Das Allgemeine bei Locke: Konstruktion und Umfeld 9783110268515, 9783110268492, 2011030745

The issue of the status of the general has been a subject of philosophical debate since antiquity. John Locke’s treatmen

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German Pages 523 [524] Year 2011

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Table of contents :
Abkürzungen
Einleitung
a. Gegenstand der Untersuchung
b. Gründe für Lockes Interesse am Allgemeinen
c. Probleme mit Rezeptionsvermutungen
d. Ältere Meinungen über Lockes Verhältnis zur Schulphilosophie
e. Die Untersuchung W. H. Kenneys
f. E. J. Ashworths Untersuchung zu Lockes Sprachtheorie
g. Miltons Bilanz
h. Kurzbiographien von Schulautoren, die in dieser Untersuchung berücksichtigt werden
i. Meinungen über das Verhältnis Lockes zu Gassendi. Pusters Bericht
j. Weitere Meinungen
k. Miltons Bilanz
l. Bemessung der Zustimmungsgrade bei Rezeptionsvermutungen. Pusters Vorschlag
Kapitel A. Das Allgemeine in Suárez’ Disputationes metaphysicae
A1. Vorüberlegungen
A1a. Sechste metaphysische Disputation
A1b. Einschätzung der Disputationes metaphysicae in England
A1c. Vier Bedeutungen von „allgemein“. Universale in causando und universale in repraesentando
A1d. Universale in essendo
A1e. Universale in praedicando. Gemeinsame Natur
A1f. Gegenstand der Sechsten Disputation ist das Repräsentations- und das Prädikationsallgemeine. Tätiger und empfangender Verstand
A1g. Abkehr von der Annahme eines tätigen Verstandes
A1h. Direkte und reflexe Tätigkeit des empfangenden Verstandes
A1i. Umfang der reflexen Tätigkeit
A1j. Nach Suárez erzeugt der empfangende Verstand das absolute und das relative Allgemeine
A2. Zwei Arten von Abstraktion
A2a. Erste von Suárez referierte Meinung: Der tätige Verstand prägt dem empfangenden Verstand abstrakte Verstandesvorstellungen ein
A2b. Zweite von Suárez referierte Meinung: Der tätige Verstand prägt dem empfangenden Verstand singuläre Verstandesvorstellungen ein
A2c. Auch Verstandesvorstellungen sind ursprünglich singulär
A2d. Zwei Verfahren zur Verallgemeinerung von Vorstellungen. Abstraktion im ersten Sinn: Der empfangende Verstand abstrahiert im Rahmen seiner direkten Tätigkeit aus singulären Vorstellungen das absolute Allgemeine
A2e. Formale Einheit
A2f. Abstraktion im zweiten Sinn: Der empfangende Verstand bildet das relative Allgemeine, indem er Individuen mit Artbegriffen vergleicht und sie daraufhin Arten zuweist
A2g. Dritte von Suárez referierte Meinung: Das sogenannte absolute Allgemeine ist in Wirklichkeit nicht allgemein
A2h. Das Allgemeine ist nur ewig, sofern es sich in einem ewigen Verstand befindet
A3. Das relative Allgemeine
A3a. Das Allgemeine der Gattungen und Arten beruht auf einer gedachten Relation und entsteht durch die Vergleichung von Individuen mit einer abstrakten Idee
A3b. Einheit in der Vielheit
A3c. Die drei Einheiten im schulphilosophischen Umfeld Lockes
A3d. Begriffsorientierte Artzuweisung. Horizontale und vertikale Vergleichung
A3e. Begriffsorientierte Artzuweisung bei Suárez und Locke
A3f. Gattungen und Arten im extensionalen und intensionalen Sinn. Gattung, Art, Differenz
A3g. Das relative Allgemeine setzt das absolute voraus
A3h. Absolutes und relatives Allgemeines sind Stufen des Allgemeinen
A4. Reale Korrelate der gedachten Einheit der Art
A4a. Bedeutungen von „real“
A4b. Real- und Vernunftunterschied. Vernunftunterschiede beruhen auf der Schwäche des Verstandes
A4c. Modalunterschied
A4d. Das dingliche Korrelat der abstrakten gemeinsamen Natur ist individuell
A5. Gedachtes Allgemeines und wirkliche Dinge
A5a. Gattungen und Arten im intensionalen Sinn sind undeutliche Begriffe von Individuen
A5b. Suárez’ konzeptualistische Position: Gattungen und Arten beruhen auf Tätigkeiten des Verstandes
A5c. Der Unterschied zwischen Individuen und dem Allgemeinen, sofern es in Individuen existiert, ist ein Vernunftunterschied mit einer Grundlage in der Sache
A5d. Suárez’ Kritik an den nominales
A5e. Ausblick
Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi
B1. Einleitung
B1a. Gassendi
B1b. Allgemeines und partikuläres Wissen
B1c. Zweck der Bildung des Allgemeinen
B1d. Sprecher und Hörer
B1e. Zeitgenössisches Beispiel
B1f. Namen gehen ursprünglich auf die Natur zurück
B2. Nicht nur Menschen können verallgemeinern
B2a. Kognitive Vermögen von Sinneswesen: Sinnlichkeit und Einbildungskraft
B2b. Verstand
B2c. Bildung allgemeiner Vorstellungen bei Tieren
B2d. Urteilsbildung bei Tieren
B2e. Schlußfolgerungen von Tieren
B3. Bildung genereller Ideen durch Aggregation
B3a. Bildung des Allgemeinen
B3b. Aggregieren
B3c. Aggregieren von Ideen höherer Allgemeinheit
B3d. Gattungen und Arten im extensionalen Sinn
B3e. Die Zuordnung zu einer Art verändert Individuen nicht physisch und beruht nicht auf einer im strengen Sinn gemeinsamen Natur
B4. Bildung genereller Ideen durch Abstraktion
B4a. Das Abstraktionsverfahren nach der Institutio Logica: Kompositive Bildung abstrakter Ideen
B4b. Bildung abstrakter Ideen von höherer Allgemeinheit
B4c. Gattungen und Arten
B4d. Mitteilungen über generelle Namen
B4e. Gassendis Konzeptualismus
B4f. In welchem Sinn kann man Universalien für ewig halten?
B5. Wir erkennen nicht die wirkliche Wesenheit von Substanzen
B5a. Daß unsere Substanzbegriffe unvollkommen sind, hängt mit der Begrenztheit unserer Sinnlichkeit zusammen
B5b. Die innerste Natur der Dinge ist uns verborgen
B5c. Der Verstand macht die Schwächen unserer Sinnlichkeit nicht wett
B5d. Vorboten nominaler Wesenheiten
B5e. Möglichkeit von Naturwissenschaft
B5f. „Essentiale“ und „proprium“
Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A
C1. Einfache und zusammengesetzte Ideen
C1a. Übersicht
C1b. Die beiden Quellen einfacher Ideen
C1c. Es gibt singuläre und generelle einfache Ideen
C1d. Bildung genereller einfacher Ideen
C1e. Jonathan Walmsleys erstes Relikt einer hobbesianischen Universalienlehre bei Locke
C1f. Walmsleys zweites Relikt einer hobbesianischen Universalienlehre bei Locke
C1g. Operationen des Verstandes an einfachen Ideen
C1h. Zusammenstellen und Vereinigen
C1i. Vereinigung zu komplexen Ideen und Vereinigung zu Urteilen
C1j. Gassendis Annahme einer virtuellen Copula. Rezeptionsvermutung
C1k. Verschiedene Bedeutungen von „einfache Apprehension“
C2. Sammelideen von Modi und Relationen
C2a. Bildung genereller komplexer Ideen
C2b. Generelle Modus- und Relationsideen
C2c. Schulphilosophische Relationsdistinktionen
C2d. Fundamente von Relationen in Draft A
C2e. Relationsideen sind besonders zahlreich und besonders klar und deutlich
C2f. Relationen zwischen Substanzen
C2g. Moralische Relationen
C3. Sammelideen von Substanzen und ihre Unvollkommenheit
C3a. Die vorgestellte Idee eines Subjekts der Eigenschaften und Tätigkeiten
C3b. Kenneys Hinweise
C3c. Generelle Substanzideen entstehen durch kompositive Abstraktion
C3d. Textbeispiele
C3e. Bildung genereller Ideen von anderen Geistern
C3f. Fehlen der Vorstellung einer kompositiven Abstraktion in Stanleys „History“ und in Gassendis „Syntagma philosophiae Epicuri“
C3g. Beschreibungen der Abstraktion bei Schulautoren der Gruppe a
C3h. Beschreibungen der Abstraktion bei anderen Schulautoren im Umfeld Lockes. Rezeptionsvermutung
C3i. Boyles Meinung über schulphilosophische Substanzvorstellungen
C3j. Form, Wesenheit, Formalität
C3k. Unsere Substanzideen sind unvollkommen: Die Sinne sind begrenzt und brauchen viel Zeit
C3l. Wir neigen zur Ungenauigkeit, auch gibt es keine verbindlichen Absprachen über Wortbedeutungen
C3m. Wir erkennen nicht die Wesenheit von Substanzen
C3n. Die Vernunft hilft uns in diesem Fall nicht weiter
C3o. Bildung genereller Namen
C4. Gattungen und Arten
C4a. „Species“ steht in Draft A für Arten im intensionalen und extensionalen Sinn
C4b. Bei einigen Stellen in Draft A wird nicht klar, ob Locke an begriffsorientierte oder an gegenstandsorientierte Artzuweisung denkt
C4c. Stellen, nach denen sich der Verstand bei der Artzuweisung an abstrakten Begriffen orientiert
C4d. Schulphilosophische Gegenmeinungen im Umfeld Lockes
C4e. Zustimmende schulphilosophische Meinungen im Umfeld Lockes. Rezeptionsvermutung
C4f. Recht auf den Namen
C4g. Essentials und properties
C5. Schwierigkeiten mit Wörtern
C5a. Generelle Wörter sind Zeichen für generelle Ideen
C5b. Kinder lernen zuerst die Laute und verbinden erst später Bedeutungen mit ihnen
C5c. Sprecher setzen beim gedachten, Hörer beim gesprochenen Allgemeinen an. Oft wird derselbe Name mit verschiedenen Bedeutungen verwendet
C5d. Definitionen
C5e. Beim Sprachenlernen geht man von der Lautgestalt oder von der Bedeutung aus
C5f. Man muß verschiedene Arten von Kommunikation unterscheiden, nämlich alltägliche, wissenschaftliche und scheinwissenschaftliche
Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B
D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen
D1a. Ideen und ihr Ursprung
D1b. Bezeichnungen für zusammengesetzte Ideen. Einfache Apprehension
D1c. Bedarf an generellen Wörtern
D1d. Generellere und weniger generelle Wörter
D1e. Einfache Ideen und ihre Ursachen. Aktuelle und potentielle Qualitäten
D1f. Bei der Entstehung einfacher Ideen können relationale Elemente im Spiel sein. Passivität des Verstandes bei der Rezeption einfacher Ideen
D1g. Singuläre und generelle einfache Ideen
D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen
D2a. Operationen des Verstandes mit seinen einfachen Ideen
D2b. „Put togeather“, „unite“, „compound“, „joyn“, „combine“ und „connect“
D2c. Generelle Modusideen
D2d. Relationen
D2e. Arten von Relationen
D2f. Besonderheiten von Relationen
D2g. Schulphilosophen über die Außerlichkeit und Vergänglichkeit von Relationen
D2h. Generelle Relationsideen
D3. Generelle Substanzideen
D3a. Die Einheit von Substanzideen hat ihren mittelbaren Grund in den Dingen und ihren unmittelbaren Grund im Verstand
D3b. Wir haben keine angemessenen Substanzideen
D3c. Śmigleckis Äußerung über unsere Substanzerkenntnis
D3d. Verallgemeinern von Substanzideen
D3e. Hierarchien genereller Ideen
D3f. Darstellungen von Definition und Deskription in Lockes Umfeld
D3g. Nach Locke sind Wörter der Gegenstand von Definitionen und Dinge der Gegenstand von Deskriptionen
D3h. Divisives und kompositives Verfahren. Verwandtschaft von Definition, Deskription und komplexer Idee
D4. Gattungen und Arten
D4a. Gattungen und Arten im intensionalen und extensionalen Sinn
D4b. Undeutliche Stellen zum Verfahren bei der Artzuweisung
D4c. Deutliche Stellen zum Verfahren bei der Artzuweisung
D4d. Bedeutungen von „Übereinstimmung“
D4e. Generelle Ideen sind artkonstituierend
D4f. Die Erleichterung des Benennens von Dingen gehört zu den Zwecken der Bildung genereller Ideen
D4g. „Denomination“ und „appellation“. Anspruch auf den Art- oder Gattungsnamen
D4h. „Essential“ und „property“
D5. Unvollkommenheit unserer Erkenntnis
D5a. Die Angemessenheit genereller Ideen hängt unter anderem von der Ideenklasse ab
D5b. Konstitutionelle Gründe für die Unangemessenheit von Substanzideen
D5c. Vermeidbare Gründe für die Unangemessenheit von Ideen
D5d. Allgemeine Ideen und Wirklichkeit
D5e. Vorboten von Lockes späterer Konzeption nominaler Wesenheiten
D6. Sprechenlernen, Hören und Sprechen
D6a. Weil die meisten Wörter generell sind, ist Sprechen Operieren mit Universalien
D6b. Wörter lernen
D6c. Wörter definieren
D6d. Sprecher und Hörer
D6e. Kommunikationsniveaus
Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay
E1. Allgemeine Ideen und Wörter
E1a. Kriterien
E1b. Induktion
E1c. Anlässe der Ablehnung universalienrealistischer Theorien
E1d. Gedachtes und sprachliches Allgemeines
E1e. Umgestaltung der Kriterien für Ideen: Bestimmte und determinierte Ideen
E1f. Das sprachliche Allgemeine als Denkhilfe und Kommunikationsmittel
E2. Zweck des Allgemeinen. Würdigung
E2a. Eine Sprache aus Eigennamen führte zu keiner angemessenen Verständigung
E2b. Generelle Wörter erleichtern die Kommunikation und ermöglichen generelles Wissen. Ihre Bildung ist situationsabhängig
E2c. Das Vermögen zur Verallgemeinerung von Ideen heißt im Essay Abstraktionsvermögen und gilt als Menschen vorbehalten
E2d. Eine mögliche Bezugnahme auf Gassendis Hundebeispiel
E2e. Die Meinung, daß nur Menschen abstrahieren können, wird auch in der Schulphilosophie vertreten
E2f. Die Unvollkommenheit des Abstraktionsvermögens zeigt sich deutlich bei gemischten Modi und bei Substanzideen
E3. Verallgemeinerung von Ideen
E3a. Prinzip der Individuation ist die Existenz, und deren Umstände sind Zeit und Ort
E3b. „Circumstances“
E3c. Andere schulphilosophische Meinungen über das Individuationsprinzip
E3d. Meinungen Scheiblers und Burgersdijcks
E3e. Lockes Beschreibung der Abstraktion in Essay 2.11.9
E3f. Lockes Beschreibung der Abstraktion in Essay 3.3.6 und an weiteren Stellen
E4. Bildung genereller einfacher Ideen
E4a. Aarons Darstellung von Lockes Abstraktionslehre
E4b. Einfache Ideen sind abstrahierbar, aber auf andere Weise als komplexe Ideen
E4c. Trennung von Einzeldaten und Herauslösung einfacher Ideen aus Datenpaketen
E4d. Herauslösung einfacher Ideen aus einfachen Modi
E4e. Schwierigkeiten bei einfachen Modi der Ausdehnung
E4f. Herauslösung einfacher Ideen aus Intensitäten
E4g. Schulphilosophische Meinungen zur Intensivierung und Abschwächung von Qualitäten. Rezeptionsvermutung
E4h. Verträglichkeit von Lockes Annahmen über die Abstraktion einfacher Ideen mit seinen allgemeinen Beschreibungen der Abstraktion
E4i. Stufen höherer Allgemeinheit bei einfachen Ideen. Namen einfacher Ideen
E5. Partielle Betrachtung und Trennung
E5a. Michael Ayers’ Verständnis von Abstraktion
E5b. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Zabarella, Combach, Burgersdijck und Scheibler
E5c. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Fonseca, Suárez, Rubio und Śmiglecki
E5d. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Baron, Magirus und Arnauld
E5e. Harte und schwache Trennung
E5f. Walmsleys zweite Phase von Lockes Abstraktionslehre in einer Tagebucheintragung von 1676 und in Draft C
E5g. Walmsleys dritte Phase von Lockes Abstraktionslehre in Draft C
E5h. Walmsleys dritte Phase von Lockes Abstraktionslehre im Essay
E5i. Speicherung als Trennung?
E5j. Speicherung abstrahierter Ideen nach Locke
E6. Verbindung einfacher Ideen. Modi
E6a. Der Verstand sammelt einfache Ideen und vereinigt sie zu einer komplexen: Kompositive Abstraktion
E6b. Die Einheit komplexer Ideen geht unmittelbar auf einen einheitstiftenden Akt des Verstandes zurück
E6c. Generelle komplexe Ideen entstehen durch Zusammensetzung und Vereinigung
E6d. Bildung komplexer Ideen von höherer Allgemeinheit
E6e. Einfache Modi entstehen durch Zusammensetzung einfacher Ideen einer einzigen Art
E6f. Gemischte Modi entstehen durch Zusammensetzung einfacher Ideen mehrerer Arten
E6g. Drei Weisen des Erwerbs gemischter Modi und deren Zusammensetzung
E6h. Gemischte Modi können aus singulären und generellen einfachen Ideen bestehen
E7. Relationen und Substanzen
E7a. Relationen
E7b. Fundamente von Relationen
E7c. Allgemeinheit bei Relationen. Relative Ausdrücke
E7d. Substanzideen
E7e. Zusammensetzung einfacher Ideen zu Ideen bestimmter Substanzarten
E7f. Bildung generellerer Substanzideen
E7g. Geach und Gallie
E7h. In welchem Sinn entstehen generelle Substanzideen durch Abstraktion?
E7i. „Kollektive Substanzidee“ bedeutet im Essay etwas anderes als „generelle komplexe Idee“
E8. Gattungen und Arten
E8a. Locke bezeichnet Gattungen oder Arten im Essay nur selten als generelle Ideen
E8b. Zweite Explikation: Eine Art oder Gattung ist ein genereller Name. Dritte Explikation: Eine Art ist ein genereller Name, verbunden mit einer Idee
E8c. Vierte Explikation: Eine Art ist eine Menge von Individuen, die unter einen generellen Namen eingeordnet werden
E8d. Bei der Einordnung von Individuen in Gattungen oder Arten orientiert man sich an abstrakten Ideen
E8e. Topologie der Einordnung
E8f. Sprachliche und gedachte Einordnung
E8g. Mit der Benennung wird der Name und die Erkennbarkeit der Artidee auf Individuen übertragen
E8h. Vergleichung und Benennung. Recht auf den Artnamen
E9. Übereinstimmung von Ideen und Dingen
E9a. Für die Übereinstimmung zwischen Ideen und Dingen verwendet Locke mehrere Ausdrücke
E9b. Übereinstimmung von Dingen beziehungsweise Eigenschaften
E9c. Übereinstimmung von einfachen Ideen und ihren Korrelaten
E9d. Komplexe Ideen
E10. Reale und nominale Wesenheit. Reale Konstitution
E10a. Probleme bei der Erkenntnis der Wesenheiten von Körpern
E10b. Abstrakte Ideen sind Wesenheiten für uns
E10c. Nominale Wesenheiten
E10d. Jede nominale Wesenheit konstituiert eine Art, die wie sie selbst unveränderlich ist
E10e. Schulphilosophische Meinungen über die Ewigkeit von Arten
E10f. Lockes reale Wesenheiten
E10g. Reale Wesenheiten von Schulphilosophen
E10h. Schwierigkeiten gebildeter Leser mit Lockes Verwendung von „Wesenheit“
E10i. An einer Wesenheit Anteil haben. Prädikation abstrakter Ausdrücke
E10j. „Essential“ und „property“
E10k. Innere oder reale Konstitutionen
E10l. Besonderheiten nominaler Wesenheiten und innerer Konstitutionen
E10m. Annahme von Substanzarten, die in Kenntnis realer Wesenheiten gebildet würden
E11. Neuere Interpretationen von „reale Wesenheit“
E11a. Beispiele
E11b. Bei dem Ausdruck „Wesenheit“ assoziiert man Arten
E11c. Reale Wesenheiten bewirken nicht nur die Proprien nominaler
E11d. Essay-Stellen, die reale Wesenheiten von Substanzen erwähnen
E11e. Stellen aus der Korrespondenz mit Stillingfleet, die reale Wesenheiten von Substanzen erwähnen
E11f. Eine schwierigere Stelle
E12. Klassifikation von Lockes Ansichten über das Allgemeine
E12a. Unerkennbarkeit der realen Wesenheit von Substanzen
E12b. Arten werden von Menschen gemacht
E12c. Locke ist kein Nominalist im strengen Sinn
E12d. Locke ist kein Idealist. Sein Konzeptualismus ist realistisch
E12e. Tätigkeiten des Verstandes und Vorgaben der Natur
E13. Wörter lernen und verstehen
E13a. Neue Darstellungen von Lockes Sprachphilosophie
E13b. Allgemeine Annahmen des Essay über die Sprache
E13c. Wörter lernen
E13d. Lernen von Wortbedeutungen bei einfachen Ideen, einfachen Modi und gemischten Modi
E13e. Lernen der Bedeutungen von Substanznamen
E13f. Beim Wörterlernen lernt man zugleich alltagssprachliche Klassifikationen
E13g. Verständigung ist grundsätzlich schwierig
E13h. Wortwahl und Korrektive
E13i. Verstehen von Namen einfacher Ideen und einfacher und gemischter Modi
E13j. Verstehen von Substanznamen
Rückblick
Literaturverzeichnis
A. Quellen
B. Moderne Literatur
Personenregister
Sachregister
Stellenregister
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Das Allgemeine bei Locke: Konstruktion und Umfeld
 9783110268515, 9783110268492, 2011030745

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Rainer Specht Das Allgemeine bei Locke

Quellen und Studien zur Philosophie Herausgegeben von Jens Halfwassen, Dominik Perler, Michael Quante

Band 105

De Gruyter

Das Allgemeine bei Locke Konstruktion und Umfeld

von

Rainer Specht

De Gruyter

ISBN 978-3-11-026849-2 e-ISBN 978-3-11-026851-5 ISSN 0344-8142 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Specht, Rainer. Das Allgemeine bei Locke : Konstruktion und Umfeld / Rainer Specht. p. cm. − (Quellen und Studien zur Philosophie, ISSN 0344-8142) Includes bibliographical references (p. ) and index. ISBN 978-3-11-026849-2 (hardcover : alk. paper) 1. Locke, John, 1632−1704. 2. Universals (Philosophy) I. Title. B1298.U55S64 2011 1111.2092−dc23 2011030745

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Meiner Frau

Vorwort An diesem Buch haben viele Menschen mitgearbeitet, denen ich Dank schulde. Ohne das Aufblhen der britischen und nordamerikanischen Locke-Forschung in den beiden vergangenen Generationen wre es bedeutend schwieriger gewesen, eine Untersuchung wie diese zu schreiben. Dr. Ulrike Kaiser nahm mir viel Arbeit ab, Dr. Annette Specht untersttzte mich mit Recherchen, und Christine Rçder half bei den Korrekturen. Fr Ermutigung und Untersttzung danke ich Dr. Volker Dieringer, Mannheim, Professor Jean cole, Nizza, Professor Andreas Kemmerling, Heidelberg, Professor Lothar Kreimendahl, Mannheim, Professor Rolf W. Puster, Hamburg, und Professor Udo Thiel, Graz. Freundliche Hilfe erhielt ich von den Universittsbibliotheken Bonn, Erfurt-Gotha, Halle und Mannheim sowie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die mir den Zugang zu der Volltextdatenbank Early Englisch Books ermçglichte. Den Herausgebern danke ich fr die Aufnahme des Buchs in ihre Reihe und dem Verlag fr eine angenehme und zgige Zusammenarbeit. Frhere Fassungen von Abschnitten dieses Buches finden sich in der Festgabe fr Heinrich Schepers, in der Festschrift fr Norbert Hinske, in dem Sammelband, den Lothar Kreimendahl aus Anlaß des 200. Todestags von Locke herausgab,1 und in unverçffentlichten Freundesgaben fr Professor Hans-Jrgen Horn, Kçln, und Professor Jean-Marie Zemb, Paris. Rainer Specht

1

Das Allgemeine nach Gassendi. In: Individuum, Sy´mpnoia pnta, Harmonia, Emanation. Festgabe fr Heinrich Schepers zu seinem 75. Geburtstag. Hrsg. von Klaus D. Dutz. Mnster (Nodus) 1990, S. 49 – 60. – John Lockes Lehre vom Allgemeinen. In: Vernunftkritik und Aufklrung. Studien zur Philosophie Kants und seines Jahrhunderts. Norbert Hinske zum siebzigsten Geburtstag. Hrsg. von Michael Oberhausen u. a. Stuttgart (Frommann-Holzboog) 2001, S. 325 – 339. – John Lockes Lehre vom Allgemeinen. In: Lothar Kreimendahl (Hrsg.): John Locke. Aspekte seiner theoretischen und praktischen Philosophie (= Aufklrung Bd. 18). Hamburg (Meiner) 2007, S. 69 – 94.

Inhalt Abkrzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Grnde fr Lockes Interesse am Allgemeinen . . . . . . . c. Probleme mit Rezeptionsvermutungen . . . . . . . . . . . . d. ltere Meinungen ber Lockes Verhltnis zur Schulphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Die Untersuchung W. H. Kenneys . . . . . . . . . . . . . . f. E. J. Ashworths Untersuchung zu Lockes Sprachtheorie g. Miltons Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Kurzbiographien von Schulautoren, die in dieser Untersuchung bercksichtigt werden . . . . . . . . . . . . . i. Meinungen ber das Verhltnis Lockes zu Gassendi. Pusters Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j. Weitere Meinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k. Miltons Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l. Bemessung der Zustimmungsgrade bei Rezeptionsvermutungen. Pusters Vorschlag . . . . . . . . . Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae . . A1. Vorberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A1a. Sechste metaphysische Disputation . . . . . . . . . . . . . . A1b. Einschtzung der Disputationes metaphysicae in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A1c. Vier Bedeutungen von „allgemein“. Universale in causando und universale in repraesentando . . . . . . A1d. Universale in essendo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A1e. Universale in praedicando. Gemeinsame Natur . . . . A1f. Gegenstand der Sechsten Disputation ist das Reprsentations- und das Prdikationsallgemeine. Ttiger und empfangender Verstand . . . . . . . . . . . . . A1g. Abkehr von der Annahme eines ttigen Verstandes . .

1 1 3 6 7 10 17 19 25 33 35 41 45 51 51 51 52 53 54 55 56 58

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Inhalt

A1h.

Direkte und reflexe Ttigkeit des empfangenden Verstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A1i. Umfang der reflexen Ttigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . A1j. Nach Surez erzeugt der empfangende Verstand das absolute und das relative Allgemeine . . . . . . . . . . . . . A2. Zwei Arten von Abstraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A2a. Erste von Surez referierte Meinung: Der ttige Verstand prgt dem empfangenden Verstand abstrakte Verstandesvorstellungen ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A2b. Zweite von Surez referierte Meinung: Der ttige Verstand prgt dem empfangenden Verstand singulre Verstandesvorstellungen ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A2c. Auch Verstandesvorstellungen sind ursprnglich singulr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A2d. Zwei Verfahren zur Verallgemeinerung von Vorstellungen. Abstraktion im ersten Sinn: Der empfangende Verstand abstrahiert im Rahmen seiner direkten Ttigkeit aus singulren Vorstellungen das absolute Allgemeine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A2e. Formale Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A2f. Abstraktion im zweiten Sinn: Der empfangende Verstand bildet das relative Allgemeine, indem er Individuen mit Artbegriffen vergleicht und sie daraufhin Arten zuweist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A2g. Dritte von Surez referierte Meinung: Das sogenannte absolute Allgemeine ist in Wirklichkeit nicht allgemein A2h. Das Allgemeine ist nur ewig, sofern es sich in einem ewigen Verstand befindet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A3. Das relative Allgemeine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A3a. Das Allgemeine der Gattungen und Arten beruht auf einer gedachten Relation und entsteht durch die Vergleichung von Individuen mit einer abstrakten Idee A3b. Einheit in der Vielheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A3c. Die drei Einheiten im schulphilosophischen Umfeld Lockes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A3d. Begriffsorientierte Artzuweisung. Horizontale und vertikale Vergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A3e. Begriffsorientierte Artzuweisung bei Surez und Locke A3f. Gattungen und Arten im extensionalen und intensionalen Sinn. Gattung, Art, Differenz . . . . . . .

60 62 63 64 64 65 66

67 68

69 70 72 74 74 75 77 79 80 81

Inhalt

A3g. A3h.

XI

Das relative Allgemeine setzt das absolute voraus . . . . Absolutes und relatives Allgemeines sind Stufen des Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A4. Reale Korrelate der gedachten Einheit der Art . . . . . . . . . . A4a. Bedeutungen von „real“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A4b. Real- und Vernunftunterschied. Vernunftunterschiede beruhen auf der Schwche des Verstandes . . . . . . . . . A4c. Modalunterschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A4d. Das dingliche Korrelat der abstrakten gemeinsamen Natur ist individuell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A5. Gedachtes Allgemeines und wirkliche Dinge . . . . . . . . . . . A5a. Gattungen und Arten im intensionalen Sinn sind undeutliche Begriffe von Individuen . . . . . . . . . . . . . A5b. Surez’ konzeptualistische Position: Gattungen und Arten beruhen auf Ttigkeiten des Verstandes . . . . . . A5c. Der Unterschied zwischen Individuen und dem Allgemeinen, sofern es in Individuen existiert, ist ein Vernunftunterschied mit einer Grundlage in der Sache A5d. Surez’ Kritik an den nominales . . . . . . . . . . . . . . . A5e. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B1a. Gassendi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B1b. Allgemeines und partikulres Wissen . . . . . . . . . . . . B1c. Zweck der Bildung des Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . B1d. Sprecher und Hçrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B1e. Zeitgençssisches Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B1f. Namen gehen ursprnglich auf die Natur zurck . . . B2. Nicht nur Menschen kçnnen verallgemeinern . . . . . . . . . . B2a. Kognitive Vermçgen von Sinneswesen: Sinnlichkeit und Einbildungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B2b. Verstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B2c. Bildung allgemeiner Vorstellungen bei Tieren . . . . . . B2d. Urteilsbildung bei Tieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B2e. Schlußfolgerungen von Tieren . . . . . . . . . . . . . . . . . B3. Bildung genereller Ideen durch Aggregation . . . . . . . . . . . . B3a. Bildung des Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B3b. Aggregieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B3c. Aggregieren von Ideen hçherer Allgemeinheit . . . . . . .

99 99 99 101 103 104 106 108 109

83 84 84 85 87 89 91 91 93 94 96 98

109 111 112 113 114 118 118 121 123

XII

Inhalt

B3d. B3e.

Gattungen und Arten im extensionalen Sinn . . . . . . Die Zuordnung zu einer Art verndert Individuen nicht physisch und beruht nicht auf einer im strengen Sinn gemeinsamen Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B4. Bildung genereller Ideen durch Abstraktion . . . . . . . . . . . . B4a. Das Abstraktionsverfahren nach der Institutio Logica: Kompositive Bildung abstrakter Ideen . . . . . . . . . . . . B4b. Bildung abstrakter Ideen von hçherer Allgemeinheit . B4c. Gattungen und Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B4d. Mitteilungen ber generelle Namen . . . . . . . . . . . . . B4e. Gassendis Konzeptualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B4f. In welchem Sinn kann man Universalien fr ewig halten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B5. Wir erkennen nicht die wirkliche Wesenheit von Substanzen B5a. Daß unsere Substanzbegriffe unvollkommen sind, hngt mit der Begrenztheit unserer Sinnlichkeit zusammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B5b. Die innerste Natur der Dinge ist uns verborgen . . . . B5c. Der Verstand macht die Schwchen unserer Sinnlichkeit nicht wett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B5d. Vorboten nominaler Wesenheiten . . . . . . . . . . . . . . . B5e. Mçglichkeit von Naturwissenschaft . . . . . . . . . . . . . . B5f. „Essentiale“ und „proprium“ . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A . . . . . . . . . . . . . . . . . C1. Einfache und zusammengesetzte Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . C1a. bersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C1b. Die beiden Quellen einfacher Ideen . . . . . . . . . . . . . C1c. Es gibt singulre und generelle einfache Ideen . . . . . . C1d. Bildung genereller einfacher Ideen . . . . . . . . . . . . . . C1e. Jonathan Walmsleys erstes Relikt einer hobbesianischen Universalienlehre bei Locke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C1f. Walmsleys zweites Relikt einer hobbesianischen Universalienlehre bei Locke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C1g. Operationen des Verstandes an einfachen Ideen . . . . . C1h. Zusammenstellen und Vereinigen . . . . . . . . . . . . . . . C1i. Vereinigung zu komplexen Ideen und Vereinigung zu Urteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C1j. Gassendis Annahme einer virtuellen Copula. Rezeptionsvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

124 125 127 127 129 131 133 135 137 139 139 141 142 144 146 148 150 150 150 151 152 154 155 157 159 161 163 165

Inhalt

Verschiedene Bedeutungen von „einfache Apprehension“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C2. Sammelideen von Modi und Relationen . . . . . . . . . . . . . . C2a. Bildung genereller komplexer Ideen . . . . . . . . . . . . . C2b. Generelle Modus- und Relationsideen . . . . . . . . . . . . C2c. Schulphilosophische Relationsdistinktionen . . . . . . . . C2d. Fundamente von Relationen in Draft A . . . . . . . . . . C2e. Relationsideen sind besonders zahlreich und besonders klar und deutlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C2f. Relationen zwischen Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . . C2g. Moralische Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3. Sammelideen von Substanzen und ihre Unvollkommenheit C3a. Die vorgestellte Idee eines Subjekts der Eigenschaften und Ttigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3b. Kenneys Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3c. Generelle Substanzideen entstehen durch kompositive Abstraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3d. Textbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3e. Bildung genereller Ideen von anderen Geistern . . . . . C3f. Fehlen der Vorstellung einer kompositiven Abstraktion in Stanleys „History“ und in Gassendis „Syntagma philosophiae Epicuri“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3g. Beschreibungen der Abstraktion bei Schulautoren der Gruppe a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3h. Beschreibungen der Abstraktion bei anderen Schulautoren im Umfeld Lockes. Rezeptionsvermutung C3i. Boyles Meinung ber schulphilosophische Substanzvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3j. Form, Wesenheit, Formalitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . C3k. Unsere Substanzideen sind unvollkommen: Die Sinne sind begrenzt und brauchen viel Zeit . . . . . . . . . . . . C3l. Wir neigen zur Ungenauigkeit, auch gibt es keine verbindlichen Absprachen ber Wortbedeutungen . . . C3m. Wir erkennen nicht die Wesenheit von Substanzen . . C3n. Die Vernunft hilft uns in diesem Fall nicht weiter . . C3o. Bildung genereller Namen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C4. Gattungen und Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C4a. „Species“ steht in Draft A fr Arten im intensionalen und extensionalen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

C1k.

166 167 167 170 171 174 176 177 178 179 179 180 182 183 185 186 187 188 190 192 194 196 197 198 199 201 201

XIV

Inhalt

C4b.

Bei einigen Stellen in Draft A wird nicht klar, ob Locke an begriffsorientierte oder an gegenstandsorientierte Artzuweisung denkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C4c. Stellen, nach denen sich der Verstand bei der Artzuweisung an abstrakten Begriffen orientiert . . . . C4d. Schulphilosophische Gegenmeinungen im Umfeld Lockes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C4e. Zustimmende schulphilosophische Meinungen im Umfeld Lockes. Rezeptionsvermutung . . . . . . . . . . . . C4f. Recht auf den Namen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C4g. Essentials und properties . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C5. Schwierigkeiten mit Wçrtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C5a. Generelle Wçrter sind Zeichen fr generelle Ideen . . . C5b. Kinder lernen zuerst die Laute und verbinden erst spter Bedeutungen mit ihnen . . . . . . . . . . . . . . . . . C5c. Sprecher setzen beim gedachten, Hçrer beim gesprochenen Allgemeinen an. Oft wird derselbe Name mit verschiedenen Bedeutungen verwendet . . . . . . . . C5d. Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C5e. Beim Sprachenlernen geht man von der Lautgestalt oder von der Bedeutung aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C5f. Man muß verschiedene Arten von Kommunikation unterscheiden, nmlich alltgliche, wissenschaftliche und scheinwissenschaftliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B . . . . . . . . . . . . . . . . D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D1a. Ideen und ihr Ursprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D1b. Bezeichnungen fr zusammengesetzte Ideen. Einfache Apprehension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D1c. Bedarf an generellen Wçrtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . D1d. Generellere und weniger generelle Wçrter . . . . . . . . . D1e. Einfache Ideen und ihre Ursachen. Aktuelle und potentielle Qualitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D1f. Bei der Entstehung einfacher Ideen kçnnen relationale Elemente im Spiel sein. Passivitt des Verstandes bei der Rezeption einfacher Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D1g. Singulre und generelle einfache Ideen . . . . . . . . . . . D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen . . . . . . . . . D2a. Operationen des Verstandes mit seinen einfachen Ideen

202 204 205 206 209 210 212 212 213 214 215 216 217 220 220 220 222 223 225 227 229 230 232 232

Inhalt

„Put togeather“, „unite“, „compound“, „joyn“, „combine“ und „connect“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D2c. Generelle Modusideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D2d. Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D2e. Arten von Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D2f. Besonderheiten von Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . D2g. Schulphilosophen ber die ußerlichkeit und Vergnglichkeit von Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . D2h. Generelle Relationsideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D3. Generelle Substanzideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D3a. Die Einheit von Substanzideen hat ihren mittelbaren Grund in den Dingen und ihren unmittelbaren Grund im Verstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D3b. Wir haben keine angemessenen Substanzideen . . . . . D3c. S´migleckis ußerung ber unsere Substanzerkenntnis . D3d. Verallgemeinern von Substanzideen . . . . . . . . . . . . . D3e. Hierarchien genereller Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D3f. Darstellungen von Definition und Deskription in Lockes Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D3g. Nach Locke sind Wçrter der Gegenstand von Definitionen und Dinge der Gegenstand von Deskriptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D3h. Divisives und kompositives Verfahren. Verwandtschaft von Definition, Deskription und komplexer Idee . . . . D4. Gattungen und Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D4a. Gattungen und Arten im intensionalen und extensionalen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D4b. Undeutliche Stellen zum Verfahren bei der Artzuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D4c. Deutliche Stellen zum Verfahren bei der Artzuweisung D4d. Bedeutungen von „bereinstimmung“ . . . . . . . . . . . D4e. Generelle Ideen sind artkonstituierend . . . . . . . . . . . D4f. Die Erleichterung des Benennens von Dingen gehçrt zu den Zwecken der Bildung genereller Ideen . . . . . . . . D4g. „Denomination“ und „appellation“. Anspruch auf den Art- oder Gattungsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . D4h. „Essential“ und „property“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D5. Unvollkommenheit unserer Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . D5a. Die Angemessenheit genereller Ideen hngt unter anderem von der Ideenklasse ab . . . . . . . . . . . . . . . .

XV

D2b.

234 236 237 238 240 242 244 245 245 248 249 251 253 254 257 258 261 261 263 264 265 267 268 269 271 272 272

XVI

Inhalt

D5b.

Konstitutionelle Grnde fr die Unangemessenheit von Substanzideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D5c. Vermeidbare Grnde fr die Unangemessenheit von Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D5d. Allgemeine Ideen und Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . D5e. Vorboten von Lockes spterer Konzeption nominaler Wesenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D6. Sprechenlernen, Hçren und Sprechen . . . . . . . . . . . . . . . . D6a. Weil die meisten Wçrter generell sind, ist Sprechen Operieren mit Universalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D6b. Wçrter lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D6c. Wçrter definieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D6d. Sprecher und Hçrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D6e. Kommunikationsniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E1. Allgemeine Ideen und Wçrter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E1a. Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E1b. Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E1c. Anlsse der Ablehnung universalienrealistischer Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E1d. Gedachtes und sprachliches Allgemeines . . . . . . . . . . . E1e. Umgestaltung der Kriterien fr Ideen: Bestimmte und determinierte Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E1f. Das sprachliche Allgemeine als Denkhilfe und Kommunikationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E2. Zweck des Allgemeinen. Wrdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . E2a. Eine Sprache aus Eigennamen fhrte zu keiner angemessenen Verstndigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E2b. Generelle Wçrter erleichtern die Kommunikation und ermçglichen generelles Wissen. Ihre Bildung ist situationsabhngig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E2c. Das Vermçgen zur Verallgemeinerung von Ideen heißt im Essay Abstraktionsvermçgen und gilt als Menschen vorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E2d. Eine mçgliche Bezugnahme auf Gassendis Hundebeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E2e. Die Meinung, daß nur Menschen abstrahieren kçnnen, wird auch in der Schulphilosophie vertreten . . . . . . .

274 275 276 278 279 279 281 282 283 285 287 287 287 288 291 293 294 297 298 298 300 302 304 305

Inhalt

E2f. E3.

E4.

E5.

Die Unvollkommenheit des Abstraktionsvermçgens zeigt sich deutlich bei gemischten Modi und bei Substanzideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verallgemeinerung von Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E3a. Prinzip der Individuation ist die Existenz, und deren Umstnde sind Zeit und Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . E3b. „Circumstances“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E3c. Andere schulphilosophische Meinungen ber das Individuationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E3d. Meinungen Scheiblers und Burgersdijcks . . . . . . . . . . E3e. Lockes Beschreibung der Abstraktion in Essay 2.11.9 . E3f. Lockes Beschreibung der Abstraktion in Essay 3.3.6 und an weiteren Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung genereller einfacher Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E4a. Aarons Darstellung von Lockes Abstraktionslehre . . . . E4b. Einfache Ideen sind abstrahierbar, aber auf andere Weise als komplexe Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E4c. Trennung von Einzeldaten und Herauslçsung einfacher Ideen aus Datenpaketen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E4d. Herauslçsung einfacher Ideen aus einfachen Modi . . . E4e. Schwierigkeiten bei einfachen Modi der Ausdehnung . E4f. Herauslçsung einfacher Ideen aus Intensitten . . . . . . E4g. Schulphilosophische Meinungen zur Intensivierung und Abschwchung von Qualitten. Rezeptionsvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E4h. Vertrglichkeit von Lockes Annahmen ber die Abstraktion einfacher Ideen mit seinen allgemeinen Beschreibungen der Abstraktion . . . . . . . . . . . . . . . . E4i. Stufen hçherer Allgemeinheit bei einfachen Ideen. Namen einfacher Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Partielle Betrachtung und Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . E5a. Michael Ayers’ Verstndnis von Abstraktion . . . . . . . . E5b. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Zabarella, Combach, Burgersdijck und Scheibler . . . E5c. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Fonseca, Surez, Rubio und S´miglecki . . . . . . . . . . . E5d. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Baron, Magirus und Arnauld . . . . . . . . . . . . . . . . . E5e. Harte und schwache Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

307 310 310 312 314 315 317 320 321 321 323 324 325 326 329 331 334 335 337 337 339 343 345 348

XVIII

Inhalt

E5f.

E6.

E7.

E8.

Walmsleys zweite Phase von Lockes Abstraktionslehre in einer Tagebucheintragung von 1676 und in Draft C . E5g. Walmsleys dritte Phase von Lockes Abstraktionslehre in Draft C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E5h. Walmsleys dritte Phase von Lockes Abstraktionslehre im Essay . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E5i. Speicherung als Trennung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E5j. Speicherung abstrahierter Ideen nach Locke . . . . . . . Verbindung einfacher Ideen. Modi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E6a. Der Verstand sammelt einfache Ideen und vereinigt sie zu einer komplexen: Kompositive Abstraktion . . . . . . E6b. Die Einheit komplexer Ideen geht unmittelbar auf einen einheitstiftenden Akt des Verstandes zurck . . . E6c. Generelle komplexe Ideen entstehen durch Zusammensetzung und Vereinigung . . . . . . . . . . . . . E6d. Bildung komplexer Ideen von hçherer Allgemeinheit . E6e. Einfache Modi entstehen durch Zusammensetzung einfacher Ideen einer einzigen Art . . . . . . . . . . . . . . E6f. Gemischte Modi entstehen durch Zusammensetzung einfacher Ideen mehrerer Arten . . . . . . . . . . . . . . . . E6g. Drei Weisen des Erwerbs gemischter Modi und deren Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E6h. Gemischte Modi kçnnen aus singulren und generellen einfachen Ideen bestehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relationen und Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E7a. Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E7b. Fundamente von Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E7c. Allgemeinheit bei Relationen. Relative Ausdrcke . . . E7d. Substanzideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E7e. Zusammensetzung einfacher Ideen zu Ideen bestimmter Substanzarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E7f. Bildung generellerer Substanzideen . . . . . . . . . . . . . . E7g. Geach und Gallie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E7h. In welchem Sinn entstehen generelle Substanzideen durch Abstraktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E7i. „Kollektive Substanzidee“ bedeutet im Essay etwas anderes als „generelle komplexe Idee“ . . . . . . . . . . . . Gattungen und Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E8a. Locke bezeichnet Gattungen oder Arten im Essay nur selten als generelle Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

349 351 354 355 357 358 358 361 362 363 364 365 367 369 371 371 372 375 377 379 380 382 383 385 387 387

Inhalt

Zweite Explikation: Eine Art oder Gattung ist ein genereller Name. Dritte Explikation: Eine Art ist ein genereller Name, verbunden mit einer Idee . . . . . . . . E8c. Vierte Explikation: Eine Art ist eine Menge von Individuen, die unter einen generellen Namen eingeordnet werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E8d. Bei der Einordnung von Individuen in Gattungen oder Arten orientiert man sich an abstrakten Ideen . . . . . . E8e. Topologie der Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E8f. Sprachliche und gedachte Einordnung . . . . . . . . . . . E8g. Mit der Benennung wird der Name und die Erkennbarkeit der Artidee auf Individuen bertragen E8h. Vergleichung und Benennung. Recht auf den Artnamen E9. bereinstimmung von Ideen und Dingen . . . . . . . . . . . . . E9a. Fr die bereinstimmung zwischen Ideen und Dingen verwendet Locke mehrere Ausdrcke . . . . . . . . . . . . . E9b. bereinstimmung von Dingen beziehungsweise Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E9c. bereinstimmung von einfachen Ideen und ihren Korrelaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E9d. Komplexe Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10. Reale und nominale Wesenheit. Reale Konstitution . . . . . . E10a. Probleme bei der Erkenntnis der Wesenheiten von Kçrpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10b. Abstrakte Ideen sind Wesenheiten fr uns . . . . . . . . . E10c. Nominale Wesenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10d. Jede nominale Wesenheit konstituiert eine Art, die wie sie selbst unvernderlich ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10e. Schulphilosophische Meinungen ber die Ewigkeit von Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10f. Lockes reale Wesenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10g. Reale Wesenheiten von Schulphilosophen . . . . . . . . . . E10h. Schwierigkeiten gebildeter Leser mit Lockes Verwendung von „Wesenheit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10i. An einer Wesenheit Anteil haben. Prdikation abstrakter Ausdrcke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10j. „Essential“ und „property“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E10k. Innere oder reale Konstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . E10l. Besonderheiten nominaler Wesenheiten und innerer Konstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIX

E8b.

388 390 391 392 394 395 396 398 398 399 400 404 409 409 410 411 414 415 417 419 421 422 424 425 426

XX

Inhalt

E10m. Annahme von Substanzarten, die in Kenntnis realer Wesenheiten gebildet wrden . . . . . . . . . . . . . . . . . . E11. Neuere Interpretationen von „reale Wesenheit“ . . . . . . . . . E11a. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E11b. Bei dem Ausdruck „Wesenheit“ assoziiert man ,Arten‘ E11c. Reale Wesenheiten bewirken nicht nur die Proprien nominaler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E11d. Essay-Stellen, die reale Wesenheiten von Substanzen erwhnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E11e. Stellen aus der Korrespondenz mit Stillingfleet, die reale Wesenheiten von Substanzen erwhnen . . . . . . . . . . . E11f. Eine schwierigere Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E12. Klassifikation von Lockes Ansichten ber das Allgemeine . E12a. Unerkennbarkeit der realen Wesenheit von Substanzen E12b. Arten werden von Menschen gemacht . . . . . . . . . . . . E12c. Locke ist kein Nominalist im strengen Sinn . . . . . . . E12d. Locke ist kein Idealist. Sein Konzeptualismus ist realistisch E12e. Ttigkeiten des Verstandes und Vorgaben der Natur . E13. Wçrter lernen und verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E13a. Neue Darstellungen von Lockes Sprachphilosophie . . . E13b. Allgemeine Annahmen des Essay ber die Sprache . . . E13c. Wçrter lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E13d. Lernen von Wortbedeutungen bei einfachen Ideen, einfachen Modi und gemischten Modi . . . . . . . . . . . E13e. Lernen der Bedeutungen von Substanznamen . . . . . . E13f. Beim Wçrterlernen lernt man zugleich alltagssprachliche Klassifikationen . . . . . . . . . . . . . . E13g. Verstndigung ist grundstzlich schwierig . . . . . . . . . E13h. Wortwahl und Korrektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E13i. Verstehen von Namen einfacher Ideen und einfacher und gemischter Modi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E13j. Verstehen von Substanznamen . . . . . . . . . . . . . . . . . Rckblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

428 433 433 434 437 438 441 443 446 446 447 448 449 451 452 452 455 456 459 461 463 463 465 466 468 470

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 A. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 B. Moderne Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495

Abkrzungen 2nd reply Mr. Locke’s second reply to the right reverend the Lord Bishop of Worcester’s answer to his second letter. In: John Locke. The works in ten volumes. A new edition, corrected (London, Tegg u. a., 1823), ND Aalen (Scientia) 1963; IV 191 – 498. Abstr. Abstract of the Essay. In: King, Lord: The life and letters of John Locke with extracts from his journals and common-place books (London 1884), ND (= Research and source works series. Philosophy and religious history monographs. 93) New York (Burt Franklin) 1972; 365 – 399. Disqu. Petrus Gassendi: Disquisitio metaphysica. In: Petrus Gassendi, Opera omnia. Faksimile-Nachdruck der Ausgabe Lyon 1658 in 6 Bnden. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann) 1964; III 269 – 410. DM Francisco Surez: Disputationes metaphysicae (Paris 1866). 2 Bnde. Hildesheim (Olms) 1965. DRA John Locke: Draft A of the Essay concerning human understanding. In: John Locke. Drafts for the Essay concerning human understanding, and other philosophical writings. Hrsg. von Peter H. Nidditch und G. A. J. Rogers. Bd. I: Drafts A and B (The Clarendon edition of the works of John Locke). Oxford (Clarendon Press) 1990; 1 – 83. DRB John Locke: Draft B of the Essay concerning human understanding. John Locke: Drafts for the Essay concerning human understanding, and other philosophical writings. Hrsg. von Peter H. Nidditch und G. A. J. Rogers. Bd. I: Drafts A and B. (The Clarendon edition of the works of John Locke). Oxford (Clarendon Press) 1990; 85 – 270. Epist. Petrus Gassendi: Epistolae. In: Petrus Gassendi, Opera omnia. Faksimile-Nachdruck der Ausgabe Lyon 1658 in 6 Bnden. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann) 1964; VI 1 – 545. Ex. Petrus Gassendi: Exercitationes paradoxicae. In: Petrus Gassendi, Opera omnia. Faksimile-Nachdruck der Ausgabe Lyon 1658 in 6 Bnden. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann) 1964; III 95 – 210.

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Abkrzungen

Leibniz, Gottfried Wilhelm: Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, hrsg. von C. J. Gerhardt. Bd. 1 – 7. Berlin (Weidmann) 1875 – 1890. ND Hildesheim (Olms) 1965. HV Petrus Gassendi: Ad Librum Herberti de veritate epistola. In: Petrus Gassendi, Opera omnia. Faksimile-Nachdruck der Ausgabe Lyon 1658 in 6 Bnden. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann) 1964; III 411 – 419. HWPh Historisches Wçrterbuch der Philosophie. Hrsg. von Joachim Ritter und Karlfried Grnder. Bd. 1 – 13. Basel (Schwabe) 1971 – 2007. Inst. Log. Gassendi, Institutio logica. In: Petrus Gassendi, Opera omnia. Faksimile-Nachdruck der Ausgabe Lyon 1658 in 6 Bnden. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann) 1964; I 91 – 132. King Lord King: The life and letters of John Locke (London 1884). ND (= Research and source works series. Philosophy and religious history monographs. 93). New York (Burt Franklin) 1972. Letter A letter to the right reverend Edward, Bishop of Worcester. In: John Locke. The works in ten volumes. A new edition, corrected (London, Tegg u. a., 1823). ND Aalen (Scientia) 1963; IV, 1 – 96. Log. Orig. Petrus Gassendi: De logicae origine, et varietate. In: Petrus Gassendi, Opera omnia. Faksimile-Nachdruck der Ausgabe Lyon 1658 in 6 Bnden. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann) 1964; I 35 – 66. NE Leibniz, Gottfried Wilhelm: Nouveaux essais. In: Gottfried Wilhelm Leibniz, Smtliche Schriften und Briefe. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Sechste Reihe, Sechster Band (AA 6.6): Nouveaux essais sur l’entendement humain. Berlin (Akademie-Verlag) 1990. Ph. Ep. Petrus Gassendi: Philosophiae Epicuri syntagma. In: Petrus Gassendi, Opera omnia. Faksimile-Nachdruck der Ausgabe Lyon 1658 in 6 Bnden. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann) 1964; III 1 – 94. Phys. Petrus Gassendi: Physica. In: Petrus Gassendi, Opera omnia. Faksimile-Nachdruck der Ausgabe Lyon 1658 in 6 Bnden. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann) 1964; I 133 – II 658. Reply Mr. Locke’s reply to the right reverend the Lord Bishop of Worcester’s answer to his letter. In: John Locke. The works in

Abkrzungen

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Works

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ten volumes (London, Tegg u. a., 1823), ND Aalen (Scientia) 1963; IV, 97 – 189. Frischeisen-Kçhler, Max, und Willy Moog: Friedrich Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie. Dritter Teil. Die Philosophie der Neuzeit bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts. Tbingen (Mittler) 151955. Grundriss der Geschichte der Philosophie, begrndet von Friedrich Ueberweg. Vçllig neubearbeitete Ausgabe. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Hrsg. von Jean-Pierre Schobinger. Basel (Schwabe) 2. Frankreich und Niederlande. 1993. 3. England. 1988. 4. Das Heilige Rçmische Reich deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. 2001. John Locke. The works in ten volumes (London, Tegg u. a., 1823), ND Aalen (Scientia) 1963.

Einleitung a. Gegenstand der Untersuchung. – Lockes Lehre vom Allgemeinen stellt theoretische Probleme, doch geht es in diesem Buch nicht um Reflexionen ber die philosophische Bedeutung und Vertretbarkeit der Lockeschen Versuche und ihrer Implikationen. Der Sinn der einschlgigen Texte ist noch immer umstritten, und deshalb ist es auch umstritten, wie Locke die einzelnen Phasen der Bildung des Allgemeinen konstruiert hat. Sobald einander widerstreitende Auslegungen der einschlgigen Texte miteinander konkurrieren, um einander widerstreitende Interpretationshypothesen zu untermauern, legt sich die Frage nahe, wie der Autor Abstraktion und Benennung, das Vorgehen bei der Klassenbildung und das Verhltnis von realer und nominaler Wesenheit wirklich konstruiert hat. Obgleich man diese Frage aus mehreren Grnden nicht endgltig beantworten kann, stellt sie sich doch bei jeder neuen Interpretationslage von neuem. In diesem Sinn versuchen die folgenden Kapitel, zu mçglichst zutreffenden Interpretationen von Lockes Aussagen ber Abstraktion und Benennung, ber den Verlauf der Klassenbildung und ber das Verhltnis von realer und nominaler Wesenheit zu gelangen. Zweitens sind einige der von Locke verwendeten Termini in den letzten dreihundert Jahren obsolet geworden, und andere haben ihre Bedeutung verndert. Deshalb werden zeitgençssische Texte konsultiert, die zeigen, wie man in Lockes Umgebung bestimmte Ausdrcke verwendete, denn das lßt unter Umstnden Rckschlsse auf Lockes eigene Verwendungen zu. Auf die Begriffe „ektype“ und „archetype“ gehe ich dabei nicht ein, weil ich ihre Tradition nicht kenne. Ferner suche ich in zeitgençssischen Texten nach Konstruktionen, die denen Lockes gleichen oder mit ihnen konkurrieren. Weil es mehr mçgliche Bezugsautoren gibt, als ein einzelner Mensch in einem einzelnen Buch behandeln kann, entscheide ich mich fr Gassendi und einige damals in Oxford geschtzte Scholastiker, die heute nicht mehr sehr bekannt sind; auf diese Weise wird zugleich ein Streifen der theoretischen Landschaft erhellt, in der Lockes Philosophie entstanden ist. Bei solchen Konsultationen stçßt man auf zahlreiche Analogien, und einige davon sind so stark, daß der Gedanke an eine Rezeption sich nahelegt. Dabei werde ich es in der Regel belassen und nur in vier Fllen mit expliziten Vermutungen darber hinausgehen; davon sind zwei fr die Lehre vom Allgemeinen sehr wichtig. Weil man in der Regel bei Locke stringente Rezeptionsbeweise, die

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Einleitung

scholastische und gassendistische Texte betreffen, aus Mangel an Belegen nicht fhren kann, sind einschlgige Rezeptionsannahmen hier besonders umstritten; ich gehe in dieser Einleitung auf einige der bisherigen Erçrterungen ein. Weil ich keinen Zugang zu Lockes hinterlassenen Papieren und zumal zu Draft C hatte, kann ich, was diese betrifft, nur auf Berichte in der Literatur verweisen.1 Der Ausdruck „Umfeld“ im Untertitel bezieht sich sowohl auf das doxographische Umfeld, das ausfhrlich erçrtert wird, als auch auf das historische Umfeld, soweit ich es hier bercksichtigen kann. Locke macht hinreichend deutlich, daß er Gassendi schtzt und Schulphilosophen nicht mag; mit diesen, meint er, solle man junge Leute nicht behelligen.2 Auf der anderen Seite hat er in Oxford eine schulphilosophische Ausbildung erhalten und schulphilosophische Lehrveranstaltungen durchgefhrt. Man darf vermuten, daß diese Erfahrungen Spuren hinterließen, denn wenn sich jemand whrend mehrerer Jahre mit einer philosophischen Richtung befaßt, wird er in der Regel auch dann von ihr gezeichnet, wenn er sie ablehnt.3 Bisher gibt es keine Belege dafr, daß sich Locke mit Texten von Surez beschftigt hat. Trotzdem beginnt das Buch mit einem Blick auf Surez’ Sechste Metaphysische Disputation und auf Gassendis Universalienentwrfe. Surez, der damals besonders angesehen war und einige Darstellungen der Universalienlehre geprgt hat, widme ich ein eigenes Kapitel, um einen Eindruck vom Stand der schulphilosophischen Universaliendiskussion am Ende des sechzehnten und in der ersten Hlfte des siebzehnten Jahrhunderts zu vermitteln. Danach soll der Abschnitt ber 1 2

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Knappe Beschreibungen der erhaltenen Manuskripte findet man in den John Locke Resources von John C. Attig: John Locke Resources; URL = http://www.libraries.psu.edu/tas/locke/mss/index.html (15. 05. 2011). Zum Beispiel: Locke, Of education, § 166; Works IX 154, 20 – 35: „For there [bei Geographie, Astronomie, Chronologie, Anatomie, Historie und sonstigem Wissen von Dingen], if we would take the true way, our knowledge should begin, and in those things be laid the foundation; and not in the abstract notions of logic and metaphysics, which are fitter to amuse, than inform the understanding, in its first setting out towards knowledge. When young men have had their heads employed a while in those abstract speculations, without finding the success and improvement, or that use of them which they expected, they are apt to have mean thoughts either of learning or themselves; they are tempted to quit their studies, and throw away their books, as containing nothing but hard words, and empty sounds; or else to conclude, that if there be any real knowledge in them, they themselves have not understandings capable of it. That this is so, perhaps I could assure you upon my own experience.“ Kenney 1960; 275 – 276. hnlich Rogers 2008; 151.

