Meerescharakter immer oberflächlich, und das sie enthaltende Meeresbett

mehr denn einer Pferdekraft gleich, und die auf den Dä chern von Philadelphia unbenüßt bleibende Wärme würde,

war nur den Wirkungen der Sonnenhiße und der treiben Der fruchtbare den Thätigkeit des Windes unterworfen .

seiner Ansicht zufolge, fünftausend Dampfmaschinen , jede Dieß scheint ans von zwanzig Pferdekräften, treiben.

Boden Aegyptens liefert das Beispiel der jüngsten natür

Wunder zu grenzen ; allein Hr. Ericsson rechnet daß die von zehn Geviertfuß der Sonnen-Oberfläche ausgestrahlie Wärme hinreichen würde

um eine Maschine von 45,984

lichen Landbildungsarbeit, und hier sind, auf dem Wege der Antithese, die frühesten Urkunden der Menschheit in Betreff ihrer religiösen und gesellschaftlichen Zustände aufbewahrt. (Athenäum.)

Pferdekräften in Lauf zu bringen . " Dem Erfinder ist es voller Ernst mit der praktischen Verwirklichung seiner Theorien. Sollte es ihm gelingen, so wird es mit den trübſeligen Voraussagungen gewisser Leute in Betreff des raschen Ver brauchs aller unsere Steinkohlen ein Ende haben. Wenn die Sonne unserer Maschinen treibt, so werden unsere Fabriken nur noch wolkiges Wetter zu fürchten haben. (Chamb. Journal. )

Londoner Honorare für Seiltänzer und Vor tragleser.

Als ein Beispiel welche Honorare man in

Zur Geologie von Spißbergen . In der Lon doner geogr. Gesellschaft wurde am 22. März ein Vortrag von Nordenskiöld über die schwedische Nordpolunternehmung vom Jahr 1868 verlesen.

Wir finden darin die wichtige.

Notiz daß im Eisfjord Spißbergens die Geologen poſtter: tiäre Schichten trafen, folglich hat dort eine neuere Hebung stattgefunden. Obendrein enthielten diese Schichten Ver: steinerungen von Pflanzen und Thieren, die jezt nur noch so südlich wie Norwegen vorkommen. Es herrschte also da:

sein daß Hr. Sims Reeves, der Sänger, und Hr. Blondin,

mals ein milderes Klima auf Spißbergen. Ferner wurde entdeckt daß diese Inselgruppe durch ein unterseeisches Hochland oder eine Untiefe mit Scandinavien verbunden jei. Die Seetiese betrug selbst im Maximum nur 300

der Seiltänzer, je 100 Pf. Et. für eine Vorstellung im

Faden (1800 Fuß).

London Künstlern bezahlt die an der Spize der Classen stehen zu denen sie gehören, dürfte des Erwähnens werth

Krystallpalast erhielten.

Hr. Charles Dickens erhält, wie

man sagt, die nämliche Summe für jede seiner Vorlesungen in London. (Athenäum . )

Geißler'sche Röhren für Reibungselektrici tät. Man liest in Poggendorffs Annalen : „ Der geschickte Bonner Arzt H. Geißler hat Röhren construirt welche durch einfache Reibung leuchtend werden.

Geologie der Nilgebiete.

In das Innere einer

In der Versammlung

der französischen Akademie der Wissenschaften am Montag, 14. März, nahm Prof. Owen seinen Eit ein als eines

ziemlich großen Röhre löthet man eine spiralförmig ge

der auswärtigen Mitglieder

luftleeren Raum, nimmt aber die Luft zwischen ihr und

des Instituts, und theilte

wundene enge Röhre : in dieser lettern macht man einen

einen Abriß seiner geologischen und paläontologiſchen Beob achtungen mit die er in Aegypten, an verschiedenen Orten.

der äußern Röhre nicht weg.

sowohl der libyschen als der arabischen Wüste und längs des ganzen Laufs des See- Canals des Isthmus, von Port

Spiralröhre leuchtend und erhält eine Farbe welche dem in ihr enthaltenen Gas entspricht. Das Phänomen wird.

Said bis nach Suez, angestellt hatte. Er deutete die ver schiedenen Mineralzustände der die Wüsten bildenden Ab

um so glänzender wenn man, nachdem die Röhre gerieben

lagerungen an, und verfolgte die Reihe geologischer Zeit, wie sie sich durch fossile Ueberreste zeigt, von den obern ſecun dären bis zu den älteren und mittleren tertiären Perioden, und durch diese hindurch. Auf der Wüste fand sich kein Beweis für eine spätere als die Meiocän-Ablagerung, außer da wo sie die Nil Anschwemmungen erhalten hat. Diese fingen an sich über das alte Meeresbett ――― jetzt die Wüsten

-

Wenn man nun besonders

mit einem Katzenfell die äußere Röhre reibt, wird die ganze

worden, derselben eine gehärtete Kautschukplatte, wie die der Holz'schen Maschinen, und gleichfalls gerieben , nähert und wieder davon entfernt, " * Tragweite der Whitworth Kanone. Die Whit worth-Kanone von 22c 5 , welche am 20. Nov. 1867 eine Tragweite von 9373 Metern (7420 Meter = 1 deutschen geogr. Meile) gegeben hatte, gab am folgenden Tag eine

in einer Periode zu verbreiten welche dem Ende der

solche von 10,125 Metern beim ersten Prellschuß ; Gewicht

Meiocän Periode in der europäischen Geologie entspricht.

der Granate 110 Kilogr., Pulverladung 22 K. 65, Projec tionswintel 33° 5 ! (Artizan.)

Mit andern Worten : in jener Periode hatte Afrika die

Druck und Verlag der J. G. Cotta’‍ſchen Buchhandlung.

Redaction : Dr. C. F. Beschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndoierigster Jahrgang.

Nr. 17.

Augsburg ,

1869.

24. April

Inhalt : 1. Baron v. d. Teckens Reifen in Ost-Afrika. 2. Das Ozon. Von Dr. Otto Naſſe. 3. Ueber den Ursprung der Sprache. Von Dr. G. Jäger. — 4. Venetianiſches Glas und Moſaik. - 5. Heinrich Brugſch hieroglyphisch demotisches Wörter buch. 6. Das Neueste über die Phosphorit-Industrie in Nassau. 7. Zweite deutsche Nordpolfahrt 1869. - 8. Der Felsencanal zwischen dem Marienbrunnen und dem Teich Siloah, neu untersucht von Lieutenant Warren. 9. Ein weiblicher Schiffscapitän. 10. Zerseyung des Granits durch Regenwasser. 11. Getreideausfuhr aus England nach den Vereinigten Staaten.

Als v. d . Decken Ende September 1860 Stadt und

Baron v. d . Deckens Reifen in Oft-Afrika.

Insel Sansibar erreichte, traf ihn als erſter Schicksalsschlag die Nachricht von dem Tode seines auserwählten Reisegefähr

Durch Zeitungen und Zeitschriften find wir längst be

ten Albrecht Roschers, der am östlichen Ufer des Njaſſa- See's

fannt geworden mit Baron v. d . Deckens fünfjährigen Unter

ermordet worden war, kurz zuvor nachdem Livingſtone die Westseite zuerst berührt hatte. Von da ab blieb dem

nehmungen in Ostafrika, theils zur Rettung der Papiere Albrecht Roschers ,

theils zur Besteigung des Kilima

ndscharo, theils zur Beschiffung des Dschubflusses , wo er seinen Heldentod fand. Es blieb jedoch noch übrig sie in einer fortlaufenden Erzählung sammt einer genauen Be

Opfer der Wissenschaft,

das was

er sein

glück" nennt ein beständiger Gefährte.

Tagebücher Roschers zu retten, entschloß sich v. d. Decken. zu einer Wanderung nach dem Njaſſa- See.

schreibung

ihrer Schaupläge

wiederzugeben.

Dieß

ist

treues Un

Um wenigstens die

Er setzte also

nach Kiloa Kissiwani hinüber, fand aber bei den dortigen

jezt von einem Reisegefährten des Entdeckers Dr. Otto Behörden so wenig Dienstfertigkeit bei Ausführung der Kersten

in einer höchst gelungenen Darstellung geleistet Befehle des Sultans Seid Madjid, daß er wieder nach

worden. Englische Reisende geben fast nur ihre Tagebü cher und streuen darin den Stoff der Länder und Völker

Sansibar zurückkehrte, um sich zu beschweren, worauf er zum zweitenmal in Kilva Anfang November landete. Bei

beschreibung ordnungslos umher.

den dortigen Arabern erregte er großes Staunen durchdie Neuigkeiten die er mitbrachte. Dazu gehörte auch ein Hinter

Andere Forscher dagegen

meistens Deutsche oder Franzosen begnügen sich aus den Ergebnissen ihrer Wahrnehmungen und Forschungen über:

lader (Lefaucheur), für den die Araber sogleich den malerischen

sichtliche Naturgemälde zu entwerfen, wie wir z. B. von Hum

Ausdruck " Gewehr zum Zerbrechen " schufen, ferner fand ein

boldt dergleichen, nicht aber eine vollständige Erzählung

Gummiboot zum Aufblaſen mit einer kleinen Pumpe großen

seiner Erlebnisse, besigen.

Beifall, die größte Bewunderung aber wurde zwei rieſigen Hunden gezollt. Hunde als Begleiter eines afrikanischen Reisenden waren etwas unerhörtes, der Griff aber kein

Kersten hat die richtige Dar

stellungsweise getroffen, denn er gibt eine abgekürzte Ge schichte der Wanderung selbst und eine Beschreibung der Schauplähe in großen Zügen, bei welcher letteren er zu gleich benutzt hat was er bei Vorgängern des Reisenden. antraf. Das Buch ist höchst reich mit Holzschnitten, Kar ten, Photographien und Tafeln ausgestattet, und die Illus

glücklicher, denn schon auf dem ersten Marsche verendete das eine der Thiere vor Hiße und Durst, und blieb das andere zurück, so daß es auf einer Tragbare befördert werden mußte.

strationen erfreuen uns fast

Schon bei einer Jagdstreiferei hatte es

ausnahmslos durch ihren

der Baron auf seinen Esel sißen lassen müssen, während

künstlerischen Werth und ihre belehrende Wirkung, so daß wir nur bedauern konnten sie auf einem Papier von un

der Waidmann selbst neben dem Hrn. Hund zu Fuß heimge gangen war. Wie es scheint ist die Sohle auf den Zehen

angenehmer Magerkeit abgedruckt zu sehen.

der Hunde nicht hart genug daß sie ohne Beschwerden den glühenden Boden des äquatorialen Afrika betreten könnten .

1 Baron Carl Claus von der Deckens Reisen in Oſt-Afrika. Leipzig und Heidelberg. Erster Band, 1869. Ausland. 1869. Nr. 17.

In der Nähe von Kiloa lagerten damals Wabisa und 49

Baron v. d. Deckens Reisen in Ost-Afrika.

386

Wahioa, Negerſtämme des Innern, welche die meisten Sklaven liefern. Sie werden uns als „ dunkelfarbige pracht

Bulldoggen bewundert, ſo flößten den Eingebornen dagegen

voll gewachsene Menschen, " aber spärlich gekleidet, geschildert,

die Esel des Mungu (Europäers) noch größere Bewunde rung ein als ihr Herr, denn die Möglichkeit eines Vorkom

denn die Männer tragen nur ein Ziegenfell um die Lenden, ja

mens solcher gewagter Thiergestalten schien den Eingebornen

oft nur ein Säckchen zur Bedeckung der Blöße, und dieFrauen

geradezu unerhört.

verstatten sich ebenfalls kaum einen größern Aufwand, puzen dafür lieber ihr Haar mit Glasperlen, daß es oft wie ein

die Regenzeit ein und von der Stärke der Niederschläge

beerenbehangener Busch aussieht. In den nahen Wäldern hausen viele Gesellschaften von Pavianen, deren Thun und Treiben in der Freiheit eifrig beobachtet wurde. Die Paviane, gleich den Australiern und so vielen Negern, fressen alles. Von Pflanzenstoffen werden nicht bloß

Auf den ersten Märschen schon trat

kann man sich eine genaue Vorstellung bilden, wenn v . d. Decken im Laufe von 34 Minuten in seinem Regenmesser 52 Zoll (inches) fing,

das heißt den dritten Theil des

durchschnittlichen Jahresregens bei uns . Die Wanderung selbst endigte bei Mesule, etwa 30 deutsche Meilen west südwestlich von Kiloa, wohin v. d. Decken nach 40 Tagen

Blätter, Blüthen und halbreife Früchte verzehrt, sondern

unverrichteter Dinge wieder zurückkehrte.

auch eßbare Wurzeln ausgescharrt.

Mit Begierde aber

schall Abdallah wollte nämlich nicht mehr vorwärts, son

suchen sie nach Raupen, Larven und Ameiseneiern. Fer ner drehen sie Steine um, und lesen die auf der feuch:

warten, die nach dem Njassa- See unterwegs sein sollte.

ten Seite ſizenden Kerbthiere ab.

Endlich sind sie die

schlimmsten Eierdiebe, da bei ihren Kletterkünften wenig Vogelnester ihnen völlig unerreichbar bleiben. Sie ver zehren auch die flüggen Jungen, sowie Mäuse und andere kleine Säugethiere. Höchst werthvoll ist die Beobach: tung daß sie schädliche und harmlose Thiere zu unterscheiden wiſſen. Spinnen ergreifen sie ohne Bedenken, dagegen veranlaßt sie der Anblick eines Skorpions zu einem er · schreckten Luftsprung.

Auch für abergläubisch, wenn dieser

Sein Reiſemar

dern blieb zurück, um eine große Sklavenkarawane zu er

Gerade von dieser Sklavenkarawane fürchtete aber v . d . Decken eingeholt zu werden.

Bei der Unbotmäßigkeit Ab

dallahs war er seiner Leibwache aus Beludschen so wenig sicher wie der gemietheten Träger, und er zog es daher vor zurückzukehren, um in Sansibar eine Bestrafung des treu losen Abdallah zu erwirken. Baron v. d . Decken gehört zu den vielen Opfern die Deutschland für Erforschung des schwarzen Continentes " gebracht hat, und gewiß wird das deutsche Volk seinen

Ausdruck nicht zu gewagt ist, möchte man sie halten, denn

Namen immer dankbar nennen, weil er unserer Nation

nicht bloß unschuldige Nattern und selbst Eidechsen fürch ten sie, sondern ein einziger rechtschaffener Frosch ist im

zu Ruhm und Ehre gefallen ist. Seit Humboldts Zeiten verfügte nie ein deutscher Reisender über gleiche Geldmittel

Stand eine ganze Heerde Paviane in Flucht und Beſtür zung zu versehen. Thierpsychologen werden die theilweise

bei gänzlicher Freiheit über die Wahl seiner Aufgaben . Wenn mit diesen Mitteln und mit der höchsten Bravour

Neuheit und Wichtigkeit dieser Beobachtungen gewiß zu

in fünf Jahren doch verhältnißmäßig so wenig geleistet. wurde, war daran nur das „treue Unglück " schuld ? Wir

schäßen wissen. Nach einer Geduldserprobung von drei Wochen begann der Marsch ins Innere am 22. Nov.

Die Zwischenzeit

sehen auf benachbarten Schaupläßen erſt Burton und Speke,

suchten den Baron durch kleine Aufmerksamkeiten zwei

dann Speke und Grant siegreich ins Innere vordringen . Sie hatten mit dem nämlichen Phlegma und mit den näm

Araberinnen zu verkürzen,

lichen Treulosigkeiten der Afrikaner zu kämpfen wie unser

künftigen Reisemarschalls.

die Frauen Abdallahs, des Kersten versichert Abdallah, ein

Landsmann.

Allerdings kann man sagen daß hinter ihnen

Araber sei mit acht Frauen (ungerechnet zwei Favoritinnen)

auch die Rule Britannia-Flagge wehte.

verheirathet gewesen. Wir tragen vorläufig Bedenken dieß für richtig zu halten, denn der Islam verstattet nur vier

Arabers oder Beludschen gegen einen englischen Herrn wäre ganz sicherlich hart in Sansibar bestraft worden , auch

Ungehorsam eines

Frauen gleichzeitig nebst einer unbegränzten Zahl von

mögen die Briefe des Sultans Seid Madjid, die v. d.

Dienerinnen, und da gleich darauf bemerkt wird daß eine

Decken empfing, lau gelautet haben, denn um einen deut

dieser Frauen als verstoßen eine eigene Hütte bewohnte,

schen Baron kümmerte sich kein britischer Consul am Hofe,

so wird es wohl auch den drei andern der acht Frauen ähnlich ergangen sein. Sonst müßten wir annehmen daß

und was dort ein Brite wünſcht ist halb und halb Befehl. Allein allzu weit reicht auch das Wort eines Sultans nicht,

die Sittenvorschriften des Koran in Ostafrika gänzlich aus

und Burton wie Speke sind weit ins Innere gedrungen,

Rand und Band gerathen wären, was übrigens nicht ganz

ja Livingstone ist ohne jeden Rückhalt quer durch das Fest

unmöglich ist, denn Kersten fügt hinzu es sei nichts un gewöhnliches daß der Sohn die Mutter, der Bruder die

land gezogen, und Albrecht Roscher erreichte mit wenig

Schwester heirathe. Frommen Moslimen wäre so etwas ein

der Raubgier eines elenden Häuptlings erlag, war ein

Gräuel, denn die Formel bei Verstoßung einer Frau lau tet ja : „ Du sollst mir fortan sein wie der Rücken meiner Mutter. " Hatten die Araber die Lefaucheur- Gewehre und die

Mitteln immerhin doch den Njaſſa- See.

Daß er dort

Schicksal, dem selbst ein Livingstone unter gleichen Verhält niſſen nicht entgangen wäre. Wir wollen nun nicht läugnen daß der edle v. d. Decken vielfach vom Mißgeschick heim gesucht worden sei, aber ein Theil von dem was er sein

Baron v. d. Deckens Reisen in Oſt- Afrika.

„treues Unglück“ nennt war wohl Verschuldung. Die Gabe auch solche treulose Männer wie Abdallah gegen ihren Willen vorwärts zu bringen, scheint er nicht besessen zu haben. Außerdem sind uns in Kerstens Erzählungen einige Züge aufgefallen, die wir für Verstöße gegen mor. genländische Sitte halten.

So verſchmäht der Baron bei

387

Juni eine Karawane von 58 Köpfen von Mombas nach dem Innern in Bewegung, und zwar sollte eine Besteigung des Schneeberges Kilimandscharo die Aufgabe der Reise bilden. Zu der Marschordnung gehörte es daß täglich nur eine Mahlzeit gehalten wurde.

Gewöhnlich denken

wir Kinder der gemäßigten Zone daß man in Afrika ſich

einem öffentlichen Empfang eine nicht einladende Waſſer

an den Strahlen der Tropensonne sattige und nur aus

pfeife und zündet sich eine seiner appetitlichen Eigarren an. Wir sind fest überzeugt daß, wenn er damit nicht

Gewohnheitsdrang noch esse ,

ziehen sich dort die Verrichtungen des Körpers mit doppel

geradezu beleidigt hat, die Orientalen doch im Stillen ge

ter Schnelligkeit, und der Hunger nach einem afrikaniſchen

dacht haben mögen : er hat keine Lebensart.

In Mombas

Marschtage ist daher so groß wie beim Löwen im Psalter.

bewundert er das reich mit Silber damascirte Gewehr einer Beludschenwache. Solche Bewunderungen sind im

Schon auf den ersten Märschen hinter der Küste geht es

Orient nicht zulässig, denn was können,

erfolgte augenblicklich :

er hätte vorausſehen

allein im Gegentheil voll

aufwärts nach dem Kamm der Schimbakette, wo die Wa kamba jizen. An diesen Negern wird uns der schlanke

das Gewehr wurde ihm

Körperbau, ziemlich große Augen und bei leicht aufgewor

Der Baron ließ es nun

fenen Lippen eine angenehme Gesichtsbildung gerühmt, ſo

allerdings schäßen und zahlte den Werth baar dem Eigen thümer, der aber offenbar getäuscht war, wenn er auch als

daß auf sie nicht paßt was Burton von den Wanika im

geschliffener Mann sich nichts merken ließ, denn er hätte

Hüften abwärts der mediceischen Venus gleichen, auf diesen

als Gegengeschenk vielleicht das Doppelte erwartet. Wieder ein anderes Mal ließ der Baron, echt ritterlich, alle Be

Humpf aber ein häßliches faltenreiches Haupt aufgeſeßt ſei.

wohner Sansibars herausfordern sich mit ihm in irgend einer Kraft oder Leibesübung zu messen, im Ringen,

weder Halbkugeln oder Bienenkörbe mit einer 3 Schuh

als „ Geschenk “ aufgedrungen.

Fechten oder Laufen.

allgemeinen bemerkt,

daß nämlich die Frauen von den

Die Hütten sind, wie fast durchgängig in Oſtafrika, ent

hohen Deffnung zum Hineinkriechen.

Viehzucht, Handel

Da bot ihm nun ein Prinz ein

und Ackerbau nährt jene gutartigen Leute, die unter Häupt

Wettrennen an und jedermann erwartete daß ſich v. d. Decken

lingen stehen und von sogenannten Regenooctoren ihren

nach orientalischen Schicklichkeitsbegriffen schlagen lassen

Aberglauben ausbeuten lassen. Der rothe Thonboden trägt

müſſe, allein davon war keine Rede, denn der Prinz mußte

ſtellenweiſe viel dornige Büsche und Bäume, die daher auf

beschämt den Kürzeren auf der Rennbahn ziehen.

Hätte

der Baron beim Abschied nach Vollendung seiner Ent

Trockenheit deuten,

dann wiederum breitet sich ein präch

tiges Parkland aus mit üppigem Graswuchs und einigen .

deckungen den omanischen Arabern diese Lehre gegeben, so

Waſſeradern.

wäre wenig dagegen einzuwenden gewesen, so aber konnte er möglicherweise nüzliche Leute sich durch Handlungen ver

die schon aus weiter Ferne sichtbar waren, wurden am 4. Juli erreicht. Dem Radiaro entströmte ein Bach, und am Bach gab es Zuckerschilf, Bananenhaine und Kokos:

bittern, die mit den Zweden afrikanischer Entdeckung nicht das mindeste zu schaffen hatten. Wir erwähnen diese Kleinigkeiten nur um sie gleich wieder zu vergessen über die nächste geographische That,

zu überschreiten. So erreichte auf der ersten Wanderung von Kiloa aus v. d. Decken nach dem ersten Marsche schon

oder genauer an Negerkenntniß rajch ge=

509 Fuß senkrechter Erhebung, die sich dann später bis zu

jungu zeigte sich ihnen jest wie er sein soll, nämlich hart gesotten, auch hatte er das Zaubermittel des Umgangs mit Afrikanern entdeckt, nämlich den Stod.

wonnen, der

Hätte er seine nichtswürdigen Begleiter auf der ersten Wanderung so wacker durchgebläut wie auf der zweiten seine widerspänstigen Träger, wahrscheinlich wäre er damals bis an den Njassa-See gekommen. In

Wo immer Reisende von Ostafrika das Jnnere

betraten, hatten sie dicht hinter der Küste einen Höhenrand

Der Baron hatte mittlerweile

die Reise ins Dichaggaland. an Menschen

palmen.

Zwei hohe Berge, der Kilibaſſi und Kadiaro,

Begleitung des Engländers Richard Thornton,

eines treuen, fleißigen und wackern Gefährten, landete v. d. Deden im Februar 1861 zum erstenmal bei dem altberühmten Mombas, auf einem inselartigen Korallenriff der Küste gelegen und besuchte zunächst den Missionär

1300 Fuß steigerte.

Von Mombas binnenwärts galt es

zwei Falten zu überschreiten .

Der Kamm der ersten war

600 Fuß hoch, dann folgte eine Senfung , auf diese die Schimbafette mit 1000 Fuß Erhebung, dann wieder eine Senfung bis auf 300 Fuß, endlich eine sanfte Auf richtung bis zu 2000 Fuß. Auf dieser Hochebene erquickt und stärkt eine reine trockene Luft den Wanderer. Aile Berge hüllen sich schon bei mäßiger Entfernung in das zarteste Blau, welches bei Annäherung immer dunkler wird und scharfsich scheidet von den schwarzgrünen Laubmaſſen an ihrem Fuße. Die einzelnen Negerstamme nennen sich nach ihren Wohnorten, jo z . B. heißen Wapare (Plural von Mpare)

Rebmann, der in der Nähe unter den Wanika wirkt, die

die Leute (Wa) des Pare (-gebirges ) u . s. w.

aus dem Dichaggaland nach der Küste gewandert sind, und

sich die Stämme unter einander nicht verstehen oder ver

unter den Negern einen höheren Schlag vertreten.

Nach

stehen wollen, so sind doch ihre Wortschäße fast ganz gleich,

einem abermaligen Aufenthalte in Sansibar, sezte sich Ende

und der Schlüssel zu allen ist das Suaheli ; nur die Aus

Obgleich

Baron v. d. Deckens Reisen in Ost-Afrika.

388

sprache gibt die locale Färbung, allein die Aussprache wie derum ist von den Moden abhängig, denn da hin und wieder die Sitte herrscht die Zähne spit zu feilen, so muß natürlich durch diese Verunzierung die Sprache beträchtlich verändert werden. Weit wichtiger als die Bekleidung, die

vorgefallenen Bedrohungen eine Rakete steigen um die Ein gebornen merken zu lassen welche Mittel er besitze ihre Hütten anzustecken.

Seine Raketen bewiesen sich als

aus einer spärlichen Lendenschürze bei beiden Geschlechtern mit

Schreckmittel geradezu unbezahlbar. Beim Aufbruch vom Kadiaro starben drei Esel angeb lich am Stich der Donderobofliegen. Dieser Name erklingt

einem Uebermaß von Glasperlen und Messingdrath als

uns zum erstenmale.

Schmuck besteht, ist für die Völkerbeschreibung die Bewaff

Rinder und Roß, verschont dagegen die Esel und Ziegen , umgekehrt soll die Donderobo, die jedoch v. d. Decken nie

nung. Der Küste näher findet man Bogen und Pfeile für

Die giftige Zeze tödtet bekanntlich

das ferne Gefecht, und Messer wie Schwerter für das Hand gemenge. Natürlich werden solche Stämme stets die Beute

zu Gesicht bekam, vorzugsweise Esel und Ziegen, seltener

kräftiger Krieger werden, die mit Stoßlanzen kämpfen. Speer und Schild erscheinen weiter binnenwärts, anfangs

stigenden Marsch über wasserlose Strecken wurde am 14. Juli

untermischt mit Pfeilgeschossen , aber je mehr wir dem Kili mandſcharo uns nähern, desto häufiger und ausschließlicher wird die Bewaffnung mit der Lanze. Der Radiaro oder Kasigao, wie alle Höhen jener ost afrikaniſchen Räume, ist eine einsame aus der Hochebene aufragende Bergmaſſe, deren Abhänge von den kriegeri schen und händelsüchtigen Wataita bewohnt werden . V. d. Decken stieg bis zum höchsten Dorfe hinauf, welches etwa 4000 Fuß über dem Meer und 2600 Fuß über der Ebene 8 gelegen war, der 800-1000 Fuß höhere Gipfel war jedoch der schlüpfrigen Pfade und des Regenwetters wegen nicht Dort verdiente sich der deutsche Baron die zu erreichen. Er hatte mit ersten Sporen als afrikanischer Entdecker.

Schafe und niemals Kühe anfallen.

Nach einem beäng

der Kilimandscharo zum erstenmale sichtbar und zugleich das Gebiet der Wapare betreten , freundlicher und gut müthiger Neger. Ein anderer Streifen trockenen Landes liegt zwischen den Parebergen und dem See Jipe, einer mit Papyrusschilf umsäumten stattlichen Wasserfläche, wo das edelste afrikanische Wild haust, so daß v. d. Decken sich bei einem morgendlichen Waidgang einer Familie von 8 Löwen gegenüber befand, die ihn recht wohl bemerkten, aber nicht angriffen, und daß er gleich nachher zwei schwarze Nashornkühe und ein Junges erlegen konnte. Am östlichen Gestade des Jipe Sees, dessen Spiegel 2400 Fuß über dem Meere liegt, ging der Marsch nord wärts nach der Landschaft Dafeta, welche reichlich von Flüssen durchzogen wird, die am Kilimandſcharo entspringen.

denselben Schwierigkeiten wie Burton und Speke zu käm Der Reisende tritt nämlich unter die Afrikaner, pfen. umgeben von Trägern, sämmtlich beladen mit allerlei Kost

Höchst erfreulich war es daß ihre Uebergänge durch Brücken

Die kleinen Negerzaunkönige suchen nun die saftige Drange so stark und so lange wie möglich zu drü den, mit Betteleien, unverschämten Forderungen und Dro

haben sich schon auf eine achtbare Stufe gesellschaftlicher

Leider haben sie den Fremdling theilweise in ihrer Gewalt, denn wenn ſie die Zufuhr von Lebensmitteln ver Dem armen Reb bieten, so droht ihm der Hungertod.

wärts vom Jipe- See hält, und nach langem Lauf unter

mann, deſſen einzige Waffe in christlicher Demuth beſtand, wurde daher von einem frechen Häuptling seine Reiſecaſſe (natürlich meinen wir Tauschwaaren) vollständig ausgeplün

Sein Name soll Berg (Kilima) der Größe (ndſcharo)

barkeiten.

hungen.

dert. Da heißt es denn Geduld mit Festigkeit, und Festig wenn man vor dem ent: keit bisweilen mit Fäustigkeit -――― seglichen Wort nicht erschrecken will

zu verbinden.

Die

vermittelt wurden, denn Negerstämme die Brücken erbauen mögen diese Bauwerke auch vieles zu wünschen übrig laſſen -

Entwicklung geschwungen. Zu jenen Flüssen gehörte auch der stattliche Rufu oder Lufu, der sich westlich oder binnen:

dem Namen Pangani in den indischen Ocean mündet . Jezt endlich lag auch der Kilimandscharo dicht vor ihnen.

oder auch Karawanenberg bedeuten, weil er dem Wan derer, wegen seines inselartigen Aufsteigens aus der Ebene ein weithin sichtbarer Wegzeiger bleibt.

Uebrigens ist er

nach der Karte und der Schilderung keineswegs ein Kegel, sondern ein stattlicher Gebirgsstock, der von Südost nach

eigenen Träger und Karawanenführer sowie die etwaigen Dolmetscher stellen sich immer auf die Seite der kleinen

Nordwest streicht, und dessen Längenachse eine Entwicklung

Aber v . d. Decken

Massenhaftigkeit betrifft mit der Montblancgruppe sich

Blutsauger, wenigstens versuchen sie es.

von beinahe 10 D. Meilen besißt, so daß er, was seine

war nicht mehr der unentschiedene Njassasucher. Wie die Haushunde lecken die Neger die Hand die sie züchtigt, und

vergleichen läßt.

als die Wunderkräfte einer Tracht gesunder Brügel sich erprobt hatten, war die Zucht im eigenen Lager wesentlich gebessert. Später wendete der Baron ein anderes Mittel

Gipfeln beherrscht, wovon der eine 18,700 ′ über dem Meere gelegen, der andere aber 2500′ niederer ist, beide

an, welches gegen unverschämte Häuptlinge als die beste Medicin sich erwies. Es ist ganz neu und noch nie von einem Reisenden versucht worden. 1 Er ließ nämlich nach 1 Wenigstens nicht in Afrika, auf den Fidschi-Inseln haben es englische Kriegsschiffe in Wirklichkeit öfters angewendet.

Dieser Gebirgsrücken erhebt sich auf einer

Ebene von 2200′ absoluter Erhebung, und wird von zwei

sind durch einen sanft

einfallenden Eattel verbunden.

Meistens sind die Gipfel in Nebel gehüllt, doch gab es viele Tage wo die Gebirgsmasse völlig rein blieb . Ob wir sie als ein vulcanisches Bauwerk betrachten sollen. hängt vorläufig von unserm guten Willen ab.

Bei Thorn

ton hinterließ die Gipfelgestalt den Eindruck eines halb

Baron v. d. Teckens Reiſen in Oſt-Afrika.

389

eingestürzten Kraters, auch ist das vereinſamte Aufsteigen

Kraft und Begabung gesehen.

der Massen jener Vermuthung nicht ungünstig.

von einem lichten Schwarz mit einem Stich ins Bläuliche

Proben

von anstehendem Gestein aber wurden nicht erbeutet. Das

bis zu

Ihre Hautfarbe wechselt

einer Helligkeit die selbst die Mulattenfarbe noch

Gebirge hat das Merkmal derInselartigkeit gemeinsam mit dem

übertrifft.

Kenia, der bis jetzt nur von Krapf gesehen wurde. Ebenso erblickten v. d. Decken und Thornton später im Westen des Kili

über die Schulter fest, und lassen es bis auf die Knöchel

Die Männer binden ein Baumwollengewand

fallen, verheirathete Frauen tragen einen roth gefärbten

mandſcharo als iſolirte Zwillingsgipfel die Meruberge deren

perlengestickten Lederschurz, und Mädchen nur eine Schürze,

Erhebung sie auf 12,300 und 14,700 Fuß schäßen, natür lich mit nur annähernder Wahrheit. Daß es Schnee ist

lich verhüllen vornehme Frauen sich das Gesicht mit einem

die an einem Faden um die Hüfte gebunden wird.

End

welcher die Kuppe des Ndscharo- Berges weiß färbt, nicht

Schleier aus Perlenschnüren.

Bimsstein, wie gefaselt worden ist, muß jedermann klar werden seit der Reisebericht vorliegt. Während v. v. Deckens

die Reisenden einer besonderen Erlaubniß, von der die

Zur Vogeljagd bedurften

Anwesenheit fiel sogar junger Schnee, und jeder der mit

Geier aber, als Bodenreiniger, ausgeschlossen blieben. Alle Vögel stehen nämlich unter dem Schuße des Geſeßes , weil

Gebirgserscheinungen vertraut ist, wird zugeben daß junger Schnee und alter Schnee kaum verwechselt werden können .

man in ihnen die besten Bundesgenossen des Landwirths verehrt.

Die Schneehaube des Berges reicht im Westen viel tiefer

Das erste kleine Königreich im Dschaggalande, wo v. d. Decken verweilte war Kilema, und von dort aus wurde die

herab als im Osten.

Wenn der Reisende sich diesen Um

ſtand damit erklärt daß der warme Ostpassat dort den

Besteigung des Berges versucht. „ Wir gingen, heißt es im

Schnee abschmelze, während die Weſtſeite im Windschatten liege, so wollen wir nicht widersprechen, möchten aber doch

Text, auf abscheulichen Wegen, bald über steil aufsteigen den, schlüpfrigen Thonboden, bald im Waſſer bis an die

zu bedenken geben daß jener Passat es ist welcher dem

Knöchel, bald durch dichte Büsche, deren nasse Zweige uns

Berge den Wasserdampf zuführt, der sich an ihm verdich tet, und daß es weniger heiße als vielmehr trockene Winde

ins Gesicht flatschten, bald über umgestürzte Bäume und

sind welche die Schneelinie höher hinaufrücken .

abgebrochene Aeste hinweg. Der Pflanzenwuchs war groß artig : ungeheure Bäume, mit dichtem Moos überzogen oder

Die südlichen und südwestlichen Abhänge des Gebirgs stockes heißen das Dschaggaland, ein paradiesischer Fleck der Erde. An Wasser fehlt es nirgends, denn das Berg

mit langen Bartflechten behängt und durch Schlingpflan zen zu einem fast undurchdringlichen Dickicht verwebt ; da

land trieft von täglichen Nehelbädern, die tropische Pflanzen

und Alpenrosenbüsche, alles vom Regen der Nacht noch trie fend und im Morgenlichte glißernd - ein feenhafter An

welt erreicht daher ihre höchste Entwicklung. Staunend ver nehmen wir daß die Bananenpflanzungen am Kilimandſcharo sich bis zu 6000 Fuß erheben, und zwar wächst dort eine Sorte von so lieblichem Geschmack wie er anderwärts nicht annähernd erreicht wird. Diese Bananen sind jamenlos, denn ihre Kerne bilden nur noch Punkte im Fleisch, folg

zwiſchen Gräfer und liebliche Blumen, riesige Farnkräuter

blick. “ Auf ein kühles und feuchtes Nachtlager unter einer selbsterbauten Hütte folgte ein Regentag, der die Bergstei ger zum Stillliegen nöthigte, und am dritten Morgen waren. die Führer verschwunden, so daß der Rückweg angetreten werden mußte. Die Kilema hatten es darauf abgesehen den Reisenden

lich muß dort dieses wichtige Nährgewächs seit Jahrtau senden schon unter der Pflege des Menschen gestanden

um seine Tauschwaaren möglichst zu erleichtern, als er da

Alle Wohnorte der Wadschagga oder Dichaggaleute

her nach 19 Tagen Ausharrens nichts weiter erreicht hatte

liegen auf einem Höhengürtel zwischen 3500-5000 Fuß. Bis zu jenen Höhen wagen sich nämlich die Würgerban den der Masai nicht hinauf. Jedes Familiengehöfte liegt

man ſo ſagen darf, wieder ab, denn die Neger hatten ihn

sein.

als jenen ersten Versuch, zog er in Schlachtordnung, wenn

zuvor mit Ausplünderung bedroht.

Er begab sich nun

obendrein geschüßt hinter einem Pfahlwerk, und jeder der kleinen Zwergstaaten hat sich mit einer Reihe von zwei bis drei Klafter breiten und eben so tiefen Schanzgräben

in den westlicher liegenden Canton Madschame,

umgürtet, die Tag und Nacht in Rufesweite von Poſten überwacht werden, denn die kleinen Gemeinden leben unter

glücklicherweise ohne sich an die spißen Pfähle zu spießen. In Madschame erneuerte sich das alte Spiel. Der Sultan

einander in Fehde. Sie sind auch beständig gerüstet, und ihre Sultane oder Manki mit dictatorischen Gewalten bekleidet,

suchte ihn mit leeren Versprechungen von einem Tage zum

von denen sie freilich nur einen Gebrauch machen dürfen

Ursache Feindseligkeiten zu besorgen .

der dem Geschmack ihrer Prätorianer zusagt.

Die Bewaff

tes aus Altmexico, aber glücklicher als die Spanier in der

nung ist der Speer mit zweischneidiger eisernen Klinge. Doch nicht bloß in Kriegshandwerken sind die Wadschagga erfahren, sondern sie bauen auch Wasserleitungen, die sie über Schluchten und über ihre Häuser hinwegziehen .

Nacht der Trübsal, zog v . d . Decken in der Stille der Nacht über die Gräben und aus dem Gebiet von Mad

Thornton hat niemals Neger von gleicher Schönheit, Ausland. 1869. Nr. 17.

wohin er

ohne Führer sich den Weg suchen mußte, ſo daß er ſelbſt und seine Begleiter mehrmals in Wildfallen hinabſtürzten,

andern hinzuhalten, und v. d. Decken hatte zuletzt sogar Wie Ferdinand Cor.

schame hinaus, ohne bemerkt oder verfolgt zu werden. Er wandte sich zunächst nach Dafeta, und von dort besuchte er noch einmal Kilema, in der Hoffnung daß der 50

Das Ozon.

390 Sultan, gewißigt, ihm jezt Führer stellen werde. die frühern Lügen, Treulosigkeiten,

Da aber

Betteleien und Frech

liche Sauerstoff ―

außer im status nascens

solche auszuführen vermag.

noch nicht

So wird durch Dzon Silber

heiten von neuem begannen, zog er rasch wieder ab . Auf der Rückreise schlug er einen südlicheren Pfad ein, der ihn.

und Quecksilber in die betreffende Oryde, jo werden Ory:

nach Wanga an der Küste brachte, von wo er dann nörd

hier nur das Thalliumoxydulsalz erwähnt, eine farblose

lich nach Mombas zurückzog . Die Rückreise verlief ohne Unfälle, abgerechnet daß in einer Nacht Messer, Gabeln und Löffel, in einem Tuch zusammengebunden, verschwun den waren . Eine Hyäne, die nichts besseres gefunden

dulsalze in Oxydsalze verwandelt.

Von den letteren sei

Substanz, die jetzt hauptsächlich als Reagens auf Dzon benutzt wird, weil in ihr das Orydſalz, auch wenn es nur in ganz geringer Menge gebildet wird, leicht seiner brau nen Farbe wegen erkannt werden kann.

Auch ist eine

hatte, sollte sie, wie es die Gewohnheit dieser Thiere ſei,

Täuschung durch den Gehalt der Luft an Salpetersäure

weggeschleppt haben, und in der That fand man, ihren Spuren folgend, wenigstens etliche Messer und Gabeln

Bildung von Kali und freiem Jod, welches allein durch

wieder, die Löffel aber hatte sie in Sicherheit gebracht. Die Gesammtkosten der Reise betrugen 2300 Thaler, wovon 750 Thaler an Löhnen verabfolgt wurden. Die

ausgeschlossen.

Jodkalium wird durch Ozon zersetzt unter

seine braune Farbe, oder besser durch die Bläuung von gleichzeitig anwesendem Stärkekleister ebenfalls nicht schwer

Träger erhielten nämlich 6 Thaler und einen Thaler Ent

zu erkennen ist. Die Bläuung eines Gemisches von Jod: kalium und Stärkekleiſter an der Luft wurde bereits von

schädigung für den zweiten Marsch nach Kilema, die bessern

Faraday beobachtet, aber der Wirkung der Salpetersäure

außerdem noch Geldbelohnungen, die ungehorsamen da:

der Luft zugeschrieben ; daß lettere eine Täuschung her:

gegen Freiheitsstrafen,

vorrufen kann, unterliegt keinem Zweifel, in Wirklichkeit

die bei dem nichtswürdigen Dol

metsch und Obmann Faki auf einen Monat in Eisen

tritt sie aber nur sehr selten ein.

ſtiegen.

ner bereits in der Kälte die verschiedensten organischen

Das Ozon zersetzt fer

Stoffe, unter geeigneten Bedingungen alle indem es sie orydirt.

Das Ozon.

Bei diesen Zersehungen können die den betreffen

den Substanzen eigenthümlichen Farben verschwinden, ( die Substanzen werden gebleicht, ') und andererseits können farblose Substanzen, besonders farblose wässerige und al

Von Dr. Otto Nasse. 1 koholische Auszüge von verschiedenen Pflanzen gefärbt wer Seitdem im Jahre 1840 der vor kurzem verstorbene Chemiker Schönbein durch einen Aufſay in 2 die Aufmerksamkeit der Wiſſen Poggendorffs Annalen sind von Schönbein selbst, lenkte, schaft auf das Ozon berühmte

sowie von einer großen Anzahl anderer Chemiker und Physiker in den verschiedensten Journalen Beobachtungen und experimentelle Untersuchungen mitgetheilt worden, von denen auch in diesen Blättern wiederholt die Rede gewesen ist. Die Dzonfrage ist durch dieselben noch keineswegs vollständig zum Abschluß gediehen, indeß ist sie besonders durch einige unten näher zu erwähnende Arbeiten aus den allerletzten Jahren doch bereits so weit gefördert worden daß bei einer Besprechung des Standes der Frage, wie sie in dem Folgenden geschehen soll, die Darstellung zwar keineswegs ganz ohne Lücken bleibt, diese aber durch Hypo thesen von hoher Wahrscheinlichkeit ausgefüllt werden. Daß bei einem derartigen zusammenfassenden Bilde auch das seit längerer Zeit bekannte wieder erwähnt werden muß, bedarf wohl kaum einer Entschuldigung. Das Dzon, ein Gas, ausgezeichnet durch einen eigen thümlichen Geruch und durch den heftigen Reiz den es auf die Schleimhaut der Athmungswerkzeuge ausübt, be sigt vor allem die bemerkenswerthe Fähigkeit Oxydationen auszuführen unter Umständen, unter denen der gewöhn. ↑ Nach einem in der naturforschenden Geſellſchaft zu Halle gehaltenen Vortrag. 2 Bd. I. pag. 6 6. Ueber die Ursache des elektrischen Geruches.

den. Die Bläuung des alkoholischen Auszuges von Pocken holz (tinctura Guajaci , zu diesen Versuchen übrigens sehr sorgfältig zu bereiten) kann ebenfalls als Erkennungsmittel des Ozons benußt werden . Zur Wirkung des Ozons ist meist die Anwesenheit

von Wasser nöthig, wenn auch das Ozon in Wasser nicht oder kaum löslich ist. Ozon durch völlig reines Waſſer geleitet verliert keine seiner Eigenschaften, und wirkt in keiner Weise auf das Wasser ein. Nur wenn Ozon bei Gegen wart von Wasser zerstört wird, kann ein höheres Cryda tionsproduct des Wasserstoffs gebildet werden, das Wasser stoffhyperoxyd, das übrigens selbst wieder bei der Berüh. zon in Wasser und gewöhnlichen Sauerstoff rung mit zerfällt. Von den wichtigeren Eigenthümlichkeiten des Ozons ist endlich noch hervorzuheben daß es durch Hiße alle dieje gen Eigenschaften einbüßt, die es vor dem gewöhnlichen Sauerstoff auszeichnen. Gehen wir über zur Besprechung der Entstehung des Czons, so ist der Satz vorauszuschicken daß Ozon bei allen 1 Die bleichende Wirkung des Chlors kann gewiß zum Theil darauf zurückgeführt werden daß das Chler bei dem Zuſammen treffen mit Waſſer aus diesem unter Bildung von Chlorwaffer ſtoffsäure Sauerstoff frei macht, dieſer Sauerstoff aber, im status nascens befindlich, nun die Farbstoffe ebenso oxydirt zu farblosen Substanzen wie das Ozon. Außerdem kann das Chlor aber auch direct auf die Farbstoffe einwirken, indem es ihnen Waſſer stoff entzicht.

Das Ozon.

391

Bildungsweisen vollkommen gleich ist in seinen Eigen

ist, Ozonträger.

schaften. ſtehen :

Es kann aber Ozon auf folgende Arten ent

Sauerstoff zunächst nur eine lockere Verbindung ein, können denselben, wenn sie mit leicht orydirbaren Körpern (die

Sie gehen mit dem von ihnen ozonisirten

1) Läßt man durch trockenes Sauerstoffgas elektrische

dieser Gruppe ſelbſtverſtändlich nicht angehören dürfen) in

Funken oder sogenannte stille Entladungen gehen, (wie in

Berührung kommen, an diese abgeben,, liefern überhaupt

dem hier nicht näber zu beſchreibenden v. Babo'ſchen Apparat, ' in welchem die beiden vielfach zertheilten Enden eines star

Ozonreactionen.

ken Inductionsapparates durch Glas von einander getrennt sind,) so wird das Gas ozonhaltig . Auf diese Entstehungs weise ist der Dzongehalt der Luft zurückzuführen, der bekanntlich stets bei Gewittern am stärksten gefunden wird.

Der Grad der Ozonisation der Dzonträger kann sehr verschieden sein ; fehlt das Ozon ganz, wie in dem friſchen Terpenthinöl, so fehlen natürlich auch die Ozonreactionen . Auch bei nur geringem Ozongebalt trifft es sich daß man dieselbe nicht zu Gesichte bekommt. Dieſelben treten aber

gegenüber mit Sicherheit nachgewiesen worden daß sich im

auf, sobald der Mischung von Ozonträgern und Ozonreagens eine kleine Menge Blutkörperchen, Eisenvitriol, Platin oder

Ozon kein andereres Element als Sauerstoff findet.

dgl. zugesetzt werden, welche Substanzen dieser Eigenschaft

Durch Versuche dieser Art ist zuerst früheren Annahmen

2) Der Sauerstoff der sich bei der

Zerlegung des

Waſſers durch einen galvanischen Strom an dem positiven Pole ansammelt ist ozonhaltig, jedoch nur wenn die Elek trolyse bei niederer Temperatur vor sich geht.

Nie wird

hierbei die Menge des Ozons eine bedeutende.

wegen ozonübertragende Körper genannt worden sind. Wir kommen auf diese Erscheinung noch einmal zurück. 5) Man kennt lange die stärkere Wirkung des Sauer: stoffs in verdichtetem Zustande, so daß derselbe wohl mit hierher gerechnet werden darf, wenn auch die Beweise nicht

3) Das Gas welches bei Uebergießen von trockenem

ganz vollkommen sind daß bei der Bläuung der Tinctura

übermanganſauren Kali mit Schwefelsäure entsteht, ent hält Ozon.

theilte Metalle, ebenso bei der Oxydation von Alkohol und

4) Alle Substanzen die sich direct mit Sauerstoff ver binden, ozonisiren denselben zuvor, nur ist Dzon nicht immer leicht nachweisbar, weil Ozoniſation und Oxydation sich oft zu rasch folgen.

Das einfachste Beispiel zu diesem

Guajaci auf porösem Papier oder Thon, durch feinver

von Kohlenoryd zu Essigsäure , bez. Kohlensäure durch Platinmohr u. s. w. Ozon wirklich im Spiele ist. Hier ist auch wohl der geeignete Ort das einzuschalten

der Phosphor, der gleichzeitig mit etwas Wasser und der

was in der Physiologie vom Ozon bekannt ist. Zunächst ein negatives Resultat : der von den Pflanzen ausgeath mete und der aus dem thierischen Organismus gasförmig

Luft in Berührung gebracht, sogar zur Gewinnung von

gewonnene Sauerstoff ist vollkommen frei von Ozon.

Ozongas benut wird.

Es gehört ferner hierher die Ory:

die Blutkörperchen ozonübertragende Körper sind, ist oben

dation mancher wässriger Pflanzenauszüge, in vielen Fällen leicht kenntlich durch eine gleichzeitig auftretende Färbung

schon bemerkt, hier ist noch hinzuzufügen daß ſowohl die noch unzersetzten Blutkörperchen wie der in ihnen enthal

derselben.

tene rothe Farbstoff, das Hämoglobin allein die Tinctura

höchst wichtigen, von Schönbein aufgestellten Saße liefert

Beispiele von solcher Färbung, die oben schon

Daß

erwähnt wurde, sind die Bläuung verschiedener wäſſriger

Guajaci blau zu färben im Stande ist.

Pilzauszüge , die Bräunung von der Luft ausgesetzten Schnittflächen von Aepfeln u. s. w. Von diesen Substan

den Sauerstoff in eine wirksamere Form überführen kön nen, so möchte ihre Stelle als ozonübertragende Körper

zen sind wohl zu unterscheiden solche (wie die tinctura

zweifelhaft erscheinen, die Bläuung eines Gemisches von

Guajaci) die noch durch Ozon gefärbt werden , ohne selbst

Terpenthinöl und Tinctura Guajaci durch zugesetzte Blut

die Fähigkeit zu besitzen den Sauerstoff zu ozonifiren .

förperchen der Einwirkung der letteren allein auf Rechnung

Eine ganz besondere Berücksichtigung verdienen an dieser Stelle eine Reihe von Stoffen ganz verschiedener

Wirkung der feinvertheilten Metalle und das Eiſenvitriol

Art, jedoch mit der gemeinsamen Eigenschaft leicht flüchtig zu sein, welche bei längerer Berührung mit Luft, beſonders unter dem Einfluß des Lichtes, Sauerstoff aufnehmen, den selben ozonisiren und an leicht orydirbare Körper abge ben.

Der nächſtliegende oxydable Körper ist die bet effende

Substanz selbst, die daher in manchen Fällen auch ofort selbst umgewandelt wird, wie die Orydation des Bitter

Da sie also selbst

gesezt werden , und es könnte dieselbe Erklärung auf die

(welches selbst Sauerstoff aus der Luft aufnimmt, densel ben ozonisirt und sich mit ihm verbindet) angewendet wer den ; indeß zeigen vergleichende Versuche daß eine so geringe Menge von Blutkörperchen als zur Uebertragung des Ozons vom Terpenthinöl auf die Tinctura Guajaci nöthig ist, allein niemals eine so starke Ozonreaction liefern kann . Ebenso ist die Bläuung der Tinctura Guajaci auf porö

Aber bei andern Stoffen

sem Papier u. dgl. niemals so stark als bei Anwesenheit

geht die Orydation nur äußerst langsam vor sich ; man nennt diese Körper, deren Repräsentant das Terpenthinöl

der Blutkörperchen oder Hämoglobin, deren kräftige Wir

mandelöls zu Benzoesäure zeigt.

Apparat zur Darstellung von Ozon.

Bericht über die

Verhandlungen der naturforschenden Geſellſchaft zu Freiburg i . B. II. pag. 331 .

kung hier zum Theil noch auf die stärkere Ozonisation des Sauerstoffs durch die dabei auftretenden Zerseßungspro ducte des Hämoglobins zu beziehen ist.

Das so im Blute

gebildete Ozon wird in demselben rasch zu Oxydationen

Das Ozon.

392

benutzt, daher das Fehlen von Ozon in dem dem Blute entzogenen Gasgemenge nichts auffallendes hat.

G. Meißner

wieder aufgenommen werden , der das

Antozon ( oder Atmizon) rein zu gewinnen (es soll nach

Von nicht geringer Wichtigkeit ist das bei der Bildung

Meißner stets gleichzeitig mit Czon und wahrscheinlich in

von Ozon, sei es auf elektriſchem Wege, ſei es bei Orydationen

gleicher Menge entſtehen) und ſeine Eigenschaften festzu stellen suchte. Im wesentlichen besißt das Antozon Meiß

von Elementen oder organischen Verbindungen u. j. w. gleich zeitige Auftreten von Wasserstoffhyperoryd, das sogar in manchen Fällen allein zu finden ist, nämlich dann wenn Ozonisation und Orydation sich so rasch folgen daß das stets gebildete Dzon wegen der sofort folgenden Verwen dung nicht nachzuweisen ist.

Echon diese Beziehung des

ners Angaben zufolge die Eigenschaften des Waſſerſtoff: hyperoxyds. In dem Nebel welchen ein ozonhaltiger Luft strom nach dem Durchtreten durch eine Lösung von Jod kalium, Pyrogallussäure oder dgl., d. h. also nach Zerstö rung des Ozons bei der Berührung mit Waſſerdämpfen

Wasserstoffhyperoxyds zum Ozon würde berechtigen das

bildet, und welcher die Grundlage von Meißners Beweis

selbe mit in unsere Betrachtungen hineinzuziehen ; gar

führung für die Existenz des Antozons abgibt, ist von

nicht zu umgehen ist es aber, wenn man die Schönbein'

v. Babo haufig , jedoch keineswegs immer Waſſerſtoff 3 hyperoryd gefunden worden. Es entspricht dieser Befund dem bereits oben bemerkten, daß bei der Zerstörung des

schen Hypothesen über das Dzon prüfen will.

auf ihre Richtigkeit

Wasserstoffhyperoxyd, eine farbloſe durchsichtige Flüſſig feit, mit Wasser in jedem Verhältniß mischbar, von zu

Ozons Wasser oxydirt werden kann.

sammenziehendem Geschmack und eigenthümlichem Geruch,

Waſſerſtoffhyperoxyd. Die Unmöglichkeit der Existenz von Antozon läßt sich bis jetzt noch nicht vollkommen beweisen, die Gründe für die Annahme einer dritten Modification

welche die Haut ſtark angreift und Pflanzenfarben zerstört,

In vielen Fällen ist

also sicher das sogenannte Antozon nichts anderes als

wird in den Laboratorien dargestellt durch Zerlegen von Bariumhyperoryd mit verdünnter Säure. Kleinere Men

des Sauerstoffs sind aber jedenfalls noch mehr als un

gen erhält man beim Schütteln von leicht orydirbaren Me tallen (z . B. Zinkspähnen) mit Luft und Waſſer. Es

hier noch mehr einzugehen, und es sei daher nur noch er :

ist dieß nichts

wähnt daß auch die von Schönbein gemachte Trennung

anderes

als einer der oben angedeute

ten Fälle der gleichzeitigen Wasserstoffhyperoryd .

Bildung

von Czon

und

genügend.

Es würde zu weit führen auf diese Hypotheſen

der sauerstoffhaltigen Verbindungen eine unhaltbare ist, da unter Umständen auch die Antozonide Oxydationen

Von ganz besonderem Interesse ist das Verhalten des Wasserstoffhyperoryds gegen eine Anzahl von sauerstoffrei chen Verbindungen (Manganhyperoryd, Bleihyperoryd, Sil berhyperoryd, Mangansäure, Uebermangansäure, Eisensäure,

auszuführen im Stande sind, Wasserstoffhyperoryd Blei orydsalze zu Bleihyperoxyd , Arsen zu

arseniger Säure

und Arſensäure, schweflige Säure zu Schwefelsäure, Am moniak zu salpetersaurem Ammoniak u. s. w . ebenso Na

Chromsäure, unterchlorigſaure Salze) , die bei der Berüh rung mit Wasserstoffhyperoryd allein oder bei Anwesenheit

triumhyperoryd Manganorydulsalze zu Manganhyperoxyd,

von Säure einen Theil ihres Sauerstoffs verlieren, d. b.

Oryde und Hyperoxyde unterscheiden sich von einander nur durch ein festeres oder loseres Anhaften des Sauerstoffs

reducirt werden .

Auch das Wasserstoffhyperorvd wird da

ber zu Wasser reducirt, aus dem Gemisch entweicht Sauer:

Chromoryd zu Chromsäure u. s. w . orydiren kann.

an dem Metall.

Die

Auch der von Schönbein behauptete

stoff mit den Eigenschaften des gewöhnlichen Sauerstoffs.

Unterschied in dem Verhalten der Ozonide und Antozonide

Ebenso zerfällt Waſſerſtoffhyperoryd in Wasser und Sauer

gegen Chlorwaſſerſtoffsäure : jene sollten unter Freiwerden

stoff bei der Berührung mit Blutfaſerſtoff, mit Blutkörper

von Chlor und Waſſer, diese unter Bildung von Waſſer stoffhyperoryd zu Chlormetallen werden, ist kein durchgrei fender. Unter Umständen kann, wie Brodie zeigte, Barium

chen (die dabei selbst zerstört werden), mit den edlen Me tallen in feinvertheiltem Zustande, und endlich, wie oben schon erwähnt wurde , mit Ozon.

Durch lettere Erſchei

nung wurde Schönbein auf die Vermuthung gebracht daß die oben erwähnten sauerstoffreichen Körper den Sauerstoff ganz oder theilweise in Form von Czon enthielten . Fr

hyperoryd mit concentrirter Salzsäure ebenso zerfallen wie die Ozonide. Kehren wir nun zum Dzon selbst zurück um über die eigentliche Natur desselben in das Klare zu kommen.

nannte daher diese Stoffe Ozonide und stellte ihnen gegen

Bereits im Jahre 1857 beobachteten Andrews und Tait, 5

über unter dem Namen der Antozonide eine Reihe anderer

daß bei der Ozonisation von Sauerstoff eine Volumver

Hyperoryde (die Hyperoryde der Alkalien und alkaliſchen

minderung des Gases eintritt, und zwar proportional der

Erden), die durch Wasserstoffhyperoryd nicht zersetzt wer den. In den Antozoniden, zu denen das Wasserstoff

4 Untersuchungen über den Sauerstoff. Hannover 1863. 2 Ann. d . Chem, et Pharm. 2. Suppl . Bd. pag. 265 ff. 3 Zum Nachweis kleiner Mengen von Waſſerſtofſhyperoryd dient hauptsächlich die blaue Färbung von Acther, der mit der betreffenden Flüſſigkeit, Chromſsäure und Schwefelsäure, geichüttelt wird. Die blaue Substanz ist wahrscheinlich Ueberchromjäure. Journ. Chem. Soc. Ser. 2. Vol. I. pag. 316. 1863. 5 Chem. Gazette 1857. pag. 319.

hyperoryd

selbst gehört , ist

nach

Schönbeins Ansicht

eine dritte Form des Sauerstoffs anzunehmen, Antozon, eine Form, deren Charakter wesentlich darin bestehe sich mit Dzon zu gewöhnlichem Sauerstoff zu verei nigen. Es ist diese Hypothese später hauptsächlich von

Das Ozon.

Stärke der Dzonisation.

393

Die lettere läßt sich leicht fest

stellen durch Zusammenbringen des ozonisirten Sauerstoffe mit Jodkalium und Bestimmen des hierbei frei gewordenen Jods nach den gebräuchlichen chemischen Methoden. Um gekehrt beobachtet man eine Volumzunahme des ozonisirten Sauerstoffs bei dem Erhißen desselben. Die Volumzu nahme eines Gemenges von Sauerstoff und Ozon - denn nur um solches handelt es sich hier

kann selbstverständ

2

lich nicht mehr eintreten, wenn, sei es durch Jodkalium, sei es durch irgend einen anderen Stoff, das in dem Ge

II.

I.

III.

menge enthaltene Ozon bereits verbraucht worden ist. Auf diese Untersuchungen hin stellte Clausius fol: gende Hypothese auf: die Moleküle des gewöhnlichen Sauer

Sauerstoffvolumen, so zeigt der hellere Theil von II das

stoffs, bestehend aus 2 Atomen, können auf verschiedene

nach vollendeter Absorvtion zurückgebliebene Volumen, end lich III das nach dem Erhitzen gemessene Volumen. Das

Weise (vrgl. oben die Entstehungsarten des Ozons) in Diese vereinzelten diese beiden Atome zerlegt werden .

durch Erhizung zu dem ursprünglich angewandten hinzu gekommene Gasvolumen, der mit a bezeichnete Abschnitt

Atome werden ebenso wie die noch nicht zu Molekülen ver

von III, ist halb so groß wie das bei dem Behandeln mit

einigten Atome des naſcirenden Sauerstoffs leicht mit oxy

Terpenthinöl verschwundene Gasvolumen, Theil von II.

dablen Körpern Verbindungen eingehen, d . h. dieselben orydiren können. Sie können aber auch bei Abwesenheit von oxydablen Substanzen sich unzerlegten Sauerstoffmole:

der schraffirte

Schon hieraus schloß Soret daß die Dichtigkeit des Dzons 1½mal so groß sei als die des gewöhnlichen Sauer stoffs, brachte aber bald noch einen zweiten genaueren Be

külen anlegen, um sich von ihnen bei erster Gelegenheit (Hinzukommen eines oxydablen Körpers, Erhißen des Gas gemenges ú. j . w. ) wieder zu trennen. Es bilden also

weis für die Clauſius'sche Hypothese bei, indem er die

bei der Ozonisation des Sauerstoffs die Sauerstoffatome (we

eines anderen Gaſes ―― in diesem Falle mit der von Chlor 1 bestimmte. Nach dem bekannten Graham'schen Geſetze

nigstens ein Theil derselben) eine kleinere Anzahl von Ozon molekülen, als vorher Moleküle gewöhnlichen Sauerstoffs vorhanden waren . Die Ozonmoleküle müssen also auch schwerer seyn. Während in dem Sauerstoffmolekül, wie die beistehen den Formeln zeigen

0 = 0

0

0

Diffusionsgeschwindigkeit des Ozons im Vergleich mit der

daß sich die Diffuſionsgeschwindigkeiten umgekehrt verhal ten wie die Quadratwurzeln aus den specifischen Gewichten, ließ sich

aus den angestellten Versuchen

mit ziemlicher

Genauigkeit ebenfalls wieder berechnen daß die Dichtigkeit des Ozons 1mal so groß sei als die des gewöhnlichen Sauerstoffs. Die bei der Ozoniſation des Sauerstoffs frei werden den Sauerstoffatome können andererseits auch das Wasser

Ozonmolekül.

Sauerstoffmolekül.

orydiren zu Waſſerſtoffhyperoryd,

wie man dieß bei der

die beiden Affinitäten der zweiwerthigen Sauerstoffatome

langsamen Oxydation von Zink, Phosphor, Pyrogallus

sich gegenseitig binden, wird in dem Ozonmolekül nur je eine Verwandtschaftseinheit der ursprünglich vorhandenen

jäure, bei der Elektrolyse von Wasser u. s. w. beobachtet.

Sauerstoffatome verbraucht, die beiden anderen aber durch

stets nur eine geringe sein, da es sich sofort mit Dzon wieder zersetzt.

das dritte sich anlegende Sauerstoffatom gesättigt.

Die Menge des gefundenen Waſſerſtoffhyperoxyds kann

Diese Hypothese ist so gut wie bestätigt durch die Unter suchungen von Soret

über

die Dichtigkeit des Ozons.

Unter der Annahme daß die Ozonmoleküle ganz von Ter 2 penthinöl aufgenommen werden , versuchte Soret die

Nachdem man somit dem Wesen des Ozons sehr nahe gekommen ist,

drängt sich von selbst die Frage auf, ob

auch die anderen gasförmigen Elemente einen derartigen.

Dichtigkeit des Ozons zu bestimmen durch Schütteln einer

allotropen, ozonartigen Zustand besißen.

gemessenen Menge von ozonifirtem Sauerstoff mit Terpen thinöl. Die hierbei beobachtete Volumverminderung wurde

stoff ist bereits vor mehreren Jahren ein solcher in Anspruch 2 genommen worden. Nach Osann sollte der Dzonwaſſer

verglichen mit der durch Erhitzung einer gleichen Gasmenge erzeugten Volumvermehrung. Es fand sich daß die Vo

stoff, vorkommend in elektrolytisch entwickeltem, nicht in

lumverminderung bei der Absorption durch Terpenthinöl

sich aber jeder Zeit leicht zeigen, und ist auch bereits längſt

das doppelte betrug von der Volumzunahme durch Erhißung . Veranschaulichen wir uns in I das angewendete ozonisirte

gegen die Osann'schen Behauptungen eingewendet worden, daß chemisch reiner Wasserstoff, aus Zink und Schwefel,

Poggend. Annal . LXXI. pag. 250. 2 Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd . CXXXVIII . pag. 45. Ausland. 1869. Nr. 17.

Für den Wasser

elektrisirtem Wasserstoff, stärker reducirend wirken.

Es läßt

↑ Annal . d . Chem. u . Pharm . 5. Supplm. Bd . p. 148. 2 Journ. für prakt. Chem. Bd . 58. pag. 385. 51

Ueber den Ursprung der Sprache.

394

säure entwickelt, salpetersaures Silberoryd reducirt, jodhal tige Lösung von Jodkalium entfärbt, sich überhaupt von

an Ort und Stelle beschäftigt (er ist Curator von Sir G. Grey's Bibliothek in der Capstadt) und bereits eine Reihe

dem elektrolytischen Wasserstoff nicht unterscheidet, dieser

von Abhandlungen darüber publicirt hat.

aber hinter der Reductionsfähigkeit von naſcirendem Waſſer stoff weit zurückbleibt, während doch die orydirenden Eigen

Schrift ist schon im Jahr 1853 geſchrieben und ihre Ver

schaften des Ozons mit denen des nascirenden Sauerstoffs faſt identiſch ſind.

So wird eine Lösung von indigschwe

felsaurem Kali durch Zink und Schwefelsäure rasch ent bläut, von elektrolytischem Wasserstoff aber auch nachTage langem Durchleiten nicht verändert, Es lassen sich aber

Die vorliegende

öffentlichung erfolgte, wie es scheint, auf Veranlaſſung des dem Verfasser befreundeten Prof. Häckel in Jeaa, der sie auch mit einer Vorrede verſah.

In dieſer ſagt der leß

tere ganz treffend :

" Bekanntlich sind die Völkerschaften Südafrika's, die

ferner noch theoretische Bedenken gegen die Existenz von

Hottentotten, Buſchmänner, Kaffern und andere, gewöhnlich als Negerſtämme betrachtete Zweige der wollhaarigen lang=

Ozonwasserstoff anführen, zu deren Verständniß es nöthig

köpfigen Völkerfamilie bis auf den heutigen Tag auf der

iſt zu der Clauſius'ſchen Erklärung der Bildung von Sauer: stoffozon zurückzukehren. Bei dem Zusammentreten von

tiefſten Stufe menschlicher Entwicklung stehen geblieben, und haben sich am wenigsten vom Affen entfernt. Wie

zwei Atomen des einwerthigen Wasserstoffs zum Molekül (HH) wird die Affinität des einen Atoms durch die

von ihren gesammten physischen und moralischen Eigen: schaften, so gilt dieß auch von ihrer Sprache. Schon hierin

des anderen gesättigt,

und es ist nicht möglich für die

lag gewiß für den Verfasser eine besondere Aufforderung

Anlagerung eines dritten Wasserstoffatoms eine Stelle zu ſinden, wie ſich eine solche fand bei den zweiwerthigen Sauerstoffatomen. Aus dieser Ueberlegung ließe sich viel

und Berechtigung die hochwichtige anthropologische Grund frage über den Ursprung der Sprache in Angriff zu nehmen. " Was nun die Abhandlung selbst betrifft, so besteht sie

leicht ein allgemeinerer Sah ableiten : einwerthige Elemente besigen keine allotropen Zustände.

aus zwei fast gleichwerthigen in lojem Zusammenhang mit einander stehenden Aufsäßen . Der erste als Vorwort

Es sind in der That von solchen, gasförmigen wie feſten,

Ueberschriebene ist wesentlich der Entwicklung der Religion

feine allotropen Zustände bekannt. Für mehrwerthige Ele mente ist ein derartiger Zustand theoretisch wohl denkbar,

gewidmet.

so könnten z . B. an ein Molekül des dreiwerthigen Stick ſtoffs NEN

Der Verfaſſer ſieht in der Verehrung der Ver

storbenen, dem sogenannten Ahnendienst die Wurzel aller Religionen, was mir zu eng gegriffen zu sein scheint . Ich verzichte aber darauf hierüber mich jest näher zu äußern, da ich binnen kurzem eine Abhandlung publiciren werde,

in welchem sich die drei Affinitäten gegenseitig sättigen,

in der die Religion eine naturhistorische Beleuchtung er

zwei andere Stickstoffatome sich anlegen und ein Stickſtoff ozonmolekül N - N N ――――――― oder I IXI I N = N N wxxxxxxxx N

fährt.

so besteht des Verfassers Ansicht nach seiner eigenen Reca

bilden.

pitulation in folgendem :

Zwar hat Meißner 1 an reinem in einer v. Babo'

Nichtsdestoweniger sind die Auseinandersehungen

Bleeks von Intereſſe für den Naturforscher wie für den Theologen. Um auf den Gegenstand der Ueberschrift zu kommen,

ſchen Röhre elektrisirten Stickstoff „ keine für die Sinne

„Die erste Phase der Existenz des Wortes als solchem

wahrnehmbare Veränderung" beobachtet, und hat der elek

fand statt, als der Empfindungslaut nicht als solcher her

trisirte Stickstoff auch in meinen Versuchen keine größere Fähigkeit sich direct mit Wasserstoff oder Bor zu verbin

vorgebracht, sondern willkürlich angewendet wurde, zu dem Zweck um die ihn begleitende Empfindung oder die bei dem

den gezeigt als gewöhnlicher Stickstoff; indeß dürften erst genauere Versuche über eine vielleicht eintretende Volumen

Genossen gemuthmaßte entsprechend hervorzurufen. " In der zweiten Phase seht sich durch den Gebrauch

abnahme u. dgl . die Frage für den Stickstoff, sowie für

der Laut feſt als conventionelle Vermittlung der durch ihn angedeuteten Empfindung, und in dem er von dieser im Gefühl und Bewußtsein schon geschieden wird, weicht er

andere mehrwerthige gasförmige Elemente entscheiden.

auch immer mehr von ihrer Bedeutung ab, und wird auch bald der Form nach zu einer bloßen Andeutung des Em pfindungslautes, aus dem er ursprünglich hervorging, und

Ueber den Ursprung der Sprache.

Von Dr. G. Jäger. Unter diesem Titel erschien so eben eine Broschüre von W. H. J. Bleek, der sich seit nahezu zwanzig Jahren mit der vergleichenden Forschung der südafrikanischen Sprachen 4 A. a.

. pag. 31.

dessen Ebenbild er anfangs war." „ Troßdem

wenn auch lautlich und der Bedeutung

nach von dem Empfindungslaut und der durch ihn aus: gedrückten Empfindung verschieden, lehnte doch das Wort sowohl der Form als dem Inhalt nach sich noch zu sehr an die Empfindungswelt und ihre Aeußerung an, und war zu unmittelbar aus ihr hervorgegangen, als daß es

Ueber den Ursprung der Sprache.

schon einen selbständigen klaren Begriff in sich schließen konnte. " „Jedes Wort bezeichnete eben noch eine für sich stehende

395

bei Bildung der Sprache sagte.

In gleicher Weise wie

der Verfasser stellte ich als erste Periode die der Empfin dungslaute auf, und als zweite Periode die der Nach

nur durch sich modificirte Idee, und bildete, wie wir sagen.

ahmung.

würden, einen Sah für sich. “

die Wirkung des Nachahmungstriebes auf den Empfin

Neu und zutreffend ist was der Verfaſſer über

" Nun mußte es aber vorkommen daß das Bedürfniß

dungslaut ſelbſt ſagt : er bewirkte daß der anfangs unbe

sich geltend machte Empfindungen auszudrücken, die nicht

wußte, ich möchte sagen rein mechanisch ausgestoßene Em

entschieden einer durch einen Lautcomplex sich

pfindungslaut allmählich von der Empfindung frei gemacht wird. Leider hat uns der Verfaſſer dieſen Ausspruch nicht

geltend

machenden Empfindung am nächſten waren , sondern zu gleicher Zeit zwei solchen Lautcompleren gleich nahe zu

mit Beispielen belegt, er konnte es wohl auch nicht,

liegen schienen.

wohl alle Menschen längst über die erste Periode der

Hier lag es am nächsten einen dieſer Laut

complexe dem andern folgen zu laſſen.

Dieß bezeichnet

den Anfang der dritten Phase. "

" Von zwei so zusammen eine Idee ausdrückenden Wör tern mußte natürlich das eine gewöhnlich im Bewußtsein für den durch beide ausgedrückten Begriff nothwendiger er scheinen, als das andere.

Hiedurch allein machte sich wohl

Sprachentwicklung hinüber sind, dagegen verfügt der Zoo. loge über einen viel reicheren Schah von Erfahrungen in diesem Stücke als der Sprachforscher, und so möchte ich einiges beifügen was zur Bekräftigung des von Bleek Ge sagten gewissermaßen zur Lebendigmachung desselben die: nen kann. Ich thue es um so mehr als ich hiebei Gele genheit habe manches von dem was ich über die Sprache

schon frühe im Bewußtsein eine Art Unterscheidung geltend zwischen dem Haupt- und Nebentheil, dem zu bestimmenden

der Thiere gesagt habe zu vervollständigen.

und dem zur Bestimmung eines andern dienenden Worte. " Dieser Auseinanderseßung kann der Naturforscher

objectiver ausdrückte ,

schon insofern seinen Beifall nicht versagen, als sie nicht auf dem Boden des Wunderglaubens sich bewegt, son:

da

Der gänzlich unbewußte, unwillkürliche, oder wie ich mich der synkinetische Empfindungslaut

tritt nur auf bei starken Affecten ; solche sind Todesangſt, Zorn, Schmerz, und es gibt genug Thiere, zum Beiſpiel

dern eine Entwicklung aus natürlicher Grundlage zu ge

die meisten Nagethiere, die nur über diese drei oder gar

ben versucht.

nur über die zwei ersten Laute verfügen.

Weiter ist auch das Gesagte ganz zutref

Schon eine

fend, und namentlich das intereſſant was über das Schicksal des zusammengeseßten Wortes gesagt wird, wor

ganz andere Bewandtniß hat es mit dem Paarungsruf,

über ich übrigens den Leſer an die Quelle weiſe, allein wenn

die Sprache mit dem Paarungsruf beginnen lasse.

der Verfasser sagt : „mit der Entstehung des Wortes, als

vergleiche den Todesschrei eines Hafen mit dem Krähen eines

von dem Empfindungslaute lautlich und begrifflich durch

Hahnes, so wird auf den erstenBlick klar daß das lettere, froß

aus geschieden, ist eigentlich die Frage über den Ursprung

dem eine Empfindung die Veranlassung gibt, im Vergleich

der Sprache erledigt," so trifft das doch nur einen Theil

zum erstern sich wie eine freie selbstbewußte Handlung ausnimmt, und daß ſie das iſt, läßt ſich beweiſen. Was

und dieß ist der Grund warum ich in meinen Auffäßen Man

der Sache. Doch hören wir zuerst noch was er über den Abmlaut sagt :

ist denn für uns das Kriterium, ob eine Handlung ſelbſt=

„ Einestheils konnte das Wort bei gewissen Gefühls

bewußt, willkürlich ist oder nicht? Offenbar nennen wir sie

erregungen als unmittelbare Wirkung der Organe eintreten ; andererseits mußte der Nachahmungstrieb in lautbegabten Wesen sich auf die Nachahmung der das Gehör am auf

so dann, wenn wir sehen daß ihr eine Absicht zu Grunde liegt, daß sie einen beſtimmten Zweck verfolgt. Es dürfte schwer sein dem Hasen, wenn er den Todesschrei ausſtößt,

fallendsten treffenden Töne werfen. Beide aber, der Em pfindungslaut nicht nur, sondern auch der Nachahmungs

eine Absicht zu unterstellen, jedenfalls, selbst wenn man das wollte, so könnte es nun und nimmer die der Ver

laut sind doch ihrer Natur nach bloß willkürliche Ge da ja das den Laut hervorbringende

ständigung sein, höchstens könnte man sagen, er beabsich

fühlsäußerungen ;

tige durch dieses durchdringende Geschrei seinen Mörder zu

Spiel der Organe, wie in jenem Falle durch die Em

erſchrecken, und das mag ihm vielleicht hie und da ge:

pfindung, so hier durch den ebenso unbewußten Nachy ahmungstrieb angeregt wird. Ich habe daher beide in der obigen Schilderung der Entstehungsweise des Wortes

lingen. Ganz anders das Krähen des Hahnes : der kräht wenn er einen andern Hahn ſieht und damit die Absicht verbindet ihn zum Kampf herauszufordern, und die weitere

ohne Schaden zuſammenwerfen können. Denn alles was ich dort von dem Empfindungslaut sagte, läßt sich ohne weiteres auch vom • Nachahmungslaute bebaupten. "

Absicht seine Hennen über seinen Gefühlszustand zu un terrichten. Also um es kurz zu sagen : wenn wir daran

Das was hier über den Nachahmungstrieb gesagt ist, ſtimmt vollkommen zu dem was ich in meinen Auffäßen über den Sprachursprung vom Werth der Nachahmung 1 Ausland 1867. Nr. 23.

Nr. 42, 44 und 47 , und Jahrgang 1868

festhalten daß die Sprache erst da anfängt wo der Laut ausgestoßen wird, in der Absicht sich mit Artgenossen zu verständigen, so ist der Todesschrei des Hasen noch nicht Eprache, wohl aber das Krähen des Hahnes d . h . der Paa rungsruf. Wir kommen nun zu der schönsten Bestätigung deſſen

Ueber den Ursprung der Sprache.

396

was Bleef über die Wirkung des Nachahmungstriebes

pfindung.

sagt, wenn wir die Rolle betrachten die er gerade beim Paarungsrufe spielt. Wenn ein Zimmervogel nicht singen. will, so ist ein gewöhnliches und meist probates Mittel

gendes.

einen zweiten in seine Nähe zu hängen. Wenn ein Hahn kräht, so antworten ihm die Hähne der Nachbarschaft. Aefft man einen Kukuk, eine Goldamsel 2c., jo läßt der Vogel seinen Ruf nur um so eifriger erschallen . Wenn

Was das lettere betrifft, so gilt hierüber fol

Hinter dem Paarungsruf steht nur einerlei Art von Empfindung , die geschlechtliche Erregung. Wer aber die Locktöne, namentlich die Sammellaute (z. B. einer Trut huhn oder Berlhuhnkette) belauscht, der kann sich leicht über zeugen daß sie bald von dem Gefühl der Angst, bald aber auch vom entgegengeseßten, von dem der Freude über ge:

man in der Mittagszeit den schlafenden Waſſerfröschen vorquarrt, so stimmen auch sie ihr Liebeslied an - furz

fundenes Futter, bald endlich von dem Gefühl der Befrie digung dictirt werden. Allerdings unterscheidet der Auf

an Hunderten von Beispielen läßt sich darthun daß der Nachahmungstrieb den Paarungsruf zu dem gemacht hat

merkſame an der Lautfarbe des Locktons welche Art von

was er ist

nämlich aus einem synkinetischen Laut zu einem Verſtändigungsmittel, d . h. zu einem Wort. Ziehen wir noch einige Beispiele herbei um die Sache

Gefühl er ausdrückt, allein es ist immer ein und derselbe Ton. Auch als Verſtändigungsmittel ſteht der Lockton höher als der Paarungsruf.

Dieß läßt sich am besten an den

noch von anderer Seite zu beleuchten. Die Freimachung des Empfindungslautes von seiner innigen Verbindung

Zimmervögeln beobachten . Der Vogel singt oft genug auch ohne daß er durch einen Artgenossen zu dieser Lautäuße

mit der Empfindung hat die Abschwächung der Empfin

rung veranlaßt wird, oder sich einen Artgenossen herbei

dung selbst zur Vorausseßung, und die ist eine natürliche Das zeigt uns am besten

wünscht. Wenn aber dem Zimmervogel ein Artgenoſſe ſich nähert, dann tritt sofort der Lockton auf, und wenn

der Papagai ; so lange er scheu, überhaupt leidenschaftlich

ein Zimmervogel auch ohne diese bestimmte äußere Ver

Vorbedingung der Nachahmung.

erregt ist, spricht er nicht, d . h. ahmt nicht nach, sondern schreit seinen Waldschrei. Dagegen je zahmer, d. h. je

anlassung lockt, so zeigt sein ganzes unruhiges Benehmen

Noch

daß er sich im Zustand der Appetenz oder um sich deutsch aus zudrücken, der Begehrlichkeit sich befindet. Also der Lodton

einen anderen Fall : der Eichelhäher ahmt bekanntlich sehr

trägt immer eine Adresse, er hat eine demonſtrative Bedeu

häufig den Ruf des Bussarden nach.

tung, der Paarungsruf dagegen ist nicht immer adreſſirt,

leidenschaftsloser er ist, um so besser ahmt er nach.

Ich war früher der

Ansicht, er benüße diesen entlehnten Laut als Warnruf,

er kann es nur werden und wird es auch sehr häufig .

allein ich habe mich nicht nur selbst überzeugt, sondern es ist mir auch von mehreren andern Beobachtern überein

trieb bei den Locktönen spielt, und zwar zuerst bei den

stimmend versichert worden daß der Eichelhäher, wenn er den

Familienlauten. Wenn man ein Nest voll junger Vögel auffüttert, so wird man selten sich zu beklagen haben über

Buſſardruf nachahmt, in einer ganz leidenschaftsloſen, be:

Betrachten wir nun die Rolle die der Nachahmungs

haglichen Stimmung ist, und daß er sofort seinen eigenen.

mangelndes Jungengeschrei ; sobald man sich dem Neste

Waldschrei annimmt, wenn er beunruhigt wird.

nähert, fängt wenigstens eines der Jungen zu schreien an, und ihm antwortet sofort der ganze Chor.

Die Sache ist auch psychologisch vollkommen begreiflich: das Nachahmen beruht auf einer recipirenden Thätigkeit,

Anders aber,

wenn man es versucht einen einzelnen jungen Vogel auf zuziehen, der bringt seinen Pfleger oft dadurch fast zur

und die verträgt sich nie mit dem Zustand einer heftigeren Gefühlserregung (Leidenschaft macht ja sprüchwörtlich blind und taub).

Verzweiflung daß er ſtockſtill im Neſte ſigt und nicht schreit. Was ist nun das sicherste Mittel ihm seinen Lockton zu entreißen ? Man lockt selbst.

Wir finden nun aber noch eine dritte Kategorie von

Thut man es nicht, sondern

füttert den Vogel durch gewaltsames Oeffnen des Schna:

Empfindungslauten beim Thiere, die eine weitere Bestä

bels, so verlernt er in den meisten Fällen seinen Lodton

tigung für die genannte Auffassung abgeben . die soge nannten Locktöne, an denen wir, wie ich schon in meinen

ein Beweis welch wichtigen Antheil der Nachahmungstrieb an seiner Existenz hat.

ersten Aufsägen sagte, zwei Abſtufungen unterscheiden : die

In welchem Verhältniß stehen nun die Familientöne zur

Familienlaute und die Geselligkeitslaute, oder wie ich mich jezt ausdrücken will, die Sammellaute. Die ersteren bil

Empfindungswelt des Vogels ? unstreitig im Hungergefühl,

den die Verständigungsmittel zwischen Eltern und Kin dern, die lehteren treffen wir nur bei gesellig lebenden Thieren. Die Locktöne müſſen deßhalb als eine weitere Annähe: rung an das was wir Wort nennen betrachtet werden,

Die der Jungen wurzeln

allein mit der Zeit werden.

sie vom Jungen auch in allen andern Fällen gebraucht wo es die Mutter herbeiwünscht, z . B. von den jungen Hühnern, wenn ſie bei der Henne unterfriechen wollen, oder wenn sie sich verlaufen haben. Das befundet eine viel größere Unabhängigkeit von der Art der Empfindung als

weil hier erstens die Absicht der Verständigung noch weit mehr vortritt als beim Paarungsruf, und zweitens weil

wir dieß vom Paarungsruf sagen können .

der Lockton viel unabhängiger ist von der Art der Em

gen Thiere.

Nun noch ein Wort über die Sammeltöne der geselli: Der Fortschritt den sie in der Loslösung

Ueber den Ursprung der Sprache.

397

von der Empfindung gegenüber dem Familienton gemacht

verschließt, wenn man das Studium der Thiersprache ver

haben, besteht darin : der lettere dient nur den Empfin dungen welche in dem Verhältniß von Mutter und Kind

nachlässigt.

ihre Wurzel haben, und das iſt ein viel engerer Kreis als

Erklärung zu der von mir gegebenen.

die Summe der Empfindungen die innerhalb einer Gesell

constatiren daß Bleeks Ansichten nirgends mit den meinigen.

ſchaft auftauchen.

Oder um einen schärferen Ausdruck für

in Conflict treten , sondern eine werthvolle Bereicherung

die Verallgemeinerung zu gewinnen : mit dem Familienton

derselben sind ; andererseits aber ist nicht minder zu con

lockt das Thier nur einer ganz bestimmten Persönlichkeit :

statiren daß sie keines meiner Worte entbehrlich machen,

das Junge seiner Mutter, die Mutter ihren Kindern, mit dem Sammelton lockt das Thier keiner bestimmten Persön

Nun noch einiges über das Verhältniß der Bleek'ſchen Hier ist zuerst zu

namentlich das nicht was ich über Paarungsruf und über

lichkeit mehr, sondern nur seinen Artsgenossen oder Volks:

das Verhältniß von Laut und Geberdensprache gesagt habe, und wir würden sicher eine schäßenswerthe Bereiche:

genossen überhaupt.

rung unseres Wissens erfahren, wenn Bleek die südafri

Das ist eine weiter gehende Abstrac

tion von der Empfindung als die welche der Familienton aufweist.

kanischen Sprachen in dieser Rücksicht einer Prüfung unter würfe.

Weiter ist es nicht minder wichtig zu constatiren

Auch bezüglich der Einwirkung des Nachahmungstrie bes müssen wir einen innigen Zuſammenhang zwiſchen ihm und den Sammeltönen statuiren. Bekanntlich läßt ein

daß Bleek mit seinen Säßen nicht genau den Punkt trifft wo die menschliche Sprache von der thierischen sich abhebt,

Perlhuhnvolk unausgesezt seinen Sammelton erſchallen , und wie eins anfängt, so antworten die andern ; sperrt

hinein.

man dagegen ein Perlhuhn allein, so daß es seine Arts genossen nicht hören kann ich hatte im Wiener Thier:

siren : die menschliche Sprache begann als eine Säugethier species

garten mehrmals Gelegenheit zu dieser Beobachtung - so

Intelligenz, die nun eben einmal das Vorrecht der höheren

er überschießt das Ziel und trifft mitten unter die Thiere Er hat den Stamm der Sprachentwicklung ge

troffen, aber zu weit unten.

Ich will das näher präci

entstand welche von ihren Vorfahren die höhere

Auch schon das

Säugethiere gegenüber den Vögeln ist, ererbte, und unter

zeigt seine größere Abhängigkeit vom Nachahmungstrieb daß die Sammeltöne nur gesellig lebenden Thieren zu kommen .

Uebergang zum geselligen Leben den Nachahmungstrieb nicht bloß auf die Geberde, sondern auch auf das lautliche Gebiet übertrug , sowie es die Vögel längst mit Erfolg

hört man faſt nie einen Schrei von ihm .

gethan hatten, oder, um es bündiger zu sagen, auch die Nachdem wir diese drei oder, besser gesagt, vier Kate: Vögel, denn die sind sicher seine Lehrmeister gewesen, nach gorien von Empfindungslauten einzeln durchgesprochen, ahmte, und in der Folge überhaupt alles andere Tönende. erübrigt noch von ihrem Verhältniß zu einander zu reden . Die Sprache war somit längst erfunden ehe es Men In dieser Beziehung ist zunächst zu statuiren daß die Sam meltöne eine Fortentwicklung der zwei vorhergehenden ſind,

schen gab. Da wir schon den Paarungsruf Sprache nennen

und zwar in zweierlei Weise. Im allgemeinen kann man sagen: der Sammelton der polygamisch lebenden Vögel

den Amphibien, Vögeln und Säugethieren gemacht.

müssen, so wurde die Erfindung schon von den Insecten, Die

menschliche Sprache sing erst an als einem Menschenaffen ist eine Fortbildung, besser gesagt Abschwächung, des Fa milientons der Mutter, so ist es z . B. bei dem Haus huhn :

die Zunge gelöst wurde : der wurde durch diese Erfindung zum Stammvater des Menschengeschlechts.

dessen Sammeltöne sind ein modificirtes Glucksen, Ich will hier eine Beobachtung mittheilen die ich erst

zu dem sogar der Hahn sich bequemt wenn er seine Hennen jüngst gemacht.

Mein Kind, ein Knabe, sprach mit 1½

lockt, wie jeder erkennen kann der das Locken desselben Jahren (das wurde er am 16. August) kaum Papa und einerseits mit dem Gludsen der Henne und andererseits mit dem Krähen vergleicht ;

mit letterem hat es nichts

Mamma, ja er war so auffallend aphonisch in jeder Be ziehung, daß ein mir befreundeter Arzt einmal die Be

gemein, wohl aber mit dem ersteren. fürchtung aussprach er sei geistesschwach.

Anders ist es bei den monogamischen Vögeln, z . B. den Rebhühnern :

Das wußte ich

nun allerdings genauer : der Knabe ging den ganzen Tag

bei ihnen betheiligt sich der Hahn von Anfang an an der Jungenpflege (was bei den polygami

herum, griff alles an, betrachtete alles und verstand alles

schen Vögeln nicht der Fall ist), und führt auch später die Kette. Hier ist es also ganz natürlich daß der Sammel:

oder Hund.

was man ihm sagte,

gerade wie ein gut dressirter Affe

Vier Wochen darnach konnte er alle Per

ſonen und Gegenstände seiner Umgebung und alle seine

ton nur eine Modification des rufes ist.

männlichen Paarungs

Bedürfnisse nennen, probirte sogar einige Liedchen, die

So viel zur Bestätigung und näheren Begründung dessen was Bleek sagt, wobei ich übrigens die Bemerkung

wie mit einem Schlag war die Sprache, und zwar eine sehr reiche, hervorgebrochen, und zwar weit schneller als

nicht unterdrücken kann :

bei jedem meiner andern vier Kinder.

daß aus meinen Auseinander

man ihm

öfter vorgeſungen, mit Worten nachzusingen :

Meiner Ansicht

setzungen hervorgehen dürfte welch reiche Quelle von Er

nach ist das ein bedeutsamer Wink für die Entstehung der

fahrungen auf dem Gebiete der Sprachforschung man sich

menschlichen Sprache ; wie wir hier beim Kinde dem Auf:

Ueber den Ursprung der Sprache.

398

tauchen der Sprache eine faſt aphoniſche, allein der Recep tion gewidmeten Periode vorangehen sehen, so sind auch

|

gedehntes „ wiid“) , es für das ſchönſte Onomatopoetikon erklären, so onomatopoetisch als wenn eine Strandſchnepfe

die dem Menschen zunächststehenden Affen auffallend apho

„ Dlüt" genannt wird.

nisch, aber auch dabei in hohem Grad receptiv, oder, um mich platter auszudrücken, neugierig. Gerade diese Aus

trieb schöpfte, habe ich bekanntlich eine dritte gefügt, die

bildung der Intelligenz durch Reception mußte vorangehen um eine so reiche Sprache hervorquellen zu laſſen, als der Nachahmungstrieb diesen Wesen die Zunge löste.

Ja wir

Zu diesen zwei Quellen, aus denen der Nachahmungs

Geberde, und mich darüber in meinem leßten Aufſaß aus: gesprochen. Ich will dieſen Aufſay ſchließen mit der Nahm haftmachung einer vierten Quelle für unsern Wortschat,

Bei dem weiblichen Geschlecht ist die Sprache ärmer als

die sich eng anschließt an die von mir aufgedeckte dritte. Der Leser erinnert sich vielleicht daß ich eine Entwicklungs

bei dem männlichen, sie ist noch, ähnlich wie beim Vogel,

stufe der menschlichen Sprache so kennzeichnete ; auf ihr

weit mehr Empfindungsausdruck als Folge einer Re flexion. Warum ? Weil das Weib die Empfindung nicht zuvor

Lauten und Geberden, und zwar bildeten die leßteren das

sehen das heute noch bei jedem erwachsenen Menschen.

bestand die Sprache aus einem organiſchen Ganzen von

innerlich verarbeitet, sondern bei jeder Berührung sofort

Uebergewicht.

laut wird, wie eine Schelle.

aus praktischen Gründen die tonlosen Geberden ersetzt wur

Der Mann dagegen sammelt

Die nächste Stufe bestand nun darin daß

sich ehe er sprechen will, es geht bei ihm immer eine apho

den von tönenden Mundgeberden.

nische, der Reception und innerlicher Verarbeitung gewid

Beiſpiele geliefert die beweisen daß es nicht nur ein Erſaß,

mete Periodé voraus dann verfügt er aber über einen

sondern geradezu eine Uebersehung war.

Ich habe seiner Zeit

Mit dieser Thätigkeit war nicht nur eine sehr reiche

Reichthum von Worten, Begriffen und Gedanken, der vom Weibe nie erreicht wird.

Fundgrube für Wortbildung erschlossen, sondern auch ein

Das Gesagte zeigt sich schon beim Kinde : Mädchen fangen

principieller Fortschritt gemacht, man hatte angefangen ton

schon im 6ten und 7ten Lebensmonat an zu surren und

lose Bewegungen zu ersehen durch tönende.

zu pappeln, was bei den Knaben nicht der Fall.

Also

dieß allerdings nur mit den eigenen Bewegungen, mit den

Zunächst war

Schwaghaftigkeit geht Hand in Hand mit schwächerer Ent

Geberden geschehen, aber jetzt griff man in die Außenwelt.

wicklung der Intelligenz, und da der Reichthum einer

und suchte tonlose Bewegungen in dieser mit dem Tone

Sprache wesentlich von der Höhe der Intelligenz abhängt,

nachzuahmen, in Töne zu übersehen.

so ist es begreiflich daß etwas ganz anderes von Sprache

ähnlich wie der Sprung vom Empfindungslaut zum Ahm:

herauskommen mußte als ein receptiver hoch entwickelter 1 Affe aufs Sprechen verfiel, als wenn der geschwäßige,

laut : zuerst verwandelte man die eigenen Laute in ein

mit geringeren Geiſtesfähigkeiten ausgestattete Vogel ſich eine Sprache zurecht machte. Hier ist der Ort um noch etwas über den Ahmlaut zu sagen. Für seine Untersuchung konnte Bleek recht wohl Empfindungslaut und Ahmlaut zuſammenwerfen .

Allein

Es ist das ganz

Berständigungsmittel, dann holte man sich aus der Außen welt Töne und schuf auch sie zu Verständigungsmitteln, zu Ahmlauten, um . Ich begnüge mich dieß mit zwei Beispielen zu belegen. Das eine liegt dem Ueberseßen aus der Geberdensprache noch sehr nahe , das Wort „ wehen, " " weich," " Wind. "

einmal gehört es wesentlich zur Erklärung der menschlichen

Man wußte daß die Bewegung der Luft den Tastſinn

Sprache daß sie nicht nur aus den eigenen Empfindungs

in gleicher Weise afficirte wie das Anblasen , und indem

lauten, sondern auch aus Ahmlauten hervorwuchs.

man das sanfte Blasen tönend machte, wurde das Wort erfunden.

Zwei

tens muß hervorgehoben werden daß der Ahmlaut eine jüngere Erscheinung im Entwicklungsgang ist, er trat erst in der zweiten Periode hinzu.

Fürs zweite, sobald man

The ich mich zum zweiten Beispiel wende, will ich einen Fall erzählen wie ſich ein Naturmensch hilft wenn ihm das

daran gehen will eine bestimmte Sprache auf ihre natür

Wort fehlt.

lichen Wurzeln zurückzuführen, ist es absolut nothwendig genau zu unterscheiden ob ein gegebenes Wort auf einen

einem württembergischen Landstädtchen vor Gericht seinen

Empfindungslaut oder einen Ahmlaut oder eine andere

fahrt.

Sprachquelle zurückzuführen ist.

digen, sagte er : „ Madame Gott rrrrr !" wobei er wirbelnd den Arm erhob. Er malte also nicht nur mit der Ge

Wenn z . B. Curtius das

griechische Wort ὕδω do = ich singe, wovon aëdon Nachtigall kommt, auf die Sanskritwurzel vad = sagen zurückführen

Ein italieniſcher Eisenbahnarbeiter hatte in

Geburtstag anzugeben : der war am Tag Mariä Himmel Nach einem vergeblichen Bemühen sich zu verstän

ein

berde, sondern auch mit dem Ton die Bewegung des Auf fabrens . Vielleicht dachte sich der Mann die Madame

einzigesmal einen Vogel, und zwar speciell eine Nachtigall,

Gott als eine Rakete oder als aufliegendes Rebhuhn, und

locken hörte (Naumann sagt : ihre Lockstimme ist ein bell

dann paßt das Beispiel besser für den Ahmlaut als für

will, so muß dem gegenüber der Naturforscher, der

1 Die Theologen, welche sich immer noch nicht mit der Affen abſtammung befreunden können, intereſſirt es vielleicht zu hören daß Hanne, Profeſſor der Theologie in Greifswald , jüngst in einer theologischen Zeitschrift zur gleichen Ansicht ſich bekennt.

das was ich jezt sagen will ; allein ich wollte die Mitthei lung nicht unterdrücken, weil es ein drastisches Beispiel für die grobfinnliche Art iſt mit welcher der Naturmenſch ſeine Worte bildet (siehe darüber was ich in meinen leßten Auf

Venetianiſches Glas und Moſaik.

sah über den Zusammenhang von Spucken mit der Wurzel „ da" sagte).

Eine reine Ueberseßung von tonlosen Bewegungen in tö

399

Formen an die du gewöhnt bist, aus ganz dem nämlichen Material bestehen, und daß der Unterschied einzig von der größeren

oder geringeren Wahrnehmung

des

Schönen

nende Mundgeberden ſind nun Worte wie : Blig, Wisch, raſch. An ihnen tritt klar zu Tage daß man eine schnelle Be

durch das Auge, sowie von dem schneneren oder lang= sameren Gehorsam der Menschenband für die Regel des

wegung durch ein schnelles Wort nachahmen wollte, na mentlich malt in dieser Beziehung das Wort „ Bliz “ vor trefflich das erplosive dieser Naturerscheinung. Hiefü

wirst du in beiden Fällen überrascht werden zu erfahren

bietet wohl jede Sprache eine reiche Fülle von Beispielen: Begreiflich ! denn der erfinderischen Thätigkeit des einmal in den gefestigten Besiß der Sprache getretenen Menschen,

jedes Blatt und jede Ranke nach der Natur gebildet ist ;

standen jezt die Wahrnehmungen aller Sinnesorgane als Wortfundgrube offen, während sie früher nur über die des Gehörsinns verfügte.

Diese Quelle kennen übrigens die

Sprachforscher schon lange, indem bereits Humboldt fie nam haft machte, denn sie trifft so ziemlich mit dem zu sammen was er über die symbolische Bedeutung der Wur zel sagt. Warum ich sie nochmals erwähne, ist erstens nur das, daß die Sprachforscher in dieser Quelle viel zu viel finden wollen, und darüber die andern Quellen, wenn nicht übersehen, so doch geringschäßen. Zweitens wird diese um den Humboldt'schen Ausdruck zu behalten - symboli ſirende Thätigkeit erſt verſtändlich, d . h. begreiflich, wenn man die früheren von mir skizzirten Stadien der Sprachh

Schönen herrührt.

Trittst du dann in den Laden ein, so

daß jene glühenden, vollkommen reinen , gebogenen Arm leuchter mit ihren Festons und Guirlanden, von denen

daß jene lilienförmigen Gefäße und Crocus- Schalen und die wie mit Eis überzogenen Flaschen, Opalbecher, Filigran Caraffen und ſpiralflammigen Gläser, jene smaragd., vio: lett oder rubinfarbigen Kelche, jene Achat oder Chalce don- Urnen und silberflimmernden Spiegel - insgesammt die Handarbeit der neueren Glasbläser von Murano ſind, deren Auge für Farbe und Zartheit der Farbengebung einst die verlornen Geheimnisse der Vergangenheit beweist daß sie die würdigen Nachkommen der Barovieri und Miotti, der Segusi, Barbini und der Legion von Künstlern sind deren Genius für sie selbst einen über die ganze Welt verbreiteten Ruhm, und Reichthum und Ehre für die erlauchte Republik gewann.

Die „Glaskunst, " wie man sie bis zum heutigen Tage entwicklung kennt. Daß uns das Symbolisiren mehr an. heimelt, ist begreiflich ; liegt uns doch die symbolisirende Periode näher als die pantomimische, und noch näher als

nennt, wurde, den bewährtesten Geschichtschreibern zufolge, von den die ersten Pfähle zu der meerumschlungenen Stadt schlagenden und die Grundmauern zu derselben legenden

die mimetische.

Für den Zoologen ist das gerade um Flüchtlingen nach den verlassenen Inseln gebracht ; und wenn man sich erinnert daß die Römer die ersten waren

gekehrt. Ich schließe mit dem Wunsche daß bald noch andere Sprachforscher an die Lösung der vorliegenden Frage mit der gleichen Objectivität treten möchten, wie es Bleek und Walser gethan.

die diese Kunst von den Phöniziern lernten, und daß die Glasfactoreien Roms bis zum Sturze des Kaiserreichs es denen von Syrien und Aegypten zuvorthaten, so ist kein Grund vorhanden zu zweifeln daß die Einwohner der blühendsten Städte des römischen Reichs, als sie zur Zeit der Einfälle der Barbaren dieselben verließen, in ihrer Phantasie und ihren Fingerspißen diese nüßliche , bloß

Venetianisches Glas und Mosaik.

von der Einbildungskraft, der Geſchicklichkeit und den ein fachsten Materialien abhängige Kunst, mit sich nahmen.

Am äußersten Ende des St. Markus-Plazes in Ve nedig kann man einen Kaufladen sehen der voll ist von

Die erste bestimmte Nachricht indeß rührt aus dem

Gegenständen welche ebenso mannichfaltig und von Form

Jahr 1090 her.

ebenso herrlich sind wie die Wolken über den Lagunen bei

Von dieser Zeit an bis 1291 nahmen

Sonnen-Untergang , und ebenso glänzend und zart und

die Glasfactoreien und Glasöfen in Venedig so rasch zu, daß der große Rath - sei es weil dieselben die Stadt häu

harmonisch an Farbe wie die Hälse und Brüste der dem St.

figen Feuersbrünsten ausseßten,

Markus Platz eigenen Tauben. Wenn du eine besondere Vorliebe für alte venetianische Gläser befizest, und in den

thümlichen Farbenglanzes der Atmosphäre Murano's alle nach dieser Insel, die damals als Vorstadt von Ve

oder wegen des eigen

Sammlungen von Liebhabern sowie in Raritäten-Läden

nedig betrachtet wurde, verlegen ließ. In dem Correr'ſchen

in ganz Europa

Muſeum ist die Mariegola dei Fioleri de Muran aufbe

nach derartigen alterthümlichen Dingen

gesucht hast, so wird hier deine Aufmerksamkeit sofort ge

wahrt, woraus wir ersehen welche Geseze diesem Künstler

fesselt,

volf, das den republicanischen Aristokraten so theuer war

und es dringt sich dir das Gefühl auf daß du Hast du hingegen deinen

wie ihre eigene Macht, als Richtschnur dienten, welche

Stolz in den Besitz der blizenden, funkelnden, winkeligen Gaukeleien geschnittenen Glases gesezt , so wirst du kaum

Vorrechte man ihm gewährleistete und welche Strafen man

glauben daß die vor dir stehenden Formen, gleich den

Glasbläser ; 2 ) die Spiegel- und Fensterglas - Verfertiger ;

nicht weiter zu suchen brauchst.

ihm androhte.

Es war in vier Classen eingetheilt : 1 ) die

Benetianisches Glas und Mosaik.

400 3) die Perlenmacher ;

4)

die Arbeiter in Stäben und

Emaillen, oder Schmelzgläsern .

erhielten sie von der venetianischen Akademie für ihre Gold- und Silber- Emaillen die goldene Medaille, und die

Schrecklich waren die Strafen die einen Muraneſen

jetzt im Muraneser Museum befindliche Sammlung wird

trafen welcher einen andern als einen Eingebornen der

von wirklichen Kennern in allen Beziehungen denen der

Insel in dieser Kunst unterrichtete. Entfloh er mit ſeinem Geheimniß nach einem fremden Land, so ward er peremp

Fleisch: Tinten übertreffen.

torisch zur Rückkehr aufgefordert ; gehorchte er diesen Auf forderungen nicht, so wurden seine nächsten Verwandten ins Gefängniß geworfen. Verharrte er dennoch im Un gehorsam gegen seine Pflicht für die Republik, so ward ein geheimer Agent abgeordnet um ihn zu tödten. Es ist schwer Gewißheit darüber zu erhalten wann die ersten Emaillen in Venedig verfertigt wurden ; sicher ist jedoch

alten als gleichkommend betrachtet, ja sie soll diese in den

Zum Glück für dieſe ausdauernden Männer wurden ihre Anstrengungen dem Dr. Salviati, einem unterneh menden kunstliebenden Rechtsgelehrten , bekannt, der ſich mit Wärme den von dem Abbate Zannetti gehegten und ge pflegten Gedanken, die Stadt Venedig wenigstens in einen ihrer früheren Ruhmestitel wieder einzusehen, aneignete. Nach Wiedergewinnung der Methoden zur Verfertigung der alten Emaillen bedurfie es nur noch eines Schritts in

daß im elften und im zwölften Jahrhundert die Vene tianer von byzantinischen Künstlern die Vervollkommnung derselben lernten, und sich als so geschickte Schüler er:

welche bei der Reſtauration der alten, so wie bei der Ver

wiesen, daß " diejenigen welche Emaillen gegen Edelsteine

fertigung neuer Muſivarbeiten dieselben anwandten.

verkauften um

tausend Ducaten gebüßt und zu zwei

viati eröffnete daher eine Mosaik-Schule, wählte die besten

jähriger Gefängnißſtrafe in den Pozzi verurtheilt wurden. " Nicht weniger wichtig waren die ihnen verliehenen Pri

Künſtler aus der venetianischen Akademie, berief einen der

vilegien.

Bildungsclasse für Arbeitsleute. Die vielleicht erste Probe" ihrer Geschicklichkeit wurde an den Mauern der „ vene:

So besaßen die Bürger von Murano das Recht

auf die ersten Stellen der Republik. Sämmtliche Glas arbeiter durften eine Vasina di coltelli, d. h. zwei Messer in einer Scheide, tragen. Weder der Bargello noch die Sbirri, ja nicht einmal ihr Vorſtand, Miſſier grande, konn : ten auf der Insel landen ; eingeborne Beamte allein durf ten einen Bürger verhaften, und ihn den obersten Gerichts höfen übergeben. Das kostbarste Vorrecht aber war den Töchtern der Glasfabricanten und der Fabrikmeister zu Theil geworden,

da sie sich mit venetianischen Patriciern

verheirathen durften, und deren Kinder den Rang des Vaters erbten ein Vorrecht das, wenn man die Eifersucht und Ausschließlichkeit der Aristokraten in Erwägung zieht, einen schönen Begriff von der Achtung gibt in welcher die Glaskunst stand. Das ganze 16te und 17te Jahrhundert hindurch blühte

der rechten Richtung: man mußte Künstler heranziehen

Eal

ausgezeichnetsten Mufivarbeiter aus Rom, und gründete eine

tianischen Email-Moſaik-Arbeiten" am Canal Grande der Beschauung des Publicums ausgestellt, wo sich von einem Goldgrunde die Gestalten Tizians und Tintoretto's in voll endetem Relief abheben, und zu der Hoffnung berechtigen daß sie der Feuchtigkeit und Kälte eines Klima's trohen werden das alle andern Versuche in äußerer Mauermalevei zerstört hat. Wer die treffliche Schilderung der Mufivarbeiten der Madame Sand, in ihrem Werfe Les Maîtres Mosaistes, gelesen hat, dem wird es sonderbar klingen von Moſai: ken zu hören die in einem Atelier verfertigt worden sind ; gerade dieser Möglichkeit aber verdankt Salviati viel von seinem gegenwärtigen Erfolg.

In früheren Zeiten wurde

die Musivarbeit an Ort und Stelle ausgeführt, indem die

die Glaskunst, und machte Fortschritte, und die „ erlauchte

einzelnen Stücke, die sogenannten Tefferä, eines nach dem

Republik" genoß davon ein Jahreseinkommen von 8 Millio nen Ducaten. Im 18ten Jahrhundert nahm die Blüthe

andern auf dem vorbereiteten Cement befestigt wurden ; allein Salviati lehrte seine Leute die Cartons umkehren

einigermaßen ab, und mit dem Sturze der Republik verfiel Die Desterreicher ermu sie, wie alles andere, gänzlich.

und die Teſſerä mit der Oberfläche abwärts einsehen, in dem ein grobes Papier, auf welchem sich eine rohe mit

thigten natürlich die Fabriken Böhmens, Steiermarks und Kärnthens, und betrachteten überdieß die Satzungen und

selben zusammen zu halten.

Gesellschaften der Dinge.

Muranesen

als gefährliche polit

Viele der Maestri wanderten nach andern Län

dern aus, und nahmen ihre magische Kunst mit sich fort. Mit Ausnahme der Perlen Fabrication - einem Zweig

Paste bedeckte Skizze des Cartons befindet, dazu dient die Wenn der Gegenstand vollen

det ist , wird er sorgfältig eingepact und an seine Bestim mung abgesendet, wo ein geschickter Stünstler ihn mit einem besonderen Gement an die Wand oder Kuppel befestigt. und dieser Cement ist, Salviati's Behauptung nach, ganz

in welchem Venedig stets seinen Vorrang behauptete --

derselbe welchen die Alten anwandten.

war die Glaskunst eine Zeitlang ganz verloren .

sind im Verlaufe des lezten Jahrs 6400 Geviertfuß Mo

Um das

Auf diese Weiſe

Jahr 1836 machten sich Lorenzo Radi und Francisco Tor: cellan beide waren Muranesen - ans Werk die ver

saik verfertigt worden.

lorenen Geheimnisse der Materialien aus denen die Email. len verfertigt worden, so wie die noch schwierigere Kunst

rung gesehen werden soll.

des Schmelzens, wieder zu entdecken.

Diese Methode findet keine Anwendung auf die Maler:

Im Jahr 1840

Das Kunstwerk zeigt sich anders

je nach dem Gesichtspunkt von welchem aus die Verzie Die feinsten Stücke koſten

125 Fr., die gröbsten 40 Fr. für je einen Quadratfuß .

Venetianisches Glas und Mosaik.

mosaik, welche die äußerste Geschicklichkeit eines der vor: züglichsten Muſivarbeiter erheischt, wie z . B. diese Anstalt

401

| von der Republik das ausschließliche Fabrikrecht erhielt, so wie auch ein Gesetz erlassen ward, welches die Einführung

ſich eines solchen in Podio rühmen kann, der nach Leigh

alles fremden Glases in Venedig verbot.

tons Carton die Gestalt Niccolo Pisano's für den Neuen

bestand bis zum Jahr 1790, nach welcher Zeit, wenn wir

Seine Fabrik

Hof des Kenſingtoner Muſeums, so wie die des Giorgione,

einige von Domenico Bussolin, dem Verfaſſer einer sehr inter

Apelles, Benozzo Gozzoli und William v. Wykeham aus:

essanten kleinen Flugschrift, betitelt Les célèbres Ver

führte, welche jegt dieWände zieren. Dieser Künstler gewinnt an Geschicklichkeit bei jedem neuen Versuch. Sein Porträt

Versuche ausnehmen, die Glaskunst hoffnungslos verloren

reries de Venise et de Murano,

angestellte erfolgreiche

Lincolns war ein Meiſterſtück. Sein Marco Polo, jezt im Ausstellungsraume der Anstalt, und der Columbus über :

schien.

treffen an zarter Abstufung der Farbentöne, Reichthum und Lebendigkeit der Farbe, Fluß der Gewandung und Groß

den Hauptſchönheiten desselben als von Dingen der Ver gangenheit. Die Methoden reticulirtes Glas zu verferti

artigkeit des Ausdrucks alle ſeine früheren Arbeiten .

gen, sagt er uns, "sind bis jept unentdeckt geblieben, und

Zu

Noch im Juni 1866 spricht Hr. Chaffers, in seiner

Abhandlung über das frühere venetianische Glas, von

diesem Erfolg hat Salviati durch seine Instrumente zum

alle Versuche zur Nachahmung erfolglos gewesen . "

Schneiden der Emaillen in allen erdenklichen geometrischen

spricht von der reichen Sapphir-Farbe als verloren, und gibt die Abbildung eines Bechers, den man als ein

Figuren nicht wenig beigetragen, während in früheren Zei: ten die Teſſerä insgesammt in viereckigen Formen geschnitten wurden. Dank den von einer englischen Gesellschaft gelieferten Geldmitteln ist die Anstalt am Canal Grande ihrer Emaillen

Er

wahres Unicum betrachtete, und für welchen Hr. Elate 6000 Fr. bezahlte. Im gegenwärtigen Augenblick aber hat die Sache eine ganz andere Wendung erhalten : jezt

wegen nicht mehr von dem edlen, ausdauernden, aber umher:

kann man dem Antonio Seguso oder Antonio und Gio

streifenden Radi abhängig, sondern hat ihre eigenen Defen

vanni Barovier jedes beliebige Stück alt venetianischen Glases vorlegen, sie werden es mit all seinen Vollkom

in Murano, die nahezu alle erforderlichen Farbentöne er zeugen. Als man am 31 Dec. 1868 das Inventar auf

menheiten und, wenn man es wünscht, allen seinen Un

nahm, fand man daß die Gesellschaft 70,000 Kilogramme

vollkommenheiten nachbilden, und dem Kunstfreunde dann

Email besaß, von 1700 verschiedenen Farben und Abſtufun gen. Manche Paste indeß ist noch nicht ganz zur Zufrieden heit zu Stande gebracht, wie z. B. das berühmte Avven

ein unter seinen eigenen Augen angefertigtes Facsimile

turino, das vollkommen nur von Bigaglia und Zecchin erzeugt wird. Die Ingredientien und selbst die Verhält nisse sind allen bekannt , bringen aber in verschiedenen Fällen nicht das gewünschte Ergebniß zuwege.

Erst im

legten Monat sah ich einen großen Block, der gerade aus dem Ofen genommen wurde, eben so matt und leblos wie Mahagony. Die Chemiker und Arbeiter welche, neben bei gesagt, Meister und Eigenthümer ausschließen wenn sie einen Verfuch anstellen - waren bitter getäuscht, und

übergeben , das dem Original an Farbe, Form und Ge wicht vollkommen gleich kommt.

Sowohl im Jahr 1866

als im Jahr 1868 verweilte ich Stunden lang in dem Arbeitsraume von Murano, bezaubert, troß der drücken den Hize, von den wunderbaren Formen und Regenbogen farben die sich vor meinen Augen entfalteten, bezaubert auch von der hohen , ernsten , schweigenden Begeisterung der Arbeiter, die sich selbst auf die kleinen Kinder erstreckt denen man zur Beobachtung des Verfahrens Zutritt ge stattet, und gefesselt durch die Unmöglichkeit den Schauplag

des richtigen

der Arbeit zu verlaſſen bis das Stück fehlerfrei vollendet war. Bei meinem ersten Besuche bat Hr. Salviati den

Hißegrades aber sich zu versichern, in dem Augenblick in welchem das Gold krystallisirt sei ihnen noch nicht

wünsche anzufertigen ; ich wählte ein Weinglas mit tiefem

erklärten

sie hätten

alles

aufgefunden ,

Ober-Arbeiter mir irgend einen Gegenstand den ich etwa

gelungen. Derartige Versuche indeß sind zu kostspielig um oft wiederholt zu werden ; auch wird in diesen Abtheilun

Kelche, meiner Namens Chiffre und breitem rubinfarbigem

gen die künstlerische Begeisterung beträchtlich abgekühlt

einen Topf geſchmolzenen weißen Glaſes, ergriffeinen Klumpen, rollte ihn auf einer Eisenplatte, warf ihn in den

durch den Vertreter der englischen Actien-Inhaber, der eine

Fuße .

Der Arbeiter tauchte seinen hohlen Eiſenſtab in

Maßregel weltlicher Klugheit, das einzige Element welches

Ofen, blies durch den Stab, stieß ihn in die Höhe, und

früher zur Sicherung des Erfolgs fehlte, in das Geschäft gebracht hat.

es kam eine hohle Kugel zum Vorschein. Sein Gehülfe überreichte ihm nun einen Metallstab, in welchem, wie

Sobald Salviati für seine Musivwerke eine zuverlässige

man hätte glauben können, eine grüne Schlange in einem

Grundlage gewonnen hatte, wandte er seine Aufmerkſam keit der Wiederbelebung der Glasbläserei zu, und über traf in diesem Zweige die Erwartungen seiner wärmsten Bewunderer. Im achtzehnten Jahrhundert war diese Kunſt so gänzlich verloren gegangen, daß Giuseppe Briatie, um einige der Geheimnisse wieder zu entdecken, sich in eine Glasfabrik in Böhmen verdingte, und nach seiner Rückkehr

weißen Käfig aufgewickelt war : dieſen Stab ergriff er, bil dete schnell wie der Bliz zwei Anfangsbuchstaben und berührte mit der Spiße des M den Kelch, an welchen es sich anhieng. Dann bot ihm ſein Gehülfe weiteres weißes Glas, welches mit dem untern Theile des M verbunden wurde, und hierauf ward der Fuß gebildet. Wiederum kam es in den Ofen, und hierauf wurde der tiefe und schlanke Kelch aus

Heinrich Brugsch hieroglyphisch demotisches Wörterbuch.

402

gebaucht.

Dann händigte ihm der Gehülfe ein Stückchen.

vierzig Jahren bringen.

Die Männer könnten natürlich,

anstatt ihre Zeit und Arbeit der Erzeugung so kostbarer Artikel zu widmen wie wir sie im Ausstellungsraume sehen,

rubinrothen geschmolzenen Glaſes ein, von welchem der Meiſter einen haardünnen Streifen nahm, und ihn um den Rand des Kelchs und des Fußes wand. Nun kam das Glas in einen obern Ofen, wo es bleiben mußte bis zum fol

Gläser und Flaschen dem Tausend nadh anfertigen, und auf diese Weise die commercielle Blüthe des Geschäfts

genden Tag, um abgekühlt zu werden. Jezt erst athmete ich wieder auf; denn wofern man weiß daß, wenn das

ſichern ; dennoch aber würde man, wenn man das Mura neser Atelier in eine bloße Glas : und Maschinenfabrik

Metall zu heiß oder zu kalt ist, wenn man zu viel oder zu wenig an den Stab genommen hat, das Gewicht und die Farbe

verwandeln wollte, den Ursprung desselben verläugnen, und überdieß Meiſtern und Gesellen das Herz brechen. (Cornhill Magazine.)

fehlerhaft sein wird ; daß eine zu schnelle oder zu lang= same Thätigkeit von Seiten des Gehülfen im Darbieten oder Zurückziehen seines Stabes das Ganze verderben kann : so lassen sich derartige Proceſſe nicht ohne tiefe Erregung beobachten . Diese Erregung theilen die Arbeiter auf ihre eigene schweigende Art ; und wenn irgendein sel tener Versuch vorgenommen wird, sammeln sich alle in athemlos ängstlicher Erwartung um den Meister, und kein on kommt über ihre Lippen, außer etwa in Form eines

Heinrich Brugsch hieroglyphisch demotiſches Wörterbuch. ! So liegt denn in 4 starken Quartbänden von 1728 Seiten ein großes bedeutendes Werk deutschen Fleißes und deutscher Ausdauer vor uns, und obwohl eine lexi

Winks

oder einer Warnung. Während meines leßten Besuchs entstand die Frage : wie man an einer ausgezeich

neten antiken Vase, von weißer und ſapphirblauer Farbe, welche das Brescianische Museum zur Abbildung hergelie hen hatte, einen Fehler verbessern könne.

Der Henkel des

Wappenstreifens im Original hatte nämlich einen Kneip druck, und dieser wurde aufs neue an der Nachbildung an.

|

kalische Arbeit im einzelnen zu besprechen die Tendenz dieser Blätter nicht erlaubt, darf doch eine kurze allge meine Nachricht über ein so wichtiges Werk und seine Gesammtresultate ihnen nicht fehlen ; handelt es sich doch um die älteste Sprache der Welt, und gewährt Brugschs

gebracht. Der Arbeiter sagte : er sei nothwendigerweise durch die Scheere des Gehülfen hervorgebracht worden, als

Arbeit, wie wir sehen werden, neue Einsichten in den Zu sammenhang von Hauptvölkern der Erde und über den

dieser ihm den Streifen zur Befestigung übergab. „ Er soll ihn höher halten ! " sagte ein anderer. "Dann werde ich den Henkel schief befestigen . " Und so ergab es sich denn

Ursprung, die erste Entwicklung und die Naturgeschichte der

auch. Man machte einen neuen Versuch, aber auch dieß mal wurde die gehörige Krümmung nicht erreicht. Bei dem dritten Versuch faßte er durch eine geschickte Bewegung den Streifen, wie es mir schien, in der Luft, befestigte ihn an der richtigen Stelle, und brachte so ein genaues Abbild der Sapphir Vase zu Stande, mit dem einzigen. Unterschied daß der Kneipdruck daran fehlte. Der Preis dieser Erzeugnisse muß nothwendigerweiſe ein hoher sein, da es, wie bei Porcellan, öfters ge schieht daß die Oberfläche in dem Ofen einen Riß bekommt nachdem die Arbeit des Malers vollendet ist ; tritt aber

Sprache überhaupt.

Alles allgemeine Gerede darüber,

haben die einſichtsvollſten Forscher schon längſt geſehen, führt zu nichts ; die Sprachen wie die Völker bestehen nur in concreto, und will man auf die Ursprünge zurückgehen, so muß jedes Volk und jede Sprachenfamilie in sich er forscht werden, und erst so zeigt es sich wie der mensch liche Geist unter verschiedenen Verhältnissen sich das Wunder: werk seiner Sprache und die Handhabe seines Geistes aus: gebildet hat.

Doch ehe wir die allgemeinen Resultate von

Brugschs Forschungen

etwas

ausführlicher hervorheben,

einige Worte über die Anlage des Werkes selbst. Champollion bleibt immer das unbestrittene Verdienst

daß es eine Sünde ſei ſo viel Zeit und so treffliche Hand

dem Studium der Hieroglyphik vor mehr als 40 Jahren Bahn gebrochen zu haben. Das unter seinem Namen. vor 25 Jahren nach seinem Tode veröffentlichte Diction

arbeit an ein so vergängliches Material zu verschwenden .

naire égyptien, fast nur ein Auszug aus seiner Gram

Diesen Punkt zugegeben, so wäre dennoch Grund zum Bedauern vorhanden, wenn man in Folge der Herbeiziehung

maire égyptienne, mit vielen Jrrthümern, bemerkt Brugſch mit Recht, kann, bei den riesigen Fortschritten welche die

englischen Capitals dem Nußen die Schönheit unbedingt

Wissenschaft seitdem gemacht hat, jest nicht genügen. Es ist nur eine Sachordnung. Birch in der englischen Ueber

dieser. Fall ein, so kann man mit Hrn . Ruskin behaupten.

aufopfern wollte.

Die Löhne der Glaskünstler sind natür

lich hoch, sie schwanken von 2 bis 4 Pfd . St. wöchentlich . Dann aber sind der Meister wenige und alle einzig in ihrer Art Männer die stufenweise für dieſe neu ins Leben gerufene Kunst herangebildet wurden. Allein die starke Hize wirkt so nachtheilig auf ihr Augenlicht, daß nur wenige an der Ofen-Mündung es zu einem Alter von

setzung von Bunsens Egypt's place in universal history. Vol. 5,

London 1867, gab ein kleines hieroglyphisches

Wörterbuch nach phonetischer Ordnung mit Unterscheidung der einzelnen Anfangsbuchstaben. Das kann sich aber natürlich mit Brugsch großem Werke nicht meſſen, deſſen Nüßlichkeit wohl niemand ernſtlich bestreiten wird. Mit Recht bemerkt

Heinrich Brugsch hieroglyphisch demotisches Wörterbuch.

er daß ohne die Basis der Philologie alle chronologiſchen und anderen Untersuchungen nur eine Welt voll nebel:

403

ist freilich, wie er sagt, nur eine cursive Form der hiero: glyphischen für Schnellſchrift auf Papyrus ; der Anfänger

umhüllter Berge seien. Er hat die Werke aller die nach Champollion in diesem Literaturzweige gearbeitet haben, und auch viele unedirte und unüberseßte Stücke der Museen

müßte doch immer vom phonetischen Werth jedes hiero:

in Aegypten und Europa, besonders in Paris, Leyden,

fänger ſein soll, müſſen wir die Weglaſſung bedauern, da die cursive hieratische Schrift ihrer Natur nach schon

Wien, Berlin, Dresden, St. Petersburg, Miramar, sorgfäl tig, nur unvollständig die der Museen in London und Turin benugt, mit genauer Angabe wo die Wörter vorkommen. Es ist ein Werk 20jähriger Arbeit.

Auch Mariette und

Dümichen theilten ihm ihre damals noch unedirten Inschriften mit.

Für das Demotische (die Volkssprache) dienten ihm

die gnostischen Papyrus in Leyden, die Rhindpapyrus, das

glyphischen Zeichens sich Rechenschaft geben. Für Kenner mag das genügen ; da das Wörterbuch aber auch für An.

weit mehr wechselt, und ihm auch nicht einmal eine Ueber sicht der nicht rein phonetischen Zeichen in hieratischer Schrift geboten wird. Die versprochene hieroglyphische Grammatik können.

mag

diesen Mangel einigermaßen

erseßen

Die ägyptische Schriftsprache besteht bekanntlich aus

Cap. 125 des Todtenbuches in demotischer Schrift in Paris,

phonetischen und ideographischen

ein demotisches Duplicat der großen Oſirislitanei von Den:

Worte für Kuh, Vogel, Fisch, Schlange, Krone u. s. w.,

dera, und der Roman des Setnau im Muſeum zu Bulak

in Buchstabenschrift z . B. Atef für Krone, seht man auch

in Aegypten, sowie der jüngst aufgefundene demotische Text

noch das Bild der Sache hinzu. So findet man z. B. Bd . I. S. 15 das Bild des Bündelns, Mähens, Auf

des Decrets von Canopus neben dem hieroglyphiſchen und griechischen.

Den Reichthum seines Werkes zeigt ſeine An

gabe im Nachworte zum 4ten Bande S. VIII, daß, wäh rend Bunsen 1845 den Umfang des alt ägyptischen Wort

Zeichen.

Hinter dem

ladens auf einen Esel mitten im Texte neben den betref fenden Wörtern. Ja, diese sogenannten Determinativa geben öfter eine beſſere Handhabe zum Verſtändniß als

ſchazes sich auf nur 685 Wörter belaufen läßt, er 4700 erklärt ; seine handschriftlichen Sammlungen aber noch 1100

heißen ; 2 ) eine Art Baum ; 3) eine Art Meſſer bezeichnen ;

das Wort selbst.

Atef z . B. Bd . I. S. 23 kann 1 ) Krone

enthalten, die er wegen ihres seltenen Vorkommens oder

dasverschiedene Determinativ dabei entscheidet erst was es im

ihrer unsicheren Lesung und Deutung halber nicht mit auf

einzelnen Falle sein soll.

nahm, so daß der Gesammtwortschatz an 7000 Wörter

sischen, nun ideographische und phonetische Wörterbücher

Man kann, so wie im Chine

Dieses ist ein phonetisches, nicht ein ideographi

umfaßt, und zwar mit Ausschluß aller Eigennamen, die

geben.

für sich allein vollständige Wörterbücher bilden würden.

sches, und doch wollen in den ideographischen Zeichen einzelne

Die koptische Sprache beſteht nur aus etwa 5000 Wörtern .

Aegptologen immer noch das wahre ägyptische Schrift: princip erkennen. Eine Anordnung des hieroglyphischen

Der ganze Text ist von Brugsch, eigener Hand nieder geschrieben, und mit Hülfe des Umdrucks autographirt worden.

Besser würde es sich freilich ausnehmen, wenn

es hätte gedruckt werden können .

Es wurden so, sagte er,

aber Zeit und Kosten erspart, und manche Unbequemlich keit die mit dem Typensat verbunden ist fiel weg. Er mußte freilich 16 volle Monate ununterbrochen vor dem Schreibtisch zubringen.

Wenn wir seiner Ausdauer unſere

Anerkennung nicht versagen dürfen, müssen wir mit ihm aber auch der Hinrichs'schen Verlagsbuchhandlung Dank ſagen, die ohne jede Unterſtüßung officieller Art auf ihre

Wortschates nach Classen und Aehnlichkeiten der Bilder (wie bei Bunsen), meint er aber, möge für gewisse Zwecke äußerlicher Natur ihre großen Vortheile haben ; der Gelehrte werde sich aber ihrer nur selten bedienen. Brugsch unterscheidet mit de Rougé und danach ist die Anordnung des Wörterbuchs angelegt - die Vocale und Halbvocale a, à, à, i, i, u, ū (ua w) und die Conſonan : ten für nur 23 Laute. Zum graphischen Ausdrucke dersel ben dienen beiden Schriftarten die sogenannten Funda mentallaute. Neben diesen gibt es aber noch Sylbenzei

Kosten und Gefahr das nicht geringe Opfer erfordernde

chen, wie der fliegende Vogel für pa . Zur Entzifferung sämmt .

Werk herausgab.

licher phonetischen Gruppen, sagt er, reichen die Funda mentallaute hin. Dieß ist aber doch nicht recht einzu

Es kommt freilich theuer zu stehen, im

Subscriptionspreis auf 116

Thlr., jezt auf 140 Thlr..

was die Anschaffung vielfach hindern wird.

Die Subſcrip

ſehen, da die vielfachen andern syllabiſchen und sonstigen

tionsliste zeigt aber auch nur die Namen von 29 Privaten,

Zeichen eben die hieroglyphische Schrift so complicirt mas

34 Bibliotheken und gelehrten Geſellſchaften, und 9 Buch: händlern, die 25 Exemplare nahmen. Das Wörterbuch begreift, wie der Titel schon besagt,

chen. Er stellt immer die gleichlautenden Wörter unter einander.

die hieroglyphischen und demotischen Texte durcheinander, was dem Verf selbst nach Bd. I. pag. IX lange bedenklich er

nicht alle hieroglyphischen Wörter umfaßt, gibt er selbst zu, dieß kann man aber nach dem Stande unserer Kennt Ob alle Wörter der ausge nisse auch nicht verlangen.

schien und es auch ist, da die Aufsuchung der demotischen Wörter so schwierig ist ; auch müssen wir bedauern daß die hieratischen Zeichen der Wörter ganz fehlen ; nur bei den einzelnen Buchstaben findet man sie.

Die hieratische Schrift

Daß troß des Umfanges des Werkes sein Wörterbuch

zogenen Denkmäler, wie z . B. des Todtenbuchs und der Stele Pianchi, vollständig aufgenommen sind, auch die noch unenträthselten, muß erst ein längerer Gebrauch zei

Das Neueste über die Phosphorit-Induſtrie in Naſſau.

404

Sehr zu wünschen wäre es wenn der Verfasser in einem Anhang auch die historischen und geographischen Eigennamen zusammenstellen wollte. Uebersichtliche In

gen.

dices über den Wortschatz in lateinischer Schrift und ein deutscher Inder mit Rückweis, auf die Seite wo das Wort vorkommt, würde den Gebrauch des Werkes sehr erleich:

es die alten Wurzeln aber nur unter einer der 8 Formen, seltener umgekehrt die einfache Wurzel, während in den hieroglyphischen Texten bisher nur Ableitungen gefunden wurden.

Ein derartiges Verständniß des innersten Baues der altägyptischen Sprache, sagt er mit Recht, eröffnet nicht

tern.

nur eine ungeahnte Quelle zur Erkenntniß der wahren

hieratische Schrift benut.

ursprünglichen Grundbedeutung der ägyptischen Wurzel, sondern liefert auch einen wichtigen Beitrag zur philo sophischen Sprachforschung .

Doch genug über die äußere Einrichtung des Wörter buchs ; wir kommen auf die, von ihm gewonnenen, allge:

Es ist lange bekannt daß das Altägyptische eine große Anzahl Wörter, auch grammatische Formen mit den semi

meinen Resultate über den Charakter der altägyptischen Sprache und deren Verwandtschaft mit den ſemitiſchen.

tischen Sprachen gemein hat. Benfey u . a . schloſſen daraus auf eine enge Verwandtschaft zwischen dem Alt

Formbildung.

Das wichtigste Resultat ist die nachgewiesene Wort und Die ägyptischen Sprachwurzeln bestehen

Widerspruch bei Ewald, dem Renan und die meisten Orien

nach ihm aus 1 , 2 oder 3 Consonanten oder Halbconſo: nanten, meist aus zwei, während die Stämme aus 3 Con

talisten sich anschloſſen, welche aus der langen Anwesen

Der deutschen Uebersehung der Wörter, aber nicht der angeführten Säge, ist noch eine franzöſiſche und ara: bische hinzugefügt ; den Raum hätten wir lieber für die

ägptischen und Semitischen ; er fand aber einen heftigen

heit von Semiten in Unterägypten sich die Aufnahme

sonanten Ableitungen aus einer zweiconsonantischen Wur zel sind, d. h. alte Wortbildungen welche der Formbildung zeitlich vorangingen. Er unterscheidet 8 solcher Formen

semitischer Wörter im Aegyptischen und umgekehrt erflä Ebers verwirft das und hält die Aegypter für

innerlich, aus der Wurzel heraus und außerlich mit Hilfe formbildender Lautzeichen : 1 ) Reduplication der einfachen Wurzel, z . B. aus āb ābāb ; bei 3 Consonanten werden

len Stücken der Sprachweise der Eingeborenen fügte. Brugsch steht es fest daß die altägyptische Sprache im semiti

aber nur die 2 legten Stammbuchstaben der Wurzel wie derholt, z . B. aus teben wird tebenben. 2) Redupli

nungen zu erklären haben welche sonst ohne jede Auflösung

cation der Wurzel mit Abfall des lezten Radicals im ersten Theile, z . B. in beben vom Stamme ben. 3)

forschung eines Tages erstaunt sein werde über das enge Band der Verwandtschaft, welches die ägyptische Sprache

Reduplication der Wurzel mit Abfall des lezten Radicals im zweiten Theile, z. B. sens von seu . 4) Reduplication

mit ihren semitischen Schwestern zusammenknüpft, und über

des legten Radicals der Wurzel, z . B. abeb aus ab, wie

meinjame Mutter haben, deren Ursiz an den Ufern des

in der 9ten arabischen Form. 5) Einschiebung eines na salen ǹ zwischen den vorlegten und legten Stammbuch staben, z . B. peak aus pek, wie in der 7ten arabischen 6) Reduplication des 2ten Radicals bei drei conso

Form.

nantischen Stämmen, wie sessen aus sesen , wie bei der

einen chaldaischen Stamm, der in Aegypten sich in vie

schen wurzele. und daß wir von hier aus alle jene Erschei

dastehen würden, und weissagt, Bd . 1 S. IX daß die Sprach

die ihm jest schon feststehende Thatsache daß alle eine ge

Euphrat und Tigris zu suchen sei.

Lehnwörter scheidet er

natürlich aus, und es verdient diese seine Ansicht jedenfalls eine eindringende Untersuchung, wobei aber nicht nur die ahnlichen und verwandten Wörter, sondern auch die viel größere Anzahl ganz abweichender Wörter zuſammenzuſtellen sein wird

2ten arabischen Form . 7) Einschiebung eines i nach dem erſten Radical, z . B. peter aus per , wie bei der Sten arabischen Form, und 8) durch das a prostheticum, z . B.

und nicht außer Acht zu laſſen ist daß die Aegyptologen nur zu häufig, wenn sich im Koptischen kein entsprechendes

aper aus per, wie in der arabischen 4ten Form. Seltener sind andere Formen , wie das t prostheticum

Bedeutung des hebräischen Wortes auch im Aegyptischen

und das t und s postfixum.

Sahes paßt!

Das Nachwort zu B. IV

Wort findet, zum hebräischen Wörterbuche greifen und die

annehmen, wenn es nur irgend im Zusammenhange des

erwähnt noch das präfigirte a (im koptiſchen heißt a facere) , u (foptisch en) und (koptisc) ta , dare). Was die Vocale betrifft, so herrscht bei der vagen Natur der altägyptischen Vocale ein ebenso großes Schwanken und eine scheinbare Geseglosigkeit wie im Koptischen.

Das Neueste über die Phosphorit-Industrie in

Wie in den semitischen Sprachen, in den sogenannten Conjugationen des Verbum, eben so verändert sich im Aegyp tischen mit der phonetischen Umwandlung der Wurzel auch die Stammbedeutung.

Auch hier sind aber nicht vor jedem

Nassau. „ Das Ausland “ vom Jahr 1867 , Nr. 10, Seite 235 ff., brachte einen kurzen Aufsatz : „ Phosphorit im Herzogthum

Stamme sammtliche Formen nachweisbar, sondern nur

Nassau," in welchem die Entdeckung dieses für die land

nach der innern Bildungsfähigkeit der Stammbedeutung.

wirthschaftliche Industrie so sehr wichtigen Minerals im

Dieselbe Formbildung hat noch das Koptische ;

jeßigen preußischen Regierungsbezirk Wiesbaden geschildert

meist hat

Das Neueste über die Phosphorit-Induſtrie in Naſſau.

wurde.

Seitdem

hat aber der Bergbau auf dieses Mi

405

neral und seine großen Nugen bringende Production eine Wie es zu er sehr ausgedehnte Bedeutung erreicht.

Die Lagerung, beziehungsweise das geologische Vorkom men des Phosphorits beschreibt Stein eingehend von 27 Dertlichkeiten. Er gibt acht verschiedene Weisen seiner

warten war, haben auch die Männer der Wiſſenſchaft mit

Lagerung an, nämlich

dem Gegenstand sich beschäftigt und demselben manche intereſſante Seiten abgewonnen . Bereits in den „Jahr:

Stringocephalenkalks und Dolomits ; 2) über dem Strin

1 ) in Klüften und Schlotten des

büchern des Naſſauischen Vereins für Naturkunde“ für

gocephalenkalk und Dolomit, überlagert von diluvialen und tertiären Bildungen ; 3) über den gedachten Kalkbil.

1864-65 wurde derselbe von dem königl. Bergrath a. D.

dungen, von Schalſtein überlagert ; 4) zwischen Schalstein

C. A. Stein in einer kurzen Abhandlung besprochen .

Jest

eingelagert, beziehungsweise in Berührung mit Diabas ;

liegt aber von derselben Feder eine viel ausführlichere Monographie vor, welche den Titel führt : " Ueber das

5) in Berührung mit Cypriniden und Kieselschiefer ;

Vorkommen von phosphorsaurem Kalk in der Lahn- und

Basalt; 8) in Berührung mit Palagonitgestein. Die Pro: file dieser verschiedenen Lagerungsweisen sind in deutlichen. Bildern beigefügt .

Dillgegend von C. A. Stein.

(Beilage zu Band XVI.

der Zeitschrift für das Berg , Hütten- und Salinenwesen in dem preußischen Staate) mit 5 Tafeln . " Berlin, 1868 So werthvoll auch diese ei (Quarto, 71 Seiten . ) nung ist, sieht sich

das Ausland" doch außer Stande

in Berührung mit Felsitporphyr ;

6)

7) in Berührung mit

Nach ausführlichen Erörterungen und Nachweisungen auf chemischem Wege von dem Gehalt an Phosphorsäure im Schalstein, im Korallenkalfe und im Felsitporphyr,

davon einen irgend ausreichenden Auszug zu liefern, aber

kommt Stein zu folgendem Resultate über die Bildungs

durch einige Andeutungen auf seinen reichen Inhalt auf merksam zu machen, übernimmt dasselbe in der folgenden

weise des Phosphorits, welches wir mit seinen eigenen Worten folgen lassen : „ Der Phosphorit der Lahn- und

gedrängten Mittheilung.

Dillgegend verdankt seine Erzeugung offenbar wohl der

Zunächst wird die Geschichte der merkwürdigen Auf Dann folgt die findung des Phosphorits besprochen.

Auslaugung des Nebengesteins. Die Hauptfactoren der Bildung desselben dürften der Korallenkalf, weit mehr aber

Darstellung seiner großen Verbreitung , welche durch eine beigegebene geognostische Karte sehr anschaulich gemacht ist.

der Schalstein sein ; als drittes in gleicher Epoche auftre tendes und bei der Bildung mitwirkendes Geſtein iſt,

Der Phosphorit ist bis jetzt, meist mächtig und gewin nungswerth, in zahlreichen Gemeinde Bezirken folgender

wenn auch weit minder wichtig, der Felsitporphyr zu er wähnen. " (Referent möchte doch bei leyterem mehr glauben

Kreise aufgefunden worden : Hinterlandkreis, Kreis Wezlar, Dillkreis, Oberlahnkreis und Unterlahnkreis.

daß er seinen geringen Gehalt an Phosphorsäure aus dem Phosphorit selbst oder auf gleiche Weise mit diesem er

Die mineralogische Charakteristik wird sehr ausführlich

halten habe. )

In Bezug auf seine Stellung zu dem

behandelt und dabei werden zahlreiche chemische Analysen

Phosphoritvorkommen

aufgeführt.

Der Aggregatzustand des Minerals wie auch

Cyprinidenschiefer ist zu bemerken daß der Phosphorit ur

seine Farbe ist sehr mannichfaltig, dicht schalig, in dünnen

sprünglich aus Korallenkalk oder wahrscheinlicher noch aus

Straten, schieferig, traubig; stalaktitisch nierenförmig , brec

Schalſtein abſtammend, von diesen Felsarten an manchen Stellen in diesen Schiefer und den mit ihm vorkommen.

ganz

untergeordnet

auftretenden

cienartig und selbst erdig kommt es vor, auch in Pſeudo morphosen nach Krystallen von Kalkspath und mit Ein.

den Kieselschiefer transferirt worden sein kann.

drücken von Korallen, namentlich von Calamopora poly

und Palagonitgestein spielen bei unserm Vorkommen eine

morpha, vermuthlich ebenfalls von Cynthophyllum qua drigeminum. Die Jucrustationen, Stalaktiten und Knos

höchst untergeordnete Rolle. "

pen welche den dichten Phosphorit meist bedecken, haben bei der Analyse auch nicht unbedeutende Quantitäten koh lensauren Kalk ergeben, man hat ihnen daher den Namen Staffelit, von ihrem erstentdeckten Fundort Staffel, bei gelegt.

Darin sind sind auch geringe Spuren von Chlor und

Basalt

In die bezüglichen näheren

Erörterungen kann

das Ausland" nicht eingehen. Der Bergbau auf Phosphorit hat wenig Eigenthüm liches, zumal da das Mineral nicht tief vorkommt ; zum Theil wird er durch Tagebau betrieben. Der Phosphorit gehört nicht zu den Bergregalitätsgegenständen, und wird daher auf Privatgrundstücken von ihren Eigenthümern oder

Alle Varietäten des Phosphorits enthalten

Pächtern abgebaut, auf den vielen Domanial- Grundstücken

übrigens Fluor. Die Mineralien welche den Phosphorit begleiten, sind

aber unter Leitung des königlichen Oberbergamts zu Bonn für landesherrliche Rechnung. Die Production an Phos phorit wird für das Jahr 1867 auf 1,187,645 Centner

Jod enthalten.

folgende: Apatit kommt in seinen Spalten und Drufen. in kleinen Krystallen vor : Wawelit, Grüneisenstein, Kalk spath, Wollastonit, Jaspis und Chalcedon , Steinmark auf Klüften ; von metallischen Mineralien ist namentlich Braun

angegeben, bei deren Gewinnung 951 Arbeiter beschäftigt waren. Da aber auch manche Betreiber von Eisenstein:

als Begleiter des

täten von Phosphorit mitgewonnen haben, welche in jener Summe nicht inbegriffen sind, so würde sich wohl die to

eiſenſtein, stellenweise

als Glaskopf,

Phosphorits hervorzuheben, nicht minder Pyrolusit und Wad, ersteres Manganerz zuweilen in schönen Krystallen .

und vorzüglich von Braunsteingruben gelegentlich Quanti

tale Gewinnung in 1867 auf runde 1,250,000 Centner

Zweite deutsche Nordpolfahrt 1869.

406

anschlagen laſſen. Der Geldwerth dieser Production läßt sich auf 625,000 Thaler schäßen. Die Production und ihr Werth wird in 1868 noch größer gewesen sein.

Ob

zwischen dem Eis benußen kann, außerdem nimmt die Festigkeit des Baues bei größerem Tonnengehalt nicht un: merklich ab. Der Dampfer ist nach den Angaben Capt.

gleich auch größere chemische Fabriken in Nord- und Süd

Koldeweys erbaut worden.

deutschland, namentlich auch solche in der Rheingegend,

auf seinen seemännischen Blick, denn er hat die Yacht

welche das Product als Düngermaterial fertig stellen, entsprechende Phosphorit - Transporte beziehen, so findet

Grönland voriges Jahr in Norwegen ausgewählt und ſie hat sich so trefflich bewährt daß in einem uns vorliegenden

doch der weitere bedeutende Absah nach England statt.

lithographischen Bericht die Kosten der Ausbesserungen für

Auch englische Unternehmer haben sich bei der Phosphorit

ihre erlittenen werden.

Industrie direct betheiligt.

In neuester Zeit sollen über

England bedeutende Sendungen nach Amerika exportirt werden. Stein schließt seine nach allen Richtungen vortrefflich bear. beiteteMonographie mit folgenden Worten : „ Wenn nun durch

Wir hegen großes Vertrauen

Schäden nur auf 300 Thaler angesetzt

Mittlerweile hat Dr. Petermann in Gotha eine erste Quittung über die Beiträge drucken lassen die für die 1. und 2. deutsche Nordpolfahrt eingelaufen sind , in

den ist daß unsere noch so junge Industrie, deren Entwicke

runder Summe 30,000 Thlr. Die vorjährige Fahrt kostete 15,000 Thlr., doch ist als Inventar davon noch die Yacht Grönland (Werth 5000 Thlr. ) übrig. Der neue Dampfer

lung vor fünf Jahren nicht zu ahnen war, bereits zu einem

fostet 16,000 Thlr., und für die zweite Erpedition sind daher

dieſe ſtatiſtiſchen Zuſammenſtellungen reichlich bethätigt wor

wichtigen Factor zur Vermehrung des Wohlstandes in der

noch 33,000 Thlr. zu decken, denn der Kostenvoranschlag be

durch Mineralreichthum ohnedieß gesegneten Lahn- und

läuft sich auf 48,000 Thlr.

Es gehen auch bereits die

Dillgegend sich emporgeschwungen hat, so bleibt nur noch

neuen Sammlungen ein,

der

ein

seinem Scherflein, denn wenn die Kosten nicht aufgebracht

wirklicher Hebel zur Kräftigung des nationalen Wohlstan

würden, müßte dieses Jahr die Expedition unterbleiben ,

des in unserm deutschen Vaterlande nußbar werden möc) :

während die Engländer zwei Schiffe aussenden und uns

ten, was nur alsdann der Fall ſein wird wenn dem Acker

vielleicht zuvorkommen, so daß die Deutschen den Gedan .

bau Deutschlands vorzugsweise diese Segnungen zu Gute kommen. "

fen gegeben, die Engländer aber Ruhm und Ehre einge

Wunsch

übrig

daß

diese Mineralschäße

als

doch beeile sich ein jeder mit

strichen hätten. Zu beklagen ist es daß Capt. Koldewey's Bericht über die vorjährige Nordfahrt noch nicht im Buchhandel sich befindet, damit sich die Freunde des Unternehmens über zeugen können daß die vorjährige Reise nicht ohne Früchte geblieben ist. Die Rundreise des Nordpolfahrers in Deutsch

Bweite deutsche Nordpolfahrt 1869. Anfangs Juni d. J. gedenkt Capt. Koldewey mit zwei Schiffen,

dem

eigens

für eine Eisfahrt ausgerüsteten

Schrauben Dampfer Germania, von 150 Tonnen, begleitet von der vorjährigen Jacht Grönland nach Norden auszu laufen.

Wie im Jahr 1868 will er versuchen Ostgrön

land und seine Vorträge in den Großstädten haben indeſſen einigermaßen diesen Mangel ersetzt.

Wir selbst haben durch

mündlichen Verkehr mit Capt. Koldewey die Ueberzeugung gewonnen, erstens daß noch viele unbekannten Räume des Nordpolarmeeres sich befahren lassen werden, und daß

land unter lat. 75º zu gewinnen, und an der Küste in

ſelbſt wenn man nicht bis lat. 90º oder nur lat. 85° ge

dem sogenannten Landwasser so weit wie möglich nach Norden, dann aber von der Küste aus in das Innere des

langen sollte, durch phyſikaliſche Beobachtungen unter hohen Breiten die Beschaffenheit der arctischen Centralräume mit

Nordpolarmeeres vorzudringen, um schließlich auf Ostgrön land, oder sollte dieß abermals verſchloſſen ſein, auf Spit

großer Sicherheit sich werden ermitteln lassen. Der einzige Umstand schon daß keine Eisberge sich zeigen, beweist mit

bergen zu überwintern.

Der dießjährige Erfolg hängt von

größter Strenge daß entweder gar kein Land vorhanden

zwei Umständen ab, von der Art der anzutreffenden Eis

ist oder nur eins mit flachen Küsten .

bildungen und von der Tüchtigkeit des Dampfers .

In

tiefen die man im Norden von Spißbergen gemeſſen hat,

Bezug auf letteren wollen wir aufmerksam machen daß er sehr klein ist. Die Jacht Grönland führt ihm jedoch einen

beweisen ebenfalls daß Land bis lat. 83° 30' in jener

Theil der Kohlenvorräthe nach, die am Landungsplay ab.

noch Treibholz aufgefischt, von dem man nichts anderes vermuthen kann, als daß es aus Sibirien stamme. Pro

gegeben werden, so daß der Germania für 800 Stunden Kohlen bei Fahrt mit voller Dampfkraft (30 Pferdekraft) zur Verfügung stehen.

Da sie nur bei Windstillen dam

Richtung kaum liegen kann.

Die gewaltigen See

Im höchsten Norden wird

ben solcher Stämme heimgebracht und von Kennern unter: sucht und mit sibirischem Landholz verglichen, können diese

pfen wird, so sind diese Vorräthe mehr als ausreichend.

Frage streng lösen.

Der Dampfer besitzt 90 Fuß Länge und 22½ Fuß Breite. Diese geringen Dimenſionen sind gerade dem Unternehmen

man schon jest theoretisch fast als bestimmt aussprechen. kann, daß nämlich ein Theil des Eiſes das sich im Nor

günstig, weil ein kleines Schiff auch enge Waſſergaſſen

den von Neu- Sibirien bildet, einen Abzug findet zwischen

Es möchte sich dann bestätigen was

Der Felsencanal zwischen dem Marienbrunnen und dem Teich Siloah. ;

407

Spizbergen und Oſtgrönland, ſo daß die Centralregion des Nordpols oceanisch sein müßte und im Sommer von keiner

þing, weßhalb nur mit äußerster Vorsicht vorgeschritten werden konnte. Lieut. Warren berichtete darüber in fol

Decke verschlossen gehalten werden könnte. Alles was zur Lösung jener Aufgaben gehört iſt Ausdauer des deutschen

genden Worten : Ohne zu sprechen, schauten wir einander bedeutungsvoll an. Als wir in einer Höhe von 27′ dem

Volkes für ein Unternehmen das für alle Zeiten das Na

losen Mauerwerke, dessen Gewicht wir zu 8 Ctrn. schäßten, näher gekommen waren, brachten wir nahe unter demsel Wir ben ein drittes Gerüste an , 38 ′ über dem Boden.

tionalgefühl beglücken und erheben müßte.

belegten dieses lettere mit dreifachen Brettern, damit es durch einen etwa herunter fallenden Stein nicht durchge schlagen würde. Der Fellencanal

zwischen

dem Marienbrunnen

und dem Teich Siloah, neu untersucht von Lieu 1 tenant Warren . ¹

Nach weitern 6 ' Höhe erweiterte sich der

Schacht in eine Art Höhle und zog sich in einem Winkel von 45º hinaufwärts. Det Boden war bedeckt mit kopf großen losen Steinen.