Einleitung

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Gassendi zeigen, wie damals eine Alternative zu Schulentwrfen aussehen konnte. Nach diesen Einfhrungen in Universaliendiskussionen im Umfeld Lockes beschftige ich mich mit ußerungen Lockes ber das Allgemeine in den beiden frhen Drafts und im Essay; die brigen hier bercksichtigten Autoren behandle ich dabei nicht in besonderen Kapiteln, sondern von Fall zu Fall, sofern ihre Texte Auskunft ber charakteristische Wortverwendungen geben oder vergleichbare Probleme auf hnliche Weise wie Locke oder deutlich anders lçsen. b. Grnde fr Lockes Interesse am Allgemeinen. – Als Locke begann, sich mit dem Allgemeinen zu beschftigen, hatte es schon eine lange Geschichte, die bis ins klassische Griechenland zurckreicht. Viele Anstze hatten miteinander konkurriert: Das Allgemeine ist jenseits der Dinge; es entlßt das Einzelne aus sich, das an ihm teilhat. Oder: Das Allgemeine strukturiert und bewegt das Einzelne und existiert, sofern es das tut; wir erkennen es im gçttlichen Licht, durch den Beistand einer kosmischen Intelligenz oder durch unseren eigenen ttigen Verstand. Aber auch: Es wird erst vom menschlichen Verstand durch Abstraktion erzeugt, und zwar aus Anlaß von hnlichkeiten der Dinge. Vom 11. bis zum 16. Jahrhundert wurden heftige Dispute darber gefhrt, ob das Allgemeine fr sich subsistiert, ob es die Einzeldinge konstituiert oder ob es nur etwas Gedachtes ist, das uns die Bildung von Urteilen und Klassen ermçglicht. Unter Schulphilosophen des spten 16. und des 17. Jahrhunderts findet man noch Vertreter thomistischer, scotistischer und selbst platonischer Richtungen, doch ist inzwischen der Konzeptualismus, nach dem das Allgemeine vom Verstand erzeugt wird, zur herrschenden Meinung geworden. Die relativ kurzen berufsqualifizierenden Lehrbcher fr Philosophie, die zur Zeit Lockes in Oxford beliebt waren und die von Autoren unterschiedlicher Nationalitt und Konfession stammten, behandelten das Allgemeine sorgfltig, aber ohne Leidenschaft; sie wichen vor allem in Details voneinander ab und ereiferten sich am ehesten dann, wenn es um kontroverstheologisch relevante Themen ging. In dieser bescheidenen Form begegnete Locke der Universalienlehre, doch bewegten ihn bald andere als schulphilosophische Probleme, zum Beispiel Bedingungen und Techniken des çffentlichen Friedens, die Erkennbarkeit der Grundlagen der Ethik und die Verbesserung der Lebensbedingungen des Menschen durch neue Erkenntnisse und Verfahren in Medizin und Naturwissenschaft. Wie der Mediziner Thomas Sydenham und der Physiker und Chemiker Robert Boyle, mit denen er befreundet war, war auch Locke davon berzeugt, daß man solche Verbesserungen

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Einleitung

nicht durch allgemeine Vorstellungen und Prinzipien erreicht, die sich Gelehrte in ihren Stuben ausdenken, sondern durch mhsame Versuche und Beobachtungen an Einzelkçrpern, und daß uns bei der Verbesserung unseres Wissens nicht allgemeine Mitteilungen wie „A ist die Ursache von B“ weiterhelfen, sondern geduldige Forschungen, durch die wir, wenn wir Glck haben, Details ber die Wirkungsweise von Dingen wie A, ber die Reaktionen von Dingen wie B und ber die nheren Umstnde des Experiments und des Beobachters erfahren. Das lßt sich als Verschiebung des Interesses von pauschalen Themen und Prinzipien zu individuellen Objekten und Vorgngen deuten. Dafr, daß Locke trotzdem an etwas auf den ersten Blick so Unkonkretem wie der Lehre vom Allgemeinen und seiner Entstehung interessiert blieb, gibt es mindestens zwei Grnde: Er stand Experimentalphilosophen nahe, und er interessierte sich fr die Naturgeschichte des menschlichen Verstandes. Sogar in einer unmittelbar an Empirie orientierten Medizin und in einer beobachtenden und experimentierenden Naturwissenschaft muß man bereits aus Zeit- und Kommunikationsgrnden mit Klassifikationen arbeiten, und dabei spielen generelle Ausdrcke eine wichtige Rolle. Sie gehçren sozusagen zum tglichen Handwerkszeug, und Autoren wie Sydenham und Boyle machen sich Gedanken ber sie. Locke liegen nicht nur aus biographischen Grnden (die meisten seiner Lehrbcher waren konzeptualistisch), sondern auch aus sachlichen Grnden konzeptualistische Anstze nahe, nach denen Art- und Gattungsvorstellungen Erzeugnisse unseres Verstandes sind. Gegen realistische Universalienlehren spricht deren Annahme, daß dem ttigen Verstand die Wesenheit der Dinge zugnglich ist; wer glaubt, daß man die Wesenheit bequem durch Abstraktion ergrnden kann, der hat keinen Grund, die Mhsal von Beobachtung und Experiment auf sich zu nehmen. Fr konzeptualistische Universalienlehren spricht, daß Klassenbildungen und Benennungen sich oft als voreilig oder irrefhrend erweisen. Zum Beispiel spricht manchmal eine Krankheit, die man aufgrund der Symptome als Wassersucht diagnostiziert, nicht auf die Therapien an, mit denen man normalerweise Wassersucht heilt; oder mit Schwefel, den man bei Apotheker B kauft, funktionieren chemische Versuche nicht, die mit Schwefel von Apotheker A sehr gut funktionieren. Solche Mißgeschicke sprechen am ehesten fr die Vermutung, daß sich bei den entsprechenden Klassifikationen nicht die weise Natur, sondern unser begrenzter Verstand geirrt hat, dessen Werk sie sind. Weil unser Denken irrtumsanfllig ist und weil die Wesenheiten der Dinge in Wirklichkeit in korpuskularen Strukturen bestehen, die unsere Sinne nicht wahrnehmen kçnnen, drfen wir bei unseren Bemhungen um eine bessere Medizin und

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Naturwissenschaft keine ganz angemessenen Vorstellungen und Klassifikationen und schon gar keine allgemeinen und notwendigen Prognosen ber die Eigenschaften und das Verhalten von Naturdingen erwarten. Dem tragen Locke und seine experimentalphilosophischen Freunde dadurch Rechnung, daß sie Klassifikationen und Benennungen als Provisorien betrachten: Sie gelten immer nur bis auf weiteres und sind zu korrigieren, sobald uns widerstreitende Erfahrungen das nahelegen. Aber Locke steht nicht nur Experimentalphilosophen nahe, er plant auch eine Naturhistorie des menschlichen Verstandes. Die Hervorbringung des Allgemeinen durch den Verstand gehçrt deshalb unmittelbar zu seinen Themen: Wie produziert der Verstand generelle Ausdrcke, und nach welchen Kriterien teilt er Dinge in Klassen ein? Daß unsere Klassenbildungen und Benennungen provisorisch sind, schließt nicht aus, daß sie ungefhr so zustandekommen, wie einige Schulphilosophen behauptet haben. Locke fand anscheinend deren Annahmen ber Abstraktion und ber die Bildung und Benennung von Klassen mehr oder weniger einleuchtend, denn er orientierte sich an ihnen. Zur Bildung einer Klasse braucht man eine generelle Vorstellung von den Individuen, die man ihr zuweisen mçchte, einen Namen fr diese Vorstellung und ein Zuweisungsverfahren. Die generelle Vorstellung beruht teils auf Erfahrung und teils auf Ttigkeiten des Verstandes: Man nimmt mehrere Individuen wahr, erkennt, daß sie einander hnlich sind, und bildet eine Vorstellung von ihnen, die nur ihre gemeinsamen Merkmale enthlt und die nichtgemeinsamen auslßt. Diese Ttigkeit bezeichnen Schulphilosophen als Abstraktion, und auch Locke nennt sie im Essay so. Vorstellungen, die durch Abstraktion entstehen, heißen dort abstrakte Ideen; beim Akt der Benennung verbindet man sie mit Namen und erklrt sie zu deren Bedeutungen; Namen abstrakter Ideen, die man zur Bildung von Stzen braucht, heißen Prdikate. Dadurch, daß man Mengen von Individuen bildet, die zur Bedeutung eines Artnamens passen, entstehen Arten, Gattungen, Sorten oder Klassen. Im Mittelpunkt der skizzierten Konzeption (und hnlicher Konzeptionen, die Schulphilosophen vertreten) stehen Arten, abstrakte Vorstellungen und deren Namen, und Locke hatte mindestens zwei Grnde dafr, diese Themen interessant zu finden, obgleich sie ein beliebter Gegenstand von Schulphilosophen waren. Bei der Ttigkeit, durch die man abstrakte Ideen (das heißt zugleich: Bedeutungen von Klassennamen) bildet, bercksichtigt man gemeinsame Merkmale und vernachlssigt nichtgemeinsame; es handelt sich um eine spezielle Steuerung der Aufmerksamkeit, und Steuerung der Aufmerksamkeit ist eine psychische Ttigkeit und zhlt zu den Gegenstnden der

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Psychologie. Deshalb hçrt man gelegentlich den Einwand, daß Autoren, die die Entstehung allgemeiner Vorstellungen so wie Locke erklren, auf unzulssige Weise Psychologie und Philosophie miteinander vermengen; man bezeichnet sie als Psychologisten. Der entsprechende Ausdruck entstand im 19. Jahrhundert in Deutschland bei der Loslçsung der Psychologie von der Philosophie, die eine Neubestimmung von beider Kompetenzen erforderlich machte; er diente als Kampfparole, ist aber nicht eindeutig und kann unter anderem zur Maßregelung von Autoren verwendet werden, die die Erkenntnistheorie als Teil der Psychologie betrachten. Die Verwendung von „Psychologismus“ zur Charakterisierung von Lockes Meinungen ber die Abstraktion ist anachronistisch, denn Locke hlt die Physik als Lehre von den Kçrpern und endlichen Geistern, zu denen auch die menschliche Vernunft gehçrt, fr eine der Kerndisziplinen der Philosophie.4 Er vertritt hnlich wie Schulphilosophen, die vergleichbare Abstraktionslehren entwickeln, eine andere Einteilung der Philosophie als seine modernen Kritiker. Nach dieser Einteilung ist die Lehre von den Ttigkeiten des Verstandes genauso wie der Verstand selbst ein Gegenstand der Physik und folglich ein Gegenstand der Philosophie. Damals verstrkt sich unter Philosophen die von Locke nicht geteilte Tendenz, die Lehre von den Geistern unter Namen wie „Pneumatologie“ fr einen Teil der Metaphysik zu halten, aber auch dann, wenn Locke sich dieser Tendenz angeschlossen htte, wre fr ihn die Abstraktion ein Gegenstand der Philosophie geblieben, denn Metaphysik, die Locke in seiner eigenen Einteilung nicht vorsieht, ist jedenfalls ein Teil der Philosophie. c. Probleme mit Rezeptionsvermutungen. – Die Interpretationen in den Kapiteln ber Surez und Gassendi werden Dissense mit anderen Interpreten veranlassen, aber das ist normal. Bei der ersten Aufgabe der Untersuchung, bei der zu ermitteln ist, wie Locke die Vorgnge bei Abstraktion, Benennung und Klassenbildung und wie er das Verhltnis von 4

Essay 4.21.2; 720, 9 – 17: Man kann die Wissenschaften folgendermaßen einteilen: „First, The Knowledge of Things, as they are in their own proper Beings, their Constitutions, Properties, and Operations, whereby I mean not only Matter, and Body, but Spirits also, which have their proper Natures, Constitutions, and Operations as well as Bodies. This in a little more enlarged Sense of the Word, I call vusij¶, or natural Philosophy. The end of this, is bare speculative Truth, and whatsoever can afford the Mind of Man any such, falls under this branch, whether it be God himself, Angels, Spirits, Bodies, or any of their Affections, as Number, and Figure, etc.“

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realer und nominaler Wesenheit wirklich konstruiert hat, ist zumindest die Textlage gnstig. Inzwischen ist es nicht mehr mçglich, in verbleibenden Zweifelsfllen den Autor oder seine Freunde um Klrung zu bitten, und selbst dann, wenn es mçglich wre, kçnnte der Fragende in der Regel nicht sicher sein, daß er den Befragten richtig versteht oder daß der Befragte an einer triftigen Antwort interessiert ist. Wegen solcher und anderer Unsicherheiten gibt es keine endgltigen Interpretationen, aber daran nimmt in der Regel niemand Anstoß, auch ist es inzwischen fast trivial, daran zu erinnern. Bei der zweiten Aufgabe, dem Aufspren zeitgençssischer Wortgebruche und analoger oder konkurrierender Konstruktionen, sind die Ausgangsbedingungen ebenfalls gnstig. Zwar kçnnen auch hier Dissense ber Einzelinterpretationen und Meinungsverschiedenheiten darber entstehen, wie wichtig die ausgewhlten Literaturbereiche fr die Interpretation Lockescher Texte sind, doch darf man davon ausgehen, daß die hier ausgewhlten nicht vçllig unwichtig sind. Bei diesen beiden Bereichen gehen also die prinzipiellen Probleme nicht ber das bliche Maß hinaus. Anders ist es bei der dritten Aufgabe, dem Aufspren von Rezeptionen aus dem hier bercksichtigten Literaturbereich, und zwar deshalb, weil wegen der Knappheit von Zeugnissen Lockes oder beteiligter Zeitgenossen stringente Rezeptionsbeweise in der Regel nicht mçglich sind. Oft ist es nicht einmal mçglich, einen bestimmten Autor als Rezeptionsquelle anzugeben; in solchen Fllen muß ich mich bei begrndeten Rezeptionsvermutungen mit Hinweisen auf kleine Gruppen von Autoren begngen. Es gibt also bei der dritten Aufgabe im Vergleich zu den beiden anderen besondere Probleme. d. ltere Meinungen ber Lockes Verhltnis zur Schulphilosophie. – Allgemeine Vermutungen ber Lockes Scholastikrezeption findet man in lteren bersichtswerken zur Geschichte der Philosophie; Krakowski und Tellkamp vermitteln einen Eindruck davon. Darber hinaus gibt es einschlgige Aufstze und Monographien. Autoren mit Scholastikkenntnissen verbanden bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts gern Hinweise auf sachliche bereinstimmungen zwischen Texten Lockes und scholastischen Lehrstcken mit riskanten Rezeptionsbehauptungen oder ußerten sich pauschal ber den Umfang anzunehmender Rezeptionen, whrend sich erfahrene Philosophiehistoriker mit dem Aufweis von Analogien begngten.5 Aus J. Kppers’ Berner Dissertation von 1894,6 die ich nicht 5 6

Zum Beispiel Baeumker 1908 und 1909. Kppers, J.: Locke und die Scholastik. Diss. Bern 1894.

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eingesehen habe, zitiert Tellkamp den Satz: „Lockes Lehrgebude ist rein scholastischen Stils“; Tellkamp findet, daß Kppers hier bertreibt.7 Die Pariser Thse von douard Krakowski ber mittelalterliche Quellen von Lockes Philosophie, die 1915 erschien, bernahm FranÅois Picavets Unterscheidung zwischen mittelalterlicher Philosophie und Scholastik; so konnte Krakowski die Zielgruppe von Lockes ablehnenden ußerungen auf Schulphilosophen des 15. bis 17. Jahrhunderts eingrenzen und hochund sptscholastische Autoren aus der Schußlinie bringen: „Et si nous pouvons affirmer ici que Locke condamne la plupart du temps la scolastique, – la philosophie mdivale, au contraire, exerce sur lui une grande influence.“8 Daraus, daß Ockhams Summa logicae in Oxford noch in der zweiten Hlfte des 17. Jahrhunderts gedruckt und verwendet wurde, darf man nach Krakowski mit Sicherheit schließen, daß Locke Ockham und Gabriel Biel gekannt hat, wahrscheinlich aber auch Wilhelm (Durand?) von SaintPourÅain.9 Cudworth wird achtmal genannt, Legrand einmal, Surez dreimal und Zabarella zweimal, doch geht es dabei nicht um bestimmte Stellen; scholastische Texte im Sinn Picavets spielen bei Krakowski kaum eine Rolle. Die Analogien, die er aufzeigt, sind interessant und anregend, doch ist der rezeptionsgeschichtliche Ertrag der Untersuchung nicht groß. James Gibson schrieb 1917 ein Kapitel ber die Beziehungen zwischen Locke und der Scholastik, in dem er einleuchtende Ansichten ußert, aber keinen Schulphilosophen zitiert.10 Im Unterschied zu Krakowskis Bemhungen beginnt die Bonner Dissertation von August Tellkamp mit der Frage, „inwieweit eine Beeinflussung Lockes durch die Scholastik geschichtlich mçglich war“. Tellkamp erinnert an Benno Erdmanns Feststellung, daß „der historischen Wrdigung (Lockes) …, soweit der Bestand der mittelalterlichen Logik in England um die beiden ersten Drittel des 17. Jahrhunderts in Betracht kommt, vorerst ein fester Untergrund fehlt“, und fgt hinzu, daß man nicht einmal weiß, welche Lehrer Locke hatte und welche Autoren er studierte. Tellkamp versucht deshalb, sich durch Bercksichtigung des 7 Tellkamp 1927 zitiert auf S. 5 diesen Satz nach S. 2 von Kppers’ Dissertation; Tellkamps eigene Einschtzung findet sich auf S. 119. 8 Krakowski 1915; 46 – 47. 9 Krakowski 1915; 117. 10 Chapter VIII: Locke and Scholasticism. In: Gibson 1968; 182 – 204. – Dazu Milton 1984; 25: „James Gibson even managed without evident embarrassment to write a chapter of Locke’s Theory of Knowledge and its Historical Relations on Locke and Scholasticism without mentioning one single scholastic philosopher by name.“

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Philosophieunterrichts an den Universitten Cambridge und Oxford „ein annherndes Bild zu entwerfen“.11 Als Verfasser von Unterrichtswerken erwhnt er Crakanthorpe, Brerewood, S´miglecki, Seton, Sanderson, White und Carpenter;12 Keckermann wird ausfhrlich gewrdigt.13 Mit diesen Angaben und mit kritischen ußerungen des Dichters John Milton und des Wissenschaftlers John Locke ber die universitre Ausbildung belegt Tellkamp die These, „daß um die Mitte des 17. Jahrhunderts in Oxford die scholastische Philosophie herrschend war, und somit Locke wahrhaftig Gelegenheit fand, in seinen Studienjahren ihre Lehren und ihren Schulbetrieb kennen zu lernen.“14 Im Hauptteil der Arbeit orientiert sich Tellkamp – wohl unter dem Eindruck der Enzyklika Aeterni Patris – an dem damals verbreiteten Realismus-Nominalismus-Schema: Thomistische Philosophien sind gut, nominalistische nicht; nicht ohne Grund bezeichnet er die „spanisch-portugiesische Schule“ pauschal als neothomistisch.15 Auch sttzt er sich bei Vergleichen von Lockes theoretischer und praktischer Philosophie mit scholastischen Positionen zwar einerseits auf Texte Lockes, aber andererseits vorwiegend auf Sekundrmaterial. Was er darber hinaus an scholastischen Texten heranzieht, das stammt zum grçßten Teil von Thomas von Aquin; Ockham und Surez werden viermal genannt, doch sind die Stellenangaben nicht genau. Ferner werden je einmal Augustinus, Nikolaus von Autrecourt und Buridan erwhnt; von den zuvor im Abschnitt ber die englischen Hochschulen genannten spten Schulautoren ist nicht mehr die Rede. Das Jahr 1947 brachte eine betrchtliche Vernderung, denn mit dem Erwerb der Lovelace-Collection durch die Bibliotheca Bodleiana wurde ein Teil des Lockeschen Nachlasses mit vorher nicht bekannten biographischen Informationen und bisher nicht oder unzulnglich publizierten Texten der Forschung zugnglich. Die erste Publikation zu Lockes praktischer Philosophie, die auf den nunmehr greifbaren Materialien beruhte, war Wolfgang von Leydens Edition John Locke. Essays on the law of nature. 16 Als 11 12 13 14 15 16

Tellkamp 1927; 8. Tellkamp 1927; 13 – 14 und 18. Tellkamp 1927; 14 – 19. Tellkamp 1927; 27. Tellkamp 1927; 26. In diesem Buch publizierte von Leyden nach einer ausfhrlichen Einleitung außer dem lateinischen Text von Lockes Essays on the law of nature mit englischer bersetzung den lateinischen Text von Lockes Abschiedsrede als Zensor fr Moralphilosophie mit englischer bersetzung und mehrere Tagebucheintragungen von 1676; diese waren in Lockes privater Kurzschrift berliefert, deren Ent-

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erste Verçffentlichung zu Lockes theoretischer Philosophie machte W. Henry Kenneys Ph.D.-Dissertation John Locke and the Oxford training in logic and metaphysics, die 1959 von der Universitt St. Louis angenommen wurde, von den neuen Mçglichkeiten Gebrauch; nach J. R. Milton ist diese Untersuchung, die nur als Typoskript vorliegt, bisher der einzige seriçse Versuch, „to investigate Locke’s scholastic reading“. 17 Die erste Monographie zum Verhltnis von Locke und Gassendi, die Manuskripte der LovelaceCollection verwendete, war Gabriel Bonnos Les relations intellectuelles de Locke avec la France von 1955. e. Die Untersuchung W. H. Kenneys. – Kenney betont zu Anfang seiner Untersuchung, daß sich Lockes philosophischer Hintergrund aus seinen gedruckten Werken nicht rekonstruieren lßt. Man muß ihn aus anderem zeitgençssischen Material ermitteln, und zwar aus offiziellen Berichten und Satzungen, aus Aufzeichnungen von Universittsangehçrigen, darunter Lockes eigenen, aus den zahlreichen zeitgençssischen Kritiken am Oxforder Unterrichtsbetrieb und aus den eingefhrten Lehrbchern.18 Abschtzige allgemeine ußerungen Lockes ber den Nutzen der Schulphilosophie finden sich in dessen theoretischen und pdagogischen Schriften; viele davon gibt Kenney wieder.19 Nach der Laudschen Satzung von 1636 beschftigten sich die Studenten im ersten Studienjahr der Artes-Fakultt mit Rhetorik und Grammatik und in den folgenden drei Jahren bis zum Baccalaureat mit Dialektik auf der Grundlage von Porphyrs Isagoge und von aristotelischen Logiktexten sowie mit Moralphilosophie auf der Grundlage der Nikomachischen Ethik. Vom dritten Studienjahr an traten Hebrisch und Griechisch hinzu. Studenten, die den Magistergrad der Artes-Fakultt erwerben wollten, waren fast durchweg Theologen und hatten sich nach der Laudschen Satzung drei Jahre lang mit Metaphysik und zwei Jahre lang mit Physik zu beschftigen, und zwar auf der Grundlage von Aristoteles’ Physik, De Coelo, Meteoren, De Anima und De generatione et corruptione; ferner zwei Jahre lang mit Geschichte.20 Schon ab

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zifferung von Leyden gelang. – Wolfgang von Leyden war der Sohn eines preußischen Staatssekretrs und verließ Deutschland wegen der nationalsozialistischen Rassegesetze. Sein schçner autobiographischer Text Growing up under the Weimar republic, 1918 – 1933 erschien 1984 bei Vantage Press, New York. Milton 1984; 25. Kenney 1960; 1. S. vor allem Kenney 1960; 2 – 11. Kenney 1960; 15 – 17. Fr knappe neuere Angaben s. außer Ashworth 1988 auch Rogers 2008; 151.

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dem zweiten Jahr des Baccalaureatstudiums war die Teilnahme an Disputationen vorgeschrieben, die spter im Magisterstudium eine zentrale Rolle spielten; auch wurde auf vielseitige Ausdrucksfhigkeit im Lateinischen Wert gelegt. Zu Lockes Zeit hatte sich der Unterricht von der Universitt in die Colleges verlagert, die ihre Lehrkçrper manchmal zu Lasten des Niveaus nach anderen Kriterien rekrutierten als die Fakultten. Auch waren seit der Mitte des 16. Jahrhunderts an die Stelle von Aristoteles-Texten Lehrbcher getreten, die zunchst noch Aristoteleskenntnisse voraussetzten; als Vertreter dieser Gattung nennt Kenney Brerewood, Crakanthorpe, S´miglecki und Sanderson. Doch folgten bald auch Schulbcher, mit denen man sich den geforderten Lehrstoff aneignen konnte, ohne auf Aristoteleskenntnisse angewiesen zu sein.21 Von den Manuskripten der Lovelace-Collection sind nach Kenney drei fr den Zustand der Philosophie im Oxford der Jahrhundertmitte besonders aufschlußreich, nmlich die Manuskripte e. 6, f . 11 und f . 33. 22 Bei Ms. Locke e. 6 handelt es sich um den elfblttrigen Rest eines Notizbuchs mit ursprnglich 91 Blttern aus Lockes Oxforder Zeit. Am Anfang steht eine Aufzhlung der fr die Notizen verwendeten Autoren und Bcher, zu denen Combachs Metaphysicorum libri duo gehçrt; einen bersichtsvermerk hat Locke zumindest zu deren erstem Kapitel geschrieben, whrend eine zweite Notiz verloren ist.23 Ms. Locke f. 11 ist ein 21 Kenney 1960; 20 – 26. 22 Kenney 1960; 29. Kenney beschreibt die von ihm genannten Manuskripte auf den Seiten 30 – 34. – Ashworth und Milton fgen MS Locke f 17 hinzu, das bei der Abfassung von Kenneys Arbeit noch nicht in die Lovelace Collection eingegliedert war. Dazu Ashworth 1981; 304, Anm. 14, und Milton 1984; 32. 23 Der erhaltene Text behandelt in lateinischer Sprache das Verhltnis der Metaphysik zu den brigen Wissenschaften (Kenney 1960; 30). – Das Exzerpt lautet nach Kenneys Transkription auf S. 101 folgendermaßen: „Dividuntur scientiae speculativae per differentias speculabilium, in quantum sunt speculabilia…. & aliquid competit ex parte potentiae intellectiva et sic objectum debet esse immateriale quia intellectus [est] immaterialis. 28 Ex parte habitus scientiae, et sic objectum debet esse necessarium et immobile. Secundum ordine[m] remotionis objecti a materia et a motu distinguuntur scientia[e]. 18 Quaedam igitur … dependent a materia sec esse et intellectum, qualia sunt Physica. 28 Alia dependent a materia sec esse sed non secundum intellectum ut Mathematica. 38 Quaedam non dependent a materia aut sec esse aut intellectum ut Transcendentia, quorum alia sunt abstracta sec essentiam alia sec indifferentiam Comba l 1, c 1“. Ein weiteres Exzerpt, das beschdigt ist, erwhnt Kenney auf S. 104: „The other extant note which Locke has transcribed from Combach deals with the meanings of nature, quiddity, essence, and form. Since this note is not compleat due to a tear in the page, we give the text as it is found in Combach“.

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Ausgabenbuch, in dem Locke nicht nur seine eigenen Einnahmen und Ausgaben notierte,24 sondern auch die der Studenten, deren Tutor er von 1661 bis 1666 war. Das Bndchen enthlt Angaben ber die Preise der Bcher, die Locke whrend seiner Schulzeit in Westminster kaufte; fr 1661 und 1662 nennt es ferner Titel und Autoren von Bchern, die seine Studenten erwarben, und das ist aufschlußreich, denn „Locke can be reasonably presumed to have directed his students’s book-buying and so to have possessed some knowledge of these texts“. Als Autoren von Logikbchern, die Locke unter dieser Annahme mehr oder weniger kannte, erscheinen nach Kenney Du Trieu, S´miglecki (zwei Erwhnungen), Smith, Sanderson, Powell, Flavel und Zabarella; die Nennung Zabarellas bei den Logikautoren ist aber nach Milton nicht gesichert.25 Ferner sind Metaphysikbcher von Combach, Scheibler, Burgersdijck und Scheiblers Compendium, eine Schrift von Ringelberg und Grotius’ De virtute verzeichnet; Milton merkt an, daß die letzten beiden Angaben irrig sind.26 – Ms. Locke f. 33 enthlt auf fol. 8 – 25 Unterrichtsnotizen, die auf der ersten Hlfte von Du Trieus Manuductio ad logicam beruhen, ferner auf fol. 174 – 185 hnliche Notizen, deren Bezugstext nicht ermittelt ist. Die Echtheit dieses Manuskripts hat von Leyden bezweifelt; Milton vermutet, daß es nicht von Lockes Hand stammt, hlt aber die Frage der Echtheit fr unerheblich.27 Außer Manuskripten aus der Lovelace Collection bercksichtigt Kenney Aufzeichnungen aus dem College-Bereich, Listen der im 17. Jahrhundert in England gedruckten Philosophielehrbcher und einschlgige historische Studien. Fr aufschlußreich hlt er in der ersten Gruppe das Dokument Queen’s College (Oxon.) Ms. 518, das aus dem Jahr 1652 stammt, also aus demselben Jahr, in dem Locke nach Christ Church kam; verfaßt hat es ein Fellow von Queen’s College namens Timothy Halton. Haltons Aufzeichnungen enthalten einen kommentierten Katalog von Bchern, die der Verfasser jungen Theologen empfiehlt. Als empfehlenswerte Logikautoren 24 Einen Eindruck von den persçnlichen Ausgaben des jungen Locke vermittelt von Leyden 1958; 16. 25 Milton 1984; 28. 26 Milton 1984; 32, Anm. 2 und 3. 27 Eine Beschreibung der Manuskripte findet sich in Kenney 1960; 32 – 34. Zur Frage der Echtheit von MS 33 s. Milton 1984; 30: „Both these sets of notes appear to be in the same hand, but whether that hand is Locke’s is uncertain. 17 Fortunately nothing in the present enquiry is much affected either way. We already have substantial evidence that Locke was acquainted with Du Trieu’s Manuductio, and we can deduce relatively little from the existence of the other notes while the book from which they were taken remains unidentified.“

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werden genannt: Du Trieu, S´miglecki, Rubios Logica Mexicana,28 Toledo, Zabarella, Hurtado, die Conimbricenses, Magirus und Vallius.29 Als Darstellungen von Einzelgebieten werden Scheiblers Topica, Flavels Demonstratio, Powells Demonstrationes und seine Sophistischen Widerlegungen30 empfohlen. Die besten Erçrterungen vieler Teile der Logik glaubt der Verfasser in den Metaphysiken von Surez und anderen Autoren zu finden. Vom Studium der Metaphysik des Aristoteles rt er dringend ab, dagegen empfiehlt er Soncinas, Fonseca, Combach, Scheibler, Jacobus Martini, Cornelius Martini, Surez und Dominicus von Flandern.31 In seinen Kapiteln 2 – 5 beschftigt sich Kenney mit der Erçrterung von Einzelthemen, die seinerzeit in Oxforder Lehrbchern eine Rolle spielten und die nach seiner Meinung fr Locke von Belang gewesen sind: Das Wesen der Logik, das Verhltnis von Sinnlichkeit und Verstand, die Substanzlehre und das Wesen der Metaphysik. Der Essay verwendet Bildungen mit „metaphysic*“ nur selten, und zwar zweimal abschtzig und zweimal nicht unmittelbar abschtzig;32 auch ist in Lockes Einteilung der Wissenschaften in Essay 4.2133 eine Disziplin Metaphysik nicht vorgesehen; er ordnet Stoffe, die Aristoteliker dort zu verhandeln pflegten, einschließlich der Lehre von den geistigen Wesen, die bei Schulphilosophen zunehmend als Teil der Metaphysik verstanden wurde („Pneumatologie“), nach dem Vorbild epikureischer und stoischer Philosophen der „vusij¶, or natural philosophy“ zu.34 Im letzten Kapitel zieht Kenney den Schluß, daß

28 Halton bezieht sich auf Rubios Commentarii in universam Aristotelis dialecticam, die im Rahmen von Rubios Lehrttigkeit in Mexiko entstanden und die ich nach der Ausgabe London (Whitaker) 1641 zitiere. 29 Vielleicht denkt der Autor an den Logiker Paolo Valla bzw. Paulus Vallius S.J., durch den Galileo Galilei Zabarella kennenlernte. 30 Gemeint sind Powells Analysis Analyticorum Posteriorum sive librorum Aristotelis de Demonstratione, die ich nach der zweiten Auflage (Oxford, Cripps) von 1631 zitiere; und Powells Analysis lib. Aristotelis De sophisticis elenchis, die 1598 (Oxford, Barnes) und 1664 (Oxford, Hall) erschien. 31 Kenney 1960; 34 – 36. 32 Einerseits Essay 3.10.2; 491, 18 und Essay 4.8.9; 615, 29. Andererseits Essay 2.32.2 und 3; 384, 24 und 30. 33 Essay 4.21,2; 720, 9 – 17 34 Essay 4.21.2; 720, 9 – 17. Text s. S. 6, Anm. 4. – Zum bergang der Geisterlehre in die Metaphysik ußert sich Locke zurckhaltend in der Schrift Of education, § 190; Works IV 182, 39 – 183, 3: „Natural philosophy being the knowledge of the principles, properties, and operations of things, as they are in themselves, I imagine there are two parts of it, one comprehending spirits, with their nature and qualities; and the other bodies. The first of these is usually referred to metaphysics:

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das intellektuelle Niveau im Oxford der Jahrhundertmitte eher niedrig war. Das fhrt er u. a. darauf zurck, daß akademische Grade in der ArtesFakultt in der Regel nur Durchgangsstationen auf dem Weg zu geistlichen mtern waren, daß sich der Unterricht von den Fakultten an die Colleges verlagert hatte, daß man auf die Aufnahmefhigkeit der teils sehr jungen Studenten Rcksicht nehmen mußte und daß inzwischen an die Stelle großer Texte trockene Schulbcher getreten waren. Fast drei Viertel der Unterrichtszeit nahm eine eklektische Logik in Anspruch, auch wurde zu viel Wert auf Disputationen gelegt, bei denen es mehr um den Sieg als um die Sache ging.35 Unter den Schulbuchverfassern war nach Meinung Kenneys, der vermutlich in seinem Orden auch selbst eine neoscholastische Ausbildung durchlaufen hat, Zabarella der einzige Philosoph von Rang; die anderen erzeugten eine Sekundrscholastik, die sich weit von den großen Autoren des 13. und 14. Jahrhunderts entfernte und zu einem uninspiring instructional instrument verkommen war. Sie ging nicht von Problemen, sondern von Behauptungen aus, reihte lange Ketten berflssiger Distinktionen aneinander und erstickte im Hçrer jede Kreativitt.36 Kenney glaubt, daß die Lehrbcher pdagogisch mangelhaft waren, weil sie sich nicht um die intellektuelle Erfahrung und Einsicht des Einzelnen kmmerten und ihn weder zum Verstehen noch zur Weisheit fhrten. Ihr Interesse an systematischer Vollstndigkeit verhinderte die sorgfltige Analyse von Einzelproblemen; die Studenten, die den ganzen Bereich der Philosophie auf einmal erobern sollten, verzettelten sich, anstatt kleine Brckenkçpfe zu bilden und von dort aus das weitere Vordringen zu planen.37 Bei der Wrdigung von Kenneys Kritik ist zu bedenken, daß die meisten von ihm beurteilten Werke nicht philosophische Monographien, sondern Einfhrungstexte waren. Bei der Beurteilung ihrer pdagogischen Eignung ist zu beachten, daß sie lange vor Rousseau und Pestalozzi geschrieben wurden, also zu einer Zeit, in der pdagogische Erfordernisse, deren Bercksichtigung heute selbstverstndlich ist, noch auf ihre Entdeckung warteten. Dafr, daß damals Studenten trotzdem auf ihren Philosophieunterricht nicht grundstzlich mit Frustrationen reagierten, but under what title soever the consideration of spirits comes, I think it ought to go before the study of matter and body […].“ 35 Kenney 1960; 269 – 271. 36 Kenney 1960; 273 – 274. 37 Kenney 1960; 289 – 292.

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gibt es Zeugnisse, zum Beispiel einen Bericht des Herausgebers Adrian Heereboord im Vorwort zur dritten Auflage von Burgersdijcks Institutiones metaphysicae, die 1653 in Oxford erschien. Nachdem Leidener Studenten ihr Collegium physicum beendet hatten, baten einige von ihnen, darunter Heereboord, ihren Lehrer Burgersdijck um ein privates Kolleg ber Metaphysik, die damals in Leiden nicht çffentlich gelehrt wurde. Burgersdijck war berlastet, schlug ihnen aber ihre Bitte nicht ab, nur fiel ihm kein Lehrbuch ein, das er einer solchen Veranstaltung zugrunde legen mochte. Daraufhin schlugen ihm die Studenten vor, doch selbst ein knappes System der Metaphysik zu entwerfen. Er erwiderte, dafr brauche man mehr Muße, als er im Augenblick habe, doch werde er tun, was er kçnne. Er notierte, wenn er Zeit fand, die Stichwçrter, die ihm zu Themen der Metaphysik einfielen, auf ein Konzeptblatt; die Studenten schrieben seinen Vortrag mit und diskutierten darber, und auf dieser Grundlage berarbeitete und erweiterte Burgersdijck den Text. Kaum hatte er damit begonnen, als er schwer erkrankte; er war noch ein halbes Jahr lang bettlgerig und starb danach. Sechs Jahre spter wurden die Institutiones metaphysicae verçffentlicht und erwiesen sich als großer Erfolg; weil so viel Zeit bis zur Verçffentlichung verstrich, darf man vermuten, daß die Schler an dem hinterlassenen Manuskript noch Redaktionsarbeit zu leisten hatten.38 38 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653; fol. *2r8 – fol. *3v8: „Cum praestantes aliquot Philosophiae Studiosi, quorum ego pars parva, quin et minima fui, Collegium Physicum, publicis disputationibus, sub auspiciis et ductu Cl. Burgersdicii, ad finem, anno 1632. perduxissent, factum fuit, ut ab eorum nonnullis, me, aliisque sese adjungentibus, petita fuerit privata praeceptoris nostri opera in Metaphysicae studio excolendo, praesertim, quod ea Philosophiae pars publice tum non doceretur, nec ab aliquot jam annis praelecta esset: ille, quamvis multis occupationibus districtissimus et sepiuscule distractus, operam tamen postulatam non negare, sed dubium sese profiteri, quem potissimum hic authorem in manus sumeret, vix ullum sibi placere, sinuosa esse et prolixissima Metaphysicorum, atque inordinata fere volumina, et si quae sint breviora atque ordinatiora non nihil, ea tamen compendia tantum esse Suaresianorum conceptuum. Nos, ut contractum aliquod et ordinatum rerum Metaphysicarum Systema conciperet ac communicaret, propriisque nixum principiis, humaniter rogavimus. Ille, hoc negotium prolixioris otii, quam sibi suppetat, esse respondit: attamen se nostrae petitioni non defuturum, sed quantum per temporis intervalla licebit, sedulo id praestiturum. Adornavit ergo hasce, quas vides, Institutiones Metaphysicas, quas per folia singula tum temporis descripsimus ac disputavimus. Primae fuerunt hae Authoris cogitationes, quae uti mentem subirent, ita eas in chartam pro temporis angustia conjecit. Has resumere et ampliores reddere, ut cogitationes secundae semper sunt meliores primis, in animum induxit suum, ac plenum aliquod dare et ordinatissimum Metaphysicae opus. Sed manum vix admovere operi coepit, cum

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Die Autoren, von denen bei Kenney die Rede ist, sind in der Regel keine großen Stifter- und Umbruchsgestalten. ber den Rang von Zabarella und Surez braucht man nicht zu streiten, aber auch das Urteilsvermçgen und Problembewußtsein eines Autors wie Marcin S´miglecki ist eindrucksvoll. Grundstzlich ist es schwer, die fachliche Qualitt von Autoren aufgrund des Inhalts von ihnen verfaßter Lehrbcher zu beurteilen; zwar hielt Surez die Disputationes metaphysicae und Hegel die Enzyklopdie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse fr Texte, die fr Jugendliche geeignet sind, doch ist inzwischen bekannt, daß sie sich irrten. Immerhin erfordert es viel Sachkenntnis und Intelligenz, so riesige Stoffmassen wie die der damals vorliegenden Philosophiehandbcher knapp und bersichtlich darzustellen, und wer sich einer solchen Mhe unterzog, der erwies seinen Studenten einen Dienst. Das kann man sich mit Zahlen klarmachen: Fonsecas Metaphysik umfaßt rund 14.000.000 Zeichen, die von Surez rund 9.000.000. Das Lehrbuch von Scheibler enthlt immerhin noch etwa 3.500.000 Zeichen, dagegen das von Burgersdijck nur rund 500.000. Solche knappen Kompendien vermitteln den Studenten keine große Philosophie, aber einen faßlichen berblick ber das, was zu der betreffenden Zeit die Philosophie war. Diese Zeit ist durch Erscheinungsjahre bestimmt. Die meisten der hier zu erwhnenden Lehrbcher entstanden, bevor die Welt von den Philosophien Descartes’, Gassendis oder Lockes etwas erfuhr,39 die nicht sogleich, aber allmhlich zum Erliegen der Schulphilosophie beitrugen. Daß in Oxford Werke, deren Stunde im Grunde schon geschlagen hatte, auch nach dem Auftreten der neuen Autoren noch lange verwendet wurden, ist nicht die Schuld der Verfasser; diuturnus ac difficillimus et pertinacissimus ipsum invasit Morbus, qui ultra semestre, Virum maximum, lecto affixum, detinet, tandemque eum, media ac florentissima aetate, huic Academiae et seculo exemit, et nobis Metaphysicae majoris spem omnem praecidit atque abstulit. Sexennium fuit a morte ejus viri integrum, cum hae Institutiones Metaphysicae (majoris operis sceleton et ichnographia) multifariam a variis descriptae, in lucem primum prodiere, quae, ut lucem adspexerunt, ita omnium gaudio exceptae sunt, ut non multo post iterare editionem coactus fuerit Typographus: sed et hujus exemplaria distracta jam diu fuere.“ 39 S´migleckis Logik erschien 1618, Scheiblers Logik zuerst 1620 und 1633, Scheiblers Metaphysik zuerst 1617 und 1629. Burgersdijcks Logik erschien zuerst 1623, das Collegium physicum 1632; seine postume Metaphysik entstand Mitte der dreißiger Jahre. Dagegen erschienen Gassendis Disquisitio metaphysica 1641, De vita et moribus Epicuri 1647, die Animadversiones in decimum librum Diogenis Laertii 1649 und die Opera omnia 1658. Descartes’ erste literarische ußerung, der Discours de la mthode, erschien 1637.

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es hngt unter anderem damit zusammen, daß die Universitt berufsqualifizierende Leistungen zu erbringen hatte. Verwaltung liebt Stetigkeit; erst in neuerer Zeit sind Studienplne so kurzlebig geworden wie heute. f. E. J. Ashworths Untersuchung zu Lockes Sprachtheorie. – E. Jennifer Ashworth verçffentlichte 1981 im Journal of the history of philosophy aus Anlaß zweier neuerer Untersuchungen zu Lockes Behauptungen ber die Sprache, die zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gelangten,40 einen Aufsatz ber die mittelalterlichen Quellen von Lockes Sprachtheorie. Nach Norman Kretzmann, der die erste dieser Untersuchungen verfaßte, ist die Hauptthese von Lockes Semantik, nach welcher Wçrter unmittelbar Ideen und mittelbar Dinge bezeichnen, in Lockes Formulierung zu einem klassischen Flop der Semantik geworden. Um Lockes Text in einer Weise zu interpretieren, die ihm vertretbar erscheint, nimmt Kretzmann an, daß es Locke in Wirklichkeit um die Unterscheidung zwischen Signifikation und Referenz ging. Charles Landesman, der Verfasser der zweiten Untersuchung, interpretiert „unmittelbar bezeichnete Dinge“ mit „Dinge, sofern sie vorgestellt sind“, und versteht darunter intentionale Objekte; diese identifiziert er mit Lockeschen Ideen.41 Anstatt allein Lockes Text zu analysieren, versucht Ashworth, die Ansichten bestimmter scholastischer Autoren zu ermitteln, „which Locke might have read“. 42 Dafr, daß Locke sie gekannt und gelesen hat, gibt es keine Belege; auch befanden sich in Lockes Bibliothek fast keine Exemplare ihrer Schriften und schon gar keine Exemplare mit Lektrespuren. Andererseits handelt es sich um Autoren, die man damals in Oxford mit Sicherheit las und von denen man annehmen darf, daß ihre Ansichten in Vorlesungen, Tutorien und Privatgesprchen erçrtert wurden. Solche Texte kçnnten Interpreten fr uns verwunderlicher Behauptungen Lockes, die er weder nher erklrt noch beweist, zu der Vermutung bewegen, daß Locke sie deswegen weder erklrt noch beweist, weil er davon ausgehen durfte, daß sie seinerzeit fr jeden Interessierten verstndlich waren.43 Jennifer Ashworths Interpretationen der von ihr vorgelegten Texte, an denen sie offensichtlich Freude hat, vermitteln einen 40 Norman Kretzmann: The main thesis of Locke’s semantic theory. In: Philosophical review 77 (1968); 175 – 196. S. dazu Douglas Odegard: Locke and the signification of words. In: The Locke newsletter 1 (1970); 11 – 14. – Charles Landesman: Locke’s theory of meaning. In: Journal of the history of philosophy 14 (1976); 23 – 35. 41 Ashworth 1981; 301 – 303. 42 Jennifer Ashworths Ansatz blieb nicht unumstritten; s. z. B. Lenz 2010; 13 – 15. 43 Ashworth 1981; 303 – 304.

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Eindruck von deren Niveau. Um wahrscheinlich zu machen, daß Locke vergleichbare Schriften kannte, erwhnt sie neben Ms. Locke f. 11 der Lovelace Collection auch A library for younger schollers von Thomas Barlow (1607 – 1691), die in zahlreichen Abschriften zirkulierte und von der sich eine Kopie in fremder Schrift, aber mit berschriften von Lockes Hand, in Ms. Locke e. 17 findet, das Kenney noch nicht kannte. Zur weiteren Information erwhnt Ashworth Wilhelm Risses Liste der damals in Oxford publizierten Logiken44 und Publikationen von Sanderson, Smith, Brerewood, Crakanthorpe, Airay, S´miglecki, Du Trieu und Burgersdijck, dessen Logik zweimal in Cambridge verçffentlicht wurde. Von diesen Titeln befanden sich in Lockes Bibliothek nur Du Trieu und Sanderson,45 daneben Logiken von Clauberg, Clericus, Crellius, Launay, Mariotte, Wallis und Port-Royal; in keiner von ihnen finden sich Glossen von Lockes Hand.46 Ashworth bercksichtigt vor allem S´miglecki, aber auch den OrganonKommentar der Conimbricenses sowie Toledo und Rubio;47 auch gibt sie Hinweise auf sachlich benachbarte Autoren. Die reich dokumentierte Untersuchung macht zunchst klar, daß es in der heutigen Philosophiesprache zu der Verwendung von „significare“ und „significatio“ bei mittelalterlichen und nachmittelalterlichen Logikern keine genaue Entsprechung gibt. Bei spten Schulautoren kann man laut Ashworth die Frage nach der significatio eines Ausdrucks am ehesten als Frage danach deuten, was dieser Ausdruck bekanntmacht; eine angemessene Antwort darauf wre sowohl das Zeigen auf einen Gegenstand als auch die Mitteilung, daß der betreffende Ausdruck bekannt gibt, an was der Sprecher gerade denkt. Geht man von diesem Wortgebrauch aus, dann ist die Frage „Do words signify Ideas or things?“ nicht mit „Bedeuten Wçrter Ideen oder Dinge?“, sondern mit „Machen Wçrter Ideen oder Dinge bekannt?“ zu bersetzen.48 Was Landesmans intentionale Objekte betrifft, so gibt es in der Sptscholastik zwar Stellen, in denen „conceptus obiectivus“ hnlich gedeutet wird wie Lockes „Idea“ bei Landesman, es gibt aber kein Indiz dafr, daß Locke solche Texte kannte, der im Essay weder die zugehçrige Terminologie 44 Ashworth bezieht sich auf: Wilhelm Risse, Bibliographia logica Bd. I (1472 – 1800). Hildesheim (Olms) 1965. 45 Ashworth 1981; 304. Ashworth verweist zu den Titelangaben in Anm. 15 auf Risse und in Anm. 16 auf die Angaben bei Harrison-Laslett 1971, Nr. 2548a (Sanderson 1615) und Nr. 2982 (Du Trieu, Ausgabe Kçln 1657). 46 Ashworth 1981; 304, Anm. 16. 47 Ashworth 1981; 305. 48 Ashworth 1981; 309 – 311.

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noch den Ausdruck „conceptus obiectivus“ oder eine bersetzung davon verwendet. Bezeichnenderweise zitiert Landesmann keine Essay-Stelle, die unmittelbar fr seine Deutung spricht.49 Die von Ashworth konsultierten Autoren disputieren ausfhrlich und mit unterschiedlichen Ergebnissen darber, ob Wçrter primr Begriffe oder Dinge oder ob sie gleichermaßen beides bezeichnen. Lockes Meinung, daß sie primr Begriffe und sekundr Dinge bezeichnen, ist also, von dort aus gesehen, nicht eben selbstverstndlich.50 Sie paßt zwar besser zu Lockes philosophischen Grundannahmen, doch darf man annehmen, daß Lockes Entscheidung in dieser sehr speziellen Frage mit seinem Studium der Schullogik zusammenhngt. Wenn er aber tatschlich Informationen ber scholastische Autoren besaß, die die genannte Meinung vertraten, dann muß man bei der Interpretation entsprechender Essay-Stellen zunchst den damals blichen Wortgebrauch zugrunde legen. Denn daß Locke eine vçllig neue Theorie mit konventionellen Ausdrcken verbreiten wollte, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil erstens nahezu alles, was er in den beiden ersten Kapiteln des Dritten Buches ber die Sprache schreibt, mit scholastischen Texten bereinstimmt, die man whrend Lockes Aufenthalt in Oxford las, und weil er zweitens bei seiner Behauptung, daß Wçrter primr und unmittelbar Ideen bezeichnen, auf jede detaillierte Erklrung oder Rechtfertigung verzichtet; das wre sonderbar, wenn er mit den von ihm verwendeten Termini eine andere Theorie vertreten wollte als die, die man seinerzeit normalerweise mit ihnen verband.51 g. Miltons Bilanz. – J. R. Milton verçffentlichte schon 1981 den Aufsatz John Locke and the scholastic tradition, der Lockes Philosophie der nominalistischen berlieferung zuordnet und diese Zuordnung begrndet. Fr Nominalismus ist nach Milton unabhngig von Terminologien und lite49 Ashworth 1981; 318 – 321. 50 Ashworth 1981; 324. Das zuerst erwhnte Zitat steht bei Ashworth auf S. 324, Anm. 84: „Burgersdijck wrote (p. 104): Voces articulatae significant animi conceptus, primo scilicet, atque immediate; nam res etiam significant, sed mediantibus conceptibus.“ – Ferner ebd. Anm. 85: „Crakanthorpe, p. 223: Voces vero sunt signa immediata conceptuum, mediata rerum. Cf. Smith, p. 4.“ In der von mir benutzten Ausgabe von Burgersdijcks Logik (London 1651) befindet sich die zitierte Stelle (l. 1, c. 24, theor. 1) ebenfalls auf S. 104. Die Crakanthorpe-Stelle (l. 3, c. 1: De Voce) steht in der Ausgabe London 1641 auf S. 213. – In Smith, Aditus, Oxford 1656, finde ich auf S. 4 ( l. 1, c. 1) nur: „Ad vocem Logicam tria praecipue requiruntur. Primo, ut sit significans, unde infantium voces proprie non sunt voces, quia non sunt signa rerum.“ 51 Ashworth 1981; 325.

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rarischen Genera die Annahme charakteristisch, daß alles, was existiert, individuell ist, daß es nichts denkunabhngig Allgemeines enthlt und daß es keines besonderen Prinzips bedarf, um individuell zu werden. Nicht charakteristisch ist dagegen die in der Philosophiegeschichte nur selten vertretene Meinung, daß Universalien bloß Namen sind. Schon deshalb hlt Milton die Bezeichnung „Nominalismus“ nicht fr ideal, glaubt aber, daß es inzwischen zu spt ist, einen anderen Ausdruck einzufhren; die Bezeichnung „Konzeptualismus“ lehnt er als unangemessen ab.52 Sie ist jedoch, soweit ich sehe, nicht unangemessener als „Nominalismus“ und hat im vorigen Jahrhundert eine wichtige Funktion erfllt;53 deshalb spricht einiges dafr, sie nicht aufzugeben. Nach Milton spielt bei der Bestimmung der Grundzge des Nominalimus die Konstruktion des absoluten und des relativen Allgemeinen, die zu den Gegenstnden dieser Untersuchung gehçrt, nur eine geringe Rolle; dafr spricht in der Tat der Umstand, daß innerhalb des Konzeptualismus bei beiden Themen sehr verschiedene 52 Milton 1981; 128 – 130. Zu „Konzeptualismus“ s. ebd. S. 143, Anm. 6: „Conceptualism, on the other hand, is definitely inappropriate. The view that everything is an individual is not about concepts at all; it is a purely metaphysical thesis, whatever its epistemological implications.“ 53 Streitigkeiten ber Klassifikationstitel sind kein besonders ertragreicher Gegenstand der Philosophiehistorie, aber die Ausdrcke „Konzeptualismus“ und „Nominalismus“ haben sozusagen eine Kriegsgeschichte und waren den Anhngern der kmpfenden Parteien teuer. P. Philotheus Boehner O.F.M., der mit Erich Hochstetter zu den Initiatoren der modernen Ockhamforschung gehçrt, zog ebenso wie Hochstetter die Bezeichnung „Konzeptualismus“ entschieden vor; s. zum Beispiel Boehner 1958; 148: „[…] Ockham’s Nominalism or rather Conceptualism […]“, ebd. 318: „[…] I would request Professor Pegis not to call Ockhams theory as regards universals Nominalism“ oder 341: „[…] the so-called nominalists […]“. Der Grund fr Boehners Prferenz liegt in der jngeren Geschichte des rçmischen Katholizismus und ist inzwischen nahezu vergessen, obgleich er bis in die fnfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts virulent blieb. Bei den ppstlich gefçrderten, sachlich wenig fundierten und beraus heftigen neothomistischen Attacken gegen die erfolgreichste Schule der Franziskaner wurde der Feind in der Regel als „die Nominalisten“ bezeichnet. Mit dem Ausdruck „Konzeptualisten“ entzog Boehner seinen Ordensbruder Ockham und dessen Schule solchen Angriffen. Das Wort hatte zwar den von Milton angedeuteten Nachteil, die Philosophen, die es schtzen sollte, in die Nhe des Idealismus zu rcken, aber diesen Nachteil nahm Boehner gern in Kauf; s. Boehner 1958; 157: „Small wonder, that such a conceptualism imputed to William Ockham falls an easy prey to their [der Neoscholastiker] violent, and to a large extent justified, attack against idealism in general. However, as far as Ockham’s conceptualism is concerned, their victory in this regard is an illusion, for the simple reason that his alleged idealistic conceptualism does not exist.“

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Lçsungen miteinander konkurrieren. Aus welchen Quellen Locke seinen Nominalismus bezog, lßt sich nach Milton nicht mehr mit Sicherheit sagen; mçglicherweise kçnnte es auch Locke selbst nicht sagen. Daß er irgend einen mittelalterlichen Nominalisten gelesen hat, ist mçglich, aber nicht wahrscheinlich; doch spricht der Umstand, daß 1675 in Oxford Ockhams Summa logicae nach beinahe hundert Jahren neu aufgelegt wurde, fr ein ungewçhnliches Interesse an nominalistischen Theorien. Lockes Nominalismus gleicht in vielem demjenigen Ockhams, allerdings mit dem Unterschied, daß Locke nicht argumentiert, sondern Nominalismus fr etwas Selbstverstndliches hlt.54 1984 verçffentlichte Milton in The Locke Newsletter einen Aufsatz ber die Frage, von welchen scholastischen Autoren man mit Sicherheit oder mit vertretbarer Wahrscheinlichkeit annehmen darf, daß Locke sie gelesen hat. Eine angemessene bersicht ber Lockes scholastische Vorgnger wird nach Milton erst mçglich sein, wenn eine inhaltliche Analyse der in Oxford betriebenen Philosophie vorliegt; bisher hat nach Miltons Meinung nur E. Jennifer Ashworth ein Teilgebiet in diesem Sinn bearbeitet. Locke erwhnt in Some thoughts concerning education Burgersdijck und Scheibler als Autoren, die nicht fr junge Leute geeignet sind, und ußert in der Korrespondenz mit Stillingfleet abschtzige Bemerkungen ber Burgersdijck und Sanderson.55 Darber hinaus erwhnt er in verçffentlichten Werken Scholastiker nicht namentlich; zwar gibt es im Essay on the law of nature, der erst 1954 erschien, eine Bezugnahme auf Thomas von Aquin, doch geht sie 54 Milton 1981; 132 – 135. 55 Die erste der erwhnten Locke-Stellen steht in Some thoughts concerning education § 94; Works IX 86, 21 – 29: „Seneca complains of the contrary practice in his time; and yet the Burgersdiciuses and the Scheiblers did not swarm in those days, as they do now in these. What would he have thought, if he had lived now, when the tutors think it their great business to fill the studies and heads of their pupils with such authors as these. He would have had much more reason to say, as he does, Non vitae, sed scholae discimus; we learn not to live, but to dispute; and our education fits us rather for the university than the world.“ – Die zweite Stelle findet sich in Letter; Works IV 8, 24 – 28: „So that I do not see but Burgersdicius, Sanderson, and the whole tribe of logicians, must be reckoned with the gentlemen of this new way of reasoning, who have almost discarded substance out of the reasonable part of the world.“ Die Stelle bezieht sich auf Sandersons Logik und betrifft nicht seine Schriften zur politischen Philosophie. – Ferner: 2nd reply; Works IV 449, 19 – 26: „In the next paragraph, your lordship bestows the epithet of dull on Burgersdicius and Sanderson, and the tribe of logicians. I will not question your right to call any body dull, whom you please; but if your lordship does it to insinuate that I did so, I hope I may be allowed to say thus much in my own defence, that I am neither so stupid or illnatured to discredit those whom I quote, for being of the same opinion with me.“

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wahrscheinlich auf eine Fußnote bei Hooker zurck.56 Schulphilosophen seiner eigenen Zeit kannte Locke anscheinend besser als ihre mittelalterlichen Vorlufer; allerdings befanden sich in seiner Bibliothek nach Harrison und Laslett von den hier konsultierten Autoren nur Sandersons Logicae artis compendium und Du Trieus Manuductio ad logicam, und zwar ohne Lektrespuren.57 Vor allem vier Manuskripte der Lovelace collection enthalten nhere Belege, nmlich f. 11, e. 17, e. 6 und f. 33. Ms. f. 11 ist das bereits von Kenney erwhnte Ausgabenbuch, das unter anderem eine Liste der Bcher enthlt, die Lockes Schler zwischen Mai 1661 und Mrz 1662 erwarben; nach Mrz 1662 notierte Locke nur noch die Preise. Diese Liste enthlt die umfangreichsten Informationen darber, welche schulphilosophischen Werke Locke mehr oder weniger gekannt haben drfte.58 – MS e. 17, das durch eine sptere Schenkung in die Lovelace Collection gelangte, enthlt Notizen zu ungenannten Logikbchern; einige zeigen Lockes normale Handschrift, andere nicht. Ferner enthlt e. 17 eine Transkription von Thomas Barlows Liste der fr Studenten empfehlenswerten Bcher; bei dieser wurden nur die Seitenberschriften („Barlo: Bibliotheca“) und die marginalen Fachtitel von Lockes Hand eingetragen. Barlows Bibliotheca gibt Auskunft darber, welche schulphilosophischen Bcher man in Lockes Oxforder Jahren las, doch ist nicht anzunehmen, daß Locke sie alle oder viele davon gelesen hat; ohnehin waren die meisten Scholastikbcher, die man whrend Lockes frher Jahre in Oxford benutzte, weniger als hundert und in der Regel weniger als fnfzig Jahre alt. MS e. 6 mit dem Titel Lemmata enthlt kurze Auszge aus alten und modernen Schriften. Die unvollstndige Inhaltsangabe am Anfang erwhnt Combachs Metaphysicorum libri duo; von diesen enthlt das Manuskript zwei Exzerpte, und zwar aus Buch 1, Kap. 1, und aus Combachs ußerungen ber die Bedeutungen von „Natur“, „Quidditt“, „Wesenheit“ und „Form“.59 Diese Aufzeichnungen entstanden vermutlich zwischen 1654 und 1661; danach 56 Milton 1984; 27 und 33, Anm.8. – Dazu von Leyden 1958; 36 und 116, Anm. 3. – Von Leyden glaubt, man drfe annehmen, „that Locke did read St. Thomas in the original“; dabei denkt er aber anscheinend an Texte zur praktischen Philosophie. S. von Leyden 1958; 36. 57 Milton 1984; 25 – 27. – Harrison-Laslett 1971, 2548a und 2982. 58 Milton 1984; 32, Anm. 2 und 3. Milton weist darauf hin, daß nicht klar ist, auf welches Werk sich die Nennung Zabarellas bezieht, daß Kenneys Angabe zu Ringelberg problematisch ist und daß es sich bei dem Titel von Grotius in Wirklichkeit um De veritate religionis christianae handelt 59 Dazu Kenney1960; 101 und 104.

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benutzte Locke die verbliebenen Seiten fr seinen Traktat ber die Gewalt der brgerlichen Obrigkeiten und fr die Essays on the law of nature. Die erste Gruppe der Logiknotizen in MS f. 33, dessen Echtheit von einigen Autoren bestritten wird, bezieht sich auf die Logik Du Trieus; die zweite wre nach Milton fr Rezeptionsuntersuchungen erst nach der Identifikation des vorerst unbekannten Bezugsautors von Belang.60 Die inzwischen vorhandenen Informationen gehen nach Miltons Meinung zwar weit ber das hinaus, was man ber die frhe Lektre vieler anderer Denker des 17. Jahrhunderts weiß, doch sind sie im Grunde knapp und manchmal dunkel. Milton zieht aus ihnen drei Schlsse: 1. Alle scholastischen Autoren, die Locke nachweislich gelesen hat, waren modern. Die meisten von ihnen wurden in der zweiten Hlfte des 16. Jahrhunderts geboren, und zwei von ihnen, Sanderson und Scheibler, lebten noch, als Locke nach Oxford kam. Dafr, daß dieser die Schriften irgend eines großen mittelalterlichen Autors kannte, gibt es keine Belege. Zwar hat er gelegentlich Maimonides’ „Fhrer der Unschlssigen“ benutzt, aber nur als Quelle fr Meinungen jdischer Theologen und nicht als philosophisches Werk. 2. Die meisten Autoren, die Locke las, waren zweitklassig oder noch schlechter. Er hat mit Sicherheit Combach und sehr wahrscheinlich Scheibler gelesen; dafr, daß er sich mit Surez beschftigt hat, gibt es kein Indiz. Wahrscheinlich htte er auch mittelalterliche Scholastiker wenig attraktiv gefunden, aber daß ihn die Autoren enttuschten, die man in Oxford benutzen mußte, war unvermeidlich. Denn Scheibler und Combach bieten scholastische Philosophie „at about its worst“, und wer heute ihre Metaphysiktraktate liest, der begegnet Seite fr Seite drren Abstraktionen, bei denen unklar bleibt, was sie mit der Welt zu schaffen haben, in der Menschen leben und handeln. Verstndlicherweise wandte sich Locke, sobald er ber seinen eigenen Weg verfgen konnte, den realen und nicht bloß verbalen Problemen der Politik und Experimentalphilosophie zu. 3. Zwischen den hier in Frage kommenden Logikbchern und Metaphysikbchern besteht ein deutlicher Herkunftsunterschied. Viele oder die meisten Logikbcher hatten englische Verfasser, whrend alle Metaphysikbcher, auch wenn man sie in England druckte, aus dem Ausland stammten. Anscheinend war England im 17. Jahrhundert hier nicht autark und glich den Mangel an lokalen Angeboten durch Im60 Milton 1984; 27 – 30

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porte vor allem aus Deutschland aus. Wenn die sptere Forschung diesen Eindruck besttigt, dann wird man nach Milton folgern drfen, daß englische und deutsche Philosophie schon whrend der letzten Phase der Scholastik mit unterschiedlichen Temperamenten betrieben wurde, und zwar auch dort, wo man die Philosophien Bacons und Descartes’ nicht akzeptierte.61 Zur Wrdigung von Miltons Punkt (2) ist zu sagen, daß Combach und Scheibler wahrscheinlich nicht die begabtesten der hier erwhnten Schulautoren waren, doch ist es ziemlich optimistisch zu behaupten, sie bçten „scholastic philosophy at about its worst“. Daß ihre Lektre heutigen Lesern nicht unbedingt Vergngen macht, ist wahr, aber heutigen Lesern macht auch die Lektre von Romanen des 17. Jahrhunderts nicht unbedingt Vergngen. In beiden Fllen muß der Leser, wie Dilthey pathetisch sagt, dem Staube des Vergangenen Leben und Atem wiedergeben. Milton sttzt sich unter Punkt (3) auf die nicht ganz korrekte Annahme, daß es in Lockes Umfeld keine Metaphysiklehrbcher gab, die von englischen Autoren stammten. Bevor sich seine vçlkerpsychologische Schlußfolgerung in Punkt (3) empirisch berprfen ließe, wren schwierige Methodenfragen zu klren, doch spricht der Umstand, daß Crakanthorpes Metaphysik62 erstaunlich kurz ist und daß Robert Baron nicht in Oxford oder Cambridge, sondern in Schottland schrieb und lehrte, eher fr Milton. Schon wenige Jahrzehnte spter informiert Thomas Burnett Leibniz ber eine ußerung Lockes, deren Tendenz ebenfalls eher fr Milton spricht: „Il me semble, nous vivons fort paisiblement en bon voisinage avec Messieurs en Allemagne, car ils ne connoissent pas nos livres, et nous ne lisons pas leurs, tellement que le compte f t bien ajoust de chaque part.“63 In Oxford war anders als in Cambridge infolge der çrtlichen Organisation des Unterrichts die Nachfrage nach Logikbchern groß und die nach Metaphysikbchern gering. Logik spielte in Oxford sowohl im Baccalaureats- als auch im Magisterstudium eine zentrale Rolle, whrend Metaphysik erst im Magisterstudium betrieben wurde und nur etwa ein Viertel der Studierenden betraf. In Cambridge gehçrte dagegen die Metaphysik bereits ins Baccalaureatstudium und wurde sowohl auf der Grundlage von Lehrbchern, von denen die von Eustache de Saint-Paul 61 Milton 1984; 30 – 32. 62 Crakanthorpe, Richard: Introductio in metaphysicam. London (Young) 1641. Das stolze Motto auf dem Titelblatt lautet: Metaphysica reliquarum scientiarum apex et culmen, judex et praeses. 63 Th. Burnett an Leibniz, London, 23. Juli 1697; GP 3; 208.

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(Descartes’ „Feuillant“), Bartholomus Keckermann und Christoph Scheibler am hufigsten gelesen wurden, als auch auf der Grundlage von Aristoteles’ Metaphysik betrieben.64 In Oxford blieben die philosophischen Kerndisziplinen Metaphysik und Physik „den lteren Studenten vorbehalten, vor allem denjenigen, die sich auf ein geistliches Amt vorbereiteten oder sich an einer hçheren Fakultt zu immatrikulieren beabsichtigten. Metaphysik und Naturphilosophie wurden also nur von solchen Kandidaten studiert, die bereits einen Beruf gewhlt hatten, fr den philosophische Kenntnisse von marginaler Bedeutung waren.“65 h. Kurzbiographien von Schulautoren, die in dieser Untersuchung bercksichtigt werden. 66 – Die Beschftigung mit den hier genannten Autoren dient im Folgenden vor allem der Ermittlung des damals blichen Wortgebrauchs, dem Auffinden gebruchlicher Konstruktionsfiguren und der Aufhellung des literarischen Horizonts; begrndete Rezeptionsvermutungen werden nur selten ausgesprochen. Hauptamtlich lehrende neuzeitliche Autoren, deren Werke an Universitten oder Colleges im Unterricht verwendet wurden, bezeichne ich als Schulautoren. Aufgrund 64 Rogers, Ue17, 3; 11. 65 Ashworth, Ue17, 3; 9. 66 Ich sttze mich bei den Kurzbiographien auf folgende Titel: Ashworth 1981 Kenney 1960 Ue3 Ue17, 2 Ue17, 3 Ue17, 4 Von Leyden 1958 Ferner verwende ich bei den Kurzbiographien folgende Websites: Schmutz, Jacob: Scholasticon, URL = http://www.scholasticon.fr (15. 05. 2011). WBIS von De Gruyter, URL = http://db.saur.de/WBIS/login.jsf (14. 03. 2010). Allgemeine Deutsche Bibliographie, digitalisierter Text in Wikisource, URL = http://de.wikisource.org/wiki/ADB (15. 05. 2011). Dictionary of National Biography (1885 – 1900), digitalisierter Text in Wikisource, URL = http://en.wikisource.org/wiki/Dictionary_ of _National_Biography (15. 05. 2011). Weitere in dieser Untersuchung verwendete Websites: John C. Attig: John Locke Resources; URL = http://www.libraries.psu.edu/tas/ locke/mss/index.html (15. 05. 2011). Le Vasseur De Beauplan: Description d’Vkranie, Rouen (Cailloue) 1660. URL = http://litopys.org.ua/boplan/bop07.htm (15. 05. 2011).

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der bisherigen Angaben teile ich Schulautoren in Lockes geschichtlichem Umfeld in vier Gruppen ein. a) Autoren, die Locke in Notizbchern nannte oder exzerpierte, die er in Verçffentlichungen erwhnte oder deren Schriften sich in seiner Bibliothek befanden (Gruppe a). b) Autoren, deren Bcher seine Studenten kauften (Gruppe b), c) Autoren, die Oxforder Studenten in Bcherlisten (Barlow und Halton) empfohlen wurden (Gruppe c), d) Autoren, die nicht zu den Gruppen a-c gehçren, von denen aber bekannt ist, daß sie zu Lockes Zeit in Oxford zugnglich waren und beachtet wurden (Gruppe d). Autoren der Gruppe a, vor allem Combach und Du Trieu, die Locke exzerpierte, haben bei berlegungen zur Rezeption grundstzlich das grçßte Gewicht, kommen aber aus technischen Grnden oft nicht als Bezugsautoren in Frage. Auch lßt sich keine abgeschlossene Liste der Locke bekannten Verfasser erstellen, denn daraus, daß von anderen Autoren keine Lockeschen Exzerpte erhalten sind, daß er keine anderen Autoren namentlich erwhnt und daß seine Bibliothek nur ber wenige einschlgige Titel verfgte, kann man nicht mit Sicherheit schließen, daß er sich nicht mit weiteren Schulautoren beschftigt hat; nur sind in solchen Fllen kategorische Rezeptionsbehauptungen ausgeschlossen, weil es keine Belege gibt. Daß Locke gewisse inhaltliche Informationen ber Autoren der Gruppe b besaß, darf man vermuten, denn es ist nicht wahrscheinlich, daß er seinen Studenten Bcher empfahl, die er nicht kannte. Zur Gruppe c, der grundstzlich bei Rezeptionsannahmen ein geringeres Gewicht zukommt, gehçren Autoren, die man damals in Oxford zu lesen pflegte.67 Locke kann sie irgendwann konsultiert oder durch Gesprche und sonstige Kontakte Informationen ber sie bekommen haben; nur darf man nicht den Anschein erwecken, das sei gewiß. a) Die Gruppe der nach heutigem Wissensstand von Locke exzerpierten, mit Namen erwhnten oder in seiner Bibliothek vertretenen Autoren bilden Burgersdijck, Combach, Du Trieu, Sanderson und Scheibler. Franco Burgersdijck (1590 – 1635) studierte und lehrte zuerst an der Akademie der Reformierten in Saumur und wurde 1620 als Professor fr Logik und Ethik nach Leiden berufen. 1629 verzichtete er auf die Venia fr Ethik und bernahm stattdessen den Physikunterricht. In den Institutiones 67 Ashworth 1981; 303.

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logicae, die er auf Wunsch der Staaten von Holland verfaßte, versuchte er, zwischen ramistischer und aristotelischer Logik zu vermitteln; sie dienten als offizielles Lehrbuch an allen Schulen der protestantischen Niederlande; John Stuart Mill hat noch 1819 nach ihnen Logik gelernt.68 Burgersdijck, der als begabter Pdagoge galt, versuchte, der Metaphysik der Reformierten gegenber den starken rçmisch-katholischen und lutherischen Angeboten ein eigenes Gesicht zu geben.69 Seine Institutiones metaphysicae waren von 1717 bis 1743 offizielles Lehrbuch fr Metaphysik in Christ Church, Oxford.70 Zu Burgersdijcks Schlern gehçrte Adrian Heereboord (1614 – 1661), der in Leiden den offenen Aristotelismus seines Lehrers fortfhrte und bei der Rezeption des Cartesianismus in den Niederlanden eine Rolle spielte.71 Johannes Combach (1585 – 1651) studierte in Marburg, besuchte Oxford als Student und lehrte ab 1610 in Marburg Philosophie, ab 1618 auch Theologie. Als die Marburger Universitt an den lutherischen Landgrafen von Hessen-Darmstadt fiel, wurden die dortigen reformierten Professoren entlassen. Combach bettigte sich danach zunchst als Prediger, wurde aber bald an die neue reformierte Universitt in Kassel berufen. Ab 1639 lehrte er am Bremer Gymnasium, kehrte aber auf Wunsch der Landesherrschaft und der Universitt schon 1642 nach Kassel zurck.72 Durch das Notizbuch Lemmata steht fest, daß Locke Combachs Metaphysik benutzte, und zwar in der Oxforder Ausgabe von 1633.73 Philippe Du Trieu (1580 – 1645) studierte in Lçwen Philosophie und Theologie, wirkte dort zwei Jahre als Professor der Philosophie und wurde 1603 Jesuit. Danach lehrte er in Douai, wo er Superior des Sminaire des

cossais wurde. Seine Manuductio ad Logicam erschien 1614 in Douai, wurde hufig gedruckt und diente als Unterrichtswerk an allen Gymnasien der katholischen Niederlande;74 noch 1826 erschien in Oxford eine 68 Ue3; 275 und Ue17, 2; 52. Eine niederlndische bersetzung der Institutiones logicae erschien 1646 und 1658 in Amsterdam unter dem Titel Reden-konstigh onderwijs. 69 Ue17, 2; 69. 70 Ue17, 3; 7. 71 Ue17, 2; 54. 72 Bernhardi, K.: Artikel Combach, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 4 (1876); 430 – 431. Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL = http://de.wikisource.org/wiki/ADB :Combach,_Johann (15. 05. 2011). 73 Kenney 1960; 91 – 92. 74 Schmutz, Jacob: Scholasticon, URL = http://www.scholasticon.fr/Database/ Scholastiques_fr.php?ID=472 (15. 05. 2011).

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Neuauflage.75 Ms. Locke f. 33 der Lovelace Collection enthlt Logiknotizen auf der Grundlage von Du Trieus Manuductio. Robert Sanderson (1587 – 1663) studierte in Oxford am Lincoln College und war dort seit 1608 Lektor fr Logik. Auf Empfehlung William Lauds wurde er Prediger des Kçnigs, der ihn 1642 zum Professor regius fr Theologie in Oxford ernannte. Er konnte aber aus politischen Grnden sein Amt erst 1646 antreten und verlor es schon 1648 wieder, auch saß er zeitweise in politischer Haft. Unter der Restauration erhielt er sein Amt zurck und wurde 1660 Bischof von Lincoln. Sein knappes Logicae artis compendium war weit verbreitet; ein Physicæ scientiæ compendium erschien angeblich erst postum 1690. Sanderson verçffentlichte einflußreiche Abhandlungen ber Moraltheologie und Kirchenpolitik und viele Predigten.76 Er war der Großvater von Lockes Freund James Tyrrell; von Leyden glaubt, daß er zu den Bezugsautoren von Lockes frhen Essays on the Law of Nature gehçrt.77 Der Lutheraner Christoph Scheibler (1589 – 1653) studierte in Marburg und Gießen und wurde dort 1619 Professor fr Griechisch, Logik und Metaphysik. Ab 1624 war er Superintendent und Gymnasiarch in Dortmund und starb dort 1653.78 Man bezeichnete ihn als „deutschen Surez.“79 Die postume Werkausgabe Christophori Scheibleri, Professoris olim in Academia Gissena, Opera Philosophica, Frankfurt 1665, ist umfangreich, aber nicht vollstndig.80 Scheibler wurde im In- und Ausland gelesen; von seiner Philosophia compendiosa, die knappe Abrisse der Logik, Metaphysik,

75 Kenney 1960; 47. 76 Lupton, Joseph H.: Art. Sanderson, Robert (1587 – 1663). In: Dictionary of National Biography (1885 – 1900), Bd. 50; 265 – 266. Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL = http://en.wikisource.org/wiki/Sanderson,_Robert_(1587 – 1663)_(DNB00) (15. 05. 2011). 77 Von Leyden 1958; 30 – 36. In W. von Leydens Anmerkungen zum Text der Essays wird Sanderson neunmal genannt. Die Nennungen betreffen allerdings Sandersons politische Philosophie. Zur theoretischen Philosophie bemerkt von Leyden im Blick auf MS f. 11: „The notes are on logic and on Greek dialects and etymology. Those on logic are derived from Aristote and Porphyry and are similar to passages in Robert Sanderson’s Logic.“ 78 Ue17, 4; 538a. 79 Wollgast 1988; 187: „Das Philosophieren in der Art von F. Suarez wurde besonders von dem Gießener Professor Christoph Scheibler auf die deutschen protestantischen Universitten bertragen.“ 80 Sie enthlt: Opus logicum, Commentaria topica, De Anima, Opus metaphysicum und Liber sententiarum.

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Physik, Geometrie, Astronomie, Optik, Ethik, Politik und konomie enthlt, erschienen allein in Oxford sieben Auflagen.81 b) Zur Gruppe b gehçren Du Trieu, Flavel, Powell, Sanderson, Smith und S´miglecki als Logiker sowie Burgersdijck, Combach und Scheibler als Metaphysiker; auf welches Werk von Zabarella sich die Nennung in MS f. 11 bezieht, ist nicht geklrt. John Flavel (1596 – 1617) begann 1610 sein Studium am Trinity College, wo er bald als hervorragender Disputant galt. Ab 1614 leitete er Logikkurse und Disputationen ber philosophische Themen. 1617 erhielt er den Oxforder Lehrstuhl fr Grammatik, starb aber in demselben Jahr. Sein Tractatus de demonstratione erschien postum 1619.82 Griffith Powell (1561 – 1620) wurde 1589 Fellow von Jesus College und wirkte dort sehr effizient als Principal von 1613 – 1620. Er hatte den Wunsch, mit seinen Kommentaren zur Zweiten Analytik und zu Aristoteles’ Sophistischen Widerlegungen, in denen er sich vor allem auf Zabarella und Crellius sttzte, Aristoteles’ Texte trotz neuer Lesegewohnheiten in Oxford prsent zu halten.83 Samuel Smith (1587 – 1620) war Fellow von Magdalen College und starb jung. Schon 1613 verçffentlichte er seinen hufig wiedergedruckten Aditus ad logicam. 84 Marcin S´miglecki (1554 – 1618) studierte in Lemberg, Pultusk und am Collegium Romanum, wo er noch Surez und Bellarmin hçrte. 1586 wurde er Professor in Wilna, danach Rektor der Jesuitenkollegien in Pultusk, Posen und Kalisch. Er verfaßte scharfe kontroverstheologische Traktate und eine ausfhrliche, auch im Ausland oft gelesene Logik,85 die einem Sohn seines damals schon verstorbenen Fçrderers, des Großkanzlers und Feldmarschalls Jan Zamojski, gewidmet ist; Zamojski selbst hatte in Paris und Padua studiert. In dieser Schrift urteilt S´miglecki sehr selbstndig und schlgt originelle Problemlçsungen vor, orientiert sich aber oft auch an Surez. Seine Wilnaer Commentaria in organum Aristotelis wurden 1987 von Ludwik Nowak nach einer studentischen Mitschrift als Typoskript verçffentlicht. 81 Ue17, 3; 32a. 82 Kenney 1960; 60 f. – Zur Biographie: WBIS-World Biographical Information System (De Gruyter), URL = http://db.saur.de/WBIS/login.jsf (14. 03. 2010). Der aus flavel_j_wbis.pdf verwendete digitalisierte Artikel ist A. Wood: Athenae Oxonienses, New edition 1813 – 1820, entnommen. 83 Kenney 1960; 61. 84 Kenney 1960; 60. 85 Ue17, 4; 1298 – 1299.

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c) Als empfehlenswerte Logikautoren werden nach Ashworth in Barlows Bibliotheca, von der MS Locke f. 11 eine Abschrift in fremder Hand enthlt, Du Trieu, S´miglecki (zwei Nennungen), Rubio, Toledo, Zabarella, die Conimbricenses, Magirus und Vallius genannt.86 In Haltons Aufstellung empfehlenswerter Lehrbcher erscheint eine hnliche Liste, nmlich Du Trieu, S´miglecki, Rubio, Toledo, Zabarella, die Conimbricenses, Magirus, Hurtado und Vallius; dieser Magirus wird als Logiker eingefhrt.87 Als Spezialtexte fr Einzelgebiete nennt Halton Scheiblers Topica, Flavels Demonstratio, Powells Demonstrationes und seine Sophistischen Widerlegungen. Als Metaphysiker werden Soncinas, Fonseca, Combach, Scheibler, Jacobus Martini, Cornelius Martini, Surez und Dominicus von Flandern empfohlen.88 Diese Autoren rechne ich zur Gruppe c; ich bercksichtige von ihnen außer Combach, Du Trieu, Flavel, Powell und Scheibler nur Zabarella, Fonseca, Rubio und Surez. Pedro de Fonseca (1528 – 1599) war von 1555 bis 1561 Professor in Coimbra, wo er das Kommentarwerk der Jesuiten von Coimbra anregte, danach Professor in Evora. Spter ging er in Ordensangelegenheiten nach Rom und war an der Ausarbeitung der Ratio studiorum der Jesuiten beteiligt. Sein einflußreichstes Werk ist ein Kommentar zu Aristoteles’ Metaphysik mit hohem historischem und philologischem Anspruch.89 Jacobus Zabarella (1533 – 1589) stammte aus einer markgrflichen Paduaner Familie. Er promovierte 1553 in Padua zum Magister und lehrte seit 1564 Logik und seit 1585 Naturphilosophie; einem Ruf nach Polen folgte er nicht. Er verstand sich als Aristoteliker; zu den von ihm bercksichtigten Autoren gehçrten griechische Aristoteleskommentatoren, Averroes, Thomas von Aquin und Walter Burley. In der ersten Hlfte des 17. Jahrhunderts wurde er von rçmisch-katholischen und protestantischen Schulphilosophen hufig zitiert. Zabarellas Erçrterungen ber das Zu86 Ashworth 1981; 304. 87 Ein Lehrbuch der Logik finde ich in Deutschland weder von dem lteren noch von dem jngeren Johannes Magirus. Von dem lteren gibt es eine Ars musicae legibus logicis methodice informata, die 1991 in Stuttgart als Microfiche neu aufgelegt wurde, und einen mehrfach gedruckten Traktat De memoria artificiosa. Dieser ist in der hier verwendeten Ausgabe von Magirus’ Physiologia (Cambridge 1642) hinter Bartholins Metaphysica major mitabgedruckt. (S. 1 – 26). Dagegen ist in der Ausgabe London (Billius) 1619 Bartholins Enchiridion metaphysicum (S. 1 – 28) abgedruckt. 88 Kenney 1960; 34 – 36. 89 Schmutz, Jacob: Scholasticon, Art.: Fonseca, Pedro da; URL = http:// www.scholasticon.fr/Database/Scholastiques_fr.php?ID=543 (15. 05. 2011).

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sammenspiel von resolutiver oder regressiver (analytischer) und kompositiver (synthetischer) Methode spielten beim bergang Europas zur neuzeitlichen Wissenschaft eine wichtige Rolle.90 Antonio Rubio (Ruvius) (1548 – 1615) trat 1569 in Toledo in den Jesuitenorden ein, wurde Professor in Mexiko und lehrte dort 6 Jahre lang Philosophie und 16 Jahre lang Theologie. 1599 kehrte er nach Spanien zurck und lehrte im Ordenskolleg von Alcal de Henares, wo er 1615 starb. Seine logischen und physikalischen Texte waren angesehen und erschienen zwischen 1603 und 1641 in ber fnfzig Auflagen.91 Francisco Surez aus Granada (1548 – 1617) lehrte zunchst in Segovia, Valladolid und Avila, danach von 1581 – 1585 am Collegium Romanum. 1585 wechselte er nach Alcal de Henares und bernahm den Lehrstuhl seines mit ihm zerstrittenen Nachfolgers in Rom, Gabriel Vsquez. Nach dessen Rckkehr lebte er ab 1593 zurckgezogen in Salamanca. Dort entstanden die Disputationes metaphysicae (1597), in denen er antike, sptantike, arabische, lateinisch-mittelalterliche und Renaissanceautoren bercksichtigte. Das Werk hatte eine große Wirkungsgeschichte. Nach der bernahme Portugals durch Philipp II. lehrte er auf Wunsch des Kçnigs von 1597 bis zu seinem Tod in Lissabon; dort verfaßte er einflußreiche theologische, kanonistische und rechts- und staatsphilosophische Schriften. Die nicht vollstndige Pariser Ausgabe seiner Werke umfaßt 26 Bnde.92 Außer den in den Gruppen a – c genannten Autoren benutze ich gelegentlich die Praecepta logica von Christopher Airay, die Metaphysica von Robert Baron, die Philosophia libera von Nathanael Carpenter und die Physiologia peripatetica von Johannes Magirus d. . Diese Autoren, die ich der Gruppe d zuordne, waren seinerzeit in Oxford bekannt. Christoper Airay (1601?-1670) studierte in Queen’s College, Oxford, wurde dort 1627 Fellow und verçffentlichte 1628 seinen Fasciculus praeceptorum logicalium. Er starb 1670 als Vicar von Milford.93 90 Arndt 1971; 25 – 28. 91 Schmutz, Jacob: Scholasticon, Art.: Rubio, Antonio; URL = http://www.scholasticon.fr/Database/Scholastiques_fr.php?ID=1105 (15. 05. 2011). 92 Schmutz, Jacob: Scholasticon, Art.: Surez, Francisco; URL = http:// www.scholasticon.fr/Database/Scholastiques_fr.php?ID=1212 (15. 05. 2011). 93 WBIS – World Biographical Information System (De Gruyter), URL = http:// db.saur.de/WBIS/login.jsf (14. 03. 2010). – Der aus airay_c_wbis.pdf verwendete vollstndig digitalisierte Artikel ist A. Chalmers: The general biographical dictionary. 32 Bde. 1812 – 1817, entnommen.

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Der Schotte Robert Baron (1593?-1639) war Professor der Theologie am Marischal College in Aberdeen. Seine Metaphysik erschien postum 1657 in Leiden und wurde mehrmals in England gedruckt. Die Presbyterianer suspendierten ihn wegen seiner episkopalen Neigungen und verhinderten seine Einsetzung zum Pfarrer. Er zog sich nach Berwick upon Tweed zurck und verstarb dort 1639.94 Edward Brerewood (1565?-1613) kam 1586 nach Oxford und wurde 1596 erster Graham-Professor fr Astronomie am Gresham College in London. Außer den oft gedruckten Elementa logicae und Tractatus quidam logici de praedicabilibus et praedicamentis verfaßte er physikalische und religionswissenschaftliche Schriften und einen Ethik-Kommentar.95 Die hier verwendete Ausgabe der Tractatus enthlt auch Brerewoods Traktate ber die Meteore und ber das Auge. Nathanael Carpenter (1589 – 1628?) wurde 1607 Fellow von Exeter College in Oxford und starb 1628/1629 in Dublin, wo er Schulmeister der Mndel des Kçnigs war. Seine antiaristotelische Schrift Philosophia libera erschien zuerst pseudonym 1621 in Frankfurt und spter dreimal unter Carpenters eigenem Namen in England. 1625 verçffentlichte er eine Geography delineated forth in two books; drei seiner Predigten wurden ab 1627 sechsmal publiziert, eine weitere postum 1633 und 1640. Seine Arbeiten ber Optik gingen bei einem Schiffbruch verloren.96 Richard Crakanthorpe (1567 – 1624) begann seine Studien mit sechzehn Jahren in Queen’s College, Oxford, als „poor serving child“, wurde dort 1598 Fellow und war Anhnger der puritanischen Partei. Er hielt sich als Botschaftskaplan in Deutschland auf, wechselte von dort nach Cambridge und erwies sich als heftiger Kontroverstheologe. Außer theologischen und kontroverstheologischen Schriften verfaßte er eine Introductio in metaphysicam (1619) und Logicae libri quinque (1622). Der Mediziner Johannes Magirus d. . (+1596) studierte in Padua bei Scaliger und Zabarella und lehrte seit 1591 Physik in Marburg. Er verfaßte 94 WBIS – World Biographical Information System (De Gruyter), URL = http:// db.saur.de/WBIS/login.jsf (14. 03. 2010). – Der aus baron_r_wbis verwendete digitalisierte Artikel ist H. J. Rose: A new general biographical dictionary. 12 Bde. 1853, entnommen. 95 Cooper, Tompson: Art. Brerewood, Edward. In: Dictionary of national biography, 1885 – 1900, Bd. 6. Digitalisierter Text in Wikisource, URL = http://en.wikisource.org/wiki/ Brerewood,_Edward_%28DNB00 %29 (15. 05. 2011). 96 Courtney, William P.: Art. Carpenter, Nathanael. In: Dictionary of National Biography, 1885 – 1900, Bd. 9. Digitalisierter Text in Wikisource, URL = http:// en.wikisource.org/wiki/Carpenter,_Nathanael_%28DNB00 %29 (15. 05. 2011).

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ein Handbuch der aristotelischen Physik, das postum erschien und allein in Deutschland zehn Auflagen erreichte.97 Durch die Forschungsergebnisse der vergangenen sechzig Jahre ist die Frage entschieden, ob sich Locke berhaupt mit schulphilosophischen Texten beschftigt hat. Infolge der Verbesserung des Informationsstands lßt sich die Diskutierbarkeit von Rezeptionsvermutungen jetzt besser einschtzen. Alle unter a – d genannten Autoren behandeln Themen, die whrend Lockes Aufenthalt in Oxford wahrgenommen und diskutiert worden sind. In mehreren Fllen lßt sich leicht zeigen, daß bestimmte Autoren fr Locke erreichbar waren; ob er sie aber tatschlich konsultiert hat, ist außer im Fall von Combachs Metaphysik und Du Trieus Logik nicht gewiß. Auch auffllige Merkmale, die einem Text von Locke und einem anderen Autor gemeinsam sind, fhren nicht unbedingt zu einer Klrung. Zum Beispiel bedient sich Locke anscheinend einer bestimmten Version der scholastischen Lehre von der Qualittsintensivierung, begeht aber dabei einen Orthographiefehler, denn er schreibt nicht „intension“, sondern „intention“. Fr eine hnliche Version entscheiden sich in Lockes schulphilosophischen Umfeld Surez, Brerewood und Carpenter. Fr die Bestimmung des Bezugsautors ist es erheblich, daß Brerewood den gleichen Orthographiefehler wie Locke begeht. Aber Carpenter begeht ihn ebenfalls. Es wre nicht vernnftig, nur deshalb, weil keine zwingenden Rezeptionsbelege vorhanden sind, zu unterstellen, daß Locke die scholastische Intensittenlehre und ihre Terminologie zum zweiten Mal erfunden hat, doch wre es auch nicht vernnftig, sich rebus sic stantibus weit ber die Feststellung hinauszuwagen, daß sowohl Brerewood als auch Carpenter hier als Bezugsautoren Lockes in Frage kommen. i. Meinungen ber das Verhltnis Lockes zu Gassendi. Pusters Bericht. – Bei der Frage nach mçglichen Rezeptionen Gassendischen Guts durch Locke ist die Lage kaum sicherer, obgleich sie bersichtlicher ist, weil es weniger mçgliche Bezugsautoren gibt. Als ein solcher kommt zunchst Gassendi selbst in Frage. Rolf W. Puster verçffentlichte 1991 einen Literaturbericht,98 der mit einem berblick ber die historiographische Situation 97 WBIS – World Biographical Information System (De Gruyter), URL = http:// db.saur.de/WBIS/login.jsf (14. 03. 2010). – Die aus magirus_j_wbis.pdf verwendeten digitalisierten Artikel sind DBA, I 796, 314 – 315 und 317, entnommen; s. dort die Texte aus Jçcher, C. G.: Allgemeines Gelehrten-Lexicon Bd. 3 (1751), ebd. Zustze, Bd. 9 (1794) und ebd., Ergnzungen von J. C. Adelung, Bd. 4 (1813). 98 Puster 1991; 20 – 94. – Milton 2000; 107, erwhnt das Buch: „Several further discussions of Gassendi’s possible influence on Locke have been published since

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beginnt; aus diesem referiere ich Mitteilungen ber ltere Publikationen. Die Hinweise auf Lockes Nhe zu Gassendi von Henry Lee (1702), von Leibniz (publiziert 1765) und von Thomas Reid (1785) wurden nach Puster in Darstellungen zur Geschichte der Philosophie oft nicht bercksichtigt. In Deutschland bergingen sie Brucker und Tiedemann, whrend Buhle, der Bernier und Charleton kannte, Gassendi verhltnismßig ausfhrlich behandelt hat; er glaubte, daß Gassendi Lockes Theorie des Vorstellungsvermçgens vorgearbeitet habe. De G rando schtzte Gassendi und schrieb, daß seine Philosophie am Anfang einer philosophischen Richtung stehe, zu der auch Locke gehçrt. Tennemann, der sowohl de G randos Histoire compare als auch Lockes Essay ins Deutsche bersetzt hat, vermittelte ber den Stand bei de G rando hinaus keine neuen Erkenntnisse. Hegel war der Ansicht, Gassendi habe keine „wahrhafte Philosophie“ betrieben, und ußerte vielfltige Kritik an Locke; das hatte Folgen fr die Wertschtzung beider Autoren in Deutschland, denen sich Ludwig Feuerbach allerdings entzog. J. E. Erdmann und Kuno Fischer behandelten Gassendi nur beiher und schwiegen ber sein mçgliches Verhltnis zu Locke; hnlich verhielt es sich beim lteren Ueberweg in den Ausgaben von 1862 – 1866 bis 1924.99 In den folgenden Jahren berichtete im deutschen Sprachraum nur W. Rçds Geschichte der neueren Philosophie ausfhrlich ber Gassendi und ging auf Lockes Beziehung zu ihm ein. In Frankreich behandelte 1875 C. F. M. de R musat sowohl Bernier als auch den Umstand, daß Gassendis Sensualismus und Bewußtseinstheorie lter als Lockes Essay sind. Anderthalb Generationen spter versuchte G. Sortais in La philosophie moderne, Gassendi seiner „unverdienten Vergessenheit“ zu entreißen, erwhnte aber dessen Beziehung zu Locke nur allgemein.100 Im Bereich der Einzelforschung vertrat schon E. Tagart in seiner Untersuchung Locke’s writings and philosophy von 1855 die Ansicht, daß Gassendi Lockes wirklicher geistiger Vater war, und Baeumker wies 1908 auf Gassendis Bedeutung fr Lockes Qualittenlehre hin. R. I. Aaron schrieb in seiner Locke-Monographie (11937), daß Gassendis Einfluß auf Locke und das englische Denken bisher in erstaunlichem Maße vernachlssigt wurde und daß man Locke, wenn man ihn einer europischen

1990. The most substantial is R. W. Puster, Britische Gassendi-Rezeption am Beispiel John Lockes (Stuttgart 1991). Unfortunately its value is greatly diminished by the fact that it makes no use whatever of Locke’s unpublished papers.“ 99 Puster 1991; 24 – 31. 100 Puster 1991; 32 – 34.

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Gruppe zuordnen wolle, zu den Gassendisten rechnen msse.101 Er habe nicht nur whrend seines Aufenthalts in Frankreich Kontakt zu Gassendisten aufgenommen; schon in den frhen Drafts zeige sich Gassendis Einfluß. Der Essay wird nach Aaron verstndlicher, wenn man ihn neben Gassendi liest; dann werde klar, in welchem Maße Locke Gassendi verpflichtet ist.102 In Deutschland nahm Alfred Klemmt in seinem LockeBuch von 1952 den Hinweis auf und zeigte, daß Gassendis und Lockes Substanztheorien eng miteinander verwandt sind.103 G. Coirault erklrte 1957 nicht Locke, sondern Gassendi zum Schçpfer der modernen sensualistischen Theorie ber die Entstehung der Ideen, und P. F. Cranefield versuchte 1970 nachzuweisen, daß der Satz „Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensu“ durch Gassendi ber Thomas Willis zu Locke gelangte. Duchesneaus Monographie L’empirisme de Locke von 1973 betonte Gassendis Bedeutung fr die britische Philosophie und fr zentrale Annahmen Lockes. R. Brandt hob 1975 in Historisches zur Genese des dreidimensionalen Sehens die Bedeutung Gassendis fr Lockes Meinung ber die Entstehung des dreidimensionalen Sehens hervor. D. E. Nortons Aufsatz The myth of ‘British empiricism’ vertrat 1981 die Meinung, daß Gassendi der wirkliche „Founder of Modern Empiricism“ ist. Puster, der auch auf Bonno, Kraus, Driscoll, Lennon und Kroll eingeht, schließt mit einer Skizze der britischen Gassendi-Rezeption im 17. Jahrhundert; er unterscheidet bei der Einfhrung der Atomistik in England die unmittelbare Epikur-Lukrez-Tradition und den Kreis um Thomas Hariot104 von Vermittlern Gassendis wie dem Cavendish-Kreis, John Evelyn, Walter Charleton und Thomas Stanley.105 Auch erinnert er an Kontakte der Gassendi-Anhnger Samuel Sorbi re und FranÅois Bernier mit England.106 j. Weitere Meinungen. – Nach Gabriel Bonno, dessen berlegungen ber das Verhltnis Lockes zu Gassendi 1955 erschienen, kann man davon ausgehen, daß Locke bereits durch seine Zusammenarbeit mit Boyle Gelegenheit bekam, Gassendi zu schtzen, und nicht erst durch Bernier

101 102 103 104 105 106

Aaron 1963; 31, 9. Aaron 1963; 32, 34. Klemmt 1952; 271 – 324. Puster 1991; 47 – 60. Puster 1991; 60 – 81. Puster 1991; 89 – 94.

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entsprechende Informationen erhielt.107 Etwa vierzig Jahre spter glaubt Lennon, daß man Boyles Rolle bei der Vermittlung Gassendischen Guts an Locke vernachlssigen kann,108 aber das ist fraglich. Zwar akzeptierte Boyle bestimmte cartesische Positionen und nahm andere hin, aber die hnlichkeit zwischen seinen, Gassendis und Lockes Meinungen ber die condicio humana und die Bedingungen der menschlichen Erkenntnis ist groß und bedenkenswert.109 Bonno glaubt, daß sich Lockes handschriftlichem Nachlaß kein Argument fr oder gegen Berniers Vermittlung Gassendischer Thesen an den Essay entnehmen lßt.110 Solcher Thesen gibt es nach Bonno viele: Ablehnung angeborener Ideen, empiristische Gnoseologie, Ablehnung der Bestimmung des Wesens der Seele als Denken, Ablehnung positiver Ideen von Unendlichem, Strukturierung des Systems der Ideen, Annahmen ber die Bildung komplexer Ideen, System der Relationen, relativer Raumbegriff und Ethik.111 A. Driscoll zeigt in seinem Aufsatz The influence of Gassendi on Lockes hedonism von 1972, daß Lockes Befassung mit Texten Gassendis bis in die frhen sechziger Jahre zurckreicht. Gassendis erste Erwhnung in Lockes hinterlassenen Papieren, ein Vermerk ber den Kauf der Institutio astronomica fr einen Schler, stammt aus den frhen sechziger Jahren;112 die nchste Nennung findet sich in dem auf 1664 – 1666 datierten Ms. Locke f. 27; sie betrifft Exzerpte aus Gassendis De vita Peireskij, in denen ber berhmte Gelehrte berichtet wird.113 Ms. Locke f. 14 von 1667 erwhnt dasselbe Buch, enthlt aber auch Exzerpte aus Gassendis Physica in den Opera omnia,114 die die Herstellung von Vakuen betreffen, ferner Aufzeichnungen ber rhmende Erwhnungen Gassendis vor allem durch Boyle. Ms. Locke d. 11 mit dem Titel Lemmata physica aus den Jahren 1660 – 1667 bringt unter der berschrift Animam brutorum einen weiteren Hinweis auf Gassendis Physik sowie die Eintra-

107 Bonno 1955; 104: „On ne doit pas oublier que Locke, avant d’aller en France, connaissait et partageait la haute estime de Boyle pour Gassendi; l’ouvrage de Bernier n’ tait donc pas pour lui une r v lation, mais il lui mettait entre les mains un r sum , extrÞmement clair et net, du gassendisme.“ 108 Lennon 1993; 162. 109 S. Vf. 1981, in verkrzter Form Vf. 2009. 110 Bonno 1955; 100. 111 Bonno 1955; 237 – 242. 112 Driscoll 1972; 88 mit Hinweis auf Ms. Locke f. 11, fol. 28. 113 Driscoll 1972; 89. 114 Lockes Notizen betreffen anscheinend Stellen in Gassendi, Phys. I, l. 2, c. 5; I, 203b, 1 – 216, 28; der Text berichtet ber Galileis und Torricellis Experimente zur Herstellung von Vakuen unter Verwendung von Quecksilber.

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gung „Gassendus Opera fol. Lugdu. 1658“.115 In Ms. Locke f. 15, dessen Eintragungen von Juni 1677 bis Juni 1678 reichen, also jnger als die frhen Drafts sind, listet Locke die Titel der Werke von Gassendi und Descartes auf, und in Ms. Locke f. 8 von 1684 – 1685 bemerkt er: „Gassendus nunquam satis laudatus.“116 Ms. b. 2 von 1675 – 1702 enthlt Notizen ber Marktpreise von Werken Gassendis in den Niederlanden, von denen Locke einige kaufte.117 Driscolls Arbeit macht klar, daß Locke sich schon frh fr Gassendi interessierte und daß er zumindest Teilabschnitte von Gassendis De vita Peireskij kannte, daß er in den Jahren 1664 – 1667 Gassendis Physica benutzte und daß er in Holland zumindest einige Bnde des Großen Syntagma fr sich oder andere erwarb. Thomas M. Lennon erinnerte 1983 daran, daß sich Lockes Auffassung des Raums von der Gassendis deutlich entfernt und daß Bernier bei seiner Konzeption des Raums noch weiter geht, zeigte aber, daß sich die Frage, ob einer von beiden den Raumbegriff des anderen mitgeprgt hat, nicht leicht beantworten lßt.118 Er weist darauf hin, daß Locke schon in Notizheften, deren Eintragungen bis etwa 1658 zurckreichen, außer Aufzeichnungen zu medizinischen Texten von Paracelsus, Boyle, Sennert, van Helmont, Glisson und Swammerdam auch Stellen von Bacon, Descartes und Gassendi notierte.119 Ein Heft aus der Zeit zwischen 1659 und 1666 enthlt im Anschluß an eine Notiz zu Descartes’ Principia II 13 ein beinahe wçrtliches Referat aus der Physik des Großen Syntagma, in dem Gassendi den Begriff des Raums als eines vom Kçrper verschiedenen Behltnisses entwickelt;120 Locke hatte also frher Kontakt mit Texten Gassendis als mit Texten von dessen Schlern wie Bernier und Launay.121 In Lennons schçner Historie der Auseinandersetzungen zwischen Cartesianern und Gassendisten zwischen 1655 und 1715 erscheint Locke im Lager der Gassendisten. Dafr, daß er Positionen Gassendis nahestand, spricht sein Interesse an Themen wie der Seele der Tiere, dem Verhltnis von Materie und Denken, der fundamentalen Funktion von Sinneswahrnehmung und Lust, dem Ursprung der Ideen und ihrer Rolle bei der menschlichen Erkennt115 116 117 118 119

Driscoll 1972; 90. Driscoll 1972; 94 und 95. Driscoll 1972; 95 – 96. Lennon 1983; 3 – 4. Lennon verweist auf Kenneth Dewhurst: John Locke (1632 – 1704), physician and philosopher, London (Wellcome) 1963; 27 – 28. 120 British Museum Ms. Add. 32554. Lennon zitiert die Stelle nach Bloch 1971; 198, Anm. 115. 121 Lennon 1983; 4.

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nis.122 Doch ist der Nachweis von Rezeptionswegen schwierig. Nach Lennon muß man zwischen direkten Einflsssen Gassendis, Kontakten zwischen Locke und Anhngern Gassendis, die in der einen wie der anderen Richtung fruchtbar werden konnten, und Opportunittssituationen in der allgemeinen Gelehrtendiskussion unterscheiden, die ohne genau identifizierbare Einflsse zu bereinstimmungen fhren konnten.123 Unter diesen Alternativen ist der Umfang von Lockes bisher nachweisbarer Gassendi-Lektre erstaunlich schmal. Er besaß Gassendis Einwnde gegen Descartes’ Meditationen, die schon wichtige Teile von Gassendis spterer Philosophie vermittelten und die Locke vielleicht gelesen hat; darber hinaus besaß er Gassendis Darstellung des Lebens von Peiresk, auch finden sich Spuren von Gassendi-Lektren in Lockes Notizbchern. Angesichts dieser Situation nimmt Lennon einen eher unbestimmten Einfluß Gassendis auf Locke an, an dem sowohl Gassendi selbst als auch einige Anhnger und schließlich die allgemeine Gelehrtendiskussion beteiligt sind. Lennon glaubt, daß man Locke am besten versteht, wenn man ihn als Fortsetzer der von Gassendi eingeleiteten Auseinandersetzung mit Descartes und vornehmlich in diesem Sinne als Gassendisten ansieht.124 1984 ging Richard W. F. Kroll davon aus, daß man sich in England bei der Wiederbelebung des Epikureismus nicht an Verçffentlichungen Gassendis orientierte und schon gar nicht an Gassendis Großem Syntagma. So verschiedene Autoren wie Diogenes Laertius, Lukrez, Boyle und Charleton spielten eine Rolle und regten Naturforscher zu einer neuen Verknpfung von Experiment und Theorie an. Besondere Aufmerksamkeit verdient nach Kroll Thomas Stanley. Man kçnne zwar vermuten, daß Locke das schwlstige Latein der beiden Londoner Ausgaben des Syntagma Philosophiae Epicuri gelesen hat, doch besaß er kein einziges Exemplar davon; soweit bekannt ist, habe er dieses Syntagma auch whrend seines Aufenthalts in Frankreich nicht gelesen. Dagegen besaß er sechzig Bnde mit Arbeiten Boyles, zwei Exemplare von Diogenes Laertius und drei von Lukrez, vor allem aber verfgte er ber Stanleys The history of philosophy, die zwischen 1655 und 1662 erschien und die Sextus Empiricus und Epikur als Gipfelpunkte der griechischen Philosophie erscheinen ließ.125 Stanley folgt bei der Darstellung Epikurs weitgehend Gassendi. Er sttzt sich auf die beiden ersten Bcher von De vita et moribus Epicuri und auf das Kleine 122 123 124 125

Lennon 1993; 149 und 152 – 153. Lennon 1993; 150 – 151. Lennon 1993; 154 – 156. Kroll 1984; 346 – 347.

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Syntagma; auch fgt er zwei Passus aus Diogenes Laertius ein.126 Daß Locke tatschlich manches ber Gassendi wußte, zeigt nach Kroll ein Vergleich von Draft A mit dem Kleinen Syntagma. Kroll nimmt an, daß Locke solche Kenntnisse nicht unmittelbar aus Gassendi-Texten oder anderen Quellen, sondern aus Stanleys History bezog, die britischen Lesern Gassendi in englischer bersetzung vermittelte;127 allerdings stellte ein Latein wie das Gassendis fr Locke nach allem, was wir wissen, keine Hrde dar. Krolls Untersuchung zeigt, daß Locke zumindest durch Stanley Zugang zum Kleinen Syntagma bekommen konnte. Milton weist darauf hin, daß die Darstellung der Philosophie Epikurs im XIII. Teil von Stanleys History of Philosophy, die Locke nach Meinung Krolls schon vor der Abfassung von Draft A und Draft B gelesen hat, nur wenig von Gassendis eigener Philosophie vermittelt, auch gebe es keinen Beleg dafr, dass Locke die erste Auflage der History besessen oder gelesen hat. In seiner Bibliothek befand sich die Auflage von 1687, die zu spt erschien, um noch Einfluss auf die frhen Drafts oder auf den Essay auszuben. Allerdings interessierte sich Locke fr Stanleys Teil XIV ber chaldische Philosophie, auf den sich mehrere Hinweise in den hinterlassenen Papieren beziehen.128 Im „Neuen Ueberweg“ hat sich die Situation gegenber den frheren Ueberweg-Versionen verndert. In der Darstellung des 17. Jahrhunderts in England, die 1988 erschien, erwhnt Reinhard Brandt in seinem LockeKapitel129 Gassendi zweimal, und zwar im Zusammenhang mit der Abkehr vom Innatismus und mit der Lehre vom leeren Raum; ferner wird Lockes Bekanntschaft mit Bernier erwhnt.130 In der Darstellung des 17. Jahrhunderts in Frankreich und den Niederlanden, die 1993 erschien, behandelt Olivier Bloch das Thema ausfhrlicher, wenngleich mit Vorsicht: Ein langfristiger Einfluß Gassendis sei, wenn es ihn berhaupt gab, vor allem indirekt gewesen; einerseits sei er der Ausbreitung des Epikureismus zugute gekommen, und andererseits seien Themen aus Gassendis Philosophie, vermischt mit cartesischen Motiven, in die Werke von Autoren wie Boyle oder Locke eingeflossen, um unter deren Namen in Epochen weiterzuleben, in denen man Gassendi und Bernier nicht mehr las.131 Bloch verweist auf hnlichkeiten von Lockes Kritik am Innatismus, seiner em126 127 128 129 130 131

Kroll 1984; 348 – 352. Kroll 1984; 355 – 358. Milton 2000; 102 – 104. Ue17, 3, § 29. John Locke; 607 – 714. Gassendi: Ue17, 3; 657 und 665. – Bernier: Ue17, 3; 621. Ue 17, 2; 225 – 226.

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piristischen Erkenntnislehre und seinem Hedonismus mit Positionen Gassendis und erinnert an Lockes Notizhefte, die den Schluß nahelegen, daß dieser schon vor der Abfassung der Drafts Gassendi-Texte gelesen hat.132 In seinem Kapitel ber Bernier weist Thomas M. Lennon darauf hin, daß die Annahme eines philosophischen Austauschs zwischen Locke und Bernier beider Entscheidung fr einen relationalen Raumbegriff (und nicht fr Gassendis Vorstellung des Raums als eines absoluten Behltnisses) plausibler machen kçnnte.133 Mit einigen Thesen Krolls setzt sich ein Aufsatz von Fred S. und Emily Michael von 1990 auseinander. Sie erinnern an Indizien fr Lockes frhe Beschftigung mit Texten Gassendis134 und bestreiten Krolls Argumente zur Rolle Stanleys. Um das Kleine Syntagma kennen zu lernen, brauchte Locke nicht auf die History zu warten, denn es war schon 1649 als Anhang zu den Animadversiones in decimum librum Diogenis Laertii erschienen; auch wurde die Epikurische Kanonik, deren Bedeutung Kroll hervorhebt, bereits im ersten Band der Opera Omnia von 1658 aufgefhrt.135 Daß das Latein des Kleinen Syntagma fr Locke beschwerlich war, sei eher unwahrscheinlich; allerdings mache diese Schrift vor allem Meinungen Epikurs bekannt und weiche nicht selten von Positionen Gassendis ab. Die Verfasser neigen zu der Annahme, daß Locke sich auf die Opera Omnia gesttzt hat;136 weil fr die frhen Drafts nicht viele andere GassendiQuellen in Frage kommen, sei dort schon bloßen Analogien Bedeutung zuzumessen.137 Die Einzeluntersuchungen von Fred und Emily Michael konzentrieren sich auf mçgliche Einwirkungen von Gassendis Ideenlehre auf Locke; erçrtert wird der Ursprung der Ideen, die Lehre von der Definition und von der Arbeit des Verstandes an Ideen, von der Vollkommenheit von Ideen und von Fehlern des Verstandes bei ihrer Bildung.138 Im vorliegenden Zusammenhang ist vor allem die Erçrterung von Aggregation und Abstraktion von Interesse. Die Verfasser machen klar, daß bei Gassendi die Aggregation der Bildung des extensionalen Allgemeinen und die Abstraktion der Bildung des intensionalen Allgemeinen dient und daß sich

132 133 134 135 136 137 138

Ue17, 2; 229. Ue17, 2; 249. Michael 1990; 384 – 387. Gassendi, Log. Orig., c. 7: Logica Epicuri; I 52b, 16 – 56a, 10. Michael 1990; 388 – 390. Michael 1990; 380 – 384. Michael 1990; 391 – 399.

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Gassendi wie Locke bei der Abstraktion zusammengesetzter Ideen fr ein kompositives Verfahren entscheidet.139 k. Miltons Bilanz. – 2000 behandelte ein Aufsatz von John R. Milton die Frage, in welchem Umfang Behauptungen ber Rezeptionen Gassendischen Guts durch Belege gedeckt sind.140 In Lockes gedruckten Werken finden sich nach Milton nur im letzten Brief an Stillingfleet zwei Bezugnahmen auf „Gassendisten“,141 mit denen Locke auf Anspielungen Stillingfleets reagiert. Unter diesen Umstnden kann man entweder in Schriften Lockes nach Stellen suchen, die zwar Gassendi nicht bei Namen nennen, aber trotzdem klare Indizien fr seinen Einfluss enthalten; oder man kann berprfen, ob es in Briefen, Tagebchern, Notizbchern oder Bcherlisten Hinweise darauf gibt, dass er ein Werk Gassendis oder seiner Schler gekauft, besessen oder gelesen hat. In solchen Fllen muß die mutmaßliche Bezugstelle eindeutige inhaltliche oder stilistische Merkmale enthalten, doch gibt es nach Milton bei Gassendi dafr nur geringe Chancen; sein Stil sei nicht markant, und in den Texten finde sich nur wenig, das nicht auch bei Lukrez oder irgend einem Scholastiker stehe; Pauschalurteile wie dieses verdienen grundstzlich wenig Vertrauen. Nach Milton wurde bei Locke bislang noch keine Stelle gefunden, die evidentermaßen auf Gassendi oder auf einen Gassendisten zurckweist. In der Literatur hat man zwar auf Textanalogien hingewiesen, die den Gedanken an einen direkten oder indirekten Einfluss Gassendis auf Locke nahelegen, aber bei deren Wrdigung ist unter anderem zu bercksichtigen, welche Bcher Locke besaß oder gelesen hat.142 Der Inhalt seiner Bibliothek lßt nicht auf ein reges Interesse an Gassendi schließen; er besaß die Vita Peireskij in englischer bersetzung und die Einwnde gegen Descartes’ Meditationen, die in Descartes’ Opera philosophica abgedruckt waren, aber nichts weist darauf hin, dass er Gassendis Disquisitio metaphysica besaß.143 Ein weiteres Werk Gassendis in Lockes Besitz war die Elegans de septo cordis pervio observatio, mitabgedruckt in einer Abhandlung von Pineau.144 1664 exzerpierte Locke fnfundzwanzig Stellen biographischen Inhalts aus der Vita Peireskij sowie (vermutlich 1660/1661) acht Stellen aus der Physica des 139 Michael 1990; 396 – 397. 140 Milton 2000; 87 – 109. 141 „Gassendus“: 2nd Reply, Works IV; 420, 26. – „Gassendists“: ebd. Works IV; 421, 16. 142 Milton 2000; 87 – 90. 143 Milton 2000; 90 – 91. 144 Milton 2000; 107.

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Syntagma philosophicum, die hydrostatische und pneumatische Fragen behandeln. Weitere Zitate erscheinen in einem Notizbuch aus den frhen sechziger Jahren, von denen das eine die Theorie des Raums und das andere einen hydraulischen Apparat betrifft. Stellen in MS Locke f. 14 lassen vermuten, dass Locke Gassendis Einwnde gegen Descartes’ Meditationen kannte, doch gibt es keinen sicheren Beleg dafr. Ferner finden sich in anderen Notizbchern und in einem durchschossenen Band aus Lockes Bibliothek Erwhnungen Gassendis. Von den siebzehn Nennungen in Exzerpten Lockes aus anderen Autoren stammen die meisten aus der Zeit vor Lockes bersiedlung nach London 1667; vier davon behandeln allgemeine Themen, zehn medizinische und wissenschaftliche Fragen und eine Gassendis Schrift ber den rçmischen Kalender. Nur zwei befassen sich mit einem philosophischen Thema, und zwar mit Gassendis Meinungen ber menschliche und tierische Seelen. Keine Eintragung betrifft Gassendis Schriften ber Logik, Erkenntnislehre oder Ethik.145 Weitere Aufzeichnungen Lockes beziehen sich laut Milton auf den Kauf von Du Trieus Manuductio ad logicam fr einen Schler im Jahr 1661, in der vielleicht Gassendis Dissertatiuncula de natura demonstrationis mitabgedruckt war.146 Ferner ist der Kauf von Gassendis Institutio astronomica fr einen Schler (1663) und fr Lady Masham (1695) belegt, doch gibt es keinen Hinweis darauf, dass Locke das Buch gelesen hat. Schließlich gibt es Notizen ber niederlndische Angebote und Preise von Gassendis Opera Omnia, die Locke wahrscheinlich fr interessierte Freunde notierte. In Lockes Korrespondenz aus den achtziger Jahren kommt Gassendis Name zweimal in Briefen von Nicolas Toinard vor, ferner in einem Brief von David Thomas und einmal in einem Brief, der vermutlich von Henri Justel stammt; keine dieser Stellen betrifft philosophische Positionen, und in den Briefen, die Locke selbst verfaßt hat, wird Gassendi nicht genannt.147 Doch erscheint sein Name in Notizen, die wahrscheinlich aus den fnfziger Jahren stammen, und zwar in einer Liste medizinischer und wissenschaftlicher Autoren, ferner in Lockes Auszgen aus Thomas Barlows

145 Milton 2000; 92 – 94. 146 Milton 2000; 109. Der hier verwendeten Ausgabe von 1678 ist diese Dissertatiuncula und der Text von Gassendis Epist. IV De motu impresso beigeheftet. 147 Milton nennt den Brief von Nicolas Toinard an Locke, 6./16. September 1679, in: De Beer, Correspondence II, Nr. 501; 96, ferner ders. an Locke, 17. Mrz 1637, in: De Beer III, Nr. 157; Dr. David Thomas to Locke, 8. Juli 1688, in: De Beer III, Nr. 1068; 489, und Henri Justel an Locke, Ende 1682 oder Anfang 1683, in: De Beer VIII, Nr. 747 A; 431.

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Bibliotheca und in einer Liste franzçsischer Wissenschaftler und Mathematiker, die wahrscheinlich im Sommer 1678 entstand.148 Locke hat nach Milton Gassendis Vita Peireskij gut gekannt und zumindest solche Teile des Syntagma philosophicum gelesen, die den Raum und das Vakuum betreffen; daß er darber hinaus auch andere Stellen zur Kenntnis nahm, geht aus den Zeugnissen nicht hervor. Sein Interesse an Gassendi war in der frhen Zeit von 1660 – 1664 am strksten; anscheinend hat er damals die Texte vor allem dazu benutzt, um Informationen ber andere Autoren zu sammeln. Am ehesten interessierten ihn wie Boyle Gassendis Meinungen zu physikalischen Themen, whrend Gassendi als Skeptiker und als Erneuerer der Ethik Epikurs anscheinend nie sein Interesse auf sich zog.149 Damit ist das Terrain fr Rezeptionsbehauptungen abgegrenzt, deren Akzeptierung sich sozusagen einklagen lßt. Anzumerken ist, daß es sich grundstzlich empfiehlt, zwischen Rezeptionsbehauptungen und Rezeptionsvermutungen zu unterscheiden, und daß es mçglich ist, Grnde fr Rezeptionsvermutungen zu nennen und zu beurteilen.150 Dass Locke durch Berniers Vermittlung ausfhrliche philosophische Informationen erhielt, ist nach Milton nicht wahrscheinlich. Alle Aufzeichnungen ber beider Gesprche betreffen Berniers Erfahrungen im Orient; auch erwhnt Locke nach seiner Rckkehr nach England zwar hufig Berniersche Reiseberichte, aber nicht den Abreg; bezeichnenderweise betrifft sein einziges Zitat aus diesem Werk nicht Gassendis Philosophie, sondern die Schdlichkeit des orientalischen Fatalismus.151 Dafr, daß er den Weltreisenden Bernier mehr schtzte als den Verfasser des Abreg , spricht ein Passus aus einem Brief an Toinard: Obgleich es fr ihn kurzweilig und ntzlich sei, Bernier mit Philosophen disputieren zu hçren, sei es ihm dennoch lieber, wenn dieser von Bruchen und Taten çstlicher Vçlker und von seinen dortigen Beobachtungen berichte; nachdem man lange Zeit mit Philosophie und Disputationen berhuft worden sei, besitze man nur wenige oder gar keine vertrauenswrdigen Berichte ber 148 Milton 2000; 98 – 99. 149 Milton 2000; 97 – 98. 150 Ohne auf die hier erwhnten Auseinandersetzungen einzugehen, die vielleicht nie zu einem allseits akzeptierten Ergebnis fhren, habe ich in der Festschrift fr Olivier Bloch einfach Stellen aufgelistet, die fr eine enge Verwandtschaft der ethischen Anstze beider Autoren sprechen (s. Vf. 2000). Durch solche Versuche lßt sich nichts beweisen, sie kçnnen aber dazu beitragen, eine Frage plausibel zu machen. 151 Milton 2000; 98 – 99

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Geschehnisse bei fremden Nationen.152 Dies ist das einzige Zeugnis fr Lockes Einschtzung des Gassendi-Auslegers Bernier, doch vermittelt es keine Gewissheit darber, daß Locke den Abreg gelesen hat; und der Umstand, daß er aus diesem so gut wie nichts Philosophisches zitiert, spricht nach Milton am ehesten dafr, dass ihn der Text nicht besonders interessierte.153 Milton weist darauf hin, daß der Gassendi-Anhnger Gilles de Launay, in dessen Pariser Wohnung sich Locke im Jahr 1677 aufhielt, in der Literatur meist bergangen wird, obgleich Lockes Bibliothekskatalog sieben Werke von ihm verzeichnet; allerdings stammt eins davon in Wirklichkeit von Mariotte, und bei zweien besteht der Verdacht, dass sie nicht existierten. Die brigen Titel sind gut bezeugt, doch gibt es keinen Hinweis darauf, dass Locke sie benutzt hat.154 Zum Abschluß stellt Milton mehrere Fragen. (I) Weshalb hat Locke weder in Some thoughts concerning education noch in Some thoughts concerning reading and study for a gentleman oder in irgend einem anderen Text Schriften Gassendis empfohlen? (II) Weshalb hat er ihn nie in seinen Briefen erwhnt? (III) Weshalb besaß er nur so wenige Werke von Gassendi und keine der englischen Ausgaben des Kleinen Syntagma und der Institutio logica? (IV) Weshalb beziehen sich unter Zehntausenden seiner Notizen nur so wenige auf Gassendi? Wenn die vielen Hypothesen ber Gassendische Bezugstexte zutrfen, dann msste er große Mengen Gassendischer Texte gelesen haben. Milton glaubt, daß man bei Untersuchungen dieser Art nicht zu unwiderleglichen Ergebnissen gelangen kann; es kçnnten neue Papiere Lockes auftauchen, oder jemand kçnnte Gassendi-Stellen entdecken, die Locke-Stellen so hnlich sind, dass man mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit schließen darf, Locke habe sie von Gassendi bernommen. Die Beweislast liege allerdings bei den Autoren, die Rezeptionsbehauptungen aufstellen, und inzwischen sei es die sicherste Annahme, dass Gassendis Einfluss auf Locke weitaus geringer war, als man gemeinhin annimmt.155 Miltons Analyse hat die Bedingungen fr die Zulssigkeit kategorischer Behauptungen ber Rezeptionen Gassendischen oder gassendistischen Gutes durch Locke geklrt und fr so etwas wie Rechtssicherheit gesorgt, indem sie feststellte, unter welchen Bedingungen ein Interpret kategorisch 152 Locke an Nicolas Toinard, 10. Juni 1680, in: De Beer, Correspondence II, Nr. 546; 192. 153 Milton 2000; 99 – 102. 154 Milton 2000; 108. 155 Milton 2000; 107.