Wenn daher einer gewichen wäre,

so würden die andern nachgerollt ſein, ſo daß ein Darüber

Der genannte englische Genieofficier ließ im October

hinsteigen nicht gewagt werden konnte.

Wir nagelten nun

1867 zunächst das kleine Becken der Quelle aus welchem die

eine Leiter zusammen,

Bewohner des Dorfs Siloah gewöhnlich ihr Wasser schöpfen,

Nach etwa 30' gewann ich festen Stand, und der Corporal kam nach)." Von gedachter Höhle bemerkten sie dann

auf welcher ich zuerst hinaufstieg.

reinigen,

d . h. alle Scherben, Eteine und Sand heraus

ſchaffen.

Er wollte dann, unter den Stufen von welchen

einen 20′ südwestlich ziehenden, aber durch Steine verram

her man bisher das Hervorquellen des Waffers vermuthete,

melten Gang, und einen andern nordwestlich ziehenden.

eine Untersuchung anstellen, konnte aber hier nur wenige Fuß vordringen, da die Masse zu hart war. Mittlerweile

In dem leztern gingen fie fort und kamen nach wei tern 15′ auf ebenen Boden. Von da an war der Gang

untersuchte er den durch den Felsen gehauer en unterirdi

8' weit und 4 oder darüber hoch, so daß sie ziemlich be

schen Canal, welcher das Wasser zum Teiche Siloah hinab Er fand daß derselbe noch ungefähr 50′ in west führt.

quem sich bewegen konnten.

südwestlicher und gerader Richtung in den Berg binein gehe, daß er dann in einem stumpfen (?) Winkel südlich abbiege, daß er in einer Verlängerung in der vorher ange: gebenen Richtung 17′ weiter gehe und dann in ein kleines 3′ tiefer liegendes Becken münde.

Hier am Ende wurde

in der Decke ein nach oben sich aufthuender Schacht wahr genommen, welcher, durch magnetisches Licht beleuchtet, auf Lieut. Warren traf ungefähr 40' Höhe geschätzt wurde.

Zu beiden Seiten fanden sie

daß Steine aufgeschichtet und der Boden mit einer, wahr scheinlich dicken , Schichte Erde bedeckt war, unter welcher sich wohl Felsenstufen vorfinden dürften.

Nach nahezu 40′

ebenen Bodens stieg der Gang wieder bei 50′ unter dem Winkel von 45º, und er endete da in ein überwölbtes Gemach. In die festgetretene Erde waren hier Stufen eingehauen. lang.

Das Gemach ist ungefähr 40' weit und 20'

Die Wandungen bestehen zum Theil aus Felsen,

zum Theil aus Mauerwerk. behauene, ziemlich große,

Im Gewölbe fanden sich gut aber sehr verwitterte Steine,

sofort alle Vorrichtungen zur Ausforschung dieses Echach. tes. Es galt vor allem den ganzen Canal vom Eingang

so daß dasselbe bald einstürzen dürfte.

an dem Quellbecken bis zum Schacht von dem angeſam

mach lagen herum :

melten Sand, von Steinen und Gerölle zu reinigen. Dieß war keine leichte Arbeit, da der Canal sehr niedrig ist.

lampen ,

Die Arbeiter konnten ihre Aufgabe nur liegend und knieend vollziehen ; zum öftern hatten sie dabei kaum den Kopf

im Gang, in der Nähe des Schachtes, fand sich ein in den Fel

über dem Wasser. Nach vollendeter Reinigung des Canals -wurden ―― es geschah das in der Frühe am 24 Octbr.

gedient hat das Eimerseil beim Waſſerſchöpfen anzubinden ; die Ingenieure banden ihr Sicherheitsseil an denselben. an. Als sie wieder ins Freie hinauskamen, hatte sich be

6' Fuß lange Hölzer hineingeschafft (längere brachte man nicht hinein) .

Durch Anstemmen an die Felsen konnten

die Ingenieure 20′ hoch hinauf kommen .

Da schlugen sie

dann ein Gerüst auf, das sich an den rauhen Wänden des Schachtes festhielt.

Auf dieses wurden aufrechte Hölzer

In dem Ge

Töpfe von gebrannter Erde ,

eine inwendig glafirte

Glas

Kochschale mit Resten

von Speisen, Kohlen und ein Wasserkrug.

Weiter unten

senfestgemachter stark verrosteter eiserner Ring, der wohl dazu

reits die Nacht über das Land gelagert.

Die Bewohner

Siloahs verlangten ihren Antheil an den gefundenen Schäßen, und wollten es nicht glauben daß bloß leere Krüge gefunden worden seien .

Als die kühnen Männer

am folgenden Tag wieder auf das oberste Gerüst kamen,

gestellt und dann ward wieder ein Gerüst gemacht. Schon vorher hatten sie bei magnetischem Lichte bemerkt daß un

lag auf demselben ein 2 ' Fuß langer Stein, der in der

über ihnen ein Stück Mauerwerk ganz lose

Nacht herabgefallen war ; sie fanden da auch noch zwei

gefähr 20

weitere Krüge.

1 Nach einer Mittheilung des Institutsvorstehers C. Schick zu Jerusalem. (Eine Zugabe zu der „ Uebersicht über die Ar beiten des englischen Genieofficiers Warren. " Ausland Nro. 11 von 1868. )

Später öffneten sie dann einen Schacht

von oben, um unmittelbar in das obere Gemach gelangen zu können. Lieut. Warren ist der Ansicht daß hier eine uralte Zu

Miscellen.

408

fluchtsstätte aufgedeckt worden sei.

Darauf deuten die

aufgefundenen Geräthschaften mit ziemlicher Sicherheit hin. Und wohl nicht mit Unrecht seßt der tüchtige Ingenieur und Archäologe die Anlage des Schachtes mit den Gängen in die Zeit des Königs Hiskia. Der Zweck davon war offenbar auf unterirdischem Weg aus der Quelle Waſſer zu gewinnen, welches dem belagernden Feinde verdect wurde. Wird man einmal die Gänge weiter verfolgen, so dürfte sich wohl herausstellen daß dieselben bis in die Stadt hinaufgeführt haben.

Der geöffnete Edfacht befin

Wochen in See war, wurde der Capitän dienſtunfähig, und Fiebers halber an das Bett gefesselt.

Seine Frau, Mrs.

Maguire, übernahm hierauf das Commando des Schiffs, und brachte es wohlbehalten in den Hafen. Bei einer früheren Gelegenheit wurde, unter ziemlich gleichen Um ständen, eine ähnliche Großthat von dieser unternehmen den Capitanin ausgeführt, welche zwanzig Jahre lang Seefahrten mitgemacht hatte, und offenbar mit der Leitung eines Schiffs genau bekannt ist. *

(Athenäum. )

det sich am östlichen Ophelabhang, westlich von der Marien quelle, ungefähr in der halben Höhe des Berges. Keinem Zweifel unterliegt es daß die Stadtmquer oben auf dem

Zersehung des Granits durch Regenwasser. R. Haushofer hat auf fein pulverisirten Granit bald de stillirtes reines Wasser, bald mit Kohlensäure geschwänger.

Rande hinlief, daher jene Gänge wenigstens bis derthin jich erstreckt haben werden. Zu vermuthen ist daß die

tes Wasser wirken lassen : das Wasser blieb ungefähr acht Stunden in Berührung mit dem Granit, man rührte es

Stelle des oberen Gemachs ursprünglich offen war, daß die Steinsplitter vom Einhauen der Gange hier herausge

häufig um, und dann wieder befestigte man das Gefäß an ein beständig in Bewegung befindliches Rad. Der Granit

schafft worden seien, und daß erst nach Vollendung dieser Arbeit die Ueberwölbung vorgenommen worden sei. Sehr möglich ist daß es noch mehrere solche Gemächer gibt.

gibt, durch seinen Feldspath, bei der gewöhnlichen Tempe ratur und dem gewöhnlichen Druck Alkalien mit reinem oder kohlensäure- geschwängertem Wasser.

Es möge hier noch kurz einer andern Nachgrabung Warrens Erwähnung gethan werden. In regenreichen. Jahren fließt bekanntlich der Hiobsbrunnen über.

Zu glei

cher Zeit übersprudelt gewöhnlich die 900 bis 1000' weiter unten im Thal liegende Mandelquelle (Ain Lôz),

Mit einer Quan

tität Wasser gleich 25mal dem des Gesteins erhält man 0,03 bis 0,04 Proc. Alkali, oder 0,05 Proc. wenn die Eine verlängerte Masse in beständiger Aufregung ist. Thätigkeit vermehrt die Menge der aufgelösten Elemente nicht wesentlich.

Das mit Kohlensäure bei 0 Grad ge

wegen der dort stehenden Mandelbäume von den Ara bern so benannt. Dieselbe versiegte aber noch immer früher als der Hiobsbrunnen. Um den Zusammenhang zwischen

sättigte Wasser nimmt etwa zweimal mehr Alkalien hinweg als das reine Wasser. Der Granit war so fein pulverisirt,

beiden Quellen zu ermitteln, ließ nun der Ingenieur bei

daß die Stückchen höchstens 0,01 Millimeter Durchmesser und ein Gewicht von 0,0000025 Milligrammen hatten.

der tieferliegenden nachgraben.

Es fanden sich hier bald

Hieraus kann man schließen daß der Regen eines Jahrs

in den Felsen gehauene Stufen, weiter unten ein in den Felsen gehauener Gang, welcher sich einerseits das Thal

etwa 15 Gramme Alkali auf einer Granit-Oberfläche von 10 Quadratmetern auflöst . (Les Mondes .)

hinauf , und andererseits das Thal hinabzieht.

Den sich

aufwärts ziehenden Gang hat der Forscher bereits hundert Fuß weit verfolgt ; er findet es sehr wahrscheinlich daß derselbe bis zum Hiobsbrunnen führe.

Der abwärts füh

rende Gang hatte wohl den Zweck dem belagernden Feinde das Wasser, welches sich weiter unten in eine Felsenspalte verloren haben mag, zu entziehen.

Getreide ausfuhr aus England nach den Ver einigten Staaten .

Es sind in leßter Zeit beträchtliche

Mengen Gerste von England nach Nordamerika gegangen. Diese Ankäufe von Gerste sind wohl die ersten so lange die Vereinigten Staaten beſtehen, und die dortigen Kauf Leute fahren mit ihren Ankäufen von Gerste fort, troydem daß sie doch 1 , Thlr. Einfuhrzoll für den Quarter (= 1,64 württ. Scheffel) bezahlen müssen.

Allein sie machen

bei alledem gute Geschäfte damit, weil die Gerste dort mit

Miscellen. Ein weiblicher Schiffscapitän.

mehr als 20 Thlrn. bezahlt wird. In Folge der maſſen. haften Einwanderung von Deutschland her, welche Jahr

neueren

aus, Jahr ein sich fortseßt, hat sich nämlich der Bier

Schifffahrtsnachrichten aus New York wird einer Thatsache

consum in den Vereinigten Staaten gesteigert und daher

Erwähnung gethan welche den Vertheidigern der Frauen rechte, sowie den unternehmenden Theoretikern die da be

die Nachfrage nach Gerste vermehrt. Und weil die Gersten ernte drüben dießmal mangelhaft ausgefallen war, so

In

haupten daß die Frau ein unentwickelter Mann " ist, zur Beachtung empfohlen werden mag. Das Schiff „ Chief: tain" segelte von Calcutta nach New-York.

Als es fünf

mußte man die Gerste in England aufkaufen,

und noch

find Aufträge zum Ankauf von weiteren 10,000 Quarters in England im December 1868 eingegangen. (Schranne.)

Truck und Verlag der 3. 6. Cotta’schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. C. F. Peschel .

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndu ierzigster Jahrgang.

Nr. 18 .

Augsburg ,

1869.

1. Mai

Inhalt : 1. Einfluß der Ländergestalten auf die menschliche Geſittung. Von Oscar Peschel. 8) Ueber die Zone der Religions stifter. 2. Schottische Westeilande. Von Ferdinand Zirkel. I. 3. Der Altai. Von Bernhard v. Cotta. 2) Bergbau und Wälder. 4. Zur Geschichte der Buchbinderkunst. ―――― 5. Von Tanger nach Tripoli. 6. Angebliche Städteruinen im Zulukaffern Lande. 7. Englisch-norwegischer Eishandel. 8. Ueber die Edelsteine in der Pariser Weltausstellung vom Jahr 1867. 9. Sorby's Versuche mit Löthrohr und Mikroskop.

Einfluß der Ländergestalten

auf die menschliche

erhebende oder fröhliche Bilder rufen diese vaterländischen Pflanzengestalten in uns hervor.

Der Einfluß der phyſi:

Gehittung. schen Welt auf die moralische, das geheimnißvolle Ineinan derwirken des Sinnlichen und Außersinnlichen gibt dem

Bon Oscar Peschel. 8.

Naturstudium, wenn man es zu höheren Gesichtspunkten

Ueber die Zone der Religionsstifter.

erhebt, einen eigenen noch zu wenig erkannten Reiz." „Die Kenntniß von dem Naturcharakter verschiedener Weltgegenden, so lautet eine der tiefsten Stellen in A.

Hier liegt also die verführerische Aufgabe vor uns auf dem Wege vorsichtiger Vergleiche zwischen den größten Be gebenheiten in der menschlichen Gesellschaft und den Schau :

v. Humboldts Physiognomik der Gewächse, ist mit der Ge schichte des Menschengeschlechts und mit der seiner Cultur

pläßen auf welchen sie sich zutrugen, einem innern Zu

aufs innigste verknüpft.

Denn wenn auch der Anfang

sammenhange nachzuspüren und ihre Ursachen zu ermitteln.

dieser Cultur nicht durch physische Einflüsse allein bestimmt wird, so hängt doch die Richtung derselben, so hangen

Bei wem könnten wir uns aber beſſer vorbereiten für " solche Untersuchungen als bei Thomas Buckle, der nicht

Volkscharakter, düstere oder heitere Stimmung der Mensch heit großentheils von klimatischen Verhältnissen ab. Wie

ungeschwächte Beliebtheit noch genießt, und vielen als ein

mächtig hat der griechische Himmel auf seine Bewohner gewirkt! Wie sind nicht in dem schönen und glücklichen

so wäre nichts einfacher und faßlicher als die Rückwir

Erdstriche zwischen dem Euphrat, dem Halys und dem ägäischen Meere die sich ansiedelnden Völker früh zu ſitt licher Anmuth und zarteren Gefühlen erwacht ! Und haben.

bloß bei seinen Landsleuten, sondern auch bei uns eine

Born des klarsten Lichtes gilt ?

Geben wir ihm Gehör,

kungen des Wohnortes auf die Erscheinungen der Gemüths welt. Da wo die Natur mit großen Schreckmitteln den Menschen beängstigt,

wird die Einbildungskraft stärker

nicht, als Europa in neue Barbarei versank, und religiöse

entwickelt werden als der Verstand, und dort wird der

Begeisterung plötzlich den heiligen Orient öffnete, unsere Voreltern aus jenen milden Thälern von neuem mildere

Wunderglaube am üppigſten ins Kraut schießen. Italien, Spanien und Portugal, sagt Buckle, werden in Europa

Sitten heimgebracht? Die Dichterwerke der Griechen und die rauheren Gesänge der nordischen Urvölker verdanken.

unter allen Ländern von Erdbeben am meisten heimgeſucht,

größtentheils ihren eigenthümlichen Charakter der Gestalt

lich hat sich

der Pflanzen und Thiere , den Gebirgsthälern die den

anderwärts der Glaube an Eingriffe übersinnlicher Mächte

Dichter umgaben, und der Luft die ihn umwehte .

in die physische Weldordnung zäh erhalten.

Wer

fühlt sich nicht, um selbst nur an nahe Gegenstände zu erinnern, anders gestimmt in dem dunklen Schatten der Buchen auf Hügeln, die mit einzeln stehenden Tannen

Erdbeben schüchtern das menschliche Gemüth ein, und folg bei

ihren

Bewohnern

mehr

als irgend

Daß Portu

gal unter die erdbebenreichsten Länder gezählt wird, mag die schwere Kataſtrophe welche Liſſabon vor mehr als hundert Jahren betraf einigermaßen rechtfertigen, obgleich sie in ihrer

begränzt sind ; oder auf der Grasflur, wo der Wind in

Großartigkeit vereinzelt steht, aber Spanien, obgleich nicht

dem zitternden Laube der Birke ſäuselt ? Melancholische, ernst Ausland. 1869. Nr. 18.

gänzlich verschont, gehört doch nicht unter die vorzugsweise 52

Einfluß der Ländergestalten auf die menschliche Gesittung.

410

oder nur streng heimgesuchten Länder.

Japan, welches so

können , von dem schwarzen Tod und der Pest, es wurde

oft unter dem Dreizack des Poſeidon erzittern muß, wird von einem heitern, zu Echelmerei und Kurzweil stets auf

pische.

gelegten und in

religiösen Dingen sorglosen Menschen

diens schrecklichsten Genius, nämlich den Hunger, den rüſtig

Rußland wiederum ist fast gänzlich frei

ſten der Todtengräber, der zeitenweiß, wenn die Regen fehlen, oder die Ströme sparsam rinnen, dicht bevölterte Striche in Einöden verwandelt, wie gleich am Beginn der

schlag bewohnt.

von Erdbeben, aber von einem Exorcismenspuk wie er in der griechischen Kirche noch vorherrscht, ist Italien doch schon längst gereinigt. Unter den Tropen, fährt Buckle fort, trete die Natur gewaltsamer und schrecklicher dem menschlichen Kleinmuth gegenüber, daher habe sich bei den Bewohnern Indiens

also die gemäßigte Zone nicht mehr verschont als die tro Seltsamerweise nennt der Schotte gar nicht In

britischen Herrschaft in Folge eines Mißwachſes, 1770, zehn von fünfundzwanzig Millionen Menschen in Bengalen dahin ſanken, und der selbst noch heutigen Tages größere Verhee rungen anstiftet als alle Pestilenzen und Wirbelstürme.

die Einbildungskraft am meisten mit Wahngeburten bevöl fert. " Dort waren, behauptet er, Lebenshindernisse jeder

Aber auch Europa hat im Mittelalter den Mißwachs in

Art so zahlreich, so beunruhigend, und scheinbar so uner

nur in Folge einer größeren Befreiung von Naturschrecken

klärlich, daß die Tagesbeschwerden nur durch beständiges

der Verstand die Einbildungskraft leichter bezähmt haben,

aller seiner Majestät kennen gelernt, und doch soll bei uns

Gnadenerflehen an die unmittelbare Thätigkeit übernatür

als in der Tropenwelt.

licher Kräfte gehoben werden konnten. "

stigungen

Dort erschaute die

beängstigte Einbildungskraft solche Schaudergestalten wie Siwa oder seine Gemahlin Durga = Kali, die mit vier Armen beständig auf Zerstörung sann, deren innere Hand flächen von frischem Blute sich beständig rötheten, und deren Nacken eine Schnur von Menschenschädeln zierte.

Da sich die indische Cultur vorzugsweise im eigent

Ueben die Drohungen und Beäng

welche mit irgend einem Wohnort verknüpft

ſind, über die Gemüther einer Bevölkerung jene Herrſchaft die ihnen Buckle zumuthet, so müßten die Holländer viel wundergläubiger sein als die Belgier. Ihnen droht be ständig, und ganz vorzüglich zur Zeit der Syzygien des Mondes ein Gegner, der so wenig Erbarmen kennt als das Erdbeben, nämlich das Meer, das sie als Bewohner

lichen Hindostan also in dem Gangesgebiet mit Ausschluß Bengalens entwickelte, so hätte nach Buckle die Natur dort

unterseeischer Fluren um ein Erbstück geschmälert haben. Oft genug schon hat sich die verdrängte Macht gerächt,

ganz besonders die Gemüther der Bewohner mit Furcht und Grausen erfüllen müssen. Erdbeben kommen freilich nicht

wie damals als die Zuyder See und der Dollart durch plög. liche Einbrüche sich füllten , und alle Ortschaften sammt

vor, einen Ersatz für sie sollen wir jedoch in den furchtbaren Orkanen finden . Ganz sicherlich ist auch der bengalische

ihren Bewohnern hinabschlangen. Endlich sollten in dem nämlichen Volk unter allen Gewerbtreibenden den meisten

Meerbusen die Brutstätte jener Cyklone oder Wirbel stürme, die in unserem Jahrzehnt zweimal die Stadt Cal cutta überfielen. Die Tragweite jener Geißeln ist jedoch

Aberglauben die Seefahrer und Bergleute nähren, weil ſie

nur auf die Küſte beſchränkt, und ihre Verheerungen über schreiten nie die Grenze Bengalens . Auch der Anblick des Himalaya soll nach Buckle einschüchternd gewirkt haben,

so etwas in bemerkbarer Stärke der Fall wäre.

allein er ist von den dicht bewohnten Strichen entweder

die übermäßige Entwicklung der Einbildungskraft zurück gewirkt haben. Versuchen wir darum lieber zu ergründen ob nicht die übliche Volksernährung mit den Gemüthser

gar nicht sichtbar, oder nur als eine anmuthige Begrens zung des nördlichen Horizonts.

Wohl drangen und dringen

noch jest manche fromme Hindu als Pilger bis zu den erhabensten Stellen der indischen Alpen, zu den Heilig thümern an den Gletschern, aus denen die beseelt gedachten. und geheiligten Ströme der Ganga und Dichamna durch

mehr als andere sich den Launen unberechenbarer Natur gewalten preisgeben, und doch hat niemand behauptet daß

Wir müssen also wohl eingestehen daß die größeren Lebensbedrohungen an irgend einem Wohnorte nicht auf

scheinungen in einem ursächlichen Zusammenhang stehe. Hindostan , der Heerd der brahmaniſchen Religion, und Mittelchina, die Heimath des Confutse, bescheint beinahe die nämliche Sonne und bedeckt ein ähnliches Pflanzen

enge Schluchten brechen. Aber nicht aus Scheu vor der strengen Größe des Quellengebietes wurden jene Andachts :

kleid.

Die Natur, müßte Buckle zugeben, ist an beiden

stätten gegründet, sondern weil das fließende Wasser überhaupt dem Hindu als verehrungswürdig erschien, denn auch über den

wenigstens läßt sich dieß mit großer Strenge behaupten,

Quellen der Nerbadda im Innern des Defan in einer völlig zahmen Landschaft erheben sich ebenfalls ihre Tempel. Wenn

lischen einen ganz andern Flug genommen wie in Jndien, oder vielmehr hat sie sich im Flug beinahe gar nicht ge.

Buckle Pestilenzen in dem tropischen Asien mit vorzugsweise zermalmendem Tritt einherschreiten läßt, so dachte er dabei. doch nur an die Cholera, die, just als er schrieb, in Europa

hoben.

einen erneuten Umzug hielt. Allein unser Welttheil ist in vorigen Zeiten von Würgengeln betreten worden, die mit

strenggläubigen Hindu der höheren Kasten verabscheuen dagegen aufs strengste alle Fleischnahrung. Doch hielten.

der ziemlich modernen Brechruhr in Indien sich leicht meſſen

sie es nicht immer so .

Orten gleich groß, und fast gleich schrecklich, von Südchina

und doch hat die Einbildungskraft im Reiche der Himm

Nun sind die Chinesen pantophag, das heißt sie

essen alles, selbst Holothurien (Trepang), bei deren Anblick schon uns Ungewohnten ein Schauder anwandelt.

Die

In den Zeiten der Veden war der

Einfluß der Ländergeſtalten auf die menschliche Gefittung.

Genuß animaliſcher Kost noch nicht verboten, und zugleich war die vedische Religion noch nicht verdüstert durch die

411

| lichen Nahrung ergründet zu haben, zumal der menschlicheLeib in großem Umfang die Befähigung besißt sich verschiedenen

noch nicht erfüllt mit

Ernährungsweisen anzubequemen, so daß selbst die narko

Schrecken und Grauen wie in den späteren epischen Zeiten. Die Belastung der Gemüther, die Neigung zum Unge:

tischen Stoffe mit dem Gebrauch viel von ihrer Wirkung verlieren. Buckle endlich führt sich selbst und leichtgläubige

heuerlichen und Grottesken, die Lebensübersättigung, das Grauen vor der endlosen Kette der Wiedergeburten begann

Leser in die Frre, wenn er behauptet daß die alten Aegyp ter dactylophag gewesen seien. Daß sie die Dattelpalme

sich bei den Hindu zu entwickeln mit dem gleichzeitigen

kannten und anbauten, sind wir weit entfernt zu beſtrei ten, denn eine erste Musterung ihrer Denkmäler, die uns

Schöpfung blutgieriger Gößen ,

Uebergang zur reinen Pflanzenkost.

Daß unsere geistige

Thätigkeit aber von der Ernährung abhängig sei, kann

wie Bilderbücher den Lauf ihres täglichen Lebens vorfüh

jedermann an sich selbst wahrgenommen haben, denn der tiefe erquickende Schlaf, der echte Schlaf ohne Bewußtsein

ren, müßte uns schon beschämen. Wir läugnen aber daß die Dattel ein beständiges oder nur ein wichtiges, wir be

flieht uns bei stark überladenem Magen.

Aber auch der

haupten vielmehr daß sie nur ein aushelfendes oder er:

Hunger, die halbe und ungenügende Befriedigung erstrecken wie alle Begierden ihre Herrschaft über die Einbildungs

gänzendes Nahrungsmittel des pharaonischen Volkes ge: wesen sei. Oder dachte Buckle etwa daß der biblische Jo

kraft.

seph während der sieben fetten Jahre in den Speichern des Königs Datteln aufgehäuft hätte ? Meint er vielleicht

Auf dieser biologischen Wahrnehmung beruhten und

beruhen noch die strengen Fastenübungen die von so verschiede: So oft der

daß Jakob seine Söhne zur Zeit der sieben magern Jahre

Kreislauf der gewöhnlichen Ernährung unterbrochen oder

nen Religionsjahungen vorgeschrieben werden.

nur gestört, sobald er kein regelrechter ist, gewinnt die

nach Aegypten gesendet hatte um Datteln zu kaufen ? Als in Moses' Tagen göttliche Plagen über Aegypten verhängt

Einbildungskraft ungewöhnliche Macht und der Mensch in diesem erschütterten oder geschwächten Zustand ist empfäng

wurden, zerstörte ein Hagelschlag nicht die Dattelhaine, son dern die Gerste und den Leinen gänzlich , verschonte

licher für alles was er übersinnlichen Wirkungen zuschreibt. Hier also glauben wir endlich den Schlüssel gefunden

aber den Weizen und Roggen, weil sie noch nicht hoch standen. ' Nur in den Datteloasen Arabiens , aber

zu haben, der uns einen Einblick gewährt in das Walten physischer Gesetze auf dem Gebiete der geistigen Erscheinun

noch weit mehr in denen Nordafrikas, im Fezzan und im Süden Algeriens, also am Rande und im Schooße

gen, doch wollen wir wieder zu Buckle unsere Zuflucht nehmen, diesesmal aber soll er uns nicht mehr als Rath: Was die geber, sondern als warnendes Beispiel dienen.

gerade dort zieht sie unabhängige und streitbare Wüsten

Tagesnahrung betrifft, " bemerkt er (1, 76, Brockhaus ed. ) , so sind die Datteln für Afrika das nämliche wie der Reis in den fruchtbarsten Theilen Asiens. Die Dattelpalme ist heimisch in allen Ländern vom Tigris bis zum atlantischen Meere, und sie versorgt Millionen menschlicher Geschöpfe mit täglicher Nahrung in Arabien und beinahe ganz Nord afrika. " Nachdem er noch hinzugefügt daß an verschiede nen Orten die Kamele sogar mit Datteln gefüttert würden, was ausnahmsweise auch der Fall ist, bemerkt er weiter (1. c. pag. 65) daß der Reis eine ungewöhnliche Menge Stärkemehl enthält, nämlich zwischen 83,8 bis 85,07 Proc., und daß die Datteln genau die nämlichen Nährstoffe be sigen, mit dem Unterschiede nur daß bei ihnen die Stärke bereits in Zucker umgeseßt sei. Diese Wahrnehmung wird für ihn zur Offenbarung, denn in Indien wie in Aegyp: ten sieht er das Volk sich willenlos in die Knechtung durch Priesterkasten fügen.

der Sahara ist die Dattel die tägliche Nahrung ,

und

stämme groß, die nicht die entfernteſte geistige Verwandtschaft und eine völlig veränderte Sinnesart wie die reisessenden. Hindu zeigen. Wir vermögen sogar auf einem Umwege zu ermitteln daß die religiösen Schöpfungen in keiner Abhängigkeit stehen von der Ernährungsweise der Bevölkerungen. Die selben Indier nämlich welche durch ihre ungezügelte Phan tasie die Schaudergottheiten in der epischen Zeit erschufen, waren auch die größten Märchendichter, die es jemals gegeben hat. Es ist längst ergründet worden daß der Schatz von Erzählungen der unter dem Namen Tausend und eine Nacht durch die Araber ins Abendland gekom men ist in Indien ersonnen worden sei, und daß es außer dieser Sammlung ganze Reihen von Erzählungen gibt die bald aus dem Munde eines Todtengerippes, bald aus dem eines klugen Papageien, bald aus den plößlich belebter Holzbilder gesprochen werden. Wenn Buckle in den Zah lenschwelgereien der Hindu, mit ihren endlosen Weltaltern ,

Daß die Nahrungsmittel ihre Rückwirkung selbst auf die Dentkräfte der Menschen äußern, daß manche von ihnen

in ihrer Sprache selbst, die einen Ausdruck hat für Ziffern

entschiedene Gemüthsstimmung hervorbringen, darf

Demuth für das hohe Alterthum erkeanen will, so möchten

eine

nur derjenige läugnen, der noch nicht an sich oder an drit: ten die Wirkungen von Wein und anderer alkoholischer Getränke, von Thee, Kaffee und Tabak, überhaupt der narkotischen Genußmittel beobachtet hat. Wir sind indeſſen noch weit entfernt etwas über die dauernde Wirkung der tag:

die mit 51 Stellen geschrieben werden, eine knechtische

4 Exod. IX, 31 , 32. Die Ueberschung von far mit Roggen ist ein ärgerlicher Mißgriff der Luther'schen Bibel, denn der Roggen, eine moderne Getreideart die erst im Mittelalter auf tritt, ist nie in Aegypten gebaut worden , wahrscheinlich sollte daher die Durrha oder Negerhirse im Bibelterte bezeichnet werden.

Einfluß der Ländergestalten auf die menschliche Gesittung.

412

wir doch viel eher dahinter eine Art arithmetischer Lieb haberei suchen, denn das Volk welches mit hohen Größen

menheit an, und noch am Schluſſe des Mittelalters wußten es auch unsere Echolastiker nicht besser als daß schwarze

begriffen so gierig spielte,

Menschen nur dicht über oder unter dem Aequator sich

hat zugleich der menschlichen

Gesittung auch das höchste Bildungsmittel nach Erfindung

finden könnten, und daß Gold in Fülle sowie Edelsteine

der Schriftzeichen geschenkt, nämlich die Kunst den Werth

sich nicht über die Gränze des zweiten Klima's verirrten .

der Zahlen durch ihre Stellung zu bezeichnen, oder wie wir

In der Sprache dieses

nachlässig uns auszudrücken gewöhnt haben, die Erfindung der " arabischen" Ziffern.

Schems ed din, nach seiner Vaterstadt Dimeschqi geheißen,

Es liegt sehr nahe und wird hier nicht zum erstenmale ausgesprochen daß die Schöpfung der mythologischen und der profanen Märchen nur als verschiedene Aeußerungen derselben geistigen Befähigung zu denken sind. Völker von epischer und dramatischer Zeugungskraft, Völker die gern

methodischen Irrthums äußert

daß die Völker heller Hautfarbe und hoher geistiger Be gabung nur auf das dritte und vierte Klima oder zwiſchen lat. 20° und lat. 33° 49 ′ beschränkt wären, und daß un ter dieser Zone alle großen Religonsstifter, Weltweisen und Gelehrten (auch unser Damascener) geboren wor den seien. Diese Zone beginnt etwas südlicher als der Parallel von Mekka ( 21 ° 21 ′) , um vieles südlicher als der

bauen, malen und meiſeln, beſigen auch die Gabe und den Drang einen Olymp mit mancherlei Gestalten zu bevöl

Parallel von Kapilavastu (lat. 27 ), dem Geburtsort des Buddha Gautama, dagegen umfaßt ihr Nordrand nicht

fern, mit heiteren oder düsteren, je nach den vorherrschen mehr Rai (Raghes) bei Teheran und noch weniger Balch Nun aber läßt sich leicht zeigen daß die Märchenschöpfung nicht ein ausschließliches Eigen Märchen und Sagen thum von reiseſſenden Hindu sei . den Gemüthsſtimmungen.

von ergreifender Wirkung werden namentlich in Island gesammelt unter einer an Zahl sehr spärlichen Bevölke In Island reist kein Getreide mehr und wächst rung.

(Bactria) . In einer dieser beiden Städte und zwar nach den besten Kennern in Balch (lat. 36° 36 ') der „ Mutter der Städte" wie sie die Araber nennen, erblickte der Zara thustra Spitama (Zoroaſter) das Licht dieser Welt.

Je

denfalls liegt eine Wahrheit in der Beobachtung des ara bischen Geographen daß die Stifter der höheren und jet

nur Buschwerk, denn ein einziger geschüßt stehender Maul beerbaum in Akreyri wird von den Eingebornen mit Stolz als der Baum der Insel gezeigt.

noch beſtehenden Religionen, Zoroaster, Moses, Buddha, Christus und Muhammed, der subtropischen Zone angehö

Die Eingebornen leben ren, denn nur der Geburtsort des jüngsten der Propheten

daher nur vom Ertrag der Viehzucht und der Fischerei, Wollte man auch zu also ausschließend von Fleischkoſt.

(vom Stifter der Mormonengemeinde vorläufig abgeſehen),

geben daß viele der schönen Sagen von den Jeländern nur gehütet und aufbewahrt worden wären und daß sie

fällt noch innerhab des Wendekreiſes, liegt jedoch immerhin nur etwa 16 deutsche Meilen von seiner Gränze entfernt. Wenn wir Confutse nicht nennen, so geschieht es nicht wegen

aus der altnordischen Heimath stammten, so läßt sich doch von einer Mehrzahl nachweisen daß sie in Jsland selbst ersonnen worden sind, und selbst wenn sie aus Norwegen herrühren sollten, so herrschte doch auch dort Fischfang und Viehzucht entschieden vor, in früheren Zeiren noch viel

der Polhöhe seines Geburtsortes im Kreise Ventschan der Provinz Schantung, sondern weil wir die andern Reli gionsstifter herabsehen würden, wollten wir den chineſiſchen Moralisten ihnen beizählen. Daß die Zone der Religionsstiftung sich fern hält von

Daraus gewinnen wir aber die Einsicht daß die Thätigkeit der Phantasie ganz unabhängig davon ist ob die tägliche Nahrung ausschließlich aus Pflanzen stärker als jeßt.

oder ausschließlich aus Thierstoffen bestehe.

den gemäßigten Erdgürteln könnte darin eine Erklärung finden daß nur wo reifere geistige Zustände bereits beſtan den, die

Bevölkerungen empfänglich dafür waren dem

menschlichen Dasein durch Unterlegung idealer Zwecke eine

So

wären

wir

dem Ergebniß gelangt

höhere Würde zu verleihen, und daß gerade in den subtropischen

daß sich kein Zusammenhang zeigt zwischen der höheren Lebensgefährdung an einem Wohnsize oder der Volks

Klimaten die ältesten höheren Gesellschaftsgliederungen ent : standen. Doch selbst nachdem die fortschreitende Gesittung

nahrung und den örtlichen Religionsschöpfungen. Viel leicht finden wir aber etwas brauchbares wo wir es am

ſchon entschieden von den Wendekreisen sich entfernt hatte, blieb immer noch das subtropische Asien der fruchtbare

wenigsten suchen würden, bei den alten arabischen Geo graphen. Schüler der alexandrinischen Griechen und mit

schen Reiche der Römer, ſondern in Paläſtina trat das Chriſten

denn

zu

der Gradeintheilung des Ptolemäus wohl bekannt, zerlegten sie gleichwohl die Erde, wenn sie populär ihre Wiſſenſchaft vortragen wollten in Klimate, oder wie wir mit Bevorzugung des lateinischen Ausdruckes zu sagen pflegen, in Zonen. Diese Gürtel besaßen nicht immer eine gleiche Breite, son

Schoß der Religionen.

Nicht in dem überfeinerten europäi

thum, nicht in Byzanz, sondern in Arabien trat sechs Jahr hunderte später der Islam auf. In der kühlen gemäßigten Zone hat von jeher der Mensch sauer kämpfen müssen um sein Dasein, weit mehr arbeitend als betend, so daß ihn die Last der Tagesgeschäfte beständig

wieder

abzieht von einer

dern ihre Abstände betrugen bald mehr, bald weniger wie fieben Grad. Jedem Gürtel, so meinte man, gehörten ge

strengen innerlichen Sammlung.

wisse Erzeugnisse der drei Reiche in besonderer Vollkom

werb der Nothdurft und die heißen Tagesstunden ohnehin

In den warmen Ländern

dagegen, wo die Natur leicht hinweghilft über den Er

Einfluß der Ländergestalten auf die menschliche Gesittung.

413

körperliche Anstrengungen verhindern, sind die Gelegenhei

Wenn nun die vergleichende Sprachwissenschaft und die

ten zu innern Vertiefungen viel reichlicher gegeben .

Alterthumskunde uns belehren daß Hindu und Eranier

Zur Folterung der Gemüther kann dieser Hang des Nachdenkens werden wenn er auf solche Abwege geräth wie bei den Indiern, denen ein endloses Echo von Wan

einst einen gemeinsamen Stamm bildeten, daß sie ein Land nebeneinander bewohnten und anfangs wohl eine Götter lebre mit einander theilten, so möchten wir, wenn der

derungen der Seele zu drohen schien. Wie äußerst wenigen leicht

eine arische Zweig unter der indischen Sonne theils sich ver

gestimmten Herzen begegnen wir unter uns, die gern noch

irrte zu einem epischen Gößendienst, theils eine Zeit lang.

einmal ihr eigenes Leben mit seinen Enttäuschungen und

dem buddhistischen Atheismus verfiel, einen Beweis darin

seinen finstern Stunden von frischem beginnen möchten ?

erblicken daß Racenanlagen bei den Religionsſchöpfungen

Auf dem Hindu lastete als Judasqual die Vorstellung

weniger wirksam sind als der Wohnsit.

einer raftlosen Erneuerung, ohne Rettung daß sie jemals

Recht bezweifelt worden ob die brahmanischen Hindu vor

ſtill ſtehen könnte, und seine geängstigte Phantaſie ſah in schrecklichen Zahlenausdrücken eine Zeit vor sich ohne Gren

Annahme der Kaſtenordnungen ihr Blut völlig rein bewahrt haben sollten, so daß noch jezt an der Hautfarbe und an

Doch ist mit

zen, die mit jedem Schritte in ihre Tiefe auch ihren Hori

dem edleren Gliederbau der Mann aus hoher Kaste sich

zont um einen Schritt vorwärts schob. Wohl mögen wir uns denken daß der Buddha Gautama den bedrängten

von den Autochthonen unterscheiden ließe, vielmehr iſt man zu der Annahme geneigt daß gerade die epischen Religionen

Herzen ein Erlöser wurde, als er ihnen die Möglichkeit

einer Verunreinigung arischen Blutes mit den niedriger

einer Pause, einer Beendigung, vielleicht sogar das gänz liche Erlöschen oder Nirwana verhieß, mag man sich nun

stehenden Eingebornen, deren Reſte noch jezt die Dschengel

darunter eine ewig giltige Vernichtung oder nur eine zeit weilige Erstarrung mit allen Süßigkeiten des Todes den ken.

bewohnen, zuzuschreiben seien . Der Wohnsiz ist jedoch nicht gänzlich entscheidungslos für die Richtung welche das religiöse Denken einſchlägt.

Der Buddhismus war auch insofern eine Erlösung

Die drei monotheiſtiſchen Religionen, Judenthum, Chriſten

als er allen Kasten, selbst den verachteten seine Wohlthaten

thum und Islam entstanden im Schooße semitischer Völker,

verhieß

allein der Hang zum Monotheismus war nicht ausschließ lich eine Racenbegabung, denn andere Semiten wie die

Auf äußerliche Offenbarungen aber berief sich der

Stifter nicht, denn Offenbarungen sehen eine persönliche Gottheit voraus , und der Buddhismus verkündigt zwar eine sittliche Weltordnung, nicht aber einen sittlichen Welten ordner. Auf Offenbarungen beruft sich dagegen die zoroastrische Lehre.

Sie ist noch kein strenger Monotheismus, sondern

Phönicier, Chaldäer und Assyrier gingen andere Wege, und selbst bei den Juden traten immer Rückschläge zur Viels götterei ein, in Aegypten zumal verſanken ſie völlig in den Bilderdienst. Wenn der Monotheismus immer aufs neue sich verjüngte so leistete ihm dabei ein benachbarter

nur ein durchgebildeter Dualismus, wie er in roher Form

Naturschauplah mächtigen Beiſtand.

bei unzählig vielen wilden Völkern über den ganzen Erd freis angetroffen wird. Wir stoßen nämlich in der

in einem Briefe seines Freundes A. Sprenger an den

Schöpfung und in der Geschichte auf Widersprüche die sich

rischen Charakter aufgedrückt.

schwer oder gar nicht vereinigen lassen mit der Herrschaft einer sittlichen Weltordnung. Derselbe Gott der das

Menschen in ihrer Kindheit leitet, wird in den unbegrenz

erhabene Firmament ,

alle Lieblichkeiten

der Erde , die

ſtillen Blumen, den Thau mit seinen bunten Lichtern, das Kinderauge erschuf - derselbe Gott erfüllte seine eigene Welt mit Fieber, mit Ungeziefer, mit Gift, mit Krieg. mit Grausamkeiten im Thierreich, wo oft das eine Ge

Verfasser,

„ Die Wüſte, “ heißt es

hat den Arabern ihren merkwürdigen welthistos Die Phantasie welche die

ten Ebenen mit ganz anderen Bildern erfüllt, als in Wäl dern. Sie sind wenig zahlreich aber großartig, und der Mensch schafft sich aus seinem eigenen Kraftbewußſein eine kühnere Persönlichkeit, auf die er bei seinen Wanderungen angewiesen ist, einen persönlichen Gott." Jeder Reisende der noch die Wüsten Arabiens und

schöpf sich nur entwickeln kann wenn es ein anderes qual, voll aufzehrt. Für diese Nachtseiten der Natur bietet die

Kleinasiens durchzog, spricht begeistert von ihren Schönhei ten, alle rühmen sie Luft und Licht, preisen uns das Ge

christliche Lehre theils den Ausweg von unerforschlichen

fühl der Erquickung und eine merkliche Steigerung der geistigen Spannkraft, nothwendig muß daher zwischen dem

Rathschlüssen, theils vertröstet sie auf ein Jenseits , wo alle diese Mißklänge zu Harmonien sich zusammenfügen werden . Die dualistische Auffassung dagegen nimmt zwei Mächte an, wovon der einen Zeit gegönnt ist die reinen Absichten der andern zu vereiteln und zu schädigen.

So dauert der

Kampf fort zwischen Ormazd und Ahriman mit wechseln dem Glück, bis endlich die Schale der sittlichen Macht siegesschwer sinken wird, gewiß eine tiefe und ehrwür dige Lehre, verbunden mit dem freundlichen Cultus des Lichtes, der reinen und unentbehrlichen Quelle des Lebens. Ausland. 1869. Nr 18.

gewölbten Himmel und den unbegrenzten Flächen eine monotheistische Stimmung die Kinder der Wüste beschlei= chen. Moses, ein Priester von Heliopolis, vergaß erst das Getümmel des ägyptischen Götterkreises, die schönen Bilder aus Stein, die geheiligten Thiere, die Menschengestalten mit den Hieroglyphenköpfen und Symbolen, als er nach dem Sinai entwichen war, dem ältesten Steine den die Geologie kennt, den nach Oscar Fraas auch nicht der kleinste Fezen von Bildungen irgend eines späteren Zeit: 53

Schottische Westeilande.

414

alters bedeckt, als ob er sich nie ins Meer getaucht, fich emporgerichtet, niemals gewankt hätte.

nie

Dort in der

geschichtlichen Verhängnisse der Völker selbst. Jeder einzelne von uns, der nach Klarheit gerungen hat, gelangt zu

Wüste mußte erst das alte Judengeschlecht mit seinem ägyp

irgend einer Weltanschaung, die nicht bloß die Summe

tischen Heidenthum begraben werden ehesich bei einem neuen unter Wüstengedanken und Wüstenbildern erwachsenen der

Erfahrungen anderer sich angeeignet hat, sondern auch alles

Monotheismus verhärtete.

dessen was über ihn hinweg

Auch in der Evangeliengeſchichte

deſſen ist was er durch

eigene Einsicht oder durch die

und an ihm vorbeigegan

wird die günstige Wirkung der Wüste bestätigt. Der Täufer

gen ist.

predigte in der Jordanswüste in Beduinentracht, nämlich in einem Gewand aus Kamelshaaren, und ernährte sich von

tige Zugkräfte, wenn es eine eigene Religion erschaffen,

Heuschrecken und wildem Honig. Auch Christus bereitete sich vor zu seiner Laufbahn vierzig Tage und vierzig Nächte

Erst unlängst hat ein englischer Orientalist gezeigt ¹ daß

in der Wüste.

Muhammed endlich war zwar ein Stadts

Die hiſtoriſchen Schicksale eines Volkes ſind mäch

eine fremde annehmen, eine angenommene festhalten soll.

bereits in den älteren Schichten des Talmud die Neigung zur Milde und Menschlichkeit durchbreche, die das Christen

kind, sog aber die Milch von einer Beduinen-Amme, und wurde später Karawanenführer. Die Pilgerfahrten nach

thum vorzugsweise zu einer idealen Trostlehre der Gedrück

Mekka, obgleich ſie weit älter sind als der Islam, dienen nicht wenig zur Befestigung des Glaubens, eben weil

derten seine besten Kräfte geschöpft hat.

ihnen eine Wüstenreise vorauszugehen pflegt.

fangenschaft, der Mühseligkeit und Beladenheit, und es war die läuternde Kraft des eigenen Unglücks die gerecht und

Doch sizen

die Bekenner des Islam ohnedieß schon in der Nähe von Wüsten, denn der Glaube des Propheten hat sich faſt nur in der Zone des Ostpassates verbreitet und erst sehr spät in Afrika bis zum Sudan sich erstreckt.

ten erhob,

und aus der es ſeit mehr als 18 Jahrhun Jene talmudischen

Stellen aber stammten aus der Zeit der babylonischen Ge

weich, die zart und liebevoll gegen andere stimmte.

In Indien

aber konnte er nur eine beschränkte Verbreitung gewinnen, und auch diese nur durch politische Nachhilfe.

Schottische Wefteilande. Das ist so ziemlich alles was sich streng ermitteln läßt über die Rückwirkung der Ländernatur auf die Richtung

Von Ferdinand Zirkel.

des religiösen Sinnes der Bevölkerungen . Die Wüste ist zur Weckung des Monotheismus sehr hilfreich, weil sie bei der Trockenheit und Klarheit der Luft die Sinne nicht allen jenen reizenden Wahnbildern des Waldlandes aussett, den mystischen Lichtstrahlen, wenn sie durch Lücken der Baumkronen einfallend auf zitternden und spiegelnden Blät tern spielen, dem Schleichen und Schleppen von Nebelschwei fen über feuchten Wiesengrund, den wunderlichen Gestalten knorriger Aeste ,

kriechender

Wurzeln

und

verwitterter

Stämme , dem Knarren und Seufzen , dem Flüſtern und Rauschen, dem Schlüpfen und Rascheln, überhaupt

I. Einem jeden welcher die Karte von Schottland betrach tet, fällt der scharfe Gegensaß auf den die Küste des Landes im Westen und Osten darbietet : hier wie in Nor wegen, in unzählige enge Fjorde und schmale Vorsprünge zersägt, und schaarenweise von Inseln und Klippen beglei tet, dort mit Ausnahme weniger Firths stetig fortlaufend, und nahezu gänzlich infelfrei. Jene Inseln, denen ein Besuch im Sommer 1868 galt, sind es welche im allge

allen jenen Stimmen und Lauten in Busch und Wald,

meinen als Western Islands oder Hebriden bezeichnet wer den. Zum Theil liegen sie, nur durch schmale Sunde getrennt, so nabe an dem Hauptkörper Schottlands, und

bei denen uns so gern das Truggefühl unsichtbarer Be : lebtheit überschleicht. Wohl läßt sich daher behaupten daß

in ihrer Erstreckung spricht sich alsdann so offenkundig die

bei der Ausrottung der Forste nicht bloß das örtliche Clima

in den Fjorden, Seen und Flüſſen des Landes vorherr

verändert, sondern auch Poesie und Heidenthum mit der

schende nordöstliche Richtung aus, daß man ſie auf den

Art getroffen worden seien, denn die Jungfernwälder waren erfüllt mit lauernden Fetischen. Begünstigt aber auch ein

landes deuten wird.

sonniges Land die monotheistischen Regungen, so ist doch zugleich jede Religionsschöpfung wiederum ein Werk der

ersten Blick richtig als abgestückelte Endglieder des Haupt Und die geologische Zuſammenſeßung

derselben streitet nicht dagegen, sondern führt zum selben

Die Semiten haben nie eine rechte epi

Resultate hin. Die größten dieser der Küste genäherten Inseln sind von Norden nach Süden Skye, Rum und

sche, und gar keine dramatiſchen Dichtungen beſeſſen, da für solche Erzeugnisse ihnen die arische Gestaltungskraft fehlte.

Eigg, Mull (mit Jona und Staffa), ferner Islay und Jura mit Colonsay und Oronsay, schließlich Arran. Wei

Ueberhaupt würde es auf Jrrwege führen wenn man alle innern Regungen der Völker nur aus physischen Vorbedin

ter entfernt von dem Hauptland zieht sich die große, einen leicht geichwungenen Bogen darstellende Reihe von hinter

gungen ableiten wollte.

Gewiß sind auch sie einem gesetz

einander gelegenen Inseln und Scharren einher, welche

mäßigen Entwicklungsgang unterworfen, und nichts ande

oft zusammen the long Island heißen, und von welchen die nördlichste und fernste, Lewis, zugleich die größte, die

Racenbegabung.

res als der nothwendige Ausdruck einer Kette von Ur sachen. Zu diesen Ursachen aber gehören auch ganz sicher die

1 Quarterly Review. 1867. Oct. p. 417.

Schottische Westeilande.

südlichste, Bernera, eine der kleinsten ist.

Geologisch gehö

415

(1829), mustergültig wie alle Arbeiten des großen Geolo Neues Licht wurde indessen auf die entlegene und

ren zu dieser Inselkette, welche die eigentlichen Hebriden

gen.

ausmacht, noch die nach weiter Unterbrechung im Süden folgenden Tiree und Coll.

schier vergessene Jnselgruppe geworfen durch Murchisons Untersuchungen, die er im Verein mit Archibald Geikie

Aufgebaut sind die westlichen Inseln der Hauptsache nach zum Theil aus basaltischen Gesteinen, wie Skye,

der King of Siluria

ausführte.

Selbst ein Kind der schottischen Berge, schlug wie er nach seinem großen Werke

Rum , Eigg, Mull, zum Theil aus Gliedern der unteren

über die Silurformation heißt, im Jahr 1859 den richtigen

Silurformation, aus halbkryſtalliniſchen quarzigen Schiefern,

Ton für die Deutung einer ausgedehnten Schichtenreihe an, auf dem schottischen Festlande und den Westeilanden.

Quarziten und damit verbundenen Kalksteinen, wie Islay und Jura mit Colonsay, Dronsay und Scarba, zum Theil endlich, wie die ausgedehnte Kette des Long Island, wie Tiree und Coll aus jenen hornblendereichen Gneißen, welche, noch tiefer gelegen als die ältesten unzweifelhaft ſedimen

wurden Laurentian, Cambrian, Unter- und Oberfilur zum erstenmal als solches erkannt und scharf geſchieden. Bon wie winzigen Dimensionen der größte Theil der

tären Schichten der Cambrischen Formation, durch den Scharfblick Sir Roderick Murchisons als die älteste Gesteins

westlichen Inseln iſt, vermag man daraus zu ermeſſen daß ihrer an 300 sein sollen, mit einem Flächeninhalt von un gefähr 165 Quadratmeilen, von denen allein auf die drei

bildung Großbritanniens erkannt und mit dem sogenann

größten Lewis, Skye und Mull 92 kommen.

ten Laurentian in Canada und Böhmen paralleliſirt wur:

jener Zahl von 300 find natürlich die bloßen Klippen nicht mitgerechnet. Nur wenige der größten Inseln, wie

den. Diese Laurentian oder Fundamentalgneiße , aus denen auch der gegenüberliegende nordwestliche Küstensaum

Und bei

Tiree , Coll , Colonsay haben flachere Küsten , meistens

Schottlands besteht, wurden früher stets mit den krystal linischen Schiefern des centralen Hochlandes indentificrt, die

steigen die Felsmaſſen ziemlich ſteil, oft, wie am Südrand von Mull, am Westrand von Skye, fast ganz lothrecht

indessen, wie sich aufs deutlichste aus Lagerungsverhält

aus der See hervor. Die basaltischen Inseln zeigen dabei vorzüglich ihre Zusammensehung aus fast horizontal über

nissen und Uebergängen ergibt, nur umgewandelte Silur schichten sind, und ein vorzügliches Beiſpiel großartiger

einander gelagerten Decken, die in senkrechte mehr oder

metamorphischer Vorgänge darbieten.

Für die hebridischen

Baſalte und Anamesite, welche bis vor kurzem meistens

weniger regelmäßige Pfeiler oder Säulen abgesondert sind, und so, von der Ferne gesehen, zu einem kunstvollen Mauer:

mit dem vagen Namen Trapp bezeichnet wurden, ist die Beobachtung des um die Pflege der Geologie verdienten

werk aufgebaut erscheinen. Die größte Vollkommenheit und Schlankheit, verbunden mit bedeutender Höhe, erreichen

Herzogs von Argyle epochemachend, daß bei dem Vorge

die Baſaltſäulen des berühmten Inselfelsens von Staffa. Indem jede untere Decke weiter vorgreift als die obere,

birge Ardtun Head auf der Insel Mull solche Trappdecken mit Tuffen abwechseln, welche fossile Pflanzenreſte der Meiocänperiode einschließen . Dadurch ist das Alter dieser

ſind aus rohen horizontalen Stufen und vertikalen Ab:

unter einander sehr ähnlichen Felsarten genau festgestellt,

gefügt.

und man weiß nun daß die Eruption dieſes hebridischen

mit Cascaden liniirten Felsgemäuer den selten ruhigen

Trapps zu derselben Zeit stattfand, als auch die deutschen

Ocean, dessen atlantischer Wogenschwall sich mit Macht daran bricht und die Küste mit haushohem Brandungs

Basalte der Eifel, des Westerwaldes, in Hessen, Thüringen, Sachsen und Böhmen empordrangen . Diese Bajalte sind es auch welche auf Mull und Skye isolirte, zumal als Fundament der Küstenwände auftretende Schiefer und Kalksteine der Liasformation durchbrechen.

Doch ist es

ſtürzen coloſſale, oft 2000 Fuß hohe Treppen zusammen Nimmt man zu diesem düsteren und erhabenen

schaum umgürtet, den häufig grauen und nebelverhangenen Himmel, und die Wolken weißer Seevögel, die durch In dividuenzahl ihre Artenarmuth ersehen , so erhält man ein Seegemälde das ebenso großartig, wie für diese Breiten

nothwendig von dieser Hauptmasse gewisse andere „ Trappe"

charakteristisch ist.

abzuscheiden, welche einer viel älteren Epoche. vermuthlich der Steinkohlenformation, angehören. Die westlichen In seln bieten, so viele Kräfte sich auch schon daran versucht

Bergwildnissen der inneren Hebriden, fern von dem Ge

Ganz still und einsam ist es in den abgeschiedenen

haben, immer noch ein weites Feld für geologische Unter

tümmel übervölkerter Städte, fern von dem ſelbſtſüchtigen Getreibe der Menschen ; hier tönt nur der einförmige Sang

suchungen dar.

Die ältesten, noch dem vorigen Jahrhun

und Klang der rieſelnden Waſſer an das Ohr, oder der Wind

dert und seiner geologischen Richtung angehörenden For:

der pfeifend durch die Haide fährt. Menschen findet man nicht, die haben sich an geschüßtere Buchten der Küsten

scher waren in dieser Beziehung Faujas de St. Fond und Jameson, dann folgten zwischen 1819 und 1821 des vor: trefflichen und eifrigen Maculloch Description of the Western Island, des früh thätigen Boué Essai géologique sur l'Écosse und Necker de Saussure's anziehende Vo yage en Écosse et aux îles Hebrides.

Nicht zu vergeſſen

ſind v. Dechens Abhandlungen über Skye, Arran und Eigg

zurückgezogen, wo Fischfang ihnen Nahrung bietet ; nur dann und wann ergreift ein Rudel halbwilder Schafe vor dem Wanderer meckernd die Flucht . Wegen des Mangels an Hochweiden und wegen der fast ohne Unterlaß blasen: den Stürme sind auch Sennereien nicht im Betrieb.

Viele

Stunden weit mag man hier einherziehen, ohne auf eine

Schottische Westeilande.

416

Berghütte, auf einen Hirt oder Jäger zu stoßen, man glaubt sich verloren in der ungeheuern nordischen Einöde, und fann sich inmitten dieser nackten steinigen Thäler, welche jeglichen Anbau entbehren, um ein halb Duzend Breite: grade höher hinauf nach den Faröern oder selbst nach Island versetzt wähnen. Von Sligachan auf Skye machte ich eine

nicht kennt.

Die Sucht das Nationalbewußtsein in äußern.

Dingen hervorzukehren, ist, wie namentlich den slavischen Stämmen in der Neuzeit eigenthümlich, so auch Echott land, und den Inseln nicht fremd. Schottische Herzoge gibt es, welche keinem eine Anstellung als Beamten gewäh ren der nicht fertig gaelisch spricht, auch wenn er gar nicht

zwölfstündige Wanderung nach den Cuchullin-Bergen und begegnete niemandem ; ich durchzog die Insel Mull in der

mit dem übrigens engliſch redenden Landvolk in Berührung kommt. Ladies der schottischen Aristokratie und des gro

Diagonale von Craignure, nach dem Loch Screidan, und das erste menschliche Geschöpf, das ich nach siebenstündigem

Ben Grundbesißes füblen den Drang mit saurer Mühe sich die inferiore gaelische Sprache anzuquälen, und sehen

Marsch antraf, war ein altes Weib, welches am Heerde

mit höchsteigenen Füßchen das ob seiner primitiven Con struction von dem Volke selbst längst aufgegebene alte

des Wirthshauses im Fjordgrunde dicht in Rauchwolken eingehüllt saß, kein Wort englisch verstand, und sich erst nach langem Pantomimenspiel bereit erklärte, mir in der

Spinnrad wieder in Bewegung, bloß weil es national iſt. Dabei hat auf der andern Seite das Volk gesunden Sinnes

elenden Fischerschenke ein Nachtlager zu bereiten . Doch ich bin es den Westeilanden schuldig eiligst hinzuzufügen daß dieß auch die unwirthlichste Herberge war die ich auf ihnen

die für einen Fischer, Bootsmann, Jäger oder Landbauer in der That unbequeme Nationaltracht fast gänzlich abgelegt, und sie wird nahezu nur noch als Livree, dann von Stußern

Wie in den entlegenen Thälern des Hochlandes

der Städte, die ihre. kräftigen Kniee zeigen wollen , und von denjenigen getragen welche sich als Häuptlinge eines Clans fühlen.

betreten.

von Schottland, so findet man auch auf den Inseln voll kommen zufriedenstellende Inns mit vortrefflichen Küchen und saubern Schlafkammern . Und das nicht etwa nur in solchen Gegenden wohin, wie nach der Ostküste von Arran, oder nach gewissen Theilen von Skye der Zug von Touristen gerichtet ist. Dafür vertreten aber auch in den

Die Westeilande sind außerordentlich arm an Gehölz. Der ungestüme und fast nie ruhende Wind läßt zumal an den Westküsten, die den atlantischen Stürmen schonungs

wenig bevölkerten Bezirken der nördlichen Hochlande, in Inverneß, Roß und Sutherland, die oft ganz isolirt und

los preisgegeben sind, Bäume nicht gedeihen. Fehlt auch so ein Hauptreiz der Landschaft, so ist es andererseits nicht zu läugnen daß durch die Abwesenheit von Wäldern die

stationenweise an den Landstraßen gelegenen Wirthshäuser förmlich die Stelle orientalischer Karawanserais ; sie stehen

Gebirgs und Felsformen desto gigantischer hervortreten. Manche Schuld an dem Baummangel mag aber auch die

die

in frühern Zeiten betriebene räuberische Abholzung tragen. So ist der District Morvern zwischen Loch Sunart und

meist schon viele hundert Jahre an ihrem Plage,

Meilensteine der Wege beziehen auf sie die Angabe der Entfernungen, und auf den Karten sind sie wie Dörfer oder Städtchen verzeichnet. Das hebridische Volk gehört bekanntlich zum gaelischen Zweige der Kelten ; die unzähligen skandinavischen Namen. der Inseln, Klippen, Fjorde und Ortschaften machen es aber höchst wahrscheinlich daß ursprünglich Normänner hier saßen welche später von den Kelten der Hochlande ver drängt wurden, die ihrerseits, einem allgemeinen Geset unwillkürlich folgend, die vorhandenen geographischen Be nennungen der eroberten Gegenden beibehielten. Von der Cultur sind die Westeiländer zwar verhältnißmäßig noch wenig berührt, dafür aber ehrlich, treu und kühn auf der stürmischen See beim Fischfang und auf den Klippenab stürzen beim gefährlichen Wegnehmen der Seevögeleier, wo nur sichere Hand und ein schwindelfreier Kopf das Leben erhalten kann.

Die rauhen Gutturaltöne der gaeli

schen Sprache klingen noch weit und breit, beim Steuer ruder und am Heerde ; die jüngere und mittlere Genera tion ist aber des Englischen vollkommen mächtig, und nur bei alten und ganz einsam hauſenden Leuten trifft man dann und wann einmal das Gegentheil. In den Kirchen wird gewöhnlich abwechselnd englisch und gaeliſch gepredigt. Angenehm fällt es auf daß der Westinsulaner gegenüber dem Fremden die anderswo häufige und störende Neugier

Loch Linnhe, der in den alten ossianischen Liedern wegen. seiner mächtigen Forsten gepriesen wird, jezt eine baum lose, kahle Felsenwildniß. Dagegen findet sich, zum Be weis daß an günstigern Stellen nur die Echonung noth thut, auf der gegenüberliegenden Jnſel Mull, geknüpft an das uralte und feste Duart Castle, auf welchem früher der Häuptling der Macleans saß, ein prächtiger Fichtenpark. Als ich unter den Stämmen einherschritt, die sich aus einer einzigen Farnvegetation hoch und stark erheben, glaubte ich mich, je seltener ein solcher Gang ist, von dem fernen Hebridenland in die Nadelholzwälder des Erzgebirges oder des Schwarzwalds entführt. Zur Feuerung dient gewöhn lich Torf, der sich in reichlichem Vorrath auf den Hoch flächen und in den Thalgründen bildet und wohl das werthvollste Erzeugniß dieser Inseln ist, denen Kohlen und Metalle abgehen. Die Wiesen, Weiden und spärlichen Ackerfelder friedigt man mit Mauern ein, die cyklopisch aus kunstvoll zusammengefügten wuchtigen Steinblöcken aufgeführt sind, und wie in einem Muſeum alle Abände rungen der Felsarten darbieten welche auf der Insel vor: kommen. In der leztern Zeit ist für die Verbeſſerung und Herstellung von Straßen in der That viel geschehen, dieselben sind selbst auf den entlegenen und kleinern Jn seln in ganz gutem Zustande und auch in genügender An

Schottische Westeilande.

zahl vorhanden.

Weniger ausreichend ist für Brücken ge

ſorgt, und da wo ein Fußpfad Wildwasser oder Bäche freuzt, findet sich nur in seltenen Fällen ein Steg, höch stens hat eine freundliche Hand größere Steine in dem Bett so angeordnet daß man, mit kühnen Säßen von einem zum andern springend, wenigstens hier das Durchwaten vermeiden kann. Der landschaftliche Eindruck den die Westeilande ma

417

coulissenartig breitere und schmälere Felswände in die See hinaus ; die unermeßliche atlantische Brandung hat sie am Fuß durchbrochen, und so gewahrt man an hundert Fuß hohe gewölbte Bogen in ihnen, Thorwege der Wogen, welche zur Fluthzeit mit donnerndem Gebräus hindurch waschen. Schottland ist als eines der regnerischsten Länder ver rufen, und die Westeilande sind wohl der regnerischste Be

chen ist ungleich reicher an Abwechslung und befriedigt in weitaus höherm Maße als im allgemeinen das vielge Wie rühmte und vielbesuchte innere schottische Hochland.

zirk Schottlands, der die von den Bergen angezogene Feuch.

mancher ist, wenn er es auch nicht gestehen will, heimlich

nahmsweise trocken.

enttäuscht aus demselben heimgekehrt und bewahrt nur die Erinnerung an gewisse, allerdings malerische und an ziehende Punkte, wie den Loch Lomond und Loch Katrine,

die plöglichen Unwetter, die oft binnen einer Viertelstunde

brechen.

die Gegenden von Blair Atholl und Dunkeld. Die weiten und öden Thäler, die holzlosen und steinigen Flanken der

Küsten, an welche namentlich der Südwind enorme Wogen aus dem irländischen Meer hinanwirft ; und kaum sollte

Berge, welche sich weder durch Höhe noch durch pittoreske Gestaltung auszeichnen, die endlosen Strecken von braunem

karg von der Natur bedachten und so hart heimgesuchten

Moor und grauer Haide erzeugen eine kaum unterbrochene Seen welche wirklich durch Wasserfärbung Monotonie.

von Mull nach Skye gieng es an Tiree vorbei, einer nie

oder Bergumgebung wirken, finden sich, mit Ausnahme der erwähnten und vielleicht des Loch Maree, hoch oben im

drigen und armseligen Jusel mit flachem Strand, ohne Baum und Strauch, mit windzerfeßten kleinen traurigen.

Norden nur wenige, und selbst diese können nicht entfernt mit denjenigen des Salzkammerguts oder der Schweiz wetteifern. Auf den Westeilanden aber tritt das selten in

Häuschen, die in dem üblen Wetter doppelt unwirthlich aussahen. Ein Boot voll Menschen, die unsern großen

der Fernsicht vermißte Meer als belebendes ewig wechsel volles Moment der Landschaft ein, alle Bilder durchlaufend

colossale Brandung, wurde aber durch den Wind an unsere

von einer tiefblauen gläsernen Fläche bis zu einem Chaos von schwarzgrünen Wogen und milchweißem Schaum . Dabei entwickeln die Küsten und die innern Bergmaſſen

tigkeit des atlantischen Oceahs aus erster Quelle erhält. Doch war auch hier der Sommer 1868, wie allerorts, aus : Merkwürdig sind in diesen Regionen

mit ungeheurem Regenguß und orkanhaftem Wind herein. Stürme, die nur selten rasten, umbrausen diese

man glauben daß der Mensch es rathſam findet in so

Gegenden seinen Wohnfig aufzuschlagen.

Auf der Fahrt

Dampfer besteigen wollten, arbeitete sich wacker durch die

Breitſeite getrieben, wo die Wogen sich brachen, und tanzte nun, festangedrückt, unablässig an dieser Wand des Dam pfers wohl zwölf Fuß empor,

dann wieder ebenso tief

hinab, in steter Gefahr das unterste zu oberst zu kehren .

der Inseln so häufig Formen die in ihren Dimenſionen grandios, in ihren Contouren auffallend und seltsam sind und unzählige Scenen von höchstem malerischen Effect bieten .

langen war dabei für sie nicht möglich, und unser Schiff

Kann eine übermüthige Phantasie sich ein sonderbareres Bau werk ersinnen, wie es der Scuir auf der winzigen Insel

mußte ſich, vorsichtig an dem schaukelnden Boot vorbei fahrend, wieder in Bewegung segen. Möge es glücklich

Eigg darstellt, jene gewissermaßen den hohen Gipfel der selben viele hundert Fuß überthürmende schwarze Fels:

den Strand erreicht haben, wo seine Insassen nun eine

maſſe, welche, wenn sie nicht von Nebeln umwallt ist, in der einen Richtung wie eine riesenhafte schartenreiche

Es war eine erschütternde Scene, und jede Secunde stand An Vord zu ge das Leben der vielen auf dem Spiel.

lange Woche warten mußten bis ein anderes Dampfschiff die isolirte Insel paſſirte.

Mauer, in der andern wie ein cylindrischer Thurm er scheint, breiter und mächtiger als je einer von Menschen Wo gibt es Bergmaſſen mit so hand aufgeführt wurde.

Erst seitdem eine regelmäßige Dampfschifffahrt ins Leben trat, konnten diese abgeschiedenen Regionen Großbritan niens dem Reisenden, den Geschäft oder Vergnügen dorthin Weitaus das Haupt zog, vollkommen eröffnet werden .

fremdartig und bizarr gestalteten Hörnern, Zacken, Spigen wie die Cuchullin Mountains auf dem fernen Skye ; oder

verdienst gebührt in dieser Beziehung dem Glasgower Kauf mann David Hutcheson. Erfüllt von einer nahezu enthu

andere so kirchthurmbohe und so dünne Felsnadelklippen, wie die Macleods Maidens, die verzaubert draußen in Das welt der schweren See stehen beim Loch Battan.

siastischen Vorliebe für die wilden Schönheiten der west lichen Hochlande und Inseln, suchte er durch sein Unter

berühmte Staffa mit seiner Grotte ist nur das regel mäßigste und an Majestät reichste unter einer ganzen Menge Nach von ähnlichen, minder bekannten Naturgebäuden.

werbfleißes in geordnete Dampfschiffsverbindung zu sehen,

ihm möchte ich den Preis erkennen den Carsaig Arches an dem Südrande von Mull : eine in Säulen geliederte Küste reckt sich steilrecht in den Himmel, und von ihr laufen Ausland. 1869. Nr. 18.

nehmen die hervorragendern Punkte derselben unter einander und mit der Metropole des schottischen Handels und Ge

Touristen dorthin zu lenken, die gesunkenen Hilfsquellen dieser einsamen und vernachlässigten Gegenden aufzufri schen, ihren Producten neue Abſaßwege anzuweisen. Und der Erfolg hat bewiesen daß troß oder vielmehr wegen der

54

Schottische Westeilande.

418

billigen Säße für Personen und Frachtverkehr auch in kaufmännischer Hinsicht die Speculation eine glückliche war.

Loch Long und Inverary mit Tarbet und dem Loch Lo

Fünfzehn große Seedampfer, welche jährlich 30,000 Tonnen Kohlen verzehren, geben jest, zugleich die königliche Post

und binnen kurzem wird sogar eine von der Nordsee aus das Hochland durchseßende Eisenbahn hier enden. Oban zählt jest 2000 Einwohner und von Ende Juni bis Sep

führend, für die Firma Hutcheson auf den westschottischen

mond, mit Killin und Aberfeldy in directer Verbindung steht,

Meeren, von Glasgow nach den fernsten Hebriden und

tember herrscht hier das bunteste Leben und Treiben von

durch den caledonischen Canal nach Inverneß an der Ost

kommenden, bleibenden, gehenden Fremden, welches an die

küste.

Beweglichkeit eines großen Seebades erinnert. Reizend ist das Städtchen gelegen am Rand einer ausgedehnten, halbkreisförmigen Bay, welche vor allen Winden und Flu

Von Glasgow laufen zwei Routen aus, welche beide in Oban, dem Hauptknotenpunkt für die Dampferzweig linien und dem Hauptquartier der Touristen, an den west.

then durch die davorliegende Insel Kerrera geschüßt iſt,

schottischen Küsten zusammenkommen.

und Fahrzeugen einen vortrefflichen Zufluchtsort gewährt. Von der Seeseite her läßt sich der Ort ganz ſtattlich an,

Die eine mehr für

die Beförderung von Frachten berechnete geht tief hinab um die südlichste Spiße der außerordentlich lang sich her: unterziehenden schmalen Halbinsel Cantyre, das stürmische Muli of Cantyre herum, und wendet sich dann nordwärts an den Inseln Islay und Jura vorbei nach Oban.

Zwei

Boote, stark gebaut und mit mächtigen Maschinen ver ſehen um dem Wogendrang an jenem Cap widerstehen zu können, der Clansman und Clydesdale, sind es welche diesen Dienst versehen.

Die andere viel kürzere Tour

erfolgt Clyde abwärts durch die malerische

rheingleiche

Wasserstraße des engen Sundes Kyles of Bute, dann hin auf den Loch Fyne an Tarbert mit seinem alten Castell von Robert Bruce vorbei bis nach Ardrishaig. Täglich

mit seinen wohlgebauten Häusern, seiner prächtigen Fronte von Hôtels längs dem Strande, darunter namentlich der Riesenbau des Great Western, und den zahlreichen schmucken Villen, welche über die Abhänge der den Hintergrund bil denden Berge gesäet sind. Schöner noch ist aber die Sicht von einem dieser nahen Berge auf das freundliche Oban auf die See mit ihren Klippen, Inseln und Abends saß ich hier, eben aus dem Getümmel von

zu Füßen, Caps.

Glasgow angelangt, einsam auf einer grafigen Kuppe ; hinter dem wenig hohen Eiland Kerrera schauten die zacki gen, über 3000 Fuß ansteigenden Bergspißen von Mull hervor, das Ziel der nächsten Tage.

Neben dem gewalti

macht diese Fahrt der wegen seiner Größe, Eleganz und

gen Ben More auf dem fernen Mull ging die Sonne

Schnelligkeit in ganz Schottland berühmte Dampfer Jona,

In

unter, und die lebhaften violetten und purpurnen Tinten, worin die höchsten Berggipfel getaucht waren, das einför mige Grau der haidebewachsenen Schieferkuppen und das

Ardrishaig beginnt der 9 Meilen lange schleußenreiche Crinan-Canal, der durch den nördlichen Theil jener oben

Grün der Meereswogen im Vordergrunde vereinigten ſich zu einem farbenprächtigen Landschaftsbilde. Eines Besuches

erwähnten tief nach Süden hinablaufenden Halbinsel her

werth ist das dicht bei Oban auf einem Felsenvorsprung hart über der See gelegene Dunolly Castle, eine malerische Oder Ruine mit troßigen epheuumsponnenen Mauern.

welcher, 255 Fuß lang und nur 4½ im Waſſer gehend, 21 engl. Meilen in der Stunde zurücklegen kann.

gestellt wurde, um den 70 Meilen weiten Seeweg rund um den Mull of Canthre zu ersparen. Die Paſſagiere verlassen die Jona und gehen auf einen kleinen zierlichen Canaldampfer über, welcher sie durch eine Reihe der lieb lichsten Landschaften bis nach Erinan an die Küste des westlichen Oceans bringt, wo ein starker See- Steamer sie aufnimmt und in 2 , Stunden nach Oban führt, durch ein Gewirre von schaumumgürteten Inselchen,

die schon voll

ſtändig den nackten felsigen Charakter der Weſteilande tra gen. Hier genießt der Fremdling zum erstenmal das was er sich daheim unter einer Hebridenfahrt vorgestellt hat, wenn ihn nicht pfeifender Sturmwind und starker atlan : Berläßt tischer Wellenschwall in die Cajüte verbannt. man Morgens gegen 7 Uhr Glasgow, so wird schon Abends gegen 6 Uhr Oban erreicht. Ursprünglich ein armseliger Fischerort, gewinnt Oban täglich mehr an Bedeutung, seitdem es das große Touristen Rendezvous Westschottlands und der Punkt geworden ist von dem aus der größte Theil des Nordlandes und der Inseln mit Kaufmannswaaren versehen wird ; hier mündet

man wandert eine gute Stunde weiter, wo am Eingang in den Loch Etive eine andere, umfangreichere und wohl Hier soll ältere Burgruine steht, Dunſtaffnage Castle. Krönungsstätte und Sitz der scotischen Könige gewesen sein, bis dieselben nach der Unterwerfung der Picten nach Scone in die Nähe von Perth verlegt wurden ; hier wurde ferner der Sage nach jener berühmte Stein, der Stone of Deſtiny, aufbewahrt, auf welchem die Krönung der Scotenkönige erfolgte, und an dessen Besiß sich nach alter Weissagung die Herrschaft über das ganze Land knüpfen sollte. Ken: neth II nahm ihn, wie berichtet wird, 842 bei der Ueber siedlung der Residenz nach Scone dorthin mit, da blieb er bis zur Zeit von John Baliol und bis Edward Long: shanks ihn nach der Abtei von Westminster brachte, wo er das Untergestell des britischen Krönungsthrons ausmacht. Von Oban aus bietet sich nun Gelegenheit nach allen Bunkten der westlichen Hochlande und Inseln zu gelangen. Da gehen die Hutcheson'schen Dampfer den Loch Linnhe

auch eine von Osten herkommende und von regelmäßigen

hinauf über Fort William und Corpach den caledonischen

Posten befahrene Hauptstraße, wodurch Oban mit dem

Canal aufwärts (welcher vermittelst einer Reihe langgestreck

Der Altai.

419

ander verbindet) diagonal durch ganz Schottland bis nach

hinzuzufügen, deren praktische Verwerthung einen wesent lichen Einfluß auf die Bewohner dieses Gebietes ausübt.

Inverneß an der Ostküste. Andere laufen durch den Sund von

Es sind das in erster Reihe die Erzlagerstätten, dann aber

Mull, mehrere Orte dieses Gebirgseilandes berührend, nach

auch gewisse Gesteine welche man zu Kunstgegenständen verarbeitet. Kohlenlager, die noch aufzufinden allerdings

ter Seebassins die Nordsee und das atlantische Meer mit ein

der großen Insel Skye. Von hier findet eine abermalige Ver zweigung statt, nach Stornoway und Tarpet, den Hauptorten der entlegensten Hebrideninsel Lewis, nach Gairloch, Ullapool, Lochinver an der nördlichen Westküste von Schottland, ja um das Cap Wrath herum nach Thurso angesichts der Orkney: Inseln. Specialrouten von Oban aus sind die Rundtour um die Insel Mull, welche den Besuch von Staffa und Jona in einem Tage ermöglicht, und diejenige nach Ballahuliſh, dem besten Ausgangspunkt für einen Ausflug in die wirk lich großartigen Felsenschlucht Glencoe, die ebenso berühmt durch ihre schauerliche Wildheit und enormen Dimensionen, wie in der Sage gefeiert ist als Geburtsort Ossians.

Die

begründete Hoffnung vorhanden ist, können hier zunächſt nur beiläufig berührt werden, denn das bereits in Abbau genommene sehr große Steinkohlengebiet von Kuzneßk liegt weit nördlich vom eigentlichen Gebirge, jenseits der breiten. Thalfläche des Cbi. Auch das Waschgold spielt im Altai gebirge nur eine ganz untergeordnete Rolle; die reichen . Wäschen, welche ihre Ausbeute nach Barnaul abliefern, liegen ebenfalls in den nördlichen Vorbergen, besonders in den Hügeln von Kuznek und in der Alataukette. Die Zahl der im westlichen Altai durch Schürfe und

ganze Organiſation und das Ineinandergreifen der langen und verwickelten Fahrten könnten nicht praktischer herge:

wirkliche Gruben nachgewiesenen silber- und kupferhaltigen Erzlagerstätten ist ganz außerordentlich groß, und sie tra gen sammtlich gewisse gemeinsame Charaktere an sich, wenn

stellt werden.

Die Schiffe zeichnen sich durch) Eleganz,

auch ihre Formen und ihr Vorkommen etwas verschieden

Geräumigkeit und vortreffliche Verpflegung aus, die Capi täne durch liebenswürdiges und gefälliges Entgegenkom

ſind. Ihr Gemeinsames läßt sich etwa durch folgende Säße ausdrücken :

men. Ohne das großartige Unternehmen wäre die Bereiſung der schottischen Westküste und des Inselarchipels, wie sie

1) Sie liegen alle im Gebiet der sedimentären oder krystallinischen Schiefer oder im Porphyr, keine im Granit.

jezt in kurzer Zeit und mit geringem Geldaufwand ge schieht, gar nicht möglich. Man lese die älteren Reisebe:

2) Auch bei denen welche im Schiefer liegen, finden sich Porphyre in der Nähe.

schreibungen, und freue sich daß man jest nicht mehr wochenlang in einem elenden Hafenörtchen liegen und auf

3) Sie füllen unregelmäßige, stellenweise sehr mächtige

günstigen Segelwind oder auf eine Fahrgelegenheit zu war

Zerspaltungen, oder auch überhaupt unregelmäßige Räume Hiernach darf man in oder zwischen den Gesteinen aus.

ten braucht, daß die Zeit vorüber ist wo man, wenn Eile

sie wohl überhaupt als Gangbildungen bezeichnen, doch ist

noth that, in einem der schwachen und kleinen hebridiſchen ihre Gestalt zuweilen so unregelmäßig daß in diesen Fällen Ruderboote auf diesem stürmischen Ocean und inmitten der bergmännische Ausdruck

stockförmige Massen " ihrer

dieses gefährlichen Labyrinths von Klippen und Inſelu jedesmal sein Leben aufs Spiel sehen mußte.

Form noch besser entspricht .

Möge die Zeit nicht fern sein wo, häufiger als es jet der Fall, der deutsche Reisende, der sich vor Bergsteigen,

sie einschließenden Gesteine, jedoch älter als die Grünſtein

4) Jedenfalls sind sie alle neuerer Entstehung als die

(Trapp:) Gänge von denen sie durchsetzt werden.

Fußwanderungen und rauher See nicht fürchtet, die Weſt eilande besucht, welche ihn sicherlich mehr befriedigen als

5) Sie bestehen vorherrschend aus Schwerspath, oder

touristenüber

aus Quarz und Hornstein ; damit sind als Erze ursprüng

Und selbst an den schönen Ufern deutscher Flüsse, in den Alpen der Schweiz und

lich Schwefelmetalle verbunden, die aber in der Nähe der

das gegenüberliegende vielgepriesene und schwemmte schottische Hochland.

Tirols, an den sonnigen Gestaden Italiens werden ihm die Tage die er auf den fernen Hebriden verlebt eine angenehme Erinnerung gewähren .

Oberfläche größtentheils zerseßt, in sogenannte Oder- Erze umgewandelt sind.

6) Da der Silber und Kupfergehalt in den verschiede nen Lagerstätten sehr ungleich vertheilt ist, so pflegt man sie hiernach in Silber: und Kupfer- Erzlagerstätten zu un terscheiden, was aber durchaus nicht mit einer wesentlichen geologischen Verschiedenheit verbunden ist, auch enthalten

Der Altai. Von Bernh. v. Cotta. 2.

Bergbau und Wälder.

die Silber-Erze stets etwas Kupfer, und die Kupfer-Erze etwas Silber. Beide enthalten gewöhnlich auch noch Blei, Zink und Gold. Tellursilber kam nur in einer jezt ver lassenen Grube an der Buchtarma vor. Eisenocker ist na türlich allen gemeinſam. Aber weder der Zink noch der

Nachdem ich den allgemeinen geologischen Bau des

Eisengehalt wird benußt, der Bleigehalt wesentlich nur bei

Altaigebirges besprochen habe, sei es mir jest gestattet

der Verschmelzung, und dazu schafft man womöglich noch fremdes Blei herbei.

noch einiges über die besonderen Lagerstätten und Gesteine

Der Altai.

420

7) Die vielerlei Mineralsubstanzen aus welchen diese

halten, so z . B. Schacht, Stollen, Gesenf, Uebersichbrechen,

Lagerstätten bestehen, sind zwar größtentheils krystallinisch, aber sehr selten krystallisirt, d. h. es fehlen in der Regel

Treibofen, Trapp, Wapp (aus Wacke entstanden ) u. s. w.

An den meisten der eben genannten altai'schen Berg: Drusenräume mit frei auskryſtalliſirten Mineralien, wie ſie anderwärts in Erzgängen so häufig zu ſein pflegen. 8) Mir scheint daß sie alle in derselben geologischen Periode abgelagert worden sein müssen, und zwar aus

orte hat man sich bisher darauf beschränkt die oberen zer sezten Regionen -den sogenannten eisernen Hut - der Erzlagerstätten abzubauen. Die unzerstörten Erze der Tiefe gelten für zu silberarm, und da man aus diesem Grunde

wässerigen Solutionen, welche den westlichen Altai an un

für Tiefbaue überhaupt noch keine hinreichenden Vorbe zähligen Orten, in allen Klüften,

Spalten und Hohlräu

men, besonders aber in der Nähe der Porphyr: und Por phyritdurchſeßungen durchdrungen haben. Obwohl im westlichen Altai bereits an mehr als tau: send Stellen solche Erzlagerstätten, oder wenigstens Spu ren derselben erschürft worden sind, so beschränkt sich doch gegenwärtig der Abbau derselben wesentlich auf die Um.

reitungen durch tiefe Stollen , kräftige Waſſerhebungs maschinen und dergleichen getroffen, außerdem aber auch versäumt hat die jedenfalls vorhandenen horizontalen Fort sehungen der Lagerstätten gehörig aufzuschließen, so droht allerdings diesem Bergbau eine sehr störende Unterbrechung des seit langer Zeit jährlich 1000 Bud Silber und gegen 30 Pud Gold betragenden Ausbringens. Ich meinerſeits

gebung der Orte Smeïnogorsk (Schlangenberg), Riddersk, Syranoffst, Belousoffsk und Nikolajeffsk ; denn der große Bergort Salair mit seinen etwas abweichenden silberhal tigen Schwerspathlagerstätten im Talkschiefer, liegt wieder weit nördlich vom eigentlichen Altai, jenseits der breiten Niederung des Obi- Thales . Die Erzgruben sind die Hauptveranlassung zur Be siedelung des Altaigebirges geworden, dieselbe hat sich deß halb auch vorherrschend nur auf den westlichen Gebirgs . theil ausgedehnt. Schon das mysteriöse Volk der Tschuden getrieben. hat hier mit steinernen Geräthen Bergbau

halte das Zuarmwerden der Erze im unteren unzerſeßten Theil der Lagerstätten durchaus nicht für erwiesen, und bin überdieß der Meinung daß man bei rationellem Suchen nicht nur horizontale Fortseßungen der bekannten, sondern auch neue reiche Lagerstätten finden wird. Aber die dazu nöthigen Vorarbeiten sind zeitraubend, kostspielig, und für jeden einzelnen Fall sogar etwas unsicher im Erfolg, weß halb immerhin auch wenn man dergleichen Arbeiten jest beginnt ― leicht eine vorübergehende Unterbrechung der Rente eintreten könnte.

v. Eichwald ist der Meinung daß diese Tschuden den Scy:

Eine solche Katastrophe des Bergbaubetriebs dürfte

then Herodots entsprechen, und ihre Ursize vorzugsweise am Altai und Ural gehabt haben. Gewiß ist daß hier Darauf ein langst verschollenes Volk Bergbau trieb.

aber um so nachtheiliger auf einen sehr großen Theil der Bevölkerung einwirken, die ganz vorherrschend auf dieſen

scheint eine lange Periode eingetreten zu sein in welcher

allmählich gesteigert haben, und ein Ersatz für den Aus

die unterirdischen Metallschäße ungestört ruhten, wenigstens datiren die ältesten sicheren Nachrichten über den Berg

fall in dieser entlegenen Region schwer zu finden sein dürfte. Die zum Theil in Menge vorhandenen Zinkerze

bau im Altai nicht weiter zurück als in den Anfang des 18. Jahrhunderts. In Folge von Kupfererzproben, die

(Galmei) bieten allerdings die Möglichkeit einer Messing

aus

alten tschudischen Gruben nach Katharinenburg am Ural gebracht worden waren, ließ sich 1726 der Staats rath Akimsi Demidoff die Freiheit der Bergwerke am

Tabakspfeifen u . dgl. verarbeitet, vielleicht guten Abſay finden, aber sie sezt ebenfalls Brennmaterial und den

altaischen Gebirge verleihen, und legte 1728 die erste Schmelzhütte unter dem Namen Kolyvan Sarwod am

Altai stellen auch recht gute Leinwand dar, und die dar aus gefertigten Hemden werden oft sehr schön bunt ge

Byela-Bach an.

Demidoff dehnte seine bergmännischen

Erwerb angewiesen ist,

als noch andere Uebelstände sich

industrie, und diese Legirung könnte zu Geschirrverzierungen,

Fortbestand des Bergbaues voraus.

Die Bewohner des

stickt, aber doch nur für den eigenen Bedarf.

Die oben

Unternehmungen bald weiter aus, als aber dadurch 1736 in der Schlangenberger Grube reiche Gold : und Silber

erwähnten anderen Uebelstände bestehen namentlich in der

erze gefunden wurden die ihm nicht verliehen waren, trat derselbe 1746 alle seine altaischen Gruben und Hütten werke an das kaiserliche Haus ab, welchem das gesammte

dadurch herbeigeführten Entwässerung.

wohnt alle Wohnhäuser nur aus Holz zu erbauen, und

Altaigebiet noch jezt als Privatbesig zugehört. In dieser Periode hat man eine Anzahl Bergleute und sachverstän

während der kalten Jahreszeit durch alle Räume gleich: mäßig zu heizen. Die Sommer sind in dieser continen

dige Beamte aus dem ſächſiſchen Erzgebirge kommen laſſen, um alle Arbeiten möglichst zweckmäßig einzurichten ; ihre

talsten Region der Erdoberfläche unter dem 50sten Breiten grad zwar sehr warm, die Winter aber auch sehr kalt ;

Nachkommen sind zum Theil noch jezt vorhanden, aber sie sind weder durch ihre Namen noch durch ihre Sprache

zu lassen, und obwohl Zucker

von den eingewanderten Russen zu unterscheiden, nur ihre bergmännischen Ausdrücke haben sich zum Theil noch er

trefflich im Freien gedeihen, so erscheint es doch unmöglich irgend einen Obstbaum unbeschüßt am Leben zu erhalten.

außerordentlichen Entwaldung und in der wahrscheinlich

Seit Altersher ist man hier wie in ganz Sibirien ge

kein Jahr vergeht ohne das Quecksilber einigemal erstarren. und Wasser Melonen vor

1

Der Altai.

Man verbraucht daher schon zur bloßen Heizung sehr viel Holz.

421

Bewaldung erzeugt werden ? einer ernsten Erwägung.

Diese Fragen bedürfen wohl

Auch die Erzgruben und die Schmelzhütten bedürfen

Daß der westliche Altai einſt ſtärker bewaldet war als

unausgesetzt großer Quantitäten von Bau- und Brennholz : dieser starke Verbrauch kann aber schon jetzt nur durch

jeht, ist eine historische Thatsache ; die Waldflächen haben. sugar während des Lebens der jeßigen Generation beträcht :

Herzuführung aus beträchtlichen Entfernungen gedeckt wer

lich abgenommen.

den, wodurch dieses nothwendige Bedürfniß einen verhält nißmäßig hohen Preis erreicht hat.

Menge Erscheinungen vor, aus denen man zu schließen berechtigt ist, daß namentlich die Berge dieses Gebietes

Die Hüttenwerke (Schmelzwerke) Barnaul,

Pawloffsk,

Lokteff, Garrieloffsk und Susunst (Kupferhütte) liegen deß halb alle ziemlich weit von den Gruben, in der Nähe noch vorhandener Wälder und das Fortbestehen des einzigen, in der unmittelbaren Nähe der Gruben befindlichen Hütten

Aber auch darüber hinaus liegen eine

einſt nicht nur stärker als jezt, sondern überhaupt ſtark bewaldet waren. Es mag vielleicht sein daß gewisse steile Südabhänge, z . B. im Jrtyschthal, nie dicht von Wald bedeckt waren, weil es ihnen von Anfang an an der nöthi gen Feuchtigkeit fehlte; solche Stellen bilden aber doch nur

werkes zu Schlangenberg ist durch Holzmangel bereits in Frage gestellt.

Ausnahmen von der Regel.

Auch die Beschaffung des nöthigen Trinkwassers stößt hie und da auf Schwierigkeiten. Das alles sind Uebelstände, die nicht nur den Berg :

tigt, die

bau schon jezt erschweren, sondern die sich auch jeder an deren Industrie, die ihn etwa ersehen könnte, hindernd ent gegen stellen. Denn wenn auch die im Lande erzeugten Nahrungsmittel noch ganz außerordentlich billig sind, so muß man doch dagegen wieder bedenken daß es sehr schwer sein dürfte den nöthigen Absah für Industrie Erzeugnisse irgend einer Art zu finden ; die Entfernungen der Ver brauchsorte sind zu groß ,

und taugliche Waſſerverbin

Wenn man die starke Verwitterungskrume berückſich . einen oft äußerst fruchtbaren Boden bildend jezt waldlose Hügel und Abhänge fast überall bedeckt

wo nicht Felsen hervortreten oder Steinschutt aufgerollt ist, und wenn man ferner bedenkt daß das Klima den noch vorhandenen Baumwuchs, aus Bichten, Kiefern, Zirbelkie fern, Lärchen, Birken und Aspen bestehend, nicht beein trächtigt, so fann man nicht im Zweifel darüber sein daß die Entwaldung von andern Ursachen herrühren muß als von solchen die in der Natur begründet sind, wenn auch nach einmal eingetretener Entwaldung großer Flächen. räume, die Vertheilung und der Ablauf der atmoſphäri

dungen fehlen gänzlich, da alle Flüsse Sibiriens in das Gold, Silber und Kupfer ungastliche Eismeer münden . sind werthvoll genug um den Transport bis Moskau oder

jchen Niederschläge und die freiere Wirkung der Winde einer Wiederbewaldung hindernd entgegen stehen mögen .

St. Petersburg zu ertragen ; Blei, Zink und Eiſen kann

größtentheils vom Menschen ausgehenden Ursachen der Entwaldung hinreichend sein um den Vorgang zu erklären,

sich dagegen auf solche Entfernung schon nicht mehr ver werthen . Ganz anders würden sich freilich die Verhältnisse des Bergbaues und der Industrie überhaupt gestalten wenn es gelänge am Altaigebirge brauchbare Kohlenlager auf zufinden welche das mangelnde Holz als Brennmaterial

Zudem dürften wohl die gegenwärtig noch fortwirkenden,

wenn man voraussehen darf daß sie länger als ein Jahr: hundert ziemlich constant blieben. Es sind das namentlich folgende : 1 ) Absichtlicher Abtrieb zur Benußung als Bau- und Brennmaterial in den Dörfern, Gruben und Hüttenwer

nicht nur erſeßen, sondern auch den Transport auf große

ken, oder zur Vergrößerung des Feld- und Weideraumes,

Entfernungen wesentlich erleichtern würden .

Es ist dazu

ohne in den ersteren Fällen hinreichenden Schuß für Wie:

denn z. B. bei

derbewaldung zu gewähren ; daß man diese lettere nicht

Kuria, am nordwestlichen Fuß des Gebirges, treten die Schichten einer Kohlenformation hervor, in der nur bis

durch Saat oder Pflanzung unterstützt hat, versteht sich von selbst.

jezt noch kein bauwürdiges Kohlenlager aufgefunden ist.

Recht deutlich zeigen sich diese Einflüsse in den Umge bungen der in der Nähe von noch vorhandenen Waldstre den neu angelegten Dörfer. Unweit Riddersk wurde seit

in der That einige Hoffnung vorhanden,

Die große Wichtigkeit der Sache erheischt sorgfältigste Unter suchung dieser Schichtenreihe, deren Ausdehnung noch nicht genau bekannt ist. Die nördlich vom Obi bekannten und

2 Jahren ein neues Dorf,

deſſen Name mir leider ent

dort sehr ausgedehnten Kohlenlager könnten nur dann einen

fallen ist, in einem ausnahmsweise noch ziemlich gut bewal

Einfluß auf die Gebirgsindustrie üben wenn es möglich sein sollte sie durch eine Eisenbahn mit dem Gebirge zu verbinden.

deten Thal angelegt ; schon jest sieht man in der Nähe

Nachdem hier der Einfluß des Holzmangels berührt

des Ortes nur noch die Wurzelstöcke der Bäume im üppig gedeihenden Geſtrüpp, und es läßt sich ziemlich sicher vor aussehen daß auch dieses Thal bald genug so baumlos

wurde, drängen sich nothwendig die Fragen auf: war das

sein wird wie die ganze Umgegend.

Altaigebirge wirklich einst reicher bewaldet als jezt ? wo --durch ist wenn es sich so verhält -die Entwaldung

2) Waldbrände ; sie sind außerordentlich häufig. Ein kleiner Theil derselben mag von den Dorfbewohnern zu

veranlaßt worden ? und wodurch könnte wieder eine bessere

weilen absichtlich veranlaßt worden sein, um den freien

Der Altai. 422

Weidenraum zu vergrößern, ganz vorherrschend sind sie aber

Waldbedeckung auch wieder auszudehnen vermöge .

die Folgen der Nachlässigkeit oder Unvorsichtigkeit. Feld und Waldarbeiter zünden sich Feuer an, verlassen sie un

retisch

gelöscht, und kümmern sich wenig um die weitgreifenden Fol gen; ganz vorzugsweise häufig sollen aber Waldbrände durch

entſteht überhaupt erst nach einer längern Reihe von Jah ren ein wirklicher Wald. Wer aber möchte es unterneh

ist die

richtig ,

Theo

praktisch und mit erheblichem

Erfolg aber nicht ausführbar.

Aus Samen oder Pflanzen

schlecht überwachte Steppenbrände veranlaßt werden. Das

men die öden Flächen des Altai zu beſäen, oder zu be

hängt so zusammen : es ist im Altaigebiet durchaus Sitte

pflanzen, und die jungen Bäume gegen Wind, Schnee, Dürre und Vieh zu schüßen, solange sie eines solchen

im Frühjahr , wenn die ersten trockenen Tage eingetreten find, alle dürren Grasflächen abzubrennen, um die neue

Schußes bedürfen ?

Selbst wenn ausführbar, würde das

Grasvegetation dadurch zu befördern. Alle Reisenden welche

Unternehmen pecuniär jedenfalls ein schlechtes sein, da die

in solchen Zeiten den Altai besuchten, berichten von dem

der Lage nach höchst geringe Rente erst nach einem halben

prachtvollen Auflodern der Thalebenen oder Bergabhänge, welches sie bei nächtlicher Fahrt beobachteten . Um aber

Jahrhundert beginnen fönnte. Etwas läßt sich vielleicht urch Sorgfalt nachhelfen, aber in bemerkbarem Grade

dabei die Gefahr der Verbreitung des Feuers in Dö

gewiß nicht; man wird höchstens erreichen können daß die

fer und Wälder zu beseitigen, besteht die Vorschrift daß

Entwaldung nicht noch mehr zunimmt.

jede Gemeinde , bevor sie ihre Wiesen anzündet , um die angrenzenden Dörfer und Waldstreden einen Wiesenstreifen

keiten steigern sich in solchen Fällen ganz außerordentlich mit der Größe der Flächenräume, wo nicht schon vorhan

Die Schwierig

von beſtimmter Breite unter ſteter Aufsicht abbrennt, wel:

dener Wald den neu zu erziehenden gegen vielerlei nachthei:

chen nachher das allgemeine Flammermeer nicht zu über: schreiten vermag . Die Dörfer schüßt man wohl auf dieſe

lige Einwirkungen schüßt.

Weise, und es geschieht deßhalb selten daß ein solches etwa

Ist es doch selbst im Herzen

Deutschlands fast nicht ausführbar d. h. zu kostspielig gewisse entwaldete Strecken, wie z . B. die steilen Ab

bei besonders heftigem Winde dennoch in Gefahr kommt ; aber für die wenigen noch übrig gebliebenen Wälder wird

hänge der Muschelkalkberge in der Gegend von Jena, wie:

diese Vorsichtsmaßregel nur alizu oft vernachlässigt, und

worden sind.

die Zahl der Forstbeamten ist viel zu gering um dergleichen. Vorgänge allezeit und überall verhindern, oder auch nur nachträglich durch sicheren Beweis zur Bestrafung bringen. zu können . Man bedenke daß der in Sachsen gebildete Oberforstmeister des gesammten etwa 100 Meilen um

der mit Wald zu bedecken, nachdem sie einmal entwaldet Bei großen zusammenhängenden Flächen räumen sind durch Vernichtung der Wälder in der Regel

auch die klimatischen Zustände in nachtheiliger Weise verän dert ; die atmosphärischen Niederschläge sind dadurch vermin. dert, ihr schneller Ablauf befördert, und den Winden ist über all freierer Zutritt geschaffen worden.

fassenden Altaigebietes nur 6 Forstbeamte , 20 Schülfen

Die Natur, ganz sich selber überlassen, würde unter

und 120 Waldaufseher zu seiner Verfügung hat, mit wel chen er die überall zerstreuten Wälder dieses großen und zum Theil schwer zugänglichen Gebietes überwachen soll,

solchen Umständen Jahrtausende bedürfen um die frühere Walddecke wieder herzustellen, und menschliche Kunst kann

deren Flächenraum allein ungefähr 24 Millionen jächsische Acker einnimmt, wovon allerdings ein großer Theil ſchon längst nicht mehr Wald, sondern Steppe is. Dergleichen Waldbrande erreichen in einer wenig bevöl

jie verhältnißmäßig nur wenig unterstützen. Der Bergbau hat mich zu dem Waldmangel geführt, ――――― ich fehre jest zu der unorganischen Natur zurück, in: so fern ihre Producte technische Verwendung finden . Zum Hausbau, Straßenbau und dergleichen wirthschaft

kerten Gegend zuweilen eine ganz außerordentliche Aus dehnung. Während meiner Anwesenheit im Altai waren

licher Benuzung werden im Altaigebiet nur höchst aus nahmsweise Steine gewonnen, obwohl sie in reicher Aus

wir fast 14 Tage lang in Rauch und Rebel gehüllt, der angeblich von einem etwa 1000 Werft nördlich entfernten

wahl, auch zu solchen Zwecken geeignet, vorhanden sind ; dagegen hat sich hier eine Steinindustrie ganz anderer Art

Waldbrande herrührte ; ähnliches soll aber fast alle Jahre einigemal vorkommen.

entwickelt, welche allerlei Kunstwerke zu erzeugen bestrebt

Ich glaube unter diesen Umständen nicht daß noch an dere etwa klimatische - Ursachen nöthig sind um die

ist. Auf kaiserlichen Befehl wurde die vorhandene Waſſer kraft benugt um bei Kolyvan eine große Steinschleiferei anzulegen, welche jest theils direct, theils indirect einige

traurige Entwaldung des westlichen Altai zu erklären, und um - wenn sie ungestört fortwirken — endlich dieſes

hundert Menschen beschäftigt. In der kaiserlichen Schleiferei werden nur große Stücke.

ganze Gebiet faſt unbewohnbar zu machen . Auch die noch

bearbeitet, Säulen , Vajen, Kamine und dergleichen, aus Porphyr, Porphyrit, Grünsteinporphyr, sogenanntem Ja spis, Breccien, Marmor, Avanturin oder Granit . Neben

jest weit stärkere Bewaldung in dem wenig bewohnten östlichen Gebirgstheil bestätigt daß der Mensch die Haupt ursache war.

ihr hat sich aber eine ausgedehnte Privatindustrie ent welche die Abfälle der schönen Gesteine zu Briefbeschwerern, Aschenbechern, Petschaften, Broschen und

Da nun der gegenwärtige waldentblößte Zuſtand we jentlich eine Folge menschlicher Einwirkung ist, jo liegt der

wickelt ,

Gedanke nahe daß eine Umkehr dieser Einwirkung die

dergleichen kleineren Kunstwerken verwerthet.

Das kaiſer.

Zur Geschichte der Buchbinderkunſt.

423

liche Cabinet, unter dessen speciellem Befehl das Altai

Martial, in ſeinen Epigrammen, erzählt uns daß man

gebiet steht, hat in dem großen Orte der sich an die

Werke in elegantem Futteral oder Einband für fünf De

Fabrik anlehnt eine recht gute Zeichnenschule eingerichtet,

narii (ungefähr drei Shillinge, oder 1 Thlr. unsers Gel

um den Geschmack der Arbeiter künstlerisch auszubilden, und die Entwürfe für einen Theil der Arbeiten an Ort

des) kaufen konnte.

und Stelle fertigen zu lassen .

Stunde in Anspruch. Was die damalige Wohlfeilheit der Bücher betrifft, so müssen wir daran erinnern daß sehr viele

So finden wir denn hier

in dem freundlich gelegenen Kolyvan (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Stadt am Obi) , welches oft auch

terhalt täglich nur 21½ Pence (2 Sgr.) unsers Geldes kostete.

wird, fast mitten in Asien, in den Bergen Sibiriens eine

Horaz gab seinen Sklaven ein Pfund irgendeiner Art ge= wöhnlichen Getreides, ein wenig Wein, Del und Salz. Hr. Humphreys sagt : ein rascher Schreiber sei im Stande

Sommergästen

Barnaul und

Omsk

derselben von Sklaven geschrieben wurden, deren Lebensun

besucht

von

aus

Seiner Angabe zufolge nahm das

Abschreiben seines zweiten Buchs der Epigramme nur eine

Art Kunstakademie und eine in gewissem Grade boden ständige Industrie. Bodenständig ist diese Industrie insofern als die zum Theil sehr schön gefärbten Steinarten des Altai - beson ders die Contactbildungen der Porphyrite und Grünſteine -die Veranlassung dazu gegeben haben. Man unter: scheidet mehr als 100 verschiedene Sorten, die nur zum Theil von Gustav Rose in seiner Altaireise beschrieben.

gewesen in weniger als zwölf Stunden die Abschrift eines Gedichts zu Stande zu bringen, deſſen Umfang Tennysons Enoch Arden und den dieses Werk begleitenden Gedichten. gleichkam. Die viereckige Buchform fieng an als Nachahmung von Tafeln vorzuherrschen. Diese Tafeln wurden später aus Pergamentblättern gemacht, und die Elfenbein -Decken

worden sind ; die schönsten derselben werden in dem etwa 10 Meilen entfernten Korgon- Gebiet gewonnen, wo ledig

waren reich verziert.

lich zu diesem Zwecke große Steinbrüche angelegt sind ;

Bücher allmählich die viereckige Form an.

aber auch von verschiedenen anderen Stellen werden der

Virgils im Vatican in dieser Form soll aus der Regie rungszeit des Septimius Severus stammen. Die Römer

Im vierten Jahrhundert nahmen die Eine Abschrift

gleichen zugeführt, und einzelne Steinarten holt man so gar weit aus dem Osten Sibiriens herbei.

Fast das

schwierigste ist der Transport der größeren Kunstwerke nachh den sechs bis siebenhundert Meilen entfernten Hauptſtädten

besaßen prachtvolle mit Porträten verstorbener Literati ge schmückte Büchereien, deren Fächer bis an das Dach reich ten, loculamenta hießen und Gesimse und Oeffnungen für

des Reiches, in denen man die prachtvollste Auswahl die

die Rollen hatten.

ser Steinarbeiten, vermischt mit denen der jetzt eingegange

Alexandria vernichteten Bücher belief sich auf ungefähr 100,000 Bände. Josephus erwähnt einer Abschrift des an

nen Schleiferei von Katharinenburg, vorfindet.

Die Zahl der in der Bibliothek zu

Die Kir

chen und Paläste in St. Petersburg und Moskau ſind

Ptolemäus Philadelphus gesandten Gesetzbuches, die in

überreich damit ausgestattet, am großartigsten vor allem die mit dem Winterpalast verbundene Eremitage.

Goldbuchstaben auf so kunstvoll zusammengeseßten Häuten geschrieben war, daß die Fugen nicht zum Vorschein kamen . Im Mittelalter waren die Büchereien viel kleiner. Vor dem Jahr 1300 bestand die Bibliothek der Univerſität Orford nur aus einigen Abhandlungen, die im Chor der St. Marienkirche angekettet oder in Kisten verwahrt waren. In Glastonbury gab es im Jahr 1248 nur 400 Bände,

Zur Geschichte der Buchbinderkunft. und doch war dieses das erste Kloster in England. Die römischen Bücher hatten bis zur Zeit des Kaisers Augustus die Form von Rollen ( Volumina), und wurden um einen Stock gewunden dem man den Namen Umbi

Jm

Jahr 1364 hatte die königliche Bibliothek Frankreichs nicht über zwanzig Bände.

Als der Abt von Gambleurs hun

dert Bände gesammelt hatte, glaubte er eine schöne Biblio thek zu besigen . Das Kloster von St. Serfan, einer Insel

licus gab ; die Enden desselben waren reich verziert und hießen Cornua . Die Außenseite dieser Volumina hatte

in Loch Leven (Kinroßshire), besaß nur sechszehn Bücher,

oftmals eine dem in der Rolle besprochenen Gegenstand

und doch vollendete der Prior Andrew Wintoun, im Jahr

angemessene Farbe: die auf Krieg sich beziehenden waren.

1420 seine Orygynale Cronykil of Scotland, ein werth

roth, die auf Reisen bezüglichen blau u. s. f.

Die in Her

volles Musterwerk alter Sitten.

Die schönste Bibliothek

culaneum und Pompeji ausgegrabenen Manuscripte der

von welcher wir im fünfzehnten Jahrhundert lesen, war

aufgerollten Form haben keine Spur von Verzierung. In einigen Fällen gebrauchten die Römer Bleiblätter, die mit

die des Königs Corvinus von Ungarn (gest. 1490 ), der

einem Hammer dünn geschlagen worden waren , und auch

Brocat gebunden war, mit Buckeln und Schlöſſern von Gold und Silber. Gemeiniglich schrieb eine gewisse An

mit Wachs bedeckte Holzblätter, hinten mit Ringen ver bunden. Bücher dieser Art hat man in Herculaneum ge funden , und man kann sie als das rohe Original des neuern Buches betrachten.

30,000 Bände besaß, von denen eine große Menge in

zahl von Schreibern das Werk, und die Illuminatoren fügten die Anfangsbuchstaben 2c. bei. Aus einer Urkunde aber erfährt man daß ein Mönch der Abtei von Clyde,

Zur Geschichte der Buchbinderkunst.

424

mit Namen Heinrich, im Jahr 1178 einen Band schrieb und illuminirte ,

und sogar die goldenen Buckeln des Ein

bandes mit eigenen Händen verfertigte.

Wenn der Band

In einem von der Stadt Southampton aufbewahrten Buch (einem Coder der Marine- Gesetzgebung , in Nor

vollendet war, wurde er gemeiniglich zwischen zwei Brett

männisch Französischem , c. 1320) ist eines der Eichen brettchen in die es gebunden , viel länger als das an

chen, die man mit Häuten bedeckte, gebunden, oder mit

dere, und hat eine vieridige Deffnung im untern Theil,

und rubinenbeseßten Silberplatten

um die Hand hindurchstrecken und es halten zu können

Den Geistlichen war die Jagd verboten,

Freuden der Jagd obzuliegen, wenn sie sich auf diese Weise

während man im Gerichtshof die Gesetze citirte. Im fünfzehnten Jahrhundert waren die Gebetbücher oft fol gendermaßen gebunden : die Lederdecke des Bandes war

Rothwildfelle zum Binden ihrer Bücher verschafften .

über den Rand der Brettchen hinaus verlängert, und

Das Buch der Evangelien war gewöhnlich auf das prachtvollste gebunden und mit den Symbolen der vier

man konnte es dann an den Gürtel hängen.

Evangelisten geziert.

Vatican, die

der Ausstattung illustrirt ein Holzschnitt im zweiten Bande des Book of Days, p . 339.

Evangelien der h. Lukas und Johannes in Goldbuchstaben enthaltend, ist auf der einen Seite mit einem Elfenbein

In den Klöstern hatte ein Beamter den man Arma

Gold

und krystallen

reich verziert.

Karl der Große aber ertheilte Priestern die Erlaubniß den

dann in einem großen Knoten am Ende zusammengefaßt ;

Ein Exemplar

im

Diese Art

rius, d. h. Bücherschrank-Aufseher, oder nach der heutigen blatt bedeckt, künstlich in Schnitzwerk gearbeitet, in wel chem man eine togabekleidete Figur sieht,

in der linken

Hand ein Buch haltend und die rechte zum Segnen er hebend ; es soll aus der Zeit Karls des Großen herrühren.

Sprache Bibliothekar, nannte, die Aufsicht über die Bücher. Er hatte darauf zu sehen daß sie nicht durch Feuchtigkeit oder Insecten beschädigt würden, und daß er insbesondere den Einbänden Aufmerksamkeit schente; auch mußte er einen

Der nämliche Kaiser gab dem Kloster von Arrianä einen

genauen Katalog aufbewahren. Text, dessen Decken mit Bernſtein und geschnigtem Elfen bein geschmückt waren. Lothar, König von Frankreich,

Ingulphus, von der Abtei

Croyland , sagt , vom Ausleihen der Bücher sprechend : "1 Wir verbieten gänzlich das Ausleihen sowohl der klei

schenkte der Klosterkirche von Pruhan, wohin er sich zurück nen ungebundenen Bände, als der größeren welche gebun zog, „ein Buch der Evangelien in Elfenbein-Decen, eins den sind."

Das Scriptorium

in

St.

Edmundsbury

gelegt mit Gold sowie mit Krystallen und Edelsteinen be setzt. " Die frühern irischen Handschriften waren oft ebenso glänzend verziert wie die Silber - Cumthachs , oder die Fächer in denen man sie aufbewahrte.

Ethenwolf rühmt

wurde mit zwei Mühlen begabt. In den Constitutionen des Erzbischofs Lanfranc (1072) finden wir einen Befehl der verordnet : daß im Beginn der Faſten der Bibliothekar einem jeden der Mönche ein Buch einzuhändigen habe,

in einem in gebundener Rede abgefaßten Brief an Egbert, welches nicht zurückgegeben werden sölle bis zur folgenden der sich zu jener Zeit in Irland aufhielt um Handschriften zu sammeln, einen gewissen Ultan , einen irischen Mönch, ob seines Talents in der Bücher- Verzierung. Bei angel ſächſiſchen und irischen Einbänden wird ein Stück Kryſtall oder Beryll zum Hauptzierrath gemacht .

Fastenzeit, und allen denjenigen die verabsäumt es zu le sen, ward anbefohlen sich vor dem Abte auf die Kniee niederzuwerfen und um seine Nachsicht zu flehen. Die alten gestempelten Leder- Einbände des fünfzehnten.

Zuweilen hat

das Krystallstück (gewöhnlich in ein erhabenes Eirund ge ſtaltet) eine solche Größe, daß es die ganze Seite der Decke einnimmt, und man es ein „ Glasbuch“ nennen

und sechszehnten Jahrhunderts sind oft schön ausgeführt und ungemein interessant . Jean Grolier, Vicomte v. Aguisi, einer der vier Schahmeister von Frankreich (geb. zu Lyon 1479, gest. 1565), sammelte eine prachtvolle Bibliothek,

könnte (Archaeologia VII , 187 ) .

Dr. Rock ist der Mei

nung : dieser Brauch rühre von den Druiden her. Alcuin, ein fleißiger englischer Mönch, beschäftigte sich von 778 bis 800 n. Chr., d. h. zweiundzwanzig Jahre lang , mit der Herstellung einer Abschrift der Bibel für Karl den Großen.

Diese wurde später von dem brittischen

Museum für 750 Pf. St. angekauft.

Natürlich waren

die auf solche Weise gebundenen und kunstreich illumi nirten Bücher die werthvollsten Geschenke die ein Fürst einem Kloster machen konnte; auf der Eröffnungsseite des Bandes sehen wir daher oft eine Abbildung des Verfaſſers wie er sein Buch dem König oder einem Edelmann zum Geschenke gibt.

Eo bietet, in The Shrewsbury Book

im Britischen Museum, Talbot Graf v. Shrewsbury sein. Buch dem König Heinrich VI dar, welder auf seinem Throne siht und von seinen Höflingen umgeben ist .

und ließ die Bücher glänzend binden. Im Jahr 1675 wurde dieselbe zerstreut. Gascon, der berühmte Buchbin der der damaligen Zeit, ward hauptsächlich durch Grolier beschäftigt, die Zeichnungen aber ſoll leßterer in seinen Muſe stunden selbst gefertigt haben . Einen Holzschnitt von einem dieser Einbände findet man in Shaw's Decorative Arts. Ece and Civil, of the Middle Ages. Er hatte die ge wöhnliche Inschrift :

Io grolieri et amicorum," andeu

tend daß das Buch zum Gebrauch der Freunde sowohl als seiner selbst bestimmt sei . Die Sammlung Hrn . Ed wards war sehr reich an diesen Bänden, und es wurden sehr hohe Preise erlöst. Ein Farbendruck von großer Schönheit in Shaw's genanntem Werk stellt ein Buch desselben Styls und derselben Periode dar , obgleich sich nicht beweisen läßt Jean Grolier war.

daß es Eigenthum des Ritters Aldus, der berühmte Buchdrucker

Von Tanger nach Tripoli.

425

von Venedig , druckte im Jahr 1540 die Werke Machia velli's, in vier Bänden. Grolier batte sein Exemplar

Rhetoricum, Libri tres (Imp. in Membranis), 4. Paris ad Sorbonae, 1471. Es ist in Carmeſin: Atlaß gebun

in

vier verschiedenen Mustern binden lassen , wovon ein Band in der Libri’ſchen Auction um 150 Pft . Et. verkauft wurde. In derselben Auction wurden zwei früher

den, auf welchem mit der Nadel ein Wappenschild abge

derBibliothek Diana's von Poitiers angehörende, schön gebun

in scharlachrother Seide : die geringeren Verzierungen sind

dene Bande für beziehungsweise 80 und 85 Pfd St. verkauft. Der berühmte Künſtler „ le petit Bernard" soll an denſel:

alle in feinem Goldfaden gearbeitet.

ben beschäftigt gewesen sein. In der Trierer Bibliothet befindet sich ein Manuscript mit einer Menge als schöne Kameen gearbeiteter Köpfe. In der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts wurden Papierblätter für Einbände zusammen gepappt da zuvor Holz zu diesem Zwecke gebraucht worden war. Hr. Thoms sagt: Der Urheber des Einbindens in Leinwand war Hr. R. E. Lawson, Stanhope Street, Blackfriars, gewesen, der früher im Dienste Hrn. Charles Sully stand, und das erste in Leinwand gebundene Buch war ein handſchrift licher Musikband, welchen später Hr. Alfred Herbert, der Marine-Maler, kaufte. Als man den Band dem verſtor: benen Hrn . Pickering zeigte, der damals ( 1823) eine Dia mant-Ausgabe der Claſſiker druckte, meinte er : dieser Stoff

bildet worden ist ,

ein steigender Löwe in Goldfaden im

blauen Felde, mit einem Querbalken (transverse badge)

Verschiedene Arten von Insecten, im Volksmunde Bü cherwürmer genannt, sind Büchern sehr schädlich. Eine Milbe (Acarus eruditus) frißt den Kleister mit welchem das Papier über den Rändern des Einbandes befestigt ist, und löst es ab. Die Raupe eines andern kleinen Nacht: falters hält sich in feuchten alten Büchern zwischen den Der Blättern auf, und richtet große Verwüstungen an. kleine Bohrholzkäfer greift ebenfalls Bücher an, und durch bohrt sogar mehrere Bände. Hr. W. R. Tymms führt den Fall an daß 27 Foliebände in gerader Linie von dem nämlichen Insect durchbohrt worden seien, und zwar der gestalt daß, wenn durch das vollkommen runde Loch welches das Insect gemacht hatte eine Schnur gezogen ward, die 27 Bände alle zuſammen auf einmal in die Höhe gehoben werden konnten.

(Chamb. Journal.)

würde für die Decke des Werkes bewundernswerth paſſen. Die Leinwand ward in dem Winkel von Wilderneß-Row, St. John's Street, gekauft, und 500 Exemplare der Dia mant-Classiker wurden von Hrn. Lawson mit Leinwand Shakespeare's Schauspiele erschienen ebenfalls in dieser Form, und so sind diese Werke die ersten in Lein wand gebundenen.

überzogen.

Von Tanger nach Tripoli. Von Tanger über den marokkanischen Atlas, durch die Dasengruppen von Tafilet und Tuat, durch die Dasen von

Der Brauch Bücher an Kirchenkanzeln mit Retten zu Tidikelt und Ain- Salah, und von da durch die Wüste befestigen, soll in Folge einer Convocations- Acte im Jahr 1562 entstanden sein, in welcher befohlen ward Nowell's Katechismus, die 39 Artikel und Bischof Jewells Apologie sollten an Universitäten und in Kathedralkirchen gelehrt Allein man kann dieſen Brauch bis auf Sir Thomas Lyttelton zurück verfolgen, welcher in seinem vom Jahr 1481 datirten lehten Willen befahl daß man einige seiner Der Werke in verschiedenen Kirchen an Ketten hänge.

über Rhadames (= Ghadames) nach Tripoli : das ist die Route welche Gerhard Rohlfs im Jahr 1864 ausgeführt hat. Er war in Tanger aufgebrochen den 14. März und hat Tripoli am 29. Decbr. erreicht. Die durchschnittliche

werden.

Hiße auf dieser Route war 40° C. So bescheiden die Summe ist welche der unermüdliche und kühne Reisende zu dieser Reise gebraucht hat, nämlich bloß 1100 Thlr,

h. Bernhard spielt in einer der im Jahr 1153 von ihm gehaltenen Predigten ebenfalls auf diesen Brauch an.

so bescheiden ist auch das Buch in welchem

er dieſe große Reiſe beſchrieben hat (Bremen 1868) .

Mit

geringen Mitteln Großes und Schweres ausführen, mit Aller Wahrscheinlichkeit nach gab es vor dem 14ten Jahrhundert noch keine Sammeteinbände.

In dem Teſta

ment der Lady Fizhugh, um das Jahr 1427 , werden meh rere Bücher als Vermächtnisse aufgeführt. Es heißt darin : "Ich will daß mein Sohn Robert erhalte einen mit rothem

Sammt bedeckten

Sautre, und meine Tochter

wenigen Strichen ein sehr anziehendes Gemälde entwerfen : das ist nicht vieler Leute Sache. Das vermag gewiß nur ein Deutscher ! Was durch diese neue Afrika-Reiſe für die Wiſſenſchaft gewonnen worden ist, das hat schon Malte:Brun in den Petermann'schen Mittheilungen zusammengefaßt. Wir

Mariory einen in Roth gebundenen Primer, und meine Tochter Darch einen in Blau gebundenen Sautre,

und

meiner Tochter Mal de Eure einen in Blau gebundenen Primer. " Königin Elisabeth hatte einen kleinen Band Gebete der, in solides Gold gebunden, an einer Kette an ihrer Seite hing.

Die Gräfin v. Wilton sagt in ihrer

,,Art of Needlework " : das erste Exemplar eines gestickten Einbandes, im Britischen Museum, ist Fichetus ( Guil.)

möchten hier bloß auf einige besonders interessante Punkte aufmerksam machen. 1300 Thlr. hatte ihm der Bremer Senat gereicht, ebensoviel die englische geographische Geſellſchaft, 500 Thlr. ſein Bruder Doctor Hermann Rohlfs in Bremen. Da die von der Berliner geographischen Geſellſchaft ihm bewilligten 275 Thlr. nicht zu rechter Zeit einliefen, mußte er den Gedanken von Ain Salah aus Timbuktu zu erreichen aufgeben.

426

1.

Von Tanger nach Tripoli.

Als etwas durchweg in Marokko sich vorfindendes

nach Rohlfs Wahrnehmung, lediglich an seiner Frau, Lella

wird angegeben daß jedes Dorf eine Jemma (lies Dschemma) oder Moschee habe, in welchem die Fremden

Fathma, die ihn gänzlich beherrschte, ſo daß auch die Frem

übernachten und bewirthet werden. Hier, theilt uns Rohlfs mit, kommen Abends die verheiratheten Bewohner zuſam

respectvoll nach dem Befinden Lella Fathma's erkundigen. “ Von einer ihren Mann beherrschenden Mohammedanerin iſt

men, jeder bringt seine Schüssel mit und die Gäste essen

auch in Ph. Wolffs zu lesen.

in Gemeinſchaft mit den Bewohnern ; die Kinder bekommen die Reste, die Weiber essen für sich zu Hause. Dieser Gebrauch herrsche auch bei den Zelt: oder Duar : Bewohnern,

den jedesmal wenn sie den Schich besuchen sich ganz

Jerusalem, " zweite Auflage , S. 17

Die auf die Prostitution sich beziehende intereſſante Mittheilung von Rohlfs lautet also : " Man hat behaup

wo die Jemma in einem Zelte bestehe, wogegen in den

ten wollen daß bei den Mohammedanern die öffentliche

östlichen Berber Staaten die Fremden nach Art der Ein

Prostitution bei weitem nicht so ausgedehnt sei wie in den

quartierung bei und von den Einwohnern je nach ihrer

christlichen Ländern, weil Mohammed seinen Anhängern

Tour beköstigt und manchmal auch beherbergt werden .

vier Frauen zu heirathen und außerdem noch so viele

2. Ergöglich lautet die Mittheilung daß der Stamm der

Sklavinnen zu halten gestattet, wie es die Vermögensum

Rinema so wenig die äußeren Formen des mohammedani schen Glaubens beobachte, daß sie sogar im Monat Rha

stände erlauben.

In der That trifft man daher ſelbſt

madan nicht fasten, sondern im Ganzen 30 Mann ſtellen, also per Kjor (Lager) Einen Mann, der dieses Geschäft

von allen marokkaniſchen Städten hat nur Mikenes solche ;

für die übrige Bevölkerung übernimmt. Es erinnert das an die allgemeine Regel daß, wenn ein Beduine in die

wird, sieht mit Entseßen daß die Hälfte der unverheirathe

Stadt kommt, er in der Moschee zugleich für seinen ganzen 1 Stamm betet. Rohlfs hat in Betreff der bezeichneten Gesezesübertreter hinzugefügt , daß sie (weil sie über

mit der sich der Muselmann unter dem nichtigſten Vor

in den großen Volkscentren äußerst selten Bordelle, und

wer aber tiefer ins mohammedanische Leben eingeweiht

ten Weiber sich prostituirt.

Durch die Leichtigkeit nämlich

wand von seiner Frau scheiden kann, gibt es in jedem Dorfe, so klein es auch sein mag, eine große Anzahl von

haupt unzureichende Nahrung haben) entschlich abgemagert und ärmlich aussehen , daß der Hunger aus ihren Augen

Hadjela (ſpr. Hadſchela ; Hadjla = Wittwe) oder geſchiedenen

spreche.

bemittelte Mohammedaner,

Weibern, die sich ohne Scheu jedem preisgeben.

Der un

der nicht zwei oder mehrere

kömmling aus demHauſe der Abbaſiden (worüber freilich mehr

Weiber heirathen oder gar Sklavinnen kaufen kann, ent schädigt sich damit daß er ein Weib nach dem andern hei rathet. So kommt es vor daß ein Mann fünf bis sechs

als einmal laute Zweifel gegen ihn ausgesprochen wurden)

Frauen nach einander heirathet und verstößt; namentlich

3. Zu den Ueberraschungen gehört was der als ein Ab

dem Reisenden über die Gleichberechtigung der Frauen, über die Prostitution, über eine die Herrschaft führende Frau, über

wenn er keine Kinder mit ihnen erzeugt wird die Unfrucht: barkeit immer den Frauen in die Schuhe geschoben, und

fette Frauen beigebracht hat. Gleichberechtigung der Frauen fand er bei den Tuareg (sprich Tuaredjch) . Von den Frauen dieses Stammes, welche er in Temaſſanin traf, schreibt er: ,,Sie zeigten keine Scheu, ohne jedoch frech zu sein, sie giengen

ist ein guter Vorwand zur Ehescheidung. " Aehnliches über das wiederholte Heirathen und baldiges Verstoßen der Heimgeführten hat v. Malhan in seiner Pilgerfahrt nach Mecca berichtet.

vielmehr mit den Männern um wie mit ihresgleichen, denn wenn auch die Tuareg die mohamedaniſche Religion an genommen haben, so wußten sie doch in gesellschaftlicher

Eine auffallende Erscheinung waren unserm Reisenden die fetten Frauen in Ain Salah. Er hat darüber also

Beziehung alle Verordnungen Mohammeds zurückzuſtoßen, und es kommt nie vor daß ein Targi ( Tardschi) mehrere

geschrieben : Raum erreichen dieselben 20 Jahre, so neb men sie derart zu daß sie sich kaum mehr fortbewegen kön nen; die Kamelmilch und Kamelbutter sollen Ursache dieser

Weiber nimmt, oder gar Sklavinnen als Kebsweiber hält. enormen Beleibtheit sein. Die Frau hingegen hat in jeder Beziehung gleiche gesellige Berechtigung mit dem Mann, ja unter einigen Tuareg ist sie mit Nachsehung des Sohns in der Schichwürde (der Würde des Schech) erbberechtigt . " Man vergleiche hiemit das von Werner Munzinger in seinen ostafrikanischen Stu

Die Männer Ain- Salahs jedoch

finden dieß schön ; je fetter eine Frau, desto schöner iſt sie in den Augen der Männer. Hr. v. Malyan hat auf seiner Fahrt nach Mecca in der Nähe seines Ziels auch mit durch Milch fettgezogenen jungen Damen Be kanntschaft gemacht.

dien über die Frauenrechte bei den Beni Amr Mitgetheilte, auszugsweise im Ausland 1865 , Heft 1. Die betreffende

4. Auf die Araber Algeriens und seiner Nachbarschaft

ihren Mann beherrschende Frau welche Rohlfs kennen lernte, war die des Sidi Mhamed- ben-Aly (im Marokka:

ist Rohlfs gar nicht gut zu sprechen . Er hat sich also ver nehmen lassen: Bei einer Nation wie die Araber, deren ganzes Wesen, Leben und Treiben sich auf die intoleran

nischen). Die von diesem Marokkaner - Häuptling ihm er wiesene Gastfreiheit nahm mit der Zeit ab, und das lag,

teſte Religion gründet die existirt, ſind Civiliſationsver suche vergeblich.

1 Vgl. die Charakteriſtik der Beduinen in Nr. 20 von 1862.

Wie sind die Araber heutzutage nach mehr

als 30jähriger Beseßung Algiers durch die Franzosen ?

Angebliche Städteruinen im Zulukaffern-Lande.

Die in den Städten haben alle schlechten Sitten der Fran

427

wissermaßen einen Segen daraus zu ziehen.

Namentlich

zosen angenommen und helfen dem französischen Pöbel im

war eine rothseidene Schnur, die der Scherif lange Zeit

Abſinthtrinken ; daß sie aber dafür auch nur im geringſten christlich-religiöse Grundsäge angenommen hätten, daran Forscht man tiefer nach, so findet ist nicht zu denken.

selbst getragen, und die er mir beim Abschied für meinen

man, so geschmeidig und umgänglich sie äußerlich gewor den sind, daß sie innerlich allen Haß und alle Verachtung gegen die Bekenner einer andern Religion bewahrt haben . Entfernt man sich nun gar einige Stunden weit von der Stadt, so findet man daß die Civilisation dahin noch ganz Der Araber unter seinem und gar nicht gedrungen ist. Zelt lebt nach wie vor, und haßt die Christen ebenso wie früher, und wenn er sich enthält einen Ungläubigen zu tödten um dafür das Paradies zu erlangen, so geschieht es nur aus Furcht vor dem ſtrengen Gesetze. " Wie wäre es auch für Araber Algeriens möglich, ohne Vorbilder chriſt: licher in Liebe verbundener und Liebe ausströmender Ge

Revolver gegeben hatte, ein beständiger Gegenstand ihrer Sie brachten Kranke und baten um Gottes

Verehrung.

und des Propheten willen ihnen zu erlauben die Schnur zu berühren, um den Segen des Scherif daraus zu ziehen. “ An einer andern Stelle hat unser Reisender bemerkt daß alle Mohammedaner einer religiösen Secte angehören oder ſich zu einem Heiligen bekennen. Religiöse Gespräche mit den Mohammedanern, hat er einmal ausgesprochen, seien ganz unnüz.

Jede vernünftige Vorstellung werde mit den

Worten abgeschnitten :

„ Es steht im Koran geschrieben, “

oder mit den Fragen : Wie kann das schlecht sein was von Gott fommt ? Wer kennt seine geheimen Absichten ? Einfältiger Sterblicher, du willst über Gottes Wort räſon niren ? Nimm sie wie sie dir vom Himmel durch unsern Propheten herabgekommen sind, und das Paradies ist vor

meinden vor Augen zu bekommen, Achtung vor dem Chri stenthum und Sympathie für dasselbe zu gewinnen ? Wir

dir !" Als Beispiel des bei den Arabern herrschenden Aber

erlauben uns hier folgende zu Gunsten der Bekenner des Islam lautende Säße aus A. v. Kremers Werk über

glaubens hat unser Reisender unter anderm auch mitge: theilt daß man ihm einmal ein neugebornes Kind gebracht

Aegypten anzufügen . Der Moslim in Aegypten ist gegen Andersgläubige

habe, auf daß er es mit seinem Speichel heilen möchte, und daß die Eltern des Kindes, nachdem er darauf ge

sehr tolerant.

spuckt habe, ihn segnend und preisend davon gegangen seien.

Der Glaube an die Vorherbestimmung ist

allgemein verbreitet, und verleiht in Unglück und Bedräng niß dem Moslim viele Fassung. Mildthätiger Sinn gegen Arme und Bettler ist ein ziemlich allgemein verbreiteter schöner Zug.

Freundliches und anscheinend herzliches Be nehmen der Leute gegen einander ist oft bemerkbar. Das

Angebliche Städterninen im Bulukaffern -Lande.

Leben ist sehr frugal, geistige Getränke werden äußerst sel ten und wenig genossen.

Ungeachtet der durch die Poly

Aus einem im „Athenäum“ enthaltenen Artikel über H. M. Walmsley's The Ruined Cities of Zulu -Land .)

gamie und die Leichtigkeit der Scheidung gebotenen Ge legenheit zu häufigem Wechsel kommen doch verhältniß

Wir hören nicht zum erstenmal von der großen Aehn

mäßig recht viele anhaltende und dauerhafte Eben vor. Beweise von Rechtlichkeit sind nicht selten.

lichkeit die zwischen einigen der neueren südafrikanischen Stämme und dem alten Volke von Aegypten zu be

Sein Mitgefühl mit den Arabern hat Rohlfs, nach der

stehen scheint. Reisen

Worten kundgegeben : „ Möge es (Tuat) bald den Euro:

ten von Menschen , Sitten , Klima und Erzeugniſſen zwischen diesen weit getrennten Völkern hervorgehoben. Oberst Napiers Werk sezte die Analogie fort ; Hr.

päern geöffnet sein, und die armen Bewohner durch Handel und Handwerke das gewinnen was ihnen die Natur nicht geben kann, binlängliche Nahrung ! " Die in der Nähe von Tripoli zum Theil in Höhlendörfern wohnenden Araber hat Rohlfs als stark und robust, arbeitsam und sehr gast frei, dabei aber als „ entseßlich schmutzig" geschildert. 5.

Was unser Afrika-Reisender über den Menschen

am

Barrow hat in der Schilderung seiner

Charakter: Schilderung der Bewohner von Tuat, in den

Cap der

Fleming gab in seinem

guten Hoffnung die Aehnlichkei

Kaffraria and its Habitants"

ähnliches Zeugniß, und Duzende anderer Reisenden sind zu denselben Anschauungen gekommen und haben ihnen Ausdruck geliehen. In diesem Bezirk ist auch eine der vielen Dertlichkeiten zu finden wohin man Ophir versezt

cultus der Berbern beigebracht hat, hat uns an die ver

hat, und die Phantasie begünstigt die Ueberlieferung .

wandten Wahrnehmungen erinnert welche der Consul Dr.

ſieht die Schiffe des weisen Königs Salomo von Tarsus

Wetstein im Hauran bei den Arabern macht (vgl. Lebens bilder aus der Beduinenwelt im Ausland 1861 Nro . 30.

Ophir, von wo sie mit Gold beladen zurückkehren .

S. 702). Rohlfs theilt über diesen Punkt folgendes mit : Um meine Sachen und meine Pferde vor Diebstahl zu

Sie

absegeln, und bringt dieselben nach dem Hafen Zulu Da man

immer noch annimmt daß sich das ägyptische Element in verschiedenen Kennzeichen an Volk und Boden verfolgen laſſe,

sichern," sagte ich ihnen (den Beni Mtir) : „ daß dieß alles Eigenthum des Scherif von Uesan sei, sie verfehlten nicht.

jo leitet die Legende es vom Pharao Necho her, und es

ſie zu respectiren, küßten sie und befühlten sie, um ge

erklären.

mag etwas darin vorhanden sein um die Thatsachen zu Angenommen , oder zugegeben daß er jene be

Angebliche Städteruinen im Zulukaffern-Lande.

428 rühmte

Expedition

zur

Umschiffung

Afrika's

absandte

befanden an denen sich noch Spuren von Bildwerk wahrneh

welche Aegypten über das Rothe Meer verließ, und über das Mittelmeer zurückkehrte, so liegt nichts unwahrschein

men ließen, keine aber von Mörtel, indem " die Steine genau in einander paßten. “ Als die Erforscher auf die

liches in dem Umstande daß die Forscher, durch Wetter oder Unfall gezwungen, auf dem Wege verweilten ; daß sie Bekanntschaft machten mit einem der Völker die sie fanden ;

sahen sie folgendes, das wir ebenfalls in Kürze mittheilen : „Unter ihnen zog sich ein Labyrinth zerfallener Galle

daß sie Getreide säeten, und lange genug sich aufhielten um es zu ihrer Nahrung zu verwenden, und nachdem sie es verbraucht wieder zur See giengen . Die Erzählung sagt ferner daß das unzerstörbare Merkzeichen (?) des Aegyp ters damals entstand. Diesem fügt die erregende Schil derung des Capitäns einige Zusätze bei. Man erzählt uns von den Ruinenstädten des Zulu-Landes , und wir treten im Geiste mitten in die Ueberreste derselben. Die

Plattform gelangt waren auf welcher das Gebäude geruht,

rien und Hofräume hin, und wohin immer das Auge drin gen konnte, sah man Hügel zerfallenen Mauerwerks in Die umfangreiche Ruine mitten dichten Waldwuchses. Der Gipfel des ſelbſt war nun eine gestaltloſe Maſſe. Hügels war von Gebüsch überwachsen und mit Schling pflanzen durchflochten ; sie machten daher von ihren Meſſern Gebrauch, und bahnten sich ihren Weg vorwärts, plöglich aber drang das Tageslicht schwach in ein in Trümmern.

Personen sind ein polnischer Missionär welcher Ophyr auf: sucht, und ein Capt. Hughes. Sie gehen hinaus, verbin

liegendes Gemach von mächtiger Größe. Sie begaben ſich dahin, hatten jedoch kaum ihre Füße über die Schwelle

den die Jagd mit ihren Forschungen, und stoßen, als sie das Waldland hinter sich haben, auf Massen verfallenen

ihnen liegt.

Mauerwerks, das längs der Krümmung eines Flusses vor Sie standen auf einem verbotenen Boden,

gesezt, als eine Menge Fledermäuse daher flatterten , und zugleich einen feinen Staub aufwirbelten, der ihre Augen beinahe blendete. Die Anzahl dieser Thiere schien sich zu vermehren, denn Schaaren anderer, von matt bräunlich

denn die Kaffern betrachten die Ruinen als heilig, und glauben : es werde drei Jahre lang kein Regen fallen, wenn Fremde in diejen Raum eintreten. Was die Reisen

rother Farbe, schlossen sich ihren schwerfälligen Gefährten an, und dann kam noch eine dritte castanienbraune mit schmußigem Weiß gemischte Art dazu . Was das Gebäude

den in diesen Ruinen sahen, wollen wir in Kürze ihnen nacherzählen :

eigentlich gewesen, ließ sich nicht errathen ; es muß aber einmal ein mächtiger Bau gewesen sein wie es daſtand

„Rechts von ihnen erhoben sich zwei massive Ruinen von pyramidaler Form, die einst sehr hoch gewesen sein

auf seiner Stein- Plattform,

müssen. Selbst jezt noch boten sie, so gebrochen und zer fallen sie waren, und obwohl nur noch die soliden Grund: mauern übrig geblieben, einen edlen und Achtung einflö Benden Anblick dar.

Ein Theil war in einer ungeord

neten Maſſe in das Bett des Fluſſes niedergestürzt, wäh rend die Zwerg-Akazien und die Palme unter dem Gestein aufschossen und es auseinander trieben. An den Ufern des Flusses wuchsen der Granatapfelbaum, der Pisang und Mango in wilder Ueppigkeit ― Bäume die in diesem Lande nicht bekannt sind, also eingeführt wurden. Die gefallenen Steinblöcke überschattend, schwenkten der Dattel und der Palmyra- Baum ihre fächerartigen Blätter. Dichte Massen mächtiger Schlingpflanzen zogen sich über die Rui nen hin, und zerrissen das feste Mauerwerk ; der Jahr um . Jahr herabfallende Samen der Bäume hatte rasch ein

zu welcher, allem Anſchein

Diese nach, eine Flucht breiter Treppen hinan führte. Treppen waren verschwunden ; Ueberreste derselben aber konnte man noch bemerken und, von der Höhe auf der die beiden Reiſenden ſtanden, da und dort die Linie erblicken welche einst die Stadtmauer gewesen. Es waren keinerlei Ueberrejte rein ägyptischen Charakters vorhan den, mit Ausnahme einer verivitterten Abbildung des beim Maismahlen gebräuchlichen Verfahrens : allein dieses konnte man täglich bei den einheimischen Stämmen ſehen, und bewies daher nichts ; denn es blieb eine offene Frage : ob die Eingebornen den Bildhauer, oder der Bildhauer Da und dort waren die Eingebornen nachgeahmt habe. Ueberreste von Bildwerken welche Schlangen, Vögel und seltsam gestaltete wilde Thiere vorstellten, was glauben laſſen kann daß das Gebäude einst ein Tempel gewesen." Nachdem die Forscher den Tempel verlassen hatten, be gaben sie sich in eine der vielen Höhlen an den Abhängen

Gestrüpp erzeugt, und was einst werthvolle Fruchtbäume gewesen, war in wilde Gewächse ausgeartet. Mit einem

der Malopopo-Berge : „Zu dieser Höhle stiegen beide hin

Wort, Chaos zeigte sich wiederum da wo einmal Handel und Wohlfahrt, Ordnung und Regelmäßigkeit geherrscht

auf, und traten vorsichtig ein. Gebeine verschiedener Arten lagen aufgehäuft umher, und zeigten daß sie, eine Zeit

hatten.

lang wenigstens, die Wohnstätte wilder Thiere gewesen.

Die ganze Maſſe hatte das Aussehen als ob ſie

zu einer gewissen Zeit von einer Mauer umgeben gewesen,

Sie war ungefähr zwanzig Fuß hoch,

die nun eingefallen und deren Eingänge man genau ver folgen konnte was auch die Nachrichten bestätigten welche die Miſſionäre von der Santa-Lucia-Bay gesammelt hatten. "

sich einige merkwürdige Bildnereien an den Wänden ; der

Die Reisenden drangen durch Gänge die zu einem Hof raum führten, in welchem die Ueberreste von Pfeilern sich

und es befanden

Eingang war offenbar von Menschenhänden hergestellt worden.

Ganz nahe am Eingang sah man zwei koloſſale

Figuren welche, wie es schien, die Mündung der Höhle zu bewachen hatten. Jede stellte einen nahezu nadten Krieger vor, der bloß eine Decke um seine Lenden hatte,

Englisch norwegischer Eishandel.

und jeder hielt in seiner Hand zwei Speere, hatte aber keinen Schild und darin unterscheiden sie sich sehr von den gegenwärtigen Bewohnern . Die Gesichter dieser Ge stalten schienen von arabischem Typus zu sein. Von

429

Wenhamsee, von welchem sie den Namen führt ; aber die Fracht erhöhte den Preis des Eises so sehr, daß die Ge sellschaft darauf bedacht sein mußte ihr Eis aus einer näher gelegenen Gegend zu beziehen.

einer Thüre war keine Spur vorhanden, einige zerbrochene Zwischen den einige Kilometer von Drobak am Chri Ueberreste aber schienen darauf hinzuweisen daß der Ein gang einmal vermauert war, während nahe dabei eine

stiania Fjord gelegenen Hügeln befindet sich ein See, deſſen sehr reines Wasser ausschließlich von den in der Umgegend

Steinplatte lag , die eine schwache Spur von der Ge befindlichen Quellen herrührt. stalt eines afrikanischen Elephanten zeigte.

Die Compagnie hat diesen

Noch viele

ähnliche Höhlen gab es da und dort an der Halde des

ganzen See angekauft, und von dort wird alles jezt in England verbrauchte Tafeleis bezogen.

Berges. " Die Amatongas mit ihrem Häuptling Umhleswa über

Man glaubt allgemein daß das Wasser beim Frieren von jeder fremden Materie befreit werde, dieß ist aber nur

raschten die Reisenden, die troß des Verbots in diese Ein öden eingedrungen waren. Die beiden Männer, welche von sich als wahrscheinlich den ersten Europäern sprechen die, in vielen Jahren wenigstens, diese Ruinen gesehen hatten, hätten ihre Verwegenheit beinahe mit dem Leben

zum Theil wahr ; die mineralischen Salze und die färbenden Stoffe, welche das Wasser enthalten kann, werden zwar beim Frieren aus demselben ausgeschieden, aber mit den organischen Materien ist dieß nicht der Fall. Die Klar: heit und Durchsichtigkeit des Eiſes ist daher auch kein Be

bezahlen müſſen. Die Einzelheiten ihrer Abenteuer waren, bis sie in Sicherheit den Sambesi erreichten, wahrhaft

weis seiner Reinheit ; man trifft Eiswürfel von merkwür

wundervoll.

diger Klarheit an, welche beim Schmelzen dennoch ein Wasser geben das einen schlechten Geruch besigt. Man

Des Obersten glänzende Stickerei scheint ziem

lich verschwenderisch auf des Capitäns alter Uniform an darf also nicht glauben daß das Auge über die Reinheit gebracht worden zu sein. dieſes jezt so wichtigen Zubehörs einer gut beseßten Tafel der beste Richter sei.

Obiges ist nahezu alles was das Buch über die soge nannten Ruinen- Städte des Zulu- Landes enthält. Es weicht daher sehr wesentlich von den Werken der HH.

Waſſer des erwähnten See's ſehr rein ſei, kaufte sie nicht

Stephens und Catherwood über die Ruinenstädte Mittel

nur diesen See an, sondern auch alle Pachthöfe in seiner

amerika's ab.

Umgebung, um im Stande zu sein jede Drainage und jede Infiltration, welche die Reinheit des Wassers beein

In den leztern hat die Erzählung einen

soliden Untergrund, und wird durch eine Menge Illustra tionen der Ruinen erläutert. Das Buch des Capitän

Nachdem die Compagnie sich versichert hatte daß das

trächtigen könnte, zu verhindern . Obersten dagegen trägt den Charakter eines Romans so sehr an Das Verfahren zur Gewinnung des Eises stimmt mit sich, daß es schwer ist das Wahre daran herauszufinden, dem

in Amerika angewendeten überein.

Man zieht zu

und neben den vielen Jlluſtrationen von andern Dingen nächst mit einem Eispflug über die ganze Oberfläche des gibt es keine von diesen zulu-ägyptischen Ruinen.

In

einer Sache von solchem Belang aber sollte man den Leſer

gefrorenen Sees parallele Furchen, welche 56 Centimeter von einander stehen. Dann zieht man andere Furchen

nicht im Zweifel lassen ob es dem Erzähler mit seinen Angaben ernst ist, oder nicht. In andern Beziehungen bieten die Bände reichen und mannichfaltigen Unterhal

senkrecht gegen diese, so daß die Eisfläche nach dieser dop pelten Arbeit einem Schachbrett gleicht, dessen Felder 56 Centimeter Seite haben , bei ungefähr 30 Centimetern Nun führt man die Eissäge ein um die Theilungen

tungsstoff.

Höhe.

zu bewirken, und mit einer sehr scharfen Schaufel beendet man die Operation . In Amerika, wo die Temperatur bisweilen sehr ver

Englisch-norwegischer Eishandel. Man unterscheidet in England im Handel zwei Sorten von Eis, das sogenannte rohe oder inländische welches von Teichen und künstlichen Wasserbehältern des Landes her stammt, und das ausländische Eis , welches hauptsächlich zum Gebrauch für die Tafel dient. Die glänzenden krystall ähnlichen Eiswürfel welche man in den Läden der Fisch händler Londons, und vor den Fenstern der Wenham

änderlich ist, ist man in dem Augenblick, wo man zum Einsammeln des Eises vorschreitet, sehr unruhig , weil durch ein plößlich eintretendes Thauwetter das gewonnene Eis verloren gehen könnte.

Auch bringt man hier das

Eis so schnell als möglich in Eisgruben, welche eigentlich sehr große Refrigeratoren sind, aus Tannenholz hergestellt, mit doppelten Mauern, die 60 Centimeter von einan der

abstehen

dieser Zwischenraum ist mit Sägespänen

gefüllt . Eis-Compagnie ſieht, ſtammen ausschließlich aus Norwegen her. Vor einigen Jahren bezog dieſe Compagnie ihr Eis wirklich von dem bei Boston in Nordamerika gelegenen

In Norwegen, wo die Kälte constanter ist als in Ame rika, verfährt man weniger eilfertig ;

aber das Eis wird

Ueber die Edelsteine in der Pariser Weltausstellung vom Jahr 1867.

430

hier mit denselben Vorsichtsmaßregeln eingesammelt, und

Ueber die

man bringt es in Eisgruben, welche einen Vorrath für Es erscheint fast ungereimt 23 Jahre fassen können. von zweijährigem Eis zu sprechen ; gleichwohl aber ist ein

Edelfeine in

der

Pariſer Weltaus

Hellung vom Jahr 1867. Die reiche literarische Quelle über die Mineralsubstan

großer Theil des Eises , welches jetzt in England verbraucht wird , bereits zu Ende des Jahres 1866 eingesammelt worden.

zen in dieser Ausstellung von dem General : Berg - In spector M. Daubrée enthält auch einen Artikel über die Edelsteine welche bei der Ausstellung vertreten waren.

Kehren wir jest zu der oben erwähnten Geſellſchaft

Daher Mehreres ganz Neue kommt darin zur Sprache. ſieht sich unsere Zeitschrift veranlaßt ebenfalls das We sentlichste aus diesem Artikel nachstehend mitzutheilen . Ein paar ergänzende Bemerkungen von Dr. C. 3. Andrä aus den "I Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der

zurück, welche in ihren Bekanntmachungen die Prätention erhebt allein reines Eis zu haben.

Dieß ist ein Frr

thum, denn es gibt kaum einen Fjord in Norwegen, in welchem nicht ein Kauffarteischiff im Winter durch den Frost zurückgehalten würde, und in diesem Fall beeilt

preußischen Rheinlande und Westfalens" flechten wir da bei ein.

die Mannschaft sich eine Ladung Eis einzusammeln , welche bei dem wird.

ersten günſtigen Winde nach England gebracht

Diamant.

Die Lagerstätten der indischen Diaman:

ten der Provinz Golconda, welche schon im Alterthum be Die Fahrt erfolgt unter günstigen Umständen in vier Tagen.

Fast die ganze Menge des eingesammelten Eises

wird nach England gebracht ; im Jahr 1865 wurden z . B. 45,593 metrische Tonnen Eis aus Norwegen ausgeführt, und England erhielt davon 44,055 Tonnen. Die Zwischenräume zwischen den Eisblöcken werden mit rohem Eis ausgefüllt.

Der Abgang während des Trans

fannt waren, sind jest wenig ergiebig und die Gewinnung der Diamanten auf Borneo unterliegt großen Schwierig feiten. Von beiden Localitäten waren keine Diamanten ausgestellt.

Dagegen figurirten die Diamanten aus Bra:

silien, welches heutzutage diesen kostbaren Stein fast aus: schließlich für Europa liefert. Hr. Coster und Brasilien selbst waren die Aussteller.

Bekanntlich findet sich der

portes nach den Eisgruben beträgt ungefähr 10 Proc. Die Eisblöcke werden dabei ebenso wie Steinblöcke behan

Diamant fast nur im Sande, die Gebirgsart in welcher er sich ursprünglich gebildet hat, ist nur unvollkommen.

delt ; man wendet dieselben Hebvorrichtungen an wie bei

bekannt. Der schwarze Diamant wurde im Jahr 1843 in der Provinz Bahia entdeckt. 1

diesen. Berücksichtigt man die große Maſſe des Eiſes welche transportirt wird, so wird man sich nicht darüber wundern daß die Arbeit mit einer gewissen Sorglosigkeit ausgeführt wird, welche erhebliche Verluste zur Folge hat. Nachdem man die Eisblöcke durch einen Krahn aus dem Schiffe gehoben hat, schafft man sie auf Barken nach den Eisgruben. Dabei erleidet das Eis, indem es nur durch ein einfaches getheertes und schwarz angestrichenes

Die Quantität der in Braſilien gewonnenen Diaman ten bleibt ziemlich stationär ; sie betrug in 1866 etwas über 37 Kilogramm, und dieses ist ungefähr die Mittel zahl der vorhergegangenen acht Jahre. Der Preis der Diamanten ist in den lezten Zeiten bedeutend gestiegen durch die großen europäiſchen Anforderungen und den wach senden allgemeinen Reichthum und Lurus.

Nach und nach

Zelt gegen die Wirkung der Sonnenstrahlen geschützt ist, wieder einen Abgang durch Schmelzen . Den gesammten

hat sich der Preis während der letzten zehn Jahre ver

Abgang welchen das Eis erleidet, bevor es an den Groß händler gelangt, kann man zu 50 Proc. veranschlagen.

da die Lagerstätten hinreichend erforscht und zum Theil erschöpft sind. Auch können die Preise nicht sinken, weil die

doppelt.

Schwerlich wird die Gewinnung sich vergrößern,

Handarbeit durch die Kriege und die Abschaffung der Beim Einbringen des Eises in die Eisgruben legt man zwischen die Blöcke Sägespäne.

Ohne diese Vorſicht würde

Sklaverei in Braſilien kostbarer geworden ist. Vom Jahr 1859 bis einschließlich 1860 sind 1,131,326 Karat Dia

das Ganze wieder frieren und eine dichte Masse bilden ,

manten aus Brasilien nach Europa ausgeführt worden.

von welcher man nur schwer ohne neuen Verlust Theile ablösen könnte.

Von Rio de Janeiro werden Diamanten aus den Wäsche

Die Eisblöcke welche entweder 100 oder 50 Kilogr. wie

reien von Bagagem und Cuyba nur in sehr kleiner Quan tität verschickt, man nennt sie brut mina ; Bahia liefert

gen, werden bei der Versendung an die Detaillisten in

eine 10

Säde gepackt, in denen man sie ebenfalls mit Sägeſpänen umgibt. (Polyt. Centralblatt. )

welche den Namen brut sincora führt.

20 Proc. niedriger im Werthe stehende Sorte, Stellt man sich

vor, es bildeten die seit zehn Jahren in Brasilien gewon nenen Diamanten eine dichte Maſſe ohne Zwischenräume, 1 Derselbe wird unter dem Namen Carbonat nur zum Schnei den und Schleifen von harten Steinen und Metallen verwendet. Dafür ist er aber ein sehr geschäßtes und nützliches Material. Der Bearbeiter.

Ueber die Edelsteine in der Pariser Weltausstellung vom Jahr 1867.

so würde solche einen Körper darstellen von ungefähr

431

Länge, und 1½ " im Durchmesser, und 12 nur etwas klei nere sich befanden. Sämmtliche traten bald einzeln, bald

100 Kubikdecimeter Inhalt, oder einen Zehntel Kubik meter.

zu mehreren vereinigt aus der scheinbar homogenen Ge

Man kennt aber auch Diamanten aus dem goldfüh renden Sande anderer Länder, z. B. vom Ural. Man

steinsmasse hervor, saßen indeß in Wirklichkeit nur stellen weise noch der ursprünglichen Felsart, einem grauem Kalke,

hatte Zweifel über die dortigen Fünde geäußert, die Fünde

auf.

sind aber neuerlichst bestätigt worden.

Denn größtentheils hatte hier eine Nachahmung des

In den Vereinig

lehteren durch Gyps stattgefunden, welcher sich aber so

ten Staaten, in Georgien und Nordcarolina und jüngst in Californien sind ebenfalls Diamanten in solchen Verhält

täuschend mit den wahren Gesteinsbruchstücken zu einem

nissen entdeckt worden.

den Anblick dieſes´ Wunderberges schon eine derartige Du: pirung gefallen lassen konnte,"

Die Provinz Victoria in Auſtra

lien hat eine größere Quantität geliefert ; in dem District Beechworth fand man vor 1865 vierzig Diamanten, wo von einer 17 Karat schwer war, und später fünfzehn Stück

Ganzen verband, daß man sich mit Rücksicht auf den reizen

Auch waren Smaragde aus Aegypten ausgestellt, von dem südöstlichen Abhange des Berges Zabarah, wo schon die Alten die Edelsteine gewonnen hatten. Der ausge

in dem Bergwerksgebiet Woolshed, so daß man jetzt 50 Exemplare aus Victoria kennt. Eine commercielle Bedeu tung haben dieſe Diamanten noch nicht erhalten. ·• Neuer

zeichnete Naturforscher Cailliaud hat die vormaligen Ge

lich hat man auch in der Colonie am Cap bei Hop-Town

Glimmerschiefer eingewachsen. Ebenfalls in Glimmerschiefer

am Orangefluß vier Diamanten von sehr reinem Wasser aufgefunden, wovon einer 12 Karat Gewicht besaß. Nä

kennt man sie schon lange aus dem Salzburgischen im

here Nachforschungen an dieser Localität wären sehr zu wünschen . Noch ist hier ein Anthracit zu erwähnen, welcher eine sehr lebhafte Politur annimmt, und dann Diamantglanz

winnungen wieder aufgefunden.

Die Smaragde sind einem

Heubachthal, wo sie aber nicht schön gefärbt sind. Ein ganz ähnlicher Glimmerschiefer von Mursinsk am Ural ent hält ebenfalls Smaragde.

Lehtere sind in sehr großen

Exemplaren von sehr lebhaften Farben ausgestellt. Edelsteine aus Rußland.

Außer den vorange

Dichtigkeit des Anthracits besitzt, so ist es um so merk

führten Smaragden kommen am Ural auch noch andere Edelsteine vor. Mit dem Smaragd finden sich zwei an

würdiger daß er stellenweise eine außerordentliche Härte hat, welche das Glas und selbst den Diamant rigt . '

dere mineralische Verbindungen, welche ebenfalls durch ihren Gehalt an Beryllerde ausgezeichnet sind, nämlich waſſer=

Smaragd. In den Bergwerken von Musso, bei Santa

heller Phenakit von sehr schönem Glanz, und sehr große

Fe de Bogotá in Neu- Granada oder der Republik Colum bien, entdeckten die Spanier schon im Jahr 1555 den Sma

und schöne Zwillingskrystalle von Chrysoberyll , welche Alexandrite genannt werden ; dann Smaragde von derjeni gen Varietät welche man gegenwärtig Aquamarine nennt ;

erhält.

Er kommt aus Braſilien .

Obgleich er nur die

ragd. Von dieser Lokalität ſind viele Exemplare ausgestellt. Die Gewinnung wird von dem französischen Ingenieur Lehmann für Rechnung des Hauſes Halphen dirigirt. Die Smaragdkrystalle finden sich in einem schwarzen Kalkſtein welcher der Kreide-Formation angehört. Dr. Andrä äußert sich darüber in folgenden Worten : „ Zum Schluſſe meiner Mittheilungen sei noch eine wahrhaft bezaubernd zusammengeseßte Gruppe von prächtig grünen

es sind schöne Krystalle von weingelber Farbe, welche nicht verwechselt werden dürfen mit dem gewöhnlichen längst bekannten Beryll von Odon- Tschelon im südlichen Sibirien ; ferner meist undurchsichtige Saphyre und durch außeror dentliche Größe der Kryſtalle und Vielzahl der Flächen ausgezeichnete blaue Topase. Alle diese Steine, sowie selbst der Sphen (Titanit), dieser in durchsichtigen und dem To pase in der Farbe ähnlichen Krystallen, waren auch ge

Smaragden erwähnt, welche, den Gruben von Musso in Neu Granada an der Ostseite der Anden entnommen, die Gesellschaft

schliffen in der Ausstellung vorhanden. 1

Edelsteine aus Brasilien. Lehmann u. Comp. zu Paris in dem Haupteingange des fran zösischen Bezirks aufgestellt hatte, und die uns lebhaft in die Märchenwelt versette, wo oft so verschwenderisch der kostbaren Edelsteine gedacht wird. Auf einem ringsum freien und daher allseitig zugänglichen Postamente ruhte ein mehrere Fuß hoher Glaskasten, der einen Felsen voll der schönsten jener Mineralien umschloß. Ich zählte derer

Brasilien ist zwar

reich an Edelsteinen, aber außer den Diamanten waren. nur Krystalle von Topas und Euclas ausgestellt. Edelsteine aus Victoria. Victoria in Australien hat nicht bloß die schon erwähnten Diamanten. Bei der Bearbeitung des goldführenden Sandes sind andere Edelsteine gefunden worden,

auch noch

wovon Exemplare in

mehr als 50 in hexagonalen Prismen ausgebildete Kry ſtalle, worunter drei sehr große, bis zu 2½ “ rh. in der

der Ausstellung vorhanden waren, darunter vorzüglich

1 Sollte die zuletzt angeführte Eigenschaft nicht auf Täu schung beruhen ? Vielleicht ist es ein Anthracit, welcher stellen weise in schwarzen Diamant übergegangen ist. Der Bearbeiter.

1 Den Sphen hatte man schon früher selten als Edelstein geſchliffen ; daß aber auch der Phenakit in dieſer Weise als Schmuct verwendet wird, scheint neu zu ſein. Der Bearbeiter.

Saphyre in verschiedenen Farben-Nuancen und Krystall :

Miscelle.

432

formen, wie man sie sonst nur aus dem Orient fennt,

Gewinnung der dort heimischen Achate jezt gänzlich ein.

und selbst Stern- Saphyre von ausgezeichnetem Asterois

gestellt ist. 1

mus ; ebenfalls Corunde von grüner Farbe, welche man orientalische Smaragde nennt, sogar Corunde von gelber Farbe, sogenannte orientalische Topase ; ferner wasserhelle Topase, sogenannte Wassertropfen, wie solche auf der Flin : ders Insel bei Tasmanien vorkommen, welche im geſchnit: tenen Zustande dem Diamant sehr ähnlich sind, auch To: pase von bläulichem Teint. Die Edelsteine von Victoria dürften nicht bloß ein

Auch die Amethyste vom Ural figurirten bei der Aus stellung, und zwar in geschliffenem und natürlichem Zu stande ; so wie eine sehr schöne Gruppe von Amethyſt aus Canada, und eine andere aus der Türkei aus den Ber gen von Taschova . Im Süden von Spanien gewinnt man Bergkrystalle von sehr schöner gelber Farbe, welche als Topase verkauft werden. Sie sind nicht theuer, denn in 1862 hat man 550

theoretisches Intereſſe darbieten, sondern wahrscheinlich wer den sie später einen Gegenstand des commerciellen Ver

Kilogramm derselben für 2400 Franken verkauft.

triebs abgeben ; da ſie faſt alle ſchwerer sind als Quarz, so können sie leicht bei dem Waschen des Goldes mit diesem

den Obsidian vom Kaukasus in Form von Vasen und Echalen ausgestellt , welche reichlich Farben reflectirten .

Rußland hatte auch, und zwar zum erstenmal, schillern

Sie kamen vom Berge Ararat und waren in Tiflis ge=

gewonnen werden .

schliffen. Türkise. An den Ufern des Rothen Meeres, fünf Tagereisen von der Spize von Akaba, welche das Ende

Endlich muß auch bei den Schmucksteinen noch der Bernstein erwähnt werden, obgleich er nur ein fossiles Harz

der Halbinsel Sinai bildet, befindet sich eine Lagerstätte von Türkisen. Sie wurden schon im hohen Alterthum

ist.

Wir übergehen diese zu bekannte Substanz, so weit

sie an den Ostseeküsten von Preußen gewonnen wird, aber gewonnen, welches die tiefen, mit Menschenhand gemachten Gruben, die mit ägyptischen Bas-Reliefen und Hierogly phen bedeckten Felswände und mehrere Baureste beurkun den. Nachdem Petiteau die Lagerstätte im Jahre 1865

ihr Vorkommen in Rumänien verdient als neu oder wenig bekannt besonders hervorgehoben zu werden. Dr. C. J. Andrä sagt davon :

In der rumänischen Abtheilung war

eine Sammlung von Bernstein und daraus gefertigten erforscht hatte, nahm er ihren Betrieb wieder auf.

Der schönen Schmucksachen, wie Ketten , sehr zierliche Kästen,

Türkis findet sich in einem Sandstein welcher mit Pulver gesprengt werden muß, um die darin eingesprengten Tür:

Pfeifenspißen und dergleichen zur Schau ausgelegt, an denen zum Theil die dunkeln Farben des Materials ſehr

fise zu gewinnen .

Diese Türkise bestehen aus einem waſſer

haltigen Thonphosphat und sind daher ebenso zusammen. gesezt wie die Türkise aus Persien, aus welchem Lande

auffielen ; denn es waren darunter faustgroße Bernstein stücke von tiefbrauner, ja selbst schwarzer Farbe." Nach Daubrée findet sich dieser Bernstein im tertiären Gebirg.

der größere Theil der im Handel vorkommenden Steine Er verdient chemisch analyſirt zu werden. dieser Art herrührt.

Verschiedene Steine.

Der wasserhelle und farb

lose Bergkrystall wird jezt nicht mehr so viel verwendet. wie im Alterthum und der Renaiſſancezeit, weil er einen

Sorby's Versuche mit Löthrohr und Mikro

funden hat.

mächtigen Rival in dem künstlich dargestellten Kryſtall ge Indeß hat er doch auch wieder Wichtigkeit

skop. Hr. Sorby ersann eine neue Methode zur Unter suchung von Mineralien mit dem Mikroskop und dem Löth:

erlangt durch die Entdeckungen der optischen Geseze welche wir den Forschungen von Malus, Arago, Biot und andern

rohr. Er schmelzt einen kleinen Theil (eine Perle) der zu untersuchenden Substanz in Borar, fügt je nach den

Physikern verdanken.

Umständen verschiedene Reagentien hinzu, verwahrt das Kügelchen eine kurze Zeit lang in einer schwachen Roth

Die meisten klaren Bergkrystalle,

3. B. aus der Schweiz, sind zu solchen Experimenten nur wenig geeignet ; Brasilien aber liefert die geschäßteſten Bergkrystalle für solche Untersuchungen . Die sehr großen Bergkrystalle von so schönem Ansehen, welche sehr zahlreich aus Japan kommen, sind eben so wenig zu solchen Expe rimenten geeignet . Die Amethyste aus der argentinischen Republik, welche sehr zahlreich und in großen Drusen ausgestellt waren, kommen in Ueberfluß von Salto am Uruguay , wo sie mit Karneolen und andern Achaten sich finden. Sie werden in Oberstein in großer Menge zu geschliffenen Schmuck und Zierdegegenständen verarbeitet, wodurch die

glühbige, worauf charakteristische Krystalle der Substanz, die bisweilen der Form nach eigenthümlich schön sind, zum Man kann den ganzen Proceß und Vorschein kommen. die Krystalle unter dem Mikroskop sehen. (Athenäum.) 1 Die Achate aus der argentinischen Republik sind viel schö. ner als die deutſchen, und laſſen ſich leicht künstlich färben, zu Onyxen und dergleichen, und daher werden die Achatgräbereien in der Gegend von Oberstein nicht mehr betrieben. Jenen aus ländischen Steinen verdanken die Achatschleifereien von Oberstein und Idar vorzüglich ihren heutigen großen, Aufschwung. Der Bearbeiter.

Truck und Verlag der J. G. Cotta’‍schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. C. F. Peschel .

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Sweinndvierzigster Jahrgang.

Nr. 19.

Augsburg ,

1869.

8. Mai

Inhalt: 1. Zwei römische Schauspieler. Von Hermann Göll. 1 ) Roſcius. 2. Der Walfischfang. - 3. Zwei Briefe aus Inner-Afrika von Dr. Schweinfurth an den Erzbischof von Kalocsa. 4. Religiöse Schwindeleien in den Vereinigten Staaten. -7. Bruch 5. Die Goldgewinnung in der neuesten Zeit. 6. Fortschritte in der Entzifferung der finaitischen Felsen-Inschriften. stücke aus dem Schlußbande von J. J. Tschudi's Reifen in Südamerika. 1) Der Aufſtand der peruaniſchen Indianer im Jahr 1780-1781 . 2 ) Kauderwälſch der Deutſchen in Südamerika. 3) Das Wappen von Arequipa. 4) Ein betrogener Schaßgräber. 8. Ein sehr kleines foffites Pferd aus Nordamerika. 9. Die Protuberanzen der Sonne sichtbar geworden.

schwingend, über der Stola bekleidet mit einem zugleich den

Bwei römische Schauspieler. Kopf bedeckenden Ziegenfelle, die Füße in altväteriſche Schnabelschuhe gehüllt. Mehr jedoch als ihre menschliche

Von Hermann Göll .

Gestalt im Tempel erregte die ehrfürchtige Scheu der gläu

1.

Roscius . bigen Menge eine dunkle Grotte im nahen Haine, wo eine

Ungefähr drei deutsche Meilen südöstlich von Rom in

jorgfältig gepflegte große Schlange hauste. Die Schlan gen spielten ja überhaupt bei den Römern eine größere

der verödeten Campagna liegt auf dem vom Krater des Nemisees vorspringenden Bergrücken das Städtchen Lavigna. An derselben Stelle befand sich im Alterthum die Stadt

Rolle im religiösen Glauben als bei den Griechen, da sie

Lanuvium, von deren Daſein heute noch quadratische antike

des ganzen Hauses betrachtet und geehrt wurden wenn

Tufmauern und Substructionen eines großen Tempels zeugen. Auf einer Villa in der Nähe dieses Orts erblickte

sie sich in den Wohnungen zeigten.

als die Fleisch gewordenen Genien der Familienglieder und

Man hegte und füt:

terte deßhalb eine unschädliche Art des Reptils in den

1 Antoninus Pius das Licht der Welt ; auf der zum Gebiete

Häusern welche so überhand nahm daß Plinius, der Ael :

der Stadt gehörenden ſelonischen Meierei wurde auch ums

tere, meint, sie würde den Römern über den Kopf wachsen,

Jahr 135 v. Chr. der berühmte Schauspieler Roscius ge

wenn sie nicht von Zeit zu Zeit die Feuersbrünste deci

Seine Wiege stand in der ärmlichen Hütte eines

Die lanuvinische Tempelschlange galt ebenfalls

Sklaven ; denn nach Plinius, dem Aelteren, erkaufte sich

gleich der in allen Heiligthümern Aeskulaps als leibhaftige

der spätere Künstler erst die Freiheit. Sein voller Name Quintus Roscius Gallus läßt auf zweierlei schließen. Die

Incarnation der Gottheit selbst und vertrat deßhalb die

boren.

Freigelassenen pflegten nämlich ihren Sklavennamen hinter dem Familiennamen ihres Herrn zu führen .

Gallus wird

aber der junge Sklavensohn getauft worden sein, weil sein Vater ein gallischer Celte war. Roſcier ferner gab es nicht allein in Rom und Ame❘ ria, sondern auch eben in Lanuvium.

Speciell von den

Rolle Juno's an deren Hauptfeste, dem 1. Februar, als Prophetin. An diesem Tage nämlich wurde ihr von einer Jungfrau mit verbundenen Augen ein Opferfladen in die Höhle getragen .

Genoß das Thier von der Speiſe, ſo

galt dieß als Zeichen für ein fruchtbares Jahr ; verſchmähte es sie, so herrschte Trauer, und der gute Ruf des Mädchens war dahin. Es scheint, als ob dieses fromme Gaukelspiel

letzten wissen wir daß sie zu denjenigen vornehmen Fami

eine große Menge Neugieriger aus der Nähe und Ferne

lien gehörten welche sich die Göttin Juno Soſpita (die

herbeigelockt habe.

Erretterin) in Lanuvium zur Schußpatronin erkoren hatten

das Fest besuchen und gibt von der Ceremonie selbst fol

und deren Bild auf ihren Münzen führten.

gende Beschreibung :

Jene Tempel

Wenigstens läßt Properz seine Cynthia

ruinen bei Lavigna bezeichnen noch die Stelle wo die auch in Rom sehr heilig gehaltene Cultstätte dieser Juno lag, in deren Cella ſie ſelbſt ſtand, in der Linken einen aus geschnittenen Schild haltend, in der Rechten Ausland. 1869. Nr. 19.

eine Lanze

„ Seit Jahrhunderten haust zu Lanuvium ſchüßend ein Drache Da, wo dem seltenen Besuch kaum man ein Stündchen ent zieht 55

Zwei römische Schauspieler.

434

Wo sich der heilige Weg abwärts in die finstere Kluft taucht, Wo man hinab (Jungfrau, meide so schlüpfrigen Pfad !) Bringet dem hungrigen Wurm das Geschenk, wenn jährlich er Speisung

aufbewahrt, das kein geringerer Mann als Quintus Lu tatius Catulus, der Besieger der Cimbern auf der raudi schen Ebene, gedichtet hat. Es lautet :

Heischet und beiſ'res Geziſch drängt aus den Tiefen herauf. Zu dem Opfer hinunter gesandt, erblaſſen die Mägdlein, Denn wer böte die Hand gerne dem Drachengcbiß? Jener ergreifet den Fraß, den sie jungfräulich ihm darreicht, Und in der Jungfrau Hand bebet das Körbchen zugleich. Zeigt sie sich keusch, kehrt wieder sie heim in die Arme der Aeltern; gesegneten Jahr!“ dem Landmann „Heil ruft: Aber der

„Jüngſthin ſtand ich, die Sonne verehrend eben im Aufgehn, Da zur Linken mir, ſchau ! plöglich geht Roſcius auf. Zürnet, Ihr Himmliſchen, nicht, wenn ich was ich dachte geſtehe: " Schöner fürwahr als der Gott däuchte der Sterbliche mir “ Cicero fügt freilich hinzu :

seine Schönheit sei von schie

lenden Augen begleitet gewesen. Er sieht jedoch hierin keine Entstellung, sondern meint gerade dieß habe ihn noch pikanter und interessanter gemacht.

Es läßt sich vorausseßen daß in der ganzen Umgegend von Lanuvium, wo seit uralter Zeit der Schlangencult

Man hat in neuerer Zeit nicht mit Unrecht das römi sche Bühnenwesen der Ciceronianischen Zeit mit den heu

eine so bedeutende Rolle spielt, dem Erscheinen und Ges bahren der Schlangen besondere Aufmerkſamkeit zugewen. det wurde. So erregte denn auch das Erscheinen eines solchen Thiers in der Wiege des fleinen Roscius Gallus nicht geringes Aufsehen.

tigen französischen Theaterzuständen verglichen.

ten Mimen beherrscht, lockeren Poſſen, deren Inhalt dem Treiben der unteren Schichten der hauptstädtischen Bevöl

Cicero spricht hierüber in dem ferung entnommen waren.

Buche

Das große

Publicum war von ungemeiner Vorliebe für die sogenann

Daneben existirte noch das

über die Weissagung" zu seinem Bruder Quintus :

" Glaubst du denn daß dein Liebling Roscius selbst oder

classische Trauer und Lustspiel . Die Masse fand aber keinen Geschmack an ihnen, wenn nicht ihre durch Triumph

ganz Lanuvium für ihn gelogen hat ? Als dieser noch in züge und Gladiatorengefechte verwöhnten und abgeſtumpften der Wiege lag und auf der selonischen Meierei erzogen wurde, wachte einst in der Nacht seine Amme auf und bemerkte beim Schein des daneben stehenden Lichtes daß den schla fenden Knaben eine Schlange umschlungen hielt.

Erschrect

durch den Anblick erhob sie ein Geschrei ; sein Vater aber erzählte den Vorfall den Opferschauern, welche erklärten ,

Augen durch außerordentlichen Reiz prachtvoller Decora tionen, Costüme u . s. w. geblendet wurden.

Recht deutlich

zeigt sich dieß aus einem Briefe Cicero's an seinen Freund Marius, worin er über die Spiele des Pompejus berichtet und unter anderm erwähnt daß ihm das ganze Vergnügen durch den überladenen scenischen Apparat gestört worden

das Kind werde an Berühmtheit und Glanz alles über: jei; nicht weniger als 600 Maulesel wären in der „Kly: treffen. Und jene Erscheinung ciselirte Paſiteles in Silber, Archias aber beſang sie in Versen. “ An einer andern

tämneſtra“ auf der Bühne erschienen, 3000 Miſchkeſſel im " Trojanischen Pferd, " Reiterei und Fußvolk der verschie

Stelle desselben Werkes wißelt Cicero vom rationalistischen densten Waffengattungen ; das Volk habe in Bewunderung Standpunkt aus über die Sage und hält selbst das Fac tum für weiter ausgeschmückt. „Was Roscius betrifft, "

geschwelgt.

kann das für falsch sein daß die Schlange ihn

Noch unersättlicher wurde diese Schauluſt einige Decen

umwickelt habe, daß aber in der Wiege eine Schlange sich

nien später, wo Horaz über den verdorbenen Geſchinack

sagt er,

mit folgenden Versen klagt : befand, ist gar nicht so wunderbar, besonders im seloni schen Gefilde, wo die Schlangen am Herde Jahrmarkt hal. ten. Denn wenn die Seher geantwortet haben, er werde an Berühmtheit und Glanz alles übertreffen , so wundere ich mich nur darüber daß die unsterblichen Götter einem zukünftigen Schauspieler seine Berühmtheit angezeigt haben, einem Africanus aber nicht. "

Der Herr des jungen Sklaven (vielleicht der Vater von dem in der Schlacht bei Mutina gefallenen Cäsarianer Lucius Roscius Fabatus) erkannte an dem geschmeidigen Gliederbau und der natürlichen Anmuth, wahrscheinlich auch an besonderem mimischen Talente desselben, zu wel chem Beruf er sich vorzugsweise eignete, und da die meisten. Schauspieler Sklaven waren und ihre Gage ganz oder zum größten Theil an ihre Herren abliefern mußten, so schickte er ihn, wie es gewöhnlich war, zu einem renom mirten Schauspieler in die Lehre. Ueber die schöne Figur des Roscius hat uns Cicero als Zeugniß ein Epigramm

„Selbst schon der Ritter verlor den Geschmack am Hören ; er will nur Schaun, bald dieß bald das, will ein inhaltsloses Vergnügen Oft vier Stunden und mehr bleibt weitgeöffnet der Vorhang, Während Reitergeschwader und Fußvolkschaaren dahinflieh’n, Könige darauf mit Zwang und gefeſſelten Händen umhergeh'n, Allerlei Wagen mit zwei , vier Rädern, Schiffe vorbeizieh'n, Schnitzwerk dann und ein ganzes Korinth als Beute gebracht wird. Wenn Demokrit noch lebte, der würde das alles belachen, Wenn so ein seltsam Wesen, Gemisch von Kamel und von Pardel, der ein Weißelephant die Blicke des Haufens auf sich zicht; Würde noch aufmerksamer das Volk, als die Spiele beſchauen, Was zu Betrachtungen Stoff ihm vöte, noch mehr als ein Luft spiel. Aber der Dichter -- das wär' ihm der Thor, der Märchen den tauben Ohren des Esels erzählt ; denn wo wär' eine Stimme so mächtig Jenen betäubenden Lärm zu bewältigen unsers Theaters !

Zwei römische Schauspieler.

Ebenso braust der garganiſche Wald und der tusciſche Meerſchwall, Wie das Gelärm , wenn Fechter zu schaun sind oder ein Kunst werk, Oder des Auslands Schäße.

435

mußte streng vermieden werden, und selbst gewisse zur an dern Natur gewordene Manieren sah man bloß größeren Künstlern nach.

Freilich war die Lebendigkeit und Viel

Sobald ſich mit solchen beladen ſeitigkeit der Geſticulation beinahe eine Nothwendigkeit, da

Zeiget der Komödiant, dann klatſcht ihm alles entgegen ! Sprach er bereits etwas ? Kein Wort ! Wem gilt da der Beifall! Seinem Gewand ! ist gefärbt mit echt tarenkinischem Purpur! " Zur Zeit des Roscius nahmen wenigstens die Gebil deten noch regen Antheil an den Stücken des Plautus und Terenz.

das Mienenspiel durch die seit Terenz aufgekommene grie chische Unfitte der Masken unmöglich gemacht war. Der jüngere Plinius schreibt an seinen Freund Tran: quillus : „Hilf mir aus meiner Noth ! Wie ich höre, leſe ich schlecht, doch nur Verse. Ich gedenke daher bei der

Aber ein großer Theil von ihnen konnte die auf

geführten Dramen beinahe auswendig ; er ging daher nicht des Inhalts derselben wegen ins Theater, sondern fand an einer feinen künstlerischen Darstellung sein Ver gnügen. Aus Cicero's Briefen erkennt man nicht allein seinen Enthusiasmus für die Leistungen großer Schau spieler, sondern auch das lebhafte Intereſſe welches seine auswärtigen Freunde an den scenischen Spielen in Rom

nächsten Vorlesung die ich meinen vertrauten Freunden gebe, einen Versuch mit meinem Freigelaſſenen zu machen. Ich selbst weiß aber nicht was ich beginnen soll so lange er dieß, ob ich steif, stumm und wie ein Müssiger ſizen, oder (wie einige thun) das, was er liest, mit Gemurmel, Mienenspiel und Gesticulation begleiten soll. Allein ich glaube daß ich eben so wenig zum Gebärdenspiel tauge als zum Vorlesen. Ich wiederhole daher, hilf mir aus der

nahmen. Daß Cäsar im Theater sehr unaufmerksam war, Briefe und Depeschen las und beantwortete, erregte bei

Noth, und schreibe mir aufrichtig ob es besser sei schlecht

vielen Anstoß, und Octavian vermied es gefliſſentlich) in denselben Fehler zu fallen.

zu lesen, oder jenes zu thun, oder es auch ganz zu unter laſſen. " Wer ohne Kenntniß der römischen Vorliebe für die Mimik auf diese Stelle stößt, möchte zu entschuldi

Durch das immerwährende Anhören ausgezeichneter

gen sein, wenn ihm gelinde Zweifel an dem Verstande

Redner hatte aber auch die große Menge ein so geſchärf tes Gehör bekommen, daß sie eben so genau wie das athe nische Publicum den leiſeſten Verstoß gegen Versmaß und Sylbenwerth vernahm. Cicero schreibt in seinen „ Para

des liebenswürdigen Briefstellers aufsteigen. Allein es ge schah schon zu Cicero's Zeit auf dem Theater noch etwas seltsameres, was uns als vollständige Störung der Illu sion geradezu unerträglich erscheinen würde.

In den Mo

doxen : “ „Wenn der Schauspieler nur ein wenig aus dem nologen fühlte man sich durch die Steigerung des Affects Tacte kommt oder wenn der vorgetragene Vers um eine einzige Sylbe zu kurz oder zu lang ist, wird er ausgepfif fen und ausgepocht. " Aber eben so streng rügte das Volk

bewogen Gesticulation und Vortrag gänzlich zu trennen. Dem Schauspieler blieb als Hauptsache das in pantomi mischen Tanz übergehende Gebärdenspiel, während ein

Versehen der Dichter, und Horaz sagt z . B.: „ Steht das Geſprochene nicht mit der Lage des Sprechers in Einklang, Dann läßt Ritter und Volk ein lautes Gelächter erſchallen. “ Der Hauptnachdruck lag aber bei der Darstellung neben der Recitation auf dem Gebärdenspiel, worin ja überhaupt die Südländer und besonders die heutigen Italiener Er staunliches leisten.

Für uns ist es geradezu unbegreiflich

wieviel Ausdruck allein in die Bewegungen der Hände, ja

Sänger das Recitativ vortrug und ein Flötenspieler Me: Dadurch bekam die Muſik einen

lodie und Tact angab !

selbständigen Charakter im Drama, und aus der ganzen Einrichtung entwickelte sich dann die Kunst der Panto : mimen, welche die Tragödie verdrängten und sich durch die ganze Kaiserzeit in der Gunst des Publicums be haupteten. Um die Leistungen des Roscius beurtheilen zu können,

in die Gestaltung und Krümmung der Finger gelegt zu

mußten dieſe Bemerkungen über das Bühnenweſen eingeſchal tet werden. Besonders eben der Mimik wendete Roscius inseiner

werden pflegte.

Jugend das sorgfältigste Studium zu . Valerius Maximus be

Quintilian schreibt : „ Es läßt sich kaum

sagen wieviel Bewegungen die Hände, ohne welche der Vor

richtet daß er sowohl als sein berühmter Zeitgenosse Aesop

trag verkrüppelt wäre, besigen, da sie beinahe der Fülle

sich oft auf dem Forum unter die Zuhörer mischten, welche

der Worte gleichkommen.

dem Rivalen Cicero's Hortensius lauschten, um das kunst:

Denn die übrigen Theile des

zu sagen selbst. Oder verlangen wir nicht mit ihnen, ver

reiche Mimen und Gebehrdenſpiel dieses Redners, der nach Cicero's Urtheil mehr Mimik auf der Rednerbühne ent

sprechen, rufen,

wickelte als nöthig war, und dem sein Gegner Torquatus

Körpers unterstüßen beim Sprechen ;

entlassen,

diese sprechen so zu

drohen, bitten,

verabscheuen,

fragen, fürchten, verneinen ? Aeußern wir nicht durch sie

geradezu den Beinamen „ Schauſpieler“ gab, für die Bühne

Freude,

benußen zu können .

Trauer ,

Zweifel, Eingeständniß, Reue,

Maß,

Menge, Zahl, Zeit ? Uebernehmen sie nicht bei Bezeichnung von Orten und Personen die Stelle der Adverbien und

Auch in späteren Jahren soll er nach

demselben Schriftsteller jeden Geſt, deſſen er sich auf den Brettern bediente, vorher vor dem Spiegel einstudiert haben .

Dann gibt er Anweisungen über die Func

So gelangte er bald zu dem Grade der Vollkommenheit

tionen der einzelnen Finger und ihrer Configurationen. Aber alles Uebertriebene, den Anstand überschreitende

in seinem Fache daß er die studirte Eleganz seiner Dar

Fürwörter?"

ſtellungsweise in eine methodische Anweisung zusammen

Zwei römische Schauspieler.

436

Offenbar gehören alle diese Citate nicht in ein Luft

fassen konnte, worin er nebenbei besondere Rücksicht auf die Redekunst nahm.

Cicero erklärte es daher sogar als

Beweis von Unverschämtheit, wenn ein College des großen Meisters vor dessen Augen spielen könnte ; denn wie kann sich einer rühren ohne daß jener sogleich seine Fehler be merkt ?"

Ja, man kam bald dahin seinen Namen sprich

wörtlich für die höchsten Leistungen in jedem andern Fache zu gebrauchen. " Seht ihr nicht, " sagt Cicero im ,,Redner," „daß alles was er thut vollkommen ist, und mit der höch ften Anmuth verbunden ? alles so, daß es ihn gut kleidet und alle ergößt und rührt ?

spiel, und der Beweis scheint geliefert daß Roscius auch im Trauerspiel sich versucht hat. Leider dürfen wir aber den Anfang der ciceronianischen Rede nicht anders über: sehen als : „ Niemals trägt ein Roscius " (d. h. ein guter Declamator) u. f. w., und zwar aus dem einfachen Grunde weil der große Komiker im Jahre 62 v. Chr., als Cicero den Dichter Archias vertheidigte, bereits todt war, die Schrift „über den Redner" aber erst sieben Jahre später verfaßt worden ist ! Roscius scheint sich übrigens vom Gebrauch der Maske

Schon längst hat er es daher

so weit gebracht daß jeder der sich in irgend einem Fache

émancipiren gewollt zu haben.

auszeichnet ,

Cicero in dem eben genannten Werk sagen können : „ Auf

in seiner Art ein Roscius " genannt wird. "

Denn wie hätte sonst

,,Valerius Maximus lobt ihn mit den Worten : „ Nicht

dem Antlige beruht alles und dort gehört wieder die Herr

die Schauspielkunst empfahl den Roscius, sondern dieser

schaft den Augen ; darum hatten unsere Alten recht, welche nicht einmal Roscius sehr beklatschten, wenn er maskirt

die Schauspielkunst. " Auch Horaz nennt ihn deßhalb „tief gebildet. " Hundert Jahre nach der ciceronianischen Zeit

war. "

Mit welchem Eifer das Publicum den Vorstellungen

freilich, wo ein mehr realistischer Zug die Bühne beherrschte,

des Roscius beiwohnte und folgte , ersieht man aus Ci.

fand man die Manier des Roscius altmodisch und lächer

cero's „Brutus," wo es heißt : „ Ich will daß es dem Red

lich.

Dieß erhellt aus dem Dialog des Tacitus „ über die

ner so gehe daß, sobald sich das Gerücht verbreitet er

Redner, " wo es heißt: „ Die Menge der den Gerichts:

werde sprechen, die Pläße auf den Bänken besetzt werden,

sigungen Beiwohnenden erträgt eben so wenig die strenge und schmucklose Weise der alten Zeit, als wenn jemand

gespannt ist, daß dann, sobald der, welcher sprechen will,

das Tribunal ſich füllt, der Zuhörerkreis dicht, der Richter

auf der Bühne die Gesticulation eines Roscius oder Tur

auftritt, von dem Publicum Stillschweigen beobachtet wird,

pio Ambivius (eines Zeitgenossen von Terenz) nachahmen wollte."

häufiger Zeichen des Beifalls und der Bewunderung er schallen , wenn er will Lachen oder Weinen ausbricht ; ja

Roscius führt bei den Alten den stehenden Beinamen

wer es von ferne sieht und nicht weiß um was es sich

,,der Komiker."

Cicero erwähnt als eine seiner Rollen

die des großsprecherischen, schuftigen Kupplers Ballio im

handelt, muß sofort einſehen daß jener gefällt, und daß Roscius auf der Bühne stehe. "

Auch Quintilian schreibt ihm

Cicero klagt an einer andern Stelle darüber daß das

ausschließlich das Luſtſpielfach zu, indem er sagt : „Im Lang

Publicum dem Redner weniger Nachsicht zu schenken pflege

samen (bei Vortrag und Bewegung) liegt mehr Pathos.

als den Vertretern anderer Fächer, und wieder nimmt er Roscius zum Beispiel und erwähnt, daß wenn dieser ein

„ Pseudolus " des Plautus.

Deßhalb war Roscius mehr beweglich, Aesopus mehr ge messen, weil jener in der Komödie, dieser in der Tragödie auftrat. " Trozdem hat man, auf eine Stelle in Cicero's

mal ſeine Künſtlerlaune gehabt oder nicht mit der gewohn

Werk

sagt habe:

über den Redner" gestüßt, behaupten wollen daß

Roscius auch tragische Rollen übernommen habe.

Nachdem

ten Meisterschaft gespielt habe, das Publicum einfach ge Roscius wollte heute nicht spielen," oder „Ros

cius litt an schlechter Verdauung. " Einmal freilich paſſirte

nämlich Cicero dort davon gesprochen hat daß bei der

es auch dem Koryphäen der Komik daß das Volk während

Declamation an sich effectvolle Stellen durch darauf fol :

seines Spiels, wahrscheinlich aus einer die Politik berüh

gende gewichtigere in Schatten gestellt würden, fährt er

renden Veranlassung, lärmte und tobte, was Cicero so unverzeihlich fand daß er nach Macrobius deßhalb eine

fort: „Niemals trägt Roscius folgenden Vers mit dem Gest vor, der ihm gegeben werden kann : „ Denn der Weise fordert für Verdienst nur Ehre, Beute nicht,“ sondern er spricht ihn nachlässig, um auf den folgenden Vers :

Tadelrede verfaßte. der Glieder nachließ,

Im Alter,

als die Geschmeidigkeit

ließ Roscius, wie Cicero berichtet,

den Flötenspieler die Melodien etwas langsamer nehmen, um bequemer mit seiner Mimik folgen zu können, und auch dieß sah ihm die Menge gern nach.

„Was erblick' ich? Mit dem Schwert beſeßeſt Du das Heiligthum ?“ das Hauptgewicht zu legen, hinzu schauen, sich zu wundern, Ebenso geht es mit jenem andern Vers ?

zu staunen.

„Schutz wo find' ich?“

Auch Roscius hielt eine Schule für angehende Schau. spieler, und bildete sich also die Mitglieder seiner Truppe selbst heran. Die Strenge welche der Meister gegen sich selbst übte, bewies er auch in der Ausbildung seiner Schü Von einem derselben, Panurgus, sagt Cicero : „Roſ

ler. Wie nachlässig, wie wenig leidenschaftlich wird er gespro chen! Denn auf ihn folgt der Vers : „O Vater, Du o Vaterland, o Priams Haus !"

cius nahm in nicht bloß ihn sein Haus damit es hieße, er sei der Scholar von Roscius, sondern er unterrichtete ihn auch mit viel Anstrengung , Aerger

und

Mühseligkeit.

Zwei römische Schauspieler

Denn je geschickter und talentvoller einer in seinem Fach | ist , mit desto mehr Zorneseifer und Mühsal wird er es lehren. Denn wenn er das was er schnell sich angeeignet

437

für Roſcius deſſen Schwager Quintius vor Gericht ver theidigt hatte, übernahm die Anivaltschaft für seinen Lieb ling.

Wir wissen jedoch nicht wie dieser ins Jahr 77

hat langsam begreifen sieht, ärgert er sich zu Schanden," Und so heißt es bei Cicero auch im Werke " Ueber den

v. Chr. fallende Streit entschieden worden ist.

Redner:"

Rede seinen Clienten einen begüterten Mann, der sich nicht 3000 Rthlr. versucht fühlen könnte den Gegner um 2

Oft habe ich Roscius sagen gehört, er habe

noch keinen Schüler finden können dem er seinen vol

Cicero nennt in der nur fragmentarisch vorhandenen

len Beifall schenken mochte, nicht als ob keine des Bei

zu betrügen .

falls würdige ihm vorgekommen wären, sondern weil er

großen Mimen wurden anständig honorirt. Plinius schlägt dessen Jahreseinnahme auf 30,000 Rthlr. an (die gleich.

selbst nicht den geringsten Fehler ertragen könnte." Da für stand aber auch seine Schule in großem Ruf, und wer von ihm gebildet war, konnte des Beifalls auf der Bühne beinahe gewiß sein. interessante Einzelheiten .

Auch hierüber liefert Cicero „Welche

andere Erwartung,

Neigung und Gunst," sagte er, brachte Panurgus mit sich auf die Bühne, als daß er Schüler von Roscius war ? Alle welche diesen liebten , waren jenem günſtig, welche diesen bewunderten, schenkten jenem Beifall, welche endlich nur den

Namen

des

Roscius

gehört hatten,

hielten jenen für wohlgebildet und vollkommen.

So ist

Er hatte recht ; denn die Leistungen des

zeitige Tänzerin Dionysia stand sich auf 12,000) und Macrobius behauptet daß er für jeden Spieltag 1000 De nare 233 Rthlr. erhalten habe und außerdem die Be soldung für seine Truppe.

Im Jahr 77 v. Chr. hatte er

bereits 10 Jahre lang auf seine Gage verzichtet, also wie Cicero meint, auf die artige Summe von 350,000 Rthlrn. ! Gerade dadurch zeichnete er sich in den Augen der Römer vortheilhaft vor seinen Kunstgenossen aus, und beseitigte für sich die gegen seinen Stand herrschenden Vorurtheile in Bezug auf die verächtliche Lohnarbeit. Auch Cicero

die Masse ; weniges schäßt sie nach dem Maßstabe der

hebt diese Uneigennüßigkeit überall hervor.

Wahrheit, vieles nach dem ihres Vorurtheils.

theidigungsrede sagt er:

Was jener

verstand, darauf sahen sehr wenige ; alle fragten wo er es gelernt hätte.

Man glaubte es könnte gar nichts schlech: ·

tes und verkehrtes von ihm geleistet werden .

Wäre er

aus der Schule des Statilius gekommen : Niemand hätte

In der Ver

"1 Die Mühe des Verdienstes hat

Roscius auf sich genommen, der den Verdienst der Mühe verschmäht.

Dem römischen Volke zu dienen hat er bis

jezt noch nicht aufgehört, sich selbst schon längst." An einer andern heißt es : „Kann wohl an dieſem Manne ein Ver:

ihn sehen mögen, obgleich Statilius den Roscius in Kunst

gehen haften, der in sich mehr Ehrlichkeit als Kunst, mehr

griffen übertraf.

Denn niemand hatte glauben wollen

Wahrheit als Schule besißt, den das römische Volk noch

daß von einem schlechten Schauspieler ein guter Komiker

für einen bessern Menschen hält als er Schauspieler ist,

gebildet werden könnte, ebenso wenig wie von einem nichts:

der eine ebenso große Zierde des Senats wäre wegen

würdigen Vater ein braver Sohn abstamme.

von Roſcius kam schien er sogar mehr zu verstehen als er

seiner Uneigennüßigkeit, wie er eine Zierde des Theaters ist wegen seiner Kunstfertigkeit ?" Daß es ihm leid thue

verstand. Dasselbe begegnete neulich dem Komiker Eros. Als derselbe nicht allein durch Pfeifen, sondern auch

um Roscius als Menschen daß er aber gerade ein Schau spieler sei, spricht der Redner noch in zwei andern Reden

Weil er

durch Schimpfwörter von der Bühne vertrieben worden

aus, und die Wärme mit der er überall den Künſtler er

war, nahm er, wie zu einem Altar, seine Zuflucht zum Und

wähnt, beweist deutlich daß es mehr als Kunstintereſſe war was ihn an jenen fesselte. Weniger von Gewicht

so gelangte er, der kaum zu den leßten Schauspielern ge

für die allgemeine Anerkennung des Roscius ist, daß ihn

bört hatte, in furzer Zeit unter die ersten.

auch Sulla bevorzugte und mit einem goldenen Ringe, den

Hauſe, Unterricht, Schuß und Namen des Roscius .

Was hob ihn

empor ? bloß die Empfehlung des Roscius . “ Der bereits genannte Lehrling Panurgus brachte dem Roscius nicht nur vielen Aerger, sondern verwickelte ihn

damals nur Senatoren, Räthe und Magistrate tragen durften, beschenkte. Denn der Dictator war in seinem

Er war der

Umgange nicht wählerisch und zog überhaupt gern Tänzer und Schauspieler zu seiner Gesellschaft.

Sklave des Fannius Chärna, wahrscheinlich eines reichen Freigelassenen, und dieser hat mit Roſcius das Ueberein

Daß Roscius kurz vor 62 v . Chr. gestorben iſt, ergibt sich, wie bereits gesagt, aus der Rede Cicero's für den

kommen getroffen daß das Spielgeld des Panurgus zwi

Dichter Archias, in welcher ihm der ehrenvolle Nachruf gewidmet ist: "! Wer unter uns ist wohl so gefühllos und

auch schließlich in einen skandalösen Proceß.

schen Herrn und Lehrer getheilt werden sollte.

Ein ge

wisser Q. Flavius aus Tarquinii ermordete aber den jungen Komödianten und entschädigte Roscius mit einem Landgute das angeblich 5850 Rthlr. Werth hatte. Fan nius, der eine gleich große Abfindungssumme erhalten.

unempfindlich gewesen daß er vom Tode des Roscius neulich ungerührt blieb ? Obgleich derselbe im Greiſenalter gestor. ben ist, so kam es uns wegen seiner außerordentlichen Kunst und Anmuth vor als dürfe er gar nicht sterben."

haben soll, beanspruchte aber später noch die Hälfte von der dem Schauspieler zu Theil gewordenen und verklagte ihn darauf. Cicero, der schon früher aus Freundſchaft Ausland. 1869. Nr. 19

56

Der Walfischfang.

438

dem 10° S. B. sind ebenfalls ausgedehnte Fischergründe.

Der Walfischfang. Die Walfischfänger sowohl als diejenigen die später den Gewinn in der Industrie verarbeiten und auf den Weltmarkt bringen, machen allerdings mehrere Nebenarten von Fischen namhaft, aber in der Hauptsache unterscheiden fie nur zwei Gattungen. So dürfte es denn gerechtfertigt erscheinen, wenn die vorliegende Betrachtung ebenso ver fährt und nicht einleitende naturhistorische Bemerkungen . voranschickt, die jede Naturgeschichte genauer geben würde. Die erste Hauptart der Fische

Häufig trifft man die Fische in unabsehbaren Zügen, was wohl gewöhnlich der Fall ist wenn sie aufeinem neuen Grund ankommen, oder sich zur Reise nach einem solchen anſchicken (natürlich auch auf ihren Umzügen) . Ein recht erfahrener Fischer : Capitän weiß genau die Zeit wo er Sperm fische auf dem einen oder dem andern Grunde zu erwarten hofft; der unerfahrene kann eine Reise um die Erde machen, alle Gründe besuchen, und sieht keinen Fisch, weil er allenthalben zu früh oder zu spät kommt.

ist der Pottfisch Ein großer Pottfisch gibt bis 300 Centner Del, das

(Spermwhale).

Sie erreichen eine Größe von 75 Fuß durchschnittlich per Centner 25 Thlr. Werth hat, jedoch liefert er kein Fischbein.

Das sehr werthvolle Ambra foll

von Pottfischen herrühren. Meer schwimmend

Man hat es nämlich frei im

und auch im Magen des Fisches an

getroffen, und ist es bis jetzt noch nicht ausgemacht ob der Fisch das frei Schwimmende in sich aufgenommen oder ausgespien habe. ¹ Die zweite Art ist der gewöhnliche Walfisch (engl. right whale oder bowhead (Polar- whale) . Dieser wird in den höhern Breiten, soweit das Treibeis

Fig. 1.

Bottfisch (sperm whale). 1

Länge und 10 Fuß Durchmesser.

und die Polarströmung reichen, angetroffen.

Man findet sie fast nur in

den tropischen Gewässern nördlich und südlich bis zum 45ſten Breitengrade ; einzeln indeß wird der Pottfisch auch in höheren Breiten angetroffen, was wohl den aus den Tropen kommen: den warmen Meeresströmungen zuzuschreiben ist. Sei es wegen des Kalbens, sei es weil an gewissen Punkten zu gewissen Zeiten die beliebteste Nahrung der Thiere beson ders reichlich vorhanden ist, sei es aus irgend einer andern unbekannten natürlichen Ursache, es ist festgestellt daß die Thiere zu bestimmten Zeiten an beſtimmten Pläßen ange: troffen werden. Diese Dertlichkeiten des Meeres nennen die Spermfischer Spermgründe (Sperm grounds). Die hauptsächlichen derselben sind im Atlantischen Ocean.

Fig. 2.

Der Walfiſch (right whale).

Den Winter scheint er im Eise zuzubringen ; im Früh

bei den Azoren , den Canarischen und Cap Verdischen Inseln, an der Ostküste von Süd-Amerika und beim Cap

jahr dagegen kommt er aus dem Eise heraus, um solche Gegenden aufzusuchen in denen das Weibchen sein Junges

der guten Hoffnung ; im Indischen Ocean bei Madagas

sicher aussehen kann, und wo es passende und reichliche Nahrung findet. Diese Pläge sind in der nördlichen Re

kar, Ceylon, den Crozet-Inseln, Amsterdam, St. Paul, bei den Seychellen und an verschiedenen Punkten Auſtraliens ; im stillen Ocean bei den Bonin-Inseln, im Japaneſiſchen Meere, an einzelnen Punkten des Chinesischen Meeres, und bei fast allen Inselgruppen von Ostindien. Die ausger dehntesten Spermgründe sind die des stillen Oceans, auf dem 30en Grade südlicher wie nördlicher Breite (in einer Ausdehnung von ungefähr 70°, und einer Breite

gion genauer bekannt als in der südlichen. Die Fischer gründe, die sich im Atlantischen Ocean früher so sehr er giebig zeigten, wie z. B. Grönland, Spißbergen , Nova Semlja, sind jest faſt ganz verlaſſen ; dagegen wird in neue ster Zeit die Fischerei in der Hudson's Bay ziemlich ernst betrieben. Im nördlichen Stillen Ocean ſind die Hauptfiſcher

In der Baß- Straße, zwischen Australien und Neu-Seeland, an der Westküste von Süd-Amerika bei den Sandwich- Inseln , an der Küste von Mexico, bei den

gründe Kadiak, die Berings- Straße, der arctische Ocean und

Cocos-Inseln, sowie auch auf dem 105° W. L. und auf

gesucht.

von 50°) .

1 Die beifolgenden Figuren der Thiere nach Federzeichnungen machen keinen Anspruch auf Naturtreue und wollen nur die ver schiedenen Physiognomien der Wale andeuten.

das Ochotskische Meer.

An allen diesen Plägen werden

die Fische gewöhnlich hoch in den Buchten und Bays auf Im südlichen Polarmeer sind die Fischerplätze be

deutend unsicherer und nicht so genau aufzuzählen wie im Norden ; wie auch überhaupt der Fischfang auf der süd 1 Das Ambra ist ein Product des Pottfisches.

D. R.

Der Walfischfang.

lichen Erdhälfte mit den bis jetzt in Anwendung gebrachten Geräthen und Schiffen nicht so getrieben werden kann, daß Eines: der Norden nicht vorgezogen werden müßte.

439

Com ermiston in gumbazinG What thing this hot25

an

T with

theils sind die Fischergründe häufig im offenen Meer, und nicht so geschüßt, so daß das Uebernehmen eines Fisches der stürmischen Witterung und der hochgehenden Wogen halber sehr beschwerlich ist ; anderntheils sind die

mol Hy Fischergründe so entfernt von einander, daß ein Schiff, falls es an dem einen nicht genügend fangen sollte, kaum einen zweiten mit Erfolg aufsuchen kann.

Auch ist zu be

Fig. 3.

Greyback, Teufelsfisch.

merken . daß (da die besten Fischergründe näher beim Aequator liegen als im Norden) die Periode (season) der

Gattung mehr Beachtung gefunden.

Anwesenheit der Fische auf denselben von fürzerer Dauer Es ist wohl anzunehmen daß sich im

Monaten Januar, Februar, März an der californischen Küste schaarenweise gesehen, und man nimmt an daß sie

südlichen Polarland in den tiefen Buchten ebenfalls Fische aufhalten, doch werden diese fast nie besucht, weil das

Für diese Annahme spricht nämlich daß sie von den Wal

Wetter dort zu rauh und das Eis zu massiv ist.

Die bis

fischfängern, die im Sommer den hohen Norden besuchen,

jetzt besuchten Fischergründe auf der südlichen Hemisphäre

N. W. vom russischen Nordamerika in großen Schaaren

sind die Westseite von Cap Horn, bei die Orkney und

gesehen werden, und daß man Eskimos-Harpunen in ihnen findet wenn sie an der californischen Küste gefangen, wer den. Ein Teufelsfisch liefert durchschnittlich nur 60 Cents

ist als im Norden.

Prince Edward-Inseln, bei den Kerguelen und Macquarrie Inseln.

Der bedeutendste Fischergrund ist wohl der auf

während des Sommers nach dem hohen Norden ziehen.

den 60 Graden (sixty grounds) so genannt weil er auf dem 60sten Grade s. B. , und dem 160sten Grade westl.

ner Thran und kein Fischbein.

Länge seinen Knotenpunkt haben soll.

und sie betreiben ihn auch noch jest.

Der sicherste Grund

Sie werden in den

Der Walfischfang ward von fast allen Nationen betrieben, Solange der atlan

ist der von Neu- Seeland, doch ist derselbe, weil er in

tische Ocean reiche Ausbeute lieferte, nahmen Holland,

früheren Jahren zu stark ausgebeutet worden , nicht sehr ergiebig mehr. Die Walfische des Südens sind kleiner als die des Nordens.

England und Frankreich einen hervorragenden Platz in der großen Fischerei ein, und wie sie alle andern Nationen auf diesem Gebiete beherrschten, so beherrschten sie auch den Markt der Producte.

Dergewöhnliche Walfischdes Nordens erreicht eine enorme Größe. Es sind Exemplare gefangen worden von 100 Fuß Länge und 15 Fuß Durchmesser, die über 600 Centner

Deutschland nahm nie einen hervorragenden Plaz Den Nordamerikanern aber ge: in diesem Geschäfte ein.

Thran und zwischen 4 bis 5000 Pfund Fischbein lieferten .

bührt der Preis

Der Werth eines solchen Fisches würde bei den gegenwärtigen

und durch zweckmäßig und für lange Reisen ausgerüstete

Thran- und Fischbein Preisen . ungefähr 13,000 Thlr. sein. Die durchschnittliche Größe wird zu einer Länge von

Schiffe diesen so wichtigen Erwerbszweig in alle, selbst in die entferntesten Gewässer des indischen und stillen Oceans

60 Fuß und 10 Fuß Durchmesser anzunehmen sein, und

verpflanzt zu haben. Sie nehmen seit langen Jahren den ersten Rang in der Reihe der Fischerei betreibenden Na tionen ein, und werden voraussichtlich diesen Plaz auch

ein solcher Fisch würde 200 Centner Thran und 1500 Pfd. Fischbein liefern.

Da die Fische des Nordens im Durch

in die ganze Sache System gebracht

schnitt immer größer sind als die im Süden, so läßt sich

noch lange behaupten.

auch daraus der Schluß ziehen daß sie im Winter unters Eis

Geschäft in den Vereinigten Staaten sind : New-Bedford,

gehen, und nicht die Hemisphären wechseln.

Geschähe dieß,

Fairhaven, Westport, Dartmouth, Mattapoiset, Edgartown,

so wäre es übrigens auch sonderbar wenn ihre Wande.

Nantuket, Provingtown, Boston, New -London, Lay-Harbour.

rungen sich sollten der Beobachtung entzogen haben .

Von allen genannten Orten ist wieder der hervorragendste

Auch

Die bedeutendsten Pläße für dieses

ist noch bemerkenswerth daß, während man die Walfische

New Bedford.

im Polarmeer häufig einzeln antrifft, fie im Dchotskischen Meer auf den Gründen manchmal in ganzen Heerden ge

der erforderlichen Schiffe besser, billiger und schneller be

sehen werden.

Nirgends in der Welt wird die Ausrüstung

schafft als eben hier. Fast die sammtlichen Einwohner der Stadt sind bei der Fischerei interessirt, sei es nun als

Es sind noch einige Arten von Fischen aufzuführen

Capitalisten, Correspondenten, Lieferanten von Ausrüstungs

denen von den Jägern des gewöhnlichen Walfisches eben: falls nachgestellt wird: so namentlich die Blackfische und

gegenständen, Handwerker oder als active Fischer. Wenn dort also ein Schiff auf den Walfischfang ausgerüstet

Greybacks (Teufelsfische).

wird, so ist fast jedes Haus mit einem, wenn auch nur

In den letzten Jahren, wo der Spermwhale Fang in

kleinen, Antheil betheiligt, und dieses allgemeine Interesse,

der Zwischenzeit (in den Wintermonaten des Nordens)

welches die ganze Bevölkerung an dem guten Gelingen

für die right whaler nicht lohnend war, hat die lettere

des Unternehmens hat, ist auch die natürliche Ursache daß

Der Walfischfang. 440

die Ausrüstung mit Instrumenten und Geräthschaften, die

auf die Stärke gesehen zu werden.

Lieferung und Verpackung des Proviants, und die ganze

75 — 150 Lasten ; die Spermwhaler des indischen und stillen Oceans gehen von 150 bis zu 350 Lasten. Die

Einrichtung der Schiffe so vorsichtig, vortheilhaft und zweck mäßig besorgt wird wie nur möglich. Auch kommt dann wieder jedermann, Handwerkern, Lieferanten 2c. die große Erfahrung zu gute welche die verschiedenen Capitäne sam meln, indem durch die Betheiligung aller die Verbesserun: gen allenthalben hindringen. Die Handwerker sind ferner

Ihre Größe ist von

gewöhnliche Ausrüstung eines solchen Schiffes ist ähnlich wie die eines Kauffahrteischiffes von gleicher Größe. Nur was die Besatzung betrifft, richtet sich diese nach der Bootzahl womit gefischt werden soll. Die Right Whaler hingegen, die in den kälteren Zonen.

dadurch im Vortheil daß gewissermaßen die Arbeitstheilung

den gewöhnlichen Walfischen nachgehen, sind in jeder Hin

hier größer ist als irgend anderswo.

sicht so gebaut und so vorsichtig ausgerüstet daß sie, sei es durch rauhes Wetter, sei es durch Eis selten Schaden

Wer z. B. renom

mirt als Harpunenschmied ist, macht jahrelang nichts als Harpunen ; ebenso in Betreff der Boote und aller anderen

leiden. Bedürfnisse, und dadurch erhalten also die Geräthe nicht

Um mit Erfolg gegen das Eis Widerstand leisten

zu können, sind diese Schiffe vorn inwendig mit den stärk

allein die beliebteste und passendste Form und Stärke, sondern ein solcher Handwerker hat auch das sicherste VAT

Urtheil über das zu verwendende Material. Außer diesen genannten Vortheilen hat New Bedford die beste Auswahl von passenden, geschulten und erprobten Fischerleuten. Unter allen diesen Umständen ist es denn wohl überflüssig zu bemerken daß dieser Ort in Betreff der gewonnenen Pro ducte, die natürlich dortrin zurückgeführt werden , Märkte der Welt beherrscht..

alle

Wie oben bemerkt, haben die Nordamerikaner ihre Fischerflotte in allen Gewässern vertheilt, und da auf diesen fernen Punkten auf mehrere Jahre fest stationirt wird, so ist von den Correspondenten die Einrichtung getroffen daß den Schiffen durch Transportschiffe frischer Proviant und neue Ausrüstungsgegenstände zugeführt werden.

Dieß ist ein

Fig. 4.

Ein Walfänger unter Segel.

großer Gewinn, einestheils da die Fischerschiffe das ihnen Zugeführte frisch erhalten, anderntheils

auch weil da

ſten Balken und Knieen so versehen daß ein solches Schiff

durch beim Fange mehr Plaz für die Fische gewonnen

selten durch Eis leidet.

wird. Ferner wird auf diese Weise das Capital, das auf eine Reihe von Jahren verwandt werden muß, auch auf

Eis der Beplankung nicht schade,

Um aber zu verhüten daß das ist ein solches Schiff

auswendig mit einer Verdoppelung von Holz und dann

mehrere Jahre vertheilt, und indem alljährlich Thran und

noch mit Metallplatten geschüßt.

Fischbein vom Fischerschiff ins Transportschiff übergeladen und zurückgeführt werden, wird den Rhedern durch den

lungen sind vorn auswendig noch starke Fütterungen von Holz und Metall angebracht, die den sogenannten Steven

Ueber diesen Verdoppe

Verkauf dieser Producte neues Capital flüssig.

Da die

und die Verdoppelung schützen sollen, und diese sind wieder

Fischerflotte in allen Gewässern zerstreut ist, so gibt es

in einen Winkel auslaufend mit 6 Zoll starken Metall

mehrere Häfen wo sich die Schiffe treffen um die Um

winkeln verbunden.

ladung zu beschaffen.

Honolulu den ersten Rang ein , da fast alle Schiffe die

ſteht in bestimmten Verhältniß zu seiner Bauart, so ist z. B. die doppelte Anzahl Anker an Bord welche ein Kauffahrer

im nördlichen stillen Weltmeere sich mit Fischerei beschäf

gesetzlich haben muß.

tigen, gerade diesen Plaß wegen seiner Bequemlichkeit und

außer dem Verhältniß der vorschriftsmäßigen Stärke, daß ein Walfischfänger von 400 Lasten Anker und Ketten an

Sicherheit auswählen.

Unter diesen Stationsplätzen nimmt

Natürlich sind für manche Schiffe

Die Ausrüstung eines solchen Schiffes

Anker und Ketten stehen so sehr

andere Häfen gelegener, je nach den Meeren die sie durch

Bord hat, wie man sie bei einem Handelsschiffe von 1000

kreuzen , z.

Lasten sieht.

B. San Francisco, Hakodadi, Talcahuano,

Die andern Sachen worauf es ankommt,

Tahiti, Guam , Nelson, Sydney, Hobartown, Bombay,

stehen hierzu in gleichem Verhältniß.

Colombo, Capstadt, die Falklands - Inseln und Fayal. Die Bauart und Größe der auf den Fischfang aus

Die Ausrüstung für denFang selbst ist für alle Schiffe die ihn betreiben sollen, so ziemlich gleicher Art. Ein

gehenden Schiffe ist nach ihrer Bestimmung verschieden. Die Spermwhaler, die mehr den Zweck haben rasch zu segeln, sind meistens auch als Schnellsegler gebaut, und da sie nicht den rauhen Gewalten der kalten Zone aus: gesetzt sind, so braucht bei ihrer Construction nicht so sehr

Spermwhaler hat selten mehr als 4 Boote à 6 Mann an Bord, während ein Right Whaler deren 5 bis 6 hat. Daß die übrige Ausrüstung hiermit im Verhältniß stehen muß, ist selbstverständlich. Ein Walfischfänger hat in der Regel die Haupthandwerker an . Bord, um alle Schiffsgeräthe die

Der Walfischfang.

etwa zerbrechen oder zerreißen sollten, sofort wieder herstellen zu können ; so ist z . B.

ein Schmied,

ein Zimmermann,

441

der zweite Theil mittelst eines runden Bolzens fest mit der Spitze verbunden wird.

Der Zweck ist daß, wenn die Har

ein Segelmacher, ein Küper da, und jeder hat sein Geräthe

pune im Fisch ist und mit der Leine daran gezogen wird,

complet

beim Fange nothwendigen Gegenstände und Geräthe ver

die Epiße sich auf der Angel dreht und so gleichsam einen doppelten Widerhaken im Innern des Fisches bildet. Die

dienen noch besondere Beachtung.

Leine ist ein 700 Fuß langes, dreiviertel Zoll Durchmesser

Zunächst die Boote vermittelst welcher die kühnen Fischer ihren Angriff auf das Seeungeheuer ausführen. Da ein

haltendes, vom schönsten, feinsten Manillahanf gearbeitetes

guter oder schlechter Fang häufig durch sie bedingt ist, so

die Leine 10 Pferdekraft Widerstand zu leisten fähig ist.

nebst Material bei sich.

Einige der wichtigsten

sind sie bei der Ausrüstung eines Walfischfängers von der größten Wichtigkeit. Ihre Bauart ist ähnlich der einer

Tau.

Es wird angenommen daß die Harpune wie auch

Die Lanze, das Tödtungswerkzeug, ist eine 6 Fuß lange,

lang ausgestreckten Nußschale, vorn und hinten gleichmäßig

1½ Zoll im Durchmesser haltende Stange, vorn sehr platt, aber spit und oben dütenförmig, um einen Stock darin

spit zulaufend.

befestigen zu können.

Die Länge eines Bootes ist ungefähr 25,

die Breite 4-5 , die Tiefe 12 , vorn und hinten 2 Fuß. Troß dieser Größe ist es so leicht daß es von 2 Mann getragen werden kann . Bei jedem Wetter werden dieſe gebrechlichen Fahrzeuge in die brandende See hineingelassen und die Jagd unternommen. Ehe dieß aber geschieht. wird

Außer diesen Handwaffen führen die Schiffe noch Schuß waffen, die dann gebraucht werden wenn der Fisch nicht mit der Handwaffe zu erreichen ist, sei es weil er zu un ruhig, sei es weil Eismassen oder andere Dinge hindern. Die größte Schußwaffe ist die Harpunen-Kanone, ein circa.

der Mannschaft des Bootes ihre bestimmte Aus

rüstung an Proviant sowie ein Compaß gegeben, und dann

Fig.I. durchschneidet es schnell und geräuschlos die Fluthen. Nächst dem Boot verdient die Hauptaufmerksamkeit die Harpune.

Sie ist bestimmt mittelst einer Leine, an der Fig.1.

Fig.II. 5 a a

Fig II.

Fig. 4. Nr. 1. Harpune mit einer beweglichen Klinge ; die ſchraffirte Zeichnung stellt sie geſchloſſen , die punktirte bei a,a, wenn ſich d nach a bewegt hat, offen dar ; e die Tüte. Nr. 2. Die Lanze, a die Tüte. fie fißt,

Fig. 5. Nr. 1. Harpunenkanone. a die lockere Spitze mit e der Sprengladung ; e die Harpunenſchaft ; b Kopf der Harpune ; c die Patrone ; d das Rohr, offen gedacht bis zur Seele um die La dung zu zeigen. Nr. 2. Die Harpune selbst. 3 Fuß langes Rohr von einem Kaliber von 2 Zoll Durch messer. Die Ladung ist die gewöhnliche, doch wird anstatt

das Boot und seine Insassen mit dem von ihr

getroffenen Fisch in Verbindung zu bringen (so zu sagen den Fisch am Boot zu befestigen) , damit man ihm bei günstiger Gelegenheit den Todesstoß geben könne. Sie besteht aus drei Theilen und ist vom schönsten zähesten Eisen gearbeitet. Der obere Theil bildet eine Art Düte, wie das obere Ende einer Heugabel sie hat, um den Stiel hineinzustecken.

Zwecke: erstens dem Fische auf 30-40 Schritt Entfernung beizukommen, und zweitens im Falle des Treffens seine sofortige Tödtung zu erwirken ; die Spiße der Harpune ist nämlich hohl und mit einer Pulverladung und Selbstschußz

Sie ist die Verlängerung des Mittleren .

Das Mittelstück ist eine einfache, dicke runde eiserne Stange, schmiedet ist.

der Kugel eine große Pfeilharpune auf die Pulverladung gesezt. An dieser Harpune ist dann eine Leine befestigt, Die Kanone hat zwei wie bei der früher beschriebenen .

2 Fuß lange, ½ Zoll

die nach unten zu glatt ge

versehen, die durch das Eindringen in den Fisch explodiren . Die zweite Schußwaffe ist eine Handwaffe vom Kaliber von 1 Zoll Durchmesser, von den Schiffern Bombenlance

Am untern Ende in der platten Fläche ist

gun genannt. ein Loch.

Der dritte Haupttheil ist die Spize.

Diese ist

ungefähr 7 Zoll lang. In Mitte derselben, also 3½ Zoll von beiden Enden, ist ebenfalls ein Loch. Die vordere Hälfte, die eigentliche Spitze, ist vorn spit und bis zum Loch hin bis 2 Zoll breit und nach der einen Seite scharf

Statt der Kugel wird hier eine 1 Zoll Durchmesser haltende, 12 Zoll lange Eisenhülse auf die Pulverladung geschoben, die vorn sehr spitz und im übrigen mit Pulver und Zunder gefüllt ist .

Man braucht diese Waffe dann,

Die zweite Hälfte der Spize, von dem Loche

wenn ein Boot mit einer Harpune an einem Fische fest

nach oben zu, ist in der Weise ausgehöhlt daß sie um die

sigt und demselben nicht mit der Handlanze anzukommen

breite Fläche des zweiten Theils paßt und läuft etwas

ist.

krumm aus. Durch diese Vorrichtung ist es möglich daß Ausland. 1869. Nr. 19 .

Zunder einige Augenblicke um sie zum Plazen zu bringen, 57

geschliffen.

Ist die Hülse in den Fisch gedrungen, so braucht der

Der Walfischfang.

442

und die Wirkung ist dann natürlich in der Regel der au

mender See umherirrten.

genblickliche Tod des Fisches.

Nebelsignale gegeben oder Schüsse abgefeuert,

Die nun noch zu erwähnenden zur Ausrüstung eines Walfischfängers nöthigen Geräthe mögen beschrieben wer Es han den, wenn von ihrem Gebrauche die Rede ist.

In solchen Fällen

werden

auch läßt

der Capitän wohl Raketen vom Schiff aufsteigen, zieht Laternen in den Mast auf, und läßt auf alle mögliche Art Lärm machen : man schlägt an die Glocken 2c. Sieht man einen Fisch vom Schiff aus, so bleibt nur die Mannschaft an Bord die nöthig ist um es regieren zu fönnen ; die übrige Mannschaft wirft sich in die Boote und segelt mit voller Kraft auf den Fisch zu, immer im Auge behaltend daß dieser vorne nicht ſehen kann, und daß man sich hüten muß in die Nähe des Schwanzes zu kommen .

Fig. 6.

Gewöhnliche Pfeilhandharpune.

Ist man ihm auf 10-20 Fuß nahe gekommen, dann wird entweder die Harpune in den Fisch geworfen oder

delt sich nämlich noch um das fürs Tranchiren des Fisches, das Ausbraten, die Behandlung des Thrans und die Ge winnung des Fischbeins Erforderliche und kann dabei mit

im Nothfall, wenn der Fisch sehr unruhig ist bei größerer Entfernung die Kanonen-Harpune gebraucht. Diese Kanone, wovon Zeichnung anliegt (Fig. 7), hat vorne auf dem Boot

unsern gewöhnlichen Aerten, Meſſern und Spaten schon viel geschehen.

a

TRUT

-70 / Fuls -60 -20 / 40 -30 20

Kommen wir also jezt auf den Fang selbst, der in allen Gewässern, auf alle Arten Fische so ziemlich derselbe ist, und denken wir uns ein Schiff auf den Fischergründen angekommen.

Dann stellt man oben im Mastkorbe und

h

h

auf dem Deck beständig Wachen mit Fernröhren aus um nach Walfischen auszusehen. 5

Der Umkreis den eine Wache vom Mastkorb mit einem Fernrohr übersehen kann, ist circa 12 geogr. Meilen ; der Halbmeſſer alſo circa 2 Meilen, d . h. in dieser Entfernung sieht man das Deck eines kommenden Schiffes ; also würde man einen Fisch aus circa 2 Meilen Entfernung wahr nehmen.

(Im Ochotskischen Meer werden auch wohl des

Morgens früh mehrere Böte ausgeschickt um Fische auf Wird nun ein Fisch gesehen so commandirt der

Fig. 7. Harpunenfanone. a Visir mit Angabe des Abſtandes in Fußen ; b Hahn ; e Trücker ; d Angel ; e Dorn; f Korn ; g bewegliche Zunge, die durch Niederdrücken des Schaftes im Viſir ſich hebt und die Diſtanzen angibt ; h Seele ; i hölzerner Schaft.

zusuchen.)

Boote ins Wasser, " und in wenigen Secunden Capitän find die Boote, die bis dahin friedlich in den sogenannten Davids hingen, im Waſſer und haben, wie schon bemerkt, Proviant und die nöthigsten Instrumente bei sich, damit fie bei größerer Entfernung oder bei schlechtem Wetter

steven ihren Plaß, und ist daselbst mittelst des Dornes im Boot befestigt. Gelingt es das erstemal nicht den Fisch zu treffen . so werden, so lange er in Sicht bleibt, immer neue Angriffe auf ihn gemacht.

Kommt ein Boot ſeſt, ſo ſucht

auch das zweite dieß zu erreichen . das

Schiff wieder

auffinden

Sißt aber die Har

können, das so ziemlich pune, so sucht sich der Walfiſch, troß der Verwundung, durch

auf demselben Play bleibt, und nur so viel Mannſchaft an Bord wie nöthig behält um es regieren zu können.

Fortschießen oder Untersinken vom Feinde zu befreien. Die Leine ist dann natürlich noch immer an der Har

Jede Bootsbesaßung besteht aus 6 Mann, einem Boots pune und das Boot wird steuermann, einem Hapunir, und vier anderen Leuten, die zu rudern oder die Segel zu bedienen haben . Der Boots steuermann ist der erste Officier des Boots, und hat die

ermüdet. Obliegenheit den Fisch mit der Lanze zu tödten wenn er harpunirt worden. Die Thätigkeit des Harpunirs liegt in

mit Eisenbahnschnelle vom

Fische fortgezogen. In der Regel gelingt ihm aber die Flucht nicht; nach einem meilenweiten Lauf ist der Fisch Sinkt er aber unter so kommt er in der Regel

noch an die Oberfläche um Luft zu schöpfen .

Da sich in

beiden Fällen eine gewisse Erschöpfung eingestellt hat, nimmt seinem Namen angedeutet : er wirft entweder die Harpune nach dem Fisch oder bedient die Harpunenkanone. Es ist nicht ungewöhnlich daß die Boote sich so weit

man die Gelegenheit wahr ihm nahe zu kommen , und wird er natürlich nach Gebühr empfangen ; man rudert auf ihn zu und er wird wo möglich getödtet. Dieß geschieht

vom Schiff entfernen daß sie nichts von demselben sehen

indem die Handlanze durch die Hauptlebensorgane Herz und

können ; so ist denn auch mehr als einmal vorgekommen daß sie in Folge von Nebel oder wegen Dunkelheit es

Lunge, gestoßen wird, oder mit der Bombenlancegun, die auf die Herzgegend abgeschossen wird, um den Tod so schnell als

nicht wieder finden konnten, und eine Nacht bei schäu

möglich herbeizuführen .

Wenn der Fisch getödet ist,

wer

Der Walfischfang.

443

den die Bötezum Schleppen vorgespannt, und dann ans Schiff

mit diesem Längsschnitt 1 Fuß von jeder Seite des Loches

gerudert.

(also 2 Fuß von einander) Querschnitte gezogen mit den spates, Spaten. Da nun der Haken im Loche beseitigt, und dieser

Hier angekommen wird der Fisch längs Seite

gelegt, und zunächst eine sehr schwere Kette bei dem right whale und bowhead um die Finnen gelegt, um dadurch den Fisch vorne möglichst zu heben, damit der Kopf mehr aus dem Waſſer kommt.

Auch werden starke Ketten um

mit dem Flaschenzug in Verbindung ist, an welchem immer gezogen wird, so wird in dieser Weise der Speck so weit

den Schwanz gelegt und damit der Fisch am Schiffe be

vom Gerippe abgetrennt wie er eingeschnitten. Der Mann an der Seite des Schiffe auf der Stellung verlängert nun

festigt ; der Fisch schwebt aber frei.

An der Seite wo der

stets fortlaufend die Querschnitte, die Leute am Flaschen:

Fisch liegt wird eine Stellung von Brettern am Schiffe ange bracht, worauf 2 Mann Plat haben (wie auf einem Malerge

zug ziehen beständig, und der Fisch dreht sich auf dieſe

rüſt am Hauſe), und nun beginnt zunächst die Arbeit den Kopf überzunehmen, wobei der Fisch in seiner natürlichen Lage, den Bauch nach unten, liegen bleibt. Der Kopf wird hinter den Nasenlöchern (Spoutholes) im Genick abge trennt und als wichtigster Theil zuerst übergenommen, und zwar in vier Theilen, den Lippen, dem Schlund (throat) und dem Nasenbein mit Fischbein.

Wenn der Kopf nicht

zuerst übergenommen würde, müßte er seines ungeheuern Gewichtes wegen untersinken, und würde nicht aufgebracht werden können. Die Uebernahme des Kopfes iſt die schwie: rigste Arbeit, da das coloſſale Gewicht durch die an dem Mast angebrachten schweren Flaschenzüge, aus dem Wasser bis auf das Schiff gehoben werden muß.

Obgleich der

Weise so lange bis das ganze Gerippe abgeschält ist wie ein Apfel. Der sämmtliche Speck würde also in Streifen von 2 Fuß Breite abgetrennt werden.

Da jedoch der

Flaschenzug am Maste nur etwa 30 Fuß hoch befestigt ist, muß der Streifen, so oft er 20-30 Fuß lang ist ab geschnitten und ins Schiff geworfen werden. Ein Theil des Specks wird erst nach unten ins Zwischendeck gewor fen. Sobald der Speck übergenommen ist wird mit dem Aus braten desselben begonnen . Zu diesem Zweck hat man in der Mitte des Schiffes oben auf dem Deck eine der Größe der zu bearbeitenden Speckmasse angemessene große Combüse aus Steinen aufgemauert, und ist ihre Einrichtung so ge= troffen daß unter dem Feuer ein wasserdichter Raum ist wo während des Ausbratens Wasser eingegossen werden muß, damit das Deck nicht durch die große Gluth erhißt wird

Kopf in vier Stücke zerlegt, und jedes einzelne Stück, so wie es abgetrennt ist, übergenommen wird, so kann man

und in Brand kommen kann.

sich doch einen Begriff von der Arbeit machen wenn man

fischfänger tryworks genannt, sind zwei große eiserne,

bedenkt daß am Naſenbein das Fiſchbein allein (je nach der Größe des Fisches) bis 4000 Pfund wiegen kann . Die drei an

jeder 10 Centner fassende Töpfe angebracht.

dern Stücke des Kopfes werden des Speckes (Thrans) wegen übergenommen. Ist diese Arbeit gelungen, so wird das Fisch.

Im Herd, auf einem Wal

Bevor der

Speck jedoch in diese geworfen wird zerschneidet man ihn mit Meſſern oder auch Schneidemaschinen, was das Aus braten sehr erleichtert.

Da ein Schiff nicht so viel Holz

bein mit großer Vorsicht aus dem Oberkiefer genommen , und das Zurückbleibende ins Meer geworfen . Dann wird .

und Kohlen an Bord hat um bei gutem Fang all den

das Fischbein vorsichtig getrocknet, in Bündel gethan und weggepackt. Wenn der Kopf gesichert ist wird mit Ueber:

ausgebratenen Speckschlacken (engl. greves genannt) dazu verwandt, die eine ungeheuere Gluth entwickeln, und sich

nehmen des Specs begonnen .

wird ein Loch in den Speck geschnitten, und hierin ein

mithin vorzüglich zu diesem Zweck eignen. Der Speck muß stark braten, und darf der Thran nicht früher vom

starker Haken gehackt, der an einem großen Flaschenzug

Feuer bis er recht gar (durchsichtig blank ist), weil er sonst

oben im Maste befestigt ist .

unhaltbar und übelriechend werden würde. Von den Töpfen

In der Nähe des Kopfes

In einer Entfernung von

einem Fuß von dem Loche wird in den Rücken ein Längs schnitt von 2 Fuß Länge gemacht. Dann in Verbindung

Speck ausbraten zu können, so werden zur Heizung die

kann aber der Thran nicht gleich in die Fässer gefüllt werden ,

weil

machen würde.

Fig.II.

Fig. I.

die

kochende

Hize

die

Fässer

undicht

Zu dem Zwecke sind zwei große

aus

Kupfer gearbeitete Behälter, Kühler genannt , auf dem Schiff, in denen der Thran erst einige Zeit stehen bleibt. Nach geschehener Abkühlung wird er durch Krahne und lange Lederschläuche in die bereits unten im Schiffe fertig liegenden Fässer abgelassen. Diese sind vom besten Eichen holz in ganz besonderer Art gearbeitet, und mit eisernen. Bändern versehen , die stärker sind als bei andern Gebin

Fig .III .

den gleicher Größe. Außer diesen Fässern führen einige Schiffe noch große viereckige starke hölzerne oder eiserne Behälter, tanks genannt.

Diese werden nie übergeladen,

sondern der Thran wird mittelst der Druckpumpe und

Fig. 8.

Nr. 1 Thrantopf, Queranſicht ; Nr. 2 derselbe von oben ; Nr. 3 Spaten.

Schläuche in die Fässer des Transportschiffes geschafft. Während nun ein Theil der Mannschaft beim Ueber:

Zwei Briefe aus Inner-Afrika von Dr. Schweinfurth an den Erzbischof von Kalocsa.

444

immer oben um nach Fischen auszusehen, und die irgend

Walfisch und Spermfisch ganz von der Erde verschwinden ? Und wie lange kann das Meer noch eine Ausbeute wie

entbehrlichen Leute sind ebenfalls zu demselben Zwecke in Booten vom Schiffe fort. Es kann vorkommen daß zu,

versiegt, warum sollten nicht auch die Walfische vertilgt

nehmen und Ausbraten beschäftigt ist, hält sich die Wache

die obengedachte liefern ? Die schönsten Lachsflüsse sind

gleich mehrere Fische längs Seite des Schiffes sind und

werden können ? Oder sollte irgendetwas geschehen können

daß die an Bord befindliche Mannschaft mehrere Tage und Da Nächte nichts thut als Uebernehmen und Auskochen.

gleichen? Sollte man z. B. die Regierungen betreffs ge

sie sich solchen Mühen und Beschwerden zu unterziehen bat, so ist es erklärlich daß sie auch einen bedeutenden

Walfischfang ziehen können ?

Gewinn in Aussicht nimmt.

um Vernichtung und Ersah in irgendeiner Weise auszu

wisser geseglicher Beschränkungen in die Frage über den

Um ein richtiges Gegen

äquivalent zu bekommen, ist es Gebrauch geworden daß ein jeder der Mannschaft mit einem bestimmten Antheil bei den gewonnenen Producten betheiligt ist.

Bei einem

Fange von 2000 Barrel Thran und 30,000 Pfd. Fisch: bein in einer Periode die ungefähr sieben Monate dauert,

Zwei Briefe aus Inner-Afrika von Dr. Schwein 1 furth an den Erzbischof von Kalocsa . '

würde bei gegenwärtigem Preise von 12 Thlin. per Cent

Chartum 28. Dec. 1868. ner Thran und 1½ Thlr. per Pfd. Fischbein der Capitän beinahe 5000 Thlr., der Schiffsjunge 350 Thlr. verdienen.

Ew . Excellenz ! Schon längst war es meine Absicht gewesen vor Auf

Wird weniger gefangen, so ist der Verdienst im Verhältniß

zu befriedigen und alle auf das Ziel, zu gewinnen, hin

bruch nach den Gewäſſern des Gazellenfluſſes Ew. Exç. zu schreiben, von deren mir so schmeichelhaften Intereßnahme an meinem Unternehmen ich überzeugt sein konnte, auch wenn

zudrängen.

ich den neuen Beweis einer solchen nicht empfangen hätte,

geringer.

Es leuchtet ein daß diese Betheiligung am Ge

winn die richtigſte Art und Weise ist die Intereſſen aller

auch nicht so vollständig wie man sie wünschen möchte,

wie er sich mir aus Ew. Exc. äußerst gütigen Schreiben vom 15. Nov. zu erkennen gegeben . Empfangen Sie zunächſt mei

enthalten jedoch Material aus allen Hauptländern von denen aus Walfischfang getrieben, und so ist einigermaßen

gen,

Die verschiedenen angelegten ſtatiſtiſchen Tabellen, wenn

durch dieselben ein Bild geliefert worden wie ſich derselbe und die Hauptmärkte der Producte gestaltet haben.

Dieses Bild

zeigt aber daß in allerjüngster Zeit die Fischerflotte, sowie auch der Fang bedeutend abgenommen haben. Der Schluß

nen aufrichtigſten Dank für die mir geäußerten Gesinnun und seien Sie überzeugt daß mein Hauptbestreben

dahin gerichtet sein soll Ihnen eine vorzügliche Sammlung von vegetabilischen Seltenheiten aufzuheben, von welcher ich hoffen darf daß sie durch keine andere übertroffen wer den möchte. Ich bin nun erfreut Ihnen die besten Nach

daraus zieht sich von selbst : Es sind zu viele Walfische

richten über den Stand meines Unternehmens geben zu

weggefangen und deßhalb werden weniger Schiffe zum

können .

Fange ausgerüstet. bestreitbar.

Das ist freilich bedauerlich , aber un

Obgleich Erdumsegler wie auch Walfischfänger

behaupten daß noch unzählige Maſſen von Fischen exiſti

Mit bangem Herzen, obwohl mit Empfehlungs briefen der Regierung versehen, welche den Versicherungen der Generalconsuln (als ruſſiſchen Unterthan vertrat der ruſſ. Generalconſul meine Intereſſen, während Hr. Theremin mich als Sendboten der Berliner Akademie mit unterstüßen

ren, so läßt sich die Thatsache nicht hinwegläugnen daß in den letzten Jahren von einer gleichen Anzahl Schiffe weni

mußte) zufolge nichts zu wünschen übrig ließen, langte Von allen Seiten ich in dieser Stadt am 2. Nov. an .

ger Fische gefangen sind als in frühern Jahren, und dieß ſcheint zur Genüge darzuthun daß eine Verminderung der Wal und Spermfische wirklich bemerkbar geworden ist.

hatte man mir Furcht eingeflößt, indem es bekannt gewor den war daß die ägyptische Regierung derartige Reiseprojecte

Grönland und Spißbergen, überhaupt der ganze atlan

in den oberen Nilgebieten nicht nur nicht unterstüßen, son dern denselben noch allerlei Schwierigkeiten in den Weg

tische Ocean zeigt daß sich der Walfiſch bei ſtarkem Fange so sehr verminderte daß man denselben fast gänzlich ein stellte. Commodore Wilkes berechnet daß die 650 ameri kanischen Schiffe jährlich 10,000 Fische tödten.

Dagegen

sagt man nun auch wieder : das Meer ist groß, die Fische sind scheuer und nicht mehr so leicht zu fangen ; ferner, der gewöhnliche Walfisch kommt nicht mehr aus dem Eise und

zu legen pflegte,

in der Besorgniß wie man wohl anzu

nehmen berechtigt war, ein Europäer würde in jenen Ge genden Dinge wahrnehmen welche auf die Regierung, die sich vor dem Forum der europäischen Welt stets als dem Fortschritte zugethan zu zeigen bemüht ist, das schlechteste Licht werfen durften ; er würde dem gewaltthätigen Trei

Dieß mag wahr sein, einstweilen aber sind dieß nur Be

ben der Handelsleute daselbst, dem Sklavenraub und Efla venhandel, sowie eine Reihe von Schändlichkeiten welche

hauptungen und Vermuthungen denen die Beweise und

letterer im Gefolge hat,

Bestätigungen fehlen.

zuschauen, hierüber berichten und die Regierung für die

muß an den Polen in unzähliger Menge vorhanden sein .

So kommt man denn zu der Frage:

Ist es nicht denkbar daß früher oder später einmal der

nicht mit gleichgültigen Augen

1 Mit Genehmigung Er. Excellenz veröffentlicht.

Zwei Briese aus Inner-Afrika von Dr. Schweinfurth an den Erzbischof von Kalocsa.

Handlungsweise ihrer Unterthanen verantwortlich zu machen, furz und gut vor der großen Welt zu verläſtern suchen. In der That man braucht nur Bakers und Mlle. Tinne's Mittheilungen zu berücksichtigen, welche sowohl bei der Localregierung des Sudan als auch bei allen Einheimi schen in ihrer Unternehmung auf jede erdenkliche Art ver hindert worden waren, um einsehen zu können daß solche Befürchtungen nicht aus der Luft gegriffen erschienen. Ich war daher sehr gespannt zu erfahren, wie der Generals gouverneur des Sudan, welcher unumschränkter Gewalt haber in diesen weiten Länderstrecken ist, sich zu meinem Reisevorhaben stellen und welche Tragweite er dem mit

445

Sammlungen nach Chartum zurückbefördern wird. Vom Ausschiffungsplaße Meschera- el-Rek (die beste Karte ist in Petermanns Mittheilungen, Ergänzungsheft Nr. 15 ent: halten und von Heuglin entworfen) werden mir zur Reiſe ins Innere 60 Träger gestellt. Es wird mir die Wahl freistehen, auf welcher der zahlreichen und zum Theil weit nach Süden vorgeschobenen Seriben ( Etabliſſement, Han delscomptoir oder Stapelplay, wo Bewaffnete liegen) ich • längeren Aufenthalt zu nehmen gedenke. Wahrscheinlich wähle ich die im Gebiete der Dschur und bereits im Berg lande gelegene, die 30 deutsche Meilen vom Landungsplaße entfernt liegt. In der Seriba müſſen mir drei Hütten

meinen bangen Zweifeln und Sorgen für das Zustande

errichtet und ein Gartenterrain hergerichtet werden, da ich in der Regenzeit zu mein und meiner sieben Diener Unter halt allerlei Gemüse und Mais cultiviren will . Für diese

kommen meines Reiseprojectes in den heitersten Himmel voller

3 Posten habe ich an Ghattas 17,000 Piaster = 773

Hoffnungen, als ich mich in zuvorkommendster Weiſe vom Statthalter aufgenommen sah und die besten Versprechungen erhielt, meine Reise auf jede der Regierung mögliche Weise

Maria-Theresia- Thaler zu zahlen. Es wird mir freistehen mich jedem Ausfluge der Bewaffneten anzuschließen, und habe ich alsdann für die Träger à Person 15 Piaster pro

gefördert zu ſehen. Zu einer ſelbſtändigen Unternehmung, d. h. mit einer eigenen Escorte von Bewaffneten, deren Zahl mindestens 50 sein müßte, hinaufzureisen, gestatteten mir

Tag zu zahlen. Auch müssen zu meiner Leute Unterhalt monatlich zwei Ardeb Getreide geliefert werden (zu einem bestimmten Preise), wenn ich es verlange. Außer diesen

die verfügbaren Mittel nicht, auch schien auf diesem Wege

günstigen Bestimmungen hat ein Machtspruch des General gouverneurs mir auch noch von anderer Seite im Nothfall

gebrachten Firman des Vicekönigs zu ertheilen für gut be finden würde. Da fiel ich denn auf einmal aus allen

die Erreichung meiner Zwecke keineswegs gesicherter ; mein Plan war dahin gerichtet mit einem in dem zu bereisen den Gebiete handeltreibenden Kaufmann einen Vertrag abzuschließen, demzufolge ich mich seiner Expedition an schließen durfte , und welcher mir die nöthigen Träger, ohne welche man keinen Schritt landeinwärts von den fahrbaren Flüſſen vorzudringen vermag, zusichert, während es mir auf der anderen Seite freistehen sollte den Be wegungen der Kaufleute im Innern folgen und die inters eſſanten Gegenden in Augenschein nehmen zu können. Dieser Wunsch wurde mir durch die Bereitwilligkeit des Generalgouverneurs im vollsten Maße erfüllt, welcher selbst die Wahl eines Kaufmanns traf, dessen Schuße ich mich

Hilfe und sicheren Anhalt eröffnet, indem er die in diesem Gebiete gleichfalls sehr mächtigen Kaufleute Agat und Kurschud Ali, die viele Hunderte von Bewaffneten unter halten, verbindlich machte, mich in ihre Seriben aufneh men und von einer zur andern escortiren zu wollen, falls ich auf den Ghattas'schen Pläßen kein ausgiebiges Feld für meine Forschungen fände. Sie sehen, hochverehrter Gönner, daß die Gunst der Verhältnisse mir bei meinen bescheidenen Mitteln mehr sichere Basis zur Unternehmung und mehr Aussicht auf Erfolg versprochen hat, als an dere mit ihren reichen Mitteln und in ihrer selbständigen Stellung vermochten. Sehr leicht kann man hier in

anvertrauen sollte, und der eigenhändig den mit letterem

Chartum um vieles Geld eine Bande von Strolchen zusam

abzuschließenden Contract auffeßte.

Es war vorauszusehen

menbringen, schwer aber ist es (es ging Baker völlig ab)

daß jeder im genannten Gebiete Handeltreibende nur mit

ſeitens der Localregierung dieſe nur durch Furcht vor der Strafe zum Gehorsam zu zwingenden Leute verbindlich und seinen

größtem Widerwillen oder gegen unmäßige Bezahlung die Anwesenheit eines Europäers in seinen Etablissements im Innern zulassen würde, daß daher nur, wenn die Local regierung auf das Zustandekommen ähnlicher Arrange: ments einen Druck ausüben wollte, etwas erreicht werden könnte. gang.

So nahm denn alles seinen erwünschten Fori Der Generalgouverneur machte einen koptischen

Großhändler ,

Namens Ghattas ,

der Besizer mehrerer

Niederlassungen im Bahr - el - Ghasal : Gebiete ist, für die strenge Ausführung der gegen mich eingegangenen Ver:

Zwecken dienstbar machen zu können, noch schwerer aber bleibt es unter allen Umständen, dieselben zu commandiren. Statt in ihnen eine Stüße zu finden und von ihnen be schützt zu werden, hindern sie vielmehr den Reisenden an. allen seinen Planen, wenn er ihnen nicht erlaubt auf eigene Hand Raub- und Plünderungszüge gegen die Ein gebornen zu unternehmen . Ich habe daher von vornherein den Gedanken an ein selbständiges Vorgehen in dieſen Ländern aufgegeben und jetzt gewiß den besten Weg ge=

pflichtungen verantwortlich. Leßtere bestehen in folgendem:

wählt.

Ich erhalte eine eigene Barke zur Hinreise nach dem legten Ausschiffungsplatz am Bahr- el - Ghasal, welche die

sondern suche nur das zu erreichen was jedem, der sich einer festen Gesundheit erfreut, auszurichten möglich wäre ;

Auch habe ich mir nicht zu viel vorgenommen,

unterwegs gemachten, jedenfalls bei Ueberfluß an Zeit,

allerdings

an Raum und

sache , und

an Thätigkeit sehr reich ausfallenden

ist

die letterwähnte Bedingung die Haupt ich muß daher bei meinen Bemühungen

Zwei Briefe aus Inner-Afrika von Dr. Schweinfurth an den Erzbischof von Kalocsa.

446

lediglich auf höhere Hülfe bauen , deren man nirgends

Bei den beständig vorherrschenden starken Nordwinden

mehr oder sichtbar mehr zu bedürfen scheint als in diesem Gottes Hilfe und die Theilnahme gottverlaſſenen Lande.

reichten 20 Tage völlig aus um die Fahrt zu erledigen, und zugleich an zahlreichen Stellen Halt zu machen, wo

meiner Freunde und Gönner in Europa wird mich hof fentlich fiegend aus diesem Kampfe hervorgehen lassen.

färglichem Gewande erscheinende Vegetation zu gewinnen.

ein Ueberblick über die zu jeziger Jahreszeit in etwas

Da die Expedition des Ghattas erst in Monatsfrist von

war.

hier abgeht, so fahre ich in diesen Tagen (wahrscheinlich

und Blüthe darbot, schöne Exemplare erlangen, welche meiſt

zu Sylvester) von hier ab und segle langsam strom: aufwärts bis Faschoda , nördlich der Sobatmündung,

Arten angehören die nur einmal von Reisenden gesammelt wurden, und immerhin als Seltenheiten ersten Ranges zu

unterwegs nach Belieben Halt machend und den Samm

betrachten wären.

lungen nachgehend. Oberhalb Faschota, wo noch ägyp tisches Militär und ein Gouverneur, fann meine Barke

die specifische Feststellung derjenigen Pflanzenformen welche die Waldbestände der Uferlandschaften darstellen, sowie

Indeß konnte ich von allem was sich mir in Frucht

Von besonderem Interesse erschien mir

wegen der von den wilden Schilluk-Negern drohenden Ge

ihre Verbreitungsgrenzen nach Norden und Süden zu prä

fahr nicht weiter gehen, da außer der 9 Köpfe starken Schiffsmannschaft nur ich und meine 7 Leute an Bord

cisiren. Die prächtigen Esunt Waldungen vom 13-11ten Grade nördlicher Breite boten mir das erste Forschungs

sind.

terrain von erhöhtem Intereſſe dar.

Ich werde daselbst also auf die Ankunft der Ghat.

tas'schen Expedition warten müſſen und unter ihrer Be deckung in den Gazellenfluß gehen .

Solchergestalt wird

Dann so'gten die

Schillukinseln mit ihrem leichten Schwimmholz der Hermi niera, welche in üppigstem Flor angetroffen wurde. Schließ

meine Stromfahrt vielleicht gar 3 Monate umfaſſen, in

lich erschienen die Esunt-Acazien ( A. arabica und nilotica)

welcher Zeit ich schöne Sammlungen in einem botanisch noch ganz unerschlossenen Gebiete machen kann . Steud.

durch die A. verugera , welche ich zuerst bei Kaſſala fand, verdrängt, während Tamarinden und verschiedenartiges Un

ner's auf dieser Strecke gemachte Eammlungen sind nie

tergehölz sich dazwischen mengte .

nach Europa gekommen.

Nun hat die Herreise nach Char:

Faschoda hat die Schwimmholz : Vegetation eine Unter

tum, auf welcher ich die Gebirge bis Suakin in der besten Jahreszeit besuchte, allein über 900 Nummern in schönen.

brechung erfahren, die Ufer sind Tagereisen weit mit hohem

Hier in der Gegend von

Exemplaren gesammelten Pflanzen ergeben ; wenn daher die

Schilf und Zuckerrohr beseßt . Nun aber gehe ich der Papyrus Region entgegen, und abermals in Dickichte der

Nilfahrt entsprechend ausfällt und ich im Innern eine rege

Ambatsch (Herminiera), welche im Gazellenstrome

Thätigkeit zu entwickeln vermag, so könnten mit Leichtig Was keit noch weitere 2000 Nummern erlangt werden.

Fortkommen meines Schiffleins manche Schwierigkeiten in den Weg stellen wird. Das Botaniſiren in den Uferwild

ich in der Seriba Ghattas jammle, wird gewiß des Neuen

nissen, obgleich diese keineswegs undurchdringliche Dickichte sind, erschien nicht so gefahrlos als auf meinen früheren

und Unerwarteten genug enthalten, um E. E. Freude be reiten zu können .

dem

Meine Papiervorräthe sind ausreichend,

Reisen, da abgesehen von den tückischen Wilden, welche

ich habe über 60 Träger und eine Barke zur Verfügung,

mich zwingen stets unter Eskorte von mindestens zehn

kann also ein förmliches Heusammeln, wie gewisse Schmähei

Mann ans Land zu gehen, noch allerhand bösartiges Vieh

der Botanik so oft es zu nennen pflegen, ins Werk ſehen.

das Umherstreifen daſelbſt gefährdet.

Borläufig läßt meine Gesundheit nichts zu wünschen übrig, bis zur Regenzeit habe ich noch volle 5 Monate, und wenn.

her alle Schilderungen meiner Vorgänger für übertrieben, und die Erzählungen meiner Leute für Scherz, bis ein

Ich selbst hielt bis

mich die Fieber nur im gleichen Grade wie in dem verrufe:

vortrefflicher Diener an meiner Seite von einem Büffel

nen Gallabat heimsuchen, so wird mir Muſe genug in der

überrannt wurde, der ihm den Oberkiefer spaltete, so daß er nur mit knapper Noth mit dem Leben davon kam. An einer

fieberfreien Zeit übrig bleiben. Auf den Papyrus habe ich von vornherein mein Augen

andern Stelle hatten wir große Noth von den Bienen

Da derjenige vom weißen Nil noch in

auszustehen, welche an einem aus Schilf gebildeten Ufer,

keiner Sammlung vorhanden ist, so muß ich ihn sorgfäl: tigst einsammeln ; übrigens bin ich überzeugt daß er der historische, altägyptische ist, und sicherlich eine Art mit dem

überfielen, und stundenlang fürchterliche Verwirrung auf derselben anrichteten.

syrischen bilden mag.

allen Excursionen für meine arme Haut, da prächtige

merk gerichtet.

ohne daß wir ihnen das geringste angethan, die Barke

In Folge dessen zitterte ich auf

Blüthenmassen der Tald Acacia und Capernsträucher oft

Faschoda, 1. Februar 1869.

Ew. Excellenz. Ich mag nicht den südlichsten Vorposten der ägyptischen Herrschaft verlassen, ohne die sich mir hierselbst darbietende Gelegenheit der Briefbeförderung unbenugt vorüber gehen zu lassen, und Ihnen kurze Mittheilung über den glücklichen Verlauf dieſes ersten Theils meiner Flußfahrt zu machen.

von großen Schwärmen dieser Insecten umgeben erſchienen. Das Thierleben in diesen Wildnissen ist wahrhaft im: posant.

Ueberall beim Eindringen in die Gebüsche stößt

man auf frische Spuren ; da sind die riesigen Fußstapfen von Elephanten und Nilpferden, die den Boden durch wühlen ; massenhafte Losung der Büffelheerden und Pfade von diesen Thieren gebahnt führen allein in die dornen

Religiöse Schwindeleien in den Vereinigten Staaten.

reichen Dickichte ; über uns in den Zweigen der Tamarin den treiben die Muu-Kazen ihr luftiges Spiel, während Schaaren man möchte sagen Milliarden kleiner Sperlings: vögel von einem Busche zum andern flattern. Allenthal ben am Boden Schlangenhäute, zerbrochene Eierschalen, Thiergebeine, auch Conchylien-Reste vom Hochwasser land einwärts geschleppt, und an Größe den riesigen Vierfüß lern des großen Stromes ebenbürtig in ihrer Art, tritt man mit Füßen ; Leguane und Riesenschlangen durchraſſeln das hohe Gras, welches nur halbverbrannt, wegen zu großer

447

Religiöse Schwindeleien in den Vereinigten Staaten. Ich will es versuchen hiermit einige Phasen religiöser Schwärmerei aufzudecken, wo Heuchelei, Muckerthum und Spiritualismus so innig verwebt sind daß man kaum eine Gränze zu ziehen vermag. Der erste Fall ist der eines gewissen Lathrop, welcher vor zwanzig Jahren seinen Eltern entlief, und sich einer Mormonen Gesellschaft anschloß, geringe medicinische Kennt nisse erwarb und als M. D. wieder nach Osten kam, wo er durch bloßes Handauflegen und Erhortation behauptete

Solidität seiner Halme dem Eindringlinge in wenigen Mi nuten alle Kleidungsstücke schwärzt. Wie muß es da erſt

jede Krankheit heilen zu können ; statt aber immer ein Hono

in der Regenzeit aussehen, wo die Natur selbst zur Zeit

rar zu verdienen, mußte er einmal in Massachusetts 500

allgemeiner Dürre so viel Leben und Regſamkeit in ihrem Winter entfaltet. Winter ist es freilich jetzt bei 20" R.

männern zweier Patientinnen zahlen, welche mit seiner

zu nennen, denn die Sonne in Scheitel sticht zwar auf

Heilungsmethode nicht einverstanden waren.

das Haupt des Fremdlings, allein sie hat die sengende Kraft ihrer Strahlen verloren. Dabei fortwährend der hef.

Später ließ er sich wieder im Westen nieder, verhei rathete sich in Chicago, wo seine Frau (die ihren Gatten

tige Nordwind, welcher das, was er über die Witterung

bald durchschaut hatte) zurückblieb, als er nach dem Städt

vermag, erst an denjenigen Tagen zu erkennen gibt, an welchen ſein ſtarkes Geblaſe nachläßt. Auf einmal ohne den geringsten Uebergang, fühlt man sich alsdann der vollen

gläubigkeit bekannt ist.

Tropenhiße ausgesezt, und die hohe Sonne nimmt wieder Beſig von ihren alten Rechten .

Mit meiner Begleitung im höchsten Grade zufrieden, und auf der Barke mit allen für meine Beschäftigungen

Dollars, und in New-York 300 Doll. den respectiven Ehes

chen De-Kalb zog, deſſen Bevölkerung wegen seiner Leicht Hier traf er mit dem Propheten

Daniel (profaniter Gameth genannt) und dessen Gemahlin zusammen, welche sich als Mutter Christi der Welt an kündigte, — und mit denen er gemeinschaftlich operirte, indem er deren Glaubensformeln seiner Heilungsmethode beifügte. -Diese bestand darin daß wenn eine Patientin

erforderlichen Bequemlichkeiten ausgerüstet, kann ich so recht mit Muße meinen Studien obliegen. Hoffentlich wird

zu ihm kam (er widmete sich ausschließlich dem weiblichen

dieser glückliche Stand der Dinge so lange andauern bis ich unversehrt mein Standquartier im unerforschten Innern

dieselben von den Wundercuren des Doctors zu haben

Geschlecht) ,

er die hohe Idee zu steigern suchte welche

pflegten, und deren Hang zur Schwärmerei noch zu ſtärken ;

erreicht habe, wo allerdings mit Beginn der Regenzeit bei Ueberhäufung mit Arbeit zugleich die Gefahren für die Gesundheit, die bis jetzt noch gänzlich zu fehlen scheinen,

für Chriſtus II.) aus, auf den ſie ſich ſtüßen könnten, und

sich mehren werden .

Um möglichst sicher zu gehen, habe

psychologiſchen“ Einfluß folgte die „ elektro-magnetiſch-ſpiri

ich bereits hier einige Kisten zur Beförderung nach Char tum dem ägyptischen Gouverneur übergeben, weil meine

tualistische" Behandlung, worin seine Specialität bestand.

Barke erst nach Einbruch der Regenzeit ihre Rückkehr antre ten wird, und daher immerhin für die Erhaltung des bisher Errungenen Gefahr obwaltet, obgleich ich alle meine Her barienkiſten in frische Rindshäute habe einnähen laſſen. Außer den botanischen Sammlungen beschäftigen mich

er gab sich für einen der Auserwählten des Herrn (selbst

dessen Vorschriften sie zu befolgen hätten.

Dem „religiös

Ein gotteslästerliches Gebet bildete die Einleitung, dann fragte er nach dem Siße der Krankheit, löste die Beklei dung bis er die Hand auf die afficirte Stelle legen konnte, und rieb die Theilen um den elektromagnetischen Strom zu übertragen.

Nach wiederholten Experimenten fand er

auch osteologische Präparate mit Vorliebe ; ich war so

daß der Sitz des Uebels weniger local ſei, und verlangte weitere Entblößung, um seine Reibungen ad libitum fort

glücklich eine große Anzahl von Schädeln der Schillukrace

sehen zu können.

schon jetzt zusammenbringen zu können,

und werde fort:

Dies schmäliche Treiben ward Jahre lang fortgesett

fahren auf die Erlangung dieser für die Kenntniß der den frü

bis Lathrop und Gameth auf die Anklage einer Fräulein Colton arretirt wurden. Die Klage lautet auf " Versuch

heren Reisenden gänzlich außer Acht gelassen) mit Ernſt be:

der Verführung, " und die Aussagen der Zeugen haben

dacht zu sein.

beide Verklagte als gemeine Betrüger an den Pranger ge stellt, namentlich aber vom Leben und Treiben des Doc

Menschenracen so

wichtigen Gegenstände (von

In der Hoffnung daß diese flüchtigen Zeilen

E. E. von meiner steten Ergebenheit Beweis liefern mögen, und in Erwartung freundlichster Aufnahme derselben ver bleibe in dankbarster Erinnerung und Verehrung E. E. ge Dr. G. Schweinfurth. horsamster Diener

tors ein sehr schwarzes Bild entworfen. Ein anderes Beispiel religiöser Ueberspanntheit bietet eine ſpiritualiſtiſche Gesellschaft welche sich kürzlich in Chi cago gebildet hat und bereits 2000 weibliche Wesen unter den Gläubigen zählt, sowie auch einige Männer, welche sich

Die Goldgewinnung in der neuesten Zeit.

448

bemühen in dem neuen Geiſterreich eine Stelle zu erlangen,

Bedürfnisse einzutauschen, doch auch dieß hörte auf, bis

da sie in dem irdischen Paradiese eine Quelle materiellen Nußens wittern.

kam , und erfuhr daß Krankheit ihn verhindere auszugehen .

eines Tags ein Nachbar auf den Ruf des Alten herbei :

Die Regierung ist bafirt auf „ Gott Mutter. (Euphemia

Man brachte Hilfe und fand in einem Zimmer Vater,

Regina, Princessin von Jerusalem), Gott-Vater, Christus den Sohn, und die Seele als Tochter, die Regierungsform theokratisch-demokratisch, worin das Weib die Kirche, der

Tochter nebst 25 Kazen und einer Anzahl Hühner ; die beiden menschlichen Wesen in Lumpen gekleidet aufschmußi gem Strohsack fast ohne Bedeckung, mit Geschwüren be

Mann den Staat repräsentirt ; erstere aber mit überwie

deckt; Folge der furchtbaren

gender Macht.

Luft.

Die jetzige Präsidentin ist Fräulein Sophronia A. Kil bourn, (ein Berichterstatter schildert sie als eine edel aus sehende Dame von fünfzig Jahren). - Sie behauptet daß das Weib das vollkommenste und reinste der Geschöpfe Gottes sei; daß ferner das Weib eine innere Kraft befäße welche alles Verdrehte zu berichtigen vermöge ; daß die Regierung des Weibes die des Friedens sei ; daß die Quäfer nicht weit genug giengen wenn sie die Frau dem Mann gleich stellten, das Weib sei das höher ſtehende Wesen,

Unreinlichkeit und faulen

Obgleich der Alte durch religiöse Phantasiegebilde sich und seine Tochter in diesen Zustand verseßt hatte und anfangs alle Hülfe verschmähte, so mußte er sich doch endlich dem festen Willen seiner Nachbarn unterwerfen und sein Haus mit allem was darin war einem gründlichen Reinigungsproceß übergeben ; ob ihn dieß socialer gemacht hat, wird nicht berichtet. Solche Ausbrüche religiöser Schwärmerei findet man leider sehr viele in den Vereinigten Staaten ; die Haupt

deſſen geistigem Einfluß sich alle unterwerfen müßten . — Euphemia Regina, die freimaurerische Königin der Weisheit, sei der dominirende Geist der neuen Regierung, welcher

ursache ist wohl in der Sonntagsfeier zu suchen, wie ſie seit dem Auftreten der Puritaner in England und diesem Lande üblich geworden .

Alle Zerstreuungen, ſelbſt der un

schon seit Jahrhunderten seinen Einfluß ausgeübt, sich aber erst seit ungefähr sechs Jahren

verschiedenen Personen.

offenbart habe, da sie (die Präsidentin) auch dieser Offen barung theilhaftig geworden, so könne sie eine jede er kennen der dasselbe Glück wiederfahren sei 2c.

schuldigsten Art, sind Sonntags verpönt, keine Muſikkein Tanz, kein Theater, ja an manchen Orten keine Prome: nade, noch Eisenbahn- und Omnibus - Verkehr ; dabei ein gezwungener Kirchenbesuch und folglich Verdummung des Menschen von Kindesbeinen an , weil vieles im Vortrage

Die Regierung wird durch einen großen Rath geleitet und da derselbe seine Begeisterung von der ephemeren Gottheit erhält, so haben sich eine Menge mystische Faxen

jucht muß es im geheimen thun, was bei vielen zur Trunk

eingeschlichen, welche aufzuzählen hier zu weit führen würde, die aber der ganzen Sippschaft den Kopf zu verdrehen

sucht führt. Ich bin weit entfernt das Christenthum zu verdammen, wenn dessen Lehrer aber über die einfache Mo

Wer als Mitglied dieser Gesellschaft sich unter: schreibt, muß eine gewisse Summe einzahlen , welche durch ein besonderes Banksystem verwaltet werden soll, und von drohen.

der Geistlichen mit dem gesunden Menschenverstand im Conflict steht.

Wer sich von diesen Feſſeln loszumachen

rallehre hinausgehen, stiften sie durchgängig nur Unheil.

den gelösten Capitalien wird ein Theil verwandt, um den Mitgliedern einen guten Plaß im Himmelreiche zu be legen, während der Rest zum Wohl der Menschheit ver wendet werden soll. Die Majorität der Theilnehmer soll wirklich an den Unsinn glauben - namentlich die Frauen. - während

Die Goldgewinnung in der neuesten Beit. Von vielen ausgezeichneten französischen Fachmännern sind auf officielle Veranlassung die Reſultate der pariſer Weltausstellung vom Jahr 1867 bearbeitet worden. Unter

andere ihn auszubeuten suchen. Als dritten dieser überspannten Geister führe ich einen gewissen Roldin A. Watkins an, welcher — allgemein geach ―― tet nach 30jähriger Ausübung der Functionen eines Pre digers 1855 mit seiner Frau und Tochter (einem damals

diesen Werken befindet sich auch ein Band, betitelt :

Sub

stances minérales, " verfaßt von dem ausgezeichneten Geo logen, dem Generalberginspector A. Daubrée (Paris 1869), welcher eine sehr umfassende Uebersicht der mineralischen

16jährigen hübschen und feingebildeten Mädchen) nach dem

Productionen enthält.

Westen zog und sich in der Nähe von Turner Junction einen Landsit kaufte. Hier ward die Familie von allen

das Gold dürften ein vorzügliches Interesse gewähren

Die bezüglichen Mittheilungen über wir

geben sie hier in einem das wesentlichste enthaltenden Aus zuge, über einige andere wichtige Mineralproducte wird das

gern gesehen, verschiedene junge Leute bewarben sich um die Hand der Tochter ; allein als ein Jahr darauf die Frau des Geistlichen starb, brachen Vater und Tochter

Ausland" später noch einiges aus derselben werthvollen Quelle beibringen.

zwar noch während einiger Jahre von Zeit zu Zeit Be

Die Geschichte kennt keine Zeit in welcher im allge meinen der Bergbau so schwunghaft betrieben worden ist

suche im Städtchen um Hühner und Eier gegen nöthige

als in unserem Jahrhundert, und besonders sind seit An

allen Umgang mit ihren Nachbarn ab.

Der Alte machte

Die Goldgewinnung in der neuesten Zeit.

fang desselben die Productionszahlen der Steinkohlen, des Eisens, und der edlen Metalle in einer ganz außerordent lichen Weise gewachsen. Unter den letteren ragt aber das Gold besonders hervor. Die Entdeckung der reichen Gold ablagerung auf dem östlichen Abhange des Ural fand im Jahr 1814 statt, im Jahr 1848 wurden die Goldfünde in Californien und im Jahr 1851 in Australien gemacht. Europa.

Europa besaß im Alterthum und im Mittel

alter Goldgewinnungen an vielen Punkten, besonders im Sande der Flüsse,

449

hat nur einige sehr reiche Stellen von geringer Ausdehnung und anderwärts ist er fast ganz steril. Indeß ist doch noch mehr Gewinnst von den Gängen zu erwarten als von den Wäschereien. Die größte Quantität Gold wurde in Cali 1 fornien im Jahr 1863 gewonnen. Im Jahr 1858 ent stand das Geschrei, man habe reiche Goldwäschereien am Fraserflusse in Englisch- Columbien entdeckt ; 18,000 Men schen, ein Sechstel der brauchbaren Bevölkerung von Cali fornien, verließ das Land um in jener Gegend größere Reichthümer zu gewinnen . Noch ein anderer Grund ent

welche auch noch hin und wieder

beſtehen, die Production ist aber gering .

Die bedeutend

ſten Localitäten sind in Siebenbürgen und Ungarn ; hier wurden im Jahr 1865 1924 Kilogramm Gold gewonnen.

zog die Arbeiter der Goldgewinnung, nämlich die Ent deckung der reichen Silbergänge in der Sierra Nevada und besonders des dortigen Comstock Ganges. Am 1 Oct. 1866 bestanden in Californien 69 Gesellschaften für die Gold

Italien liefert auch eine gewisse Quantität, nämlich aus den goldhaltigen Schwefelkiesen der Gänge auf dem süd lichen Abhange der Alpen und des Monte Rosa (Macug naga), und die in goldhaltigen Quarzen des Apennins von Ligurien. Es wird hier jährlich ungefähr für 500,000 Franken Gold gewonnen . Außerdem produciren die Wäschereien in den Flüſſen Orco, Tessin, Po, Serio u. s. w . noch unbedeu tende Quantitäten. In England hat man seit einigen. Jahren die Gewinnung von Gold in Wales in Merionet ſhire wieder aufgenommen.

Die dortigen Gänge waren

gewinnung auf den Gängen in den Diſtricten Graß-Valley und Nevada ; sie beschäftigten 1830 Arbeiter, 91 Maschi nen, 426 Pochwerke, und förderten 85,620 Tonnen Erze. Der District Graß-Valley von 7 Kilometern mittlern Durch: meſſers lieferte für 17,500,000 Fr. Gold im Werthe, und dürfte der ergiebigste Gangbergbau auf Gold der ganzen Erde sein.

Bei der Annahme von 2000 Arbeitern beträgt die jährliche Production von jedem Arbeiter 8750 Fr.; das Goldausbringen war nach einer Mittelzahl 150 bis 165 Fr. aus der Tonne Erz, jedoch ist auch hin und wie

schon von den Römern bebaut worden ; das Gold kommt im Quarz vor.

Im Jahr 1866 hat man hier 23 Kilo

gramm Gold gewonnen. Russisches Reich.

Das Gold wird in demselben

in drei Gegenden : erstens auf der südlichen Seite des Urals (Gouvernements Perm und Orenburg), zweitens am Altai im Gouvernement Tomsk und Jeniseisk, und drittens in Trans Baikalien, durch Waschen gewonnen. Die Goldproduction war von 1830 bis 1847 sehr rasch in die

der mit Verlust gearbeitet worden. Die Gänge sind wenig mächtig, keiner übersteigt die Mächtigkeit von 230 Decis metern und manche gehen bis auf 30 Decimeter herab. In manchen Gängen kommt viel Schwefelkies vor, und daher stellen sich die Zugutemachungskosten von der Tonne Erz auf 75 Fr. Die Baue gehen bis auf eine Tiefe von 130 Metern unter die Oberfläche, die meisten Erze wurden. aber in der Tiefe bis 65 Meter gewonnen . Colorado.

Die Goldbergwerke liegen im Felsenge

Höhe gegangen ; ins Maximum stieg sie im Jahr 1848, und blieb seit 1850 ungefähr stationär. Sie betrug in

birge, welches hier Höhen von 4700-5000 Metern erreicht.

1863 23,920 Kilogramm, die nach dem Preise , welchen das Gouvernement für seinen Ankauf des Goldes gestellt

7000 Einwohnern. Die mannichfaltigen Schwefelverbin dungen von verschiedenen Metallen, welche mit dem Golde

hat, 77,228,000 Franken werth waren.

vorkommen, erschweren sehr die Ausscheidung des Goldes ;

Bei den Gängen befindet sich die Stadt Denver, jest mit

Im aſiatiſchen

Rußland haben die Gebiete des Goldsandes noch weitere

verschiedentlich hat man das gepulverte Erz mittelst über

außerordentliche Ausdehnung, und sind daher noch lange

hitter Wasserdämpfe entschwefelt und dann der Amalga

nicht erschöpft. Californien.

mation unterworfen. Die Goldgewinnung hat in den leg

ten Jahren abgenommen .

Vom Jahr 1850 bis 1856 war

sie sehr bedeutend. Nachdem hat man die Waſcharbeit in den

Die Entdeckung des Goldes geschah

im Jahr 1858 durch Emigranten in einem Flusse bei der Damals war die ganze gegenwärtigen Stadt Denver. Gegend noch Wildniß.

In den Jahren 1861 und 1862

Flüſſen, da sie nicht mehr ergiebig genug war, den Chineſen

fand ein großer Zuzug von Menschen nach den Werken

überlassen, welche sich mit einem geringen Gewinnst begnü gen. Um jene Zeit sind die Arbeiten auf den bis 80 Meter

statt, welcher aber in den spätern Jahren sehr abnahm .

mächtigen Alluvionen betrieben worden.

Die Gewinnung

Die große Abgelegenheit der Werke, da man, um dahin zu kommen, eine öde Ebene von 1000 Kilometern Länge

auf den Gängen nimmt fortwährend zu, ungeachtet dabei

paſſiren muß, und die Feindseligkeit der Indianer sind be

viel Risico obwaltet.

deutende Hinderniſſe, welche hier den Flor des Bergbaues

Allerdings erstreckten sich oft die

Quarzgänge auf eine Länge von mehreren Kilometern, aber selten sind sie über 300 Meter lang ergiebig.

zurückhalten.

Der bedeutende

Gang von Maripoja, welchen man zu mehr als 50 Kilom . Länge annimmtund den Muttergang von Californien nennen könnte,

4 Es wäre zu wünschen gewesen daß Daubrée überall auch die Goldquantitäten und ihren Werth in Zahlen angegeben hätte, Der Bearbeiter. die leider mehrfach vermißt werden.

Die Goldgewinnung in der neuesten Zeit.

450

Alleghanies.

Auf dem Südabfall der Alleghanies

von Alabama nach der ganzen Länge der Vereinigten. Staaten kommen zahlreiche goldführende Gänge im Talk: Das Gold ist sehr fein in dem und Chloritschiefer vor. Gangquarz eingesprengt und von Schwefelkies begleitet, auch zuweilen von Blende und Bleiglanz. wird aber nur aus den Alluvionen gewonnen.

Das Gold Auch im

Staate Vermont ist in jüngster Zeit ebenfalls Gold ge Seit der Entdeckung des Goldes in wonnen worden.

wicht von 28, 56 und 84 Kilogrammen.

Am Ural wog

die größte aufgefundene Stufe nur 36 Kilogramm und in Californien 42 Kilogramm . Die goldführenden Quarz gänge sind im ältern Gebirge sehr zahlreich, auf welchem die tertiären Schichten auflagern ; man fennt bereits mehr als 2000 solcher Gänge. Sie variiren in ihrer Mächtig: keit von 1 oder 2 bis 15 Metern. Das Gold kommt mit Arsenikkies und Bleiglanz vor.

Californien haben die goldführenden Alluvionen in Vir

Es ist schwer zu Gute zu Man glaubt daher daß es nicht gediegen vor: komme, sondern in einer Verbindung mit Arsenik und

ginien, den beiden Carolinen und in Georgien ihre Bedeu tung verloren.

den ist .

Neu- Schottland.

An jenen Strich des Goldvor

machen.

Schwefel, welche übrigens noch nicht näher bestimmt wor Auch hat man in den goldführenden Gängen gediegen Zink erkannt, eine neue Erscheinung, welche gewisser maßen eine Analogie von dem in dem goldführenden Sande

kommens im Süden von Nord-Amerika schließen sich die

an andern Orten, namentlich in Guayana aufgefundenen, erst jüngst unternommenen Gewinnungen in Neu - Schott land an. Das Gold kommt im Quarz mit Arsenikkies vor.

gediegen Zinn darſtellt. ↑ Vielfach geht die Goldführung der Gänge bis auf eine Tiefe von 130, selbst von 200

Außerdem findet sich das Gold in Blättchen in einem

quarzigen Conglomerat, welches der Silurformation über

Metern, ohne an Reichhaltigkeit abzunehmen, 522 Dampf maschinen zusammen von 9079 Pferdekräften und 62 Ma

greifend aufgelagert und aus der Zerstörung derselben ents standen ist. Das Conglomerat ist 10 Meter mächtig und gehört der untern Steinkohlenformation an. Der Gold

schinen mit Wasserkraft sind für die Förderung, Waſſer haltung und den Betrieb der Pochwerke vorhanden. Vic: toria lieferte im Jahr 1865 43,226 Kilogramm Gold, im

district umfaßt 16,000 Quadratkilometer, nämlich mehr als die Hälfte der ganzen Oberfläche von Neu Schottland.

Werthe von 154 Millionen Franken. Im Jahr 1866 waren 17,730 Bergleute in den Gruben beschäftigt und

Die Goldgewinnung hat im Jahre 1860 begonnen, und es ist die jährliche Production von 203 auf 728 Kilogramme

65,484 Menschen bei den Wäschen, also zusammen 83,214 Personen, fast alle Männer. Diese große Anzahl ist

gestiegen ; vom Januar 1862 bis zum September 1866 hat die Gesammtgewinnung 2,634 Kilogramme Gold be: tragen, im Werthe von 8,161,000 Franken. Im J. 1866 hat jeder Arbeiter durchschnittlich Gold im Werthe von 3,746 Franken gewonnen.

geringer als in den vorherigen Jahren, ihr Maximum erreichte sie im Jahr 1856. Die durchschnittliche jährliche

Auch dieser Staat hat Gold in Quarz

gängen und in Alluvionen, welch' lettere das Silurgebirge in einer Ausdehnung von 25,600 Quadratkilometern über: lagern.

Unter den bei den Wäschen beschäftigten Arbeitern befinden sich 20,933 Chinesen. Die Goldproduction war im J. 1866

Dieses Gold fam beinahe ganz

aus den Gängen. Canada.

um ſo merkwürdiger, wenn man erwägt daß die ganze Bevölkerung der Colonie nur aus 626,000 Seelen besteht.

Jüngst hat man hier Versuche auf Gold gemacht,

welche noch zu keiner belangreichen Gewinnung geführt haben.

Goldproduction stellte sich auf jeden Arbeiter im Werthe zu 1850 Franken, im Jahr 1862 und einigen spätern Jahren war ſie doppelt und selbst dreifach so groß. Die ganze Gold gewinnung von der Entdeckung ab bis zu Ende 1865 be: trug 1,034,346 Kilogramm, im Werthe von 3,651,436,600 Franken.

Victoria.

In dieser Provinz von Australien ist die

Goldgewinnung sehr bedeutend.

Es findet sich in zweierlei

Vorkommnissen : 1 ) in den sehr zahlreichen Quarzgängen welche das ältere ſtratificirte Gebirge, vorzüglich das Silur, aber auch den Granit durchseßen, und 2) im Trümmer gebirge. Das leßtere gehört zum Theil dem Pleiocän und Meiocän an.

Anfänglich wurde das Gold vorzüglich nur

aus dem Trümmergebirge gewonnen . Jezt geht man aber mit Schächten von 90, 120 und 150 Metern Tiefe nieder. Zu Ballarat hat man 30 Meter Basalt durchſinken müſſen

Die Ausdehnung des bereits bergmännisch_be arbeiteten Bodens der Provinz Victoria beträgt 1850 Qua:

dratkilometer ; die gegenwärtige Gewinnung dehnt sich 530 Quadratkilometer aus. Seit dem Jahr 1850 find enorme Summen von dem Parlament von Melbourne für die An lage von Sammelteichen verwendet worden. Noch gegen: wärtig ist die Vermehrung von 24 solcher Teiche projectirt, welche zusammen mehr als 25 Millionen Franken kosten würden. Neusüdwales.

Auch hier kommen, wie in Victoria,

bis auf die tertiären Schichten. Die goldführende Schicht ist 30 bis 360 Decimeter mächtig und besteht wesentlich

viele goldführende Quarzgänge sowohl in den schieferigen. Gesteinen als im Granit vor, so wie ebenfalls goldhaltige Alluvionen. Seit dem Jahr 1851 , in welchem Jahr

aus Geschieben, Quarzsand und Thon, welche zuweilen zu

diese Goldführungen entdeckt worden ſind, bis zum Jahr

einem festen Conglomerat oder Sandstein verbunden sind. Das Gold kommt in dieser Schicht in kleinen Körnern

1865, also in 15 Jahren , hat man in Neusüdwales

und Blättchen vor.

Einzelne Goldſtufen hatten ein Ge:

1 Gediegen Zink und gediegen Zinn waren bis dahin in der Der Bearbeiter. Mineralogie unbekannte Subſtanzen.

Fortschritte in der Entzifferung der finaitischen Felsen-Inschriften.

451

19,315 Kilogramm Gold gewonnen, welche den Werth von 66,191,700 Franken repräsentiren.

noch sehr elementar betrieben ; der Quarz wird in Defen

Im ganzen haben die englischen Colonien in Auſtra lien, nämlich Victoria und Neusüdwales zusammen mit Neuseeland, seit 1851 einen Goldwerth von 4475 Millionen

mit Hämmern oder sogar mit Steinen klein geschlagen. Die rothe Erde nur dann zu Gute gemacht, wenn sie in der Tonne für 100 Franken Gold enthält. Das

Franken in den Weltumlauf gebracht.

Gestein in welchem die Quarzgänge auffeßen, ist ein oft

Hier ist noch nicht viel Gold gewonnen wor Das Gold ist so fein in das Gestein eingesprengt,

Cuba. den.

daß das Auge es nicht erkennen kann.

geröstet und mit der Menschenhand in gußeisernen Mörsern

Das Gestein ist

gestreifter Eurit ; zuweilen kommen Caolinbänke darin vor. Das goldführende Gebiet dehnt sich 280 bis 330 Kilo. meter weit aus. Aber noch entfernter davon, bis 800

Der Betrieb

Kilometer, sind Wäschereien vorhanden ; sie schließen sich

ist noch sehr jung. Das Gold hat Schwefel und Arſenik: kies in seiner Begleitung. Die ganze Erscheinung erinnert

vielleicht an die goldführende Gebirgsgruppe von Bra filien an, welche in dem Bassin von Uraicora auf Gold betrieben wird. Die Bemerkung des deutschen Bearbeiters.

ein Magnesiasilikat ähnlich dem Serpentin.

an das Auftreten des Goldes in Neu Granada und zu Reichenstein in Schlesien. Chile.

Hier tritt das Gold sowohl in Alluvionen als

in Gängen auf, welche den Granit des Littorale und der Andenkette durchseßen. Die alten Goldgruben sind jet auflässig, und im Jahre 1866 hat man für 3,500,000 Fran: fen Gold gewonnen, welche in Santiago vermünzt wor den sind.

Französisch- Guayana.

Eine Gesellschaft hat sich

hier im Jahr 1863 organisirt, welche mit 300 indischen und chinesischen Arbeitern den Betrieb von Wäschen führt. Gewonnen wurden an Gold im Jahr 1863 131 Kilogramm , 1864 205 Kilogramm, 288 Kilogramm .

1865 218 Kilogramm und 1866

Venezuela. Die vorbezeichneten Goldlagerstätten scheinen sich bis in die Vereinigten Staaten von Venezuela auszudehnen. Das Gold wurde hier im Jahr 1849 von dem Doctor Plassard, einem Franzosen, in dem kleinen Fluß Yuruari, etwa 300 Kilometer südöstlich von Ciudad Bolivar, der Hauptſtadt des Staates , entdeckt. In viererlei Weisen kommt es vor : erstens in zahlreichen Gängen und Stöcken von Quarz, begleitet von Schwefelkies ; zweitens in vielen vereinzelten Quarzgeschieben, welche von der Zer störung jener Gänge herrühren ; drittens in Körnern und

vorstehende Uebersicht der Goldgewinnungen in dem bes kannten Theile der Erde ist wohl die neueste und enthält auch die wichtigſten bezüglichen Punkte ; aber völlig er schöpfend ist sie doch nicht, was wohl daher rührt daß ihr bloß die Pariſer Weltausstellung zur Basis gedient Wir können nur einige Auslaſſungen angeben, ohne aber dazu weitere Ausführungen und Productionszahlen

hat.

zu liefern. Als wichtigere Auslassungen sind zum Beiſpiel zu nennen : die Goldbergwerke in Mexico, Peru und Vra silien ; auch das Waſchgold aus Afrika iſt nicht aufgeführt, und in gleichem Falle befindet sich die Gold: Production, welche mit der sehr maſſenhaften Darstellung von Silber in der Sierra Nevada in der neuesten Zeit erfolgt ; nach anderweitigen Nachrichten würde man jezt die dortige jährliche Gold Production auf einen Werth von 20,000,000 Doll . veranschlagen können. Uebrigens sind es nur kleine Pro ductions: Beträge welche in Europa unerwähnt geblieben find ; dahin gehören z . B. die Erzeugnisse von Gold in Böhmen, Kärnthen, Tirol, Salzburg, am Harz, in Echwe den (Aedelforß) und das wenige Waschgold aus einigen. Flüssen in Deutschland, zum Beispiel dem Rhein, der Edder u. s. w .

Stufen von verschiedener Größe, welche in einer von Eisen

Zu vielen interessanten Reflexionen können dieſe Nach :

oryd roth gefärbten Erde lagern ; sie wird von den Ein

weisungen über die dermaligen sehr reichen Goldgewinnungen

wohnern tierra de fior genannt, weil sie die Oberfläche

Anlaß geben, die allgemeinſte Betrachtung ist aber die : daß

bilden, und zwar in einer Mächtigkeit von selten mehr als einem Meter ; viertens in Thon, welcher die anstehenden

es uns und unsern entfernten Nachkommen nicht an Gold fehlen wird.

Gesteine in einer Dicke bis zu 25 Meter überlagert.

Bis

zum Jahre 1857 hatten diese Entdeckungen nur eine kleine Anzahl von Arbeitern herangezogen ( 100 bis 300), welche jährlich für 500,000 bis 800,000 Franken Gold ausbrachten.

Fortschritte in der Entzifferung der hinaitischen

Bei fortgeseßten sehr glücklichen Entdeckungen wurde aber in einem einzigen Tage bis zu 2500 Franken Werth an Gold durch drei Arbeiter gewonnen. Einige Hütten.

Felsen-Inschriften.

den goldreichsten

Punkten

Das „Athenäum " vom 10. April enthält folgendes

wuchsen zu dem jezt sehr ansehnlichen Dorfe Nouvelle

Schreiben E. H. Palmers, d. d . das Lager, Wady Igné (Mugharah), 7. März 1869 : „ Nach viermonatlichem sorg

Providence heran, welches auch den Namen Caratal führt.

fältigen Studium der sinaitischen

Die Bevölkerung bei den Gruben, welche bis 1864 1000

endlich die schwierige Frage ihrer Verdolmetschung gelöst. Obgleich die paläographischen Einzelheiten nothwendiger:

welche

an

errichtet waren,

bis 1200 Seelen betrug , erreichte 1867 im Monat Mai die Zahl von 5000 Seelen. Alle Arbeiten werden

Inschriften

habe ich

weise einem ausführlicheren Bericht vorzubehalten sind,

Fortschritte in der Entzifferung der ſinaitiſchen Felsen-Inſchriften .

452

angewandten Methode, so wie die Angabe der Resultate

dürfte eine flüchtige Skizze der bei Entzifferung derselben

gen Inschrift, und ich fand daß die Behauptung die grie chische und die sinaitische Schrift, aus welchen sie besteht,

zu denen ich gelangte, nicht ganz unintereſſant für Sie sein. Mein erster Eindruck, als ich die Inschriften sah,

seien von einer und derselben Hand ausgeführt worden, noch unbestreitbarer war als man gesagt hatte. Ich be

war daß die Hauptschwierigkeit aus der Ungenauigkeit frü

merkte zugleich daß die bisher nach Europa gebrachten Co pien so ungenau waren, daß sie nur einen schwachen

herer Copien entſtanden sei,

und ich war überzeugt daß

man einige Uebung und größere Vertrautheit mit den Schriften brauche, ehe man auf eine auch nur einiger maßen treue Wiedergabe derselben hoffen könne.

Begriff von dem wirklichen Ausschen des Felsens geben. Diese Inschrift bestätigte nicht nur meine früheren Ansich

Ich

ten in Betreff der Gleichzeitigkeit der griechischen und der

machte daher zuvörderst sorgfältige Zeichnungen von allen die mir in unserer unmittelbaren Nachbarschaft zugänglich

sinaitischen, sondern stellte auch die Richtigkeit meiner Jden

waren, und brachte so viel Zeit als möglich damit zu täglich sie auf den Felsen selbst zu studiren.

Da ich auch

eine eigene unabhängige Meinung zu haben wünschte, so vermied ich sorgfältig irgendeines der von früheren Eſſayi ften construirten Alphabete zu Rathe zu ziehen, bis ich selbst zu irgendeiner Schlußfolgerung kommen oder irgend

tificirung der darin vorkommenden verschiedenen Buchstaben fest. Dennoch machte ich, bei meinem Entschluß beharrend, keine theoretischen Schlußfolgerungen, und betrachtete die Jdentificirung eben dieser Buchstaben als von der Ent deckung weiterer Beweise abhängig. Diese erlangte ich binnen kurzem, und zwar in solcher Menge, daß sie ein überwältigend gewichtiges Zeugniß für die Richtigkeit mei

einen innern Beweis finden würde, der mir den Schlüssel

ner Schlüsse bilden.

für das Geheimniß böte. Das Ergebniß meiner Forschun gen war die Ueberzeugung daß die sinaitischen Inschriften,

zwölf Inschriften copirt, in welchen Griechisch und Sinai

Ich habe nun nicht weniger als

weit entfernt einen einzigen und unbekannten Charakter an sich zu tragen, in Wirklichkeit nichts waren als eine andere Phase jenes semitischen Alphabets dessen Formen

lichen Hand, und bin mittelst derselben im Stande gewesen, nicht ein Alphabet zu construiren, sondern den Werth eines jeden Buchstabens des Sinaitischen zu beweisen.

im Hebräischen, Arabischen und Griechischen in gleicher Weise sich zeigen. Sie schienen in der That ein Mittel

Die Inschriften bestehen für den größten Theil der Eigennamen aus abgesonderten Säßen, in einer sinaitiſchen

tisch zusammen vorkommen, unzweifelhaft von der näm

glied zu bilden zwischen dem gewöhnlichen hebräischen

oder andern aramäiſchen Mundart, mit solchen einleitenden

und kufischen, und diese Verwandtschaft zeigte sich noch

Formeln wie orientalische Völker sie seit unvordenklicher

klarer durch eine Vergleichung der beiden Claſſen in welche die finaitischen Schriften hauptsächlich sich selbst auflösen. In

stimmen sie mit dem von Cosmas Indicopleustes gegebenen

Zeit ihren Compositionen vorzusehen pflegten .

In so weit

einigen Fällen sind die Buchstaben abgesondert, und zeigen

Bericht überein, und ich sehe keinen Grund warum ſein jüdi

eine große Aehnlichkeit mit den hebräischen ; in andern sind sie durch eine Linie verbunden, und da ihre Formen cursiver

scherMitreisender nicht im Stande gewesen sein sollte Inschrif ten, wie er es gethan zu haben behauptet, in einer Sprache und

sind, könnte ein ungeübter Beobachter sie irrigerweise für

einer Schrift zu lesen die ihren eigenen so nahe verwandt waren . Das Alphabet der sinaitischen Inschriften stimmt theilweise mit

kufisch halten.

Als ich eine größere Vertrautheit mit den

selben erlangt hatte, drang sich mir die Identität beinahe

demjenigen überein welches der verstorbene Prof. Beer con

von selbst auf; immer noch aber enthielt ich mich des Ver

struirte, dessen Werk ich seitdem zu Rathe zog, und der, wie

suchs irgend eine Transliteration anzufertigen welche auf

es scheint, das Vorhandensein der obenerwähnten zweisprachi gen Inschrift erkannt hat. Ich hege keinen Zweifel daß

solcher Anschauung allein beruhte, und war entschlossen, ehe ich meine Muthmaßungen erprobe, zu warten bis ich die größere Sammlung in Wady Mukatteb gesehen. Ich bemerkte überdieß daß griechische Inschriften häufig unter

es dieſem ausgezeichneten Gelehrten, wenn er Gelegenheit gehabt hätte die Schriften an Ort und Stelle zu studieren,

den sinaitischen vorkommen, und wenn man äußern An

oder mindestens genaue Abschriften zu erhalten, gelungen wäre das Ganze richtig wiederzugeben ; so wie es ist, ist

zeichen trauen konnte, stimmten sie in der Zeit mit den

sein Alphabet nur theilweise richtig, bloß in so weit, als er

ſelben zuſammen.

mit zuverlässigen Data, auf welche hin er vorgehen konnte, versehen war. Seiner Theorie in Betreff der Urheberschaft

Ich hegte daher große Hoffnungen daß

ich in Wady Mukatteb noch andere antreffen werde die

richtet hatte daß mindeſtens eine zweisprachige an diesem

der Inschriften kann ich keine so volle Beistimmung erthei len. Daß sie das Werk eines semitischen, oder vielmehr

Plaze vorhanden sei.

aramäischen Volkes sind, ist wahr ; daß sie aber von Na

meine Ansichten beſtätigen dürften, besonders da man be

Auch wurden meine Erwartungen Am 26. Jan. brachen

batäischen Pilgern herrühren, ist eine Behauptung welche

Dr. Holland und ich nach Mukatteb auf, mit der Absicht,

einzig und allein auf Muthmaßung beruht. Sie sind das Werk, nicht von Pilgern , sondern vielmehr von

durch das Resultat nicht getäuscht.

wo möglich, alles dort Vorhandene zu copiren .

Wir hatten

auch eine große Anzahl in andern Theilen der Halbinsel

einer Handelsgemeinde die während der ersten paar Jahr

copirt, und mein Buch allein enthält über 800 derselben .

hunderte

Unser erster Besuch galt der erwähnten zweisprachi

der

christlichen

oder mindestens

Zeitrechnung ihren

eine Colonie,

Wohnsiz,

auf der Halbinsel hatte.

Bruchstücke aus dem Schlußbande von J. J. Tschudi's Reisen in Südamerika.

Daß

viele

der

die zahlreichen

Schreiber

Christen

christlichen Zeichen

waren ,

beweisen

die sie gebrauchten ;

453

| gehaltene indianische Nation vermochte keine solchen hervor zubringen.

Sie waren ein willenloſer, bornirter, jedes

allein ebenso klar ist aus inneren Beweisgründen daß

höhern Aufschwungs unfähiger Menschenschwarm, der nur

ein großer Theil jener Leute noch dem Heidenthum ange

durch außerordentlich geschulte Leitung zu wahrhaft großen

hörte.

und kühnen Thaten hätte angespornt werden können.

Die Schrift muß sich bis in die Mönchszeiten er

Im

ſtreckt haben, möglicherweise bis die Ausbreitung des Is:

Jahre 1780 trat die seit fünf Jahren vor den Spaniern

lam die Vorfahren der jeßigen Bewohner , Beduinen

in das tiefste Geheimniß gehüllte Verschwörung in offene

Horden, vom Hedschas und von andern Theilen des eigent

Action.

lichen Arabiens an die finaitischen Berge brachte, und jene saracenische Bevölkerung, vor welcher die Mönche eine

gasaca in der Provinz Tinta, José Gabriel Cuntur :

so tödtliche Furcht hegten, zerstreute oder absorbirte.

Das

Abkömmling des auf Befehl des fünften Vicekönigs von

Wort „saracenisch" ist nothwendigerweise ein unbeſtimmter Ausdruck, allein ich enthalte mich absichtlich einer De

Peru, Francisco de Toledo, in Cuzco erhängten Inca ' Tupac Amaru. Cunturcanqui, obgleich durch seine

finition welche historische Einzelheiten bedingt, bis ich Zu: tritt zu bezüglichen historischen Werken erlangen kann. Ich

natürlichen Anlagen, seine Bildung und seinen Muth eine hervorragende Erscheinung, war doch der Leitung einer so

will daher hier nichts weiteres sagen als daß die Spuren - dieser früheren Besetzung der Halbinsel und die Natur

gewaltigen Bewegung nicht gewachsen, um so weniger als er keine ebenbürtigen Männer seines Stammes zu seiner

und Dertlichkeiten der Inschriften so sehr mit den Nach richten arabischer Geschichtsschreiber übereinstimmen, daß ich, wie ich zuverlässig hoffe,

im Stande sein werde mir

ebenso viele gewichtige Zeugnisse über die Urheberschaft der Inschriften zu verschaffen , als ich ―――― was ich mit

An ihre Spize hatte sich der Cazike von Tuns

canqui , gestellt ; ein gebildeter, geistesstarker Indianer,

Unterstüßung fand. Die Revolution machte schnelle und blutige Fortschritte, José Gabriel nahm, um sein Ansehen unter den India. nern zu heben, den Titel Inca Tupac Amaru an, und erhielt einen solchen Anhang daß er es wagen konnte im

Freuden hier sage - zur Unterstüßung meiner Verdol :

Jahre 1781 die Stadt zu belagern.

metschung bereits gesammelt habe. "

Unternehmen fand hier ein rasches Ende.

Sein tollkühnes In den letzten

Tagen des April wurde er von einer Abtheilung Dra goner mit seinen Weibern, zwei Söhnen, seinem Echwager Antonio Bastides und mehreren seiner Unteranführer ge Bruchſtücke aus dem Schlußbande von I. I. Tſchudi's

fangen, und den 16. Mai 1781 auf dem öffentlichen Plaze von Cuzco von vier Pferden zerrissen, nachdem er vorher

Reiſen in Südamerika . der Hinrichtung seiner Familie und Führer hatte beimohnen 1) Der Aufstand der peruanischen Indianer im Jahr 1780-1781 .

(Nach neuen handschriftlichen

müſſen, und ihm vom Henker die Zunge abgeschnitten worden war.

durch die Spanier hatten im Verlaufe des 18. Jahrhunderts

Mit dem Tode von Cunturcanqui hatte die Revolution ihr Ende noch nicht erreicht ; sie dauerte noch viele Monate

zu wiederholtenmalen revolutionäre Bewegungen unter ihnen hervorgerufen ; die Regierung wurde ihrer aber immer

in dem jezigen bolivianischen Hochlande fort, wenn auch ohne einheitliche und systematische Leitung, doch zum größ

ziemlich schnell wieder Herr, da es den Indianern an einer

ten Schrecken und Schaden der weißen Bevölkerung .

einigermaßen geschickten Leitung fehlte. Statt aber in Folge

der Spize dieser Indianer standen ein Neffe des unglück

Quellen.)

Die namenlosen Unterdrückungen der Indianer

An

dieser Vorgänge und mancher andern Symptome, die auf

lichen Caziken von Tungasaca, der sich ebenfalls Tupac

eine tiefe Mißstimmung, und die Absicht der indianiſchen

Amaru nannte, und ein kühner Jndianer Namens Julian

Bevölkerung bei dieser Gelegenheit wieder den Versuch zu machen das verhaßte Joch abzuschütteln, schließen ließen,

Apari (oder nach andern Apaſa), mit dem Prädicate Virey Tupa Catari.

zu einem vernünftigen System überzugehen, suchte die spa

Andres Tupac Amaru belagerte das Städtchen Sorata,

nische Regierung die renitenten Indianer durch noch här:

wohin sich im Vertrauen auf seine, freilich nur aus Luft

tere Bedrückung mürbe und folgsam zu machen. Die Folge davon war eine weitverzweigte Verschwörung unter den

ziegeln aufgeführten, Festungswerke die spanischen Familien der Umgegend geflüchtet hatten und sich zu einem hart:

Indianern, die von Nord-Peru bis zu den La Plata Staaten

näckigen Widerstande rüſteten.

reichte.

Wäre sie damals von einer Anzahl kühner, intelli

wohl ein daß er mit seinen Indianern ohne Feuerwaffen

genter, weitsichtiger Männer geleitet worden, so wäre sicher. lich im ganzen Innern des Landes kein weißer Mann

werde, er nahm daher zu einem Angriffsmittel, das ſeinem

Der junge Indianerchef ſah

gegen die mit Kanonen versehenen Wälle nichts ausrichten

mehr am Leben geblieben, und die Spanier hätten nur

Scharfblick jedenfalls Ehre machte, seine Zuflucht.

noch einige wenige befestigte Küstenpunkte behaupten können.

durch seine Leute einen großen Teich graben, leitete die

Aber es fehlte an solchen Männern.

↑ Vergl. v. Tschudi, Peru , Reiſeſkizzen aus den Jahren 1838-42, Bd. 2, S. 332 ff.

Die seit Jahrhun

derten in Knechtschaft und tiefster Unwiſſenheit danieder:

Er ließ

Bruchstücke aus dem Schlußbande von , J. J. Tschudi's Reisen in Südamerika.

454

Gewässer des nahen Anconragebirges hinein, und durch.

und einiger Artillerie einen Ausfall nach dem eine kleine

stach dann den Damm.

halbe Stunde von der Stadt gelegenen Thale von Poto : poto. Seine Leute zerstreuten sich zum Fourragiren, wur den von den Belagerern überfallen und zurückgeworfen .

Der Wildbach stürzte sich gegen die Lehmwände der Wälle und riß sie ein, die Indianer folgten,

überwältigten die Beſaßung, und ermordeten mit Ausnahme der Weiber und der Geistlichen fast die ganze Bevölkerung, bei 4000 Männer (5 Aug. 1781) . Jhre Beute betrug mehr als 2,000,000 spanische Thaler in Gold und Silber. Die Stadt hat sich seit jener Zeit nie mehr erholt. Tupa Catari seinerseits, unterstüßt von Miguel Basti des, wendete sich nach La Paz. Dort commandirte der Oberstlieutenant D. Sebaſtian Segurola. Außer den kampf fähigen Bewohnern der Stadt hatte er nur sehr wenige Truppen zu seiner Verfügung, nämlich Officiere verschie dener Regimenter, die sich zufällig in La Paz befanden, und die sogenannte Compañia de los Nobles bildeten, ferner eine Compagnie Grenadiere, eine Compagnie Fora ſteros und die freiwillige, zwischen 4—500 Mann zählende Cavallerie. In der Nacht vom 13.- 14. März rückte Se gurola mit 600 Mann aus der Stadt, um wo möglich die Indianer, ehe ſie ſich zur Belagerung sammelten , zu zerstreuen. Es kam zu einem lebhaften Gefecht, in dem die Indianer über 300 Todte verloren. Der Commandant tehrte am folgenden Morgen nach La Paz zurück. Schon am Nachmittag des 15. März begannen die Indianer die Belagerung . In einer Stärke von 13-1400 Mann beseß ten sie die Höhen von La Paz, besonders die Altos de S. Pedro, del Calvario und de Santa Barbara.