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behaupten darf, daß eine Rezeption scholastischen, Gassendischen oder gassendistischen Guts tatschlich vorliegt; beim jetzigen Stand der Dinge wird niemand dazu viel Gelegenheit haben. Andererseits sind dann, wenn keine strikten Rezeptionsbeweise mçglich sind, willkrliche Rezeptionsbehauptungen nicht die einzige Alternative. Man kann vielmehr bei unbewiesenen Rezeptionsvermutungen die Grnde nennen und beurteilen, die fr sie sprechen. Dazu wird es allerdings in dieser Untersuchung im Zusammenhang mit Berniers Abreg nicht kommen, der wegen seines Erscheinungsjahrs als Bezugstext fr Lockes frhe Drafts nicht in Frage kommt; die Drafts enthalten aber schon Elemente, die auch fr die Universalienlehre des Essay noch wichtig sind. Darber hinaus ist die Vermutung nicht abwegig, daß Locke, der kleinere Schriften von Charleton besaß, ber Informationen zu dessen Physiologia verfgte,156 doch ist auch sie in diesem Zusammenhang nicht belangreich. Charleton hat zwar drei Schriften ber pneumatologische Themen verfaßt,157 aber keine ber kognitive Ttigkeiten des Verstandes, und seine in mancher Hinsicht gassendistische Physiologia enthlt keine Kanonik und außer Angaben zur Sinneswahrnehmung auch keine Abhandlung ber die Vermçgen des Verstandes; vielmehr folgt auf die Qualittenlehre nur noch ein Kapitel ber Entstehen und Vergehen und ein Kapitel ber Bewegung. Und selbst wenn man den XIII. Teil von Stanleys History uneingeschrnkt als gassendistischen Text akzeptierte und wenn es sicher wre, daß Locke bereits die Erstauflage kannte, htte man im Zusammenhang mit der Lehre vom Allgemeinen kaum Gelegenheit dazu, diesen Text zu erçrtern. Stanleys Mitteilungen ber Begriffe sind zu allgemein, um fr die hier zu erçrternden Details von Belang zu sein; zwar enthlt der Epikur gewidmete Teil XIII der History of Philosophy eine knappe Kanonik mit Mitteilungen ber Begriffe,158 aber die Bildung komplexer abstrakter Ideen durch Zusammensetzung, die bei Locke am ehesten an Texte Gassendis erinnert, kommt weder hier noch in der Lehre vom Verstand zur Sprache.159 l. Bemessung der Zustimmungsgrade bei Rezeptionsvermutungen. Pusters Vorschlag. – Die Aussichten, bei den im Folgenden zu verhandelnden Fllen 156 Harrison-Laslett 1971, 668 – 669 b. Zur Bedeutung der Physiologia fr Locke s. Lennon 1993; 156 – 157. 157 Immortality of the soul, London 1657. – Dissertatio epistoloca de ortu animae humanae, London 1669. – Natural history of the passions, London 1647. 158 Stanley 31701, p. 13, Canonick; 549a – 554b, des nheren c. 3, can. 3 und 4; 553 ab. 159 Stanley 31701, p. 13, l. 2, s. 3, c. 17 und 18; 588b – 590a.

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zu stringenten Rezeptionsnachweisen zu gelangen, sind nicht gut. Die Frage ist, ob man es deshalb unterlassen sollte, jeden unaufgeklrten und vielleicht sogar unaufklrbaren Rezeptionsverdacht zu erwhnen. Ich hielte das fr keine gute Lçsung, denn sie isoliert Locke von großen Teilen seines literarischen Hintergrunds; das aber wirkt sich negativ auf die Chancen aus, ihn zu verstehen. Wenn man sich dafr entscheidet, im Fall eines Rezeptionsverdachtes nicht zu schweigen, sondern ihn zu erwhnen und dabei sozusagen die Karten offenzulegen, begibt man sich in eine unsichere Position; aber das ist nicht besonders ungewçhnlich, denn es paßt zu den meisten Alltagssituationen und nicht zuletzt zur Lage des Naturhistorikers; auf beides spielt Locke in Essay 4.14.2 an: Therefore as God has set some Things in broad day-light; as he has given us some certain Knowledge, though limited to a few Things in comparison, probably, as a Taste of what intellectual Creatures are capable of, to excite in us a Desire and Endeavour after a better State: So in the greatest part of our Concernment, he has afforded us only the twilight, as I may so say, of Probability, suitable, I presume, to that State of Mediocrity and Probationership, he has been pleased to place us in here […].

Locke gibt bei seinen Bemerkungen ber die Wahrscheinlichkeit von Aussagen den Rat, immer dann, wenn man sich im Zwielicht befindet, nicht blindlings zuzustimmen oder abzulehnen, sondern die Zustimmungsgrade nach Kriterien zu bemessen. Einen Entwurf zu einer solchen Bemessung im Fall von Rezeptionsvermutungen entwickelt Rolf W. Puster in seiner Untersuchung „Britische Gassendi-Rezeption am Beispiel John Lockes“. Puster zieht zur Bezeichnung der bernahme von Textelementen eines Autors durch einen anderen den Ausdruck „Rezeption“ vor, weil er der Aktivitt des empfangenden Autors Rechnung trgt, whrend „Einfluß“ und „Wirkung“ zunchst den Eindruck erwecken, daß der bernehmende passiv ist und nur als Ziel der Aktivitten des rezipierten Autors dient.160 Trotzdem mçchte Puster das Wort „Einfluß“, das sich leicht in Ausdrcke mit „Rezeption“ bersetzen lßt, auch weiterhin verwenden, denn es kann den Eindruck erwecken, daß es sich um eine besonders intensive Wirkung oder um einen besonders nachhaltigen Einfluß handelt. Bei seiner Definition des Rezeptionsbegriffs erçrtert Puster drei Bedeutungen des Satzes „A wurde von C rezipiert.“161 Er kann (i) bedeuten, daß C Texte von A als Texte von A zur Kenntnis genommen hat (kenntnisnehmende Rezeption). 160 Puster 1991; 11. 161 Puster 1991; 12 – 13.

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Er kann (ii) bedeuten, daß C sprachliche, terminologische oder gedankliche Textelemente von A in seinen eigenen Text bernommen hat (verwertende Rezeption). Und er kann (iii) bedeuten, daß C Texte von A sowohl als Texte von A zur Kenntnis genommen als auch verwertet hat (kenntnisnehmende und verwertende Rezeption). Fall (i) und (ii) sind logisch kompatibel, implizieren aber einander nicht, denn C kann Texte von A verwerten, ohne sie als Texte von A zur Kenntnis zu nehmen, und er kann Texte von A zur Kenntnis nehmen, ohne sie zu verwerten.162 Wenn ein vermittelnder Autor B Texte von A und wenn C Texte von B zur Kenntnis genommen hat, dann besteht die Relation, die diesen Vorgang darstellt, sowohl aus Termen, fr die Transitivitt besteht, als auch aus Termen, fr die sie nicht besteht, denn bei einem Ausdruck wie „B hat Texte von A zur Kenntnis genommen, und C hat Texte von B zur Kenntnis genommen“ folgt aus der Wahrheit von „B hat Texte von A zur Kenntnis genommen“ nicht auch die Wahrheit von „C hat Texte von A zur Kenntnis genommen“. Dasselbe gilt bei einer verwertenden Rezeption von A durch B und von B durch C, denn B und C kçnnten verschiedene sprachliche, terminologische oder gedankliche Textelemente von A verwertet haben. Daran zeigt sich, daß Rezeptionen, genau genommen, als dreistellige Relationen darzustellen sind: „jAj wurde von jCj jin Hinsicht auf ein bestimmtes Textelementj zur Kenntnis genommen“ beziehungsweise „jAj wurde von jCj jin Hinsicht auf ein bestimmtes Textelementj verwertet“. Mit dem Hinweis auf das bloße Auftreten eines Textelements sowohl bei A als auch bei C ist noch keine Rezeption bewiesen; wenn zwischen A und C kein vermittelnder Autor B steht, dann wre zumindest eine kenntnisnehmende Rezeption von A durch C nachzuweisen. Wenn zwischen A und C in Hinsicht auf ein bestimmtes Textelement sowohl eine kenntnisnehmende als auch eine verwertende Rezeption anzunehmen ist, dann kann man von einer Rezeption erster Stufe sprechen. Wenn C ein Textelement nicht unmittelbar von A, sondern von einem weiteren Autor B rezipiert, der es seinerseits von A rezipiert hat, dann kann man von einer Rezeption zweiter Stufe sprechen. Erst hier besteht Anlaß zu berprfen, ob und inwieweit die betreffende Rezeptionsrelation transitiv ist.163 Den Gegenstand von Rezeptionsuntersuchungen bezeichnet Puster als Spuren. Eine Spur ist ein „mit der prinzipiellen Mçglichkeit, in mehr als einem Text aufzutreten, ausgestattetes Element des Textes T1 von sprachlicher oder gedanklicher Art, sofern es in einem der Texte T2-Tn (= 162 Puster 1991; 13 – 14. 163 Puster 1991; 14 – 15.

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den zeitlich nach T1 entstandenen Texten) auftritt“. Der Nachweis, daß ein gedankliches Textelement bei mehreren Autoren auftritt, ist schon dann schwierig, wenn ein bestimmter Gedanke in verschiedenen sprachlichen Formulierungen erscheint; er wird noch schwieriger, wenn die Formulierung des spteren Autors unmittelbar einen anderen Gedanken zum Ausdruck bringt, aber einen Gedanken des frheren Autors impliziert; in solchen Fllen handelt es sich weder um Zitate noch um Paraphrasen, sondern lediglich um einen Hinweis auf etwas, das mit dem betreffenden Textelement eng verbunden ist.164 Puster vergleicht in seiner Untersuchung Gassendi-Texte mit Locke-Texten und versucht, Spuren von GassendiTexten bei Locke zu entdecken und nach Kriterien zu beurteilen. Grundstzlich sind bei derartigen Ermittlungen historisch-faktische Belege fr ein Rezeptionsverhltnis vorzulegen, aber wenn keine solchen Belege vorhanden sind, ist dadurch die Rezeptionsvermutung noch nicht falsifiziert. Andererseits wird sie durch Belege zwar gesttzt, aber nicht verifiziert. Selbst dann, wenn eine kenntnisnehmende Rezeption Gassendis durch Locke oder einen Zwischenautor bewiesen ist und wenn sich bei Locke Gassendi-Spuren zu finden scheinen, kçnnte er dennoch das betreffende Textelement von einem anderen Autor bernommen oder ohne fremde Vorlage selbst entwickelt haben; in diesem Fall wre es sozusagen mehrfach entstanden.165 Um beide Irrtumsquellen klein zu halten, kann man das mutmaßliche Spurenmaterial auf qualitative Unterschiede berprfen und dadurch zeigen, daß die Annahme, eine mutmaßliche Spur stamme aus anderen Texten als denen Gassendis oder sei von Locke selbst ohne fremdes Vorbild entwickelt worden, nicht so wahrscheinlich ist wie die Gegenannahme.166 Dabei kann man mit mindestens drei hierarchisch gestaffelten Kriterien arbeiten: hnlichkeit, Komplexitt und Signifikanz. Bei der Anwendung des schwchsten Kriteriums, der hnlichkeit, ergeben sich verschiedene hnlichkeitsstufen. Zum Beispiel kçnnen zwei Texte, obgleich sie nicht denselben Gedanken zum Ausdruck bringen, bereinstimmungen in der sprachlichen Formulierung aufweisen, oder sie kçnnen in ihrem gedanklichen Gehalt bereinstimmen, ohne es in der Formulierung zu tun; die hçchste sprachliche und gedankliche hnlichkeit ist bei wçrtlicher bereinstimmung beider Spuren erreicht. Bei der Anwendung des Kriteriums der Komplexitt zeigt sich, daß es bei Spuren verschiedene Stufen von Komplexitt gibt, denn es kann sich um die Rezeption von 164 Puster 1991; 15 – 16. 165 Puster 1991; 16 – 17. 166 Puster 1991; 17 – 18.

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Einzeltermini, Darstellungsweisen, Konstruktionsfiguren, Thesen, Argumentationsketten oder philosophischen Positionen handeln. Mit der Komplexitt wchst die Wahrscheinlichkeit, daß eine Rezeption vorliegt. Unter dem strksten Kriterium, der Signifikanz, kçnnen Spuren Sachverhalte betreffen, die in der Tradition hufig erscheinen oder mehr oder weniger selten sind; mit dem Maß ihrer Seltenheit verstrkt sich die Rezeptionswahrscheinlichkeit. Die hçchste Stufe der Signifikanz ist dann erreicht, wenn das, was in den Spuren festgehalten wird, in der Tradition nur zweimal vorkommt, nmlich in den beiden zur Rede stehenden Spuren.167 Durch derartige berprfungen kann man nicht ausschließen, daß es sich um die Rezeption eines anderen Autors als des mutmaßlichen Bezugsautors handelt oder daß der vermeintlich rezipierende Autor das fragliche Textelement selbst erfunden hat, doch lßt sich die Gefahr zumindest verringern, und sie wird um so geringer, je besser die Kriterien erfllt sind.168 Puster arbeitet mit ihnen in den letzten Kapiteln seiner Untersuchung, und zwar zunchst bei Spuren, die dem Kriterium der hnlichkeit gengen, aber wenig komplex und signifikant sind, und spter mit Spuren von hçherer Komplexitt und Signifikanz. Bei den im Rahmen der dritten Aufgabenstellung zu erçrternden Rezeptionsvermutungen ist die Beweislage ungnstig. ber Lockes Verhltnis zu den Schriften, aus denen die zu erçrternden mutmaßlichen Spuren stammen, gibt es außer in drei Fllen keine oder nur vage Mitteilungen des Autors selbst oder seiner Freunde; ein strikter Beweis dafr, daß eine kenntnisnehmende oder gar eine verwertende Rezeption vorliegt, ist nicht zu erbringen. An seine Stelle tritt faute de mieux der Nachweis, daß Locke die Mçglichkeit hatte, die betreffenden Texte zu lesen, wenn er das wollte. Darber hinaus ist es mçglich, Kriterien wie die Pusters anzuwenden, um Rezeptionsvermutungen durch den Hinweis auf textliche, gedankliche und konstruktive hnlichkeiten, auf die Komplexitt der mutmaßlichen Spuren und auf deren Signifikanz zu bestrken. Danach hat man, solange keine ußerungen des Autors oder beteiligter Zeitgenossen gefunden werden, die eine Rezeption beweisen, grundstzlich das Wenige getan, das sich unter den gegebenen Umstnden tun lßt. In den frhen Drafts und im Essay finden sich viele Stellen, bei denen man Anlaß hat, an eine Rezeption zu denken. Doch werde ich nur wenige Rezeptionsvermutungen ußern und sie ausdrcklich als solche bezeichnen; sie haben zum Teil die Schwche, daß ich keinen bestimmten Herkunftsautor 167 Puster 1991; 18 – 19. 168 Puster 1991; 19.

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nennen, sondern nur auf Gruppen mçglicher Bezugsautoren verweisen kann. Soweit sich darber hinaus hnlichkeiten von Texten Lockes mit Texten anderer Autoren beobachten lassen, die in der Literatur noch nicht erçrtert und beurteilt wurden, rechne ich sie vorerst zum literarischem Hintergrund – Locke schreibt in der gelehrten Sprachgemeinschaft, der er angehçrt.

Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae A1. Vorberlegungen A1a. Sechste metaphysische Disputation. – Dieses Kapitel wird einen Eindruck davon vermitteln, wie im spten sechzehnten und im siebzehnten Jahrhundert eine markante schulphilosophische Universalienlehre strukturiert war und argumentierte; man begegnet in ihm einer Art zu denken und zu argumentieren, von der sich Locke zu distanzieren wnschte. Auf Analogien zu Lockes Versuch wird eingegangen, doch werden hier noch keine Rezeptionsfragen erçrtert. Ich whle als Beispiel die Universalienlehre von Francisco Surez S.J. (1548 – 1617), der im 17. Jahrhundert von Gelehrten aller Konfessionen gelesen und vielfltig rezipiert wurde. Sein Handbuch Disputationes metaphysicae von 1597 wurde an rçmisch-katholischen und protestantischen Universitten geschtzt und gilt als Reprsentant des europischen Status quo in der Metaphysik vor dem Umbruch. Der Text hat keine Schlußredaktion erfahren und enthlt Unstimmigkeiten; die Interpretation ist so umstritten, daß er manchmal als scotistisch, manchmal als konzeptualistisch1 und manchmal sogar als thomistisch gedeutet wird. Ich versuche, ihn so zu referieren, wie ihn im 17. Jahrhundert protestantische Schulphilosophen vermutlich gelesen haben. Fr Surez sind Individualitt und Allgemeinheit gleichermaßen Formen der Einheit. Diese gehçrt zusammen mit Wahrheit und Gte zu den allgemeinsten Bestimmungen des Seienden (passiones entis), die man inzwischen als transzendentale Proprietten bezeichnet. Weil das Allgemeine viele Aspekte hat, kann es in mehreren Disziplinen erçrtert werden, zum Beispiel in Logik, Physik und Metaphysik. Surez behandelt es am ausfhrlichsten in den Disputationes metaphysicae, und zwar in der Sechsten Disputation, als Lehre von der Einheit des Mannigfaltigen (De unitate formali et universali). Dieser Text folgt auf die Lehre vom Individuationsprinzip, mit der sich die Fnfte Disputation beschftigt hat (De

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Dazu Thiel 1998a; 221 – 222.

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

unitate individuali, eiusque principio).2 Surez erçrtert die Theorien der wichtigsten Richtungen und entscheidet sich fr eine konzeptualistische Lçsung, das heißt, fr eine Lçsung, nach der das Allgemeine etwas Gedachtes ist, und zwar etwas Gedachtes mit einer Grundlage in der Sache (cum fundamento in re). Die Sechste Metaphysische Disputation, deren literarische Wirkung sehr groß war, vertritt eine konzeptualistische Theorie des Allgemeinen, die an Berhrungspunkten zur spteren Universalienlehre Lockes nicht arm ist; zugleich erleichtert ein Blick auf sie die Einschtzung der Vernderungen, mit denen Locke ber den bestehenden Zustand hinausging. A1b. Einschtzung der Disputationes metaphysicae in England. – In England erregte vor allem Surez’ in London çffentlich verbrannte Defensio fidei (1613), die sich gegen Jakob I. richtete, allgemeines Interesse. Seine Rechtsphilosophie, De legibus et Deo legislatore (1612), wurde 1679 auch in London gedruckt.3 Es gab anscheinend keine englische Ausgabe der Disputationes metaphysicae, aber fr das Ansehen, das sie genossen, spricht der Umstand, daß sich der Mediziner Francis Glisson, Entdecker der Irritabilitt der lebendigen Faser, Prsident des Kollegiums der rzte und Mitglied der Royal Society, zu Surez’ Metaphysik bekannte.4 Die Liste der Bcher in Lockes Bibliothek enthlt keinen Titel von Surez, auch gibt es keinen Beleg dafr, daß Locke jemals ein Werk von Surez gelesen hat.5 Sicher ist aber, daß dieser in Oxford zu den angesehensten Autoren zhlte; E. J. Ashworth teilt allgemein mit, daß er dort einer der am meisten genannten Metaphysikspezialisten war,6 und zitiert aus Haltons Manuskript mit der berschrift Books for a young Divine to make use of,7 das eine Liste der Texte enthlt, die man zu Beginn von Lockes Studienzeit in Oxford fr wichtig hielt.8 In Haltons Augen ist Aristoteles’ Metaphysik „the most 2 3 4 5 6 7 8

Surez 1965; I 145b – 201a. Der Text erschien zweisprachig in Surez 1967. – Eine Darstellung von Surez’ Individuationslehre in ihrem geschichtlichen Kontext gibt Thiel 1998a; I 216 – 223. Francisci Suarez Granatensis […] Tractatus de legibus, ac Deo legislatore, in decem libros distributus. London (Dunmore) 1679. Scorraille 1912 – 1913; 2, 437, zitiert von Glisson folgende Stelle: „Suarius, quem prae aliis mihi ducem in rebus metaphysicis elegi, sed non iuratus in verba Magistri […]“. Milton 1984; 31. Ue17.3, § 1; 7. Queen’s College (Oxon.), MS 518. Kenney 1960; 34.

A1. Vorberlegungen

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impationent booke (get Nonia [sic] verbo) in all his works, indeed a rapsody of Logically scraps“. Wer Combachs Metaphysik lese und verstehe, dazu noch Scheibler und schließlich Surez, den weitaus besten Autor, der je ber Metaphysik geschrieben hat, der kçnne, wenn er Zeit hat, auch noch die brigen zu Rate ziehen, aber nçtig sei das nicht.9 A1c. Vier Bedeutungen von „allgemein“. Universale in causando und universale in repraesentando. – Der Ausdruck „allgemein“ ist nicht eindeutig. Surez unterscheidet, wie es seit dem 14. Jahrhundert blich ist, das Allgemeine der Ursache nach (universale in causando), das Reprsentationsallgemeine (universale in repraesentando), das Allgemeine dem Sein nach (universale in essendo) und das Prdikationsallgemeine (universale in praedicando). 1. Eine Ursache kann als allgemein bezeichnet werden (causa universalis), wenn sie in der Lage ist, vielfltige Wirkungen hervorzubringen. Sie ist zwar selbst etwas Individuelles, wird aber mit Rcksicht auf die Flle mçglicher Wirkungen als allgemein bezeichnet. So sind Verstand und Wille als solche individuell, werden aber mit Rcksicht auf die Vielfalt ihrer Gegenstnde allgemein genannt, denn sie kçnnen alles Seiende zu ihrem Gegenstand machen. Schließlich kann man auch den Gemeinsinn als allgemein bezeichnen, denn obgleich er in jedem Sinneswesen etwas Individuelles ist, koordiniert er doch alle Sinne. 2. Das Reprsentationsallgemeine (universale in significando seu repraesentando) besteht aus noch nicht in Stze eingebundenen Nomina, und zwar aus solchen, die in der Logik gemeinsame (allgemeine) Namen heißen, ferner aus allgemeinen Verstandesvorstellungen und aus Symbolen, die mehr als einen Gegenstand reprsentieren. Alle diese Zeichen sind als solche individuell, aber weil sie mehrere Dinge zugleich reprsentieren, bezeichnet man auch sie als allgemein;10 die 9 Kenney 1960; 36 – 37. 10 Ich zitiere nach Surez 1965. Bei meiner Zhlung der jeweils ca. 55 Kolumnenzeilen, die das Auffinden von Stellen in den großen Spalten erleichtern soll, bercksichtige ich keine Leerzeilen. Die oben erwhnte Stelle ist DM 6.8.2; 232a, 3 – 29: „Primo igitur dividi solet universale in universale in causando, in repraesentando, in essendo, et in praedicando. Sed haec divisio ad praesens institutum non refert, quoad priora duo membra. Nam causa quae universalis dicitur, quia varios effectus potest producere, res aliqua singularis est, ut Deus, caelum, etc.; unde non habet aliam unitatem nisi realem singularem, seu numericam; sed illa dicitur quasi universalis in objecto, quia ad plures effectus virtus ejus extenditur; sicut intellectus et voluntas dici solent potentiae universales objective, quia circa omnia entia

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

Unterscheidung zwischen „dem Sein nach allgemein“ und „der Reprsentation nach allgemein“, die unter Schulphilosophen blich ist, wird auch Locke bernehmen. In dessen schulphilosophischem Umfeld gibt es entfernt vergleichbare Explikationen, zum Beispiel die knappe von Combach: Das Reprsentationsallgemeine ist eine Verstandesvorstellung, die vom Hier und Jetzt abstrahiert und dem Verstand einen Begriff vergegenwrtigt, welcher mehreren Individuen zukommt. Dagegen ist das Allgemeine der Ursache nach eine Ursache, die zur Hervorbringung mehrerer Wirkungen fhig ist.11 A1d. Universale in essendo. – 3. Etwas Allgemeines dem Sein nach gibt es nach Surez nicht, es sei denn, man ließe es mit dem Prdikationsallgemeinen zusammenfallen, von dem es nur nach Namen und Aspekt verschieden ist.12 Combach erwhnt schon in der Einteilung das Seinsallgemeine zusammen mit dem Prdikationsallgemeinen; dieses sei dadurch charakterisiert, daß es ihm nicht widerstreite, in vielen Individuen zu sein und von ihnen ausgesagt zu werden.13 Es wird vom Verstand als etwas gedacht, das in vielen Dingen existiert und trotzdem eines ist; zum Beispiel sind viele Dinge lebendig, aber das Prdikat „lebendig“ ist nur eines, und deshalb kann man es im bertragenen Sinn als etwas Allgemeines dem Sein versantur, et sensus communis respectu externorum dici etiam potest eodem modo universalis, quantumvis in se unus et singularis sit. Idemque dicendum est de universali in significando seu repraesentando, sive illud sumatur in nominibus quae a dialecticis termini communes vocantur, sive in speciebus intelligibilibus, sive in conceptibus formalibus, sive denique in quavis imagine, quacunque ratione fingatur repraesentans uniformiter plura; quicquid enim sit hujusmodi repraesentans, in se unum singulare individuum est, et solum ex parte objecti vocatur universale, quia significat vel repraesentat plura.“ 11 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 21, n. 7 und 8; 237: „In repraesentando universale est species intelligibilis abstrahens ab hic et nunc, repraesentans intellectui notionem convenientem pluribus individuis et singularibus. Vniversali [sic] in causando est causa indifferens, ad plures effectus producendos […]“. 12 Surez, DM 6.8.2; 232a, 29 – 43: „Tertium autem universale, quod vocatur in essendo, vel nullum est, vel in re coincidit cum quarto, solumque nomine et habitudine rationis differunt. Si enim universale in essendo dicatur illud quod in re ipsa universale est, hujusmodi universale nullum est, ut declaravimus; si autem sit illud, quod in re habet aliquod fundamentum, per intellectum tamen concipitur tanquam quid unum existens in multis, et sic efficitur universale in praedicando; ideo enim de multis praedicari potest, quia in eis est per identitatem aliquam, ut declaravimus.“ 13 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 21, n. 9; 237: „Universale in praedicando cui non repugnat inesse multis, et consequenter praedicari.“

A1. Vorberlegungen

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nach bezeichnen, weil sich von vielen wirklichen Dingen aussagen lßt, daß sie lebendig sind. Das ndert aber nichts daran, daß „lebendig“ in Einzeldingen stets etwas Individuelles bezeichnet. Bei weniger strenger Wortwahl kann man auch sagen, daß der Ausdruck fr etwas steht, das in allen lebendigen Dingen dasselbe ist, denn manchmal bezeichnet man hnliche Dinge als dieselben. Dann wird aus „Alle lebendigen Dinge sind einander darin hnlich, daß sie lebendig sind“ der mißverstndliche Ausdruck „Alle lebendigen Dinge sind darin dasselbe, daß sie lebendig sind“. Bei solchen Identifikationen spricht man von spezifischer Identitt, und zwar zum Unterschied von der numerischen Identitt der Individuen. Von spezifischer Identitt ist die Rede, wenn man sagt, daß Peter insofern dasselbe ist wie Paul, als er ein Mensch ist. hnlich sprechen auch Locke und Schulphilosophen in seinem Umfeld. Nach Combach liegt generische Identitt immer dann vor, wenn mehrere Dinge zu derselben Gattung gehçren, und spezifische Identitt immer dann, wenn sie zu derselben Art gehçren.14 A1e. Universale in praedicando. Gemeinsame Natur. – 4. Das Prdikationsallgemeine erscheint im Prdikat von Aussagen wie „Sokrates ist ein Mensch“ und ist seiner Natur nach etwas Relatives, denn es bezieht sich auf Subjekte, von denen man es aussagt. Weil dieses Allgemeine im Prdikat erscheint, wird es in der lateinischen Schulphilosophie als praedicabile (Prdizierbares) bezeichnet;15 im Anschluß an Porphyrs Isagoge unterteilt man es in Gattung, Art, Differenz, zufllige Eigenschaft und Proprium (Eigentmlichkeit).16 In Surez’ Augen stellt sich die Sachlage so dar: Man kann das Prdikationsallgemeine von mehreren Individuen aussagen, und das, worin diese laut Prdikation bereinstimmen, wird zur Grundlage von Allgemeinbegriffen und zum gegenstndlichen Korrelat von Ausdrcken 14 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 22, n. 9; 246: „Identitas generica est eorum quae genere: specifica eorum, quae specie conveniunt: proportionalis eorum, qui proportione conveniunt.“ 15 Surez, DM 6.8.2; 232a, 43 – 49: „[…] ratione prioris habitudinis ad esse [universale in essendo] proprie vocatur universale [denn man begreift es als eines, das in vielen existiert]; ratione vero posterioris habitudinis in ordine ad praedicationem, vocatur praedicabile. Unde dici solet a dialecticis, esse praedicabile, esse quasi passionem seu proprietatem universalis.“ 16 Zum Beispiel Seton, Dialectica, Cambridge 1631, l. 1, De praedicabilibus; fol. B3vo : „Praedicabile est nomen simplex, quod de pluribus enuntiari potest. – In quinque membra consumitur; genus, speciem, differentiam, proprium et accidens.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

wie „natura communis“ (gemeinsame Natur). Als Grund der hnlichkeit zwischen Artexemplaren gilt ihre Wesenheit (essentia, forma, natura), doch haben nach konzeptualistischer berzeugung nicht alle Artexemplare an einer und derselben Wesenheit Anteil, sondern jedes Einzelding hat seine eigene, die freilich den Wesenheiten der brigen Artexemplare hnlich ist. Jede dieser hnlichen Wesenheiten ist als solche individuell, weil aber jede von ihnen dem Prdikationsallgemeinen, das nur eines ist, als Grundlage in der Sache dienen kann, neigt der Verstand dazu, sie alle zusammen als eine Einheit zu betrachten, die in mehreren Individuen zugleich existiert. Er schließt, wenn er zu weit geht, aus Aussagen wie „Peter ist ein Mensch“ und „Paul ist ein Mensch“ zu Unrecht, daß „Mensch“ in beiden etwas numerisch Identisches bedeutet. In Wirklichkeit bezeichnet aber „Mensch“ in Peter wie in Paul jeweils etwas verschiedenes Individuelles, und wenn man sagt, daß alle Wesenheiten der Artexemplare zusammen eine Einheit bilden, dann denkt man vernnftigerweise nicht an individuelle oder numerische Identitt, sondern nur an spezifische Identitt oder hnlichkeit. Sptere Autoren wie Gassendi, die Schwierigkeiten mit dem Ausdruck „Wesenheit“ haben, gehen in diesem Zusammenhang dazu ber, nicht mehr von Wesenheiten als Ursachen gemeinsamer Eigenschaften zu sprechen, sondern diese Eigenschaften einfach aufzuzhlen und sie zusammen als gemeinsame Natur zu bezeichnen; das wird bei Lockes Freund Boyle erçrtert, przisiert und begrndet. Locke trgt im Essay der alten wie der neuen Lage dadurch Rechnung, daß er Mengen von Ideen gemeinsamer Eigenschaften als nominale Wesenheiten bezeichnet. Bei Surez hat die Form oder Wesenheit bereits an systematischer Bedeutung verloren,17 wird aber noch als Ursache der Fhigkeiten und Eigenschaften verstanden, die Individuen mit anderen Individuen gemeinsam haben. A1f. Gegenstand der Sechsten Disputation ist das Reprsentations- und das Prdikationsallgemeine. Ttiger und empfangender Verstand. – Gegenstand der Sechsten Metaphysischen Disputation ist erstens das Reprsentationsallgemeine, das aus noch nicht in Urteile eingebundenen Vorstellungen oder Wçrtern besteht und deshalb unter dem Titel „absolutes (nichtrelatives) Allgemeines“ erscheint, und zweitens das Prdikationsallgemeine oder das Allgemeine der Gattungen und Arten, das Surez als relatives Allgemeines bezeichnet, weil sich Prdikate auf Subjekte beziehen. Surez nimmt an, daß das Allgemeine in beiden Bedeutungen vom Denken erzeugt wird. In der Metaphysik fhrt man Arten darauf zurck, daß zur 17 S. Vf. 1997; 29.

A1. Vorberlegungen

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Wesenheit der Gattung noch eine unterscheidende Bestimmung hinzutritt, die als spezifische Differenz bezeichnet wird; zum Beispiel entsteht die menschliche Art dadurch, daß zu der Gattungswesenheit ,Sinneswesen‘, an der alle sinnesbegabten Organismen teilhaben, noch die spezifische Differenz ,vernunftbegabt‘ hinzutritt; beide zusammen bilden die menschliche Artwesenheit ,vernunftbegabtes Sinneswesen‘. Alle Arten, die unter derselben Gattung stehen, haben gleichermaßen Anteil an der Gattungswesenheit, unterscheiden sich aber durch ihre spezifischen Differenzen. Menschen und Pferde gehçren zwar verschiedenen Arten an, stehen aber gleichermaßen unter der Gattung ,Sinneswesen‘ (animal); die Schuldefinition von „Mensch“ („Homo est animal rationale“) macht klar, daß Vernunftbegabung die menschliche Art von den brigen Arten der Sinneswesen unterscheidet. Solche Annahmen regen zu Fragen an. Was bedeutet es, daß die Artwesenheit Individuen wie Peter und Paul zu dem macht, was sie sind, und daß sie beide an ihr Anteil haben oder sie in sich enthalten? Wie unterscheiden sich die gemeinsamen Eigenschaften von Peter und Paul von deren individuellen Eigenschaften, und in welchem Sinn sind gemeinsame Eigenschaften gemeinsam? Um solche Fragen geht es bei der Universaliendiskussion, die Surez vorfindet. Einigkeit besteht ber den Grundsatz, daß das Allgemeine eine Einheit bildet, aber trotzdem die Fhigkeit hat, in mehreren Individuen zugleich zu sein (in multis unum). Surez entscheidet sich fr die Meinung, daß die Einheit des Allgemeinen keine wirkliche, sondern eine gedachte Einheit ist, die der menschliche Verstand erzeugt. Es gibt sie nicht von selbst, sondern nur dann, wenn der Verstand sie denkt. Bei diesem unterscheidet Surez nach aristotelischer Tradition den ttigen vom empfangenden Verstand (intellectus agens, intellectus possibilis), doch ist der ttige Verstand bei ihm wie bei den meisten Schulphilosophen insofern zu einem Relikt geworden, als er nicht mehr als kosmische Intelligenz, erleuchtender Logos oder gçttliches Vermçgen unseres Geistes,18 sondern nur noch als Fhigkeit zur Bildung von Verstandesvorstellungen betrachtet wird. Das Wort „empfangender Verstand“ bezeichnet dagegen die Fhigkeit, vom ttigen Verstand Verstandesvor-

18 Erinnerungen an frhere Deutungen sind in der Literatur nicht selten; s. zum Beispiel Carpenter, Philosophia libera, Oxford 1636, Decad. 2, exerc. 10; 208 – 209: „At Agens Intellectus sive statuatur Deus vel Intelligentia cum Averroistis quibusdam, sive potentia humani intellectus cum reliquis […]“, oder Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, disp. 25, thes. 1, n. 11; 66: „[…] sive fingatur substantia, quae sit ab anima separata, sive facultas, quae revera diversa sit ab eo intellectu, qui species intelligibiles recipit, et per eas intelligit.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

stellungen zu empfangen und mit ihnen zu operieren. Autoren wie Gassendi und Locke verwenden diese Unterscheidung nicht mehr. A1g. Abkehr von der Annahme eines ttigen Verstandes. – Diese Entscheidung hat sich in der Schulphilosophie seit lngerem vorbereitet. Schon Ockham distanziert sich von der Annahme, die Entstehung genereller Begriffe sei ein Werk des ttigen Verstandes. Er zeigt in seinem Sentenzenkommentar zunchst, daß die blichen Behauptungen ber die Beteiligung des ttigen Verstandes an der Entstehung genereller Vorstellungen falsch sind, und erklrt danach, daß Universalien ohne Beteiligung des Verstandes oder des Willens spontan (naturaliter) entstehen. Wenn jemand zum Beispiel zwei individuelle Weißen wahrnimmt oder sich vorstellt, dann verursachen diese beiden in ihm spontan (so wie das Feuer Wrme) einen dritten Vorstellungsakt, der ohne Beihilfe des Verstandes oder des Willens die allgemeine Vorstellung ,Weiße‘ erzeugt; und das ist gemeint, wenn man sagt, daß jemand ,Weiß‘ abstrahiert.19 Auch Autoren im schulphilosophischen Umfeld Lockes verzichten auf die Annahme eines ttigen Verstandes. Magirus erklrt es zwar fr notwendig, ihn anzunehmen, betont aber, daß er nach Wesen und Substanz mit dem empfangenden Verstand identisch und nur gedanklich von ihm verschieden ist; er entzndet sozusagen das Licht, in dem der empfangende Verstand Verstandesvorstellungen aktuell erkennt.20 Heftige Kritik ußert Nathanael Carpenter in der „Philosophia libera“, deren erste Auflage 1621 in Frankfurt am Main erschien.21 Er beginnt mit der Ankndigung, daß er wie Alexander 19 Ich zitiere den Wortlaut von Ockhams Sentenzenkommentar nach einer im 17. Jahrhundert zugnglichen Ausgabe. Ockham 1962, Bd. 4, l. 2.Sent., q. 25, O: „[…] aliquis videns albedinem intuitive vel duas albedines: abstrahit ab eis albedinem in communi ut est species: et non est aliud nisi quod illae duae noticiae incomplexae terminatae ad albedinem in singulari sive intuitive sive abstractive causant naturaliter sicut ignis calorem. unam tertiam noticiam, distinctam ab illis quae producit talem albedinem in esse obiectivo, qualis prius fuit visa in esse subjectivo sine omni activitate intellectus sive voluntatis: quia talia naturaliter causantur.“ 20 Magirus, Physiologia, Cambridge 1642, l. 6, c. 19, n. 41; 401: „Ex quibus constat, agentem intellectum summopere necessarium esse, qui tamen essentia et subjecto cum possibili idem est, differtque ab hoc tantum ratione, ut tanquam lumen efficiat, quo species intelligibiles actu intelligantur.“ 21 Carpenter, Philosophia libera, Oxford 1636, Decad. 2, ex. 10; 200: „Intellectus agens ad intellectionem non est necessarius“. Das Kapitel mit dieser berschrift reicht von S. 200 bis S. 224. Kenney 1959 erwhnt Carpenter und seine Polemik gegen die Annahme eines ttigen Verstandes auf S. 187 – 189.

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der Große den verwickelten gordischen Knoten des monstrçsen und fr die Erkenntnis ganz berflssigen ttigen Verstandes, den nur ein ungesunder Verstand erdichten konnte, mit seinem Schwert zerhauen mçchte.22 Seine einfallsreiche Argumentation richtet sich gegen die Annahme, der Verstand bedrfe zur Erkenntnis eines inneren oder ußeren Lichtes und kçnne weder etwas Singulres noch etwas Materielles perzipieren. „Ich ziehe den Schluß, daß kein bisher von Philosophen erfundenes Argument einen gesunden Menschen vom Unvermçgen des Verstandes berzeugt, etwas Singulres und Materielles zu perzipieren.“23 Entweder gibt es also den ttigen Verstand der Peripatetiker nicht, oder man muß ihn anders erklren.24 Nach Burgersdijck, der sich gemessener ußert, ist es berflssig, sich einen ttigen Verstand auszudenken, der nicht erkennt, sondern stattdessen Phantasmata oder Sinnesbilder durchleuchtet, damit die in ihnen enthaltenen allgemeinen Naturen zum Vorschein kommen.25 In einer anderen Schrift erklrt er, daß sich alle Schwierigkeiten, die bei der Annahme eines ttigen Verstandes entstehen, durch eine Behauptung vermeiden lassen, die nach Ansicht des Autors vollkommen wahr ist: Es gibt gar keinen ttigen Verstand, und man braucht ihn auch nicht.26 Das ist ein Schritt in Richtung auf Lockes Position, der freilich nicht zu einer radikalen Vereinfachung der Theorie fhrt, denn Burgersdijck lehrt im Einklang mit Zabarella, daß es die sinnlichen Phantasmata sind, die dem

22 Carpenter, Philosophia libera, Oxford 1636, Decad. 2, ex. 10; 200 – 201: „Ego exemplum secutus Alexandri Magni dissecare contendens Gordianum nodum, quem aegre possum solvere, Intellectum illum Agentem tot subtilitatum tendiculis irretitum uno vel altero ictu amputabo. Statuo enim mentem illam agentem ad intellectionem minime necessariam esse, sed fictitium et monstrum ab intellectu male sano editum.“ 23 Carpenter, Philosophia libera, Oxford 1636, Decad. 2, ex. 10; 203 – 204: „Quare concludimus nullam rationem a Philosophis adhuc inventam esse ita validam, quae homini sano suadere potest, singulare et materiale non ab intellectu percipi posse.“ 24 Carpenter, Philosophia libera, Oxford 1636, Decad., 2 ex. 10; 223 – 224: „Quare concludimus intellectum agentem Peripateticorum vel non omnino dari, vel saltem alio sensu esse explicandum.“ 25 Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, disp. 25, thes. 1, n. 11; 66: „Non ergo videtur necessarium, fingere intellectum agentem, cujus munus sit, non intelligere quidem, sed phantasmata illustrare; ut in iis appareant naturae universales, et cum phantasmatibus illustratis concurrere ad species intelligibiles producendas […]“. 26 Burgersdijck, Collegium physicum, Oxford 1664, d. 30, th. 9; 331: „Omnes hasce difficultates evitare possumus, si statuamus, quod ego verissimum arbitror, nullum esse intellectum agentem, nec eo esse opus […].“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

Verstand unsinnliche Verstandesvorstellungen einprgen.27 Dagegen lassen es Autoren wie Gassendi und Locke mit den Phantasmata als unmittelbaren Gegenstnden des Verstandes sein Bewenden haben28 und machen deutlich, daß sie keinen ursprnglichen Unterschied zwischen sinnlichen Vorstellungen und Verstandesvorstellungen akzeptieren. Am Ende schlgt Burgersdijck eine bessere Interpretation des Ausdrucks „intellectus agens“ vor, so wie es Carpenter gefordert hatte: Man darf den Verstand insofern als ttig bezeichnen, als er nach bermittlung eines Phantasmas in der Tat erkennt und einen Begriff in sich bildet.29 Weiter in Richtung auf Locke geht Sanderson: Der Verstand erkennt alles, was nicht er selbst ist, durch Wahrnehmungsbilder oder Phantasmata, die in der Einbildungskraft gebildet, an den Verstand bermittelt und von ihm rezipiert und erkannt werden. Erkennen ist also teils rezeptiv, denn der Verstand rezipiert sinnliche Vorstellungen, und teils aktiv, denn er erkennt und beurteilt sie; und so erklrt sich die Unterscheidung des Verstandes in einen ttigen und einen empfangenden Verstand. Aber dadurch wird er nicht wie eine Gattung in Arten, sondern wie ein einziges Ding in verschiedene Zustnde seiner selbst unterteilt.30 A1h. Direkte und reflexe Ttigkeit des empfangenden Verstandes. – Nach Surez verwandelt der ttige Verstand sinnliche Vorstellungen (species 27 Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, d 25, thes. 1, n. 8; 65 – 66: „Ad intellectionem non sufficit, phantasmata, id est, species rerum singularium in sensu interno formatas, intellectui objici; sed requiritur praeterea, ut species intelligibiles intellectui imprimantur, non solum universalium, sed etiam singularium. Conimb. lib. 3 de anima, cap. 5 qu. 3. et 4. Tol. ib. qu. 21. Zab. de spec. intel. cap. 5.“ 28 Fr Gassendi s. zum Beispiel Phys. 3/2.9.3; II 448b, 7 – 11: „Videtur itaque Mens nostra, donec degit in corpore, non aliis vti intelligibilibus speciebus quam ipsis Phantasmatibus, iisque seu meris, seu ipsa vi Mentis veluti modificatis, applicatis, in habitum versis.“ 29 Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, disp. 25, thes. 1, n. 12; 66: „Potest tamen intellectus, agens dici, quatenus recepta specie, actu intelligit, et conceptum, sive verbum mentis in se format.“ 30 Sanderson, Physicae scientiae compendium, Oxford 1671, l. 4, c. 12, p. 2; 114: Der Verstand erkennt alles, nur nicht sich selbst, „per species suas vel phantasmata, quae efformata in Phantasia et ad intellectum quasi transmissa, ab eo recipiuntur et intelliguntur. Unde illud Arist. necesse est intelligentem speculari phantasmata. Hinc sequitur intellectionem partim passionem esse, quatenus species intelligibiles recipit; partim actionem, quatenus eas actu intelligit et dijudicat, proinde illa divisio Intellectus in Agentem et Patientem, non est ejusdem generis in diversas species, sed ejusdem rei in diversos modos.“

A1. Vorberlegungen

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sensibiles, phantasmata) in Verstandesvorstellungen (species intelligibiles) und stellt sie dem empfangenden Verstand zur Verfgung. Dieser operiert mit ihnen und gelangt mit ihrer Hilfe zu Erkenntnissen. Beim Erkennen kann er zwei Arten von Ttigkeiten ausben, denn er kann sich einerseits auf Gegenstnde und andererseits auf sich selbst und seine Vorstellungen beziehen. Wenn er sich auf Gegenstnde bezieht, dann spricht man von direkter Verstandesttigkeit, wenn er sich aber auf sich selbst oder auf seine Vorstellungen bezieht, dann spricht man von reflexer Verstandesttigkeit. Die eine fhrt zu Erkenntnissen wie „Wasser rauscht“, die andere zu Erkenntnissen wie „Die Vorstellung ,Peter‘ ist kein Gattungsbegriff“. Noch Burgersdijck unterscheidet hnlich: Der Verstand erkennt alles direkt, sich selbst aber indirekt, und zwar in einer reflexen Ttigkeit, durch die er seine eigenen Ttigkeiten und aus diesen sich selbst erkennt.31 Bei Magirus findet sich folgende Erluterung: Der Verstand erkennt nicht nur Individuelles und Allgemeines, sondern auch sich selbst, freilich nicht so wie materialisierte Dinge durch eine Vorstellung, sondern durch Reflexion.32 Eine hnliche Mitteilung findet sich in Sandersons Physik: Der Verstand erkennt sich selbst durch bloße Reflexion, aber alles andere, sei es nun materiell oder immateriell, allgemein oder singulr, durch Wahrnehmungsbilder oder Phantasmata.33 Nach Surez kann sich die reflexe Ttigkeit des Verstandes ausnahmsweise auch auf Gegenstnde richten, aber nur dann, wenn ihnen der Verstand eine Beschaffenheit oder Benennung zuschreibt, die ihnen bloß deswegen zukommt, weil er sie ihnen sozusagen andenkt („denkabhngige Eigenschaften von Gegenstnden“). Auf diese Weise schreibt ihnen der Verstand zum Beispiel die Zugehçrigkeit zu Gattungen und Arten zu, indem er sie zu Gattungs- oder Artbegriffen in Beziehung setzt, die er selbst erdacht hat.

31 Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, d. 25, th. 1, n. 14; 66 – 67: „Intellectus omnia intelligit directe, seipsum indirecte, atque actu quodam reflexo; sic, ut ex objecto actiones suas, ex actionibus seipsam [sic] agnoscat. Conimb. l. 3. de anima, cap. 8. qu. 7.“ 32 Magirus, Physiologia, Cambridge 1642, l. 6, c. 19, n. 23; 399: „Non haec autem [Individuelles und Allgemeines] intelligit tantum intellectus, sed etiam semetipsum, non quidem per speciem, sicuti caetera entia materiata, sed per reflexionem. [in margine: Scalig. exerc. 307.sect.9.].“ 33 Sanderson, Physicae scientiae compendium, Oxford 1671, l. 4, c. 12, p. 2; 114: „Intellectus intelligit seipsum per nudam reflexionem: reliqua vero omnia, sive materialia sive immaterialia, sive universalia sive singularia, per species suas vel phantasmata […].“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

A1i. Umfang der reflexen Ttigkeit. – Die reflexe Verstandesttigkeit erstreckt sich einerseits auf Vorstellungen und andererseits auf solche Gegenstnde, denen man denkabhngige Eigenschaften zugesprochen hat. Ein heutiges Beispiel fr eine denkabhngige Eigenschaft ist die Bezeichnung „Biedermeierautor“. Niemand ist von selbst ein Biedermeierautor. Er wird es erst dadurch, daß ihn ein Literaturhistoriker so klassifiziert; das kçnnte zum Beispiel bei Heinrich Hoffmann geschehen. Wenn demgegenber jemand die Ansicht vertritt, daß Heinrich Hoffmann kein Biedermeierautor, sondern ein Frhrealist ist, dann ndert sich an Heinrich Hoffmann und seinen Werken physisch nichts. Was sich dagegen ndert, ist Hoffmanns Plazierung in einem Klassifikationssystem, das der Verstand von Literaturhistorikern erdacht hat. Denkabhngige Eigenschaften, die Dinge nicht von selber haben, sondern die der Verstand zu ihnen hinzudenkt und ihnen sozusagen andenkt, bezeichnet man in der Schulsprache als ußere Benennungen oder schlicht als Benennungen (denominationes). Nach den Regeln dieser Sprache ist Heinrich Hoffmann ein Ding (res), und Dinge sind grundstzlich Gegenstnde der direkten Verstandesttigkeit. Sofern sie der Verstand jedoch mit ußeren Benennungen versieht, werden sie darber hinaus zu Gegenstnden der reflexen Verstandesttigkeit, denn ußere Benennungen kommen ihnen nicht von Natur aus, sondern erst durch die Arbeit des Verstandes zu. Der Ausdruck „denominatio extrinseca“ ist auch Schulphilosophen im Umfeld Lockes gelufig. Du Trieu, den Locke benutzt hat, spricht von ußerlich benennenden konkreten Ausdrcken, die Dingen zugesprochen werden, in welchen die Form, die sie bezeichnen, gar nicht ist.34 Burgersdijck expliziert ausfhrlicher, nicht ohne auf die Verwandtschaft von Denomination und Relation anzuspielen: Eine ußere Benennung ist ein Attribut, das anzeigt, daß etwas, welches nicht in einem Ding ist, zu diesem in Beziehung steht.35 Er weist auf die Bedeutung von Benennungen fr die Lehre vom Allgemeinen der Gattungen und Arten hin: Ohne die benennende Ttigkeit des Verstandes gbe es keine Einheit der Gattungen und Arten (allgemeine Einheit), denn es ist der Verstand, der sie herstellt. Er spricht Dingen die Zugehçrigkeit zu Arten mit Hilfe ußerer Benennungen zu, die ihr Recht von der Einheit des 34 Du Trieu, Manuductio, Oxford 1678, p. 1, tr. 1, c. 1, a. 6, n. 2; 12: „Terminus Concretus extrinsece denominans est, qui tribuitur ei, in quo non est forma per ipsum significata; ut, videri, vel, visum esse.“ 35 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 4, th. 7; 29: „Denominatio externa, est attributum, denotans id quod in subjecto non est; ad illud ordinatum esse.“

A1. Vorberlegungen

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Begriffes nehmen, welcher von den individuellen Differenzen abstrahiert und daher mehrere Individuen derselben Art reprsentieren kann.36 Mit dieser Przisierung steht Burgersdijck in der Nhe Lockes, doch geht er auf den Akt der Benennung nicht nher ein. A1j. Nach Surez erzeugt der empfangende Verstand das absolute und das relative Allgemeine. – Auch Surez macht klar, daß das Allgemeine nicht von selbst da ist, sondern auf Ttigkeiten des Verstandes zurckgeht. Des nheren wird es nicht vom ttigen, sondern vom empfangenden Verstand erzeugt, und zwar das Allgemeine der Begriffe und Wçrter im Weg der direkten und das Allgemeine der Gattungen und Arten im Weg der reflexen Verstandesttigkeit. Das Allgemeine der Begriffe und Wçrter besteht aus noch nicht in Urteile eingebundenen („inkomplexen“) generellen Begriffen und Wçrtern. Beim Allgemeinen der Gattungen und Arten verbindet der Verstand allgemeinere Vorstellungen oder Namen wie „Mensch“ oder „Substanz“ mit weniger allgemeinen („Peter ist ein Mensch“, „Menschen sind Substanzen“). Die erste dieser Kombinationen teilt mit, daß Peter zur Art ,Mensch‘ gehçrt, und die zweite macht klar, daß die Exemplare der Art ,Mensch‘ zur Gattung der Substanzen gehçren. Arten beruhen auf einer Relation zwischen Individuen und Artwesenheiten und Gattungen auf einer Relation zwischen Arten und Gattungswesenheiten. Generelle Termini als solche stehen dagegen noch nicht in Relationen; sie sind inkomplex, das heißt, sie sind noch nicht mit anderen Termini verbunden, und deshalb bezeichnet man sie auch als absolutes, das heißt, als nichtrelatives Allgemeines.37 Wenn der empfangende Verstand eine abstrakte Vorstellung bilden will, dann muß er zuerst einen Gegenstand ins Auge fassen, den die von ihm geplante abstrakte Verstandesvorstellung reprsentieren soll; er muß zum Beispiel Peter ins Auge fassen, wenn er die abstrakte Vorstellung ,Mensch‘ bilden will, und Peter erfaßt er mit seiner direkten Ttigkeit. Dagegen bildet er das relative Allgemeine im Rahmen seiner reflexen Ttigkeit, denn dabei geht er nicht von Einzelgegenstnden, 36 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 13 (Druck: c. 14), th. 5; 77: „Vnitas universalis non est in rebus ante mentis operationem, sed per mentis operationem fit, rebusque tribuitur per denominationem externam, quae sumpta est ab unitate conceptus, plura individua ejusdem speciei in unitate formali, id est, abstracta a differentia individuali, repraesentantis.“ 37 Surez, DM 6.6.8; 227a, 21 – 26: „[…] advertendum est universale dupliciter posse a nobis concipi vel denominari. Primo, ut quid absolutum secundum esse, quod potest relationem aliquam fundare. Secundo, ut relativum secundum esse, dicens ordinem ad inferiora.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

sondern von allgemeinen Vorstellungen aus. Des nheren richtet er sich auf allgemeine Vorstellungen als solche oder auf allgemeine Vorstellungen unter dem Aspekt ihrer Beziehung zu Individuen:38 Wenn er sagt, daß die Art ,Rosen‘ zur Gattung der Pflanzen gehçrt, dann richtet er sich nur auf allgemeine Vorstellungen, aber wenn er sagt, daß Peter zur Art ,Mensch‘ gehçrt, dann setzt er die allgemeine Vorstellung ,Mensch‘, die kein unmittelbares dingliches Korrelat hat, in Beziehung zu einem Individuum. In „Peter ist ein Exemplar der Art A“ bezeichnet „Peter“ etwas unmittelbar Gegenstndliches, aber Wçrter wie „Art A“ bezeichnen nicht etwas unmittelbar Gegenstndliches, dem man begegnen kann, sondern nur die Vorstellung ,Art A‘, die der Verstand gebildet hat. Weil man sich bei der Bestimmung Peters als eines Exemplars der Art A auf die Verstandesvorstellung ,Art A‘ bezieht, ist „Exemplar der Art A“ eine ußere Benennung (denominatio), die nach Surez auf reflexer Verstandesttigkeit beruht. Sie geht auf eine reflexe Verstandesttigkeit zurck, bei der der Verstand eine Vielheit von Individuen aufgrund ihrer Zuordnung zu einer abstrakten Vorstellung als Einheit denkt.

A2. Zwei Arten von Abstraktion A2a. Erste von Surez referierte Meinung: Der ttige Verstand prgt dem empfangenden Verstand abstrakte Verstandesvorstellungen ein. – Surez schließt sich der Gepflogenheit an, zwei Arten von Abstraktion zu unterscheiden. Von diesen erzeugt die erste das absolute und die zweite das relative Allgemeine. Im Zusammenhang mit der ersten Art von Abstraktion erçrtert Surez drei konkurrierende Theorien.39 Sie alle gehen von einer Meinung aus, die Autoren wie Gassendi und Locke nicht mehr teilen, 38 Surez, DM 6.6.1; 223b, 36 – 49: „Oportet autem breviter distinguere duplicem intellectum, agentem, et possibilem; illius munus est efficere species intelligibiles; hujus operari, et intelligere per illas; habet autem duplicem operationem (praetermissis aliis quae ad praesens institutum non spectant): una vocatur directa, qua directe tendit in rem quam species intelligibilis repraesentat, et ad quam ducit intellectum per se ac simpliciter. Alia vocatur reflexa, qua intellectus revolvitur supra priorem cognitionem, vel supra objectum ejus, secundum eas conditiones vel denominationes quas ex cognitione accipit.“ 39 Surez, DM 6.6.2; 223b, 51 – 224a, 4: „Tres igitur in hac re possunt esse opiniones; prima est, universale fieri per operationem intellectus agentis, quae antecedit omnem operationem intellectus possibilis, et consistit in productione speciei intelligibilis repraesentantis naturam praecisam, et abstractam ab omnibus individuis […]“.