Sie hatten

noch keine Geschüße, sondern waren nur mit ihren Stein schleudern (Huaracas) bewaffnet. Im offenen Felde ist die Schleuder, geschickt geführt, eine sehr gefährliche Waffe, und ebenso wirkungsvoll wie ein gewöhnliches Munitions. gewehr. Sie besteht aus einem 5-6 Fuß langen, aus Lamawolle sehr fest geflochtenen Stricke, von der Dicke

Sie verloren über 100 Gewehre und 4 Pedreros

(kleine

eiſerne Kanonen, die statt mit Kugeln mit Steinen ge Nun hatten die Indianer Feuerwaffen und

laden wurden) .

fingen an der Stadt beträchtlichen Schaden zuzufügen. Den 9. April schickte Tupa Catari einen Parlamentär in die Stadt und forderte deren Uebergabe unter folgenden Bedingungen : die Waffen sollen ihm übergeben, die Fe stungswerke geschleift, ihm die Beamten, Geistlichen und Die Ausländer werden in Officiere ausgeliefert werden. ihr Vaterland zurückgeschickt, er selbst soll vor der Stadt in Procession unter einem Traghimmel empfangen werden. Die Antwort war eine allgemeine Salve aus allen Re: douten. Von nun an machten die Indianer allnächtliche Angriffe unter furchtbarem Geheul und Blasen auf Hör In der Nacht vom 24. April war nern und Muscheln. ihr Ueberfall besonders heftig, und bei etwas mehr Kühn heit hätten sie die Stadt leicht nehmen können, denn die Besaßung der Wälle war von dem Höllenspectakel der Angreifer im ersten Augenblicke so erschreckt, daß sie ihre Się Posten verließ und nach der innern Stadt floh. Als fehrte jedoch bald zurück und eröffnete das Feuer. außerordentlich erwähnt der Berichterstatter daß in jener Gegen Ende Nacht 4000 Patronen verbraucht wurden. Aprils nahm der Hunger unter den Belagerten schon so zu, daß sie Hunde, Kazen, gefallene Pferde und Maulthiere, Um Mitte Mai starben Sohlenleder und Mist aßen. täglich schon über 100 Personen an Hunger und Krank: heiten ; man fand keine Leute mehr die sie beerdigen woll,

so stark und erweitert sich in zwei einen Zoll breite Bändern, die sich je nach der Größe des Steines mehr oder weniger

ten, und ließ sie in den Straßen liegen. Immer häufiger mußten Ausfälle gemacht werden um aus den nahe gele. genen Salpetergruben Material zur Bereitung des Schieß So verstrichen die Monate Mai und pulvers zu holen.

auseinanderspannen lassen. An einem Ende hat er eine Schleife. Durch diese wird der kleine Finger der rechten Hand gesteckt, beide Enden in die volle Hand genommen,

Juni unter fast ununterbrochenen Angriffen der Indianer, unter fürchterlichen Krankheiten und Hunger und mehr Den oder minder glücklichen Ausfällen der Belagerten.

der Stein in die Mitte auf die Bänder gelegt, mit der Schleuder um den Kopf geschwungen, und der Stein nach

10. Juli wurde die Stadt durch den Präsidenten von La Plata (Chuquisaca), D. Ignacio Flores, entseßt, nachdem er die Indianer auf den Altos geschlagen und ihnen 1200

eines starken Bleistiftes ; gegen die Mitte zu ist er doppelt

dem Ziele geworfen, indem das freie Ende der Schleuder aus der Hand gelassen wird. Die Indianer haben eine ungemein große Fertigkeit im Handhaben dieser so ein fachen Waffe. Ich habe Beispiele von erstaunlicher Wir kung derselben gesehen, und kann wohl behaupten daß ein Indianer mit seiner Steinschleuder ein ferneres Ziel trifft als ein Soldat mit seinem Commißgewehre. Täglich stiegen die Indianer von den Altos in das Thal, verbrannten die außerhalb der schwachen Befeſti gungen gelegenen Häuser und schleuderten Steine in die Stadt.

Durch Ausfälle der Belagerer wurden sie immer

wieder auf die Höhe getrieben.

Den 26. März machte

Oberst Manuel Franco mit Steinschleuderern, Infanterie

Mann getödtet hatte. Da Flores zu wenig Truppen hatte um die Indianer nachdrücklich zu verfolgen, und seine Soldaten, Milizen aus Cochabamba, die Campagne nicht länger ausdehnen wollten und viele schon ohne Erlaubniß an den heimis schen Herd zurückgekehrt waren, so sah er sich zum Jammer der Bewohner von La Paz genöthigt mit seinen Truppen den Rückmarsch anzutreten. Die Pazeños versorgten sich so gut als möglich mit Lebensmitteln und Munition und beſſerten die Festungsmauern aus. Den 8 Aug. erschien Tupa Catari wiederum auf den Altos del Calvario und begann die Belagerung von neuem.

Den 13. Aug. erhiel

Bruchstücke aus dem Schlußbande von J. J. Tschudi's Reisen in Südamerika.

ten die Belagerten die Nachricht von dem traurigen Schick ſale von Sorota, die Belagerer aber durch die dort erbeu teten Gewehre und Pedreros eine bedeutende Verstärkung. Den 10. Sept. gelang es den Indianern einen Theil des Klosters S. Francisco in Brand zu stecken.

Das Feuer

konnte gelöscht und die Kirchenschäße gerettet werden. Die Belagerung wurde nun immer heftiger.

Tupa Catari

schlug sein Hauptquartier in den Altos des Thales Poto poto auf und ließ tagtäglich die Stadt nach allen Rich tungen mit Steinen und Kugeln überschütten. Von dem Beispiele des Andres Tubac Amaru ange eifert, wollte er La Paz ebenfalls durch das Wasser be: zwingen, und begann den 23. Septbr. mit nahezu 10,000 Indianern einen Sammelteich oberhalb der Stadt am Flüßchen Chuquiaguillo zu graben. In der Nacht vom 12. Oct. wurde der Damm durchstochen, die Fluth stürzte sich auf die Stadt, riß die Brücke S. Francisco mit ihren Verschanzungen ein, beschädigte die übrigen Brücken , bez deutend und zerstörte einige Häuser. Die Bresche war aber nicht bedeutend genug daß die Indianer sie zu stürmen Vier Tage später wurde die Stadt wiederum wagten. von den königlichen Truppen unter dem Oberstlieutenant · Don José Recequin entsegt, und die Noth der hart be drängten Bevölkerung hatte ihr Ende erreicht. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung war den feindlichen Geschossen, den Wunden, dem Hunger und Krankheiten erlegen. Nun begann eine systematische Verfolgung der Feinde. Den 11. Novbr. gelang es dem Hauptmann Jvañes den Häuptling Tupa Catari gefangen zu nehmen . Er war mit reichen Kleidern angethan und führte die Insignien eines Inca. Die Soldaten rissen ihm die Kleider vom Leibe, schmückten ihn mit einer Krone von Hörnern, gaben

455

sie ähnlich täglich hören kann, anführen und für den deutschen Leser zugleich auch die Ueberseßung geben : das Meer ist heute rather bravo. Die Aguaceros haben dies 2 ses Jahr sehr adelantirt. Die Natives Ranchos sind sehr 3 uncomfortable. Señores, die Bell hat zum Almuerzo ge rungen. Beim Bajar der Cuesta hat meine Mula oft 6 5 tropeziert. Wollen wir vamosen ? Er darte seine Vuelta ! " 3) Das Wappen von Arequipa. Eigenthümlich und charakteristisch für die Arequipeños ist ihre große Vor liebe für filberne Nachttöpfe. Man hat dieses unästhe tische Gefäß auch spottweise das Stadtwappen oder das Panier Arequipa's genannt. Man wird selten einen Are puipeño auf Reisen treffen ohne daß oben auf einer der Ladungen ein solcher Topf festgebunden wäre. Selbst in Californien erkannte man bei den langen Zügen von Gold suchern stets den Arequipeño an seinem treuen Freunde. Nur in den allerärmsten Hütten fehlt der filberne Topf und ist durch einen thönernen erseßt. Daß sich die Cholos desselben auch als Waschbecken bedienen, habe ich selbst gesehen.

Eine Dame von Camana hatte eine solche Vor:

liebe für diese charakteriſtiſche Form, daß ſie ſich eine Menge filberner Gefäße nach derselben anfertigen ließ und sie auf die Etagèren ihrer Zimmer, mit Kaffee, Zucker, Chocolade 2c. angefüllt, hinstellte. (Der Schau 4) Cin betrogener Schahgräber.

plat dieser Erzählung ist San Carlos, ganz im Westen der argentinischen Conföderation gelegen .) Ein armer Mann. hatte durch einen sterbenden Spanier, den er lange in seiner Hütte gepflegt hatte, die ganz genaue Angabe von einem sehr beträchtlichen Schaße, nach der Mittheilung von nahezu Man einer halben Million spanischer Thaler, erhalten. wußte wohl mit Bestimmtheit daß ein spanischer Officier

ihm ein Ochsenhorn als Scepter in die Hand, seßten ihn auf einen Esel, hielten Häute und alte Feßen als Trag

bei seinem Rückzug hier eine Kriegscaffe eingegraben hatte, aber das Wo war die kitliche Frage, und man hatte schon

himmel über ihn, und führten ihn so unter endlosem Jubel der Soldaten durch das Lager.

sehr häufig an verschiedenen Stellen vergeblich danach gesucht.

Den 14. Novbr. wurde der Kopf von Julian Apari, genannt Tupa Catari, nach La Paz gebracht und am Galgen aufgehängt. Seine vier Extremitäten wurden in die Indianerdörfer Sicafica ,

Ahoaho , Calamarca und

Laja gesandt, und dort ausgestellt bis sie von den Stan gen herunterfaulten. So endete das blutige Drama, dem in Jahresfrist mehr als 100,000 Weiße und Indianer erlegen waren. 2) Kauderwälsch der Deutschen in Südame rika. Ich kann nicht umhin hier eine Bemerkung mitzu theilen die ich an der ganzen Westküste vielfältig gemacht habe.

Südamerika's

Sie betrifft die Sprache deren

sich die dort niedergelassenen Deutschen im allgemeinen be fleißigen. Diese Sprache besteht nämlich aus einem ſon derbaren Gemisch von Deutsch, Spanisch, Englisch und oft auch Französisch, und ist für den Deutschen, der nicht Kennt niß der drei letzten Sprachen hat, zum Theil unverſtänd lich.

Ich will hier zum Beleg einige Beispiele , wie man

Der Mann, ein Halbindianer, der nun im Beſiße der genaue ſten Ortsangabe (Derotero) war, machte sich, nachdem erseinen Gast beerdigt hatte, auf den Weg, fand die bezeichnete Situa tion leicht mit Hülfe der sehr detaillirten Angabe, und wußte beſtimmt daß er längs des Fußes eines Felsens zu graben habe. Er eröffnete einen Graben, und schaufelte nun Tag und Nacht emfig. Schon batte er einen 20 Ellen langen Stollen ausgeworfen, als ihm die Arbeit etwas zu hart wurde ; er erinnerte sich zugleich daß es Charfreitag ſei, und von der Ueberzeugung ausgehend daß die Arbeit an diesem Tage keinen Segen bringe, kehrte er nach seiner 1 Das Meer ist heute ziemlich bewegt. 2 Die Regenzeit ist dieses Jahr früher als gewöhnlich ein getreten. 3 Die Hütten der Eingeborenen sind sehr ungemüthlich. 4 Meine Herren, die Glocke hat zum Frühstück geläutet. 5 Beim Hinuntersteigen des Bergabhanges ist mein Maulthier oft gestolpert. 6 Wollen wir gehen? 7 Er machte seinen gewöhnlichen Spaziergang.

Miscellen.

456

Hütte zurück um sie nach den Osterfeiertagen wieder auf

scensis Leidy hat.

zunehmen.

Ein anderer Mann aber, der ebenfalls lange

hierzu daß der Fund jener sehr kleinen Pferdeform weniger

nach dem Gelde gesucht, und auch die Arbeiten unſeres beobachtet hatte,

merkwürdig sein dürfte, als daß man jeztſiebenzehn verſchie dene fossile Pferdearten in Nordamerika kennen soll. Sind

nahm in der folgenden Nacht dieſes verlassene Werk auf,

denn dieß auch alle besondere Arten ? Das möchte selbst bei

und nachdem er den Graben kaum zwei Ellen weiter auf

gehörig nachgewiesenen Verschiedenheiten im Skelett schwer

gewissenhaften

Schahgräbers

versteckt

Der Referent des „Auslands " bemerkt

geworfen hatte, stieß er auf vier mit spanischen Thalern

zu bestimmen sein.

und Goldunzen gefüllte, kleine, lederne Koffer (Petacas).

gewiesen

Es waren zwei vollſtändige Maulthierladungen Geld. Noch

Hinsicht selbst bei hoch organisirten Thieren , namentlich

in der nämlichen Nacht brachte der glückliche Finder mit

bei Hausthieren und überhaupt bei Thieren welche ganz

Hülfe eines verschwiegenen Cameraden ſeinen großartigen

unter der Herrschaft und dem Einfluſſe des Menschen stehen, Absichtliche und sogar zufällige Züchtung sein können.

Fund in Sicherheit.

Man kann sich die Ueberraschung des

wie sehr

Es ist bereits reichlich genug nach groß

die

Abweichungen in

dieser

getäuschten Schahgräbers denken als er nach Ostern ſeine

und andere Einwirkungen vermögen, wie es bekannt genug

eingestellte Arbeit wieder fortseßen wollte.

ist, die Formverhältnisse ganz wesentlich umzugestalten, so daß die Verschiedenheiten der Racen und Varietäten viel

Ich kenne den

Finder des Schaßes persönlich.

weiter auseinander gehen als man die Differenzen zwischen den Arten gewöhnlich aufzufassen pflegt.

Der Begriff der

Species kann in dieser Weise ganz verloren gehen, wenn man die Abstammung nicht nachzuweisen vermag. Schon Cuvier hat dieß vorzüglich schön bei den Hunden darge

Miscellen.

than, wovon jeder sich auch dadurch noch überzeugen kann, Ein sehr kleines fossiles Pferd aus Nord amerika.

In der National Akademie von Philadelphia

wenn er einen forschenden Blick auf die große Sammlung

brachte jüngst D. C. Marsh die Anzeige von dem Funde

von Hunde-Skeletten werfen will , welche dieser große Ana- · tom im Jardin des Plantes zu Paris aufgestellt hat.

der Reste

Mit den Pferden hat es eine gleiche Bewandtniß,

einer

neuen sehr kleinen fossilen Pferdeart.

es

Dieselben wurden mit einigen andern Säugethierknochen bei der Station Antilope an der Eisenbahn, ungefähr

gibt sogar eine Pferderace welche einen Wirbel mehr besitt

450 engl. Meilen westlich von Omaha, bei dem Graben

Abweichung im Knochenbau, den übrigens Cuvier auch schon beim Hausschwein kannte. Wer würde daher die 17 ver

als das gewöhnliche Pferd.

Dieß ist gewiß eine sehr große

eines Brunnens in 68 Fuß Tiefe aufgefunden. Man hielt fie anfänglich für Menschenknochen, und als solche wurden

schiedenen Arten von fossilen Pferden aus Nordamerika als

sie auch in den Zeitungen besprochen.

Diese Pferdeknochen

wirkliche Species geradezu annehmen wollen ? Es könnten

bestanden vorzüglich in den Theilen der Beine und Füße,

eben so gut nur so viele Varietäten sein. Das Pferd aber mit seinen großen Skelettverschiedenheiten ist ein sehr brauch

außerdem auch noch aus

einigen

Marsh hat sie genau beschrieben ,

andern Fragmenten. und die Abweichungen

gegen das Ekelett der lebenden Pferdeart verglichen, und ist dabei zu dem Resultat gelangt daß sie einer bis dahin unbekannten Pferdeart angehört haben, welche nur མཎྜ zwei oder höchstens zwei und einen halben Fuß groß war.

Richtigkeit wäre dadurch aber doch noch nicht geschaffen. *

Die

Offification der Knochen ließ keinem Zweifel Raum daß sie von einem völlig ausgewachsenen Thiere herrühren. Dieses fossile Zwergpferd hat Marsh mit dem Namen Equus parvulus bezeichnet.

bares Argument für die Anhänger der geistreichen Dar win'schen Hypothese von dem successiven Uebergange der Arten in einander. Ein unumstößlicher Beweis für ihre

Er bemerkt daß man jezt mit

dieser Art siebenzehn verschiedene fossile Pferde- Species in Nordamerika kenne, während man noch vor kurzem ange genommen hatte daß in Amerika keine einzige Pferdeart ursprünglich einheimisch gewesen sei . Das Zwergpferd wurde

Die Protuberanzen der Sonne sichtbar ge worden. Früher wurde schon angezeigt auf welche Art Huggins in England, Janssen in Indien durch das Spec troskop die rothen Auswüchse am Sonnenrand wahr nehmbar, nicht sichtbar, hatten werden lassen. Jezt sieht ſie Huggins an jedem heiteren Tag. Es galt nämlich das Sonnenlicht abzuschwächen ohne die Protuberanzen auszu löschen. Die Protuberanzen sind roth, folglich betrachtet

in einem grauen sandigen, fast horizontal abgelagerten Thon gefunden, welcher wahrscheinlich der untern Tertiär

Huggins die Sonne durch eine Reihe farbiger Gläser,

Formation von Nebrasca angehört. Mit seinen Knochen fan. den sich auch solche eines Wiederkäuers, eines Fleischfressers

der C-Linie des Protuberanzen- Spectrums hindurchlaſſen, mit andern Worten : er mildert das Licht der Sonnenscheibe

von der Größe eines Luchses, und Fragmente einer Land schildkröte, welche einige Aehnlichkeit mit Testudo nebra

bis auf das Niveau der Protuberanzen herab und beobachtet dann beide

welche alle Strahlen auslöschen und nur die rothen bei

Druck und Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

Redaction: Dr. L: F. Peschel.

1

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Forschungen

Erd-

und

Völkerkunde.

weinndwierigster Jahrgang.

Nr. 20.

Augsburg ,

1869.

15. Mai

2. Zwei Inhalt : 1. Ueber Einstürze und Formung der Felsmaffen durch das Waſſer. Von Prof. Dr. Senft in Eisenach. römische Schauspieler. Von Hermann Göll. 2) Aesopus . 3. Schottische Westeilande. Von Ferdinand Zirkel. 2) Arran. 4. Die materielle Lage in den Vereinigten Staaten. - 5. Zu Fuß nach Brasilien. Von Karl Ferdinand Appun. 2) Von Rupununi nach dem Takutú. 6. Leptis magna. Von Gerhard Rohlfs. -- 7. Civil- und Criminalproceſſe gegen schädliche Thiere. 8. Eine technische Würdigung des Suez-Canals. 9. Neue monströse Rinderrace in Südamerika. - 10. Physischer Zuſtand der Sonne.

Ich nahm diese Gelegenheit wahr um zu unterſuchen

Ueber Einstürze

und

Formung der

Felsmassen

durch das Wasser.

unter welchen Verhältnissen das Wasser des Regens auf Die hierdurch er Bergmassen so zerstörend einwirkt. haltenen Resultate erlaube ich mir im Folgenden mit zutheilen.

Von Prof. Dr. Senft in Eisenach. ” Während meines vorjährigen Aufenthaltes im Ober engadin und in Tirol hatte ich sattsame Gelegenheit meine Beobachtungen über diesen Gegenstand zu vervollstän digen.

Wie allbekannt wird das Meteorwasser nur dann auf eine im übrigen unlösliche - Felsmasse zertrümmernd oder zersehend einwirken können, wenn es durch Rißen, Spalten und Höhlungen in das Innere der letteren drin Diesem zufolge gen und daselbst sich ansammeln kann.

In der letzten Hälfte des Monats Juli traten nämlich mehrere Gewitter ein, welche bedeutende Schlamm -Maſſen

werden nun unter den verschiedenen Felsarten die geschich

von den Gehängen der Berge in die Thäler und Betten

teten und schiefrigen dem auf sie eindringenden Meteor

der Flüsse und Bäche führten, so daß diese letteren schon

wasser am ersten und meisten Eingang in das Innere

hie und da austraten und die ihren Ufern zunächst gele:

ihrer Maſſe gestatten, zumal wenn sie so abgelagert ſind daß das Wasser zu den Enden oder Köpfen ihrer Schich

genen Ländereien verschlämmten eder versandeten . Im ganzen genommen war indessen der dadurch entstandene.

tungsspalten gelangen kann .

Schaden nur ein verhältnißmäßig geringer.

Da stürmte

mag das Waſſer auf mehrfache Weiſe ſeine Steinumhüllung

aber in der Nacht vom 25. zum 26. Juli ein Gewitter von West nach Osten hin durch Glarus, Graubünden,

zu zersprengen oder zu zerstören, nämlich : a) durch unmittelbare Einwirkung auf die es umgeben:

Engadin, Veltlin, Vintschgau und Südtirol mit so furcht

den Felsmassen, indem es

baren Regengüssen, daß viel Culturland auf Jahre hin zur unfruchtbaren Stein- und Schlammwüste geworden zu

1 ) entweder dieſe letteren auseinander zwängt und mechanisch zertrümmert ―――――― was der Fall ist wenn es zu Eis erstarrt ;

sein scheint, ganz abgesehen von dem Schaden welchen die Wasserströme dieses Gewitters an den Fahrstraßen (z . B.

Ist dieß der Fall, dann ver

2) oder die Steinmassen von den Schichtspalten aus

im Lindthal und Vintschgau) und an der Brennerbahn an :

allmählich ſo erweicht, daß sie eine teigige oder schlammige

gerichtet haben. Im Oberengadin riß das Waſſer z . B. vom Schafberg ein Stück Felswand los und fluthete den

Maſſe bilden , welche zumal bei abhängiger Lagerung allen Halt verliert und zu rutschen oder abwärts zu gleiten be

Fels- und Erdschutt auf 10 Fuß hoch über eine Wiesen matte bei Pontresina ; im Münsterthale ferner vergrub die

ginnt. Dieß ist namentlich der Fall bei allen Sandsteinen oder Schiefern welche ein starkthoniges Bindemittel haben,

Fluth mehrere Häuser und ein beträchtliches Stück der Flur

auch bei thonigen Kalksteinen ;

von St. Maria ; im Vintschgau endlich schüttete das Wasser

3 ) oder die Steinmassen mittelst seiner ihm fast nie fehlenden Kohlensäure chemisch anäßt, und sie hierdurch wie es entweder unmittelbar im Wasser löslich macht

zwischen Laas und Latsch eine Schlammdecke von 12 bis 20 Fuß Höhe über die prächtigen Weinpflanzungen. Ausland. 1869. Nr. 20 .

58

Ueber Einstürze und Formung der Felsmaſſen durch das Waſſer.

458

beim Kalkstein und bei Mergeln der Fall ist, welche durch die

hemmenden oder ganz abhaltenden Pflanzendecke versehen ,

Kohlensäure des Meteorwassers in löslichen doppeltkohlen: sauren Kalk umgewandelt werden oder sie doch mehrerer

dann sind sie wenigstens gegen die mechanischen Angriffe des Waffers auf lange Zeiträume hin geschützt ; stehen dagegen

ihrer Bestandtheile in der Weise beraubt, daß die nun

ihre Schichtmassen mehr oder weniger aufrecht, sei es nun

noch übrige Steinmasse mürbe wird und in Schutt zer

senkrecht oder fächerförmig, so daß das Meteorwaſſer in

fällt, oder sich in eine erdige Masse ( namentlich in Thon)

ihre Schicht

umwandelt welche vom Regenwasser fortgeschlämmt wer den kann. Diese Art von chemischer Zerseßung findet

erliegen sie den Angriffen des Waſſers um so schneller, je reicher sie als Thon oder Thonzwischenlagen, je dünner

statt

bei

allen

krystallinischen Felsarten welche unter

und Schieferspalten gelangen kann , dann

und zahlreicher ihre Schicht- und Schieferlagen,

und je

ihren Gemengtheilen Feldspath, Glimmer, Hornblende oder

kahler an Pflanzen, namentlich an Bäumen, die Oberflächen

Augit enthalten, also beim Granit, Syenit, Grünſtein, Basalt, Porphyr, Glimmerschiefer, Gneiß und Thonschiefer.

ihrer Berge und Felsen sind.

Indessen geht sie nur äußerst langsam vor sich, am ſtärk

Recht grell tritt dieß alles im Gebiete der Alpen her. vor, und zwar am grellsten an den gewaltigen Schiefer.

sten noch im Innern einer Gesteinsmasse an den Wänden ihrer Rize und Spalten, weil in den Räumen dieser le

oder aus Gneiß, oder aus diesen drei Schieferarten zu

teren das Wasser sich leichter ansammeln und festſeßen kann als an der Gesteinsaußenfläche, wo es gewöhnlich

sind in diesem Sommer die meisten und stärksten Fels

früher wieder verdunstet als es die Steinmasse anähen

stürze, Rüfen oder Stein und Schlammmurren, wie man

kann.

thümliche Wirkungsweise des Meteorwassers an den Schie

die durch das Waffer herabgeflutheten Stein- und Schlamm ströme nennt, an den aus den genannten Schiefern be

fern mit glatter glänzender Oberfläche, so am Thon: und

stehenden Bergketten, und zwar hauptsächlich da vorgekom

Glimmerschiefer ; denn indem das Wasser an der glatten

men wo durch die Unvorsichtigkeit der Bergbewohner die

Oberfläche dieser Schiefer nicht haften kann, bleibt diese lettere sehr lange frisch und unzerseßt, ja bei ihnen ist es

schüßenden Wälder entfernt worden waren. Im Vintſch gau z . B. traten alle diese gewaltigen Schlamm - Stein

Am ersten und deutlichsten erkennt man dieſe eigen

alpen, mögen diese nun aus Thon, oder Glimmerschiefer,

gleich bestehen.

Sowohl im Engadin als im Vintſchgau

eine ganz gewöhnliche Erscheinung daß die aus ihnen be

nur aus den baumkahlen steilen Schluchten her

stehenden Felsmassen an ihrer Außenfläche so frisch aus:

vor, welche tief in die Seitengehänge der das Etschthal

sehen als seien sie eben erst entstanden, während ihr In

einschließenden Schieferketten eingeschnitten sind, während

neres schon ganz mürbe und schüttig oder erdig ist.

die mit Wäldern dicht bedeckten übrigen Gehänge dieser

b) Durch mittelbare Einwirkung, indem das Wasser die zwischen festen, nicht vom Wasser angreifbaren, Felsmassen. lagernden Gesteinsarten entweder ganz auflöst oder doch

Ketten nirgends eine Murre sehen ließen. Der

Grund nun warum gerade die

Schieferalpen

ruhenden Schichtmassen allen Halt raubt, so daß sie ent

am meiſten von dem Meteorwaſſer angegriffen werden, iſt folgender. Wie oben schon angedeutet, zeigen die Abla gerungen des Gneißes, Glimmer und Thonschiefers eine

weder in den unter ihnen entstandenen leeren oder mit

doppelte Absonderung, nämlich zunächst eine in mehr oder

Wasser oder dünnem Schlamm angefüllten Raum einſtür zen, oder bei abhängiger Lage ins Gleiten gerathen und in die vor ihren Bergen liegenden Thäler rutschen. Diese

minder dicke Schichtlage, sodann bei jeder einzelnen Schicht: lage wieder in zahlreiche Schieferblätter, wozu beim Thon:

zu Schlamm erweicht, und hierdurch den über den letteren

Art von Bergstürzen, welche früher schon näher beschrieben.

schiefer auch noch eine dritte Art von Absonderungsspalten tritt, welche die Schieferlagen senkrecht auf ihre Schiefer

worden sind, kommen hauptsächlich im Gebiete der Kalk- und

spalten durchsetzt.

Sandsteinberge vor, weil in der Regel an diesen Bergen die eben genannten Felsarten theils mit lösbaren Gyps- und

geneigter Stellung ihrer Schichten dem Meteorwasser so

Steinsalzstöcken, theils mit ſchlämmbaren Thonzwischenschich

als gerade die Schiefer.

ten wechsellagern. Nach allem eben Mitgetheilten

voll Wasser gesogen, so kann es in diesen auf doppelte Weise wirken, einmal nämlich mechanisch, indem es beim

erscheinen

unter den verschiedenen Gebirgsmassen

aus

demnach

denen die

Ketten der Alpen bestehen, bei sonst gleichen Verhältniſſen, im allgemeinen die deutlich geschichteten weit mehr den Zer störungen durch das Meteorwasser ausgesezt als die undeuts lich oder gar nicht geschichteten massigen Felsarten.

Keine andere Felsart bietet demnach bei

viele Eingänge und Circulationscanäle in ihrer Masse dar

Gefrieren die Wände

Haben sich nun alle diese Canäle

seiner Canäle

zersprengt ,

oder

doch durch und durch so rissig macht, daß sie bei der ge ringsten Erschütterung auseinander fallen ; sodann aber auch chemisch, indem es mit seiner Kohlensäure und sei nem Sauerstoffe den

chemischen Bestand der Schiefer:

Indessen ist unter den deutlich geschichteten Gebirgs:

masse so zersetzt, daß zuletzt nur noch Thon übrig bleibt,

maſſen ſelbst wieder in Beziehung auf ihre Zerstörbarkeit

welcher alsdann das vorhandene oder neu hinzudringende

ein Unterschied zu machen:

Wasser in sich aufsaugt, und dadurch so aufquillt, daß er

Lagern ihre Schichtmassen ganz horizontal, oder sind ſie bei abhängiger Lage mit einer dichten das Meteorwaſſer

die ihn noch einschließende Schiefermasse gänzlich in ein Haufwerk von Platten und Blättern zersprengt.

Ueber Einstürze und Formung der Felsmaffen durch das Waſſer.

Zu allem dem kommt nun noch daß die aufgerichteten

459

der Rücken desselben mit senkrecht ansteigenden, Festungs

Schichten der Schieferalpen in eine Luftregion hineinragen

wällen ähnlichen, an ihrem Fuße mit gewaltigen Schutt

in welcher ſie immer reichlich Waſſer zum Einſaugen finden, und nicht so viel Wärme erhalten, daß das von ihnen´an

halden umgürteten Felsmauern beſeyt. Es ist bis jetzt vorzugsweise von der Zerstörung der

gesogene Wasser rasch wieder verdunsten kann.

Schieferalpen und der durch dieselben herbeigeführten Land

Ich glaube daß die eben angegebenen, aus der Beobach tung entnommenen Gründe wohl erklären werden : woher es

verwüstungen die Rede gewesen, weil sie gerade das Haupt bildungsmaterial der meisten Centralalpenketten abgeben.

kommt daß gerade in den Schieferalpen das Meteorwasser die meisten Verwüstungen anrichtet ; ich meine aber auch daß sich eben hierdurch die wildzackigen, von Steinschutt umschloſſenen Felsruinen auf dem Rücken aller von Wald entblößten Schie ferketten erklären lassen . So wild und zufällig nämlich die Formen dieser Ruinen auch aussehen, so hängt ihre Ge staltung doch von der Stellung der sie zusammenseßenden Schieferschichten ab, so daß man aus den Formen der Ruinen einen Schluß auf die Stellungsart ihrer Bildungs

durch das Wasser, aber langsamer und in einer etwas andern Weise als die Schiefer und deutlich geschichteten Kalk- und Sandsteine. Sind sie nämlich von senkrecht nieder: sezenden Absonderungsklüften durchzogen, so werden sie von dem in sie eindringenden kohlensäurehaltigen Meteorwaſſer (wenn auch nur allmählich) chemisch angeäßt, so daß lös und schlämmbare Maſſen entstehen, die dann das vor handene Waſſer in tiefere Spalten führt, oder auch durch Sei

schichten ziehen darf. 1)

Wie steht es nun aber mit den ungeschichteten oder wenig ſtens maſſig abgetheilten Felsarten, z . B. den Graniten Auch sie unterliegen der Zerstörung und Dolomiten ?

Neigen sich die

aufgerichteten

Schieferschichten

einander zu, sind sie also synklinisch (wie Fig. 1 ), dann

tenriſſe ganz aus dem Bereiche der angegriffenen Fels- und Durch jahrelanges Anäßen werden. Bergmassen entfernt. in dieser Weise die vorhandenen Absonderungsspalten immer weiter, so daß sich nun auch immer mehr Wasser in ihnen. Tritt nun einmal ein nasser Sommer ansammeln kann.

d ja/b/ c cb

und Herbst ein, in welchem sich alle diese Spalten gehörig mit Waſſer füllen können, und folgt dann im Winter eine starke Kälte, so erstarrt alles dieses Wasser zu Eis, und

Fig. 1 . werden diejenigen unter ihnen deren Schichtenköpfe nach oben bloßliegen (wie a b c) mit der Zeit zerstört, so daß

nur die

treibt in Folge seiner dabei stattfindenden Ausdehnung unter donnerndem Krachen die von ihm erfüllten Berg

oben aneinander schließenden Schichten (d) und Felsmaſſen auseinander.

Solange nun das Waſſer

unversehrt stehen bleiben, und entweder eine dachförmige Firste oder eine spißige Pyramide ( Piz") bilden.

Im

Oberengadin ist diese Form sehr häufig. Daselbst stehen auf dem scharfen Rücken eines Schieferberges oft ganze Reihen solcher Spißpyramiden neben einander, so daß sie in ihrer Gesammtmasse das Riesengebiß eines Thieres nach ahmen.

gefroren bleibt, hält es noch wie ein Kitt die zersprengten Felstrümmer verbunden ; schmilzt es aber beim beginnen den Frühling oder Sommer wieder, dann stürzen diese auseinander

gezwängten

Felsmaſſen ,

untermischt

mit

Schlammwaſſer, auseinander und verdecken oft bedeutende Thalflächen mit einem wüsten Chaos von Felsblöcken .

(Fig. 2.) Diese Zerstörungen finden demnach am meisten im Früh ling oder Frühsommer vorzüglich im Gebiete der Granite, Porphyre, Dolomite und massigen Kalksteine statt. Außer ihnen aber bemerkt man auch noch an den schroffen von Wäldern entblößten Gehängen der Kalkalpen, und nament

Fig. 2. 2) Gehen dagegen die Echieferschichten strahlig oder fächerförmig auseinander, wie in Fig. 3, dann werden.

lich in deren Schluchten, welche von den felsigen Gipfeln derselben herabziehen, weiß aussehende Ströme von pul verigem und sandigem Kalk, welche sich nach unten verbrei tern und dann am Fuße dieser Berge zu einer flachen Diese Art von Schuttzungen, Schuttzunge ausdehnen. welche unter anderem am Achensee häufig hervortreten und das Becken dieses letzteren auszufüllen streben, entsteht

Fig. 3. sie gewöhnlich gleichmäßig zertrümmert, so daß nun der Rücken eines Berges eine mehr oder weniger gewölbte Kuppel bildet, ähnlich wie an den Schieferbergen deren Schichten convergirend über einander lagern.

3) Stehen endlich die Schieferschichten

eines Berges

alle senkrecht und parallel neben einander, dann erscheint

überall an bloßgelegten oder entwaldeten Kalkbergen aus den weicheren, thonhaltigen Kalkschichten, welche so oft zwi schen den reineren festen Kallbänken lagern, durch rein mechanische Einwirkung des Regenwassers auf den Thon oder Mergelgehalt dieser Zwischenschichten, und bewirkt, soweit meine Beobachtungen reichen, wohl am Fuß ihrer Bildungsstätten beträchtliche Anhäufungen, aus denen mit

Zwei römische Schauspieler.

460

Denn offenbar steht des Lustspieldichters Atta Name

der Zeit allerdings weit ausgedehnte Vorterraſſen der Kalk alpen erwachsen können ; aber plötzlich einbrechende weit

hier überhaupt für die in Horazens Zeit veraltete dramatische

hin die Ländereien der Thäler begrabende Schuttdecken

Literatur, wozu besonders die nationalen Lustspiele ge

scheinen sie nach meinen bisherigen Erfahrungen nicht zu

hörten.

liefern. Mit der Zeit können sie indeſſen doch wenigstens die mittelbare Veranlassung zu Einstürzen von ganzen

Freiheit in der Gebärdensprache als die Komödie.

Kalkfelsen abgeben.

Wenn nämlich an Kalkbergen, deren

Das Trauerspiel gestattete dem Darsteller weniger Alles

war gemessener, würdevoller ; die Maske war unumgäng lich nothwendig, und der Schwerpunkt lag noch in der

Schichtmassen steil aufgerichtet sind , durch das Waſſer die

feinen Modulation der Stimme.

weicheren und thonigen Kalkzwischenlagen ausgeschlämmt werden, so entstehen aus den stehenbleibenden härteren.

wohlklingende Stimme Aesops verwöhnt, in Pochen und

Kalkbänken schief oder senkrecht emporgereckte, bald mauer,

Pfeifen ausbrach sobald dieselbe heiser wurde!

1

förmige, bald hörner- oder zahnähnliche Felszacken, wie Fig. 4,

Daher kam es auch daß nach Cicero's Zeugniß das römische Publicum, durch die

Aesopus scheint seine Rollen mit Ernſt aufgefaßt und mit großer Leidenschaftlichkeit durchgeführt zu haben. Es gerieth ihm daher auch die Darstellung des höchsten tragiſchen

AM

Fig. 4. die durch ihr isolirtes Auftreten allem Toben der atmo sphärischen Kräfte preisgegeben sind. Besteht nun das Bildungsmaterial dieser Felszacken aus dolomitischem (d. i . kohlensaure Magnesia haltigem) oder aus mit vieler Riesel säure untermengtem Kalksteine, so können sie viele Jahre dem zerstörenden Einflusse der Atmosphärilien troßen ; besteht es aber nur aus fohlensaurem Kalk, so wird es

Affects am glücklichsten. Wenn Cicero sagt : es sei ihm bei dem Feuer seiner Blicke und Bewegungen oft vorge kommen als habe eine Gewalt dem Tragöden das Selbst bewußtsein geraubt, so wird dieser Enthusiasmus durch eine von Plutarch berichtete Anekdote bestätigt.

Als er

nämlich einst im „ Atreus " des Attius die Titelrolle spielte, und eben über die an seinem Bruder Thyestes zu nehmende Rache mit sich zu Rathe gieng, lief ein Diener unvermu thet vorüber, und Aesopus war in seine Rolle so vertieft, daß er mit dem Scepter den Unglücklichen zu Boden schlug ! Etwas ähnliches geschah später zu Lucians Zeit. Dort ließ sich ein Pantomime der den " rasenden Ajax" gab,

allmählich klüftig, und dann unterliegt es der zersprengen den Kraft des zu Eis erſtarrenden Meteorwaſſers, in Folge

von seinem Eifer so weit übermannen, daß er einem Tact schläger das Kleid zerriß, einem Flötenspieler die Flöte

deren die aus ihm gebildeten Felshörner in ein Haufwerk von Blöcken zertrümmert werden .

wegnahm, und damit dem neben ihm stehenden Odyſſeus ein Loch in den Kopf schlug.

Auch die Zuschauer geriethen

mit in halben Wahnsinn, sprangen auf, ſchrieen und riſſen sich die Kleider ab.

Zwei römische Schauspieler.

Von Aesop kennt man mehr Lieblingsrollen als von Außer dem Atreus des Attius spielte er z. B.

Roscius.

in der „ Andromache" desselben Dichters die Titelrolle. Dann Von Hermann Göll. 2. Aesopus.

stellte er den Vater von Ajax, Teucer und Telamon vor, die Klytemnestra und Iphigenia, den Agamemnon und Brutus und den von Paris vor Troja verwundeten Eury

Von dem großen Zunftgenossen des Roscius, dem gleich: zeitigen Claudius Aesopus, wiſſen wir in Betreff der Her kunft gar nichts. Sein römischer Name deutet auf Frei lassungvon einem Claudier, sein griechischer läßt aber deßhalb

pylus, während er sich zur Uebernahme des Ajar ſelbſt nur selten hergab. Im November des Jahres 60 schrieb Cicero an seinen Bruder Quintus, damals Statthalter von Kleinasien : Li

nicht unbedingt auf griechische Abkunft schließen, weil ja die römischen Herren sehr gewöhnlich ihren Sklaven berühmte griechische Namen beilegten .

Aesop wurde kein Nebenbuhler

cinius, der Dir bekannte Sklave unseres Freundes, des Tragöden Aesopus, iſt entflohen.

Er hat sich zuerst in

Athen bei dem Epikureer Patro als freier Mann aufge des Roscius, sondern wendete sich dem tragischen Fache zu; daß er auch im Lustspiel auftrat, ergibt sich wenigstens

halten.

Von dort kam er nach Asien.

Darauf hat ein

gewisser Plato aus Sardes , ein Epikureer, der oft in nicht aus den Versen des Horaz : „Früg' ich einmal ob mit Recht auch Atta's Stücke noch heute Unsere Bühne beschreiten, die ſafranduftende : schamlos Hieß' ich dem ganzen Senat, daß ich tolldreist wagte zu tadeln Was doch ein ernſter Acsop, ein gebildeter Roscius spielte, Sei's weil ihnen nur das was sie schön finden für schön gilt, Oder fie nennen es Schande dem jungen Geschlechte zu folgen, Preiszugeben im Alter was einst als Knaben sie lernten.“

Athen sich aufzuhalten pflegt, und der sich gerade dort be funden hatte als Licinius hingekommen war, nachdem er hinterdrein aus einem Briefe Aejops erfahren hatte daß es ein entlaufener

Sklave14 sei , den Menschen festge nommen und zu Ephesus in Gewahrsam gegeben, ob in öffentlichen oder in eine Stampfmühle, konnte ich aus dem Briefe nicht recht erkennen . Weil er nun in Ephesus

Zwei römische Schauspieler.

ist, so wünschte ich daß Du auf jede Weise dem Menschen aufspürtest , und mit der größten Achtsamkeit ihn sogar mit Dir nahmest.

Sieh nicht darauf daß der Mensch nichts

werth.ist ; aber Aesopus ist so erbittert über die Frechheit und Schurkerei des Sklaven, daß Du ihm keinen größern Gefallen

erzeigen

kannst

als wenn du denselben ihm

wieder verschaffst. “ Mehr als aus einem an die Ceffent: lichkeit tretenden Buch erkennt man aus diesem Privat:

461

aufgehen gesehen, " auch meine Feinde und Neider sich der Thränen nicht zu enthalten vermochten. - Folgende Stelle hat der beredte Dichter für mich geschrieben, der muthige Schauspieler in Bezug auf mich recitirt, indem er auf alle Bänke hinwies, den Senat, die römischen Ritter, das ge: sammte römische Volk anklagte :

Ihr laßt ihn in der Ver

bannung leben, Ihr habt ihn vertreiben laſſen, Ihr duldet daß er vertrieben ist. " Wie groß damals der Beifall von

briefe die Zuneigung und Liebe Cicero's zu Aesop. Drei Jahre

allen Seiten war, wie groß die Kundgebung der Zunei

später benutte dieser eine passende Gelegenheit um auch

gung des gesammten römischen Volks in der Angelegenheit

dem Staatsmann einen zarten Beweis seiner Freundſchaft zu liefern. Cicero weilte noch im Eril und sehnte sich

eines nicht zur demagogischen Richtung gehörenden Mannes, hörte ich damals ; die zugegen gewesen sind, können es

unaussprechlich nach Rom zurück.

leichter bemessen.

Da beschloß endlich der

Und während der Schauspieler so weh

Senat die Jtaler aufzufordern bei der Volksberathung über

müthig meine Sache vertrat, beweinte er mein Unglück so

den Rückberufungsantrag zahlreich zu erscheinen, und dankte

sehr, daß seine herrliche Stimme oft durch Thränen gehemmt wurde. Im "I Brutus " nannte er meinen Namen in

zugleich allen Städten die den Consular freundlich aufge nommen hatten. Es wurden gerade scenische Spiele gege ben als sich diese Nachricht unter dem Volke verbreitete.

folgender Weise:

Tullius, der die Freiheit den Bürgern

Aesop entschloß sich sofort durch gelegentliche und impro

gefestigt hatte. " Tausendmal wurde da capo gerufen. Damals war aber der Stern Aesops bereits im Unter

visirte Anspielungen das Volk zu Gunsten des Freundes zu stimmen. Hören wir Cicero selbst den Eindruck schildern!

gehen begriffen. Denn schon zwei Jahre später (55), als Pompejus großartige Spiele gab, wird seiner als eines

"Hat nicht,

ausgedienten Veteranen gedacht.

sagt er in der Rede für Sertius,

als die

Cicero schreibt nämlich

Nachricht von jenem Senatsbeschluſſe, der im Tempel der

in dem bereits angezogenen Brief an Marius : „ Ehren

Virtus zu Stande gekommen war, bis zu den Spielen und in das Theater drang, der große Künſtler unter Thränen, und

halber waren auf die Bühne diejenigen zurückgekehrt von denen ich glaubte daß sie eben ehrenhalber die Bühne

während seine frische Freude mit Schmerz und Sehnsucht nach mir sich mischte, offenbar meine Sache mit viel eindring

verlaſſen hätten. Dein Liebling, unser Aesopus, spielte so daß ihm jedermann abzutreten erlaubte. Als er ( in der

licheren Worten geführt als ich selbst es für mich hätte thun

Klytemnestra) zu schwören begann, versagte ihm die Stimme

können ? Denn des großen Dichters Geist gab er nicht bloß durchseine Kunst, sondern auch durch seinen Schmerz wieder.

bei den Worten : „Wenn ich wissentlich täusche. " Uebri gens erwähnt Cicero noch daß damals das Volk doch,

Bei den Worten : „ Wie ? er, der den Staat sicheren Griffes ſtüßte, aufrichtete und auf Seite der Achiver stand ?" meinte er daß ich auf Eurer Seite gestanden habe, zeigte auf Eure Reihen hin. Alle wollten die Stelle noch einmal hören. „ Der in bedenklicher Lage, " fuhr er fort,

doch kein Bedenken trug

wahrscheinlich aus Rücksicht auf die großen Verdienste des Künstlers, sich sehr nachsichtig gegen ihn zeigte. Aesopus besaß nicht die Genügsamkeit des Roscius .

Er ließ sich fort und fort honoriren und erwarb ein fürst Er brauchte aber auch viel mehr als

liches Vermögen.

sein Leben darzubieten, und ſein Haupt nicht schonte. " Unter welchem Geschrei wurden diese Worte gesprochen ! Man

sein Kunstgenosse, weil er an Ueppigkeit mit den größten Lebemännern jener Zeit wetteiferte, und also von der

bellatschte ja mit Hintansehung des Spiels die Worte des

schon damals sprüchwörtlich gewordenen Leichtfertigkeit seines

Dichters, die Absicht des Schauspielers, die Sehnsucht nach " Groß als Freund, groß im Kriege, mit großem

Der ältere Plinius Standes keine Ausnahme bildete. erzählt : daß er einst auf einer Schüssel, die auf 5800 Thlr.

Geiste begabt" (lehteres fügte Aesop selbst aus freundlicher

geschäßt war, die Zungen von solchen Vögeln die zum

Gesinnung hinzu) . Unter wie tiefem Seufzen trug er dann in demselben Stück 1 noch folgende Stelle vor.

Singen von Melodien oder zum Sprechen abgerichtet waren, und von denen er das Stück nicht unter 350 Thlrn. be:

Vater! Mich, mich Abwesenden, glaubte er wie einen Bater

zahlt hatte, auftischte,

beweinen zu müssen, den Q. Catulus und viele andere genannt haben .

Zunge zu schmecken und ohne an seine reichen, nur durch Dennoch die Stimme verdienten Einkünfte zu denken. "

Unter wie viel Thränen berührte er meine Heimsuchung durch Feuersbrunst und Gebäudezerstörung, indem er die Vertreibung des Vaters, die Noth des Vaterlandes, den

hinterließ er seinem Sohn ein Vermögen von 117,000 Thlen. Dieser scheint aber ein vollständiger Taugenichts gewesen zu sein. Cicero schreibt im Jahre 48 v. Chr. an

mir!

a"

oft im Senat Vater des Vaterlandes

nur um die Copie der menschlichen

Brand und Ruin des Hauses beklagte !" So schön spielte

Atticus : es mache ihm nicht nur sein Schwiegersohn Do

er, daß, als er nach Schilderung des ehemaligen Glückes

labella Kummer, sondern auch der Sohn Aesops, und man ist wohl berechtigt daraus zu schließen daß damals der

zu den Worten überging : „ dieß alles habe ich in Flammen

Schauspieler bereits todt war, und Cicero sich durch seine 1 Es scheint die Andromache des Attius gewesen zu ſein. Ausland. 1869. Nr. 20.

Freundschaft für den Verstorbenen verpflichtet hielt um 59

Schottische Westeilande.

462

den Sohn Sorge zu tragen.

Derselbe ging in der Ver

Landhäuser und zerfallene Ruinen alter Castelle folgen

schwendung so weit, daß er dem berüchtigten Beispiele des Antonius und der Kleopatra folgte, und große in Essig

längs der Gestade aufeinander , immer neue pittoreske

erweichte Perlen verschluckte und auch seinen Gäſten vor:

Gemälde erzeugend. Fehlen auch hier die Grotten und Basaltcolonnaden von Staffa, die unvergleichlichen Fels

sezte ! Horaz hat ihm durch folgende Verse ein Denkmal

contouren des Scuir auf Eigg oder der Cuchullin-Berge

gesetzt:

auf Skye, die tiefen und langen Fjorde von Mull und Skye, so hat doch das Gesammtlandschaftsbild von Arran

„Nahm des Aesopus Sohn eine seltene Perle Metella's, Ließ sie in Essig zergehn, um so Millionen auf einmal Hinterzuſchlürfen, ſo ſag', war er mehr bei Sinnen , als hätt' er Eben den Schaß in den reißenden Fluß, in Cloaken geworfen ?"

seines gleichen nicht mehr längs der ganzen schottischen Westküste. Arran ist sehr leicht, rasch und auf verschiedenem Wege von dem schottischen Festland aus zugänglich. Im Sommer verlassen Morgens gegen 7 oder 8 Uhr mehrere mit äußerstem Comfort ausgerüstete Perſonendampfer (swift steamers) das Bridge wharf in Glasgow, um Clyde ab wärts ihre Fahrt nach Arran anzutreten. Rechts erheben

Schottische Wefteilande.

sich die Kilpatrick-Hügel, und hart an dem Strom, faſt senkrecht daraus emporſteigend, der doppelgipfelige Felskoloß,

Bon Ferdinand Zirkel. 2. Arran. Da wo unterhalb Glasgow und Greenock sich der Clyde ins Meer ergießt, öffnet sich ein weiter vielarmiger Golf, der im Osten durch die Küste von Ayrshire, im Westen

der das alte Caſtell von Dumbarton trägt. Bald ist das in Rauch gehüllte Greenock erreicht, der nähere Hafen von Glasgow mit seinen ausgedehnten Werften, Docks, Schiffs-, und Maschinenbauwerken und dem Gewimmel unzähliger

Cantyre gebildet wird, und inmitten desselben liegt mit

Fahrzeuge jeden Kalibers, von dem größten transatlantischen Dampfer bis zum winzigen Küstenboot. Gegenüber ziehen

eiförmigem

durch die lang nach Süden hinlaufende schmale Halbinsel

Seit dem

sich die malerischen schmalen Fjorde Gairloch und Loch

Ende des vorigen Jahrhunderts bis auf unsere Tage ist dieses Eiland von unzähligen Geologen besucht worden .

Long tief in das Bergland hinein ; emporblühende Städt chen, Kilmuir, Kirn, Dunoon, Jnellan folgen zumal auf

In der That findet sich selten eine solche Mannichfaltigkeit

dem linken Ufer, dazwischen an den reichbewaldeten Ge

von verschiedenen maſſigen und geschichteten Gebirgsgliedern

hängen parkumgebene schloßartige Landsize und geschmack. volle Villen in endlos scheinender Reihe. Den Schli macht, da wo der Firth of Cleyde fich schon zum Meer

Umriß die Gebirgsinsel Arran.

auf gleichem Raum neben einander, selten auch ist das gegenseitige Lagerungs- und Altersverhältniß mit solcher Deutlichkeit wie hier festzustellen .

Diesem „ Modell der

geologischen Structur unseres Erdballes, " wie es der treff liche Macculloch im Jahr 1819 nannte, war mein erster Ausflug von Glasgow aus gewidmet, und ein zehntägiger fast ununterbrochen vom heitersten Wetter begünstigter Aufenthalt genügte vollkommen um die Insel nach allen Richtungen zu durchstreifen, alle Ecken und Winkel dersel ben zu besuchen. Als endlich beim Scheiden von Arran seine zackigen Berggipfel allmählich in blauer Ferne ver schwanden, da vereinigten sich die Eindrücke zu der Ueber: zeugung daß auch in landschaftlicher Hinsicht keines der anderen Weſteilande, denen die spätere Fahrt gelten ſollte, eine reichere Abwechslung an malerischen Scenerien dar bieten könne : erhabene Piks, rauhe schroffe Felsen und sanftgerundete Hügel, weit geöffnete Thäler mit frischen Matten, und düstere steinige Schluchten, dann wieder aus gedehnte Haideſtrecken, Moorflächen und schattige Gehölze ――― von Eschen, Eichen, Birken und mächtigen Fichten. Alle Oberflächen und Vegetationstypen finden sich hier eng bei einander versammelt.

Dazu von fast jedem Stand

punkte die Aussicht auf das ewig junge Meer, welches, ruhig oder bewegt, dunkelblau oder tiefgrün, hier steilrechte hohe Klippenabstürze, dort flache sandige Küsten bespült. Gruppen von Fischerhütten, Bauernhöfe, freundlich blinkende

erweitert, die Hauptstadt der Insel Bute, das reizende Rothesay, mit stattlicher Häuserfront und südlich mildem Klima. Gegen Mittag wird Arran erreicht, und nach kurzem Verweilen in den beiden an der Ostküste gelegenen Häfen der Insel wird die Rückfahrt nach Glasgow angetreten, Die wo man ungefähr um 8 Uhr Abends eintrifft. Concurrenz hat den Preis für die dreizehnstündige Fluß und Seefahrt nach Arran und zurück auf dem ersten Play dieser eleganten Dampfer bis zu dem unglaublich niedrigen Betrag von 3 Sh. ( 1 Thaler) hinabgedrückt, und in der schönen Jahreszeit ist neben dem Besuche des Loch Lomond dieser der belohnendste eintägige Ausflug den man von Glasgow aus unternehmen kann. Durch diese Gelegenheiten in die unmittelbare Nähe des eine halbe Million Einwohner zählenden Mittelpunktes des schottischen Gewerbfleißes und Handelsverkehrs gebracht, erfreut sich Arran im Sommer und Herbst eines sehr regen Besuchs.

Zumal in den lettern Jahren ist es aufge

kommen daß zahlreiche Glasgower Kaufleute Sonnabends die Stadt verlassen, um während des Sonntags die todten Straßen mit dem anmuthigen Bergpanorama der Insel zu vertauschen, und statt des Staubes und Dunstes der Stadt frische Seeluft einzuathmen. Viele Familien miethen ſich auch für die Dauer des Sommers dort ein.

Arran gehört, mit

Schottische Westeilande.

Ausnahme eines einzigen Thales, welches von Robert Bruce auf ewige Zeiten der Familie Fullarton verliehen wurde, ganz dem Herzog von Hamilton, welcher davon eine Jahresrente von 14,000 Pf. St. bezieht.

463

und gebrechlichen Holzstegs unfern Brodick.

Jetzt führen

vortreffliche Straßen längs der ganzen Küste und quer durch das früher für unbesuchbar gegoltene Innere.

Der hohe Ein heiterer Sommernachmittag ging zu Ende, als mir

Herr war dem wachsenden Fremdenbesuch äußerst abhold, da er sein insulares Beſißthum als ruhigen Jagdgrund bewahren wollte, und harte Kämpfe und große Summen

westwärts von Ardrossan zuerst die bläulichgrauen Fels massen von Arran aus dem Meer emporstiegen, reich an Von ferne gesehen schroffen Schründen und unbewaldet.

soll es gekostet haben bis hier Hôtels errichtet wurden, scheint die Insel aller Cultur, aller Vegetation und mensch und seine hörigen Pächter die Erlaubniß erhielten möblirte lichen Ansiedlung zu entbehren ; kommt man aber näher, mischen sich mildere Scenen in die Berglandschaft,

Zimmer zu vermiethen.

so Die Länge der eiförmigen Jusel ist von Süden nach

die gleichwohl ihren ernsten und starren Gesammtcharakter Norden ungefähr 20, die Breite von Osten nach Westen ungefähr 12 engl. Meilen. Ihrer Oberflächenbeschaffenheit

behauptet ; den Fuß der hochaufgethürmten Berge umſäu men grüne Wieſen und Baumgruppen, in der kleinen ſan

nach, mit welcher die geologische Zusammensetzung auf das engste verknüpft ist, zerfällt dieselbe deutlich in zwei Theile, einen nördlichen bergigen und einen südlichen hügeligen. Der nördliche Theil stellt ein unregelmäßiges Durcheinander von hohen Gipfeln, schmalen Felsenkämmen, tiefen

digen Bay welcher wir zudampfen grüßen die weißen Häus chen von Brodick, hier und da wirbelt aus den zerstreuten Büschen Rauch empor von versteckten Gehöften . Ruder boote führen die Reisenden von dem ankernden Dampf

und schiff an den Strand, und in wenigen Schritten ist das

engen Thälern dar, und die Berge fallen hier recht steil und plöslich in das Meer hinein ab.

Die große rundliche Cen

tralmasse dieser Partie wird aus Granit gebildet, der all seitig von einer schmalen Zone von Thonschiefer und halb

massiv aus rothem Sandstein erbaute Springbank Hotel erreicht, welches jeglicher Anforderung an Comfort gerecht wird. Aus den Gärten und parkartigen Anlagen des Hauses hat man ein Panorama vor sich wie es nach dem

krystallinischem Schiefer umlagert wird, über welcher sich übereinstimmenden Urtheil weitgereister Freunde, zumal entlang der Ostküste noch Schichten von Sandstein abge : jezt haben. Die Kämme und Piks des granitischen Kerns gipfeln in dem 2875' hohen Goatfell.

in der warmen und gedämpften Färbung einer Abend beleuchtung, nur selten übertroffen wird. Ueber die Blumen:

Der Arraner Gra beete und epheuumrankten Bäume weg, durch deren Gezweig

nit läßt deutlich zwei durch Texturausbildung und Alter kaum ein Lufthauch ging, glänzte im Vordergrunde das verschiedene Varietäten erkennen .

Ganz anders beschaffen spiegelglatte Waſſer der Bucht, dahinter ſtanden scharf ab:

ist der übrige etwas größere Theil, der südlich von einer gezeichnet die Granitkoloſſe, Linie liegt welche man etwa von Brodick bis zur Mün dung des Glen (Thal) Jorsa zieht. Scharf ausgeprägte

rechts der majestätische von

hier aus spitkegelförmige Goatfell, der stumpfere breite Ben Noosh.

Bergformen fehlen hier , das Land steigt bald flach, bald steiler von den Küsten nach dem Innern zu auf,

links neben andern. Das dunkle Grün der

Nadelholzforsten, die fast bis zum Meer hinabsteigen, das lichtere der Weiden, das einfache Grau der nackten Berg :

und bildet dort ein von wenigen Thälern durchfurchtes gipfel und das dunkle Blau des abendlichen Himmels con Plateau, auf welchem sich nur unbedeutende und abgerun traſtirten unvergleichlich. dete Kuppen erheben.

Tief eingeschnittene und schon

Kein Punkt dieses südlichen Theils von Halbdunkel beschattete Thäler, die oben in umfang:

erreicht über 1200 ′ Seehöhe.

Massenhafte Ablagerungen

von Trappen und quarzhaltigen Porphyren sehen dieses

reichen amphitheatralischen Halbkeſſeln (corries) beginnen, Gerade im senken sich zwischen den Bergmaſſen hinab.

wellenförmige Plateau zusammen, während faſt allseitig an den Küsten herum, zumal an der Westküste, eine schmale Zone von Sandstein verläuft. Hier fehlt der Granit bis

Vordergrunde ruht jenseits der stillen Bay, wo die Berg ströme ein ausgedehntes Delta gebildet haben, auf einer Lichtung der ersten Hügelterrasse das niedliche rothe Schlöß

auf einen kleinen Stock, während andererseits der Trapp chen des Herzogs von Hamilton ; rechts schweift der Blick oder Porphyr im nördlichen Theile der Insel mit Aus: über den Meeressund zu der eben verlassenen bläulichen nahme von gangartigen Vorkommnissen vermißt wird . Küste von Ayr. Die Insel ist ersichtlich in stetem Aufblühen begriffen, ihre günstige Lage und der Fortschritt ihrer Cultivirung versprechen ihr eine erfreuliche Zukunft.

Wie unendlich

viel hat sich hier seit den Tagen Necker de Saussure's ver Die Bewohner ändert, der sie im Jahre 1807 besuchte.

Wohl ein schönes und liebliches Gemälde war es das die Weſteilande hier zum Empfang aufgerollt hatten, ein Gemälde aber das, wie sich später ergab, von echt hebri Ein selten dischem Charakter nur wenig an sich trug.

geringe Zahl der englischen Sprache mächtig war ; keine

ruhiger Ocean, steile und dunkle Küstenwände, vom Wellen schlag zernagt, vom ewigen Sturm umbraust, ohne Baum wuchs, viel Meilen weit ohne Menschen und Menschenwerk,

Straße fand sich auf der Insel auf welcher ein Wagen fahren konnte, keine Brücke, mit Ausnahme eines zitternden

nur von Millionen weißer Seevögel belebt, im Innern rauhe kahle Berge und einsame mit Steingeröll oder

erschienen ihm als halbe Barbaren, welche sich um den Feldbau nicht kümmerten und von denen nur eine sehr

Schottische Westeilande.

464

kurzer Haide bedeckte und oft von Nebeln erfüllte Thäler

ſteinsblöcken auf, welche ohne ein Bindemittel zu mächtigen

das sind die Hauptzüge nordhebridischer Landschaft.

cyklopischen Mauern über einander gepackt sind ; vorzüglich schön ist dieß an der deßhalb so genannten Festung der

Der scheinbar nahe Gipfel des Goatfell lockte zur Rund schau, und seiner Ersteigung war der erste folgende Tag Längs der einstöckigen Häuser des Dertchens

Ptarmigane und an dem nordöstlichen Absturz des Goatfell zu sehen, wo sich eine stattliche nach außen halbkreisför

Brodick führte der Weg in einem weiten Bogen um die

mige Thurmbastion zu erheben scheint, die aus kolossalen

Bay herum, dann durch einen prächtigen Fichtenforſt zu einem kleinen torfigen Plateau, auf welchem die mächtige Alles war still an diesem Felspyramide aufgesezt war.

leicht abgerundeten Granitblöcken aufgeführt iſt.

gewidmet.

Kein Rückweg von dem Gipfel des Goatfell ist dem Wanderer mehr anzurathen als der durch die nördlich ge

Sonntag, kein Jäger oder Hirt zeigte sich, bloß das Rau

legene Glen Sannox, welches den Malern schon uner

schen der Bergwasser und der Wind der durch die Haide strich ließ sich vernehmen, dann und wann einmal das

schöpflichen Stoff geboten hat. Dem Kamm eines an den Goatfell nördlich angehängten scharfen Grats mag er ent

Meckern eines Schafes oder das Gekreiſch eines aufgeſcheuch

lang schreiten, um alsdann in das sehr tiefe und breite

ten Vogels . Es war ein beschwerlicher Aufmarsch den ich mir an der Nordostflanke selber suchte, steil und hoch und

Thal vorsichtig über das unermeßliche Felsgetrümmer hinab Der zusteigen, welches die Flanken der Berge bedeckt.

immer über

weichenden Granitschutt.

oberste Anfang des Thales ist, wie auch in den Pyrenäen

Dafür eröffnete sich denn auch von der Pikhöhe eine un geheure Aussicht : von dieser 2875 Fuß hohen Warte über

losen

dem Fuß

so häufig der Fall, ein großer halbkreisförmiger Kessel, deſſen steilgeneigte Wände wohl an tausend Fuß in die Höhe

schaut man Meer und Land und Inseln wie auf einer weiten Karte. Der tiefe Loch Fyne mit seinen gewunde

Bild großartigſter Verwüstung, Einsamkeit und wilder Oede.

nen Küsten, der breitere Firth of Clyde, zwischen beiden

Der Bach, der aus unzähligen zusammenrieſelnden Waſſer

die Inseln Bute, Groß

und Klein- Cumbray, das viel

fädchen entsteht, dient zuerst als Führer in dem Steinmeer

gipfelige Hochland von Argyleshire, links die lange und

der Thalsohle, bis allmählich Spuren eines abwärts zum Meere weisenden Pfades sich zeigen. Friedlicher sind die

schmale Halbinsel Cantyre,

darüber wie blaue Wölkchen

starren, ohne Baum und Strauch, selbst ohne Haide, ein

im fernen Westen die Hebrideninseln Islay und Jura.

untern Theile des Glens, wo Vegetation sich wieder ein

Und dann im nördlichen Theile der zu Füßen ausgebrei

ſtellt, am schönsten aber gestaltete sich, als die Küste erreicht

teten Insel Arran selbst welches Gewirre von troßigen und phantastischen Berghäuptern, scharfen verbindenden.

senkung hinein, die, unten grün, oben braun, von den

Felswänden, die sich coulissenartig vorschieben und tiefe dunkle Thäler begrenzen !

Da steht der Ben Noosh und

war, der Rückblick in die stundenlange muldenförmige Ein

zwei Reihen kühner und scharfer Berge mit ihren zerriſſe nen Zacken und Zinnen eingefaßt wird, darunter der

der Cior Mor, beide vom Goatfell geschieden durch das

Suithi Fheargus (Fergussit) wie ein riesiger Thronſeſſel

breite Glen Rossie mit seinen fast senkrechten Granitmauern,

aufgebaut emporragt.

welches nach Brodick hinunterſteigt, da der rundlich thurm

Formen hervor, und in diesen Breiten nicht vermuthete

artige Gipfel des Caistael Abhael, das „ Castell der Ptar migane," dort ragt über einem schmalen Kamm noch der

südlich warme Tinten gossen sich darüber aus als die

Ciodhna Digh hervor.

grünen Büschen in geräumiger Thalmündung, seitlich davon,

senkte. Ein kurzer Gang am Meeresufer führt nach dem Dertchen Corrie und zu dem reizenden behaglichen Wirths

Im Süden ruht Brodick mit seinen

Wunderbar plastisch traten alle die

westliche Sonne über dem Grunde des Glen sich hinab

ein sonderbarer Punkt in dem Panorama, die wie ein hoher

haus, wo eine greise aber stattliche und noch immer lie

plumper Felsblock aus dem Meer auftauchende Holy Isle.

benswürdige Dame den Fußgänger empfängt, die auf der

An jenen seltenen Tagen an welchen der Saum des west

ganzen Insel verehrte Mrs. Jameson, in deren Gedächt

lichen Horizonts nicht von Wolken bedeckt ist, soll man

niß noch alle Geologen leben die vor vierzig und mehr

auch die nördliche Küste Irlands erblicken.

Der gälische

Name des Berges ist Gasdhbeinn,

des Windes ;

Jahren nach Arran gepilgert. An der Nordküste von Arran liegt, in den Bergen ver steckt, ein kleines malerisches Fjord, der Loch Ranza, zu

Berg

daraus haben die Schotten der Ebene Goatfell, Ziegen berg, gemacht. Der grobkörnige graue Granit des Goatfell wird von einer Unzahl von Gängen eines weißen feinkörnigen Gra

dem mich eine Excursion führte.

Zuerst am Ufer der

See entlang links hochstämmige Buchen , Föhren und Birken, rechts abgeschliffene Klippen rothen Sandsteins

fallend, rippenartig auf den Felsblöcken und Wänden her: vorstehen. Der Granit dieser Berge besißt eine ausgezeich

und die von sanftem Wind bewegte Fluth. Dann schwenkt sich der Weg, nachdem abermals die weite Mündung des Glen Sannor passirt ist, und führt zwischen wenig hohen

nete Neigung zu parallelepipedischer Absonderung, und indem die Verwitterungsprocesse den dadurch erzeugten

Kuppen, deren Abhänge mit torfigen Wiesen bedeckt sind, über eine Wasserscheide an den Nordrand der Insel. So

Fugen und Klüften folgen, lösen sich die Granitmaſſen in .

gelangt man an den breiten Loch mit seinem sandigen Delta, welches das aus dem Glen Eis na bearradh herun

nits durchschwärmt, die, weniger der Verwitterung anheim:

Anhäufungen von wolljack: oder matraßenähnlichen Ges

Schottische Westeilande.

465

terkommende Wildwasser zusammengeschwemmt hat. Unten und an den Gehängen des Fjord liegen einzelne graue

mindestens 7 Fuß darin hinabreichende aufrechte Säulen von rothem Sandstein. Der eine dieser Obelisken weist

Häuschen spärlich zerstreut,

eine Durchlöcherung auf, durch die wohl das Seil ging mit welchem das Schlachtopfer oder der Angeklagte gefesselt wurde. Der Volkssage, die alles auf Fingal bezieht,

the lone hamlet, which the inland bay and circling mountains sever from the world (Lord of the Isles).

gilt dieses Loch als von ihrem Helden gebohrt, um, wenn der Abend kam,, vermittelst desselben seinen Hund Bran festzuketten. Ein anderes vollkommen ähnliches, aber ein

Eine Landzunge, welche den obersten Theil der Bucht beckenartig abschließt, und einen Hafen erzeugt in dem einige Fahrzeuge ruhig ankern, trägt eine viereckige, ver

zelstehendes keltisches Monument fällt jedem auf welcher bei Brodick auf dem nach dem Schlosse führenden Wege

witterte Thurmruine, vormals ein Jagdcastell. das schot Die nahen Küsten von tische Könige sich hier gebaut.

das Fichtengehölz am Strande passirt. Verfolgt man längs der armseligen Hütten von Tor more die Straße der Westküste weiter nach Süden, so

Bute schließen den Hintergrund ab. An einem milden klaren Sommertag begegnet man hier einem Bilde wie es sich im Norden selten darstellt,

schiebt sich zwischen ihr und der See eine ausgedehnte Hügelmasse ein, der King's Hill. Hier am Strande vorbei

friedlich, idyllisch und voll

feierlicher Stille und doch mit seinen großartigen Zügen zu gehen, wo zwar kein Weg einladet, empfiehlt sich am

ein echtes Kind dieser Breiten .

In der Nähe von Loch meisten.

Nur wenig Raum ist zwischen der Fluth und dem

Ranza ragt, da wo das einsame und unbewohnte Glen ſteilen Absturz der rothen Sandsteinwände, kurze Strecken von grünem Rasen, dann grobes Geröll, dann wieder

Eis na bearradh durch einen Wasserfall seinen Bach mit demjenigen des Glen Chalmadael vereinigt, der Toirna nidneon, der Vogelnesterberg, empor, wie ein 400 F. hoher

plattenförmige Klippen, die gerippt, gefurcht, gehöhlt und glatt geschliffen sind von der Brandung, dabei mit schlüpf

cylindrischer Thurm, den Menschenhand auf regelmäßig rigem Tang überzogen.

kegelförmigem Fundament errichtet hat ; hier ist die be rühmte Stelle wo Granit und Schiefer einander scharf

Tausende von Seevögeln scheucht

der einsame Wanderer hier auf,

die kreischend und zu

dringlich aus ihren Löchern in den Felsen hervorkommen.

und ohne Uebergang begrenzen, und der erstere finger Ist er ein Geologe, so findet er sich für das mühsame

dicke, armstarke, ja mehrere Fuß mächtige Adern in dem geschichteten Gestein bildet .

Klettern und Steigen bald belohnt durch die mächtigen. und weithin zu verfolgenden Gänge allerschönsten Pech

Ein die Insel gerade in der Mitte durchschneidender

steins,

Weg, welcher von Brodick im Osten das Glen Shirrag aufwärts und das Glen Laodh, in dem das Mauchrie Water

welche hier in den Sandstein aufsehen.

Lichter

grün, dunkelgrün bis ins Schwarze ist das wie mißrathe nes Glas aussehende und harzartig glänzende Gestein,

fließt, abwärts an die Westküste von Arran führt , ist

dabei so spröde, daß, wenn man mit dem Hammer darauf

Dagegen bietet die selten von

schlägt, es klingt und in scharf schneidende Scherben zer

intereſſelos und einförmig.

Fremden besuchte Westküste mancherlei dar was einer Er wähnung nicht unwerth erscheint. Ziemlich hoch im Nor

ſplittert, wie wenn Flaschen getroffen würden .

In den

Sandstein, welcher hier den Küstenabhang bildet. hat die

den liegt, eine halbe Stunde vom Meer entfernt, in den

wühlende Brandung eine Menge größerer und kleinerer

Bergwildnissen des granitischen Beinn Mhorroinn verbor gen, ein kleiner See, der den Grund eines zu drei Vier

Höhlen eingegraben.

teln geschlossenen Bergkeſſels, des Corrie an Lachan, erfüllt. Dunkel und der Sage nach bodenlos ist das Wasser

hafte Erinnerungen an die romantische Laufbahn des Schottenkönigs Robert Bruce verknüpft sind. Vor dem

Die umfangreichste davon ist die auf

der ganzen Insel berühmte King's Cave, mit welcher sagen

immer bewegt durch die Winde die aus den Bergspalten. hervorblasen, und tief beschattet durch die mit Felsblöcken Braunes Haidekraut um überschütteten steilen Wände.

englischen Heere, welches ihn entfernt hatte, auf die Insel Arran geflüchtet, soll er längere Zeit hindurch sich in die ses abgelegene Versteck zurückgezogen haben ; andere benach

das Wasserbecken ist die einzige Vegetation welche das Auge erblickt, und im Gegensatz zu der nahen Rundschau über den Ocean oder dem Blick in die weiten üppig cultivirten

barte kleinere Grotten heißen King's kitchen, King's cellar und stable. Daß ein solcher ausgezeichneter Ort noth wendigerweise auch einmal der Aufenthalt Fingals gewesen

Thäler des Mauchrie und Black Water ist diese finſtere und ernste Scene, die an den Kratersee eines erloschenen Bulcans erinnert, nicht ohne Reiz.

sein muß, wird der leicht begreifen welcher die Vorliebe des Volkes kennt seinen mythischen Nationalhelden mit allen auffallenden Stätten und Gegenständen in Verbindung zu bringen.

Ungefähr in der Mitte der Westküste, bei dem Gehöft Auchingallen, stößt man auf Denkmale wie sie, in allen

Betritt man durch den engen Eingang die Kö

nigsgrotte, so gewahrt man mit Verwunderung einen aus

Es sind Ueber

gedehnten Saal von 115 ′ Länge, 45 ′ Breite und 50 ' Höhe. An der südlichen Wand sind mehrere übermenschlich große

bleibsel eines Rings von kleinern Steinen, dann aber drei

Figuren in den Stein gegraben, aber so roh und verwiſcht

ungefähr 15 Fuß über den Erdboden hervorragende und Ausland. 1869. Nr 20.

und undeutlich, daß die verschiedenste Auslegung sich ihrer 60

Ländern wo keltisches Volk gewohnt, geopfert und gerich tet hat, nichts allzu ungewöhnliches sind .

;

Schottische Westeilande.

466

bemächtigt hat.

Die einen

seinen mächtigen

Jägern und Hunden ,

sehen

darin Fingal,

mit

andere ſchrei

war plöglich verändert, der Wind hatte sich heulend erho ben, das Meer sein dunkelgrünes Kleid angezogen, höher

ben sie Robert Bruce zu, der hier eigenhändig seine Flucht

und höher sprizte der weiße Gischt an den dunklen Trapp

vor den Engländern dargestellt habe ; noch andere glauben.

mauern empor. kaum umwölkt.

fie als Gestalten deuten zu sollen welche vor einem Kreuz ihre Andacht verrichten, und halten dafür daß die ersten geheimen Christen dieser Gegenden in der natürlichen Dom: halle ihren Gottesdienst abhielten.

Noch aber war die Bläue des Horizonts Der Verlauf der Trappgänge hat hier

unfern der Mündung des Torlin Water einen eigenthüm lichen natürlichen Hafen erzeugt. Zwei dieser mächtigen Mauern erstrecken sich, hoch über dem Wasser hervorragend

Von dieser Küste aus zieht fortwährend im Vorder

und unter einander parallel, weit nach Süden in den See

grunde das feltsame Vorgebirge Drummedoon Point den

hinaus, und da wo die östliche endet, erscheint eine dritte

Blick auf sich.

enormer Porphyrsäulen,

schmale Mauer, welche sich in einem rechten Winkel an

welche wie Orgelpfeifen neben einander gefügt find, bilden

seht und fast bis zu der westlichen läuft, so daß eine

in ihrer Vereinigung einen Felsen von beträchtlicher Höhe,

Durchfahrt bleibt, durch welche kleinere Schiffe in das

dessen westlichen Fuß der Ocean bespült.

ruhige Wasserbecken dieses von der Küste und den drei

Lange Reihen

Oben ist das

merkwürdig regelmäßige und malerische Pfeilerbauwerk mit flachem Rasen bedeckt, und von diesem Plateau genießt

Trappgängen gebildeten Vierecks gelangen können .

Als ich

man eine anziehende Fernsicht auf die gegenüberliegende,

vom Sprißschaum durchnäßt auf dieſem ſonderbaren Hafen bauwerk allzu weit umherkletterte, kamen mit einemmal

durch einen Meeresarm getrennte, schmale Halbinsel Can

aus Südwesten schwere schwarze Wolken einhergejagt, welche

Deutlich erblickt man ihren hohen und jähen Absturz

in wenigen Minuten sich ringsum ausbreiteten, und von

im Süden, der wegen seiner Stürme und Wogen von den

dem finstern Himmel prasselte eine wahre Regenfluth herab.

Seefahrern gefürchtete Mull of Cantyre, daneben das kleine Felseneiland Sanda. Abends war nach einem langen

Schwierig war der Rückzug auf dem glatten und schlüpf rigen Steingemäuer, der Schwindel wollte kommen wenn.

Marsch über sumpfige Haide, den ich feuchend unter der Last des gesammelten Pechsteins und Porphyrs zurücklegte,

man in die kochende See hinabschaute, und der heftige

der nach dem Innern der Insel zu im weiten fruchtbaren

auf den Füßen halten konnte.

Thale des Blackwater gelegene Shedog Inn erreicht, eine

als das Wagniß überstanden war, und ich, zwar bis auf

trauliche und vielbietende Herberge, wo gerade vor 61 Jahren

den letzten Faden durchnäßt, das Dach des Lag Jnn ge wonnen hatte, der unfern in einer bebuschten Schlucht des Torlin Water gelegen ist.

thre.

schon der treffliche Necker de Saussure, der Verfaſſer der Voyage en Écosse et aux îles Hébrides, übernachtete. Der folgende Tag brachte einen jener raschen Wetter wechsel wie sie in diesem Inselmeer häufig sind .

Dem

Sturmwind fegte so stark darüber weg, daß man ſich kaum Glücklich pries ich michh

Bis zum Einbruch der Nacht raste der Sturm mit orkanartiger Wuth, aber als ich am folgenden Morgen den

Wege folgend der sich an der Südſtweſtküſte um die Por

Weg längs der Südküste fortseßte, grüßte wieder klarer

phyrmasse Leac a Breac herumbiegt, um dann entlang der

lachender Sonnenschein.

Himmel, rückwärts die prächtig geformten, troß der Klar

Es war ein reizender Gang. Fruchtbar und wohlangebaut ist hier die Gegend, Acker felder, Wiesen und Weiden durchschneidet die Straße, welche bald über ein Plateau läuft, bald die Schluchten der

heit warm angehauchten und schön grünlich braun gefärb ten Bergkolosse der innern Insel, vor mir die weite dunkel.

cascadenreichen Flüßchen hinab- und hinansteigt. Wo sie den Strand begleitet, hängt das Auge des Wanderers

blaue Decke des Oceans, auf welcher die Schaumkämme der kleinen Wellen wie Millionen silberweißer Punkte gliserten.

immer an dem phantastischen zuckerhutförmigen Felsenklog der Insel Ailsa, welche in einer Entfernung von 15 engl.

An der Südküste folgt ein moosbedecktes Gehöft dem andern.

Meilen

Südküste einherzuziehen, war unfern der Mündung des Blackwater das Meer wieder erreicht. Kein Wölkchen am

Der Küstensaum besteht hier auch aus Sandstein, dem sich aber gleich nach dem Innern zu Trapp und Porphyrmaſſen auflagern, die Haide und Torf tragen.

Mittags gieng ich

am Strand entlang um die Trappgänge zu verfolgen, die hier in unerwarteter Anzahl zu sehen sind. Härter

ganz vereinsamt draußen in der See liegt, 1100 Fuß hoch und spit und so steil, daß Landen und

Beſteigen nur an einer Stelle möglich ist . Einem jener vulcanischen Regelberge ähnlich, wie sie im stillen Ocean zerstreut sind, scheint sie der oberste Gipfel eines un geheuern Piks ,

der theilweise über den Waſſerſpiegel Von der Steilheit kann man sich einen Be

als der umgebende Sandstein halten sie Stand, wenn der

hervorragt.

selbe um sie her weggewaschen wird, und erscheinen als

griff machen, wenn man bedenkt daß bei jener Höhe ihre eiförmige Baſis in der längsten Diagonale nur 3300 ′,

schwarze Mauern, welche aus rohen horizontal übereinander gepackten Säulen bestehen und zu Hunderten weit in die See hinauslaufen .

Durch die ewige Brandung sind sie faſt

spiegelglatt geschliffen, und vortrefflich sticht ihre pechſchwarze Farbe gegen den vom feuchten Wellendunst lebhaft gerö theten Sandstein ab.

Die bis dahin freundliche Scene

in der kürzesten nur 2200 ′ mißt .

Daber ist ihr Geſtein

zum Theil in Säulen abgesondert, denen Macculloch eine Länge von 400' zuschreibt. Diese riesenhafte Hochwarte dient den von Glasgow nach Belfast in Irland fahrenden Dampfern zum Merkzeichen daß gerade die Hälfte des Wegs

Die materielle Lage in den Vereinigten Staaten.

zurückgelegt ist.

In der Nähe des Vorgebirges Bennan

467

der Mond aufgieng, der fast goldfarbig über ihrem zackigen

Head kam die hart an der südlichen Küste von Arran ge

Rücken her sein Spiegelbild in das stille Wasser der Bucht

legene kleine Insel Pladda zum Vorschein und der malerisch

warf, und lange noch glitt mein Kahn ruhig einher in den freundlichen Strahlen .

am Strande stehende viereckige Ruinenthurm Kildonan Castle. Pladda hat flache Küsten, obenauf liegt eine säulen, förmig gegliederte schwere Trappdecke, an dem südlichsten Ende blinkt ein hoher weißer Leuchtthurm. Dippin Point ist die südöstlichste Epiße von Arran. Hier, wo auf einem kleinen Vorsprung mitten in wohlge

Die materielle Lage in den Vereinigten Staaten.

pflegten Wiesengründen und Parkanlagen ein Jagdhaus

Ueber die gegenwärtige Lage der Vereinigten Staaten

des Herzogs der Insel steht, schwenkt sich der Weg um eine Trappmasse nach Norden herum, und plößlich eröffnet

erhalten wir in dem leßten Berichte des Hrn. , Wells sehr anziehende Fingerzeige ――――― einem Berichte, der, gleich den früheren, eine tüchtige Arbeit ist, und eine Menge anre:

sich von der Höhe eine wunderbare Sicht auf die südliche Ostküste von Arran. Der leicht geschwungene Bogen der Whiting Bay läßt den ganzen Strand bis fast nach Lam lash überschauen, zu dem sich ein grüner Abhang mit un zähligen Landhäuschen und größern Gehöften niederſenkt, zu Füßen ein herrliches tiefblaues Meer, dann ein schmaler weißglänzender Schaumstreifen, dann die rothe Sandstein küſte, aus der hier abermals die schwarzen zackigen Trapp mauern in unendlicher Zahl oft 20′ hoch hervorragen. Geradaus liegt vor der Bucht von Lamlaſh die steile Holy Isle mit ihren schroffen schrundenreichen Abhängen und kühnen Felsformen, so zauberisch und farbenprächtig, daß schöner nicht Capri aus dem Golf von Neapel hervortaucht. Links schaut über das Hügelland die luftige Pyramide des

gender Zahlen darbietet, aus denen sich zunächst ergibt daß nicht alle Arten der Production ſich vermindert haben. Es ist auch kein Grund vorhanden warum dieß ſelbſt unter einem Regime stattfinden sollte welches die Induſtrie hemmt, und den Arbeiter hindert das ihm übrig gebliebene Ein kommen aufs vortheilhafteste zu verbrauchen.

können, gerade wie es unter dem natürlichen System der Fall wäre. Demgemäß finden wir eine Reihe von That sachen wie diese : Baumwollspindeln im Jahr 1860 1868 " " " Zunahme

Goatfell herüber, der Herr und Meister der andern Granit kegel seiner Nachbarschaft. Die blaue Bucht von Lamlash, welche ein Kranz schmucker

Villen umgibt, kann mit der von Brodick fühnlich um den Preis der Schönheit streiten. Diese hat den Goatfell ganz nahe, jene aber erhält durch den noch effectvollern Felskoloß der heiligen Insel einen unvergleichlichen Hintergrund. Er schließt ihren Halbkreis zum größten Theil zu einem der vorzüglichsten und geräumigsten Häfen Großbritanniens ab, der, mit einem zwiefachen Eingang versehen und überaus tief, ganze Flotten aufnehmen kann.

Der haidebewachsene Inselfelsen ist über 1000 Fuß hoch, und besaß in alten Tagen eine weit berühmte Kathedrale, welche von St. Molios, einem Sendboten des caledonischen Apostels Columba von

Die Leute

müſſen leben, und so arbeiten sie mit ihren gebundenen Händen, so gut sie es unter dem künstlichen System thun

5,235,000 7,000,000 1,765,000

Oder 31.8 Procent im Gebiete der Baumwollfabrication. Ferner:

Erzeugung an Roheisen 1863 1868 " "

Tonnen. 947,000 1,550,0 0 Zunahme 603,000

Oder eine durchschnittliche jährliche Vermehrung um 8.35 Proc. Die Förderung von Anthracitkohle hat sich von 7,499,000 Tonnen im Jahr 1862 auf 13,500,000 Tonnen , oder mehr, im Jahr 1868 gehoben. Aehnliche Thatsachen gibt es in Betreff anderer Artikel. Die Zahlen in Bezug auf die Ackerbau- Producte ― den Stapelartikel des Landes - ſind natürlich höchſt auffallend. Leider wird in dem Bericht die im Anbau befindliche Ackerfläche nicht er

Jona, gegründet worden sein soll ; an der Küste zeigt man eine Höhle als Wohnstätte und darin eine Vertiefung im Fels

wähnt, sondern nur der Ertrag an Cerealien , der sich im

als Bett des heiligen Mannes, welcher später an den Loch Ranza übersiedelte und dort starb. Lamlash selbst, kaum Stunden von Brodick entfernt, ist ein stattlicher Fischer 1

Jahr 1865 auf 107,000,000, und im Jahr 1868 auf 141,000,000 Bushels belief ; der Ertrag des Maiſes erhob sich stätig im Verhältniß von 3 Proc. jährlich, und wird

ort, und entfaltet im Sommer ein regeres Leben durch die Frauen und Kinder der Glasgower Kaufleute, welche hier

jezt, da er 1859 in runder Zahl 830,000,000 Buſhels betrug, sich auf 1100,000,000 Bushels belaufen ; die Zahl

billiger als in einem Seebad einige Wochen oder Monate zubringen, und von ihren Gatten und Vätern leicht besucht

der im Westen geschlachteten Schweine betrug in den Jahren 1865-66 1,705,000 , und 2,781,000 in den Jahren 1867-68 . Alles dieß mag die Größe der natürlichen

werden können .

So primitiv diese Fremdenbeherbergung

auch fürs erste noch ist, so sind doch die obligaten Strand promenaden mit Schauſtellung modischer Trachten in ihren Rudimenten schon vorhanden. Köstlich war der Abend in Lamlash, als am klaren Himmel rechts von der Holy Isle

Vortheile andeuten welche die Amerikaner zu neutralisiren wußten, und welchen wir die Einwanderung von einer Million Menschen aus Europa seit 1865 beifügen, die ihre industrielle Kraft vermehrten. Von ähnlicher Natur ist

Die materielle Lage in den Bereinigten Staaten.

468

die Thatsache daß seit 1865, und mit Einschluß dieses

Während indeß die Lohn- Erhöhungen in einigen Fällen,

Jahrs, nahezu 8000 engl. Meilen Eisenbahnen gebaut worden sind ――― die Zahl der jährlich gebauten stieg von

wie z . B. in der Flintglas-Fabrication, um 80-100 und selbst 112 Proc. höher geworden, gibt es eine Menge Fälle

1277 im Jahr 1865 auf 2500 Meilen im verflossenen Jahr.

wo sie nur um weniger als 40 Proc. stiegen, was nicht so viel ist als die Entwerthung des Geldumlaufs betrug, jo daß der wirkliche Geldlohn sich verminderte. Diese Un

Gleichzeitig muß bemerkt werden

daß die Zahlen

unvollständig sind, und daß es einige Fälle vermin.. derter Production gibt.

gleichheiten beweisen daß ein nicht geringer Druck auf allen denen ruht welche einen weniger als durchschnittlichen Ver

Ackerfläche ist ein ernstes Versehen, und eine derartige Angabe sollte wo möglich nachgetragen werden und

dienst haben.

alle wichtigen Ernte- Erträge einschließen. Der einheimische Verbrauch an Baumwolle und Wolle hätte eben so gut

preise brauchen wir, um eine klare Anschauung zu erhal ten, nur einen Blick auf die folgende Tabelle zu werfen,

aufgeführt werden sollen, wie die Werthe des verarbeiteten

die wir aus einer von Hrn. Wells in einem Anhang mit getheilten größeren abgekürzt hier wiedergeben wollen ; sie enthält die durchschnittlichen Detailpreise in Maine,

Rohstoffs und des firirten Capitals , und die Vergleichung hätte auch die Zwischenjahre wie 1860 und 1868 zu umfaſſen gehabt, um zu zeigen ob seit dem Krieg ein größerer Fort schritt eingetreten ist.

In einigen Fällen, wo wir die

In Bezug auf das Steigen der Waaren

New Hampshire und Vermont, Massachusetts , Rhode Is land, Connecticut, New-York, Pennsylvania, New-Jersey und Delaware :

Zahlen nicht wiederholt haben, beziehen ſie ſich nur auf einige wenige Staaten, so z. B. in der Wollenfabrication. Der Tabak ist das hervorragendste wirklich gegebene Bei spiel verminderter Erzeugung. Erzeugung im Jahr 1866 " " " 1867

Allgemeiner Durchſchnitt 1860-61 1867-68

Die Zahlen sind folgende : 325,000,000 Bfd. 250,000,000 "

während für 1868 keine Schäßung vorliegt.

Die Zahl

vor dem Kriege war zweimal so groß als die leßtere Summe. Baumwolle bleibt stationär auf 2,500,000 Ballen, oder etwas mehr oder weniger, d. h. der Ertrag ist etwa die Hälfte desjenigen vor 1860, und es bleibt mindestens zweifelhaft ob das Jahr 1868 das Jahr 1867 um 200,000 Ballen übertroffen hat, wie die von Hrn. Wells mitge: theilte amtliche Schäßung ergeben könnte.

Der Fort

schritt der Einwanderung wird wiederum

nicht durch

Zahlen gezeigt, aber wir wissen thatsächlich aus anderer Quelle daß im letzten Jahr eine beträchtliche Abnahme ein getreten ist wwwxx die Zahl der durch New-York Wandernden betrug nämlich 213,000, gegen 242,000 im Jahr 1867. Allein es unterliegt keinem Zweifel daß die amerikani sche Industrie leidet, und der Wohlstand des Volkes ge ringer ist.

Waaren

Procentfaß ter Zu nabme



Die Nichtangabe der bebauten

Der auffallendste Beweis hievon im vorliegen

Doll. C. Mehl, weißes, super feines, per Bushel ditto per Pfund Ochsenfleisch, frisch, Bratenstücke Eingesalzenes Kalbfleisch Schaffleisch Schweinefleisch, frisch Schinken Butter Käse Kartoffeln per Buſh. Thee, per Pfund Kaffee, geröstet Zucker, gut braun Brennstoff, Steinkoh len per Tonne Schwere Mannsſtie fel, das Paar Wohnungen zu vier Zimmern, monatl. ditto für 6 Zimmer Kosttisch für Männer wöchentlich ditto für Frauen

Doll. C.

14. 55 7. 48 3.99 7.71

11.46 8.46 8. 6 8. 2 9.54 10.28 19. 7 11.38 55.34 67.72 18.26 8.34

Preise im S 1867 auf den Goldwerth zu» rückgeführt

Coll. Cents 94.53 10. 39 93.21 5.51

22.66 97.73 15.95 109. 6 14.54 80.41 14.59 81.92 16.79 76.10 17.63 71.53 37.73 91.48 19.61 72.27 98.94 78.79 1. 34.88 99.19 38.67 111.74 14.65 75.67

16.19 11. 4 10. 4 10.42 12. 12. 6 26.95 14. 70.67 96.34 27.62 10.46

5. 58

8. 11

45.53

5. 80

3. 30

5.31

60.61

3. 79

4. 44 6. 2

7. 39 9.83

66.31 63.32

5. 28 7. 2

2.75 1. 86

4. 69 3.38

70.63 81.47

3. 85 2. 41

den Bericht, der durch alle Nachrichten aus Amerika Bestä tigung findet, ist das eingetretene allgemeine Sinken der wirklichen Löhne des amerikanischen Arbeiters. Von 1860

Es ist kaum nöthig, wie Hr. Wells thut, Zahlen gleich diesen mit Tabellen zu ergänzen welche die nothwendigen

an hat sich überall eine starke Erhöhung der Preise gezeigt,

Ausgaben typischer Familien im letzten Jahr zeigen , ver glichen mit dem was im Jahr 1860 war ; da dieß dem

der Preis für die Arbeit aber ist nicht gestiegen im Verhältniß zu dem Preise der Lebensbedürfnisse der rbeiter. Das Durchschnittsergebniß der Nachforschungen des Hrn. Wells ist daß sich die Löhne für minder geschickte Arbeiter zwischen 1860 und 1867 um 50 Proc. erhöhten, diejenigen für ge schickte um 60 Proc.; gleichzeitig sind auch die Waaren im Preise gestiegen: Specereiwaaren und Lebensmittel um Häusliche trockene Waaren , mit Ein schluß der Kleidung um Brennmaterial um Hauszins um

83 Proc. 862 " 57 " 65 "

Verfaſſer aber offenbar ziemlich viel Mühe gekostet hat, so mögen die Hauptergebnisse hier angeführt werden. Wäh rend der mittlere Arbeiter in den Jahren 1867-68 bei einem Verdienst von 9 D. 54. C. wöchentlich den ganzen Lohn für Lebensbedürfnisse brauchte, war er in den Jahren 1860-61 im Stande mit einem Wochenverdienſt von 6 D. 4 C. eben so viel zu bekommen, und noch einen halben. Dollar zu ersparen. Auf dieselbe Weise konnte sich der mittlere geschickte Arbeiter, welcher im Jahr 1867 seinen

1 Berechnet zu 1 Doll . 40 Cents.

Zu Fuß nach Brasilien.

469

ganzen Lohn von 18 Doll . 96 C. verbrauchen mußte, mit

Capitals in einem Lande vermindern , was aber in Ame:

12 D. 16 C. im Jahr 1860 ebensoviel anschaffen und noch

rika nicht sehr gefühlt werden sollte, da es so viele fremde Einwanderer erhält, und eine so natürliche Anziehungs fraft für fremdes Capital besit. Echlecht vertheilte

1 D. 31 C. ersparen. Vergleichen wir hiemit einige An gaben in einer neueren Nummer der New York Times, so finden wir daß drei Fünftel der beschäftigten geschickten

Steuern sind etwas ganz anderes, und in dem Tarif

Arbeiter in New-York keine Löhne erhalten von denen ſie anständig leben könnten, und daß Tausende unbeschäf

müſſen wir die Hauptursache des fortdauernden Drucks erkennen, obgleid die Capital-Vernichtung während des

Hr. Wells macht in je

Kriegs wohl viel dazu beigetragen hat diesen Druck her

tigter Arbeiter vorhanden sind.

nem Theil seines Berichts die Bemerkung : daß während der lezten paar Jahre geschickte Arbeiter, welche Amerika

vorzurufen.

besucht haben um zu sehen ob sie sich mit Vortheil dort

ren, die sonst eingeführt worden wären, durch denselben

niederlaſſen könnten, getäuscht nach Europa zurückkehrten . Wir glauben nicht daß zu irgend einer Zeit ein neues Land die beste Heimath für geschickte Arbeit sei ; daß aber

ausgeschlossen bleiben, muß äquivalent sein der Vernichtung so vielen Capitals, und zwar an den vitalsten Punkten in dem Haushalt der Nation . Ein Tarif wie der amerika

Amerika unter dem gegenwärtigen System für solche Ar beiter sich durchaus nicht eignet, ist klar.

nische erhöht den Preis der betroffenen Waaren, d. h. den Preis von beinahe ailem, mit Ausnahme der Rohproducte

In einer wichtigen Hinsicht ist der Bericht mangelhaft, nämlich in der Angabe der Lage des amerikanischen Volks . Er handelt fast ausschließlich von den östlichen und den

des Landes selbst, und das Capital, welches ſonſt hinge:

fabricirenden Staaten, und zeigt die Lage der in Fabriken arbeitenden Classen ; die Masse des amerikanischen Volks

im allgemeinen sein mag, das System muß offenbar sowohl

aber gehört nicht zu den Fabrikarbeitern ; am liebsten wäre es uns daher gewesen wenn wir, statt der Wirkung auf

vermindern.

die geringere Classe, erfahren hätten welchen Einfluß die

effective Begehr für die National-Erzeugnisse sich vermin dert. (Economiſt. )

Verhältnisse auf die Maſſe ausübten. Denn die fabrici renden Classen würden unter einem angeblich zu ihrem Schutz bestimmten System wohl kaum die ersten gewesen.

Die Wirkung eines hohen Tarifs, wenn fremde Waa

reicht hätte für die Geschäfte des Landes, ist auf einmal unzureichend.

Was immer die wahre Wirkung auf Preise

den Gewinn des Capitaliſten als die Löhne des Arbeiters Gleichzeitig wird alles für den Consumenten

wie für den Producenten theurer gemacht, so daß der

sein welche litten, woraus wir schließen können daß ihre Verarmung nur der Wiederschein der Verarmung der Maſſe iſt. Der Bericht des Hrn . Wells liefert eine Menge Be

Bu

weisgründe für die Ursachen dieſes Unheils, und weist auf die folgenden hin : 1 ) eine unumwandelbare und ent

örtliche Steuern auf Fabricate und den Geschäftsgewinn. Die ersten beiden und die letzten halten wir für die min Unumwandelbares Papiergeld ist ohne dest wichtigen. Zweifel ein Uebel von bedeutender Größe, indem es den Gewerbsleiß durch die Ungewißheit der Verträge lähmt, den Credit schwächt und die Preise erhöht, kann aber das Steigen der Preise, das wir geschildert, nicht verursacht Der Maßstab der Wirkung einer Papier-Währung

haben.

auf die Preise ist ihre Entwerthung im Vergleich mit Gold das Steigen in Amerika 40 Proc. oder weniger -

nach

Brasilien.

Bon Karl Ferd. Appun .. 2.

werthete Papier- Währung ; 2) übermäßige Besteuerung ; 3) ein Schußtarif auf Einfuhren mit durchschnittlich 48 Proc. ad valorem, im Minimum 10 ―― 20 Proc ; 4)

Fuß

Von Rupununi nach dem Takutú.

Der Weg von der Atorai.Niederlassung Yakutu am Rupununi zu dem brasilianischen Grenzfluß Takutú führt über die ebene Savane, längs des kleinen an den Ufern mit Mauritia Palmen beseßten Flüßchens Yakutu, nachdem eine Stunde entfernten Flusse Sawara- aúru,

der seinen

Namen von der großen Menge der stacheligen Sawara, Palmen (Astrocarpum Jauari) hat, die an seinen Ufern wachsen, dessen indianischem Namen Sawara das Wort aúru (Fluß) zu näherer Bezeichnung beigefügt ist. Zur Rechten begrenzen die Hügel des Mawunna- me 1 ketsiba die Savane, und verhindern den von dem nahen Siriri Gebirge kommenden Sawara-aúru in den Rupununi

der Preise indeß beträgt in fast allen Dingen, mit Ausnahme Was die Besteuerung be der Löhne, 80 oder 90 Proc.

sich zu ergießen, der, von Süden kommend, nunmehr eine

trifft, so zweifeln wir ob der Betrag der Besteuerung in den Vereinigten Staaten - geringer jet als er es in England ist -- in Wirklichkeit viel größer sei als er unter

Rupununi nach dem Amazonas bildet, die nur durch einen

einem geeigneten System mit Leichtigkeit getragen werden könnte. Hohe Steuern können so umgelegt werden daß

dieß die Portage 2 von Parauku am Rupununi, die bereits

sie die Productionskosten nicht vermehren ; wenn ſie auf das Einkommen fallen , können sie die Anhäufung des

1 Augenhügel in der Sprache der Wapiſchiannas. 2 Genauere Notizen über die „ Portagen “ zwischen den Fluß gebieten des Effequibo und des Amazonas, wie über El Dorado.

Richtung nach N.W. einschlägt und in den Takutú mün det, wodurch er eine Wasserstraße vom Essequibo durch den

Tragplay von drei Wegstunden unterbrochen ist.

Es ist

Zu Fuß nach Braſilien.

470

1739 von dem durch seine Reisen in Guayana bekannten Chirurgen Hortsmann und später von Antonio Santos auf

ihre grauen, überaus stacheligen, dicht aneinander stehenden Stämme und die Menge ihrer graugrünen ebenfalls ſtache:

seiner Tour von Angostura nach Pará benußt wurde.

ligen Wedel sehen diese Palmen dem Reisenden oft große

Humboldts Bemerkung daß dieser Tragplay mehrere

Hindernisse entgegen.

Nicht allein daß man viel Vorsicht

Tage zum Ueberholen der Boote in Anspruch nimmt, ist nicht richtig, ich habe ihn mehrmals auf meinen Touren

und Mühe nöthig hat um durch das von ihnen gebildete

von Guayana nach Brasilien benut, und die Indianer

wedel zu dringen, durchziehen sie auch öfters das Bett der

Gebüsch und ihre am Boden liegenden vertrockneten Stachel

brachten die Boote zur trockenen Zeit innerhalb 6 Stunden

kleineren Flüſſe, oder reichen vom Ufer aus so tief in das

über die hügelige Savane vom Rupununi nach dem Sa wara-aúru ; in der Regenzeit, wo die niedriger gelegene Savane überschwemmt ist, in noch kürzerer Zeit.

selbe hinein, daß sie die Bootfahrt ungemein erschweren, und die Fahrzeuge kaum eine geeignete Stelle finden um

Schöne Astrocarpum Tucuma, mit dick aufgeschwolle

durch diese stacheligen Palissaden hindurchzuschlüpfen . Am unangenehmsten ist es wenn bei dem bedenklichen Hinab

nen, grauen, stacheligen Stämmen und langen fein gefie:

fahren über einen Wasserfall im Boote dergleichen Palmen

derten Wedelkronen erheben sich am Fuße der Hügel über

am Fuße des Falles aus dem Wasser sich erheben, und

die krüppelhaften Curatella-Bäume der Savane, und weiter:

wenn dann beim Hinabschießen durch die dicht über dem

hin zieht ein schönes Wäldchen von echt tropischer Vege

Wasser hängenden stacheligen Wedelkronen die im

tation , durch die kurzstämmigen mit langen vollen Wedel kronen geschmückten Elaeis melanococca und uranien:

Sizenden aufs empfindlichste verlegt werden .

blättrigen Ravenala guianensis gebildet, ſich dahin.

henden dünnſtämmigen Bäumen, die durch ein fabelhaftes

In der Nähe des Flusses beginnt der Weg über die Savane für den Wanderer beschwerlich zu werden. Das

Gewirr von Schlingpflanzen mit einander verbunden waren .

Terrain ist im höchsten Grade holperig, kleine Gräben, durch das Uebertreten des Flusses in der Regenzeit ver

Boote

Der Wald des jenseitigen Ufers bestand aus dicht ste:

Nirgends wohl zeigen sich lettere maſſenhafter, und machen den Wald undurchdringlicher, als in den nur in den großen Savanen des Innern vorkommenden niedrigen, sogenann

ursacht, durchziehen in Unmaſſe das lehmige Erdreich, und bilden Tausende von üppigem Graswuchs verdeckte Minia.

ten

trockenen " Waldungen, welche die Brasilianer „ Catin

turhügel, welche den darüber hinstolpernden Fußgänger ungemein ermüden . Wohl eine halbe Stunde dauerte es

Vegetation von den feuchten Urwäldern sich unterſcheiden. Den Boden desselben bedeckt, anstatt der in letteren

bis diese Geduldprobe überstanden und das Ufer des Fluſſes erreicht war. Der Sawara-aúru, hier nicht breiter als

vorherrschenden Scitamineen, Farn und Aroideen, eine dor:

40 Fuß, war fast gänzlich ausgetrocknet, und nur einzelne

Bambusen und candelaberförmiger Cacteen, während die

gas “ nennen, und die durch eine weniger üppige, ſaftige

nige Vegetation

graugrüner Bromeliaceen,

gewundener

mit Characeen durchzogene Lachen befanden sich in dem

höheren Bäume, von denen einige in der trockenen Jahres

von hohen rothen Lehmufern begrenzten Flußbette.

zeit ihr Laub abwerfen, meiſtentheils in Mimosen, Euge

Eine 4 Fuß lange Wasserschlange, die eben im Begriff war in eine der Lachen sich zu begeben, wurde sofort ge

nien, Malpighiaceen, Cassien u . s. w. bestehen, mit dürr aussehenden Sträuchern der Lantanen und Palicoureen

tödtet. Sie ahnelte im Aeußeren durch den kurz abgeſeß ten hundsähnlichen Kopf, den dicken Körper, an dem ein

mocus und windende Mimosen ( Endata polystachya, My

kurzer dünner Schwanz hängt, ungemein einer Giftschlange ;

riadenia und scandens) sich ziehen, und an den Baum ästen emporklettern.

untermischt, über welche schneidende Scleria, stachelige Des

es war jedoch die unschädliche Homalopsis angulata Schl . , Mit vieler Mühe brachen wir uns Bahn durch das deren mennigrothe Färbung mit brauner Zeichnung ſie recht interessant macht. Ich habe sie nur noch einmal, und . zwar im Membarou-Creek am oberen Massaruni in der

dicht verschlungene pfadlose Pflanzendickicht, in welchem, außer dem sonderbaren schmetternden Pfeifen des Pai

Nähe des Roraima, angetroffen, wo sie auf dem über das Waſſer ragenden Ast eines Baumes lag und durch einen

paischo

Schuß herabgebracht wurde.

nen Stündchen anstrengender Wanderung wiederum in die freie Savane, aus der in der Nähe das durch Form und

Dichte Gruppen

(Lipangus cineraceus Cab.) nicht eine andere

Thierstimme sich hören ließ, und gelangten, nach einem klei

der Sawara Palme ſtanden an dem

Ufer des Flusses und erschwerten das Eindringen in den Wald, der am jenseitigen Ufer weit sich dahin zog.

Höhe imponirende Siriri Gebirge sich erhob. Der Pflanzenwuchs der Savane war, soweit das Auge

Durch

den goldenen Herrn und den fabelhaften Parime See, welche leytere beide bald hierher nach der Südseite des Canucu-Gebir ges, bald auf die Serra da Carauma am linken Ufer des Rio Branco (Uraricoeira oder Parime), bald nach Pirava an den fälschlich so genannten Amucu - See verlegt worden sind – Pläge die ich sämmtlich mehrfach besucht habe -— werde ich in meinem demnächst erscheinenden Reisewerk geben.

reichte, von den Indianern kurz zuvor niedergebrannt wor den, und gewährte mit seiner geschwärzten Färbung einen wenig erfreulichen Anblick. Nur unweit des Fußes des Siriri tauchte ein weißer Fleck aus der traurigen Umge bung auf, eine Unmasse frisch geschlagener Quarzkieſel, welche die Wapischiannas oder Tarumas ausgebeutet hatten. um die kleinen scharfen Steinsplitter zu gewinnen mit

Zu Fuß nach Brasilien.

denen sie die Reibeiſen verfertigen, auf welchen sie die Wurzeln der Caſſade-Pflanze schaben . Der 3500 Fuß hohe Siriri erhebt sich unmittelbar aus der ebenen Savane, und erscheint deßhalb von weit bedeuten derer Höhe : er bildet drei tief eingeſchnittene koniſche Gipfel, deren dunkelgrüne Waldung hier und da von düsteren, gigan tischen, abgerundeten Granitmassen unterbrochen wird, die mit ihren reichen Glimmertheilen die Sonnenstrahlen in weiteste Ferne zurückwerfen. Vom Fuße des Berges, der im Westen plößlich steil aufsteigt, während er im Osten allmählich nach der Savane

471

desselben zu rechnen. Mein irischer Diener begann zu schimpfen, erst mit leisen, dann mit lauten Verwün schungen, welche bald in die kräftigsten Ausdrücke über gingen. Troßdem daß er seine Schuhe bereits Tage lang vor der Reise eingeschmiert und mit allen möglichen Schuß mitteln, die ihm aus seiner früheren ostindischen Soldaten laufbahn noch erinnerlich waren, versehen hatte, begannen sie doch den Füßen wunde Stellen zu verursuchen, so daß er sie auszog und barfuß zu laufen, versuchte. Doch die Ungewohnheit und die stacheligen Strünke des Päpalanthus vereitelten diese Art des Vorwärtskommene .

ſich ſenkt, bis in die ungefähre Höhe von 1000 ′ breitet dichter Wald sich aus, der dann höher hinauf den erwähn

Es war ein Glück für ihn daß jeder Indianer mit einem

ten glatten riesigen Felsmassen immer mehr und mehr Plaß macht.

Paar derselben anlegen konnte, wodurch er für den Augen.

doppelten Paar Sandalen versehen war, so daß er ein

blick einige Erleichterung im Gehen verspürte. Die Indianer der Savanen (nicht des Urwaldes)

Von dem Siriri, im Nordost, erhebt sich in Form eines gigantischen Zuckerhutes der 3000' hohe Dlucupan, 1 eben

tragen zum Schuß ihrer Füße gegen die scharfen Kiesel

falls mit dichter Waldung bewachsen, aus welcher nur an

auf den schmalen Pfaden, sowie gegen die stacheligen Päpa

der schön abgerundeten Kuppe schwarze Felsmassen zu Tage

lanthusstrünke, selbst auf den kleinen Ausflügen in der Savane, diese aus dem unteren breiten Blattſtielende der

treten. Das Siriri- Gebirge birgt für den Pflanzenfreund einen ganz besondern Schaß in den kleinen Gebüschen wild wachsender Bananen (Musa sapientum), die an feuchten

Mauritia flexuosa geſchnittenen Sandalen, welche ungemein leicht und elastisch sind, freilich aber in der kurzen Zeit

Plähen der am Fuße desselben befindlichen Waldung vor

von einigen Tagen sich völlig abnüßen .

kommen.

sehr bald bei der ersten besten Mauritia wieder ersetzt, und

Diese Bananen erreichen eine Höhe von 40-50',

Sie sind indeß

bei einer Stammdicke von 4 ′ , und tragen eine reiche Krone ko

in

lossaler, an Größe bei weitem die angepflanzten Musa - Arten

Schnüre zur Befestigung an den Füßen werden aus der

einem Zeitraum von

10 Minuten hergestellt.

Die

übertreffender Blätter. An ihren langen mit wenig Früchten

feinen zähen Epidermis der noch unentfalteten Wedel der

behangenen Fruchtbüscheln befinden sich sehr große rund

selben Palme gedreht, und so ist ein einziger Fächerwedel

liche Früchte, die jedoch nicht einen einzigen Samen ent: Ich habe diese wilde Muſa in britiſch Guayana

der Mauritia hinreichend dem Indianer die Fußbekleidung zu liefern. Mitunter auch fertigen ſie ihre Sandalen aus

nur noch an dem in Formation und Vegetation dem Siriri völlig ähnlichen 1000' hohen Berge Vivi, zwischen dem Rupununi und dem Quitaro, sowie an einer Stelle des

welche natürlich bei weitem dauerhafter sind. Troß der 1 Weiche der Jtapalmen Schnüre, welche zur Festhaltung der

halten.

Roraima Gebirges angetroffen.

Daß sie nicht von Men

der dicken frischen Haut des Maipuri (Tapirus americanus),

schenhand gepflanzt sind, beweist, außer den Versicherungen

Sandalen am Fuße zwischen der großen Zehe hindurchge zogen werden, schneiden sie den Ungewohnten doch tief in

der Indianer, ihr Auftreten im dichten Walde, deſſen Vege tation nicht im entferntesten auf frühere menschliche An

das Fleisch, und verursachen bei jedem Schritte die hef tigsten Schmerzen, so daß mein Jre schnell wieder seinen

siedelung deutet.

Schatz von Flüchen entfaltete.

Erst nachdem er meinen

Wir gingen dicht am Fuße des Eiriri vorbei, stunden

Rath befolgt hatte, die Sandalen in einer weniger schmerz

lang über die öde traurige Savane, die nur noch einiges Pflanzenleben in den kopfförmigen, erst nach dem Feuer

vollen Weise an die Füße zu befestigen, verstummten ſeine Klagen.

frisch ausgetriebenen, Blüthen des Paepalanthus capillaceus und in den gelben zur Erde liegenden Blüthentrauben der Byrsonima verbascifolia aufwies. Weite Strecken der völlig schattenlosen Savane waren mit den melonencactus

Die Savane begann jest hügeliger zu werden, und bald zeigte sich zur großen Freude aller in der Entfernung

ähnlichen Strünken dieses Päpalanthus dicht bewachsen und machten das Ueberschreiten derselben, verbunden mit der

drückenden Sonnenhiße vorwärts, und bald war das Ziel

Weit und

troh der dürren Jahreszeit im saftigsten Grün prangten ; eine üppig wuchernde hellgrüne Grasfläche, einer deutschen Wiese täuschend ähnlich, die sich vor dem Wald ausbrei

drückendsten Sonnenhiße, ungemein anstrengend.

breit war nicht ein Tropfen Wasser aufzutreiben um den heftigen Durst der mich quälte zu löschen , erst nach Erreichung des Nachtquartiers war auf die Befriedigung

ein dunkler Wald , in welchem denn doch etwas Schatten. zu hoffen war. Mit frischem Muthe ging es in der

erreicht.

tete ,

Er bestand meist aus herrlichen Mimoſen, die

gewährte einen lieblichen Anblick.

Pinien gleich

streckten die Mimosen ihre grauen Aeste in schönen Krüm 1 Schomburgt, der diese Berge auf seiner Fahrt den Rupu nuni aufwärts nur von weiter Ferne gesehen hat, nennt ihn irrig Dochlopan .

1 Die Mauritia flexuosa wird von den Engländern Ita-palm genannt.

Zu Fuß nach Braſilien.

472

mungen fast wagerecht aus, und bildeten ein schirmartiges Laubdach, welches wegen seiner feingefiederten Belaubung in der Entfernung viel Aehnlichkeit mit Nadelholz zeigte.

ich sofort mit einem Zündhölzchen das dürre Gras in Brand steckte. Im Nu schlug die Flamme an den Baumen empor, ergriff aber auch das mannshohe dichtstehende Gras um

Die sumpfige Beschaffenheit des Bodens umher war die Ursache des saftigen Grüns, das zu der schwarzen Fär

uns her, und jagte unsere ganze Gesellschaft in die eiligste

bung der abgebrannten Savane einen so scharfen Gegensat bildete.

Flucht. Durch den Fluß konnten wir wegen des brennen den Schneidegrases nicht dringen, und waren gezwungen

Von dichtem Schatten war indeß in dem Mimosen

nach der steilen Anhöhe im Eilschritt zurückzulaufen, um

wäldchen wenig die Rede, da die Sonne durch die zarte

uns vor dem mit Bligesschnelle im dürren Gras um ſich greifenden Feuer zu retten . Erst als wir alle ſicher, aber

Belaubung leicht hindurchdrang, jedoch eine kurze Raſt in demselben immer noch angenehmer als wenn sie in der

athemlos, auf der Anhöhe standen, brachen die Indianer nach

schattenlosen Savane stattgefunden hätte. Das Löschen des brennenden Durstes aber konnte trotz des feuchten

ihrer Gewohnheit in ein langes, kaum endendes Gelächter

Bodens hier ebenso wenig geschehen, und so sezten wir unseren Marsch bald wieder fort, nachdem wir zur Stär

Es ist völlig irrig den Indianer als einen ungewöhnlich ernſten Menschen sich zu denken, im Gegentheil neigt er,

kung einige Stücke harten, trockenen Caſſade:Brodes hinun

wenn er unter seines

tergewürgt hatten, was bei der ausgetrockneten Kehle große

Bekannten ist, ungemein zum Frohsinn hin , singt, lacht und scherzt, legteres oft in recht sarkastischer Weise,

Schwierigkeiten verursachte. Das Wäldchen war von nur weni • gen Schlingpflanzen durchzogen, und ebenso wenig standen die Bäume dicht beisammen, so daß dem Durchschreiten des selben nicht das geringste Hinderniß sich entgegenſtellte ; leider war es bald zu Ende, und die weite Savane lag wiederum in ihrer braunrothen und schwarzen Färbung vor uns. Den Ausgang des lieblichen Waldes bildeten Gruppen prächtig grüner Tibouchina aspera Aub . in leuchtend carminrother Blüthenpracht und in üppiger Fülle pran

über den bestandenen Schrecken aus.

gleichen

oder unter ihm genau

so daß man, besonders auf Reisen und bei Trinkgelagen, kaum noch denselben Mann wieder erkennt mit dem man bei dem ersten Zusammentreffen zu thun hatte. So sind mir die Indianer Guayana's und Brasiliens stets erschie nen, mit denen ich während meines 9jährigen Aufenthaltes unter ihnen so genau bekannt wurde, daß sie vor mir sich ungezwungen in ihrem wahren Charakter zeigten .

Gegen

über ihnen völlig Unbekannten, besonders Weißen, und auf fremdem Grund und Boden, wie z. B. bei ihren Beſuchen in den Küstenstädten, werden sie stets ein ernstes mißtraui

gende großblättrige Büsche orangeblüthiger Cannaceen, sowie hübsche Blechnum ceteraccinum und serrulatum ,

sches Benehmen zeigen, ganz das Gegentheil ihres wirk

während dichte Maſſen niedlicher, zarter, nur aus einem

lichen Charakters .

feinen Stengel bestehender Pflänzchen der Voyria, mit flei

nannten wilden Indianern des Innern Südamerika's, die

nen goldgelben und weißen Blüthenglöckchen geschmückt,

bis jetzt durch Miſſionäre noch nicht aufgeklärt worden sind, nicht von den civilisirtern Küstenindianern, die mit dem

weite Strecken des sumpfigen Bodens überzogen.

Da und

dort standen einzelne Itapalmen ( M. flexuosa) und gaben der Landschaft den echt tropischen Charakter. Das feuchte Terrain ging jedoch bald wieder in

dürre verbrannte

Savanen über, nur daß Hügel auf Hügel, bedeckt mit großen Conglomeratblöcken, vor uns ſich erhoben und die Fuß tour zu einer sehr ermüdenden machten. Vergebens spähte ich,

Dieß gilt jedoch nur von den soge

Segen der Civilisation (!) leider auch die Laster der civili sirten Völker in reichlichem Maß angenommen haben. So schnell als das Feuer um sich gegriffen, so bald war es wieder verschwunden, und nur dicke hohe Rauchsäulen zeigten den Weg den es genommen. Die lebenden Bäume, welche selbst zur trockenen Jahreszeit hier reichlich im Safi

selbst in weitester Ferne noch nicht zu erblicken, obgleich das

stehen, brennen, obgleich deren viele sehr harzreich sind, in Südamerika nicht, wie die nordamerikanischen Pinus: und Taxodium-Arten ; nur die vertrockneten einjährigen Pflan

auf den Höhen angekommen, nach der weiten Wapiſchianna Niederlassung Turuau, unserem Nachtquartier : sie war

Turuau-Gebirge, an dessen Fuße sie liegen sollte, vor uns

zen, Gräser und Staudengewächse, wie andere dem Feuer

am Horizont, leider aber noch in großer Ferne, sich dahin zog. Ein heftiger Absturz fiel nach dem Bett eines Flüß

ſehr ausgesetzte Pflanzentheile, wohl auch mitunter einzelne noch grüne Stellen der Savane, werden von dem rings

chen steil ab.

um sie rasenden Feuer verzehrt, nie jedoch ganze Wälder oder Gebüsche.

Hohes Gras und dichter Busch bedeckten die

Ufer des letteren, und die gefürchtete Scleria flagellum zog in dichten Maſſen an den Bäumen sich hinauf, so daß

Der Weg durch die Uferwaldung war nun gesäubert,

man kaum das dichte Gewirr der scharf schneidenden, an

wiewohl für die nur mit Sandalen bekleideten Füße der

der Bekleidung sich fest anheftenden Blätter und Halme

'Indianer, wie meines Fren, noch allzu heiß.

Das längst

dieses Grases durchdringen konnte, die wegen ihrer Elasti

ersehnte Flüßchen erwies sich als völlig ausgetrocknet, auch

cität nur schwierig mit dem großen Waldmesser niederge

nicht eine Lache zeigte sich in dessen sandigem Bette. Der Durst quälte furchtbar, und ohne irgend eine Raft gieng es wieder in die heiße Savane hinaus. Nach einer Stunde

hauen wurden.

Ich suchte diese Verlegenheit in der ge

wöhnlichen Weise der Indianer dadurch zu beendigen daß

Leptis magna.

473

erreichten wir einen mit Curatella - Gebüsch bewachsenen Platz,

die sie gern zu Sklavendiensten benußen, veranlaßt wor

unter dessen schattenreichen Bäumen wir uns lagerten, und von wo ich einen der Wapischiannas nach einer fernen

den auf dem englischen Gebiete des rechten Ufers des

Gruppe Itapalmen um Waſſer fandte, da mein Diener

Takutú sich niederzulassen, wo ihnen nicht die geringſten Hindernisse entgegengestellt worden. Ihren Namen haben

erklärte vor Durst nicht weiter gehen zu können . Der Siriri sah von hier (vom Süden) im höchsten Grade

sie von ihrem Lieblingsvogel, dem Pauhi (Crax Alector

romantisch aus ; mit seinen hohen Felsenmauern , die vom

Halskragen davon fertigen und vielleicht auch deſſen wohl schmeckendes Fleisch nicht verschmähen. Das Wort schianna.

Gipfel an 1000 Fuß hinab sich senften, glich er den Ber gen des Roraima - Gebirges, während sein westlicher Gipfel einen steilen bis zur Savane hinabreichenden Absturz bildete.

Liu.), mit deſſen Federn sie ihren Kopfput schmücken, kurze

oder yanna, „ Volk," "Horde, " ist bei den Indianern des oberen Uraricoeira und dessen Nebenflüssen sehr im GeC

Der Wapischianna brachte endlich in der Calabaſſe

brauch und wird dem Hauptnamen des Stammes, welcher

(bitscha), die jeder Indianer auf Reisen bei sich führt, eine schwarzbraune Feuchtigkeit, welche er aus einer neben den

in der Regel von einem Lieblingsgegenstande desselben genommen ist, angehängt, wie Wapischianna, Maipuri

Mauritia-Stämmen befindlichen Pfüße geschöpft hatte, und

schianna (Tapir Indianer), Kirischianna, Drokoyanna (Papa

die er mir als Tuna (Wasser) präsentirte.

Bei dem ge

gai-Indianer), Carawayanna, Tunayanna (Waſſer-India

waltigen Durste der beiden Paranghieris (Weißen), den

ner), die anthropophagischen Tschikiyanna u. s. wv.

die Indianer so leicht ertragen können , wurde die brackige

Quellengebiete des Essequibo wird dieses Wort durch pityan

Flüssigkeit von denselben mit großer Begierde getrunken,

oder ghotto ausgedrückt, wie Maopityan (Frosch- Indianer),

war aber bei ihrer warmen Temperatur nicht geeignet die ausgetrocknete Kehle zu erfrischen.

Cocoipityan (Harpyien-Indianer) 1, Coatipityan (Affen-In

Wiederum wurde eine Hügelreihe überschritten, und in weiter Ferne zeigten endlich lange Reihen dichtstehender Ita

Im

dianer), Pianoghotto, Baroghotto (Barokoto in Braſilien), Arinagbotto u. s. w. (Fortseßung folgt,)

palmen die Nähe des gewünſchten Fluſſes an, unweit deſſen die ersehnte Wapischianna- Niederlassung sich befinden sollte. Doch bis dahin zu gelangen kostete es noch gewaltige Schwierigkeiten, und zwar mit meinem Diener, der, obgleich ein starker kräftiger Mann, von der langen Tagreise, in einer

Leptis

magna.

Sonnenhite wie sie nur unter dem 2º 30' herrschen kann, dermaßen erschöpft war, daß er nicht weiter vorwärts konnte.

Von Gerhard Rohlfs.

Vergebens ließ ich ihn alle 500 Schritte ein wenig aus: ruhen, vergebens trieb ich ihn an alles aufzubieten um

Tripolis liegt ganz außer dem Verkehre, die regelmäßi gen Dampfer welche das ferne Alexandria und das noch

die Hütte zu erreichen, es war ihm nicht möglich weiter zu kommen, und er blieb an dem endlich doch erreichten kleinen Flusse liegen, ohne die Kraft zu haben, bis dicht

weitere Konstantinopel täglich mit Triest und Marseille Von den drei haupt verbinden, berühren Tripolis nie.

an denselben zu schreiten um Wasser zu trinken , das ihm gebracht werden mußte. Ich versprach ihn vom Nacht:

jächlichen Linien, ohne die vielen Privatdampfer zu nennen, der Messagerie Impériale, dem österreichischen Lloyd und der Peninsular and Oriental Company, kommt kein einziger Dampfer nach dem alten Dea — und warum auch ? Außer

lager aus holen zu lassen, schritt so schnell als möglich mit den Indianern vorwärts, und erreichte kurz nach

Alexandria gibt es an der ganzen Nordküste von Afrika

Sonnenuntergang, um 6'2 Uhr, die kleine Niederlassung, unser heutiges Nachtquartier. Eine Stunde später brach:

keine einzige Stadt welche auch nur im allerentfernteſten einen Vergleich mit den blühenden Hafenpläßen vom gegen.

ten die ausgesandten Indianer meinen Diener, der sich

überliegenden Europa eingehen könnte.

zwar etwas erholt hatte, jedoch noch dermaßen angegriffen war, daß ich die Bereitung meines Abendessens selbst be sorgen mußte, da die männlichen Indianer nur in den seltensten Fällen kochen, und ich überdieß die indianische Kochkunst wegen ihrer seltsamen Begriffe von Reinlichkeit nie vertragen konnte. Die Niederlassung bestand aus 3 Hütten, von denen die eine von Pauhischiannas, die anderen beiden von Wa pischiannas bewohnt

wurden.

Einzelne Familien des

Stammes der Pauhischiannas, welcher das rechte Ufer des Uraricoeira oder Rio branco vom 1. - 3.º n. Br. be wohnt, sind seit mehreren Jahren, wie früher die Wapis schiannas, durch die Gewaltthätigkeiten der Braſilianer,

Der einzige Verkehr von Tripolis nach Europa wird. durch ein kleines Dampfschiff Trabulos Garb, dann und wann nach Malta fährt, unterhalten.

welches Es ist

aber so schwach, daß es das geringste Unwetter scheuen muß ; außerdem Eigenthum des Schich el Bled oder des Stadtvorstehers von Tripolis, hängt es ganz von den Launen dieses Mannes ab das Boot gehen zu lassen, oder nicht. Auf diese Art waren wir in Tripolis festgebannt, da der Dampfer des schlechten Wetters wegen nicht auslaufen konnte ; um aber dennoch wieder Abwechslung und Nußen 1 Von der großen Harpyia destructor, die im Gebiete dieſer Indianer häufig vorkommt.

1x

Leptis magna.

474

aus diesem gezwungenen Aufenthalt zu ziehen, beschloß

schlagen nicht zu denken war,

ich nach Lebda zu gehen, dem einzigen Ort welcher nam

hinderte jeden Weitermarsch , obgleich die Häuser nicht fern waren. Das beste blieb also sich ruhig unter die

hafte Sehenswürdigkeiten bietet auf der langen Strece von Tripolis nach Bengasi.

und die Dunkelheit ver

umgewehten Zelte zu legen und den Morgen zu erwarten.

Montag am 21. Januar Nachmittags brachen wir auf.

Unter diesen Umständen war andern Tags an einen

Ich hatte alle Kamele des Königs zur Verfügung, sowie die Leute welche mit der Karawane nach Bornu abgehen

regelrechten Marsch nicht zu denken, sondern mit Tages

soliten, an ihrer Spige den alten Muhammed Gatroni, der auch noch zuguterleßt nach Tripolis gekommen war, und der einen weißen Meheri ritt, welchen ich ihm bei der Trennung in Bornu zum Geschenk gemacht hatte. Mu hammed Gatroni, das alte Factotum Barths, der Tim: buktu gesehen . Sokoto und Kuka mehreremale durchzogen hatte, war hieher gekommen um die Geschenke des Königs Nach seinen

für den Sultan von Bornu zu begleiten.

großen Wanderungen mit Barth war er eine Zeitlang mit Hrn. v. Beurmann gereist, und hatte schließlich mich durch die große Wüste bis Bornu, Mandara und Gombe begleitet,

anbruch gingen wir in die Wohnung des italienischen Con suls, froh ein Unterkommen gefunden zu haben um unsere Schäden wieder ausbessern zu können.

Der Landsih des

Consuls befindet sich ganz am Südrande der Daſe und ist von hohen Dünen, die Tadjura sowohl als die Mschia, umge: ben, durch einen kleinen See getrennt, auf welchem oft zahl: reiche wilde Enten sich herumtummeln. Tadjura selbst ist eigentlich mit der Mschia und dem Sahel, einer Palmen strecke zwischen beiden, eine und dieselbe Daſis ; politisch ist es indeß insofern von Sahel und Mschia unterschieden, als die Bewohner der beiden leztgenannten Orte gar keine Abgaben von ihren Palmen zu geben brauchen,

sowie endlich im Sommer 1867 meine sämmtlichen Kisten während die der Mschia von jedem Palmbaum eine be

allein durch die Sahara zurückgebracht. Als der König • von Preußen beschloß die Geschenke des Schich Omar zu erwiedern, und zugleich seine Zufriedenheit zu bezeigen für die gute Behandlung die der Sultan von Bornu den deutschen Reisenden, namentlich Hrn . v. Beurmann und mir, erwiesen hatte, war der Gatroner ausersehen worden die Ge schenke zu überbringen ; als aber zweifelhafte Briefe über ihn von Mursuk einliefen, wurden die Anerbietungen des Dr. Nachtigal, eines am Tuniser Hofe lebenden Preußen, angenommen, als Ueberbringer der Geschenke des Königs

stimmte Abgabe entrichten müssen.

Die Befreiung der

Michia und des Sahel ergibt sich daraus daß die männ liche Bevölkerung kriegspflichtig ist, gewissermaßen also Wenn übrigens die eine Art Militärcolonie vorstellt. Zahl der Dattelbäume in Tadjura vom türkischen Gouver nement auf nur 80,000 angegeben wird, so liegt dabei der Umstand zu Grunde daß das Geld der als gezählt eingetragenen in den Staatsschaz abgeliefert werden muß ; aber sicher existirt eine eben so große Zahl nicht gezählter Bäume, von denen natürlich auch die Abgabe, wenn ich nicht

nach Kuka zu gehen.

Kaum war dieser in Tripolis ein irre 22 Piaster, erhoben, aber nicht in den öffentlichen

getroffen als auch der alte Gatroner anfam, es war somit die beste Sicherheit vorhanden daß die Geschenke gut Dr. Nachtigals Instrumente waren übermittelt würden. jedoch noch nicht von Malta angekommen, und darin be stand der Hauptgrund um den Dampfer abzuwarten . Denn da unser Landsmann die Absicht hatte wo möglich von Bornu aus weiter nach dem Innern vorzudringen, so wollte ich ihn natürlich nicht zu einer Abreise ohne In ſtrumente drängen, wodurch für mich freilich mehr als ein Monat verloren ging. Wir waren zu spät aufgebrochen um Tadjura zu errei chen, welches zwar nur 6 Kilometer von Tripolis entfernt

Schatz fließt. Man wird nicht zu hoch greifen wenn man die Zahl der Palmen in Tadjura auf 200,000 angibt. Wir blieben den ganzen Tag über in Tadjura, um die Zelte trocknen zu laſſen und andere Dinge auszubeſſern, aber von da an hatten wir wenigstens günstiges Wetter. Ohne mich bei der Beschreibung des langweiligen Weges aufzuhalten, führe ich nur an daß wir am ersten Tage von Tadjura dicht beim Qasr

nach unserm Abgang

Djefara am l'ued msid, am andern Tage am Fuße des Gebirges gegenüber der weißschimmernden Kubba Sidi Abd el Ati's campirten.

Am dritten Tage stieß ich auf das Lager Hamed Bey's, liegt, selbst aber eine Längenausdehnung von 5 Kilometern besiht, und wo das Landhaus des italieniſchen Conſuls uns hinlänglichen Comfort geboten hätte.

Vielmehr mußten wir

des Gouverneurs von Choms, welcher gerade von Tripolis gekommen war, wo er bei seinem Schwiegervater, dem Muschir und Marschall Ali- Riza- Pascha, die Ramadhan

um 5 Uhr Abends bei bedecktem Himmel und Dunkelheit das Zelt aufschlagen. Wir hatten nur Meleha erreicht, einen

festlichkeiten verbracht hatte. Hamed Bey erklärte nun gleich: ich solle in Choms oder Lebda nicht Zelte schlagen, ſondern

Salzsee, der sich zwischen der Mschia und Tadjura befindet.

in seinem Hause wohnen, und ich nahm, da ich aus Er Aber auch hier sollten wir nicht einmal ruhig lagern,

heftigsten Windstößen begleitet, daß uns in einem Augen

fahrung wußte wie wenig angenehm und sicher in Lebda das Campiren ist, mit Freuden sein Anerbieten an. Er brach dann vor mir auf, am Nachmittag aber konnte ich

blick die Zelte über den Köpfen weggerissen wurden. Der Wind blieb fortwährend so stark, daß an ein Wiederauf

es mir schon in Choms in seinem gastfreundlichen Hause bequem machen.

denn bald brach ein solcher Regen über uns aus, von den

Leptis magna.

Das ganze Stadium ist derart angelegt, daß auf eine innere Länge von 550 Schritten das Westende mit einem Tempel

475

Glücklicher Weise sah ich bald ein Wachtfeuer, und

anfängt, dessen mächtige Grundmauern noch erhalten sind.

schickte meinen Neger dorthin, ein Nachtlager zu erbitten. Es fand sich daß nicht weit vom Weg ein einzelnes Araber

Von diesem Tempel bis zur Spina sind 200 Schritte : es war dieß der Raum zum Ablaufen, Aphesis genannt. Die

zelt ſtand, und die Eigenthümer bewilligten aufs gaſtlichſte meine Bitte . Freilich war von Bequemlichkeit keine Rede,

Spina selbst, überall 5 Schritte breit, beginnt mit einem

die Leute waren so arm, daß sie nicht einmal eine Matte

Rundtempel, halben Durchmessers, aber nur die Basis dieses Tempels, durch einen Zischenraum von der Spina

besaßen, und wenn nicht ein beſtändig unterhaltenes Feuer, neben welchem ich mich ausstreckte, die ganze Nacht etwas

getrennt, ist noch vorhanden . In der Mitte der Spina befand sich ein anderer Tempel, 120 Schritte vom ersten

Wärme im luftigen Zelte verbreitet hätte, so würde ich bitter von Kälte gelitten haben . Man kann sich leicht denken daß das Abendeſſen bei dieſen armen Leuten nicht

entfernt.

Ueberhaupt haben beide Hälften einen wahr

scheinlich überdachten Säulengang gehabt, wenigstens finden sich überall die Spuren einer Säuleneinfassung, sowie zahl Beide Hälften der Epina sind reiche Säulenüberreste. mit Durchgängen versehen. Dem Rundtempel gegenüber

beſſer ausfiel: etwas Baſina (Weizenmehl-Polenta), welche ich mit meinem Wirth aus einer Schüssel mit den Fingern

befindet sich am andern Ende der Tarayippos, oder das

aß, war alles was zu haben war. Mein armer Eſel fuhr noch schlimmer : nicht einmal Stroh war für ihn aufzu treiben.

Umkehrzeichen, in Form eines Halbkreises von der Spina

Die armen Leute, von der türkischen Regierung ganz

getrennt.

Der Hippodrom scheint mit keiner Rundung

abgeschlossen zu haben, aber auf der äußersten östlichen Wendung, wo die künstliche Mauer mit dem natürlichen Erdwall, der auch steinerne Size hatte, zusammenstößt, befindet sich ein solides pyramidenartiges Gebäude, das vielleicht eine Statue trug. Gleichsüdlich vom Stadium erhob sich das Amphitheater, es ist aber nichts weiter davon übrig als die kreisrunde Einsenkung in den Boden, welche theils natürlich, theils künstlich ist. Ich habe mich darauf beschränkt nur eine allgemeine Uebersicht der Topographie der Stadt zu geben, da mit Ausnahme des Hippodroms zelnen Gebäude,

eine Beschreibung der ein

ohne sie vorher vom Sande befreit zu

haben, unmöglich wäre .

Beim Photographiren der Basilika

hatte ich indeß noch das Glück eine Inschrift zu entdecken, die, wenn auch nicht von besonderem Interesse, doch neu ist: auch konnte ich mehrere Gemmen kaufen, sowie einige Münzen. Hamed Bey hatte sogar die Freundlichkeit mich auf einen nahe liegenden Berg führen zu lassen, wo er eine Inschrift entdeckt hatte. Darüber aber, und weil Hamed Bey mich nicht ohne Frühstück fortlassen wollte, verlor ich meine Karawane. Ich hatte sie nämlich schon am Morgen früh fortgeschickt, und dem Gatroner gesagt nach einem kleinen Tagmarsch am Wege zu lagern. Da ich aber vom Berge, wo die Inschrift sich befand, erst Nachmittags herunterkam, überfiel mich beim Weiterreiten schnell die Nacht, und unmöglich Obgleich ich war es irgend etwas zu unterscheiden. mehrmals Doppelschüsse abfeuerte, Wachtfeuer erblickte, wollte

namentlich so oft ich

es mir nicht gelingen den

Lagerplatz meiner Leute ausfindig zu machen, und um 10 Uhr Abends, als mein Eſel, der nun den ganzen Tag

ausgesogen, hatten übrigens ihr möglichstes gethan, und so nahm ich am folgenden Morgen mit Dank von ihnen Ab. schied, indem ich einem kleinen Kind im Zelte reichlich an Geld gab was ich bei den Eltern verzehrt hatte. Denn dem Araber selbst Geld für seine Gastfreundschaft anzu bieten, wäre gegen alle gute Sitte gewesen.

Mein Esel, der an Altersschwäche litt, wollte gar nicht mehr von der Stelle, und nachdem ich einige Stunden zu Fuß marſchirt war ――― den Esel ließ ich durch meinen Neger treiben - war ich froh als ich in einem Zelte, welches dicht am Wege von Beduinen aufgeschlagen worden, ein Pferd zur Weiter. reise miethen konnte. Hungrig wie ich war, fand ich hier ein besseres Mahl. Eier, Milch und Gerstenbrod seßten mich in den Stand noch denselben Abend Tadjura, freilich etwas spät, zu erreichen, und hier kehrte ich im Landhause des italienischen Consuls ein, denn auch mein Pferd wollte nicht mehr weiter. In der That ist der Weg von Tripolis bis Lebda be: deutend weiter als man nach den Karten glauben sollte , die zahlreichen Krümmungen verlängern die Strecke sicher um ein Viertel ; dazu kommen mehrere Strecken Dünen, auf denen Thiere und Menschen bald ermüden . Am an dern Morgen früh war es nur noch ein Spazierritt bis zu meiner Wohnung in der Mschia. Meiner Karawane, der ich vorausgeeilt war, gelang es übrigens schon am fol genden Tag einzutreffen ; die Kamele hatten sich auf dem Wege ebenso gut gehalten wie die Leute. Da es noch früh am Tage war, ſo ging ich gleich) mit dem Photographen nach der Ruinenſtätte, um im voraus diejenigen Pläße zu bestimmen von wo aus Aufnahmen erfolgen sollten, und kehrte dann Abends nach Sonnen untergang in die Wohnung Hamed Bey's zurück. erwartete uns ein splendides Essen,

Hier

und besonders auf

im Gange gewesen war, nicht mehr weiter konnte, mußte ich mich endlich entschließen ein anderes Lager zu suchen.

bei Tisch, d. h. er und ich, eine so glänzende Erleuchtung

Zudem mußte ich jest meine Karawane längst hinter mir

spendete.

gelassen haben.

filberne Candelaber, der Eßtisch selbst hatte 2 mit je 5

fallend war daß Hamed Beh, wir waren doch nur zu zweit

Da waren auf den Nebentischen große maſſiv

Leptis magna.

476

Das merkwürdigste war daß mein Wirth einen ausgezeichneten Tischwein führte, und selbst mit Maß und

Kerzen.

vielleicht nicht in demselben Fall sein, wenn wir zufällig

Anstand zu

Natürlich

uns nicht freigemacht hätten von einer Religion die für ganz andere Völker, in längst vergangenen Zeiten, bei an

waren Messer und Gabeln vorhanden, und die Diener, fünf an der Zahl, so abgerichtet daß sie selbst nach jedem

dern Bedürfnissen paßte ? Denn sicher wird man nicht be haupten wollen daß die Sitten und Bedürfnisse, die ganze

Einer von ihnen

Anschauungsweise eines Volkes zur Zeit der Pharaonen, zur Zeit der Cäsaren dieselben waren wie sie es jetzt sind

essen und zu trinken verstand .

Gange die Bestecke und Teller wechselten. war Hauptmann der Infanterie, er in Uniform aufwartete.

was nicht hinderte daß

Hamed Bey selbst, der ſehr

eifersüchtig darüber wachte daß alles europäisch zuging, gab dann und wann befehlende Seitenblicke oder Fingerzeige, und war wie in Verzweiflung wenn nicht alles nach seiner Daß nun in der Reihenfolge Meinung fränkisch zuging. der Gerichte, in ihrer Zubereitung selbst, nach unsern Be griffen seltsame Anordnungen vorkamen, kann man sich leicht vorstellen ; leben doch in Tripolis die Europäer selbst eher türkisch als europäiſch in ihren Gesellschaften . In Hamed Bey lernte ich einen der besten Civilisations

im Jahrhundert des Telegraphen und des Dampfwagens . Glücklicherweise für uns ist unser Christenthum heute aber auch nicht mehr das Chriſtenthum der ersten Jahrhunderte ; wer dieses will, gehe nach Abessinien oder besuche die Copten oder andere Völker die streng an den Sagungen der Kirche festgehalten haben, und sehe was aus ihnen ge worden ist. Troß eines heftigen Windes nahmen wir am folgen: den Tage vier Ansichten von Lebda auf : das südliche Stadt thor, die südliche Front der großen Basilika, die Ansicht

türken kennen, gerade aber ihn hatten die Tripolitaner

eines großen Palastes,

aus der nächsten Umgebung des Pascha's zu entfernen ge sucht, und dieß dadurch erlangt daß er als Kaimmekam

Höchstcommandirenden, und eine Uebersicht vom Hafen, der freilich jetzt ganz versandet ist.

nach Choms versetzt wurde.

der wahrscheinlichen Wohnung des

Rechtlicher als die meisten

Lebda fanden wir völlig so wie wir es verlassen hatten,

Beamten, war er, sagt man, namentlich dem Schich el bled,

höchstens um einige Säulenstümpfe ärmer, die der jeßige Gouverneur von Tripolis , Ali Riza Pascha, von dort nach

oder Stadtvorſteher von Tripolis, ein Dorn im Auge ge wesen, und dieser hatte mittelst seiner Freunde, des Per sonals des französischen Consulates, seine Entfernung von Tripolis verlangt. Man muß aber nicht denken daß

Tripolis hatte holen laſſen, um damit seine Anlagen zu verunzieren. Es wäre gewiß merkwürdig zu wiſſen ob die Sand

Hamed Bey deßhalb nach unseren Begriffen in Geldsachen

überschwemmung Lebda's auf einmal oder nach und nach

ein makelloser Mann gewesen sei, die Leute in Choms

eingetreten sei. Ich glaube man muß wohl beides anneh men; denn nach der ersten Zerstörung von Leptis magna .

erzählen mir sogar daß er allein bei den Abgaben von den Delbäumen das Doppelte erhebe (statt eines halben Sbili einen ganzen), und als ich auf dem Rückwege zufällig mit einem der untern Beamten, einem Abgabensammler, zuſam mentraf, fügte dieser hinzu : daß Hamed Bey in den letzten Tagen etwa 18,000 Mahbub ein Mahbub ist etwas mehr

fand Justinian die Haupt ,

d. h. Weststadt so mit Sand

überschüttet, daß er die Wiederherstellung aufgab und seine 1 Hauptsorgfalt auf die Neapolis oder Oststadt verwendete ; es muß also ein außergewöhnlicher Orkan geherrscht haben, der nach der Zerstörung durch die Vandalen diesen Stadt

als ein preuß. Thaler - bei den Abgabensammlungen pro

theil mit aufgewühltem Mecressand überschüttete.

fitirt habe.

Stürme fügen noch immer Sand hinzu, und so dürfte einmal eine Zeit kommen wo ganz Lebda, wenigstens der westliche

Dabei lobte merkwürdigerweise der Abgaben

sammler Hamed Bey in solchen warmen Ausdrücken, daß ich nicht umhin konnte zu fragen ob er selbst nicht auch sein Profitchen gemacht habe, was er zwar in Abrede stellen wollte, indeß sicher der Fall war. Araber und Türken sind übrigens so an Erpressungen und Unterschleife

Kleinere

Stadttheil, die eigentliche Hauptstadt, verschwunden sein wird. Wie indeß hier die Sanddünen in geschichtlicher Zeit aus dem Meere geworfen worden sind, so ist vor Zeiten

gewöhnt, daß sie sich ohne sie gar keine Adminiſtration

die ganze große Aregformation in der Sahara ebenfalls

denken können ; Civilisation, rechtliche Verwaltung sind auch

ein Meeresproduct , und die Behauptung franzöſiſcher 2 Forscher gänzlich unhaltbar daß die Dünen der Wüste

überdieß schon bei Völkern unmöglich die ihre Richtschnur nach dem Koran nehmen ; wer heutzutage noch glauben kann die Völker civilisiren zu wollen welche dem Islam huldigen, der komme und ſehe selbst, die Türkei, Aegypten und Tunis, und ich glaube sagen zu dürfen alle muham

ein Zersehungsproduct von Felsen seien . Lebda nun, wie es sich uns heute zeigt, bildet drei Haupttheile. Die hoch und dickmaurige Altstadt, auf beiden Seiten des Fluſſes gelegen, doch so daß die Haupthälfte ſich auf dem linken Ufer

medanischen Staaten sind heute noch dasselbe was sie vor

befand, während auf dem rechten nur Gewölbe gewesen zu sein.

hundert Jahren gewesen,

d . h. zu einer Zeit wo die so

scheinen ; nahe dem Meere zu, südlich von dem östlichenHafen

genannten Reformen bei ihnen noch nicht eingeführt waren .

fort, scheint die Stadtmauer der östlichen Stadthälfte zugleic

Man kann nicht genug wiederholen daß gewisse Völker

die des Hafens gewesen zu sein.

nicht zu civilisiren sind, eben weil ihre eigene geistige Con stitution keine Civilisation erlaubt.

Würden wir Europäer

4 Siehe Barths Wanderungen. 2 Siehe Mission de Rhadames.

Wenigstens fällt die Süd

Civil- und Criminalprocesse gegen schädliche Thiere.

seite des Forts auf der rechten Flußzunge direct ins alte

477

also natürlicherweise, gebildet wird, während die andere der

Hafenbassin; sie bildet dort schöne Kaien, woran noch die

ganzen Länge nach durch einen großartigen Steinbau,

großen Quadern zur Befestigung der Schiffe vorhanden ſind, und Treppen welche zum Hafen hinabführten ; jezt

welcher zugleich das Meer abhält, begrenzt wird.

natürlich steigt man mittelst der Treppen auf aufgewehten und aufgeschwemmten Sandboden. Diese Altstadt enthält fast allein die öffentlichen Gebäude, als Paläste Kirchen, das Forum 2., aber alle zur Hälfte, einige ganz, von Sand überschüttet.

Civil- und Criminalproceffe gegen schädliche Thiere.

Kaum möchte ich indeß glauben daß das was Barth als nóiis, oder Altstadt, bezeichnet, dieß wirklich geweſen

Als ich (so erzählt Phil. Dr. Henry White in einer

sei; ich glaube vielmehr daß die westliche Landſpite mit

Mittheilung an den

dem heute noch Staunen erregenden Festungswerke sonst

Zeit nach Materialien suchte zu einer Geschichte der Hugue

Intellectual Observer") vor einiger

unbewohnt war, denn man findet auf dieser Landſpite die auch viel zu eng ist um nur zwei Reihen von Häusern

notten Kriege in Frankreich, stieß ich auf eine Rede die von dem Präsidenten des Parlaments der Provence zur

aufzunehmen, mögen wir uns die Privatwohnungen der gar keine Griechen und Römer noch so beschränkt denken

Vertheidigung der Ratten von Lucenah gehalten worden sein soll. Die Geschichte war diese : Als das grausame

andere Spur von Gebäuden als solche die auf Verthei

Bertilgungsdecret gegen die Waldenser im Jahr 1540 er:

digung und Schuß hindeuten, und gerade eben die drei

lassen ward, stattete ein provençalischer Herr dem ersten

Ueberreste von Quermauern welche die Landzunge von der

Die kolossalen Quaderbauten nach dem

Präsidenten Chaſſeneuz einen Beſuch ab, und erinnerte ihn an die Frist die er früher für die Ratten erlangt habe, wider die am bischöflichen Gericht von Autun Klage gestellt

Meere zu sind vollkommen gut erhalten, leider erlaubte der Sturm mir nicht die unterirdischen Kammern, die vom

mindestens eben so viel Wichtigkeit habe wie eine Colonie

Altstadt trennen, deuten darauf hin daß hier das eigent liche Reduit lag.

worden ; er hob dabei hervor daß eine ganze Bevölkerung

Meer aus in die untere Partie des Forts münden, zu

Ungeziefer, und die Waldenser seien eben so gut berechtigt

besuchen ; das Meer peitschte mit solcher Gewalt seine

in Selbstvertheidigung gehört zu werden, bevor man sie

schäumenden Wogen gegen die Deffnungen, daß es unmög lich war hineinzudringen. Die ganze Landzunge ist übri gens nach dem Meere zu durch eine starke Quadermauer

ſtrafe, wie seine räuberiſchen vierbeinigen Clienten. Der Präsident erröthete, und die Ausführung des mörderischen Decrets wurde verschoben. So umständlich auch diese

geschüßt.

Erzählung ist, so enthält sie doch nicht ein wahres Wort ;

Westlich von der Altstadt findet sich nun ein Ruinen feld, welches fast bis nach Choms hinreicht . Von diesem

troßdem aber wird sie als Thatsache angeführt von De Thou, Bouche, Gaufridi, Pater Garnier, Bernardi (in der

Ort ausgehend, stößt man auf einen fast 50 ' hohen Obe lisken, aus Sandstein erbaut, gut erhalten, der wahrschein lich ein Grab ziert. Die zahlreichen Grundmauern von Privatwohnungen und einige öffentliche Gebäude deuten an

,,Biographie Universelle", unter dem Worte Chassanée)

daß hier eine „Neustadt" war ; eine Mauer scheint dieselbe nicht umgeben zu haben.

die Ratten seien durch die Kaßen verhindert persönlich vor

und von den gelehrten Herausgebern des ,,Historial du Jongleur," welche auch eine Stelle aus einer Rede des Sachwalters der Beklagten anführen, in der dieser bemerkte :

Gericht zu erscheinen ! Ich weiß nicht wie der Irrthum ent stand, allein es ist offenbar eine falsche Darstellung von

Die eigentliche Neustadt befand sich indeß auf dem einem Theil eines berühmten Werks des Präsidenten Chasse rechten Ufer des Lebda durchschneidenden Fluſſes, und hat neuz, welches die Verfasser einer nähern Prüfung zu unter einen sehr ausgedehnten Umfang, auch ist noch überall die Grundmauer ihrer Umgebung deutlich wahrzunehmen. In spä

ziehen verabsäumt hatten. Dieses Werk ist das Reper torium consiliorum Dom. Bartholomei de Chasseneo"

teren Zeiten war sie indeß wohl der Hauptsiz der Bevölkerung, da Septimius Severus seinen Palast sich dort erbaute.

(1535 zum erstenmal gedruckt), welches, wie die meisten.

Gleich östlich von diesem Stadttheile zieht sich dann die

Schriften jenes Jahrhunderts, eine eigenthümliche Mischung von Theologie, Rechtsgelehrsamkeit, Politik, Geschichte und

Nekropole nach SD. hin, von der Wasserleitung durch schnitten, welche im Hafenkai ſelbſt mündete.

Heilkunde ist. Unter solchen Materien widmet Chaſſeneuz fünf Capitel der Besprechung einer Frage die damals den

Das beſterhaltene Denkmal ist der Hippodrom von Rechtsgelehrten vielen Redestoff bot :

der Frage ob ver

Leptis magna, und für eine Provincialstadt war es sicher nunftlose Thiere excommunicirt werden könnten. eines der größten und prächtigsten.

Es be

Ganz am Ostende stand kein Zweifel daß man Thiere vor Gericht ziehen und be

aller Baulichkeiten von Lebda gelegen, zieht es ſich dicht ſtrafen könne für den Schaden welchen sie an Leib oder Leben am Meere hin, derart daß die eine Wand durch das Ufer.

1 Barths Wanderungen .

angerichtet. Die Beispiele sind zahlreich, und es wird ge nügen bloß die Data einiger derselben mitzutheilen. Paris

Civil- und Criminalproceſſe gegen schädliche Thiere.

478

Anfänglich verwies man den Fall an ein

1314, Caen 1470, Bordeaux 1528, wiederum Paris 1601 .

macht wurde.

Martène führt den Fall eines Stiers an welcher im Jahr 1499 zum Gehängtwerden verurtheilt wurde, weil er hatte

ward die Sache in ordnungsmäßigem Gange vor den Offi

„par furiosité, estant aux champs, occis et mis à mort un joine filz de l'aage de quatorze ans."

In den Ar

chiven von Lille befindet sich das Certificat über die Hin richtung eines Schweins, weil es ein Kind getödtet und gefressen hatte. Bei der Untersuchung der Stadturkunden in

Schiedsgericht; da dieses jedoch zu keinem Entschluß kam,

cial, oder Kirchenrichter, von St. Jean gebracht ; die Syn diken von St. Julien, welche die Kläger waren, führten den Proceß, und zwei Brüder , ebenfalls gelehrte Rechts : kundige, traten als Vertheidiger für die Beklagten auf.

Dijon kamen mir einige Briefe in die Hände von Nicolas

Zuerst wurden Mahnbriefe erlassen, denen ein Interlocu torium folgen sollte, und worin angeordnet wurde daß

le Jaul , dem General : Statthalter der Vogtei Mâcon (18 Sept. 1474), welcher dem Mâconer Stadtkämmerer

gewisse Sachverständige die Weinberge in Augenschein Als dieß nehmen und den Schaden bestimmen sollten.

befahl dem Nachrichter von Mâcon 60 sols tournois zu

geschehen, erhob sich über die Gültigkeit des Augenscheins Verhandlung, welche der Official leitete, der in ſei

bezahlen für das Hängen eines Schweins das ein Kind getödtet hatte. Hiefür war ein neuer Galgen errichtet wor

nem Urtheilsspruch den sichern Weg einschlug öffentliche Gebete anzuordnen. In Betracht, " sagt der Richter,

den, und die Leiter und der Kloben allein hatten 10 sols tournois gekostet.

„daß Gott, der oberste Schöpfer alles deſſen was da iſt,

Allein profunde Gelehrte behaupteten daß Thiere, ob gleich man sie hinrichten dürfe, nicht excommunicirt werden

vegetativas) hervorbringe, nicht nur zur Nahrung für ver

könnten, da sie in keiner Communion, oder Gemeinde, seien. Chasseneuz prüft diese heikle Frage mit wahrer mittelalter

gestattet hat daß die Erde Früchte und Gewächse (animas

nünftige Geschöpfe wie der Mensch, ſondern selbst für die Erhaltung der Insecten welche über der Oberfläche der Erde

licher Weitschweifigkeit, und bezieht sich im Verlaufe dieser Untersuchung auf die „ Ratten von Autun.“ Der

fliegen, so würde es sich keineswegs geziemen in dieſer

Fall war dieser.

Man hatte dem Bischof eine Bittschrift

Streitsache mit zu großer Hast gegen die Thiere einzu

eingereicht, und sich darin beklagt daß gewisse unreine

schreiten unter diesen Voraussetzungen ist es besser wenn wir zur Barmherzigkeit des Himmels unsere Zuflucht

Thiere, in formam murium urbanarum grisei coloris, arge Verwüstungen in den Weinbergen, botros et ramos. corrodenda, angerichtet und ――― famem et caristiam

Dann folgt ein Verzeichniß der Gebete welche den Be Es war für wohnern der Gemeinde anbefohlen werden .

Hungersnoth und Theuerung verursacht hätten.

Die Bitt

den bischöflichen Official nicht nöthig von Hast abzumah

steller baten ihren geistlichen Vater die schreckliche Geißel

nen, denn der Proceß war im Jahr 1545 anhängig ge

wegzuschaffen, und die Ratten wurden in gebührender Weise

macht, das Urtheil aber erst im Mai 1546 abgegeben wor

vor Gericht gefordert. Ein Sachwalter ward zur Vertheidi gung derselben aufgestellt, allein ſie wurden mitsammt ihren

den, als die Beklagten längst verschwunden waren.

Mitschuldigen ordnungsgemäß verurtheilt.

Ratten, nackte

als früher zurück, und die Syndiken erschienen abermals

und alle an

vor dem bischöflichen Gericht um den schlafenden Proceß

dern unreinen Geschöpfe die sich von dem Ernteſegen un serer Brüder nähren , sollen diesen Bezirk unverzüglich ver

von 1545 wieder aufleben zu laſſen, da man die Beklagten als im ganzen genommen die nämlichen, obgleich einzeln

lassen, und sich an Orte begeben wo sie niemanden schaden

als verschieden, betrachtete.

können.

In dem Ex

werden sie beschrieben als „,animalia bruta ad formam

communicationsurtheil wurde das Ungeziefer aufgefordert

muscarum volantia coloris viridis, " und als der Wider

binnen drei Stunden sich zu entfernen, die Bittſteller aber Buße zu thun für die Sünden welche diese Geißel über

ſpänstigkeit schuldig. Die Syndiken flehen, „ in Betracht daß, wenn des Menschen Sünden die Ursache einer solchen

sie gebracht hatten.

Geißel sind, es Pflicht der Vertreter Christi auf Erden sei

Schnecken und Raupen," sagte der Bischof,

Im Namen des Vaters " u. s. f.

nehmen, und um Vergebung für unsere Sünden bitten. "

Im Jahr 1587 kehrten diese Insecten in größerer Menge

In dem Titel der Urkunden

Chasseneuz führt viele derartige Gerichtsfälle an, der

anzuordnen was geschehen solle um den göttlichen Zorn zu

ausführlichste aber ist derjenige welcher sich einige Jahre nach seinem Tod ereignete. Das nähere darüber ist in den

versöhnen," den Official an : einen Ausschuß zu ernennen. um die beschädigten Weinberge zu besichtigen, und die Ge

Registern von Et. Julien in Savoyen aufbewahrt

genpartei aufzufordern bei der besagten Besichtigung an

einem kleinen Orte nicht weit von der alten Bischofsstadt

wesend zu sein.

St. Jean de Maurienne , an der Mont Cenis - Straße.

lichen Geschöpfe excommunicirt oder unter Bann gethan

Sie versprechen ferner, falls die schäd=

Der Ort war berühmt seiner Weinberge wegen, die von

werden sollten, ihnen den Platz zu bezeichnen wo sie künf

der Freßgier einer grünen Raupe, genannt Amblevin,

tighin genügende Nahrung haben würden.

oder Verpillon, von den Bauern, und Rhynchites aura

Umfang ward die Bitte bewilligt, ein Sachwalter und ein

In gewiſſem

tus von den Entomologen, gelitten zu haben schienen. Im

Vertheidiger wurden für die Amblevins

Jahr 1545 zeigten sich diese gefräßigen Insecten in solcher

indefensa remaneant, und der Priester von St. Julien

Menge, daß eine Entschädigungsklage gegen sie anhängig ge

erhielt den Auftrag : darauf zu achten daß das schlafende

aufgestellt, ne

Civil- und Criminalproceſſe gegen schädliche Thiere.

Decret von 1546 gehörigermaßen ausgeführt werde, ehe denn weitere Schritte gethan würden . Das Decret bietet ein merkwürdiges Gemälde der Priester : Gewalt. Es

479

haben mit unserm Zwecke nichts zu thun.

Die Insecten

auf welche ihr die Donnerkeile der Kirche herabruft, haben sich nur nach dem Naturgeseß gerichtet. " Der Anwalt der

ermahnt die Pfarrgenossen ihr ganzes Herz zu Gott zu wenden, ermuntert sie zur Verabscheuung ihrer Sünden .

Beklagten schloß seine Rede mit der Bitte : die Klage solle

und zu aufrichtiger Seelenzerknirschung, begleitet von dem

abgewiesen und die Kläger in die Kosten verurtheilt wer

Entschluſſe hinfort in Gerechtigkeit und Mildthätigkeit zu

den. Die Kläger erbaten sich Zeit zur Antwort - denn alle diese Einreden wurden geschrieben ――― und ungefähr

leben, ihre Zehnten zu bezahlen , und drei Tage

einen Monat nachher unternahm es ihr Sachwalter sowoh!

nacheinander in Proceſſion um die beschädigten Weinberge

aus der hl. Schrift als aus dem kanonischen Rechte zu

zu wandeln ; vor und nach jedem dieser Bittgänge aber

beweisen : „ daß die Insecten zum Gebrauch des Men

solle eine hohe Meſſe gefeiert und sollen gewisse Gebete

schen geschaffen wurden. “ Fast scheint es als ob die Syndiken (Stadtrichter) von

gesungen werden.

Aus jeder Familie müßten mindeſtens

Die Processionen wurden in Ordnung abgehalten, und der

St. Julien de Maurienne kein großes Vertrauen in die Güte ihrer Sache hatten, denn sie waren die ersten welche

Pfarrgeistliche

eine Art von Compromiß vorschlugen.

zwei Personen an diesen frommen Uebungen theilnehmen.

erstattete

dem Richter Bericht

darüber.

Nun aber tritt der Sachwalter der Beklagten auf,

und

hebt in seiner Verwahrung hervor daß die andere Partei außer halb des Gerichtshofs sei. Peter Rembaud ―― es wäre schade wenn sein Name der Vergessenheit anheim fiele — drückt ſein Erstaunen über das gegen seine Clienten, die unschuldigſten Geschöpfe in der Welt, beobachtete Verfahren aus. Der gemeine Menschenverstand sagt uns (bemerkt er) daß un vernünftige Thiere wie diese „ Verpillons “ nicht regelmäßig vor die Obrigkeit gefordert werden können ;

daß man

sie billigerweise nicht der Widerspänstigkeit halber verur theilen kann, und daß keine Excommunication, keine Kirchen strafe Macht besigt auf sie einzuwirken.

In dem Buche

der Genesis liest man daß die Thiere der Erde vor dem

Am letzten Sonn

tag im Juni, nach der Feier einer hohen Meſſe, nahm der Métral, Wilhelm Morard, die übliche Verkündigung vor, und um Mittag wurde die große Glocke geläutet, welche sämmtliche ",,manantz et habitantz" der kleinen Stadt zum Erscheinen auf dem Parloir, oder öffentlichen Plaz, aufforderte, wo die Syndiken erklärten daß es noth wendig sei den ,, Amblevius" einen Plaz anzuweisen mit „ genügender Weide außerhalb der Weinberge von St. Julien, so daß sie darauf leben könnten, und die vorbe sagten Weinberge nicht mehr abfräßen und wüste legten. " Nach einiger Erörterung beschloß man einstimmig den Insecten ein Stück Land an einem Plag anzubieten der als die „ Grande Feisse" bekannt war, und zwischen vier

Der Schöpfer

peuplée et garnye zig und fünfzig Seſteries enthielt, , et feuillages, plantes , boes de plusieurs espesse de planes, ar chesnes, comme foulx , allagniers, cyrisiers, bessiers et aultres arbres et buissons oultre l'herbe et

der Welt würde dieß nicht gesagt haben, wenn er Thieren

pasture, qui y est en asses bonne quantité." Das gute

nicht auch die Mittel zum Leben hätte geben wollen. Nun ist klar bewiesen durch die hl. Schrift daß Gewächse

Volk von St. Julien behielt sich indeß das Recht der Durchfahrt vor, zum Zweck (unter anderm) gewiſſe „ mynes de colleurs," oder Oker- Gruben, in der Nähe zu erreichen.

Menschen geschaffen worden : " Die Erde bringe hervor das lebende Geschöpf nach seiner Art, Vieh und kriechendes Gethier."

Und an einer andern Stelle : "1 Gott segnete sie,

und sprach: seid fruchtbar und mehret euch. "

die Nahrung der Thiere jowohl als des Menschen sind : Jeglichem Ding das da kreucht auf Erden, habe ich alles Gras zur Speise gegeben. "

Demgemäß haben diese armen

Insecten nur von einem gesetzlichen Rechte Gebrauch ge macht, als sie ihre Wohnsiße unter den Reben der Kläger aufschlugen.

Die Anrufung des bürgerlichen und des

kanonischen Rechtes, der lex divina und der lex gentium , gegen dieſe Thierchen ist ebenso unthunlich als unvernünftig ; können ja doch vernunftlose und nur vom Naturtrieb geleitete Geschöpfe keinem andern als dem Naturgesez verantwort lich sein.

" Daher behaupte ich ebenso klar als unbestreit

Dieß aber war nicht der einzige Vorbehalt, es folgte noch ein anderer, der zugleich ein merkwürdiger Beweis für den Zustand der Zeiten ist : „ In Betracht jedoch daß der Plaz eine sichere Zufluchtsstätte ist in Zeiten des Kriegs oder anderer Ruheſtörung, weil gut mit Quellen ausgestattet, behalten wir uns das Recht vor uns dorthin in Zeiten der Noth zurückzuziehen, und versprechen unter diesen Be dingungen ein Uebereinkommen zu treffen en bonne forme et vallable à perpétuyté."

daß die Formen

Nach verschiedenen Sizungen und Vertagungen, deren eine von dem Durchzug der Streitkräfte (transitu armi

der Excommunication und der Kirchenstrafen hier nicht am

gerorum) Karl Emmanuels I , Herzogs von Savoyen,

Plaße sind.

Allerdings können die Kläger einwenden daß

veranlaßt wurde, welcher sich der Markgrafschaft Saluzzo

der Schöpfer alle Thiere dem Menschen unterworfen hat, und auch die Worte des Predigers anführen : „ Posuit timorem

bemächtigen wollte, ward das Verfahren am 3. September

illius super omnem carnem et bestiarum et volatilium,"

stummen Clienten, das von den Klägern angebotene Aſyl ablehnte, auf den Grund hin daß es sterilis locus et

bar," fährt der Anwalt der Beklagten fort,

und ferner das Sprüchwort vorbringen: 22 Qui seminat. metet," wer da säet, der wird ernten ; allein diese Worte

wieder aufgenommen,

nullius reditus

worauf Fillioli, zu Gunsten ſeiner

sei, und um Einstellung des Processes

Miscellen. 480

mit Kosten bat.

Der Official nahm sich Zeit sein Urtheil

zu erwägen, und fast scheint aus einer Anmerkung auf dem Rande seines Urtheils- Erlasses, pro visi atione iij florenos, hervorzugehen : daß eine Commission abgesandt wurde um die Grande Feisse in Augenschein zu nehmen und darüber Bericht zu erstatten .

Was dieſe Commiſſion ſagte, ist uns

unbekannt ; auch kennen wir die Entscheidung nicht zu welcher der Richter gelangte, denn ein Theil des Blattes

Strömungen entstehen, die wahrscheinlich eine Geschwindig keit von zwei (engl .) Meilen, wo nicht mehr, in der Stunde erreichen. Diese Strömungen werden dem Canal, wenn er gehörig geschützt ist, zwar keinen Echaden zuzufügen vermögen, wohl aber die Schifffahrt theils verzögern, theils unterstützen. Schraubendampfer muß man den Canal mit eigener Kraft befahren lassen, andere Schiffe dagegen durch Dampfschlepper hindurch befördern. Ueberhaupt, meint Hr.

das sie enthielt ist zu Grunde gegangen . Die legte Notiz über diesen eigenthürlichen Fall ist eine vom 20 Dec.

Fowler, werde der commercielle Erfolg des Unternehmens

1587 datirte Bemerkung, welche erwähnt daß dieser Proceß

standes abhängen Segelschiffe mit hinreichender Hülfsdampf kraft zur Fahrt durch den Canal und das Rothe Meer hinab zu bauen, um so den bis jezt um das Cap betrie

den Syndiken von St. Julien 19 Gulden kostete, von denen drei die Gebühren des Generalvicars und des Officials waren und wahrlich sie hatten viel zu thun für dieses ihr Geld.

in hohem Grade von der Bereitwilligkeit des Handels

benen großen Handelsverkehr dorthin abzulenken . * Neue monströse Rinderrace in Südamerika. In einer der lehten Versammlungen der französischen Aka demie der Wissenschaften legte Hr. v. Quatrefages eine von Hrn. Sanson verfaßte Denkschrift über eine in Der Südamerika entdeckte besondere Rinderrace vor.

Miscellen. Eine technische Würdigung des Suez- Canals. Ein Hr. Fowler hat kürzlich in der „ Times "

über den

gegenwärtigen Zustand und die Aussichten des Suez: Canals einen sorgfältigen Bericht veröffentlicht , der sich vom Gesichtspunkt des Ingenieurwesens aus sehr günstig für den Erfolg desselben ausspricht, Schicksal als Handelsweg sein möge.

was auch sonst ſein In Betreff verschie

dener Punkte worüber man Zweifel gehegt, stellt er An sichten auf die sich auf eine sorgfältige Prüfung der wäh

Schädel dieser vermuthlich neuen Race ist untersucht wor den, und verschiedene Naturforscher die ihn gesehen, hielten ihn für eine Monstrosität. Allein Hr. Sanson sagt : wenn derselbe wirklich eine Monstrosität sei, so besize die Race die Fähigkeit sich dauernd fortzupflanzen, da in Südame rika starke Heerden derselben leben. In Mexico besonders gebe es sehr viele, und durch die Gefälligkeit eines Freun des in diesem Lande habe er Photographien von dieser neuen Race erhalten . (Comptes Rendus.) *K

rend des Fortschritts der Arbeiten gemachten Erfahrungen gründen.

Das Nil-Alluvium, welches bereits merklich die

Küstenlinie in Port Said ändert, durchdringt den westlichen

Physischer Zustand der Sonne. Die HH. Lockyer und Frankland theilten der Pariser Akademie in der

Damm in solchen Massen, daß er glaubt man werde besser

Sizung vom 22. Febr. die ersten Ergebnisse eines neuen

daran thun den Damm solid zu machen als den Hafen Was das Ausfüllen des durch Baggern rein zu halten.

und sehr merkwürdigen Studiums des Dunst- und des Lichtkreises der Conne mit. Sie haben sich überzeugt daß

Canals durch Wüſtenſand betrifft, so führt Hr. Fowler an daß in

der Dunstkreis eine verhältnißmäßig schwache Dichtigkeit

dieser Hinsicht glücklicherweise nur etwa 17 engl. Meilen auf beiden Seiten des Timsah- Sees einige Beachtung verdienen.

hat ; daß diese schwache Dichtigkeit nicht von der Tempera tur, sondern von dem Druck herrührt, und daß dieser

In diesem Theile des Canals sammelten sich in zwölf Monaten

selber ziemlich schwach ist.

Indem sie ihn nun durch ein

310,000 Kubik-Yards Triebsand an, und er glaubt daher daß

eigenes Verfahren bestimmten, glauben sie, wie sie sagen,

man neben den Vorsichtsmaßregeln welche die Compagnie er greift, Bäume und Geſträuche auf beiden Seiten des Canals

zu der Hoffnung berechtigt zu sein daß es ihnen auch ge= lingen werde die Temperatur des Dunstkreises der Sonne

anzupflanzen, noch mächtige Baggermaschinen werde unter:

zu bestimmen. Der Lichtkreis ist keine feſte oder flüssige Oberfläche ; er ist im Gegentheil nebeliger oder gasarti

halten müssen, damit die Durchfahrt frei bleibe . Um die Ufer gegen den Wellenschlag der vorbeifahrenden Schiffe zu sichern, empfiehlt er die Beschützung derselben durch Steinwände. Aus den Bitterjeen, welche der Luft eine Fläche von 100,000 Acres ausseßen, dürfte sich die täg

ger Natur.

Die Flecken rühren von den Veränderungen

der Oberfläche her, welche in einem mehr oder minder be trächtlichen Verhältniß die Aufſaugungsfähigkeit derselben vermehren. Es freut uns sagen zu können daß diese ihre

liche Verdünstung im Sommer auf die ungeheure Menge

ersten Wahrnehmungen den Schlußfolgerungen Hrn. Faye's,

von 250,000,000 Kubikfuß Waſſer belaufen - ein Abgang

der eine ziemlich schwache Brechung der Sonnenstrahlen gefunden hat, nicht nur nicht widersprechen, sondern sic

der fast ganz aus dem Rothen Meer wird ersetzt werden müssen.

So werden auch in der Vertiefung von Schaluf

vielmehr bestätigen.

Druck und Verlag der 3. G. Cotta'schen Buchhandlung.

(Les Mondes.)

Redaction : Dr. C. F. Peschel .

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf

dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndvierzigster Jahrgang.

Nr. 21 .

Augsburg ,

1869.

22. Mai

Inhalt : 1. Paraguay am Schluß des Krieges. 2. Ethnographische Würdigung der Bewohner Bengalens. 3. Einfluß der Pacific-Eisenbahn auf den Gang des Welthandels . 4. Die geographische Verbreitung der Krokodile. Von Louis Lungershausen. -5. Eine schwedische Lenzfeier. 6. Temperaturen in größeren Sectiefen. - 7. Der brüllende Sand des Tschebel Nágús ( auf der ſinaitischen Halbinsel) . — 8. Zu Fuß nach Brasilien. Von Karl Ferdinand Appun. 2) Von Rupununi nach dem Takutú. (Fortseßung .) 9. Das Fest der heiligen drei Könige“ in St. Petersburg . ―――― 10. Neueste Versuche über Anstedung der Seidenspinnerseuche. 11. Zur Geologie China's. 12. Der organische Ursprung des Eozoon gerettet. 13. Die Temperatur des Sternenlichtes ge= messen. - 14. Fortschritte der Rübenzucker-Induſtrie.

Paraguay am Schluß des Krieges .

(Aus einem Privatbriefe vom La Plata vom Februar 1869.) Am 17. Dec. v. J. fuhr ich mit dem Miniſter Mariano Varela auf einem Dampfer den La Plata, Paraná und Paraguay hinauf und langte am 22. in Las Palmas au. Mariano Varela hatte den Auftrag Aufklärungen über

der kein Wasser durchläßt.

Undurchdringlicher, sumpfiger

Urwald wechselt mit großen Lagunen voll Schilf und Bam bus ab ; ein sehr erwünschter Aufenthalt für Frösche, Echlangen und Krokodile, aber nicht für Menschen. Der Soldat mußte, um sich niederzulegen, ein Lager von min destens einem Fuß Höhe aus Reisern bauen. Ueber all diesem die tropische Sonne und der geringe Sinn der Leute für Reinlichkeit !

den unsinnigen Verbrauch an Pferden und Fourrage und über andere Sachen zu holen, und gleichzeitig mit Lopez

Das rechte Ufer des Paraguay und weiter abwärts

zu friedlichen Zwecken sich in Verbindung zu sehen . Ich sollte über den Zustand der Pferde Bericht erstatten. In

des Paraná ist ein weiter ebener Urwald, von wilden In

deß war der Zeitpunkt für unsere Zwecke gerade ungünstig.

Indianer (Queicurus , Tobas, Matacos u. s. w .) sind ein

dianern bewohnt, und heißt Gran Chaco.

Diese Chaco :

häßliches Gesindel, mit niederer Stirne, hervorstehenden Nach dreimonatlicher Unthätigkeit hatten die Alliirten Lopez am 21.

angegriffen, der Kampf

tobte bis zum

Backenknochen, breitgedrückter Nase, hervorhängenden Unter

27., und endete mit vollständiger Niederlage des Lopez,

lippen und tätowirten Wangen. Dagegen sind die Paragu : Indianer ein hübscher Menschenschlag, und gehören zur Familie

der 5000 Schuljungen und 1000 erwachsene Männer als Soldaten ins Feld führte, und zum erstenmal im offenen

der Guarani.

Terrain dem Feinde die Spitze bot.

bebaut war, und troß des ſterilen Bodens eine sehr üppige

fochten wie Spartaner

Die Paraguiten

Oberhalb Angostura beginnt ein reizendes

obwohl sandiges Hügelland, welches vormals außerordentlich

den sechsfach überlegenen

Vegetation hervorbringt. Dichte Baumreihen von Orangen,

Feind, und hatten schließlich 14,000 Brasilianer und 500

Oliven, Cocospalmen 2c. mit einer undurchdringlichen Aloë: hecke umzäunen das zum Ackerbau bestimmte Land.

gegen

Argentiner außer Gefecht gesezt . Nicht ein Paraguite kam unverwundet in Gefangenschaft. Dieses ungleiche Ver hältniß der Verluste bei den Verbündeten rührt daher daß die Argentiner mit dem Bajonnette fochten, welchem Lopez' Knaben keine Kraft entgegensetzen konnten, während die Brasilianer den Fernkampf vorzogen.

In diese Gegend nach und nach zurückgedrängt, hatte Lopez hinter dem Bache Pikisiry seine Stellung genommen. Dieser Bach mit sehr sumpfigen Ufern bildete die Scheide zwischen der Flußebene und dem Hügelland. Bei Ango stura verengte sich der Rio Paraguay bis auf 400 Meter.

Als ich den Paraguay hinauffuhr, wunderte ich mich

Hier vertheidigten drei mit Kanonen schwersten Kalibers ge

sehr wie eine Armee Jahre lang in einem solchen Terrain leben kann. Von Paso de la Patria an, wo die Armee,

spickte Batterien den Uebergang. Anderthalb Meilen östlich

vor vier Jahren über den Paraná ſehend, in Paraguay ein fiel, ist das ganze Land bis Angostura nur wenige Fuß höher als das Niveau des Fluſſes, der Boden weißer Letten, Ausland. 1869. Nr. 21

am Bache Pikisiry, der bei Angostura in den Rio Para guay mündet, war eine große, indeß nach rückwärts offene Schanze, dazwischen einige kleinere Werke und Beobachtungs posten.

Eine Legua weiter rückwärts,

auf dem Rücken 61

Paraguay am Schluß des Krieges.

482

eines Hügels , stand Lopez' Hauptquartier , Cumbarité, welcher Ort sich an einen Wald anlehnt. ns ia il s che Colonne100. a br Viletta

eGlr n Chaa co

A 4 4 a 4 4 4

keine Anstalt hiezu machten, ging ich wieder an Bord des Kriegsschiffes " General Brown. " Während meines Aufenthaltes im Hauptquartier lang

ten zwei argentinische und ein preußischer Officier (May v. Versen, Major im fgl. preußischen Generalstab) nady langer Gefangenschaft in bedauernswürdigem Zustand an. Letzterer hatte vor zwei Jahren die Reise hierher gemacht, und wollte von paraguitischer Seite den Kampf ansehen . Lopez empfing ihn aber als muthmaßlichen Epion, hielt ihn in strengem Gewahrsam und wollte ihn mehrmals

Cumbarite AA Angostura

am 27. gefallenen paraguitischen Officiers fand sich der Befehl sämmtliche Kriegsgefangene zu erschießen. Während des Gefechtes hatten sich die Gefangenen weggestohlen,

e

und wurden zu ihrem Glück von niemandem bemerkt. Im argentinischen Lager wurde er mit spanischer Höflichkeit be:

9386

RIO

n nt on ge ol r C a

erschießen lassen. Die vollständige Niederlage des Lopez brachte ihn ins argentinische Lager. Der Zufall aber rettete ihn noch am letzten Tage, denn in der Brieftasche eines

ir

y

S

All 136

handelt und ging von da über Rosario nach Buenos : Ayres. Dort habe ich ihn getroffen. Er hat sich vorgenommen über die Anden zu Land nach Chile zu gehen, und von

Las Palmas.

dort über Peru, Californien und New-York nach Hause. Bei seinem durch lange Entbehrungen in der Gefangenschaft

Die Brasilianer hatten mit großen Opfern von Las Palmas aus auf dem Gran Chaco einen Weg durch den Urwald bis gegenüber dem Städtchen Viletta gehauen, und waren dort

am 21. im Rücken des Feindes über

den Paraguay gesezt. In blutigen Kämpfen rollten sie denselben auf, langten am 25. bei der großen Schanze

sehr geschwächten Zustand halte ich diese Reise für etwas gewagt. Am 27. Abends, lange nach dem Schlusse des Ge fechts, sprengte ein paraguitischer Officier aus dem Walde mitten in ein dort lagerndes argentinisches Bataillon, Säbelhiebe nach allen Seiten austheilend, bis er herunter gestochen wurde.

Am 28. Morgens griff ein verwundeter

am Pikisiry an, nachdem sie die Verbindung zwischen Cum: barité und Angostura unterbrochen hatten, und hielten

Paraquite einen Proviantwagen mit dem Säbel in der Linken (der rechte Arm war ihm abgeschossen) an, und

schließlich Lopez' Hauptquartier eng eingeschlossen . Die Argen tiner hatten die paraguitischen Posten diesseits des Pikisiry

wurde endlich von den Arrieros todt geschlagen.

hinübergeworfen, an einigen Stellen den Uebergang über den Bach forcirt, und gingen in einem ziemlich unblutigen

Nach der Uebergabe von Angostura ging ich, wie schon gesagt, an Bord des " General Brown, " um mit dem ersten Dampfer nach Asuncion hinauf zu fahren. Abends lang, ten indeß 600 verwundete Brasilianer und Paraguiten in

Gefechte vor. Am 26. machten die Brasilianer nach einem den ganzen Tag hindurch unterhaltenen Bombardement Abends drei vergebliche Angriffe . Am 27. fand Morgens nach wiederholter Kanonade allgemeiner Sturm auf Cum barité statt, wobei die Argentiner zuerst in die Schanzen

begann ich nun zu verbinden .

eindrangen.

Lopez mit seiner Umgebung, etwa 90 Ge treuen, flüchtete sich in den Wald , wurde aber unbegreif licher Weise nicht verfolgt. Am 29. kamen vier Officiere

sitionen des Commandanten des " General Brown " erschie

aus den noch nicht genommenen Schanzen bei Angostura, um sich von der Niederlage und dem Abzug ihres Feld marschalls zu überzeugen. Der argentinische Feldherr ver sicherte ihnen in einer kräftigen Rede daß die Verbündeten

ins Spital zu bringen, von denen uns inzwischen trotz sehr bedenklicher Verwundungen nur vier gestorben waren.

nicht als Feinde Paraguay's, sondern nur des Lopez ge: kommen seien, und bot ihnen Abzug mit allen militärischen.

Gesichtshälfte vom Backenknochen bis zum Kinn und der linke Arm zerschmettert worden waren, blieb immer lustig

Ehren an. Am 30sten ergab sich auch wirklich die kleine Besatzung mit 450 Mann und 200 Weibern. Ich selbst hätte gewünscht mit den Truppen in die nur acht Leguas entfernte Hauptstadt Asuncion zu marschiren, da diese aber

hin. Kaum waren die Verwundeten an Bord der schwim menden Spitäler, so brach unter den Truppen in Ango

Angostura an.

Da keine Aerzte vorhanden waren, nahm

ich die Krankenpflege in die Hand.

Mit Hülfe eines alten

Sergenten, der früher in Italien Sanitätssoldat gewesen,

nen keine Aerzte.

Troh verschiedener Requi

Am vierten Tag endlich kamen zwei

brasilianische Dampfer um die Verwundeten nach Humaitá

Nicht genug bewundern konnte ich den Stoicismus der Para guiten.

Ein Junge z . B. von acht Jahren, dem die linke

und munter und summte Tag und Nacht Lieder vor sich

stura die Cholera aus.

Ich hatte keine Arzneimittel als

Paraguay am Schluß des Krieges.

483

einige Fläschen Radway's Ready relief auftreiben können, und so starben von vier Kranken drei, den vierten rettete

die eine Lagune mit dem Flusse verband, aber mit Weiden bäumen, Schlingpflanzen und Bambus dicht verwachsen

ich dadurch daß ich zufällig bei einem Matrosen etwas Chlorodine entdeckte.

war. Wir waren 150 Schritte vom Fluß entfernt als, endlich das Schiff still stand. Nun aber erfolgte ein An griff von Mosquitos, die in Millionen über uns herfielen

Der Geruch in den Schanzen von Angostura war un erträglich. Jeden Tag fiel eine halbe Stunde Platzregen, dann brütete die Januar- Sonne unter 25° 30′ südl. Breite auf dem Sumpf, dazu geſellte sich der Geruch der Wunden,

wozu die übrigen Bestien in Wasser und Sumpf uns

feine Ordnung betreffs der Latrinen, die Reſte des Schlacht: viehs wurden einfach liegen gelaſſen und der Verweſung

lässigkeit wir in alle diese Mißlichkeiten gerathen waren, ging mit großer Kühnheit ins Wasser und band Flaschenzüge

preisgegeben, die Todten waren des harten Bodens wegen bloß 1 Fuß tief begraben, und auf den wenige Zoll

an große Weidenstämme. Zu seinem Schuße gegen Kai mane hatten sich einige Passagiere an Bord mit Revolvern

unter der Erde liegenden Leichen sogleich die Zelte auf geschlagen worden. Was Wunder dann, wenn Krank

gratis ihre Musik genießen ließen. es nun an ein Bugsiren.

aufgestellt.

Andern Morgens ging

Der Lotſe, durch deſſen Nach)

Ich konnte mich eines Lächelns darüber nicht

heiten ausbrechen !

erwehren, zumal , als nachher ein sehr großes Exemplar etwa 25 Schritte vom Schiff an einem Baumstamm auf

Am gleichen Tage langten indeß drei Aerzte, aber ohne Apotheke, an. Ich selber erkrankte noch des Abends an

tauchte und ein großes Scheibenschießen auf dasselbe begann, wovon die Scheibe selbst nicht die geringste Notiz nahm .

heftiger Cholerine, was bei gänzlichem Mangel an Arznei mitteln keine eben erfreuliche Aussicht war. Zu meinem

und der der Flaschenzüge gelang es uns das Schiff bis ans Fluß

Glück brachte mich am andern Morgen ein befreundeter

bett zu bringen, so daß Steuer und Schraube frei lagen ; da

Armeelieferant auf seinem Dampfer nach Asuncion, wo ich mich mit Portwein curirte.

aber der Rumpf nicht über die vorliegende kleine Sand bank zu bringen war, so erlag der Muth der Mannschaft,

Asuncion, die älteste spanische Stadt in Süd-Amerika, hatte vor dem Kriege 12,000 Einwohner, wurde aber auf

und sie ließ unsern Herr Gott einen guten Mann sein ! den Tag über fischten wir, die Nacht fochten wir mit den

Lopez' Befehl vor vier Monaten von den Einwohnern gänz

Mosquitos.

lich verlassen.

Die Brasilianer, die den Tag vor meiner

Ankunft daselbst eingezogen waren,

wollen eine Sicher

heitswache von 200 Mann gesehen haben, woran ich aber zweifle.

Da von Seiten des braſilianischen Marschalls

Zeitweise konnte die Maschine arbeiten, und mit ihrer Hülfe

Am andern Morgen um 6 Uhr musicirte ein Tiger (Unze) etwa 30 Schritte von unserem Schiff entfernt auf dem Lande. Am dritten Abend kam endlich ein Dampfer,

Carias keine Maßregeln gegen die Plünderung getroffen

„ Jbicuh, " der uns aus unserer unangenehmen Lage heraus : bugfirte. Dadurch lernte ich eine interessante Persönlichkeit

worden waren, so wurde bös gewirthschaftet, und obgleich

kennen, den Leibarzt des Lopez, Dr. Steward, der früher

die brasilianischen Truppen keine Werthgegenstände mehr antrafen , so hausten sie an Möbeln 2c. in einer Weise

als Arzt während des Krimfeldzugs in Ecutari gedient hatte, unter der Regierung des Carlos Antonio Lopez

die den Vandalen Ehre gemacht hätte.

Die Argentiner

nach Paraguay gekommen war, dort eine Paraguitin ge

betheiligten sich nicht bei dieser Zerstörung, und General

heirathet hatte, und dreimal die paraguitische Armee, die

Mitre ließ dieselben gar nicht in die Stadt, ſondern cam

in Folge schlechter Verpflegung in Gefahr war sich aufzu

pirte bei San Isidoro, einem Landhause des Lopez.

reiben, gerettet haben will. Diese Verdienste jedoch sicher. ten ihm keineswegs sein Leben. Wie alle andern höher

Da an eine Verfolgung des letteren nicht gedacht wurde, so machte ich Ausflüge in die Umgebung, was allerdings,

Geſtellten mußte er seine Frau in die Gesellschaft der

des vielen marodirenden Geſindels und ſelbſt da und dort

Madonna Lynch bringen (Lopez' unrechtmäßiger Gemahlin) . Er selbst fiel bei Cumbarité während der Ausübung seiner

sich aufhaltender Paraguiten wegen, mit einiger Gefahr verknüpft, aber sehr intereſſant war. Die Gegend ist ge=

Pflicht in Gefangenschaft.

Der französische Legationssecre

birgig, die Stadt selbst liegt an einem Bergabhang, das hervorragendste Gebäude ist ein im venetianischen Styl

tär Couvreville, der seither bei Lopez war, theilte ihm mit

erbauter Palast des Lopez, beziehen konnte.

befohlen habe.

den dieser indeß nicht mehr

Am 12. Januar d. J. ging ich an Bord des Dampfers

daß Lopez bei Cumbarité seine Erschießung als Verräther Da seine Gattin, in des Tyrannen Hän

den, ihn schlimmes befürchten ließ, so befand sich der Mann in einer schlimmen Lage.

Ich hoffte

Was Francisco Solano Lopez anbetrifft, so ist er wohl

dort am folgenden Tag anzulangen, um dann gleich meine Aber der Menschh Reise nach Hause fortseßen zu können.

einer der grausamsten Wüthriche die je existirt haben, ein

denkt und Gott lenkt. In der Nacht betrank sich der Lotse,

Wüstling und persönlich seig. Die zähe Vertheidigung jeines Landes und die Treue seiner Unterthanen hatten.

Espigador, der nach Corrientes hinunter fuhr.

und ich erwachte bei einem fürchterlichen Krachen.

Wir

Tiger in Menschengestalt, nicht ohne Talent, aber ein

waren mitten in den Urwald des Gran Chaco hinein

mir immer eine günstige Meinung für den Mann einge

gefahren, glücklicherweise in eine Cañada (natürlicher Canal),

flößt, und mich die üblen Gerüchte die gegen ihn verbreitet

Ethnographische Würdigung der Bewohner Bengalens.

484

waren bezweifeln lassen. Seit ich aber den Sachen näher fam, und namentlich auch Persönlichkeiten aus seiner näch

rani-Indianer und Mischblut, schon von den Jesuiten an

ſten Umgebung sprechen hörte, schwand mir aller Nimbus . Seine Mutter, von Anfang an gegen den Krieg, hält er

des Gaspar Francia, der allen Verkehr zwischen dem Lande Paraguay und der Außenwelt aufhob, dann unter dem

seit 4 Jahren in strenger Abgeschiedenheit gegen jedermann . Sein leiblicher Bruder, seine Schwester, sein Schwager,

seines Sohnes Francisco Solano Lopez unter dem Tau

der Kriegsminister Barrios, sein intimster Freund, der

men gehalten, sahen in ihren Präsidenten nur ihren Gott,

Bischof ,

der Minister des

Anbetracht

daß

Auswärtigen , Berges ,

der Ruin des Landes sonst

dictatorischen Druck von Carlos Antonio Lopez und nun

in

und wurden gegen dessen Feinde dadurch fanatisirt daß

unaus

man ihnen vorspiegelte sie seien die Gegner der Religion . Da diese Leute von Natur aus sehr genügsam und tapfer

bleiblich sei, verschworen sich an Lopez' Geburtstag ihn bei Gelegenheit der großen Cour in Gutem oder mit Gewalt zur Abdankung zu zwingen.

blinden Gehorsam gewöhnt, später unter dem Terrorismus

Die Unglücklichen hätten

freilich wissen sollen daß bei dem fein angelegten Epionir. Nach kurzem system nichts verborgen bleiben konnte. Proceß wurden alle erschossen, und von da ab alle Reichen,

sind, so konnte es Lopez nicht schwer werden den Alliirten die Stirne zu bieten, die nach jedem auch nur geringen Erfolg, ohne denselben auszunüßen, Monate lang der Ruhe pflogen.

Jest schon soll Lopez wieder mehrere tausend

Fremde wie Einheimische, namentlich Kaufleute, als bei

Mann beisammen haben, und die Lage der Armee so mißlich sein, daß kleinere Abtheilungen sich gar nicht aus

der Verschwörung betheiligt, gefänglich eingezogen, gefol

Asuncion hinauswagen können .

tert

und schließlich erschossen, oder ihnen die Hälse ab

geschnitten. Ein Oberst Martinez,

ein sehr tapferer Officier, war

mit 1000 Mann gegenüber von Humaitá auf einer Insel, zum Gran Chaco gehörig, aufgestellt worden, um die feind

Ethnographische

Würdigung

der Bewohner Ben

lichen Operationen auf dieser Seite zu verhindern, und galens . wurde bei Lopez' eiligem Rückzug abgeschnitten. Nachdem er noch ein argentinisches und ein brasilianisches Bataillon vernichtet hatte, zwang ihn der Hunger sich mit seiner auf 400 Mann geben.

zusammengeschmolzenen Abtheilung

zu

er

Am andern Tag wurde seine Frau und deren

Dienerin gefänglich eingezogen, und ihr auf der Folter das

Das " Edinburgh Review " bringt Auszüge eines In dianisten aus Hunter's Annals of Rural Bengal, aus denen wir folgendes entlehnen. Vor Jahrtausenden (heißt es da), tief in den dunkeln Zeitaltern , lebte eine Urbevölkerung oder vielmehr, wie man im gemeinen Leben sagen mag,

Geständniß abverlangt daß ihr Mann ein Verräther ſei.

eine Ur-Race, denn über sie hinaus ist alles in undurch

Da sie der Folter eine Heldenruhe entgegen sette und nur ihre Verachtung gegen den Tyrannen zu erkennen gab,

dringliches Geheimniß gehüllt — ein Volk welches Wald: striche bewohnte, und sich höchst wahrscheinlich von wilden

wurde sie den Soldaten zum Auspeitschen und zu sonstigen

Naturerzeugnissen und Thieren aller Arten nährte. Diese Stämme sind nicht erloschen, sie sind noch vorhanden in

Ergöglichkeiten übergeben. Mehrere Wochen wiederholte sich täglich dieses traurige Schauspiel, bis der Tyrann endlich gnädigst den Befehl gab ihr und ihrer Dienerin

Formen die vielleicht wenig von ihren ursprünglichen ab weichen, und die gänzlich verschieden sind von denjenigen

die Hälse abzuschneiden.

der Race durch welche sie aus dem Besiz der Tieflande

Als sich bei Tuyuti ein brasilianisches Bataillon erge ben hatte und die Lebensmittel gerade etwas karg waren, ließ Lopez das ganze wehrlose Bataillon niedermeßeln. Vom Rückzug aus Humaitá an wurde jeden Tag eine Anzahl Kriegsgefangener niedergemeßelt. Bei Viletta ward

verdrängt und in unzugängliche Berge und Wälder ver trieben worden waren, wo sie ungestört blieben. So finden wir die Abhänge der Berge von denen das große Becken des Untern Ganges umgürtet ist, von Bergstämmen verſchie: denen Namens bevölkert - den Santals, Kolis, Kocchs,

ein Oberst Robles erschossen, weil er sich von der feind

Bodos, Dhimals,

lichen Uebermacht hatte zurückdrängen lassen.

Bhogtas

Die Kinder

vieler reichen Leute wurden, nachdem die Eltern getödtet, in die Urwälder geschleppt, und von da an hörte man nie mehr etwas von ihnen.

Paraguay, vormals eine Pro

vinz von mehr als 400,000 Einwohnern, soll jest kaum noch 40,000 (?) Röpfe zählen, meistens Frauen und Kinder. Die Anhänglichkeit der Paraguiten an Lopez' Sache ist mir nun ebenfalls erklärlich geworden.

Die Vornehmen,

durch den blutigsten Terrorismus sowie durch ein raf finirtes Spionirſyſtem eingeschüchtert, wagten nicht mehr gegen Lopez aufzutreten. Das gemeine Volf aber, Gua

Paharis, Korewahs, Mundalis und

velche verschiedene Ursprachen sprechen, die

teine, oder nur wenig, Verwandtschaft mit den Mundarten der Ebenen zeigen. In den Ebenen hingegen finden wir viele Mundarten die von einem vergleichsweise hellfar bigen Volke gesprochen werden, das, soweit seine Erinne rung zurück reicht, der Eroberer des Landes gewesen ist. Dieß sind die ariſchen Eindringlinge in Indien, die man, unter einige Classen von Ureinwoh

schwach vertheilt

nern, welche sie bekehrten, jetzt insgemein nur als Hindus kennt. Ueber die Zeit oder die Anzahl der ursprünglichen Man I arischen Einfälle ist nichts sicheres zu erfahren.

Ethnographische Würdigung der Bewohner Bengalens.

kennt von dieser großen Race nichts anderes als die Wir

485

welchen die leztern ihren Besiegern einflößten nie beseitigt. Ihre Sprachen, roh wie die der Ureinwohner im Vergleich

kung welche sie auf die frühe Civilisation der Welt aus übte, und die Thatsache daß sie eine Menge Urstämme dem Zustand der Wildheit entriß. Ueberall, sei man an

mit dem geistigen Sanskrit sind, gingen nie vollständig in

den Gränzen China's, in Persien, in Griechenland, in Italien, in Spanien oder Westeuropa, und selbst in Bri tannien, kann man die Spur der Arier genau verfolgen,

die Wörter selbst besißen, werden sie doch in dem Kauder

einander auf, und obwohl die bengalischen Mundarten Spuren von Sanskrit:Wörtern zeigen, und hin und wieder

wälsch der den Charakter von Ureinwohnern in noch höhe

nicht nur durch ihre Sprache, sondern auch durch ihre Gräber

rem Grad an sich tragenden ländlichen Racen selten, wenn

überreste, ihre Cairns und Cromlechs, die, im Bau sowohl

je, gebraucht oder verstanden.

als in den in ihnen enthaltenen Ueberbleibseln, in Indien und Europa die größte Aehnlichkeit mit einander haben. Das erste heilige Land war ein kleines Gebiet in der

und herabwürdigenden Hinsicht indessen hat der Glaube der Ureinwohner Einfluß geübt auf den reineren Weda

Nähe von Dehli, allein der kriegerische Charakter des Volks führte diese Stämme im Verlaufe der Zeit nach

ner bildete einen Hauptpunkt die Furcht vor den Dämo

Südosten, das Thal des Ganges hinab, wo sie, wie sie

Glauben der Eroberer.

In einer auffallenden

In dem Glauben der Ureinwoh

nen und die Versöhnung mit denselben, da sie, wie man glaubte, schaden, aber nicht schüßen könnten. Die alte

vorrückten und sich niederließen, die Ureinwohner in die Windiya und andere Gebirgsketten südwärts und in die Himalaja Gebirge oder ihre nordwärts streichenden Aus

Weda Religion war ein Glaube an einen wohlthätigen

läufer trieben.

daher erwarten sollen daß diese Entwicklung eines höheren

Hr. Hunter ist der Meinung daß dieſes Vorrücken ein sehr langsames war, und daß die Arier selbst bis zur buddhistischen Zeitrechnung nur wenig gegen. die Könige und Häuptlinge der Ureinwohner auszurichten vermocht hatten : Sie treten , sagt er , zuerst als Buddhisten , nicht als Hindus

auf; ihre Könige

waren Ureinwohner, keine Arier. Niemand kann die ört lichen Denkmale und Ueberlieferungen des untern Thals genau studiren, ohne zu der Ueberzeugung zu kommen daß der Hindu- Glaube, wie er durch Manu und die Brah

Gott, an seine Erschaffung des Menschengeschlechts und Man hätte seine wohlwollende Fürsorge für dasselbe.

Glaubens mit Abſcheu jedes Compromiß mit dem niedri gern abgewiesen haben würde : dem war aber nicht ſo . Die Verehrung der Dämonen gesellte sich dem reinen Hindu thum bei, und der ängstliche Wunsch lieber die bösartigent Gottheiten zu versöhnen als den wohlthätigen zu dienen, bildet jezt einen sehr auffallenden und entwürdigenden Zug des Hindu-Aberglaubens. " Opfer für böse Geister kommen noch immer vor, besonders in Zeiten der Hungers: noth oder strenger Epidemien, und es hat unserer Regie

manen gegründet worden, eine vergleichsweise neuere Ueber tragung vom Norden ist, und daß der Buddhismus die

rung viel Mühe gekostet sie zu verhindern .

erste Form eines tiefer erfaßten religiösen Glaubens war welchen das Bengali Volk erhielt. "

Priester von Nieder- Bengalen dem unersättlichen Dämon, welcher schon vor dreitausend Jahren die Waldstämme in

In Behar, südöstlich von Magadha, war der Einfluß der Brahmanen stärker, allein bis in das vierzehnte Jahr

Derartige Fälle sind sogar noch im Jahr 1866 vorgekom

hundert wurde der heilige Zahn des Buddha in Gaya, dem damaligen „ Jerusalem der Buddhisten, wie es jezt das der Hindus ist, " aufbewahrt. In Folge der Abwesenheit

„ Allein in

Zeiten des Mangels, " bemerkt Hr. Hunter, „ bringen die

Schrecken versette, immer noch Kinder zum Opfer dar. "

men, und Hr. Hunter bespricht sie des nähern. Ein anderer, aber freundlicherer, Ueberrest des Glau

man im allgemeinen daß das Volk des untern Thals des

bens der Ureinwohner iſt die Verehrung der „ Gram Deo tas," der Dorf und Familien- Götter, von denen man annimmt daß sie in wohlthätiger Weise auf die Angelegen=

Ganges in vielen Beziehungen ein ganz anderes iſt als die reinere Race der nordwestlichen Provinzen. Die Brahma

stände göttlicher Verehrung kennt das Volk selbst sehr we

nen haben z . B. weniger Rang: oder Kastenreinheit als die des Nordwestens, welche sich mit denselben nicht verhei

Felsen, Höhlen und Schluchten, oder selbst Thonklumpen.

der hinduischen oder vielmehr der arischen Herrschaft findet

rathen, ja nicht einmal mit ihnen eſſen werden.

heiten des Dorfs oder der Familie einwirken. Diese Gegen

nig.

Sie werden dargestellt durch heilige Steine, Bäume,

Diejeni

„In Birbhum, “ sagt Hr. Hunter, „ besonders im westlichen

gen welche sich ansiedelten, verbanden sich mit Frauen der Landeseingebornen, und ihre Nachkommen werden als un

Grenzlande, ist diese Götterverehrung sehr volkthümlich, und

ehelich betrachtet . In derselben Weise vermischten sich Leute der beiden andern Kasten, der Kschatrya und Waisya, mit

alljährlich einmal begibt sich die ganze Bevölkerung zu einem Schrein im Dschengel, und bringt dort einem in einem Bela-Baume wohnenden Geist Opfer dar. " Bei diesen gottes

dem Landvolke, und die Racen-Vermischung wurde vervoll

dienstlichen Bräuchen fließt Blut in Strömen : es werden

ständigt durch die muhammedaniſchen Invasionen , ſowie

Massen von Thieren geopfert und dann von den Opferern

durch muhammedanische Landstreicher, die sich von Zeit zu Zeit in dem unteren Thal niederließen. Allein troß der

zubereitet und gegessen . Derartige Gebräuche find nicht auf

frühen Verbindung zwischen den Ariern und den Urein

Bengalen beschränkt. In Mittel-Indien, im Dekhan und im ganzen Süden ist die Verehrung der "Gram Deotas "

wohnern in dieſem oder jenem Theil wurde der Abscheu Ausland. 1869. Nr. 21 .

unter den niederern Claſſen allgemein verbreitet ; die Brah 62

Ethnographische Würdigung der Bewohner Bengalens.

486

manen aber nehmen nie, oder sehr selten, Theil an diesen Ceremonien, die zu zeigen geeignet sind wie stark ein aus

niedriger werden und sich in den Ebenen verlieren, nimmt das Hindu :. Element zu. Sie haben keine Idee oder

den Zuständen der Ureinwohner überkommenes Element,

Tradition die ihnen andeutete woher sie kamen.

im Unterschied oder Gegensaß zum brahmanischen Glauben, überall noch vorherrscht.

Sprache war keine geschriebene, auch haben sie keine Ur

Bei dem Vorrang einerseits welchen sich die Arier und

funden.

Ihre

Ueberlieferungen und Sagen gibt es zivar, aber

ſie werfen, so zu sagen, kein Licht auf alte Zeiten.

Dieser

ihre Nachkommen in jeder Lebensstufe und jeder geſell

Stamm war einer von denjenigen die von den Ariern in

schaftlichen Stellung anmaßten

Wirkung hatte daß die Ureinwohner in einen Zustand nie.

die Dschengeln vertrieben wurden ; allein die langen Reihen arischer Könige waren nie ihre Besieger, und wurden ver

endender Sklaverei herabgedrückt wurden

gessen.

was thatsächlich die

war ein Empor

Die Muhammedaner scheinen sie niemals der Be

schwingen der letzteren in eine bessere Lage unmöglich, wie

achtung werth gehalten oder Colonien oder religiöse An

es geschehen wäre wenn man sie zu gesellschaftlicher Gleich

ſtalten unter ihnen gegründet zu haben, wie sie anderwärts

heit zugelassen hätte.

thaten, und so sind sie endlich in ihrem ursprünglichen Zu

In Folge dieser innern Trennung

ward daher von den frühesten Zeiten an der Mangel alles

stande mit uns selbst in Verbindung gebracht worden.

Nationalgefühls ein hervorragender Zug im Charakter des

die Wildheit, so zu sagen, der frühesten Zeitalter des Hindu

bengalischen Volks. Irgend eine Race oder ein Stamm der örtliche Macht besaß, oder gewann, herrschte über die

thums mit den sittigenden Einflüssen des neunzehnten

selben ; Hindu-Fürsten und Könige, sowie muhammeda nische Könige und Satrapen, folgten sich abwechslungsweise ;

Jahrhunderts. Doch das Volk ist kein wildes.

Sie sind eine kühne

unabhängige Race, stolz auf ihr hohes Alterthum, stolz

von Nationalstolz aber ist keine Spur wahrzunehmen, auch

auf die Behauptung ihrer Stellung während Jahrhunder

konnte keiner da bestehen wo die Unterschiede des Volks

ten dynaſtiſcher Umwälzung, eifersüchtig auf ihre Vorrechte, die Hindus verabscheuend, aber voller Achtung vor ihren

so stark hervortraten, und sich dem Ganzen so gar nicht anbequemten.

Dieß läßt sich von ganz Indien überall

sagen, wo immer der Einfluß der Brahmanen ein sehr vorherrschender gewesen.

Es war die Grundlage des Er

folgs der muhammedanischen Macht, wie es die unserer

einzigen Besiegern, den Engländern, und nach Jahrhun derten der Geseßlosigkeit jeßt allgemach zu friedlichen und betriebſamen Gemeinden sich umbildend. Von der Schöpfung der Welt haben sie eine unbestimmte Sage, verbunden auch

eigenen gewesen ist. Wir hatten mit keinen vereinigten. Nationalitäten zu schaffen, also auch mit keinem Patriotis : mus zu rechnen, sondern nahmen unsere Stelle in der

mit einer solchen über die Sündfluth, und diese Legende ist,

langen Reihe indischer Eroberungen ein wie die andern, und fanden bei dem Volke dieselbe Apathie oder Gleich.

weder mit malayischen noch mit chinesischen viel gemein ; er hat ein rundes Gesicht und einen runden Kopf, die

gültigkeit wie sie unsern Vorgängern zu Theil geworden. Vielleicht aber ändert sich dieß in einigen Beziehungen,

Backenknochen sind keineswegs hervorstehend, und die Lip pen nicht dick ; er hat ungefähr die nämliche Größe wie der

besonders da, wie Hr. Hanter uns

um das mindeste zu sagen, sehr seltsam.

Der Santal hat

keine sehr markirte Physiognomie : seine Gesichtszüge haben

erzählt , die nie

gewöhnliche Hindu, ist kleiner als der arische Brahmane,

drigsten Stämme durch unser Erziehungsſyſtem allmählich

schwerer und stärker gebaut als der Hindu, „ein Mann

und sicher geistig gehoben werden.

der mehr zur Arbeit als zum Denken " geschaffen ist.

Im vierten Capitel gibt uns Hr. Hunter eine sehr klare

Wir

können Hrn. Hunter nicht in seine Schilderung der Sprache

und interessante Schilderung des wichtigsten der Urein

dieses merkwürdigen Stammes folgen, die von arischen

wohner Stämme Bengalens, der Santals, mit denen er offenbar in enger amtlicher und unverkennbar freundlicher

Beugungen noch unberührt ist, obgleich sie arische oder Sanskrit Wörter aufgenommen hat ; allein man wird finden

Berührung gestanden .

Sie bewohnen einen Landſtrich

daß diese Abhandlung voll gelehrter Erörterungen ist, und

welcher die westliche Gränze des eigentlichen Bengalens

daher denjenigen unserer Leser willkommen sein wird welche

bildet, rechts sich bis nahezu ans Meer erstreckt, und links an die Berge von Baghulpur stößt einen Landstrichy

die alten und unverdorbenen Sprachen zu ihrem besondern Studium machen. Hr. Hunter nimmt indeß an daß die Sprache

der 400 engl. Meilen lang und 100 engl . Meilen breit, also 40,000 engl. Geviertmeilen groß ist, und eine Bevöl ferung von 21 Millionen Seelen besißt. Sie sind keine

nicht den östlichen , sondern vielmehr den nordöstlichen

schen Ureinwohner, " angehörte, während ihre Sagen auf

Hindus.

ihrem altüberlieferten

Wanderungen hinweisen, bis sie vor den erobernden Ariern

Glauben, und haben noch dieselben Gewohnheiten, dieselben

in den seitdem von ihnen bewohnten Hochlanden eine Zu flucht suchten . Hier finden wir überdieß unverkennbar die Wiege, so zu sagen, der Dämonen-Verehrung. Der

Sie bekennen sich zu

Eigenthümlichkeiten ,

denselben

gesellschaftlichen Zuſtand,

wie vor dem arischen Einfalí vor 3000 oder vielleicht mehr Jahren.

Westlich sind sie jetzt die einzige Bevölkerung ;

Nomadenſtämmen, der "1 ursprünglichen Heimath der indi

nördlich haben sich einige Hindus mit ihnen vermischt, die

Santal hat keinen Begriff von einem wohlthätigen Gott. Seine Religion ist eine Religion des Schreckens und der

fich unter ihnen nieder ließen ; östlich aber, wo ihre Berge

Bitte um Vergebung.

Die einzige Entgegnung welche

Einfluß der Pacific-Eisenbahn auf den Gang des Welthandels.

man einem Missionär am Schluß

einer beredten Schilde:

rung des allmächtigen Gottes machte, bestand in der Frage: Was dann aber, wenn dieser Starke mich eſſen würde ?" Böse Geister und Dämonen indeſſen hat der Santal die Menge,

und hinweggeschwemmt werden. mit den " Vätern" vereinigt. "

487

Auf diese Art ist der Todte

Wie es scheint, führen die Santals ein primitives, ein

Diese

faches und glückliches Leben. In ihren Wäldern haben fie Elemente des Reichthums in Bauholz, Harzen, Bienen

können den Gottlosen strafen, das Vieh tödten, die Ernten verderben, und lassen sich nur durch Opfer und Blut ver: söhnen. In dieser Hinsicht haben wir hier einen mit den

wachs, Arzneistoffen, Holzkohlen und Fellen, für welche sie 1 insgesammt Abſaßwege finden auf den Märkten und Meſſen des Tieflandes . Sie bauen an was sie brauchen, wenig

der Chonds von Orissa, der Gonds und Bhils der Win

mehr, und sind kühne und glückliche Jäger. Eie gebrau chen immer noch den Bogen und den Pfeil, welche in ihren Händen furchtbare Waffen sind. Feuergewehre sieht man

deren Einflüsse abzuwenden ihm viel Sorge macht.

diya- Gebirge und der meisten andern Ureinwohner- Stämme verwandten Glauben, und zwar offenbar denselben der vor dem Einfall der Arier in ganz Indien bestand. Während die Chonds Menschenopfern als dem höchsten Tribut der Dämonen Verehrung fröhnen, ist der Santal glücklicher weise von diesem entsetzlichen Brauche frei, obgleich es keineswegs unmöglich ist, daß er in früheren Jahrhunder "I Wie können wir ten ebenfalls von ihm geübt wurde. Menschen opfern ?" erwiederte einer der Santals .

" Heut

zutage sind die Menschen theuer ; wer könnte ihren Preis zahlen?" Die Santals haben keine Kaste, wohl aber Stammes : abtheilungen unter den nördlichen, wo sie, einigermaßen

nur wenige bei ihnen, und der einzige Gebrauch den sie von dem alten rostigen Luntengewehr machen, ist der daß sie gelegentlich einen Tiger oder Leoparden tödten. Wenn englische Waidmänner zu ihnen kommen, finden sie einen freundlichen Empfang. Der Santal hat einen weit höheren Begriff von der Jagd als ein Hindu oder Mu Die Leute versammeln sich aus freien Stücken

hammedaner.

zu Hunderten, streifen nach großem Wild in den Dschen : geln umher, und die Jagd gewährt ihnen das lebhafteste Vergnügen.

Einfach und gesellig, ist der Santal gast freundlich gegen Fremde, und häusliche Feste scheinen kein

nach Art der Arier, in Könige, Priester, Krieger und Land

Ende zu haben.

bebauer eingetheilt sind. Doch übt dieß keine Wirkung auf Trennung unter dem Volke. Die ganze Nation iſt

seinen Geschäftsangelegenheiten unbedingt redlich.

Er ist höflich ohne zu kriechen, und in

in sieben Stämme eingetheilt, die Nachkommen der sieben

Gegen Frauen ist er achtungsvoll und freundlich, und die Frauen sind freimüthig und bescheiden. Eine merkwürdige Einrich

Söhne des ursprünglichen Gründers der Race. Aus den Nachkommen des fünften Sohns werden die Priester ge

tung ist es daß die Kinder des Dorfes ihren Vorſteher und Ersatzmann desselben haben, wie die Erwachsenen sie besigen,

nommen ; allein es scheint nicht daß dieſe außer Tradition

bildung erhalten. Ihre Feierlichkeiten bei Aufnahme in den Stamm wenn ein Mädchen, in drei Tagen ; wenn

von denen die Regierung, so zu sagen, jedes Dorfs geführt wird. Diese, nebst einem oder zwei Wächtern, genü gen für örtliche Bedürfnisse, und Verbrechen und ver brecherische Vergehen sind fast unbekannt. Wie es bei

ein Knabe, in fünf - und bei Heirathen sind merkwürdig

rüstigen Gebirgsbewohnern nicht ungewöhnlich ist, pflegten

und interessant.

fie vollendete Freibeuter zu sein. Bis zum Jahr 1790 machten sie alljährlich einen Raubzug in das Tiefland, und jagten und plünderten wie es ihnen gefiel ; von dieser Zeit an

und Legenden noch eine besondere Erziehung oder Heran

Ihre Heirathen werden ebenso früh ge

schlossen wie bei den Hindus ;

die beiden Parteien stehen

beziehungsweise meist in einem Alter von sechzehn oder siebenzehn und fünfzehn Jahren.

Nach der Heirath müssen

sie für sich selbst sorgen, und thun es gewöhnlich vollkom Solange Hr. Hunter mit den Santals im Verkehr ſtand, sah er nie einen Bettler.

Die Männer bleiben dem

einen Weibe treu, aber zweite Heirathen ſind nicht unbekannt, wenn aus der ersten keine Nachkommenschaft entspricßt. Scheidung ist selten, und ein einmal gefallenes Weib erlangt ihre gesellschaftliche Stellung nie mehr. Die San tals verbrennen ihre Todten, und die Einzelheiten hiebei

aber ließen sie sich gegen Bezahlung zunächst zur Vernich tung der wilden Thiere gebrauchen und wurden dadurch nach und nach, in großer Anzahl, zu Taglöhnern. Im Jahr 1790 verpflichtete sich die Regierung die Steuer auf reclamirte Ländereien nicht zu erhöhen, und die Santals, verlockt durch ungemein hohe Löhne oder leichte Renten, machten Hunderte von Ländereien urbar, und gründeten einen neuen Bauernstand in Birbhum.

werden folgendermaßen geschildert : „ Eine Ceremonie, und zwar eine sehr schöne, erübrigt die Vereinigung der Todten mit den „ Vätern. " Der nächste Verwandte nimmt einen Sack Reis und die drei (vom Verbrennen geretteten) Stücke Einfluß der Pacific-Eisenbahn auf den Gang des des Schädels, und begibt sich ganz allein an den heiligen Welthandels. Fluß.

Dort angekommen, legt er die drei Stücke des

Schädels auf seinen eigenen Kopf, tritt in den Strom hinein und taucht vollständig unter, sich dabei so vor: wärts neigend, daß die drei Stücke in die Strömung fallen

Die herannahende Vollendung der Eisenbahn zwischen. New-York und San Francisco drängt die Frage auf : welche Veränderungen im Gange des Handelsverkehrs diese und

Einfluß der Pacific-Eisenbahn auf den Gang des Welthandels.

488

Das Vorhandensein dieses Wegs hat indeß

ähnliche Fahrstraßen über das amerikanische Festland be wirken dürften. Diese Frage ist unter zwei Hauptgesichts

verbleiben.

punkten zu betrachten.

verkehr zwischen Ostasien und Australien.

Der erste ist : welche Veränderun

weniger Einfluß auf die zweiteFrage gehabt : denHandels Erst während

gen werden im Gange des innern Handels des Conti

der beiden letzten Jahre hat man versucht ihn für diesen

nents , mit Einschluß der Verbindung zwischen der West küste und den Ländern der alten Welt, entstehen ? Der

Verkehr zu benüßen. Die Panamá , die Neu- Seeland- und die Australian Royal Mail Company haben zwischen Pa namá und Neu- Seeland und Australien eine Dampferlinie

zweite ist : welche Veränderung wird eintreten durch den als durchlaufende Routen,

eingeführt, und die New- York Pacific Mail Company eine

sowohl für den Handel den die östlichen Theile Amerika's mit Asien und Australien treiben, als für den Handel

Gebrauch dieser Bahnen

solche Linie zwischen San Francisco, Japan und China

Europa's mit diesen Continenten ? Die lettere Frage ist eine neue Phase des alten Problems der Entdecker Ame rika's : einen geraden Weg von Europa nach der Ostküste Afiens zu finden.

Das Ergebniß ihrer Mühen und Arbei

ten, obgleich es zur Entdeckung einer neuen Welt führte, war offenbar die Entdeckung gerade der Thatsache daß ihrem ursprünglichen Zweck eine unbesiegliche Schranke

gegründet, welche, mit der Postlinie zwischen San Fran cisco und Panamá das Verbindungsglied zwischen Panamá und China vollendet. Diese Linien aber haben, obgleich sie einiges für den Handelsverkehr Ost-Amerika's gethan, Europa wenig genügt. Man kann Neu- Seeland von Europa aus jest leichter mittelst der Panamá Bahn errei chen als auf den alten Routen, die natürlichen Vortheile aber verbleiben diesen für den Rest Australasiens, während

entgegenstehe ; da nun aber durch die neuere Ingenieur

über Panamá vergleichsweise wenig europäische Handels

kunst, welche den Transit über den Continent zu einer

geschäfte mit China oder Japan gemacht werden.

leichten Sache macht, die Schranke bewältigt ist, so taucht Wird Europa jezt seine das alte Problem wieder auf.

mit Indien findet auf diesem Weg überhaupt nicht statt. Nachdem so viel bereits vollendet worden, entstehen.

schnellste Fahrt dadurch finden daß es seinen Weg westlich einerseits

nun die Fragen : Welche weiteren Erleichterungen bieten. sich dar für den innern Handelsverkehr Amerika's ? und

vielfach in Politik und Speculation eingreifen, haben sie

welche Aussichten werden sich für den Verkehr zwischen

statt östlich nimmt ?

Während diese Fragen

andererseits natürlich für Einzelne auch ihre praktische Seite.

Handel

Europa und Aſien durch die im Fortschritt begriffenen Ver Diese Veränderungen sind von

Es ist Zeit daß Leute welche am Reisen oder an der Be

änderungen eröffnen ?

förderung von Waaren ein Intereſſe haben, die herzuſtel lenden neuen Verkehrsmittel ins Auge fassen.

zweierlei Art : erstens diejenigen welche man zur Verbeſſe rung der Verbindung über Mittel- Amerika beabsichtigt,

Obgleich die immer näher rückende Vollendung der

und zweitens Eisenbahnen , wie die nahezu vollendete, welche den Continent in beinahe seiner größten Breite

Eisenbahnlinie zwischen New -York und San Francisco faſt die einzige in Betracht zu ziehende neue Thatsache, so muß doch nothwendig daran erinnert werden was bereits ge schehen und anderwärts im Fortschritt begriffen ist. Eine sehr bedeutende Veränderung im Gange des Handelsver kehrs ward vor schon ziemlich vielen Jahren durch die Eröffnung der Eisenbahn über die Landenge von Panamá bewirkt.

Hiemit wurde die Herstellung einer schnellen und

vergleichsweise billigen Verbindung zwischen den östlichen und westlichen Theilen des Continents durch einen Weg über den Continent selbst zu Stande gebracht. Alle diese neuen Routen werden vermehrte Verkehrserleichterungen sein - das Princip der Veränderungen war entschieden durch die Eröffnung der Panamá Eisenbahn .

Die Folge davon war für Europa sowohl als für die östlichen Staa ten Amerika's die Beseitigung der langen Fahrt um das Cap Horn für den Post- und Passagier-Verkehr. Die

westlichen Theile Süd- und Nordamerika's lassen sich bereits ungemein schnell erreichen durch den Uebergang über die schmale Landenge Mittel-Amerika's . Vor einiger Zeit ist man daran gegangen eine directe Linie von Dampfern zwischen England und Valparaiso auf dem Weg um das Cap Horn herzustellen, allein wie wünſchenswerth auch aus verschiedenen Gründen diese Linie sein mag, der wesentliche Vortheil der Schnelligkeit wird stets der Panamá Route

durchziehen.

Von der ersteren Art gibt es zwei Projecte, die ziemlich weiter vorgeschritten sind als irgend andere : das eine für eine Eisenbahn durch Nicaragua, das andere für eine solche durch Honduras. Diese beiden Linien liegen weiter nördlich als die bereits bestehende Panamá- Bahn, so daß sie eine beträchtliche Ersparniß an Zeit, besonders in dein Verkehr mit der Westküste Nord - Amerika's , herbeiführen würden.

Größere Vortheile ergeben sich aus demselben auch durch das viel bessere Klima der durchzogenen Länder, die reicheren Hülfsquellen der Länder selbst, und die Vor züge der Ankunfts- und Abfahrtshäfen.

Für den Augen blick indessen scheinen beide Projecte noch nicht ganz zur Ausführung reif zu sein , und vielleicht glaubt man daß die Vollendung der Bahn zwischen New York und San Francisco den Werth des Monopols vermindern werde. Dennoch muß darauf stets ein sehr bedeutender Ver kehr sich bewegen, dem am besten durch eine vergleichsweise lange Seefahrt und eine kurze Eisenbahn Reise entsprochen. wird ; und auf ziemlich lange Zeit hinaus wird kaum irgend welche wahrscheinliche Ausdehnung nordamerikanischer Eisen: bahnen die mittelamerikanische Route ihrer Ueberlegenheit als Verbindungslinie zwischen Europa und Südamerika berauben. Was die Verbindung mit Australien und China betrifft, so scheint es nicht daß Verbesserungen des

Einfluß der Pacific-Eisenbahn auf den Gang des Welthandels .

489

mittelamerikanischen Transits sehr viel bewirken können .

aus die Routen über den amerikanischen Continent benut

Die neuen Linien werden nur um einen Grad beſſer ſein als die alten.

werden ? Die Vorausseßung müßte ſein daß die geweſene Entfernung zwischen Europa und Ostasien in dieser Rich

Wir kommen nun zu den Straßen über den brei ten Theil des Continents. Obgleich die der Vollen

tung geringer, oder daß die Reise auf den benutzbaren

dung entgegengehende Linie durch Utah und Nevada jezt

für diese Hypothese.

von so hoher Wichtigkeit und ein so großer Triumph des

Oft-Asien und Auſtralien sind sehr viel geringer in einer der alten Welt verbleibenden directen Linie, als wenn

Unternehmungsgeistes der Yankees ist, so gibt es doch

Routen kürzer iſt.

Nun, die Thatsachen sind kein Beleg Die Entfernungen von England nach

amerikanischen Publicums beschäftigt haben, und welche sehr

man über die neue Welt geht, und selbst bestehende Routen werden mit den amerikanischen mehr als concurriren. Die

noch zwei andere Plane welche die Aufmerksamkeit des

bald kräftig gefördert werden dürften. Die eine dieser Linien

durch den gegenwärtigen Postvertrag mit der Peninſular

geht weiter südlich durch das Neu- Mexico: und Arizona

und Oriental Company zugestandene Zeit dürfte sich vor

Gebiet, soll aber ebenfalls in San Francisco endigen ; die andere weiter nördlich durch Dacotah und das Oregon

Zeiten über New York und San Francisco, da man 10

Gebiet. Der durchlaufende Verkehr dürfte wahrscheinlich mehr als eine Linie nähren, und die Amerikaner sind

Tage einräumt für die Posten zwischen London und New York und sechs Tage für die Fahrt über den Continent.

theilhaft vergleichen lassen mit den in Vorschlag gebrachten

vertraut mit der Erbauung von Linien welche ihren eigenen.

Die Vergleichung (ohne Einschluß der Aufenthalte) ist

Verkehr fördern werden. Welche Anzahl von Linien aber auch an der pacifischen Küste mündet, man braucht nur

folgende:

einen Blick auf die Karte der Vereinigten Staaten zu werfen, um wahrzunehmen was für eine Auswahl von Einfuhrhäfen es auf der atlantischen Seite gibt.

Sämmt:

liche große atlantische Häfen in den nördlichen Vereinigten. Das ganze öst Staaten können hiezu benützt werden. liche Amerika und Canada wird mittelst des bestehenden Eisenbahn : Nezes ebenfalls in rasche Verbindung mit der pacifischen Küste gelangen . In Wettbewerb mit allen dieſen tritt der rivaliſirende Plan einer Route durch Britisch Nordamerika, die, wenigstens in ihrem westlichen Theil, mehr natürliche Bedingungen für sich zu haben scheint. Wenn diese Linien, oder irgend eine derselben, vollendet sind, d. h. in ungefähr sechs Monaten von jezt an, und wenn New York und San Francisco ein verbindendes Glied haben, so werden die vermehrten Erleichterungen für den innern Handel vervielfältigt sein.

Das ganze

Ueber Marseille und Bombay London nach Hongkong 39 Tage " " !! changhai 43 " " Jokohama 48 "

Ueber New - York u. San Francisco. • • • 47 Tage. 43 " 38 "

Wir können somit nach Schanghai eben so rasch auf der gegenwärtigen Postroute gelangen wie auf der neuen, und ohne eine so lange Eisenbahnfahrt, was für Reisende eine ziemlich wichtige Erwägung ist; auch nach Hongkong kommen wir viel schneller, obgleich, was Jokohama und Japan betrifft, die neue Linie klärlich den Vortheil haben. wird. Fast ganz derselbe Fall ist es bezüglich Auſtraliens und Neu- Seelands. San Francisco iſt um ungefähr 700 engl. Meilen näher bei Neu- Seeland als Panamá, so daß die Fahrt im Stillen Meer sich in drei Tagen weniger, d. h. in ungefähr 21 Tagen, vollbringen läßt, was 37 Tage als die ganze Zeit zwischen London und Wellington

Der erste große Schritt wird gethan worden sein um das

ergäbe. Für Auſtralien indeß wird eine längere Zeit erforderlich sein, so daß der Vortheil immer noch der be ſtehenden Route bleibt. Europa wird sonach durch die neue Route gewinnen soweit es Japan und Neu- Seeland

nordamerikanische Festland zu einem Lande zu machen, von welchem alle Theile in engerer Verbindung mit einan

betrifft, sonst aber in keiner andern Hinsicht, ausgenommen daß es eine Concurrenzlinie nach den entfernteren Häfen

der stehen werden als die Grafschaften Englands vor hun

China's hat. Ist dieß der Fall, so kommt bei den neuen. Routen der indische Handel nicht in Frage.

Innere der Vereinigten Staaten wird eine fast augenblick liche Verbindung mit Häfen an den beiden großen Oceanen. der Welt, dem Atlantiſchen und dem Stillen Meer, beſißen.

dert Jahren, oder, kann man sagen, die verschiedenen Pro vinzen Spaniens heutzutage. Was das übrige betrifft, so sind wir nicht so sicher, wie es die Amerikaner zu sein scheinen, daß, selbst wenn dieses Viele geschehen , der zwischen Europa und Ost - Asien be stehende Durchgangshandel werde abgelenkt werden. Alle

Es ist also keine Aussicht vorhanden für eine bedeu tende Veränderung der Hauptströmungen des Handels verkehrs zwischen Europa und dem östlichen Asien und Australien.

Wenn man sagt daß sich die Schnelligkeit auf

den amerikanischen Routen beschleunigen werde, so läßt sich

amerikanischen leichten Frachten werden gewiß diesen Weg

dasselbe auch von den bestehenden sagen.

einschlagen, und auch viele von den schweren Frachten. Die Bewohner von Chicago dürften mit gutem Grund

trag mit der Peninsular and Driental Company hat keine

darauf rechnen daß sie chinesische Waare eben so wohlfeil von der pacifischen als von der atlantischen Meeresküste erhalten, oder wohlfeiler. Ausland. 1869. Nr 21.

Warum aber sollten von Europa

Der Postver

Vorsorge getroffen für das höchste Maß der Schnelligkeit die wir wahrscheinlich bekommen werden. Wenn man den Versuch mit einer großen Beschleunigung macht, so werden die Routen der alten Welt den Vortheil haben, weil die 63

Die geographische Verbreitung der Krokodile.

490

Schiffe häufiger Kohlen einnehmen können. Die Tragfähig

ganzen keiner besondern Berücksichtigung von Seiten der

keit der Dampfer braucht nicht ſo ſorgſam abgemeſſen zu

Naturforscher zu erfreuen hat, ist in neuerer Zeit durch Hrn. Dr. Alex. Strauch in ausgezeichneter Weise mono graphisch bearbeitet worden. Sein unter den Auspicien der

werden wie auf der langen Cceans - Strecke zwischen San Francisco und Jokohama.

Es gibt auch noch andere

St. Petersburger Akademie der Wiſſenſchaften erschienenes Werk enthält nicht allein die genaue auf das an Krofo:

Gründe warum die große Handelsströmung ſich nicht ver: ändern durfte.

Ist einmal eine Eisenbahn hergestellt über

diliden verhältnißmäßig reiche St. Petersburger zoologische Museum bezugnehmende Beschreibung aller bekannten Reprä

den amerikanischen Continent, so werden wir zwar die bestmögliche Straße in dieser Richtung bekommen haben,

sentanten der Familie, sondern gibt auch zum Schluß eine durch mehrere Kärtchen erläuterte Uebersicht der geo

allein die directe Verbindung zwischen Europa und dem östlichen Asien wird sich unaufhörlich verbessern . Die Er bauung der Euphrat-Thalbahn allein würde einen Unter

graphischen Verbreitung derselben, wie sie wohl in gleicher Ausführlichkeit noch nicht in der zoologischen Literatur vor: handen ist.

schied von sechs Tagen zu ihren Gunsten machen, außer dem Gewinn welchen die Erſeßung Marſeille's durch irgend einen andern Mittelmeer-Hafen brächte.

Hr. Strauch unterscheidet 7 Alligator-,

Was China be:

trifft, so dürfen wiederum die Aussichten auf eine Eisen

12 Krokodil

bahn von Rangun in das Innere nicht übersehen werden, da

und 2 Gavial:Arten, welche sich auf vier Faunengebiete, das nordamerikanische, südamerikanische, afrikanische und asiati

einesolche Bahn geeignet wäre die Verbindung zwischen Europa

sche, in folgender Weise vertheilen :

und Ost-Asien noch mehr zu beschleunigen . Wenn man erwägt

Das nordamerikanische Faunengebiet, welches nur von einem Krokodiliden, dem Mississippi - Kaiman (Alliga tor mississippiensis, le Caiman à museau de brochet der

daß der indische Handelsverkehr der alten Richtung folgen muß, und daß Amerika bloß vortheilhaft concurriren kann für einen Theil des chinesischen und australischen Handels,

Erpétologie générale), dem einzigen Repräsentanten der

unter Bedingungen die mehr und mehr schwinden werden,

Kaimangruppe mit knöcherner Nasenscheidewand, bewohnt

|

wird, umfaßt die Staaten Nord- Carolina, Georgia, Florida,

so wird man einsehen wie wenig Ursache vorhanden ist für die übertriebenen Erwartungen denen man sich hingegeben hat. Der internationale Handel hat nichtsdestoweniger

|

Alabama, Miſſiſſippi, Louiſiana und Texas, oder, mit an : dern Worten, den Ländercomplex welcher zwischen 24 bis

viel zu gewinnen durch die Ausdauer der Amerikaner in

35" nördlicher Br. liegt, und westwärts durch den Rio del

ihrem Werk.

Norte abgegrenzt wird.

Ihre Thätigkeit sollte die alte Welt beschä

men, auf daß sie sich ihre überlegenen natürlichen Vor theile zu Nußen machte, durch welche noch mehr gewonnen werden würde. Wir haben von dem Plan eines Canals durch die Landenge von Darien noch nicht gesprochen einem Plan für welchen sich in New-York unter dem Patronat der

Der nördlichste Punkt wo man

den Mississippi Kaiman beobachtet hat, ist das Flüßchen Neuse in Nord Carolina.

Auch auf einzelnen Inseln, wie

3. B. auf der Dauphin-Insel am Eingange der Bay von Mobile, ist er zu Hause. Die Verfasser der Erpétologie. générale, Duméril und Bibron, haben, in ihrem sonst treff: lichen Buche die Behauptung aufgestellt daß das in Rede

gegenwärtigen Regierung eine Gesellschaft gebildet hat,

ſtehende Thier über die ganze Union verbreitet sei , was

obgleich die nämliche Art von Bemerkungen sich auch dar:

Hr. Strauch mit Recht als einen groben Frrthum be

auf anwenden ließe. Für amerikanischen Gebrauch würde der Canal ein großes und nüßliches Unternehmen sein ; für den Gebrauch europäischen Handelsverkehrs mit Asien

zeichnet. Fast in allen Flüssen, Bächen, Seen und Sümpfen begegnet man dem Alligator mississippiensis, der eine

und Australien wird er, mit dem Canal von Suez ver Die Entfernungen find glichen, im Nachtheil bleiben.

Länge von 15 Fuß erreicht, doch keineswegs so gefährlich zu sein scheint wie man nach Bartrams übertriebener

größer, und damit iſt alles geſagt, wenn es ſich nur um

Eine ungleich größere Schilderung vermuthen sollte. Ausdehnung als das nordamerikanische nimmt das süd

den Handelsverkehr in Dampfern handelt.

So lange als

man irgend einen Handel durch Segelklipper betreibt, wird weder der Suez

noch der Panamá Canal, im Ver

gleich mit der gegenwärtigen Ocean Schifffahrt, eine bedeu tend höhere Anziehungskraft üben.

(Economiſt.)

amerikanische Faunengebiet ein, welches den größten Theil des Continents von Südamerika, die westindischen Inseln , sowie Central Amerika und Mexico umfaßt, und von sechs Alligator und drei Krokodil-Arten bewohnt wird. Dem Kärtchen zufolge welches dem Strauch'schen Werke beigegeben ist, dehnt sich jenes vom 20. Grad n. B. der

Die geographische Verbreitung der Krokodile. Bon Louis Lungershausen. Die in die Gattungen Alligator, Crocodilus und Ga vialis zerfallende Familie der Krokodiliden, welche sich im

Ostküste entlang bis zum 36. Grad s. Br., der Westküste entlang bis zum 6. Grade s. B. aus, und begreift über 1 Mémoires de l'Académie Impériale des Sciences de St. Pétersbourg, VII. Série, Tome X, Nr. 13. Synopsis der gegenwärtig lebenden Krokodiliden von Dr. Alex. Strauch. Leip zig bei Voß. 1 Thlr. 8 Sgr.

Die geographische Verbreitung der Krokodile.

491

haupt den Complex zu beiden Seiten des Aequators in sich

Größe des vorigen, findet sich in allen Flüssen, Bächen

welcher gebildet wird wenn man von der Mündung des La Plata bis zur Stadt Trurillo in Peru, und von beiden genannten Punkten bis zum 20° nördlicher Breite

und Seen von Brasilien, Cayenne und Guayana, lebt

Linien zieht.

Chile und der größere Theil von Peru und

Bolivia sind frei von Krokodiliden.

aber auch in Mexico . Sein Verbreitungsbezirk erstreckt sich also vom 19. Gr . n. Br. bis 17. Gr. s. Br. Der kleine Brauenkaiman (Alligator trigonatus)

Die Verbreitungs :

ist der Zwerg der ganzen Familie (größte Länge 41½ Fuß),

grenze nach Süden zu fällt (wenigstens an der Ostküste),

und gründet seine Speciesberechtigung nur auf eine ge ringe Verschiedenheit der Rückenbeschilderung vom A. pal

ähnlich wie im Norden, mit der Jsothermen - Curve + 15º zu sammen. Ganz genaue Grenzen lassen sich indessen nicht bestimmen, indem ein durch klimatische oder sonstige Ver hältnisse bedingtes Darüberhinausgehen der Krokodilfamilie nicht selten beobachtet worden ist. Die sechs Alligatoren des südamerikanischen Faunen: gebietes find : Alligator niger, A. latirostris, A. sclerops , A. punctulatus, A. palpebrosus und A. trigonatus.

pebrosus.

Bis jetzt ist er bloß in den Nebenflüssen des

Orinoco und Amazonenstroms angetroffen worden. Die Brauenkaimane scheinen an Individuenzahl viel ärmer als die Brillenkaimane zu sein. Höchſt wahrscheinlich trägt die Gefräßigkeit der größeren Gattungsverwandten nicht wenig zur Verminderung der kleinern bei.

Die

ersten vier der genannten gehören , der neueren Syste matik nach, zur Gruppe der Brillenkaimans, die beiden let teren zur Gruppe der Kaimans mit vollständig knöchernen Augenlidern. Der schwarze Kaiman (Alligator niger, le cai man à lunettes der Erp. génér.), welcher gegen 20 Fuß lang wird, bewohnt ausschließlich den Continent von Süd

Von den eigentlichen Krokodilen, die sich von den Alli gatoren dadurch unterscheiden daß ihr vierter Unterkiefer. zahn nicht wie bei jenen in eine Grube, sondern in einen 1 Ausschnitt des Oberkiefers beiderseits eingreift, leben im südamerikanischen Faunengebiete 3 Species : Crocodilus rhombifer, Cr. Morelitii und Cr. acutus. Das Rautenkrokodil (Crocodilus rhombifer, Cro codile rhombifère, Erpét. génér.), welches 8 Fuß lang

amerika, und wird häufig im nördlichen Brasilien, Gua yana, im nördlichen Peru, Ecuador, Neu-Granada ange troffen, scheint aber nach den Küsten hin zu fehlen.

wird, ist auf Mexico, Yucatan und Guatemala beschränkt, kommt aber auch auf Cuba, den Pinos: und den Kaiman

Ueber: Inseln vor.

aus zahlreich lebt er in den Nebenflüssen des Amazonens stroms, wie im Rio Negro, Rio Branco, Rio Madeira,

Höchst wahrscheinlich ist es jedoch in die drei

legtgenannten Drte, ähnlich wie die Alligatoren, erst in neuerer Zeit eingewandert.

überschreitet aber die Quellenflüsse des leßtern, den Mamoré und den Guaporé, nicht. In Peru ist die Südgrenze seines Vorkommens der 6. Grad n. B.

Nach Gonzalo Hernandez de

Oviedo, Historia general de las Indias und einigen andern ältern spanischen Reisebeschreibungen soll es wenigstens im XVI. Jahrhundert auf Cuba noch keine Krokodiliden gegeben haben.

Der Jacaré (Alligator latirostris, Le caiman cy nocéphale der Erp. génér.), der eine Länge von 12 Fuß

Das Fleisch von Cr. rhombifer, sowie das von Cr. acutus bildet eine beliebte Fastenspeise der Mexicaner ;

erreicht, bewohnt ebenfalls nur den Continent von Süd : in Quezaltenango sollen jährlich allein für 100,000 Fr. amerika ,

und

zwar

vorzugsweise den südlichen Theil davon verkauft werden.

Die Jagd auf beide Krokodil

Brasiliens, wie die Provinzen : Matto grosso, São Paulo arten muß daher sehr lohnend und auch wohl nicht sehr und namentlich den S. Francisco in Pernambuco .

Ueber gefährlich sein.

den 36. Gr. ſ. B. geht er nicht hinaus .

Außerdem ist er

Vom Cr. Moreletii ist bis jetzt nur ein 8 ' langes noch im nördlichen Peru und in Surinam heimisch. Der Brillenkfaiman (Alligator sclerops), welchen

Exemplar bekannt, welches von Hrn. Arthur Morelet im

Duméril und Bibron nur als Varietät des vorigen be

See Flores in der mittelamerikanischen Provinz Peten gefangen worden ist. Der Beschreibung nach steht es dem

trachten, erreicht höchstens Mannslänge, und wird ziem lich genau in den Gegenden gefunden wo A. latirostris. Nur dringt jener auch bis nach Bolivia vor. Der gefleckte Kaiman (Alligator punctulatus, le caiman à points noirs. Erp. génér.), iſt ausgewachsen

Cr. rhombifer ſehr nahe, und ist vielleicht nur eine Varietät davon.

vorkommt.

Die größte und wohl gefährlichste Art Amerika's iſt das spitschnauzige Krokodil (Crocodilus acutus , Cr. à museau effilé. Erpét. gén.),

noch kleiner als der vorige, und lebt in Brasilien, Gua: yana und Venezuela zwischen 9. Gr. n. Br. und 5. Gr. ſ. B. , sowie auf den westindischen Inseln Trinidad und Martinique, doch soll er auf leßtern beiden nicht ursprünglich vorhanden gewesen, sondern erst in neuerer Zeit eingewandert sein. Der Brauenkaiman (Alligator palpebrosus, le

caiman à paupières osseuses.

Erp. génér.) , von der

wovon Humboldt über 20'

lange Exemplare beobachtet hat. Nördlich geht dasselbe bis Tampico in Mexico hinauf, lebt ferner in Mittel 1 Der gefrans'te Kamm an den Unterschenkeln, welchen die Alligatoren nicht haben, galt früher, jedoch mit Unrecht, als ein Unterscheidungsmerkmal der eigentlichen Krokodile. Neuern For schungen zufolge fehlt derselbe auch dem Cr. frontatus theilweiſc und dem Cr. planirostris gänzlich, und doch sind beides echte Krokodile.

Die geographische Verbreitung der Krokodile.

492

amerika, und ist ebenfalls nach Cuba, S. Domingo, Ja

1

sei, ja an Zahl nicht einmal wirklich abgenommen habe. "

maica, Martinique, Trinidad, Margarita innerhalb der

Letteres scheint mir indeſſen nur zu beweisen daß die Yan

lehten 3 Jahrhunderte eingewandert. Ueberaus häufig ist es in den Republiken Ecuador, Neu- Granada und Vene

kees bis jezt nicht den ernstlichen Willen gehabt haben das im ganzen nicht sehr gefährliche Thier zu vermindern ;

zuela anzutreffen.

Die spiße Schnauze des erwähnten

Thiers, welche namentlich bei halbwüchsigen Jungen sehr charakteristisch hervortritt, stellt es dem gavialartigen Kro fodil nahe . Das afrikanische Faunengebiet, das größte von allen, umfaßt den ganzen Continent, mit Ausnahme des Stücks welches nordwärts abfällt wenn man von Theben, resp . dem entsprechenden Punkte der Küste des rothen Meeres,

denn daß sich eine Ausrottung gefährlicher Krokodile erzie len läßt, kann man auf den Sunda-Inseln ſehen, wo die holländische Regierung durch Aussehen von Tödtungsprä mien eine wesentliche Abnahme des Leistenkrokodils z . B. auf Celebes _____ wie das Ausland neulich berichtete bewirkt hat.

Die maſſenhaften Mumien kaum fußlanger

Krokodile die man in den ägyptischen Gräberstätten findet, lassen sicher vermuthen daß die Unterthanen der Pharaonen ebenfalls alles aufgeboten haben der Vermehrung der ge

bis zum grünen Vorgebirge eine Linie zieht. An Species zahl ist es hingegen das ärmſte der 4 Gebiete, indem nur 3 Arten Krokodile , Cr. frontatus, Cr. vulgaris und Cr.

fährlichen Panzerechse in dem ihre Existenz bedingenden

cataphractus, innerhalb desselben leben.

res bis hinter Theben wird die Folge davon gewesen sein.

Das Stirnkrokodil , Cr. frontatus, wovon bis jetzt

Strom Schranken zu sehen.

Ein Zurückweichen des Thie

In den 20er Jahren unseres Jahrhunderts soll das Nil

nur sehr wenige und zwar nicht über 5 ′ lange Exemplare in den Sammlungen vorhanden sind, erreicht wahrscheinlich

krokodil, unbehelligt von den indolenten Fellahs,

eine ansehnliche Größe und schließt sich seinem Aeußern nach den Alligatoren an. Es ist sogar von Autoritäten So mit dem Alligator palpebrosus verwechselt worden.

haben die sichertragenden Büchsen des

weit bekannt ist, bewohnt es das äquatoriale Westafrika

lange schwarze Krokodil (Crocodilus cataphractus, Cr. à

Als Fundorte

nuque cuirassée, Erp. gén.) , ist wegen ihrer langen Schnauze

zwischen 7 Gr. n. Br. und 2 Gr. s. Br.

werden die Küstenflüſſe Old Calabar, Gabun und Ogobay

vielfach

wieder unterhalb Thebens bemerkt worden sein. Jezt freilich englischen Jagd

touristen jede Spur dieser Neuansiedlung vernichtet. Die dritte Afrika bewohnende Art, das bis 30 Fuß

als Repräsentant der gavialartigen Krokodile anzusehen. Es bewohnt ausschließlich das weſtafrikaniſche Küſtengebiet,

bezeichnet. und zwar die Gegend welche zwischen dem Aequator und

Das schon den Schriftstellern des grauen Alterthums bekannte Nilkrokodil bewohnt nicht nur den Strom Afrika's dem es seinen Namen verdankt, sondern fast alle Flüsse, Bäche und Seen von Nubien, Sennaar, Abessinien, Mo sambik und Sofala ; ferner die Insel Madagascar, sowie

17 Gr. n. Br. liegt. Wohnorte sind der Senegal, der Zadsee, Cap Palmas, Liberia, der Niger und Gabun. Auf Fernando Po ' fehlt es. dem Nilkrokodil nicht nach.

An Gefährlichkeit steht es

Das asiatische Faunengebiet umfaßt alle südaſiatiſchen

Lourenzo Marques an der Delagoa Bay, das Betschuanen land, Natal und das Capland, den Zaire, Dgobay, Gabun,

Küstenländer von Vorder-Indien östlich bis zur Halbinsel Korea hin, ferner die Sunda-Inseln, die Molukken, Phi

Niger und Senegal, ja ſelbſt, nach Strauch, den Oranjefluß, der bisher öfters von Reisenden als „ krokodilfrei “ bezeichnet worden ist. 1

Das nicht selten 30 Fuß lange und sehr

gefährliche Thier schwankt örtlich sehr stark, ſo daß seine Ab arten von Geoffroy St. Hilaire sogar als selbständige Species aufgestellt worden sind.

lippinen, Neu-Guinea, einen Theil der Nordküste von Au stralien (namentlich um den Golf von Carpentaria herum) und einen Theil der oceanischen Inseln. Die Nordgränze ist nicht genau zu bestimmen, doch fällt sie wenigstens in Korea

mit der Jsothermen- Curve + 15º zuſammen .

Das Uebersichtskärtchen des Strauch'schen Werkes läßt Die allgemeine und, wenn ich nicht irre, auf classische irrthümlich das Stromgebiet des Indus außerhalb des Beweisstellen gegründete Ansicht daß das Krokodil früher bis zum Delta des Nil vorgekommen und erst durch die Cultur bis hinter Theben zurückgedrängt worden sei, zicht Hr. Strauch in Zweifel. Er weist darauf hin wie sie mit der Thatsache im Widerspruch stehe : „daß der Miſſiſſippi

Faunengebietes fallen, während wir aus Reiſebeſchreibun gen wissen Reisebericht einer englischen Dame im „ Aus: land" - daß die Nebenflüsse jenes, wie der Dschelam und Tschinab, von Krokodilen wimmeln . Die Bewohner des vierten und letzten Faunengebiets

kaiman, in dem Flusse von dem er den Namen trage, durch die dortige höhere Cultur keineswegs ausgerottet worden 1 Höchst wahrscheinlich wird der Oranjefluß, ähnlich wie der Senegal, nur theilweise von Krokodilen bewohnt. Aus Mage's Reisebericht haben wir erfahren daß in leßterm Fluſſe Hunderte von (engl.) Meilen lang keine Krokodile bemerkt wurden, und erst dann wieder erschienen als dieser keine Cascaden oder Strom schnellen mehr bildete. Die Krokodile lieben durchaus ruhiges Waffer.

sind die Krokodilarten : Cr. palustris, Cr. siamensis, Cr. biporcatus, Cr. pondicherianus und die Gavial - Arten Gavialis Schlegelii und G. gangeticus. Das Sumpfkrokodil , Cr. palustris , wovon man Exemplare über 15 Fuß lang fennt, lebt in fast ganz Südasien, namentlich auf den beiden indischen Halbinseln. und auf Ceylon ; ferner, doch etwas weniger zahlreich, auf den großen Sunda- Inseln, in Nord Australien und sogar

P Die geographische Verbreitung der Krokodile.

auf den Seychellen.

Wie schon der Name ſagt, find Sümpfe

sein Lieblingsaufenthalt.

Der Verbreitungsbezirk wird

nördlich vom 25. Gr. n . Br. , im Süden vom 16. oder 17. Gr. s. Br. begrenzt, und zieht sich von den Seychellen, also vom 75. Gr. östl. L., bis zum westlichen Theile der Nordküste von Neu-Holland, alſo bis zum 150. Gr. östl. L., hin.

Naturalienhändler gesendet worden war.

493 Näheres über

diese etwas zweifelhafte Art ist nicht bekannt. Das Geschlecht der Gaviale, deren lange, zahnreiche, an den Schnabel der Sägetaucher (Mergus) erinnernde Schnauze mit zwei Intermaxillar 3 Ausschnitten zur Auf nahme der zwei ersten Zähne des Unterkiefers versehen

Das bis jetzt noch nicht ausreichend bekannte fiame sische Krokodil (Crocodilus siamensis, Cr. à casque, Erp.

ist (Alligatoren und echte Krokodile haben an der ent sprechenden Stelle zwei tiefe Gruben), bewohnt in seinen zwei Repräsentanten, wie oben schon bemerkt wurde, aus:

gén.) steht dem Sumpfkrokodil sehr nahe und ist in Siam

schließlich das aſiatiſche Faunengebiet.

und Cambodja zu Hause, scheint aber auch auf Java vor zukommen. Es sind Exemplare von 10 Fuß Länge bekannt.

Der Schlegelsche Gavial (Gavialis Schlegelii), welcher durch seine langen den Zwischenkiefer erreichenden Nasenbeine an die Krokodile erinnert, erreicht eine Länge

Das am weitesten verbreitete und gefährlichste Krokodil, dem alljährlich viele Hunderte von Menschen zum Opfer fallen, ist das Leistenkrokodil (Cr. biporcatus, Cr. à deux

von 15 Fuß, und ist bis jetzt sicher nur in Borneo be: obachtet worden, lebt aber wahrscheinlich auch in Java.

arêtes, Erp. gén.).

Die Entdeckung dieser Species geschah vor etwa 25 Jah: ren, ihren Namen hat sie zu Ehren des berühmten Direc tors des Leydener Museums (Echlegel) erhalten .

Es bewohnt nicht nur dieselben

Orte wie Cr. palustris, ſondern dringt westlich bis zu den Seychellen, den Amiranten und Mascarenen und östlich

es in Border-Indien ( auch im Indus ) und in Hinter-Indien,

Das seit Jahrhunderten bekannte Schnabelkrokodil des Ganges, die Mudela (Gavialis gangeticus), erreicht eine

und geht der Küste entlang bis zur Halbinsel Korea.

bis zu den Pelew- und Fidschi-Inseln vor. Sehr häufig ist

In

Länge von 25 Fuß und ist bis jetzt sicher nur im Ganges

China kommt es zwar vor, doch scheint es daselbst nicht häufig zu sein. Wahrscheinlich haben die betriebſamen

beobachtet worden. Höchst wahrscheinlich kommt es jedoch auch noch anderswo vor, was schon die Verfasser der Erpé

Söhne des Landes der Mitte schon seit lange verstanden.

tologie générale vermuthen. In neuerer Zeit wird nament lich noch der Indus - Reiseberichte im „ Ausland “ — als

sich des unangenehmen Geſellſchafters zu erwehren ; Japan hingegen ist ganz frei davon.

Wohnort bezeichnet. Wenn die im Krokodilweiher Magger :Pir bei Karatschi von Priestern unterhaltenen heiligen Kroko.

Eine Landplage ist das Leistenkrokodil auf den Sunda dile wirklich echte Gaviale sind, so liegt es sehr nahe daß

Inseln, weil die fataliſtiſch gesinnten Einwohner nur schwer dazu zu bringen sind der raubgierigen Bestie energischen Krieg zu erklären.

sie aus dem Indus stammen. So häufig auch die Mudela im Ganges lebt auf der kurzen (?) Fahrt auf dem

Die dortigen Zeitungen veröffentlichen Hugli nach Calcutta bemerkte Schomburgk viele davon -

alljährlich Listen der den Krokodilen, Schlangen und Tigern zum Opfer Gefallenen.

so sind doch Exemplare desselben in den Sammlungen selten.

Ganz gegen die Gewohnheit der übrigen Krokodile geht

Die St. Petersburger besitzt zum Beispiel kein

einziges.

das in Rede stehende Thier auch ins Meer und bewohnt stille Buchten, namentlich auf den Nikobaren, den Philip pinen, in Nord-Australien, sowie auf den Pelew und

Krokodil (Crocodilus planirostris, Cr. de Graves, Erp.)

Fidschi-Inseln.

war früher in der Sammlung des Grafen Journu, und

Den vorhandenen Schädeln nach zu urtheilen, muß es

Von zwei Krokodil- Arten ist das Vaterland unbekannt. Das nur in einem 4 Fuß langen Exemplar bekannte Alligator

ist gegenwärtig im Museum zu Bordeaux aufgestellt.

Da

ausgewachsen eine Länge von 30 bis 35 Fuß erreichen . Den größten derartigen Schädel welchen ich kenne besigt

es der erste Besizer von dem Arzt eines Sklavenschiffs

das zoologische Cabinet in Gotha, 1 ich habe keinen gleich

Afrika stammt.

großen im Britischen Museum zu London gefunden. Der Verbreitungsbezirk des Leiſtenkrokodils reicht nach Norden bis zum 35. Gr. n. Br. (Korea), nach Süden bis zum 20. Gr. s. Br., und wird im Westen von 75. Gr. ö. L., im Osten vom 195. Gr. ö . L. von Ferro begrenzt.

gekauft hat, so steht zu vermuthen daß es aus West

Von dem gavialartigen Krokodil , Cr. intermedius (Cr. de Journu. Erpét. génér.), ist ebenfalls nur ein 8 Fuß langes Exemplar im Museum zu Bordeaux vorhanden. Früherer Besizer war gleichfalls Graf Journu . Es spricht manches dafür daß Cr. intermedius in dem Orinoco zu Hause sei.

Ein naher Verwandter des Leiſtenkrokodils, und vielleicht Alle Freunde der systematischen Herpetologie werden nur eine Varietät desselben, ist das Pondichery-Krokodil das ganz im Geiſte Cuviers abgefaßte Strauch'sche Buch (Cr. pondicherianus), welches sich nur in einem 12 Zoll langen Exemplar im Britischen Museum befindet. Es stammt aus Pondichery, von wo

es

an einen Pariser

1 Ein Geschenk des holländischen Schiffs-Capitäns Ullmann .

willkommen heißen, und wenn auch dadurch die Krokodil

1 Gavialis Schlegelii hat 76 bis 78 Zähne ; G. gangeticus 106 bis 108 Zähne ; Cr. vulgaris 66-68 Zähne ; Alligator punctulatus 74 Zähne.

Eine schwedische Lenzfeier.

494

acten noch nicht vollständig abgeschlossen sind, so wird es doch für viele auf diesem pfad und uferlosen Gebiet eine Leuchte sein.

ohne rothes Kleid zur Kukuksfeier, " fuhr Freund A. fort, nicht unabsichtlich ein rothſeidenes Taschentuch hervorziehend und damit übers Gesicht fahrend (Larsson bemerkte das Manöver mit wohlgefälligem Lächeln), und in Småland sind die Alten dieser Sitte bisher treu geblieben. " Jezt bemerkte ich in der That viele rothe Schürzen und Hals:

Eine schwedische Lenzfeier. Ich hatte bereits manchen altschwedischen Festbrauch

tücher in der Gruppe und wollte meinem Freunde die Ent deckung mittheilen, als Larsson Ruhe gebot und mit lauter Stimme fragte :

kennen gelernt, der, wiewohl im Heidenthum wurzelnd, doch im Volksleben immer noch frische Blüthen treibt ; die Ku

„Habt ihr alle gegessen ? " „ Ja, " rief es von allen Lippen. „Haben die Herrschaften etwas genossen ?" fragte

kuksfeier aber, die, so viel mir bekannt, nur den Provinzen des alten Gothenreiches eigenthümlich ist, kannte ich bisher bloß aus der Beschreibung.

er etwas leiser, sich gegen seinen Herrn verbeugend. Auch wir bejahten .

Ich freute mich deßhalb als

ein Pfingstbesuch in Ostgothland mir Gelegenheit gab die sem Feste beizuwohnen, und hoffe mich nicht zu irren, wenn ich vermuthe daß eine kurze Schilderung desselben auch für deutsche Mythenforscher von Interesse sein wird. „ Der Kukuk ist da ! " meldete eines Tages der Inspec tor dem Gutsherrn, unter deſſen gastlichem Dach ich mich aufhielt. "IDie Jugend beabsichtigt diese Nacht Gauchota 1 zu halten. "

„Hat ein jeder Stahl an sich, oder ein Stückchen Geld in der Tasche?" fragte er weiter. Abeimaliges Ja! Das Stückchen Brod vor dem Ausmarsch wird nicht. allein als „Vogelbissen" betrachtet.

Ohne etwas genossen

zu haben, sei es auch nur ein Glas Wasser, wagt sich kein schwedischer Bauer vor Sonnenaufgang ins Freie, weil sonst die Nachtgeister Macht über ihn hätten.

Nachdem Larsson die Ueberzeugung gewonnen daß alles " Er soll uns willkommen sein, “ erwiederte der Herr. Die Birken sind ja grün : Gauchruf von grünem Zweig

regelrecht vorbereitet ſei, gab er das Zeichen zum Aufbruch. Paarweise schritt die Jugend voran, jeder Bursch sein

macht Bauern und Hirten reich ! Sorge nur dafür, Lars

Mädchen am Arme führend.

son, daß es bei der Feier hergeht wie sich's ziemt, und daß

gen hinterdrein.

aller moderne Firlefanz unterbleibt. "

den grünen Saatfeldern lag der Thau, feierliche Stille herrschte in der Natur, alles trat leise auf, alles flüsterte,

Der Inspector, welcher mit seinem Herrn aufgewachſen und grau geworden war, nickte beifällig und trat ab. Jm

Wir folgten mit den übri

Es war eine herrliche Mainacht.

Auf

allgemeinen lieben die Leute es nicht daß die Herrschaft

um den Vogel, falls er in der Nähe sei, nicht zu stören . Am Rand eines mit Birken untermischten Tannengehölzes

sich an der Feier betheiligt.

Freund A., welcher Väter:

erhob sich ein Berg, zu dessen Füßen ein grüner blumiger

Brauch in Ehren hält, läßt es ſich indessen nicht nehmen dabei zu sein und ist bei allen Volksfesten willkommener

Wiesenteppich ausgebreitet lag. Dort machten wir Halt. Die Frauen und Mädchen packten die Vorrathskörbe aus,

Gast.

Als wir Abends schlafen gingen, erhielten wir die

Weiſung uns pünktlich und warm gekleidet beim Appell einzufinden. Um 2 Uhr Morgens waren alle Gäste im Hofe ver sammelt. Als ich ins Wohnzimmer trat, reichte die Haus ´hälterin mir ein Gläschen Wein, den „ Vogelschluck, “ und den Vogelbissen, " ein Stückchen Brod ; denn wer den. Gauch hört ohne gegessen zu haben, der wird von ihm bethört und ist das ganze Jahr zu keiner Arbeit nüße. „Wie stattlich der Inspector in seiner rothen Weſte aussieht !" bemerkte ich dem Gutsherrn. " Die hat er nicht.

umsonst angelegt, " erwiederte er. " Sehen Sie sich nur einmal die alte Maja, die Hühnerfrau, an. " Jch folgte der Richtung seiner Hand, und gewahrte ein bejahrtes

die Burschen sammelten dürre Reiser und zündeten das Feuer an.

Wurde ein Kichern oder Schwaßen der Mäd

chen hörbar oder mit den Taſſen und Tellern geklirrt, da gerieth der Inspector in hellen Zorn. " Verscheucht ihr den. Vogel, so ist die ganze Reise umsonst," schalt er, und ruft er bevor wir den eigentlichen Vogelschluck im Magen haben, so mögt ihr selbst für die Folgen einstehen. " Daß es ihm bitterer Ernst mit dem Vorwurfe war, merkten die Mädchen an der unsanften Berührung ihrer Arme. Bald war der Kaffee fertig, der nach dem frühen Spaziergang trefflich mundete, und namentlich konnten die Körbe mit den frischen Weizenbrödchen nicht rasch ge. nug wieder gefüllt werden. Aber alles ging ohne Geräusch, und die Unterhaltung ward durch Zeichen und flüsternd

Mütterchen in rosenrothem Baumwollenkleide, rother Schürze und rothem Kopftuche.

In alter Zeit ging niemand

geführt. Larsson spähte nach allen Himmelsgegenden .... Wir lauschen mit verhaltenem Athem : St! Da ist er!

1 Diese Uebersetzung des schwedischen Wortes Gökotta dürfte Kukuk! ruft es aus einiger Entfernung, Kufuf ! - ,,Aus „Aus manchem bedenklich scheinen, hat indessen Berechtigung, insofern Westen !" flüstert der Gutsherr, und „ Gott sei gedankt, " ota auch im Deutschen die Frühstunde von 3-6 Uhr bezeichnete. | Larsson hinzu. Der Buchhalter schenkt eilig den sezte Richtiger wäre freilich die Schreibart Gauchuhte, da ôta, wenn braunen Meth ein, und läßt den Becher herum gehen zum ich nicht irre, niederdeutsch, uhte althochdeutsch und mittelhoch deutsch ist. 1 freudigen Opfertrunk, denn

Eine schwedische Lenzfeier.

495

dann gehen sie in Erfüllung.

West-Gauch ist der beſte Gauch, und Oft-Gauch ist Trost-Gauch ; aber Nord-Gauch ist Trauer-Gauch, und Süd-Gauch ist Todten- Gauch.

Eine Maid die eine stille

Liebe im Herzen trug, wünschte : Per Persson, ein Knäb: lein und 12 Kühe. Die Furcht der Vogel möge aufhören zu rufen bevor sie die Wünsche ausgesprochen, verwirrte

An einigen Orten heißt es freilich : Süd- Gauch ist Butter : Gauch, d. h. er verkündigt ein gutes Butterjahr ;

ihre Zunge, und sie erbat sich vom Kukuk: Per Persson,

aber West Gauch ist der beste Gauch ; aus Westen hatte

zum Kummer ihrer Familie in Erfüllung.

eine kleine Kuh und 12 Knäblein ! Und dieser Wunsch ging

er gerufen, darum macht der Methbecher fleißig die Runde. Noch darf aber die Freude nicht laut werden, denn man

Uebrigens trifft das Mädchen welches allein den Kukuk aufsucht arge Neckerei, denn der Vogel steht in dem Ruf eines lockeren.

hat noch manche Frage an den Vogel zu richten. erhebt das Glas und beginnt:

Buben." ,, Da steht der Baum, " sprach der Inspector, welcher unserm Gespräch zugehört hatte, auf eine ziem

Larsson

Kukuk auf dem Zweig,

lich entfernt stehende Birke zeigend, „ die Wettermädels

Sag mir gleich Wie viel Jahr

haben ihn wahrhaftig selbst herausgefunden. Die Welt wird immer flüger : früher wußte keine den Baum ohne Larssons Hülfe zu finden jezt brauchen sie ihn

Bis zur Todtenbahr ? Kukuk! ruft der Vogel, dann schweigt er.

Der Alte

ſeßt das Glas hin ohne getrunken zu haben, und wendet sich ab, um noch ein paar Reiser auf das herabgebrannte Feuer zu legen. Die Versicherung der Anwesenden daß der Kukuk nicht immer die Wahrheit rede, scheint er zu überhören.

nicht mehr.

Der Gauch hat recht :

Zeitliche segnen ! . .

diese wehmüthigen Betrachtungen, „hat keiner von euch Lust den Bittgang zu thun?" - Niemand antwortete, aber die schielenden Blicke verriethen daß dieser und jener gern gegangen wäre, hätte er nicht den Spott der Gesell schaft gefürchtet.

„ Der Vogel ist karg mit seinem Ruf, " flüstert der Buch: halter dem neben ihm fißenden jungen Mädchen ins Ohr, " frag ihn, wieviel Jahre Du noch auf den Brautkranz warten mußt." Sie sieht ihn lächelnd an, und hat kaum

er kann gern das

„Ha, Freunde," unterbrach er

Gelingt es einem Manne den Kukuks

baum zu umarmen, und während der Kukuk ruft ein Vaterunser zu beten, da ist ihm wundersame Heilkraft ver liehen allen Kranken, namentlich kranken Frauen, bringt

die Frage gestellt, als der Kukuk beginnt : Eins, zwei, drei, vier .... bis zwölf hat sie schon gezählt, und blickt zag. haft auf den Freund. Der Gutsherr, welcher das Pärchen.

er Heilung und Hülfe durch Auflegen der Hände (oder Umknüpfen seines Strumpfbandes).

beobachtet hatte, rief ihr schalkhaft zu : „Tröste dich, Lisa,

Geige hervor und rief zum Tanze.

er sizt auf dem verkehrten Zweig, dann gilt seine Antwort nicht." Allgemeines Gelächter folgte diesem Scherz,

Ringgolska an, selbst die alte Maja und wir anderen, die bisher die Zuschauer abgegeben hatten, mischten uns

Lisa verbarg ihr glühendes Gesicht hinter der Schürze.

in den Reigen.

Jezt wird die Unterhaltung lebhafter. Die Aelteren disputiren darüber ob es Wahrheit oder Fabel sei daß der Kukuk sich nach dem Mittsommer in einen Habicht oder

übergegangen, und dieſe löste ſich in den gewöhnlichen Rund

Falken verwandelt. Der Gärtner schwört daß er im Sep tember noch einen Kukuk gesehen habe der dem Habicht sehr ähnlich gewesen sei, und der Kutscher will im Späth herbst einen Habicht gesehen haben der „ Kukuk ! " rief.

Unten in der Wiese beginnt die Jugend ihre Frühlings: spiele. Erst wird " ums Kämmerchen gekämpft ;" dann folgt das " Wittwenspiel" (das legte Paar heraus), „Habicht und Taube," u. s. w. Mit lebhaftem Vergnügen folgte

Unten auf der Wiese holte jezt der Gärtner seine Da trat alles zur

Schon war die Ringgolska zur Langgolska

tanz auf, als Larsson Ruhe gebot. sprach er gen Osten zeigend. wir den Berg hinauf,

Die Sonne kommt,"

Den Spielmann voran, zogen

aller Augen wandten sich nach

Osten, wo der leuchtende Sonnenball eben am Horizont aufstieg. Ringsum feierliches, ehrfurchtvolles Schweigen : ein stummes Gebet ! Mit denselben Andachtschauern hatten die Väter seit nahezu zwei Jahrtausenden an diesem Ort die Sonne betrachtet.

Ich bete die Sonne an, weil sie

das lauterste, herrlichste, segensreichste ist was mein Auge schaut und meine Seele denkt, " sagte einst ein heidnischer

ich dem Verlauf dieser Spiele, als Freund A. mich auf ein Paar junge Mädchen aufmerksam machte die heimlich fort

Isländer als man ihn nach seinem Glauben fragte -

geschlichen waren und den Saum des Waldes entlang eilten. " Denkt an Per Persson !" rief er ihnen nach;

Freund A. brach das Schweigen : „ Danket dem Herrn für Sonne und Segen, d. h. für den Segen den die

allein sie hörten ihn nicht mehr.

Sonne schafft," sprach er, " und dann, Kinder - laßt uns

Persson ?" fragte ich.

,Was ist's mit Per

Der Alte lachte.

"1 Sie wollen die

wer möchte ihm widersprechen ?

noch ein Tröpfchen Warmes bekommen. "

Rasch eilten die

Kukuksbitte wagen, und da erinnere ich sie an eine be kannte Anekdote, " erzählte er. Gelingt es den Kukuks

Frauen den Kaffee zu wärmen, und unterdessen schwärmte die Jugend durch Wiese und Wald um Frühlingsblumen

baum, d. i. den Baum auf dem der Kukuk sitt, zu um

zu pflücken.

armen, und, während er ruft, drei Wünsche auszusprechen,

sich zur Speise wählt, sind noch nicht aufgeblüht ; davon

Die eigentlichen Kukuksblumen , die der Kukuk

Eine schwediſche Lenzfeier.

496

pflückt man um Mittsommer einen Strauß und hebt ihn

die Beziehung dieses Vogels zu Donar oder Thor abermals

als glückbringend das ganze Jahr auf.

außer Zweifel gestellt. Wir finden hier eine Stüße für eine früher von uns aufgestellte Hypothese : daß nämlich die rothen Röcke, Schürzen, Westen 2c. unserer niedersächsischen

Nachdem der Kaffee getrunken und die Methflaschen zu Ehren des " Westgauchs" geleert waren, mahnte Larsson zum Aufbruch.

Da zeigte es sich daß die Gesellschaft bei

weitem nicht vollzählig war, und ungeachtet alles Rufens und aller Signale stellten sich die Flüchtlinge nicht wieder ein. Der Gutsherr that Fürsprache: es wird heute doch nichts gescheidtes mit der Arbeit, " meinte er ; allein der Alte war schwer zu besänftigen. Es steckt kein Dienst eifer mehr in der Jugend, " brummte er, wo das hinaus soll !"

weiß der Kukuk

Der Gärtner spielte ein Liedchen auf, und unter fröh lichem Gesange sette sich der Zug in Bewegung. Jubelnd stieg die Lerche aus dem Saatfelde zum Himmel empor, von dem die Sonne warm hernieder schien, und aus der Ferne vernahm man das Balzen der Auer und Birkhühner echte Maienlust. Die treffliche Disciplin beim Aus marsche schien bedenklich gelockert.

Bald war es ein Blüm

Bauern als Ueberreste des Donar- Cultus zu betrachten seien. Die Edlen, die blonden Jarlstöchter trugen als Odinsdiener blaue Gewänder ; Odin selbst erschien im blauen Mantel . Roth war die Farbe Thors ; rothe Kleider trug man an seinen Festtagen ; ein rother Rock gilt als heilkräftig bei allen Krankheiten und Uebeln welche die Elben (die Feinde Thors) dem Menschen anthun ; darum breitet man auch ein rothes Tuch über das Butterfaß, wenn die Butter sich nicht aus der Milch scheiden will u. s. w. Thor schirmt den Ackerbau ; die Bauern gingen nach ihrem Tode nicht zu Odin, sondern zu Thor. Was lag näher als daß sie ihn am höchsten verehrten, seine Farben trugen ? In Schweden war der Thorcultus vorherrschend bis zur Einwanderung der Suinonen, welche den Odins und

chen am Wege, bald ein grüner Strauch welcher die jungen. Mädchen verlockte aus Reih und Glied zu treten, und

den Vanen -Cultus einführten, und ihre überlegene Bildung nach jeder Richtung hin geltend machten. In den niedern

natürlich folgten die Burschen, um beim Pflücken behülflich zu sein. Die Furcht vor dem Inspector schien ganz ver schwunden -- wer anders war daran schuld als der Kukuk ?

Echichten der gothischen Provinzen aber blieb Thor der Gott ; dort feiert man noch heute seinen 1 Wochentag und die Gauchôta ; bei Stjernarp (Ostgoth. land) wird sie auf dem Thoreberg gefeiert.

Dem Alten schien es der Vogel auch angethan zu haben : er war und blieb verdrießlich.

vornehmste

Er vergaß daß auch er

einst jung gewesen sei und es nicht anders gemacht habe,

Der Glaube daß der Kukuk sich nach Mittsommer in einen Habicht verwandelt, ist weit verbreitet. Er stirbt

denn mit dem Kukuk zieht der Lenz, zieht die Liebe ins Land und in die Herzen. Er ist der Vorbote der sommer.

wenn er das frische Heu riecht oder Gerste frißt, und er steht wieder als Habicht oder Falke.

Wenn die nordische

lichen Gottheit, gleichsam der Hochzeitbitter zur göttlichen und die deutsche Sage den Vogel nicht in Verbindung Vermählungsfeier ; er predigt Liebe und Lust ; er ist durch den Verkehr mit der Gottheit selbst vorschauend geworden, ja der Gott pflegt zuweilen sein Kleid zu leihen und als Vogel zu erscheinen ――――― welch Wunder denn daß man dem

mit Thor oder Donar bringen und den Gott nicht als Vogel auftreten lassen, so ist das kein Beweis gegen diese ehe malige mythische Vorstellung der Germanen.

Frigga und

Freya besigen ein Falkenkleid ; der Habicht wohnt im Gipfel Kukuk göttliche Verehrung zollt, ihn um die Zukunft be fragt, Erfüllung seiner Wünsche von ihm hofft und haupt sächlich in Liebesangelegenheiten seinen Schuß anruft ! *

Die mythische Grundlage der hier beschriebenen Lenz feier ist so unverkennbar, daß wir sie nicht weiter darzu

des Welt- oder Götterbaumes, und Odin erscheint in Vogel gestalt. Auch von Indra, der sich, wie Mannhardt erschö pfend dargethan (Germanische Mythen S. 1-242), nicht allein als Gewittergottheit, sondern in jeder Hinsicht, mit Donar nahe berührt, heißt es daß er als Kukuk und als Habicht erscheine.

thun brauchen. Diejenigen unserer Leser welchen der weit: verbreitete Cultus des Kufufs weniger bekannt ist, und die sich darüber zu unterrichten wünschen, verweisen wir

Als Habicht verfolgte er den in eine

Taube verwandelten Agni, der bei dem König Usinara Schuß suchte : dessen mußten wir unwillkürlich gedenken als wir die schwedische Jugend beim Kukukfeste

auf Dr. Mannhardts Abhandlung über den Kufuf in Wolfs Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde III., S. 209-298 ; 398-405 ; 413. Die rothe Fest kleidung (für die Frauen : rothe Strümpfe, Kleider, Tücher und Schürzen ; für die Männer rothe Westen und Tücher) wurde und wird zum Theil noch jezt von den schwedischen Bauern nur dreimal im Jahr angelegt : bei der Gauch ôta, am Grün-Donnerstag und am Himmelfahrtstage. Die leht genannten waren hohe Festtage der Donar-Verehrer, und wenn dasselbe Kleid welches man zur Ehre Donars ge. tragen auch zur Kukuksfeier angelegt wird, so ist damit

Habicht und

Taube" spielen sahen. Auch die andern Spiele sind nicht ohne Bedeutung. Der Kampf ums Stübchen" erinnert an den Kampf des „Winters " und des „ Sommers “ um die Herrschaft auf Erden, und in dem "1 Wittwenspiel" 1 Diese Thorfeier beſteht darin daß die Bäurin am Donnerſtag Abend die Kammer säubert, das Spinnrad abſtäubt und den Tisch mit weißem Leinentuche deckt, ſowie mit Speiſen und brennen den Lichtern besetzt für Thor und Frigg, welche in der Nacht übers Land ziehen, und bei denen die sie in Ehren halten ein zusprechen pflegen. Daß sie damit heidnischen Götzendienſt treiben , fällt den gottesfürchtigen Leuten nicht ein.

Temperaturen in größeren Seetiefen.

offenbart sich das Verlangen nach einem Genoſſen, um sich ihm liebend anzuschließen.

497

Temperaturen in größeren Seetiefen.

In einem Kukuksspiele, deſſen

eigentliche Bedeutung unklar bleibt, bis es gelingt mehrere Va rianten zu sammeln, lockt der Kukuk seine Jungenund ſpeist

Bezüglich der Frage der Meerestemperatur, insbeson dere aber derjenigen die in großen Tiefen vorherrscht, ist

ſie mit Kukuksblumen . Ein zweites , zu welchem man Text und

der kürzlich der Londoner Royal Society von Dr. Car

Melodie bei Arwidsson : Svenska Fornsånger 111, findet,

penter und Dr. Wyville Thomson vorgelegte Bericht sehr

scheint beim Abzug des Vogels gesungen worden zu sein. Der Reigen beginnt mit den Worten : " Der Gauch sißt auf dem

interessant und belangreich. Diese Herren wünschten durch unmittelbare Versuche die Wahrheit der Behauptungen des

Kirchendach, vermag kaum noch zu rufen.

verstorbenen Edward Forbes zu erproben : ob und in welcher

Will der Bursch

(die Maid) zum Tanze gehen, Reich er (sie) die Hand und mög'

aufstehen 2c. "

Nachdem

Tiefe des Meeres organisches Leben zu bestehen aufhöre

alle Mitspielenden zum

Behauptungen die durch die Sondirungen Hrn . M'Clintocks,

Tanze herbeigeholt find, wird eine Ringgolska getanzt,

im „ Bulldog,“ sowie durch andere mit dem „ Lightning "

und danach beginnt die Abschiedsscene. Das anführende Paar geht zu dem nächststehenden, und singt : „ Und sollen wir verlieren den Biedermann N. N. So lebe denn wohl

während seiner Kreuzung auf der Höhe der Westküste von

du Biedermann N. N. 2c. " So nehmen sämmtliche Paare Ab schied von einander, und damit endet das Spiel. In eini

biologischen Frage die man durch die Expedition gewann, haben wir hier nichts zu schaffen, wohl aber verdienen die

gen Gegenden werden die Kukuksfeste vom Mai bis Jo

Beobachtungen über Temperaturen in großen Seetiefen eine besondere Beachtung.

Echottland im verflossenen Herbst erlangte, beträchtlich in Zweifel gezogen worden waren.

Mit den Ergebniſſen der

hanni gefeiert, in andern nur einmal. Vielleicht war es ursprünglich eine Willkommens und eine Abschiedsfeier,

Bekanntlich hat man beinahe allgemein angenommen

und mag alsdann bei der leßtgenannten der von Arwids :

daß der Meeresgrund in großen Tiefen mit einer Schicht

son mitgetheilte Chorreigen gesungen worden sein. Ankunft des Kukuks fällt in den April oder Mai.

Die In

der Grafschaft Mark heißt es : Wann de kukuk räupt ter rechten tît (ruft zur rechten Zeit), räupt he vêrtein Tage vor Sünt Vit ( 14 Tage vor St. Veit) .

In Schweden

heißt der 29. April „ der Gauchtag, " und wurde auf dem Runenkalender mit einem Kukuk bezeichnet.

Doch pflegt

der Vogel sich gewöhnlich erst im Mai hören zu laſſen, und dessen sind die Landleute froh ; denn ruft er vom kahlen

Wasser bedeckt sei das eine Temperatur von 39º 5 F. besige. In niedrigen Breiten sei, sagte man diese Schicht mit wärmerem Wasser bedeckt als ihr eigenes ; in hohen, mit kälterem Wasser. Diese Ansicht wurde von einem Manne wie Sir J. Herschel in seinen verschiedenen Schrif ten über Meteorologie und physische Geographie unterſtüßt. Diese Temperatur ist indessen die der Maximaldichtigkeit süßen Wassers ; während das Verhalten salziger Auf lösungen ein ganz anderes ist als das des süßen Waſſers unter ähnlichen Umständen. Die unmittelbaren Versuche

Zweig, so verkündet er Mißwachs.

Ob derKukuksmorgen in Deutschland noch jetzt feierlich begangen wird, ist uns nicht bekannt. In England deutet das cuckoo-ale (Mannhardt in Wolfs Zeitschr. Ill . S. 216) auf ein ähnliches Fest, und an Spuren fehlt es auch bei

von Despre an Seewasser welches Freycinet aus dem südlichen Stillen Ocean gebracht hatte, stellten die folgen: genden Thatsachen außer allem Zweifel. Die Dichtigkeit des Wassers bei 68° F. war unter ge

entgegen gestürmt"

wöhnlichen Umständen, d . h. wenn es mäßig bewegt war,

zu sein (Mannhardt a. a. D. S. 213) , und amHarz gehen

1.0273 ; es gefror bei 27°.4 ; wurde es aber sehr sorgfältig

uns nicht.

Man scheint dem Kukuk

die jungen Leute gemeinschaftlich in den Wald um den Kukuk in Liebesangelegenheiten zu befragen. Dem Bauern

abgekühlt, so erreichte es bei 25.4 seine Maximal- Dich

zieht der Vogel die Handschuhe aus und nimmt ihm die

tigkeit. Nach Desprez's Versuchen, die in den Comptes Rendus

Pelzmüße ab. Wer den Kukuk gehört, darf Dickmilch essen und den Speck anschneiden : da werden die ersten Speck

für 1837 veröffentlicht worden, ſtellte Sir J. Roß während seiner antarktischen Expedition Proben an über die Tem

wecken gebacken ; kurz, der Kukuk vertreibt

peratur in verſchiedenen Tiefen, es gelang ihm aber nicht irgendwelches Wasser anzutreffen von einer niedrigeren Tem peratur als 39º. Lange vor dieser Zeit indeß hatte Gene

den Winter

und erschließt alle sommerlichen Freuden und Genüſſe, und wenn er jetzt auch unverdientermaßen in dem Ruf eines lockeren Burschen steht, so ist doch sein Leben wie das eines heiligen Wesens unter den Schuß des Gesezes gestellt, und kein Vogel kann sich rühmen Gegenstand so zahlreicher

ral Sabine in den arktischen Gegenden Belege erhalten. für das Vorhandensein von Wasser einer viel niedri geren Temperatur als 32°, in Tiefen von etwa 700 Faden. Neuere von Capt. Shortland im Indischen Ocean an

Lieder, Reimsprüche und Erzählungen zu sein. gestellte Beobachtungen haben zu geführt.

ähnlichen

Ergebnissen

Indeß waren die bisher hiezu gebrauchten Instrumente sehr unzuverlässig, da die Gradanzeiger, besonders des Maxi mum Thermometers, der Verrückung ungemein ausgesetzt

Ter brüllende Sand des Dschebel Nágús (auf der finaitischen Halbinsel).

498

waren, so daß häufig eine Temperatur als Maximum an

Wenn solchergestalt eine beträchtliche Menge sich in Be

gegeben wurde die nicht so hoch war wie die Oberflächen: Temperatur. Eine derartige Thatsache wirft Mißtrauen

wegung sezt, und allmählich den Abhang hinunter rollt wie irgendeine zähe Flüssigkeit, dann beginnt der Schall ―――― zuerst ein tiefes, schwellendes, vibrirendes Wehllagen,

auf die mit dem nämlichen Instrument gemachten Beob achtungen der Minimum-Temperatur. Daneben gerathen diese Thermometer, wenn man sie in eine horizontale Lage bringt, leicht in Unordnung ; was besonders zu er 勇 warten ist wenn die Sondirungsleine fie, wie

es zu

weilen geschieht, in verkehrter Lage heraufbringt ! Indeſſen hat im Verlaufe des verflossenen Jahrs das Hydrogra phische Bureau den Verbesserungen dieser Thermometer

das nach und nach zu einem dumpfen Brüllen anschwillt, und laut genug ist um auf seinem Höhepunkt furchterregend zu wirken ; dann wird es allmählich wieder schwächer bis der Sand zu rollen aufhört. Es ist schwer den Schall zu beschreiben.

|

Vielleicht ist der allerrauheſte Ton

einer Acolsharfe die beste Vergleichung die ich anſtellen kann, oder selbst der durch das Ziehen des Fingers um den

große Aufmerksamkeit geschenkt, und der „ Lightning " wurde | nassen Rand eines tieftönigen Glasfelches hervorgebrachte Klang, nur daß in dem von dieſem rollenden Sand er: daher mit den neuen Muster- Instrumenten ausgestattet, von denen man mehrere in guter Ordnung zurückbrachte, so daß die von ihnen gelieferten Ergebnisse Vertrauen verdienen.

zeugten Ton weniger musikalisches liegt. Heißer Ober: flächen Sand schien stets heller zu klingen als die kühleren

Die Hauptthatsache in Betreff der Temperatur, worüber

in der vollen Hiße der Nachmittagssonne, als der Ober:

die Expedition Gewißheit erlangte, ist daß über einer ge gewissen Fläche zwischen den Faröern und den Orkney Inseln Wasser vorhanden ist welches in einer Tiefe von

flächenſand eine Temperatur von 103 ° F. (31½" R.) hatte. Sand welcher lange ungestört gelegen, schien empfindlicher

500 Faden eine Temperatur von 32º beſiht, während bei andern in den angrenzenden Bezirken vorgenommenen Sons

Sonach war der erste Versuch an irgendeinem Theile des Abhangs stets befriedigender als die folgenden, und die

dirungen die Temperatur in gleichen oder selbst größeren Tiefen beständig als über 45° registrirt wurde . Einmal

zweiten.

fand man in der kalten Waſſerfläche Grund mit 140 Faden, und als Minimum Temperatur ergab sich 41 ° 7, was be weist daß die Abnahme der Temperatur mit der Tiefe fort schreitet.

(Quarterly Journal of Science.)

Schichten unterhalb.

Den lautesten Schall erhielten wir

als derjenige der kurz zuvor in Bewegung gewesen war.

Versuche des ersten Tags fielen besser aus als die am Daß dieser Schall rein örtlich und oberflächlich

ist, und zunächst von Reibung herrührt, dürfte, glaub' ich, durchaus nicht zweifelhaft sein.

Ich konnte den Schall

in schwachem Grade sogar dadurch hervorbringen daß ich Sandschichten mit einer raschen Bewegung meines Arms vorwärts strich. Die Beduinen haben eine romantische und kindische

Der brüllende Sand des Dschebel Nágús (auf der

Sage in Betreff dieses Ortes, in welcher ein Kloster und Mönche, ein Reisender und ein Morgen-Imbiß, sowie ein „ Nágús," oder ein hölzernes Kloster- Gongong, eine ganz besondere Rolle spielen .

Der Dschebel Nágús ist nicht mehr so geheimnißvoll wie

Von dieser Sage hat der Berg Dschebel Nágús " erhalten ; allein die Ver gleichung zwischen dem einen Schall und dem andern ist

vormals, doch sind seine Phänomene sicherlich sonderbar, und eine Erklärung derselben ist nicht leicht. Von unserm

äußerst unpaſſend. Die bestunterrichteten Araber von Tur versicherten uns alles Ernſtes : man könne den Schall nur

Lager in Abu Suweirah aus brachte ich zwei Tage mit

an Freitagen und Sonntagen hören ; da ich aber meine

der Untersuchung der Berge zu. indem ich Photographien aufnahm und Proben von Sand und Gestein sammelte. Wilson ersuchte mich einen Bericht über den Befund zu

Versuche mit einigem Erfolg an einem Sonnabend anstellte, so fürchte ich daß diese Behauptung nicht sehr gegründet ist. Bei ruhigem und beständigem Wetter wird, meines

verfassen, und ich hoffe dieß binnen kurzem thun zu kön Mittlerweile kann ich nur eine allgemeine Schilde nen.

Bedünkens, eine freiwillige Bewegung des Sandes selten vorkommen ; allein ich sah genug um die Ueberzeugung zu

rung geben.

telmeilen in gerader Linie von dem Meere, füllt ein Abhang

gewinnen daß während starker Winde, und möglicherweise nach Regen, solche Störungen nicht selten stattfinden dürf

von Triebsand, der 400 Fuß hoch ist und etwa die Rich

ten.

finaitischen Halbinsel) .

seinen Namen

An einem Punkt, ungefähr drei (engl.) Vier

tung nach WSW. hat, eine weite Vertiefung in der Reihe von Sandstein-Bergen welche an die Mündung des Wady Arabeh auf seiner südlichen Seite angränzen.

Dieser Sand

ist so ungemein fein und trocken, und liegt in einem so steilen Winkel (ungefähr 30°), daß er von irgendeinem Punkt am Abhang,

oder selbst durch Abkragen

eines

Theils an seinem Fuße, leicht in Bewegung zu sehen iſt.

(Aus einem Briefe H. S. Palmers, eines Mitglieds der englischen Erforschungs- Expedition in die biblischen Länder, an das „ Athenäum. “)

Zu Fuß nach Braſilien.

Bu

499

bereitet und verzehrt hatte, legte ich mich in die an einige

Fuß nach Brasilien.

Pfosten der Hütte geschlungene Hängmatte.

Von Karl Ferd. Appun. Die heutige Tagreise war die stärkste die ich je in 2.

Süd-Amerika zu Fuße gemacht habe, denn von Morgens 7 Uhr bis Abends 6 Uhr war ich ohne Unterbrechung,

Von Rupununi nach dem Takutú. (Fortschung.)

außer einigen viertelstündigen Rasten in einer Hiße von Die Hütten der Niederlassung waren denen der Macu

110° Fahrh. (im Schatten), in der meist sonnigen Savane

schis gleich, vollkommen rund, aus einer niedrigen Lehm wand und dem in eine Spitze auslaufenden, 30 Fuß

im Geschwindschritt, wie die Indianer ihn gewohnt sind,

hohen, mit Palmwedeln gedeckten Dache bestehend.

Die

Guayana's hat der Reisende die Wahl nur zwischen zwei

Wapischiannas pflegen in der Regel ihre domförmigen

Ortsbewegungen : entweder im Boot auf den Flüssen oder,

Hütten, ohne irgend eine Lehmwand, einzig und allein nur aus Palmblättern zu bauen.

wo dieß nicht

Die Pauhischiannas betrachteten mich bei meiner An

unter quälendem Hunger und Durst marſchirt.

möglich ist, zu Fuße.

Im Innern

Die eine Hälfte

des Landes von der Küste aus nach dem Jnnern beſteht aus Urwald, die andere bis zur brasilianischen Grenze

kunft mit neugierigen Blicken, sie hatten nie zuvor einen

aus offenen Savanen ; nur dicht an der Küste befinden

Weißen gesehen.

sich europäische Niederlassungen, der Urwald wie die Sa

Ihre Haut hatte eine kränklich aussehende

gelbbraune Färbung, ihre Statur war kleiner und ihre Ge sichtsbildung von minder angenehmer Form als die der Wapischiannas. Jch erblickte unter ihnen die erste und einzige mißge staltete Körperform die ich je unter den Indianern ange=

vane sind nur von wilden Indianern bewohnt, die nicht daran denken Wege durch ihre Gebiete zu führen.

Um

zu diesen wilden Völkern zu gelangen, ist nur der Waſſer weg möglich auf den großen Flüssen mit ihren vielen zum Theil sehr gefährlichen Katarakten, eine Strecke von

troffen, einen wahrhaft wilden Quasimodo, der als zweiter

ca. 300 geogr. Meilen, die zu Boote in 2 Monaten zurück

Thom Thumb in Europa sich hätte sehen lassen dürfen.

gelegt wird, bevor man in die Region der Savane gelangt.

Der arme Mann war von zwerghafter Gestalt, und in

In dieser ist von Wegen, außer schmalen Indianerpfaden ,

seiner Verwachſung einem Walliser Cretin nicht unähn lich, er fiel mir unter den schlanken kräftigen Wapi schiannas und Atoraïs ungemein auf, und ich war um so

nicht die Rede, noch weniger von Pferden ; man hat ſich

dings starke Leistungen zugemuthet werden müſſen.

mehr über seine Erscheinung verwundert, als die Indianer

dieser Weise hatte ich meine frühere Reise von Roraima

gewohnt sind

im geringsten mißgestaltete Kinder sogleich

nach der Geburt zu tödten .

allein nur auf seine eigenen Füße zu verlassen, denen aller In

nach Pirara zu bewerkstelligen, in welder ich einen ganzen

Einer meiner Reisebegleiter,

Monat hindurch täglich in der drückendsten Sonnenhiße

ein Wapischianna, wohnte in dieser Niederlassung , und

in der offenen Savane von Morgen bis Abend zu Fuß

seine Frau war sogleich bereit mich beim Eintritt in die

zu gehen hatte, und auf welcher oft einige Tage vergingen

Hütte mit Paiwari zu versorgen. So widerlich dieses Ge

bevor ich Wasser antraf, da dergleichen Reiſen nur in der

tränk mir ſtets gewesen, so war es mir doch heute bei dem quälenden Durst sehr willkommen, und ich leerte schnell die

trockenen Jahreszeit, wo die kleinen Savanenflüſſe ohne Wasser sind, unternommen werden können.

mir gereichte volle Calabasse.

Nach einem stärkenden Schlafe war ich Morgens zeitig auf, und ermunterte die Indianer die Morgenkühle zum

Der Paiwari ist ein sehr

erfriſchendes und zugleich durch die vielen darin aufgelösten Cassadebrodstücke sehr nahrhaftes Getränk, ähnlich einer so genannten Bier-Kaltschale, jedoch von saurem Geschmack und ekelhafter Zubereitung.

Einige frische, flache, große Cassade

Marsche zu benüßen.

Solche Mahnungen fruchten jedoch

nichts bei ihnen , denn sie lassen sich durch nichts in ihrer altherkömmlichen Weise und Bequemlichkeit stören.

kuchen und ein Topf voll in starke Capsicumbrühe gekochtes

Wenn sie auch meist vor Tagesanbruch aufstehen , um,

Tapirfleisch wurden vor uns auf eine auf die Erde gebrei

wenn irgend möglich, das gewohnte Morgenbad zu nehmen, so legen sie sich doch nach demselben stets wieder in die

tete Matte gestellt, und die Indianer, mit ihrem stets ge ſegneten Appetit, langten gierig zu, rissen große Stücke des Cassadekuchens ab, tauchten sie in die scharfe Pfeffer:

Hängmatte, um plaudernd die in den feinen Bast der Lecythis ollaria gewickelten Cigarren bis etwa zum Sonnen:

brühe, und verzehrten sie mit kleinen Stückchen Fleisch, die

aufgang um 6 Uhr zu rauchen.

fie gleichfalls mit den Fingern von den im Topfe befind

ein Brei aus Caſſadeſtärke oder auch von Caſſadekuchen,

lichen großen Stücken abrissen.

gekocht,

einem

Ich begnügte mich mit

Stück Cassadebrod, welches in frischem Zustande

einiges Fleisch geröstet,

Dann wird das Frühſtück,

wobei alle für längere

Zeit um das fertige Eſſen hocken, von dem schließlich nicht

recht wohlschmeckend ist ; die unappetitliche Gewohnheit die Finger als Messer und Gabel zu benutzen, sowie die in

die geringste Spur übrig bleibt.

dianische Manier das Fleisch mit Haut und Haaren zu kochen und zu verzehren, schreckte mich vom Genusse der im Topf

die Tragkörbe gesteckt.

befindlichen Delicatessen ab.

mit den sie umringenden Bewohnern der Niederlassung,

Nachdem ich mein Abendessen

Darauf werden die Hängmatten losgeknüpft und in Jezt erst, zur Abreise gerüstet,

Bogen und Pfeile in der Hand , beginnen die Gespräche

Zu Fuß nach Braſilien.

500

welche durch ihre Endlosigkeit mich oft in die größte Unge duld verseßten ; die Pfade nach der nächsten Niederlassung werden aufs genaueste, mit all den Einzelheiten wie sie zu einer Planzeichnung erforderlich sind, beschrieben, Auf träge und Grüße mitgegeben, bis dann endlich um 7 oder 8 Uhr, unter vielfachem tomba-wai, Matti ! die ganze Gesellschaft, einer hinter dem anderen, aufbricht, nachdem jeder der Abgehenden den zurücklassenden Bekannten mit der rechten Hand an die Brust geklopft hat, was mit einem deutschen Handschlage gleichbedeutend ist.

mit großen schwarzen Felsblöcken bedeckten, von Bergen um gebenen tiefen Thalkessel führte, in welchem eine wahr haft höllische Hiße herrschte. Zwar war der Kessel mit Curatella Bäumen bewachsen, die wenigstens etwas Schatten gaben, jedoch hinderten sie nicht die beklemmenden Einwir kungen der schwülen Luft auf die Athmungsorgane.

Eine schmale Echlucht bildete den Ausgang aus dem den wir so schnell als es uns möglich war durcheilten, doch führte er uns nur wieder in einen von

Kessel ,

hohen kahlen Gebirgszügen gebildeten Engpaß. Die Sonne stand senkrecht über uns, und schoß ihre glühenden Strah

Vor uns zog sich gegen Norden das Uſſade: (auf den Karten fälschlich Cursato oder Ursato genannt), gegen

len in das enge Thal und auf die schwarzen chaotisch

Süden das Turuau Gebirge hin, zwischen beiden hindurch führte unser Weg. Alle diese Gebirge am rechten Ufer

durcheinander geworfenen Felsblöcke welche die Abhänge der zu beiden Seiten liegenden langen Gebirgszüge bedeck ten, und die drückende Atmosphäre durch ihre heißen Aus

des Takutú, jedenfalls südliche Ausläufer des großen Ca nucu Gebirges ,

erheben sich unmittelbar ohne Vorberge

strömungen nahezu in eine Backofenhige verwandelten. Nicht der leiseste Lufthauch durchzitterte die Luft, vor

aus der oberen Savane, und scheiden sich durch ihre bis in die Savane hinabreichenden Senkungen streng von ein ander.

Beide Gebirge sind bis zum Gipfel bewaldet, nur

Hige flimmerten die vor uns liegenden Berge, und nicht ein Tropfen Wasser war weit und breit um den furcht: Die Indianer in ihrem fröh baren Durst zu löschen.

an einzelnen Stellen des Ussade- Gebirges treten gewaltige glimmerreiche Granitmaſſen in schroffen Abstürzen zu Tage.

lichen Uebermuth, den sie auf der Reise stets an den Tag legen, hatten große Luſt das hohe dürre goldgelbe Gras

Das Streichen des letzteren ist von Nord nach Süd in einer Ausdehnung von fünf geogr . Meilen, und sein höchster Punkt erhebt sich nicht über 3000 Fuß über dem Takutú.

anzuzünden, ich untersagte ihnen dieß jedoch aufs schärfste, da die Hite ohnehin kaum zu ertragen war.

Von nicht geringerer Höhe und gleicher Ausdehnung ist

Zwei Stunden mußten wir in diesem Engpasse, von

das Turuau - Gebirge , das ſich aber von dem vorigen durch seine vielen Einsenkungen nach Osten zu auszeichnet.

Schweiß triefend und mit ausgedörrter Kehle, uns fort: bewegen, und ich habe wohl nie während eines zwanzig jährigen Aufenthalts in Südamerika die Hize so drückend

Nachdem wir eine Strecke in der Savane über große, zu Tage gehende schwarze Granitflächen , die mit einer

gefunden als an diesem Tage ; ich bewunderte nur die

Unzahl von Melocactus in verschiedenster Größe besetzt.

Indianer, welche meine blechernen, schwarz lackirten, den unmittelbaren Sonnenstrahlen ausgesetzten Kisten, die ich

waren, marſchirt, gelangten wir an den Fuß des Turuau gebirges, an deſſen nördlicher Seite der schmale kaum sichtbare Indianerpfad sich dahinzog. Die von den beiden

vor Hige mit den Fingern nicht berühren konnte, auf dem bloßen Rücken trugen, und ohne die geringste Klage, viel mehr in lustigem Scherze, damit vorwärts eilten.

Gebirgen begrenzte Savane mußte, ihrer saftreichen Ve getation von üppigen hohen Gräsern, Ecitamineen und

Endlich wichen die Berge zurück, und in einer halben Stunde befanden wir uns wieder in der offenen Savane,

Itapalmen zufolge, in der Regenzeit hier einen großen See die trotz ihrer Schattenlosigkeit doch bei weitem der engen bilden, was auch die zahlreichen steinigen vom Gebirge. Schlucht vorzuziehen war.

Mein Diener wankte nur noch

herabkommenden tiefen Schluchten anzeigten, in welche dem . Anschein nach ungeheure Waſſermassen in der Regenzeit herabstürzen. Jeht waren sie ausgetrocknet, nur ihre in der Savane als natürliche Gräben meilenweit dahin sich ziehenden Ausläufer waren mit einigem Wasser angefüllt, Wir an welchem dichte Reihen von Jtapalmen standen.

vorwärts und war für jeden äußeren Eindruck unempfäng lich. Eine herrliche Landschaft aber war es die vor uns sich aufrollte.

Rothbraune kahle Hügel mit flachen Gipfeln

erhoben sich in der Ferne aus der schwarzen verbrannten Savane, endlos scheinende Reihen von Jtapalmen zogen sich von den Füßen derselben in die Ebene hinaus, und

passirten eine Menge dieser Gräben, deren rothbraunes gleich einem dunkelblauen breiten Bande wand ſich in Wasser leider, wegen der Unmasse darin befindlicher ver faulter Früchte der Mauritia, nicht zu genießen und der maßen scharf war, daß das Durchwaten desselben an der

weitester Ferne der hohe dichte Wald, der die Ufer des Takutú begränzt, dahin. Im Süden erhob sich in zart blauer Färbung die hohe Kette des Taurutu- Gebirges,

Haut der Füße einen heftig juckenden Ausschlag (ground itch) bewirkte. Endlich endete, dicht vom Gebirge um

während weiter zurück, gegen Südwest, das seltsam ge formte Mondgebirge (Kairade

schlossen, die seeähnliche Ausbreitung der Savane,

wir hatten eine von der Natur roh über einander gewor fene Felsenmauer zu erklettern, die uns in einen engen, 4 Lebe wohl, mein Freund!

der Wapischiannas, Serra

und

1 Der Name Kai-irite auf den Karten ist gauz unrichtig ; dieses Gebirge heißt in der Wapiſchianna- Sprache „Kairade, “ von „Kaira, der Mond,“ und „ de“ (in der Macuſchisprache doe), „Stein, Fels," welches Wörtchen dem eigentlichen Namen zu

Zu Fuß nach Brasilien.

da lua der Brasilianer) ſich aufthürmte.

Es war ein

501

diesen Pflanzen sieht dürr und todt aus, einzig und allein

majestätischer Anblick wegen der wahrhaft zauberischen Far

ihr Laub prangt in üppigem saftigem Grün, und ein herr

benpracht, in welcher die ganze Landschaft prangte, und

licher Blüthenflor schmückt im Beginn der Regenzeit dieſe kleinen aus dem ebenen Grasmeer emportauchenden grü

der für uns noch genußreicher dadurch wurde daß eine frische Brise sich erhob.

nen Felseneilande.

Es sind namentlich verschiedene Arten

Wir waren bereits zwei Stunden vom Ausgang des

der Clusia, Lechthis, Anona, Cassia und Mimosa welche

Engpasses entfernt und passirten eine Gruppe folossaler

zwischen diesen Felsen stehen und zum Theil in den Spal ten derselben wurzeln , und um welche herum eine strauch

Felsblöcke, in deren Nähe mehrere Jtapalmen ſtanden, als mein Diener sich in den Schatten der Felsen mit dem Be

artige Vegetation von Lantana, Helicteres, Bowditchia und

merken niederwarf: daß er heute nicht einen Schritt weiter vorwärts gehe, gleichviel ob wir ihn verließen oder nicht.