A2. Zwei Arten von Abstraktion

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nmlich von der Meinung, daß der ttige Verstand Sinnesvorstellungen (species sensibiles) in Verstandesvorstellungen (species intelligibiles) umwandelt, damit sie Gegenstnde des empfangenden Verstandes werden kçnnen. Viele Schulphilosophen im Umfeld Lockes teilen diese Meinung noch, aber Burgersdijck erklrt, daß der sogenannte empfangende Verstand seine allgemeinen Vorstellungen nicht von dem sogenannten ttigen Verstand empfngt, sondern von den Phantasmata; dabei ergibt sich die Schwierigkeit, daß Verstandesvorstellungen immateriell und Phantasmata materiell sind. Burgersdijck behebt sie durch die Annahme, daß sich Verstandesvorstellungen mehr nach der Substanz, in der sie entstehen, als nach der Beschaffenheit der Phantasmata richten: Genau so, wie ein silbernes Siegel dem Siegelwachs ein wchsernes und kein silbernes Abbild einprgt, prgt ein materielles Phantasma dem immateriellen Verstand eine immaterielle und keine materielle Vorstellung ein.40 Die Vertreter der ersten von Surez referierten, aber nicht akzeptierten Meinung nehmen dagegen an, daß Verstandesvorstellungen schon von Natur aus allgemein sind, weil Individuelles kein Gegenstand des Verstandes, sondern ein Gegenstand der Sinnlichkeit ist. Nach diesen Autoren erzeugt der ttige Verstand allgemeine Vorstellungen und prgt sie dem empfangenden Verstande ein, und dieser operiert mit ihnen. Surez weist auf eine Konsequenz der ersten Meinung hin: Wenn der ttige Verstand tatschlich nur allgemeine Vorstellungen denken kçnnte und wenn das Individuelle lediglich ein Gegenstand der Sinne wre, dann wre das Allgemeine kein Produkt des empfangenden Verstandes, sondern es wre ihm vorgegeben. A2b. Zweite von Surez referierte Meinung: Der ttige Verstand prgt dem empfangenden Verstand singulre Verstandesvorstellungen ein. – Die Vertreter der von Surez akzeptierten Zweiten Meinung behaupten, daß die Vorstellungen, die der ttige Verstand erzeugt, ursprnglich singulr sind und daß sie erst durch die Verstandesttigkeit der Abstraktion, die der empfangende Verstand vollzieht, zu etwas Allgemeinem werden. Das Allgemeine der Begriffe entsteht also nicht schon durch eine Ttigkeit des ttigen Verstandes, sondern die Vorstellung, die der ttige Verstand dem 40 Burgersdijck, Collegium physicum, Oxford 1664, d. 30, th. 9; 331 – 332: „Quid enim causae esse dicas, cur phantasmata rerum singularium species non imprimant intellectui? At enim materialia sunt phantasmata et species immateriales. Quid tum? species sequuntur magis conditionem subjecti, in quo sunt, quam ejus rei a qua alicui subjecto imprimuntur. Itaque sicut argenteum sigillum ceream imaginem imprimit cerae, ita fieri potest, ut materiale phantasma indat intellectu[i] immaterialem imaginem, sive speciem.“

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empfangenden Verstand bermittelt („einprgt“), reprsentiert zunchst dasselbe Individuum, das schon die Sinnesvorstellung reprsentierte. Daß auch der Verstand singulre Vorstellungen bilden kann, zeigt die Erkenntnis Gottes und der Engel, die keine Sinnlichkeit, aber trotzdem Informationen ber Individuen haben. Gegen die Meinung, daß die immateriellen Vorstellungen, die der ttige Verstand dem empfangenden Verstand bermittelt, ursprnglich singulr sind, sprechen also keine gewichtigen physikalischen Grnde; „Physik“ bedeutet hier noch: Lehre von den Kçrpern und Geistern. Die Meinung, daß auch Verstandesbegriffe ursprnglich singulr sind, paßt nach Surez am besten zu den Umstnden der menschlichen Erfahrung und zur natrlichen Ordnung der menschlichen Erkenntnis, die immer mit dem Einzelnen beginnt; und letzten Endes paßt sie auch am besten zum Zweck des ttigen Verstandes: Er hat den empfangenden Verstand mit etwas zu versorgen, das Sinnesinformationen ber Einzeldinge so hnlich wie mçglich ist.41 A2c. Auch Verstandesvorstellungen sind ursprnglich singulr. – Nach der Zweiten Meinung ber die Entstehung des absoluten Allgemeinen, der sich Surez anschließt, entstehen allgemeine Verstandesbegriffe durch den empfangenden Verstand, und zwar durch seine direkte Ttigkeit, das heißt, im Rahmen seiner Dingerkenntnis. Der Verstand kann immer nur von realen Dingen ausgehen, und die sind stets individuell; reflexe Verstandesttigkeiten werden erst mçglich, wenn es direkte Verstandesttigkeiten gibt, und selbst fiktive Entitten (entia ficta) kann man nur im Rckgriff auf wirkliche Entitten denken.42 Der Verstand muß sich also letztlich auf 41 Surez, DM 6.6.7; 226b, 40 – 227a, 6: „[…] Omitto primam illam sententiam procedere ex falsa hypothesi; simpliciter enim verius est, speciem impressam ab intellectu agente non abstrahere a repraesentatione ejusdem individui repraesentati in phantasmate, sed solum a materialitate reali et entitativa ipsius phantasmatis, sine qua esse potest repraesentatio ejusdem individui, quantumvis materialis; hanc enim non repugnat esse aut fieri per formam seu qualitatem aut entitatem spiritualem, ut in Angelis et in Deo ipso patet. Quod si non repugnat, nulla potest afferri physica ratio, ob quam non possit talis forma vel species ab intellectu agente fieri; sine ratione autem id negandum non est, cum hoc sit magis consentaneum, et variis experimentis, et naturali ordini cognoscendi, et fini et activitati naturali ipsius intellectus agentis, qui ad hoc datur ut media actione spirituali intellectum possibilem reddat similem repraesentationi phantasmatis, quantum potest […]“. 42 Surez, DM 6.7.2; 229a, 35 – 40: „Quia vero cognitio intellectus incipit necessario a realibus entibus, tum quia operatio reflexa supponit directam, tum etiam quia ficta entia non concipiuntur, nisi per aliquam habitudinem, vel proportionem ad vera entia […].“

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die Sinne sttzen. Vertreter der von Surez empfohlenen Meinung konzedieren zwar, daß unsinnliche Verstandesvorstellungen, die der ttige Verstand erzeugt, etwas anderes sind als Sinnesvorstellungen. Sie behaupten aber zugleich, daß auch Verstandesvorstellungen zunchst singulr sind und erst durch Abstraktion zu allgemeinen Vorstellungen werden. Der ttige Verstand verwandelt also nicht etwa singulre Sinnesvorstellungen in allgemeine unsinnliche Verstandesvorstellungen, sondern er verwandelt singulre Sinnesvorstellungen in unsinnliche Verstandesvorstellungen, die ebenfalls singulr sind. Er befreit zwar Sinnesvorstellungen von ihrer Materialitt, lßt sie aber nach wie vor denselben individuellen Gegenstand reprsentieren, erzeugt also Vorstellungen, die zugleich singulr und immateriell sind.43 Aus diesen kann spter der empfangende Verstand, wenn er will, allgemeine Vorstellungen bilden. A2d. Zwei Verfahren zur Verallgemeinerung von Vorstellungen. Abstraktion im ersten Sinn: Der empfangende Verstand abstrahiert im Rahmen seiner direkten Ttigkeit aus singulren Vorstellungen das absolute Allgemeine. – Der Verstand kann erstens dadurch zu allgemeinen Vorstellungen gelangen, daß er mit seiner direkten Ttigkeit die gemeinsame Natur in einem Einzelgegenstand fr sich betrachtet, indem er die individuellen Bestimmungen bersieht;44 er betrachtet also von miteinander verbundenen Dingen das eine, ohne das andere zu betrachten; Locke wird das als partielle Betrachtung bezeichnen. Diesen Vorgang bezeichnet man in der Schulphilosophie als przisive Abstraktion, und darauf spielt Surez mit der Wendung „secundum suam praecisam rationem formalem“ an. Die Ttigkeit, bei der man an einem Ding das eine betrachtet und das andere nicht, bezeichnet Surez als Abstraktion im ersten Sinn; sie hngt eng mit der Erfahrung zusammen, denn es handelt sich um eine Form der Anschauung 43 Surez, DM 6.6.3; 224b, 6 – 16: „Quo fit ut, juxta hanc sententiam, intellectus agens non abstrahat universale a singularibus, solumque dicatur abstrahere speciem intelligibilem a phantasmate, quia separat illam a conditionibus materiae, quantum ad esse reale illius, non vero quantum ad objectum quod repraesentat; producit enim speciem spiritualem et immaterialem in entitate sua, repraesentantem eamdem numero rem individuam, quam repraesentat phantasma […].“ 44 Surez, DM 6.6.3; 224a, 40 – 49: „Secunda opinio est, universale non fieri ab intellectu agente, sed a possibili per operationem directam, qua cognoscit naturam communem secundum suam praecisam rationem formalem et essentiam, nihil de inferioribus rationibus, vel de individuis considerando, neque etiam formaliter et quasi in actu signato considerando communitatem ipsius naturae, sed solum essentiam, quae communis est.“

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von Gegenstnden, bei der die individuierenden Merkmale sozusagen ausgeblendet werden.45 Diese Art des Abstrahierens durch einen filternden attentionalen Akt fllt deshalb unter die direkte Ttigkeit des Verstandes, weil sie sich nicht auf Vorstellungen von Gegenstnden, sondern unmittelbar auf Gegenstnde bezieht, obgleich sie deren individuelle Bestimmungen bergeht.46 Wenn man an Peter dessen individuierende Eigenschaften bergeht, dann erhlt man die Vorstellung einer menschlichen Natur, die nicht mehr individuell ist.47 Sie existiert nicht unmittelbar als solche, sondern ist nur ein Begriff, der ein Individuum abstrakt und unvollstndig reprsentiert, sozusagen eine defiziente Vorstellung, nmlich der nicht vollstndig gedachte Begriff eines Individuums. Es handelt sich um eine Restvorstellung, die aus dem besteht, was man brig behlt, wenn man beim Begreifen eines Individuums dessen individuelle Bestimmungen bergeht. Bei der przisiven Abstraktion beseitigt man die individuierenden Bestimmungen nicht physisch, sondern attentional, indem man sie nicht beachtet; trotzdem dienen als Ausdrcke fr diese Ttigkeit oft Wçrter wie „abstrahere“ (abreißen) und „praescindere“ (abschneiden). Surez verwendet außer dem Infinitiv „praescindere“ auch „praecisio“ (Abschneidung) und „praecisus“ (abgeschnitten). A2e. Formale Einheit. – Die fr sich betrachtete Natur oder Wesenheit eines Individuums bildet nach Surez eine Einheit, die als Einheit der Form oder als formale Einheit (unitas formalis) bezeichnet wird. Denkt man bei der Bildung des absoluten Allgemeinen oder des Allgemeinen der Begriffe eine Natur oder Wesenheit so vollstndig, daß sie schon eine spezifische Differenz enthlt, dann wird sie zum Prinzip der formalen Einheit der Art, auf der die Einheit der Definition beruht („Definitio fit per genus proximum et differentiam specificam“.). Wird sie dagegen so unvollstndig gedacht, daß sie noch nicht durch eine spezifische Differenz bestimmt ist, dann wird

45 Surez, DM 6.7.2; 229a, 40 – 43: „[…] ideo recte etiam dicitur, ea universalia esse entia realia, quae per directam operationem intellectus abstrahi possunt.“ 46 Surez, DM 6.6.9; 227b, 29 – 33: „Universale igitur priori modo conceptum fit per directam operationem intellectus, quae praecise et abstracte concipit naturam communem absque differentiis contrahentibus […]“. 47 Surez, DM 6.6.11; 228a, 45 – 52: „Primo enim abstrahi potest natura communis per puram praecisionem naturae ab uno inferiori absque ulla comparatione, vel superioris conceptus ad aliquem inferiorem, vel ipsorum inferiorum inter se, ut quando a solo Petro simpliciter praescindo individuantes proprietates, et sisto in humanae naturae consideratione.“

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sie zum Prinzip der formalen Einheit der Gattung.48 Ein Gattungsbegriff ist fr Surez ein unvollstndig gedachter Artbegriff, der seinerseits ein unvollstndig gedachter Individuumsbegriff ist. A2f. Abstraktion im zweiten Sinn: Der empfangende Verstand bildet das relative Allgemeine, indem er Individuen mit Artbegriffen vergleicht und sie daraufhin Arten zuweist. – Whrend der Verstand durch die erste Art zu abstrahieren das absolute Allgemeine beziehungsweise das Allgemeine der Vorstellungen erzeugt, das aus abstrakten Begriffen besteht, entsteht durch die zweite Art zu abstrahieren, die auch als comparatio bezeichnet wird, das relative Allgemeine der Gattungen und Arten. Die Ttigkeit des Verstandes bei der comparatio besteht nach Surez darin, daß er mehrere Individuen miteinander vergleicht und dabei erkennt, daß sie in Hinsicht auf ihre Natur einander hnlich sind.49 Weil man bei Substanzen nach allgemeiner peripatetischer Lehre nicht die Wesenheit selbst, sondern nur deren Wirkungen und Eigenschaften wahrnimmt, ist die Vorstellung einer mehreren Individuen gemeinsamen Natur oder Wesenheit zunchst nur die Vorstellung der Ursache ihrer gemeinsamen Eigenschaften oder Wirkungen. Das spricht S´miglecki deutlich aus: Die Bedeutung eines Namens entsteht durch Einsetzung; bei der Einsetzung richtet sich der Einsetzende nach einem Begriff in seinem Verstand, aber die Wesenheit eines Dings, so wie es an sich ist, erkennt niemand vollkommen. Man erkennt sie vielmehr nur undeutlich, sofern sie sich durch Akzidentien oder Wirkungen zu erkennen gibt oder sofern sie in einem Verhltnis zu anderen Dingen steht.50 Um die Wesenshnlichkeit von Individuen zu bemerken, muß nach Surez der Verstand den abstrakten Begriff der Natur, mit dem er die betreffenden Individuen vergleicht, schon durch die erste Art von Abstraktion erworben 48 Surez, DM 6.11.4; 248b, 2 – 12: „Dicendum ergo est, in universum loquendo, principium formalis unitatis esse totam rei essentiam et naturam, diverso tamen modo, nam unitatis genericae principium est ipsa natura, ut ulterius est perfectibilis seu determinabilis, seu ut habet convenientiam et similitudinem cum aliis in aliquo gradu potentiali, seu amplius determinabili. Unitatis autem specificae seu differentiae est eademmet natura secundum ultimam perfectionem essentialem suam.“ 49 Surez, DM 6.6.12; 228 b, 6 – 10: „Secundo abstrahi potest natura communis per comparationem singularium, seu inferiorum inter se, ut quando conferendo Petrum cum Paulo, cognosco eos esse inter se similes in natura humana.“ 50 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 12, q. 3; 442: „[…] significatio nominis oritur ex impositione, impositio ex conceptu imponentis: atqui nullus hominum perfecte essentiam vllius rei, vt in se est, intelligit, sed solum in confuso per connotationem accidentium vel effectuum, aut per proportiones cum aliis rebus […]“.

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haben;51 dieser Begriff wird durch die Vergleichung nicht erzeugt, sondern nur bereichert, und zwar um die Vorstellung seiner Beziehung zu mehreren Individuen. Man kann erst sagen, daß die Natur von Peter der Natur von Paul gleicht, wenn man vorher den Begriff der Natur durch Abstraktion im ersten Sinn ermittelt hat. Danach begreift der Verstand, daß Peter und Paul im Menschsein einander hnlich sind und daß sich das Prdikat „Mensch“ zu Peter und Paul wie etwas Allgemeines zu etwas Besonderem verhlt. Dadurch entsteht im Verstand oder vielmehr in seinem Gegenstand das Verstandesverhltnis von einem Gemeinsamen und vielen an ihm Teilhabenden52 Auf diese Weise wird durch die zweite Art der Abstraktion der bergang zum relativen Allgemeinen vollzogen. Fr die Meinung, daß das relative Allgemeine das absolute Allgemeine voraussetzt und daß es dieses um eine gedachte Relation bereichert, wird sich auch Locke entscheiden. Doch geht es bei Surez noch um gemeinsame Naturen als Ursachen gemeinsamer Eigenschaften und Wirkungen, whrend sich Gassendi und Locke mit Sammlungen gemeinsamer Eigenschaften und Wirkungen begngen. A2g. Dritte von Surez referierte Meinung: Das sogenannte absolute Allgemeine ist in Wirklichkeit nicht allgemein. – Die Vertreter der Dritten Meinung behaupten schließlich, daß das sogenannte absolute Allgemeine, nmlich abstrakte Vorstellungen und generelle Namen, in Wirklichkeit nicht allgemein ist, denn Allgemeinheit beginnt nach ihnen erst beim relativen Allgemeinen, dem Allgemeinen der Gattungen und Arten. Surez lehnt diese Meinung ab, und auch Locke wird spter, obgleich es sich nicht 51 Surez, DM 6.6.12; 228 b, 10 – 14: „Quae comparatio supponit priorem praecisionem, nam supponit de utroque singulari cognosci esse talis naturae, unde supponit conceptum talis naturae, ut praescinditur a singulis individuis.“ 52 Surez, DM 6.6.12; 228 b, 15 – 36: „Unde per hanc comparationem solum additur cognitio convenientiae, et similitudinis plurium inferiorum in tali abstracta et praecisa natura. Haec autem comparatio ulterius potest subdistingui, quatenus per eam considerari potest vel sola habitudo particularium inter se, ut inter se habent habitudinem similium, et haec comparatio ut sic non pertinet ad constitutionem universalis, sed ad considerationem cujusdam relationis mutuae inter ipsa particularia. Vel quatenus per eam consideratur habitudo naturae communis ad particularia, in quibus existit. Postquam enim intellectus apprehendit Petrum et Paulum esse similes in esse hominis, rursus considerat hoc praedicatum, homo, habere se ad Petrum et Paulum, ut quid commune ad particularia; et in hac consideratione videtur consummari ratio universalis, etiam respectivi; per eam enim consurgit in mente, vel potius in re menti objecta, habitudo rationis unius rei communis ad plura.“

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von selbst versteht, bereits abstrakte Ideen und deren Namen als generell bezeichnen und lediglich den auch unter Schulphilosophen blichen Vorbehalt machen, daß sich „generell“ hier nicht auf das Sein, sondern nur auf die Reprsentationsleistung bezieht. Surez distanziert sich von Autoren, nach denen zur Entstehung von etwas wirklich Allgemeinem mehr gehçrt als nur ein Abstraktionsakt. Die abstrahierende Ttigkeit des empfangenden Verstandes reicht zur Bildung des relativen Art- oder Gattungsallgemeinen nicht aus, doch bringt sie immerhin das absolute Allgemeine hervor, das man mit Recht als allgemein bezeichnet.53 Denn erstens lßt sich das Allgemeine nicht nur als etwas Relatives denken. Zum Beispiel wre die menschliche Substanz allgemein, aber nicht relativ, wenn der Mensch als solcher, wie Platon annahm, ohne Individuation als universale ante rem existierte. Das tut er zwar nicht, aber die Tatsache, daß Platon das meinte, beweist zumindest, daß man das Allgemeine ohne Widerspruch als etwas Nichtrelatives denken kann.54 Es gibt jedoch noch weitere Grnde, das Allgemeine der Begriffe und Wçrter fr etwas wirklich Allgemeines zu halten. Sobald man die Wesenheit oder abstrahierte Natur fr sich begreift, gibt man ihr eine Art gedanklicher Einheit, die sie vorher nicht hatte, nmlich formale Einheit. Denn sie wird nun als etwas erkannt, das man, wenn es bleiben soll, was es ist, nicht mehr in Teile zerlegen kann.55 Das kann man sich am Beispiel der Definition von „Mensch“ klarmachen, die eine spezifische und eine generelle Komponente enthlt, nmlich „vernunftbegabt“ und „Sinneswesen“. Keine davon reprsentiert, fr sich genommen, die Wesenheit des Menschen angemessen, denn die 53 Surez, DM 6.6.11; 228a, 52 – 228b, 5: „Et per hanc notitiam pure praecisivam putant aliqui nullum universale fieri. Verius tamen est per eam etiam fieri universale absolutum, juxta ea quae de secunda opinione diximus. Nam hoc etiam probant rationes factae; quanquam haec notitia non sufficiat ad cognoscendam in natura sic concepta universalitatem seu superioritatem, quam habet, ut jam dicam.“ 54 Surez, DM 6.6.8; 227a, 26 – 29 und 41 – 43 sowie 227b, 3 – 9: „Primo modo intelligeretur substantia universalis, si esset homo a parte rei subsistens separatus ab omni contractione, juxta Platonicam opinionem; […] hoc solet vocari ab aliquibus universale ante rem; quod si esset, absolutum esset; tamen revera nullum est. […] Haec ergo exempla, quamvis vera non sint, declarant tamen, conceptum universalis ut sic, non esse conceptum rei relativae secundum esse, sed rei absolutae habentis modum talem essendi, in quo habeat indifferentiam, et aptitudinem essendi in multis.“ 55 Surez, DM 6.6.9; 227b, 49 – 51: „[…] in natura sic concepta est nova unitas rationis, quia habet unum conceptum objectivum indivisibilem in plures similes […]“.

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eine reprsentiert nur Sinneswesen, zu denen auch die Tiere gehçren, und die andere nur vernunftbegabte Wesen, zu denen auch Gott und die Engel gehçren. Die Definition von „Mensch“ ist also nicht in Teile zerlegbar, die dasselbe reprsentieren wie die ungeteilte Definition. ber diese Unteilbarkeit hinaus gewinnt die abstrahierte Natur, wenn man sie bei Surez’ zweiter Art zu abstrahieren mit der Natur in anderen Individuen vergleicht, auch noch die Eignung hinzu, in mehreren Individuen zugleich zu sein und von ihnen ausgesagt zu werden. Mit dieser Eignung beschftigt man sich auf der Stufe des absoluten Allgemeinen noch nicht, aber der Sache nach ist sie in der abstrahierten Natur bereits vorhanden, und zwar als eine vorerst noch verborgene Fhigkeit. Erst bei der zweiten Art zu abstrahieren bemerkt der Verstand, daß die abstrahierte Natur zugleich in vielen Individuen sein und von ihnen ausgesagt werden kann, aber diese Fhigkeit hatte sie unabhngig davon auch schon vorher. Wenn Allgemeinheit laut Definition eine Art von Einheit mit der Fhigkeit ist, zugleich in vielen zu sein, dann fehlt also der abstrahierten Natur, die man mit dem absoluten Allgemeinen erfaßt, nicht das Geringste von dem, was zu wirklicher Allgemeinheit erforderlich ist.56 A2h. Das Allgemeine ist nur ewig, sofern es sich in einem ewigen Verstand befindet. – Weil das Allgemeine durch Abstraktion im ersten Sinn entindividuiert und deshalb allen physischen Wechselfllen entzogen wird, stellt sich fr Surez die Frage, ob es ewig ist; Stellungnahmen zu dieser Frage im schulphilosophischen Umfeld Lockes, der zumindest nominale Wesenheiten fr unvernderlich hlt, werden spter erwhnt. Surez erklrt, daß nach Ansicht der nominales generelle Wçrter und Vorstellungen die eigentlichen Gegenstnde der Wissenschaft sind. Diese besteht aus allgemeinen und notwendigen, das heißt, aus unvernderlichen Aussagen, und deren Termini mssen ebenfalls unvernderlich sein, denn wenn sie vergehen oder sich ndern kçnnten, dann wre es mçglich, Aussagen der Wissenschaft abzundern oder aufzugeben. Surez erinnert daran, daß Platon Ideen fr ewige und unvernderliche Formen hielt, whrend Aristoteles stattdessen vermutlich sagen wrde, daß Universalien nur insofern ewig sind, als es von jeder Art stets Individuen gibt, in denen sich das Allgemeine fortpflanzt. Surez nimmt an, daß es in Wirklichkeit solche Individuen nicht immer gibt, denn in einer erschaffenen Welt, die nicht 56 Surez, DM 6.6.9; 227b, 51 – 54: „[…] habet etiam communitatem seu aptitudinem, ut insit multis, et de iis praedicetur; ergo nihil illi deest ad rationem universalis.“

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ewig ist, hat alles einen Anfang und ein Ende, und es gibt keine Universalien, die außerhalb von Individuen bestehen. Man darf also Universalien nicht in dem Sinn als ewig bezeichnen, als kçnnten sie ewig existieren. Ewig sind sie nur so, wie Wesenheiten ewig sind, nmlich ewig mçglich.57 Dagegen lßt sich einwenden, daß in demselben Sinn auch Individuen ewig sind, denn sie sind ebenfalls von Ewigkeit her mçglich, und auch ihre Wesenheiten sind als solche unvernderlich. Folglich kann man auch ber sie ewig wahre Aussagen bilden. Surez hlt diesen Einwand nicht fr abwegig, erinnert aber daran, daß man ber Individuen anders denkt und spricht als ber Universalien. Abstrakte Ideen sind radikal von Zeit und Ort, von jeder Vernderung und von Entstehen und Vergehen losgelçst,58 Individuen sind dagegen ttig und verndern sich; sie entstehen und vergehen zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten. Wenn man dagegen von Universalien wie ,Mensch‘ oder ,Sinneswesen‘ sagt, daß sie entstehen und vergehen, dann muß man sich vernnftigerweise nicht auf sie selbst, sondern auf die ihnen zugeordneten Individuen beziehen, denn der Mensch als solcher wird weder gezeugt, noch stirbt er. Universalien schreibt man also Entstehen und Vergehen nur insofern zu, als sie sich in entstehenden und vergehenden Individuen konkretisieren; Individuen schreibt man dagegen Entstehen und Vergehen zu, weil sie als solche entstehen und vergehen.59 Einige Autoren fgen hinzu, daß man Universalien auch 57 Surez, DM 6.7.7; 230b, 27 – 46: „Altera quaestio de universalibus definitur ex dictis, scilicet, an sint aeterna. Talia enim communiter existimantur, quia, cum sint objecta propria scientiarum, oportet necessaria et immutabilia esse et consequenter aeterna. Quomodo autem hoc intelligendum sit, non eodem modo ab omnibus explicatur. Plato enim hac ratione posuit ideas quae sunt formae aeternae, et immutabiles, ut Aristoteles refert. Ipse vero Aristoleles fortasse diceret in his rebus corruptibilibus universalia esse aeterna, quia nunquam desunt aliqua eorum singularia, in quibus ipsa subsistant. Nos autem supponimus haec singularia non semper esse, et extra illa non existere universalia: unde concludimus haec non posse dici aeterna, secundum realem existentiam quam extra suas causas habent. Dicuntur ergo haec universalia perpetua, secundum esse essentiae, seu potentiale.“ 58 Surez, DM 6.7.7; 230b, 46 – 231a, 4: „Dices: hoc modo etiam individua sunt aeterna, quia etiam ab aeterno sunt possibilia, et habent suas essentias immutabiles secundum esse essentiae. Unde de eis fieri etiam possunt propositiones, quae habeant perpetuam veritatem, prout abstrahuntur a tempore. Respondetur, quoad rem quidem ita esse, tamen in modo concipiendi et loquendi esse differentiam; nam universalia ut sic, hoc ipso quod a singularibus abstrahuntur, consequenter etiam a tempore et loco, et ab omni mutatione, inceptione et desitione separantur […]“. 59 Surez, DM 6.7.7; 231a, 11 – 26: „Hoc autem non convenit proprie in individuis; nam circa ea versantur actiones et mutationes, inceptiones et desitiones. Unde,

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

deshalb als ewig bezeichnen kann, weil sie unabhngig davon, ob sie sich in Individuen konkretisieren oder nicht, von Ewigkeit her ber formale Einheit und ber die Fhigkeit verfgen, in mehreren Individuen zugleich zu sein. Auch ihre brigen Eigenschaften kommen ihnen ewig zu, solange man fr die Copula „ist“ nicht die Bedeutung ,existiert in der Zeit‘ ansetzt. Surez akzeptiert diese Meinung nicht ohne Vorbehalt; nach ihm kann man Universalien, die sich nicht mehr, noch nicht oder nie in Individuen konkretisieren, zwar aufgrund des inneren Zusammenhangs ihrer Termini als notwendig und unvergnglich ansehen, aber nur unter der Voraussetzung, daß sie auf irgend eine Weise an sich sind. Das sind sie aber nur, sofern sie sich in einem ewigen Verstand befinden, der sie ewig denkt.60

A3. Das relative Allgemeine A3a. Das Allgemeine der Gattungen und Arten beruht auf einer gedachten Relation und entsteht durch die Vergleichung von Individuen mit einer abstrakten Idee. – Mit dem absoluten Allgemeinen ist das Allgemeine noch nicht zu Ende gedacht. Um es zu vollenden, muß der Verstand das Resultat der Abstraktion, die alles Individuelle von den Ideen abgeschnitten hat, durch Vergleichung in eine neue Beziehung zu Individuen setzen; diese Vergleichung hat Surez zuvor als zweite Art des Abstrahierens bezeichnet. Durch sie entsteht das relative Allgemeine oder das Allgemeine der Gatquamvis aliqua universalia sint generabilia et corruptibilia, ut homo, animal, et similia quae ex sua ratione formali secum afferunt talem potentiam, seu postulant talem modum inceptionis et desitionis, tamen hanc ipsam proprietatem non habent, nisi in ordine ad individua; homo enim ut sic, nec generari potest, nec corrumpi, dicitur tamen generabilis et corruptibilis, quia est talis naturae, ut non possit connaturali modo communicari individuis, nisi per generationem, ipsumque individuum, quod talem naturam participat, ex se sit subjectum corruptioni.“ 60 Surez, DM 6.7.7; 231a, 26 – 44: „Addunt etiam aliqui, universalia dici aeterna, quia unitas praecisionis, et aptitudo existendi in multis perpetuo illis convenit, etiam quando non existunt, eo modo quo aliae proprietates dicuntur eis perpetuo convenire, absolvendo copulam ab existentia temporis. Ita Fonseca, lib. 5, cap. 28, quaest. 8, sect. 3. Sed non video quomodo possit hoc esse verum, nisi fateamur aliquam universalitatem per se ac necessario convenire naturae; propositio enim, quae perpetuae veritatis dicitur, oportet ut sit necessaria ex connexione terminorum; non potest autem sic esse necessaria, nisi aliquo modo sit per se; et ideo existimo universalia non posse dici aeterna illo modo, nisi in ordine ad aliquem intellectum, qui aeternus sit, ut expresse dixit D. Thom., in dicta solutione ad secundum.“

A3. Das relative Allgemeine

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tungen und Arten, mit dem sich der Begriff des Allgemeinen vollendet.61 Bei der Frage, ob das relative Allgemeine etwas Wirkliches oder etwas Gedachtes ist, geht nach Surez die bessere Antwort davon aus, daß es in einer nur gedachten Relation besteht:62 Man denkt zu einem Individuum die Zugehçrigkeit zu einer Gattung oder Art hinzu. Von dieser gedachten Relation spricht Surez bei seiner Darstellung der zweiten Art zu abstrahieren. Das Allgemeine der Gattungen und Arten entsteht nicht wie das Allgemeine der Begriffe durch direkte Verstandesttigkeit, sondern durch reflexe, und zwar durch eine vergleichende Ttigkeit des empfangenden Verstandes, die deshalb als reflex zu bezeichnen ist, weil von dem zu Vergleichenden mindestens eins ein Begriff ist. Wenn der Verstand den abstrakten Begriff der Natur oder Wesenheit gebildet hat, dann vergleicht er ihn mit Dingen, in denen er existiert. Indem er sich dabei die abstrakte Natur als eine Einheit mit der Fhigkeit vorstellt, in mehreren Individuen zugleich zu sein und von ihnen ausgesagt zu werden,63 bringt er die Individuen, die an ihr Anteil haben beziehungsweise mit ihr bereinstimmen, in die gedachte Einheit einer Art. Diese Einheit tritt zur numerischen Einheit des Individuums und zur formalen Einheit der Wesenheit als allgemeine Einheit (unitas universalis) hinzu. A3b. Einheit in der Vielheit. – Wenn Schulausdrcke wie „gemeinsame Natur“, „gemeinsame Form“ oder „Wesenheit“ (natura communis, forma communis, essentia) fr etwas in einem Individuum stehen, dann bezeichnen sie etwas, das auf hnliche Weise auch in anderen Individuen zu finden ist. In der Fnften Disputation hat Surez gezeigt, daß jedes Individuum als solches ungeteilt und eines ist, also individuelle oder numerische Einheit hat. Sofern in jedem Individuum die Entsprechung zu 61 Surez, DM 6.6.10; 228a, 1 – 12: „[…] loquendo de relatione universalitatis prout a nobis concipitur ad modum relationis secundum esse, haec non potest resultare per solam abstractionem, sed eo modo quo est, fit per comparationem, quia, ut suppono, haec relatio non est realis, sed rationis; ergo non est in natura ipsa dum absolute et abstracte cogitatur, quia ex vi illius actionis, illa non refertur per intellectum, quia intellectus nondum comparat illam ad sua inferiora, neque etiam refertur realiter; ergo nondum est talis relatio.“ 62 Surez, DM 6.7.3; 229b, 28 – 32: „Posteriori autem modo loquendo de universali relative, seu de relatione universalitatis, satis ex dictis constat universale non esse ens reale, quia illa relatio non est realis, sed rationis.“ 63 Surez, DM 6.6.5; 225b, 3 – 9: „Tertia sententia est, universale fieri per notitiam comparativam, qua intellectus possibilis, postquam naturam praecise et abstracte apprehendit, confert illam sic conceptam cum rebus in quibus existit, et intelligit illam ut unum quid aptum ut sit in multis inferioribus, et de illis praedicetur.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

seiner abstrakten Natur ungeteilt und eine ist, besitzt es darber hinaus formale Einheit, denn seine Form oder Wesenheit ist ungeteilt.64 Individuen verfgen immer ber individuelle und formale Einheit, und zwar, wie Surez hervorhebt, nicht nur deshalb, weil der Verstand das denkt. Peter ist nicht nur als Individuum, sondern auch in Hinsicht auf seine gemeinsame Natur ungeteilt: Er ist zugleich ein ganzes Individuum und ein ganzer Mensch, so wie auch Paul ein ganzer Mensch ist. Die in jedem von beiden konkretisierte gemeinsame Natur, deren Einheit in der Definition zum Ausdruck kommt, ist unteilbar und wrde zerstçrt, wenn man Vernnftigkeit und sinnesbegabte Lebendigkeit voneinander trennte, denn es gehçrt zum Begriff der menschlichen Art, daß sich in ihr Vernnftigkeit und Sinnesbegabung verbinden.65 Die allgemeine Einheit (unitas universalis), die durch die Bildung des Allgemeinen der Gattungen und Arten entsteht, hebt die formale Einheit der Wesenheit nicht auf, sondern bereichert sie um die Fhigkeit, in mehreren Individuen zugleich zu sein. Whrend es zur individuellen oder numerischen Einheit gehçrt, daß das Individuum sie nicht mit anderen teilen kann, gehçrt es zur allgemeinen Einheit der Art oder Gattung, daß mehrere Individuen an ihr teilhaben kçnnen.66 Daß sowohl Einheit als auch Vielheit zum Begriff der allgemeinen Einheit gehçren, bedeutet nicht, daß eine Gattung oder Art tatschlich mehrere Arten oder Individuen umfassen muß; sie muß sie nur umfassen kçnnen. Denn die Einheit in der Vielheit, die fr das relative Allgemeine charakteristisch ist, ist schon dann gegeben, wenn der Verstand Individuen mit 64 Surez, DM 6.1.8; 203b, 12 – 14: „[…] unitas autem formalis nihil aliud est, quam unitas essentialis […]“. 65 Surez, DM 6.1.8; 203b, 6 – 10: „Tandem quodlibet individuum, verbi gratia, Petrus, non solum est unus numero, sed etiam est unus essentialiter; et utramque unitatem habet in re ipsa, et non per mentis cogitationem […].“ – DM 6.2.10; 209b, 11 – 14: „[…] unitas formalis solum dicit formalem seu essentialem indivisionem illius rei, quae sic una denominatur […]“. – DM 6.1.15; 206a, 3 – 6: „[…] unitas formalis per se et ex proprio conceptu solum dicit indivisionem in praedicatis essentialibus; unitas vero individua dicit indivisionem in ipsa entitate.“ 66 Surez, DM 6, Prooem.; 201a, 18 – 24: „Post unitatem individuam seu numeralem, dicendum est de formali, et consequenter de universali, quae numerali quodammodo opponitur; nam haec includit incommunicabilitatem respectu inferiorum, illa vero intrinsece requirit naturam multis inferioribus communicabilem.“ – DM 6.1.15; 206a, 6 – 15: „Unde unitas formalis dicit in re fundamentum similitudinis cum alia re ejusdem naturae; unitas autem individualis dicit absolute et simpliciter fundamentum distinctionis; ac denique unitas formalis dicit fundamentum communicabilitatis saltem secundum rationem; unitas autem individualis dicit omnimodam incommunicabilitatem, tam secundum rem quam secundum rationem.“

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hnlicher Wesenheit oder Natur in die Einheit einer Art bringen kçnnte. 67 hnlich wird spter Locke argumentieren. A3c. Die drei Einheiten im schulphilosophischen Umfeld Lockes. – Auch Schulphilosophen im Umfeld Lockes verwenden Ausdrcke wie „numerische Einheit“, „formale Einheit“ und „allgemeine Einheit“. Nach Burgersdijck, dessen Explikation der von Surez gleicht, besteht jedes Individuum einerseits aus einer Natur, in der alle Individuen derselben Art bereinstimmen, und andererseits aus einer individuierenden Differenz, durch die sich jedes Individuum von allen brigen Individuen seiner Art unterscheidet. Sofern man Individuen zusammen mit ihren individuierenden Differenzen betrachtet, kommt ihnen numerische (individuelle) Einheit zu; sofern man dagegen von den individuierenden Differenzen absieht und lediglich die Natur oder Form als solche betrachtet, kommt ihnen formale Einheit zu. Wenn man das von den individuierenden Differenzen abstrahierte Menschsein Peters als ein Menschsein bezeichnet, dann redet man von Peters formaler Einheit; wenn man dagegen das Menschsein Peters zusammen mit den individuierenden Differenzen als Einheit bezeichnet, dann redet man von Peters individueller oder numerischer Einheit.68 Allgemeine Einheit liegt vor, wenn etwas fhig ist, in mehrere Dinge oder Arten desselben Namens und derselben Wesenheit unterteilt zu werden. Zum Beispiel ist der allgemeine Gegenstand ,Sinneswesen‘ zwar in sich einer, denn er lßt sich durch eine einzige Definition explizieren. Zugleich ist er aber auch fhig, in ,Mensch‘ und ,vernunftloses Tier‘ unterteilt zu werden. Diese Mitteilbarkeit an Mehreres muß sich nicht 67 Surez, DM 6.2.14; 210b, 41 – 42: „[…] non est de ratione universalis ut actu sit in multis […].“ – DM 6.2.11; 209b, 42 – 46: „Dicitur enim haec unitas universalis, ejusque ratio consistit in indivisione alicujus naturae in plures naturas similes sub eodem nomine et ratione, cum aptitudine, ut in eas dividatur.“ 68 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 12, th. 2 und 3; 66 – 67: „2. Vnitas singularis, vel est materialis sive numerica, vel formalis. Quae divisio ut intelligatur, observandum est, individuum omne constare ex natura quadam, in qua omnia individua ejusdem speciei conveniunt, et ex propria quadam differentia, qua unumquodque individuum ab aliis individuis suae speciei distinguitur; […] 3. His praemissis dico, Vnitatem numericam sive materialem esse eam, quae convenit singularibus prout considerantur una cum differentiis individuantibus: Formalem, quae rebus item singularibus convenit, sed quatenus abstractae sunt a differentiis individuantibus. Cum enim humanitatem Petri, abstractam tamen et praecisam a Petreitate, unam esse humanitatem dicimus, ea Unitas formalis est: at cum Petrum ipsum, hoc est humanitatem Petri una cum Petreitate consideratam, unam vocamus, illa est Unitas numerica.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

in existierenden Exemplaren konkretisieren; es gengt, daß sie so konkretisiert werden kçnnte.69 Vor der Ttigkeit des Verstandes gibt es keine allgemeine Einheit. Sie wird vom Verstand hervorgebracht und Dingen durch ußere Benennung zugesprochen. Dabei sttzt er sich auf die Einheit des allgemeinen Begriffs, der mehrere Individuen derselben Art in ihrer formalen Einheit reprsentiert; aber diesen Begriff kann man erst erkennen, wenn man ihn durch Abstraktion erzeugt hat.70 Nach Scheibler steht der Ausdruck „formale Einheit“ fr die Einheit einer Wesenheit, und zwar ohne Rcksicht darauf, ob man sie in einem Individuum oder einer Art betrachtet.71 Die beiden anderen Einheiten bereichern die formale Einheit: Die individuelle oder numerische Einheit bereichert sie um die Unmçglichkeit, in mehreren Individuen zugleich zu sein, und die allgemeine Einheit um die Fhigkeit zur Vervielfltigung in mehreren Individuen.72 Diese dritte Einheit wird nach Scheibler gewçhnlich der Gattungswesenheit zugeschrieben und ist nichts Reales, sondern beruht auf dem Verstand, der, um die Gattungswesenheit fr sich zu betrachten, die spezifischen Differenzen bersieht.73

69 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 13 (Druck: 14), th. 1 und 2; 75: „I. Vnitas Vniversalis est, quae convenit rebus, quatenus indivisae sunt in plures res ejusdem nominis & essentiae, et aptae ut in eas dividantur. Vniversalitas enim haec duo postulat, Vnitatem sive indivisionem, et Communitatem sive aptitudinem ad divisionem et multitudinem. Sic animal,ut est Universale, in se unum est (una enim definitione potest explicari) et aptum est dividi in hominem et bestiam. – II. Vnitas illa atque indivisio debet esse posita in actu ipso; Communicabilitas etsi saepe sit in actu sita, satis tamen est si sit in potentia.“ 70 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 13, th. V; 77: „Vnitas universalis non est in rebus ante mentis operationem, sed per mentis operationem fit, rebusque tribuitur per denominationem externam, quae sumpta est ab unitate conceptus, plura individua ejusdem speciei in unitate formali, id est, abstracta a differentia individuali, repraesentantis.“ 71 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, tit. 6, a. 1, n. 96; 100: „Vnitas igitur Formalis, est simpliciter unitas essentiae, praescindendo, an sit essentia singularis an universalis.“ 72 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, tit. 6, a. 1, n. 97 – 98; 100: „97. Vnitas autem Individualis addit quasi formali unitati, repugnantiam ad multiplicationem. Vocatur enim individuum, tanquam in alia indivisibile. […] – 98. Vnitas universalis autem addit unitati formali aptitudinem ad multiplicationem […]“. 73 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 22, tit. 22, a. 3, punctum 3, n. 298; 319: „Deinde observandum est, quod unitas generica vel universalis (secundum quam duo pluresve species dicuntur habere unam essentiam) non sit realis, sed rationis. Unitas enim illa non est, nisi sumendo essentiam genericam, cum praecisione et indifferentia ad differentias specificas.“

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A3d. Begriffsorientierte Artzuweisung. Horizontale und vertikale Vergleichung. – Die abstrakte Natur, die ein Begriff ist, dient nach Surez als Kriterium bei der Zuweisung eines Individuums zu einer Art: Es kann ihr zugewiesen werden, wenn es mit dieser abstrakten Natur bereinstimmt. Deshalb betont Surez bei der Beschreibung der zweiten Art zu abstrahieren, daß sie die erste Art zu abstrahieren voraussetzt, durch die man die abstrakte Natur erzeugt. Darin besteht der erste Schritt zur Gewinnung des Allgemeinen insgesamt, aber dessen Vollendung kommt erst zustande, wenn der Verstand sich einerseits den abstrakten Begriff der gemeinsamen Natur und andererseits Individuen vorstellt, von denen er durch Vergleichung erkennt, daß sie mit diesem abstrakten Begriff bereinstimmen.74 Er orientiert sich bei der Zuweisung eines Individuums zu einer Art nicht an dessen hnlichkeit mit anderen Individuen, sondern an seiner hnlichkeit mit einem abstrakten Artbegriff. Die Umgangssprache kann diese Option gut nachvollziehen: „Fritz entspricht meiner Vorstellung von einem Gentleman“. Immer dann, wenn ein Autor behauptet, daß man die Artzugehçrigkeit eines Individuums durch seine Vergleichung mit dem Artbegriff ermittelt, werde ich von begriffsorientierter Artzuweisung sprechen. Die Gegenmeinung, die ich als Theorie der gegenstandsorientierten Artzuweisung bezeichne, behauptet, daß man die Artzugehçrigkeit eines Individuums durch seine Vergleichung mit den schon bekannten Artexemplaren ermittelt. Auch diesen Schritt kann die Umgangssprache nachvollziehen: „Fritz ist so wie die Personen, die ich als Gentlemen bezeichne.“ Sofern man bei der begriffsorientierten Artzuweisung Individuen mit dem bergeordneten Artbegriff vergleicht, kann man von vertikaler Vergleichung sprechen, denn die Art wird als etwas verstanden, das ber dem Individuum steht. Bei der gegenstandsorientierten Artzuweisung werden dagegen Individuen mit anderen Individuen verglichen, und weil man in diesem Fall auf derselben Ebene bleibt, kann man von horizontaler Vergleichung sprechen. Die nicht selbstverstndliche berzeugung, daß Artbildung ein Vorgang ist, bei dem man sich an einer abstrakten Vorstellung und nicht an Gegenstnden orientiert, wird spter von Locke geteilt, der annimmt, daß der Verstand bei der Einordnung existierender

74 Surez, DM 6.6.5; 225b, 45 – 50: „[…] universale in actu non est eo modo quo esse potest, scilicet, objective in intellectu, donec ejus correlativum eodem modo sit; non potest autem esse illo modo, donec unum ad alterum conferatur, quod fit solum per dictam comparativam notitiam; ergo.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

Dinge in Sorten abstrakte Ideen als Standards verwendet.75 Locke fgt hinzu, daß abstrakte Ideen auch bei der Benennung von Dingen mit Artnamen (denomination) als Standards dienen. Dieser Vorgang spielt bei Surez, der auf sprachliche Aspekte des Allgemeinen nur andeutungsweise eingeht, kaum eine Rolle. Auch er verwendet den Ausdruck „ußere Benennung“ in Fllen, in denen der Verstand einem Individuum die Zugehçrigkeit zu einer Art zuspricht,76 und das paßt grundstzlich zu dem Vorgang, den Locke als denomination bezeichnet, doch denkt Surez, wenn er „denominatio“ verwendet, weniger an einen Namen als daran, daß zwischen Individuen und Arten oder Gattungen eine ußere Relation besteht. A3e. Begriffsorientierte Artzuweisung bei Surez und Locke. – Das beeintrchtigt nicht die bereinstimmung beider Autoren in der Annahme, daß man sich bei der Zuweisung von Individuen zu Arten an Begriffen orientiert. Surez prgt sie wenige Spalten spter dem Leser noch einmal ein, indem er sich gegen die Meinung ausspricht, man kçnne bei der Artzuweisung Gegenstnde als Kriterien verwenden. Wenn man Individuen miteinander vergleicht und sie gegebenenfalls fr hnlich befindet, dann kommt man ber die Ebene der Individuen nicht hinaus und gelangt zu nicht mehr als zur Erkenntnis einer Wechselbeziehung zwischen ihnen, die mit der Entstehung des relativen Allgemeinen nichts zu tun hat. Bei derjenigen Art von Vergleichung, durch die das relative Allgemeine entsteht, 75 Locke, Essay 2.11.9; 159, 18 – 23: „Such precise, naked Appearances in the Mind, without considering, how, whence, or with what others they came there, the Understanding lays up (with Names commonly annexed to them) as the Standards to rank real Existences into sorts, as they agree with these Patterns, and to denominate them accordingly.“ 76 Beispiele: Surez, DM 6.6.10; 228a, 24 – 32: „Neque etiam repugnat aliquid convenire naturae per intellectum et esse per modum absoluti, quando illud hujusmodi est ut solum per extrinsecam denominationem conveniat; sic enim naturam esse abstractam, seu universaliter conceptam, non addit naturae, nisi esse quoddam conveniens illi per extrinsecam denominationem, quod esse objectivum appellatur.“ – DM 6.2.1; 206a, 49 – 206b, 2: „[…] reprehendendi sunt [nominales] quoad aliquos loquendi modos, nam in re fortasse non dissident a vera sententia; nam eorum rationes huc solum tendunt, ut probent universalitatem non esse in rebus, sed convenire illis prout sunt objective in intellectu, seu per denominationem ab aliquo opere intellectus, quod verum est, ut infra dicam.“ – DM 6.2.2; 206b, 19 – 24 : „[…] supponendum est, has res, vel naturas, quas nos universales denominamus, non esse realiter separatas a rebus singularibus, quia, ut supra demonstratum est, omnis res, quae existit, necessario est singularis et individua […]“.

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berprft man dagegen, ob Individuen der abstrahierten gemeinsamen Natur hnlich sind. Man konzentriert sich nicht darauf, ob sie einander hnlich sind, sondern darauf, ob sie mit der vorgestellten gemeinsamen Natur bereinstimmen. Locke entscheidet sich fr das Verfahren, das Surez als Vergleichung bezeichnet und das in der Vergleichung von Individuen mit einer gedachten Artnatur besteht, doch verwendet er dabei nicht Ausdrcke wie „compare“, und zwar vermutlich deshalb, weil sie bei ihm wie bei Gassendi fr die allgemeine Relationslehre reserviert sind: „Vergleichen“ (compare, comparare) dient bei beiden Autoren als allgemeine Bezeichnung fr die Erzeugung von Relationen, von denen Subsumptionen nur ein kleiner Teil sind. Der Sache nach setzt aber die Einordnung in Arten auch bei Locke Vergleichungen voraus. Das zeigen Wçrter wie „standard“ und „rule“: Man kann die bereinstimmung eines Dings mit einer nominalen Wesenheit, die nach Locke bei der Artzuweisung als Kriterium dient, nur dadurch feststellen, daß man das betreffende Ding mit dieser Wesenheit vergleicht. Eine solche Meinung ist nicht selbstverstndlich; bei Gassendi gilt zum Beispiel die bereinstimmung eines Individuums mit den bisher erkannten Artexemplaren als Kriterium fr ihre Artzugehçrigkeit. A3f. Gattungen und Arten im extensionalen und intensionalen Sinn. Gattung, Art, Differenz. – Surez’ Antwort auf die Frage, was Gattungen und Arten sind, ist zweifach, denn man kann beide einerseits als etwas Reales und andererseits als etwas Gedachtes ansehen. Im ersten Fall sind Gattungen und Arten Mengen von Individuen, die mit demselben abstrakten Begriff bereinstimmen, und solche Mengen kann man als Arten im extensionalen Sinn bezeichnen. Wenn man dagegen Gattungen und Arten als etwas Gedachtes betrachtet, dann sind sie fr Surez abstrakte Begriffe, unter die sich Individuen subsumieren lassen; und solche Arten kann man als Arten im intensionalen Sinn bezeichnen. Die Mehrdeutigkeit von Ausdrcken wie „Art“, auf die auch Locke hinweist,77 ist nicht verwunderlich, denn schon fr Platonbersetzer kann „eWdor“ sowohl „Idee“ als auch „Art“ bedeuten. Die abstrakt fr sich betrachtete Natur oder Wesenheit verwandelt sich dadurch in eine gemeinsame Natur oder Artnatur, daß sie vom Verstand als etwas gedacht wird, das mehreren Individuen gemeinsam ist oder gemeinsam sein kann. Erst spter berlegt der Verstand bei weiteren reflexen Ttigkeiten, ob diese gemeinsame Natur je nach ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Verhltnis zu den Individuen, die 77 Locke, Essay 3.5.9; 434, 6 – 8. Text s. S. 387, Anm. 337.

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unter ihr stehen, als Gattung, Art oder Differenz zu bezeichnen ist und ob es sich dabei um bloße Benennungen durch den Verstand oder um etwas anderes handelt. Derartige berlegungen betreffen nach Surez nicht die Bildung, sondern nur die Differenzierung des relativen Allgemeinen,78 das schon dadurch entsteht, daß man berhaupt existierende oder mçgliche Dinge mit abstrakten Begriffen vergleicht und dabei die bereinstimmung beider erkennt. Im Hinblick auf die Unterscheidung von Gattung, Differenz und Art glaubt Surez anders als spter Gassendi an den Primat der Art; das hngt damit zusammen, daß er nicht wie Gassendi Individuen als unterste Arten betrachtet. Er zeigt, daß unter den fnf Prdikabilien, die Porphyr in der Isagoge auffhrt, die Art den obersten Rang einnimmt, denn sie umfaßt mit Gattung und spezifischer Differenz den gesamten Bestand an Allgemeinem. Die anderen Prdikabilien sind nur deshalb allgemein, weil sie zur Art in Beziehung stehen, denn entweder sind sie wie Gattung und Differenz deren Teile, oder sie begleiten sie wie Proprium und Akzidens. Der Ausdruck „universale“ steht also nicht fr alle Universalien Porphyrs mit dem gleichen Recht, sondern kommt vor allem der Art zu.79 A3g. Das relative Allgemeine setzt das absolute voraus. – Surez stimmt der von ihm referierten Dritten Meinung mit dem Vorbehalt zu, daß durch die Vergleichung von Individuen mit abstrakten Vorstellungen zwar das relative Allgemeine, aber nicht das Allgemeine berhaupt entsteht. Wenn Allgemeinheit durch das relative Allgemeine nicht entsteht, sondern nur vollendet wird, so schließt das ein, daß das absolute Allgemeine dem relativen nicht nur vorausgeht, sondern daß es in gewisser Weise auch um des relativen Allgemeinen willen da ist: Der Verstand muß die menschliche Natur abstrakt fr sich begreifen, damit er ermitteln kann, ob Peter und Paul an ihr teilhaben oder nicht. Diese Teilhabe an der gedachten We78 Surez, DM 6.6.12; 228b, 36 – 45: „Ultra vero intelligi potest alia notitia magis reflexa, quam intellectus facit cognoscendo quasi in actu signato naturam sic abstractam, et cum suis inferioribus collatam inde habere denominationes generis, speciei et similes, hasque denominationes esse rationis, non rei. Haec autem cognitio jam non est fabricatio universalitatis, sed est quaedam ejus contemplatio magis formalis et expressa.“ 79 Surez, DM 6.8.15; 236b, 8 – 20: „Ita tamen ut universale speciei sit quasi praecipuum, totale et absolutum; alia vero dicant aliquam habitudinem, quasi partialem, vel formalem ad ipsam speciem, ut declaratum est. Unde etiam est probabile, universale sub hac ratione non dici aeque primo et univoce de his universalibus, sed primo de his quae essentialia sunt, deinde vero de aliis quae sunt extra essentiam, et inter priora universale speciei esse praecipuum; propter quod etiam Plato, ut Aristoteles interdum significat, specierum tantum ideas ponebat.“

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senheit, die auch nach ihrer Konkretisierung in mehreren Individuen ungeteilt bleibt, ist denkabhngig und kommt den Dingen nur als vorgestellten zu.80 Whrend Individualitt die reale Einheit des Dings ist, ist relative Allgemeinheit die gedachte Einheit der Gattung oder der Art. Auch Locke gibt zu verstehen, daß sich Individuen durch ihre Einordnung in Arten nicht physisch verndern, sondern daß der Verstand bloß eine Relation zu ihnen hinzudenkt.81 A3h. Absolutes und relatives Allgemeines sind Stufen des Allgemeinen. – Surez nimmt auf dem Weg zur Vollendung des Allgemeinen zwei Stufen an. Wenn der Verstand die Natur eines Individuums abstrakt erkennt, dann gelangt er zur ersten Stufe, dem absoluten Allgemeinen. Durch Abstraktion wird die gemeinsame Natur aus dem Zustand bloßer Potenz zur Allgemeinheit in den Zustand aktueller absoluter Allgemeinheit und zugleich in die Potenz zur relativen Allgemeinheit versetzt. Dadurch ist die abstrahierte gemeinsame Natur bereits in einem negativen Sinn allgemein, denn sie wird nun an sich und nicht mehr als etwas begriffen, das zu einem einzelnen Individuum gehçrt. Doch ist sie noch nicht allgemein im Sinn des relativen Allgemeinen, denn sie wird noch nicht als etwas begriffen, das die Fhigkeit hat, in mehreren Individuen zugleich zu sein. Dieses Stadium erreicht sie erst auf einer weiteren Stufe, und zwar durch ihre Vergleichung mit Individuen, die unter die reflexe Ttigkeit des empfangenden Verstandes fllt, denn die abstrakte Natur ist eine Vorstellung, und Vorstellungen sind Gegenstnde der reflexen Verstandesttigkeit. Das relative Allgemeine ist das vollendete Allgemeine,82 aber weil die Vergleichung, die zu seiner Bildung fhrt, das absolute Allgemeine voraussetzt, widersprechen sich nach Surez die Zweite und die Dritte der von ihm referierten Meinungen 80 Surez, DM 6.2.15; 211a, 12 – 18: „Nam universalitas ut sic dicit aliquam indivisionem, alioquin non esset universalitas, sed multitudo tantum; sed illa non potest esse indivisio quae conveniat rebus ut in se sunt, sed solum ut substant conceptibus mentis; ergo unitas, quae inde sumitur, non est realis sed rationis.“ 81 Locke, Essay 3.3.11; 414, 11 – 16. „When therefore we quit Particulars, the Generals that rest, are only Creatures of our own making, their general Nature being nothing but the Capacity they are put into by the Understanding, of signifying or representing many particulars. For the signification they have, is nothing but a relation, that by the mind of Man is added to them.“ 82 Surez, DM 6.6.5; 225b, 18 – 20 und 22 – 28: „Natura vero abstracte cognita dici potest universalis in potentia proxima […]; nondum tamen censetur esse actu universalis, quia nondum concipitur ut habens aptitudinem et relationem ad multa in quibus sit, quam relationem accipit per notitiam comparativam, et ideo per illam dicitur ultimo constitui universale in actu.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

nicht, sondern ergnzen einander. Die Zweite Meinung betont, daß Individuen am Anfang stehen und daß man durch das bersehen ihrer individuierenden Bestimmungen zum abstrakten Begriff ihrer Wesenheit gelangt. Die Dritte Meinung macht zustzlich klar, daß durch die Herstellung einer Relation zwischen Individuen und der zuvor abstrahierten Wesenheit das relative Allgemeine entsteht. Die Argumente fr die Zweite Meinung, die sich mit der Entstehung des absoluten Allgemeinen befaßt, und fr die Dritte Meinung, die die Entstehung des relativen Allgemeinen erçrtert, sind nach Surez ebenfalls miteinander vertrglich. Nichts spricht dagegen, daß der Verstand durch unterschiedliche Ttigkeiten in Hinsicht auf dieselbe Natur verschiedene Begriffe vom Allgemeinen bildet, nmlich einen absoluten und einen relativen, und daß der absolute Begriff dem relativen als Grundlage dient. Auch hindert den Verstand nichts daran, das absolute Allgemeine fr sich zu betrachten. Danach zu sagen, daß er beim bergang zum relativen Allgemeinen etwas Neues zu der abstrakten Natur hinzufgt, ist nicht unsinnig, solange mit dem Neuen nur eine ußere Benennung gemeint ist, und das ist hier der Fall. Denn wenn der Verstand ein Individuum zu einem abstrakten Begriff in Beziehung setzt, dann wird es nicht physisch verndert, sondern gewinnt ein vorgestelltes Sein hinzu.83 Auch Locke betont, daß es sich bei der Einordnung eines Individuums in eine Art um eine Benennung handelt, durch die das Individuum als solches nicht verndert wird, die es jedoch um eine gedachte Relation bereichert.