Rhopala wuchert, während die Felsen selbst mit umfang

Unmöglich konnte ich ihn hier zurücklaſſen, und wollte ihn

Epidendren, Bromelien, Cacteen, Gesnerien und Agaven,

reichen Büschen von Cyrtopodien, Cattleyen, Stanhopeen,

ebenso wenig über seine Kräfte anstrengen ; ich theilte daher

besonders der riesigen Fourcroya, welche förmliche Dickichte

den Indianern meinen Entschluß mit hier bis zum näch

bildet, bewachsen sind.

sien Morgen zu rasten . Es war 1 Uhr Nachmittags und das

haft malerisch gruppirt auf den durch kühne imposante

Marschiren in der Savane allerdings gerade am anstren Für einen Lagerplay war der Fleck nicht übel

Formen sich auszeichnenden schwarzen Felsblöcken, zeigen Eine eigenthümliche sich hier in größter Verschiedenheit.

gewählt, da die schwarzen ungeheuren Felsblöcke genügen

Erscheinung nicht nur bei derartigen, sondern überhaupt

den Schatten gaben und durch das Durcheinander ihrer Lage zimmerähnliche Räume bildeten. Wasser war leider

Venezuela, zu Tage gehenden Steinmassen ist die schwarze

aber weit und breit nicht zu sehen, obgleich die in der Nähe stehenden Itapalmen in frischestem Grün prangten,

weißem Quarz, Feldspath oder Sandstein, buntem Jaspis

gendsten.

Herrliche Vegetationsbilder, wahr

bei allen in den Savanen Guayana's, wie in den Llanos von

Färbung ihrer Oberfläche ; gleichviel ob die Felsblöcke aus

und diese ohne fortwährende Bodenfeuchtigkeit nicht vege

u. ſ. w. beſtehen, ſind ſie, groß oder klein, stets mit einer

Die Indianer gruben dicht bei denselben

wenigstens einer Linie dicken schwarzen rauhen Steinkruste

tiren können.

einige tiefe Löcher in die Erde, in denen sich bald Wasser

überzogen.

ansammelte, welches, nachdem es sich geklärt hatte, ganz

den jährlichen großen Savanenbränden herrühren, welche

Unmöglich kann diese schwarze Färbung von

wohlschmeckend befunden wurde.

So war eines derHaupte

in diesem Fall nur eine momentane wäre, die bei dem

bedürfniſſe beſchafft, und für das Essen wurde sogleich ge:

ersten heftigen Regen wieder verschwände, ebenso wenig

sorgt, denn einige Wapischiannas gingen, ohne nur irgend ausgeruht zu haben, sofort auf die Jagd nach dem Sa

als sie einzig und allein durch Einwirkung der Atmoſphäre bewirkt wird, da sie dann nicht überall in gleicher Weise

vanen Hirsch (Cervus savannarum), der auf den Gras

auftreten würde ; jedenfalls ist es eine auffallende Erschei nung, die man an den kahlen großen Felsmassen , welche

ebenen des Inneren sehr häufig angetroffen wird. Nur noch in geringer Entfernung erhob sich eine ähn liche Gruppe gigantischer Granitblöcke aus der flachen Sa vane, sonst war weit und breit nicht eine einzige Erhebung

in den großen Flüſſen sämmtlicher Guayanas, vom Orinoco bis zum Amazonas, besonders an deren Katarakten, aus dem Wasser hervorragen , wiederholt findet, nur mit dem Unterschiede daß der dünne Ueberzug dieser meist abge,

des Bodens, außer den in weitester Ferne am Ufer des Takutú liegenden kahlen Hügeln, zu erblicken. Gruppen

Solche

rundeten Felsblöcke von dunkelbrauner Farbe und einer solchen Glätte ist, daß sie an vielen Stellen einer Politur

in den wunderlichsten Formen aufeinander ge gleichkommt.

Zu dieser Erscheinung mögen hier jedenfalls

thürmter Felsmassen inmitten der Savanen sind dem Inneren von Guayana eigenthümlich ; sie erheben sich,

die Einwirkungen der Sonne und des Waſſers als Haupt sache beitragen.

völlig isolirt dastehend, aus diesen Ebenen oft zur Höhe von 80-100 Fuß, und sind besonders am oberen Rupu nuni und am Cotinga, auf den Hochebenen zwischen dem Pacaraima und Roraima - Gebirge häufiger anzutreffen, während sie am Takutú seltener auftreten. Eine Menge von der gewöhnlichen Savanenvegeta: tion abweichender Pflanzenformen, welche dem kühlen durch sie umher verbreiteten Schatten ihr Leben und Gedeihen verdanken, findet sich hier vor, besonders diejenigen mit dicken lederartigen glänzenden Blättern und rissigen grau. weißen, mit Parmelien überzogenen Stämmen ; alles an näherer Bezeichnung beigefügt wird, wie Uſſade, Piritade, Cara pade, Arawafsude u. s. w.

Die Indianer warfen sich bald in ihre an die Aeſte einer riesigen Clusia geschlungenen Hängmatten, die mit ihrer darin befindlichen Last den an Baumzweigen herab hängenden Nestern der Caſſicus-Arten, allerdings in bedeu tend vergrößertem Maßstabe, glichen. Die Hiße war so drückend und erschlaffend, daß ich mich ebenfalls in die Hängmatte warf,

und erst aus einem festen Schlaf er: wachte als mir heftige Regentropfen ins Gesicht fielen.

Es fing bereits an zu dunkeln, und mein Diener hatte sich so weit erholt, daß er mit demKochen des Abendeſſens beſchäf sigt war, wozu die von der Jagd zurückgekommenen Indianer die besten Stücke eines erlegten Hirsches geliefert hatten. Der Regen, eine ungemein seltene Erscheinung in der trockenen

Das Fest

502

der heiligen drei Könige" in St. Petersburg.

Jahreszeit, wurde dermaßen heftig, daß sämmtliche Häng

mit einander verbinden, liefern ein Bild eines ungeheuren

matten losgebunden und mit dem Gepäck theils unter die

Volksgedränges und der Verwirrung, sondern selbst die große Eisfläche der Newa ist troß der außerordentlichen

Felsen, theils unter Jtapalmblätter geborgen wurden , und wir selbst die bestmögliche Stellung unter einem über

Aufsicht der an den Ufern zahlreich aufgestellten Polizei

hängenden Felsen annehmen mußten, um uns vor dem

von einer ungeheuren Volksmasse bedeckt.

völligen Naßwerden zu hüten.

Ein starkes Gewitter brach

Um 1 Uhr Nachmittags öffnet sich das bereits er:

In der größten Dunkelheit,

wähnte große Portal, und heraus tritt die erste Notte der

bei fast erloschenem Feuer, nahmen wir das halbgekochte

in zwei Gliedern formirten höchsten Geistlichkeit von Et.

los und hielt bis 8 Uhr an.

Wildpret zu uns, und legten uns, da der Regen vorüber,

Petersburg, die sich zahlreich im Palais versammelt hatte ;

in die wieder aufgeschlungenen Hängmatten.

dieser folgen verschiedene Officiere, die Spizen der Gene neralität und der Gouvernementsverwaltung , worauf sich

Kaum der

Ruhe ein wenig hingegeben, brach das Unwetter von neuem los , und die Hängmatten mußten wieder in Sicherheit gebracht werden.

ein Zug Chorknaben anschließt, in dessen Mitte der Czar

Und so ging es uns in dieser Nacht viermal, so daß

erscheint, und mit seinem Gefolge den langen glänzenden Zug schließt.

es bereits Morgens 3 Uhr war bevor wir zur eigentlichen Ruhe kommen konnten .

an der Seite des Thronfolgers selbst entblößten Hauptes

Der versammelte Zug begibt sich nach dem bereits ge:

(Schluß folgt.)

nannten Zelt. Sobald der Kaiser und die hohe Geistlich keit Aufstellung genommen, beginnt der feierliche Act selbst mit dem Heraufheben einer kleinen Quantität Waſſer mit telst eines

Das

Fest

der heiligen drei Könige" in

an einer Schnur befestigten Gefäßes, worauf

das Wasser geweiht und in die Newa zurückgegossen wird, die nun ebenfalls ihre Weihe erhält. Die ganze Hand lung ist in 15 bis höchstens 20 Minuten beendet.

St. Petersburg . Während der prächtige Zug in ganz derselben Ordnung Zum Besuche dieses Festes hatte ich mich auf Drängen in das Palais zurückkehrt, ist die zahllose Menge bemüht zweier Töchter eines ruſſiſchen Generals entſchloſſen, ſie bis an den Ort zu begleiten wo die Feier des Tages stattfinden sollte , nachdem alle Vorstellungen bei den lebhaften jungen Damen, über die zu späte Reue die nachkommen würde,

des gesegneten Stromes nach Möglichkeit theilhaftig zu werden. Mit einer kaum zu schildernden unbezähmbaren Begierde stürzen die begeisterten Menschen der zum Waſſer führenden Deffnung zu, um eine Flasche oder irgend ein

vergeblich gewesen waren . Wir begaben uns demnächst zum Winterpalast, an dessen westlicher Seite eine 40-50 .

anderes in den Kleidern verborgenes Gefäß mit dem hei ligen Wasser zu füllen und als kostbare Beute mit hin

breite Straße hinläuft, welche die der nahen Mündung wegzuführen. zueilende Newa vom Palaste trennt.

Mit einer Tollkühnheit die mit höchster

Die Straße selbst Lebensgefahr verbunden ist, stürzen sie sich selbst der ab

ist an der Waſſerſeite mit mächtigen Steinblöcken eingefaßt wehrenden und thätigen Polizei entgegen über die Brust: und gegen den andringenden Strom geſchüßt, während eine wehr in die 10 Fuß tiefer liegende Newa hinab, um Brustwehr vom selben Stein und von etwa 2-3 Fuß mit der hohlen Hand, sofern ein Gefäß nicht vorhanden Höhe das Ufer umfäumt und gegen das Hinabstürzen Schutz ist, einige Tropfen des kostbaren Waſſers zu erbeuten und gewährt. zu trinken, oder troß der eisigen Kälte sichKopf und Gesicht Hier, dem großen westlichen Portal des Winterpalastes gegenüber, am Rande der zugefrorenen Newa, erhebt ſich an jenem Tage ein prächtig geschmücktes Zelt, das ganz einem Pavillon ähnlich sicht, und welches ich sogleich als die Stätte bezeichnen will an der die heilige Handlung

zu beneßen ein Anblick welcher dem Zuschauer Frösteln verursachen kann. Mit einer überraschenden Geschwindig feit, wie man solche nur bei allen großen außerordentlichen Begebenheiten sich entwickeln sieht, werden überall auf der ungemein

dicken Eisfläche

des

Stromes

noch andere.

des Tages, die alljährliche Einweihung der Newa, vollzogen werden soll. Unterhalb dieses Zeltes befindet sich eine in

Deffnungen eingestoßen, die zu demselben Zwecke dienen.

das Eis zum fließenden Wasser führende Deffnung ausge hauen, um Wasser schöpfen zu können.

nicht möglich sein würde wenn die große Menge nur auf

Eine zahllose Menschenmenge, wie wohl taum bei einem .

müſſen, um Tausenden Befriedigung zu verſchaffen,

die eine vorzüglich

was

heilige Deffnung angewiesen wäre,

selbst wenn eine Secunde für den Einzelnen ausreichen

andern außergewöhnlichen Ereigniß, füllt um die Mittags

sollte.

zeit den weiten kaum übersehbaren Raum. Nicht nur die an beiden Ufern der Newa hinlaufenden Straßen von außerordentlicher Breite, sowie die bedeutenden Brücken

dem Uebel abzuhelfen, wird es möglich daß bereits zwei

Allein eben dadurch daß das Volk Mittel findet

welche die beiden durch den Fluß getrennten Stadttheile

und ein jeder glücklich in seine Wohnung zurückgekehrt iit,

Stunden später jede Spur von dem Aufzuge verwischt, die große Menschenmaſſe, ja ſelbſt das Zelt verschwunden

Neueste Versuche über Ansteckung der Seidenspinnerseuche.

so daß höchstens noch ein Vorübergehender, den zufällig sein Weg hieher führt ,

zu

der

Stelle

des

abgebro

Miscellen.

503

gesunden Männchen. Das unerwartete Ergebniß dieser Paarungen war : daß die erstere oft Würmer ohne Körper

chenen Zeltes hinabstürzt um sich dieselbe Genugthuung

chen gegeben, während die zweite stets oder beinahe stets

zu verschaffen, bis eine neue Eisdecke sehr bald die Deff:

corpusculöse Raupen lieferte.

nung wieder verschließt und den Zutritt nicht mehr ge ſtattet.

ist also unstreitig vorwiegend. Die Schlußfolgerung Hrn . Cornalia's ist: daß die Untersuchung des Korns gänz

Der Einfluß des Weibchens

lich unzureichend ist, daß körperfreies Korn corpusculöse Würmer geben kann ; daß das einzige Korn welches eine gesicherte Ernte gibt, das unbedingt gesunde und körper Neueste Versuche über Ansteckung der Seiden

lose Korn, von unbedingt gesunden und nicht corpusculösen . Schmetterlingen stammen muß.

Spinnerseuche.

Dieß ist, wie man sieht,

auch die Schlußfolgerung Hrn. Paſteurs, welchem Hr. Cor Hr. Dumas analysirte in der französischen Akademie

nalia den schuldigen Dank erstattet, und dessen Gesundheit,

der Wissenschaften umständlich eine Denkschrift des Hrn.

Gott sei Dank, sich, unsern neuesten Nachrichten zufolge,

Cornalia, von Mailand, über die Erzeugung und die Aus:

merklich gebessert hat.

(Les Mondes.)

wahl des guten Korns, d. h . der Eier, von Seidenwürmern . Der geschickte Beobachter, ein ruhmreicher Epecialist in dieſem Fache, hatte anfänglich geglaubt daß die Untersuchung der Eier genüge ; daß, wenn das Mikroskop keine Körper chen (d. h. die schwarzen Punkte der Krankheitserscheinungen) entdecke, man auf eine gute Ernte zählen könne.

aber hat er die Ueberzeugung erlangt daß die Untersuchung der Eier nothwendig, jedoch unzureichend ist.

Miscellen.

Jeßt

Er hatte

ferner anfangs geglaubt daß die Untersuchung des Schmet terlings, die viel schwieriger ist als die der Eier, vernach lässigt werden könne ; jest spricht er sich für die unbedingte Nothwendigkeit derselben aus. Man sah oft daß anfäng lich vollkommen körperfreie Würmer sowie körperlose Pup pen beim Aelterwerden corpusculös wurden , oder zu cor: pusculösen Schmetterlingen sich entwickelten . Hr. Cornalia hat den Einfluß der Ansteckung

Zur Geologie China's.

Die Geologie China's

bildete den Gegenstand einer am 23. Dec. v. J. der Lon doner geologischen Geſellſchaft von Hrn . T. W. Kingsmill vorgetragenen Mittheilung. Die sedimentären Ablagerun gen des Südens von China werden darin geſchildert als am Fuße mit einer Formation von groben Sandsteinen beginnend, die eine Mächtigkeit von ungefähr 12,000 Fuß besigen, über denen conform Kalksteine und Schieferthone liegen (mit Steinkohlen im untern Stockwerk), und die Die eine Mächtigkeit von 6000 - 8000 Fuß erreichen .

auf

Reihenfolge dieser Felsarten schildert der Verfaſſer als die sehr schlagende Weise außer allen Zweifel gesetzt.

Er hat

vollkommen gesundes Korn nach seinem Ursprung und seiner Natur aufs gewissenhafteſte unterſucht , es in

Tung ting-Formation. " In dem Bezirk Nanking kommen nach dieser Schichtenfolge Sandsteine und Conglomerate vor, welche Hr. Kingsmill unter dem Namen der „ Tschung.

drei Abtheilungen geschieden, und unter ganz verschiedenen Bedingungen drei Zuchten gemacht. Die erste fand statt

schan:Formation zusammengefaßt hat.

in einer gänzlich abgesonderten Dertlichkeit, wo niemals

enthält Steinkohlenflöte, und besißt eine unbekannte Mäch tigkeit ; die übrigen Flöße sind zusammen etwa 2400 Fuß

eine Spur der Krankheit sich gezeigt hatte. Die zweite und die dritte nahm er in der Mitte und in den Umge

dick.

bungen eines Dorfes vor wo die größte Anzahl der Zuchten angesteckt war.

Die Schmetterlinge der ersten Zucht waren

ohne alle Körperchen, und jede Unze Korn gab 62 Kilo gramme Cocons ; die Schmetterlinge der zweiten und der dritten waren beinah' alle corpusculös. Diese Erfahrung beweist aufs triftigste daß die Zucht, wenn man gutes

Ihr oberstes Glied

Hr. Kingsmill beschreibt ausführlich die geologischen

Verhältnisse und die geographische Ausdehnung dieser Fels massen; dann gibt er eine Skizze der Oberflächen: Abla gerungen, die eine wichtige Stellung in der Geologie Chi na's einnehmen, und in deren älteren man Gebeine und Zähne von Säugethieren gefunden hat. Er schließt seine Mittheilung mit der Angabe : daß seine vielfachen For schungen nach Spuren der Eisthätigkeit völlig

erfolglos

Korn bekommen will, fern von allem krankhaften Einfluß

geblieben seien. stattfinden muß .

(Popular Science Review.)

In einer Zucht welche 54 Stuben zählte,

fand Hr. Cornalia nur fünf in denen das Verhältniß der gesunden zu den corpusculösen Schmetterlingen 10 Proc. war ; in allen andern erreichten dieses Verhältniß kaum 2

Der organische Ursprung des Eozoon geret:

Um die bezügliche Verschuldung des

tet. Die Professoren Rowney und King haben dieſe Frage von neuem angeregt, und sie in einer der Londoner Geo

Männchens oder des Weibchens in der Ansteckung zu er

logischen Gesellschaft vorgelegten Abhandlung verneinend

kennen,

beantwortet. Es zeigte sich jedoch nach der Verlesung die ser Abhandlung daß alle anwesenden Mikroskopisten von

oder 3 Procent.

vereinigte Hr. Cornalia corpusculöse Männchen

mit gefunden Weibchen, und corpusculöse Weibchen mit

Miscellen. 504

der Schlußfolgerung der Verfaſſer abwichen.

Dr. Carpen

seine Beschreibung eines scharfsinnigen Apparats zu dieſem

ters Beobachtungen, die wir hier wiedergeben , sprachen kräftig für die Ansicht die er sich von der thierischen Natur

Zweck, und schildert seine Temperatur-Beobachtung folgen: dermaßen: " Der Apparat wurde an das Teleskop befestigt,

des Eozoon gebildet hatte ; Dr. Carpenter sagte : er brauche

ſo daß die Oberfläche der Thermopile sich im Brennpunkt

die Gründe nicht zu wiederholen auf welche hin er dieſes als eine organische Structur betrachte. Er erhob Einwen dungen gegen kritische Bemerkungen wenn sie sich nicht auf Untersuchung wirklicher Exemplare ſtüßten. Sir

des Objectivglases befand .

William Logan war zuerst durch die Auffindung von

Apparats gleichmäßig vertheilt worden war, und die Nadel

Abwechslungen der Kalk- und Kieselschichten in verschiede:

auf dem Nullpunkt blieb, oder bis auf einen oder zwei

nen Mineralien

dazu geführt

worden das Cozoon als

Man ließ den Apparat Stun

den oder bisweilen Tage lang am Teleskop hängen, indem die Dräthe mit dem Galvanometer in Verbindung blieben dis die Wärme innerhalb des die Thermopile enthaltenden

Grad stätig vom Nullpunkt abwich.

Wenn Beobachtun:

organisch zu betrachten. Ein Probestück welches Sir William

gen anzustellen waren, wurde der Laden der Kuppel geöff

aus Canada gebracht, enthielt viel Eisen, und das Canal system war wundervoll erhalten ; dieſer Charakter aber

net, und das Teleskop mittelst des Finders nach einem Raum des Himmels in der Nachbarschaft des zu unter:

zeigte daß die größeren Aeste mit Serpentin, die mittleren

suchenden Sterns gerichtet wo keine hellen Sterne sich

mit schwefeligsaurem Eisen infiltrirt waren, während sich die kleinsten mit kohlensaurem Kalk von derselben Be

beobachtet ;

schaffenheit wie das Muttergestein gefüllt hatten.

Diese

befanden.

In diesem Zustand der Dinge ward die Nadel und

wenn sich nach vier

oder fünf Mi

nuten keine Abweichung derselben gezeigt hatte, wurde mit

kleineren Röhren waren nur unter einem günſtigen Lichte sichtbar, da der in ihnen enthaltene Calcit denselben kry:

telst des Finders das Teleskop um den geringen Abstand

ſtallinischen Charakter besaß wie das umgebende Neywerk. Dieß war ein schlagender Beweis daß die Structur nicht

genau auf die Vorderseite der Thermopile zu bringen,

aus der bloßen Infiltration der einen chemischen Substanz in die andere entſtand. Ueberdieß konnte der fremde Stoff nicht in die Spaltungsflächen eindringen . Aufge=

verrückt der nothwendig war um das Bild des Sterns

wovon man sich durch die Stellung des Sterns , wie man ihn im Finder sah, überzeugen konnte. Das Bild des Sterns wurde auf der kleinen Thermopile mittelst der am

schnitten hatten einige Etücke einen starken Moschusgeruch

Teleskop befestigten Uhrbewegung erhalten. Sodann ward die Nadel fünf Minuten lang, oder länger, beobachtet ;

verbreitet, den sie bis zu einem gewissen Grad immer beibehielten ― was also abermals ein Beweis organischen

fast stets fing sie dann an sich zu bewegen sobald das Bild des Sterns darauf fiel. Hierauf wurde das Teleskop ge=

Er bedauerte daß Prof. King

rückt, so daß es sich wieder nach dem dem Stern nahen

die große Sammlung von Probeſtücken in seiner (Dr. Car

Ursprungs zu sein schien.

Himmel richtete. Gewöhnlich kehrte die Nadel in einer oder zwei Minuten allmählich in ihre ursprüngliche Stellung

penters) Sammlung nicht untersucht habe. Neuere Fo ramifera zeigten, wenn sie decalcifirt waren, genau dieselbe

zurück."

(Popular Science Review.)

asbestförmige Echicht um ihre Kammern wie das fossile Cozoon. Verschiedene Gattungen von Foramiferen in neue ren Meeren waren von verschiedenen Mineralien infiltrirt, die einige Aehnlichkeit mit dem Zustande des Fossils zeig ten

von welchem wir hier sprechen.

In den großen

Meeren der Jehtzeit ist in verschiedenen Tiefen und Tem peraturen eine große Ausdehnung sarkodischer Substanz vorhanden, und in dieſer finden sich Rhizopoden mit und ohne Muscheln, aber von ähnlicher niedriger Structur, und derartige Formen dürften lange Jahrhunderte hindurch bestanden haben, so daß das Vorkommen des Cozoon selbst bis in die jurassischen Zeiten kein Erstaunen erregen kann. Dr. Carpenter sagt : er würde sich selbst nicht wundern. wenn man heutzutage eine solche Structur wie das Eozoon bei den Ausbaggerungen aus tiefen Meeresgründen fände. (Popular Science Review.)

Die Temperatur des Sternenlichtes gemes jen. Vor einigen Wochen veröffentlichte Hr. Huggins

Fortschritte der Rübenzucker . Industrie.

In

einer der letzten Versammlungen der französischen Akademie zeigte Hr. Dumas einige durch ein Verfahren Hrn. Mar gueritte's aus Molaſſen gewonnene Zuckerkrystalle. Hr. Mat gueritte ist im Stande gewesen aus 100 Kilogrammen Molassen 35 bis 38 Kilogramme wahren Zuckers auszu zichen, was das Gesammterzeugniß aus der Runkelrübe auf 25 Procent bringt. 1 Hr. Margueritte behandelt die Molassen durch Alkohol von 85 Graden, welcher den Zucker auflöst. Er erhält auch eine übersättigte Zuder Auf Lösung. Wirst man gepulverten Zucker in dieſe Löſung, so kry ſtalliſirt er, und man bekommt daraus nahezu das doppelte Gewicht des in dieselbe gebrachten Zuckers . Dieser Zuder enthält nur ein Hundertstel Unreinigkeit, und kann sonach augenblicklich dem Raffinirungsverfahren unterworfen wer den. (Comptes Rendus.)

1 Vor 20 Jahren waren es 6 und in den besten Fällen erst 9 Procent.

Druck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. L. F. Beschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

weinndvierzigster Jahrgang.

Nr. 22.

1869.

Augsburg , 29. Mai

Inhalt : 1. Ein Sittenbild Wiens gegen Ende des vorigen Jahrhunderts. 2. Geognoſtiſche Beſchreibung des oſtbayerischen Grenz-Gebirges. Von Dr. C. W. Gümbet. 3. Der Wall gegen Gog und Magog. Von Julius Braun. 4. Schicksale eines deutschen Auswanderers in den Vereinigten Staaten. Von Dr. Hugo Schramm. 5. Zu Fuß nach Braſilien . Von Karl Ferdinand Appun. 2) Von Rupununi nach dem Takutú. (Schluß.) 6. Sabratha. Von Gerhard Rohlfs. 7. Ein Besuch auf Hawai (Sandwich-Juſeln). 8. M. A. Bechamp über Bacterien im Protoplasma verschiedener Pflanzen. ― 9. Maſchinenſchur.

Ein Sittenbild Wiens

gegen

Ende

des vorigen

man (und gerade in der gebildeten Gesellschaft) auch in der neuen Aera doch gar zu oft jenem verbitterten und

Jahrhunderts. Wien gehört zu den Städten des jezigen Europa . deren Physiognomie sich im letzten Menschenalter völlig ver ändert hat.

hoffnungslosen Pessimismus, der nun einmal nirgends so zu gedeihen scheint als auf österreichischem Boden. Die ehemalige Unterwürfigkeit gegen die Kirche endlich ist ge:

Auch äußerlich ist es durch die (im J. 1858

radezu in das Gegentheil umgeschlagen, und auf religiösem

angeordnete) Bebauung des Glacis eine ganz andere Stadt geworden , und die neue Ringstraße kommt an imposanter

ranz und weit mehr als josephinische Freisinnigkeit fordert,

Großartigkeit des Prospects den Pariser Boulevards min destens gleich, übertrifft sie aber sehr durch den Glanz und die Frische ihrer prachtvollen Straßenfronten, wenn auch

Gebiet hat diejenige Richtung die eine schrankenloſe Tole:

wo nicht die meisten, doch jedenfalls die lauteſten Stimmen für sich. Ein Stück wie "INummer 28 " (vom Redacteur des „Kikeriki"), in dem eine jüdischer Schuhmacher eine wegen.

deren meist dem Spätrenaissancestyl angehörige Architektur

ihrer religiösen Anſichten mißliebige und entlaſſene barm

zuweilen an Unruhe und Ueberladung leidet ; was nicht bloß von den dortigen Palästen der Wiener Geldfürsten,

herzige Schwester in Civilehe heirathet, und die zelotiſche Geistlichkeit unter dem rauschenden Beifall des Publicums

sondern auch von öffentlichen Gebäuden, wie dem noch un vollendeten überprächtigen Opernhause, gilt. Den Charakter

verhöhnt wird

fürstlicher Vornchmheit, den im vorigen Jahrhundert Fischer von Erlach den Palästen der damaligen Kaiſerſtadt gab, scheinen die Architekten des neuen Wien , wo sich die Aristokratie vor der Macht des Geldes beugt, nicht zu er streben, oder nicht erreichen zu können . Aber bei weitem größer als diese äußere Veränderung ist die innere Umwandlung die Wien seit 1848 erfahren hat. Es ist nicht mehr das „ Capua der Geister ; " seit der Bann des Metternich'schen Systems gebrochen ist, das Desterreich von deutscher Cultur, Bildung und Geiſtesarbeit

ein solches Stück ist für das jezige Wien

ebenso charakteristisch als die Raimund'sche Zauberpoſſe für das frühere. So groß aber und selbst für den flüchtigen Touristen in die Augen fallend auch diese Veränderungen sind, so ist es doch eben so klar daß sich das eigentlichste Wesen des Wiener Leben mit seiner Leichtlebigkeit, Oberflächlichkeit, Genußfähigkeit und Genußsucht unverändert erhalten hat ; wie denn auch die Bedingungen auf denen diese Eigen schaften beruhen, größtentheils, zum Theil seit Jahrhun derten, in derselben Weise fortwirken.

Auch in älteren

Schilderungen Wiens findet man gar manches was buch

so viel als möglich abschloß und fernhielt, haben geistige Interessen sich in immer weiteren Kreisen der Bevölkerung verbreitet. Die regste Theilnahme für das Schicksal

stäblich ebenso von der Gegenwart gesagt werden kann.

Desterreichs, die ernsteste Sorge um seine Zukunft ist bei Tausenden und aber Tausenden an die Stelle der stumpfen

bers Kaiser Friedrichs des Dritten, Aeneas Sylvius (ſpäter Papst Pius II), aufbewahrt sein. Hier freilich erhalten

Gleichgültigkeit getreten mit der man sonst dem Gange auch der inneren Angelegenheiten zuschaute : nur begegnet. Ausland. 1869. Nr. 22.

spätern gemein hat.

Die älteste bekannte Beschreibung Wiens dürfte in in einem (um 1450 geschriebenen) Briefe des Geheimschreis

wir ein sehr düsteres Bild, das aber doch einige Züge mit

64

506

Ein Sittenbild Wiens gegen Ende des vorigen Jahrhunderts.

Damals herrschte in der Kaiserstadt

eine längst ver:

Deutschland und die Schweiz

im Jahre 1781 "

füllt.

schwundene Geseglosigkeit und Rohheit : Raufereien und Todt:

Nicolai hat zwar durch seine platte philisterhafte Oppo

schläge waren gewöhnlich ; „die Gerechtigkeit war feil, die Mächtigen sündigten ungestraft, nur der Arme und Freund.

sition gegen Poesie und Idealismus den Spott Goethe's und Schillers sowie der Romantiker reichlich verdient, aber

lose ward vor den Richter zur Strafe gezogen. " Auch war

wo er sich nicht auf Gebiete verirrte auf denen er fremd

die Sittenverderbniß sehr groß : es gab zahlreiche gewerbs :

war, zeigte er sich bei aller Beschränktheit seines Horizonts

mäßige Giftmischerinnen, welche namentlich Frauen von ihren Männern befreiten wenn sie derselben satt waren .

und Wahrheitsliebe, als guter und zuverlässiger Beobach

Der Adel maßte sich mehr Vorrechte vor dem Bürgerſtand an als in andern deutschen Städten : Edelleute besuchten. häufig die Frauen der Bürger, die sich dann entfernen. mußten, nachdem sie ihren vornehmen Gäſten einen Trunk

als ein Mann von gesundem Verstande, redlichem Sinn

ter, so auch hier.

Sein Gemälde des damaligen Wien

interessirt aber eben so sehr durch seine Aehnlichkeiten als durch seine Contraste mit dem gegenwärtigen. Auch damals erschien die Bevölkerung Wiens als ein

geholt und vorgesezt hatten. Die Ehen wurden aufs leicht sinnigste geschlossen, von Wittwen oft noch während des

„ Mischmasch aller Nationen, " es gab kaum eine Stadt,

Trauerjahrs. Abgelebte Kaufherren heiratheten junge Mäd chen , die bald Wittwen wurden , und sich nun unter

hörte.

den Hausbedienten einen zweiten Mann aussuchten ; auf

Russen, vor allen aber Ungarn und Siebenbürger.

diese Weise wurden Bettler oft plötzlich reich.

sonders in der Leopoldstadt sah man viele Jllyrier, Raizen,

Die Stu

denten liebten das Wohlleben, lernten selten etwas, trieben bei Tag und bei Nacht Unfug auf den Straßen ; auch wendete die freie Lebensart der Weiber ihren Geist von ern

außer etwa Amsterdam, wo man so viele verschiedene Sprachen Das Hauptcontingent stellten außer den Deutschen

Italiener, Schweizer, Elsässer, Böhmen, Mähren, Polen, Ve

Bulgaren, Griechen, Türken, Armenier in ihren National trachten. Auch die Franzosen waren zahlreich als Meßprieſter,

Das Weinschenken gerieth niemandem

Informatoren, Kammerdiener, Friseure, Köche, Glücksritter und Schriftsteller. Die Juden, die erst kurz zuvor durch

zur Unehre, daher hielten sehr viele Bürger öffentliche

Joseph II die Freiheit Handwerke und Künste zu treiben.

sten Dingen ab. "

Schenkhäuser, warme Stuben und gute Küchen ; der im

erhalten hatten, bezahlten ein Toleranzgeld, wenn auch ein

kleinen ausgeschenkte Wein betrug in der Stadt, die da mals nur 69,000 Einwohner hatte, 562,000 Eimer. " Der

geringeres als unter Maria Theresia, wo es für jeden

gemeine Mann war dem Schmausen sehr ergeben , er ver

Gemeinde brachte diese enorme Auflage unter sich auf,

Kopf täglich einen Gulden beiragen hatte !

Die kleine

schwendete am Feiertage den Verdienst der ganzen Woche.

indem die Reichen für die Armen zahlten.

Daher war der Pöbel sehr unreinlich und übel gekleidet." Unter den Beschreibungen Wiens aus dem vorigen

hatte auf Anstiften seiner bigotten spanischen Gemahlin Margaretha Theresia die Juden 1670 aus Wien vertrie

Jahrhundert verdient die in Keyßlers Reisen ( 1730) und die (etwa gleichzeitige) Nachricht Küchelbeckers vom kaiser. lichen Hof Erwähnung. Am meisten, sagt der lettere, wird zu Wien im Essen und Trinken excediret, welches

Kaiſer Leopold

ben, bei welcher Gelegenheit die von ihnen bis dahin be. wohnte Vorstadt ( die Judenstadt ") den Namen Leopold stadt erhielt ; ein Theil derselben fand bei dem großen Kurfürsten in der Mark Brandenburg Aufnahme (aus

sowohl von Hohen als Niedrigen, als auch von Geistlichen und Weltlichen geschieht, und weiß man den größten Theil

welcher sie 1572 waren vertrieben worden) ; ein großer Theil der märkischen Juden stammt also aus Wien. Die

des Tages nicht besser und vergnügter als bei Tische und beim Glase Wein zuzubringen . Die Libertinage ist zu Wien ungemein groß, und das Frauenzimmer sehr coquete .

Gesammtzahl der Einwohner Wiens wurde amtlich im

Die Geistlichen predigen heftig genug dawider, allein vergebens ; und sowohl vornehme als gemeine Weibs personen bleiben bei ihrer natürlichen Neigung." Keyßler führt eine damals umlaufende Schilderung Wiens in Knittelversen an, in der es ein Mischmasch aller Nationen" genannt wird ; dort gibt es (unter andern) viel Spanier, Wälsche und Franzosen, der letteren viel in deutschen Hosen ; viel Stußer und geborgte Kleider, viel Säufer, Spieler, Beutelschneider, Lakeyen, Pagen, Pferde, Wagen, viel Reiten, Fahren, Gehen, Tragen, viel Dringen, Stoßen, Zerren , Ziehn dieß ist das Quodlibet von Wien. " Alle früheren Beschreibungen übertrifft an Ausführ lichkeit und Genauigkeit, freilich auch an Redseligkeit und Breite, die Friedrich Nicolai's, des bekannten Berliner Buchhändlers, die mehr als drei Bände seiner „ Reise durch

Jahr 1783 auf 205,780 Seelen angegeben, worunter nur 518 jüdische. Die Häuser hatten außer den Nummern meistens be: sondere Zeichen nach denen sie benannt wurden, als : beim goldenen Auge Gottes (in welchem Mozarts Constanze als Braut wohnte), beim Esel in der Wiege, beim Küß' den Pfennig, bei der unbefleckten Empfängniß, beim blauen Mondschein, wo der Wolf den Gänsen predigt, wo der Hahn in Spiegel schaut, wo die Kuh im Brett spielt u . s. w. Jedes größere Haus hatte seinen Hausmeister, dessen Func tionen dieſelben waren wie gegenwärtig. In jedem bür gerlichen Hause der Stadt gehörte (wie es scheint, seit 1619) das dritte Geschoß dem Kaiser, der darin gewöhnlich Personen vom Hof oder kaiserlichen Räthen freie Woh nung, ein sogenanntes Hofquartier, gab, das der Wirth auf seine Kosten ohne Entschädigung in baulichem Stand erhalten mußte.

Im Jahr 1781 wurde den Wirthen ge

Ein Sittenbild Wiens gegen Ende des vorigen Jahrhunderts.

507

stattet diese Last durch eine Geldabgabe abzulösen, wobei

Ständen gehe, davon könne man sich keinen Begriff machen

man auf eine jährliche Einnahme von 300,000 fl. rechnete,

wenn man es nicht geſehen habe, sagt Nicolai ; ein wohl habender Bürger aß den ganzen Tag, zu Mittag gewöhn

und in der That gingen die meiſten Hausbesiger darauf ein. Diese drückende Verpflichtung trug dazu bei die

lich vier Gerichte, worauf er sich im "I Schwungstuhl " schau

Wohnungsmiethe auf einer (für jene Zeit) enormen Höhe zu erhalten; für eine Wohnung von 10-11 Zimmern im

felte ; auch zur Messe stärkte man sich durch eine Portion " Gebetwürstl. " Neben dem Wein (deſſen niedrigste Sorte,

vierten Stock eines gut gelegenen Hauses wurden 800 fl . jährlicher Miethe gefordert. Die Fenster der obern Geschosse

der sogenannte „ Darmfresser," 7 Kreuzer die Maß kostete) wurde viel Bier getrunken.

waren mit weit vorspringenden Gittern versehen, welche die Bewohner beim Mangel an Hofräumen benußten um

Lustbarkeiten und Zerstreuungen bot Wien so viele, daß damals in keiner Stadt Deutschlands auch nur der vierte

kleine Kinder die Luft genießen

zu lassen,

und oft sah

Theil davon zu finden war : bei allen wurde reichlich ge=

man in den Fenstergittern des vierten und fünften Stocks

gessen und getrunken .

zehn oder mehr Kinder hängen, spielen und mit den an

keiten war schon damals der Prater (entsiellt aus Prado,

Der Mittelpunkt der Volkslustbar .

Nachbarfenstern hängenden schäkern .

dem Namen des Parks von Madrid,

der zu den feier

Die Straßenbeleuchtung, die Wien seit 1704 hatte,

lichen Spazierfahrten der spanischen Habsburger diente,

galt damals als vortrefflich, und übertraf die von Berlin namentlich durch ihre ununterbrochene

was die deutschen Habsburger seit Leopold nachahmten). Nicolai sah dort ein Carrousel, worauf die Fahrenden,

Dauer, während in jenen Städten die Laternen im Som mer niemals und im Winter dann nicht angezündet wur

anstatt nach den Ringen zu stechen, während des Herum drehens Backhändl und Kipfel speisten. Die Gärten in

den wenn Mondschein im Kalender stand. Die Fiaker hatten keine Tage und waren unverschämt gegen die Frem den. Das Recht Sänften und Sänftenträger öffentlich

den Vorstädten fand man schon von 5 und 6 Uhr Nach

und selbst Paris,

mittags an mit Handwerkern gefüllt, und in einem derselben waren nicht weniger als 38 Kegelbahnen ; doch die größere

aufzustellen war bis 1782 ein Privilegium, das an kaiser liche Günstlinge verliehen wurde ; zu den Anordnungen

Hälfte der Anwesenden zog dem Spiel den substantiellern

für Seſſelträger gehörte auch daß sie „keine Kranken, La

gemeinen Mann in Wien eſſen zu sehen : in der völligen

kaien, noch viel weniger Juden " tragen sollten. Die Gast höfe waren sehr schlecht und theuer, daher Fremde mög lichst bald eine möblirte Wohnung suchten ; aber auch hier

Hingebung an den Genuß kamen ihm auch Schwaben und

waren die Preise hoch, für ein Zimmer nebst Cabinet nach der Straße wurden am Graben monatlich 5 Ducaten ge fordert.

Unter den sechs Zeitungen und Anzeigblättern

die Wien damals besaß, war auch eine französische (Gazette de Vienne) und eine lateinische (Ephemerides Vindobo

Zeitvertreib des Eſſens vor.

Bayern nicht gleich.

Es war ein Schauſpiel den

Aeußerst beliebt waren Feuerwerke,

leider auch das scheußliche Schauspiel der Thierheße,

die

Hah," wo meist schon abgehegte Thiere gewaltsam aus ihren Käfigen herausgezerrt wurden, um aufs neue von wüthenden Hunden zerfleischt zu werden ;

außerdem das

Kasperltheater in der Leopoldstadt und die Kreuzerkomödien . Von den Tanzsälen der Vorstädte war der vornehmste,

nenses) für die vielen des Deutschen unkundigen Bewohner Wiens ; alle erschienen nur zweimal wöchentlich, Außer

vom Mittelstande besuchte, der

den Wiener Zeitungen gab es in der ganzen österreichis

ein gemächlicher langsamer Walzer, getanzt ; die große

schen Monarchie nur noch sieben (davon drei in Preßburg) ;

Schönheit und Anmuth der Frauen und Mädchen fiel hier wie überall in die Augen. Zu den Orten der Volksluft

von fremden Blättern war die Erlanger Zeitung am mei sten verbreitet (angeblich in 3000 Exemplaren), deren Späße dem Wiener Publicum am besten mundeten. Das Wohlleben der Wiener war in ganz Deutschland bekannt und viel bespöttelt : „ Mich umwohnt, " sagt die Donau in Schillers Xenien,

mit glänzendem Aug' das

Volk der Phäaken, immer ist's Sonntag, es dreht immer

der Wieden ;

beim Mondenschein" auf

es wurde dort immer nur derselbe Tanz,

barkeiten gehörte auch einer

an dessen Namen sich jest

düstere Erinnerungen knüpfen, die Brigittenau, wo am Tage der heiligen Brigitta in einer Waldcapelle Gottes dienst gehalten, dann aber getanzt, geschmaust und gejubelt wurde. Die elegante Welt füllte die Promenaden und Kaffee

Die Wiener selbst waren stolz

häuser, unter denen das am Kohlmarkt das besuchteste

darauf, und sahen auf Preußen, das „Hungerland" (wie

war : an hundert Stühle standen reihenweise davor, die an

es ja auch noch kürzlich von einem süddeutschen Staats

schönen Sommerabenden bis Mitternacht beset waren ; es

am Herd sich der Spieß. "

mann und Mitgliede des Zollparlaments bezeichnet wurde),

war Sitte daß die Cavaliere ihre Damen mit Gefrornem

mit tiefſter Verachtung herab . „ Die Berliner, “ hörte Nicolai einen Wiener Profeſſor ſagen, „ ſind Lumpen : wenn sie einen Gulden verzehren, verzehren wir zehn !" und andere mein

bewirtheten. Dagegen war es ein Verstoß gegen den guten

ten daß in Berlin sich niemand satt esse, da die Bürger „ nur“ Suppe, Fleisch und Zugemüse äßen. Wie weit

Wallfahrten nach Herrenals gerechnet, wo es oft sehr un heilig zuging.

Schleckerei und Gefräßigkeit bei den mittlern und untern

Maskenbälle und Casinos ; in keiner Hauptstadt Europa's

Ton sich spät Abends auf dem Graben sehen zu lassen. Zu den Lujipartien in die Umgegend wurden auch die

Im Winter wechselten Schauspiel, Concerte,

Ein Sittenbild Wiens gegen Ende des vorigen Jahrhunderts.

508

wurde so viel und so hoch gespielt wie in Wien.

Ueberz

stand nun freilich die Wirklichkeit in einem geradezu lächer

haupt war der Aufwand der Vornehmen groß ; bei solen

lichen Widerspruche.

nen Schlittenfahrten kostete eine gräfliche Equipage nie

sephs Regierung zwar sehr viel milder als zuvor, aber immer noch höchst willkürlich gehandhabt, und schloß nicht bloß sehr oft

unter 30,000 fl. , und man zählte acht fürstliche Häuser die 2-400,000 fl. jährlich verzehrten. Schon damals wurde jeder wohlgekleidete Herr „ von, “ und von Geringern „ Ihr Gnaden " genannt - eine Sitte die, wie Nicolai wohl mit Recht annimmt, mit der Einführung spanischer Etikette und Förmlichkeit im 17. Jahrhundert zusammenhängt, so daß jene Anreden für Verdeutschungen von Don und vuestra merced zu halten sind. Der Adel war schon damals in

Die Büchercenſur wurde unter Jo

die besten Bücher aus, sondern auch solche bei denen man vergebens fragt worin ihre vermeintliche Gefährlichkeit be: standen haben könnte, z. B. Mendelssohns Uebersehung der Psalmen und Lavaters physiognomische Fragmente. Nicht bloß die besten deutschen Dichter und Schriftsteller aber blieben in Desterreich unbekannt, sondern selbst ein

Städten, begegnete bürgerlichen Personen mit Artigkeit ; in

guter deutscher Styl wurde mit Mißtrauen und Antipathie betrachtet, als " lutherisch deutsch" bezeichnet. Sonnenfels, einer der ersten Desterreicher die sich um die Verbreitung

den vornehmsten Gesellschaften bewegte man sich zwang

deutscher Cultur in ihrem Vaterlande verdient gemacht,

Wien viel weniger steif und stolz als in andern deutschen

los, und alle verkehrten auf gleichem Fuße mit einander.

erzählt ſelbſt daß ein hochgestellter Mann, dem er sich bei der Bewerbung um ein Amt durch Vorlegung seiner Schrif

Daß die Freiheit im Umgange der beiden Geschlechter sehr ten zu empfehlen hoffte, ihn anfuhr : „ Der Herr ist wohl groß, die Sitten nichts weniger als streng und Ausschweifun gen aller Art sehr verbreitet waren, ist allbekannt : zu den da

gar ein Lutheraner ! Wenigstens ist es des Herrn sein

maligen „ Wiener Marimen " gehörte unter andern : „ Du sollst das Weib deines Nächsten lieben wie dein eigenes. "

zu gescheidt !" Die neue deutsche Gesellschaft die Sonnen

Deutsch! Ein Autor gar ! Der Herr ist für meine Kanzlei

fels schon 1761 in Wien stiftete, lehnte sich hauptsächlich Die von Maria Theresia eingesezte „ Keuschheitscommiſſion“ an die im übrigen Deutschland schon überwundenen Be hatte selbverständlich

die Moralität von Wien nicht zu strebungen Gottscheds an, war aber für Desterreich ein

verbessern vermocht, troh oder wegen ihrer plumpen und lächerlichen Maßregeln, zu denen z . B. auch das Lichten

großer Gewinn. Auf der Titelvignette der Ankündigung bilden unter den zur Nachahmung empfohlenen deutschen

der Gebüsche im Prater gehörte, damit sie nicht von Liebes Schriften paaren zu Stelldichein benutzt werden könnten.

Gellerts Fabeln und Erzählungen" den Mittel

Sie hatte

überall ihre Angeber und Spione gehabt (namentlich unter den Fiakern), die über viele Familien Unglück und Schande brachten, der Bestechung sehr zugänglich waren und ihr

punkt, Rabener, Hagedorn, Uz und Opiz lehnen sich an ihn, die Namen Kleists und Klopstocks liest man nur im Hinter grunde. Der Fortschritt war ein sehr langsamer. Noch 20 Jahre später fand Nicolai daß selbst Gelehrte in Wien nicht

niederträchtiges Amt zu Erpressungen benutten : im übri einmal die Namen der bekanntesten deutschen Schriftsteller gen war alles geblieben wie zuvor. kannten, zum Theil weil ihre Werke verboten waren. Dem Wohlleben, der Ueppigkeit und den Ausschweifungen

Ein

Wien eine größere Sterblichkeit herrschte als in irgendeiner

Bekannter Nicolai's wußte kein anderes Mittel neue Bücher kennen zu lernen, als daß er einem Cenſor anbot sie für ihn zu lesen und die Berichte darüber zu verfertigen, die jener

anderen großen Stadt.

dann im Censurcollegium als die ſeinigen vortrug.

glaubte man es hauptsächlich zuſchreiben zu müſſen daß in

In Paris und London starb

Nico

jährlich der 24 - 25ste, in Wien jährlich der 19 - 20ſte Mensch; man wollte bemerkt haben daß dort eine auffallend

lai sagt daß

große Anzahl zwischen dem 36. und 50sten Jahre, und zwar am n Schlagl " (Schlagfluß), ſtarb.

Theil stärker sei als in allen . k. Erblanden zusammen genommen, und daß er namentlich in Hamburg viermal so viel abseye.

Daß die Wiener jener Zeit ihre Stadt in jeder Be ziehung für die erste Deutschlands hielten, war um so natürlicher als sie meistens vom „ Reich“ nur sehr wenig wußten.

Doch kann man nicht umhin zu staunen daß

ein eigener Bücherabſay faſt in jeder be

trächtlichen protestantischen Stadt beinahe so stark und zum

Ihren Hauptgrund hatte die Dürftigkeit der geistigen Bildung in dem kläglichen Zustande der Schulen und des

damals, wo unter der Aegide Josephs II in Oesterreich

Unterrichts. Zwar hatte dieser zum Theil im Jahr 1770 eine neue Organisation erhalten, die sehr gepriesen wurde.

die ersten schwachen Bestrebungen Bildung und Aufklärung

In jeder Provincialhauptstadt ward eine Normalschule er:

zu verbreiten sich eben zu regen begannen, in Wien der

richtet, wo Lehrer für die niedern Schulen abgerichtet

Anspruch auf die geistige und literarische Führerschaft Deutsch:

wurden ; die Lehrmethode war überall dieselbe und so genau

lands erhoben wurde. Der bekannte Verf. der travestirten Aeneide, Aloys Blumauer, erklärte in einer 1783 erschienenen.

vorgeschrieben, daß der Unterricht für jede Stunde in der Er bestand ganzen Monarchie im voraus bestimmt war.

Schrift Wien für das geistige Centrum Deutschlands, auf das die Augen von ganz Europa gerichtet seien ; solle die deutsche Literatur sich weiter entwickeln, so müsse diese Entwicklung

aber für die Schüler wie für die künftigen Lehrer aus nichts anderm als aus einem rein mechanischen geisttödten Und diese Methode den Auswendiglernen von Tabellen .

von Wien aus geleitet werden .

war in der Art monopolifirt, daß niemand nach einer an

Mit diesen Behauptungen

Ein Sittenbild Wiens gegen Ende des vorigen Jahrhunderts.

dern unterrichten durfte, und daß es sogar verboten war einen

509

richten ließ, die dafür bezahlt wurden ; Nicolai wurde ein

Hauslehrer anzunehmen der nicht in einer Normalſchule

altes Weib gezeigt das ein Duzend Rosenkränze für drei

gebildet war ; auch gab es in ganz Wien keine einzige

Kreuzer betete ; ferner eine sehr gepußte Dame, die in einer

Privaterziehungsanstalt.

Die lateinischen Schulen (Gym:

schweren Krankheit gelobt hatte im Fall ihrer Genesung

nasien) waren zwar aus den Händen der Jesuiten in die

zeitlebens eine wollene Kutte zu tragen, und ihr Gelübde erfüllt zu haben glaubte indem sie ein altes Weib besol

der Piaristen übergegangen, aber damit war wenig gebeſſert. Noch immer wurde die Erwerbung einer äußerlichen Fertig feit im Gebrauch eines sehr unclassischen Lateins, das aus ver

dete welches für sie die Kutte trug .

Daß die Kirchen

damals wie immer von Verliebten zu Rendez-vous benutzt

stümmelten Ausgaben der Claſſiker erlernt werden mußte, als die Hauptsache betrachtet ; daneben unverhältnißmäßig viel

wurden, braucht kaum erwähnt zu werden ; um noch grö

Zeit auf religiöse Uebungen, auf Messen und Beichten verwendet. Die Universität steckte noch tief in ganz mit

Wienerisch-Neustadt 1781 die Schließung sämmtlicher Kir

telalterlichen Zuständen .

bere Mißbräuche zu verhüten, verordnete der Bischof von

chen und Capellen nach Sonnenuntergang.

Allerdings war die unbedingte Wie alle religiösen Reformversuche Kaiser Josephs, so

Herrschaft der Jesuiten durch den mächtigen Leibarzt Maria Theresia's, van Swieten, gebrochen, aber erst im J. 1782 wurde der Eid den bis dahin Rector und Profeſſoren auf die Lehre von der unbefleckten Empfängniß, das Haupt

stieß auch sein Toleranzedict auf offenen und geheimen. Widerstand im Volke wie im Klerus, welcher der Allmacht des absoluten Herrschers unübersteigliche Schranken ſeßte : und in Bezug auf die Zulässigkeit in der Religionsfreiheit

dogma des Jesuitenordens, Jahr für Jahr feierlich hatten. ist er entweder an der Richtigkeit seiner Principien selbst ablegen müſſen,

abgeschafft.

Es galt als großer Sieg irre geworden, oder hat dem Drängen der Zeloten nach:

der antijesuitischen Partei daß im J. 1760 Dominicaner gegeben.

Denn als nach dem Edict, das den Proteſtan

und Augustiner, die jene Lehre bestritten, als Professoren ten freie Religionsübung gewährte, in allen Provinzen der Theologie nach Wien berufen wurden.

Im J. 1783 Tausende sich zu dieser Confeſſion bekannten, trat eine Ein

wurde zuerst verordnet daß die ( bis dahin sämmtlich latei schränkung nach der andern ein.

Schon im Jahr 1783

nischen) Vorlesungen fortan deutsch sein sollten, was frei erfolgte eine Verordnung die sich ferner Meldenden nicht. lich wegen der vielen Nichtdeutschen seine Uebelstände hatte. Die Anzahl der Studenten ( 1781 ) war 1243 .

mehr ohne weiteres als Unkatholische zu registriren, son

Daß auch auf religiösem Gebiete die Reformen Kaiser Josephs keine wesentlichen Aenderungen hervorgebracht ha

ihren Pfarrern unterrichtet werden, wobei die Pfarrer an

dern sie sollten

sechs Wochen lang in Klöstern oder von

gewiesen wurden alles mögliche zu versuchen sie von ihrem ben, weil sie keinen Boden im Bewußtsein des Volke hatten, ist allbekannt.

Von den zahlreichen Beispielen die

Nicolai zur Charakteriſtik der Bigotterie mittheilt in welcher der Klerus das Volk nach wie vor erhielt, mag eines ge

Frrthum zurückzuführen. “ Endlich am 1. Januar 1784 wurde die Annahme neuerer Meldungen von Proteſtanten ganz und gar untersagt.

Gegen diejenigen Gemeinden.

die sich unter dem Schuße der Toleranzedicte hatten bilden nügen. Unter den damals in den Kirchen Desterreichs gebräuchlichen Andachten gab es auch eine Andacht zur

können, übten Geistliche und Beamten harte Bedrückun gen und wiegelten das Volk gegen sie auf, und zwar um

sechsten Wunde Jesu.

Durch den Cultus der fünf Wunden

noch nicht befriedigt, hatte fromme Schwärmerei eine sechste ersonnen, die der Druck des Kreuzes auf die Schulter Christi erzeugt haben sollte, und nach einer dem hl. Bern hard gewordenen Offenbarung sollten diejenigen die den Erlöser um dieser Wunde willen ehrten besondere Gnade und Barmherzigkeit erlangen ! Als nun im Jahre 1783 in Prag in der Franciscanerkirche dieser Cultus abgeschafft, die Abbildung der Schulter weggenommen, und statt ihrer

so ungestrafter, je weiter sie vom Siße der Regierung ent fernt waren. Solche Thatsachen zeigen welche Umwandlung ſich ſeit jener Zeit in Desterreich vollzogen hat. Denn der Wider stand gegen die berechtigten und unabweislichen Forde rungen der Aufklärung und Toleranz, der damals vom Volke nicht minder als von der Geiſtlichkeit ausging, wird gegenwärtig doch ganz vorzugsweise von einem Theil der

ein wunderhätiges Muttergottesbild „ aus dem kalbernen Viertel" an die Stelle auf den Altar gesetzt wurde, rottete

lettern geleistet .

sich

Jahrhunderts groß und erfreulich genug,

ein großer Volkshaufe zusammen ,

der über die

Fortschaffung des geliebten Gemäldes lärmte, und die ――――― Wie wenig der ganz

Franciscaner Kirchenräuber schalt.

Aber auch auf so manchen

um auch den

österreichischen Patrioten, die muthlos oder mißtrauisch in die Zukunft ſehen, Trost und Ermuthigung bieten zu können.

in Werkheiligkeit, Aeußerlichkeit und mechanische Verrich tung vorgeschriebener Gebete und Ceremonien versunkene Gottesdienst zur Hebung der Sittlichkeit beitrug,

dafür

liefert die vorausgegangene Schilderung Wiens Beweise genug.

Es war in Wien immer noch etwas ganz gewöhn

liches daß man die auferlegten Bußen durch andere ver Ausland. 1869. Nr. 22.

andern

Gebieten sind die Fortschritte seit dem Ende des vorigen

65

Geognostische Beschreibung des ostbayerischen Grenz-Gebirges .

510

Geognostische Beschreibung des oßtbayerischen Grenz

felhaften Ruhms seine Aufnahmen einer wiſſenſchaftlichen

Gebirges.

Privatgeſellſchaft überlaſſen und aus Staatsmitteln so wenig als möglich thun zu dürfen. In Preußen, Sachsen,

Herausgegeben auf Befehl des kgl. bayer. Staatsminiſteriums der Finanzen.

Württemberg, Baden werden Professoren höherer Lehran stalten oder sonstige geeignete Fachleute

Ausgearbeitet von Dr. C. W. Gümbet.

einzelner Landestheile beauftragt. Gotha.

Verlag von Julius Perthes .

während

der

Ferien oder Sommermonate mit der selbständigen Aufnahme Die finanziellen Vor

1868.

Die Nüglichkeit und Nothwendigkeit geologischer Landes Aufnahmen wird heutzutag ohne Widerrede anerkannt.

theile liegen auf der Hand ; sie gestatten eine sehr billige Herstellung der Karten und Beschreibungen, und sichern. diesen die ausgedehnteste Verbreitung.

Der leicht

ent

In der Ausführung der Untersuchungen selbst findet man freilich die mannichfaltigsten Grundsätze befolgt.

ſtehende Mangel an einheitlicher Durchführung des Ganzen, die Schwierigkeit widerstrebende wissenschaftliche Ansichten

Ein aus Mitgliedern der Naturforschenden Gesellschaft bestehendes Comité ergreift in der republicanischen Schweiz

der einzelnen Bearbeiter in Harmonie zu bringen, beein

die Initiative, leitet die Aufnahmen, und betraut die geeig neten Persönlichkeiten mit der Ausführung. Der Bundes rath leistet einen sehr namhaften Beitrag, ohne sich jedoch in den Gang der wissenschaftlichen Arbeiten einzumischen. In Amerika fehlt es vorläufig an Männern die, wie in der Schweiz, aus Liebe zur Wissenschaft unentgeltlich, oder doch nur gegen Ersatz der Reisekosten . Jahre der mühevollsten Arbeit zu opfern bereit wären. Dort nimmt die Legislatur der einzelnen Staaten die Sache in die Hände. Wo das Bedürfniß rege geworden, werden reich dotirte Anstalten ins Leben gerufen, ein State geologiste nebst einer entsprechenden Anzahl Mitarbeiter ernannt, und

trächtigen jedoch die unzweifelhaften Vorzüge dieses Systems. In Bayern liegt die geognostische Landesaufnahme in der Hand eines einzigen Mannes, der die Arbeiten der

wechselnden Hülfsarbeiter anordnet, beaufsichtigt, revidirt und schließlich die Verantwortlichkeit allein zu übernehmen hat. Daß Bayern in dieser Hinsicht keinem andern Lande nachsteht, das beweisen die zehn bis jetzt veröffentlichten Kartenblätter, die beiden umfangreichen, prachtvoll ausge statteten Bände der Beschreibung, sowie die unbestrittene Autorität deren sich der gegenwärtige Leiter der geogno stischen Landesaufnahmen, Bergrath und Profeſſor Gümbel, erfreut. Der vor kurzem erschienene zweite Band enthält die

die Mittel zur glänzenden Veröffentlichung der Resultate in fast

Beschreibung des oſtbayerischen Grenzgebirgs .

verschwenderischer Weise zur Verfügung gestellt. Ist die Aufgabe der Survey" erfüllt, so löst sie sich auf, und die Mitglieder sehen sich nach anderer Beschäftigung um. Die

es als ob der Verfaſſer durch die Wahl gerade dieſes

Erfolge dieses echt amerikanischen Princips sind nach Qualität wie Quantität geradezu staunenswerth. In allen größeren monarchischen Staaten Europa's ſteht die Regierung an der Spihe der geologischen Landesauf nahmen. - England besigt seit Jahrzehnten seine berühmte

Fast scheint

Theils der bayerischen Monarchie eine Probe seiner Viel seitigkeit habe geben wollen.

Größere Contraste als die

zwischen der geologischen Constitution der Alpen, welche im ersten Band abgehandelt werden, und des östlichen Waldgebirges hat Bayern kaum aufzuweisen. Dort fast ausschließlich versteinerungenführende Sedimentärgesteine, enorm verwickelte und zerrüttete Lagerungs -Verhältnisse —

,,Geological Survey" mit einem zahlreichen Stab ausgezeich

hier vorzugsweise krystallinisches Urgebirge, mannichfaltig

neter Naturforscher, unter denen Namen wie Murchison,

zusammengesette Gesteine von zweifelhaftem Ursprung. Im bayerischen und oberpfälzischen Walde galt es vor

Hurley , Ramsay , Warrington , Smyth hervorleuchten. Sämmtliche englische Colonien besitzen ähnliche selbstän dige Anstalten nach dem Muster des Mutterlandes .

Auf

dem Continent hat Desterreich seine geologische Reichsanstalt ziemlich genau nach englischem Vorbild eingerichtet, und wird möglicherweise bald eine zweite magyarische entstehen. sehen, wenn Transleithanien, wie das Gerücht geht, seinen dualistischen Neigungen auch in dieser Richtung folgt. Die französische Regierung hat im vergangenen Sommer

allem eine Reihe theoretischer Fragen zu lösen : die Ent: stehungsweise von Gneiß, Glimmerschiefer, der sogenannten. metamorphischen Gebilde überhaupt, ihre Beziehungen zu den Maſſen-Geſteinen, wie Granit, Eyenit und Porphyr, mußte entschieden sein, ehe an die Gliederung der einzelnen Theile, an die den Gebirgsbau beherrschenden Geseze gedacht werden konnte. Gümbel hat den Weg der Induction eingeschlagen .

Be

eine Million Francs für eine Revision ihrer bereits ver

obachtung wird an Beobachtung gereiht, mit bewunderungs

alteten geologischen Karte bewilligt , und in Italien ist

würdigem Fleiß wird die Untersuchung bis in die kleinſten

vorläufig wenigstens eine vorbereitende Commission er nannt. In Belgien, Holland, Skandinavien und Rußland sind seit Jahren officielle Untersuchungen im Gang. Deutschland bietet auch in dieser Beziehung den bun testen Anblick.

Hessen Darmstadt erfreut sich des zwei

Details ausgedehnt, und schließlich werden aus dieser Fülle von Material die allgemeinen Resultate und Gesetze ent wickelt. Der Verfasser beschränkt sich übrigens nicht auf die stricte Darstellung der geologischen Verhältnisse des unter: ſuchten Gebietes ; er zieht seiner Aufgabe weitere, allgemei

Geoghostische Beschreibung des ostbayerischen Grenz-Gebirges .

511

nere Grenzen. Die Beziehungen der geologischen Zusammen:

und einer Auffassung welche die äußere Form, als durch

sehung zu der topographischen Gestaltung des Bodens, zur

die geologischen Verhältnisse bedingt, darstellt und erklärt,

Pflanzen und Thierwelt, die Abhängigkeit der materiellen,

tritt hier recht schlagend entgegen. Ein ausführliches Höhen verzeichniß mit mehr als 5000 Angaben schließt diesen Abschnitt.

ökonomischen und industriellen Entwicklung, der physischen und sogar moralischen Eigenthümlichkeiten der Bewohner von der Bodenbeschaffenheit, sind hier in einer Weise aus

Es folgt nun eine allgemeine Uebersicht der geognosti

einandergesezt welche uns einigermaßen an Werke wie Buckle's " Geschichte der Civilisation " erinnert.

schen Verhältnisse, und da sich hier fast alles um den Unter schied zwischen Urgebirg und Sedimentbildungen dreht, so

Es ist nicht möglich den Inhalt eines 968 Seiten starken Buches in dem hier gestatteten Raum auch nur andeu

setzung der verschiedenen gegenwärtig in der Geologie herr

tungsweise wiederzugeben ; wir beschränken uns daher auf

schenden theoretischen Anschauungen über die Entstehung

die Hervorhebung

der Urgebirgsfelsarten .

einzelner besonders bemerkenswerthen

Capitel. Diese fünf Kartenblätter umfassen den ganzen bayerischen

gibt uns der Verfasser eine übersichtliche Auseinander

Das Hauptreſultat der geognostischen Untersuchung des bayerischen Waldes, welches die folgenden Abschnitte näher

und oberpfälzischen Wald nebst den unmittelbar anstoßenden Gebieten Böhmens, einen schmalen Strich der westlich an grenzenden fränkischen Alb und einen kleinen Theil der

begründen und erläutern, wird in den Hauptumriſſen dar gestellt.

Der Verfasser ist der Ansicht daß im bayerischen

Walde das Urgebirg

Donauebene zwischen Regensburg und Passau. Von den 230 Quadratmeilen fallen 181 auf das Waldgebirg, 24 auf das Zwischenland zwischen Urgebirg und fränki scher Alb.

eine sehr bestimmte Ordnung und

Gliederung erkennen läßt, daß es schichtenweise abgeson dert auftritt, und in dieser Hinsicht keinen wesentlichen Unter schied gegenüber den eigentlichen Sedimentbildungen auf weist. Die Schranken welche nach einer fast durchwegs

Den Kernpunkt der Beschreibung bildet das Urgebirg angenommenen Ansicht das Urgebirg von den versteine des Waldes, und in dieſen führt uns denn auch der Ver rungenführenden Schichten trennen, werden weggeräumt, fasser in der Einleitung mitten hinein .

Es ist ein eigen und das erſtere wird nach den Lagerungsverhältniſſen in drei

thümliches, fast melancholisches, Bild das uns hier ent rollt wird.

große Urgebirgsformationen (Gneiß, Glimmerschiefer und Phyllitformation) gegliedert.

Der Wald ist

ein breites Haufwerk langgezogener die sich so dicht und gleichförmig an

Die Beschreibung sämmtlicher im Untersuchungsgebiet

einander schließen, daß das ganze Land das Aussehen eines

vorkommenden Gesteine (auf der Karte sind nicht weniger

erstarrten welligen Meers gewinnt.

als 80 durch beſondere Farben ausgeschieden) nimmt 260

rundlicher Rücken,

Beherrschende Gipfel

punkte sind selten, und selbst die höchsten Spizen, wie

Seiten ein.

Arber und Rachel, gewähren nur eine beschränkte Fernſicht. Der Wald läßt nicht aus der Ferne in sich hineinblicken und schaut nur wenig aus sich heraus. Seine Schönhei

Lehrbücher werden hier eine reichhaltige Fundgrube von Thatsachen, Techniker die umfassendste Belehrung finden ;

Verfasser mineralogischer und

geologischer

für den Leser bietet dieses Capitel seiner Natur nach we

ten liegen in der ernsten Majestät seiner dunklen Wälder, die sich an abgelegenen Stellen fast zu wahrem Urwald

niger anziehendes, doch hat Gümbet durch zahlreich ein

verdichten.

Wald und Fels sind monoton und schweigsam. Selten unterbrechen ausgedehnte Felsengruppen die Gleich

thümlichen Verfahrens von Naturselbstdruck, welches besser als weitläufige Beschreibungen die Structur der Gesteine

förmigkeit der Oberfläche, die wenigen kleinen Seen liegen. tief im Walde versteckt, und die Bäche sogar, wenn sie hie

veranschaulicht, den trockenen Stoff möglichst anziehend

geschaltete Holzschnitte und durch Anwendung eines eigen

gemacht. Nicht minder ausführlich als die Gesteinsbeschreibung

und da versuchen lustig über Stein und Fels zu hüpfen, nehmen bald ihren langsam schleichenden Gang an, als

wird der geologische Aufbau, die Lagerung und Verbrei

ob sie sich schämten die Stille der Umgebung unterbrochen

tung der verschiedenen Gebirgsglieder im ganzen und ein zelnen erörtert. Nach geographischen Gruppen schreitet die

zu haben.

Vegetation und Thierwelt tragen einen einför migen Charakter, und der Waldler selbst ist in sich gekehrt,

schweigſam, gegen das Fremde zurückhaltend. Er verſteht zu rechnen, doch gehören Ehrlichkeit und Genügſamkeit zu den Hauptzügen seines Charafters.

Detailschilderung vorwärts, zahlreiche Profile, deren Aus führung in Bezug auf Naturtreue und Anschaulichkeit auch die strengsten Anforderungen befriedigen, unterbrechen in angenehmer Weise den Text.

Im ersten Abschnitt des vorliegenden Werkes wird die

Höchst bemerkenswerth ist die Entdeckung des ältesten

Topographie des untersuchten Gebietes ausführlich geschil

bis jetzt bekannten foſſilen Organismus, des Eozoon Cana

dert, und der eigenthümliche landschaftliche Charakter durch

dense, im körnigen Kalk der Gneißformation von Obernzell

zahlreiche Holzschnitte und gelungene Ansichten in Farben: druck lebendig vor Augen geführt. Der Unterschied einer

bei Passau. Gumbels Auffassung des Urgebirges als älteste Sedimentbildung erhält durch das Vorkommen dieser merk

lediglich

würdigen Rhizopoden eine kräftige Stüße.

an der Oberfläche haftenden Boden- Beschreibung

512

Geognostische Beschreibung des ostbayerischen Grenz-Gebirges.

Der bayerische Wald zeigt in seinem Aufbau mancher Eine Mittellinie der Erhebung lei Eigenthümlichkeiten.

Zustand befindlichen und der Einwirkung überhißter Waſſer dämpfe ausgesetzten Erdrinde ; die Auskrystallisirung der

felit durchaus, zwei beinahe rechtwinkelig gekreuzte Haupt richtungen, die eine von N.W., nach S.D., die andere

einzelnen Bestandtheile erfolgte vielleicht erst aus ihrem

von N.D. nach S. W. beherrschen

die Gesammtlagerung

des geschichteten Gebirges, welchem sich die Massengeſteine, wie Granit, Porphyr, Serpentin u. s. w ., unterordnen. In die erste Richtung fällt jener merkwürdige 18

Meilen

Absatz aus einem unserer Beobachtung unzugänglichen Urbrei.

Die Lösung war eine successiv fortschreitende, sich ver ändernde, und damit war auch eine Verschiedenheit der nach einander gebildeten Absätze bedingt. Daraus erklärt

dem Namen „Pfahl" bekannt ist, und als kieselreiche Ein

sich die Aufeinanderfolge von Glimmer und Thonschiefer, welche den nämlichen Ursachen wie der Gneiß ihren Ursprung

lagerung in der Gneißformation angesehen werden muß.

verdanken.

lange schmale und schnurgerade Quarzzug welcher unter

Dieser lettern gehören auch die Schwefelkies

und mineral

reichen Erzlager von Bodenmais, sowie die Graphit- und Porcellanerde: Nester unfern Passau an. Von den jüngern Sedimentär-Ablagerungen werden

Granit und Gneiß sind der Hauptmaſſe nach von gleich. zeitiger Entstehung.

Die mineralogische Zusammensetzung

bietet keine Verschiedenheit.

Die granitischen Gesteine sind

lediglich schichtenlose Anhäufungen von Gneißmassen in

nur diejenigen ausführlich geschildert welche, wie die ſpär lichen Reste der Steinkohlen und Dyasformation, oder

Form von Stöcken, Lagern oder Gängen.

wie die bei Regensburg schön entwickelte Kreideformation,

auf die Seitengesteine beweisen seine eruptive Natur ; aber

in das Urgebirg eingreifen und mit diesem ein untrenn bares Ganzees bilden. Alle auf den Karten dargestellten

nicht in feurigflüssigem Zustand, sondern als eine wässerig breiartige Maff ist er hervorgequollen, und theils zwischen.

Theile der fränkischen Alb werden einem späteren Bande vorbehalten.

theils als stockförmiger Keil zwischen jene eingezwängt oder

Interessante Resultate lieferte das Studium der oft bayerischen Kreide.

Troß ihrer geringen Entfernung von

den gleichzeitigen Gebilden in den Alpen zeigen sie mit jenen nicht die geringſte Uebereinstimmung, weder in Ge : steinsbeschaffenheit noch in den organischen Einschlüſſen ; sie können daher auch nicht als Absätze eines und desselben Meeres betrachtet werden. Zur Erklärung dieser über raschenden Erscheinung nimmt Gümbel einen schmalen in der bayerischen Hochebene versenkten Festlandzug an, wel cher als trennender Damm die Gewässer des nördlichen und des füdlichen Kreidemeeres schied. Die vollständige Ueber einstimmung der Regensburger Kreidebildungen mit denen Böhmen und Sachſen weist dagegen auf eine einstige Verbindung hin, welche vielleicht in der Fortsetzung des Bodenwöhrer Einschnittes zu suchen wäre. Der Darstellung thatsächlicher Verhältnisse werden ſchließ lich einige allgemeine Folgerungen und theoretische Betrach tungen angereiht.

Tausendfäl

tige Beobachtungen von intensiver mechanischer Einwirkung

die halberstarrten Gneißschichten lagerförmig eingedrungen,

in vorhandene Spalten in der Form von Gängen und Adern eingegossen. Das letzte Capitel des umfangreichen Werkes führt von der Theorie zur Praxis Bodens zur Pflanzen

zurück.

Die Beziehungen des

und Thierwelt ; die Ertragsfähig

keit der einzelnen aus der Zersetzung des Untergrundes entstandenen Bodenarten sind ausführlich erörtert. Beher zigenswerthe Rathschläge zur Abhilfe nationalökonomischer Uebelstände werden ertheilt, und mit besonderem Nachdruck die geringere Fruchtbarkeit und die damit zusammenhän gende Verarmung des oberpfälzischen Waldes bei an und für sich ziemlich günstigen geologischen Verhältniſſen der unverzeihlichen Vernichtung des ehemaligen Waldbeſtandes zugeschrieben. Genaue statistische Zusammenstellungen geben ein Bild von den allerdings dürftigen Mineralschäßen des untersuch ten Landstriches.

Unter diesen verdient die Erörterung

Von einiger Bedeutung sind die cretaceischen Eisenlager

über die Entstehung des Urgebirgs besonders hervorgehoben zu werden.

bei Amberg und Bodenwöhr, aus welchen jährlich 8-900,000 Ctr. Erz gefördert werden. Die Tertiärschichten derselben

Was zunächst den Gneiß betrifft, so nimmt Gümbel

Gegend liefern reichlich eine Braunkohle von leider geringer Qualität.

für diesen die Mitwirkung des Waſſers in Anspruch. Er ist regelmäßig geschichtet wie alle Sedimentgesteine und innig verbunden mit jüngern Gebilden von unzweifelhaft Wohl ist es richtig daß die Be: wässerigem Ursprung. standtheile des Gneißes im Waſſer von niedriger Temperatur fast ganz unlöslich sind ; mit gesteigerter Wärme und höherem Druck ändert sich jedoch bekanntlich die Löslichkeitsfähigkeit des Wassers bedeutend. An eine eruptive oder feurigflüs sige Bildung des Gneißes darf wenigstens im bayerischen Walde nicht gedacht werden. Für Gümbel ist Gneiß das erſte Sediment der mäßig abgekühlten, noch in breiartigem

Die Schwefelkies - Gruben von Bodenmais und Lamm find von untergeordneter Bedeutung, und auch die reichen. Graphit und Porcellanerde-Lager im Passauer Wald geben in Folge der eigenthümlichen Besitz- und Betriebsverhält nisse nur einen bescheidenen Ertrag Steinkohlen. Dieser Lebensnerv für die Entfaltung einer blühenden Induſtrie findet sich zwar bei Erbendorf, doch in unbauwürdiger Menge, so daß es dem untersuchten Gebiet an eigenem mineralischen Brennstoff von preiswürdiger Qualität gänz lich gebricht.

Der Wall gegen Gog und Magog.

Im innern Wald liefert der Holzreichthum vorläufig ein Surrogat, und bedingt mit der Fülle an reinem Quarz im ganzen Urgebirg jene blühende, für das oſtbayerische Grenzgebirg so charakteristische Glasindustrie. Die fünf Kartenblätter im Maßstab von 1 : 100,000

513

näheren einzugehen, sich selber aber damit jede weitere Auskunft über Dhulkarnaïn zu sparen (Koran 18, 82 2c. ) Heute noch zählt die mohammedanische Theologie unter den Anzeichen des Weltendes (außer dem Erscheinen des Antichrists, der Wiederkehr Jesu 2c. ) auch den Durchbruch

zeichnen sich durch trefflichen Druck und besonders durch

jenes Walls von Seiten des Gog und Magog auf.

geschmackvolle Wahl der Farben aus. Für die Genauig feit der Aufnahme bürgt der Name des Verfassers, sowie

pographische Nachfrage wird nicht gehalten, sonst müßte

To:

der Umstand daß die ursprüngliche Einzeichnung im Feld auf Katasterblätter im Maßstab von 1 : 5000 eingetragen wurde.

längst durchbrochen ist

man wissen daß der Wall welchen die Koransage meint schon ――― mögen wir ihn östlich oder westlich

vom kaspischen Meere suchen.

Wir suchen ihn östlich da

von, wenn die heutigen Zustände maßgebend sein dürfen ; denn der wahre Gog und Magog find die Turkmanen, die

Die glanzvolle Ausstattung läßt, Dank der Liberalität der Staatsregierung, nichts zu wünschen übrig. Bayern hat alle Ursache stolz zu sein auf dieses echt nationale Werk, aber auch auf denjenigen dessen bewunderungswür diger Arbeitskraft wir das Ganze verdanken.

von dort aus in unausgeseßten Angriffen das unglückliche persische Hochland überſtürmen, um den Rest seiner Bewoh ner als Sklaven mit sich zu schleppen. Zur Abwehr ſol cher Einbrüche diente einst eine Mauer, die fast an der äußersten Südostecke des kaspischen Meeres aus dem Waſſer

Bernhard v. Cotta, Deutschlands populärster geologi scher Schriftsteller, fällt folgendes Urtheil über das Gümbel'

selber steigt und landeinwärts nach Osten in unerforschter Länge sich erstreckt.

Das Schlußcaftell und Außenwerk

sche Buch: im Westen (die Halbinsel Gumisch Tepe) soll vom Meer Dieses prachtvolle Werk gehört mit seinem gleichwer thigen Vorläufer über die bayerischen Alpen sicher zu den wichtigsten und gediegenſten Erscheinungen auf dem Ge biete geologischer Untersuchung und Darstellung. Schwer lich dürfte sich ein anderes Land von ähnlicher Größe einer von einem einzigen Mann so einheitlich durchgeführten Untersuchung und Schilderung erfreuen als das Königreich Bayern. "

aus wie ein natürlicher Hügel erscheinen, und erst bei der Beſteigung sich als Gefüge von sehr schönem Backſtein er kennen lassen. So meldet bereits Murawiew (Reise durch Turkomanien 2c. 1820) .

Da aber von dieser Gränzmauer,

wie Murawiews Karte sie verzeichnet, spätere Reisende (Fraser, Conolly) gar nichts vermelden, glaubte Ritter (VIII, 359) fie für eine „Fiction nach dem Koran," ge= gründet auf einige wirkliche Verschanzungspunkte, halten zu dürfen.

Dem ist nicht so.

Das Vorhandensein einer

Mauer die sich zehn geographische Meilen weit oftwärts verfolgen lasse, alle tausend Schritte vormals durch einen Thurm verstärkt und aus wunderschönen quadra

Der Wall gegen Gog und Magog.

tischen Backsteinen erbaut, wurde neuerdings von Vám béry (Reise in Mittelasien) beſtätigt.

Von Julius Braun.

Südlich von dieser

längst gebrochenen Mauer sind die im Frühling blumen Dem Propheten Mohammed wollten einst die Juden

reichen Gefilde des Görgenflusses (Frajer, Conolly), auf wel

eine Falle stellen, und fragten ihn, überzeugt von seiner

chem Gog und Magog sich nun ungestört niederlassen ; nörd.

Unwiſſenheit, „ wer Dhulkarnaïn gewesen sei. "

Mit einer

lich davon ist das Thal des gleichfalls von Osten kommen

Unüberlegtheit, wie sie öfter bei ihm vorkommt, versprach der Prophet die Antwort auf morgen, hatte aber Mühe

den Etrekflusses , die wahre Hölle der Perser, wohin sie im

nach 15 Nächten (Ibn Ishak, 192) eine dürftige „ Offen barung" bieten zu können. Darnach war Dhulkarnaïn

dort von den Ketten unmenschlich gequälter Gefangenen (Vámbéry). Der Wall selber heißt " Seddi Iskender, "

ein Welteroberer, der erst nach Westen vordrang bis er die Sonne in schwarzem Schlamm untergehen sah ; dann

Alexanders,Wall. Mit Alexander aber pflegt man von jeher, ob mit Recht oder Unrecht, den Erbauer des Walls

aber auch bis dorthin wo sie aufgeht und die Menschen

bei Mohammed, den Dhulkarnaïn, für eins zu halten.

Zorn sich gegenseitig verwünschen, denn jedes Zelt klirrt

Wie es scheint,

Vorerst fehlen die Mittel um zu bestimmen wer in

eine dritte Richtung (gegen Norden) brachte ihn zwiſchen

Wahrheit der Erbauer sei , ob man schon in altmedischer

zwei Berge, deren Anwohner klagten: „O Dhulkarnaïn,

Zeit eine solche Schuhwehr gegen die offene, von Raub: horden erfüllte Steppe für nöthig hielt (wie in Chaldäa

kein Mittel haben sich vor ihr zu schützen.

Jadschudsch und Madschudsch (Gog und Magog) richten

baute Dhulkarnain einen Wall von Berg zu Berg und

Verheerungen im Lande an . "

Um den Geplagten zu helfen,

die sogenannte medische Mauer zwiſchen Euphrat und Ti gris gegen die nordmesopotamische Wildniß) , oder ob

übergoß ihn mit geschmolzenem Erz .

Dieser Wall, ver

man sich erst in der Seleuciden-Zeit dazu entschloß, wie

hieß er, werde halten bis zum jüngsten Tag, und Moham

Antiochus Soter, von dem wir wissen daß er die weiter

med benüßt die Gelegenheit auf den jüngsten Tag des Ausland. 1869. Nr. 22.

im Osten folgende Dase Merw mit einer 1500 Stadien 66

Der Wall gegen Gog und Magog.

514

langen Mauer

umgab (Strabo 515).

Am wenigsten

dazu eignet sich Alexanders Name, hängt aber gleichwohl nicht nur an den Verschanzungen östlich, sondern auch an denen westlich vom kaspischen Meer, wohin der macedoni sche Eroberer niemals einen Fuß gesetzt. Dort im Westen war der ganze Kaukasus durch Mauerverlängerung an seinen Enden (nördlich von Mingrelien am schwarzen Meer und bei Derbent am kaspischen Meer) und durch Verschluß seiner Pässe zu einem einzigen Wall gegen Gog und Magog geworden. Von den Gebirgspässen machte am meisten Sorge das sogenannte kaukasische oder albani sche Thor, auf der Höhe des Hauptrückens mitten zwischen beiden Meeren, denn durch dieses Thor konnten (nach Pro kop) die nordischen Völker zu Pferd und zu Wagen ein dringen.

Kisil Alan, Alanenfluß .

Eben darum aber ist es begreif

lich daß alle jene Vorkehrungen gegen Gog und Magog ſchließlich in eine einzige Sage zuſammen schmelzen. Wäre nun die Erbauung dieses Walls, der in allen vormohammedanischen Sagen den Namen Alexanders trägt, das einzige Merkmal Dhulkarnaïns, dann müßten wir mit Nothwendigkeit in dem

Zweigehörnten " des Koran (Dhul karnaïn), wenn nicht den historischen, doch den mythischen

Alexander erkennen. Aber wie es scheint iſt jener Wall bau nur das jüngste Verdienst mit welchem eine uralte Götterfigur ausgestattet wurde eine Götterfigur deren Welteroberungszug, nach der ägyptischen Ursage zu schlie ßen, noch viel umfassender war als jener Alexanders . Mit dem äußersten Westen hat Alexander nichts zu thun. Wohl aber ist nicht nur Dhulkarnain bis zu den canarischen Inseln vorgedrungen (Abulfeda, Jbn al Wardi : bei Mo:

Byzantiner und Perser hielten es in Justinians Zeit gemeinsam befeht ; bauliche Ueberreste sollen dort viele Meilen weit, und zum Theil bis 120 Fuß hoch, zu verfol

vers, Phönizier II, 415), sondern auch sein wahres Urbild,

gen sein (Reineggs, Kaukasus I, 120) .

Von dort scheint

der gleichfalls zwei gehörnte Osiris Dionysos der ägyptisch

auch die dem Mohammed zugekommene Eage einen Theil ihrer Anschauung bezogen zu haben. Bereits beim Pseudo Kallisthenes versperrt Alexander den Durchgang in der

libyschen Sage (Diodor 3,73 ; 1,17 ; vgl. den gehörnten Jupiter Ammonsohn Milichus als Beherrscher Nordafrika's

Mitte eines von Meer zu Meer reichenden und bis in die Wolken sich erhebenden Gebirges mit ehernen Thoren,

öffentlichte, aber, wie es scheint, nirgends beachtete Spur die einzige Lösung des Räthsels möglich macht, ersehen wir aus dem Verständniß welches zu gleicher Zeit für Dhul

und bestreicht diese, um sie unverleßbar zu machen, mit einem wunderbaren Stoff (Asiketon) . Damit waren Gog und Magog nebst anderen wilden Völkern ausgeschlossen (vgl. Graf, Zeitschr. d. deutsch. morg. Gesell. 1854) .1 Natürlich ist die Verwechslung unter sämmtlichen Päſſen und Verschlüssen im Umkreise der südlichen Hälfte des ka spischen Meeres, welche sämmtlich „kaspische Pforten " hei ――――― ßen konnten und hießen, leicht um so leichter, als die Alanen , gegen welche die eisernen Thore an der Westseite errichtet waren, auch von der Ostseite des kaspischen Meeres drohten.

Jener Fluß Görgen (Dschordschan der arabischen Geographen) der in die Südostecke des Meeres, südlich von

bei Sil. Ital. 3, 104). Daß diese bereits von Movers ver

karnaïns Begleiter und Heerführer, den nicht minder räthsel haften Chidr, daraus erwächst. Begleiter und Heerführer des #Zweigehörnten" der Ursage war immer, wie verschie den auch die Namen, eine Typhonform . Typhon iſt jener sagengeschichtliche Saturnsohn und Osirisbruder den die Aegypter als Kriegsgott verehrten, denn er war Heerführer und Vorkämpfer der guten Götter im Kampfe mit Saturn . Es mag für manche leidig sein immer und immer wieder an diese Figur erinnert zu werden ; ihr Verständniß ist aber unerläß lichste Bedingung fürs Verſtändniß aller Religionsgeschichte überhaupt, denn dieser Typhon ist im Ausland zu so vielen

Seddi Iskender, mündet, heißt (nach Murawiew) jetzt noch

neuen Figuren geworden, als er in Aegypten und ander

1 Wie eine Rabbinenſage wiſſen will, hat Alexander auf jener eisernen Mauer mit großer Kunst Männer von Eisen an gebracht, die mit Axt und Hammer unaufhörlich darauf schlugen, als ob die Mauer immer noch mehr befestigt würde (Beer a. a. O. 1855, S. 785). Andere Zeugniſſe für Alexanders eiserne Thore bei Roth, ebenda, 797. Um zu erkunden ob eine solche Mauer gegen Gog und Magog wirklich vorhanden sei, schickte der Chalif Wathik (9. Jahrhundert) einen Gelehrten ſeines Hof halts, Namens Salam, mit großem Gefolge aus. Dieſer, der es für seine Pflicht hielt für so großen Aufwand dem Chalifen möglichst wunderbares zu berichten, und der eben seiner Lügen wegen für uns unbrauchbar iſt, ſuchte über Derbent hinaus (Her belot unter „ Jagingh“). Ibn Haukal (960), Maſudi, Edrisi 2 . begnügen sich mit der Mauer, die bis Derbent ins Meer hin aus reichte und im Binnenland jetzt noch einige Meilen weit er halten ist, und erzählen Wunder von ihren sieben eisernen Thoren, sowie von dem Löwenpaar das über jedem ruht, um die Un gläubigen zu schrecken 2c. Vgl. die Anschauung französischer Miſſionäre des 13. Jahrhunderts und alter Weltkarten über Alexan ders Wall und Gog und Magog, Ausland 1855, S. 240 ; Dent sche Vierteljahrsschrift 1854.

wärts verschiedene Namen hatte (d. h. zu sehr vielen), und wurde nicht nur von kriegerischen Völkern um seiner sagen: geschichtlichen Erinnerungen willen mit Vorliebe entgegen: genommen, sondern auch von den Ackerbauern um seiner kosmischen Aufgaben willen. Als man nämlich in Aegyp ten auf jene sterbliche Götterfamilie, d. h. auf jenes ver götterte Königshaus des Saturn, Oſiris 2c , kosmische Kräfte herabzog (um zwei Systeme mit einander zu verschmelzen), verkörperte man in Typhon den innerweltlichen Echöpfer geist Hephästos, den Gott des Urfeuers, der innern Trieb: kraft der Natur. Wenn nun beide Elemente, sowohl die sagengeschichtliche Kunde von Typhons Beruf als Heer: führer der guten Götter, als jene kosmischen Aufgaben, wie Naturscgen, Befruchtungskraft, auch im Chidr der Muselmanen wiederkehren, dann wird auch er, wie so un zählige andere mehr oder minder freundliche Gestalten, ſeine Löſung im Typhonbegriff gefunden haben. Der Koran selber nennt den Chidr nicht.

In der

Der Wall gegen Gog und Magog.

515

weniger mageren Kunde aber, wie sie den Auslegern des

liche Schöpfergeist (Urlicht, Intelligenz) ist zugleich Offen

Koran zur Verfügung steht (Thalaby bei Sprenger, Mo hammad, II , 471 ), heißt es : Dhulkarnaïn habe den „ Quell

barungsgott und erscheint, ins Menschliche übersetzt, Prophet. 1

als

des Lebens " gesucht, und sei dabei nicht so glücklich gewesen

Wenn Chidr ein Gott war, dann wird auch der Zwei

wie sein Begleiter Chidr, der als Befehlshaber des Vor trabs in die Finsterniß vorauszog, und in der That in

gehörnte, " dem er dient, einer gewesen sein. Mit der volksthümlichen Ansicht, Dhulkarnaïn sei Alexander (Js

dunklem Thal auf jenen Quell oder Teich des Lebens

fender Rumi), waren schon viele Gelehrte des Islam nicht

stieß.

Chidr trank mit vollen Zügen daraus, ist darum

einverstanden, und zogen vor ihn z . B. für eins und das:

unsterblich, und verrichtet heute noch allnächtlich sein Gebet

ſelbe mit Ifridun (Feridun), dem Sohn und Ueberwälti

in der großen Moschee zu Damascus, im Sophien- Dom zu

ger des bösen Urkönigs Zohak (des babylonisch-persischen

Konstantinopel 2c. dings getrunken,

Den Quell des Lebens hat Chidr aller

Saturn, Satan 2c.), zu halten (Sammlung von Ausſprü

denn er ist die Naturkraft ſelbſt, und

chen bei Fleischer, Zeitschrift der Deutsch-morgenländischen Gesellschaft 1855) . Damit rücken wir wenigstens in die

mit allem Recht haben die Moslime ihn nicht nur als Schußgeist der Waſſer, Kräuter, Bäume, gern an Quellen sich aufhaltend, aufgefaßt, sondern auch geradezu als höchsten Weltbildner und heiligen Geist (Kamalaldyn bei Sprenger a. D. II , 468). 1

Aber dieses kosmische Erbe,

Götterzeit hinauf und haben nicht mehr weit zu jenem fast an der leßten Gränze menschlicher Erinnerung stehenden Welteroberer und Weltbeglücker, dem zweigehörnten Dio

das auf den sagengeschichtlichen Typhon sich niedergelassen,

nysos, auf welchen schon die Merkmale ſeines Unterfeld herrn zurückweisen. 2 Wie der Dhulkarnaïn des Koran,

beseitigt nicht dessen menschliche Aufgabe, Heerführer, Statt:

hat er die ganze bewohnte Erde durchzogen um die Gott.

halter 2c. des zweigehörnten Dionysos gewesen zu sein.

losen zu züchtigen, den Gottergebenen Wohlthaten zu er weisen (Diodor 3, 72). Der Boden wurde entwildert

Zuweilen verschwindet auch der zweigehörnte Oberherr, und Typhon bleibt als Eroberer allein noch übrig, wenn 2 auch nicht unter dem Namen Chidr, aber z . B. im Scheddad der Araber (dem Saturnsohn Sadid der Phö

durch Anpflanzungen ; als Gränzmarkungen des Zuges blieben Denksäulen zurück. Ob die Ursage auch bereits

zusammenfällt: im Afrikis der Araber (dem Saturnsohn

eines Gränzwalls gegen die wildesten Horden gedachte, wissen wir nicht, so wenig als wir die Zeit kennen in wel Da die bis nach cher zuerst ein solcher errichtet ward.

Afer der Alten), welcher gleichfalls das Land erobert und

Indien reichende Dionysos- Dhulkarnaïn- Sage aber älter iſt

niker), der als Gründer von Tanger mit Antäus - Typhon

Städte gründet bis nach Tanger (die Quellen bei Movers

als die Iskenderſage, so wird jene auch zuerst Beſiß er

a. D.).

griffen haben von dem Ruhm des gegen Gog und Magog

Daß auch unter diesen und anderen Namen jenes

kosmische Erbe nicht völlig verloren ist, sehen wir z . B. es aus der Bedeutung des Antäus als Sagenspender erfolgte Regen sobald man von seinem Riesengrab zu Tanger etwas Erde entfernte ; aus der Bedeutung des Nordafrika erobernden Herakles als Gott der Naturwärme, als Pflanzer und Schußgeist der Weinberge und Delgär ten (vgl. unsere Naturgeschichte der Sage, 1, 313, II, 4). Daß aus dem Heerführer und Kriegsgott (troß des bös artigen Charakters, wie ihn Typhon nachmals in seiner Empörung gegen Osiris - Dionysos bewies ) ein gottbegna digter Prophet wie Chidr werden kann, verdankt Typhon abermals nur jenem kosmischen Erbe, denn der innenwelt 1 „Baalfeigen, “ „Baaltrauben“ 2. nennt man heute noch in Damascus diejenigen Früchte die nicht durch künſtliche Bewäffe rung erzeugt sind - natürlich nur eine Erinnerung an Baal Chamman, den Gott der Gluthhitze, die innere Triebkraft der Natur. Auf puniſchem Denkmal ( Gesen. mon. tab. 23) ſproſſen diesem Baal Chamman die Trauben und Granatäpfel aus den Händen. Er ist Chidr, und vermuthlich dürfen wir auch in dieſem Namen (der, aus dem arabischen Lexikon erklärt, wie ge wöhnlich, auf eine Albernheit führt) und seinen Nebenformen Khizir, Hizir einen der verbreitetsten Hephästosnamen Vorder afiens und Arabiens wieder erkennen (Hazor, Azar 2c . ) . 2 Unter dem Namen Chidr erscheint er in muselmanischer Legende (Herbelot unter „Kheder “) als Führer der Hebräer durch das rothe Meer und die Wüste. Dieser Führer aber war, laut Tacitus und Plutarch Typhon.

1 Vgl. den Propheten Hudd, den einstigen Urfeuer- und Unterweltgott, deſſen Brunnen Bar-Hudd (bei Ptolemäus ' „ Fons Stygis ") ein Höllenschlund, im Ausland 1869 Nr. 4. Wenn die Muselmanen insgemein den Chidr dem heil. Georg gleichsetzen - z. B. bei Berut, wo das Vorgebirge des Drachenkampfs mit der Georgs-Capelle oder Grotte „Ras el Chidr “ heißt - ſo ſind fie gleichfalls in ihrem Recht. Der heil. Georg war nicht nur Drachentödter (der Drache ist der drachengestaltige Saturn) ; Pa tron und Feldgeschrei der Kriegsleute (wie Typhon in Aegypten) und geradezu gleichgesetzt mit Mars ; Besitzer eines Sieghemdes, das keine Verletzung zuläßt (vgl. die Tarnkappe des Nimrud, die Unverwundbarkeit des Antäus 2c.), sondern er ist auch em Genius des Frühlings (ſein Fest am 24. April), Patron des Ackerbaues, der Hirten und Heerden wie der kosmische Typhon (Baal Chamman), und Prophet wie dieser, sofern die bösen Geiſter vor ihm wichen, die Götzenbilder umfielen (ſ. die Quellen bei Vernaleken, „ Germania" IX, 474. Daß beide, der heil. Georg und Chidr, andererseits in den Jlia (Elias) übergehen, ändert an der Sache nichts, denn auch Elias ist der Reſt eines alten Gottes (und zwar ganz desselben), was zu erweisen leicht wäre, wenn es überhaupt hier unsere Aufgabe sein könnte alle Parallel figuren zu erschöpfen. 2 Andere Namen für Begleiter des Dionysos-Dhulkarnaïn sind : Pan Triptolemos (der Gott des Ackerbaues), Maron (der Gründer des Weinbaues), Makedon (Herakles Makarth) 2. Wer ſich die Mühe geben will diese Figuren zu prüfen, wird einschen daß ihre theils menschlichen (ſagengeschichtlichen), theils kosmi schen (speculativen) Merkmale abermals mit jenen des Chidr stimmen.

Schicksale eines deutschen Auswanderers in den Vereinigten Staaten.

516

Mohammed zugänglich waren und die so manche echt- und

errichteten Walls .

In den rabbiniſchen Quellen, die dem

gleich Euern Silber-Thalern, aber die Gold Dollars gelten 1 Thlr. 12 Gr. und die Kupfer- Cents gelten 3 Pfennige.

altchaldäische Kunde enthalten, haftet die Sage noch an Dhulfarnaïns Name - was natürlich nicht ausschließt

aufzukündigen : wenn man Abends noch glaubt, das machst

daß sie anderwärts ſchon längſt (die Nachweiſungen reichen

du morgen, ist man am andern Tage plötzlich wieder ohne

Hier ist es Sitte beiderseits erst in der lezten Minute

bis auf Josephus , Bell, jud. 7, 7, 4) auf ein jüngeres

Stelle.

Haupt, wie es ihre Art ist, sich konnte niedergelassen ha ben. Wer lieber an ein Jneinanderfließen zweier ursprüng

Ausziehen.

lich getrennten Kreiſe denkt, dem werden wir auch das nicht verwehren dürfen. Entsprungen aber ist die Dhulkarnain Sage keinesfalls erst aus dem Sohne des Philipp und der Olympias, und noch viel weniger aus einem Cyrus oder wen man sonst noch dieser Ehre gewürdigt hat.

Möchte

man endlich einsehen daß die ägyptische Ursage in den offen liegenden Schriften des verachteten Diodor um einiges besser ausgibt als die tiefgehenden Bergwerke diesseitiger Speculation.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Ein- und

Ich wohnte z . B. bei einer irischen Familie und sagte eines Tages bloß : „Ich ziehe aus, der Wagen

steht schon draußen, " und in fünf Minuten hatte ich das Logis verlassen, ohne daß die Leute vorher eine Ahnung davon gehabt hatten. Die Arbeitszeit ist in Amerika zehn Stunden, von 7 bis 12 und von 1 bis 6 Uhr, und meine vornehmste Arbeit im Eisenbahnhof beſtand im Aufſeßen der Räder mit Nuth und Keil, die ordinärste im Einölen und Gangbarmachen ganzer Berge von Schraubenbolzen mit Muttern die im Für die lettere Arbeit werden in Sachſen einem Lehrjungen vielleicht 6 Groschen bezahlt, ich empfing Thlr. per Tag, der Junge hier über eine Woche lang 2 Brande waren.

hätte aber wegen der längeren Arbeitszeit vielleicht noch mehr geliefert ! Die Feilen waren alle im Brande und

Schicksale eines deutschen Auswanderers in den ſtumpf.

Vereinigten Staaten.

Vom 25. August bis 12. September war ich Tin-man

(Aus Privatbriefen mitgetheilt von Dr. Hugo Schramm .)

oder Klempner in einem Zinnladen, wo ich meist Blech dächer decken half.

Marquette, am Obern See, im Staate Michigan, 15. October 1868.

Dreißig schöne große Trinkbecher mit

Henkel verfertigte ich an einem Tage. Die amerikanischen Blech-Arbeiten werden mit einer großen Anzahl verschie

Lieber Bruder !

dener Maschinen angefertigt, die man in Deutschland gar

....Kirchen gibt es hier in Amerika in Menge und von

nicht kennt. Die fertigen Sachen sind sauberer, gleich: mäßiger und billiger als durch freie Hand. Ich würde

Dieses Nest Marquette (Markwět) hat und die Redensart Kirchen zu Markt sieben, deren sogar buchstäblich zu nehmen, gewissermaßen tragen" ist hier

mir schon getrauen mit solchen Maschinen ein paar Klempner Der Chef einer deutschen Stadt zu Grunde zu richten.

denn das sogenannte Muffen (von to move) kommt in Noch vorgestern sah ich mit Marquette sehr häufig vor.

sei,

allen Gattungen.

fragte mich ob ich mit zwei Dollars per Tag zufrieden was ich natürlich bejahte, denn in Deutschland gibt

gewiß kein Klempnermeister dem ersten besten Dahergelau

eigenen Augen wie eine ganze Kirche, zufällig ohne Thurm, an einen anderen Play und auf ein Stein-Fundament gesezt wurde.

fenen gleich 2 Thlr. per Tag. Und Hr. Cummings würde mir noch mehr gegeben haben, sobald er mir, wie er beab

Hilfsmittel waren Schrauben und Walzen.

Und gestern Abend geriethen wir, d. h. Freund J. und ich, durch diese Verschiebung in so fern in Verlegenheit, als wir ihretwegen den Weg verfehlten. Wohnhäuſer werden

sichtigte, die Reparaturen- und Büchsenmacher Arbeit über iragen hätte. Als er jedoch nach dem Süden verreist war, merzte mich der Werkführer,

dem ich einen Theil seiner

Arbeit entzogen hatte, wieder aus.

Es war schade, weil

oft lächerlich weit auf ansteigenden Straßen fortgemufft. ich da ein warmes Winterlocal genossen hätte, und weil Drei Wochen vor meiner Ankunft in Marquette waren. der Eisenbahnhof und noch achtzig andere Baulichkeiten der Stadt abgebrannt, deßhalb sind auch oft acht Arbeiter

ich auch das Dachfieber schon überstanden hatte.

Ich war

auf den Dächern zweier Wohnhäuser, eines Schulhauses und der Baptisten-Kirche, beschäftigt.

in einem einzigen Zimmer eines Kosthauses eingepfercht.

Der zweite Klemper hier, ein Deutscher, nahm mich

Der Werkführer der Rail-Road-Company, unter welchem ich zunächst als Maschinist arbeitete, war ein Frländer,

nicht in Arbeit, weil ich ihm vorher einmal gesagt hatte

der jeden Deutschen haßte.

falls hatte er Furcht vor späterer Concurrenz.

Wir konnten uns nicht ver

daß ich so und so viel Geld hier deponirt habe.

Jeden

Während

ſtehen, auch dann nicht als er mir wieder auffündigte. Als er daher sah daß ich fortarbeitete, schickte er einen Deutschen, mittlerweile war ich aber gegangen. Dort

verlangte einen neuen Piston an die Flinte, ein Fleischer

arbeitete ich vom 3. bis 20. August bei 2

wollte seine Säge schärfen laſſen u. dgl. m.

Tag.

Dollars per

Die amerikanischen Papier- Dollars stehen jezt ganz

ich mit ihm sprach, kamen eine Menge Leute zu ihm : der eine wollte einen Schlüſſel gefertigt haben, ein Indianer

nämlich die Metzger den ganzen Tag.

Hier fägen

Wenn einer Fleisch

Schicksale eines deutschen Auswanderers in den Vereinigten Staaten.

517

einen Viertelzoll dick abgeschnitten bekommt, so kriegt er das

liche Gedränge beim Beſteigen des Schiffs wiederholte sich

zugehörige Stück Knochen fast als eine durchsichtige Scheibe mit in den Kauf.

täglich verschiedenemale auf dem Schiffe. Durch ein einziges Wort des Capitäns wäre Ordnung hergestellt worden ; aber

Momentan habe ich keine Beschäftigung, es iſt jedoch Aussicht vorhanden als Zeichner Arbeit in einer Maschinen.

nein, fünfmal des Tages mußte jeder welcher Zwischendeck-Kost hatte sein Leben wagen ! Schon wollte ich mich beim Capitän

Fabrik zu finden.

beschweren, als ich mit dem Koch der ersten Cajüte bekannt

Wenn da nichts draus wird, so gehe

ich fort von hier, und zwar südwärts.

Außer der betref

wurde, durch den ich dann das Eſſen aus der erſten Cajüte

fenden Maschinenfabrik und dem erwähnten Werkschuppen

erhielt ; dafür gab ich ihm fünf Dollars Gold. Eine Flasche Bier kostet 9 Gr.; ein Bayer trank während der Fahrt für 20 bis 30 Thlr. - Mein Gepäck lag in der II. Ca

der Eisenbahn- Gesellschaft gibt es hier noch ein Eisenwerk, eine Lederfabrik und eine Ziegelfabrik. Wegen gänzlichen Mangels an Lehm müſſen die Ziegel aus Eand und Ce ment gepreßt werden.

Um die Lieferung zum Bau der

jüte, und ich konnte ungehindert dazu.

Diese Fahrt ge

Presbyterianer Kirche zu übernehmen, trat der Besizer dieser

hörte nämlich schon zu denen mit geänderter Eintheilung und anderen Fahrpreisen, insofern die erste Cajüte nur

Fabrik, ein Yankee, von der Secte der Methodiſten zu den Presbyterianern über. Ihm ging eben das Geschäft über alles .

sie sich nicht rentirte, so erhielt die zweite Cajüte den Raum der ersten, und wurde eine zweite Cajüte mit Zwischendeck

Kohlen und gebrannte Ziegel kommen als Retour-Fracht der Eisenerz Schiffe. An Gestein ist der Granit vorherr schend, sonst ist lauter Sand weit und breit.

Die Stadt

noch dem Namen nach mit 165 Thlrn . beſteht ;

Kost eingeführt.

denn da

Dafür hatte ich 70 Thlr. gezahlt.

Ich

rathe aber jedem der es nur einigermaßen ermöglichen fann, 100 Thlr. zu zahlen. Zu Ehren des 4. Juli fand am Abend dieses Tages Ein Geistlicher, der

erstreckt sich vom See-Ufer zu einer ziemlichen Anhöhe hinauf, hat aber selbst auf dem höchsten Bergesrücken un

eine Feier auf dem Verdeck statt.

ergründlich tiefen gelben Flußsand, der den Verkehr im

von seiner Reise nach Rom zurückkehrte, hielt eine Rede,

Gehen und Fahren ungemein erschwert. Wo gefahren. wird, watet man bis über die Knöchel im Sande. Nach

etwa folgenden Eingangs : Heute ist der Gedenktag der

dem Regen läßt sich's beſſer gehen. Kürzlich starb ein Methodist, der zugleich Mitglied der Temperance - Society war, an - Branntwein.

Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten

Staaten ,

der

größte Tag den jeder freie Amerikaner feiern kann und feiern wird, sei er wo immer es sei. Auch wir, die wir

Da dieß

jenem Lande zueilen in dem keine gekrönten Häupter knech

allerdings der erste Fall sein soll, so erregte es großes

ten, müſſen dieſen Tag festlich begehen u. f. f. Zum Schluß der Rede wurden Raketen losgelassen ; dann folgten Um

Aufsehen. Das Begräbniß ging in feierlicher Stille vor sich voraus schritt eine große Schaar Freimaurer mit ihren

züge unter Musikbegleitung, sowie allerhand Tänze.

Es

der Richter mit aufgeschlagenem Gesetzbuch, diesem eine

war eine sternenhelle ganz venetianische Nacht, wie ich eine Die Ausge auf dem adriatischen Meer verlebt habe.

Menge Bahnbeamter, Collegen des Verstorbenen, sowie

lassenheit war groß und wollte kein Ende nehmen, na

viele Methodisten und Mäßigkeitsvereinler ; den Schluß

mentlich unter den Zwischendeck- Passagieren. Während der ganzen Fahrt erhob sich kein Sturm, und

Abzeichen und weißen Tüchern als Schurz, dann folgte

machte eine Reihe von Wagen ; von Geistlichen war nichts zu sehen.

doch konnte man sehr oft wegen des Schaukelns kaum

Vor dem betreffenden Richter bin ich Bürger der Ver einigten Staaten geworden laut meiner Declaration of

gehen und stehen. Jeden Tag lief die Uhr um 20 und mehr Minuten voraus, je nachdem wir 253 Seemeilen

intention : I, ...., do solemnly swear that it is bona fide my intention to become a Citizen of the United

(das Minimum) oder bis zu 292 Seemeilen (das Maxi

States, and to renounce for ever all Allegiance and Fidelity to each and every Foreigu Prince, Potentate, State or Sovereignty whatsoever, and particularly the king of . . . of whom I have been a subject. Signed : (folgt meine Unterschrift) .

Die Sache war sehr schnell abgemacht.

Ich ging auf das Rathhaus, sagte dort bloß wie ich heiße und woher ich bin, nahm den Hut ab (das einzige Feier liche dabei), schwur, unterschrieb und zahlte 75 Cents . Vor den Wahlen hätte ich es auch umsonst haben können . Wirklicher Bürger werde ich aber nicht vor dem 10. Aug. 1870, Doch da fällt mir ein daß ich euch ja noch gar nichts von meiner Ueberfahrt erzählt habe. Die Abfahrt erfolgte von Bremerhafen aus am 27. Juni Abends 6 Uhr. Passagiere befanden sich ca. 700 an Bord.

Das entsetz

mum ) täglich zurücklegten. Drei Geburten kamen vor, und ein Kind starb ; es wurde in einer Schachtel ins Meer versenkt. Ein christlicher Flegel der einen Juden geschlagen hatte, wurde bei Wasser und Brod eingesperrt. Der Na tionalität nach waren am meisten vertreten die Württem berger, dann die Schweizer ; auch verhältnißmäßig viele Juden waren da, aber wenige Böhmen. Am Abend des 11. Juli kamen wir in Hoboken an,

mußten den ganzen Sonntag, damit derselbe nicht gestört würde, bei einer Hiße von 106° F. = 33° R. im Hafen bleiben, wurden erst am Montag untersucht und dann nach Castle Garden übergefahren.

Am Dienstag war mein erster Gang ins Wasser um reiner Amerikaner zu werden. Das Bad (im Hudson-River) war so besucht, daß mehr Menschen als Wasser darin waren . Alle Cabinen waren

Schicksale eines deutschen Auswanderers in den Bereinigten Staaten.

518

besetzt, die Gallerien belebt von Jung und Alt, und der (jüngst verstorbene) Gemeinderath K. in Wien würde sicher

sonst einem im Winter der Mund zusammen friert. . . . Für Kost und Quartier (ein Zimmer mit nackten und ſehr

in der nächsten Sizung den Antrag auf ein paar tausend

dünnen Bretterwänden), mit eigenem Bett, eigener Wäsche

Badehosen gestellt haben.

und ohne Bedienung, zahle ich 28 Dollars monatlich.

Ein Glück daß ich meinen Sonnenschirm bei mir hatte, sonst hätte ich auch am Sonnenstich sterben können wie

Kost ist sehr schlecht, das Fleisch zäh wie Leder ; es wird

ein Württemberger, der ein Erbtheil zu Hause geholt hatte,

zucht rationell betreibt. Ein Glas Bier, kaum ſo viel wie ein Schoppen, kostet 5 Cents (15 Pf. ) . Wein bekommt

mit mir zurückgefahren und in demselben Hôtel abgestiegen war. Eine Stunde vor seinem plößlichen Tode war ich noch bei ihm.

An dem betreffenden Tage starben zwei

Die

nicht eher besser werden als bis man auch hier die Vich

man keinen zu ſehen. Unter dem Namen „ Saloon “ gibt es hier kleine Locale wo bloß Bier und Branntwein verab

Matrosen von unserm Schiffe und 126 Personen in New

reicht wird; an Restaurationen im deutschen Sinn ist

York, darunter selbst Neger, am Sonnenstich.

hier noch nicht zu denken. Je roher und schmußiger einer herkommt, desto heimischer wird er sich hier fühlen. Der

Um zu seinem Gepäck wieder zu kommen, muß man sich wer weiß wie lange anstrengen. Da aber acht Ein wanderer Schiffe an einem Tage gelandet waren, ſo kann man sich auch das Getümmel vorstellen. Am 15. Juli, Abends, löste ich ein Fahrbillet für den

bodenlose Sand trägt auch nicht viel zur Reinlichkeit bei. Unser freundlicher See hat krystallhelles Trinkwasser. Oberhalb des Leuchtthurms befinden sich drei herrliche Inseln, wo ich u. a.

auch die Heidelbeeren in großer Von Mosquitos ist man im

Expreßzug nach Port Sarnia am Huron-See, mit einer Gültigkeit für 20 Tage. Da hier kein Rangunterschied

Menge gefunden habe.

herrscht, so gibt es auch keine erste und zweite Classe.

Bei Tag ist ferner ein sehr starkes tactmäßiges Zirpen der

Benute niemand die Emigrantenzüge : ſie ähneln Vieh

Cicaden, bei Nacht die bedeutende Größe der Fledermäuse

Transporten und kosten schließlich mehr Zeit und Geld. Ich reiste über Binghampton, Owego, Elmira nach

auffällig. Der Rauchtabak ist sehr stark, und ich muß ihn erst waschen.

Buffalo, und machte von dort am 17. Juli einen Abstecher

ehe ich ihn rauchen kann ; die Cigarren kosten pro Stück 3 Gr.,

Sommer wenig belästigt, desto mehr aber von den Fliegen.

Wie am Rheinfall, so badete

und da spricht man immer von den freien Amerikanern !

ich mich auch hier zweimal an einem Tag oberhalb des

Niemand ist mehr besteuert als diese . Sogar jedes Päd chen Zündhölzchen trägt einen 3 Cents-Stempel und kostet

nach den Niagara-Fällen.

Falls, indem ich mich an Steine festklammerte und eine Stunde lang abspülen ließ.

Ich legte mich platt auf die

Erde und schaute, den Kopf wenige Zoll über den Wasser

10 Cents, also 3 Gr. ! 1 Gallon Spiritus, nicht ganz 4% sächs. Kanne, kostet 52 Thlr. !

Die

Eine Rotte Musik- Dilettanten, meist Deutsche, denen

glatten Ueberfall-Stellen brechen das Licht in schöner ſma

die Straßenjungen ihre uralten Weisen nachpfeifen, läßt mich immer mit Wehmuth der heimathlichen muſikaliſchen

spiegel haltend, in eine Tiefe von 164 engl. Fuß .

ragdgrüner Färbung. Nähe.

Regenbogen schweben in nächster

Unterhalb des Flusses befindet sich die 800 ' lange

und 250′ hohe Hängbrücke, deren Drathſeile einen Durch messer von 10 Zoll haben.

Oben führt über dieselbe

Genüsse gedenken.

Die Indianer sind kein musiktreibendes

Volk wie die Zigeuner. Sie verweigern überhaupt jegliche Cultur, und wollen keine Arbeiter sein die zu einer be

die Eisenbahn, und 28' Fuß darunter passiren die Wagen und Fußgänger. Man hat zwar, um die Brücke zu betre

stimmten Minute anfangen und zu einer andern wieder

ten, / Dollar zu zahlen, aber für diesen Riesenbau ist es

lichste Gut.

nicht zu viel.

Ausnahme, die Haut bräunlichgelb und die Tracht der in die Stadt kommenden Frauenzimmer europäisch. Neger

Die Brücke führt zugleich über die Gränze

der Vereinigten Staaten nach Canada. lisches Geld...

Dort gilt nur eng

aufhören.

Ihnen ist die unbeschränkte Freiheit das köst Ihr ſtraffes Haupthaar iſt rabenſchwarz ohne

Am 18. Juli reiste ich von Buffalo durch Canada

sind ziemlich viele hier, sogar zumeist ansässig. Sehr viele Gewerbe und Geschäfte sind in Marquette noch gar nicht

nach Port Sarnia, wo ich aber bis zum Abend des 21 . warten mußte um mit dem Schraubendampfer Old Concord

vertreten, es ist auch gerade nicht nöthig, weil alles billiger von den unteren Staaten heraufkommt als es hier erzeugt

den Huron-See aufwärts und dann von Soult St. Mary

werden könnte. So ausgezeichnet alle Eisen- und Stahl waaren sind, so schlecht ist z. B. das Glas . Noch sind ganz enorme Länderstriche verkäuflich, bei

aus durch einen Canal mit Schleußenthoren nach dem Oberen See zu fahren. In Marquette langte ich am 25. Juli Vorm. 10 Uhr an. . . Der Winter ist hier sehr streng, der Schnee bleibt 7 Monate liegen, vom September bis zum April. In voriger Woche waren 14 Maurer von Chicago bergelockt worden, doch als sie bei ihrer Ankunft den Schnee 1 Fuß hoch liegen sahen, kehrten sie gleich mit dem andern Schiff wieder um. Schnurrbärte werden wenig getragen, weil

denen der dichte Holzbestand nicht einmal gerechnet wird. Außer Fichten, die am meisten vertreten sind, gibt es hauptsächlich Kiefern, wenig Eichen !

Birken und Cedern,

dagegen nur

Zu Fuß nach Brasilien.

Bu

Fuß

nach Brasilien.

519

zusehen, sondern es herrschte die nämliche Dürre und Schwärze der Savane, der nämliche Staub und die nämliche Hitze

Bon Karl Ferd. Appun. 2.

Von Rupununi nach dem Takuťú .

und eben auch derselbe peinigende Durst wie an den vorher gegangenen Tagen ! Drei Stunden waren wir in der Savane schnell vorwärts geschritten, als wir an das ausgetrocknete

(Schluß.) Der nächste Morgen war kühl und dießmal brachen.

Bett eines Flusses gelangten, welches jedoch noch an einer nicht fernen Stelle eine lange und tiefe Lache reinen.

die Indianer, da sie mit keinem Fremden plaudern konn ten, zeitig auf, um wo möglich gegen Mittag den Takutú

Wassers enthielt, das, wie die Indianer mir versicherten, auch in den trockensten Monaten dort zu finden sei . Be

zu erreichen.

Vom heftigen Regen der vergangenen Nacht

reits hatten sie sich darauf vorbereitet und brachten

war jedoch kurz nach Sonnenaufgang nicht eine Spur mehr

aus ihren kleinen Jagdtaschen von Jaguar-Fell in Blätter

Gruppe von Mauritia Palmen und Wapischianna-Hütten am Takutú.

Zu Fuß nach Braſilien.

520

gewickelte, an dünne Schnüre befestigte kleine Angeln her vor, an die sie einige aus dem Boden gegrabene Regen würmer befestigten und damit in der Lache fischten.

In

kurzer Zeit hatten sie eine Menge kleiner Fische (Pygo pristis denticulatus

Müll.

Trosch. , P. fumarius Müll.

Trosch., Erythrinus unitaeniatus Spix) gefangen, deren Besit sie sehr erfreut waren,

Samen zur Speisung der Fische ins Wasser fallen. Der Tapir, der Manati, der Hokko, der Opisthocomus cristatus find große Liebhaber theils der Blätter, theils der Samen dieser Pflanze, und auch der Mensch ißt oft nothgedrungen. die letzteren .

über

Die beiden Hütten, von ihren Bewohnern aufgegeben,

da die kleinen Fische

befanden sich im Zuſtande größter Baufälligkeit ; sie waren

ihnen als ganz besondern Leckerbissen gelten. Ein 500 Fuß hoher kahler Hügel mit abgeplattetem 4 Gipfel, Watuwau, 1 nur spärlich mit Gras bewachsen, desto reichlicher aber mit Felsblöcken bedeckt, durch das

nach der Art der Wapiſchianna-Hütten gebaut ; nur an der einen, deren Dach nicht spit zulief, stand außerdem ein kleines, auf Posten im Quadrat befestigtes Palmendach, wie es zum

kürzlich abgebrannte Gras völlig schwarz gefärbt, erhob

Theil die Macuſchis, Wapiſchiannas, besonders aber die Atoraïs neben ihren Hütten aufzurichten lieben, um am

sich gegen Nord ; sein Fuß

bestand aus Granit und Gneiß, und ein langer hoher Wall von Steingeröll zog

Tage in den darunter aufgehängten Hängmatten zu ruhen

sich an seinem südlichen Abhang hin. In der Nähe der beiden Ufer des oberen Takutú erheben sich mehrere ähn

Hütten etwas ausgeruht hätten, so wurde uns dieß doch leider unmöglich gemacht, denn die vielen Stiche die wir bald

liche Hügel,

nach dem Eintreten in dieſelbe verspürten, belehrten uns daß hier kein Bleiben für uns sei. Die nackten Beine der

oder zu arbeiten.

die zur Regenzeit aus der vom Fluſſe weit

überschwemmten Savane, hohen Inseln gleich, auftauchen ; die Steinwälle an deren Fuß und Abhängen mögen

So gern wir uns in dem Schatten der

Indianer so wie meine Beinkleider waren von Flöhen und

wohl durch die von der heftigen Strömung des Waſſers

Chigoes (Pulex penetrans) übersäet, und es kostete eine

aus den höheren Gebirgen fortgerissenen Felsstücke,

gründliche Verfolgung dieser Thierchen, um uns nur einiger

die

an diesen Hügeln sich aufstauen, entstanden sein. Wir überschritten eine Menge ausgetrockneter schmaler

hatten wir aus den Zehen täglich eine ziemliche Anzahi

Flußbette, deren Uferboden jedoch noch so viel Feuchtigkeit bergen mußte, daß die ihren ganzen Lauf begleitenden dich

dieser Thierchen findet man überhaupt sehr häufig in den

Endlich gelang

meisten indianischen Niederlassungen, und trotz des Terpen

mit Wasser gefüllte Lache, und dicht dahinter zwei

goß , habe ich diese Peiniger von meinen Füßen nicht

ten Reihen Itapalmen gedeihen ten wir wiederum an eine kleine an welcher mehrere Stapalmen 2 Wapischianna-Hütten standen. (Blechnum ceteraccinum) und

konnten.

Heliconiengebüsch, Farn das hier sehr gewöhnliche

maßen davon zu befreien; noch mehrere Tage nachher

der mitgeschleppten Chigoes herauszubohren .

thins ,

den ich täglich in die anzuziehenden

abhalten können.

Die Plage

Strümpfe

Die Indianer sind weniger geplagt

damit , da sie ihre Füße bis über die Knöchel täglich Mucumucu (Philodendron arborescens) bildeten die schöne Einfassung der Lache, über die zwei prächtige Itapalmen (Mauritia flexuosa) in üppigem Wachsthum sich erhoben. Das baumartige Arum (Philodendron arborescens) ist in sämmtlichen fünf Guayanas ungemein verbreitet, es begleitet den Lauf der Küsten wie der Savanenflüsse,

mit der mit Craböl verseßten rothen Farbe des Rucu bemalen, und dadurch den Sandflöhen das Einbohren in die Haut erschweren ; desto mehr aber sind die vie len Hunde derselben damit geplagt , die , den Tag über in den Hütten liegend , mit nichts anderem beschäftigt

dicht am Ufer im Wasser stehend, da es gleich der Ita

find als unter kläglichem Geheul mit den Zähnen die in den Pfoten befindlichen Eiersäcke der Sandflöhe heraus:

palme ohne starke stete Feuchtigkeit nicht gedeihen kann.

zubeißen und auf den Boden der Hütte fallen zu laſſen,

Auf den oft 20 Fuß hohen, dicht gedrängt aneinander

wo die Eier später auskriechen, und dadurch eine unge

stehenden, schlanken Stämmen trägt es in anmuthigem

heure Vermehrung dieser mit Recht gefürchteten Insecten

Schwunge die hellgrünen pfeilartigen Blätter, die sonder

veranlassen.

barerweise

mit

der Epige stets

nach

oben gerichtet

Nach beendigtem Reinigungsproceß schritten wir wieder stehen, und bildet dem Ufer entlang oft die dichtesten. wie von der Echeere des Gärtners beschnittenen Hecken,

vorwärts, heute aber in angenehmerer Stimmung als an den vorhergehenden Tagen. Denn obgleich die Hite

welche jedoch bei der markigen Textur und bei der Sprö

ebenso drückend als früher war, hatten wir doch den schreck: digkeit der unten dick angeschwollenen Stengel leicht mit dem Waldmesser zu durchhauen sind.

Die große Blüthen

lichen Durst stets löschen können, und außerdem stand uns das Erreichen des Takutú bevor, wo wir einen reichlichen

fülle leuchtet in ihrer Weise effectreich aus dem saftigen Grün der schönen Blätter, und der dicke Fruchtkolben hängt, in der Reife goldgelb, an Form und Farbe einer Ananas gleich herab, und läßt seinen Pinienmandeln ähnlichen 1 Watuwau ist bei den Wapischiannas der Name des Cathar tes aura. 2 Siehe die Abbildung.

| Tas Craböl, aus dem Samen der Carapa guianensis von den Indianern gewonnen, ist durch seinen eigenthümlichen Geruch, wie durch die ſtarke Bitterkeit, ein ausgezeichnetes Mittel gegen alles den Körper anfallende Ungeziefer, besonders auch gegen die in Südamerika so schlimme Plage der Ixodes (Zecken). Außerdem iſt es das feinste und beſte Haaröl und bei den Damen Guayana's in allgemeinem Gebrauch.

Zu Fuß nach Brasilien.

521

Fischfang erwarteten und den Körper durch ein kühles Bad zù ! erquicken gedachten . Je mehr wir uns dem Takutú näherten,

Der Zamumeiro, unter welchem wir lagerten, war einer der Baumgiganten der Tropenwelt. Seine Höhe

desto beschwerlicher wurde der Weg. In derselben Art wie am Sawara auru, und überhaupt an allen Savanenflüssen,

mochte über 125 Fuß betragen, seine Riesenäste breiteten sich jedoch über eine Fläche von 140 Fuß aus, und der Um

war das an den Fluß grenzende Terrain auf weite Strecken von unzähligen schmalen Gräben kreuz und quer durch

fang des Stammes betrug 2 ′ über der Erde 60 Fuß. Der untere Theil des Stammes lief in tafelförmige

zogen, welche eine Legion kleiner hügeliger Erhabenheiten

Wände von 9 bis 10 Fuß strahlenartig aus, die erst etwa 15 Fuß über der Erde zu einem runden Stamme sich ver

bildeten, die das Ausschreiten ungemein erschwerten ; es erinnerte mich lebhaft an das nicht unähnliche, obgleich weniger beschwerliche Marschiren über Sturzäcker, wie es in Deutschland dem Jagdliebhaber oft geboten wird. Eine Stunde dieses lästigen Wegs, und wir standen an dem schmalen Waldsaume vor den Ufern des Takutú.

Durch

das dichte Gebüsch uns Bahn brechend, stiegen wir hinab nach dem tief liegenden, mehr als zur Hälfte ausgetrock

einten, der in der Höhe von 30 Fuß tonnenartig angeschwollen war, dann aber plößlich wieder sich verdünnte und die gewalti gen Aeste rund um sich her abzweigte. Er war jetzt unbelaubt, da die Bombararten zu den wenigen Pflanzen der Tropen gegenden gehören die in der trockenen Zeit ihr Laub ab: werfen. An den Ufern des Takutú und des Rio branco

Wie das Flußbett des unteren Tafutú

Sobald sind dergleichen riesige Bombar nicht selten. sie nur das Gepäck abgelegt und ihre Hängmatten an die

nur aus Sand besteht und in der trockenen Zeit von aus gedehnten Sandbänken wimmelt, so ist es am oberen Ta

Aeste geschlungen hatten, lief der größte Theil der Indianer mit Bogen und Pfeilen hinweg, um ihrer Lieblingsbeschäf

futú mit ungeheuren Felsenplatten erfüllt, in deren rin

tigung, dem Fischfange, nachzugehen, und nur einige blieben. zurück um die vorgefundenen Fische zu sieden. Die Jn: dianer sind im Laufen schwer zu ermüden, mir wenigstens

neten Flußbette.

nenartigen Vertiefungen das wenige Waſſer dahin ſtrömt. Die Breite des Flußbettes des Takutú mochte hier an 500 Fuß betragen, wovon allerdings jest nur etwa 100

ist davon nie ein Fall vorgekommen ; der anstrengendste

Fuß auf das laufende Wasser kamen, während der Fluß

Tagesmarsch in der großen Sonnenhiße, über Berge und Felsen, mit einem Gepäck von 60 bis 80 Pfund auf dem Rücken, erschöpft sie nicht im geringsten, und Abends, im

in der Regenzeit nicht allein sein Bett völlig ausfüllt, sondern auch noch die 25-30 Fuß hohen Ufer weit in die Savane hinein überschwemmt. Zuleht hatte ich ihn in seiner vollen Großartigkeit mit rasender Strömung und vielen tosenden Katarakten bewundert ; jezt bot er aller: dings ein weniger imposantes,

aber durch die in seinem

Bett befindlichen gewaltigen Felsmaſſen überraschendes Bild dar. Mit einiger Mühe und vieler Vorsicht kletterten wir über die braunschwarzen glatten Felsplatten, und warfen uns in das laue Wasser des Fluſſes, das uns aufs an genehmste erquickte.

Dann noch eine Tour über die Fels

massen, und wir gelangten an das linke Ufer des Takutú, wo wir für heut unser Lager unter einem riesigen Zamu meiro (Bombax globosum Aubl .) aufschlugen . Wir be

Nachtlager angekommen, eilen jie, wenn irgend noch Tages helle herrscht, ohne auszuruhen sofort in den Wald oder an den Fluß, um zu jagen oder zu fischen . Jagd und Fischfang sind ihre Lieblingsbeschäftigungen, und sie betrei ben diese mit einer Ausdauer und Geduld die jedem Weißen der davon Zeuge ist unwillkürlich Bewunderung abzwingt. Es ist erstaunlich alle die Kniffe und Schliche zu beobachten mit denen der Indianer für Bogen und Pfeile oder für das Blasrohr das Wild schußgerecht zu sich heranlockt , wie er dessen Lockton aufs täuschendste nachahmt, wie er, auf dem Boden liegend, seinem Opfer

fanden uns nunmehr in Brasilien, da der Takutú die

unmerklich sich näher windet, wie er, einen did belaubten Baumast vor sich haltend, in der offenen Savane den

Grenze zwischen diesem Land und Britisch Guayana bildet.

Hirsch beschleicht, und endlich den sichern Todespfeil nach

Eine angenehmere Ueberraschung konnte uns beim Betre

ihm absendet.

ten des fremden Landes nicht werden als uns geschah, als wir eine schöne Anzahl mit Pfeilen geschossener großer Fische, die leckern Tucunare (Cichla ocellaris Bl . Schn . ), Arecaïma (Pimelodus Arekaima Schomb. ) und Arowanna (Osteoglossum bicirrhosum Spix), in einem Haufen unter

In neuerer Zeit hat die Flinte der Euro päer die ursprünglichen Waffen der Indianer, wenn auch nicht verdrängt, doch ein wenig in den Hintergrund ge

stellt , ihrem allgemeineren Gebrauche steht nur der für den armen Indianer verhältnißmäßig hohe Preis , so: wie das geringe Angebot im Wege. Die wenigen Flin

Dieß und einige an

ten die ich in Händen von Indianern sah, haben sie

den Bäumen aufgeschlungene Hängmatten zeigten die An

sich durch Tausch gegen Hängmatten , lebende Thiere u. s. w. in der Coloniestadt Georgetown, oder durch die

dem Zamumeiro liegend erblickten .

wesenheit von Indianern an, welche wahrscheinlich nach dem Flusse gegangen waren um ihren Fischfang fortzusetzen. Ich ließ meine Indianer einstweilen Beschlag auf die Fische legen um unsere hungrigen Mägen damit zu befrie digen, und behielt es mir vor den fremden Indianern.

wenigen Händler welche in ihre entfernten Gegenden vor dringen, verschafft, und die Inhaber sind nicht wenig stolz

durch wünschenswerthe Tauschartikel eine Vergütung zu

auf ihren Besit, wissen sie auch aufs geschickteste zu führen. Troßdem sind sie genöthigt öfter wegen Mangels an Muni tion zu Bogen und Pfeilen zu greifen. Ich selbst habe

geben.

während meiner mehrjährigen Reisen den Indianern viele

Sabratha.

522

Flinten als Lohn für ihre Begleitung gegeben, und ich

Waſſer hin und her sich bewegenden Fisch, ungeachtet der

darf behaupten daß für eine Flinte mit einer entsprechenden Quantität Munition von den Indianern alles zu erlangen

durch die Brechung des Bildes im Wasser bewirkten Täu schung, mit dem Pfeile zu treffen !

ist.

Das Pulver wird von ihnen ungemein hoch gehalten,

und sie sehen der Erfindung desselben nur die des von ihnen gefertigten Urari entgegen . 1 Oft, wenn ich leßteres von ihnen erhandelte und mich über den hohen Preis

Sabratha.

desselben beschwerte, entgegneten sie mir : Ihr Paranaghie ris seid mit eurem Pulver so theuer, warum sollen wir

Von Gerhard Rohlfs. es nicht auch mit unserm Pfeilgift sein ; beide Dinge haben dieselbe Wirkung, sie tödten schnell ! Wie sehr die Indianer nach dem Besitz einer Flinte trachten, beweist nachstehendes .

Da mir ein längerer Aufenthalt in Tripolis beschieden war als ich anfangs geglaubt hatte, so beschloß ich die Weihnachtstage dazu zu benüßen um das alte Sabratha Es kam mir dabei der Umstand zu gute daß die Kamele des Königs welche die Geschenke nach Bornu überbringen sollten schon seit Tagen müßig auf zu besuchen.

Es war an einem Landungsplay unweit der Mündung des Flusses Mocajahi in den Uraricoeira, wo ich ein Corial mit 3 Indianern antraf, die ſich auf meine nähere Nachfrage als Maiongkongs (Maquiritares) auswiesen. Dieser Stamm

der Weide gingen,

also alle sechs zu meiner Verfügung

Sonst genügte ein einziges um meine zwei Can tinen, mein Feldbett und mein Zelt zu tragen.

standen. wohnt am obern Orinoco zwischen den Flüſſen Cunucu numa, Padamo und Ventuari, und die drei Männer waren vom Orinoco durch den Cassiquiare in den Rio negro, denselben abwärts bis Mura (Pedreira) und dann den

Mittwoch am 24. Abends brachen wir auf, nur zwei Schwarze, welche ich seit einigen Tagen in Dienst genom men hatte, begleiteten mich, bis an die Zähne bewaffnet,

Rio branco aufwärts bis hierher gefahren, wozu sie, eine Strecke von 1000 Miles, 3 Monate gebraucht hatten.

da die Zustände nach der Gränze von Tunis hin nicht die allersichersten sind.

Sie waren auf der Reise nach Georgetown begriffen

Meine beiden Deutschen mußte ich zu

rücklassen, da einer derselben erkrankt war.

Ich selbst ritt

um sich dort Flinten zu kaufen, und hatten noch eine Strecke von 2 Monaten vor sich. Als ich den einen der

den ehrwürdigen Esel meines alten Freundes Botta, den ich vom französischen Consulat erstanden hatte. Am Weih

selben, der etwas spanisch sprach, frug : womit sie die Flin ten bezahlen wollten, da ich in ihrem Corial nichts weiter

nachtsabend ging ich indeß nur ein kleines Stück von der

als Bogen und Pfeile, eine Art, zwei Hirschfänger und

um dann am anderen Morgen früh alles fertig zu haben.

einige geröstete Fische erblickte, entgegnete er : daß sie am Rupununi ein Boot 2 fertigen würden, um es in George: town gegen Flinten umzutauschen, und daß sie, wenn dieß

garten des Hadsch Ali Gordſchi ſchlugen wir das Zelt auf,

nicht zur Bezahlung hinreiche, so lange in einem Holzetablisse

Wachskerzen vor mir zu haben, konnte ich meinen Weih

ment zu arbeiten gedächten bis sie das nöthige Geld ver:

indem sie die meisten der Flüsse aufwärts passiren mußten,

nachtsabend unter dichtlaubigen Delbäumen, die hoch von So hoch schlanken Palmen überragt wurden, zubringen. waren die Palmen, daß es schien als wollten sie sich Sterne

wenigstens 6 Monate nöthig.

und Halbmond herunterholen um sich damit zu schmücken ;

Stadt ab, ich hatte mich so zu sagen nur „ losgebunden, "

Eine gute halbe Stunde westlich von der Stadt im Del

und statt einen grünen

dient haben.

Zu ihrer Rückreise in die Heimath hatten sie,

Gleiche Geschicklichkeit wie in der Jagd besißen die In dianer im Schießen der Fische.

Oft habe ich es bewun

Tannenbaum mit funkelnden

neben meinem Zelt aber lag eine Araberwohnung, d. h. ein schwarzes Ziegenhaarzelt , und davor rührten Männer

dert wie auf meinen langen Flußfahrten an besonders fischreichen Stellen einer meiner indianischen Ruderer mit

Feuer zusammen.

gespanntem Bogen und Pfeil am Bug des Bootes stand, und, während dieses langsam dahin fuhr, der Schütze den.

Aber ganz sollte ich auch nicht ohne heimathliche Erinnerung bleiben, denn eine Flasche Rheinwein, echter Geiſenheimer,

in langen zerlumpten Burnussen ihre Basina über dem So verstrich mein Weihnachtsabend.

schnell dahin schwimmenden Fisch so lange zielend ver folgte bis der günstige Augenblick den Pfeil abzuschießen gekommen war , der in der Regel sein Opfer traf.

ein Geschenk von meinem Freunde Nau aus Bingen, ver sehte mich bald nach Deutschland, und so träumend legte ich mich auf mein Feldbett, und erwachte erst als der Kas

Es gehört sicher große Geschicklichkeit dazu einen schnell im nonenschuß in Tripolis den Gläubigen verkündete daß es 1 Für eine kleine Calabasſe mit Urari verlangten die Ma cuſchis eine nordamerikaniſche Art, oder auch wohl 1–2 Pfund Pulver, je nachdem sie den einen oder den anderen dieser Artikel gebrauchten. 2 Das ganze Handwerkszeug eines Indianers zum Bau eines Bootes besteht in einer Art und einem Hirschfänger, womit fie dauerhafte Boote fertigen, die in Georgetown sehr gesucht ſind.

Zeit sei schlafen zu gehen . In allen größeren Städten des Islam wird der An fang und das Ende der Fasten, also kurz nach Sonnen untergang und kurz vor Sonnenaufgang, durch einen Ka nonenschuß verkündet.

Jeßt, in der civilisirten Zeit, welche

auch auf den Muhammedanismus nicht ohne Einfluß geblie

Sabratha.

ben ist, richtet man sich nach Uhren, in der

guten alten

523

neralconſulat, welches sich der beiden Araber-Abkömmlinge

Zeit" aber, von der auch die Muhammedaner sprechen,

eifrigst annimmt.

begann das Fasten, und hörte auf, sobald das Tageslicht

then. Kassem-Bascha, der jezt Gouverneur vom Dschebel ist

derart war, daß man einen schwarzen Zwirnfaden nicht von

und zu meiner Zeit in Rhadames regierte, hatte mir früher schon echt arabische Gastfreundschaft erwiesen, und sein

einem weißen, was Farbe anbetrifft, unterscheiden konnte. Schnell waren wir gerüstet, aber es verging doch noch eine Weile ehe alles gepackt und in Ordnung war.

Man

Die Beweggründe laſſen ſich leicht erra

Bruder bewies mir nun daß Gastrecht zu üben eine all gemeine Tugend ihrer Familie sei.

Ich kürzte indeß mei

wird mir verzeihen wenn ich es unterlasse eine Wege

nen Besuch ab, da ich wohl wußte daß Hamed Bey noch

beſchreibung zu geben. Obgleich diese Tour in neuerer Zeit nur von Barth ausgeführt wurde, der vor mehr als 20 Jahren

nichts gegessen hatte, und unter dem Vorwande mein Zelt

in entgegengesetter Richtung reiste, ist doch der Pfad hins länglich bekannt, weil er immer längs des Meeres läuft Das Meer selbst, und sonst nichts interessantes bietet.

dicht unter den Mauern des Castells, und kaum war ich

obwohl wir immer seine Brandung hörten, war durch hohe

aufschlagen zu laſſen nahm ich Abschied.

Wir campirten

eingezogen, als mir ein Diener eine große messingene Schüssel brachte, auf welcher zwanzig Teller mit allen mög lichen Speisen standen . Messer und Gabel waren natürlich

Dünen fast stets unsern Blicken entrückt ; indeß sind dieſe

nicht beigegeben, selbst die vornehmen Araber bedienen sich

Dünen leineswegs Sand, sondern mit Kräutern bedeckt,

noch ihrer Finger,

und fangen so an Humus zu bilden, wie denn das ganze

Christen zusammen sind, ziehen es gleichfalls vor in der

Erdreich bis an die Berge ursprünglich nur ausgeworfener Seesand gewesen ist, die Pflanzenreste aber Modererde angehäuft haben. Nur die Dünen welche unmittelbar

Art des Propheten zu essen. Da wir von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang

und die Türken, wenn sie nicht mit

Tripolis umgeben, oder bei Lebda aufgehäuft ſind, müſſen

in Bewegung gewesen waren, so säumten wir nicht lange, nachdem Hamed Bey noch einige Posten gegen Diebe um

sehr jugendlich sein, denn die nächste Umgebung von Tripolis war zur Zeit der Erbauer des Triumphbogens von Marc

mein Zelt aufgestellt hatte, uns zur Ruhe zu begeben. Freilich war an Ruhe wenig zu denken, denn die Mus

Aurel sicher keine Sandgegend, und daß Lebda zur Zeit

hammedaner, die zur Zeit des Ramadhan die Nacht zum Tage machen, schliefen natürlich nicht ; die ausgestellten Posten bekamen Besuch, sie unterhielten sich gegenseitig

seiner Blüthe nicht von 30 Fuß hohen Dünen bedeckt war, bedarf kaum der Erwähnung. In Tripolis hat die Hand des Menschen es verstanden einen breiten Gürtel fruchtbar

mit Neuigkeiten, unter denen natürlich Fräulein Tinné, die gerade in Tripolis weilte, und ich die Hauptgegen Fräul. Tinné, die bent el re (Könige

zu machen es ist dieß die sogenannte Mschia ; in Lebda hingegen hat man die Dünen liegen lassen wie das Meer

stände waren .

fie ausgeworfen hatte. Es war nahe zum Sonnenuntergang als wir Sanya

tochter) oder Mylorda, wie die Araber sie nennen, hatte nach ihrer Aussage 5000 Pf. St. täglich zu verzehren ;

erreichten, eine große Palmen-Daſe, ebenfalls durch Cultur aus den Dünen gewonnen und unmittelbar am Meere

man sagte sie sei meine Schwester, und wir würden zu sammen von hier nach Sudan reisen. Einer erzählte daß ich so eben ganz Sudan durchreist habe, und als dann ein

gelegen. Da es anfing zu dunkeln, so ritten wir so rasch wie möglich auf das Qaſſer zu, wo Hamed Bey, der Mudir Um alles vorbereitet des Districts, seine Residenz hat. zu finden, hatte ich schon einen meiner Neger vorher mit

anderer anführte das sei unmöglich, da Sudan achtzehn Jahre lang sei (allgemeiner Glaube bei den Arabern : um Sudan zu durchreisen brauche man 18 Jahre), erwiederte

einem Empfehlungsbrief abgeschickt, und gerade als man zum Gebet rief, traf ich vor dem gänzlich verfallenen Einer der Favoriten des Bey's, ein junger Schloß ein.

jener: ich habe einen Vapor (Eisenbahn) bei mir gehabt. Dabei ertönten im Castell die Weisen aller nur denkbaren

elegant gekleideter Kulugli (Abkömmling von einem Türken

Hamed Bey lag noch sanft schlummernd am folgenden Morgen als ich aufbrach, sein nächster Beamter gab mir

mit einer Araberin) empfing mich, und führte mich durch eine Bresche in den Hofraum, wo Hamed Bey gerade im Begriff war mit seinen Leuten auf einem kostbaren Teppich das Magreb Gebet zu verrichten. Sobald er es beendet hatte, kam Hamed Bey auf mich zu, hieß mich willkom men und führte mich in ein kleines Zimmer, wo sofort

Araber Instrumente.

indeß zwei Soldaten als Bedeckung mit, und ſo zogen wir mit der Sonne von dannen. Die zauberischen Gärten Sanya's lagen bald hinter uns, sowie auch der kleine Shuk, der inmitten der Daſe, zwischen einer Anhäufung von Häusern in denen Gewölbe

Kaffee und Cigarretten aufgetragen wurden. Hamed Bey, vom Stamme der Beni-Mehammedin, ist einer der wenigen Araberhäuptlinge welche von den Türken als Provincial

sind, abgehalten wird.

oder Districtsgouverneure belassen worden sind. Wie man mir früher indeß bei meinem ersten Aufenthalt in Tripoli

dort wohnen, und theils aus Lehm aufgebaute viereckige Häuser, theils aber noch ihre Zelte bewahrt haben, find

tanien mittheilte, verdanken die beiden Brüder Hamed Bey und Kassem Bascha ' diesen Vorzug dem französischen Ge

vom Stamme der Bel-Afi.

In Sanya findet man gar keine Spuren von der vergangenen Zeit, es scheint ganz und gar eine neuere Schöpfung zu sein. Die Araber welche

Es sind übrigens auch viele Juden hier angesiedelt, und zeitweise nehmen selbst christ

Sabratha.

524

liche Kaufleute ihren Aufenthalt unter den Palmen.

In

hervorzuheben, und wie großmüthig sich derselbe vor 20

kurzen Zwischenräumen folgen nun aufeinander die Palm

Jahren gegen ihn gezeigt habe.

wälder von Haſcheh, Eabria, Bu-Aiſſa und Matrek, so

ſtändlich ein Wink für mich das gleiche zu thun. So viel sah ich noch selbigen Tages daß Sabratha lange nicht die Bedeutung gehabt haben kann wie Leptis

zwar daß lettere etwa 12 Kilometer von Sanya entfernt liegen. Auch sie sind sämmtlich von den Bel-Asi bevölkert und halten immer gleiche Lage mit dem Ufer des Meeres, das hier ganz flach ist. Der Weg welcher sie verbindet und durch sie hindurchführt, ist immer sehr begangen, Karawa nen und einzelne Reisende fehlen fast nie. Die Leute sind indeß, wie überhaupt in Tripolitanien, ohne Fanatismus ; je weiter man nach Weſten kommt, desto mehr tritt der Re: ligionshaß hervor, um in Fes und Marokko seinen höchsten Grad zu erreichen. In Aegypten ist der Fellah heutzutage nur noch der demüthige Sklave eines jeden Christen . Nur der beständige Verkehr mit den Christen hat dieß zuwege

magna.

Lehteres war selbstver

Man sieht wenig mehr als chaotisch übereinander

geworfene Quadern und Bausteine, ohne daß es mög lich wäre sich eine Idee von den früheren Bauten zu machen.

Sorgfältige Nachgrabungen würden indeß wohl

bessere Resultate ergeben, da alles vom Sand überfluthet ―――― ist. Von den Arabern und die Ausdehnung der Ruinen rechtfertigt dieß vollkommen wird diese Trümmerstätte heute schlechtweg „ Medina, Stadt, " genannt Nach einer höchst unruhigen Nacht in Folge des Rama

gebracht, und Aegypten wimmelt von Reisenden ; dagegen

dhans und der bissigen Hunde, welche bellend die nahe ge legenen Zelte der Alailge umschwärmten, machten wir uns

sind die wenigen Bevorzugten die in Marokko eindringen

den folgenden Morgen auf um genauer die " Medina“ zu

können entweder nur Botschafter oder müſſen es unter der

besuchen. Von Osten kommend und nicht dicht am Meere, son

Maske des Islam thun.

Endlich haben in Algerien die

sonderbaren Verfahrungsarten der Bureaux Arabes die

dern in der südlichen Partie der Stadt vordringend, finden

Araber nicht mit dem Gedanken versöhnen können Chri

wir zunächst große längliche vieredige Grundmauern, und

sten unter sich zu sehen. Nachtem wir die Eerman und die Okha Dase, erstere

dicht bei denselben einige jener Hügel welche wahrscheinlich von Wartthürmen gekrönt waren. Diese Species von

von Djuari Arabern, lettere vom Stamme der Uled nuail

Bauten hat jezt den Namen Tarfarfara bei den Arabern.

bewohnt, durchschritten hatten, langten wir um 22 Uhr

Auf größere Entfernung umgeben die Stadt eine Menge solche Wartthürme, von denen überall die Quadern noch

Nachmittags bei dem größeren Palmgarten von Dahman an, wo an dem Tage gerade Markt abgehalten wurde - ein Markt welchen Barth auf das handeltreibende Sabratha

sichtbar sind. An ein großes Längsgrundstück, Ras- Ameran

zurückführen will, denn nun sind wir faſt am Ziele.

In

von den Arabern geheißen. Zwischen beiden hindurch laſſen

Dahman gehören die Bewohner der Daſe zum Geschlechte

sich die Spuren einer Wasserleitung erkennen, obwohl nur die obere Partie sichtbar ist . Nach den Aussagen der Araber beginnt dieselbe etwa fünf Kilometer südöstlich in

der Alailge Araber, und die Palmen hängen fast mit denen von Soarha zusammen. Soarha aber ist was die Alten Sabratha nannten.

genannt, stößt eine burgartige Erhöhung, Dahart el Areis

einem Palmenwäldchen, wo in der That noch heute eine

Gleich von vornherein will ich hier auf einen Zrrthum Heinrich Barths aufmerksam machen. Wir wissen daß er seine " Wanderungen durch die Küstenländer des Mittel

ergiebige Quelle sich befindet.

Es war mir indeß unmög

lich sie bis in die eigentliche Stadt zu verfolgen, obwohl

meeres " nach Verlust seiner Paviere aus dem Gedächtniß

es keinem Zweifel unterliegen kann daß ſie bis dahin führte. Die eigentliche Stadt, von deutlich zu erkennenden Mauern

aufschrieb.

umgeben, obwohl auch sie in Trümmern liegen, haben wir

Da widerfuhr es ihm daß er Soarha unter

dem Zusage von "! Scherkia oder dem östlichen“ für gleich namig mit dem westlich gelegenen Zoára hält. Beide

noch nicht betreten.

haben, was Namen anbetrifft, nichts mit einander zu thun,

muhammedanischen Djemma (Moschee), ganz aus alten Stei

und wenn für ein deutsches Ohr der Unterschied zwischen

nen gebaut.

beiden Namen ein geringer ist, so unterscheidet der Araber

Islam errichtet worden ist der Zeit wiederstehen kann, so ist auch diese Djemma jetzt schon eine halbe Ruine. Um

ſehr scharf Zoára von Soarha.

Lehteres iſt unſere Ruine,

und das Beiwort Scherkia ist den Arabern nicht bekannt.

Wir kommen zuerst zu einem neueren Gebäude, einer

Aber wie nichts was unter dem Einflusse des

die Bauten der Alten so weit herunter zu bringen wie gegenwärtig, dazu waren die zerstörenden Kräfte der Bar:

Bei den Palmen von Soarha empfingen uns die Zelt ältesten, und ihr Vorsteher, Schich Mansur, nahm mich zu

baren oder gewaltige Naturerscheinungen, wie Erdbeben,

vorkommend auf, obgleich die uns begleitenden Soldaten im Namen des Mudir von Dahman sogleich eine Requi

nöthig ; um aber das zu vernichten was der Islam errich tet hat, genügt einfach die Zeit. Von allen seinen Bau

sition von Hühnern und Futter vornahmen . Aber Schich Mansur wußte schon aus Erfahrung daß er bei Requi

sprünglich in geschmackvollem Styl ausgeführt, zeigte in

ſitionen für Chriſten nie zu kurz kam.

Er fragte gleich :

ob Barth, d. h. Abd- el-Kerim, mein Bruder sei.

Auf meine

Bejahung fing er an Eigenschaften unseres Landsmanns

ten wird bald nichts mehr übrig sein.

Die Djemma, ur

wendig vier dorische Monolithen, welche die Hauptkuppel tragen; in den Wänden fanden sich auch Säulen mit forin thischen Capitälen

eingemauert, sonst zeigte dieselbe nur

Sabratha.

Verfall.