A4. Reale Korrelate der gedachten Einheit der Art A4a. Bedeutungen von „real“. – Das absolute Allgemeine ist ebenso wie das durch dessen Vergleichung mit Individuen entstehende relative Allgemeine als solches nichts Reales, sondern etwas Gedachtes. Aber auch etwas Ge83 Surez, DM 6.6.10; 228a, 14 – 32: „[…] si illae duae opiniones unum affirment, et aliud non excludant, non sunt inter se contrariae, neque unius rationes contra aliam procedunt. Quia nihil obstat quod eidem naturae possit per intellectum convenire duplex ratio universalitatis, absoluta, scilicet, et respectiva, et quod illae per diversas operationes intellectus fabricentur, et quod una, scilicet, quae absoluta est, sit proximum fundamentum alterius, scilicet, relativae. Neque etiam repugnat aliquid convenire naturae per intellectum et esse per modum absoluti, quando illud hujusmodi est ut solum per extrinsecam denominationem conveniat; sic enim naturam esse abstractam, seu universaliter conceptam, non addit naturae, nisi esse quoddam conveniens illi per extrinsecam denominationem, quod esse objectivum appellatur.“

A4. Reale Korrelate der gedachten Einheit der Art

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dachtes hat ein Verhltnis zur Wirklichkeit, und dessen Bestimmung erleichtern Schultermini. Als wirklich oder real bezeichnet Surez Wesenheiten, die so vollstndig bestimmt sind, daß sie tatschlich existieren oder unmittelbar existieren kçnnten. Der Ausdruck „real“ bedeutet also bei ihm – anders als bei Locke und hnlich wie bei Leibniz – nicht dasselbe wie der Ausdruck „existierend“. Das Existierende ist nur eine Teilmenge des Realen, denn der Ausdruck „real“ bezeichnet sowohl existierende Dinge als auch Dinge, die so vollstndig bestimmt sind, daß sie unmittelbar existieren kçnnten (Dinge mçglicher Welten). Diese Mehrdeutigkeit des Ausdrucks „real“ kommt auch im schulphilosophischen Umfeld Lockes zur Sprache. So bemerkt Baron, daß „real“ in zwei Bedeutungen verwendet wird. Im weiteren Sinn steht es fr alles, was des realen Existierens fhig ist, gleichgltig, ob es wirklich in der Natur existiert oder nicht. Aber manchmal steht „real“ in einem engeren Sinn allein fr das, was wirklich in der Natur existiert. Baron schließt mit einer deutlichen Stellungnahme: Was in dem engeren Sinn real ist, das ist, schlechthin und absolut gesprochen, etwas; was aber in dem weiteren Sinn real ist, das ist, schlechthin und absolut gesprochen, nichts und hçchstens im bertragenen Sinn etwas Seiendes.84 Eine reale oder vollstndig bestimmte Wesenheit heißt bei Surez Entitt; sie ist die individuelle Wesenheit eines Dings, das entweder bereits existiert oder das so vollstndig bestimmt ist, daß es unmittelbar existieren kçnnte. Die Frage nach dem Realittsbezug des Allgemeinen betrifft unter dem Gesichtspunkt des absoluten Allgemeinen das Verhltnis der abstrakten Natur zur individuellen Entitt eines Individuums und unter dem Gesichtspunkt des relativen Allgemeinen das Verhltnis der Vorstellung derselben abstrakten Natur zu mehreren Individuen oder Arten, in denen sie existieren kann, ohne aufzuhçren, eine einzige zu sein. A4b. Real- und Vernunftunterschied. Vernunftunterschiede beruhen auf der Schwche des Verstandes. – Arten entstehen dadurch, daß man die abstrakte 84 Baronius, Metaphysica, London 1657, p. spec., s. 2, d. 1, n. 3; 429 – 430: „Tertio tenendum est Ens reale duobus modis accipi, ut monet Cajetanus, scil. late et stricte. Reale enim aliquando accipitur pro eo omni quod est capax realis exsistentiae, sive actu exsistat in rerum natura sive non; quo pacto scientia de rosa dicitur scientia de ente reali, etiam cum rosa non exsistit, etsi enim rosa non exsistat hyeme, est tamen capax realis exsistentiae, et potest esse aliquid actu in rerum natura. Reale etjam aliquando strictius usurpatur pro eo solo quod est quid actu exsistens in rerum natura, et reale hoc modo acceptum simpliciter et absolute est aliquid; reale vero priori modo acceptum simpliciter et absolute loquendo est nihil, et tantum secundum quid est ens, ut postea declarabitur.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

Natur als etwas denkt, das gleichzeitig in mehreren Individuen ist oder sein kann. Die Frage ist, wie sich diese Natur von den Individuen unterscheidet, die an ihr teilhaben oder teilhaben kçnnen. Zur Bestimmung dieser Verschiedenheit bedient sich Surez der Schulausdrcke „Realunterschied“ (distinctio realis) und „Vernunftunterschied“ (distinctio rationis, gedachter Unterschied oder Unterschied dem Gedanken nach).85 Ein realer Unterschied oder Realunterschied ist der Unterschied zwischen zwei real verschiedenen Dingen.86 Ein Vernunftunterschied setzt dagegen voraus, daß der Verstand einem Ding eine ußere Benennung verliehen hat; er begreift es einerseits als es selbst und andererseits als etwas, das nach einem Begriff benannt werden kann.87 Das ist zum Beispiel der Fall, wenn jemand sagt, daß Fritz ein Pykniker ist, denn der Begriff „Pykniker“, der im vorigen Jahrhundert von einem Psychiater erfunden wurde, geht auf Verstandesttigkeiten zurck. Zwischen Fritz und dem Pykniker, von dem in „Fritz ist ein Pykniker“ die Rede ist, besteht kein realer, sondern ein Vernunftunterschied. Bedingung der Mçglichkeit von Vernunftunterschieden ist nach Surez die Schwche unseres Verstandes, der Dinge in der Regel unvollkommen, abstrakt, undeutlich oder unangemessen erfaßt; denn wenn man fr ein einziges Ding mehrere Begriffe verwendet, obgleich es bloß eins ist, kann es sich nur um unvollkommene Begriffe handeln.88 Hier kommt ein Aspekt des Allgemeinen zur Sprache, der auch in Lockes Essay eine Rolle spielt: Die Fhigkeit, mit Universalien zu arbeiten, ist kein Indiz fr die Vollkommenheit, sondern fr die Schwche des menschlichen Verstandes. Die Schulphilosophie unterscheidet zwei Arten von Vernunftunterschie85 Surez, DM 7.1.4; 251a, 7 – 8: „[…] est certum dari praeter distinctionem realem, distinctionem rationis.“ 86 Surez, DM 7.1.1; 250a, 40 – 45: „[…] per se notum est, dari in rebus distinctionem realem, quae ad majorem explicationem appellari solet distinctio rei a re, quae in hoc consistit, quod una res non sit alia, neque e contrario […].“ 87 Surez, DM 7.1.4; 251a, 8 – 13: Ein Vernunftunterschied ist „illa quae formaliter et actualiter non est in rebus, quae sic distinctae denominantur, prout in se existunt, sed solum prout substant conceptibus nostris, et ab eis denominationem aliquam accipiunt […]“. 88 Surez, DM 7.1.8; 252a, 54 – 252b, 11: „[…] ex dictis intelligitur, distinctionem rationis propriam et intrinsecam, de qua loquimur, proprie et per se non esse, nisi medio intellectu concipiente res imperfecte, abstracte, confuse, vel inadaequate. Quia cum haec distinctio non sit in re, neque in objecto cognito, solum consistit in quadam denominatione a conceptibus mentis, et ideo requirit distinctionem saltem in ipsis conceptibus, et in denominatione quae ab illis sumitur; haec autem distinctio conceptuum respectu rei, quae in se omnino una est, nunquam est, nisi ob imperfectionem ipsorum conceptuum.“

A4. Reale Korrelate der gedachten Einheit der Art

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den. Bei der ersten dient etwas Wirkliches an einem Ding und bei der zweiten eine Vorstellung im Kopf des Betrachters als Anlaß oder Grundlage fr eine ußere Benennung. Die erste Art von Vernunftunterschied bezeichnet man als Vernunftunterschied mit einer Grundlage in der Sache (distinctio rationis cum fundamento in re, manchmal auch: distinctio rationis ratiocinatae), die zweite als Vernunftunterschied ohne eine Grundlage in der Sache (distinctio rationis sine fundamento in re beziehungsweise distinctio rationis ratiocinantis).89 A4c. Modalunterschied. – Außer dem Realunterschied und dem Vernunftunterschied nimmt Surez noch einen dritten Unterschied an, der geringer ist als ein Unterschied zwischen Dingen, denn er besteht zwischen einem Ding und dessen Modus oder Zustand. Trotzdem ist er ein wirklicher Unterschied und beruht nicht bloß auf einer ußeren Benennung. Surez bezeichnet ihn als Unterschied ex natura rei oder Modalunterschied (distinctio modalis).90 Ein Modus ist etwas Positives (das heißt hier: etwas Reales), nmlich ein Zustand, der eine Entitt affiziert. Das EucharistieBeispiel in DM 7.1.17 ist fr protestantische Leser problematisch, denn Surez bernimmt dort (nicht aus philosophischen, sondern aus theologischen Grnden) eine antilutherische Vorentscheidung des Konzils von Trient, nmlich die, daß zwischen Substanz und Quantitt ein Realunterschied besteht. Im Blick auf solche Flle bemerkt Timothy Halton in seinem Katalog „Books for a young Divine to make use of“, die meisten der in Oxford gebruchlichen Logikbcher seien von papistischen Autoren verfaßt, welche in der Theologie die wsten und sinnlosen Positionen verteidigen, die sich aus der Annahme der Transsubstantiation ergeben, und die deshalb in der Logik zu vielen inkonsistenten Behauptungen ber 89 Surez, DM 7.1.4; 251a, 16 – 23: „Haec autem distinctio duplex distingui solet: una, quae non habet fundamentum in re, et dicitur rationis ratiocinantis, quia oritur solum ex negotiatione et operatione intellectus; alia, quae habet fundamentum in re, et a multis vocatur rationis ratiocinatae, quamvis haec vox, sicut impropria valde est, ita et aequivoca esse potest.“ 90 Surez, DM 7.1.16; 255a, 49 – 225b, 10: „Nihilominus censeo, simpliciter verum esse dari in rebus creatis aliquam distinctionem actualem, et ex natura rei, ante operationem intellectus, quae non sit tanta, quanta est inter duas res, seu entitates omnino distinctas, quae distinctio, quamvis generali vocabulo possit vocari realis, quia vere est a parte rei, et non est per denominationem extrinsecam ab intellectu, tamen ad distinguendum illam ab alia majori distinctione reali, possumus illam appellare, vel distinctionem ex natura rei, applicando illi tanquam imperfectiori generale nomen (quod usitatum est), vel proprius vocari potest distinctio modalis; quia, ut explicabo, versatur semper inter rem aliquam, et modum ejus […].“

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die Natur von Proprium, Akzidens und Qualitten gezwungen sind; doch ist es „Sache Ihrer Studenten, gut nachzudenken, bevor sie deren ußerungen ber solche Einzelheiten zustimmen.“91 Nach der Eucharistielehre des Tridentinums, auf die sich Surez in DM 7.1.17 bezieht, bleiben bei der Transsubstantiation die Quantitten von Brot und Wein erhalten und existieren weiter, obgleich bei der Konsekration die Substanzen von Brot und Wein in die Substanzen von Jesu Fleisch und Blut verwandelt wurden, also nicht mehr als solche existieren. Das ist jedoch nur mçglich, wenn Quantitten von Substanzen real verschieden sind. Fr die Gegenseite, die die These vertritt, daß Quantitt nichts anderes ist als die Substanz unter dem Gesichtspunkt, daß sie ausgedehnt ist, klingt das absurd, nmlich so, als wrde die Substanz zugleich erhalten und vernichtet. Unabhngig von der Antwort auf die Frage, was „Quantitt“ in diesem Zusammenhang bedeutet,92 ist es fr jemanden, der die physikalischen Vorgaben des Tridentinums akzeptiert, nicht absurd zu meinen, daß bei der Eucharistie die Substanzen von Brot und Wein verloren gehen, whrend ihre Quantitten erhalten bleiben. Denn wenn Substanz und Quantitt real verschieden sind, dann kçnnen Quantitten grundstzlich auch ohne Substanz existieren, das heißt, sie kçnnen sich sowohl im Modus oder Zustand der Inhrenz in einer Substanz als auch im Modus oder Zustand der Nichtinhrenz befinden. Zwischen den Modi Inhrenz und Nichtinhrenz einerseits und der Quantitt andererseits besteht nach Surez ein Unterschied ex natura rei oder ein Modalunterschied. Die genannten Modi affizieren die Entitt der Quantitt in der Tat, denn sie bestimmen ihre Existenzweise; aber sie fgen ihr nichts inhaltlich Neues hinzu, sondern modifizieren sie bloß.93 In Surez’ Erçrterung des Allgemeinen wird der 91 Kenney 1960 zitiert aus Haltons Text auf S. 36: „Because the most of those books of Logique we use were written by popish authors, who yet they may defend those wild and senseless positions of transub in divinity and necessitated to mantain many universall and inconsistent asertions in Logique especially about the nature of proprium and Accidens and qualities, it will concerne your students to consider before they consent to what they say in those particulars.“ 92 S. Vf. 1997; 29 – 30. 93 Surez, DM 7.1.17; 255b, 35 – 51 und 256a, 1 – 3 und 27 – 32: „[…] suppono in rebus creatis praeter entitates earum, quasi substantiales, vel radicales (ut ita dicam), inveniri quosdam modos reales, qui et sunt aliquid positivum, et afficiunt ipsas entitates per seipsos, dando illis aliquid, quod est extra essentiam totam, ut individuam, et existentem in rerum natura. Hoc patet inductione; nam, verbi gratia, in quantitate, quae est in substantia, duo considerari possunt: unum est, entitas ipsius quantitatis; aliud est unio seu actualis inhaerentia ejusdem quantitatis cum substantia. Primum vocamus simpliciter rem quantitatis, includentem

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Modalunterschied bei Argumentationen gegen scotistische Individuationslehren eingesetzt, denn Surez deutet den von Scotisten angenommenen Unterschied zwischen Form und Diesheit als Modalunterschied. ber den Real-, Modal- und gedanklichen Unterschied hinaus nimmt er keine weiteren Unterschiede an.94 A4d. Das dingliche Korrelat der abstrakten gemeinsamen Natur ist individuell. – Mit Hilfe der genannten Distinktionen bestimmt Surez das Verhltnis der abstrahierten gemeinsamen Natur zu den Individuen, die an ihr teilhaben. Sie selbst ist allgemein, doch stellt sich die Frage, ob auch ihr Korrelat in den Dingen allgemein ist. Die Antwort ist fr Surez klar. Weil es außerhalb von Individuen nichts Reales gibt und weil alles Reale singulr und individuell ist, muß das gegenstndliche Korrelat der gemeinsamen Natur, sofern es in Individuen existiert, auch selbst individuell sein.95 Andererseits ist Peter nicht nur dieses Individuum, sondern hat unabhngig von Verstandesoperationen die Wesenheit eines Menschen, denn er ist dieser Mensch. Allein in Hinsicht darauf darf man von einer gemeinsamen Natur wie ,Mensch‘ behaupten, daß sie existiert. Aber sofern sie existiert, ist sie nicht allgemein, sondern individuell und mit Naturen anderer Individuen nicht numerisch identisch, sondern ihnen nur hnlich. Als Unterschied zwischen ihr und den Individuen, in denen sie existiert, kommt also bloß ein Vernunftunterschied in Frage. Sofern die menschliche Wesenheit in einem Individuum in dem Sinn existiert, daß zum Beispiel das Individuum Peter ein vernnftiges Sinneswesen ist, bezeichnet sie Surez als physisches Allgemeines (universale physicum); das stieß seinerzeit auf Widerstand, weil es blich war, die materia prima als physisches Allgemeines zu bezeichnen. Bei Surez erinnert das Adjektiv „physisch“ daran, daß sich die gemeinsame Natur, sofern sie etwas in den Dingen ist, in diesen quicquid est de essentia quantitatis individuae, et in rerum natura positae, quod manet et conservatur, etiamsi quantitas a subjecto separetur […] Secundum, id est, inhaerentiam, appellamus modum quantitatis […] appellatur inhaerentia quantitatis modus ejus, quia est aliquid illam afficiens, et quasi ultimo determinans statum, et rationem existendi ejus, non tamen addit illi propriam entitatem novam, sed solum modificat praeexistentem.“ 94 Surez, DM 7.1.21; 257b, 47 – 48: „Praeter modalem, realem aut rationis, nulla distinctio.“ 95 Surez, DM 6.1.10; 204a, 1 – 4: „[…] extra individua nihil potest habere existentiam realem, sine qua nullum esse potest verum ens reale, vel actu, vel potentia […].“ – DM 6.4.2; 216b, 20 – 21: „[…] a parte rei nihil est, nisi singulare et individuum […]“.

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individuell konkretisiert und mit den wahrnehmbaren Akzidentien versehen ist und den Vernderungen unterliegt, mit denen sich die Physik beschftigt.96 Sofern allgemeine Wesenheiten in Dingen existieren, das heißt, sofern sie dingliche Korrelate in existierenden Dingen haben, sind sie nicht unvernderlich; auch Locke wird betonen, daß reale Wesenheiten individuell und vernderlich sind. Scotisten bestreiten zwar, daß die gemeinsame Natur mitsamt ihrer formalen Einheit in jedem Artexemplar individuell wird, und behaupten stattdessen, daß alle Individuen, die an derselben gemeinsamen Natur partizipieren, zusammen eine einzige formale Einheit haben, und zwar nicht nur dem Gedanken nach, sondern auch in Wirklichkeit. Nach der in Surez’ Augen besseren Meinung ist dagegen die formale Einheit der gemeinsamen Natur von der individuellen oder numerischen Einheit der Individuen, in denen sie sich befindet, nur dem Gedanken nach verschieden. Weil auch sie selbst in jedem Individuum real und individuell ist, bildet sie mit der gemeinsamen Natur in anderen Individuen keine wirkliche Einheit, sondern steht zu ihr bloß im Verhltnis der hnlichkeit.97 Wenn also der Verstand richtig verfhrt, dann sieht er die gemeinsame Natur bloß im Sinn einer gewissen bereinstimmung oder hnlichkeit als etwas an, das trotz des Eingehens in viele Individuen eine Einheit bildet; denn zwischen Individuen und gemeinsamer Natur kann man vernnftigerweise nur einen Vernunftunterschied annehmen und allenfalls fragen, ob es sich um einen Vernunftunterschied mit einer Grundlage in der Sache handelt oder nicht.

96 Surez, DM 6.8.3; 232b, 13 – 23: „[…] universale physicum dici potest natura ipsa universalis prout in rebus existit; et hoc modo non sumitur universale formaliter, ut universale est, sed solum materialiter, pro natura, quae potest abstrahi et universalis denominari. Dicitur autem hoc universale physicum, quia cum sit in rebus ipsis singularibus contractum, subjectum est mutationi, et accidentibus sensibilibus a quibus physica consideratio incipit.“ 97 Surez, DM 6.1.2; 201b, 31 – 47: „[…] Scotus non censet, unitatem hanc formalem, seu naturam prout habentem hanc unitatem formalem, multiplicari numero in ipsis individuis, sed omnia individua ejusdem naturae habere unam et eamdem formalem unitatem, unam (inquam) non tantum ratione, sed re ipsa, seu naturam, prout in re ipsa existit in multis individuis, habere unicam formalem unitatem. Alii vero existimant in singulis individuis habere naturam formalem unitatem ratione distinctam a numerali, hanc vero multiplicari in individuis cum unitatibus individualibus, et consequenter non esse unitatem aliquam, quae secundum veram unitatem realem eadem sit in multis individuis, sed solum secundum quamdam convenientiam vel similitudinem. Et in hoc etiam puncto haec posterior sententia magis probatur […].“

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A5. Gedachtes Allgemeines und wirkliche Dinge A5a. Gattungen und Arten im intensionalen Sinn sind undeutliche Begriffe von Individuen. – Wie alle Begriffe sind allgemeine Begriffe, physisch gesehen, unkçrperliche Akzidentien des Verstandes, und damit ist die klassische Frage beantwortet, ob das Allgemeine eine Substanz oder ein Akzidens und ob es kçrperlich oder geistig ist.98 ber Verhltnisse wie das von Art, Gattung und Differenz kann man nach Surez auf zweierlei Weise reden, nmlich erstens, sofern sie etwas in den Dingen sind, und zweitens, sofern sie Abstraktionen des Verstandes sind.99 Wenn man mit „Gattung“ und „Differenz“ etwas Reales in Individuen meint, dann handelt es sich nicht um etwas Allgemeines, sondern um etwas Individuelles, denn alles Reale ist individuell. Man sagt zwar in der Metaphysik, daß eine Art entsteht, wenn zu einer Gattung eine spezifische Differenz hinzutritt, und stellt sich das Ergebnis wie eine Zusammensetzung aus beiden vor. Aber wenn man genauer hinschaut, dann stellt man fest, daß die Konkretisierung von etwas Generischem zu einer Art oder zu einem Individuum nicht einer Zusammensetzung zu danken ist, sondern dem Umstand, daß das Begreifen dieses Individuums nun vollstndiger geworden ist als vorher. Zum Beispiel unterscheiden sich Begriffe wie ,Seiendes‘ und ,Substanz‘ dadurch, daß der eine undeutlicher und der andere bestimmter ist. Der bestimmtere Begriff begreift das Ding ausdrcklicher und eher so, wie es an sich ist. Der unbestimmtere begreift es undeutlicher und abstrakter.100 Mit 98 Surez, DM 6.7.6; 230b, 1 – 9: „Unde facile etiam expeditur similis quaestio, an universalia sint substantiae vel accidentia. Haec enim quaestio, sicut et praecedens, non fit proprie de intentione universalitatis; illa enim, cum non sit quid reale, sed solum denominatio, vel relatio rationis, neque est vere substantia, neque accidens, neque corpus, neque spiritus, quanquam per modum accidentis incorporei concipienda sit.“ 99 Surez, DM 6.9.24; 244a, 4 – 7: „Ad rationem respondetur, dupliciter nos posse loqui de genere et differentia. Primo, ut a parte rei existunt; secundo, ut per intellectum praescinduntur.“ 100 Surez, DM 2.6.7; 100b, 51 – 101a, 15: „Quarta igitur opinio, et quae mihi probatur, est, hanc contractionem seu determinationem conceptus objectivi entis ad inferiora non esse intelligendam per modum compositionis, sed solum per modum expressioris conceptionis alicuius entis contenti sub ente; ita ut uterque conceptus, tam entis quam substantiae, verbi gratia, simplex sit, et irresolubilis in duos conceptus, solumque differant, quia unus est magis determinatus quam alius. Quod in ordine ad conceptus formales recte explicatur; differunt enim solum quia per unum expressius concipitur res, prout est in se, quam per alium, quo solum confuse concipitur, et praecise secundum aliquam convenientiam cum aliis rebus;

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Rcksicht darauf, daß man auf jeder Abstraktionsstufe dasselbe Ding erkennt, und zwar einmal als Individuum und einmal als Art- oder Gattungsexemplar, kann man allerdings sagen, daß es nicht nur etwas Individuelles, sondern auch etwas Gattungs- und Differenzartiges in sich trgt, denn je nach Genauigkeit oder Ungenauigkeit des Begriffs erkennt man es als Artexemplar oder als Gattungsexemplar.101 Scheibler erwhnt diese Meinung, die Locke nicht ferne lge, hlt sie aber fr berflssig: Einige sagen, daß die gemeinsame Natur nicht durch das Hinzutreten individuierender Bestimmungen, sondern nur durch einen deutlicheren Begriff zur Individualitt konkretisiert wird, aber so weit muß man nicht gehen, denn in geschaffenen Individuen finden sich gengend Grnde fr die Annahme einer Zusammensetzung, die die gemeinsame Natur konkretisiert.102 Auch S´miglecki referiert die These und erçrtert sie differenziert in der Vierten Disputation; zumindest durch solche Passus ist sie in Lockes schulphilosophischem Umfeld prsent. Einige Neuere behaupten, schreibt S´miglecki, daß das Allgemeine nicht eine einzige ungeteilte Natur in vielen Individuen ist und daß es nicht aller Individualitt entbehrt. Sie halten es nmlich fr eine individuelle Natur, die nur unbestimmt und unter dem Gesichtspunkt der Erfordernisse einer Definition begriffen wird. Deswegen sei diese Natur zwar ihrer Definition und ihrem formalen Begriff nach mehreren Individuen gemeinsam, als solche aber individuell.103

hoc autem totum fieri potest sine propria compositione per solam cognitionem confusam vel distinctam, praecisam vel determinatam.“ 101 Surez, DM 6.9.12; 239b, 24 – 31: „Quarto itaque modo possunt haec comparari, pront in re existunt in una et eadem specie, et in uno et eodem individuo talis speciei, et hoc sensu revera intenditur haec comparatio in praesente quaestione, et in eodem sensu dicimus, in Petro, verbi gratia, non distingui ex natura rei esse sensitivum a rationali, nec gradum animalis a gradu hominis.“ 102 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l.1, c. 7, tit. 3, n. 43 – 44; 93: „Dicunt aliqui naturam communem contrahi ad esse singulare, non per aliquod additum, sed solum per expressiorem conceptum superioris, qui tamen sit aeque simplex, ac conceptus naturae communis […] Sed eo devenire hic necessarium non est. Nam inveniuntur in individuo creato, fundamenta sufficientia ad inducendam compositionem in individuo, quae contrahat naturam communem, ut prius dictum.“ 103 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 4, q. 4; 145: „Secunda sententia est quorundam Recentiorum dicentium vniversale non esse naturam vnam et indivisam in multis, nec expertem omnis singularitatis, sed esse naturam singularem, indeterminate tamen conceptam et sub vna communi ratione definitiva; ita vt secundum eandem definitionem et conceptum formalem, sit communis multis, etsi in se sit singularis.“

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A5b. Surez’ konzeptualistische Position: Gattungen und Arten beruhen auf Ttigkeiten des Verstandes. – Nach Surez entsteht eine Art dadurch, daß der Verstand die abstrahierte Natur als etwas denkt, das in mehreren Individuen zugleich ist oder sein kann; aber diese Vervielfltigung einer Wesenheit in Individuen ist nichts Reales, sondern etwas Gedachtes. Sie entsteht durch eine reflexe, des nheren durch eine vergleichende Ttigkeit des empfangenden Verstandes, fr die es eine Grundlage in der Sache gibt, denn der Verstand nimmt hnlichkeiten von Individuen mit abstrakten Begriffen zum Anlaß ihrer Zuweisung zu Arten. Die allgemeine Einheit von Gattungen und Arten, die von der formalen Einheit des absoluten Allgemeinen und von der individuellen oder numerischen Einheit der Individuen verschieden ist, kommt abstrakten Naturen erst zu, wenn der Verstand sie mit Individuen verglichen hat; sie hngt von Ttigkeiten des Verstandes ab und kann unabhngig von ihnen nicht bestehen.104 Durch hnlichkeit wird nichts so eines, daß es mehreren Individuen real gemeinsam wre, denn hnlichkeit ist eine Art von Verschiedenheit. Doch ist es mçglich, sich hnliche Dinge so vorzustellen, als wren sie durch eine als allgemein betrachtete Natur miteinander vereinigt, und in solchen Fllen entsteht eine gedachte Relation. Ohne den Verstand, der diese Relation denkt, gbe es weder Artexemplare noch Einheit der Art. Andererseits gbe es ohne die hnlichkeit, die zwischen Artexemplaren besteht und die nicht vom Verstand, sondern von den Dingen herrhrt, auch keinen Anlaß fr den Verstand, durch Denken die Einheit einer Art herzustellen. Wenn demgegenber Autoren davon reden, daß die gemeinsame Natur sich tatschlich aufgrund einer hçheren Fhigkeit in viele Individuen ergießen kann, dann handelt es sich um etwas Ausgedachtes; diese Meinung hngt mit der Unvollkommenheit unserer Dingerkenntnis zusammen, ist aber unbegrndbar und in jeder Hinsicht unntz. In Wirklichkeit gibt es nichts dergleichen, auch kann man ohne diese Annahme den Umstand erklren, daß mehrere Individuen einander hnlich sind. Wer Wissenschaft betrei-

104 Surez, DM 6.5.1; 222a, 10 – 11 und 14 – 20: „Universalitas est per intellectum cum fundamento in re. […] Dicendum itaque est unitatem universalem per intellectus functionem insurgere, sumpto ex ipsis rebus singularibus fundamento seu occasione. Atque ita esse quamdam unitatem rationis, convenientem naturis, prout objiciuntur menti, et per denominationem inde insurgentem.“ – DM 6.2.8; 208b, 20 – 26: „Tertia opinio est, naturas fieri actu universales solum opere intellectus, praecedente fundamento aliquo ex parte ipsarum rerum, propter quod dicuntur esse a parte rei potentia universales. Haec sententia communis est antiquorum et recentium philosophorum, cum Aristotele […]“.

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ben und Definitionen bilden will, der kommt auch ohne solche Ideenmonstra aus.105 A5c. Der Unterschied zwischen Individuen und dem Allgemeinen, sofern es in Individuen existiert, ist ein Vernunftunterschied mit einer Grundlage in der Sache. – Trotzdem besteht nach Surez zwischen dem Allgemeinen und der Wirklichkeit eine enge Beziehung. Er betont, daß das Allgemeine zwar ein Werk des Verstandes ist, daß es aber zugleich eine Grundlage in der Sache hat: Der Unterschied zwischen Individuum und gemeinsamer Natur grndet auf denkunabhngigen hnlichkeiten zwischen Dingen. Die Meinung, daß die Bildung des Allgemeinen ihr Recht auch von den Dingen nimmt, gehçrt zu den Prinzipien realistischer Konzeptualismen: Die Dinge geben dem Verstand durch ihre hnlichkeit den Anlaß zu seiner vergleichenden Ttigkeit und sind mithin fr ihn zugleich occasio und fundamentum (in re). Manchmal treibt allerdings der Verstand seine Arbeit zu weit und denkt sich eine gemeinsame Natur aus, an der nichts Individuelles mehr ist und die er als ein einziges und ungeteiltes Seiendes begreift, das trotzdem vielen Individuen gemeinsam sein und unmittelbar dazu geeignet sein soll, von ihnen ausgesagt zu werden. Doch ist es evident, daß es ein solches aktuelles Allgemeines nicht gibt.106 In Wirklichkeit ist die gemeinsame Natur nicht tatschlich, sondern nur fr den Verstand eine einzige: Er denkt sie sich als eines, aber nicht aus Willkr, sondern aufgrund von hnlichkeiten zwischen Dingen, die ihm bei diesem Gedanken als Grundlage in der Sache dienen.107 Absolutes und relatives Allgemeines 105 Surez, DM 6.4.13; 221b, 51 – 222a, 5: „Si autem (ut magis verba sonant) naturam posse multiplicari multis, intelligatur per modum superioris aptitudinis cujusdam naturae communis, quae, cum una sit, concipiatur tanquam sese diffundens et communicans multis, hoc est opus rationis, et modus intelligendi noster; nam in re nihil hujusmodi antecedit, neque necessarium est ad multiplicationem individuorum inter se similium.“ – DM 6.2.2; 206b, 50 – 207a, 3: „[…] alioqui eadem ratione dandum esset animal separatum ab omnibus speciebus animalium, et vivens separatum ab omnibus generibus viventium, et sic de caeteris quidditativis praedicatis, quae omnia sunt impossibilia, et inutilia prorsus, quia neque ad scientiam, neque ad definitiones tradendas oportet hujusmodi idearum monstra confingere.“ 106 Surez, DM 6.2.5; 207b, 14 – 20: „[…] si per universale in actu intelligatur natura ab omni individuatione abstracta, quae concipitur per modum unius entis indivisi, et communis multis, et habentis proximam aptitudinem, ut de illis praedicetur, sic per se notum est universale in actu ut sic non esse in rebus […]“. 107 Surez, DM 6.1.2; 201b, 39 – 48: „Alii vero existimant in singulis individuis habere naturam formalem unitatem ratione distinctam a numerali, hanc vero

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sind Hervorbringungen des Verstandes; er versucht, mit der Vielfalt der Individuen fertig zu werden, die seine Fassungskraft bersteigt. Wer sagt, daß verschiedene Individuen an derselben Wesenheit Anteil haben, der meint, wenn er vernnftig spricht, daß sie einander hnlich sind; und diese hnlichkeit hat unter anderem zur Folge, daß dieselbe Definition zu ihnen allen paßt. Aber Definitionen macht nicht die Wirklichkeit, sondern der Verstand. Wenn man zwei wirklich existierende Menschen zugleich anschaut, dann stellt man fest, daß beide zusammen weder ungeteilt noch eines sind – es ist nur einiges an diesem einigem an jenem hnlich.108 Diese hnlichkeiten kommen nicht vom Verstand, sondern von den Dingen, und ihnen ist es zu danken, daß sich der Verstand bei der Bildung von Universalien auf etwas Wirkliches sttzt.109 Auch Locke wird andeuten, daß der Verstand zwar Gattungen und Arten macht, daß er aber die bereinstimmungen zwischen Dingen, die ihm dabei zum Anlaß dienen,

multiplicari in individuis cum unitatibus individualibus, et consequenter non esse unitatem aliquam, quae secundum veram unitatem realem eadem sit in multis individuis, sed solum secundum quamdam convenientiam vel similitudinem. Et in hoc etiam puncto haec posterior sententia magis probatur […]“. – DM 6.1.15; 205b, 32 – 36: „[…] ita enim [unitas formalis] est communis, sicut ipsa natura, cujus est unitas. Natura autem non est communis secundum rem, sed secundum rationem vel fundamentalem similitudinem […]“. 108 Surez, DM 6.2.13; 210b, 10 – 34: „Dicetur fortasse in rebus non solum reperiri eam unitatem formalem, qua unaquaeque natura humana, verbi gratia, dicitur in se formaliter una, sed etiam reperiri unitatem, qua omnes humanae naturae dicuntur habere eamdem rationem formalem, et consequenter formalem unitatem, ratione cujus eamdem definitionem participant, et omnes homines a parte rei dicuntur esse ejusdem naturae. Sed contra, nam haec revera non est unitas, sed similitudo tantum; nihil enim vere unum et in re indivisum est a parte rei in hac et in illa humana natura, sed solum in hac est aliquid cui aliquid simile est in altera natura; haec autem non est realis unitas, sed similitudo. Unde solum possunt res plures dici a parte rei ejusdem naturae, id est similis: haec enim identitas, cum dicatur esse inter res distinctas, non potest in re ipsa quidpiam esse praeter similitudinem, ratione cujus dicuntur etiam participare, seu habere eamdem definitionem, fundamentaliter quidem ex vi dictae similitudinis, formaliter autem per rationem, nam definitio opus rationis est.“ 109 Surez, DM 6.4.13; 221b, 18 – 21: „[…] concedo antecedens, scilicet res aliquas individuas posse similes in specie multiplicari, esse fundatum in rebus ipsis, et non in operatione intellectus […]“. – DM 6.4.15; 205b, 34 – 36: „Natura autem non est communis secundum rem, sed secundum rationem vel fundamentalem similitudinem […].“

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nicht selber herstellt, sondern von der Erfahrung entgegennimmt.110 Die Zusammensetzung der Art aus nchsthçherer Gattung und spezifischer Differenz (compositio metaphysica), von der in der metaphysischen Artlehre die Rede ist, ist ebenfalls nur ein Werk des Verstandes; Gattung und Differenz sind weder real noch modal verschiedene Bestandteile der Artwesenheit, sondern unterscheiden sich bloß dem Gedanken nach von ihr, und auch dieser Unterschied hat eine Grundlage in der Sache:111 Menschen sind Sinneswesen, aber sie haben auch Vernunft. A5d. Surez’ Kritik an den nominales. – Whrend heute der Ausdruck „Nominalismus“ im engen Sinn die Theorie bezeichnen kann, daß das Allgemeine aus Art- und Gattungsnamen besteht, kann der jngere Ausdruck „Konzeptualismus“112 die Meinung bezeichnen, daß Art- und Gattungsbegriffe bereits vor generellen Namen allgemein sind. Nicht nur in modernen, sondern auch in vor- und frhneuzeitlichen Texten werden Konzeptualisten hufig als nominales bezeichnet. Surez’ Universalienlehre steht am ehesten konzeptualistischen Positionen nahe, denn das Allgemeine ist fr ihn primr etwas Gedachtes. Zugleich betont er die enge Beziehung der Universalien zur Wirklichkeit, vertritt also etwas, das Philotheus Boehner mit einer Kampfparole als realistischen Konzeptualismus bezeichnet hat: Der Verstand bildet abstrakte Begriffe im Blick auf wirkliche Individuen und deren Verhltnisse.113 Die Nhe seines Entwurfs zu Positionen der sogenannten nominales ist Surez nicht verborgen. Er bestreitet deren Behauptung, daß man nur Begriffe in ihrer Reprsentationsfunktion und Wçrter in ihrer Bezeichnungsfunktion als allgemein bezeichnen darf und daß sich Definitionen und Wissenschaften nur mit

110 Zum Beispiel Brief Nr. 1592: Locke an W. Molyneux, 20. Januar 1693; De Beer, Correspondence IV (1979); 626. – ltere Fundstelle: Mr. Locke to Mr. Molyneux, Oates, Jan. 20, 1692/3; Works IX 305, 38 – 41. 111 Surez, DM 6.9.21; 243 a, 11 – 12: „Compositio ex genere et differentia, compositio rationis.“ – DM 6.9.26; 244b, 15 – 18: „[…] respondetur, genus et differentiam non comparari ad speciem ut partes ex natura rei distinctas, sed solum ratione.“ – DM 6.9.8; 238b, 22 – 27: „Vera ergo sententia est, haec omnia [unitatem generis, differentiae, speciei] ratione distingui, sumpto aliquo fundamento ex rebus ipsis, non tamen esse veram aliquam et actualem distinctionem aut realem, aut ex natura rei inter omnes hujusmodi gradus, prout a parte rei conjuncti existunt.“ 112 S. HWPh, „Konzeptualismus“; 4, 1086 – 1091 (W. Hbener), und HWPh, „Nominalismus“; 6, 874 – 877 (F. Hoffmann). 113 Boehner 1958; 156 – 174: The realistic conceptualism of Ockham.

A5. Gedachtes Allgemeines und wirkliche Dinge

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Begriffen und Wçrtern beschftigen.114 Abgesehen von dieser unangemessenen Art, ber die Rolle des Allgemeinen zu reden, hat er gegen die nominales wenig einzuwenden. Sie mçchten zeigen, daß Allgemeinheit nichts in den Dingen selber ist, sondern daß sie ihnen dadurch zukommt, daß der Verstand sie sich vorstellt und im Blick auf Begriffe benennt; und damit haben sie nach Surez’ Meinung auch recht. Man braucht sich also mit ihrer Widerlegung nicht lange aufzuhalten. Sie leugnen nicht, daß die Naturen, die wir als allgemein bezeichnen, auf eine bestimmte Weise auch in den Individuen sind, denn Individuen stimmen tatschlich in einigen Punkten miteinander berein und in anderen nicht.115 Dagegen bestreiten die nominales zu Unrecht, daß Beweise und Definitionen die Dinge selbst betreffen. In Wirklichkeit handeln Wissenschaften nicht nur von Namen und Vorstellungen, sondern zugleich von den Dingen, von denen wir diese Vorstellungen bilden und die wir mit diesen Namen bezeichnen. Die Benennung „allgemein“ kommt Vorstellungen zu, die sich letztlich auf etwas Dingliches beziehen, und dieses Dingliche ist wirklich.116 Die Theorie, daß sich die Wissenschaft mit dem Allgemeinen und nicht mit dem Singulren beschftigt, luft nicht darauf hinaus, daß sie sich nur mit Begriffen oder Namen beschftigt, sondern darauf, daß sie sich auch mit 114 Surez, DM 6.2.1; 206a, 40 – 45: „Et in hoc omnes Philosophi et Aristotelis interpretes conveniunt, Nominalibus exceptis, qui voces solum aiunt esse universales in significando, et conceptus universales in repraesentando, et circa hos proxime versari definitiones et scientias […]“. 115 Surez, DM 6.2.1; 206a, 49 – 206b, 10: „Et merito reprehendendi sunt quoad aliquos loquendi modos, nam in re fortasse non dissident a vera sententia; nam eorum rationes huc solum tendunt, ut probent universalitatem non esse in rebus, sed convenire illis prout sunt objective in intellectu, seu per denominationem ab aliquo opere intellectus, quod verum est, ut infra dicam. Et ideo in referendis et solvendis eorum argumentis non est quod immoremur; nam ea nihil omnino obstant quominus verum sit naturas, quae denominantur universales, in singularibus esse, ipsaque singularia habere inter se aliquid in quo conveniant, vel similia sint, et aliquid in quo differant, seu distinguantur.“ 116 Surez, DM 6.2.1; 206b, 10 – 17: „Unde falso negant demonstrationes aut definitiones dari de rebus, quia scientiae non sunt de nominibus et conceptibus formalibus nostris, sed directe de rebus seu conceptibus objectivis. Quapropter, licet denominatio universalitatis rebus proveniat ex conceptibus, tamen res sic denominatae reales sunt, et in rebus existunt.“ – Surez nimmt die nominales gegen Vorwrfe in Schutz, die er fr unangemessen hlt. Als Beispiel s. DM 6.9.7; 238b, 15 – 21: „Quae opinio attribui potest Nominalibus, quatenus omnino negant haec universalia in rebus reperiri; vix autem credibile est opinionem hanc in mentem alicujus philosophi venisse, ut argumenta in principio facta ad minimum concludunt.“

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Kapitel A. Das Allgemeine in Surez’ Disputationes metaphysicae

den Individuen beschftigt, die die gegenstndlichen Korrelate von Begriffen und Namen sind. Weil die nominales das nicht hinreichend bercksichtigten, haben sie sich falsch ausgedrckt. Aber in der Sache unterscheiden sie sich kaum von den Vertretern der richtigen Meinung.117 A5e. Ausblick. – Konzeptualistische Theorien wie die von Surez leben bei neuzeitlichen Autoren fort, wenngleich die Prsentation sich ndert. Einschlgige Autoren, Texte und Spezialkontroversen werden kaum noch erwhnt, und vor allem außerhalb der Schulen wird die Anzahl der Termini und der bercksichtigten Details drastisch verringert. Auch legen Schulbcher jetzt besonderen Wert auf bersichtlichkeit der Darstellung und leichte Erlernbarkeit; es ist verstndlich, daß damalige Studenten die neue Art der Wissensvermittlung, die sich im 17. Jahrhundert ausbreitet und die heute oft als flach empfunden wird, als Wohltat schtzten. Bei Autoren, die sich von der Schulphilosophie distanzieren, treten an die Stelle des InsiderVokabulars weitgehend umgangssprachliche Redeweisen, und das ist ein Indiz dafr, daß jetzt neue Gruppen ins Spiel kommen wollen. Aber obwohl die Theorien dadurch ein schlichteres Aussehen erhalten und obwohl die Anzahl der eingefhrten Begriffe schrumpft, ndert sich an der Sache selbst nur wenig. Viele Autoren bleiben bei elementaren Annahmen konzeptualistischer Universalienlehren: Das absolute Allgemeine oder das Allgemeine der Ideen ist eine Hervorbringung des Verstandes, die er aus singulren Vorstellungen bildet, und das relative Allgemeine oder das Allgemeine der Gattungen und Arten entsteht dadurch, daß der Verstand Individuen aufgrund ihrer hnlichkeit untereinander oder aufgrund ihrer hnlichkeit mit einer abstrakten Vorstellung eine ußere Benennung verleiht, die sie als Artexemplare erkennbar macht. Die so entstehende Allgemeinheit ist etwas Gedachtes, aber ihr Anlaß sind hnlichkeiten zwischen wirklichen Dingen, denen es zu danken ist, daß wir vermittelst allgemeiner Ausdrcke Informationen ber die Wirklichkeit formulieren, bermitteln und verstehen kçnnen.

117 Surez, DM 6.5.3; 223b, 9 – 18: „Et hoc modo dicitur esse scientia de universalibus, et non de singularibus, non quia sit de nominibus, et non de singularibus, sed quia est de conceptibus objectivis communibus, qui, licet in re ipsa non distinguantur a singularibus, distinguuntur tamen ratione, et hoc satis est ad omnes locutiones praedictas. Quod non satis adverterunt Nominales, et ideo aliter locuti sunt, quamvis in re non multum a nobis differant, ut diximus.“

Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi B1. Einleitung B1a. Gassendi. – Dieses Kapitel hat die Aufgabe, eine der damals beachteten Alternativen zu schulphilosophischen Universalienlehren zu skizzieren. Sie unterscheidet sich deutlich von der, die spter Locke entwickelt, aber manchmal macht dieser von hnlichen Mçglichkeiten Gebrauch. Auf Analogien wird hingewiesen, doch werden auch hier noch keine Rezeptionsfragen erçrtert – es handelt sich sozusagen um eine Besichtigung. Von den Schriften des damals prominenten Autors Pierre Gassendi (1592 – 1655) waren die Fnften Einwnde gegen Descartes’ Meditationes in Descartes-Ausgaben verbreitet; Gassendi verçffentlichte sie 1644 zusammen mit Descartes’ Entgegnungen und seinen Antworten unter dem Titel Disquisitio metaphysica; auf die Bedeutung dieser Auseinandersetzung, in der sich Grundannahmen von Gassendis spterer Philosophie schon andeuten, hat Olivier Bloch hingewiesen.1 Die Exercitationes paradoxicae von 1624/1649 gehçrten zu Lockes Zeit zur antiaristotelischen Standardliteratur; whrend Kroll die Ansicht vertrat, sie seien „entirely commonplace“, wiesen E. und F. S. Michael darauf hin, daß sich in ihnen schon Gassendis Ansichten ber die Wissenschaftstheorie der aristotelischen Richtung abzeichnen.2 Das Syntagma philosophiae Epicuri („Kleines Syntagma“) von 1649 umreißt in gedrngter Form die Grundlagen der Philosophie Epikurs, weicht aber von Gassendis eigenen Meinungen gelegentlich ab. 1658 erschienen postum Gassendis Opera omnia, die mit dem Syntagma philosophicum („Großes Syntagma“) beginnen; es enthlt eine knappe Logik, eine korpuskularistische Physik und eine Ethik. Robert Boyle, mit dem Locke zeitweise eng zusammenarbeitete, kannte und empfahl Schriften Gassendis. Die von ihm geschtzten Animadversiones in decimum librum Diogenis Laertii (Lyon 1649) wurden in die Ausgabe von 1658 nicht aufgenommen, doch arbeitete der Herausgeber Teilabschnitte in andere Texte ein. Ausgaben des Syntagma philosophiae Epicuri und der Institutio 1 2

Bloch 1971; 133 – 134. Kroll 1984; 342, und Michael 1990; 387.

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

Logica erschienen 1660 und 1668 in London, auch arbeitete Thomas Stanley betrchtliche Teile des Kleinen Syntagma in seine Darstellung der Philosophie Epikurs ein. Gassendis Philosophie war ein Versuch, unter Bercksichtigung Epikurs eine moderne Alternative zur peripatetischen Schulphilosophie zu entwickeln.3 Auf den folgenden Seiten geht es vor allem um technische Einzelheiten der Gassendischen Lehre vom Allgemeinen, auf deren philosophische Tragweite Olivier Bloch hingewiesen hat.4 Die Darstellung der Universalienlehre in der Institutio Logica ist sehr gedrngt und lßt viele Fragen offen. Die Herkunft der dabei vertretenen konzeptualistischen Thesen, die gelegentlich an Gassendis Landsmann Petrus Aureolus erinnern, ist nicht geklrt; Bloch fhrt sie auf allgemeine Schulkenntnisse Gassendis und auf zeitgençssische Diskussionen zurck.5 Im Text gibt Gassendi schulphilosophischen Unterscheidungen nicht viel Raum. Sachlich erinnern einige Positionen Lockes an ußerungen Gassendis ber das Allgemeine, doch finden sich nur wenige Texthnlichkeiten. Dabei ist vor allem an einen Passus in den Exercitationes zu denken: „grandia haec vniuersalia“, ber die in den Schulen so große und unangemessene Znkereien entbrannten, sind nichts anderes als das, was die Grammatiker Benennungsnamen (nomina appellativa) nennen, zum Beispiel „Mensch“, „Pferd“ und alles, was mehreren Individuen zugeschrieben

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Detel 1978 hat gezeigt, „daß Gassendi nicht nur quantitativ ber die drftigen, aus der antiken Literatur berlieferten Qualittenerklrungen erheblich hinausgeht. Das Bemhen um theoretische Einbettung und Verwendung der atomistischen Definitionen zu Erklrungszwecken offenbart ein gegenber Epikur neues Verstndnis von der Mçglichkeit der Sicherung physikalischer Hypothesen, die zwischen wahrnehmbarem und nicht wahrnehmbarem Bereich vermitteln […] Zweifellos haben die atomistischen Definitionen der Qualitten nur geringen empirischen Gehalt, weil sie auf zu einfachem Wege, mittels substantieller Analogie, gewonnen werden, statt durch bertragung theoretischer Gesetze auf den atomaren Bereich (strukturelle Analogie). Aber es ist, wie bereits bemerkt, zu bedenken, daß die hierfr erforderlichen Gesetze der klassischen Mechanik noch nicht bekannt waren. Der Versuch, das atomistische Forschungsprogramm im Rahmen der gegebenen Mçglichkeiten deduktiv-hypothetisch zu berprfen, ist in Gassendis Buch De Materiali Principio Rerum im Gegensatz zu den antiken Texten kaum zu bersehen.“ (118 – 119) Bloch 1971; 110 – 147; speziell zur Institutio logica s. dort S. 141 – 147. Bloch 1971; 112: „Sans doute la connaissance qu’il manifeste des th ses du nominalisme m di val proc de-t-elle moins d’une lecture directe des auteurs que des expos s et discussions scolaires, et de la diffusion g n rale du th me nominaliste depuis le 15e si cle chez tous les adversaires de la scolastique traditionnelle.“ – Einschlgige Texte von Petrus Aureoli zitiert Dreiling 1913.

B1. Einleitung

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wird.6 Der Text zeigt wenig spter, daß es sich um eine pointierte Ausdrucksweise handelt, denn er erklrt, daß Allgemeinheit eine Eigenschaft sowohl von Wçrtern als auch von Begriffen ist.7 Locke, der gelegentlich ebenfalls mitteilt, daß das Allgemeine aus generellen Namen besteht, erklrt an der hnlich klingenden Stelle Essay 3.3.9, daß „this whole mystery of Genera and Species, which make such a noise in the Schools“, in nichts anderem besteht als in mehr oder weniger umfassenden abstrakten Ideen mit Namen. Auch eine Wendung in Essay 3.3.20 greift das Motiv vom Hochspielen des Themas auf: „[…] all the great Business of Genera and Species, and their Essences“. 8 Hier gibt es einige hnlichkeiten in der Formulierung. B1b. Allgemeines und partikulres Wissen. – Allgemeines Wissen wird nach Gassendi aus partikulrem Wissen gewonnen, ist aber bestndiger und faßbarer. Bestndiger, weil das, was der Verstand von einem Einzelding weiß, bei dessen Vergehen hinfllig wird, whrend allgemeines Wissen langlebig ist, denn auf jedes Einzelding, das vergeht, folgen andere, zu denen dieselben allgemeinen Bestimmungen passen.9 Ferner ist allgemei6

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Bei den lateinischen Zitaten verzichte ich mit Rcksicht auf die Suchbarkeit von Stellen auf die Wiedergabe von „Æ/æ“, „Œ/œ“ und „&“, auf die Unterscheidung von „s“ und „s“ und auf die Akzentuierung lateinischer Vokale. Die Verwendung von „u“ und „v“ sowie von „i“ und „j“ in den Vorlagen versuche ich dagegen zu bernehmen. Bei der Lyoner Ausgabe, die keine Zeilenzhlung druckt, kann man pro Spalte von 68 Zeilen ausgehen. Zur Erleichterung des Auffindens von Stellen zhle ich die Zeilen und gebe Zeilennummern an; Leerzeilen werden dabei nicht bercksichtigt. – Die zitierte Gassendi-Stelle findet sich in Ex. 2.2.3; III 159a, 13 – 19: „Caeterum vt appareat quam abs re tantae hoc loco contentiones excitentur, cogita nihil esse aliud grandia haec vniuersalia, quam quae Grammatici vocant nomina Appellatiua, verbi causa hominem, equum, et quaecumque tribuuntur pluribus […]“. Gassendi, Ex. 2.2.5; III 160b, 56 – 57: „Vnde et tota vniuersalitas est semper penes conceptum aut vocem […]“. Locke, Essay 3.3.9; 412, 27 – 31: „To conclude, this whole mystery of Genera and Species, which make such a noise in the Schools, and are, with Justice, so little regarded out of them, is nothing else but abstract Ideas, more or less comprehensive, with names annexed to them.“ – Essay 3.3.20; 420, 17 – 21: „To conclude, this is that, which in short I would say, (viz.) that all the great Business of Genera and Species, and their Essences, amounts to no more but this, That Men making abstract Ideas, and settling them in their Minds, with names annexed to them […]“. Gassendi, Phys. 3/2.9,5; II 462a, 53 – 62: „Deinde, quod cum vnaquaeque res singularis interitui obnoxia sit, et quicquid de ipsa Intellectus nouit, cum ea pereat, et quae est deinceps illius notitia, rei non existentis sit; res vniuersalis, seu, mauis, vniuerse considerata, sit longe constantior, quatenus istis, aliisque singularibus

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

nes Wissen faßbarer als Wissen ber Individuen, weil es sehr schwer, wenn nicht unmçglich ist, all die besonderen Differenzen und Eigenschaften von Individuen zu kennen; dagegen ist es leicht, gemeinsame Eigenschaften von ihnen zu kennen, denn diesen liegen immer wahrgenommene Akzidentien zugrunde, und zwar umso weniger, je allgemeiner die Betrachtung wird.10 Mit solchen Bemerkungen unmittelbar vergleichbare Essay-Stellen finde ich nicht. Der menschliche Verstand hat nach Gassendi darber hinaus die Besonderheit, nicht nur dieses oder jenes Allgemeine, sondern auch Natur und Beschaffenheit des Allgemeinen berhaupt und sogar sich selbst zu erkennen, freilich nicht im Rahmen seiner direkten, sondern im Rahmen seiner reflexen Ttigkeit.11 Auch Gassendi ordnet die Selbstwahrnehmung der Reflexion zu, und zwar mit dem Ausdruck „reflexe Ttigkeit“, dessen englisches Pendant (reflex act) in Lockes Essay nur einmal vorkommt;12 damit vertritt Gassendi keine Sondermeinung, sondern hlt sich an schulphilosophische Gepflogenheiten. Er erinnert wie Surez und Locke an die Defektivitt des Allgemeinen, geht aber auch auf seine Vorzge ein. Zum Beispiel erwhnt er die Wichtigkeit von Universalien fr das menschliche Wissen, wenngleich mit anderen Akzenten als Locke. Der Verstand bildet Universalien, weil er nach Wissen strebt, und vor allem um ihretwillen hlt man ihn fr wissend, denn seine eigentliche Aufgabe besteht darin, generelles Wissen zu erlangen. Beim partikulren Wissen muß er mit der Sinnlichkeit zusammenarbeiten, aber beim Wissen vom Allgemeinen tut er seine Arbeit allein, und die Sinnlichkeit, die selbst nichts Allgemeines erfassen kann, ist schon zufrieden, wenn sie ihm bei seinem

praetereuntibus, succedunt semper alia, quibus competit, siue inest id quod vniuerse consideratur.“ 10 Gassendi, Phys. 3/2.9,5; II 462b, 1 – 12: „Postremo quod cum difficillimum, ne impossibile dicam, sit rerum singularium differentias, proprietatesque cognoscere, partim quod occultissimae sint, partim quod nisi in vno, in pluribus saltem sint innumerabiles; facile ex opposito sit differentias, proprietatesque vniuersaleis cognoscere, tum quia desumuntur ex iis dumtaxat adiunctis, quae sensus suppeditat, quaeque constituta quasi in propatulo sunt; tum quia illae sunt et numero paucae, et tanto pauciores; quanto res habentur vniuersaliores.“ 11 Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 458b, 41 – 44: „ […] Intellectus, qui ex antedictis percipit sua vi non ipsa modo vniuersalia, sed etiam naturam, conditionemve vniuersalitatis […]“. – Phys. 3/2.9.3; II 452a, 40 – 45: „Spectat consequenter, quod ipse Intellectus, secus ac Phantasia sese ipsum intelligat, ac se adeo esse facultatem ordinis materiali superioris agnoscat. Scilicet non directa quidem, sed reflexa actione id facit […]“. 12 Locke, Essay 2.27.13; 338, 4.

B1. Einleitung

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Fortschreiten helfen darf.13 Die Feststellung, daß die Sinnlichkeit keinen Zugang zum Allgemeinen hat, wird Gassendi nicht daran hindern, der Einbildungskraft, die zu den sinnlichen Vermçgen gehçrt, Fhigkeiten zuzuschreiben, die hnlich leistungsfhig sind wie das Abstraktionsvermçgen des Menschen. B1c. Zweck der Bildung des Allgemeinen. – Im Unterschied zu schulphilosophischen Gepflogenheiten weist Gassendi hnlich wie spter Locke auf Zwecke der Bildung von Universalien hin, zum Beispiel mit der Bemerkung, daß Menschen nicht fr jedes Ding einen Eigennamen lernen kçnnen;14 er erwhnt ausdrcklich, daß man ohne Universalien weder Urteile noch Schlußfolgerungen bilden kann.15 In der Regel entsprechen seine Aspekte nicht denen Lockes. Die Exercitationes legen den Gedanken nahe, daß wir Universalien bilden, damit wir Einzeldinge je nach Zusammenhang mit den passenden Namen versehen kçnnen;16 mit Rcksicht darauf, daß sie anderen Dingen in unterschiedlichen Graden hnlich oder unhnlich sind, bekommen sie verschiedene Namen. Zum Beispiel bezeichnet man Platon im Hinblick auf seine hnlichkeit mit Sokrates und Demosthenes als Menschen, im Hinblick auf seine hnlichkeit mit Pferden und Lçwen als Sinneswesen, im Hinblick auf seine hnlichkeit mit Krutern und Bumen als Lebewesen, im Hinblick darauf, daß er in Eigenschaften wie Ausdehnung und Schwere Steinen und Metallen gleicht, 13 Gassendi, Phys. 3/2.9.5; II 462a, 43 – 53: „Dixi nihilominus Intellectum esse potissimum scientem ob scientiam rerum vniuersalium, quasi ex triplici capite: ac primum quidem quod talis scientia opus ipsius proprium sit. Nam ad scientiam quidem rerum singularium participem habet, consortemque sensum; at circa scientiam vniuersalium, peragit ipse per se negotium; sensus autem quasi contentus occasionem ipsi fecisse, vt procedat vlterius, vniuersale nihil attingens in singularibus consistit.“ 14 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93a, 47 – 54: „[…] cum res omnes, quae in Mundo sunt, incurrereque in Sensus possunt, singulares sint, vt Socrates, Bucephalus, hic lapis, haec herba, et caeterae res digito demonstrabiles (id nempe defectu nominum propriorum, quibus singularia omnia designentur) non possunt profecto ideae, quae ex illis in Mentem transeunt, inque ipsa haerent, singulares non esse.“ 15 Gassendi, Phys. 3/2.9.3; II 450b, 63 – 67: „Et quomodo quidem ex simplicibus apprehensionibus enunciationes, ex enunciationibus argumentationes formentur, ac id peragatur non sine deprehensu vniuersalium vniuersaliorumque rerum […]“. 16 Gassendi, Ex. 2.2.4; III 160a, 12 – 18: „Ita ergo vniuersalia videntur esse efficta, et excogitata, adeo proinde vt vna, eademque particularis res propter varios cum caeteris similitudinis gradus varia sortiatur nomina, in quibus conueniat cum similibus, et per quae a dissimilibus discernatur […]“.

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

als Kçrper, im Hinblick auf seine hnlichkeit mit Engeln und Gott als Substanz und im Hinblick auf seine hnlichkeit mit Akzidentien wie Quantitt und Qualitt als Seiendes. Aber generelle Namen dienen nicht nur zur Information ber hnlichkeiten, sondern auch zur Unterscheidung von Unhnlichem. Whrend man Platon mit Hilfe seines Eigennamens von Individuen wie Sokrates oder Demosthenes unterscheidet, unterscheidet man ihn mit Hilfe des Gattungsnamens „Mensch“ von anderen Sinneswesen und mit Hilfe des noch allgemeineren Namens „Sinneswesen“ von Pflanzen. Durch solche Prdikationen entsteht nichts real Allgemeines, denn der Benannte bleibt immer Platon, aber durch die Verwendung genereller Wçrter wird klar, in welcher Hinsicht er anderen Dingen hnlich oder unhnlich ist,17 das heißt, mit welchen Dingen er zu derselben Gattung oder Art gehçrt. B1d. Sprecher und Hçrer. – Puster geht auf Gassendis Gedanken ber die Sprache unter dem Gesichtspunkt des Zusammenhangs von klarem Sprechen und Erkennen ein.18 Daß Gassendi die Beachtung von Wortbedeutungen fr wichtig hlt, entspricht einer Regel Epikurs, die im Brief an Herodot berliefert wird: Man muß sich sorgfltig an die Wortbedeutungen halten, damit klar ist, worum es bei Meinungen, Problemen oder Zweifelsfragen geht, und damit Menschen, die uns etwas beweisen wollen, nicht so weit gehen kçnnen, wie sie mçchten, so daß wir nur noch leere Wçrter zu hçren bekommen. Wir mssen also die ursprngliche Bedeutung jedes Worts ins Auge fassen und uns gegenwrtig halten.19 Auch 17 Gassendi, Ex. 2.2.4; III 160a, 18 – 37: „[…] exempli enim causa Plato propter similitudinem, quam habet cum Socrate et Demosthene appellatur homo; et quia similis in aliquo est equo et leoni, appellatur animal, et quia cum arbore et herba, viuens, et quia cum lapide, et metallo corpus, et quia cum Angelo et Deo substantia, et quia demum cum iis, quae vocantur accidentia, quantitate, qualitate et caeteris Ens. Cum et quia per vocem Platonis discernitur a Socrate, ita per vocem Homo ab equo, per vocem Animal a Planta, atque ita de caeteris. Quare et per haec nomina non efficitur propterea aliquid vniuersale, est enim semper vt Plato, ita hic homo, hoc animal, hoc viuens, hoc corpus, haec substantia, hoc ens; sed cum vna res singularis sit, declaratur inde quam varie cum caeteris rebus quidpiam simile, vel dissimile habeat.“ 18 Puster 1991; 102 – 104. 19 Ich zitiere die Stelle aus Diog. Laert. X, §§ 37 – 38, in Gassendis bersetzung. Diogenis Laertij liber decimus; V 14 a, 32 – 47: „Primum igitur, o Herodote, res subiectas vocibus, seu quid voces significent, tenere diligenter oportet, vt habeamus, quo respicientes quaecumque siue opinamur, siue quaerimus, siue ambigimus, diiudicare tuto possimus; neque (dum omnia nos iniudicata praetereunt) tum illi,

B1. Einleitung

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die verschiedenen Rollen von Sprecher und Hçrer, die fr Locke wichtig sind, werden bei Gassendi im Blick auf Epikur erwhnt, wenngleich nur knapp. Er formuliert schon im Syntagma Philosophiae Epicuri Regeln fr angemessenes Hçrer- und Sprecherverhalten; im Vergleich zum Essay ist das wenig, aber im Vergleich zu blichen Schulbchern viel. Der Sprecher soll gebruchliche und verstndliche Wçrter whlen, damit der Hçrer weiß, worauf er hinaus will, und damit er keine Zeit mit erklrenden Umschreibungen vergeudet. Der Hçrer soll versuchen herauszufinden, fr welche Dinge die vom Sprecher verwendeten Wçrter stehen, und nicht mit dem, was er hçrt, einen dunklen oder vieldeutigen Sinn verbinden.20 Beim Umgang mit Ideen haben Hçrer und Sprecher verschiedene Funktionen, denn dem Sprecher wird zuerst das gedachte, dem Hçrer zuerst das gesprochene Allgemeine prsent. Beim Sprechen hat man zuerst eine Idee, unter der man sich das Ding vorstellt, von dem man reden mçchte, zum Beispiel die Idee, im Blick auf die man bei sich selber sagt: ,Das ist ein Mensch‘. Beim Hçren hçrt man dagegen zuerst ein Wort wie „Mensch“ und erkennt erst danach das gemeinte Ding mit Hilfe der zugehçrigen Idee, die man dem eigenen Ideenvorrat entnimmt.21 Denn der Hçrer greift beim Verstehen nicht auf Ideen des Sprechers, sondern auf seine eigenen zu; er qui nobis aliquid demonstrant absque limite progrediantur; tum nos nihil aliud, quam inaneis voces, seu merum verborum sonum, excipiamus. Necesse est enim respicere nos ad illam notionem, significationem-ve primariam, qua vox quaelibet vsurpatur, & ad illius perceptionem nulla egere demonstratione; si habituri quidem simus, quo id referamus, de quo quaeritur, ambigitur, aut opinio fertur.“ 20 Gassendi, Ph. Ep. p. 1, c. 5, can. 1 und 2; III 10a, 22 – 10b, 5: „CANON I. Dum loqueris, delige voces communes, et perspicuas; ne aut ignoretur, quid velis, aut interpretando tempus frustra teras. – CANON II. Dum audis, id enitere, vt vim subiectam vocibus teneas; ne te vel prae obscuritate lateant, vel prae ambiguitate deludant.“ – hnlich Log. Orig. 7, can. 13 und 14; I 55b, 36 – 45, und zwei Briefe an Ludwig von Valois vom September 1642 in: Epist.; VI 153b, 15 – 17, und VI 154a, 30 – 32. 21 Gassendi, Log. Orig. 7, can. 6; I 54b, 42 – 51: „Istud iam insinuauimus, praerequiri nempe in Animo speciem, seu notionem quandam, ad quam semel partem [partam?] deinceps attendentes, rem cuius est, imaginamur. Eiusmodi est enim, v.c. species, ideave illa, ad quam respicientes dicimus apud nosmet-ipsos, Talis res est Homo: quippe et simul atque audimus pronunciari hanc vocem Homo, rem, quae homo est, intelligimus iuxta inexistentem illius animo Anticipationem.“ – hnlich Ph. Ep. p. 1, c. 3 (Druck: 2), c. 2, can. 2; III 8b, 18 – 25: „[…] cuiusmodi est v.c. idea, seu forma, atque species illa, ad quam respicientes, dicimus apud nosmet-ipsos, tale quid est Homo. Quippe simul atque audimus pronuntiari hanc vocem, Homo, illico Hominis effigies intelligitur, iuxta deformatam in Animo praeuiis Sensibus anticipationem.“

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

kann immer nur mit diesen arbeiten, denn ber die Ideen anderer verfgt er nicht; vergleichbare Hinweise finden sich in der Logik von Port-Royal, und auch Locke wird spter dieses Thema oft erwhnen. Mehrdeutigkeiten von Wçrtern fhren leicht dazu, daß der Hçrer als Bedeutung fr einen Namen nicht dieselbe Idee wie der Sprecher whlt, und darauf gehen nach Gassendi wie nach Arnauld und Locke die meisten Lehr- und Meinungsverschiedenheiten zurck, auch machen es sich fast alle Sophismen zunutze.22 B1e. Zeitgençssisches Beispiel. – Vergleichbare schulphilosophische Empfehlungen sind nicht hufig und stark an schulischen Erfordernissen orientiert. Das zeigt ein Text aus der knappen Praxis Logica des BurgersdijckSchlers Adrian Heereboord, die in Oxford als Anhang zu Burgersdijcks Institutiones Logicae erschien. Heereboord schickt voraus, daß der Gegenstand des Verstandes beim Erkennen gewçhnlich als Thema bezeichnet wird.23 Ein einfaches Thema soll man mçglichst mit einem einzigen Wort ausdrcken. Wenn das in der betreffenden Sprache nicht mçglich ist, dann soll man zu einer anderen Sprache greifen, die den Gelehrten gelufig ist. Zusammengesetzte Wçrter soll man in einfache Wçrter auflçsen und diese getrennt erçrtern. Bei neuen Wçrtern ist zu berlegen, ob sie abstrakt oder konkret sind. Bei abgeleiteten Wçrtern muß man die Etymologie zu Rate ziehen, bei mehrdeutigen die verschiedenen Bedeutungen aufzhlen und analysieren; wenn andere Disziplinen sie mit anderen Bedeutungen verbinden, dann muß man diese disziplinweise auflisten. Schließlich soll man Synonyma aus derselben Sprache oder aus anderen Hauptsprachen wie Latein, Griechisch oder Hebrisch angeben, gegebenenfalls auch Vokabeln aus Sprachen anderer Vçlker, und zwar besonders dann, wenn der behandelte Gegenstand bei diesen entstanden oder ihnen besonders gelufig

22 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 14; I 97a, 33 – 38 und 46 – 52: „Perspicuum est enim, si impositum rei nomen ambiguum sit, variaque adeo significet, contingere posse, vt, nomine audito, ideam sub vno eius significatu formemus, quae nobis rem aliam, quam propositam, seu de qua sermo sit repraesentet. […] Ac, vt praeteream maximam partem deludentium homines Sophismatum inde pendere, semper enim vox aliqua aequivoce accipitur; deprehensu facile est rarum esse, vt opiniones, ob quas homines altercantur, non ex eo sint, quod ex eadem voce, aut phrasi hic vnam idem ille aliam Animo fingat.“ 23 Heereboord, Praxis logica, n. 4, in: Burgersdijck, Institutiones logicae, Cambridge 1668; 283: „Quodcunque vero utrovis modo [analytice oder genetice] intellectui cognoscendum proponi potest, unica voce Thema dici consuevit.“

B1. Einleitung

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ist.24 Vergleicht man man diesen Text mit inhaltlich hnlichen Stellen beispielsweise Keckermanns,25 dann fllt auf, wie wichtig fr Heereboord die Belange des Hçrers sind. Zu Heereboords Interesse an der Unterscheidung von Sprecher- und Hçrerfunktionen findet man auch Entsprechungen bei Gassendi, whrend Lockes ußerungen ber Unklarheiten, die durch eine zu enge Verknpfung von Ideen mit Wçrtern entstehen, am ehesten an Arnauld erinnern, dessen Logik Locke besaß.26 Sie warnt zum Beispiel davor, mehr auf Wçrter als auf Dinge zu achten27 oder dieselben Wçrter mit verschiedenen Bedeutungen zu verwenden,28

24 Heereboord, Praxis Logica n. 10, in: Burgersdijck, Institutiones logicae, Cambridge 1668; 286 – 287: „Canones generales, in quovis themate simplici genetice pertractando quoad nomen, sunt hi. 1. Thema simplex unica voce, si fieri potest, proponatur: et si in ea forte lingua in qua tractatio instituitur, thema non habet unam aliquam vocem seu appellationem, ad aliam linguam confugiendum est inter doctos usitatam; ut si agendum sit de naturali parentum amore erga liberos, pro 5. istis vocibus Latinis commodius una vox substituitur Graeca, stoqc^. 2. Si vox sit composita, resolvi debet in simplices: ut si agendum sit de philosophia, est seorsim excutienda vox Graeca utraque, sov_a et v_kor. 3. Ubi vox inventa fuerit, consideretur an sit abstracta, an concreta. 4. Si vox fuerit derivata, adhibenda est ejus originatio seu etymologia. 5. Si vox sit ambigua, resolvendae et enumerandae sunt ejus variae significationes: si una eademque vox aliter in alia disciplina accipitur, colligantur significationes juxta ordinem disciplinarum. 6. Denique subjungenda sunt vocabula aequipollentia, vulgo synonyma, quae vel in eadem lingua vel in linguis aliis principalibus (quales sunt Latina, Graeca, Hebraea) sunt usitata; et addi possunt vocabula ex aliarum gentium linguis petita, praesertim si res de quibus agimus apud illas ortae sunt, vel magis usitatae.“ 25 Zum Beispiel Keckermann, Gymnasium logicum, London 1606, l. 2, c. 3: De tractatione [thematis] simplicis ; 57 – 71. 26 Harrison-Laslett 1971: La logique, ou l’art de penser, Ausg. 1674: Nr. 1803, und Logica, sive ars cogitandi, Ausg. 1674: Nr. 1803a. 27 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 9; 75: „Nous avons d ja dit que la necessit que nous avons d’vser de signes exterieurs pour nous faire entendre, fait que nous attachons tellement nos id es aux mots, que souvent nous considerons plus les mots que les choses. Or c’est vne des causes les plus ordinaires de la confusion de nos pens es et de nos discours.“ 28 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 9; 75: „Car il faut remarquer que quoyque les hommes ayent souvent de differentes id es des mesmes choses, ils se servent neanmoins des mesmes mots pour les exprimer […]“. Ferner ebd.; 75 – 76: „Les mesmes hommes en differens ges ont consider les mesmes choses en des manieres tres-differentes, et neanmoins ils ont to jours rassembl toutes ces id es sous vn

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

auch verweist sie intensiv auf den Nutzen von Definitionen als Mitteln gegen die Unklarheit von Wortbedeutungen.29 B1f. Namen gehen ursprnglich auf die Natur zurck. – Im Kleinen Syntagma wird die Annahme vertreten, daß die Vergabe von Namen ursprnglich kein willkrlicher Akt war; damit ist die Richtigkeit der Charakterisierung von Wçrtern als signa ad placitum zumindest fr die Ursprungszeit der Sprache bestritten. Es handelt sich nicht unmittelbar um eine Meinung Gassendis, sondern um eine Meinung Epikurs, die fr einen Konzeptualisten nicht typisch ist und in Epikurs Brief an Herodot berliefert wird: Wçrter wurden nicht einfach von Menschen eingesetzt, sondern ihre Entstehung hngt mit den natrlichen Dispositionen einzelner Vçlker, mit ihren Gemtsbewegungen und Vorstellungen, aber auch mit ihren geographischen und klimatischen Bedingungen zusammen. Am Anfang beruhten Wçrter weder auf freier Einsetzung durch Sprechende noch auf dem Gebot eines Sprachstifters, sondern die Naturen und natrlichen Dispositionen verschiedener Vçlker wurden von verschiedenen Gemtsbewegungen affiziert und von verschiedenen Erlebnissen und Wahrnehmungen angeregt. Dabei stießen die Menschen die Luft je nach Affekt- und Erlebnislage auf verschiedene Weise aus und artikulierten sie dementsprechend; auch spielten die geographische Lage, das Klima und die Bodenbeschaffenheit eine Rolle. Laute, die so entstanden, wurden am Ende zu Namen von Dingen, und zwar besonders dann, wenn sie andere auf etwas aufmerksam machen sollten. Verbreitete Theorien ber die Entstehung der Sprache sind demnach falsch: Die ersten Menschen gaben Dingen nicht deshalb Namen, weil sie sie genau kannten oder weil es ihnen jemand befahl, denn woher sollten sie das entsprechende Wissen haben, oder wer verfgte damals ber soviel Macht, daß er andere zum Gebrauch

mesme nom; ce qui fait que prononÅant ce mot, ou l’entendant prononcer, on se broille facilement, le prenant tantost selon vne id e, et tantost selon l’autre.“ 29 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 10; 80: „Le meilleur moyen pour viter la confusion des mots qui se rencontrent dans les langues ordinaires, est de faire vne nouvelle langue, et de nouveaux mots qui ne soient attachez qu’aux id es que nous voulons qu’ils representent. Mais pour cela il n’est pas necessaire de faire de nouveaux sons, parce qu’on peut se servir de ceux qui sont d ja en vsage, en les regardant comme s’ils n’avoient aucune signification, pour leur donner celle que nous voulons qu’ils ayent, en designant par d’autres mots simples, et qui ne soient equivoques, l’id e laquelle nous les voulons appliquer.“

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bestimmter Wçrter zwingen konnte?30 Vielmehr gehen Namen am Anfang hnlich wie Husten, chzen oder Bellen auf einen natrlichen Drang zurck, und insofern kann man sagen, daß sie Hervorbringungen der Natur sind.31

B2. Nicht nur Menschen kçnnen verallgemeinern B2a. Kognitive Vermçgen von Sinneswesen: Sinnlichkeit und Einbildungskraft. – Gassendi ist wie spter Locke davon berzeugt, daß kein Sinneswesen außer dem Menschen abstrahieren kann. Er vermutet aber, daß Tiere trotzdem auf eine bestimmte Art verallgemeinern und vielleicht sogar sich sprachlich verstndigen kçnnen. Daß sich Locke mit Stellen aus Gassendis Physik beschftigt hat, die die Seele der Tiere betreffen („Animam brutorum“), ist bekannt;32 ob ihn auch dieses Detail interessierte, kann ich nicht sagen. Bei Sinneswesen nimmt Gassendi drei kognitive Vermçgen (facultates) an, nmlich Sinnlichkeit (sensus), Phantasie oder Einbildungskraft (phantasia, imaginatio) und Verstand (intellectus, mens), den nur der 30 Ich zitiere den Passus aus Diog. Laertius X, §§ 75 – 76, in Gassendis bersetzung; Diogenis Laertij liber decimus; V 28, 51 – 29, 13: „Vnde et intelligitur non fuisse Nomina ab initio ex mero hominum instituto imposita rebus; sed ipsas hominum naturas, naturaleisve dispositiones, quae in gentibus fuere singulis, specialibus animi motibus affectas, & propriis visis, seu imaginationibus compulsas, peculiari quadam ratione aerem ore emisisse, ipsumque elisisse, dearticulasseque, provt singulorum affectuum visorumque impetus tulit; et interdum quoque locorum varietas, seu varius Coeli, solique genius in variis regionibus fuit. Deinceps autem nomina significandis rebus propria apud vnamquamque nationem, quasi ex communi consensu delecta, assignataque fuisse, vt et significatus fierent adinuicem minus ambigui, et res possent eloquio compendiosiore explicari. Cum aliqui autem vellent apud alios inconspectas ipsis res proponere, sonos aliquos ore edidisse; & tum ipsos fuisse coactos voces identidem edere; tum illos ratiocinio quodam, coniecturaque rem assequentes, ex multa denique assuetudine ipsorum mentem intellexisse.“ – Ein hnlicher Text findet sich in Gassendi, Ph. Ep. p. 2, s. 3, c. 20; III 49b, 43 – 61. 31 Gassendi, Ph. Ep. p. 2, s. 3, c. 20; III 50a, 10 – 21: „Concludo proinde primos Homines imposuisse Nomina rebus, non ex certa scientia, aut vnius cuiusquam imperio, vel dictamine (vnde enim illi aut haec scientia fuisset, aut potestas, quae ad vtendum vocibus dictatis plureis cogeret?) sed imposuisse potius, naturali quodam impetu permotos, vt solent, qui tussiunt, sternutant, mugiunt, latrant, ingemiscunt: atque idcirco dici posse esse Nomina non instituto, sed natura, quatenus sunt quidam effectus, ac veluti opera naturae […]“. – Entsprechend Stanley 1701, p. 13, p. 2, s. 3, c. 20; 592a. 32 Driscoll 1972; 90.

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Mensch besitzt. Die Sinnlichkeit hat die Aufgabe, Sinneswesen mit Hilfe der Sinnesorgane mit Wahrnehmungen (species sensibiles) zu versorgen;33 Gassendi weist deutlicher als Locke darauf hin, daß sie zwar passiv ist, sofern sie von den Dingen Eindrcke empfngt, daß aber der Wahrnehmungsakt als solcher etwas Aktives ist.34 Die Einbildungskraft oder Phantasie, bei deren Ttigkeit bereits kein ußeres Organ mehr im Spiel ist, gilt nach der Sinnlichkeit als zweites kognitives Vermçgen.35 Sie vollzieht die Aufgaben, die man gemeinhin dem Sensus communis zuschreibt, und dient darber hinaus als Erinnerungsvermçgen oder Specierum thesaurus,36 denn sie bewahrt die Spuren frherer Wahrnehmungen auf. Eine Spur (vestigium, species impressa, plica) ist dasjenige, was in der Erinnerung von einem Wahrnehmungsakt zurckbleibt. Aus Spuren kann die Einbildungskraft ohne Rckgriff auf ußere Sinne Vorstellungen von Dingen wiederherstellen, die frher einmal sinnlich wahrgenommen wurden. Vorstellungen, die aus Spuren wiederhergestellt werden, heißen bei Gassendi phantasmata oder species expressae. An ihnen bt die Einbildungskraft ihre Ttigkeiten aus, bevor sie aber die ersten Spuren empfngt, gleicht sie einem unbeschriebenen Blatt Papier (charta munda). „Charta munda“ ist eine moderne Substitution fr „tabula rasa“ und entspricht der Lockeschen Version „white paper“. Als Ausdruck fr Gedchtnisspuren verwendet Gassendi das mittellateinische Wort „plica“ (Falte) und denkt dabei vielleicht an einen Kniff in einem Blatt Papier; dazu paßt freilich die Angabe, daß Falten durch den Aufprall von Materieteilchen auf die weiche Gehirnmasse entstehen,37 nicht sehr gut. Die Einbildungskraft bt abge-

33 Gassendi, Phys. 3/2.6.1; II 328a, 1 – 338a, 26. 34 Gassendi, Phys. 3/2.6.1; II 329a, 64 – 329b, 5: „Tametsi enim Aristoteles Sensum esse facultatem, quae moueatur et patiatur velit, […] id tamen verum solum est quatenus species sensibilis excipitur in organo Sensus. Caeterum enim ipse sensus excepta specie reuera agit, hoc est percipit, cognoscitve rem cuius species est; quod cum Alexander, Simplicius, caeterique agnoscerent, docuerunt sensionem receptionem non esse.“ 35 Gassendi, Phys. 3/2.8.1; II 398a, 8 – 14: „SEQUITUR Facultas cognoscens interna; cuius nimirum tota functio sic interius peragitur, vt organum nullum exterius appareat.“ 36 Gassendi, Phys. 3/2.8.2; II 402a, 1 – 405b, 66 und Phys. 3/2.8.3; II 406a 1 – 409a, 23. 37 Gassendi, Phys. 3/2.8.3; II 406a, 59 – 61: „Videtur ergo potius concipi non male quasi charta munda, seu papyri purissimae folium.“ – Zu „plica“ s. zum Beispiel Phys. 3/2.8.21; 405, 45 – 50: „Denique haberi id posse, quasi plicam quandam in cerebro factam (nimirum impacto in rem mollem ictu) quippe hac ratione, quoties

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sehen vom Gedchtnis drei Hauptttigkeiten aus: Sie stellt frhere Wahrnehmungen wieder vor, verbindet sie zu rudimentren Urteilen und gelangt durch deren Verbindung zu rudimentren Schlußfolgerungen.38 Weil man zum Urteilen Prdikate und zum Schlußfolgern Subsumptionsverhltnisse braucht, behauptet Gassendi implizit schon an der angefhrten Stelle, daß die Einbildungskraft auf irgend eine Weise allgemeine Vorstellungen bilden kann. B2b. Verstand. – Das dritte kognitive Vermçgen ist der Verstand (intellectus, mens, rationalis anima), ber den unter allen Sinneswesen nur der Mensch verfgt und den man von der Einbildungskraft unterscheiden muß, obgleich er eng mit ihr zusammenarbeitet.39 Er hat keine eigene Anschauung, sondern denkt sozusagen mit Blick auf die Einbildungskraft, weil er stets von den kçrperbezogenen Vorstellungen ausgeht, die sie fr ihn bereithlt und die er gegebenenfalls so modifiziert, daß sie sich auch zu Reprsentanten unkçrperlicher Dinge eignen. Deshalb kann er Gedanken bilden, die der Einbildungskraft nicht zugnglich sind; zum Beispiel stellt er sich Gott unter dem Phantasma eines menschlichen Kçrpers aus feinster Materie und die Unendlichkeit unter dem Phantasma einer unbestimmt vergrçßerten Ausdehnung vor.40 Das erste Vermçgen des Verstandes ist die Fhigkeit zu Verstandesbegriffen, das heißt, zu Begriffen, die unkçrperliche und abstrakte Dinge betreffen und zu deren Vorstellung die Einbildungskraft nicht fhig ist. Sein zweites Vermçgen ist die Fhigkeit zu Verstandesurteilen, das heißt, zu Urteilen, die Verstandesbegriffe enthalten. Unter diesen sind vor allem die der Reflexion zu nennen, mit denen der Verstand seine eigenen Ttigkeiten erfaßt und zum Beispiel erkennt, daß er erkennt, oder denkt, daß er denkt; auch Locke bezeichnet schon frh das Verstandesvermçgen zur Wahrnehmung eigener geistiger Ttigkeiten als „reflection“, wie es bei Schulphilosophen blich ist. Die dritte Funktion des Verstandes ist die Bildung von Verstandesschlssen, das heißt, von Schlußfolgerungen, in denen Verstandesurteile vorkommen, und zwar vor

spiritus discurrentes per cerebrum hanc plicam subibunt, parem iterum excitabunt motum, et facultas perinde affecta, perinde sentiet, aut imaginabitur se sentire.“ 38 Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 409a, 24 – 414b, 25. 39 Gassendi, Phys, 3/2.9.1; II 425a, 9 – 15: „Superest altera seu pars, seu facultas interna cognoscens, quam et distinctam a Phantasia, et Hominis propriam Aristoteles prae aliis agnouit.“ – Phys. 3/2.9.3; II 450a, 14 – 450b, 28. 40 Gassendi, Phys. 3/2.9.3; II 447a, 6 – 451a, 47.

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allem von solchen, bei deren Vollzug man sich berhaupt kein Phantasma mehr vorstellen kann.41 B2c. Bildung allgemeiner Vorstellungen bei Tieren. – In einem bestimmten Sinn kann nicht nur der Verstand, sondern auch die Einbildungskraft zu generellen Vorstellungen gelangen. Wenn sie ber Eindrcke von mehreren Individuen verfgt, dann kann sie erkennen, worin diese bereinstimmen und worin sie sich unterscheiden. Ein Hund merkt zum Beispiel, daß Menschen zwei Beine haben und aufrecht gehen, ihre Hnde bewegen und reden. Er kann Herrn und Knecht, Hausgenossen und Fremde sowie Freund und Feind unterscheiden. So kann er auf seine Weise Universalien bilden und daraus Konsequenzen fr sein Verhalten ziehen.42 Die Einbildungskraft verfgt nach Meinung Gassendis ber ein Vermçgen zur Herstellung von Ideensammlungen; beim Menschen bt der Verstand dabei untersttzende Funktionen aus. Wenn Tiere aber Ideensammlungen anhufen kçnnen, dann kçnnen sie zumindest in diesem Sinn allgemeine Vorstellungen bilden. Hier ist nicht von der Ttigkeit die Rede, die Surez als Abstraktion im ersten Sinn bezeichnet; bei ihr konzentriert sich der Verstand auf gemeinsame Eigenschaften und bersieht die nichtgemein41 Gassendi, Phys. 3/2.9.3; II 451a, 2 – 5: „[…] obseruo solum Intellectum vulgo operantem ita Phantasiae coagere, vt non dissimiliter ipsi apprehendat, enunciet, ac argumentetur.“ – Ebd. 451a, 51 – 62: „Non quod Intellectus non accipiat ansam ab ipsa Phantasia ratiocinandi esse aliquid vltra id, quod specie, imagineve repraesentatur, neque non simul comitantem talem speciem, vel imaginationem habeat; sed quod apprehendat, intelligatve aliquid, ad quod apprehendendum, siue percipiendum assurgere Phantasia non possit, vt quae omnino terminetur ad corpoream speciem, seu Imaginem, ex qua illius operatio Imaginatio appellatur.“ 42 Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 458b, 14 – 41: „Ac Phantasia quidem instructa plurium singularium speciebus, potest vi sua quidpiam nosse in quo conueniant, et ab eo secernere notas, quibus differant (Phantasia enim canis v.g. plurium hominum species habens, tum in iis agnoscit, quod duo crura habeant, rectique incedant; quod manus moueant, quod loquantur, etc. tum notas discernit, quibus Dominus a famulo, domesticus ab extraneo, amicus ab inimico, et sic de aliis differant) potest et plurium consimilium species ita seponere, vt per aggeries illas distinguat, ac notas, quibus aggeries mutuo differant, internoscat (nimirum eadem Phantasia canis ita secretas hominum, canum, equorum aggeries habet, vt norit etiam, qui homines omnes ab omnibus canibus, ab omnibus equis, et qui ab illis hi differant; neque vnum pro alio vnquam habet, aut accipit) potest proinde vniuersalia suo modo colligere, et ex ipsis ratiocinari, provt suo loco declaratum est: verum Intellectus Phantasiae addictus, potest sua vi sic eam promouere, vt specierum rerumve aggeries incomparabiliter plureis, distinctiores, ordinatiores obtineat; vnde vniuersalia vt plura, ita perfectiora formentur.“

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samen. Gassendi denkt dagegen an ein Verfahren, bei dem man Sammlungen von Ideen hnlicher Individuen anhuft (aggeries), also an etwas hnliches wie das, was Locke seit Draft B „collective Idea“ nennt; erst in der Institutio Logica bezeichnet Gassendi dies als Verfahren aggregando, doch kommt in dem erwhnten Passus der Physica bereits der Ausdruck „aggeries“ vor. Tiere kçnnen zwar nicht abstrahieren, weil dazu Verstand erforderlich ist, sie kçnnen aber aggeries bilden, das heißt, Sammlungen singulrer Ideen anhufen, denn dazu braucht man nur die Einbildungskraft. Anders als Descartes hlt es Gassendi nicht fr sicher, daß Tiere nicht sprechen kçnnen. Descartes sage zwar, sogar ein Irrer kçnne mehr als das gescheiteste Tier, nmlich Wçrter aneinanderreihen, um irgend etwas bekannt zu machen. Aber wer so etwas sagt, der verlangt von Tieren menschliche Wçrter und kmmert sich nicht darum, ob sie vielleicht ihre eigenen haben.43 B2d. Urteilsbildung bei Tieren. – Weil Tieren der Verstand, das dritte Erkenntnisvermçgen, fehlt, sind sie keiner Ttigkeit fhig, fr die man Verstand braucht, und dazu gehçrt die Abstraktion. Aber weil sie ber Einbildungskraft oder Phantasie verfgen, kçnnen sie deren drei Funktionen ausben. Das gilt zunchst fr die einfache Apprehension, also fr die bloße Vergegenwrtigung wahrgenommener Ideen ohne jede Bejahung oder Verneinung.44 Die zweite Ttigkeit der Einbildungskraft ist das Verbinden oder Trennen von Phantasmata, das letztlich auf Zustimmung oder Nichtzustimmung hinausluft; Zustimmung oder Nichtzustimmung heißen mit anderen Worten Bejahung oder Verneinung, ferner Satz, Aussage oder enuntiatives Urteil.45 Mit dieser Substitution geht Gassendi weit, denn als enunciationes gelten Urteile im Indikativ, die entweder wahr oder falsch sind.46 Nach Gassendi kçnnen auch Tiere enuntiative Urteile 43 Gassendi, Disqu. 2.6; III 304a, 47 – 52: „Potest, inquis, etiam delirus plureis voces contexere ad aliquid significandum; cum nihilominus id non possit Brutorum sapientissimum. Sed vide, an sis satis aequus, qui voces humanas exigis in Brutis, nec attendis ad proprias.“ 44 Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 409a, 37 – 41 : „Prima [functio Phantasiae] autem, imo primaria, seu illa, cui praesertim, ac proprie Imaginationis nomen competit, simplex est apprehensio, hoc est, nuda, et sine affirmatione, aut negatione cuiuspiam rei imaginatio.“ 45 Gassendi, Phys. 3/2.7.4; II 410a, 55 – 59: „Altera Phantasiae operatio est Compositio, et Diuisio; siue assensio, et dissensio, quae affirmatio etiam, et negatio, itemque Propositio, Enunciatio, et Iudicium (intellige Enunciatiuum) appellatur.“ 46 Zum Beispiel Rubio, Commentarii, London 1641, p. 2, c. 4, exp. textus; 389b: „Orationem jam definitam duplicem esse ait [Aristoteles], in 2. par. cap. Unam

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bilden, denn ein Urteil ist die Vorstellung von etwas unter dem Gesichtspunkt, daß ihm eine Eigenschaft zukommt oder nicht. Wenn zum Beispiel ein Hund einen Menschen nherkommen sieht, von dem er meint, daß er sein Herr ist, dann stellt er ihn sich zusammen mit der Eigenschaft ,Herr‘ vor. Zwar erfaßt seine Einbildungskraft diese Eigenschaft nicht wie der menschliche Verstand abstrakt, denn Begriffe wie ,Herrschaft‘ kann ein Hund nicht bilden. Aber immerhin faßt er die Eigenschaft ,Herr‘ und den betreffenden Menschen als Einheit auf, und das bedeutet, daß er sich beide so vorstellt, als wren sie durch eine virtuelle Copula verbunden. Die komplexe Vorstellung eines Menschen als Herrn, in der sich eine virtuelle Copula verbirgt, luft also beim Hund auf das implizite Urteil hinaus, daß der betreffende Mensch der Herr des Hundes ist. Menschen kçnnen die Copula explizit machen und Subjekt und Prdikat als zweierlei denken.47 Aber wann immer man ein einziges Ding unter zwei verschiedenen Apprehensionen begreift, verbindet oder trennt man diese mit Hilfe einer Copula, sei sie nun virtuell oder aktuell.48 hnliche Ansichten finden sich in Lockes frhen Drafts bei der Erçrterung zusammengesetzter Ideen. B2e. Schlußfolgerungen von Tieren. – Die dritte Ttigkeit der Einbildungskraft ist das Schlußfolgern. Um der Verschiedenheit von Mensch und Tier Rechnung zu tragen, muß man nach Gassendi zwei Arten von Vernunft oder Schlußvermçgen unterscheiden, nmlich das sensitive Schlußvermçgen und das Schlußvermçgen des Verstandes. Das erste ist mit enunciativam, quae verum, aut falsum continet: et tales sunt orationes modi indicativi: ut homo ambulat. Aliam non enunciativam, quae nihil veri, aut falsi continet: ut orationes imperativi, aut optativi, aliorumque modorum.“ 47 Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 411a, 16 – 38: „Cum ista porro operatio sit quoddam Iudicium, quod vel affirmando, vel negando elicitur; idcirco sciendum est, iudicium affirmatiuum videri nihil esse aliud, quam apprehensionem alicuius rei, cum adiuncto, qualitateve aliqua; et negatiuum, quam apprehensionem rei, vt tali adiuncto, qualitateve destitutae. Sic enim, dum canis v.g. videns hominem accedentem, herum esse existimat, nihil aliud videtur, quam apprehendere hominem cum herilitate; non quod Phantasia herilitatem vt abstractum percipiat (hoc enim munus est Intellectus) sed quod hominem; eiusque adiunctum, herilitatem puta non modo concrete, sed etiam vnitim, seu tanquam quid vnum apprehendat. Vnde et copula, seu Est verbum, diserte quidem effertur a nobis, qui subiectum, et attributum vt duo quaedam discernimus; at in enunciatione canis, contineri solum videtur virtute, quatenus subiectum, et attributum apprehendit vt vnum; et perinde est illi imaginari hominem herum, ac enunciare hominem esse herum.“ 48 Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 411a, 50 – 53: „[…] quotiescumque vna res duabus apprehensionibus concipitur, ibi compositio, aut diuisio fit, et copula Est tacite, siue virtute continetur.“ – Auch Phys. 3/2.8.4; 411a 64 – 411b, 8.

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der Einbildungskraft identisch, heißt nur analogisch Vernunft und findet sich bei Menschen und bei Tieren. Das Schlußvermçgen des Verstandes ist dagegen mit dem Geist identisch, heißt im strengen Sinn Vernunft und ist so menschlich, daß es keinem Tier zukommt.49 Als Indizien dafr, daß Tiere mit Hilfe ihrer Einbildungskraft Schlußfolgerungen ziehen kçnnen, nennt Gassendi gelufige Argumente, zum Beispiel das Zurckweichen des Hundes, wenn die Hand seines Herrn rasch nach unten fhrt, das Hakenschlagen von Hasen, die Fhigkeit von Hunden, die Fluchtrichtung von Wild im voraus einzuschtzen, und die Vorratshaltung von Ameisen;50 hnliche Beispiele findet man bei Schulphilosophen, und Disputationen zu diesem Thema fanden reges Interesse; daran erinnert kurzweilig ein zeitgençssischer Bericht aus Cambridge, den Costello wiedergibt.51 Bei Tieren 49 Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 411b, 28 – 44: „Tertia operatio est Ratiocinatio, quae etiam Argumentatio, discursus, et consequutionis iudicium vocatur. Ac ne voce ipsa statim offendamur, quod inde sequatur non hominem solum esse rationis compotem, sed alia etiam Animalia, quae dicimus Bruta, provt Phantasiam participant, Rationem quoque participare; idcirco videmur initio distinguere posse duplicem Rationem, Sensitiuam vnam, Intellectiuam alteram; ac asserere Sensitiuam, quae res eadem cum Phantasia sit, et Ratio improprie, analogiceve dicatur, esse homini communem cum Brutis; Intellectiuam vero, quae res eadem cum Intellectu, seu Mente sit, et Ratio praecipue, proprieque vocetur, ita esse Hominis propriam, vt non competat ipsis Brutis.“ 50 Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 412a, 45 – 58: „[…] nonne necesse est [Aristoteles] admittat speciem aliquam ratiocinationis, cum non modo quorumdam Animalculorum, vti formicarum, Apumque prudentiam describit, et maiora quaedam veluti Camelos, et Elephantas ita […] excellere intelligentia docet, vt etiam Regem adorare condiscant, […] et id genus alia; quippe ista tribui, nisi species quaedam ratiocinationis attribuantur, non possunt.“ 51 Costello berichtet von einer Disputation darber, ob Hunde Syllogismen bilden kçnnen; sie fand 1614 in Cambridge in Anwesenheit des Kçnigs statt. Ich zitiere Costellos Text (Costello 1958; 24 – 26), und zwar ohne die Anmerkungen, weil er einen lebendigen Eindruck vom Ablauf einer Disputation vermittelt. „In fact, the disputation was always the heart of official academic entertainment. The most celebrated such special performance took place in 1614, before James I. The King, who had been hunting at Newmarket, thirteen miles away, had progressed to Cambridge where a series of disputations had been arranged for him. Describing the acts, which were held in St. Mary’s, the University church, John Chamberlain wrote to Sir Dudley Carleton: „… the divinity act was performed reasonably well, but not answerable to the expectation; the law and physic acts stark naught; but the philosophy act made amends, and indeed was very excellent.“ The answerer in the disputation on philosophy was Matthew Wren, uncle of Sir Christopher Wren and later Bishop of Ely, an extremely able student. Gossip around the screens, however, had picked John Preston of Emmanuel, the Admirable Crichton of his times, for the honor of defending before the King. When

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Preston was picked merely as first opponent, all Cambridge knew a battle royal was in store. The question, „Whether dogs can make syllogismes,“ sounds like an absurd scholastic quibble, until we remember that modern psychology laboratories are full of white rats in mazes. The disputants, however, took the matter seriously and Preston’s „… great and first Care was to bring his argument unto a head, without Affronts and Interruptions from the Answerer, and so made all his Major Propositions plausible and firm, that his Adversary might neither be willing nor able to enter there, and the Minor still was backed by other Syllogismes, and so the Argument went on unto the Issue …“ What is meant, of course, is that Preston used axioms or self-evident propositions for his major premises, and, in case Wren should not distinguish a minor premise, but elect to deny it, he had supplied himself with syllogistic proofs which would force Wren back onto the line he wished to be pursued. But Wren was an able and honest respondent. For, though „… in disputations of Consequence, the Answerers are many times so fearful of the event, that they slur and trouble the opponents all they can, and deny things evident,“ Wren met each argument head-on. Wren’s forthrightness and Preston’s skill had awakened the King’s interest, which had been flagging during the previous acts, where „… there was such wrangling about their Syllogismes, that sullied and clouded the Debates extreamly, and put the King’s acumen into straits.“ Finally, Preston got to his key syllogism. „An Enthimeme (said he) is a lawful and real Syllogisme, but Dogs can make them.“ This was a „dead soldier“ and Preston knew Wren would deny the minor premise. In proof of the minor, „He instanced in an Hound who had the major Proposition in his mind, namely: The Hare is gone either this or that way; smels out the minor with his Nose; namely, She is not gon that way, and follows the Conclusion, Ergo this way with open mouth.“ We can imagine how „[t]he instance suited with the Auditory, and was applauded, and put the Answerer to his distinctions, that Dogs might have sagacity, but not sapience, in things especially of Prey, and that did concern their Belly, might be nasutili, but non logici; had much in their Mouthes, little in their Minds; that their lips were larger than their Understandings.“ In other words. Wren was frantically scratching up dust like a hen in a chicken run. Now occurs something quite unusual, when „… the Moderator began to be afraid, and to think how troublesome a pack of Hounds, well followed and Applauded, at last might prove, and so came in into the Answerer’s aid, and told the Opponent that his Dogs, he did believe, were very weary, and desired him to take them off, and start another Argument …“ Preston, however, knowing the moderator was unjustifiably interfering in the affair and smarting under his having been passed over in favor of Wren, „… would not yield, but hallooed still and put them on.“ Whereupon, the moderator silenced him. The King, however, who „… in his conceit was all the time upon New-Market Heath,“ had become very much interested, stood up and told the moderator that he was not at all satisfied, since he had a hound at Newmarket which, having routed a hare and realizing it needed help, set up a baying which called the rest of the pack.

B2. Nicht nur Menschen kçnnen verallgemeinern

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heißt die Fhigkeit, auf die sich Gassendi bezieht, in der Regel vis aestimativa, bei Menschen vis cogitativa. Burgersdijck, der die aestimativa nicht der Einbildungskraft zurechnet, erklrt es zu ihrer Aufgabe, zu wahrgenommenen oder vorgestellten Dingen die Vorstellungen ,gut‘ oder ,bçse‘ hinzuzufgen: Wenn ein Schaf einen Wolf oder ein Hund einen erhobenen Stock in jemandes Hand erblickt, dann bildet er sogleich die entsprechenden Phantasmata und entnimmt ihnen die Vorstellung ,schlecht‘.52 Locke wird spter einrumen, daß Tiere gewissermaßen Schlußfolgerungen ziehen kçnnen, betont aber, daß sie selbst dabei nie ber singulre Vorstellungen hinausgelangen (was immer das bedeuten mag). Den von Gassendi mit Anteilnahme und Grnden erçrterten Gedanken, daß sie der Bildung von Ideensammlungen und impliziten Urteilen, von rudimentren Schlußfolgerungen und vielleicht sogar von sprachlichen ußerungen fhig sind, macht er sich nicht zu eigen.53 hnlich wie Locke lehnt zwar Gassendi den Gedanken ab, daß Tiere abstrahieren kçnnen, doch fhrt er das tierische Vermçgen zu Schlußfolgerungen auf die Fhigkeit der Einbildungskraft zur Bildung von aggeries singulrer Ideen zurck. Locke wird sich fr eine andere Theorie des Allgemeinen der Gattungen und Arten The King wanted to know „… how this could be contrived and carried on without the use and exercise of understanding …“ Preston, apparently, started to say something, but Wren beat him to the floor by protesting „… that his Majesties Dogs were always to be excepted, who hunted not by Common Law, but by Prerogative.“ Wren obviously had the last word and the whole affair ended gracefully when „… the Moderator [did] acknowledge … that whereas in the morning the Reverend and Grave Divines could not make Syllogisms, the Lawyers could not, nor the Physitians, now every Dog could, especially his Majesties.“ A footnote to this disputation is provided in a letter among the Hardwicke papers, which says that the Bishop of Ely, Lancelot Andrewes, was so delighted with the show that „… the same day … [he] … sent the moderator, the answerer, the varier or prevaricator, and one of the repliers, that were of his house [Pembroke College] twenty angels [gold coins] apiece.“ 52 Burgersdijck, Collegium physicum, Oxford 1664, d. 27, n. 6; 296 – 297: „Aestimativae munus est, de rebus, quae externis sensibus perceptae, aut phantasmatibus repraesentatae fuere, formare notiones boni aut mali. Sic cum ovis videt lupum, aut canis sublatum in alicujus manu baculum, format istarum rerum primum phantasmata et ex iis statim colligit speciem mali. Haec actio movet appetitum, et principium est affectuum, moderatrixque actionum in iis, qui vel intellectu destituuntur, vel eum habent aut aetate, aut perturbatione, aut morbo, aut somno impeditum. Hinc patet aestimationem phantasiae munus non esse. Phantasia enim nullum affectum excitat, ab eaque non magis movemur, quam si res timendas, et horridas in pictura spectaremus, c. 3. lib. 2 de An.“ 53 Locke, Essay 2.11.10 und 11; 159, 30 – 160, 22.

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

entscheiden, bei der nicht kollektive Substanzen, sondern abstrakte Begriffe eine zentrale Rolle spielen; Gassendis tierpsychologischen Exkursen kann er schon deshalb nicht folgen.

B3. Bildung genereller Ideen durch Aggregation B3a. Bildung des Allgemeinen. – Gassendi geht davon aus, daß es in den Dingen nichts Allgemeines gibt, denn alles, was in der Welt ist und was wir wahrnehmen kçnnen, ist individuell. Deshalb sind alle Ideen, die in den Verstand gelangen, am Anfang singulr; wenn er generelle Vorstellungen bilden will, dann muß er bei singulren Vorstellungen beginnen, weil er zunchst keine anderen hat.54 Zur Darstellung der Entstehung genereller Ideen legt Gassendi unbliche Vorschlge vor, die erst in der Institutio Logica eine systematische Darstellung finden. blicherweise behandelt man zuerst die Abstraktion und erst danach die Bildung von Gattungen und Arten, aber Gassendi kehrt die Reihenfolge um: Wenn der Geist viele hnliche singulre Ideen hat, dann macht er aus ihnen eine einzige generelle, und zwar entweder aggregando oder abstrahendo. 55 Der Ausdruck „abstrahendo“, der erst an zweiter Stelle erscheint, bezeichnet ein Verfahren, bei dem man gemeinsame Eigenschaften singulrer Ideen abstrahiert und zu einer neuen Idee zusammenbaut, und zwar zu einer generellen; dieses Verfahren nennen Fred S. und Emily Michael collection, whrend Tomida die Entsprechung bei Locke als Abstraktion II bezeichnet.56 Beide Ausdrcke bercksichtigen den Unterschied dieser Art zu abstrahieren von der przisiven Abstraktion. Anders als Locke grenzt Gassendi, bei dem die Unterscheidung zwischen einfachen und zusammengesetzten Ideen keine 54 Gassendi, Ex. 2.2.3; III 159a, 30 – 31 und 36 – 37: „[…] quid animaduertis in Mundo quod singulare non sit? […] vbinam ergo gentium demonstrabis vniuersalia haec degere.“ – Ebd. 2.2.4; III 159b, 22 – 24: „Obseruo Intellectum nostrum nihil primo intuitu videre in rebus, quod singulare reuera non sit.“ – Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93a, 48 – 55: „Qvippe, cum res omnes, quae in Mundo sunt, incurrereque in Sensus possunt, singulares sint, […] non possunt profecto ideae, quae ex illis in Mentem transeunt, inque ipsa haerent, singulares non esse“. – Phys. 3/2.9.4; II 459a, 40 – 42: „[…] Intellectu non cogitante omnia esse in Mundo singularia, vniuersale autem nihil […]“. – Phys. 3/2.9.4; II 460a, 2 – 3: „[…] incipit omnino a singularibus Intellectus […].“ 55 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93a, 56 – 58: „Cum vero Mens habet multas simileis, tum vnam ex illis generalem facit, et modo quidem duplici; vno aggregando, alio abstrahendo.“ 56 Tomida 2005; 52 – 55. – Michael 1990; 393.

B3. Bildung genereller Ideen durch Aggregation

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vergleichbare Rolle spielt, den Anwendungsbereich des Verfahrens nicht explizit auf zusammengesetzte Ideen ein. Es handelt sich weniger um zusammensetzende Abstraktion als um Zusammensetzung von Abstracta, aber auch Locke scheint diese fr eine Art von Abstraktion zu halten, denn er erklrt, daß alle generellen Ausdrcke durch Abstraktion entstehen.57 Wie Gassendi und manche Schulphilosophen ist er der Ansicht, daß eine Definition rekonstruiert, was bei der Begriffsbildung geschehen ist, und unter Schulphilosophen wird ein Definitionsverfahren, das dem von Locke bevorzugten nahekommt, als kompositive Definition bezeichnet; in Analogie dazu spreche ich im Folgenden von kompositiver Abstraktion.58 Zuerst ist hier allerdings die Entstehung des Allgemeinen der Gattungen und Arten zu behandeln, die Gassendi an erster Stelle nennt. In Schulbchern wird dessen Entstehung auf eine vergleichende Ttigkeit des Verstandes (comparatio) zurckgefhrt, aber daran hlt sich Gassendi nur bedingt, weil bei ihm der Ausdruck „comparatio“ als allgemeine Bezeichnung fr die Herstellung von Relationen dient. Mit „aggregando“, das nun an die Stelle von „comparando“ tritt, beschreibt er eine Prozedur, bei der der Verstand Ideen von Substanzindividuen, die er vorher miteinander verglichen und fr hnlich befunden hat, zu aggeries aufhuft und als Einheiten betrachtet; die Einheit der dadurch entstehenden Idee rhrt nicht von den Teilideen der aggeries her, sondern wird ihnen vom Verstand 57 Essay 2.11.9; 159, 5 – 18: „This is called ABSTRACTION, whereby Ideas taken from particular Beings, become general Representatives of all of the same kind; and their Names general Names, applicable to whatever exists conformable to such abstract Ideas.“ 58 Powell 1631, Anal. l. 2, scholia in cap. 14, a; 219 – 220: „Dvplex (inquit Zabarella) statuitur methodus indagandi definitiones: vna composita, quae nihil aliud est, quam collectio et compositio praedicatorum essentialium, quae competunt alicui definito […]“. – Z.B. Zabarella (1597) 1966, De Methodis l. 4, c. 13; 304B-F: Was die Gewinnung von Definitionen betrifft, so lehnt Aristoteles Platons via divisionis zwar nicht vçllig ab, hlt sie aber fr unzureichend; er selbst zieht die via compositiva vor, „quae vim habet illatricem ignoti ex noto: si enim proponatur investiganda definitio generis, vt animalis, vult Aristoteles spectandas esse species omnes illius generis, et ea, quae de ipsis speciebus essentialiter praedicantur, his namque praedicatis omnibus collectis, exceptisque illis, quae singularum specierum propria sunt, reliqua generis definitionem constituent: simili ratione si speciei definitionem quaeramus, indiuidua considerare debemus, et sumere omnia, quae de ipsis praedicantur in eo quod quid est: ex iis enim speciei definitionem conflabimus: hanc viam vocauit Aristoteles compositiuam: quia ex specierum collectione, et attributorum compositione definitionem generis colligimus, et ex indiuiduorum collectione definitionem speciei. Attamen sie bene rem consideremus, haec via resolutiua potius est quam compositiua […].“

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

auferlegt. Die Beschreibung des Resultats erinnert an das schulphilosophische unum per accidens, das mit Beispielen wie Steinhaufen oder Getreidehaufen (acervus lapidum, tritici) illustriert zu werden pflegt;59 solche Haufen werden nach schulphilosophischen Texten nicht anders als Gassendis Anhufungen singulrer Substanzideen per aggregationem gebildet.60 Der Ausdruck „aggregare“ bedeutet bei Gassendi „zusammenbringen“; der ungewçhnliche Ausdruck „aggeries“, der weder klassisch noch schulphilosophisch ist und auf „aggerere“ zurckweist, das „anhufen“, aber auch „sammeln“ bedeuten kann, steht fr das Ergebnis dieser Ttigkeit. „Aggeries“ bedeutet „Haufen“, „Anhufung“ oder „Sammlung“ von Ideen; Bernier bersetzt „aggregare“ mit „assembler“ und „aggeries“ mit „amas“, das auch die Bedeutung „Menge“ haben kann; die Formulierung „une espece d’amas“ deutet wohl an, daß ihm „aggeries“ Schwierigkeiten macht.61 Daß in der Institutio das Verfahren aggregando zuerst behandelt wird, ist ein Zeichen dafr, daß Gassendi keine Abhngigkeit des Aggregierens von der Abstraktion annimmt. Er hat die aggeries-Konzeption erst allmhlich entwickelt; in frheren Schriften ist meist noch pauschal von Abstraktion die Rede. In den Exercitationes, die Kritiken an der schulphilosophischen Lehre von den Gattungen und Arten und an Porphyrs Universalienlehre enthalten,62 liegt das Gegenangebot der Sache nach schon vor,63 doch werden die neuen Termini noch nicht verwendet; in einem Exercitationes59 Zum Beispiel Surez, DM 4.4.14; 130a, 13 – 14. 60 Zum Beispiel Surez, DM 4.4.14; 130a, 8. 61 Bernier, Logique I, regle IV; I 31, 1 – 17: „Mais lorsque l’Entendement en [unter seinen Ideen] a plusieurs semblables, il en forme une generale, et cela en deux manieres, l’une en assemblant, l’autre en faisant abstraction. De la premiere maniere; comme lorsque l’Entendement met, pour ainsi dire, part les id es semblables, et en fait un espece d’Amas, qui par consequent les contenant toutes, devient l’Id e de toutes, et est par consequent dit Vniversel, Commun, General, et est mesme sous un seul nom commun appel Genre. Tel est, par exemple, l’Amas des Id es de Socrate, de Platon, d’Aristote, et de tous les autres semblables, qui raison du nom commun d’Homme accommod chaque singulier est ordinairement dit le Genre des Hommes: Et l’on dit de mesme le Genre des Chevaux, le Genre des Lions etc.„ 62 Gassendi, Ex. 2.2.1; 157a, 56 – 158a, 30: „Isagogen Porphyrianam de Vniuersalibus iisdem naeuis maculari, quibus ipse textus Aristoteleus.“ – Ex. 2.2.7; 161b, 21 – 162b, 60: „Generis et Speciei definitiones non esse validas“. 63 S. zum Beispiel Gassendi, Ex. 2.2.4; III 159b, 49 – 56: „[…] propter similitudinem, qua iste refert illum et alios, et ille rursus caeteros, Intellectus omnes homines vt pro vna quadam re habens, conceptu vno, eodemque apprehendit, nomenque excogitat conceptus huiusce repraesentatiuum, quo omnes aeque insigniat. Istud autem est verbi causa Homo.“

B3. Bildung genereller Ideen durch Aggregation

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Text, in dem nach den Regeln der Institutio logica „aggregatus“ stehen mßte, wird noch „abstractus“ eingesetzt.64 In der Physica tritt dann der Ausdruck aggeries auf, und zwar unter anderem bei der Behandlung der Einbildungskraft der Tiere.65 B3b. Aggregieren. – In Canon 4 des ersten Teils der Institutio Logica erklrt Gassendi, daß der Geist beim Aggregieren hnliche Ideen sozusagen beiseite legt und daß er aus ihnen einen einzigen Ideenhaufen (aggeries) bildet, der sie alle enthlt und so zur Idee von ihnen allen wird. Deswegen nennt man die neue Idee allgemein, gemeinsam und generell; mit einem einzigen gemeinsamen Namen wird sie auch als Gattung bezeichnet. So verhlt es sich zum Beispiel mit der Anhufung, die aus den Ideen von Sokrates, Platon, Aristoteles und allen brigen ihresgleichen besteht und die man, weil der gemeinsame Name „Mensch“ zu jeder einzelnen von ihnen paßt, als Gattung der Menschen bezeichnet; auf hnliche Weise spricht man von der Gattung der Pferde und der Gattung der Lçwen.66 Die Darstellung ist gedrngt. Der Ausdruck „cogit“ in der Formulierung „in unam cogit aggeriem“ muß nicht die Konnotation von etwas Gewaltsamem haben, denn „cogere“ kann einfach „zusammenbringen“ bedeuten. Der Physica ist zu entnehmen, daß das Aufhufen von Ideen eine Arbeit der Einbildungskraft ist, die freilich der Verstand verbessern und leiten kann; beim Menschen macht der Geist bei der Bildung von aggeries oder Sammelideen von beiden Vermçgen Gebrauch. Daran, daß Gassendi an das Sammeln singulrer Substanzideen denkt, lßt der Text keinen Zweifel; die zuerst erwhnte aggeries besteht aus den Ideen von Sokrates, Platon, Aristoteles und allen brigen ihresgleichen, und mit den Gattungen der Lçwen und Pferde verhlt es sich hnlich. Aggeries-Ideen gleichen insofern den kollektiven Substanzideen, die Locke im Essay beschreibt und die ebenfalls Sammlungen singulrer Substanzideen sind. Gassendi erklrt nicht im einzelnen, wie aggeries strukturiert sind und wie der Geist sie beim Erkennen einsetzt; mçglicherweise sind sie hnlich geschichtet wie der Leib 64 Gassendi, Ex. 2.2.4; III 159b, 41 – 160a, 37.– Ebd.; 160a, 9: „Abstractus est“. 65 Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 458b, 14 – 41. Text s, S. 112, Anm. 42. 66 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93a, 59 – 93b, 4: „Priore enim modo Mens simileis ideas veluti seponens in vnam cogit aggeriem, quae omneis proinde continens, vniuersarum Idea fit, ac vniuersalis proinde, et communis, generalisque dicitur; imo et sub vno nomine communi appellatur Genus. – Talis est, v.c. aggeries ex Ideis Socratis, Platonis, Aristotelis, caeterorumque omnium similium, quae ob commune Hominis nomen accommodatum singulis dici solet Hominum Genus. Sic autem etiam dicitur Genus Equorum, Genus Leonum, etc.“

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

des Leviathan in Hobbes’ Leviathan-Frontispiz, und vielleicht vermutet Gassendi, daß der Verstand mit Sammlungen von Individuumsideen hnlich arbeitet wie heute ein Rechner bei der optischen Zeichenerkennung mit Sammlungen von Buchstabenmustern. Klar ist, daß die Einbildungskraft aus den gesammelten Teilideen eine Einheit macht und daß diese nicht deshalb gesammelt werden, weil sie einer bergeordneten abstrakten Idee, sondern weil sie ihresgleichen hnlich sind; die hnlichkeit, die die Gattungsbildung veranlaßt, wird horizontal durch Vergleichung von Individuumsideen miteinander und nicht wie bei Surez sozusagen vertikal durch Vergleichung von Individuumsideen mit dem bergeordneten abstrakten Begriff ermittelt. Es handelt sich um gegenstandsorientierte Zuweisung von Individuen zu einer Art im Gegensatz zu der begriffsorientierten Zuweisung, fr die sich Surez und Locke entscheiden. Bemerkenswert ist die Rolle, die der gemeinsame Name spielt: Er ist anscheinend durch die Sprache vorgegeben und wird bernommen, weil er zu jedem von der aggeries reprsentierten Individuum paßt. Nach Locke wird dagegen der gemeinsame Name zuerst als Bezeichnung einer abstrakten Idee gebildet und erst spter in einem weiteren Schritt auf Individuen bertragen, die dieser abstrakten Idee hnlich sind. Weil das Vermçgen zur Bildung von aggeries die Einbildungskraft ist, ber die auch Tiere verfgen, kçnnen auch Hunde aggeries bilden; dennoch besteht ein Unterschied, denn wenn der Einbildungskraft wie beim Menschen ein Verstand zur Hand geht, dann entstehen ungleich zahlreichere, deutlichere und zweckmßigere Gattungsvorstellungen.67 Das Zusammenspiel von Verstand und Einbildungskraft bringt aber nicht nur Vorteile; zum Beispiel ist es nahezu unmçglich, den allgemeinen Begriff ,Mensch‘ zu haben oder das Wort „Mensch“ auszusprechen, ohne sich dabei bestimmte Menschen oder einen Menschen mit individuellen Merkmalen vorzustellen.68 Dagegen ist der Verstand machtlos, denn die Einbildungskraft ist immer mit im Spiel, und er verhlt sich richtig, wenn er damit rechnet, daß seine aggeries aus 67 Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 458b, 14 – 41 (Text s. S. 122, Anm. 42). 68 Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 459a, 18 – 32: „Et rarum est quidem, nisi forte impossibile, vt cum cogitamus, dicimusve vniuerse hominem, non obuersetur nobis multitudo quaedam hominum, seu species quaedam hominis aliquibus notis singularitatis affecti; cogitatur scilicet Homo cum aliqua magnitudine, aliquo colore, consimilibusque adiunctis, quae si attendamus, non reperientur in omnibus. At cum istud nobis contingat ob satellitium Phantasiae, sufficit tamen, vt Intellectus haec quoque, si aliqua sunt, seposita velit, seponendave subintelligat; neque ipsa de Homine vniuerse spectato affirmanda censeat. Quod idem est et de Animali, et de caeteris proportione interpretandum.“

B3. Bildung genereller Ideen durch Aggregation

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singulren Teilideen bestehen, und sich bemht, Eigenschaften einer bestimmten Teilidee nicht vorschnell von allen Individuen einer Art auszusagen.69 B3c. Aggregieren von Ideen hçherer Allgemeinheit. – In Canon 5 beschreibt Gassendi die Bildung allgemeinerer Ideensammlungen; der Text erlaubt es („consimiliter“), bei der Interpretation auf Canon 4 Bezug zu nehmen. Der Verstand legt mehrere aggeries wie ,Menschen‘, ,Pferde‘, ,Lçwen‘ usw. zusammen und bildet aus ihnen eine noch generellere Idee, nmlich ,Sinneswesen‘. Aus den Ideensammlungen ,Sinneswesen‘ und ,Pflanzen‘ bildet er die wiederum generellere Ideensammlung ,Lebewesen‘. Von den Ideensammlungen ,Lebewesen‘ und ,unbelebte Dinge‘ gelangt er zu der generelleren Ideensammlung ,Kçrper‘, von ,Kçrper‘ und ,unkçrperliche Wesen‘ zu der noch generelleren aggeries ,Substanzen‘. Aus ,Substanzen‘ und ,Akzidentien‘ bildet er am Ende die allerallgemeinste aggeries oder Ideensammlung, nmlich ,Ding‘ oder ,Seiendes‘.70 Umgekehrt kann man bereits bestehende aggeries auseinandersortieren und unterteilen, denn innerhalb der Menge der Menschen lassen sich Europer, Asiaten, Afrikaner und Amerikaner und innerhalb der Menge der Europer wiederum Franzosen, Spanier, Englnder, Deutsche usw. unterscheiden.71 Daß es sich 69 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 8; I 95b, 57 – 66: „Ac difficile quidem est, ne dicam impossibile ita pure hominem in commune imaginari, vt neque magnus, neque paruus, neque mediocris staturae sit; vt neque senex, neque infans, neque intermediae aetatis; vt neque albus, neque niger, neque alterius specialis coloris: At mente saltem tenere oportet, hominem, quem communiter consideratum volumus, debere esse his omnibus discriminibus absolutum.“ – Zum Wechselspiel von Einbildungskraft und Verstand bei der Bildung des Allgemeinen s. Phys. 3/2.9.4; II 458a, 67 – 458b, 41. 70 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 5; I 93b, 33 – 50: „Quae Ideae generaliores sunt, ex minus generalibus consimiliter fiunt. Constat enim priore modo, siue aggregando, ex aggeriebus (seu Ideis generalibus) Hominum, Equorum, Leonum, etc. fieri vnam aggeriem (seu Ideam) generaliorem Animalium: Ex aggeriebus Animalium, et Plantarum (vt Herbarum, et Arborum) fieri aggeriem adhuc generaliorem Viuentium: Ex aggeriebus Viuentium, et Inanimorum (vt Lapidum, ac Metallorum,) generaliorem adhuc Corporum: Ex aggeriebus Corporum, et Incorporeorum (vt sunt Deus, et Angeli) generaliorem adhuc Substantiarum: Ex aggeriebus denique Substantiarum, et Adiunctorum, quae et vocant Accidentia (vt sunt Magnitudo, Color, caetera) aggeriem seu ideam omnium generalissimam Entium, sive Rerum“. 71 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 16; I 98a, 22 – 32: „Sic reduximus infinitam hominum multitudinem in Europaeos, Asiaticos, Africanos, Americanos; perspicuum est autem posse Hominum genus ita proinde diuidi, vt alii sint Europaei, alii Asiatici, etc. ac subdiuidendo ita licere prosequi, vt Europaeorum alij sint Galli, alii

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

dabei um Ideen von Mengen handelt, zeigt der Ausdruck „multitudo“ nicht weniger als die mit ihm verbundenen Genitive des Plurals. Gassendi betont, daß die allgemeinsten Ideen, zu denen man am Ende gelangt, kaum noch informativ sind, denn „res“ bedeutet letztlich nur „nicht vçllig nichts“.72 Generelle Ideen werden umso uninformativer, je genereller sie sind; dagegen sind sie umso vollkommener, je vollstndiger sie die bereinstimmungen von Individuen reprsentieren, und die Idee eines Individuums ist umso vollkommener, je vollstndiger sie dessen Teile und Eigenschaften wiedergibt.73 hnlich wie nach Surez und Locke ist auch nach Gassendi Allgemeinheit bei Ideen ein Zeichen von Unvollkommenheit; grundstzlich sind Individuumsideen vollkommener als Artideen und Artideen vollkommener als Gattungsideen. B3d. Gattungen und Arten im extensionalen Sinn. – Wenn man eine generelle Idee, die aggregando entstanden ist, als Art- oder Gattungsidee bezeichnet, dann verwendet man „Gattung“ in einem anderen Sinn als bei generellen Ideen, die durch Abstraktion gebildet wurden. Bei der Aggregation geht es um die Verbindung von Individuumsideen zu einer Sammlung: Die Einbildungskraft findet hnliche Individuumsideen vor und legt sie zusammen. Die Bildung von Mengen beziehungsweise von Gattungen und Arten folgt nach Gassendis gegenstandsorientierter Theorie der Artzuweisung unmittelbar auf die Erkenntnis der hnlichkeit von Individuen untereinander und nicht wie bei Surez und spter bei Locke auf die Erkenntnis ihrer hnlichkeit mit dem abstrakten Artbegriff. ber die Zugehçrigkeit zu einer Art wird also bei Gassendi durch eine Vergleichung von Individuen miteinander entschieden, die nach Surez mit der Entstehung des relativen Allgemeinen nichts zu tun hat.74 Bei Hispani, alij Angli, alij Germani, etc. enumerando puta Nationes, quae deinceps possint in Prouincias, Ciuitatesque, et, si velis etiam, Familias distribui […]“. 72 Gassendi, Disqu. 2.8; III 311a, 36 – 41: „Sed dicere primum te esse Rem, est nihil notum dicere. Haec enim vox est generalis, indiscreta, vaga et te non magis attinens, quam quicquid in toto est Mundo, quam quicquid non est prorsus nihil.“ 73 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 8; I 95b, 22 – 25: „Idea generalis tanto est perfectior, quanto est completior, ac repraesentat purius id, in quo singularia conueniunt.“ – Inst. Log. p. 1, can. 7; I 95a, 47 – 50: „Idea singularis tanto est perfectior, quanto plureis parteis, pluraque adi[u]ncta rei repraesentat.“ 74 Surez, DM 6.6.12; 228b, 18 – 25: „Haec autem comparatio ulterius potest subdistingui, quatenus per eam considerari potest vel sola habitudo particularium inter se, ut inter se habent habitudinem similium, et haec comparatio ut sic non pertinet ad constitutionem universalis, sed ad considerationem cujusdam relationis mutuae inter ipsa particularia.“