Sie hat den Namen Djemma Debaschia, wird

aber schon lange nicht mehr zum Gottesdienste benut, ſon:

525

hin Gewölbe wie die oben erwähnten einander folgten, und zum Theil noch folgen. Am Strande fortgehend fanden wir

dern dient höchstens noch den Karawanen zu einem trocke

auch einige verstümmelte weibliche Marmorstatuen, unmög

nen Nachtlager.

lich war es aber irgend eine Figur näher zu erkennen.

Von dieser Djemma aus nach Norden gewendet kom

Sind wir indeß gut unterrichtet, so schaffte vor Jahren der frühere englische Consul Warrington mehrere gut

men wir auf die eigentliche Stadt, Medina der Araber ; aber obgleich uns die in Trümmern liegenden gewaltigen

erhaltene Bildsäulen

Ringmauern diese Partie als ein geschlossenes Ganzes vor:

von dort dem brittischen Museum zu senden . Am äußer ſten Ostende der Stadt -―― ich meine hiermit die ganze Aus

von hier

nach

Tripolis,

um sie

führen, möchte ich behaupten daß dieß eher ein befestigtes

1 dehnung der Ruinen, Castell als die eigentliche Stadt gewesen sei

nicht bloß die kleine ummauerte

so klein ist Partie - sind viereckig ausgehauene Bassins im Strande,

der Umfang der Mauern, welche sich halbkreisförmig auf welcher zum Theil aus porösem Sandſtein besteht, zu be

das Meer stüßen. In einem Theile der äußeren Mauer bemerken wir zunächst eine hochaufgemauerte Erhöhung,

merken.

der Theil einer Platform (Barth, S. 278) ist noch heute

bessern der Schiffe zu halten,

sichtbar, und die in der Nähe liegenden Capitäle von forinthischen Säulen deuten wohl darauf hin daß hier ein

zu der Ueberzeugung daß diese Becken zum Fangen und zum

Tempel stand.

Rechts und links umherliegende Blöcke von

Anfangs war ich geneigt sie für Docks zum Aus kam dann aber schließlich

Aufbewahren von Fischen gedient haben müſſen. Geht man von diesem Punkte südlich aufs Land zurück, das hier eine kleine Spise ins Meer hineinsendet, so steht

Granit und zerschlagene Säulen zeigen die großartigsten Bau ten an. Die Araber bezeichneten mir auch Bauüberreste

man

alsbald vor dem bedeutendsten Baudenkmale der

aus Backsteinen, welche ihrer Aussage nach die Bäder der

alten Stadt, dem Amphitheater.

Alten gewesen seien.

laſſen einen andern Irrthum Barths zu berichtigen, der dieses Amphitheater drei Stunden weit von Sabratha ver

Ich zweifle indeß daran, da wenig

stens das was sie für „Hammam " ausgaben keineswegs das Aussehen von Thermen hatte.

Ich kann hier nicht unter

legt und eine eigene alte Stadt Pontos oder Pontes hier annimmt.

Da zwischen Soarha und dem heutigen Tri

Ein einziger Weg führt durch die Ringmauer in die

polis gar keine anderen Ruinen existiren, außer dicht bei

Medina oder Stadt, wo aber gar nichts zu sehen ist als

der letzteren Stadt die neuen Ruinen von Gargasch, so

regellos durcheinander geworfene Trümmerhaufen. Erst am

kann kein Zweifel herrschen daß Barth dieſes Amphi

Meere bemerkt man wieder Bauten, große Gewölbe noch

theater gemeint hat ; dasselbe ist aber höchstens zwei Kilo

jest,

tros des Schuttes der in ihnen liegt, 20' hoch auf

10' Breite , und einige von 24 ' Länge.

Meist ist indeß die

vordere Seite weggestürzt, so daß diese Gewölbe, die wahr scheinlich zu Waarenniederlagen dienten, zur Zeit der Be Am Meere ſelbſt ſieht nüßung bedeutend länger waren . man die deutlichen Ueberbleibsel von einem Quai, zum Theil unter Wasser, was sich aus der bekannten Thatsache er

meter östlich von der eigentlichen ummauerten Stadt ent: fernt.

Noch weit auffallender ist es daß unser sonst

so gewissenhafter Barth, Seite 280, schreibt : „Dieß ist ein in Felsen vertieftes Amphitheater,

alle Size ringsum im

natürlichen Stein ausgehauen, aber jählings durch irgend eine Naturrevolution überstürzt. " Das Amphitheater welches wir vor uns haben, und

klärt daß schon seit längerer Zeit das Littoral der Tripo litanis sich senkt. · Vor der Stadt selbst ist kein Hafen, jedoch zieht sich in der Entfernung von etwa einem Kilo

das merkwürdigerweise noch heute von den Arabern der

meter eine Reihe von Riffen parallel mit dem Ufer laufend

wie denn überhaupt die römischen Amphitheater immer

hin. Auf diesen Riffen sieht man durch ein Fernglas noch Bauüberreste, und möglich ist es daß sie in alten Zeiten

freistehend gebaut wurden, im Gegensatz zu den griechiſchen

künstlich mit einander verbunden worden waren, um den

erhöhung benutzten um sich anzulehnen.

Schiffen einen trefflichen Schuß zu gewähren. In der That bestätigten die Bewohner Soarha's daß dort noch

ſcheinlich nur einen flüchtigen Blick in das Amphitheater geworfen hat, scheint nicht bemerkt zu haben daß die fast bis

Bauten unter dem Wasser zu bemerken seien.

kein einziges Boot vorhanden um zu den Riffen hinüber:

an den oberen Rand gehende äußere Anhäufung bloß aus Schutt und Sand besteht. Das Amphitheater ist im gan

zufahren, die Wichtigkeit Sabratha's jedoch läßt allein schon

zen gut erhalten,

vermuthen daß die Alten bei Abwesenheit eines natürlichen

bänke weggestürzt oder zu andern Bauten entführt worden ist. Das Material besteht aus porösem Sandstein. Der

Gegend Mlaba, d. h. wörtlich Spielplay, genannt wird, ist nicht in Fels gehauen, sondern vollkommen freistehend,

Leider war

Hafens künstlichen Schuß zu schaffen suchten, und so war nichts natürlicher als die Felsinseln mit einander zu ver

Theatern oder Halbzirkeln, welche meist irgend eine Natur Barth, der wahr

obgleich eine große Menge der Sitz

Längsdurchmesser der Arena beträgt heute etwa 100 Schritt, binden. Der Breitendurchmesser 50. Welche großartigen Waarenniederlagen hier vorhanden waren, geht am besten daraus hervor daß von der eigent lichen Stadt an auf zwei Kilometer Entfernung nach Osten

An einigen Stellen ſieht man

vollkommen gut erhalten zwanzig Sihreihen, von oben nach unten gezählt. Einige Treppen, welche die Arena durch schneiden, sind ebenfalls vollkommen gut erhalten.

Ein Besuch auf Hawai (Sandwich-Inseln ).

526

Es ist dieß offenbar das beſterhaltene Andenken von Sabratha, denn alle andern Ruinen erscheinen unbedeutend daneben. Auf der südöstlichen Seite der Stadt mag sich die Nekropole befunden haben, wenigstens bezeichnen die Araber diesen Theil mit dem Namen Djebana. Spuren

wo Capitän Cook gefallen. Die Zeit vermindert dagegen rasch die Bevölkerung, und die Zahl der Hütten in den Dörfern an der Bucht hat während der letzten zehn Jahre abgenommen .

Die Zählung von 1860 gibt dem Süd -Kona

Bezirk eine Bevölkerung von 2683 Seelen.

Die meisten

sind aber für das Auge nicht sichtbar. Ich zweifle indeß nicht daß Nachgrabungen glänzende Resultate ergeben

der fremden Residenten (deren es im ganzen Kona Bezirk

würden.

Die Araber sagten daß der Münzenfund ſelbſt auf der Oberfläche bei einigem Suchen ein sehr ergiebiger

land hinter dem Dorfe Napupu oder Kealakekua, und Capt.

sei, und Amphoren, Lampen und andere Gegenstände aus Terracotta häufig angetroffen werden.

wo er sich seit etwa sechzehn Jahren angesiedelt hat.

Wir hatten fast den ganzen Tag zwischen den Ruinen

ungefähr 100 gibt) leben auf einem hochgelegenen Tafel

Cumings ist der einzige Fremde der am Strande wohnt, In

dem Aussehen des Landbau- und Obstbezirks haben die leg ten wenigen Jahre jedoch eine große Veränderung herbei. geführt , sowohl in der Zahl der Wohnungen

als in

zugebracht, erst Abends kehrten wir zu unserem Zelte zurück. Wie wenig übrigens die Europäer Tripolitaniens sich um

deren verbessertem Aussehen.

ihre archäologisch so reiche Umgebung kümmern , beweist

keinen Bezirk der einen Reisenden ſo ſehr an die ländlichen

der Umstand daß seit Barth, also seit mehr als 20 Jahren,

Umgegenden der Neu- England-Dörfer gemahut, wie der

kein Gelehrter nach Sabratha gekommen war.

jenige welcher zwiſchen Kailua und Kealakekua liegt. Hübsche Riegelwand oder Steinhäuser, zierlichen Styls, und fast

Die dort

hauſenden Araber sind sehr freundliche Leute, und weit entfernt davon den forschenden Christen, wie es anderwärts

Es gibt auf den Inseln

in Hainen üppiger Schatten- und Obstbäume begraben,

vielfach bei ihnen der Fall ist, mit mißtrauischen Augen anzusehen, scheinen sie Besuche von Europäern, von denen

bieten mit ihren grünen Jalousien, die unter Rebenlauben und emporrankenden Rosen hervorblinken, einen Anblick den

fie immer Geld verdienen, gerne zu sehen .

man nirgends sonst auf dieser Inselgruppe findet.

Es ist übrigens

wohl kaum anzunehmen daß sie rein arabischer Race ſind. Am folgenden Morgen früh traten wir den Heimweg an, fast denselben den wir auf dem Hinweg verfolgt hatten, nur noch etwas nördlicher, also näher dem Meere. Ohne uns aufzuhalten eilten wir durch die verschiedenen Palmen wälder, entließen mit Grüßen für Hamed Bey in Sanya die Soldaten, und waren Abends 10 Uhr bei Tripolis, von woher uns schon lange die hellerleuchteten Minarets entgegen geschimmert hatten.

Von Tripolis noch eine

halbe Stunde bis zu unserer Wohnung im Scharr el Schott, und wir waren angelangt.

Wir hatten an jenem Tage

15 deutsche Meilen zurückgelegt, denn dieß ist mehr oder weniger die Entfernung bis Sabratha.

Orangen und Kaffeegärten ziehen sich an beiden Seiten. der Straße hin, und die Bäume sind an einigen Stellen schwer mit Früchten behangen, während sie an andern. welken und in Folge einer durch Insecten veranlaßten Krankheit absterben . Diese Geißel dauert immer noch fort, sie entmuthigt die Landbebauer und raubt vielen derselben die Mittel für ihren Lebensunterhalt. Man glaubt zwar hin und wieder daß sie abnehme, allein ihre Wirkungen sind überall bemerkbar, und man kann auf die Ausdeh nung des Uebels am besten durch die Thatsache schließen. daß ein Landwirth welcher in dem Jahre vor dem Auf treten der Krankheit 15,000 Pfund Kaffee geerntet hatte, im lezten Jahre von den nämlichen Bäumen nur 700 Pfd. einheimste. Nicht minder heftig sind die Orangenbäume von derselben befallen worden . Große 15-20 Jahre alte Bäume, die früher 3000 bis 5000 Orangen geliefert hatten, sind jest entweder gänzlich unfruchtbar, und ihre Aeste verdorren, oder geben nur einige hundert Früchte. Man hat bis jetzt kein wirksames Mittel dagegen gefunden, ob

Ein Besuch auf Hawai ( Sandwich- Inseln). gleich verschiedene an einzelnen Bäumen angewendete sich Nachdem wir um Mitternacht in Kawaihae und um die Stunde des Frühstücks in Kailua beigelegt, sette unser Dampfer seine Fahrt fort, so daß wir um Mittag in der Kealakekua Bucht ankamen. Jahre bringen nur sehr wenige Veränderungen in dem Aussehen der Landschaft und der Scenerie unmittelbar um eine solche Bucht hervor.

Die

auf kurze Zeit wohlthätig erwiesen, aber stets erneuert werden müſſen. Die gerühmte Vortrefflichkeit des Kaffees dieses Bezirks ist keine Fabel. Er hat einen eigenthümlichen Wohlgeruch, welchen kein anderer auf diesen Inseln gewachsener im

selben dunklen Lavafelsen, dieselben schwankenden Cocos:

gleichen Grade besigt. Man will dieß der Art und Weise zuschreiben wie man die Bohnen behandelt, indem man

nußbäume und rostigen strohbedeckten Hütten bilden die Hauptzüge von Kaawaloa und Napupu, die auf der

sie in der Hülse trocken werden läßt, die an und für sich selbst ein reiches und köstliches Aroma besißt, welches der

andern Küstenseite der Bucht liegen.

Bohne im Trocknungsproceß mitgetheilt wird .

Derselbe Cocos

Entgegen

baum Stump, mit seinen roh markirten Kupfertäfelchen,

den meisten andern Fruchtarten,

ist annoch das einzige Denkmal zur Bezeichnung des Playes

Werth und die Stärke dieses Kaffees, und man kann ihn

erhöht das Alter den

M. A. Bechamp über Bacterien im Protoplasma verſchiedener Pflanzen.

527

fünf bis sechs Jahre aufbewahren, da er beständig besser wird. Einen so köstlichen Kaffee wie derjenige den wir

sondern sie haben ihre Oberfläche wahrscheinlich dadurch erhal

am Tische des Capitäns Cumings genossen, unter dessen gastfreundlichem Dache wir das Glück hatten während

Raums ist eine Grundmauer aufgeführt in welcher ein Heiau, genannt das Keawe-Haus," erbaut war, und in

unseres Aufenthalts in Kealakekua zu verweilen, findet man selten. Die Bauern von Kona widmen sich immer noch aus :

welchem die Leichname der Könige von Hawai ihre Ruhe

dauernd der Orangenbaumzucht, und eine Menge Haine voll junger Bäume ziehen sich an der Straße hin. Diese Bäume werden , troß des Uebels von dem sie beimgesucht

ten daß man sie aneinander rieb. Im nördlichen Ende dieses

stätte fanden. In dem ummauerten Plaße befanden sich noch zwei andere Heiaus, oder Tempel, die zu Opferzwe den gebraucht wurden.

Dieser Zufluchtsort soll einen ähn

lichen Zweck gehabt haben wie die Freistätten bei den Israeliten.

Hieher konnte jemand fliehen der sich eines

sind, aufs sorgfältigste gepflegt, und man gibt sich allge mein der Hoffnung hin das Uebel werde verschwinden che

Vergehens schuldig gemacht, z . B. einen Tabu-Bruch, Dieb:

sie ihre Tragbarkeit erreichen. Der Orangenbaum wird in einem Alter von zwölf bis fünfzehn Jahren voll tragbar, und erzeugt dann jährlich 1000 bis 5000 Drangen. Er

legt erreichte und zehn Tage daselbst blieb, ward er vom

Sicherheitsplatz für Weiber und Kinder.

Wann er gebaut

ist ein langlebiger Baum, und gewöhnlich wächst der Er: trag mit dem Vorrücken des Alters. Man schäßt die Zahl

worden, läßt sich nicht genau angeben,

allein die Sage

der im Kona- Bezirk vorhandenen drei bis sechsjährigen, meist kleinen, Orangenbäume auf etwa 6000. Volltra gende gibt es vergleichsweise wenige.

Offenbar wird bin

nen acht oder zehn Jahren der Orangen Handel von Kona umfangreicher werden. Immer noch aber ist Raum für weitere Bäume vorhanden ; ja, man könnte in dieſem Be zirk allein (was den Raum betrifft) 100,000 anpflanzen. Allein dieß erfordert Capital und nicht wenig Geduld, da

ſtahl, Mord 2c. begangen hatte ; wenn er den Ort unver

Verbrechen frei.

In Kriegszeiten diente derselbe auch als

schreibt die Erbauung einem der Könige von Hawai mit Namen Keawe zu, der vor etwa 300 Jahren geherrscht haben soll. Ferner ist eine Reihe von Cocos Nußbäumen vorhanden, die auf der inneren Seite der östlichen Mauer wachsen und offenbar erst nach vollendetem Bau gepflanzt wurden. Könnte man das Alter dieser Bäume beſtimmen, so hätte man wahrscheinlich auch einen Schlüſſel für die Mehrere Bestimmung des Alters des Pahonua selbst. Jahre lang nach der Ankunft der ersten Missionäre wur

man erst in zehn oder fünfzehn Jahren auf Nugen rech nen kann.

den die Gewohnheiten und Bräuche, wie sie an diesem

In Gesellschaft mit unserm aufmerksamen Wirth ritten. wir nach den Ruinen des alten Pahonua, oder des Zu

Gözenbilder um Mauern und Heiaus sollen noch im Jahr 1826 gestanden sein. Wahrscheinlich verlieh diesem Orte

fluchtsplages in Honaunau , vier

engl . Meilen südlich

der Umstand daß er der Begräbnißplaß der Könige war

von der Kealakekua-Bucht. Es sind dort nur noch die Ruinen eines mitten in einem Cocoshain gelegenen um

und als Freiſtätte diente, die eigenthümliche Heiligkeit die

Zufluchtsort üblich gewesen, noch beobachtet, und selbst die

mauerten Raums vorhanden, auf einer in das Meer aus

er besaß, und schütte ihn vor dem allgemeinen Umſturz des Gößendienstes welcher der Ankunft der ersten drei Re

laufenden Felsenspitze.

ligionslehrer im Jahr 1820 vorangieng.

Dieser Raum besteht aus einem

unregelmäßigen Parallelogramm von etwa 700 Fuß Länge und 420 Fuß Breite. Die Mauern auf der südlichen

(Nautical Magazine. )

und der östlichen Seite sind noch beinahe unversehrt, und vielleicht die besten noch vorhandenen Probeſtücke des rohen Mauerwerks der alten Hawaier.

Die östliche Mauer, die

vollständigste, hat eine Länge von ungefähr 700 Fuß, iſt 15 Fuß breit, wechselnd 12 15 Fuß hoch, nahezu ge rade, gut gebaut und zwar meistens aus kleinen Steinen, doch hat man an einigen Etellen auch große Bruchstücke, -_ _ _ _ _ _ _ _ 2000 Pfund wiegen, dazu ver wiege

die wahrscheinlich 1000 wendet.

Ein solcher von uns gemessener Stein, der in der

M. A. Bechamp über Bacterien im Protoplasma verschiedener Pflanzen. Das Mark von Theilen weicher und grüner Pflanzen schwärmt von Bacterien in Myriaden, die an Größe, und ohne Zweifel auch den Arten nach, verschieden sind. Vor

Nähe eines der Heiaus lag, war 13 Fuß lang, 2 Fuß breit und 3 Fuß hoch. Ein anderer innerhalb des um :

ihrem Auftreten zeigt das Mikroskop in dem Marke nichts

mauerten Raums ,

die Luft führe in das durch die Reibung der Pflanzen theile geschaffene künstliche Medium entweder die Keime.

welchen man Kaahumanu's Stein

nannte, ist noch viel größer , und wiegt wahrscheinlich mehrere Tonnen . Ein Theil dieser Mauer , ungefähr

als Zellen und Molecular-Körnungen. Man hat behauptet :

von Bacterien oder die Bacterien selber ; auch hat man

lichkeit angelegt, indem die Oberfläche fast so glatt ist wie eine übertünchte Wand. Bei der Glätte welche diese

gesagt daß diese Bacterien das Ergebniß spontaner Zeu gung seien. Nachstehende Bemerkung dürfte zeigen wie wenig Grund die beiden Ansichten haben. Thatsache ist

Steine zeigen, scheint kein Hammer gebraucht worden zu ſein,

daß wir, troz aller Vorsichtsmaßregeln, ohne Tödtung der

die Mitte derselben , ist mit bemerkenswerther Geschick:

Miscelle .

528

Molecular-Körnungen (mittelst Hiße oder durch Anwen dung von Creosot oder phenischer Säure in coagulirender Doſis) das Erscheinen von Bacterien nicht verhindern

2. Die normalen Mikrozymen von Pflanzen, wie die von Thieren, können Bacterien entwickeln, und da in einer

können. Hierin liegt der Grund warum die Pflanze wirk

einzigen Pflanze viele Formen, wenn nicht viele Arten, dieser Bacterien zum Vorschein zu kommen vermögen, so

lich und naturgemäß in sich selber die Keime dieſer Bac terien, d. h. die Mikrozymas oder Molecular Körnungen, enthält.

wahrscheinlich viele Arten von Mikrozymen in einer und derselben Pflanze vorhanden sind.

Nach den Frösten die wir während des Winters von 1867-68 in Montpellier hatten, fand ich

Gelegenheit

glaube ich : wir sollten hierin den Beweis erkennen daß

3. Bei denjenigen Versuchen bei welchen den Pflanzen Bacterien eingeimpft werden, vervielfältigen sich diese Bac terien wohl nicht ; fie rufen nur eine Mediums - Veränderung

zwei erfrorene Pflanzen von Echinocactus zu beobachten . Einige Wochen nach dem Aufthauen suchte ich die Art histologischer Veränderung kennen zu lernen die in dem Gewebe dieser Pflanze durch das Gefrieren herbeigeführt worden war.

Die Epidermis trug keine Spur von Ver

letzung, und war so elastisch wie vor dem Frost ; offenbar

hervor, welche der Entwickelung der normalen Mikrozymen des Thiers in Bacterien , und den Störungen welche daraus hervorgehen, günstig wird. 4. Bei den bisherigen Beobachtungen über die spon tane Zeugung niedriger Organismen, oder einer einfachen

Dicke als hinlängliche Schranke gegen das Eindringen von Bacterien, Vibrionen oder ihrer Keime. Nachdem ich aber

Zelle, hat man von den Molecular-Körnungen keine Notiz genommen. Ich habe gezeigt daß diese bisher überall thätig waren _____ in Kreide, in Gährungen, in Pflanzen

einen Einschnitt in den protoplasmischen Theil gemacht,

und in Thieren.

sah ich daß die aus dem tiefen . Theile der Wunde, oder unmittelbar unter der Epidermis-Schicht, herausgenommene

endlich

erwies sich die große Dichtigkeit des Gewebes und seine

5. Diese neuen Beobachtungen bestätigen und erweitern einerseits die von Hrn. Estor und mir veröffent

Materie Myriaden von Bacterien enthielt, in denen das Bacterium Termo oder putridinis vorherrschend war.

lichten Forschungen, und andererseits diejenigen welche Hr.

Zu der Zeit als ich diese Beobachtungen, zum Zweck der

Mouchy, nach den in meinem Laboratorium angestellten Versuchen, bekannt gemacht hat.

Veröffentlichung derselben, aufzeichnete, beschäftigte ich mich mit Hrn. Estor mit den Mikrozymen thierischer Organis

In einem nächstens erscheinenden Werk werde ich Be richt erstatten über die Versuche bezüglich der chemischen

men, und in der Zwischenzeit gab Hr. Davaine seine Function der in erfrorenen Pflanzen zur Entwickelung ge

"I Physiologischen und Pathologischen Forschungen über Bac langten Bacterien. terien" heraus.

(Comptes Rendus .)

Meine Beobachtungen schienen mir eine

ganz andere Erklärung

von den Resultaten zu geben.

welche Hr. Davaine erhalten hatte. Ich wünschte daher meine Ansicht von der Sache durch Untersuchung anderer Beiſpiele gefrorener Pflanzen zu berichtigen und festzustellen. Während der Fröste welche heuer zwischen dem 25 und 30 Januar in Montpellier eintraten, erhielt ich eine An

Maschinenschur. Der Correspondent des „Alexan der Couriers" schreibt aus Mülhausen : „Kürzlich sah ich

zahl erfrorener Pflanzen, und untersuchte sie zehn bis zwölf

eine Maschine in Thätigkeit welche, wie mir scheint, eine

Tage lang nach dem Aufthauen .

Umwälzung in dem Gewerbe der Echafzüchter hervorbrin gen wird; es handelt sich um nichts geringeres als um das Scheeren der Schafe mit Dampf! Nach der Art und

Die von mir geleiteten Beobachtungen wurden an folgenden Pflanzen angestellt : Opuntia vulgaris, Calla Aethiopica, Agave americana , Datura suaveolens, Sola num aviculare, Entellea arborescens, Cyperus papyrus, Nerium oleander, Melanthus major, Echinocactus ru carinus. Sie führten mich zu nachstehenden Schlüssen :

Weise wie die neue Methode arbeitet, kann man ihr einen Die Maschine besteht vollständigen Erfolg vorhersagen. aus Kupfer und zeigt ungefähr die Form einer kleinen Kelle : sie erhält ihre Bewegung durch eine Turbine von 3 Zoll im Durchmesser, die sich in einem ein Meſſer tra

1. Trogdem daß man das Gegentheil glaubt, können

genden andern Rade befindet ; vorn ist ein Kamm der als

die Bacterien sowohl in einem Säure Medium, das eine

Man Führer dient und das Fell des Thieres schüßt. näm die auf und leicht ebenso Scheermaschine kann diese liche Art handhaben wie die Echeere ; allein man schneidet

Säure bleiben oder alkaliniſch werden kann, als in einem unbedingt neutralen oder neutral bleibenden Medium ent wickelt werden. Bei irgendeiner fünftigen Gelegenheit werde ich als Beleg für diese Behauptung neue Beweise

viel schneller und viel geeigneter, ohne die mindeste Furcht das Vließ zu beschädigen oder das Thier zu verlegen . (Le Cyre.)

beibringen.

Truck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. D. F. Peschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinudvierzigster Jahrgang.

Nr. 23.

Augsburg ,

1869.

5. Juni

Inhalt: 1. Gewerbliche Verwerthung von Abfällen. -- 2. Schottische Weſteilande. 3) Jona. 3. Das Todtenbuch der alten Aegypter. 4. Professor Studers neue Eintheilung des schweizerischen Alpengebirges. - 5. Die Moor- und Waldbrände im nördlichen Europa. - 6. Ueber die Theorie und das allgemeine System der Meeresströmungen. Von A. Mühry. 7. Zeugungs organe bei Flechten. - 8. Die mechaniſche Schwierigkeit der Gletscher-Bewegung. 9. Die angeblichen Verwandlungen im Sternen nebel der Argo nicht bestätigt. - 10. Eine musikalische Maus. 11. Der Silberfund von Hildesheim. ―― 12. Ein Zweikampf zwischen Maus und Scorpion.

13. Letztes Inventar der China-Pflanzungen in Indien.

Gewerbliche Verwerthung von Abfällen. Die Wochenschrift

Les Mondes" theilt die von dem

Engländer P. L. Simmonds in der Pariser Société des Arts am 29. Jan. über dieses Thema gehaltene Vorlesung mit, der wir folgendes entnehmen, indem wir mit der Weberei beginnen.

In diesem wichtigen Industrie-Zweige

(bemerkt Hr. Simmonds) ist aller Rückstand,. alles was den

ihre Mittel nicht hinreichten.

Doch dieß ist nicht alles .

Eine unermeßliche Menge von Stoffen die man bisher als ganz werthlos betrachtete, gewinnt man aus Kehricht: haufen ; sie bilden den Grundstock zur Erwerbung eines Vermögens für manche Familien, und werden in der Jn dustrie zum Besten von Millionen Menschen verwendet. Vielleicht zeigt man sich dieser Behauptung gegenüber eini germaßen ungläubig, und spottet darüber ; allein die Fabri

Namen Abfall trägt, im allgemeinen sehr gut verwerthet ; die Abfälle der Baumwollen , der Wollen

und Seide

manufactur haben einen verhältnißmäßig beträchtlichen Werth. So führen wir 25 - 30,000 Centner Seidenab fälle ein, welche guten Nußen

abwerfen.

Mindestens

60,000 Tonnen Abfälle gibt es in unserer Baumwollen Industrie, was neben 20,000 Tonnen Linnen -Abfällen und eben so vielen von Tauen und Segeltüchern eine sehr belangreiche Summe von Stoffen bildet die sich zu ver schiedenen andern Dingen neu verarbeiten lassen. Die ungeheure Zunahme in der Erzeugung von Wolle während der lezten zehn oder fünfzehn Jahre hat den Preis dieses Products etwas herabgedrückt, den Gebrauch des Schoddy aber, oder der wieder umgestalteten Lumpenwolle, nicht vermindert. Außer der sehr ansehnlichen Menge von

canten und Consumenten verdanken diesen Dingen mehr als sie gerne zugestehen. Die Fabricanten reiner Woll zeuge haben alle Ursache dankbar zu sein für die Mög lichkeit der Verwerthung dieser Abfälle , die ihnen in großer Menge geliefert werden, und die sie sich nur um für sie verderbliche Preise hätten verschaffen können . Es geschieht oft daß man den Werth einer Sache erst nach ihrem Verlust entdeckt.

Man unterdrücke die Verwen

dung der Lumpenwolle, und man wird sehen daß die na türliche Folge davon nichts anderes ist als die Verdoppe lung des gegenwärtigen Preises der Wolle selbst, und daß man Millionen Menschen ihrer warmen und wohlfeilen Winter , sowie einiger ihrer leichten und gesunden Sommer kleider beraubt. Mit der Unterdrückung der Verwendung der Lumpenwolle würde man ein Drittheil der Wollarbeiter

Schoddy und Mungo (beides Arten von Lupenwolle) die Sale in England schließen müssen und den ganzen west: wir bei uns erzeugen, führen wir noch 22 Millionen Pfund lichen Theil der Grafschaft York zu Grunde richten. wollener Lumpen ein, welche sich mittelst neuer Arbeit wieder als Wollenwaaren verwerthen lassen. Die Schoddy Verwendung hat überhaupt in den lehten fünfzehn Jahren riesenhafte Verhältnisse angenommen.

Fassen wir nun einen andern Gegenstand, die sonst für werthlos gehaltenen Fischerei- Producte, ins Auge.

Man

hat angefangen sich alles Ernſtes damit zu beschäftigen, und wirklich in diesem Industriezweig ungeheure Fort :

Sehr wichtig in der Geschichte des Wollhandels ist die Dank derselben Verbindung des Schoddy mit Wolle.

schritte gemacht.

können sich viele Menschen der niedersten Volksclaſſen nüß

jene nüzliche Verwendung erhalten, und viele derselben,

liche und bequeme Kleidungsstücke verschaffen, wozu früher Ausland. 1869. Nr. 23.

wie z . B. der Hundshai und andere, die ehedem weggewor 67

Jede Art von Fischen kann diese oder

Gewerbliche Verwerthung von Abfällen.

530

fen wurden, werden jest auf dem Continent mehrfach als

Gallone ist

Nahrungsmittel benüßt.

etwa 9 Pfund Waſſer). bleiben unbenüßt.

Der Haifischfang wird an vielen Orten des indischen Oceans und an den Ostküsten Afrika's betrieben, und in

4,543,458 französischen Litres und faßt Die übrigen Theile des Fisches

Der Fang des Hundshai iſt, von Vaagö bis zum Nord

den jüngsten Zeiten hat man auch an der Küste von Nor

cap, für die Fischer während des Sommers eine gewinn

wegen damit begonnen. In der Gegend von Karratſchi in Indien fängt man jährlich oft 40,000 Haifische. Die

bringende Beschäftigung. Man ißt dieſen Fisch manchmal frisch, muß ihm aber, ehe er gekocht wird, die Haut abziehen.

Rückenfloßfedern derselben werden in China als ein köſt

Defter jedoch wird er geräuchert, und gilt dann für ein

liches Gericht sehr geſchäßt, und man verschifft alljährlich

feines Gericht. Ferner trocknet man ihn wie den Stock: fisch, und verzehrt ihn so entweder im Lande selbst oder

7-10,000 Centner von Bombah nach China.

Es gibt

zweierlei Arten dieser Floßfedern, die weißen und die schwar

führt ihn nach Schweden aus, wo er sehr geschätzt wird .

zen ; fie scheinen hauptsächlich von Rhinobatus pectinata . Rhinobatus laevis und Galeocerda tigrina herzurühren.

Taubeneies hat, verwenden die Bewohner, wie andere Eier,

Das Gelbe des Eies , das ungefähr die Größe eines

Die weißen gelten 60 Sh. der Korb, die schwarzen nur 18 Sh. Wenn die Fische ausgeschifft sind, scheidet man

in ihrem Haushalt.

Der Haut bedienen sich die Schreiner

die Rückenfloßfedern, die einzigen bis jezt mit Nußen ver werthbaren, ab und trocknet sie an der Sonne auf dem

und liefert ein sehr schönes Del. Der andere Hundshai (Squalus spinax niger) ist der kleinste der Familie der

Sande ; das Fleisch wird in lange Streifen geschnitten

Haie.

und eingesalzen, um als Nahrung zu dienen ; die Leber reißt man aus und siedet sie, um Del zu gewinnen.

der Leber wegen, züglichste Del gibt.

Den Kopf, die Knochen und die Eingeweide läßt man am Die rauhe Ufer verfaulen oder wirft sie ins Meer.

Fische die wir zu unserer Nahrung bestimmen so heikel ſind ;

und Dreher zum Poliren.

Die Leber ist ungemein reich,

Man ißt ihn nicht, sondern fängt ihn ausschließlich die von Fette trieft und das allervor.

Ich kann nicht begreifen daß wir in der Wahl der

Haut einiger Haifische wird von den Arbeitern des Landes

denn viele gesunde und nahrhafte werden von den Fischern

benützt um Holz und Elfenbein zu poliren, oder um Cha

weggeworfen.

grain Leder daraus zu machen . Der Haifischfang gewährt den Bewohnern der nördlichen

licher. Ungeachtet der Sorgfalt welche man in den leyten Zeiten der Fischzucht angedeihen ließ, bedürfen unsere See

Bezirke von Norwegen eine sehr gewinnreiche Beschäftigung, da er in großem Maßstabe betrieben wird. Man findet

beinahe ein Zehntheil der Bevölkerung den Lebensunterhalt

dort folgende vier Arten : den grönländischen Haifisch (Scymnus borealis), den Riesenhaifiſch ( Selache maxima),

wenig Menschen betreiben, troß der Ausdehnung unserer

den spißigen

Küsten, die Fischerei als Hauptbeſchäftigung !

Seehund ( Squalus

acanthias)

und den

Squalus spinax niger. Der Fang geschieht mit Booten. von 25-35 Tonnen und sechs Mann Besetzung ; man

Die Franzosen sind in diesem Punkt häus

fischereien einer beträchtlichern Entwickelung.

aus dem Fischfang ziehen .

In China soll

Und dennoch, wie vergleichsweise

Bei dem vor

einiger Zeit, während der Havrer Ausstellung, abgehaltenen maritimen Congreß bezog sich eine der vorgeschlagenen

wirft an den Ufern Anker, und benußt Seekalbfett als Der grönländische Hai ist 10 bis 18 Fuß lang,

Fragen auf die Untersuchung der Vortheile welche die För

Köder.

derung des Seekalb , Thun- und Hai-Fischfangs , der an

und die Leber gibt ein halbes bis zwei Fässer Del. Nachy der Herausnahme der Leber bläst man den Fish auf und bindet ihn an, wirft ihn dann ins Meer und zieht ihn

den norwegischen Küsten mit so großem Gewinn betrieben

schwimmend ans Land.

Ist er auf solche Weise ans User

wird, den Franzosen bieten könnte. Es gibt ferner viele Fischöle die sich in dem Handel oder für die Arzneikunde verwerthen ließen. So bereitete

geschleppt, so verwandelt man das Fleisch in Futter für das Vieh, wofern Mangel an getrockneten Fischköpfen herrscht,

vor einigen Jahren Hr. Gobley, ein Pariser Pharmaceut,

welche die gewöhnliche Nahrung desselben bilden.

viel weniger abstoßendes Del als das Stockfisch-Leberöl.

Bis

aus der Leber des Rochen ein für Geschmack und Geruch

weilen bereitet man das Fleisch zur Nahrung für den Menschen zu ; man schneidet es in diesem Fall in lange Streifen, und trocknet es an freier Luft, oder brennt es auf dem Boden bis zu theilweiser Zerseßung, dann nimmt

Auch Prof. Owen hob die Dienste hervor welche die Lebern verschiedener an unsern Küsten und besonders in den tro pischen Meeken vorkommender Haie und Hundshaie der

man es weg, und unterwirft es einer besondern Zuberei tung. Immerhin aber ist zur Verdauung desselben der

weggeworfen werden.

Haifisch Leberöl in den Häfen Mangalor und Tellichery,

Magen eines Bewohners der Nordpol Länder erforderlich. Den Riesenhaifisch fängt man mit der Harpune. Seine

so wie, in der Präsidentschaft Madras, in Nellor und Gantur.

Länge schwankt zwischen 30 und 35 Fuß. Dieser Hai liefert gewöhnlich 5 bis 7 Fässer Leber, bisweilen sogar 10 bis 16. Ist die Leber fett , so geben sechs Fässer

heitsdienstes in den franzöſiſchen Niederlaſſungen von In

davon fünf Fässer Del, das Faß zu 30 Gallonen (eine

er das Haifisch Leberöl ebenso wirksam gefunden habe wie

Arzneikunde leisten könnten, und die von den Fischern In Indien bereitet

man das

Hr. Collas, Marine-Oberarzt und Vorstand des Geſund

dien, wies im Jahr 1856 in der „ Revue Coloniale " nach daß

Gewerbliche Verwerthung von Abfällen.

das Stockfisch Leberöl, besonders als inneres Heilmittel in Fällen gewisser Geschwüre der unteren Gliedmaßen, wie sie in tropischen Gegenden so häufig vorkommen, und gegen welche er bis zu jener Zeit kein Heilmittel kannte.

Den:

noch glaube ich daß das Haifisch- Leberöl einen so abſto ßenden Geruch und so unangenehmen Geschmack hat, daß es kein mechanisches oder chemisches Verfahren gibt welches ihm dieselben benehmen könnte. Große Beachtung verdient ferner unsere Steinkohlen: Production,

denn sie kann sich nicht ewig auf der un

geheuren Maſſe behaupten die wir alljährlich aus den Gruben abführen, und da die Menge der in jedem Jahr im Ver einigten Königreich verloren gehenden Steinkohlen: Abfälle auf 28,000,000 Tonnen geschätzt wird, so bildet die Ver werthung dieser Rückstände in mehr als einer Hinsicht einen Gegenstand von nationaler Wichtigkeit. Man hat in England, ohne sonderlichen Erfolg, viele Versuche angestellt und zahlreiche Patente genommen um einen Brennstoff daraus herzustellen. Der Gedanke die Klein theile und Abfälle der fein ganz neuer ;

indeß

Steinkohlen zu verwerthen ist ist

die Menge

derselben so

groß, daß sich wohl noch viele Mittel finden dürften um ſie vortheilhaft zu verwerthen.

So hat man vortreffliche

und kostbare Brennstoffe bereitet, indem man Theer, Pech, Silicate und andere Substanzen darunter mischte. Es sind jest drei Jahre seit die unter dem Namen „ Vereinig tes Königreich" bekannte Gesellschaft für patentirten Brenn ·• stoff sich vornahm wie sie glaubte mit großem Vortheil — aus solchen Abfällen, unter Beimischung von Mehl (?) und Alkali, gepreßte Steinkohlenplatten herstellen zu lassen ; allein der Größe der Herstellungskosten wegen konnte dieser condenſirte Brennstoff den Wettbewerb mit der gewöhn lichen Steinkohle nicht aushalten.

531

neue Brennstoff gibt,

wofür garantirt wird, nicht mehr als 6 Procent Asche, und die Eisenbahn- Gesellschaften benützen ihn jezt vielfach, weil seine Hißkraft größer und sein Preis gegenwärtig geringer ist als der der Stein kohlen. Hr. Dehaynin und die Gesellschaft bereiten jährlich 255,000 Tonnen dieses Agglomerats. Durch solches haus. hälterisches Verfahren mit den Abfällen der Steinkohlen: gruben ist man im Stande den Eisenbahnen und Dampf booten ein Brennmaterial von guter Beschaffenheit und leichter Aufbewahrung zu liefern, und gleichzeitig die un geheuren Mengen Theer zu verwerthen die man aus der Destillation der Steinkohle zur Gasbereitung gewinnt. Ferner ist kürzlich ein Industriezweig ins Leben getreten welcher aus dem nämlichen Steinkohlen- Theer andere höchst werthvolle Producte erzeugt.

Aus einem schwarzen öligen

und fast stinkenden Stoffe weiß heutzutage die Wiſſenſchaft eine Reihe von Farben und Farbenmischungen herzustellen, deren Frische und Glanz unvergleichlich sind. Die phenische Säure, jezt in der Medicin und Chirurgie verwendet, das Benzin 2c., deſſen man sich zur Reinigung der Zeuge von Flecken, zur Auflösung des Kautschuk, zur Verfertigung von Firnissen und zur Präservirung des Bauholzes bedient ――― sind ebenso viele kostbare Verwendungen des Stein

kohlen Theers. Aile diese Benützungen von früher unver werthet gebliebenen Stoffen wurden kürzlich vor den Mits gliedern dieser Akademie so trefflich geschildert, daß es voll kommen überflüssig ist länger bei denselben zu verweilen. Man macht ferner (fährt Hr. Simmonds in seinem Vortrage fort) in Frankreich großen Gebrauch von ver schiedenen Substanzen zum Anzünden des Feuers, z . B. von den Tannenzapfen. Die Landaiser Zündstoff-Gesell schaft in Paris

treibt

einen belangreichen Handel mit

dem Verkauf von Mais oder Türkischkorn- Stengeln, die

Auf dem Continent und in den Vereinigten Staaten

man zuerst in warmem 2 Proc. Schwefel enthaltendem

sind diese Versuche besser gelungen. In den Gruben von Charleroi (Belgien) hindert eine Anhaufung von 800,000

Wasser einweicht, und dann, nachdem sie in hoher Tem peratur getrocknet worden, mit 50 Proc. harzigen Stoffs

Tonnen Steinkohlen- Abfällen in hohem Grade die Heraus

Diese Zündstücke, welche man um 10-16 Sh. fattigt. das Tausend verkauft, werden in Privathäusern, sowie

schaffungsarbeit ; Hr. Dehaynin, von Paris, so wie eine besondere Gesellschaft beschäftigen sich jetzt mit der Ver werthung dieser Abfälle.

Man pulverisirt sie mittelst Ma

schinen, reinigt sie von allen fremdartigen Stoffen, und gibt ihnen dann, indem man 8 Theile Steinkohlen- Theer mit 92 Theilen Abfällen verbindet, die zur Heizung der

zum Anmachen des Feuers in Oefen mit Vortheil ver wendet. In Frankreich hat man auch die Kleie, das Gluten, die künstlichen Harze, wie das Dextrin, das Leicomme, das Gommelin und andere stärkemehlhaltige oder harzige

einen Teig, welchen eine Maschine gewaltsam in cylindri

Erzeugnisse, erfolgreich zu benüßen verstanden, und was die Verwendung der Ueberreste der Kartoffelstärke betrifft, so will ich anführen daß die Bäcker damit ihre Backtröge ein

sche oder rechtwinkelige Formen zusammenpreßt ; nach Ab

mehlen oder bestreuen.

Locomotiven geeignetsten Formen und Verhältnisse. Diese Mischung, bei 300 oder 350 Grad Dampf erhigt, bildet

kühlung derselben erhält man feste und dichte Cylinder,

Die Fortschritte in der technischen Chemie haben die

von etwa 5 Zoll im Durchmesser, welche 18 Pfund wiegen,

Anzahl und den Werth ihrer Producte sehr vermehrt, und

oder prismatische Blöcke, von etwa 5½ Zoll Dicke, 7 Zoll

überhaupt ist dieser Zweig einer fast unbegränzten Aus

Breite und 12 Zoll Höhe, die ein Gewicht von 20 Pfund

dehnung und Anwendung fähig in der Schaffung nüß.

haben. Diese Blöcke besigen nahezu dieselbe Dichtigkeit und dasselbe Gewicht wie die Steinkohle, und brennen

licher Handelsartikel

ohne Hemmung der Luftcirculation über dem Rost. Dieser

und Mineralerzeugnisse unsers Landes und anderer Ges

mittelst

der Abfälle

der

andern

Manufacturen, sowie der verschiedenen Pflanzen , Thier

Gewerbliche Verwerthung von Abfällen.

532

genden.

Viele Zweige der Chemie sind, außer dem Geld:

werth welchen sie für ihre Laboratorien haben, von höch

jährlich 100,000 Fr.

1 Die daraus gewonnenen Producte

Die Chemie hat bis jetzt noch bloß etwa den zehnten Theil

werden zum Theil an die Stearin-Fabricanten, zur Seifen fabrication und zur Deſtillation , verkauft. Die Rückstände geben einen ausgezeichneten Dünger für die Pächter und Landwirthe. Das Wasser welches

der unermeßlichen Schäße ihrer Hülfsquellen aufgeſchloſſen. Mit Erstaunen habe ich bei den jüngsten Ausstellungen in Paris und Havre die Beispiele von Verwerthung ver

zum Kochen des Fleisches gedient hat, wird, mit Schwefel säure gesättigt und mit Schweinsurin vermiſcht, unentgelt: lich, zu je 50 Hektolitern täglich, an die Landwirthe der

lorener Fette gesehen, welche die HH. Souffrice u. Comp .

benachbarten Sandebenen abgegeben. Man bereitet aus dem comprimirten thierischen Rückstand einen vortrefflichen Dünger, dessen ungeheure Menge, die eine Million Pfund

stem wirthschaftlichen Belang

für das Land ,

wie als

Hülfsmittel für beinahe alle andern Industrien der Welt.

von St. Denis geliefert hatten. Dieses alte Handlungshaus hat zuerst von allen andern in großem Maßstabe den Dampf und die hydraulische Preſſe zur Gewinnung der Fettkörper verwendet. Im Jahr 1862 wandten sie ihre Aufmerkſam keit zum erstenmal den Ueberresten und Abfällen der Schlachthäuser zu, und

ein Gewinn von 120,000 Fr.

jährlich war der Lohn für ihre Bemühungen.

In den

jährlich erreicht, zu 10 Sh. ( 12 Fr. 50 C.) der Centner verkauft wird. Dr. Hofmann sagt uns in seinem chemischen Bericht (Ausstellung von 1862) daß der Schwefelkohlenstoff von Hrn. E. Deiß als besonders geeignet erkannt worden sei

ersten Monaten des Jahrs 1863 schufen sie einen neuen

zur Aufnahme der Dele welche in dem comprimirten Rück

Industriezweig für die Verwerthung des Abschaums der

stand der Oliven oder in den Sägespänen zurückbleiben

Seine.

Der Seine- Präfect ertheilte, in Erwägung der

durch die man die Dele der Reinigung halber filtrirt, so ſo

Vortheile welche es für die öffentliche Gesundheit haben.

wie zur Gewinnung des in den schwammigen Theilen der

würde wenn man den Fluß von den thierischen Cadavern,

Gelenke

den schwimmenden Fetten und andern gesundheitschädlichen.

Fettstoffs .

Stoffen befreite, diesem Hause, gegen eine kleine Vergütung, das ausschließliche Recht der Ausbeutung der Seine. Jm

errichtet in denen die Fettkörper mittelst des Schwefel kohlenstoffs den Rückständen entzogen werden, die eine zu Paris, die andere in Brüssel und die dritte in London.

December 1864 machten die HH. Souffrice und Comp. dem

der Ochsen- und Schafknochen 2c.

enthaltenen

Hr. Deiß hat bereits einige große Anstalten

gen Wasser, des Auskehrichts und der Pflanzenüberreſte

In diesen Anstalten werden täglich ungefähr 8000 Kilo: gramme (16,500 Pfd. ) Rückstände behandelt, und die dar

in den von der öffentlichen Unterſtüßung abhängigen 25 Pariser Verpflegungshäusern zu übernehmen . Er wurde

als 1300 Pfund.

Präfecten den Vorschlag : die Hinwegschaffung aller schmußi

genehmigt, und man bewilligte ihnen hiefür eine ſechsjäh rige Concession. Eine der nächsten Folgen davon war die Gründung einer der größten Schweinezüchtereien in Frank reich, welche beſtändig 6—700 Schweine unterhält. Denn die genannten Herren hatten zuvörderſt die Verwerthung der

aus gewonnene Menge an Fettstoffen beträgt täglich mehr Die mittelst des Schwefelkohlenstoffs

ausgezogenen Fettkörper haben alle die Eigenschaften welche man durch mechanisches Pressen erlangt ; in einigen Fällen indessen sind sie, Hrn. Deiß zufolge, ein wenig reicher an Stearin. Sonach ist das Del welches nach wiederholten Pressungen in den Olivenkuchen zurückbleibt, und durch

Pflanzen-Ueberreste im Auge, die sich, wenn man sie im Dampf

den Schwefelkohlenstoff gewonnen wird, entschieden reicher

reinigte, trefflich zur Mästung der Schweine eigneten.

an Stearin als das gewöhnliche Olivenöl, und eignet sich gerade deßhalb ganz besonders zur Seifenfabrica

So

sind sie im Stande jährlich 3000 fette Schweine zu ver kaufen, welche mit dieser Mischung von Pflanzenüberresten

tion.

gefüttert wurden.

werthung der erschöpften

Im Dec. 1869 stellten die HH. Souf

frice u. Comp. zwei Destillations- Apparate für einen andern Industriezweig auf, in welchem sie noch keine Versuche ge macht hatten. Die schwarzen Rückstände von der Reinigung des Repsöls, genannt Fäcalsäuren, werden nach der De:

Dessen ungeachtet ist Hr. Deiß in Betreff der Ver

Delkuchen als Dünger auf einige Schwierigkeiten gestoßen ; allein die in großem Maß=

stab angestellten Versuche haben ihm den Beweis geliefert daß die durch den Schwefelkohlenstoff behandelten Kuchen keine geringere Wirksamkeit haben als die gewöhnlichen.

stillation weiß, rein und zur Seifenfabrication geeignet.

Um zu zeigen wie wichtig die Gewinnung aus den Fett.

Das jährliche Erzeugniß dieser Substanz beläuft sich auf 500,000 Pfund. Im Jahr 1868 faßten sie den Gedanken

stoffen ist, muß erwähnt werden daß, nach Hrn. Deißes

den destillirten Theer zu verwerthen ; indem sie ihn mit Terpenthin verbanden und so einen vortrefflichen Firniß be reiteten, der für Maschinen und Schiffe, nicht nur

Menge Dels nahezu 3,500,000 Kilogramme beträgt, wäh rend im Calvados: und im Nord- Departement der Verlust mindestens der doppelte ist.

seiner guten Beschaffenheit, sondern auch seiner Billigkeit Dieses Handlungs . wegen, mit Vortheil zu benußen iſt.

Armenschule (oder, wie die Engländer sie zu nennen belie

Schäßung, die jährlich in Marseille verloren gegangene

Seit einigen Jahren hat der Ausschuß der Londoner

haus zahlt den verschiedenen Eisenbahn- Gesellschaften für

ben, Ragged School, d. h. zerlumpte Schule) eine Abthei:

das alte Fett, genannt " Wagenschmiere, " welches zum

lung von Lumpensammlern, mit einigen Handkarren, or

Schmieren der Achsen der Wagenräder gedient hat,

ganisirt,

all

um alle in der Hauptstadt verlorenen Stoffe zu

Schottische Westeilande.

sammeln.

533

Die Nothwendigkeit hiefür ward dargethan als

Im Jahr 563 verließ Colum Mac Felim Mac Fergus,

im Jahr 1861 , vor einer gewählten Parlaments Committee,

der spätere St. Columba, ein Fürst und Priester, mit zwölf

festgestellt worden war daß man etwa nur vier Zehntel

Gefährten seine Heimath Irland, und schiffte in einem

der Lumpen Englands verwende, und daß es, wenn die

Boot aus Häuten und Weidenzweigen nach Nordosten übers

andern sechs Zehntel als Elemente einer neuen Fabrication

Meer, in der Absicht niemals dahin zurückzukehren, und

dienen könnten, nicht nothwendig wäre auf den auslän

sich irgendwo niederzulaſſen von wo er die irischen Küsten

dischen Märkten 25 ' Proc. ungefähr der gegenwärtig in den

noch erblicken könne.

Papierfabriken Englands verbrauchten Lumpen zu holen. "

trieben, fand er daß dieselbe der lettern Bedingung nicht

Und wenn dieß in Betreff eines vergleichsweise so wenig

entspreche, und er gelangte weiter zur Insel Jona.

wichtigen Artikels, wie die Lumpen, wahr ist, muß es dann nicht noch wahrer sein bei Artikeln geringern Werths,

Ort wo er gelandet haben soll, heißt noch jezt Port a Churaich, Bah des Weidenboots , ein noch erkennbarer

Zuerst an die Insel Oronsay ge:

Der

aber größerer Wichtigkeit in unserer Handelsökonomie, wie

Steinhaufen, welchen er, wie man sagt, auf dem benach

bei den Abfällen von Papier, den Fetten, den Knochen, den zerbrochenen Gläsern, den Tauen, den alten Tapeten 2c. ?

barten Berge zum Abschied von Irland errichtete, deſſen Gestade von da nicht mehr sichtbar waren, Cairn cul ri

Was wird z . B. aus den Couverten der Millionen Briefe

Eirin.

die täglich durch unser Londoner Postamt wandern ? Sie verdienen alle aufbewahrt zu werden. Hr. Lloyd, von der

er ward Rathgeber , Stüße und Freund ihrer Könige . Mehr Bedeutung vielleicht als durch die Wirksamkeit Co

Bow'schen Papiermühle, sagte mir : daß er allwöchentlich 20 bis 30 Tonnen alte Papiere kaufe, als da sind : alte

lumba's gewann aber Jona durch die unmittelbaren Schüler

Rechnungsbücher, alte Briefe, Facturen, Couverte, Checks,

Sein Bekehrungswerk der Picten gedieh vortrefflich,

desselben, welche von hier nach den verschiedensten Rich tungen ausgingen und in seinem Geist wirkten. Die

Versicherungspolicen 2c., die er mit 12 Pf. St. die Tonne

uralte Abtei St. Gallen in der Schweiz, die bald eine der

bezahle.

angesehenſten Gelehrtenschulen Europa's wurde, stand in

Man schickt sie ihm aus allen Theilen des König

reichs, ſelbſt aus Edinburg und von Cornwallis, zu. Nir gends hat sich die Classe der Abfälle- Sammler so entwickelt. wie in Paris, wo der Lumpensammler einen überall ander wärts beinahe unbekannten besondern Bevölkerungstypus bildet. (Schluß folgt. )

engster Beziehung zu der fernen hebridischen Insel, indem ihr Gründer ein Abgesandter des caledonischen Apostels war. Ein zweiter oft mit dem erstern verwechselter Columbanus war es der im Anfang des siebenten Jahrhunderts von Jona aus die berühmte Abtei Lureu in der Franche Comté errichtete.

Die Nachfolger und Sendboten Columba's wurden Gillean De genannt (Plural von Gille: De, Gottesdiener) ; das gaelische Wort erlitt später eine Corruption zu Culdee, womit im allgemeinen diese ältesten Bekenner des Christen Kein Monument weist die thums bezeichnet werden. Schottische Wefteilande.

Insel auf welches sicher in die Zeiten Columba's und der

Jona.

Culdees zurückginge, Ueberlieferung nur bezeichnet einige kaum erkenntliche Trümmer von Steinmauern an der selten

An der Südspite der Insel Mull liegt, durch einen nur

besuchten Westküste als die Stelle wo die ersten geistlichen

eine Viertelstunde breiten Sund von der nackten granitischen

Ein trauriger, Ansiedler ihre Wohnstätte aufschlugen. öder und unwirthlicher Ort in einem steinigen Thal, wo nur Vogelgekreisch und das ungestüme Rollen der durch

3.

Felsenreihe des Roß of Mull getrennt, ein winziges, ein sames und baumloses Eiland, Jona, „ das Licht der west

in dem Gewimmel unzähliger Inseln schier verlorene Erd.

kein Vorland abgedämmten atlantischen Wogen an das Ohr schlägt, wo den Sinn von allem Jrdischen abzuziehen kaum irgend eine Ueberwindung kostete. Weiber hielt der

fleck, der gleichwohl nicht mit Unrecht seinen so stolzen

heilige Mann geflissentlich von seinem Eiland fern, und sostark

Namen trägt.

war die Abneigung gegen das andere Geschlecht, daß er selbst die Anwesenheit von Kühen nicht gestattete . Das gaelische Sprüchwort : „ Far am bi bo, bithidh bean ; is

lichen Welt. " Wohl nur wenig bekannt ist in unsern Landen der weder durch Lage noch Größe ausgezeichnete,

Denn von seinen armseligen Gestaden aus

ward in den frühesten Zeiten des Mittelalters Christen thum und mit ihm Civilisation über Britannien und einen

hindurch galt diese Stätte, welche im Kampfe mit der rauhen

far am bi bean, bithidh mallachadh , wo eine Kuh ist, da wird ein Weib sein, und wo ein Weib ist, da wird

Natur und den noch rauheren Nachbarn den Sieg erfocht,

Hader sein," wird auf ihn zurückgeführt.

Theil Scandinaviens hinausgetragen ; viele Jahrhunderte

In Folge dieser

als eine Pflanzschule heiliger Bildung und kirchlicher Zucht. Weit zurück liegen dieſe Zeiten des Ruhmes und Glanzes für Jona, nur Ruinen, Gräber und Namen wiſſen davon, freilich mit lauter und vernehmlicher Stimme, zu erzählen . Ausland. 1869. Nr. 23

1 Eine andere, wie es scheint, weniger richtige Ableitung des Wortes Culdee ist von dem gaelischen cuil, die Ecke, auch die Stelle wohin man sich zurückzieht ; daher cuildeach, die sich Zurückziehenden. 68

Schottische Westeilande.

534

gestrengen Regel waren die Weiber und Töchter der Hand werker und Culdees (die niemals zum Cölibat verpflichtet

maſſe, und diejenigen Partien welche die nahe See unzu gänglich machte, sind stehen geblieben. Der höchste Punkt

wurden), auf eine kleine Insel jenseits des Sundes ver bannt, welche noch heutzutage Eilen man ban, die Weiber

sich zu 330 Fuß.

der Insel, Dun Ji, im nördlichen Theile gelegen, erhebt

insel, heißt.

Eine reiche Bibliothek sammelte sich später auf Jona an, die königlichen Archive von Schottland wur

Bei Beda (762 n. Chr.) wird die Insel Hii oder Hy in den Annalen von Ulster kommt sie als J.

genannt, den hierher verlegt, ja, wie Boëthius berichtet, soll Fergus II, welcher Alarich und seine Gothen nach Rom begleitete,

Hi, Joe vor.

Alle Grabsteine an Ort und Stelle tragen

die Schreibweise Hy oder Y.

Im Munde des heutigen

einer werthvollen, aus der ewigen Stadt mitgebrachten, Handschriftensammlung auf der Insel ihren Plah angewie sen haben. Wiederholte Einfälle der Dänen und Norwe ger brachten schlimme Tage über die geistliche Colonie, welche, wie in jenen zurückgelegenen Zeiten gewöhnlich, die Trägerin der Cultur und Pflegerin dessen war was man

Volkes heißt die Insel gemeiniglich I (ausgesprochen wie das deutsche i), ein gälisches Wort für Insel, welches aber für keine andere gebraucht wird, also „die Insel ; " auch Ji- Colum- Chille, die Insel Colums (Columba's) von der Zelle, daher sich die englische Bezeichnung Jcolmkill ungebräuchlicher ist die Benennung Innis nan

ableitet ; damals unter Wiſſenſchaft verſtand.

801 und 805 wurde

Jona mit Feuer und Schwert verwüstet, 807 flohen die Culdees vorübergehend nach Irland, neue Räubereien und Zerstörungen folgten 985 und 1059.

Gegen Ende des

zwölften Jahrhunderts wurde der wichtige Plak zu einer Station für Cluniacenser und Augustiner ausersehen, welche die frühere und selbständigere kirchliche Genossen schaft der Culdees verdrängten, und sich behaupteten bis die Reformation das auch hier in Verfall gerathene Mönchthum hinwegschwemmte. Jetzt gehört die Insel zu dem weiten Besißthum des Herzogs von Argyle.

Die nach Nordosten in die Länge gezogene Insel mißt nur 212 engl. Meilen in der Länge,

1

Meile in der

Breite, und bietet größtentheils eine Abwechslung von klei nen torfigen Thälern und niedrigen Hügeln dar, welche mit Felsgewürfel besäet oder mit kurzer Haide bewachsen sind. Die dem Sund von Mull zugekehrte Ostseite,

Druidheanach, das Druiden Eiland . Der jezige geographi sche Name Jona stammt höchst wahrscheinlich von dem gaeliſchen Ji ſhona (geſegnete Insel, ausgesprochen J'hona) her; unbefriedigender ist die Ableitung von Ji thona, Eiland der Wellen. Nachdem die wilden Gebirge des Innern von Mull, in denen man menschliche Wohnungen und Baumwuchs vergeblich sucht, ſattsam durchstreift waren, gedachte ich einen Tag dem nachbarlichen Jona zu widmen . Von dem nachbarlichen Hafenörtchen Bumessan führt der wohlunter haltene Fahrweg in westlicher Richtung über die lang= gestreckte Halbinsel Roß auf Mull, welche aus Granit be steht, während der Hauptkörper der Insel aus basaltischen Gesteinen aufgebaut ist. Ganz am Ende derselben, gegen über von Jona, werden bedeutende Steinbrüche in Granit. betrieben, der hier in kolossale Pfeiler abgesondert ist und

der Sig der Cultur, ist freundlicher, und vierzig einstöckige

eine überaus frische, compacte und prächtig fleischrothe Va

Häuschen und Hütten bilden hier eine kleine im Schatten

rietät darstellt, welche namentlich im geschliffenen Zuſtand

der Ruinen gelegene Ortschaft.

einen sehr schönen Anblick gewährt. Mächtige Blöcke wurden hier losgesprengt und zugehauen, um direct nach London

Im verflossenen Sommer

war man damit beschäftigt im Auftrage des Herzogs von Argyle eines der Häuser zu einem Hôtel umzugestalten. Die Süd- und die Westküste starren von nackten und höhlen

zum Bau der neuen Blackfriarsbrücke verschifft zu werden.

reichen Klippen, welche die nimmerruhende Brandung zernagt

Gegenüber der schmalen Meerenge treten von hier zum erstenmal die Hügel Jona's hervor, die Hüttenreihe und

und glatt geschliffen hat. An die Nordwestküste war bei meiner Anwesenheit ein todter Walfisch getrieben wor

rechts liegt draußen in der See ein dunkler und fer

den: der große Leib ward kunstvoll in drei gleiche Stücke zerschnitten, wovon eines rechtmäßig der Krone, eines dem

ner Punkt, der von weißem Brandungsschaum umzingelte Felsen Staffa. Zumal von diesem Punkt aus betrachtet,

Finder, das dritte dem Grundeigenthümer anheimfiel. Die Bevölkerung von Jona beläuft sich auf 350 Köpfe, welche sich durch Kelpgewinnung, Fischfang und geringe Viehzucht färglich nähren und durch Auswanderung nach Amerika

die Ruinen der Kathedrale mit ihrem viereckigen Thurm ;

kann die heilige Insel nie ihren Eindruck verfehlen : es ist der Gegensatz zwischen der freundlichen Stätte uralter Cultur und der trostlos einsamen rauhen und kargen Um gebung ; es ist der unwillkürlich angestellte Vergleich zwi

fortwährend vermindern. Der sandige Boden trägt, wenn er mit faulendem Seetang gedüngt ist, Gerste, Kartoffeln

schen den unverwüstlichen und Jahrtausenden troßenden

und spärlichen Roggen ; Hafer kommt hier sonderbarerweise nicht fort. Im südlichen Theil der Insel sieht man die Stelle wo früher ein vielberühmter, aber wenig ausgezeich

dem rasch zu Trümmern zerfallenen Bauwerk von Menschen hand : es ist endlich der Gedanke an die entschwundenen

neter Marmor gebrochen wurde, der hier eine Einlagerung in den gneißartigen Schiefern bildet, woraus fast ganz

Pilgerschaaren einherwandeln sieht, und die Gesänge der Culdees mit dem Geläute der Glocken über den Sund zu

Jona besteht.

vernehmen glaubt.

Nur die äußersten Theile der Marmor

Felsmassen welche der ewig junge Ocean umspült, und

Zeiten der die Ruinen aus dem Schutt auferstehen läßt,

Schottische Westeilande.

Ein großes Boot, die regelmäßige Fähre zwischen Mull und Jona, brachte mich in kurzer Frist über die Meer

535

(Irland) bedecken, und das grünbewachsene Isla, aber Columba's Insel soll schwimmen auf der Fluth.

enge ; flach, theils felſig, theils ſandig, zieht sich der Strand Vierzig gekrönte schottische Könige sollen hier begraben an den kleinen weißen Häuschen entlang, aus denen Kin

sein, von Fergus II. bis auf Duncan I. und seinen Mörder

der in Menge hervorstürzen um dem ankommenden Fremd ling Muscheln, glatt und rund geschliffene Gerölle von

Macbeth, vier irische Könige und ein unbekannter franzö sischer König, endlich noch einige norwegische Fürsten - ſo

edlem Serpentin, Marmor und Jaspis (Jona pebbles), auf getrocknetem Seetang zum Verkauf anzubieten. Obschon in Begleitung eines kundigen Freundes, nahm ich die

berichtet schon Dechant Donald Monro im Jahr 1549 . Außerdem schlafen hier unzählige Häuptlinge von den west: lichen Inseln und vom schottischen Festlande, den verschie

Dienſte des eisgrauen geſchwäßigen Alten an, der das Amt

densten Zeitaltern,

Geschlechtern und Stammſißen ange:

eines Führers unter den Ruinen versah, dabei mit wun

hörig ,

Macleans ,

Macleods , Mackenzies, Macquarries

derlicher Geläufigkeit ohne jedweden Fehler die halbver:

u . s. w.

wischten lateinischen Inschriften vorlas, und während seiner Erläuterungen bald mit wahrem Enthusiasmus die frühere.

regelmäßig geordnet und so eng zusammengedrängt, daß

Herrlichkeit pries, bald mit zitternder Stimme den Verfall derselben beklagte.

scheinbaren Conservirung die ursprüngliche Beschaffenheit

Die Ruinen Jona's, die sämmtlich einer verhältniß. mäßig späten Zeit angehören, bestehen aus der Kathedral kirche, dem Nonnenkloster

und

Verwitterte Grabsteine mit meist unleserlichen

Schriftzügen bedecken reihenweise den grafigen Boden, so

die Thätigkeit späterer Hände unverkennbar, und troß der

des Grabplates gewiß ganz verändert ist.

Stürmische

Zeiten, Habsucht und verwilderte Sitten haben hier oft

der St. Orans - Capelle.

mals die Ruhe der Todten gestört, ihre Denkmäler über

Besonders architektonisches Interesse können sie nicht wach

die Insel zerstreut oder zu neuern Bauwerken mißbraucht. Wie der leicht fächelnde Seewind die Grashalme bewegte

rufen, und wären sie unter einem andern Himmel gelegen, so würde ihnen nur spärliche Aufmerksamkeit zu Theil werden.

Von dem Nonnenkloster, zu welchem man zuerst

und zurückbog, kam bald hier bald dort das redenhafte Reliefbild eines alten Häuptlings im Waffenschmucke zum

seine Schritte zu lenken pflegt, steht nur noch die Capelle,

Vorschein.

aufgebaut im normännischen Styl, zum Theil noch über deckt und kaum älter als der Beginn des 13ten Jahrhun derts. Grauen Glimmerschiefer und fleischrothen Granit

sollten, wurden an der etwas südlich von dem jezigen

von Mull, scharffantige Säulenglieder des schwarzen Basalts von Staffa, findet man unter den Bausteinen . Columba

Die Todten die ihr Grab in Jona finden

Dörfchen gelegenen kleinen Bucht, der „ Martyrs Bay, “ gelandet ; auf dem grünen Rasen wurde die Leiche auf gebahrt und der Begräbnißzug geordnet, der sich dann zu dem Reileag Dran langsam hinbewegte.

und die Schaaren der Culdees waren vielleicht vergessen, als, ungetreu den Sagungen des alten Apostels, die Au

Selbst bis in das sieben

zehnte Jahrhundert hinein fanden hier die Beiſehungen ſtatt ; ein wohlerhaltener Stein des John Beton, der früher

gustinerinnen ihren Einzug hielten, welche selbst nach der Reformation noch einige Zeit sich hier behaupteten.

Der

Arzt der Macleans , später Leibarzt Jacobs II. war, trägt das Todesjahr 1657 und die Inschrift :

noch vorhandene und wie die andern mit ſächſiſchen Cha Ecce cadit iaculo victrici mortis iniquae rakteren beschriebene Grabstein der lezten Priorin Anna Qui toties alios solverat ipse malis. trägt ihr Abbild und zum Zeichen ihres Geschlechts,Kamm und Spiegel, dazu die Jahreszahl 1543. Nördlich von diesem Gebäude betritt man den berühmten Reileag Oran,

Innerhalb der Begräbnißſtätte erhebt sich die dachlose Ruine der St. Drans-Capelle, welche nach aller Vermuthung

St. Orans Begräbnißplay, wohl die intereſſanteſte Stelle

das älteste kirchliche Bauwerk der Insel ist, und wohl noch

des ganzen Eilands.

Jahrhunderte hindurch war es der

vor dem elften Jahrhundert von Norwegern gegründet

heiße Wunsch von Königen und Fürſten des nordwestlichen

wurde.

Europa's nach wildem und unruhigem Leben hier im hei

Längsseite mißt 60, die Breitſeite 20 Fuß, die Architektur

ligen Boden bestattet zu werden,

Die Dimenſionen des Gebäudes ſind gering, die

und je mehr Gebeine

ist roh und derb, und bis auf die Wölbung des Eingangs

von weiland Mächtigen der geweihte Grund umschloß,

und einen dreifachen Bogen im Innern, welche beide von

desto mehr wuchs sein Ruhm und Ruf.

späterer Entstehung sind, völlig schmucklos, angemessen den alten Baumeistern, welche besser das Schwert und Steuer

Nicht wenig mag

auch zum Ansehen des Orts die alte überlieferte Prophe zeiung beigetragen haben, die,

Jona eine Ausnahms.

stellung beim Weltuntergang anweisend, also lautet : Seachd bliadna rhoimbhu bhràth

als Meißel und Kelle zu führen verstanden.

Zahlreiche

Grabtafeln, meistens aus grauem Glimmerschiefer gefertigt, und größtentheils mit mißgestalteten Arabesken und Sinn.

Thig muir thair Eirin ri aon tràth

bildern von Waffenhandwerk und Seefahrt versehen, haben

Is thair Ila ghuirm ghlais Ach snamhaidh I Cholum clàraich.

ihren Play in dieser Capelle. Unter ihnen zeichnet sich aus der wohlerhaltene und besser bearbeitete Stein eines

d. i. sieben Jahre vor dem Weltende wird eine Sündfluth die Völker wegraffen. Mit einer Woge wird die See Eirin

Mac Quarrie von Ulva und der ein segelndes Schiff von der Gestalt römischer Galeeren aufweisende von Angus

Schottische Westeilande.

536

dem Sohne des Sir Angus Macdonald von Islay ; besser

Sculpturen bedeckt, welche nur wenig von der Verwitterung

bekannt ist dieser alte Held als der Lord of the Isles, den Walter Scott in jenem prächtigen, auch an den treffend

gelitten haben. Die Volksüberlieferung berichtet daß 360 solcher Votiv Kreuze ehedem über Jona verbreitet gewesen.

sten Naturmalereien reichen, Gedicht gefeiert hat das ent

seien, und daß um das Jahr 1560 die reformirende Synode

lang der ganzen schottischen Westküste im Mund und Herzen des Volkes klingt.

von Argyle dieselbe bis auf wenige Ausnahmen ins Meer

Wir nähern uns nunmehr dem hervorragendsten Ge

habe werfen lassen.

Eines dieser Jona-Kreuze findet sich

jest in Inverary, ein anderes in Campbelltown ; Bruch

bäude von Jona, dem weithin ſichtbaren, charakteriſtiſchen Hauptpunkte der ganzen Landschaft, der Ruine der Kathe

ſtücke von andern entdeckt man mit leichter Mühe hier und da unter den Ruinen. Die baulichen Ueberbleibsel auf

dralkirche von St. Mary.

Jona, die einst eine Zeitlang zu Viehställen

In Form eines Kreuzes gebaut,

besigt sie ein Längsschiff von 160, ein Querschiff von 70 Fuß Länge, und auf dem Durchschnitt beiber erhebt sich ein

gedient

haben, werden jetzt in gutem Zuſtand und guter Ordnung gehalten ; alles ist von Schutt gesäubert, und die stehen

die Dimensionen auch bescheiden, so bewirkt die steinige

gebliebenen Mauern mögen noch manchem Jahrhundert trogen können. Alles alte Holzwerk aber, ein kostbares

Dede und Verlassenheit der Umgegend, zumal aber auch die Unvollständigkeit des halbzerstörten Bauwerks , daß dasselbe

bis auf den letzten Span geraubt und von den Bewohnern

viereckiger maſſiver Thurm bis zu 70 Fuß Höhe.

Sind

gleichwohl den Eindruck des Großartigen und Massiven erzeugt. An diesem jüngsten unter den kirchlichen Gebäuden haben viele Jahrhunderte Umbauten und Veränderungen vorge= nommen, wodurch aber das wohlgetroffene Verhältniß der einzelnen Theile nicht gestört wurde. ist, darüber sind

Wie alt dasselbe

mit der vernichteten Bibliothek und

Gut auf diesen baumlosen Inseln, ist in frühern Zeiten.

benutzt worden. Einen Tag unter den Ruinen von Jona zu verträu men, bietet wohl eine reizvolle und erinnerungsreiche Ab wechslung für denjenigen welchem bis dahin die Felsgesteine und ihr gegenseitiges Verhältniß das intereſſanteſte Mo ment hebridischer Landschaft waren .

Lange Zeit lagen wir,

Handschriftensammlung alle bestimmten Anhaltspunkte ge schwunden ; die Architektur läßt vermuthen daß es kaum

nachdem der Führer uns verlassen, ausgestreckt auf dem stillen Grasplage zwischen der Kathedrale und Orans Todten .

älter ſein wird als der Anfang des dreizehnten Jahrhun derts. Eine der schönsten Zierden der Ruine sind zwei

ſtätte, über uns ein klarer wolkenloser Himmel, im Vor: dergrunde die unruhig glizernden Wellen des Sundes ,

Fenster des viereckigen Mittelthurms, von denen das nach

dahinter die nackten rothen Granitklippen von Mull, die

Süden gerichtete eine große Platte darstellt, welche von zwölf nach Art vierblätteriger Kleeblätter geformten Löchern

von den dunkeln Trappbergen der Ferne überragt werden. Und unversehens, ich gestehe es gern und frei, überkam

durchbrochen ist. Das Innere der Kirche ist durch Zwischen mauern hier und da verunſtaltet, die Säulen sind, wie die

wohl hier ein jeder zum Opfer fällt.

aus der Normannenzeit, cylindrisch und glatt ; von dem mar mornen Hochaltar, welchen Sacheverell und Martin bei • ihren Besuchen in den Jahren 1688 und 1702 noch sahen,

auch mich eine melancholisch beschauliche Stimmung, der Oft noch tragen.

mich die Gedanken zurück zu jenem einsamen und weit entfernten Monument uranfänglicher Cultur und Geſittung,

während Pennant ihn 1772 im halb zerstörten Zustande fand,

von wo vor 1300 Jahren neues Licht leuchtete, und das jest fast gänzlich den Seemöven und Cormoranen,

ist keine Spur mehr vorhanden .

sowie den atlantischen Stürmen anheimgefallen ist.

Die Besucher von Jona

Kaum

haben Stück für Stück von ihm, sei es als Erinnerungs

hoffen jest selbst die Männer der Westeilande mehr auf

zeichen, sei es als Talisman entführt. Verschwunden ist auch der berühmte, früher in einer Mische aufbewahrte, „schwarze

die Erfüllung des leßten Theils der alten Prophezeiung, in welcher nach der Volkssage Columba das Schicksal sei:

Stein von Jona, " auf welchem die alten hebridischen

ner Insel vorhergesehen haben soll :

Häuptlinge ihre Vasalleneide den schottischen Königen schwuren. Drei Gräber ziehen in der Kirche den Blick an:

I mo cridhe, I mo ghraidh

das des Abtes Mackinnon (geſt. 1500) mit seinem Relief

An aite guth mànaich bithidh geum ba Ach muntig an saoghal gu crìch Bithidh I mar a bha.

abbild und einer Inschrift, deren vertiefte Charaktere nach der Betheuerung meines Führers ursprünglich mit Silber eingelegt waren ; das des Abtes Kenneth Mackenzie, und das übergroße eines Macleod von Macleod mit seiner ein gehauenen seltsam verzerrten Gestalt. Seitwärts des rauhen Pfades, der Martyrs' Street, welche von dem Nonnenkloster nach der Kathedralruine führt, erhebt sich aus dem kurzen Grase Macleans Kreuz; dieses zierlichste Denkmal der ganzen Insel, schlank und elegant geformt, ist aus einer einzigen großen dünnen Glimmerschieferplatte gefertigt

und mit

geschmackvollen

D. i. Insel meines Herzens, Insel meiner Liebe, Anstatt eines Mönches Stimme wird das Gebrüll der

Kuh sein. Aber bevor die Welt kommt zu einem Ende Soll Jona blühen wie zuvor.

Das Todtenbuch der alten Aegypter.

Das Todtenbuch der alten Aegypter. Unter den schriftlichen Denkmälern des alten Aegyptens ist eines der größten und bedeutendsten das sogenannte Todtenbuch, welches in größern oder kleinern Ausgaben den Mumien mitgegeben wurde, und wovon einzelne Capitel die Särge und Mumienbandagen zieren.

Die älteste Aus

gabe eines Exemplars desselben gab Cadet in einer Rolle , Paris 1805 Fol .; es finden sich auch welche in der De scription Plan. IV. XV. de l'Égypte Ant. Vol. II. planch, 60-75. V. plan. 40. 44. 46 .; andere von Senkowski, Krakau 1826, vom Grafen v . Belmore (Tablets, London 1 1843), in Young's Hieroglyphics, Pl. I. und andern. ' Aber diese sind alle ſehr unvollständig, das vollſtändigſte 2 gab R. Lepsius heraus, und ein anderes später E. Rougé.

537

Indeß ist auch diese sehr dankbar sehung zu geben. hinzunehmen, obwohl wir nicht bergen wollen daß, bei der Schwierigkeit der Arbeit und nach frühern Uebersetzungen von Hrn. Birch, es an mancherlei nöthigen Berichtigungen Die Wichtigkeit dieſes alten später nicht fehlen wird. Denkmals, glauben wir, rechtfertigt es wenn wir auch dem größern Publicum eine nähere Nachricht über Geschichte Wir benußen dazu, neben unsern andern Aufzeichnungen, vornehmlich die Einleitung von Hrn. Birch. Außer dieser kennen wir nur noch ein und Inhalt desselben geben.

paar kürzere Werke ähnlichen Inhalts, das Buch über die Metempsychose (Saï-an-Linsin), welches Brugsch (Berlin 1841. 4°. ) herausgegeben hat und welches aus der 26. Dy naſtie stammt, sowie den Papyrus Salt's im Britischen Museum Nr. 825., der noch nicht herausgegeben ist.

Beide gaben in der Einleitung eine erste Uebersicht des Der Titel Todtenbuch stammt von Lepsius her ; Birch Inhalts, jener nach den Vignetten, dieser nach den Ueber nennt es das Leichenritual, obwohl es eigentlich ein solches schriften der einzelnen Capitel ; so auch Champollion in nicht ist, sondern eine Gruppe hermetischer Bücher oder Mai's Papiri Egiziani. Roma 1825. 4°.

Kurze Ueberseßun verschiedener Werke aus sehr verschiedenen Zeiten, die nur

gen einzelner Stellen gab Champollion in seinen Briefen lose aneinander gereiht sind, und deren die verschiedenen aus Aegypten 1833, seiner ägyptischen Grammatik 1836, Exemplare mehrere oder wenigere enthalten. Jedes hat eine seinem ägyptischen Wörterbuch 1841 , auch schon in der Reise Cailliauds nach Mervë 1827. T. IV. , und in dem

Ueberschrift in rother Tinte.

Katalog des Muſeums von Karl X. Paris 1827.

welches Lepsius herausgab und Birch seiner Uebersetzung zu Grunde legte, galt lange für sehr alt, aber neuere Kri

Fragmente

konnten

indessen keinen

Begriff von

Diese

Das Turiner Exemplar,

dem tiker sehen seine Abfassung nicht vor die Zeit der Ptole

Werke gewähren ; diesen gab zuerst die Uebersicht mit neuer mäer, oder noch später, obwohl mit wenigen Ausnahmen Uebersetzung mehrerer Capitel von Dr. Hinds (Catalo gue of the Egyptian Manuscripts in Trinity College ;

es Copien von Terten

aus

der

18. oder 19. Dynastie

enthält. Lepsius hat in seinem Werke: Dublin 1843) und Brugsch in den ägyptischen Denk mälern des k. neuen Muſeums. Berlin. 1850. 12º, sowie in

Texte des Todten

buches" aus dem alten Reiche, in der Aegyptischen Zeitschrift 1864. 83 ff., von andern Bruchstücken Zündel ebenda S.

seinen Monuments Egyptiens.

Berlin 1858. Fol.

Ein

zelne Capitel sind dann von Fr. Lenormant, de Rougé, Chabas, Heath, le Page Renouf und Birch übersetzt wor den, aber eine schon 1859 vollendete vollständige Ueber:

46 ff. und Goodwin 1866 S. 53 ff. (die Birch noch nicht erwähnt) Nachricht gegeben. Erst nach der Zeit des Turis ner Todtenbuches unter der 26. Dynastie findet man dieselbe Folge der Abschnitte eingehalten. Es finden sich

sehung mit Benutzung der frühern Arbeiten erschien erst aber auch noch in andern Papyrus mehrere Capitel die jüngst von letterm in seinen Zusäßen zum 5. Bande von in dem Turiner Exemplar fehlen ; solcher hat Birch S. 324 Cothrells engliſcher Uebersehung von Bunsens Werk über Aegypten. 3 Es ist freilich zu bedauern daß die Art der

noch zwei mitgetheilt, und Lepſius und andere erwähnen noch mehrere.

Publication dem Uebersetzer nicht erlaubt hat eine ins einzelne eingehende philologische Erklärung des Textes, was immer zu wünschen wäre, sondern eine bloße Ueber

Welcher Gedanke bei der Anordnung

dieser Bücher

obwaltete, darüber sind die Meinungen verschieden ; Cham pollion meinte : das Ganze enthalte eine mythische Beschrei

1 S. auch Lepfius' Denkmäler, Abth. VI, Bl. 123, 124, und Leeman's Monuments du Musée de Leyde. Plan . IV. XV. 2 R. Lepsius. Das Todtenbuch der Aegypter nach dem hieroglyphischen Papyrus in Turin mit einem Vorwort zum erstenmal herausgegeben. Leipzig, 1842. 4. E. Rougé. Ri tuel funéraire des anciens Égyptiens. Texte complet en écriture hiératique, publié d'après les papyrus du Musée du Louvre et précédé d'une introduction à l'étude du Rituel. Paris 1861. 2. Derselbe, Étude sur le Rituel funéraire des Égyptiens, in Rev. Arch . Nouv. , Sér. A. 186 , übersetzt die Inhaltsanzeige sämmtlicher Capitel, dann C. 17. 3 Egypt's place in universal history. An historical in vestigation by C. C. J. Baron Bunsen. Translated from the German by Charles H. Cothrell, with additions by Samuel Birch. London 1867. 8. S. 125-333. Ausland. 1869. Nr. 23.

bung des Fortgangs der Seele im Jenseits, und dafür spricht manches ; andere meinten : nach dem Alter der ver schiedenen Stücke seien diese geordnet. Die älteste Erwäh nung solcher Rituale findet man in der 11. Dynastie auf der innern Seite der Särge der Mumien .

Einige

von diesen enthalten Stücke des 17. und anderer Capitel, aber auch einige

die im

Turiner Exemplar sich nicht

mehr finden, und merkwürdiger Weise finden sich da schon zwei verschiedene Versionen derselben theologischen Lehren ; auf einem Sarge der Königin Mentuhetp derselben 11. Dynastie finden sich die Capitel 17, 18 und 64; das letzte Capitel wird da schon dem König Menkheres, dem Erbauer der 69

Das Todtenbuch der alten Aegypter.

538

dritten Pyramide, zugeschrieben.

In der 18. Dynaſtie findet

tische Schrift immer mehr, und man machte nur Auszüge

man das 54. Capitel auf Särgen im Britiſchen Muſeum und

aus andern Büchern statt aus dem Rituale.

zu Belfast, zwei andere Capitel, 26 und 28, auch auf dem

Unter Augustus wurde die demotische Schrift für hei= lige Zwecke eingeführt, erst neben der hieratischen, später

erstern Sarge.

Das 72. Capitel kommt mit mehreren an

dern unter der 26. Dynastie vor ; leider sind Angaben von Königsnamen sehr selten ; viele Papyrus aus der 18ten Dynastie enthalten den größten Theil des Rituals, nur nicht die letzten mystischen Capitel des Turiner Pa pyrus, worin einige sogar den gnostischen Namen von

für das ganze Ritual, untermischt mit griechischer Ueber setzung der Namen oder ganzer Texte, f. Leeman's Papyrus Égyptien démotique, fol.,

Leyde 1839.

Jm 2. und

3. Jahrhundert gingen die demotischen Schriften selbst zu Grunde ; die wenigen übrig gebliebenen Werke wurden

Christus finden wollten ; aber nicht bloß Papyrus und

als magische verbrannt ; was von alten Dogmen bekannt

Leinwand, sondern auch die ganzen Paraphernalien des

war, erhielt sich nur bei den Gnostikern, Valentinian oder

Grabes sind später mit solchen Auszügen aus diesen her metischen Büchern bedeckt. Die Denkmäler der 4ten und

Bafilidian, oder in koptischen Werken, wie Pistis sophia , die D. Schwarze, Berlin 1851 , herausgegeben hat.

11. Dynastie haben dergleichen Auszüge noch nicht, wohl

Was die Sprache dieser Papyrus betrifft, so herrscht

aber sind die Mauern der Gräber u . a. der 12. und

darin nicht der poetische Styl der Hymnen, auch nicht der

der 18. Dynastie mit Stücken dieses oder eines andern alten Rituals bedeckt ; eine Granitſtatue der Amme der

der andern hieratischen Papyrus, sondern mehr ein Lapi= darstyl, monoton, regelmäßig, mit wenigen grammatischen

Königin Regentin und Schwester des Königs Tutmes III . enthält ein Capitel, und spätere, z. B. ein Grab aus der

sen sind unzählige, und diese dienen als Schlüſſel für die

Formen.

Der Varianten für dieselben Wörter und Phra

Zeit von Bokkhoris, noch verschiedene, die man in Leps

Erklärung des Textes, die, leider von unwissenden Schreis

ſius' Denkmälern (Abth. III . pl . 260-70 und 226 und

bern geschrieben, oft voller Fehler sind ; ſie verfaßten ſie fabrikmäßig, fügten oft später die Namen und die Titel

277) findet.

Später unter der 26. Dynastie trifft man

besonders das 72. Capitel auf den äußeren Decken und

des Betreffenden erst bei ; diese nehmen oft ein Drittel

Särgen der Mumien,

des Textes ein, und ein Viertel des übrigen ist eine Wieder

auch auf Scarabäen, zuerst unter

D. 13, und Amulets ; ſeit der 18. Dynaſtie enthalten die

holung gewisser Theile.

Grabfiguren das 6. Capitel oder eine Variation desselben ;

Das Ritual galt den Aegyptern für inspirirt. Thoth selber offenbart den Willen der Götter ; einige Theile, wie

unter der 26sten

Dynastie die Amulets, die Binden, In der Zeit der Ptolemäer

Capitel 64, soll nach der Ueberschrift ein großer Gott ſel

findet man Texte die im Turiner Ritual sich nicht finden.

ber geschrieben haben ; an vielen Stellen macht Thoth die

die Nilmeſſer u . a. ebenso .

Die ältesten Papyrus, oder Theile des Rituals die man

Anrufungen statt des Todten ; auf einem Sarge der

in Europa bis jetzt hat, gehen wohl nicht über die 18.

26. Dynastie sagt Horus : Thoth selber habe ihm die Bücher

Dynastie hinauf; ihre Schrift ist cursiv in Umrissen, der

des

Text oft den Vignetten zulieb abgekürzt ; einige haben

Tafel eines Priesters von Amon-Ra, im Besize des Hrn.

Capitel die unter der 26. Dynastie nicht mehr vorkom men. Unter der 19. Dynastie wird die Schrift sorg

um den Apophis zu enthaupten,

loser, der Text unvollständiger, die Vignetten sind schöner ;

zu werfen, seinen Körper in die Flammen, seine Glieder

aus der 26. Dynastie haben wir wenige ;

die Hiero

in das Auge des Horus," mystische Ausdrücke (s. unten) , die

glyphen und Vignetten find sorgfältig ausgeführt. Später zeigt sich ein rascher Verfall, Fehler in den Charakteren,

lich als fortlebend gedacht, die Seele muß durch eine Art

finnlose Wiederholungen, abgerissene Sentenzen. So ging es fort unter der Herrschaft der Perser und Ptolemäer .

Fegfeuer gehen, bis sie in die Barke des Sonnengottes und in den lichten Aether eintritt. Die Seele besucht

Auch das Turiner Eremplar zeigt dieselbe Nachlässigkeit ; unter der römischen Herrschaft findet man statt dessen nur

dann wohl den zurückgelassenen Leib, obwohl einer eigent lichen Auferstehung des Leibes nicht bestimmt in den her

Auszüge aus heiligen Büchern und andere Formeln ; die

metischen Schriften erwähnt wird.

Hieroglyphen dieser Zeit sind kaum zu unterscheiden.

von demotischer Schrift

des Leibes war wesentlich, und es wurde darauf alle Sorg falt verwandt. Verschiedene Götter stehen der Seele auf

In hieratischer Schrift findet man keine so früh als

ihrem Pfade bei, aber auch feindliche Geister treten ihr in

göttlichen Wortes gebracht.

Auf einer hölzernen

Perring, sagt der Todte : „Ich habe die 64 Bücher gemacht seine Seele ins Feuer

nur auf dieses Ritual gehen können.

Der Todte wird näm

Aber die Erhaltung

D. 18., kurze Auszüge, besonders Capitel die das Herz betreffen, aus der 21. Dynastie ; viele fast vollständige Rituale unter der 26. Dynastie ; unter den Ptolemäern

den Weg, bis sie gerechtfertigt durchdringt.

das ganze Ritual oder Theile desselben auf den äußern leinenen Bandagen der Mumien in einer kleinen hübschen

1—15 ; 2) 15—125 ; 3) von da bis zu Ende ; er nannte das Ganze das Buch der Offenbarung oder Erscheinung im

hieratischen Schrift, mit schönen Vignetten und in schwar

Lichte.

zen Umrissen; zu Ende der Ptolemäer verfiel die hiera

den zweiten bis 125 ; indessen sind die Gründe, wegen der

Was die Abtheilung des Todtenbuchs betrifft, so nahm Champollion zuerst

drei große Abschnitte an : 1 ) Cap.

Lepsius rechnete den ersten Theil bis C. 17, und

Das Todtenbuch der alten Aegypter.

539

Art wie gewisse Rituale da enden, etwas schwach ; die Ab

heißt es von ihm, ist nicht ein Gott, er stirbt nicht wenn

schreiber haben oft in der Eile, um Kosten zu sparen

Eines der merkwürdigsten Capitel des zweiten Ab:

er auch gefressen wird, sondern kommt lebendig wieder aus den Bäuchen dieser Ungeheuer heraus. Die sechste Abtheilung, C. 43-63, zerfällt in mehrere

schnittes ist das 17., welches eine esoterische Erklärung des

kleinere, näher unter einander verbundene Unterabtheilungen.

ägyptischen Glaubens enthält, und gewisse heilige Dogmen discutirt. Diese Erläuterung der Meinungen der Aegyp

C. 50 zeigt wie man vermeidet zum Block in der Unter: welt zu müssen, wo der Dämon die Bösen enthauptet, und C. 43 wie man der Enthauptung entgeht ; C. 44 ent hält die Mittel einem zweiten Tode der Seele zu ent

u. dgl., sich nicht streng an die Ordnung gehalten.

ter über verschiedene Götter, ihre Vorbilder und Typen, werden in C. 18-20 fortgesetzt, welche die große Krone der Rechtfertigung enthalten, oder die 14 Verhöre vor eben: so vielen Göttergruppen, welche die Hälfte der 14 Mond häuser darstellen, und vor dieſen Göttern rechtfertigt Thoth den Verstorbenen.

Diese 3 Capitel hatte Lenormant 1 schon

übersetzt. Die Krone der Rechtfertigung (3. Abtheilung) wird dreimal wiederholt. Man sieht daraus daß zur Zeit der Abfassung des Rituals drei verschiedene Versionen darüber sich vorfanden, und drei Rubriken wurden, jedem Capitel

kommen, ebenso gibt C. 51 andere Mittel an gegen die Vernichtung, C. 47 gegen Verunreinigung, C. 46 gegen das Verderbniß ; C. 47 beginnt das Viaticum des Todten, der Empfang von Stuhl und Sig ; C. 48 und 49 enthalten seinen Ausgang oder seine Manifeſtation ; C. 52 und 53 befähigen ihn zu eſſen und zu trinken nur was rein ist; die folgenden Capitel geben an wie er sich mit frischer Luft zu versehen hat, wie er das Himmelswaſſer der Göttin Nu, das Princip des Elements selber , erhält, um der

ten über den Einfluß auf die Wohlfahrt des Verstorbenen.

Feuerprobe zu entrinnen. Seine Speise ist nach C. 53 das Brod des Ra (der Sonne) und Sebs (des Kronos),

Diese Capitel bilden zwei verschiedene Bücher, und sind

sein Odem der Nordwind, der aus den Nüſtern Tums

sichtlich vom größten Alterthume, da sie schon auf der In

hervorgeht , und mit dem Welt- Ei selbst zusammenhängt. (C. 54.) Dieser Theil, einer der ältesten des Rituals, da

eine, angehängt, die zeigen daß verschiedene Ideen herrsch

schrift eines Sarges der Königin Mentuhetp und eines andern Individuums aus der 11. Dynaſtie vorkommen. Der folgende Abſchnitt, C. 22—26, bezieht sich auf die Erhaltung der Theile des Leibes des Verstorbenen, seines Herzens, seiner Zunge, seines Hirnes , oder nach andern. auf gewisse Zauber, in einigen Papyrus auch des Hauptes ; das Herz ist darunter das wichtigste. Das Ganze erinnert

er schon auf Denkmälern der 18. Dynastie gefunden wird, ist in zwei Versionen vorhanden ; C. 57 enthält noch eine dritte, die entweder den Nil (Hapi) oder den Osiris vor stellt, der in einem Hause wohnt welches für ihn der Gott Kheumis und die ſiebenstrahlige Göttin Sefkh-abu gebaut haben, in welchem der Gott oder der Verstorbene, je nachdem Er entgeht der Wind weht, sein Quartier wechselt.

an die Zerstückelung des Osiris und die Wiederauffindung und Zuſammenfügung seiner einzelnen Glieder durch die Isis ; der Todte wird angerufen, und angegeben warum die erwähnten Theile ihm restaurirt werden.

Sie werden

als Recipienten mehr seiner intellectuellen als sinnlichen Eindrücke aufgefaßt, als die geistigen Urheber der Sünde und der intellectuellen Existenz. Die folgende Abtheilung, C. 27-42, betrifft die ver schiedenen Theile des Körpers die auf Gefühl und Sinne sich beziehen, daß diese nicht durch die typhonischen Thiere des Hades verschlungen werden.

Welche Theile die Rep

tilien angreifen, wird im einzelnen, nach C. 33, nicht ge sagt; es handelt sich darum den mystischen Vernichter des Leibes vom Todten fern zu halten.

nad C. 58 der Ueberschwemmung in seinem Boote (Ma then) aus geflochtenem Korn mit Rudern aus Stroh. Ver schiedene Dogmen scheinen geherrscht zu haben über die

Eine dieser Vipern

himmlischen Gewäſſer : eines ließ sie ausgehen vom Nu oder Himmelselement, oder vielmehr von der Sykomore, dem Emblem der Göttin ; es wurde aber auch geglaubt daß der Nil oder Hapi oder der Gott Tum sie dem Ver storbenen lieferten. Sie verleihen ihm die Stärke, und schüßen ihn gegen die Flammen des ägyptischen Phlege thon. Zwei Capitel schließen sich mehr den folgenden Ab theilungen an. Die 7. Abtheilung beginnt mit C. 64.

Dieses findet

sich selten in den Ritualen, und wenn, so fehlt öfter die Rubrik. Es ist indeß eines der ältesten von allen, und

heißt der Verschlinger des Esels, der selbst ein typhonisches Thier war; ein anderes scheint in Verbindung zu stehen

wird der Zeit des Königs Menkheres, wie schon erwähnt,

mit dem Rückgrate. C. 42 enthält einen Abriß deſſen was man thun muß um all diesen Uebeln zu ent

schrift im Innern des Sarkophags der Königin Mentuhetp

gehen; er, der Todte, nimmt zu dem Ende die Gestalten

aus der 11. Dynastie, und eine Abweichung der Rubrik das Ritual von Parma ; es findet sich aber auch noch auf

der Hauptgötter des Himmels und der Erde an ; kein Glied,

zugeschrieben.

Theile davon enthält die hieratische In

einem Stein aus dem Grabe des Petemenophis aus der 1 Le Rituel funéraire des anciens Égyptiens. Fragments traduits pour la première fois sur les papyrus hiérogly phiques. In der Revue Orientale et Americaine, par L. de Rosny. Paris 1861. T. V. pag. 241-60 mit ägyptiſchem Texte. Diese Abhandlung scheint Birch entgangen zu sein.

26. Dynastie.

Es galt für ein Product Thoths selber,

nur Asceten durften es leſen. Es scheint eine Einleitung zu C. 30 gebildet zu haben, welches auch auf Denkmälern der 11. Dynastie schon erscheint ; aber die Sprache ist nicht

Das Todtenbuch der alten Aegypter .

540

die der vierten Dynastie (Menkheres), sondern die einer

durch denselben Gott, C. 97 von der Speise des Verstor

späteren Umarbeitung. C. 65 ist ein Duplicat des zweiten ;

benen, C. X' 98-102 von seiner Schifffahrt im Sonnen : boote, C. 99 muß er die Namen aller Theile desselben

C. 65-68 beziehen sich auf die Oeffnung der Himmels: thore, daß die Seele des Verstorbenen darin eintreten kann : das lezte mit zwei anderen Verſionen davon ; C. 69 und 70 führen die Ueberschrift von C. 1 ; zwei andere Ver

nennen (C. 98 heißt es die Barke Charons), aber im fol genden Capitel erhalten die mystischen Namen eine pan: theistische Bedeutung. C. 103 spricht davon die Göttin

sionen find angehängt ; eine Ueberschrift des letzten der

Athor zu befreien, C. 104 bei den großen Göttern zu

drei Capitel weist darauf hin daß ſie ſich auf den erſten

sigen, C. 105 und 106 beziehen sich auf die Speisung,

Theil des Rituals, den Ausgang von der Erde, beziehen.

C. 107 bis 109 wiederholen sich in C. 149 ; C. 110

Auf diesen gehen auch C. 71 und 75. C. 71 dient die Seele im Umkreise des Hügels (Taser) zu erhalten ; zu

handelt vom Zutritt zum Elysium.

Im ersten Theil säet

und erntet der Todte das myſtiſcheKorn, das er dann dem Nil

dem Ende hat sie sich vor den sieben Todsünden zu hüten,

darbringt ; der zweite handelt vom Transport der Nahrung

welche dieVernichtung des Herzens zur Folge haben. C. 72,

des Westens, dem Befahren der himmlischen Gewässer ; auch

das

Denkmälern der 26. Dynastie vorkommt, diente zur Abso

deren Inseln werden erwähnt, und auf einer ist der Ort der neuen Geburt Meskhen, dann aber find Gruben und

lution des Verstorbenen , um die Seele zu befähigen von

Pfuhle ,

der Erde in das Elysium einzutreten und da die myſtiſche

C. 112-116 spricht von der Kenntniß der Geister der andern Welt.

häufig

auf Särgen ,

Sarkophagen

und

andern

Götterspeise zu empfangen, die ihr die göttliche Natur ver lieh.

C. 73 ist eine Wiederholung vom C. 9, und weist

die

dem

Ungerechtfertigten

verderblich sind.

Das zehnte Buch schließt mit einer Reihe von Capiteln

den Verstorbenen an wie er durch das Thor der unter

über den Ein- und Ausgang zumHades und über den Zutritt

gehenden Sonne und die dunklen Pfade zum Anschauen seines Vaters Osiris gelangt.

zu den Miniſtern des Oriſis (Cap . 117–124) .

Hier fin

Die achte Abtheilung begreift die Transformation oder

det sich zum Theil eine andere Version von C. 12 und 13. Die leßten Capitel handeln von dem Verhalten des Todten

Genesis der Seele , aber nicht die irdische , sondern die in

im Hades (Aahlu) ; dazwischen sprechen aber einige auch

ihrem künftigen Zustande, wo sie der kosmischen Seele des

von der Verfertigung von Amuletten und Zaubermitteln. Der folgende, Buch 11 , C. 125, seinen Eintritt in die Halle

Universums assimilirt oder davon absorbirt wird. Diese wünscht die Seele und ihr Herz wieder zu erlangen, das sonst verloren geht, und so den Verlust des belebenden Prin cips mit sich führt, wie man aus der Novelle von den zwei Brüdern sieht.

Die Seele kann für sich allein exi

stiren, auch ohne das Herz, aber ihre Vereinigung mit dem Leibe hängt davon ab daß dieſes an seinem rechten Plaz ist.

Der Verstorbene verwandelt sich nun nach C. 77 in

den Goldhabicht, den Urheber der Zeit, C. 78 in den gött lichen Habicht, C. 79 in die vornehmsten Götter, C. 80 in den Lichtkreis, C. 81 in die Lilie der Nüſtern der Sonne, C. 82 in den Gott Ptah, den Demiurgos oder Schöpfer der materiellen Welt, C. 83 in den Phönig oder Bennu, C. 84 in den Reiher oder Shen-shen, C. 85 in die Seele, C. 86 in die Schwalbe, C. 87 in die Weltseele und C. 88 in das Krokodil. Gans hinzu .

Einige Rituale fügen auch noch die

In allen diesen Capiteln erklärt der Ver

der doppelten Wahrheit betreffende Theil ist der bekannteste, und wird am häufigsten auf Särgen und anderen Denk mälern der 19. Dynastie wiederholt.

Der Todte wendet

sich an Osiris und die 42 Todesgötter, deren jeder eine besondere Sünde rächt.

Zu Anfang werden die allgemei nen Grundsätze des ägyptischen Dekalogus auseinanderge sezt. Dann kommen die 42 Todesgötter aus ferner Gegend, worin sie weilen, wie Raubthiere die vom Blute der Schlechten sich nähren, herbei ; der Todte aber rechtfertigt sich vor jedem daß er keine der 42 Sünden, deren jeder eine bestraft, begangen habe.

Es sind dieß theils Ueber:

tretungen allgemeiner Moral- und Religionsgesetze, theils Vernachlässigungen besonderer Formen oder Opfer. Der Todte betet auf daß er dem Dämon Aa (das Thier) entgehe ; aber in der Scene des großen Gerichtes hat der Dämon Amt, „der Verschlinger der Todten," den Kopf eines Krokodils ,

storbene das Abbild dieser Götter zu sein, welche die Vi

den Vordertheil einer Löwin und das Hintertheil eines

gnetten abbilden ; es sind dieß alles mystische Begriffe ; in

Flußpferdes.

C. 79 ist die Seele Schöpfer ihrer selbst, in C. 81 der Keim des Lichtes, in C. 89 besucht die Seele ihren Leib, und der Todte bittet sie daß die Seele den Leib erhal ten möge.

Die Belohnungen oder Bestrafungen bestehen in verschiedenen Metempsychosen (meskhen) . Merkwürdig ist die mystische Anrede an die verschiedenen Theile des Thores und der Halle der Wahrheit. Der Todte kann diese nicht

Nicht so logisch geordnet ist die neunte Abtheilung.

paſſiren wenn er ihnen nicht ihren mystischen Namen nennt. Spuren von diesem Aberwig finden sich noch bei den Gno

Im C. 90 erhält der Todte seine Zunge von Thoth ; C. 91

ſtikern und der Kabbala u . s. w . Auch die Stadt Rom hatte be

und 92 kommen wieder auf die Befreiung der Seele aus ihrem

kanntlich ihren mystischen Namen, und auch bei den Frei maurern kommt dergleichen vor. Der Verehrer muß dieses

Gefängniß zurück, im C. 93 schifft sie nach Osten , im C. 94 begehrt sie von Thoth Schreibtafel und Schreibzeug ; C. 95 und 96 handeln wieder von der Oeffnung des Mundes

Capitel hersagen, in reines Leinen gekleidet, mit weißen Sandalen, mit dem duftenden Dele gesalbt, und bringt

Das Todtenbuch der alten Aegypter.

Fleisch, Geflügel und Weihrauch dar.

Er nähert sich der

541

in der achten Stunde der Nacht des 30. Epiphi.

Es ber

mystischen Halle wie ein Pilgrim , erlangt dann die Recht

zieht sich also auf den Mond im Herbste, der durch seinen

fertigung vor dem Hofe des Orisis, und speist mit an der Tafel des großen Gottes. Vom Thore des Westens oder der

Lauf erschöpft ist ; es war dieß ein großes Fest, bei wel chem man zwei Augen darbrachte, eines aus Lazurſtein (lapis

Region der Seligen wird er nun nimmermehr getrennt,

lazuli) und eines aus rothem Jaspis ; die Gaben wurden ihm dargebracht, während der Anbeter sich der Sonne zu kehrte; das Fest war beweglich

und lebt mit den 12 Königen, die den Regionen des Westens vorstehen, im Dienste des Osiris . 12. C. 126 heißt : „ Das Buch der Anbetung der Götter des Sonnenkreises. " Die Person muß es hersagen wenn sie dem Gott innerhalb des Thores (Osiris) sich nähert ; vier Affen figen am Vordertheile des Sonnenschiffes , welches den Verstorbenen hinführt um den Gott zu bewillkomm nen. Er wird mit heiliger Speiſe erhalten, und kann die geheimen Thorwege so passiren. C. 127 enthält eine

17 und 18. C. 141 und 142 unterweisen den Todten in der Kenntniß der Namen der Götter des nördlichen und südlichen Himmels, der des Horizonts und des himm lischen Thores ; sie wurden am Feste des 9. unter Opfern öffentlich recitirt, es find Litaneien für den Todtendienst. Es hieß das Fest der Namen der Götter ; es sind 60 Namen,

Ansprache an die Götter des Sonnenkreises, und C. 128

die doppelte Zahl der Tage des Monats. C. 142 bezweckt daß der Todte hervorgehe, wie die Sonne bei ihrer Um

ein Gebet an Osiris, das nach der Rubrik hergesagt werden.

wandlung.

muß bei dem Opfer das demselben dargebracht wird am

aufgeführt.

Thürpfostenfest (Ulka).

Es werden hier 156 Namen des Gottes Osiris Auch auf Denkmälern der 12. Dynastie und

andern werden die verschiedenen Namen der Götter erwähnt ;

13. C. 129 hat den Titel eines besonderen Buchs, ist aber eine bloße Wiederholung von E. 100 . 14. C. 130-138 bilden ein neues Buch ;

das erste

Isis hatte so 1000 Namen ; sie bezogen sich theils auf ihre Geschichte, theils auf die verschiedenen Gegenden in welchen ſie in Aegypten unter verschiedenen Namen verehrt wurde.

soll Leben geben der Seele, damit sie im Sonnenboote stehen und die zahlreiche Menge der Thorwege passiren.

Die nächsten Capitel sind eine myſtiſche Beschreibung des

kann ; die Gebete und Ceremonien müſſen am Geburtstage

Hauses des Osiris im Elysium (Aah. naru). Jeder Pylon oder jede Treppe hat am Eingang ihren Namen geschrie

des Osiris, der schon unter der 12. Dynastie als Fest vor kommt, über das Modell eines Sonnenbootes , in welchem der Todte steht, und bei den Opfern die diesem gebracht wer den, gelesen werden, damit die Seele keinen zweiten Tod im Hades erleide.

Wie C. 64 existirte dieß schon unter

ben; jede hat einen Dämon mit einem geheimen myſti ſchen Namen und einem Thürhüter. Ihre Namen muß der Todte alle wissen, wenn er unbeschadet sie paſſiren will. Er betritt jeden Plaz in der geeigneten Kleidung,

der Regierung des Königs Menkheres, kommt auch schon

einen Stock von besonderem Holz in der Hand, redet ſie

im Innern des Sarges der Königin Mentuhetp der 11.

wie Bekannte mit ihrem Namen an, und erhält dann Er

Dynastie vor ; es soll in einer steinernen Büchse gefunden

laubniß zum Durchgang . Die Beschreibung dieser Region ist schrecklich, selbst für die Götter ; furchtbare Dämonen

worden sein, die Horus für seinen Vater Osiris gemacht hat. In E. 131 und 132 geht der Todte durch den Himmel

bewohnen sie, es sind feurige Regionen.

und Hades zur Sonne.

licher beschreibt der Sarkophag des Königs Neththerhebi.

15. C. 133 heißt ein neues Buch und schließt sich an 148 an, obwohl der Tert verschieden ist. Der Todte wird . gestärkt, um das Sonnenboot zu betreten, worin die Seligen

Eine Reihe ähn

Dieser Hallen (Karr) ſind zehn, und das Heulen und Auf schreien der Verdammten tönt in die Ohren der Passiren : den. Sie heulen wie Löwen, brüllen wie Stiere, schreien wie Kazen, klingen wie Erz, summen wie Bienen.

weilen. C. 134-136 beziehen sich auch darauf und ent halten Gebete an die Sonne, daß er das Sonnenboot

20. Zwischen C. 147 und 149 ist 148 das Buch den

betreten könne und nicht im Hades nochmals sterbe, und

Todten zu belehren wie er sich der Sonne gefällig und

was zu dem Ende zu thun sei.

bei ihr geltend mache.

Zwei Capitel mußten am

Es wurde an gewissen Festen, dem

ersten Tage des Monats oder am Neumond, bis zum 6 . des Monats, recitirt werden. C. 137, mit der Ueberschrift

ersten des Monats, dem 6. und 15., am Uka-Feſte Thoth's,

des Capitels : „einen Funken zu machen, “ bezieht sich auf

Khem's und in der Nacht des Hakr recitirt, damit der

am Geburtstage des Osiris, an dem der Erscheinung

die mystischen Scheiben welche man unter das Haupt des

Verstorbene durch die mystischen Regionen des Hades paſſire.

Todten legte, über welche das C. 162 ausführlicher ist.

Keines ist diesem vergleichlich, keiner hat es noch ausge

C. 138 bezieht sich auf den Gang nach Abydos und ent Das lezte hält eine Anrufung der Götter der Gegend.

sprochen, kein Auge es noch gesehen, kein Ohr es gehört,

C. 139 die Anbetung des Gottes Tum. 16. C. 140 spricht von „ der Füllung des Auges," was zu thun sei am 30 Epiphi, wenn das Auge voll ist ; das

der Verstorbene muß es daher sorgfältig bewahren, darf nicht davon sprechen, und keiner der nicht dabei interessirt Hier erhält der Verstorbene die nöthige

ist darf es kennen.

Auge oder dessen Personification , der Gott, der es auf

Kenntniß von den 7 Kühen oder Stieren, von den 4 mystischen Augen, den 4 Rudern der Sonne, die nach den

seinem Haupte trägt, kehrt zu seinem vollen Lichte zurück

4 Gegenden des Compasses gerichtet sind.

Dieß geht fort

Profeffor Studers neue Eintheilung des schweizerischen Alpengebirges.

542

durch C. 149 und 150 ; die myſtiſchen Wohnungen be ziehen sich wohl auf den Thierkreis. 21. Die Vignette von C. 151 und ein Theil des Textes findet sich viel auf Särgen dargestellt, und sie beziehen sich auf

enthalten Namen, Wiederholungen oder Variationen wie man dergleichen nur in den Ritualen der Gnostiker oder Valentinianer findet.

So der wunderliche Inhalt der merk:

würdigen alten ägyptischen Urkunde !

den Mythus von Osiris, wie die Göttin (Jsis) den todten Bruder beklagt, verschiedene Götter ihn einbalsamiren oder beleben.

Der vollständigste Mythus befindet sich im Tem

pel zu Philä aus der Zeit der Ptolemäer ; namentlich er: scheint der doppelte Anubis bei der mystischen Einbal samirung des Osiris.

Professor Studers

C. 152 zeigt den Bau eines Hauses

neue Eintheilung des

schwei

zerischen Alpengebirges.

auf Erden, die Vignetten und der Text beziehen sich aber auch auf das Trinken der Gewässer des Sykomorus der Göttin Nu (C. 57 und 59). C. 153 zeigt wie der Todte

Im Jahrbuch des S. A. C. erscheint (und liegt als Sepa= ratabdruck, unter dem Titel ,, Orographie der Schweizeralpen, "

dem Neg entgeht das für ihn im Hades ausgespannt ist ; eine ähnliche Darstellung enthält der Papyrus von

bereits vor uns) ein Aufſag von dem großen Geologen

Nebſeni im Britischen Museum.

landes bringt. Darnach erscheint dasselbe in vier Haupt partien (West , Süd-, Nord- und Ostalpen) mit dreiund:

C. 154

ist mystischer

Natur, den Leib vor dem Verfalle zu ſchüßen, und ent

Studer, welcher eine neue Eintheilung des Schweizer Alpen

hält besondere Vorstellungen über die Metempsychosis. --C. 155 160 geben Anleitung zur Abfassung der In schriften der sechs mystischen Amulette, die auf den Schlund

zwanzig leicht zu bewältigenden Gruppen, welche sich einer

des Todten gelegt werden müſſen : der ſ. g. Nilmeſſer, Tat, aus Gold, die Schelle, Get, aus rothem Jaspis, den Geier,

Verhältnissen und den Hauptlinien des Verkehrs und bis heriger Uebung Rechnung getragen wurde.

Nrau, das Halsband Uskh aus Gold, und den Scepter

Der scheinbar einfache Gedanke läßt uns einmal die

und die Tafel Utu aus Feldspath.

einheitlichen Gestaltung nähern, und äußerlich abgeschlossene Ganze bilden, bei deren Bildung aber auch den geologiſchen

Einige Rituale haben

vielgestaltige Gebirgswelt als ein klares Bild erscheinen,

hier noch das Kissen Urs, aus rothem (Hämatit) Blut,

worin ein paar Linien, die mit den größten Flußrinnen

stein. Es gab wohl dafür auch noch andere Capitel, die hier fehlen.

und Verkehrswegen zusammenfallen, die Alpenführer machen ;

22. C. 161 bezieht sich auf die Aufstellung des Sarges und dessen Richtung, so daß die vier Winde die vier Sei

phiſche Auffaſſung der Orographie überhaupt, sowie für eine

ten desselben bestreichen.

Das letzte Capitel des Rituals

derselbe zeigt aber auch den Weg für eine rationelle geogra=

erleichterte Annäherung der Mitverbindung des geologischen Studiums. Namentlich wird für die Schulen und die

bezieht sich auf das Kopfkissen, das unter das Haupt des

Touristen durch diese Uebersicht die Gewinnung des physi

Verstorbenen gelegt wurde, aber nach der Ueberschrift soll

kalischen Landesbildes bedeutend gefördert werden .

es gesprochen werden über einem Bild aus gutem Gold am Schlunde des Todten und gemalt auf ein Buch aus

römische, welche die Alpen nur von Mittag aus sah, und

Bisher waren drei Eintheilungen im Gebrauche : 1 ) die

Leinen oder Papyrus, und dieses soll man unter sein Haupt legen. Es soll dann die Lebenswärme der Mumien wieder beleben. Die Pupillen der mystischen Augen der

sie in Cottische, Penninische, Lepontische und Rhätische

Sonne werden darauf dargestellt. Auch dieses Buch muß sehr verborgen gehalten werden ; die Ausdrücke, worin die

Geographie nur im Dienste der politiſchen Geſchichte und

Kuh angeredet wird, in langen vielsylbigen Wörtern, ſind

Grenzen hielt,

offenbar nicht ägyptisch.

druck : das Ende. Man findet dieses Capitel nicht in ältern

Alpen u. s. w . unterschied. Da jedoch diese Grenzen meiſt den Gebirgskämmen folgen, so gehören häufig beide Ab

Ritualen oder Denkmälern, und es mag nicht älter als die

hänge verschiedenen Gebieten an, und es erscheint ungeeignet

26. D. sein.

einem ganzen Gebirgszug einen Namen zu geben der nur der

Hier steht am Schlusse der Aus

23. Die letzten 3 Capitel bilden ein Supplement oder ein zweites Buch zu dem vom Ausgange wie die Sonne.

unterſchied, ihrer nördlichen Verbreitung aber wenig Auf merksamkeit schenkte.

2) Die politische, die, solange die

Staatenfunde betrachtet wurde , sich an die politischen und Walliser, Berner,

einen Seite desselben zukommt.

Urner, Bündner

3) Ebels Versuch der na

Sie enthalten 2 Versionen über die mystischen Augen,

türlichen Eintheilung, nach Naturgrenzen, wonach nördlich von den Urgebirgs: oder Hochalpen vier Ketten durch die

und bemerkenswerth ist daß die mystischen Namen sich

ganze Schweiz parallel mit jenen verfolgt wurden.

vornehmlich auf Amon-ra beziehen, einen Gott der bisher im Ritual kaum erscheint. Sie scheinen aus der Sprache

dieses Princip in der gedachten Auffaſſung nur mangel haft sich durchführen ließ, zeigt ein Blick auf unsere

Daß

von Hes zu stammen, welche zu der der Pet oder An des Landes Ken oder Nubiens gehören. Das legte Capitel

bessern Karten .

ist voll von ähnlichen Ausdrücken aus derselben Mytho

zwischen der Geologie der Gebirge und ihrer äußern Ge

logie; fie gehören offenbar einer spätern Zeit an, und

ſtaltung erkannt, auch in der Schweiz durch unsere hoch

Nachdem dann in unserer Zeit die enge Verbindung

Profeffor Studers neue Eintheilung des schweizerischen Alpengebirges.

verdienten Topographen in Winterthur sowohl theoretisch als

543

Parallelismus der Schichten, nur diejenigen Thäler so

in ausgezeichneten Kartenwerken hervorgehoben worden war,

genannt werden welche, wie das Engadin, das Vorder:

folgte von selbst daß man auch in der Geographie dieſer neuen Ansicht Rechnung zu tragen suchte. Die graniti

rheinthal, das Wallis, der Hauptrichtung der Gebirgszone

schen in jeder Fernsicht durch ihre Erhebung und Firnbe deckung auffallenden Centralmaſſen erschienen als von der

nicht, wie die Längenthäler des Jura, durch eine Faltung,

Natur bezeichnete Stellen, von denen jede Orographie unserer Gebirge auszugehen habe. Die Ausführung dieses Grundsatzes des geologischen Ein theilungsprincips stößt aber beſonders bei nur übersichtlichen Darstellungen, welche für den Schulunterricht oder für den

ungefähr parallel liegen.

Die meisten Alpenthäler find

sondern, wie die Querthäler, durch eine Zerspaltung des Bodens entstanden, in Folge nicht nur des Aufsteigens der granitischen Centralmassen, sondern der allgemeinen Hebung des alpinen Bodens und der damit verbundenen Senkungen und Verschiebungen, die derselbe in verschiede: nen Zeiten und nach verschiedenen Richtungen erlitten hat.

Touristen bestimmt sind, auf kaum zu überwindende Schwie

Durch Erosion, d. h. durch die zerstörende Wirkung der

rigkeiten, indem einerseits durch das Bestreben nach wissen schaftlicher Vollständigkeit die Gruppirung so zahlreich und

Gewässer, wurden die Spalten später erweitert ; Widerstand leiſtende Steinarten veranlaßten Engpässe, Clusen, leichter

verschlungen sich gestaltet, daß die Klarheit und Uebersicht

zerstörbare, wurden weggeführt und ließen Thalerweiterun=

verloren gehen. Andrerseits aber zeigt jede geologische Karte

gen und Seitenthäler entstehen. Wo Falten vorkommen, wie im Jura, wurden dieselben durch Seitendruck so an

daß ihr Bild äußerlich der plastischen Gestaltung des al pinen Gebirgslandes nicht zu entsprechen scheint : die Neben

einander gepreßt, daß die dazwischen liegenden Längenthäler

ketten, die Hochflächen und Thäler erscheinen nämlich nur

sich kaum mehr erkennen lassen, oder ganz verschwanden, wie im Pilatus oder in der Stockhornkette, die nur der

in beschränktem Maße, nach ihrer Gestaltung und Rich tung, abhängig von den Centralmaffen ; Gebirge die der Geologe sich als zu einer Masse verbunden denkt, sind von der Natur oft durch weite Thäler zerschnitten, während

Geologe in die ursprünglichen zwei oder drei Falten oder Gewölbketten zu zerlegen vermag. Werfen wir nun einen Blick auf die Hauptreſultate der neuen Eintheilung : 1 ) Eine Linie vom großen St. Bern

äußerlich eng verbundene von ihm getrennt werden.

Auf diese Divergenz der geologischen und orographischen Auffassung weist auch die kürzlich vom Veteranen und ersten Alpenclubisten G. Studer erschienene sehr werth volle Schrift hin, und gibt einen Vorschlag zu einer besser entsprechenden äußeren Alpengliederung. Der glückliche Wurf konnte da übrigens nur vom besten physikalischen Geographen, Geologen und Alpenkenner ers wartet werden, welcher über das Land gleichsam verfügt. Der leitende Grundsaß hiebei liegt in folgendem aus: gesprochen : Die orographische Begrenzung der Gebirgsgruppe muß, wie die Gebirge selbst, den sie trennenden Niederungen, den Seen, Thälern und Gebirgsjochen folgen.

hard zum Rhoneknie und nach Vivis am Genfer See schei det nach links die Westalpen ab, welche sonach genau die West-Walliser Alpen bilden, und aus der geologisch und orographisch abgegrenzten Montblanc- Gruppe als Hoch- und der Chablais-Gruppe (bis zu beiden Endpunkten des Genfer Sees) als Neben oder Voralpen bestehen. Ihre Scheidelinie Cluses- Aigle seht sich als solche auch durch die Nordalpen fort, welche als Hoch- und Voralpen sich den Westalpen genau anreihen. Die Hauptscheide der West alpen von den Süd- und Nordalpen (das Entremont und das untere Rhone-Thal) entspricht aber auch der Römerstraße Westhelvetiens, speciell von Vibiscum, Agaunum, Octo durus, über den großen St. Bernhard.

Während nämlich im Jura der einfache Bau des Ge

2) Eine Linie vom Knie der Rhone diesem Fluß ent

birges es mit sich bringt daß die Längenthäler, die den

lang bis zu seiner Quelle über den Furkas und Oberalp paß (nun herrliche Verkehrs- und Militärſtraßen) ¹ und längs dem Rheine bis Reichenau, Chur, zum Bodensee scheidet

Felslagern parallel laufen, und die Querthäler, die sie senkrecht durchschneiden, größere und einförmige Ketten und Hochflächen trennen, die sich eignen jede für sich behandelt zu werden, und hier den äußern Formen auch die geolo gische Beschaffenheit entspricht : so finden wir in den Alpen selten Thäler welche den Felslagern in größerer Erstreckung

links die Nordalpen ab, und zwar bis Reichenau von den Süd-, von dort an von den Ostalpen. Die Südalpen entsprechen den Penninischen oder Süd Walliser, den Lepontischen oder Tessiner und den süd

parallel sind und als Längenthäler im engern Sinne be

westlichen Bündner-Alpen ; die Ostalpen aber den eigent

trachtet werden können. Die Mehrzahl, besonders die grö

lichen Bündner

ßern, durchschneiden Gesteine ungleicher Art und Festigkeit,

alpen gehören die Matterhorn , die Sesia-, 2 die Gotthards,

fie verengern oder erweitern sich, ändern ihre Richtung, biegen

die Adula und die Seegruppe, lettere liegt nämlich zwischen

sich um die Curven, zertheilen sich in Nebenthäler.

oder Rhätier - Alpen.

Zu

den Süd

Will

man auch hier den Begriff von Längenthal festhalten, so können, in Erweiterung desselben und abgesehen von dem

4 Ueber Eis und Schnee. Die höchsten Gipfel der Schweiz und die Geschichte ihrer Besteigung.

1 Welche die bisher sehr isolirten Gebirgskantone, wovon Bünden eine „ Schweiz in der Schweiz “ bildete, unter sich und mit dem Ganzen verbinden. 1 Benannt nach dem diese Gruppe geologisch begrenzenden Sefiafluß.

Die Moor- und Waldbrände im nördlichen Europa.

544

beiden vorigen als Voralpen auf und erscheint durch den

tung noch mit den Alpen in Verbindung gebracht, und so zieht sich die Linie von Vevey, Châtel St. Denis, Vau

Luganer See und die Tresa in zwei Hälften getheilt, deren

truz, Praroman,

nördliche als Fortsehung der Gotthardgruppe, deren süd

giswil, Escholzmatt, Malters, Root, Zug, Rapperswil, Kreuzegg, Lichtensteig, Herisau, St. Gallen, Rheineck.

dem Langen , Luganer und Comer See ; ſie ſtellt sich zu den

liche geologisch und orographisch der Sefiagruppe entspricht. Die Straßen über den Simplon und über den Luks

Guggisberg, Riggisberg, Diesbach, Eg

Dieß die Grundzüge der Darstellung, welche im weitern.

manier, im Westen und Osten der Gotthardgruppe, halten.

durch die kurze phyſikaliſche Charakterzeichnung der Grup :

in ihrer Fortseßung und in Verbindung mit dem Vigezzo : thal und dem Langensee die lettere natürlich in ein nörd

pen und Einzelglieder an Colorit gewinnt.

liches und südliches Gebirgsland auseinander. Die Adulagruppe repräsentirt so ziemlich den Typus der Matterhorngruppe im Hauptstamm und in den Meri diankämmen, welch' lettere auch die Sesia und Gotthard

Die Moor- und Waldbrände im nördlichen Europa.

gruppe charakterisiren. Die Grenzlinie der Dit

und Südalpen vom Verei

nigungspunkt des Vorder- und Hinterrheins bis zum Co mer See trifft also mit der Splügenstraße zusammen. Die Ostalpen bestehen sonach aus der imposanten, viel gliederigen Bernina-, der Ofenpaß-, der Err-, der Silvretta:, der Pleſſur- und der Rhätikongruppe. Erstere vier bilden ein

Das Jahr 1868 hat ganz Nordosteuropa mit einer außergewöhnlichen, nahezu tropisch zu nennenden Sommer hige und anhaltenter Trockenheit heimgesucht, welche die Entstehung von ausgedehnten Moor- und Waldbränden zur Folge hatten. Der Boden in Rußland, zum größten Theile mit einer Torfschichte von 20-40 Fuß Mächtigkeit belegt, gerieth an tausend Stellen in Brand : die im Innern .

Paralleltrapez, dessen mittlere Proportionale das Engadin Bergell (oder der in eine Linie fallende Lauf des Jun

der . Torfschichten

und der Mera) bildet, wo die Septimer

Dieses aroße Viereck wird wieder durch

über die Oberfläche des Bodens aus, und theilte sich durch die Wurzeln der Bäume den Waldungen mit. Wir stellen

die Berninastraße und das Buschlavthal einerseits , und

im Nachfolgenden eine kurze Schilderung dieses als wahre

straße einliegen.

und Maloja

andrerseits durch die Flüelastraße ins Davos in einen östlichen und westlichen Theil geschieden. Die Plessurgruppe, das Schanfigthal einschließend, ſtellt ſich dar in der Ausbildung als Voralpen, als ein äußerer und innerer Wall, die Rhätiergruppe als eine von der Silvrettagruppe vorgeschobene Halbinsel, welche, zur Pleſſur

entzündete

Feuersbrunst breitete sid

Plage aufgetretenen Phänomens auf Grund der zer: streuten Angaben zusammen die wir über diese Erschei nung gesammelt haben. Die Hauptstadt des russischen Reiches, St. Petersburg, bot im Juli 1868 einen eigenthümlichen Anblick : nament: lich Morgens und Abends lagerte etwas wie ein dichter

gruppe einen weitern Wall umschließend, inzwischen das

Nebel über der Stadt ; der Geruch und das Brennen in

Prätigau lassend, im Scesaplana zum Hochalpencharakter

den Augen belehrten aber jeden sofort daß er von Rauch

aufsteigt.

wolken stammte, und in der That war St. Petersburg von

Albula Davos und die Querthäler und Joche

des Ober- Prätigaues ins Klosterthal bilden eine zweite

mehreren Seiten von einer Art Rauchmeer umgeben.

Proportionale, so daß die Oſtalpen in drei Abtheilungen

unterirdischer Torf- und Moorbrand wüthete ganz in der

als südliche, mittlere und nördliche auftreten. Durch ihre halbkreisförmige Ausdehnung zeichnen sich

Nähe auf einer großen Ausdehnung, und richtete in den ungeheuern Torflagern auf der Strecke nach Moskau so

Rhätikongruppe

aus die Gotthard- , Adula:, Silvretta , Pleſſur- und ---und ebenso den lezten zwei Gruppen

bedeutende Verheerungen an, daß sogar Verspätungen der Eisenbahnzüge eintraten , und man Soldaten absenden

gegenüber aufstrebend die im Südosten der Nordalpen ge

mußte um den Brand durch Abgrabungen zu begrenzen,

Ein

legene Sardonagruppe.

da von Löschen nicht die Rede sein konnte.

―― Die Nordalpen bilden in ihren vier Grenzpunkten ― Martigny, Chur , Vivis , Rheineck ebenfalls ein Pa

züge fuhren dort zwischen Dampf und Flammen hin. Das

ralleltrapez , das durch seine Zweitheilung nach einer mitt leren Parallele (Aigle - Sargans), rechts derselben die Hoch , links die Voralpen, den Westalpen entspricht (Aigle Cluses, siehe Weſtalpen, Montblanc

und Chablais

gruppe). Zu den Nordalpen reihen sich ein :

Die Eisenbahn

Feuermeer hatte eine Ausdehnung von 200 Werft (28 M.) zu beiden Seiten der Bahn, deren Schwellen an einigen Orten sogar vom Feuer ergriffen wurden.

Als endlich der

Brand erlosch, erinnerte die Strecke zwischen St. Peters burg und Moskau an die Zeit der Mongolen- Invaſion. Beinahe auf der ganzen Länge der Bahn sieht man schwarz

die Wildhorn ,

gebrannte Wald- und Torfmoorſtrecken . Noch lange rauchten

Saane Simme , Finsteraarhorn , Emme , Damma-, Aa-, Tödi , Sihl und Sardonagruppe.

von Zeit zu Zeit in einer Entfernung von 150 Werſt von

Die Grenze gegen das nördlich vorliegende Hügel und Flachland annähernd zu ziehen, wird steiler geneigte Echich

welches sich dem Beobachter auf diesem 600 Werst meſſen den Raume darbietet. Auf der Strecke von St. Peters:

St. Petersburg die Torfmoore ; es ist ein klägliches Bild

Die Moor- und Waldbrände im nördlichen Europa.

burg bis Zarskoje Selo und Gatſchina, namentlich zwiſchen den beiden leztern Orten, entqualmten dichte übelriechende Rauchwolken den mit Gesträuch bewachsenen Feldern, und drangen

in die Wagen

zur

großen Belästigung der

ohnehin unter der Hiße leidenden Reisenden.

Nach und

nach nahmen die Brände um St. Petersburg so furcht bare Dimensionen an, daß in der Stadt panischer Schrecken herrschte.

Die Landhäuser des Forstinstituts waren ernst

lich bedroht.

Publicum und Presse riefen laut um Hilfe.

545

Pargolowo (einem Dorfe nördlich von Et. Petersburg) brennenden Walde her. Allein nicht nur in der nächsten Nähe von St. Peters burg und auf der Strecke nach Moskau, auch in anderen. Theilen Rußlands traten diese verheerenden Brände auf. In einigen Nordprovinzen, wo unermeßliche, undurch) dringliche Urwaldungen sich befinden, standen etwa 10,000 Hektare Baumland in heller Gluth. Von St. Petersburg bis Wilna waren zu beiden Seiten der Warschauer Eiſen :

Die Landhäuser hinter der St. Petersburger Seite auf dem

bahn im August 1868 brennende Wälder und glimmende

rechten Newa-Ufer waren fast gar nicht mehr zu bewohnen, so

Torfmoore zu sehen. Im Kreise Bronnizy brannten gleich: falls mit Unterholz bestandene Waldflächen und Torfmoore ; aus vielen andern Gegenden liefen ähnliche Nachrichten

stark war die Atmoſphäre mit theerhaltigem Rauch geſchwän gert. Die Besizer, meiſt St. Petersburger, verließen daher ihre Sommersiße, und kehrten in die Residenz zurück. Bei entsprechender Windrichtung war auch die eigentliche Stadt

ein.

Ostaschkow, im Gouvernement Twer, war wochenlang

in eine von den ringsum brennenden Wäldern ſtammende

am linken Ufer der Newa in eben solche Rauchwolken ge

Rauchwolke gehüllt.

hüllt, die kaum einen Sonnenstrahl durchscheinen ließen. Im August dehnten sich diese Brände noch immer weiter

standen die Wälder der Kreiſe Ostaschkow , Staraja Ruſſa, Demjansk, Waldai, Wyschniwolotschok und Cholm in hellen Flammen, deßgleichen bei Bielo im Gouvernement Smo

aus, so daß man sehr für die in der Nähe befindlichen Pulverfabriken fürchtete ; nur den vom Gouverneur von St. Petersburg, Generaladjutanten Lewaschhew, ergriffenen. Maßregeln ist es zu danken daß der drohenden Gefahr Einhalt gethan wurde. Indeß rückte das Feuer doch bis auf nur drei Werst (weniger als eine halbe deutsche Meile) an die Pulverfabriken heran ; einzelnen Gebäuden, zumal in der Peterhofer Gegend und besonders dem Bahnhofe der

lensk.

Nach den Berichten von Augenzeugen

Der am 30. Juli gefallene Regen reinigte zwar

etwas die Atmosphäre , dagegen nahm in der Folge der Waldbrand selbst noch größere Dimensionen an. Nur Tula hatte das Glück von der allgemeinen Calamität ver schont zu bleiben. Ganz um dieselbe Zeit hören wir von ähnlichen Phänomenen aus den Ostsee- Provinzen. In Liv

am 16. August hatte das Feuer den Sommeraufenthalt der Großfürstin Maria Nikolajewna von allen Seiten ein:

land und Esthland standen Ende Juli eine Menge Wälder in Flammen, so namentlich in der Fellin'schen Gegend, auf dem Gute Schloß Rodenpois . In der Nähe Riga's brannten ebenfalls an verschiedenen Orten die Waldungen,

geschlossen.

und der Horizont war tagelang von schweren Rauchwolken

Peterhofer Eisenbahn, ward es auch wirklich gefährlich, und

In Folge dieser um sich greifenden Moor- und Wald brände mußte auch das Lager von Kraßnoje- Selo

auf

gehoben werden, da an ein Verbleiben in den vom Feuer heimgesuchten Gegenden nicht zu denken war. Am 7. Juli hatte das an den verschiedensten Stellen ausgebrochene

eingefaßt, am 19. Juli Abends sah man sogar den Wieder schein ausgedehnter Flammen am Himmel über dem rechten Düna-Ufer, oberhalb der Stadt Riga, und alles Land von

zwischen den Inseln und St. Petersburg bereits vor 10 Uhr

St. Petersburg bis an die preußische Grenze, auf einer Ausdehnung von 840 Kilometern, stand im Feuer. Als endlich die Brände allmählich verlöschten, machte eine nicht unbedeutende Anzahl von Bären, aus den Wäldern ver

ihre Fahrten einstellen mußten, und Kronstadt den Bewoh

drängt, die Gegenden unsicher.

Feuer eine solche Dichtigkeit gewonnen, daß die Dampfer

nern von Oranienbaum

aus dem Gesichtskreise gerückt

ward. Freitag den 24. Juli fiel starker Regen, welcher den Torfbrand in der Gegend von Zarskoje-Selo und Kolpino

Außerhalb Rußlands haben wir die Erscheinungen der Wald und Moorbrände noch in Schweden, Pommern, Hannover und England zu constatiren.

löschte und die Luft von dem Rauche reinigte, allein sehr bald darauf brach der Brand von neuem los. Bei St. Peters

In Schweden gehörten sie heuer nicht mehr zu den Seltenheiten . Es lagen dem „ Aftonblad “ zufolge bei

burg selbst hatte er nie aufgehört, besonders heftig wüthete er in der Gegend der halben Entfernung zwischen Zarskoje: Selo und der Hauptstadt ; schwere Rauchwolken erhoben

spielsweise nicht weniger als acht Berichte über Waldbrände

sich schon ungefähr 20 Faden von der Fahrstraße und ver

Auf Gothland breitete sich der Brand über eine Strecke von

hüllten die Umgegend weit und breit ; Montag den 27. Juli wehte der Wind von dem oberen Laufe der Newa her,

tausend Tonnen Landes aus, und waren etwa 5000 Per:

und brachte einen so dichten Rauch über die Residenzstadt, daß um die Mittagszeit die Palais- Brücke nicht von der Nikolai Brücke aus zu sehen war ; die Sonnenstrahlen

in verschiedenen Gegenden des Landes auf einmal vor.

sonen aus 57 Kirchspielen mit dem Löschen desselben be schäftigt. Mit nicht geringerer Heftigkeit herrschten die Brände in Norrland. Bei Aträsk wütheten die Flammen in einer Ausdehnung von vier Quadratmeilen.

drangen kaum durch den Rauch hindurch und verbreiteten

Bei Cöslin in Pommern brannte es auf dem Kleister:

ein gelb röthliches Licht ; dieser Rauch rührte von dem bei

Moor ; hier dürfte das Feuer wohl durch Unvorsichtigkeit

546

Ueber die Theorie und das allgemeine Syſtem der Meeresströmungen.

verursacht worden sein ; indeß stand gar bald eine Fläche

Ueber die Theorie und

das

allgemeine Sykem

von 400-500 Morgen in Brand. Anfänglich hielt man es wohl für unbedeutend, da die bäuerlichen Wirthe, deren

der Meeresfrömungen.

Moor zuerst ergriffen war, das Haidekraut auf demselben alle Jahre abzubrennen pflegen. Bei Nordwind war der

Von A. Mühry.

ganze Horizont mit Rauch erfüllt,

Unverkennbar ist in neueſter Zeit die Einſicht zunehmend,

bei Ostwind wälzten

sie ist gleichsam in der Dämmerung begriffen, es bestehe

sich die Rauchwolken über Colberg, und wurden dort für solche gehalten die von russischen Moorbränden herrühr ten. Es dürfte aber näherliegend sein sie dem Moor

in den oceanischen Strömungen, innerhalb der mannich fachen partiellen Verschiedenheiten, ein allgemeiner gesetz

brande bei Cöslin zuzuschreiben.

in der Atmosphäre, und es werde auch dereinst gelingen.

In Hannover waren Wald

licher Zusammenhang, ein tellurisches System, ähnlich wie

und Moorbrände an der

dieses System, wenigstens in den großen fundamentalen

Im Lüßwalde, links von der Eisenbahn

Hauptströmen, aufzufinden, woraus unstreitig ein großer

zwischen Celle und Lüneburg, fand am 17. Aug. ein großer

Gewinn hervorgehen würde nicht nur theoretisch für die

Waldbrand statt ; über 2000 Morgen Holzbestände wurden ein Raub der Flammen ; auch große Haideflächen wurden ab:

Geo: Physik an sich, sondern auch praktisch für die Klima tologie und die Nautik.

gesengt, so daß der Schaden mit 100,000 Thalern nicht. zu hoch angegeben ist. Wahrscheinlich war hier ebenfalls

eine gesetzliche Ordnung nicht erkannt und noch weniger

Tagesordnung.

Unvorsichtigkeit die Ursache des Brandes, welcher durch die Forstverwaltung, die möglichst rasch am Plaze war, und das von Celle herbeigezogene Militär, das nüßliche Dienste

Bisher aber ist in dem Gewimmel der Meeresströme

anerkannt worden : davon geben Zeugniß die neuesten Lehrbücher ; auch ist zu bemerken daß die eifrig betriebenen. Untersuchungen in der oceanischen Hydrographie die Meeres

Ferner brach ein Brand

ströme vereinzelt zu verfolgen pflegen, und dabei der Lei

in dem nahegelegenen Moore zwischen Misburg, Warm büchen, Horst und Lahe aus, und konnte nicht sogleich

tung entbehren welche richtige theoretische Principien immer.

unterdrückt werden, obgleich große Anstrengungen zu die sem Zwecke gemacht, und seitens der Militärverwaltung

Zunächst fehlt es noch überhaupt an den Fragen nach den

leistete, endlich unterdrückt ward.

auch schon bei der Aufnahme der Thatsachen gewähren .

mehrere Abtheilungen Artilleristen, die im Gräbenziehen

Ursachen oder den Bewegungskräften der Meeresströme (freilich nicht mehr als dieß auch bei den Luftströmen noch

große Uebung besaßen, dahin entsendet wurden .

fehlt), dann an der richtigen bydrodynamischen Vorstellung von den Ursachen und von der Mechanik dieser Bewegungen,

Nach den Meldungen englischer Blätter gerieth aus unaufgeklärten Ursachen in West Kirby in der Nähe von

in der That in Bezug auf deren Erklärung bestehen noch unvereinbare Verschiedenheiten

der Meinungen ;

endlich

Birkenhead ein hoher Hügel in Brand, und konnte das fehlt noch der Ueberblick über das geographische zuſammen Feuer troz aller Bemühungen lange nicht gelöscht werden. hängende Ganze. Tausende von Kaninchen, die

Besondere Beweise für die genannten

im Innern des Hügels Mängel sind enthalten in der Art der Beurtheilung welche

nisteten, kamen in den Flammen um. In Wales stand gleichzeitig eine große Anzahl von Bergen und Hügeln in Feuer. Einer dieser an einem Berg ausgebrochenen

noch einigen der wichtigſten großen Meeresſtrömen zu Theil wird, z. B. der großen Westströmung " oder Aequator: Strömung, dem viel genannten Golfstrome, den Strö

Brände dehnte sich über das dürre Gras und Kraut auf einen Umfang von neun englischen Meilen aus. Zur

mungen auf der Agulha-Bank an der Südspiße Afrika's,

Nachtzeit schlugen die Flammen mehrere Ellen hoch in die

den verwickelten Strömungen im nördlichen Circumpolar Becken u. a.

Luft. Da das Feuer bis zu einer Tiefe von zwei Fuß unter die Oberfläche reichte, so gelang es troy aller auf

Indessen in neuester Zeit, wo die Physik ihr Gebiet

gebotenen Mannschaft und Mühe nicht des Brandes Herr

so sehr erweitert und durch glänzende Entdeckungen ſich

zu werden. Obwohl stündlich an Peripherie zunehmend, waren, bis zum Augenblick wohin unsere Nachrichten reichen,

erhoben hat zur Conception einer Physik der Himmels : förper, ist auch die Physik unseres winzigen Wohnsterns (die Geophysik) so weit gelangt, daß sichere Aussichten sich er:

auße der einer Unzahl Wildgeflügel, keine Zerstörungen er folgt, und mehrere in der Nähe des Feuerbezirkes befind

öffnen für das Gelingen durch rationelle Aufnahme und

liche Farmhäuser noch vom Brande verschont geblieben.

Composition der Thatsachen auch in diesen Bewegungen 1 Zur Unterstützung dieſes ſtrengen Urtheils mag hier das noch geltende Zeugniß eines anerkannten Hydrographen ange führt werden, nämlich A. H. Findlay's im Journ. of the geogr. Soc . 1853, pag. 217. Ju M. Maury's unzweifelhaft Epoche machen der Physical Geography of the Sea ist noch nicht einmal der Versuch gemacht worden die Meeresströme zu einem tellurischen System zu vereinigen, was doch bei den Luftströmen dort ge schehen ist.

Ueber die Theorie und das allgemeine System der Meeresſtrömungen.

die allgemeine Geseßlichkeit und die vernünftige telluriſche

liegen kann, daß sie eine aspirirte ist ,

Ordnung zu erkennen .

primären Arm.

Ein auf solche Weise entstandener

547

auch für den

Dieß ist charakteriſtiſch, ja es kann als

Versuch, wenigstens die Grundzüge des Systems der Meers

Kriterium gebraucht werden, um davon zu unterscheiden

ſtröme aufzustellen, welcher bis zu einem gewiſſen genügen den Grade der inneren Consequenz nicht entbehrt, soll hier

solche Strömungen welche durch Winde veranlaßt werden : die Windströme sind die einzigen welche ein propulsives

kurz und übersichtlich mitgetheilt werden, in der Erwartung

Motiv haben, eine vis a tergo ; die Windströme sind

daß die gewonnene Vorstellung der Beachtung, Prüfung

Triften" nicht "! Züge," " drifts" nicht , tracts."

Außer

dem besteht der Unterschied daß Windströme (mit Aus

und der Ausbildung nicht ganz unwerth erscheinen wird. Jst sie noch eine Hypothese, so werden Kenner eingedenk

nahme des Passats ) nicht ausdauernd sind,

sein daß fast alle Wahrheiten dereinst Hypothesen gewesen

daß nach Aufhören des Windes direct eine Rückströmung

und auch

find, obgleich freilich unter den letzteren die unermeßliche

erfolgt, was einem Herabfließen gleichkommt ; also bei den

Mehrzahl als Nebel wieder sich auflösen. '

Windströmen ist der primäre Arm propulſiv : eine Trift, jedoch der secundäre aſpirativ : ein Zug.

I. In der gesammten oceanischen Wassermasse auf der

Demnach gibt es im Ocean zwei fundamentale Circu lationen auf jeder Hemiſphäre :

von West nach Ost hin sich umwälzenden Erdkugel beste: hen zwei permanente sich durchkreuzende Bewegungen welche die fundamentalen Ströme, oder gleichsam die Achsen alles

1) Die longitudinale oder Rotations Circulation, be stehend (primär) aus dem sehr breiten (etwa 45 Breite:

übrigen bilden. Die eine ereignet sich der Länge nach, längs dem Aequator . Gürtel , sie ist die longitudinale,

grade) und mächtigen ( über 5000 Fuß) Aequator : Strom , auch genannt die große Westströmung, “ und (secundär)

die andere ereignet sich der Breite nach längs den Meris

aus deſſen, zu beiden Seiten in weiten Halbkreisen rück

dianen, zwischen dem Aequator und den Polar- Gebie ten , sie ist die latitudinale. Die Ursache der ersten

kehrenden, compenſirenden Anti-Rotationsströmen, auf jeder

dieser Bewegungen ist die Rotation der Erdkugel um

der beiden Hemisphären (etwa bis 50 ° N. sich erstreckend), in deren ruhigerem centralen Raume die grünenden Sar

ihre Achse unmittelbar , diese Strömung von Ost nach

gasso-Felder sich darstellen.

West hin fließend ist Function der Centrifugal- Kraft (wo bei die Wirkung des Passatwindes nicht verkannt werden. soll).

Die andere Bewegung hat zu ihrer Ursache die per

2) Die latitudinale oder Thermal- Circulation , bestehend auf jeder Halbkugel (primär) aus den kalten schwereren Polarströmen, und (secundär) aus den wärmeren leichte

manent beſtehende Temperatur: Differenz des Meerwaſſers zwischen den Polen und dem Aequator, in Folge deren innerhalb der oberen Schichten das kältere und daher

ren, jene compenſirenden Anti-Polarströmen ; in Folge der nach dem Pole hin abnehmenden Geschwindigkeit der Erd rotation erfahren sie alle eine Drehung nach ihrer rechten

schwerere Waſſer der höheren Breiten der Gravitation ge mäß fortwährend nach dem wärmeren und daher leichteren.

Seite hin, und dadurch im allgemeinen die schräge Rich

Wasser der unteren Breiten fließen muß.

tung zwischen NO. und SW. auf der Nord:Hemisphäre, obgleich manche Ablenkungen von dieser Richtung vorkom

Als dazu gehörend besteht für jede der beiden Bewe gungen nothwendig ein rückkehrender Compenſations- Strom , und so sind beide Bewegungen vollständiger zu nennende

men, und zum größten Theile erfolgt diese Circulation submarin und zwar mit verticaler Unterordnung des fäl teren Arms, indem die hydrothermischen Geseße der Schwere

Circulationen, denn ein jeder bestehender Meeresstrom muß einen secundär entstehenden Gegenstrom veranlaſſen, zur Bewahrung des Gleichgewichts in horizontaler Ausdehnung

dabei bestimmend ſind . Beide Circulationen haben statt auf der Oberfläche bis

primäre Strömung zu unterscheiden und die Art ihrer

zu einer gewissen Tiefe, welche noch nicht genau bestimmt werden kann, aber sicherlich mehrere tausend Fuß beträgt

Bewegungskraft zu bestimmen, jedoch ist es immer von

(also weit tiefer reicht als Winde allein jemals eine Fort

Wichtigkeit wo möglich den primären Arm der Circu lation zu unterscheiden von dem secundären compenfiren

bewegung der Waſſermaſſen bewirken können), während bekanntlich in der untersten Grundschicht des Oceans faſt

den Arm , also Strom und Gegenstrom.

völlige Ruhe anzunehmen ist, in Folge der dort bestehen: den gleichmäßigen Vertheilung der Temperatur des schwer

am Orte des Abflusses.

Freilich ist es oft schwierig die

Aber nur bei den

primären Strömen sind verschiedene Motive möglich, da gegen die secundären haben immer nur die Compen Es ist aber hervorzuheben daß die sation zum Motiv.

ſten Waſſers von 4º C.

vorausgesetzte

Gestaltung des Systems der Meeresströmungen einfacher sein würde ; die zwischenliegenden Landmaſſen hindern daß

Motivkraft

nur

vor

den

Circulationen

1 Die folgende Darlegung ist eine Fortsetzung früherer Unter suchungen (S. Klimatograph. Ueberſ. der Erde, Append. p. 702, 1862), und hat hier mehrere sowohl theoretische wie empirische Berbesserungen erfahren.

Es bedarf der Erwähnung kaum daß wenn die Erdkugel allein mit Wasser bedeckt wäre, die

die Rotations Strömung die Erde wie ein einfacher Gürtel umkreist, worin auch schon die Compensation enthalten. sein würde.

Ueber die Theorie und das allgemeine System der Meeresſtrömungen.

548

II.

Die angeführten Aussprüche geben sogar mehr als wir

1 ) Für die mächtigste Strömung von allen, für die longitudinale, für die „ große Weſtſtrömung, " den Aequator entlang fließend, haben wir als Motivkraft angenommen

vorerst verlangen.

Unter dem Ausdruck "Rotation " als Motivkraft der allgemeinen den Aequator entlang die Erde umkreisenden größten Strömung soll hier nur vorläufig

die Erdrotation auch direct, die Centrifugal- Kraft selbst

eine gewisse Causalitat bezeichnet werden,

(also nicht etwa nur indirect, wie bei den Paſſatwinden, nicht nur weil die nach dem Aequator hin zunehmende

anderen, bis die Erscheinungen selbst werden gesprochen haben. Die Einwirkung des Paſſatwindes soll dabei nicht

verschieden von

Drehungs: Geschwindigkeit allen vom Pole dahin aspirirten

ausgeschlossen werden, in welcher noch von der Mehrzahl

Strömen eine Biegung nach West hin ertheilt).

Die Be

der Geo- Physiker die vorherrschende, ja die einzige Motiv

weiſe dafür sind zunächst gefunden auf intuitive Weiſe,

kraft erblickt wird ; aber sie kann nicht die einzige und

aus der Uebersicht des Ganzen der Erscheinungen selbst ;

und sicher auch nicht die hauptsächliche Ursache sein.

aber freilich können sie nur dann auf Geltung Anspruch machen wenn nicht die Theorie, d. i. hier die mathema tische Physik, die astronomische Mechanik, ihr Veto dagegen

nächst spricht dagegen die große Mächtigkeit der Aequator

einlegt. In diesem Falle ist die Theorie selbst noch unsicher in ihrer Entscheidung, auch ist die Frage noch wenig be handelt, Experimente lassen sich dabei nicht zu Hilfe neh

Zu

Strömung von mehreren tausend Fuß Tiefe, wie sie gefunden ist, theils in dieser selbst (z . B. Irminger fand auf 25º N., 65° W., in der Tiefe von 2930 Fuß eine Strömung nach Nordwest hin gehend . S. Zeitschr. f. Allg . Erdk. 1854, p. 173), theils in dem großen Zufluß im pacifischen Becken

es muß uns daher um so mehr willkommen sein

in der Humboldt -Strömung längs der Westküste von Süd

wenn einige große Autoritäten ſich ausgesprochen haben für die Möglichkeit ; und wirklich fehlen diese nicht ganz

Amerika (diese ist bis 5000 Fuß reichend gefunden von Dupetit Thouars und Teſſan ; s. Voy. de la frég. Vénus

(während solche welche entschieden dagegen wären wohl

autour du monde, Physique) . Es ist nicht wahrscheinlich

men ;

kaum bekannt sind) .

Als solche Autoritäten können wir

daß die Propulsion des sehr schwachen Paſſatwindes eine

hier drei anführen.

so mächtige Schicht des Meeres fortschiebt ;

Zuerst ist Johannes Kepler zu nennen als theoretische Autorität für die Annahme daß die Centrifugal-Kraft der Erde direct mitwirkend bei der allgemeinen oceanischen.

Existenz der so mächtigen antarktischen Ströme

Aequator- Strömung ſei ; deſſen Ausspruch lautet ( S. Opera omnia, ed. Frisch, Vol. VI., 1866, Epitome astron. Die Copernic. L. I. 5 , VII, de motu terrae diurno). Erfahrung der Seefahrer hat gelehrt daß es schwieriger ist und längere Zeit erfordert auf dem afrikanischen Ocean nach Dit hin zu fahren, als nach West hin, weil

schon die an den

Westküsten von Süd-Amerika, Süd-Afrika und Australien, welche zur Compenſation dahingeriſſen werden, gegen ihre normale Richtung , welche sie nach Nordwest hin führen würde, ist ein beredtes Zeugniß.

Was die Ausdehnung

in die Breite, Gestalt und Richtung betrifft, so müßte, wenn der Paſſat die eigentlich treibende Kraft wäre, auch in der Aequatorströmung des Meeres der Calmengürtel sich aussprechen, was aber entschieden nicht der Fall ist,

nämlich dieser mit fortwährender Bewegung nach West . Die schon aufgezählten Umstände schei hin fließt.

weder im atlantischen noch im pacifischen Becken.

nen dem Monde noch hinzuzufügen die natürliche Be harrlichkeit der Wässer , welche im Westen in der Be

hin gehen, sondern nordöstlich auf der Nord-Hemiſphäre und südöstlich auf der Süd-Hemisphäre sein, und in wei

wegung zurückbleiben ,

während

die Erde sich umwälzt

nach Ost hin. " Als zweite große Autorität für unsere Annahme können wir anführen Immanuel Kant (s. Phy: fische Geographie B. I. 1801 , herausgegeben von F. Rink, §. 29), welcher überhaupt in neuester Zeit als exacter Naturphilosoph an Anerkennung gewonnen hat, wie auch seine Theorie über die mechanische Entstehungsweise der Weltkörper mehr und mehr Bestätigungen erlangt. Seine Worte lauten so bestimmt wie möglich : „Die allgemeine Bewegung des Oceans von Ost nach West rührt her von der Umdrehung der Erde um ihre Achse von West nach Ost, indem dadurch das Wasser gleichsam zurückgeschleudert wird." Als dritte große Autorität tritt ein für unsere Ansicht Fourier (f. Annales de chim. et phys. 1824, p. 140) ebenfalls mit Entschiedenheit in den Worten : la force centrifuge . . . . déplace . . . les parties . . . de l'océan, elle y entretient des courants réguliers et im menses."

die Richtung

Auch

würde dann nicht rein von Ost nach West

terer Folge davon zwischen den beiden convergirenden Passaten längs

dem Calmengürtel eine Aufſtauung der

Wassermassen sich bilden, wovon auch nichts bemerkt wird ; auch müßte dann da wo der Passat fehlt, auch die Strö mung fehlen, z . B. an der Südküste von Guinea, zumal im Sommer während des Wehens des Südwest-Monsuns, was nicht geschieht ; und die ganze Breite der Aequator Strömung müßte mit derjenigen des Passat- Gebiets zu sammenfallen und damit jahreszeitlich schwanken, was sich 2 nicht so verhält. Endlich ist noch das Kriterium anzu 4 Diese Ansicht äußert auch Fr. Arago ( S. Annuaire, par le bur. des Longit. 1836, p. 315), und fügt hinzu daß nach seiner Meinung die stärkste Wirkung unserer stärksten Stürme die Oberfläche des Meeres erheben könne nicht um mehr als sechs Fuß, und schwerlich könne dadurch eine Strömung entſtehen die nicht nach einigen hundert Meilen völlig erschöpft ſei. 2 Die Breite der Aequatorströmung ist zwar nicht scharf be grenzt anzugeben (und vielleicht verlieren sich die Grenze und die Geschwindigkeit allmählich) ; auf dem Pacifischen Dieere, wo

Ueber die Theorie und das allgemeine System der Meeresströmungen.

wenden,

was

überhaupt die durch die Winde bewegten

Strömungen unterscheidet und erkennbar macht, d. i . die Zeichen daß diese ein treibendes, also im Rücken befind liches Motiv haben, während der Umschwung ein vorne befindliches aspiratives Motiv darstellt, was in den Er scheinungen sich kundgeben muß ;

nun aber kann man

wirklich solche Zeichen und Beweise für den Umschwung erkennen in der bekannten Thatsache daß in der heißen

549

tang erfüllt, die Sargasso-Wiesen.

Wie kann die Fluth

welle folche Erscheinungen hervorrufen ? Wir meinen also, wenn kein Mond vorhanden wäre, würde auf der um ihre Achse sich wälzenden Erde die Aequator- Strömung dennoch bestehen, aber diese würde nicht bestehen wenn die Erd fugel nicht um ihre Achse sich drehte, möchte der Mond ſie immerhin täglich umkreiſen. Freilich muß auch eine nur indirecte Wirkung der Erd

Zone über Untiefen das Meerwasser kühler zu sein pflegt, was am besten erklärt wird durch die Annahme : dort

rotation zugestanden werden,

wie sie bei den Luftſtrömen

des Passats so deutlich stattfindet, insofern die nach dem werde aus den tieferen Schichten das kühlere Wasser die flache Küste schräg ansteigend nach oben hin gerissen, was aber nicht wohl bei einer vom Winde getriebenen Strö mung (Trift) geschehen kann, weil der Wind ja mehr oder

Aequator hin zunehmende Geschwindigkeit der Erdrotation den vom Pole dahin fließenden Strömen eine nach West hin abbiegende schräge Richtung ertheilt. Jedoch die Polar ströme im Ocean befinden sich zum größten Theile nicht

allein von der Oberfläche schräg abwärts wirken muß. auf der Oberfläche, sondern unter der Oberflüche, sind sub: Humboldt gibt dem Aequator- Strome den Namen „ Ro:

marin, in gewisser Tiefe fließend, aus welcher sie erst unter

tationsstrom, " jedoch ohne näher hinzuzufügen in welchem Sinne; es heißt nur (s. Kosmos oder Entwurf einer phy

dem Aequator aufsteigen um zum Ersaße nach dem Pole zurückzukehren.

sischen Weltbeschreibung B. I 1845 , p. 326) : „ Die ' all:

Aequators dient dazu das Bestehen und Zustandekommen

gemeine Bewegung der Meere zwischen den Wendekreiſen

einer Rotations : Strömung auf der Oberfläche mittelst

(Aequatorial- oder Rotations - Strom genannt) von Ost

näherer Versinnlichung des Vorgangs noch annehmbarer zu machen. Denn indem die Wässer aufsteigen gelangen

nach West hin wird als eine Folge der fortschreitenden Fluthzeit und der Passatwinde betrachtet. " Der große Naturforscher wollte offenbar in der Erklärung, welche die Centrifugal-Kraft bietet, nicht weiter gehen, als sie nur andeuten, soviel in dem Worte „ Rotation “ davon enthal ten ist.

Eben diese Ascension in der Gegend des

sie auch in senkrechter Richtung zunehmend in Echichten mit etwas größerer Rotations Geschwindigkeit, und dieß muß veranlassen ein Zurückbleiben der unteren Schichten im Osten und eine schräge nach West hin voreilende Ascen

Es ist wohl kaum nöthig zu erinnern daß die ſions-Strömung, welche auf der Oberfläche als eine West

Fluthbewegung, welche täglich ihre zwei Meridian-Wellen

strömung sich darstellt.

um die Erdkugel führt, etwas ganz verschiedenes ist von

geordnetes Moment ; die ganze Breite und Mächtigkeit der allgemeinen Aequator: Strömung kann und soll dadurch

der Rotations Strömung ; jene erstreckt sich über alle Brei ten und veranlaßt überhaupt keine Fortbewegung der Wassermasse, sondern nur Wellen, d. s. Schwingungen ; diese Fluthwelle erreicht im offenen Ocean doch nicht mehr als einige Fuß Höhe, und obgleich oder weil erwiesen ist aus der Wellenlehre (f. E. und W. Weber, Wellenlehre 1825, §. 106) : " Die schwingende Bewegung welche eine Welle im Wasser verursacht, ist noch wahrnehmbar in einer Tiefe

Judeſſen dieß ist nur ein unter

allein nicht erklärt werden. 2. Als die Ursache der latitudinalen Circulation haben wir angenommen

die Temperatur- Differenz der Waſſer

zwischen Aequator und Pol, indem hier das Waſſer, weil es kälter ist, auch dichter und schwerer ist, obgleich die Ausdehnung welche wärmeres Wasser besißt als kälteres nicht beträchtlich ist ; man kann annehmen die Ausdehnung

die der 350maligen Höhe der Welle entspricht, danach würde eine 10 Fuß hohe Meereswelle bis zu einer Tiefe von

des Waſſers bei 4º und bei 30 ° C. verhält sich wie 1000

3500

zu 1005. Vielleicht ist diese Ursache zuerst von Fr. Arago ausgesprochen worden (f. Annuaire, par le bureau des

noch Bewegung veranlassen, so können die vorlie

genden Phänomene der Aequator-Strömung auch durch

Longitudes 1836) . diesen Factor, der Fluthbewegung, sicherlich nicht erklärt werden. Solcher Annahme widersprechen auch in ganz besonders entschiedener Weise die zu beiden Seiten des Aequa tor: oder Rotations Stromes in weitem Halbkreise nach

Es ist auffallend daß diese richtige

Ursache bisher so wenig zur Deutung der Erscheinungen angewendet wurde, obgleich sie doch sofort als den passen. den Schlüssel sich bewährt ; im Gegentheil man findet

gegen die Fluthwelle, zurückfließenden

mehrere andere unannehmbare Erklärungen noch vorgezogen

Gegen Ströme, die Compensations-Arme der Rotations : Strömung, welche zugleich einen weiten Centralraum um

(namentlich Verschiedenheit in der Vertheilung des Salzge: halts, der Regenmenge, der Verdunstung und der Winde).

schließen mit ruhigem Wasser und mit schwimmendem See

Ein beonderes Hinderniß hat hier der Erkenntniß der Wahrheit

Osten hin,

also

entgegengestanden, nämlich eine Uneinigkeit über das im die Entwicklung am vollständigsten zu Stande kommt, erstreckt sich die Breite, nach Duperrey, zwischen 240 N. und 260 S. , nach den neuesten Karten (z . B. von H. Berghaus und A. Peter mann) etwa zwiſchen 239 N. und 230 S., und ohne jahreszeit liche Schwankung.

Meerwasser giltige hydrothermische Gesetz der Schwere, in dem Physiker ersten Ranges dafür hielten, dieses Gesetz sei ein verschiedenes im salzigen Meerwasser von dem im süßen Wasser; es handelte sich dabei um die Bestimmung des

550

Ueber die Theorie und das allgemeine System der Meeresströmungen .

Temperaturgrades, bei welchem die größte Dichte und also Schwere des Meerwassers eintritt, ob auch bei 4º C., wie im süßen Wasser, oder aber, wie im Cabinet angestellte unvollständige Experimente ergeben hatten, bei einer Kälte •

Obgleich von mehreren Graden unter dem Frostpunkte. Seefahrern großen von Natur freien die in der großen aufgenommenen Beobachtungen gelehrt haben, daß das Gesez des süßen Wassers auch im Meere gelte, hat doch bis in die neueste Zeit das erwähnte Hinderniß beſtan den (zumal in Frankreich durch die große Autorität des Phy.

theilt die Temperatur

des Dichtigkeits- Maximum

des

Wassers vom 4º C., und damit Ruhe, feine Strömung ; diese homothermische Grundschicht wird erreicht unter dem Aequator ungefähr in der Tiefe von 6600 Fuß (2200 Meter), aber nach dem Pole hin in zunehmend geringerer Tiefe, bis sie die Oberfläche erreicht, und dann weiter nach dem Pole bin wieder schräg abwärts steigt, unter das noch käl tere und damit leichtere Wasser (die bathothermischen Unter suchungen haben dieß normale Verhalten als unzweifel 1 haftes Ergebniß erhalten, vor allem ist es auf dem weiten

sikers Desprez ; daher ist wichtig hinzuzufügen daß in jüngster Zeit das Hinderniß entfernt zu sein scheint, wie hervorgeht

süd hemisphärischen

aus einem in der Académie des Sciences abgestatteten Berichte, betreffend ausgeführte hydrographische Untersuchun

Ruhe am Grunde des Oceans nicht sein, einige Bewe: gung muß man auch dort annehmen, theils insofern die

gen im atlantischen Meere, von Savy s. Compt. rend . Am überzeugendsten ergibt sich die Par. 1869, Nr. 9) . Richtigkeit der Annahme, in den Temperatur-Verhältniſſen

Fluthwellen und Sturmwellen so weit in die Tiefe Schwin:

liege die primäre Ursache dieser Circulation, wenn man davon Anwendung macht auf die Erscheinungen der Strö mungen im großen Ganzen der Natur selbst ; zumal keine

kennen, bis in beträchtliche Tiefe, wenn auch von oben

insofern, im Falle der völligen Ruhe am Grunde, unter

der anderen angenommenen Ursachen im Stande ist die

dem Aequator die von der Oberfläche abwärts sich mit:

Permanenz der Circulation zu erklären, noch auch die bei

theilende Insolations-Wärme auch in der Tiefe conſtant sich finden würde wie in den Landseen, was im Meere

vorkommenden Kreuzungen sich bildende Anordnung der Ströme unter einander in verticaler Folge, welche völlig regelmäßig, besonders im Circumpolar-Becken, nach Maß, gabe und zur Bestätigung des angegebenen hydrothermi Man kann un schen Gesezes der Schwere sich darstellt.

Roß festgestellt) .

oceanischen

Gebiete

durch James

Freilich vollständig und ewig kann die

gungen verbreiten können, theils in so fern die Centrifugal kraft, welche wir in der Acquatorströmung als wirksam aner

nach unten schwächer werdend, sich äußern muß, und theils

verhindert wird durch die vom Pole her vorrückenden kalten Wasser. Wir haben bisher nur von den fundamentalen Meeres strömungen gesprochen, und als solche angenommen zwei

sicher sein darüber welche der beiden Arme der Circulation der primäre ist, ob der kalte polarische oder aber der wär

sich durchkreuzende Circulationen .

In der Wirklichkeit aber

werden die normalen Verhältniſſe verdeckt durch sehr man

mere antipolarische, insofern nämlich auf der heißen Zone nichfache locale und temporäre Störungen, so daß man

das wärmere Waſſer ein etwa um 10 Fuß höheres Niveau¹ zu erreichen die Tendenz haben muß, und daher als auf

wahrlich sprechen kann von einem scheinbar ungeordneten Gewimmel von Meeresströmen .

geneigter Fläche zum Abfließen genöthigt gedacht werden könnte. Aber wie völlig bedeutungslos dieser Umstand ist für

Als verschiedene Formen

der Strömungen kann man bezeichnen Deflectionen, De tractionen, Depulsionen, Stauungen u. a.; als Ursachen

ein Gefäll auf der Oberfläche hat mathematisch gezeigt Sir John Herschel (Phys. Geogr. 1861 , §. 57) . Für uns ist der primäre Arm der schwerere, d. i. der polarische kältere Strom,

der Störungen sind wieder zu unterscheiden propulſive oder aber aspirative ; und unter den fremden nur tempo rär hinzukommenden Störungen sind vor allen zu beach

welcher, der Gravitation zufolge, nach dem leichtern Waſſer der heißen Zone fällt in horizontaler Richtung, d. h. aspi rirt wird ; der secundäre Arm ist der rückfließende antipo

ten und von Bedeutung die von der Fluthwelle bewirkten und noch mehr die von den Winden, die Windſtröme. Die Windströme sind so häufig und daher so wichtig, daß

larische, er hat zum Motiv den Ersatz des Abfluffes, ist daher der Compensations Arm ; beide Arme haben also ihr A Motiv vor sich (nicht wie die Windströme im Rücken) ; jener ist zum größten Theile, weil kälter, ſubmarin fließend, dieser, weil wärmer, oberflächlich fließend (und ist am be kanntesten in dem berühmten Golfstrom des Atlantischen Meeres, dessen nördliche Hälfte er bildet), aber in den hohen Breiten wird diese verticale Ordnung der beiden Arme zu einander eine umgekehrte. In der unterſten Schicht, am Grunde des Oceans, besteht gleichmäßig ver 1 Dabei ist angenommen daß dort eine Wasserfäule, welche aus der Tiefe von 7200 ( engl .) Fuß bis zur Oberfläche eine progressive Zunahme der Temperatur erfährt, von 40 C. bis 280 C. vorhanden ist.

deren Unterscheidung immer das erste Erforderniß ist, und dazu kommt daß sie ein nur ihnen eigenthümliches Krite rium haben, d. i. das propulsive Motiv, sie allein sind Triften, sie allein haben ihr Motiv, nicht vor sich, sondern im Rücken, und daran sind sie kenntlich.

(Schluß folgt.)

Miscellen.

551

Miscellen.

obenaufliegenden Schichten des Gletschers (die sich mit

Zeugungsorgane bei Flechten.

verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen) an einander, welche Reibung nämlich in den unteren größer ist als in den obe. ren. 3 ) Der Widerstand gegen das Abreiben oder Schee

Die HH. A.

Famizin und J. Boranetsky haben kürzlich diesen Gegen: stand in den Kreis ihrer Forschungen gezogen, und sind zu nachstehenden Schlußfolgerungen gelangt : 1. Nicht nur die Algen und Schwämme, sondern auch die Flechten sind mit Zoosporen versehen . 2. Man hat Zoosporen in drei sehr verschiedenen Gattungen von Flechten entdeckt, näm lich in Physica,

Cladonia und Evernia,

und da diese Gattungen nicht absichtlich ausgewählt wurden, ſo iſt es wahrscheinlich daß Zoosporen in allen anderen mit Chloro phyll versehenen Flechten vorhanden sind. 3. Die Jden tität freier Gonidien mit einzelligen Algen (Cysococcus Nägeli's) darf als bewiesen gelten ; sonach ist dieß keine abgesonderte Gattung, sondern nur eine Phase in der Ent. wickelung einer Flechte.

4. Die Cultur freier Gonidien

von Physica, Cladonia und Evernia führte uns zu der Erwartung daß andere Flechten Formen darbieten würden welche rudimentären Algen entsprechen . Unsere Forschun gen beweisen daß diese Vermuthung vollkommen gegründet ist. Senkrechte Durchschnitte der Thalli von Peltigera und Collema, auf feuchtem Boden angebaut, zeigten die Fasern in Disintegration, die Größen-Vermehrung der Gonidien, und ihre Umgestaltung in geballte Körperchen die aus kreis

ren des Eises, auf der Sohle des Gletschers und auf den Seiten seines Wegs, veranlaßt durch die Rauhheit des Gesteins, dessen Vorsprünge in die Eismasse selbst eins dringen, und dessen Höhlungen ſie ausfüllt. 4) Die Reibung des in Berührung mit der Sohle und den Seiten so überschorenen oder abgeschabten Eises. Hr. Moseley hat ferner eine Berechnung über den Werth dieſer Kräfte angestellt. und ist, als das Ergebniß seiner For schungen, der Meinung daß das Gewicht eines Gletschers unzureichend sei um die Abwärtsbeweg desselben zu erklären ; daß man, neben seinem Gewi thwendiger weise auch die Wirkung irgendeiner andern and viel größe

ren Kraft in Anschlag bringen müſſe, die von der Art ſei daß sie jene inneren Molecular - Verrückungen und jene Brüche erzeuge welche im Gletscher- Eis vorkommen, die daher in jedem Theil des Gletschers, wie auch sein Gewicht sein möge, sich befinde, aber mehr als dreißigmal so groß sei als dieses. (Popular Science Review.)

Die angeblichen Verwandlungen im Sternen

förmigen Zellchen bestanden. Die gonimischen Zellchen von Peltigera und Collema lebten ununterbrochen fort wenn

nebel der Argo nicht bestätigt. , Wie es scheint, sind

man sie von dem Thallus getrennt hatte ; diejenigen der Peltigera waren identisch mit einer Alge die man Polycoc

gekommen, wie sie Hrn Abbotts Mittheilungen der astro

cus nennt ; die der Collema brachten Organismen hervor ähnlich dem Nostoc. Sonach sind diese drei Gattungen

schel hat, auf Verlangen seines Vaters, das Nebelgestirn

allem nach keine Verwandlungen in diesem Nebelfleck vor

nomischen Welt hatten vermuthen lassen.

Lieutenant Her

mit einem fünfzölligen Refractor, welchen die Royal Society

von Algen, die man bisher als getrennt betrachtete, in

für die Sonnenfinsterniß Beobachtungen

Wirklichkeit nur die Gonidien von Flechten in einem Ent: wicklungszustande wenn sie von den Thalli, durch die sie

sorgfältig untersucht. Aus seinen Zeichnungen ergibt sich daß die Sterne in dem Nebelfleck ihre Stellen nicht ver: ändert haben, und daß der Nebelfleck selbst, aus der Vers

hervorgebracht worden, getrennt sind.

geliefert hatte,

gleichung zwischen Ansichten die mit einem 183ölligen Re

(Duarterly Journal of Science. )

flector und mit einem 5zölligen Refractor aufgenommen wurden, soweit sich ein Schluß ziehen läßt, jezt eine Die mechanische Schwierigkeit der Gletscher

Gestalt hat die derjenigen sehr ähnlich ist welche er wäh

Bewegung. Ein Geistlicher, Hr. Canon Moseley, welcher die Bewegung der Gletscher zum Gegenstand seines Studiums

rend des Aufenthalts Sir John Herschels am Cap zeigte. Er ist heller, oder scheint es zu sein ; allein die Verände

wählte, hat dabei namentlich seine Forschungen den Kräften zugewendet welche das Senken dieser Eismassen hindern, und

rung läßt sich theilweise der Umwandlung von 7 Argus (um welchen der Nebelfleck schwebt) aus der ersten in die

sagt darüber unter anderm : Diese Kräfte sind 1 ) der Wider: stand gegen die gleitende Bewegung eines Theils eines

sechste Größe zuschreiben.

festen Eisstücks auf der Oberfläche eines andern

(Popular Science Review.)

ein

Widerstand der beständig durch die ganze Masse des Glets schers wegen der verschiedenen Geschwindigkeiten stattfindet womit die einzelnen Theile sich bewegen. Diese Art Widerstand nennt er das Scheeren , indem die Einheit

Eine musikalische Maus.

In

einer unserer

Wochenschriften (sagt das Quarterly Journal) erzählt ein Herr: er habe in seiner Küche eine „singende Maus" ent

des Scheerens der Druck in Pfunden ist welcher noth

deckt ; er und seine Tochter haben ihr mit Entzücken zuge

wendig um den Widerstand gegen das Scheeren eines Quadratzolls zu bewältigen, der vermuthlich in der ganzen

hört, und die Töne seien denen eines Canarienvogels ähnlich, nur sehr viel gedämpfter gewesen. Er meint die

Masse der Gletscher constant bleibt.

Maus könne einen im Hause gehaltenen Canarienvogel

2) Die Reibung der

Miscellen.

552

nachgeahmt haben ,

was bei Feldmäusen vorzukommen

so hat der Oberst v. Cohausen sich vom Hildesheimer Ma

pflege. Wir brauchen kaum zu sagen daß dieß eine etwas befremdende Erklärung ist ; eine wahrscheinlichere iſt die :

gistrat hierzu die Genehmigung erbeten, welche auch unter der Bedingung ertheilt worden ist daß bei einem aber

daß das Singen die Folge eines krampfhaften Athmens war, veranlaßt durch die Anwesenheit eines Parasiten

bezahlt werde, und mehrere Abgüsse für das Museum ab

des Cysticercus fasciolaris

geliefert werden sollen.

in der Leber des armen

maligen Funde der Stadt die Hälfte des Silberwerthes

Der bekannte Fabricant Cristoffle

fleinen Sängers, da man bei der Untersuchung einer ſin

in

genden Maus jedesmal diesen Parasiten

Silbersachen in Alfenide nachzubilden. Nachbildungen soll sehr bedeutend sein.

gefunden hat.

Allein abgesehen von dieser Reizungsquelle, ist es merk

Paris hat bereits angefangen die früher gefundenen Der Absah dieser

würdig daß Mäuse die Gabe wie ein Vogel zu singen besitzen sollen .

Die Nagethiere sind in ihren Gewohnheiten

und ihren Structur: Charakteren so ungemein vogelartig,

Ein Zweikampf zwischen Maus und Scor Hr. Frank Buckland gibt in seinem „ Land und

daß man fast darauf vorbereitet ist eines von ihnen sing

pion.

fähig zu finden. nehmen da

Wasser" eine ergötzliche Erzählung von einem Kampf zwi schen einer Maus und einem Scorpion. Er erhielt näm

Es ist ein gewöhnlicher Irrthum anzu Reger die Vögel singen ; die große

Mehrheit theß nicht.

Es scheint unmöglich das Vor

handensein dieser Fähigkeit bei einigen Vögeln zu erklären . Warum singen sie ?

Wie werden sie bei dem Kampf um

ihr Dasein dadurch gefördert ? (Die Beantwortung dieſer Frage liegt doch wohl sehr nahe, denn das Singen steht in Beziehungen zu den geschlechtlichen Functionen. — „ Nur solang' sie liebten, ſangen ſie. ")

lich durch Hr. J. Keast Lord, der sich gegenwärtig für den Vicekönig von Aegypten mit Forschungen über das Rothe Meer beschäftigt, zwei Scorpionen aus diesem Lande, und versette einen derselben mit einer frischgefangenen Maus unter eine Glasglocke. Der Scorpion gehörte nicht zu der großen afrikanischen Art, sondern war klein, indem der Leib ungefähr den Umfang einer großen Küchenschabe hatte, natürlich abgesehen von dem Echwanz. Diesen let tern trug er über seinem Kopf, und focht damit als er der

Der Silberfund von Hildesheim.

Der werthe

volle Fund von altrömischen kunstreichen Silber Geräthen bei Hildesheim ist in den meisten deutschen Zeitschriften

Maus sich näherte, stach auch die Maus mehrmals, die sich aber nicht viel darum zu kümmern schien, mit Aus nahme eines Stiches den sie auf die Nase erhalten,

bereits mehr oder weniger ausführlich besprochen worden ,

welche sie mit ihrer Vorderpfote abwischte.

„ das Ausland " hat aber bisher darüber geschwiegen, weil

schritt nun dazu zwei der Beine des Scorpions abzu beißen, und beschädigte auch seinen Schwanz , ſo daß das Thier nicht mehr stechen konnte. Hr. Buckland

es ihm bekannt war daß eine tief eingehende Abhandlung über diesen Gegenstand von einem ausgezeichneten Ge lehrten erscheinen würde. Diese hat unlängst die Presse verlassen, und führt den Titel : " Der Hildesheimer Silber fund. Erste Abtheilung von Friedrich Weseler. Mit drei lithographirten Tafeln. Festprogramm zu Winckelmanns Geburtstag am 9. December 1868, herausgegeben von dem Vorstande des Vereins von Alterthumsfreunden im

Die Maus

glaubte

er werde jest nach einiger Zeit die Wirkungen des Scorpionsgiftes zu sehen bekommen, allein es erfolgte nichts derartiges, und die letzte Scene in dem Drama war daß die Maus ruhig den Leib ihres weiland Widersachers verzehrte.

Rheinlande" (Bonn, Druck auf Kosten des Vereins, bei

Die Reise aus Aegypten in einer Schachtel, ohne Nahrung und bei kaltem Wetter, hatte ohne Zweifel nachtheilig auf die Secretionskräfte des Scorpions gewirkt :

W. Fr. Kaestner in Göttingen, Quart).

er litt an einem erschöpften Nervensystem.

Die Schrift

ist in ihrem gehaltreichen Inhalte zu keinem Auszuge geeignet.

„ Das Ausland "

glaubt

scheinen aufmerksam machen zu müssen .

nur

(Quarterly Journal of Science. )

auf ihr Er

*

Sehr erfreulich ist

aber noch die in Localblättern mitgetheilte Nachricht daß

Lestes Inventar der China Pflanzungen. Aus Dr. Anderson's Bericht über die An

höhern Orts die Absicht vorliegt am Fuße des Galgen:

in Indien.

berges bei Hildesheim, wo im vorigen Herbst dieser große

zahl und Vertheilung der Chinapflanzungen auf den Re gierungsländereien in Dardschilling am 1. September v. J.

Silberfund gemacht wurde, weitere Nachgrabungen veran stalten zu lassen. Zu diesemZweck ist der Oberst des Ingenieur:

geht hervor : daß der Anbau der Chinarinde im Fortschrei Zu jener Zeit betrug die Gesammtzahl

Corps v. Cohausen aus Berlin in Hildesheim angekommen,

ten begriffen ist.

welcher schon an anderen Orten, besonders am Rhein, vielfache

in den verschiedenen Pflanzungen 2,075,078, nämlich C. succiruba 1,118,557 ; C. Calisaya 20,354 ; C. micranth 29,667 ; C. officinalis und Varietäten 901,408 ; C. Pahu diana 5,092.

Nachgrabungen nach Alterthümern mit großem Erfolg ge leitet hat.

Da nun bei jenen weitern Nachgrabungen am

Galgenberg leicht städtisches Gebiet betroffen werden könnte,

Druck und Berlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Redaction : Dr. O. F. Peschel.

Das

Ausland.

Ueberschau der neuesten Forschungen

auf dem

Gebiete

der

Natur- ,

Erd-

und

Völkerkunde.

Zweinndvierzigster Jahrgang.

Nr. 24.

Augsburg ,

1869.

12. Juni

Inhalt: 1. Eine Ferienreise über den Apennin. I. 2. Briefe über vergleichende Mythologie. Von Prof. Dr. Fr. Spiegel. III. 3. Das Project zur Hebung der versenkten Silbergallionen im Hafen von Vigo. - 4. Die Milchverkäufer in London und die Rinderpest . 5. Die neuen Fünde von antiken architektonischen Schmucksteinen an den Ufern des Tiber zu Rom. 6. Ueber die Theorie und das allgemeine System der Meeresströmungen. Von A. Mühry. (Fortschung.) ―― 7. Wahrnehmungen an den Telegraphen-Leitungen in Nordamerika. 8. Ein amerikaniſches Maſchinenwunder.

einen Stand der Unschuld vor Erkenntniß des Guten und

Eine Ferienreise über den Apennin.

des Bösen zu bewahren, um auf der Brennerbahn von I. Im

Jahr 1869 über Italien in einer Wochenschrift

einer Ueberraschung zur andern fortgerissen zu werden. Und dennoch ist selbst ein wohlvorbereiteter Wanderer, so

etwas zu veröffentlichen, ist ein bedenkliches Unternehmen,

oft er neue ihm unbekannte Räume Italiens betritt, weder

denn die gefeierte Halbinsel ist schon längst der Bädecker

geschüßt vor Enttäuschungen,

und Förster Literatur unterthänig geworden.

Auch hört

noch der Aussicht beraubt

durch unerwartete Genüsse beglückt zu werden.

Von sol

man auf dem Marcusplate Venedigs, im Vatican, in

chen Enttäuschungen und solchen Ueberraschungen soll das

florentinischen

her vorzugsweise in den folgenden Bruchstücken gesprochen werden.

und

römischen Kaffeehäusern, sowie

auf

classischen Aussichtspunkten um Neapel mehr deutsch und zwar

deutsch in

allen

Mundarten

reden als engliſch ,

Zunächst sind es Wärme und Wetter worüber noch

Wer also

immer falsche Begriffe herrschen, denn gewöhnlich gelten

noch schreibt, wird neues wenigen sagen, sondern höchstens über bekanntes seine Eindrücke zum Vergleiche mittheilen

der März und der April in der ersten Hälfte des Jahres

von der Landessprache selbst ganz abgesehen.

Selbst solche die nie ihren Fuß über die Alpen

als die Monate in denen man reisen solle. Selbst für Süditalien ist dem Mai unbedingt ein Vorzug einzuräu

segten, kennen Italiens beste Echäße bereits durch die

men, ja der Verfaſſer würde, wenn er zwischen April und

können.

darstellenden Künste, zu denen sich in neuester Zeit die dar

Juni wählen müßte,

stellenden Gewerbe geſellt haben .

Juni unbedingt dem April vorziehen.

Keines der gepriesenen

Kunstwerke ist uns völlig neu, besonders nicht diejenigen die in Marmor oder Bronze ausgedrückt werden.

bis zur Polhöhe von Neapel den Daheim stellt man

sich vor daß von den drei Hauptstädten, Florenz, Rom

Es sind

und Neapel, sicherlich das leztere es ſein müſſe wo man

uns davon irgendwo oder irgendwann Lichtbilder zum

von der Tageshize am meisten belästigt werde, und doch

einfachen oder doppelten Sehen, künstlerische Wiederholungen oder Stückarbeiten in Gyps schon vorgelegen. Die einzel

ist wenigstens in der zweiten Hälfte des Mai unter jenen drei Plägen Florenz unbedingt am meiſten zu fürchten. Reiſende, die den lezten Winter in Palermo verlebt hatten, versicher

nen Prachtbauten, die Pläge und die Straßen grüßen uns als alte Bekannte dieser oder jener Aquarellenſammlung,

ten dem Verfaſſer daß sie am Beginn des heurigen April

und die Landschaften sahen wir schon als Delgemälde,

in großer Versuchung geschwebt hätten ihre Zimmer zu

wenn nicht grau in grau auf Photographien.

heizen. Gewiß ist daß am 6. Mai Abends die Mehrzahl der

Ferner

sorgen die reisenden Schriftsteller dafür uns mit den

neapolitanischen Damen bei ihrer Corsofahrt noch Pelzwerk

Städtebevölkerungen

und

dem

öffentlichen Treiben in

nähere Berührung zu bringen.

Wem es an deutschen

trug , allerdings wohl zum Theil nur des Pelzwerks wegen, und weil die Mode es erlaubte. Nur bei bedecktem

Darstellungen nicht genügen sollte, der kann sich hinter

Himmel an schwülen Sciroccotagen wird man im Mai in

drein an englischen und franzöſiſchen sättigen.

In unſern

Tagen ist es sogar schwierig sich in Bezug auf Italien Ausland. 1869. Nr. 24.

Neapel von der Wärme belästigt werden.

Mit Befremden

bemerkt der Neuling daß an den Morgenstunden oft die 70

554

Eine Ferienreise über den Apennin.

Sonne des heiligen Januarius ihre glühendſten Pfeile ab drückt. Es ist jest neun Uhr, sagt er sich im stillen, wie soll es

erst um 2 oder 3 Uhr Nachmittags wer

den ? Kurz nachher aber hat sich schon eine Brise von der See her erhoben, und um 2 oder 3 Uhr fühlt er sich ganz behaglich in der Stadt selbst oder im Freien.

den Aesten ihre Ausläufer niederschweben zu lassen. In jenen südlichen Gefilden ist daher auch der dichterische Aus druck für das beständig wiederkehrende Bild der Rebzucht ein angemessener.

Dazu

kommt daß in dem fraglichen Monate die Nächte stets erquickend frisch, um nicht zu sagen kalt bleiben.

ihr wohl gar die Luft sich im Wipfel auszubreiten und von

In und

Wer nicht mit bessern Kenntnissen vorher gerüstet war, wird auch in Beziehung auf Pflanzenverbreitung beim ersten

um Rom namentlich kühlt sich die Luft schon vor Sonnen

Ueberschreiten der Alpen einer bittern Enttäuschung ent

untergang sehr rasch ab, und die Rathschläge Ernst Försters

gegengehen.

Aus den Studentenjahren des Verfaſſers,

in Bezug auf Schuß gegen Erkältung sind für alle die in

als die jungen Götter Heidelbergs es noch nicht verſchmäh:

einer empfindlichen Haut stecken gewiß nicht zu verschmähen.

ten ihre fahrende Habe im Ranzen sich tragen zu laſſen ,

Einstimmig erklärten die Reisegenossen des Verfaſſers, zwei

und am Ende der Reise, wo die Caſſe ein Ende mit Schre den nahm, selbst zu tragen, erinnert er sich noch lebhaft

Damen und ein Herr, beim Abschied daß der italienische Mai nichts redenswerthes an Hiße sie habe erdulden lassen .

Noch

war es zum Glück Frühjahr in Wäldern und in Gärten, ja auf

daß ihm beim ersten Betreten Italiens jenseits des Simplon das Gefühl einer Mystification beschlich. Wo war vor allem der verhießene Himmel von unsäglichem Blau ? Wo

den Abhängen des Apennin zwischen Bologna und Florenz waren die laubwerfenden Bäume sogar noch kahl, und be: gannen erst ihre Knospen zu entfalten. Selbst bei

waren die Drangenwälder, die Lorbeerhaine und die stillen

Sorrent sah man um die Mitte des Monats wenigstens

lienischen Schweiz noch in Wälschtirol an Lorbeeren, an

eine leider nicht näher zu bestimmende Baumart noch nicht im Blätterschmuck. Wem für landschaftlichen Genuß

Camelien und dergleichen. Selbst Citronen und sogar Orangen sind sichtbar, aber doch nur in Brutkästen und

blättergefüllte Wipfel und Schatten in den Hainen unent

gleichsam als Menageriegewächse. Zur guten Zeit stehen. • fie im Freien, im Winter aber hinter Glas und Mauern .

behrlich sind, wird jedenfalls im April noch viel vermissen . Das erste südeuropäische Vegetationswunder welches der

Myrten ? Nun fehlt es allerdings nicht weder in der ita

So etwas bringt aber der blonde Barbar auch daheim zu

nordische Barbar schon in Wälschtirol zu kosten bekommt,

Wege, und wenn er nach Italien reist verlangt er unter

ist die sogenannte „ Vermählung “ des Weinstocks mit irgend einem Laubwerfer, mit der Weide, der Pappel, der Ulme,

freiem Himmel Orangen bis zur Uebersättigung zu sehen.

dem Nußbaum.

voraus daß die Citrusarten in Rom noch unter Bedeckung

In den Po- Ebenen kann er daran ſein Ge

Der Unterrichtete verlangt es freilich nicht, er weiß im

nüge finden , denn dort vollstrecken sich die „ Vermäh

überwintert werden müſſen, daß er sie wohl findet an dem

lungen" in Reih und Glied, im Carré geordnet, auf viele

bevorzugten Gestade des genuesischen Golfes von Nizza

So lange er nur das Italien zwischen

angefangen bis Genua, daß er aber in dem penninſularen

Alpen und Apennin kennt, mißfällt ihm schließlich die ses schöne Wort für eine sehr unmalerische gewerbliche

Italien seine Polhöhe beträchtlich vermindern muß, ehe sich für ihn die Anfangsstrophen von Mignons Sehnsuchtslied,

Absicht.

die er auf den Lippen trägt, erfüllen sollen .

Bahnmeilen.

Wird bei dieser „ Vermählung “ die Rebe als

Bewegt man

weiblich gedacht, so ist der Ehemann offenbar nichts anderes

sich auf der Eisenbahn von Padua über Florenz und Rom

als der Pfahl zur Unterstüßung, denn der Landwirth um Da ferner alte

südwärts, so gewahrt man erst im Golfe von Neapel die ersten Citrusbäume. Noch aber sind es nur Citronen

geht damit die Kosten eines Rebsteckens .

Bäume zu viel Schatten verursachen würden, ſo ſieht man

die sichtbar werden, nicht einmal bei Pozzuoli oder am

nur schmächtige Jünglinge, und wie die englischen Jockeys immer unter schweren Decken schlafen müssen um sich durch

sich wenigstens hinter schüßende Mauern.

Schwitzen ihre orthographische Magerkeit zu erhalten, ſo werden die Kronen der stüßenden Bäume beständig durch die Säge

bahnfahrt verseßt uns jedoch rasch von Neapel nach dem geschäftigen Hafenort Castellamare und mit dem Vet:

wieder abgeworfen. Man denke sich nun diese verstüm melten Schäfte im Frühjahr, umklettert von den Strängen

turin weiter eilend nach Sorrent, leuchten endlich nach einer halben Stunde bei dem malerisch gelegenen Vico

des blätterlosen Rebstocks, und man wird wohl einsehen.

Equense die Hesperidenäpfel aus dem dunklen Laube. Wälder" wie auf Sicilien find indessen es noch immer

daß im zeitigen April unmöglich günstige Eindrücke von einer solchen Staffage zu holen sind. Die „Vermählung" ist troßdem ein hübscher Gegenstand zum Zeichnen in das Album eines Dilettanten. Weiter im Süden Italiens läßt man nämlich die Laubbäume zu höherem Alter gelangen ,

Golfe von Bajä werden Orangen gebaut, oder sie verstecken. Eine kurze Eisen

nicht, sondern vorläufig nur Gärten von geringer Tiefe, hinter deren Mauerfronten die Orangenbäume, beladen mit abendgluthfarbigen Aepfeln, die lüsternen Blicke fesseln. Vico Equense liegt am Nordrande der gebirgigen Halb

die Sägenschnitte verbirgt rasch das junge Laub, die Rebe wird nicht mehr so regelmäßig gespannt, sie läuft gewöhn

insel, die, nach Capri sich verlängernd, den Golf von Neapel

lich schräg nach der nächsten Stüße empor, und man läßt

öffnet sich die sonnige Bucht von Ealerno.

gegen Süden abschließt, auf dem andern Abhange aber Auch dort gibt

Eine Ferienreise über den Apennin.

es eine Riviera, an malerischen Reizen ebenso reich beschenkt wie die berühmte Küstenstraße westlich von Genua.

555

und ganz in äußerster Ferne wird auf duftig blauen Wo es auf Gipfeln noch eine Schneebedeckung sichtbar.

Wer nach Neapel reist um in den Schönheiten der

Erden wirklich schön ist, da erwacht in uns die Sehnsucht

Natur zu schwelgen , sollte nicht versäumen wenigstens einen

des Weiterstrebens. Dort über jene blauen Kämme hin über würde uns die Straße nach Sicilien führen , wenn nicht Geschäftspflichten uns am Zipfel hielten. Dort

Tag für den Golf von Salerno aufzusparen.

Die Bahn

züge sehen ihn nach zwei Stunden bei dem kleinen Hafen ort Vietri ab, malerisch an einem steilen Abhang hinauf

gegen Südwesten unter der Kugelkrümmung der Meeres,

gebaut , mit einer Rhede vor der etliche Zweimaſter ankern. Dort dingt er einen Vetturin, der ihn sogleich über eine hoch gesprengte Brücke an die andere Thalseite

fläche liegen die lipariſchen Inseln, liegt unter ihnen wie

auf einer Musterstraße westwärts dem Gestade des Golfes

der der Stromboli, der rührigste Vulcan der alten Welt, der beständig seine Schlackengarben ausstößt und des Nachts

Wohl vermiſſen wir etliche

den Schiffen als Leuchtthurm dient ! Das ist der Zauber des Mittelmeeres , daß es uns unwillkürlich entführt hinaus

Zierden die dem Busen von Neapel zu seinem gerechten Preise verholfen haben. Das Meer beherrscht nicht nur

über die silbernen Ränder seines blißenden Schildes . An der Riviera di Ponente, wo man hart am Meer die Pal

die größere Hälfte des Gesichtskreises, sondern es fehlen vor allem die beiden Kleinode des hinter uns liegenden

men in Wäldchen stehen sieht, und zugleich schroffe Thäler abschließen mit den schneebedeckten Hörnern der Seealpen,

Golfes, seine Inseln,

das sanft ansteigende Ischia mit

sucht das unersättliche Auge südwärts nach den Schatten.

seinem geschärften Gipfel und das sehnsuchtweckende Capri

umriſſen Corsica's, hier am Salerner Gestade späht es nach Sicilien, auf Sicilien würde es Malta suchen oder Pan:

von Salerno entlang führt.

in träumerisches Blau gekleidet.

Wir entbehren auch den

Vesuv, der zwischen den Festlandshörnern des Golfes ſich im Hintergrund die rechte Mitte ausgesucht hat, dort als

tellaria,

Herrscher aus der Campagna Felice aufsteigt, und am Ufer als schimmernden Saum die Häuserfronten der Orte Por

Mittlerweile ist während unserer Fahrt hinter dem kleinen Vietri das stattliche Salerno hellfarbig hervorge

tici, Resina, Torre del Greco und Torre del Annunziata trägt, die uns immer und immer wieder in die willkom

treten, aus der Ferne wie alle südlichen Städte lockend Sie biegt, Die Straße wird nun einsam. anzusehen.

mene Täuschung versehen als verlängere sich Neapel ſelbſt fichelförmig vom Pojilip bis nach den Trümmern Pom

form um die Einbuchtungen des hochaufstrebenden Ufer

pei's. Frische vulcanische Erhebungen, wenn sie kegel: förmig mit abgeſtumpfter Spiße aufgeschüttet werden, sind

dingter Erhebung .

viel zu regelmäßig um durch ihre Umriſſe das Auge zu

Meer gegen die Klippen oder überfluthet die Köpfe.abge.

befriedigen.

stürzter Felsmassen um in schäumenden Bächen wieder ab zufließen. Wo man es auch sieht, immer ist Meer oder

Erweitert sich aber nach längerer Ruhe durch

Einstürze der Krater , beginnt die Verwitterung seinen

und

auf Pantellaria nach dem Strande von

Carthago.

vielfach in den Felsen eingesprengt, beständig in Hufeisen.

randes und gewinnt allmählich etwa 500 Fuß an unbe : Unten zu unsern Füßen bäumt ſich das

Rand auszuzacken, werfen spätere Erdstöße einen Theil des Ringwalles nieder, daß durch die Bresche hindurch

Ocean lebendig und fesselnd.

das Innere des vulcanischen Gerüstes, die Trümmer des

mal daß es die jugendliche Menschheit zur Sitte und zum

ehemals feurigen Rundtheaters sichtbar werden, und erhebt

Anstand erzogen, daß dort unsere Muster und Meister zu politischen Bestien " erwuchsen, um Aristotelisch zu sprechen. Wir fümmern uns nicht um die Zeiten vor und nach den punis

sich auf der erschütterten vulcanischen Ruine im zweiten Acte ein neuer Feuerberg, vom alten halbzerstörten Kra terrand wie von einem Mantel umgeben, dann entstehen. Linien und Umriſſe von eigenthümlicher Anmuth.

Und

Thalassa, ist fesselnd und schön.

Das Mittelmeer aber, die Wir gedenken nicht ein

schen Kriegen, vor und nach den Kaisern, wir denken nicht ein mal an den lauernden Tiber, obgleich wir doch bei der

was wir so eben erzählten ist ja nichts anders als die

nächsten Biegung ein Stück der Ostküste von Capri gewahr

Lebensgeschichte der Vesuvgruppe, nur daß der ehemalige

werden, wohin sich der glatte Sünder vor der Lästerchronik

Vulcan der Vorzeit oder vielmehr die Reſte ſeines Trichters

der Römer zu verbergen pflegte.

jezt die Somma genannt werden.

ins Meer, etliche Klippen wie Pfähle in das Waſſer vor schiebend. Wir denken nicht daran daß wir Amalfi zu

Dem Golfe von Salerno fehlen also die Inseln Ischia und Capri sowie der Vesuv.

Er bietet uns dafür am

Malerisch tritt die Insel

streben, Amalfi, welches vor Zeiten die ersten Pilger nach den heiligen Landen beförderte, nicht aus Barmherzigkeit,

Festlandgestade übereinander eine Reihe von Bergzügen, abgestuft von mildem kräftigen Blau bis zur Luftfarbe.

sondern um ein schönes Stück Geld zu verdienen ; Amalfi, das

Die vordersten Stufen sind nicht hoch, allein die malerische

im Wappen den Compaßſtern führt, weil 1302 dort ein

Wirkung ist von absoluter Höhe unabhängig, wenn nur die

geschichtlich nicht auffindbarer Ehrenmann die Nordweisung

Linien klar sich abheben und anmuthig bewegt erscheinen,

der Magnetnadel entdeckt haben soll,

wie dieß gerade vor uns der Fall ist, wo sie sich bald heben, bald senken, bald zuspißen, bald besänftigen. Wie

etliche Jahre zuvor ein Milchbruder des löwenherzigen Richard bereits genau beschrieben hat. Und bevor wir

zählen vier, fünf, ja sechs solche Kämme hinter einander,

noch Amalfi erreichen, wird der Vetturin mit der Geißel

die hundert und

Eine Ferienreise über den Apennin.

556

auf eine Höhe über Atrani deuten, wo der Geburtsort von Tommaso Aniello steht.

Was gilt uns aber in diesem sonni

| wird.

Die drei kleinen Fischerörter Majuri, Minuri und

Atrani sind voller Leben und Geschäftigkeit.

Bevor man

gen Augenblicke Masaniello oder Flavio Gioja? was Groß:

sie erreicht hat, bemerkt man längs der Straße von Cul

griechen oder Altitaler, was die mittelalterlichen Italiener?

turgewächsen nur den Delbaum mit graugrüner und den

Die physische Gegenwart wollen wir genießen, das was uns

Johannisbrodbaum mit schwarzgrüner Belaubung, während

dieser Tag gebracht hat, der nicht mehr zurückkehrt. Und eben

an Felsen und über Gartenmauern regungslos amerikaniſche

hält der Wagen vor einem frisch getünchten Zollhause, zur Ver

Agaven (Aloës ) ihre fleischigen Blattschwerter krümmen,

theidigung wohl gerüstet und mit einer Zugbrücke versehen,

oder Feigencactus (Opuntien) ihre tellerförmigen Glieder:

die emporgezogen worden ist, denn die Herrschaft scheint

stücke hölzern an einander reihen.

nicht zu Hause.

Abhängen des Gestades gemauerte Stufen über gemauerte Stufen, und jede von ihnen beschattet ein Schirm von Citrus

In jenem festungsartigen Schilderhause,

so erzählt der Vetturin, hausten jüngst zwei verdienstvolle Carabinieri (im Zweifelsfalle wahrscheinlich Piemontesen), die nach und nach 23 Briganten einfingen, welche zwischen Sorrent und Amalfi ihr Unwesen getrieben hatten.

Drei

von ihnen litten die Todesstrafe, und die abschreckende Wir kung erwies sich so kräftig daß seit Jahresfrist kein Ver brechen mehr verübt worden war.

Das Zollhaus liegt

am Cap Tumolo, etlichen prachtvoll zerspaltenen Klippen, zwischen denen herumkletternd wir vergeblich den äußersten

Jezt aber erheben sich an

laub, in deſſen Dunkel die Citronen so dicht herabhängen, daß selbst auf weitem Abstand ihre gelbe Farbe wirksam bleibt. Aber weit länger fesseln uns die Crangenterraſſen wegen des warmen Grünes ihres dunkeln Laubes, eine Lust für das Auge, der unwillkürlich ein Ausbruch des Entzückens folgt. Vergnügt gestehen sich die Theilnehmer des Ausfluges daß selbst nach allen Zaubern des Golfs von Neapel die Fahrt nach Amalfi zu den glanzvollsten Tagen der Wan derung

räumen die Ruinen von alten Thürmen, sogenannte Sara cenburgen, sei es nun daß sie von Saracenen oder, was

schrumpft zu einer Kleinſtadt, läßt uns unser gedruckter

äußerlich wahrscheinlicher, zum Schuß gegen saraceniſche Seeräuber erbaut wurden.

gabe)

Von Cap Tumolo senkt sich die Straße abwärts, stets den Einschnitten in die felsige Küste folgend, immer zur Linken das bewegte Meer. Die Zerklüftung der Fels wände ist so malerisch wie an den classischen Punkten

zählen

müsse .

Vor Amalfi angekommen,

Vorsprung zu erreichen suchen. Auf den niederen Felsen zungen hart am Meere folgen jezt in kurzen Zwischen

der

weiland glänzenden Meeresbeherrscherin, jezt zusammenge:

Reisevormund (Bädekers

Süditalien in englischer Aus

die Wahl zwischen zwei Wirthshäusern, dem Albergo

dei Cappuccini und della Luna. Obgleich das letztere höherer Preise verdächtigt wird , wählten wir es dennoch, weil der König Friedrich Wilhelm IV dort eine Nacht ver weilte, denn mit Recht galt der vorige Monarch Preußens als ein feiner Kenner der Naturschönheiten, und wirklich erwies

der ligurischen Riviera, die Farben des Gesteins theils braunroth, theils von zartem Grau ; nur wo die Bran

sich auch der hochgelegene Bau gegenüber den Ruinen eines

dung wäscht, umfäumt es ein sepienfarbiger Streifen . Wenn wir aber um die nächste Felsennase gebogen sein werden,

Marinestrand, und die kleine Stadt die sich hineinzwängt in eine enge Schlucht, in das Valle de' Molini, das seinen.

alten Castells als günstiger Punkt zum Niederblick auf den

Dort folgt nicht ein

Namen einem oder zwei Duzend Papiermühlen verdankt

Einschnitt, sondern es eröffnet sich ein geräumiges Thal,

mit denen es beginnt, um schließlich in einer Papiermühle

dessen Sohle als flacher Strand vorrückt, damit das Mittel

für alle diejenigen zu endigen die nicht die Thalwand Der Hof des Wirthshauses zum emporklettern wollen.

erwartet uns ein heiteres Gemälde.

meer dort seinen weißen Schaum als Gürtel abſeßt. Auf den trockenen Kieseln des Strandes liegen die Fischerboote und größeren Barken, während weit draußen im Meer in

Monde ist obendrein ein hübsches Denkmal der Baukunst,

langen Gassen die Neße für die Thunfische sich erstrecken .

denn es läuft um ihn herum ein Säulengang, ganz ähnlich dem im Klosterhof neben der römischen Basilica S. Paolo

Drüber hinaus in größerer Wasserferne zählen wir mehr

fuori le mura, nur daß bei diesem leßtern Rundbogen, hier

als zwanzig Barken mit aufgespannten Segeln, geflügel

aber Hufeisenbogen auf doppelten Säulchen ruhen und

ten Insecten nicht unähnlich, die uns am Abend auf hohem

uns ein klein wenig an die Alhambra gemahnen, so weit wir sie aus Aquarellen oder Stereoskopien kennen . Wir

Meer nach Vietri noch zurückbegleiten sollen.

Das Marine

bild ruft uns lebendig ins Gedächtniß die kleinen Ort: schaften der genueſiſchen Riviera zurück, nur vermißt man ungern die schönen ligurischen Trachten der Männer, ihre

lesen oft daß Amalfi's Handelsgröße gesunken sei, weil sein Hafen versandete. Von einem Hafen ist aber nichts zu sehen, sondern nur von einer offenen Rhede, auch kann.

makellos weißen Hemden und die brennendrothen Wollen

vormals aus geologischen Gründen irgend ein geschüßtes

müßen. Als Entschädigung begegnet uns auf der Straße nach Amalfi, und in Amalfi selbst die Tracht oder viel

heutigen ,Marine “ bilden alterthümliche Gebäude. Amalfi's

mehr ein Mangel an Tracht bei den Frauen.

Glanz erlosch während der Kreuzzüge, wahrscheinlich weil

Das Haupt

mit langen Bündeln Holz belastet, schürzen sie, wahrschein

Becken nicht vorhanden gewesen sein, denn die Front der

man damals Schiffe von größerem Tonnenregiſter und

lich um besser das Gestrüpp zertheilen zu können, den Rock auf, daß das nackte Bein bis zum oder über das Knie ſichtbar

1 Die deutsche war nämlich vergriffen.

Eine Ferienreise über den Apennin.

557

mächtigerem Tiefgang zu bauen begann, die aber nur in

Zeit wo das Verhalten unseres Dunstkreises zum Waſſer

geſchüßten Häfen vor Anker gehen konnten, wie wir in

noch unergründet war.

unsern Tagen genug ähnliche Vorgänge erleben, da ſelbſt

Sättigung der Luft mit Wasser verdanken Maler und Naturfreunde das sonnige Blau der Fernen, sowie ihre vielen

Amsterdam nicht den Schiffen höchsten Tiefgangs mehr erreichbar ist. In der frühern günſtigen Beſchaffenheit der Häfen liegt wohl die physische Ursache der einstmaligen

Jenem Umstande

der höheren

Abstufungen ohne Verlust an Schärfe der Umriſſe. Der höhere Glanz der Farben dagegen rührt sicherlich von der verminderten Polhöhe, also den steileren Einfallswinkeln

Größe Pisa's, Genua's und Venedigs . Aber was gehören diese alten Geschichten zu dem was

der Sonnenstrahlen, oder mit andern Worten von der ge

wir aussprechen wollten ? Es lag uns nur daran die Gränze zu bestimmen wo unter freiem Himmel die ersten

steigerten Lichtfülle her, und diese Lichtfülle ist es wie derum, welche in den Blättern der Gewächse eine größere

Orangen sichtbar werden, und mit Beschämung bemerken wir daß touriſtiſche Geschwäßigkeit uns verführt hat die

Menge von Chlorophyll oder Blattgrün abscheidet. Ein so warmes Grün wie das eines Drangenhains, oder ein so

Aber freilich Eindrücke einer Epazierfahrt zu erzählen . nicht alle, aber manche ―――― find so italienische Eindrücke -

schwärzliches wie das der Johannisbrodbäume, ein so bräun liches wie das der immergrünen Eichen sezt daher immer wieder südliche Wärme und südliche Beleuchtung voraus.

scharf und mächtig, daß die Nennung eines Namens wie Salern oder Amalfi genügt uns plötzlich wieder frisch an die Gestade des heitern Mittelmeeres zurückzuverſeßen ! Erinnern wir uns recht, so sprachen wir von der Täu

Da nun aber bekanntlich die physiologische Empfindung der Farbe nichts abſolutes iſt, ſondern die Farbe von der

eine fauftgrobe Veränderung der Landschaft wahrnimmt.

Farbe beherrscht wird, ein weißer Punkt z . B. im grün lichen Feld immer röthlich, im röthlichen Felde immer grün lich erscheinen wird, so kann es auch geschehen daß die

Schroffe Wechsel gehören aber zu den höchſten Seltenheiten, denn wo die Natur sie vermeiden kann scheut sie alle

höher erwärmten Farben des Vordergrundes zurückwirken auf die Empfindungen der Lufttöne, und daß man dem

Sprünge. Und dennoch beginnt schon bei Bozen für den So oft man jenigen der schärfer sucht eine neue Welt.

Himmel selbst zugeschrieben hat, was nur durch einen ver

schung eines Neulings der jenseits der Alpen nicht alsbald

das offene Thal erreicht wo der Eisak mit der Etsch sich vereinigt, kann man sich an der Wahrheit eines Goethe'schen Wortes aufs neue ergößen. "I Eine milde sanfte Luft füllte die Gegend," bemerkt er bei seiner Annäherung an Boßen.

schärften Gegensaß der irdischen Gegenstände erzeugt wurde. Die höhere Erwärmung und die größere Lichtfülle verur sachen ferner die Milderung und Besänftigung alles Fer: nen, und so entstehen jene zarten Farbentöne, welche uns an südliche Landschaften zum Nimmersattwerden fesseln.

Der geheime Sinn dieser Worte liegt offenbar darin daß

In diesem Sinne aber beginnt Italien wirklich dort wo

er das Thal mit Luft sich angefüllt denkt. Vielleicht halten

die Etsch zur Adige wird.

wir zugleich damit den Schlüssel zum Verständniß deſſen was man italienischen Himmel nennt.

Der Verfaſſer hat

viermal Italien, theils im Herbst, theils im Mai und Juni besucht, aber mit dem besten Willen konnte er niemals eine andere tiefere Färbung der Luft entdecken.

Jn Neapel

Freilich ändern sich noch wenig die Culturgewächse, denn Mais wird ja auch in Deutsch

land gebaut, edle Castanien wachsen am Rhein, und der Maulbeerbaum erfordert selbst auf der süddeutschen Hoch ebene keine besondere Pflege. Was daher in Bezug auf Verbreitung der Pflanzen uns zwingt Oberitalien zu Süd

freilich behauptete ein Eingewanderter mit großer Gelaſſen

europa zu zählen, ist das Auftreten der ersten immergrünen

heit daß erst im Juli und August das Blau des Himmels auch für Ungläubige sich mächtig dunkle. Etwas nicht gesehenes ſoll als etwas unglaubwürdiges hier nicht dar

Laubhölzer, der Lorbeeren, Camelien und Magnolien, welche lettere selbst den harten Winter Mailands noch überstehen . Den Blicken des Neulings entzieht sich freilich was zur

gestellt werden.

Zierde nur an geschüßten Orten gebaut wird.

Entdecken wir doch auf jedenfalls guten

Bildern daß die Beleuchtung der Abendluft über Venedig im December ganz ungewöhnliche Töne hervorruft, und das farbenkundige Auge des Malers unterscheidet wohl genauer als der ungeübte Blick des Laien die verschiede

Mit der

Grenze der immergrünen Belaubung halten jedoch gleichen. Schritt zwei weithin kenntliche Coniferen, nämlich die

möglich daß das , was man unter „ italienischem Himmel "

Cypresse und die Pinie. Die Cypreſſen Norditaliens ſind häßliche, steife, dünne Gestalten, so regelmäßig zugespit als kämen sie von der Drehbank oder ständen sie unter der Scheere eines französischen Gärtners aus der Rococo

versteht, nichts anderes sei als die Farbentonarten der be leuchteten Landschaft. Die höhere Erwärmung bringt

zeit, aber jenseits des Apennin wie jenseits der Seealpen in Lis gurien gewinnt man sie lieb, zumal wenn sie aus dem matt

es mit sich daß jenseits der Alpen nicht nur mehr Wasser

bend in der Luft sich zu erhalten vermag, ohne zu Nebel

grünen Baumschlag der Olivenwipfel schwärzlich emporſteigen und wenn sie ihre Aeste ebener von sich strecken, so daß die Obe liskengestalt mehr und mehr verdrängt wird und in eine Nadel

oder Wolken sich zu verdichten, und daß eine solche mit

holzpyramide übergeht. Vielleicht werden südlicher andere Un

durchsichtigem Dampf gesättigte Luft die Thäler „ anzufül

terarten gezogen, deren die Botaniker für Cupressus sem pervirens nicht mehr als vier geschaffen haben. Pinien sieht 71

nen Brechungen des Lichtes.

Doch bleibt es immerhin

verdunstet, sondern auch mehr verdunstetes Wasser schwe

len" scheint, wie Goethe ahnungsvoll es aussprach zu einer Ausland. 1869. Nr. 24.

558

Eine Ferienreise über den Apennin .

man seltener als Ziergewächse in Oberitalien. Der nördlichſte Punkt östlich vom Apennin, wo dieser edle Baum als Wald

höheren, bis zu den Gipfeln bewaldet , die niederen mit

auftritt, liegt in dem Delta der Etsch, und kann als Ziel

aber diese anmuthige Berggruppe hinter uns, dann um fängt uns wohlbebautes Land in tödtlicher Einförmigkeit,

eines Tagesausflugs von Venedig benutzt werden, denn mit einerBarke erreicht man bei günstigem Winde durch die Lagu nen in wenigen Stunden Chiogga, und von dort mit einem . Vetturin den nahen Pinienwald. Die Pinie ist in der Jugend

Ortschaften, Schlössern oder Burgruinen gekrönt.

Liegt

nur unterbrochen durch das Stillhalten vor den größeren Städten, wie Rovigo und Ferrara, zwischen denen der Zug den schlammfarbigen wohlangefüllten Po in behutsamem

keine sonderlich anziehende Pflanzengestalt, aber sie wird

Schritt auf einer Brücke mit hölzernem Oberbau über

es im höheren Alter.

schreitet.

Kein Maler und kein Photograph

Vom Einerlei ermüdet begrüßt der Reiſende

der vom Posilip aus Neapel aufnehmen will, läßt es sich entgehen zur Belebung des Vordergrunds links oder rechts

daher mit lebhafter Erregung die ersten Anhöhen hinter

eine der dortigen Pinien zu wählen. Je südlicher sie angetroffen

Bahn welche jezt dem Erosionsthale des Reno aufwärts

wird, desto schirmartiger breitet sie sich aus, aber nirgends erscheint sie günstiger als bei einer Heimkehr von den Al

folgt, verseht ihn mitten in die Berge, an deren Abhängen

Bologna, durch die sich der Apennin ihm ankündigt.

Die

parkartig der schöne Baumschlag Italiens uns mit einem

banerbergen nach Rom, wenn neben altem Gemäuer durch

Gefühl der Erlösung befeligt, daß wir endlich nach lauter

das Astwerk einer einsamen Pinie der Abendhimmel glüht, und warme Lichter durch die Lücken ihres ernsten Nadel

Fruchtbarkeit und Menschenfleiß wieder in der Natur uns

daches fallen, oder wenn, wie in dem Parke der Villa

Jahreszeit die Apfelbäume in Blüthe, und zugleich sproßten

Doria Pamfili bei Rom über dunkeln Laubmaſſen, auf

zwischen den Gesteinen in hohen Sträuchern hübsche weiße Ericen, mit denen sich leicht ein Preis auf einer heimathlichen

dem Lufthintergrund erst die Schäfte eines Pinienwaldes aufsteigen, oben sich die Aeste theilen und an den Aesten

bewegen.

Noch standen wie daheim um

die nämliche

die Zweige fast wagrecht sich ausbreiten, darüber aber der

Blumenmusterung hätte gewinnen lassen. Je weiter wir uns erheben, desto schluchtenreicher wird das Thal. Blaue Gebirgs.

dunkle Schirm der Nadelpolster sich ausspannt.

kämme werden überragt von blauen Gebirgskämmen.

Der

Wenn wir fast ausschließlich von den Gewächsen Ita:

Frühling, in den Ebenen schon völlig hervorgebrochen, lauscht

liens sprechen, so geschieht es weil ja nächſt den Luft- und Lichtwirkungen von ihnen allein die landschaftlichen Ver

dort noch in den Blattknospen der kahlen Wipfel . Hinter

änderungen abhängen, denn jedermann hat als Wahrheit

fortgefeßte Tunnelbauten.

anerkannt was A. v. Humboldt zuerst aussprach, daß

und der Blick fällt abwärts in die lustigen Gefilde Tos

nämlich alle Felsarten überall unter allen Breiten oder

cana's.

Pracchi beginnt der Uebergang über die Höhenscheide durch Endlich ist der Kamm erreicht,

Unter uns liegt altersgrau Pistoja,

aber weiter

Längen fich finden oder wenigstens finden können, und

abwärts ist die grüne Thalsohle des Arno, oder vielmehr

die nämlichen Felsarten allenthalben auch dieselben Berg

des Ombrone, durchschwärmt von zahllosen hellen Punkten,

gestalten wiederholen, so daß also die Fremdartigkeit ir gend eines Naturraumes vorwiegend nur von seinem Pflan

den weit nach allen Richtungen in schimmerndes Grün hinausgestreuten Landhäusern. Das verlockende Gemälde

zenkleide herrührt.

Wer sich daher seiner Eindrücke durch

ist aber viel kürzer sichtbar als der Leser an Zeit ge

trennt ein auffallender Gegensah Oberitalien und Mittel:

brauchte um unsere Zeilen zu durchfliegen. Wieder folgt ein - man langer Tunnel, wieder ein kurzer Blick, und auf ihn möchte vor Aerger bersten ---- - ein neuer Tunnel. So geht es

italien, oder die Po- Gebiete von dem südlichen Abhang des

geraume Zeit weiter, daß man sich fast auf neun Zehnteln der

Zergliederung bewußt werden will, der muß den Pflan zengestalten ein scharfes Auge widmen. In diesem Sinne

Apennin oder der Seealpen .

Wer Genua in der Richtung

Strecke zwischen Bergdurchstichen und nur auf einem Zehntel

nach Alessandria verläßt, folgt nur eine kurze Strecke dem .

im Freien befindet.

Meeresgestade, plöglich schwenkt der Zug nach rechts ab, und ein endloser Tunnel nimmt ihn auf, der rasch nach

ein neues verwandeltes Italien,

oben führt.

Dafür empfängt uns aber jenseits nicht mehr das adria.

tische, sondern das transapenniniſche.

Sogleich auf der

Gelangen wir wieder ans Tageslicht, so hat

nächsten Station, zu der sich die Bahn in Windungen

sich alles verändert, der Glanz des Mittelmeeres ist uns entrückt, wir werden eingeschlossen von Bergen, und eilen.

hinabgesenkt hat, wird die Veränderung der Natur durch

durch eine Landschaft die weit eher an die frostige Heimath uns erinnert als an Italien. Der Vorhang fiel gleichsam,

ein wichtiges Culturgewächs angekündigt, nämlich durch den Delbaum, denn keine Olive wird sichtbar von dem Brenner

und als er sich wieder hob, lag eine veränderte Bühne

angefangen bis Piteccio, dem letzten Rastplate vor Piſtoja. Der Delbaum bezeichnet die klimatische Gränze zwischen

vor uns.

Ober- und Mittelitalien, wie die im Freien gedeihende

Etwas ähnliches wiederfährt dem Reisenden auf

dem Wege nach Florenz . Zwischen Venedig und Bologna bleibt der Boden völlig flach, nur daß die Bahn hinter Padua an der und streckenweis zwischen der euganeischen Gruppe hindurchführt, bekanntlich eine Zusammenschaarung vulkanischer Regel von längst erloschener Thätigkeit, die

Orange als das Wahrzeichen von Unteritalien uns gelten darf, so daß also seltsamerweise dieligurische Riviera wegen ihrer Erzeugnisse um beinahe drei geographische Grade zu nördlich liegt, wenn das Klima gehorsam mit der Polhöhe sich ändern würde.

Briefe über vergleichende Mythologie.

Um zum Schluß noch einer Enttäuschung zu gedenken, sei erwähnt daß der Reisende beim Abschied, so oft ihm wohlwollende Freunde gutes Wetter wünschten, zuversichtlich behauptete eines heitern Himmels sicher zu sein, denn nie erinnerte er sich von früheren Besuchen ber je eines Tro pfen Regens oder nur eines trüben Tages in Italien, mit Ausnahme der Alpenseen oder bei der Annäherung Wie sollte es sich auch anders zutra an das Gebirge.

559

stellen diese arische Periode zum Gegenstande einer ein gehenden Darstellung zu wählen ; dieselbe dürfte sich natür lich nicht auf die Mythologie allein beschränken, sondern müßte die Uebereinstimmungen zwischen Indern und Era: niern in allen Theilen ihres Culturlebens in möglichster Voll ſtändigkeit sammeln, und unter ihnen gebührend diejenigen Fälle hervorheben in welchen nur Jnder und Eranier zu sammenstimmen, ohne daß sich dieselben Anschauungen auch

gen ? Die Halbinsel fällt in den Gürtel der Winterregen, und ist einmal der März und April überstanden, dann verheißen ja die Lehrbücher den ewig lächelnden Himmel In der That fiel aud) im vergangenen des Südens.

bei den anderen indogermanischen Völkern nachweiſen ließen. An diesem Orte müssen wir uns, mit Rücksicht auf das uns vorgesteckte Ziel, auf die Mythologie der arischen Periode beschränken, und auch für diese wird man hier keine er

als bei der

schöpfende Darstellung erwarten dürfen, sondern nur eine

Rückkehr

nach Verona , abgesehen von einem heftigen. Guß in Rom der zehn Minuten anhielt , und etlicher

Anzahl von Belegen welche geeignet sind das wirkliche

zählbaren Tropfen, die auf dem Römerpflaster von Pompeji

sicher zu stellen, und die uns zugleich einen Begriff geben

rasch verdunsteten. Sollte den Verfasser aber noch einmal ſein Weg nach Italien führen, wäre ſelbſt Sicilien ſein Ziel und der Auguſt der erwählte Jahresabschnitt, er würde

können welcher Art die Mythologie in jener Zeit war.

Monat Mai der erste Regen nicht früher

freundliche Wünsche dankbar

entgegen nehmen.

Trüber

Tage erinnert er sich zwar nur zwei, beide sielen jedoch Wenn die Sonne aber in den Aufenthalt von Neapel.

Vorhandensein einer Mythologie in der arischen Periode

Dieser Zweck mag es auch entschuldigen, wenn wir in die ſem Briefe zum Theil Beispiele von neuem anführen die längst jedermann bekannt sind welcher sich für diese Stu dien interessirt. Die arische Periode ist nicht so arm an

nicht scheint, oder wenn sie nur geschwächt durch die Dünste bricht, ist auch der Golf von Neapel ein Gemälde dem

Gestalten daß sich diese Wiederholung nicht vermeiden ließe, es ließen sich sehr wohl lauter neue Beispiele an die Stelle der alten seßen welche man gewöhnlich zu geben

das beste fehlt. Das leuchtende Blau der Fernen erlischt, die Farbe des Meeres wird finster, Villen, Castelle und

pflegt. Allein es ist nicht der vornehmste Zweck der gegen: wärtigen Darstellung nur neues, sondern vor allem sicheres

Häuſermeer erscheinen unbehaglich,

und

das gesammte

zu geben.

Wir denken uns nicht einem Publicum gegenüber

Bild erhält einen Anstrich des gemeinen und werktäglichen, der sehr ernüchternd wirkt. Wir fügen dieß hinzu als Trost für solche die vielleicht Neapel bei trübem Wetter

welches von vornherein der vergleichenden Mythologie freund

erreichen, und dann beſtürzt ſich fragen sollten : ob nicht

hier vorzubringen gewillt sind, wir denken uns vielmehr

alles was sie zuvor gesehen, gehört und gelesen, auf Ueber treibung beruht habe ? Alle Verklärung des Physischen stammt vom Licht, und wenn sich die südliche Sonne ver

vor eine Versammlung gestellt welche eher zu zweifeln ge

birgt, erscheint auch der Süden kalt und freudelos.

günstige umzuwandeln . Wir werden also theils bekanntes, theils unbekanntes geben, stets aber genau die Punkte her

lich gesinnt ist, und darum vielleicht selbst noch weiter gehenden Behauptungen Glauben schenken würde als wir

neigt ist, und nur durch das Drängen gewichtiger Beweise dazu bewogen werden kann ihre ungünſtige Ansicht in eine

vorheben welche uns zur Vergleichung bestimmen .

Wir

haben auch Sorge getragen vor unserer Darstellung immer die Quellen einzusehen , selbst in den Fällen wo Vorar beiten bereits vorhanden waren.

Diese Quellen ſind für

Briefe über vergleichende Mythologie. die indische Familie der Rigveda, der ja fast allein in Be

Bon Prof. Dr. Fr. Spiegel.

tracht kommt, wenn man von den alten Vedaliedern spre: chen will , für das Eranische ist es natürlich das Avesta.

III. Sollte der in unserem leßten Briefe angedeutete Wunsch in Erfüllung gehen, und würde sich die vergleichende My thologie wieder mehr der geschichtlichen Methode zuwenden als dieß in der letzten Zeit der Fall gewesen ist, so dürfte eine genaue Kenntniß der arischen Periode eines ihrer dringendsten Bedürfniſſe ſein, denn an ſie ſchließen sich zu nächst die Zustände derjenigen Periode für die wir im Veda und Avesta urkundliche Belege haben. Es wäre ge wiß ein dankenswerthes und nicht einmal allzuschwieriges Unternehmen, wollte ein Sprachforscher sich die Aufgabe

Wir haben jedoch keinen Grund gefunden uns pedantiſch auf diese beiden Bücher zu beschränken und wohlbegründete Vergleichungen abzuweisen, weil wir das Material dazu auf der einen oder der andern Seite nur in einem ſpätern Buche erhalten fanden. Es ist bekannt daß die Ansichten der spatern indischen Religion nicht alle direct aus dem Veda abstammen, sondern zum Theil auf Seitenlinien zurückgeführt werden müssen ; es ist also ganz gut möglich daß auch in diesen Seitenlinien hier und da etwas ur sprüngliches erhalten sein kann, das im Veda nicht zu be legen ist.

Hinsichtlich des Avesta ist es ebenso bekannt, daß

Briefe über vergleichende Mythologie.

560

es uns zwar zuverlässige aber auch nur kurze und unvoll

einen von den Vätern ererbten und der Veda macht uns

ſtändige Andeutungen über mythologische Dinge gibt, welche aus späteren Werken vielfach ergänzt werden können und

sogar vier Personen namhaft welche in der Vorzeit durch

müssen. Immerhin bleiben solche Fälle nur Ausnahmen und die Beschränkung auf die beiden genannten Bücher die Regel.

sind.

ihre Verehrung dieses Gottes zu großer Bedeutung gelangt Von diesen vier Personen gehören drei schon ihrem

Namen nach der arischen Vorzeit an, und wenigstens eine derselben wird auch in den Vedas in beſtimmte Beziehung

vergleichende

zu Soma gesetzt, so daß wir wohl das Recht haben werden.

Mythologie in der arischen Periode zu berücksichtigen hai, wird Soma immer den ersten Plaß einnehmen wegen der

erste von ihnen heißt Yama, und dieser Name findet sich

Unter den Gestalten nun

welche die

alle diese drei Personen hier gleich anzuschließen.

Die

unläugbaren Aehnlichkeit welche den indischen Gott dieses

ebenso sicher wieder in dem eranischen Yima wie oben Soma

Namens mit dem eranischen Haoma verbindet und ihre

im eranischen Haoma.

Identität in einer früheren Periode außer Zweifel stellt.

Vivasvat, und auch hier ist wieder Gleichheit, denn auch der

Yama heißt weiter der Sohn des

Was Windischmann über diesen Gegenstand vor Jahren

eranische Yima ist der Sohn des Vivanghat. Sicherlich ist diese

gesagt hat ist auch jezt noch wahr, wenn es sich auch durch die fortgeschrittene Durchforschung der betreffenden Urkunden

Namensgleichheit allein schon genügend um bei jedem Unbefan genen die Ueberzeugung zu befestigen daß wir es hier wiederum

Unzweifelhaft ist vor allem die

nicht mit dem Zufalle, sondern mit mythischen Persönlichkeiten

Gleichheit des Namens, um das indische Soma in das era

zu thun haben, deren Entstehung über die Sonderung der

nische Haoma zu verwandeln bedarf es nur der Anwendung

arischen Völker hinausliegt. An den Namen jedoch schließen sich noch andere bedeutsame Thatsachen. Ueber Vivasvat

mehrfach ergänzen läßt.

der gewöhnlichsten Lautgeseze. Nicht minder schlagend als die Gleichheit des Namens ist auch die Aehnlichkeit des Begriffes mit welchem dieser Name in beiden Religionen verbunden wird. Zuerst der eranische Soma ist ebensogut ein Getränk wie der indische Haoma, und die Heilsamkeit dieses Getränkes wird in beiden Religionen gleichmäßig

oder Vivanghat, den Vater, läßt sich zwar wenig sicheres mehr ermitteln.

Am meisten Ausbeute gewähren noch die

indischen Urkunden, welche zeigen daß der Name ursprünglich „der Leuchtende" bedeutet, die Persönlichkeit ist aber entweder

hervorgehoben, hier wie dort ist dieser Trank ein Heils

niemals vollständig ausgebildet oder bereits vor Entstehung der Vedalieder wieder von anderen Gottheiten verdrängt

mittel gegen Krankheit und Tod, und heilige Ceremonien

worden. 1

begleiten seine Verwendung in beiden Religionen.

Weiter

ist aber in beiden Religionen Soma wie Haoma ein Gott, eine Persönlichkeit, welche denen die ihn anrufen irdische Güter verleiht.

Der indische Soma gibt Kühe, er gibt

Auch Yama der Sohn erscheint in den alten

Vedaliedern nicht eben sehr häufig, ist aber doch verständ lich.

Er erscheint nicht allein, sondern in Verbindung mit

seiner Schwester Yami, und es ist wahrscheinlich daß die Grundbedeutung des Wortes

der Zwilling " sei.

Yama

starke Rosse und thatenreiche Nachkommen, der eranische

und seine Schwester sind die ersten Menschen,

Haoma verleiht denen welche Pferde dahin eilen laſſen Rosse, Kraft und Stärke, er gibt den Frauen die zu ge

die ersten Sterblichen : Yama war der erste Mensch welcher starb, wie uns der Veda ausdrücklich belehrt. Aber auch

bähren wünschen glänzende Kinder, reine Nachkommenſchaft.

im jenseitigen Leben behält Yama eine Bedeutung für seine Nachkommen welche nach ihm denselben Weg wan

Jm Veda hilft Soma nicht bloß als Trank sondern auch als Person dem Indra wesentlich zu seinen Großthaten; im Avesta ist er der einzige welcher den bösen Afraſiab

deln müssen den er zuerst gewandelt ist.

aber auch

Dieser Weg

König von Turan, zu binden und in die Hände seiner

führt sie in die Wohnungen der Seligen, wo sie dann mit ihrem Urvater in ungetrübter Luft vereinigt wohnen . Diese

Verehrer zu liefern vermag .

indische Auffassung scheint derjenigen noch ziemlich nahe

Auch daß diese beiden Auf

fassungen des Gottes bald als Trank bald als Person,

zu stehen welche dem Yama ursprünglich zukommt ; in der

häufig ineinander verschwimmen, muß als eine Eigenthüm lichkeit beider Religionen in Anspruch genommen werden,

eranischen Fassung ist diese Ursprünglichkeit mehr vermischt, aber sie schimmert noch hinlänglich durch, um die Ver

es zeigt uns diese Erscheinung daß entweder die Persön lichkeit des Gottes noch nicht genügend ausgebildet war,

zu ergänzen.

gleichung des Namens durch Beifügung entsprechender Züge Es kann nicht zweifelhaft sein daß auch dem

oder daß das Trinken des Soma so sehr in den Vorder

eranischen Yima vom Anfange an eine Schwester zur Seite

grund trat daß man bereits aufing die göttliche Natur zu

ſtand, und daß es bloßer Zufall ist wenn dieselbe in den

vergessen. Wir glauben daß die oben angeführten Züge hinreichen werden um unsere Behauptung zu begründen

so spärlichen alten Urkunden nicht vorkommt, sondern nur

die Aehnlichkeit zwischen dem indischen Soma und dem eranischen Haoma sei keine zufällige, sondern stüße sich auf eine Form der Verehrung desselben welche älter ſei als die Religion dieser beiden Völker. Diesen letzteren Theil unserer Behauptung unterstüßen auch die Urkunden selbst, denn auch die Vedas schildern den Somacultus als

in späteren Schriften. Diese Schwester des Yima gilt noch als die Stammmutter eines Theiles der Menschheit, Yima selbst dagegen ist nicht mehr der erste Mensch, son dern der erste König, er war ursprünglich unsterblich, wurde aber später durch eigene Verschuldung sterblich.

Auch die

↑ Vgl. R. Roth, Zeitschrift der deutschen morgenl. Geſellſchaft 4, 424.

Briefe über vergleichende Mythologie.

561

Eranier kennen einen glückseligen, der gewöhnlichen Welt entrückten Ort, welchen dieser Yima gegründet hat, wenn

nischen Haoma-Verehrer, den Thrita, herbeizuziehen, denn dieser Name ist Buchstabe für Buchstabe dasselbe wie der

auch nicht alle Menschen dorthin gelangen, sondern nur wenige Bevorzugte. Man sieht, wir finden auch hier nicht bloß leere Namen, sondern einen reich entwickelten Mythus,

indische Name Trita, der mehrfach in den Vedas vorkommt und am häufigsten das Beiwort Aptya erhält. Trita und Traitana, wie Thrita und Thraetana sind gewiß ganz

der von jeher mit den Anfängen des Menschengeschlechtes

oder nahe zu dieselben Personen, wenn sie auch in den

in Verbindung gestanden haben muß.

uns zugänglichen Denkmalen geschieden werden, wenigstens

Nicht zu läugnen

ist jedoch daß in beiden arischen Religionen dieser Mythus bereits im Verschwinden begriffen ist. In Indien hat Yama ſeine ursprüngliche Bedeutung vollständig an Manu_ab geben müſſen,

in Eran ist er durch das eigenthümliche System in welches er aufgenommen wurde ſeiner ursprüng lichen Bedeutung noch mehr entfremdet worden. Wie mit Yama so ist es auch mit Manu.

gehören bei den Eraniern Thrita und Thraetana verſchie denen Familien an. Was nun den eranischen Thrita be trifft, so gehört dieser Name mindestens zwei verschiedenen Personen an, über beide ist wenig mehr bekannt, doch wissen wir daß sie zu den Helden der Vorzeit gerechnet werden. Von dem indischen Trita ein klares Bild zu geben, ist

Wir werden später sehen.

schwierig genug, denn die Vedas gedenken seiner gewöhn

daß diese lettere Persönlichkeit nicht bloß der ariſchen My thologie angehört, sondern weit über dieselbe hinausreicht. In Indien ist er allerdings als erster Mensch immer in

lich nur in flüchtigen Andeutungen und zeigen ihn uns nicht in fester lebendiger Gestalt ; auch er scheint in den Vedas eine theilweise schon vergessene Persönlichkeit zu sein

Erinnerung geblieben, in Eran aber ist der Name Manu

er erscheint bald als Gott, bald als ein frommer Seher

das einzige welches haften blieb, und wir sind daher nicht im Stande zu beurtheilen wie er sich zu ima verhalten habe.

der Vorzeit, er wohnt in weiter Ferne wie Yama, nach einer Stelle scheint es eine ganze Anzahl von Tritas zu

Weniger wird es uns gelingen die Verhältnisse anderer mythischer Persönlichkeiten zu entwirren, deren Namen auch schon ihr Alter befunden, es sind dieß gerade diejenigen.

gewöhnlich zugeschrieben wird, ist das Schlagen der Wolken= schlange mit drei Köpfen und sieben Schwänzen, und diese

deren Zusammenhang mit Soma auch in Indien beglau bigt ist. Diekmal ist es der Name des Stammvaters der

Thraetaona zu vergleichen, denn auch er schlägt einen

für uns zuerst in Betracht kommt.

das Gesagte zusammen, so glauben wir behaupten zu dürfen daß wir es auch in diesem Mythenkreise mit Personen zu

Im Avesta wird als

der zweite der glücklichen Haoma Verehrer ein Athwya ge= nannt,

es ist dieß der Name einer bestimmten einzelnen

Persönlichkeit.

geben.

Die That nun welche dem Trita in den Vedas

That ist es welche uns veranlaßt ihn mit den eranischen

Drachen mit drei Köpfen und drei Rachen.

Faſſen wir

thun haben welche der arischen Vorzeit angehören, ¡dieß

Im Beda finden wir denselben Namen

zeigt uns die nicht zu läugnende Gleichheit der Namen.

wieder, nur mit Vertauschung der beiden mittlern Buch staben als Aptya. Es kann auch hier keinem Zweifel

sönlichkeiten im Veda wie im Avesta beigelegt werden.

unterliegen daß wir vollkommen identische Namen vor uns

Allein die Fäden sind hier viel mehr in einander verschlun

haben, allein die Bestimmung des Begriffes macht mehr

gen als in dem Mythus von Yama und seiner Schweſter,

und die große Aehnlichkeit der Thaten welche diesen Per

Die indische Form des Namens erweist

das uns erhaltene Material aber zu lückenhaft als daß

sich auch hier als die ursprünglichere, und die Bedeutung des Wortes ist auch hier ziemlich durchsichtig : Aptya heißt

wir uns getrauen dürften die ursprüngliche arische Form des Mythus wieder herzustellen.

der Waſſergeborne oder der Waſſergebieter. Obwohl nun dieses Wort in den Vedas keineswegs ein bloßes Eigen

Verehrers vor Augen, den das Avesta Kereçaçpa nennt .

Schwierigkeit.

schaftswort ist, so bezeichnet es doch nicht bloß ein ein ziges Individuum, sondern erscheint als Beiwort für meh

Klarer tritt uns wieder der Sohn des dritten Haoma

Das Wort ist wieder Buchstabe für Buchstabe dasselbe wie das indische Kriçaçva , gleichfalls

ein Eigenname

rigkeiten mehren sich noch bei dem Namen des Sohnes.

der einen Helden der Vorzeit bezeichnet. Zwar kommt dieser Kriçaçva in den Vedas nicht vor, sondern erst in

rere, ja für eine ganze Claſſe von Wesen.

Die Schwie

Als Lohn für seine Verehrung des Haoma wird dem

späteren Büchern der Juder, dieß ist jedoch kein Grund ihn

Athwya im Avesta ein Sohn Thraetaona zu Theil, dessen

für jung zu halten, zumal da er seine ursprüngliche Hel

Name sich aber nach andern Handschriften auch Thraetana lesen läßt. Beide Namensformen klingen nahe genug an

dennatur auch im Bewußtsein der Inder bewahrt hat. Was die indischen Urkunden über ihn berichten ist nur

eine indische Persönlichkeit Namens Traitana an, welche im Der indische und

wenig, besser kennen ihn die eranischen als den Sieger über verschiedene fabelhafte Unholde. Unter diesen ist es

eranische Name lautet sehr ähnlich, aber ganz identischsind

namentlich einer der unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht,

Veda nur ein einziges mal vorkommt.

sie nicht, das eranische Thraetana müßte im Veda Tretana,

er heißt Gandarewa, bei den Jndern finden wir denselben

nicht Traitana lauten, dazu bietet das was im Veda über

Namen wieder als Gandharva oder Gandharba, leztere

Traitana erzählt wird keine Anhaltspunkte für die Ver

Schreibart ist die richtigere.

gleichung. Um so näher muß es liegen den dritten der era Ausland. 1869. Nr. 24.

wir auch hier wieder bei den Eraniern die besser ausge 72

Wie gewöhnlich, so treffen

Briefe über vergleichende Mythologie.

562

bildete, aber wahrscheinlich weniger ursprüngliche Form des Mythus. Jm Avesta ist Gandarewa ein Unhold der mit seinem Kopfe bis an den Himmel reicht, während ihm das Meer nur bis an die Knie geht, das Meer wird übrigens als sein gewöhnlicher Aufenthalt gedacht.

Auch in den

Vedas wird der Gandharba mit den Gewässern in Ver bindung gedacht, aber seine Stellung ist sehr dunkel und unbeſtimmt, und die Anschauung von ihm jedenfalls eine von der späteren indischen Mythologie ganz verschiedene.

Ansicht zu unterstüßen scheinen, umsomehr als wir in den Stand gesezt sind die Zahl jener Persönlichkeiten noch zu verstärken welche von den beiden arischen Völkern im ent gegengesezten Sinne aufgefaßt werden. Dennoch glauben wir nicht daß jene Ansicht von einem bewußten Gegensaße in den religiösen Anschauungen der arischen Völker eine begründete sei.

Für vollständig begründet würden wir sie

nur dann halten können wenn dieser Gegenſaß ein durch gängiger wäre, wenn alle die gemeinschaftlichen Götter

Auf einen wichtigen Unterschied müſſen wir indeß hier

namen auf der einen Seite gute, auf der andern Seite

aufmerksam machen : bei den Indern scheint Gandharba

böse Wesen bedeuteten, wenn alle Gottheiten, welche die Jnder mit den Eraniern theilen von den letzteren in die Hölle gestoßen worden wären. Weder das eine noch das

gewöhnlich ein Freund des Soma zu sein, bei den Eraniern hingegen ist er ein Feind des Kereçaçpa und mithin auch des Haoma.

Es kommt jedoch auch in den Vedas eine Stelle

vor, nach welcher der Gandharba von Indra erlegt wird, es dürfte also diese Persönlichkeit in der arischen Periode noch nicht fest ausgebildet gewesen sein.

In einem ganz

ähnlichen Verhältniſſe ſteht noch eine zweite Persönlichkeit

andere ist der Fall, wenn der Name deva bei den Eraniern bloß für diese Wesen gebraucht wird, so gibt es dagegen andere wie yazata und baga, die nur von himmlischen Wesen von ihnen gebraucht werden, und die sie doch ebensowohl mit den Indern theilen wie den zuerſt genann Wie mit den Namen so verhält es sich auch mit den Personen ; manche der alten Götter sind aller

zu Soma, welche wir hier gleich erwähnen wollen, diese heißt Kriçanu in den Vedas, Kereçani im Avesta. Das

ten Ausdruck.

Wort ist wieder dasselbe bis auf die Endung, und be:

dings in die Hölle gestoßen, aber andere gleichfalls ge meinschaftliche (wie Mithra) sind nicht nur geblieben, ſon

deutet in der einen wie in der andern Mythologie ein fabelhaftes Wesen, welches in Beziehung zu Soma gesezt wird, mit dem Unterschiede jedoch daß dieses Weſen bei den Indern zu den Beschüßern des Soma gehört, während es bei den Eraniern zu seinen Feinden gerechnet wird. Welche Umstände diese verschiedene Auffassung veranlaßt

dern selbst zu erhöhtem Glanz emporgestiegen . Es wird wird darum das beste sein anzunehmen daß hier der Zufall . obgewaltet habe, um so mehr als wir ja gesehen haben daß gar manches göttliche Wesen in der arischen Periode noch keine ganz feste Gestalt gewonnen hatte ; es mag

haben, wissen wir nicht mehr, wir werden aber Gelegenheit

darum immerhin sein daß man unter deva eine Claſſe

haben zu sehen daß diese beiden Beisviele nicht vereinzelt find.

von Göttern schon in der arischen Periode zusammenfaßt,

Soviel dürfte uns wohl nicht mehr bestritten werden. daß wir in der Somaverehrung einen Cultus vor uns haben der nicht nur in die arische Vorzeit zurückgeht, ſon: dern auch schon ziemlich ausgebildet war. Jedoch beschränkt sich das Gebiet der Vergleichung nicht auf diesen Cultus allein, es gibt noch zahlreiche mythologische Persönlichkeiten welche die vergleichende Mythologie der arischen Periode. Von hohem Interesse sind einige allge zuweisen muß. meine Bezeichnungen . Es gehört zu den bekanntesten Thatsachen im Gebiete der vergleichenden Sprachwissenschaft daß der Name deva so ziemlich bei allen indogermanischen Völkern die himmlischen Wesen bezeichnet, die Eranier allein machen eine Ausnahme und sehen in ihnen höllische Dämonen, aber nicht bloß die Mehrzahl der Stimmen, auch die Etymologie entscheidet sich für die bessere Bedeu tung des Wortes, und wir finden also hier wie öfter bei den Eraniern das weniger Ursprüngliche. Man hat diese schreiende Abweichung als eine bewußte fassen wollen, und geglaubt die Eranier hätten absichtlich die ursprünglich gute Bedeutung des Wortes in eine böse verkehrt, weil sie die ursprünglichen Götter nicht mehr als gute Wesen anzuer fennen vermochten. Was wir oben über die entgegenge= setzte Fassung einiger mit dem Somadienste verbundenen mythologischen Persönlichkeiten gesagt haben, könnte diese

deren Berechtigung nicht allen späteren begründet erſchien. Es kann nun zwar mißlich erscheinen schon in der arischen Zeit eine Eintheilung der Götter nach Classen vorauszusehen, da noch die spätere vedische Periode in dieser Beziehung so große Regellosigkeit zeigt, aber gleichwohl wird man die Annahme nicht ganz von der Hand weisen dürfen. Man hat längst gezeigt daß sich auch in den Vedas bereits eine Götterclasse, welche den Namen Adityas führt, zu bilden anfange, und hat diese mit den Amesha spentas, der ober ſten Götterreihe der Eranier vergleichen wollen, weil die Adityas öfter das Beiwort animisha (die Augen nicht ſchließend) erhalten . Wir müſſen nun zwar die Zulässig keit dieser Gründe bestreiten, denn erstens ist die Ver wandtschaft von animisha und amesha nur eine schein bare auf den bloßen Gleichflange begründete ; zweitens erscheint unter der Reihe der indischen Adityas nur ein einziger Gott der vergleichbar wäre und dieser gehört bei den Eraniern nicht zu den Amesha-spentas . Allein darum wollen wir doch die Vergleichung nicht ganz von der Hand weisen und zugeben daß wenigstens die Anfänge dieſer Zusammenfassung mehrerer Götter in eine bestimmte Claſſe bis in die arische Zeit zurückreichen , weil es allerdings einige Beiwörter gibt, welche die Adityas mit den Amesha spentas gemein haben . Sonst ist gerade in dem obersten Götterkreise der Eranier nicht eben vieles was sich in die

Briefe über vergleichende Mythologie.

563

Man hat zwar den

eines der am meisten verehrten Wesen, und auch im Avesta

obersten Gott der Eranier, den Ahura-mazda in den Vedas

steht es in hohem Ansehen, merkwürdiger Weise wird es aber bei den Eraniern mit einem andern Worte bezeichnet

arische Periode zurückführen ließe.

wieder finden wollen, aber wie wir überzeugt sind mit ent schiedenem Unrechte. Der Name bedeutet der sehr weise

als bei den Indern, obwohl das indische Wort sich auch

Herr, nun heißen im Beda die verschiedensten Götter theils

in dem weiteren Kreise der Sprachen wieder vorfindet, da

weise, theils Herr, allein der letzte Schritt : diese Beiwörter

für stimmen die arischen Sprachen wieder in mehreren un tergeordneten Bezeichnungen zusammen, welche beweisen

für ein einziges Wesen allein in Anspruch zu nehmen, wurde nur einseitig und in der nachariſchen Periode ge macht.

daß der Cultus des Feuers schon ziemlich ausgebildet war.

Weit mehr Anspruch auf hohes Alterthum hat Armaiti,

kommen und zwar in der frühesten Periode der menschli chen Existenz, ein Zeichen daß man über die Unentbehr

der vierte unter den Ameſha-ſpentas , ein weiblicher Genius,

Beide Völker laſſen endlich das Feuer vom Himmel herab

der als Göttin der Erde und der Weisheit gilt, ganz das :

lichkeit dieses Elements für das menschliche Leben schon

selbe ist der Fall mit der indischen Aramati, deren Name zwar nicht ganz genau stimmt, welcher aber selbst von den

ziemlich ins Klare gekommen war.

indischen Erklärern die nämlichen Eigenschaften zugeschrie ben werden. Nur das müssen wir bemerken daß die in

auf einem Wagen fahrend dachte läßt sich wo nicht er:

dische Göttin dieses Namens keineswegs in so hohen Ehren steht wie ihre Namensschwester bei den Eraniern . Nicht ein einziges Lied ist an sie gerichtet, sie erscheint nur bei läufig und nicht an vielen Etellen, es muß zweifelhaft

Auch daß man schon

in der arischen Periode die Sonne mit Rossen versehen und

weisen, doch wenigstens sehr wahrscheinlich machen. Nicht bloß der Himmel war aber in der arischen Pe riode schon reich bevölkert, ebenso sehr und vielleicht in einem noch höheren Grade war es auch die Unterwelt.

bleiben ob sie früher eine große Bedeutung hatte welche

Auch hier haben wir uns zuerst wieder mit einigen Per: sönlichkeiten zu beschäftigen welche in den beiden arischen

welche sie später bei den Indern einbüßte oder ob sie um gekehrt von den Eraniern zu höheren Ehren erhoben wurde.

Religionen entgegengesette Bedeutung haben. Indra, der wie kein anderer ein Recht darauf hat als der vorzüg

als ihr ursprünglich zukamen.

Weniger zweifelhaft iſt der

lichste unter den vedischen Gottheiten genannt zu werden,

Fall bei dem fünften der Amesha-spentas, welcher den

ist von den Eraniern als böser Geist in die Hölle gewiesen

Namen Haurvat, Haurvatat führt.

worden. Der Name ist bei beiden Völkern genau derselbe, und dieß dürfte genügen die Entstehung des Gottes in die arische

Es ist kein Zweifel

daß dieser Name derselbe sei wie das indische Sarvatati und lateinische Salus, es ist auch kein Zweifel daß dieser Ausdruck schon in der arischen Vorzeit eine gewiſſe Heilig feit hatte, allein eine Persönlichkeit bezeichnete er damals gewiß noch nicht.

Wenn aber irgendein Gott Anspruch

darauf machen kann in die ariſche Zeit zurück zu reichen , so ist dieß gewiß Mithra.

Dieß ist der Gott von dem wir

Periode zurück zu verlegen. Mit dem Namen aber endigt die Gleichheit, gleiche oder ähnliche Züge werden uns von diesen beiden Wesen nicht erzählt. Die That wegen welcher Indra unzähligemale in den Vedas gepriesen wird : das Schlagen der Wolkenſchlange, ſo daß die zurückgehaltenen Ge wässer auf die Erde herabströmen können, ist den Eraniern

bereits oben gesprochen und gesagt haben daß er der ein

gleichfalls bekannt, wird aber von ihnen einem andern

zige in der Reihe der indischen Adityas sei der sich mit einem eranischen Gotte vergleichen lasse. Daß der Name bei den

Gott beigelegt. Hieraus folgt doch wohl daß diese That in der arischen Periode noch nicht so fest mit dem Namen

Eraniern genau derselbe sei wie beiden Indern bedarf keines weitern Beweises, und auch über das Wesen dieses Gottes

Indras verknüpft war daß man sie nicht auch andern.

fließen die Quellen in beiden Ländern reichlicher als ſonſt der Fall zu sein pflegt.

Der Veda richtet verschiedene Hymnen

Göttern beilegen konnte, und die Richtigkeit dieser An nahme beweisen uns auch die Vedas, dort wird neben Indra auch noch Agni, und selbst auch Trita als Besieger

an ihn, und auch im Avesta ist seine Anrufung eine häu

der Wolkenschlange genannt.

fige und zum Theil sehr ausführliche.

daß Indra in der arischen Periode noch bei weitem nicht

Zwei der Beiwör

Hieraus schließen wir nun

ter welche den Mithra der Eranier häufig auszeichnen : der Un

die Bedeutung hatte welche ihm später bei den Indern

betrogene und der Wachsame, gehören auch zu den Bei

zukommt, er war noch nicht vollkommen ausgebildet und

wörtern der indischen Adityas, und wenn auch die Formen dieser Beiwörter nicht ganz genau zusammen stimmen, so

konnte darum, je nach der verschiedenen Ansicht, zu einem

ist doch jedes derselben in der einen arischen Sprache aus

guten oder zu einem bösen Wesen umgeschaffen werden. Aehnlich verhält es sich mit dem eranischen Dämon Naon

derselben Wurzel entſproſſen wie in der andern.

haithya .

Ueberall

Wir wiſſen längst daß dieser Name derselbe ist

wird Mithra als ein Lichtgott gepriesen, aber auch als ein

wie das indische Nasatya, aber mit dem letzten Namen

Beschüßer derer die ihn anbeten, und diese lettere Eigen

bezeichnen die Vedas zwei Wesen, erst spätere Schriften sprechen von einem einzelnen Gott dieses Namens, der eranische Dämon erscheint nur vereinzelt. Gleiche Züge

schaft ist es wohl hauptsächlich die ihn seinen Verehrern theuer gemacht hat. Nur noch einen Gott wollen wir hier aus der Zahl der vergleichbaren Wesen herausheben : es ist der Gott des Feuers. Im Veda ist das Feuer

werden von diesen Wesen nicht erzählt, uns scheint auch hier ein Wesen der arischen Periode von den Indern ſpä

Briefe über vergleichende Diythologie.

564

ter in zwei Theile gespalten zu sein, und es scheint sogar

wirklich einmal eine Zeit gegeben

als sei die vedische Ansicht im indischen Volksglauben nicht ganz durchgedrungen . Ein solcher Gegensaß findet indessen

arischen Völker sich gemeinsam entwickelten, und unter den

in welcher die beiden

zahlreichen Spuren dieser gemeinsamen Entwickelung in allen Gebieten des Lebens läßt sich die reiche religiöse Ent faltung noch besonders betonen. Es sind nicht bloß dürf

nicht bei allen Wesen dieser Art statt, und die überwiegende Anzahl der vergleichbaren Dämonen in der einen Religion zeigt dieselbe Natur auch in der andern. So wollen wir

tige Anfänge,

hier nur auf den eranischen Dämonen Çauru aufmerk

es ist vielmehr eine reich entwickelte Re

sam machen, den man gewöhnlich mit dem indischen Çarva,

ligion die uns in der arischen Periode entgegen tritt, Ober- und Unterwelt ist reich bevölkert, an die Götter

einen Beinamen des Çiva zusammenhält.

und Dämonen schließen sich bereits eine Heldensage und

Allein dieser

spätere Gott könnte mit dem eranischen Dämon nur unter

ein entwickelter Cultus an.

der Voraussetzung verglichen werden, daß sich ältere Be

stalten zeigen uns übrigens auch daß die Religion jener

standtheile an seinen Cultus angeschlossen hätten, näher

Periode sich von den späteren Sonderreligionen der beiden.

scheint uns das indische çaru zu liegen, was zwar gewöhn

arischen Völker wesentlich unterschied. Es sind nicht die hauptsächlichsten Götter der einen oder der andern Reli

lich nur als eine todtbringende Waffe zu fassen sein wird, an einer Stelle aber auch als der Name eines weiblichen

Die noch vergleichbaren Ge

gion welche damals verehrt wurden, nur die wenigsten haben sich in ungeschwächtem Ansehen erhalten, die meisten.

Dämons erscheint, so daß die mythologischen Beziehungen des Wortes für die arische Periode außer Zweifel sind. Eine ganze Classe solcher bösen Wesen sind die Druhs.

sind in den Schatten gestellt und tauchen nur hier und

Obwohl das Wort in der Bedeutung schädigend in den

da als eine alte heilige, aber nur mehr halb verſtändliche

Vedas noch vielfach als Beiwort gebraucht wird, ſo iſt es

Erinnerung auf. Im ganzen ist die indische Ueberliefe rung über diese alte Periode treuer geblieben als die

doch gewiß daß man sich darunter auch weibliche Un

eranische.

holde vorstellte, welche besonders als Feinde des Indra gelten ; die Götter dagegen werden adruh, Nichtdruhs, ge

arischen Religionen bewogen wurden sich mehr und mehr von jener ursprünglichen Fassung zu entfernen, die alten

nannt.

Auch bei den Eraniern gibt es eine ganze Schaar

Die Gründe zu

entwickeln durch welche die

Götter fallen zu laſſen und neue an ihre Stelle zu ſehen, das wird die Aufgabe der indischen und eranischen Philo

weiblicher Unholde welche den Namen Drudsch führen und In enger

logie sein, der vergleichenden Mythologie aber fällt die

Beziehung zu diesen Druhs stehen andere Wesen, deren

nicht minder schwierige Aufgabe zu womöglich einen Ge

Namen in verschiedenen Formen wie dhvaras, dhûrti von einem Worte dhvar abgeleitet werden, welches schädigen

sammtüberblick über die Gestaltung der religiösen An schauung innerhalb der arischen Periode zu geben . Es

bedeutet, und in beiden arischen Sprachen von den bösen

ist nun freilich ein schwieriges und mitunter selbst nicht

Geistern gebraucht wird. Nicht übergehen dürfen wir auch die Yâtus die in beiden arischen Religionen unter gleichem

unbedenkliches Unternehmen ,

Namen als eine Classe böser Wesen vorkommen, die viel

leben nachzuweisen . Man wird jedoch nicht zu viel behaupten

ganz gewiß mit den vedischen identisch sind.

die halb verblichenen Ge

stalten wieder aufzufrischen und ihre Bedeutung im Volks

wenn man annimmt daß es die Naturkräfte nach ihrer ſegens

leicht am meisten ausgebildet waren. Nach den wenigen Stel 1 len in denen sich der Veda eingehender über ſie äußert scheinen

reichen oder schädlichen Seite waren welche damals haupt

sie in Thiergestalt aufgetreten, und unsern Wehrwölfen ähn

sächlich Beachtung fanden , unter ihnen ist die Erscheinung

lich gewesen zu sein, und dieser Auffaſſung dürften sich auch

des Gewitters namentlich hervorzuheben, daran schloß sich

die Eranier fügen.

wohl auch die Verehrung der freundlich leuchtenden Sonne

Der schroffe Gegensatz zwischen Licht und

Finsterniß, wie ihn das Avesta kennt, ist den Vedas noch

und des Tageslichts .

fremd, die Nacht und die Morgenröthe gelten ihnen noch

Aber auch ethische Begriffe dürften

schon in der arischen Periode zur Geltung gekommen sein,

als zwei Schwestern, einzelne Stellen aber heben die Freundlichkeit des Lichts gegenüber der beängstigenden

darauf weist die Verehrung des Soma als heilende Kraft, der Aramati als Weisheit, der Name der Druhs hängt

Finsterniß hervor, so daß auch hier eine Brücke gegeben

unzweifelhaft mit unserem deutschen Trug zusammen, und

ist welche von der älteren Ansicht zu der späteren des Avesta hinüber führt.

die mehr geistige Seite des Betrügers iſt auch für jene Zeit eben so gut in Anschlag zu bringen wie die leibliche des Schädigens .

Selbst daß man reine Abstractbegriffe

Die eben gegebenen Beispiele würden sich noch durch eine

damals schon zu Persönlichkeiten, namentlich schädlichen

ganze Anzahl nicht weniger sicherer ergänzen lassen, läge es anders in unserer Absicht sie noch zu vermehren. Für

erhob, dürfte jetzt schon erweislich sein. Nicht gering ist es auch anzuschlagen daß man damals schon über die Ent

unsere Zwecke, denken wir, werden auch die vorstehenden

stehung des Menschengeschlechtes und die ersten Zustände

genügen. Was wir aus ihnen lernen, ist in der That mancherlei. Zuerst glauben wir daß es niemand mehr

und über die Herabkunft des Feuers bezeugt, sowie daß

uns wehren wird die arische Periode als eine vollkommen

sich die ersten Anfänge

begründete historische Thatsache zu bezeichnen.

hatten.

Es hat

desselben nachgedacht hatte, wie der Mythus von Yama

einer Heldensage schon gebildet

Eine so reiche Entwicklung kann nicht mit einem

Das Project zur Hebung der versenkten Silbergallionen im Hafen von Vigo.

male ins Leben getreten sein, sondern setzt verschiedene Perioden voraus, in denen sie vorbereitet wurde.

1 laden dürften.

565

Die Handelskammer in Cadiz wollte, im

echten Monopolgeiſte, selbst unter diesen Umständen auch nicht ein Jota von ihrem Vorrecht aufgeben. ward an den Rath von Indien berichtet.

Die Sache

Diese Körper

schaft berathschlagte und zögerte gerade um einen Tag zu lang. Einige schwache Vorbereitungen zur Vertheidigung

Das Project zur Hebung

der versenkten Silber

wurden getroffen. Zwei verfallene Thürme an der Mün dung der Bucht von Vigo wurden von einigen schlecht be

gallionen im Hafen von Vigo.

waffneten und ungeübten Landleuten beseßt ; eine Kette England, Holland, Frankreich und Spanien führten im

ward über den Eingang des Hafens gezogen, und einige

siebenzehnten und im achtzehnten Jahrhundert sehr häufig

franzöſiſche Kriegsschiffe, welche die Gallionen von Amerika

Kriege unter einander, und so oft dieß geschah, richteten

her geleitet hatten, warfen innerhalb des Hafens Anker. Allein alles umsonst. Die englischen Schiffe durchbrachen

die Feinde Spaniens stets ein scharfes Auge auf die Silberschiffe welche von den amerikanischen Gold- und Silberminen nach Europa zurückkehrten Gallionen nämlich.

Diese Gallionen waren sehr große

Schiffe, mit drei oder vier Verdecken.

die Kette.

Ormond und seine Soldaten erstiegen die Forts ;

auf die spanischen die Franzosen verbrannten ihre Schiffe und retteten ſich an die Küste. Die Sieger theilten einige Millionen Dollars unter

Spanien pflegte sie

sich, und etliche andere Millionen wurden versenkt. Als sämmt

zu bestimmten Zeiten an die Küsten von Mexico und

liche Gallionen weggenommen oder zerstört waren, kam ein

Peru zu senden, um die in den dortigen Minen gewon

in gehöriger Form abgefaßter Befehl an mit der Erlaub

nenen Gold- und Silberbarren an Bord zu nehmen und

niß zum Ausladen.

nach Spanien überzuführen.

Herzog v. Ormond : der eritere hatte eine Flotte von fünfzig Segeln, der andere eine Landmacht von 13,000

Commodore Anson war be

kanntlich einer der glücklichen Seebefehlshaber welche eine

Admiral Rooke befand sich bei dem

dieser goldreichen Gallionen überfielen und wegnahmen.

Mann.

Der bemerkenswertheste Fall aber war der in der Bucht

gebrachten, von den Engländern weggeführten und ver

von Vigo,

senkten Werthsumme des Schaßes lauten die Berichte sehr

einige Monate ehe Königin Anna den eng

lischen Thron bestieg.

Damals waren England und Hol

land im Kriege mit Spanien und Frankreich, in einem

In Betreff der von den Spaniern in Sicherheit

widersprechend.

Ein Schriftsteller führt an : die Englän:

Kampfe den man den Succeſſionskrieg nannte, weil er sich

der hätten mehrere Kriegsschiffe und sechs Gallionen weg geführt welche Silber im Belauf von sieben Millionen

auf das Recht der Nachfolge auf dem spanischen Thron

Achterſtücken enthielten, während die Spanier elf oder

bezog.

zwölf Gallionen versenkten die mit Gold oder Silber im

Natürlich war, da der Krieg zu Lande sowohl als

zur See geführt wurde, alles Fisch was in das Neh kam .

Werth von sechs Millionen beladen waren .

Nun trug es sich zu daß gerade eine Flotte spanischer Kriegsschiffe zu jener Zeit eine Flotte spanischer Silber

behauptet : der versenkte Schaß sei an Werth größer als

schiffe über den atlantischen Ocean geleitete, und es war daher ganz natürlich daß Engländer und Holländer ihr

Ein anderer

der von den Spaniern gerettete, mit Einschluß selbst des von den Engländern weggeführten. Wieder ein anderer schreibt : der Gesammtschaß habe zwanzig Millionen Achter

Augenmerk auf dieselbe gerichtet hielten. Plaß

Vigo war der

eine Bucht an dem äußersten nördlichen Ende der

atlantischen Seeküste der Halbinsel, und von Cadiz durch die ganze Länge Portugals getrennt. Was sagt Macaulay in Betreff dieses Vorfalls ?

stücke betragen, wovon die Engländer nicht weniger als vier zehn Millionen weggenommen.

Daher müssen Macaulay's

„einige Millionen weggebrachter Dollars " unserer Neugier Genüge thun, so gut es eben gehen will. Die englische Beute

Die

ward großentheils von ruchlosen Agenten veruntreut, eini

Flotte war auf der Höhe der portugiesischen Küſte, auf

ges aber erreichte England, und wurde, zur Erinnerung

dem Wege nach England zurück, als der Herzog v. Dr mond die Nachricht erhielt daß die Silberschiffe aus

an die Heldenthat, zu Geld geprägt. Was für Münzstücke wirklich daraus geprägt worden, ist in Dunkel gehüllt geblieben. Einige sprechen davon als

Amerika so eben in Europa angekommen seien, und sich,

geben hätten. Die Ladung bestand, sagte man, aus mehr als

Gold, einige als Silber und einige als Gold und Silber ; während andere des Schazes als Gold- und Silberbarren

3 Mill. Pf. St. in Gold und Silber, außer vielen werth: vollen Waaren. Die Aussicht auf Plünderung machte

Erwähnung thun, der so und so viele Millionen Pf. St. werth gewesen sei. Die Benennung „ Achter- Stücke “ hat

aller Zwistigkeit ein Ende ; Holländer und Engländer, Admirale und Generale zeigten gleichen Eifer für ein

bracht hätten; allein im spanischen Handel galt als Grund

zu verschiedenen Zeiten verschiedene Bedeutungen gehabt eine Gold- Dublone von acht doppelten Kronen und eine Silberkrone von acht Ochavos. Ja, sie hat bisweilen einen Werth und bisweilen ein Gewicht von Silber bedeutet ; denn das Silber Achterstück hatte das Gewicht welches man

gesez daß die Gallionen in Cadiz und nur in Cadiz aus

einmal „ acht Realen " nannte.

um seiner Flotte auszuweichen, in den Hafen von Vigo be

Treffen.

Die Spanier hätten zwar mit aller Gemächlich:

keit den Schat sichern können wenn sie ihn ans Land ge

Alles in allem genommen,

Das Project zur Hebung der versenkten Silbergallionen im Hafen von Vigo.

566

thun wir vielleicht am besten wenn wir die bescheidenere

gegeben worden welche dieſelben von Zeit zu Zeit einer Unter

Schätzung annehmen : daß ein so und so viele Achterstücke werther Schatz ungefähr gleich war so und so vielen unserer

suchung unterzogen. Sämmtliche versunkene Schiffe bilden eben so viele abgesonderte und vollständige Erhöhungen

Kronen Stücke, oder jedes einer Unze Silbers. Nun, man geht jetzt mit dem Plan um eine Expedition

die Anhäufung von Muscheln und Schlamm über ihnen

abzusenden, mit der zugestandenen Absicht den versenkten Schat, wenn möglich, wieder zu entdecken. Ein " Conces:

zen Flotte gewesen sein soll, stieß, während sie von dem

oberhalb der allgemeinen Meeresgrundfläche, so groß ist

und um sie her.

Die Gallione, welche die reichste der gan

sionär" hat sich mit dieser Sache schon seit zehn Jahren

englischen Schiffe Monmouth aus der Bucht geschleppt

Er erhielt von der spanischen Regie: ernstlich beschäftigt. rung eine Concession (wie man es auf dem Continent

wurde, auf einen versunkenen Felsen im Süd- Canal, und ging unter. Die gesammte Mannschaft, mit Ausnahme

nennt), oder die Erlaubniß dieß zu thun.

Das Ueberein

zweier, wurde gerettet, der Schat aber sank auf den Mee

kommen lautet dahin daß, was immer aus dem Meeres grund in der Bucht von Vigo zu Tage gefördert werde,

resgrund und wie die alte Frau in der Essigflasche „wenn nicht gestorben, lebt dort immer noch."

sei es wenig oder viel, getheilt werden solle im Verhältniß von drei Viertheilen für ihn, und einem Viertheil für die spanische Krone, er selbst aber habe alle Rosten und Mühen

Der Concessionär hat eine Gesellschaft gebildet, oder sucht eine solche zu bilden, mit einem Actien- Capital das hinreichend ist um die Kosten des Unternehmens zu be

des Unternehmens zu tragen.

streiten. Als speculative Geldanlage, als Gewinn-Quelle betrachtet, haben wir mit der Sache hier nichts zu thun ; aber als Plan das nußbar zu machen was jest nulos

Als Oberst Gowen 1 in den ersten Monaten, des heu rigen Jahrs die gegenwärtige Lage der versenkten Schiffe untersuchte, kam er zu folgenden Ergebnissen : 1. Von dem Almirante ragt, in sieben und einem halben Faden Wasser, das Rippenwerk zwei oder drei Fuß über den Schlamm und die Muscheln im Meeresgrund empor,

ist (vorausgesett daß wirklich ein Schaß noch vorhanden) erregt das Unternehmen sicherlich einiges Intereſſe. Oberst

alles andere

Gowen wird, wie gesagt, das Unternehmen leiten. Was die Mittel zur Hebung des Schaßes betrifft, so

ist mit Schlamm überdeckt ; es sind keine Anzeichen vor

hat man hiefür einen mit vollständiger Panzerkleidung

handen daß das Schiff verbrannt worden ist, und das

ausgerüsteten Taucher im Auge.

Hippenwerk unterhalb des Schlammes ist den Angriffen des Teredo (Bohrwurms) entgangen. Obgleich man es

könne sich ein Urtheil von der Sachlage nur aus dem einen Versuch bilden der vor ungefähr zwanzig Jahren

ein Kriegsschiff nannte, hat es mehr Aehnlichkeit mit einer Gallione. 2. Der Espicio (?) liegt , mit beinahe seinem

zur Hebung des Schaßes, und zwar bloß auf zwei Schiffen,

ganzen Hippenwerk, in acht Faden Wasser, ist aber vom

glocke ist, wie man jest recht wohl weiß, keine wirksame

Teredo sehr zerfreſſen .

praktische Verfahrungsweise, weil die Taucher damit nur eine oberflächliche Untersuchung vornehmen können, nicht

3. Der Tambor iſt geſünder und

vollkommener als die beiden obengenannten ; das Verdeck liegt achtzehn Zoll unter Schlamm und Muscheln . Oberst Gowen entdeckte eine Schicht Maurerarbeit auf einem Theile des Verdecks, und vermuthet daß dieß der Boden.

Oberst Gowen sagt : er

mittelst der Taucherglocke, angestellt worden.

Die Taucher

über die Seitenausdehnung der eisernen Wände der Glocke ſelbſt hinaus, und unmöglich in die Kielräume verſenkter

einer Schiffsküche gewesen sei. Das Verdeck besteht aus sechs Zoll breiten und fünf Zoll dicken Brettern . 4. Die

Schiffe oder in irgendwelche unregelmäßige Höhlungen hinabzuſteigen vermögen. Die Taucherkleidung - welche die Arme und Beine des Trägers frei läßt, während sie

Cruceta befindet sich in acht und einem halben Faden

seinen Kopf gegen allen Zutritt von Wasser schüßt,

Wasser, ist gesünder und weniger mit Schlamm überdeckt

für frische Luft zum Athmen, so wie für den Abzug aus

als irgendeines der drei obengenannten ; auf dem Schiffe liegt ein Anker, ein Mörser und ein Kanonenrad. 5. Der

geathmeter Luft sorgt gewährt ihm die Möglichkeit herumzugehen und in alle Arten von Löchern und Winkeln

Chaternan ist theilweise verbrannt worden, sein Rippens werk aber scheint vollkommen gesund zu sein. 6. Die His

einzudringen, indem stets dafür gesorgt ist daß die ihn mit der Oberwelt in Verbindung haltenden Taue und Röhren

guera , die in fünf und

nicht brechen oder sich verwirren.

liegt, ist stark verbrannt, meinen gesund ; Verdeck.

einem halben Faden Waſſer das Rippenwerk aber im allge

mehrere Kanonenkugeln liegen auf dem

7 und 8.

Der eigentliche Plan welchen Oberst Gowen zu befolgen gedenkt wird wahrscheinlich von den besondern Umständen

übrigen Schiffe, deren

jedes Schiffs abhängen. Man weiß jezt aus praktiſcher Erfah

Namen nicht angegeben sind, haben durch Feuer viel ge acht oder zehn Fuß tief in weichem .

rung daß Schiffe leibhaftig vom Grunde des Meeres ge hoben werden können und gehoben wurden ; während es gleich

Die ursprünglichen Namen der Schiffe werden nicht

funkenen Schiffen herauszuschaffen und heraufzubringen im

erwähnt ; die hier angeführten sind ihnen von den Tauchern

Stande sind. Schwimmende Pontons sind auf die verschieden ste Weise für den ersterwähnten dieser Zwecke benügt worden.

litten, und liegen Schlamm.

Die beiden

und

1 Derselbe welcher im Auftrage der russischen Regierung die versenkten Schiffe im Hafen von Sebastopol gehoben hat.

falls bekannt ist daß Taucher werthvolles Eigenthum aus ver

Ein bemerkenswerther Fall dieser Art fand im verflossenen

Die Milchverkäufer in London und die Rinderpest.

Jahre statt.

Der "1 Wolf," ein eiserner Postdampfer, ver

sank in Folge eines Zusammenstoßes in Belfast Lough, und lag 40 Fuß tief unter Wasser.

Nach Berathung

vieler Plane wie man dabei verfahren könne, übernahmen die HH. Harland und Wolff die Hebung des Schiffs .

Sie

bauten einen ungeheuren schwimmenden Floß von eiser: nen vollkommen wasserdichten Luftbehältern. Es waren vier dieser Behälter vorhanden, in zwei Paare geordnet, mit einem Seitenabstand zwischen den Paaren welcher der äußer sten Breite des versunkenen Schiffs mehr als gleich war. Starke Bauholz-Kreuzstämme verbanden in verschiedenen. Theilen sämmtliche Behälter in einen Floß der eine Schwimm

567

Ausdehnung vorgenommen wird.

Allerdings wendet man

hin und wieder spanische Annotto an,

aber nur in ſehr

kleinen Quantitäten. Der Zweck hievon ist der Milch oder dem Rahm eine fettere Farbe zu geben , theils weil die Kunden auf eine unnatürlich kräftige Farbe besonders sehen und sie bewundern, theils weil durch das „ Waschen “ die Milch ein bläuliches Aussehen bekommt, besonders am Rande wenn das Gefäß geneigt ist ; die Beimischung von Wasser läßt sich gemeiniglich auf solche Art entdecken. Eine sehr merkwürdige Thatsache indeß darf man nicht vergessen: die Milch von einer schwarzen Kuh ist blauer als die von irgend einer andern.

Der Leser wird vielleicht

Schiffs übertraf. Da das Schiff acht Fuß tief in Echlamm lag,

ungläubig darüber lächeln, allein es ist nichtsdestoweniger wahr, und man findet eben so wenig eine Erklärung hie

so war es keine Leichtigkeit Ketten unter und um den Rumpf zu bringen, wie es in andern Fällen von Schiffhebung ge

für als für die gleich auffallende Thatsache daß alle weißen Kaßen mit blauen Augen taub sind.

kraft von 850 Tonnen hatte

schehen.

die das Gewicht des gesunkenen

Statt dessen wurden Ketten in die Seiten-Licht: |

Durch kein Mittel indeß konnte der Milchmann seinen

öffnungen im Rumpfe mit Haken befestigt ; es gab fünfzig

Geschäftsbetrieb während der Viehseuche gewinnreich machen,

solcher Oeffnungen, fünfzig in denselben angehakte Ketten, und fünfzig Kabestane oder Hebeschrauben auf den Platt.

der auch seitdem nie mehr so gut gewesen ist wie früher, denn

formen des Floßes, um die oberen Enden der Ketten festzuhalten ; jede Kette war im Stande fünfundzwanzig Tonnen zu heben. Taucher wurden verwendet um die genaue Lage des Schiffs zu untersuchen und die Haken in den Seiten 7 Lichtöffnungen zu befestigen. Als diese

der Preis der Milch scheint, sonderbar genug, nicht zu schwanken wie der anderer Waaren , sondern . bleibt der gleiche ob die Kühe krank oder vollkommen gesund find , ob ihr Preis steigt oder fällt. Ein Beispiel wird dieß deutlich machen.

Zur Zeit der Viehseuche waren Kühe

sorgfältigen Vorbereitungen getroffen waren , begann die

weitaus nicht so theuer wie sie jetzt sind, und ich erinnere mich daß ein Kuhbesizer an einem Montag drei sehr

Hebungsarbeit.

schöne gesunde Kühe für 57 Pfd. St. kaufte, und diese

Zweihundert und fünfzig Mann waren an

den Kabeſtanen oder Schrauben beschäftigt ; ſie arbeiteten unverdrossen, und in sechs Stunden erschien der halb

nämlichen Thiere, da die Seuche über alle Erwartung

ertrunkene „ Wolf" über der Oberfläche des Wassers, und ward im Triumph in den Hafen von Belfast geschleppt.

verkaufen mußte, indem sie, ausgenommen als Aas, voll

um sich griff, schon am folgenden Freitag für 6 Pfd. St.

kommen werthlos geworden waren. Im Westend gab es einen Milchmann der, wie man sagt, einen Viehbestand von 32 Küben hatte, denn so viele sollen sich gewöhnlich in seinen Ställen befunden haben.

Von der Bösartigkeit mit

welcher die Seuche wüthete kann man sich einen Begriff machen, wenn ich sage daß dieser Milchmann in einer Zeit Die Milchverkäufer in London und die Rinderpeßt. von bloß 6 Monaten 37 Kühe verlor.

Nationalökonomen und Landwirthe werden mit Ver. gnügen und Belehrung folgende handelsgeschichtliche Epi sode lesen, die wir aus " Chamb. Journal" hier mit theilen : Daß man die Milch an die Kunden verkauft wie sie von den Kühen kommt , glauben wohl nur wenige Menschen sie wird nicht so verkauft. Die Ver schlechterung welche sie erleidet geschieht auf zweierlei Art : zuvörderst dadurch daß man den Rahm abnimmt , was natürlich die Milch dünner macht ; will man sie aber als „ neue Milch" verkaufen, so nimmt man viel weniger Rahm ab als wenn abgerahmte Milch der Rückstand sein soll. Die zweite Verschlechterungsart, worüber niemand in Er staunen gerathen wird, ist die durch Beifügung von Waſſer. Beinahe alle in London zum Verkauf kommende Milch ist gewässert, gewaschen " oder „zugestußt, " wie man's im Handel nennt ; allein ich bin vollkommen überzeugt daß keinerlei andere Verschlechterung überhaupt in größerer

Seine Stallung

hatte nicht den geringsten Fehler, sie war warm, geräumig und trocken, und sonderbarerweise bei der zweiten Pest fast die einzige mir bekannte gewesen die in London den Ver heerungen der Krankheit völlig entging .

Der Beſizer ver:

lor während der ganzen Dauer der neueren Viehſeuche nie eine Kuh, so launenhaft und neckisch haben sich diese Geißeln für die Landwirthe gezeigt. Die erste Seuche, obgleich bewältigt, scheint doch nie ganz erloschen zu sein, und einige Fälle die da und dort vorkamen hielten das Andenken an die Fuß- und Lungen Krankheit aufrecht ; die Hauptwirkung, welche sie auf den Handel ausübte, war gewesen daß sich einige Milchhändler nach Vorräthen im Land umsahen, statt sich einzig und allein auf ihre eigenen Kühe zu verlassen.

Seit dieß aber

eher die Regel als die Ausnahme geworden, seht es uns einigermaßen in Verwunderung wenn wir lesen daß hie gegen bei den Kunden große Abneigung und Vorurtheile

Die Milchverkäufer in London und die Rinderpest.

568

herrschten, und daß der Landmilchhandel den geringeren. Kleinkrämern überlassen blieb. Kurz, das Publicum schien

ungefähr einen Quarter Branntweinbrennersträber, oder 1 , Bierbrauersträber fressen ; dieser Unterschied rührt daher

zu glauben daß zwischen einem Milchmann welcher Milch

daß der Quarter des einen acht Bushels , der des andern

von seinen eigenen Kühen verkaufe, und demjenigen der sie einführe, der nämliche Unterſchied beſtehe wie zwischen dem

nur 6 Bushels enthält.

Stiefelverkäufer der seine Waaren zu Hause verfertige, und seinem Concurrenten der sie insgesammt aus Northampton beziehe.

Oft entstanden höchst ergögliche Streitigkeiten zwischen dem regelmäßigen Verkäufer und denen welche die mißliebige Eisenbahnmilch verkauften. Zufälliger

weise litt um diese Zeit ein gewisser hervorragender Edel mann, wie das Gerücht ging, an einer Hautkrankheit, gegen welche Baden in Milch das einzige Heilmittel war, und da hörte ich wie orthodoxe Milchmänner ihre Nebenbuhler durch hierauf bezügliche Schmähungen zu ärgern suchten : sie sollten, rief man ihnen zu, warten bis der Herzog aus seinem Bad komme," und dann erst ihren Rundgang antreten. Es zeigte sich bald klar daß die Milchzufuhr mittelst der Eisenbahn fast von Tag zu Tag an Wichtigkeit ge= wann ; denn während der Preis dieses Artikels unverän

Beide gelten als gleich nährend,

und wenn man mit anderm Futter verständig abwechselt, tragen sie mehr als irgend etwas anderes zur Vermehrung der Milchmasse bei.

Mehrere aufeinander folgende trockene

Jahre haben das Heu theurer gemacht als je zuvor, und wahrscheinlich rührt hievon zum großen Theil der fast fabelhaft hohe Preis des Träbers her, weil bekanntlich dessen Erzeugung von einem ganz andern Gewerbe abhängt, und durch die Schwankungen im Milchgeschäft nicht geleitet werden kann. Ein außergewöhnlicher Begehr wird daher ohne Zweifel den Preis des Träbers rasch in die Höhe treiben. Noch ein anderer Umstand übte nachtheilig auf das Gewerbe, und veranlaßte die bessern Milchläden daß sie allmählich ihre Vorräthe vom Lande bezogen. Die angeführ ten Ursachen hatten nämlich ihre Wirkung noch nicht verloren, als auf einmal die schreckliche „Rinderpest“ hereinbrach,

dert blieb, hatte sich das Kaufgeld für eine Kuh um ein

und Duzende von Stallungen plößlich und gänzlich um ihren Viehbestand gebracht wurden : was die Seuche ver

volles Drittel erhöht, und die Unterhaltungskosten waren in einem noch viel größeren Verhältniß gestiegen. Eine

schonte, das verurtheilten die beängstigten und oft uner fahrenen Inspectoren, so daß es den Anschein gewann als

Kuh ersten Rangs gewährte immer noch Nußen ,

ob es mit der Milchwirthschaft in London nun ein für alle mal ein Ende nehmen solle. Diese lehte Katastrophe brachte die Sache zur Entscheidung, und wir sehen nun daß sich auf

allein

nicht alle Kühe gehörten zu dieser Classe ; eine solche diesen Namen wirklich verdienende gab vielleicht 14 oder 16 Quart Milch täglich, einige seltene Thiere 20 Duart, durchschnitt lich aber darf man 10-14 Quart annehmen.

Man be

hält keine Kuh wenn sie nicht mindestens 6 Quart Milch gibt.

Gewöhnlich sind sie zehn Monate lang milchreich,

einige waren es mehr als zwei Jahre ununterbrochen ; ja eine sogar drei volle Jahre hindurch, was übrigens äußerst selten vorkommt. Die kleinen Bretagner Kühe, die in neuerer Zeit ziemlich beliebt geworden, liefern nicht mehr als 4 Quart täglich, und werden bloß des Vergnügens, nicht des Nußens wegen gehalten. In London hängen die Unterhaltungskosten für Kühe hauptsächlich von dem Preise der Kornrückstände (des Trä

allen unsern Eisenbahnen ein wichtiger Milchtransport Handel gebildet hat, welcher alle Aussicht besigt von Jahr zu Jahr bedeutender zu werden. Dadurch fällt das letzte Item in welchem London sich selbst noch Genüge geleistet, und es wird von nun an immer abhängiger von den Pro Die Veränderung wird dem Gewerbe einiger

vinzen.

maßen zu gute kommen, wenn es dadurch auch nur von der Tyrannei der Kundherren Dienstboten befreit wird ; alle Händler müssen diese Leute mit Geld zu gewinnen. suchen und ihnen den Hof machen , keiner aber, welchen Geschäftszweig er auch habe, ist so schutzlos in ihren Hän den wie der Milchverkäufer. Uebersicht es dieser die Haus hälterin, den Koch), oder wer sonst der leitende Genius ist,

bers) ab, wofür die Nachfrage, ſelbſt jezt, beinahe die gro Ben Massen überschreitet welche die Londoner Bierbraue

sich geneigt zu machen, so ist all sein Bemühen die Kund

reien und Branntweinbrennereien erzeugen.

schaft sich zu erhalten vergeblich) .

Dieß würde

dieselben natürlich vertheuern, könnte aber das höchst be merkenswerthe und plötzliche Steigen in ihrem Preise nicht erklären das vor einigen Jahren eintrat.

Der Preis dieser

Kornrückstände betrug zur Zeit von welcher ich spreche un gefähr 1 Sh. per Quarter, sie stiegen aber schnell auf 2 Sh.,

und wurden dann auf einmal sehr theuer,

und

zwar so plöglich, daß ein Kleinhändler der an einem Montag das Quarter um 2 Sh. gekauft hatte, am folgenden Sonn abend dieselbe Quantität mit 6 Sh. bezahlen mußte . Jest kostet der Quarter ungefähr 8 Eh.,

und da der Träber

die Hauptnahrung für Londoner Kühe bildet, Steigen ein sehr bedenkliches.

ist dieſes

Eine Kuh wird wöchentlich

Als Beleg hiefür will

ich eines Edelmanns Erwähnung thun, welchem sein Milch mann einen Besuch abſtattete, und ihn fragte : warum er einen Kunden verlieren solle den er Jahre lang bedient habe ; nicht er trage die Schuld, sondern, wie er dem Gra fen aufs klarste bewies, einer der höheren Diener, der einen Groll auf ihn habe. Er behielt in Folge dieser Aufklärung zwar einstweilen seine Kundschaft , allein der Edelmann hatte die Macht in seinem eigenen Hauſe über schäßt.

Von diesem Tag an war weder der Rahm , noch die für die Kinderstube gelieferte Milch welche der Händ ler sandte, gut zu nennen. Er entschuldigte sich über und über abermals ; endlich aber wurde der Vorstand

Die neuen Fünde von antiken architektonischen Schmucksteinen an den Ufern des Tiber zu Rom.

dieses Dienstzweigs der Klagen überdrüſſig, und wechselte den Lieferanten. Der gutmüthige Graf sah den Milch mann wieder, und gab ihm die Versicherung daß ihm der Wechsel leid thue, allein er könne ihm nicht helfen.

569

lichen Telegramm der Ausdruck Marmor nur collectiv zu verstehen, wie er im Alterthum und auch noch in Rom üblich zu sein pflegt, indem darunter alle Arten von archi tektonischen Schmucksteinen begriffen werden. Die weitere Ornamentirung der Kirche mit solchem Material wird ihre alterthümliche Pracht noch wesentlich erhöhen. Manche Leser des „ Auslands " werden sich aber dar

Die neuen

Fünde von antiken

architektonischen

Schmuckkeinen an , den Ufern des Tiber zu Rom. Die Tageblätter enthalten folgende Nachricht : „ Aachen, 27. April (1869) .

Laut aus Rom eingelaufenem Tele

gramm hat Pius IX, auf Antrag des hochwürdigen Stifts: capitels unserer Münſterkirche hin, alle zur Bekleidung der Pfeiler, Wände und des Bodens des Aachener Domes nöthigen Marmorsorten geschenkt. Dieselben sollen aus

über keine Rechenschaft geben können daß diese Marmor blöcke „ aus den Niederungen des Tiber“ entnommen wer den sollen. Es erklärt sich indeß durch einen in Deutsch land sehr wenig bekannt gewordenen bedeutenden antiqua rischen Fund, welcher in jüngster Zeit bei der Stadt Rom gemacht wurde. Das so eben erschienene Heft XLVI der " Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande" (Bonn 1869) bringt uns darüber eingehende Kunde. Es enthält nämlich eine Rede welche der Hr. Ge heime Legationsrath v. Reumont bei dem Winckelmanns :

dem Funde in den Niederungen des Tiber erhoben werden. " Eine weitere Zeitungsnachricht sagt daß dieses Geschenk, welches der Aachener Münster - Kirche eine wesentliche Zierde verleihen würde, aus 30 großen Marmorblöcken be stehen wird.

Bekanntlich ist jene prachtvolle Münsterkirche, deren architektonisch interessantesten und ältesten Theil, das Okto gon, Karl der Große im Jahre 792 als Hofcapelle erbauen. ließ, im Innern durch 32 kostbare große Säulen von an tiken Graniten, Porphyren und Marmoren verziert. Egin: hard erwähnt bei der Beschreibung des Baues dieser Hof: capelle daß der Kaiser die Säulen aus Rom und Ravenna

Feste in Bonn am 9. December 1868 gehalten hat. Darin schilderte der Sprecher die große allgemeine Liebhaberei in Rom an antiken edlen architektonischem Steinmaterial und das Bedürfniß desselben zu neuen Bauten und Aus schmückungen von Kirchen u. s. w., und fährt dann fort : „Als der Commissär der Alterthümer, Pietro Ercole . Visconti , auf des Papstes Nachfrage eine Ausgrabung auf der Stätte des Emporiums vorschlug , ahnte niemand, selbst er nicht, wie riesig die Ausbeute sein würde.

Zu

* gleich wurde die bis dahin ungenaue Kenntniß von den dortigen Uferbauten erweitert. "

mit Einwilligung des Papstes Hadrian habe herbeischaffen lassen. Im Jahre 1795 ließen die Franzosen die Säulen

„ Die Stelle ist das User zu welchem man gelangt, wenn man von der nach alten und modernen Marmor: ausladungen benannten Via della Marmorata aus die um

aus der Münsterkirche herausbrechen und nach Paris führen, ſie kamen aber im Jahr 1815, nach dem Friedensschlusse der alliirten Mächte, wieder nach Aachen zurück, mit Aus

den Fuß des Aventin gegen das St. Paulsthor sich zie hende Straße zur Linken läßt und längs der Torlonia's

nahme von sechs Säulen, welche in Paris zurückblieben. Friedrich Wilhelm IV von Preußen ließ die Säulen in den acht Arkaden des Münsters wieder herstellen, so wie sie vor dem Jahre 1794 aufgestellt waren, und verwilligte dazu, einschließlich der Kosten zur Ergänzung der in Paris zurückgebliebenen Säulen, wofür deren von Oldenburger Gra

schen, vormals Cesarinischen Vigne geht , die nebst an. stoßenden Vignen im 16ten Jahrhundert Fundort der von Der aus Flaminio Vacca erwähnten Gegenstände war. Travertinen gemauerte Landungsplatz für die Fahrzeuge, die zum Plateau hinaufführenden Stufenreihen, die aus Opus reticulatum mit Streifen aus länglichen Ziegeln bestehenden Wände der das abschüssige Ufer sichernden

nit angefertigt wurden, und der Kosten für Abänderungen. 1 an der Orgel, die Gesammtsumme von 200,038 Thaler. Eine ähnliche kostbare Reihenfolge von antiken.Säulen aus

Substructionen zeigen wie hier die Einrichtungen zum Ab Mittelalter laden der schweren Maſſen getroffen waren.

seltenen architektonischen Schmudgesteinen dürfte auf deuts schem Boden nicht wieder zu finden sein. Nach den hier

aufgeführt und mußten weggeräumt werden. So die Lo Der Reichthum aber an Marmor hat alle Be calität.

später folgenden Mittheilungen ist anzunehmen daß das päpstliche Geschenk nicht bloß aus kostbaren antiken Mar morarten, sondern auch aus Porphyren, Serpentinen und

rechnung überstiegen.

dergleichen bestehen wird.

Wahrscheinlich ist in dem bezüg

1 Vor der Wiederaufstellung der Säulen hatte der König einen beschreibenden Bericht derselben von dem Professor Nögge rath eingefordert, welcher abgedruckt ist in dem „ Niederrheinischen Jahrbuch für Geschichte, Kunst und Poesie von Dr. L. Lersch," und ebenfalls in „Karsten und v. Dechens Archiv für Mineralogie, Geognosie u. s. w. " 18. Band, 1844.

liche Mauern waren hie und da auf den antiken Werken

Schon bis Ende März ( 1868) hatte

man gegen 500 größere und kleinere Blöcke aufgedeckt und täglich kommen neue zum Theil mächtige zum Vorschein. Wiederum hat das neue Rom eine Erbschaft angetreten, die mindestens 14 Jahrhunderte lang verborgen lag.

Be

denkt man, wie viel von edlen Steingattungen hier unbe nußt und vergessen geblieben ist, so ermißt man die Groß Am meisten sind vertreten der artigkeit des Verkehrs. Marmor von Karystos auf Euböa, den man Cipollino zu

570

Die neuen Fünde von antiken architektonischen Schmucksteinen an den Ufern des Tiber zu Rom.

nennen pflegt und der dem römischen Luxus für innere

und Monte Giordano zu den vielen ungelösten Räthseln

Ausschmückung zu gewöhnlich erschien, der kostbare goldige numidische oder Giallo antico, die schöne grüne Porphyr gattung, die in Rom den Namen Serpentin ufurpirt hat,

römischer Topographie gehört.

Der bis zu 100 Fuß em: porſteigende öde Hügel, welcher, soweit man ihn bis jet untersucht hat, lediglich aus Scherben besteht, führt jeden

der Marmor von Chios, der, lucus a non lucendo, Africano

falls seit dem 8. Jahrhundert den Namen, den man auf einer in der Vorhalle von Sta. Maria in Cosmedin ein gemauerten Inschrift liest. Man hat seine Entstehung

heißt, und der sich sowohl in der Gattung mit den präch tigen rothen Flecken, wie in der dunkleren, Bigio, findet. Auch der karische Marmor, bald mehr, bald minder hell röthlich gefleckt und geädert, welchem die Pfosten der vati canischen Jubiläumsthüre den Namen Portasanta gegeben haben, und andere zum Thei! sehr seltene Arten komment vor. Wie bei den in Porto aufgefundenen Blöcken, welche beim Wiederaufbau der Paulskirche verwendet worden sind

vom Schutt des neronischen Brandes hergeleitet und dieß durch die Annahme zu begründen gesucht, daß dieser Schutt, der in Ostia's Sümpfe geschafft werden sollte, theilweise hier abgelagert worden wäre, indem die Schiffe bei dem Emporium angelegt hätten, wie man ihn andererseits wahrscheinlicher Einäscherung der hier wesentlich dem Handels. verkehr gewidmeten Bauten zugeschrieben hat. Man hat ihn` der Ausbesserung der Aurelianischen Mauer beigemessen und

fand man auch hier eine Menge Bezeichnungen, Lieferungs nummern, Consulnnamen, die zu den Zeiten der Flavier und Antonine hinaufreichen, Steinmeß und Steinbruch

der Wegräumung des mächtigen Schuttes derselben, wovon

zeichen und anderes. “

die Inschriften des Honorius reden.

„ Daß man hier den Landungsplaß des Emporium vor sich hat, jedenfalls den Theil desselben an deſſen Bestim mung heute noch der erwähnte Straßenname der Marmo. rata erinnert, ist klar.

Der Name Emporium kommt in

den topographischen Urkunden des Curiosum und der No. titia nicht vor, welche indeß in der hier in Betracht kom menden Localität die Horrea Galbae et Aniciana , die dazu gehörende Scala Cassi, die Porticus Fabaria und das Forum pistorium nennen . Die Lage des Emporium vor Porta

P Trigemina, die man sich bei dem heutigen Arco della Salara zu denken hat, bezeugt u. a. Titus Livius, wo er von der im Jahr 578 der Stadt erfolgten Pflasterung des Empo rium und von der Anlage der vom Fluſſe dahinführenden Stufen redet, bei welcher Gelegenheit auch die dazu gehö rige, von den Aedilen des Jahres 559 errichtete Porticus Aemilia umgebaut wurde.

Die betreffenden Bauten, welche

den riesigen hier zwischen den großen Schiffswerften, den Navalia inferiora und der Stadt vor sich gehenden Ver kehr vermittelten, nahmen nothwendig den ganzen Raum vom Thore bis zur Krümmung des Stroms ein, wo auf dem gegenüberliegenden Ufer die im Vergleich mit heute vorgeschobene Aurelianische Mauer mit der Porta por tuensis an den Tiber gelangte. Der Raum zwischen Aventin und Fluß war ehedem beträchtlicher als heute, indem der gegenwärtige grünbewachsene Abhang des fel ſigen Hügels aus dem hochaufgehäuften Mauerschutt alter Bauwerke besteht, worüber, moderne Trümmer zu alten, Thürme und Mauern der Burg der Saveller unterhalb der Klostergebäude ragen. " „Der Umstand daß die neuesten Nachgrabungen großen theils ein Stratum, Scherben von Töpfergeschirr, darunter auch ganze Amphoren zu Tage förderten, von der Art des Bodens aus welchem der nahe Monte Testaccio besteht, mag hier schließlich die Erwähnung dieses Hügels rechtfer: tigen, deſſen Ursprung, womit eines unserer verchrten Mit glieder (Prof. Reifferscheid) sich eingehend beschäftigt hat, ebenso wie jener der kleinern Höhen von Monte Citorio

Wenn aber auch die Beschaffenheit des Erdreichs uns nicht veranlaſſen darf jener phantastischen, wohl im Zeitalter des Wiederauflebens der Wissenschaften entstandenen Sage Glauben zu schenken, die den seltsamen Berg aus den Töpfen entstehen läßt in denen die unterworfenen Völker den Tribut brachten, so weist doch diese Beſchaffenheit darauf hin daß die Haupt: maſſe aus Töpfereien oder Magazinen herrührte. So ist es wahrscheinlich daß das Emporium, in dessen Nachbar schaft man auch den Weinhafen der Stadt vermuthet, wie heute die Flanken des Hügels Weingrotten enthalten, vor zugsweise zur Bildung des Scherbenberges beigetragen hat, muthmaßlich zunächst in Folge eines verheerenden Brandes, deſſen Ausdehnung der Wegräumung der Reſte Hinderniſſe in den Weg legte. Der ungeheure Gebrauch den das Alter thum von Thongefäßen machte, auch beim Gewölb und Mauerbau, erklärt die sonst räthselhafte riesige Maſſe. Die Zeit der Entstehung ist ungewiß. Während aber die Scher ben selber, sofern sie mit Stempeln versehen sind, wenn nicht sämmtlich, doch bei weitem größtentheils den ſpäteren Zeiten des Kaiserreiches angehören, deutet der Umstand daß man im Innern des Hügels ein dem 8. Jahrhundert der Stadt zugetheiltes Grab gefunden hat, auf die That sache hin daß, wenn nicht der erste Ursprung, doch die größere Ausdehnung in Zeiten zu verlegen ist, in denen die alte Ehrfurcht vor Gräbern verschwunden war. Daß hier irgend eine Katastrophe im Spiel ist, scheinen auch die Entdeckungen im Emporium anzudeuten. Das Un benugtbleiben einer so großen Maſſe beſten Materials an einer wenigstens früher allgemein zugänglichen Stelle ist nicht gut zu erklären, wenn man nicht ein Ereigniß an nimmt welches mit einemmale die Dertlichkeit umgestals tete und die Wegschaffung der Blöcke verhinderte. Ein solches Ereigniß welches die Aventinische Ebene unter Schutt: | haufen begrub, wird man in den Stürmen des sinkenden Reiches zu suchen haben. "

Die Barbarossa-Höhle am Kyffhäuser-Berge.

571

Die Barbaroffa - Höhle am Kyffhäuser - Berge.

genen Gewölbe, welches an seinen Seitenwänden hie und da

Von Prof. Dr. Senft in Eisenach.

kleinere und größere, meist abgerundete Kammern und Nischen besißt, so daß sein Querdurchmesser bald nur 20,

Wie allbekannt, zieht sich um den Süd- und Ostrande des Harzes ein mächtiger Gürtel von abgerundeten Gyps

bald auch 40, ja an manchen Stellen sogar 100 Fuß be:

bergen hin, welche in ihrem Innern eine Menge von Höh len enthalten, die oft von bedeutender Größe sind, meist mehr oder minder tiefe und große Waſſertümpfel umschlie:

ganzen Sohle mit Wasser bedeckt gewesen, ja die Glätte und

trägt.

Ursprünglich ist dieser Höhlenraum wohl auf seiner

parallele Rinnelung der Seitenwände an vielen Stellen sprechen dafür daß Wasser wenigstens einen großen Antheil

werden) liegen bei Ellrich, am Südrande des Harzes zwi

an der Herstellung der Höhle gehabt hat. Indem aber von der ―――― sich noch gegenwärtig hie und da abblättern. den ―――― Höhlendecke Steinſchuttmaſſen losbröckelten, wurde allmählich das die Höhlensohle bedeckende Wasser nach den

schen Sachsa und Ilfeld, und bei Wimmelburg, am Ost Die Ellricher rande dieses Gebirges unweit Eisleben.

genwärtig befindet, und da und dort Tümpfel von 4-8,

Höhle, auch die Kelle genannt, ist 288 Fuß lang und 156 Fuß

ja noch mehr Fuß bildet.

hoch, und die Wimmelburger Höhle, welche über 3000 Fuß

durchsichtig und farblos ist, daß man selbst die kleinſten

ßen, und ſelbſt allem Anschein nach durch die lösendeKraft des Waſſers entstanden sind. Zwei der bedeutendsten dieser Höhlen oder Gypsschlotten (wie sie in Thüringen genannt

tiefsten Stellen der letteren gedrängt, wo es sich noch ge

Da dieſes Waſſer ſo wunderbar

lang ist, besteht nur in einem Zuge von Kammern welche oft

Gegenstände auf seiner Sohle bemerken kann, so läßt sich

über 80 Fuß hoch und 100-125 Fuß weit und durch Zwi schencanäle wie durch eine Schnur mit einander verbunden sind. - Aber auch am Kyffhäuser, dieser durch das Helme,

zwischen der trocken liegenden Höhlensohle und dem diese Letztere auf beiden Seiten umgebenden Wasserspiegel, zu

thal vom Südrande des Harzes abgeschiedenen und an

erkennen, weßhalb man sehr vorsichtig beim Durchwandern

mal bei geringer Beleuchtung der Höhle, keine scharfe Grenze

seinem Nordabhang aus Gliedern des Rothliegenden, an seinem Südabhang aber aus Zechsteingliedern bestehenden Gebirgsinsel, hat man in der neuern Zeit mehrere Höh