B3. Bildung genereller Ideen durch Aggregation

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Gassendi sind ferner abstrakte Ideen – anders als bei Surez und als spter bei Locke – fr extensionale Gattungen nicht konstitutiv; dagegen werden sie in Lockes Konstruktion eine doppelte Funktion ausben: Sie ermçglichen erstens den Gebrauch genereller Wçrter, weil sie als deren Bedeutungen fungieren, und sie regulieren zweitens (wie vorher bei Surez) die Zuweisung von Individuen zu Arten, bei der sie als Kriterien dienen; dadurch sind absolutes und relatives Allgemeines eng miteinander verknpft. Nach Gassendi bezeichnet man dagegen Individuen ohne Einschaltung einer abstrakten Idee mit dem Gattungsnamen, weil er zu ihnen allen paßt;75 abstrakte Ideen begrnden nicht die Einheit der Art oder Gattung, sondern tragen ihr nur Rechnung. Sie fassen Individuen nicht ursprnglich unter sich zusammen, sondern erinnern den Verstand daran, daß bestimmte Individuen aufgrund ihrer hnlichkeit als Exemplare einer Art oder Gattung anzusehen sind. Den zugehçrigen abstrakten Begriff formt der Verstand erst dann, wenn er schon eine aggeries gebildet hat. B3e. Die Zuordnung zu einer Art verndert Individuen nicht physisch und beruht nicht auf einer im strengen Sinn gemeinsamen Natur. – Wie Surez und Locke ist Gassendi davon berzeugt, daß die Zuordnung zu einer Gattung oder Art an Dingen physisch nichts verndert. Prdikationen und Urteile gehen auf den menschlichen Verstand zurck, der Dinge manchmal einzeln und manchmal allgemein begreift und benennt. Wenn er fr Platon mit Rcksicht auf seine hnlichkeit mit Sokrates den allgemeinen Namen „Mensch“ verwendet, dann will er nicht behaupten, daß das Wort „Platon“ mit dem Wort „Mensch“ oder daß der Individuumsbegriff ,Platon‘ mit dem allgemeinen Begriff ,Mensch‘ identisch ist, sondern nur, daß er das Individuum, das er mit Rcksicht auf seine Individualitt unter der Idee ,Platon‘ begreift und mit dem Eigennamen „Platon“ bezeichnet, mit Rcksicht auf seine hnlichkeit mit anderen Individuen unter dem generellen Begriff ,Mensch‘ begreift und mit dem generellen Namen „Mensch“ bezeichnet. Das ndert aber nichts daran, daß Platon etwas Individuelles ist.76 Auch fr Gassendi gibt es keine menschliche Natur, die 75 Gassendi, Ex. 2.2.4; III 159b, 61 – 64: „[…] comparans hominem cum equo, tauro, leone et caeteris, discrimina quippe plurima obseruat, vt proinde nomina diuersa merita et sortita sint.“ 76 Gassendi, Ex. 2.2.5; III 160b, 33 – 56: „Intellectus nimirum est, qui propositionem et praedicationem de rebus instituit, ipsas concipiens et nominans. Concipit autem non vno modo, sed nunc particulariter et seorsim, nunc communiter et coniunctim. Postquam igitur semel efformauit ex visis Platone, Socrate, etc. vniuersalem hominis conceptum, et vtrique indidit idem vniuersale nomen ob id in

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

als solche gleichzeitig in mehreren Individuen existiert; in Sokrates und Platon existieren vielmehr numerisch verschiedene menschliche Naturen.77 Wer behauptet, daß die menschliche Natur tatschlich und unabhngig vom Denken in mehreren Menschen zugleich ist, der meint vernnftigerweise nicht eine einzige, sondern eine mannigfaltige menschliche Natur, denn es gibt so viele menschliche Naturen wie Menschen.78 Bei einem Urteil wie „Alle Menschen sind von derselben Natur“ geht es nicht um numerische, sondern um spezifische Identitt; es bedeutet in Wirklichkeit nur: „Sie sind von hnlicher Natur“, oder genauer: „Sie haben Naturen, zwischen denen große hnlichkeit besteht“. Die menschliche Natur in allen Menschen bildet nur deshalb eine Einheit, weil sie vom Verstand aufgrund von hnlichkeiten zwischen allen menschlichen Individuen so begriffen wird, als wre sie nur eine.79 Mit Rcksicht auf solche hnlichkeiten kann Gassendi andererseits sagen, daß Universalien keine willkrlich gebildeten Fiktionen sind, sondern daß sie auf Dingen beruhen und Informationen ber Dinge enthalten. In den Exercitationes erklrt er, daß es vielerlei Begriffe und Wçrter gibt und daß sie sich letzten Endes auf Dinge beziehen, und zwar auf Dinge, die wir in jeweils anderer Weise quo sunt similes, tunc Platoni tribuit illum conceptum, et istud nomen, et Socrati similiter. Quare cum dicit Plato est homo, non vult dicere quod vox Plato sit vox homo, nec quod conceptus particularis Platonis sit conceptus generalis hominis, sed sensus solummodo est, quod haec res particularis, quae propter suas particulares differentias concipitur, et dicitur Plato, eadem propter similitudinem cum aliis concipiatur quoque sub vniuersaliore ratione, ac proinde exprimatur vniuersaliore voce, quae est homo: cum sit tamen semper particularis aliqua res.“ 77 Gassendi, Ex. 2.2.5; 160a, 64 – 160b, 4: „Quaeso enim te cum dicitur Plato est homo, an qui homo dicitur de Platone sit ipse Plato, an aliquis alius? Profecto alius non dicitur, quam qui ipse est; similiter et cum dicitur Socrates est homo, hic homo non est alius ab ipsomet Socrate, quamobrem quia natura humana duobus illis conuenit, non una est, sed duplex […]“. 78 Gassendi, Ex. 2.2.3; III 159a, 67 – 159b, 5 und 7 – 10: „Dicis et magno quidem cum applausu; nonne nemine cogitante natura humana est in multis? quae reuera autem est in multis, nonne reuera vniuersalis est? Ego fateor quidem naturam humanam nemine cogitante esse in multis, sed adiicio multiplicem. […] Sane vero nemine cogitante est natura humana Platonis, est natura humana Socratis, et multorum item, omniumque aliorum singularium hominum.“ 79 Gassendi, Ex. 2.2.5; III 160a, 39 – 51: „[…] cum dicuntur omnes homines esse eiusdem naturae, vel habere eandem naturam humanam, sensus alius esse non potest, quam quod sint similis naturae, vel quod habeant similem naturam, seu verius quod habeant naturas inter se simillimas. At cur eadem tamen, ac vna dicitur vulgo natura? Profecto non quod reuera vna, eademque in illis sit, sed quod concipiatur per modum vnius, eiusdemque propter similitudinem, ac vno eodemque conceptu exprimi valeat; at nunquid similitudo fundatur in vnitate?“

B4. Bildung genereller Ideen durch Abstraktion

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begreifen oder bezeichnen. Deswegen wendet er sich wie Surez gegen die Behauptung, Wissenschaften und Definitionen htten nur etwas mit Begriffen und Namen und nichts mit der Realitt zu tun, denn Begriffe und Namen beziehen sich auf Dinge.80

B4. Bildung genereller Ideen durch Abstraktion B4a. Das Abstraktionsverfahren nach der Institutio Logica: Kompositive Bildung abstrakter Ideen. – Gassendi beschreibt die Abstraktion im vierten Canon des Ersten Buchs der Institutio Logica als zweites Verfahren zur Verallgemeinerung von Ideen. Sie ist insofern eine sekundre Ttigkeit, als ihr die Bildung von aggeries vorausgeht, doch kann der Verstand erst dann, wenn es abstrakte Begriffe gibt, Urteile bilden. Weil die in den aggeries enthaltenen singulren Teilideen in mancher Hinsicht bereinstimmen, zugleich aber auch Unterschiede aufweisen, betrachtet der Verstand das, worin sie bereinstimmen, fr sich. Er abstrahiert es sozusagen aus ihnen, indem er es abtrennt oder fr sich betrachtet. Dazu bedarf es keiner aufwendigen Ttigkeit, denn nach einer Physica-Stelle leuchten aus jeder aggeries die gemeinsamen Eigenschaften der in ihr erfaßten Individuen geradezu hervor.81 Aus diesem abstrakt Betrachteten, das nur noch aus Gemeinsamem besteht, bildet der Verstand eine neue Idee, die gemeinsam, allgemein und generell ist und ebenfalls als Gattung bezeichnet wird.82 Das 80 Gassendi, Ex. 2.2.5; III 160b, 56 – 65: „Vnde et tota vniuersalitas est semper penes conceptum aut vocem absque eo, quod conceptus vnus sit alius, et vox vna, alia, cum et conceptus et voces sint rei, sed alio et alio modo conceptae atque nominatae. Ex quo proinde intelligitur non tolli scientias, definitiones et alia id genus, vt tamen solet obiici, quasi nimirum conceptibus aut vocibus nulla res subesset.“ 81 Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 459a, 7 – 18: „Quare Intellectus non modo spectat Hominum, v. c. aggeriem, quatenus est discreta ab aggerie equorum, ab aggerie canum, et ab aliis, quas intra ampliorem Animalium aggeriem contuemur; sed spectat eam maxime, quatenus praeter notas proprias, quibus singuli homines ea comprehensi inter se differunt, elucet in omnibus quidpiam simile, vt illud veluti seponat, seorsimque consideret, idque esse agnoscat naturam Humanam communem, quae enunciari de singulis possit.“ 82 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93b, 5 – 15: „Posteriore modo; cum licet Ideae illae singulares in aliquo similes sint, seu mutuo conueniant, multa tamen simul discrimina habeant, quibus inter se differant, ideo Mens seorsim spectando, ac ideo veluti abstrahendo ex omnibus id, in quo omnes conueniunt, et detractis, seu non spectatis discriminibus, quibus differunt; illud sic abstracte spectatum, nihilque non commune habens, pro Idea communi, vniuersali, generali habet, quae et ipsa dicatur Genus.“

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

Beispiel, mit dem Gassendi seine Darstellung erlutert, macht deutlich, daß es auch hier um etwas anderes geht als um Surez’ przisives Abstraktionsverfahren: Wenn man bemerkt, daß die in der aggeries ,Mensch‘ enthaltenen Ideen von Sokrates, Platon und Aristoteles trotz ihrer Unterschiede einander darin hnlich sind, daß jede von ihnen ein zweibeiniges, aufrechtes, denkendes, des Lachens und des Lernens fhiges Sinneswesen reprsentiert, dann abstrahiert er diese Eigenschaften und formt sie zu einer neuen Idee, in die er keins der Merkmale aufnimmt, durch die sich die betreffenden Individuen voneinander unterscheiden. Diese neue Idee betrachtet er als allgemeine oder generelle Idee des Menschen, denn sie reprsentiert nicht diesen oder jenen Menschen im besonderen, sondern den Menschen generell und gemeinsam.83 Gassendis abstrakte Ideen sind nicht wie seine aggeries Anhufungen singulrer Substanzideen, sondern Komplexe aus Ideen gemeinsamer Eigenschaften von Substanzen. Berniers bersetzung zeigt dieselbe Pointe: Der Verstand „met pour ainsi dire tout cela (nmlich das, worin Ideen menschlicher Individuen bereinstimmen) part, et en fait une Ide d’o toutes les differences particulieres sont tires“. 84 Er legt gemeinsame Eigenschaften beiseite, und wenn er so viele hat, wie er braucht, dann setzt er sie zu einer neuen Idee zusammen. Es handelt sich um ein Zusammenspiel von przisiver Abstraktion und Zusammensetzung; Gassendis Text macht klar, daß der Verstand die gemeinsamen Eigenschaften, bevor er sie zu einer generellen Idee zusammensetzt, in einer Weise abstrahiert, die unter Schulphilosophen als przisiv bezeichnet wird.85 Mit „inque ideam format“ sagt Gassendi nicht im einzelnen, wie der Geist Ideen gemeinsamer Eigenschaften verarbeitet; vergleichbare Texte Lockes enthalten immerhin Ausdrcke wie „put togeather“ und „unite“. 83 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93b, 16 – 31: „Exempli enim gratia; dum Mens eorundem Socratis, Platonis, Aristotelis, [ideas] in eo conuenire, simileisque esse attendit, quod vnaquaeque earum repraesentet Animal bipes, erecta facie, ratiocinans, ridens, disciplinae capax, etc. istud (nempe esse Animal bipes, erecta facie, etc.) velut abstrahit, inque ide[a]m format, a qua sint detracta discrimina omnia, quibus illi mutuo differunt (vt, quod iste sit filius Sophronisci, ille Aristonis, alius Nicomachi; iste senex, ille vir, alius adolescens; iste simus, ille humeris latis, alius tibiis gracilibus) ac talem rursus ideam habet pro Idea vniuersali, seu generali hominis; quatenus illa repraesentatur non hic, aut ille, aut alius speciatim; sed generatim, seu communiter Homo.“ 84 Bernier, Logique I, regle IV; I 31, 32 – 34. 85 Zum Beispiel Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93b, 9: „[…] seorsim spectando, ac ideo veluti abstrahendo […]“. – Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93b, 22: „[…] velut abstrahit, inque ide[a]m format […]“. – Inst. Log. p. 1, can. 5; I 93b, 59 – 60: „[…] seligensque solum id, in quo conueniunt […]“.

B4. Bildung genereller Ideen durch Abstraktion

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Aber Gassendis Genitiv Singular „hominis“ deutet an, daß es jetzt nicht mehr um Ideensammlungen von menschlichen Individuen geht, sondern um Sammlungen von Eigenschaften des Menschen. Gassendis und Lockes kompositives Verfahren unterscheidet sich sehr deutlich von dem przisiven, fr das sich Surez entschied. Das, was Gassendi mit „inque ideam format“ nur allgemein charakterisiert und was Locke mit Ausdrcken wie „compose“ und „joyn“ deutlicher bezeichnet, nennt man spter Synthesis. Gassendis Ausfhrungen ber das Denken der Tiere haben klargemacht, daß die Synthesis von aggeries zunchst eine Leistung der Einbildungskraft ist. Auf dieser Grundlage vollzieht der Verstand, das einzige Vermçgen, das abstrahieren kann, die Synthesis zusammengesetzter abstrakter Ideen. Spter vollzieht er auch die Synthesis von Urteilen; die Einbildungskraft kann zwar zu etwas Urteilshnlichem gelangen, indem sie mehrere Vorstellungen als Einheit betrachtet, doch gelangt sie nie zur Bildung einer expliziten Copula. B4b. Bildung abstrakter Ideen von hçherer Allgemeinheit. – Die Beschreibung der Bildung hçherer Gattungen durch Abstraktion in Canon 5 des Ersten Buchs ist knapp. Wenn der Geist generelle Ideen wie ,Mensch‘, ,Pferd‘ oder ,Stier‘ abstrahiert hat, dann bemerkt er, daß auch diese in einigen Punkten miteinander bereinstimmen und in anderen nicht. Das, worin sie nicht bereinstimmen, bergeht er und whlt nur dasjenige aus, worin sie bereinstimmen, nmlich ,sinnesbegabter Kçrper‘ oder ,Sinneswesen‘, und daraus bildet er eine neue Idee, die genereller als die vorigen ist. Auch diese Beschreibung macht durch „Ideam facit ex eo“ klar, daß der Verstand nicht bloß den Rest aufbewahrt, der nach der przisiven Abstraktion verbleibt, sondern daß eine neue Idee gebildet wird. Auf hnliche Weise bildet der Geist die noch generellere Idee ,Kçrper‘ aus ,Lebewesen‘ und ,unbelebtes materielles Ding‘, aus ,Kçrper‘ und ,unkçrperliches Wesen‘ die wiederum generellere Idee ,Substanz‘ und aus ,Substanz‘ und ,Akzidens‘ die allergenerellste Idee, nmlich ,ens‘ oder ,res‘. 86 Weil die 86 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 5; I 93b, 51 – 62, und 94a, 6 – 12: „Posteriore, siue abstrahendo, postquam Mens Ideas generaleis Hominis, Equi, Leonis, Tauri, abstractione illa formauit, tum attendens ipsas conuenire in aliquo, dissidere in alio (conueniunt nimirum in eo, quod vnaquaeque repraesentet corpus sentiens; dissident in eo, quod vna repraesentet ridens, alia hinniens, alia rugiens, alia mugiens) ideo illa omnia, quibus dissident, detrahit, seligensque solum id, in quo conueniunt, nempe Corpus sentiens, quod nomine vno dicitur Animal, Ideam ex eo facit, ideis illis generaliorem. […] Nec dissimili vero modo formatur Idea adhuc generalior Corporis, ex ea, quae Viuentis, et Non-viuentis, vt lapides sunt: Et

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

Teilideen generellerer Ideen vor ihrer Abstraktion Bestandteile singulrer Ideen und weil die Teilideen von Gattungsideen vor ihrer Abstraktion Bestandteile von Artideen waren, unterscheidet Gassendi beim Allgemeinen zwischen enthaltenden und enthaltenen Ideensammlungen.87 Seine Beispiele gleichen denen, die Locke bei Beschreibungen der Bildung von Ideen hçherer Allgemeinheit verwendet, und zwar sowohl in den frhen Drafts als auch im Essay. Draft A, § 8, nennt nur ,Entitt‘, ,Seiendes‘, ,etwas‘, Draft B in § 92 die Reihe ,Mensch‘, ,Pferd‘, ,Sinneswesen‘, ,Lebewesen‘, ,Kçrper‘, ,Substanz‘; in § 93 erscheint ,Ding‘, ,Seiendes‘, ,Entitt‘. Essay 3.3.9 zhlt auf: ,Mensch‘, ,Pferd‘, ,Sinneswesen‘, ,Lebewesen‘, ,Kçrper‘, ,Substanz‘, ,Seiendes‘ und ,Ding‘. Essay 3.6.32 erwhnt: ,Pferd‘, ,Mensch‘ und ,Sinneswesen‘.88 Nach Gassendi wie nach Locke wird das komplexe Allgemeine der Ideen auf jeder Abstraktionsstufe durch einen Akt gebildet, bei dem der Verstand zunchst hnliche Merkmale von Individuen oder Arten sammelt, um sie danach zu einer neuen Idee zusammenzubauen; dazu wird in der Darstellung Gassendis das Vorhandensein von aggeries vorausgesetzt. Auch auf diese Weise entstehen Gattungen und Arten, aber Gattungen und Arten, die durch Abstraktion gewonnen werden, sind etwas anderes als Gattungen und Arten, die aggregando entstehen; die einen bilden eine Gattung oder Art im intensionalen Sinn, whrend die anderen fr die Gattung oder Art im extensionalen Sinne stehen, denn sie sind Sammlungen von Ideen mehrerer Gattungsoder Artexemplare. Gegenstnde der Abstraktion sind Ideen von Eigenschaften von Individuen, whrend Gegenstnde der Aggregation Ideen von Individuen sind. Fr Gassendis wie fr Lockes Abstraktionslehre, sofern sie komplexe Ideen betrifft, ist das Zusammenspiel von przisiver Abstraktion und Zusammensetzung des Abstrahierten zu einer neuen Idee charakteristisch. Dabei kndigt sich eine weitere Entwicklung an. Gassendi begeneralior adhuc Substantiae, ex iis, quae sunt Corporis, et Incorporei, vt Angeli: Et generalissima tandem Entis, siue Rei ex iis, quae sunt Substantiae, et Adiuncti, qualis est color.“ 87 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 5; I 93b, 32 – 33: „Quae Ideae generaliores sunt, ex minus generalibus consimiliter fiunt.“ – hnlich Ex. 2.2.6; III 161a, 67 – 161b, 1: „[…] si genus quidem sit pars essentiae speciei, speciem quoque esse solum partem essentiae indiuidui.“ – „Pars“ bezieht sich nicht nur auf den Inhalt von Ideen, sondern auch auf ihre Subsumption; zum Beispiel Ex. 2.2.7; III 161b, 23 – 26: „Siquidem et genus est totum, quod plures habet species seu partes. Et species est pars generi subiecta, vt toti.“ – Phys. 3/2.9.3; II 450b, 66 – 451a, 2: „[…] non sine deprehensu vniuersalium, uniuersaliorumque rerum, quae nihil tamen aliud sint, quam rerum similium partim continentes, partim contentae aggeries […].“ 88 Locke, Essay 3.3.9; 412, 9 – 27, und Essay 3.6.32; 460, 8 – 13.

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merkt in der Disquisitio, daß die abstrakte Idee beispielsweise des Menschen, die aus Ideen gemeinsamer Eigenschaften von menschlichen Individuen besteht, sozusagen als deren gemeinsame Natur oder Wesenheit gelten kann, denn sie lßt sich von ihnen allen aussagen.89 Hier verrt sich die Umwandlung der gemeinsamen Natur oder Wesenheit in eine bloße Sammlung von Eigenschaften, die bei Boyle einen Hçhepunkt erreicht und die in Lockes Essay schon selbstverstndlich ist. B4c. Gattungen und Arten. – Eine Art oder Gattung ist nach Gassendi einerseits eine generelle Idee und andererseits eine Menge von Individuen oder Unterarten; E. und F. S. Michael erinnern daran, daß die Einfhrung der Unterscheidung zwischen Extension („comprehension“) und Intension gewçhnlich der Logik von Port-Royal zugeschrieben wird,90 daß sie aber mit Gassendis Konstruktion zweier Arten von generellen Ideen schon vorgegeben war.91 Gattungen und Arten sind nichts Wirkliches in den Dingen, sondern gedachte Gebilde, die unser Geist mit Rcksicht auf hnlichkeiten zwischen Dingen erzeugt.92 Damit, daß es zwischen menschlichen Geistern keine unmittelbare Kommunikation gibt, hngt es zusammen, daß Gattungen zunchst nur Gattungen fr den sind, der sie bildet, denn wenn wir Dingen generelle Namen geben, dann richten wir uns nicht nach ihren Wesenheiten, sondern nach den Ideen, die wir uns von ihnen gebildet haben.93 Fr die Einstufung eines Begriffs als Art oder Gattung gibt Gassendi Regeln an. Fr eine Gattung ist es erforderlich, daß Arten unter ihr stehen; dagegen kommt es fr eine Art nur darauf an, daß 89 Gassendi, Disqu. 5.1; III 374b, 52 – 58: „[…] solet quidem intellectus ex visis Platonis, Socratis, ac caeterorum hominum consimilibus naturis, abstrahere quendam conceptum communem, in quo omnes conueniant, et qui proinde censeri possit vniuersalis natura, essentiave hominis, quatenus omni homini intelligitur conuenire.“ 90 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 6; 58: „De sorte que toute la difference qu’il y a entre l’id e d’animal et celle de beste, est que l’id e d’animal n’enferme pas la pens e dans sa comprehension, mais ne l’exclut pas aussi, et l’enferme mesme dans son tendu, parce qu’elle convient vn animal qui pense; au lieu que l’id e de beste l’exclut dans sa comprehension, et ainsi ne peut convenir l’animal qui pense.“ 91 Michael 1990; 394. 92 Gassendi, Ex. 2.3.8; III 170b, 2 – 7: „[…] at imaginare genus et differentiam non esse duas entitates in ipsamet re, sed Intellectum esse nominatim, qui illa discernat propter similitudinem et diuersitatem, quam habet cum caeteris rebus modo super exposito […]“. 93 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 16; I 97b, 62 – 64: „Qualis Idea rei est, talis instituitur illius in species, parteis, adiunctaque Diuisio.“

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

sie eine Gattung ber sich hat. Zwar kann sie ihrerseits wieder Unterarten umfassen und deren gemeinsame Wesenheit enthalten, doch unter diesem Gesichtspunkt ist sie keine Art, sondern selbst eine Gattung.94 In der Definition von „Mensch“ bildet zum Beispiel „Sinneswesen“ die nchsthçhere Gattung, und insofern bezeichnet man ,Mensch‘ als Art unter der Gattung ,Sinneswesen‘. Gassendi betrachtet menschliche Individuen als Arten unter der Gattung ,Mensch‘, und zwar als unterste Arten (species specialissimae oder infimae);95 dabei bezeichnet der Ausdruck „Art“ das vergleichsweise Partikulre, und zwar unabhngig davon, ob es seinerseits wieder Arten unter sich enthlt oder nicht. Gassendi begeht damit keinen Neologismus, sondern schließt sich der ramistischen Verwendung von „species infima“ an, die er fr besser bezeugt hlt;96 Locke wird das nicht tun, und Schulphilosophen in seinem Umfeld verfahren nicht einhellig. Seton hlt zum Beispiel unterste Arten nicht fr Individuen.97 Der friedliebende Scheibler geht ausfhrlich auf die ramistische Redeweise ein und berichtet im 28. Kapitel der Commentaria Topica, daß „species specialissima“ bei Aristotelikern fr Arten und bei Ramisten fr Individuen steht; am Ende gelangt er zu dem Urteil, daß beider Dissens auf einer quivokation beruht. Denn wenn man unter „species“ etwas versteht, das Individuen unter sich enthlt, dann kann ein Individuum nicht selbst eine species sein; aber wenn man wie die Ramisten alles das als species bezeichnet, was Anteil an der Wesenheit einer bergeordneten Gattung hat, dann sind Individuen 94 Auch Ex. 2.2.7; III 162b 51 – 57: „Nonne vere etiam iam intelligis non abs re prorsus sumpsisse me nihil proprie esse vniuersale, aut si velis etiam praedicabile praeter genus; cum quidquid vel est essentiale multis partibus, vel de multis praedicatur, genus sit; quidquid est pars generis vel de quo genus praedicatur, species […]“. 95 Zum Beispiel Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 6; I 95a, 11 – 14: [Fest steht] „ex opposito, Socratem esse infimam seu specialissimam speciem, quia continetur, et non continet; ac ita est species, vt genus non sit […].“ – hnlich Inst. Log. p. 1, can. 15; I 97b, 43 – 47: „Nota vero id quod definitur, esse proprie Speciem, cum ipsa sit, cui competit habere genus & differentiam; ac ideo suam quoque Indiuiduo, cum sit Specierum infima definitionem conuenire.“ 96 Zur Gegenmeinung s. Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 6; I 95a, 22 – 29: „Neque te moueat, quod Porphyrius Hominem non Genus, sed Speciem specialissimam faciat; id enim facit praeter vsum apud probatos omneis Authores, Platonem, Aristotelem, Ciceronem, Senecam, Quintilianum, Martianum, alios, etiam Iurisconsultos, qui Hominum genus; Stichum, et Pamphilum hominis species dicunt.“ 97 Seton, Dialectica Cantabrigiensis, Cambridge 1631, l. 1., De praedicabilibus; fol. B3vvo.: „Imam speciem vocamus, quae semper species, et nunquam fit genus: ut Leo.“

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eben species. 98 In der Metaphysica erklrt Scheibler, man drfe „species“ ohne weiteres auch fr Individuen verwenden, so wie es die Ramisten tun. Aber dann sei „species“ als Ausdruck fr alles das zu definieren, was unter einer Gattung steht, so wie Porphyr gelehrt hat. Weil es Autoritten sowohl fr den Wortgebrauch der Aristoteliker als auch fr den der Ramisten gibt, sei beider Streit eine bloße Logomachie.99 Anders als fr Surez, der der Art den Vorrang einrumt, ist fr Gassendi die Gattung das ursprngliche Allgemeine, denn er betrachtet Individuen als species. Daß spter Locke zur Charakterisierung sowohl von Artideen als auch von Artnamen das Adjektiv „general“ verwendet, obgleich es auf den Ausdruck „genus“ (Gattung) zurckgeht, kann damit zusammenhngen, daß man nach Gassendi alles, was sich von mehreren Dingen aussagen lßt, als generell bezeichnen darf, also auch Art und Differenz.100 B4d. Mitteilungen ber generelle Namen. – Gassendis Text spricht am ehesten dafr, daß der Name der menschlichen aggeries „Menschengeschlecht“ lautet, whrend „Mensch“ der gemeinsame Name fr jedes der in ihr vereinigten Individuen ist.101 Bei der Einfhrung der Abstraktion finde ich keine vergleichbaren Mitteilungen, und auch in anderen Texten gibt es meines Wissens keine abschließende Auskunft darber, ob Gassendi wie Locke generelle Ideen fr die ursprnglichen Bedeutungen genereller 98 Scheibler, Commentarii Topici, Oxford 1653, c. 28, n. 79; 476: „Hac in re existimo, Disputationem solum esse ex aequivocatione vocis speciei. Igitur si species sumatur pro universali, quod de pluribus numero differentibus praedicatur, individuum non est species. […] Et sic nunc sumunt Aristotelici eam vocem. Sin vero species dicatur (ut Ramaei eam vocem sumunt) omne illud quod participat essentiam superioris, tum certo individua sunt species (specialissimae) […].“ 99 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l.1, c. 6, tit. 5, a. 2, p. 2, n. 137; 83: „Ampliando autem vocem speciei, ut ad individua etiam extendatur, quod non incommode potest fieri, sic generatim species definiri potest quod sit pars generi subjecta, seu, quod sit id quod generi subjicitur, ut Porphyrius loquebatur.“ – Ebd. n. 142; 84: „Inprimis autem video, pro utraque opinione inveniri doctorum locutiones, saepeque individua dici species. Unde haec kocolawa solum est.“ 100 Gassendi, Ex. 2.2.6; III 161b, 10 – 16: „[…] quod a genere generale dicitur, idem est cum vniuersali, quemadmodum etiam nihil aliud est vniuersaliter dici, quam dici generaliter: Quod si vel species, vel differentia, vel aliud quidpiam censeatur nomine vniuersalis, ea ipsa ratione erit etiam genus seu generale aliquid.“ – Auch Ex. 2.2.7; III 162b 51 – 57. Text s. S. 132, Anm. 94. 101 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93a, 65 – 93b, 4: „Talis est, v.c. aggeries ex Ideis Socratis, Platonis, Aristotelis, caeterorumque omnium similium, quae ob commune Hominis nomen accommodatum singulis dici solet Hominum Genus. Sic autem etiam dicitur Genus Equorum, Genus Leonum, etc.“

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Namen hlt. Nach einer Stelle in den frhen Exercitationes begreift der Verstand Dinge, die einander hnlich sind, allesamt als etwas, das zu derselben Klasse gehçrt, und auf die gleiche Weise, und daraufhin gibt er ihnen auch denselben Namen; das wird mit einem Hinweis erlutert, nach dem der Name „Mensch“ ursprnglich fr einen Begriff steht, der alle Menschen reprsentiert: Weil alle Menschen einander hnlich sind, sieht der Verstand sie sozusagen als ein einziges Ding an, begreift sie mit einem und demselben Begriff und denkt sich den Namen ,Mensch‘ aus, der diesen Begriff reprsentieren soll, damit man mit ihm alle menschlichen Individuen gleichermaßen bezeichnen kann.102 Dieser Text legt die Annahme nahe, daß der Name als Zeichen fr einen generellen Begriff gebildet wird, aber schon wenige Zeilen spter wird ohne nhere Angaben mitgeteilt, daß der Verstand einen einzigen gemeinsamen Begriff fr alle hnlichen Individuen bildet und daß er ihnen allen einen gemeinsamen Namen gibt.103 An einer etwas spteren Stelle heißt es, daß der Verstand nach der Wahrnehmung von Platon, Sokrates und ihresgleichen den allgemeinen Begriff (die aggeries) ,Mensch‘ hervorbringt und daß er der Vereinigung dieser Ideen von Menschen wegen ihrer hnlichkeiten denselben allgemeinen Namen gibt; daß er aber danach denselben Begriff und denselben Namen auch Platon allein zuweist und Sokrates desgleichen;104 das spricht dafr, daß der Name ursprnglich fr die Menge der Individuen steht, die die aggeries reprsentiert. Die Disquisitio erklrt knapp, daß etwas, das ein Mensch sein will, den brigen Dingen hnlich sein muß, denen wegen ihrer hnlichkeit miteinander der Name „Mensch“ verliehen wurde;105 bei

102 Gassendi, Ex. 2.2.4; III 159b, 24 – 33: „[…] cum res variae sint, ac multiplices, tum Intellectus illas inter se comparans, videt illas inter se partim conuenire, partim dissidere; seu quasdam esse similes, quasdam vero dissimiles, idque per varios similitudinis et dissimilitudinis gradus. Quare et sepositis dissimilibus, quae sunt similes in eodem, etiam ordine, eodemque modo concipit, vnde et eodem nomine donat […]“. – Ex. 2.2.4; III 159b, 49 – 56 (Text s. S. 120, Anm. 63). 103 Gassendi, Ex. 2.2.4; III 159b, 68 – 160a, 3: „[…] ratione huius similitudinis efformato vno communi conceptu, inuenit etiam ac tribuit commune omnibus nomen, videlicet Animal.“ 104 Gassendi, Ex. 2.2.5; III 160b, 39 – 44: „Postquam igitur semel efformauit ex visis Platone, Socrate, etc. vniuersalem hominis conceptum, et vtrique indidit idem vniuersale nomen ob id in quo sunt similes, tunc Platoni tribuit illum conceptum, et istud nomen, et Socrati similiter.“ 105 Gassendi, Disqu. 5.1; III 375a, 22 – 28: „[…] non esse propterea imaginandum talem naturam esse aliquid, aut alicubi praeter intellectum: sed sensum solummodo esse, ad hoc vt aliquid sit homo, debere ipsum similem esse caeteris iis rebus,

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Surez und Locke mßte hier stehen: denen wegen ihrer hnlichkeit mit der abstrakten Idee ,Mensch‘ der Name „Mensch“ verliehen wurde. Eine Institutio-Stelle erwhnt die Benennung schon vor der Bildung der Idee, geht aber ebenfalls nicht auf die nheren Umstnde ein.106 Der Befund, daß sich Gassendi nur sehr unbestimmt zu der Frage ußert, fr was ein genereller Name ursprnglich steht, gibt vielleicht einen Hinweis darauf, fr wie wichtig er sie hielt. B4e. Gassendis Konzeptualismus. – Das Allgemeine ist nicht unabhngig vom Denken da, sondern der Verstand stellt es her. Ohne ihn wre alles in der Welt individuell. Es gbe kein Sinneswesen im allgemeinen, wenn der Verstand nicht die gemeinsame Natur ,Sinneswesen‘ bildete; auch Gattungs- und Artnaturen entstehen nur durch seine Ttigkeit.107 Gassendi vermutet, daß man diese Position als nominalistisch bezeichnen kçnnte, er hlt sie aber fr vernnftig.108 In einem temperamentvollen Passus der Exercitationes geht er so weit, Universalien mit generellen Namen und Individuen mit Eigennamen gleichzusetzen,109 findet aber wohl, daß diese Formulierung zu weit geht, denn nach benachbarten Texten gibt es Allgemeinheit sowohl bei Ideen als auch bei Wçrtern, und zwar frher bei

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quibus propter similitudinem mutuam eadem hominis denominatio tributa est […].“ Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 5; I 93b, 50 – 60: „[…] postquam Mens Ideas generaleis Hominis, Equi, Leonis, Tauri abstractione illa formauit, […] illa omnia, quibus dissident, detrahit, seligensque solum id, in quo conueniunt, nempe Corpus sentiens, quod nomine vno dicitur Animal, Ideam ex eo facit, ideis illis generaliorem.“ Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 459a, 40 – 42: „[…] Intellectu non cogitante, omnia esse in Mundo singularia, vniuersale autem nihil […]“. – Phys. 3/2.9.4; II 459a, 37 – 40: „[…] non esse Animal vniuersale quid priusquam Intellectus aduertat, naturamque Animalis secernat, secretamque consideret […]“. – Phys. 3/2.9.4; II 459a, 62 – 64: „[…] ista generica, vniuersalisve essentia differentiis specierum exuta ipsa Intellectus operatione habetur.“ Gassendi, Ex. 2.2.3; III 159a, 22 – 28: „Quid? inquies, accedis ergo ad vesanam illam opinionem Nominalium, qui vniuersalitatem aliam non agnoscunt, quam conceptuum aut nominum. Ita sane est; accedo, sed puto me accedere ad opinionem admodum sanam.“ Gassendi, Ex. 2.2.3; III 159a, 13 – 22: „Caeterum vt appareat quam abs re tantae hoc loco contentiones excitentur, cogita nihil esse aliud grandia haec vniuersalia, quam quae Grammatici vocant nomina Appellatiua, verbi causa hominem, equum, et quaecumque tribuuntur pluribus; quemadmodum indiuidua nihil aliud sunt, quam nomina propria, vt Plato, Bucephalus, et quaecunque vni soli rei dantur.“

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

Ideen als bei Wçrtern.110 Gassendi schwankt in seinen Meinungen ber das Verhltnis von Begriffen und Namen, sofern aber die generelle Idee vor dem generellen Namen da ist, paßt die Bezeichnung „Konzeptualist“ besser zu ihm als die Bezeichnung „Nominalist“, obgleich es sich um einen eigenwilligen Konzeptualismus handelt, denn der conceptus ist fr ihn nicht artkonstitutiv. Daß die Bildung allgemeiner Begriffe der Bildung genereller Namen vorausgeht, erklrt in Gassendis Nachfolge auch Stanleys History, nach der man etwas erst benennen kann, wenn man eine Vorstellung von ihm hat.111 Wie Konzeptualisten und Nominalisten nimmt Gassendi an, daß der Verstand Gattungen und spezifische Differenzen erzeugt. Sie existieren als solche nur insofern, als sie Vorstellungen im Verstand oder sprachliche Ausdrcke außerhalb des Verstandes sind. Das macht Gassendi unter anderem am Beispiel des mentalen oder idealen Dreiecks klar. Mentale Dreiecke sind nichts Reales und existieren nur im Verstand. Dieser hat sie im Anschluß an die Anschauung materieller Dreiecke gebildet und generell gemacht. Man darf nicht meinen, materiellen Dreiecken kmen die von ihnen bewiesenen Eigenschaften deswegen notwendig zu, weil das ideale Dreieck sie ihnen verliehen hat. Sie haben vielmehr ihre Eigenschaften aus sich selbst, und das ideale Dreieck besitzt sie nur deshalb, weil der Verstand sie ihm im Anschluß an die Anschauung materieller Dreiecke zuschreibt. Spter gibt er allerdings materiellen Dreiecken bei Schlssen vom Allgemeinen auf das Besondere die Eigenschaften des ideellen Dreiecks wieder zurck.112 110 Gassendi, Log. Orig. 7, can. 6; I 54b, 38 – 41, 58 – 61: „Anticipatio est ipsa rei notio, siue definitio, sine qua quidquam quaerere, dubitare, opinari, imo et nominare non licet. […] Perspicuum est autem, nisi talem quampiam Animo deformatam habeamus, non posse nos quidpiam de ea quaerere, dubitare, opinari, nominare […]“. – Ex. 2.2.5; II 160b, 56 – 57: „Vnde et tota vniuersalitas est semper penes conceptum aut vocem […]“. 111 Stanley 1975, p. 13, Philosophy I, 3, can.2; 553a, 29 – 32: „Indeed we could not so much as name any thing, unless we had some image thereof known by Anticipation“. 112 Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 459a, 62 – 64: „Nimirum ista generica, vniuersalisve essentia differentiis specierum exuta ipsa Intellectus operatione habetur.“ – Disqu. 5.1; III 375a, 37 – 49: „[…] non est propterea dicendum talem Triangulum [mentalem] esse reale quid, veramque naturam praeter intellectum; qui solus, visis Triangulis materialibus, illam perinde ac dictum est de natura humana, formauit et communem fecit. Vnde neque est existimandum proprietates demonstratas de Triangulis materialibus, idcirco ipsis conuenire quod illas mutuentur ab ideali Triangulo: cum ipsi potius in se habeant, et idealis non habeat, nisi quatenus intellectus ex ipsis inspectis, easdem illi tribuit, redditurus postea inter demonstrandum.“

B4. Bildung genereller Ideen durch Abstraktion

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B4f. In welchem Sinn kann man Universalien fr ewig halten?– Auch Gassendi geht auf die von Surez erwhnte Meinung ein, daß Universalien unvernderlich sind. Das Thema wird in den Exercitationes kurz berhrt;113 die Disquisitio nimmt ausfhrlicher Stellung. Allgemeine Naturen hngen insofern von Gott ab, als Gott der Urheber sowohl der Individuen, bei deren Anschauung wir allgemeine Naturen bilden, als auch der Urheber des Verstandes und seiner verallgemeinernden Ttigkeit ist. Ewig und unvernderlich sind allgemeine Naturen insofern, als Gott von Ewigkeit her gewollt hat, daß diejenigen Individuen, wegen deren hnlichkeit wir gemeinsame Naturen bilden, so sind, wie sie sind. Man kann allgemeine Naturen aber auch aus einem anderen Grund als ewig bezeichnen: Wenn es Gott gefallen htte, die Individuen, die er in der Zeit erschaffen hat, stattdessen von Ewigkeit her hervorzubringen, dann bildete der Verstand entsprechende Begriffe von ihnen.114 Mit dem Schulsatz, daß Naturen oder Wesenheiten ewig sind und daß sich immerwahre Aussagen ber sie bilden lassen, kann nach Gassendi vernnftigerweise nicht gemeint sein, daß es die menschliche Natur auch dann gbe, wenn es keinen einzigen Menschen gbe, oder daß eine Rose eine Blume wre, auch wenn es keine einzige Rose gbe. Man behauptet zwar, es gehe hier nur um den Unterschied zwischen Wesenheit und Existenz, und die Wesenheit bestehe von Ewigkeit her, die Existenz aber nicht. Doch wenn die Wesenheit tatschlich das Entscheidende wre, dann tte Gott, falls er zu ihr die Existenz hinzuerschafft, im Grund nicht mehr als ein Schneider, der einem Mann einen Anzug anpaßt. Die Behauptung, daß beispielsweise die menschliche Wesenheit, sofern sie allgemein ist, ewig ist, kann schon deshalb nicht stimmen, weil an einem Menschen wie Platon alles individuell ist. Der Verstand kann erst dann, wenn er mehrere menschliche Individuen kennt, den allgemeinen Begriff ,Mensch‘ abstrahieren, der zu ihnen allen paßt und den man deshalb als 113 Gassendi, Ex. 2.2.5; III 160b, 65 – 161a, 2: „Quanquam de definitione, scientia, etc. plura dicentur inferius, vbi etiam ostendemus quam absurdum esse videatur asserere quod vniuersalia sint aeterna incorruptibilia, vbique, etc. vbi de propositionibus sempiternae veritatis.“ 114 Gassendi, Disqu. 5.1; III 377b, 41 – 54: „Hoc certe modo dici poterunt ipsae res, seu naturae vniuersales esse dependentes a Deo, quatenus a Deo dependent, singularia, ex quibus formantur, et a quibus reipsa non differunt; cum aliunde etiam intellectus, et ipsius consideratio, qua vniuersales fiunt, Deum authorem habeant. Quin etiam dici eatenus poterunt immutabiles, quatenus Deus voluerit vt singularia essent constanter eiuscemodi; eatenus aeternae, quatenus si Deus voluisset ab aeterno vsque singularia producere, intellectus potuisset ex ipsis taleis educere notiones.“

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gemeinsame Natur und Wesenheit des Menschen bezeichnet. Diese Natur ist nicht allgemein, bevor Platon und seinesgleichen existieren und bevor der Verstand aus Ideen von ihnen allgemeine Vorstellungen bildet.115 Wenn aber allgemeine Naturen nur in dem genannten eingeschrnkten Sinne ewig sind, dann kçnnen Aussagen ber sie auch nur im eingeschrnkten Sinne ewig wahr sein. Bei dieser Erçrterung ußert Gassendi Meinungen ber die Bedeutung der Copula. Das Urteil „Der Mensch ist ein Sinneswesen“ ist vor der Existenz des Menschen beziehungsweise von Ewigkeit her nur dann ein wahres Urteil, wenn man es so auslegt, daß der Mensch immer dann, wenn er existiert, ein Sinneswesen ist. „Der Mensch ist“ und „Der Mensch ist ein Sinneswesen“ sind verschiedene Urteile, denn das erste betrifft ausdrcklicher die Existenz, ohne die Wesenheit auszuschließen, und das zweite betrifft ausdrcklicher die Wesenheit, ohne die Existenz auszuschließen. Wenn man sagt: „Der Mensch existiert“, dann denkt man immer mit: „Das Sinneswesen Mensch existiert“, und wenn man sagt: „Der Mensch ist ein Sinneswesen“, dann denkt man immer mit: „Der Mensch ist ein Sinneswesen, wenn er existiert“. Doch kommt dem Urteil „Platon ist ein Mensch“ eine geringere Notwendigkeit zu als dem Satz „Der Mensch ist ein Sinneswesen“, denn sonst wre auch es ewig wahr, und Platons individuelle Wesenheit wre von Gott unabhngig; man verliert schnell die Lust, sich mit solchen Spielereien abzugeben. Niemand soll sich einbilden, daß der Satz „Der Mensch ist von solcher Natur, daß er nur ein Sinneswesen sein kann“ die Folgerung einschließt: „Die menschliche Natur ist etwas außerhalb des Verstandes“. Er bedeutet bloß, daß etwas, das ein Mensch ist, notwendigerweise den brigen Wesen gleicht, denen wir 115 Gassendi, Disqu. 5.1; III 374b, 34 – 61: „Dices te proferre nihil aliud quam quod in scholis efferunt, naturas seu essentias rerum esse aeternas, fierique de ipsis propositiones sempiternae veritatis. Sed hoc durum perinde est, et capi aliunde non potest esse naturam humanam, cum nullus est homo, aut dici rosam esse florem, cum ne rosa quidem est. Dicunt aliud esse loqui de essentia, aliud de exsistentia rerum, et non esse quidem ab aeterno exsistentiam rerum, sed esse tamen essentiam. Verum, cum praecipuum, quod est in rebus, sit essentia, ecquidnam magni Deus facit, quando producit exsistentiam? Videlicet non amplius facit, quam dum sartor veste induit hominem. Quanquam qui defendent essentiam hominis, quae est in Platone, esse aeternam et independentem a Deo? Vt vniuersalis est, inquient? At in Platone nihil est nisi singulare? Et solet quidem intellectus ex visis Platonis, Socratis, ac caeterorum hominum consimilibus naturis, abstrahere quendam conceptum communem, in quo omnes conueniant, et qui proinde censeri possit vniuersalis natura, essentiave hominis, quatenus omni homini intelligitur conuenire. At vniuersalem fuisse, antequam Plato et caeteri essent, et intellectus abstraheret, explicari sane non potest.“

B5. Wir erkennen nicht die wirkliche Wesenheit von Substanzen

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aufgrund ihrer hnlichkeit die Benennung „Mensch“ erteilen. Diese hnlichkeit nimmt der Verstand zum Anlaß, die Idee einer gemeinsamen Natur zu bilden, und dieser gedachten Natur muß jedes Wesen entsprechen, das ein Mensch sein soll.116 Hier scheint Gassendi noch die abstrakte generelle Natur als Kriterium bei der Zuweisung zu einer Art oder Gattung zuzulassen.

B5. Wir erkennen nicht die wirkliche Wesenheit von Substanzen B5a. Daß unsere Substanzbegriffe unvollkommen sind, hngt mit der Begrenztheit unserer Sinnlichkeit zusammen. – Unsere Begriffe von Substanzen sind nach Gassendi unvollkommen. In diesem Punkt finden sich deutliche bereinstimmungen zwischen seiner und Lockes Lehre vom Allgemeinen, auf die schon Alfred Klemmt hinwies.117 Gassendi macht klar, daß die Fhigkeit zur Abstraktion, die Tieren versagt bleibt, kein Zeichen fr unsere Vollkommenheit ist. Allgemeine Ideen und Namen bilden wir notgedrungen, weil unser begrenzter Verstand nicht alle Individuen als Individuen erfassen kann, denn ihre Zahl und ihre individuellen Differenzen bersteigen unser Fassungsvermçgen. Beim Abstrahieren verwenden wir Material, das uns die Sinne liefern, aber es zeigt uns nur die Außenseite der Dinge, und eine bessere Anschauung haben wir nicht. Die Vorstellungen, die in den Schulen als species intelligibiles bezeichnet werden, sind in Wirklichkeit nur unvernderte oder bearbeitete Phantasmata, und 116 Gassendi, Disqu. 5.1; III 374b, 61 – 375a, 33: „Dices, nunquid homine etiam non exsistente, atque idcirco ab aeterno, vera propositio haec est, homo est animal? Sed videtur plane non esse, nisi eo sensu, quod quandocumque fuerit homo, futurus sit animal. […] cum dicitur, homo est, intelligitur homo animal; et cum dicitur, homo est animal, intelligitur homo dum exsistit. Praeterea autem cum haec propositio, homo est animal, non sit maioris necessitatis quam ista, Plato est homo, fore igitur etiam istam sempiternae veritatis, et singularem essentiam Platonis non fore minus independentem a Deo, quam vniuersalem hominis, et alia similia, quae prosequi piget. Et addo tamen, cum dicitur hominem esse talis naturae, vt esse non possit quin sit animal; non esse propterea imaginandum talem naturam esse aliquid, aut alicubi praeter intellectum: sed sensum solummodo esse, ad hoc vt aliquid sit homo, debere ipsum similem esse caeteris iis rebus, quibus propter similitudinem mutuam eadem hominis denominatio tributa est: similitudinem, inquam, naturarum singularium, ex qua intellectus accepit ansam efformandi conceptum seu ideam, formamve naturae communis, a qua dissidere non debeat quicquid homo futurum est.“ 117 Klemmt 1952; 319 – 324.

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solange der Verstand in diesem irdischen Kçrper weilt, bekommt er keine anderen. Die Sinnlichkeit, der die Phantasmata entstammen, betrgt uns oft.118 Auch entgehen uns wegen der begrenzten Reichweite unserer Sinnesorgane vermutlich viele Eigenschaften von Dingen, zu deren angemessener Wahrnehmung wir andere Sinne brauchten als die wenigen, die wir in diesem Leben haben.119 Der Verstand bekommt also nicht die Informationen, die er fr eine angemessene Substanzerkenntnis bençtigt. Unter den Grnden fr unsere Unfhigkeit, die Wesenheiten von Substanzen zu erkennen, steht bei Gassendi nicht wie bei Locke die Lssigkeit des Menschen im Vordergrund, sondern die geringe Leistungsfhigkeit der menschlichen Sinne. Wenn wir so scharfsichtig wren, daß wir Eigenschaften wie Masse, Gestalt, Stoß und Bewegung der kleinsten Materieteilchen wahrnehmen kçnnten, oder wenn wir Mikroskope htten, die sie uns zugnglich machten, dann erkennten wir die Ursachen vieler Naturvorgnge, von denen wir jetzt nur den ußeren Ablauf wahrnehmen. Doch mssen wir mit dem zufrieden sein, fr dessen Erkenntnis Gott uns ausgerstet hat, denn nur soviel brauchen wir zum Leben.120

118 Gassendi, Phys. 3/2.9.3; II 448b, 7 – 11: „Videtur itaque Mens nostra, donec degit in corpore, non aliis vti intelligibilibus speciebus quam ipsis Phantasmatibus, iisque seu meris, seu ipsa vi Mentis veluti modificatis, applicatis, in habitum versis.“ – Ex. 2.5.4; III 185a, 57 – 58: […] vt praeteream omnem sensus cognitionem esse fallacem […]“. 119 Gassendi, Ex. 2.6.5; III 202b, 4 – 7 und 13 – 19: „Ecquis enim certus esse potest an non longe plures qualitates in rebus sint, quam quae percipiuntur sensibus humanis? […] cum vulgus hominum reperiatur ad quinque Sensus a natura limitatum, concipit solum quinque generales sensibilium differentias, neque suspicari potest qualesnam praeterea possibiles sint; ac quorsum tamen iurare liceat, quod plures esse non valeant?“ 120 Gassendi, Ex. 2.6.5; III 202b, 63 – 67: „Quod tamen vt praeteream, quaenam, putas, alia causa est, cur tantopere caligemus in cognitione rerum naturalium, nisi quod noster Intellectus non satis iuuetur ab administris sensibus?“ – Phys. 3/2.9.5; II 463a, 56 – 61: „Et tamen si visus discernere posset corpusculorum huiusmodi molem, figuram, compulsionem, impetum, caetera id genus adiuncta, tum Intellectus perciperet causam eorum, quos videmus effectuum.“ – Phys. 3/2.9.5; II 463b, 6 – 17: „An-non reputare proinde par est, nihil deesse nobis, quam aut tantam visus acutiem, aut tam perfectum Engyscopium, quo corpuscula illa caetera incomparabiliter subtiliora perspicere licitum sit; vt Intellectus cognoscere tot admirabilium Naturae operum causam possit? Quid-ni igitur, cum et visu huiuscemodi destituamur, et spes non sit magna obtinendi vnquam tam beati Engyscopij; quidni, inquam, contenti iis simus, ad quae cognoscenda, vt nobis solum necessaria, ipse nostri author nos instructos voluit?“

B5. Wir erkennen nicht die wirkliche Wesenheit von Substanzen

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B5b. Die innerste Natur der Dinge ist uns verborgen. – ber die Erkennbarkeit dessen, was der Essay als reale Wesenheit von Substanzen bezeichnet, denkt Gassendi hnlich wie spter Locke. Zuverlssige allgemeine Erkenntnisse von Ideen, Arten und Prinzipien, die allgemein und notwendig sind, bekommen wir nur bei den wenigen Dingen, bei denen uns Erkenntnis und Gewißheit vergçnnt ist, zum Beispiel beim Kreis an sich und beim Dreieck an sich. Wißbar sind ferner einige Eigenschaften, die bestimmten Arten notwendig zukommen; darber informiert uns bei Gegenstnden wie Kreis und Dreieck die Geometrie.121 Dagegen stehen unsere Chancen bei der Erkenntnis des Wesens von Substanzen schlecht. Die Sinnlichkeit, auf deren Hilfe wir bei der Erkenntnis von Kçrpern angewiesen sind, gelangt, wie sogar Aristoteles eingesteht, nicht ber Akzidentien hinaus und erfaßt schon gar nicht die Differenz als den innersten Teil der Wesenheit. Man kçnnte einwenden, daß nicht die Sinnlichkeit, sondern der Verstand die Differenzen der Dinge erkennt, aber wie Aristoteles ebenfalls sagt, ist nichts im Verstand, das nicht zuvor in den Sinnen war, und die spezifische Differenz war sicher nicht in den Sinnen. Aus Ideen von Akzidentien gewinnt man keine wirklichen Substanzideen, und deshalb wissen wir nicht, welches Prinzip die Qualitten der Kçrper trgt und ihre wahrnehmbaren Vernderungen verursacht. Wir nehmen zwar an, daß sich unter den wahrnehmbaren Akzidentien der Kçrper irgend etwas verbirgt, das sie trgt, doch wissen wir nichts von seinem Wesen und seiner Beschaffenheit, denn es ist uns fr immer verborgen.122 Wir vermuten oder wittern zwar in der verborgenen Natur oder Wesenheit die Quelle, die Wurzel, das Prinzip und die Ursache der sinnlich wahrnehmbaren Ei121 Gassendi, Phys. 3/2.9.6; II 468b, 35 – 41: „Intelligibileis ipsas esse Ideas, seu species, et principia eorum, quae sciuntur, vt ipsum per se Circulum, per se Triangulum, etc. Scibileis, ipsa quae ex necessitate competunt speciebus accidentia, vt quae proprietates inesse Circulo, aut Triangulo in Geometria demonstrantur.“ 122 Gassendi, Ex. 2.5.4; III 185a, 60 – 185b, 1: „Nonne sensus immoratur in solis accidentibus vel per Aristotelem? quomodo ergo differentiam quae essentiae pars intima est, penetrare poterit? Dices forte Intellectu non sensu cognosci rerum differentias. Verum cum nihil sit in Intellectu quod prius non fuerit in sensu per eundem etiam Aristotelem, quonammodo Intellectus peruidere poterit quod non transierit per sensum?“ – Disqu. 2.7; III 308a, 1 – 12: „At primo illud ipsum est, quod omnes vulgo profitentur, abstrahi posse conceptum cerae, substantiaeve eius a conceptibus accidentium. An vero propterea ipsa substantia, seu natura cerae distincte concipitur? Concipimus quidem praeter colorem, figuram, liquabilitatem, etc. esse aliquid quod sit subiectum accidentium, mutationumque obseruatarum? sed quidnam, aut quale illud sit, nescimus. Quippe latet semper, et solum, quasi coniiciendo, subesse debere aliquid putatur.“

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genschaften von Kçrpern, bekommen aber von dieser Quelle nie eine Vorstellung und kçnnen nur argwçhnen, daß es sie gibt. Was sie ist und wie sie beschaffen ist, das kçnnen wir weder erkennen noch sagen.123 Schon deshalb sind Substanzgattungen, die wir bilden, nur Gattungen fr uns, denn sie beruhen nicht auf den Dingen selbst, sondern auf unseren Vorstellungen von ihnen.124 B5c. Der Verstand macht die Schwchen unserer Sinnlichkeit nicht wett. – Der Verstand hilft uns nicht ber die Schwierigkeiten hinweg, die wir der Beschrnktheit unserer Sinne verdanken. Daran, daß er keine gewissen und informativen Aussagen ber Substanzen bilden kann, die allgemein und notwendig sind, ndert sein Induktionsvermçgen nichts, denn weil er fast niemals alle Einzelflle durchluft, versieht er uns fast nie mit zuverlssigen allgemeinen Urteilen.125 Das Vermçgen der Schlußfolgerungen, durch das man Aussagen als notwendig erweisen kann, hilft uns hier ebenfalls nicht weiter, denn durch Schlsse aus Sachverhalten, die wir durch Erfahrung kennen, gelangen wir immer nur zu etwas, das seinerseits wieder erfahrbar ist oder sich durch Erscheinungen besttigen lßt.126 Wir wissen zwar, wie 123 Gassendi, Phys. 3/2.9.5; II 463a, 13 – 26: „[…] cum ex tot adiunctis, proprietatibusve rerum, quas sensibus percipimus, quarumque species in Phantasia habemus, deducamus, intelligamus, seu veluti subodoremur latentem sub ipsis naturam, essentiam, ac veluti fontem, radicem, principium, et causam huiuscemodi proprietatum, functionumque specialium; non posse nos tamen habere latentis illius naturae aliquam in Phantasia speciem; atque idcirco posse nos quidem subolfacere, et quasi suspicari esse vniuerse aliquam; at qua speciatim facie, seu cuiusmodi illa sit, neque intelligi, neque dici a nobis posse.“ 124 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 16; I 97b, 62 – 64: „Qualis Idea rei est, talis instituitur illius in species, parteis, adiunctaque Diuisio.“ 125 Gassendi, Ex. 2.5.4; III 185a, 48 – 56: „Sed ne in hoc diutius haereamus, quaero aliunde quomodo in differentiarum cognitionem veniant? cognoscere certe nullam possunt nisi intermedio sensu, quo scilicet Inductione facta omnium singularium colligatur deinde communis differentiae ratio. Sed praeterquam quod singularia omnia non licet percurrere, nihilque propterea tuto elicere vniuersale […].“ – Ex 2.5.5; III 187b, 65 – 188a, 1: „Atqui Inductione colligi non potest Vniuersalis propositio, siquidem percurri prius et enumerari non possunt omnia singularia ratione quorum propositio dicenda sit vniuersalis.“ – Ex. 2.6.6; III 203b, 1 – 4: „[…] neque percurri posse omnes alicuius rei species, seu, vt vocant, indiuidua ad constituendas aliquas Propositiones vniuersales […]“ – Daß der Hinweis auf Klassen mit nur einem Element oder mit wenigen Elementen das Verfahren der Induktion nicht rettet, zeigt Ex. 2.5.5; III 188a, 12 – 57. 126 Gassendi, Ex. 2.6.7; III 207a, 67 – 207b, 5: „Quod si dicas posse Intellectum ex iis, quae cadunt in experientiam, aut apparent sensibus, colligere alia multo interiora.

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Dinge anderen oder uns erscheinen, aber nicht, wie sie an sich oder ihrer Natur nach sind.127 Gassendi illustriert das mit Beispielen. Nach der Disquisitio ist uns die Wesenheit nicht eines einzigen Gestirns bekannt. Zwar wissen wir manches ber Eigenschaften und Wirkungen von Sternen, aber nichts ber ihre innerste Substanz, und wer das Gegenteil behauptet, den kann man leicht davon berzeugen, daß sich sein Wissen auf Eigenschaften und Wirkungen beschrnkt und daß ihm die innerste Substanz, die sich darunter verbirgt, nicht zugnglich ist.128 hnlich ergeht es uns bei gelufigen Erfahrungsdingen wie Pferden, Hunden, pfeln, Nssen, Eisenstcken oder Kieselsteinen. Wir kennen zum Beispiel weder das Prinzip des Wieherns noch das Prinzip des Laufens von Pferden und wissen nicht, wie beide Ttigkeiten zustande kommen, wie die innere Kraft der Pferde auf Pferdeorgane wirkt und wie diese darauf reagieren.129 Sogar die Wesenheit so vertrauter Dinge wie des Menschen kennen wir nicht. Wenn ein Schulphilosoph in seiner Definition von „Mensch“ erklrt, der Mensch sei eben ein Sinneswesen, dann muß man ihn fragen, was ein Sinneswesen ist; denn dessen Wesenheit kennen wir genau so wenig wie die von Kçrpern und Substanzen, die beim Definieren als nchste an der Reihe wren. Wenn der Schulphilosoph am Ende bei „Seiendes“ angekommen ist, dessen Bedeutung fr uns ebenfalls dunkel ist, dann hat er seine Definitionsmçglichkeiten ausgeschçpft, denn oberhalb von „Seiendes“ gibt es keine nchsthçhere Gattung mehr.130 Wenn jemand einwendet, man kenne vom

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Respondebo tamen non posse vlterius ratiocinando procedere quam ad ea, quae rursum liceat experiri, vel quorum exhiberi possit quaedam apparentia.“ Gassendi, Ex. 2.6.6; III 203a, 58 – 61: „Quid superest nisi concludamus sciri non posse cuiusmodi res aliqua sit secundum se, vel suapte natura; sed dumtaxat cuiusmodi his aut illis appareat.“ Gassendi, Disqu. 3.10.2; III 353a, 50 – 59: „Quaeso te ergo, nosti-ne Solis, Lunae, aut alterius Sideris essentiam? Non dices opinor, te nosse; quid nosti enim ex illis amplius, quam magnitudinem, figuram, motum, distantiam, lucem, candorem, calorem, vim generandi, fouendi, mouendi, et si quae sunt huiusmodi; atqui haec sunt adiuncta solum, siue accidentia; ipsa vero essentia, natura, siue substantia intima, quae iis subiacet, omnino te latet […].“ Gassendi, Ex. 2.5.4; III 185b, 9 – 20: „[…] an-ne alterius cuiusquam rei naturalis ei familiarissimae, nimirum equi[,] canis, pomi, nucis, ferri, silicis essentiam adhuc nouimus, cum accidentia tamen illorum, adeo saepe nota fuerint? Quid enim, quia Equum hinnientem aut currentem saepe vidisti, explicare propterea potes cuiusmodi sit illud hinniendi, aut currendi principium? non quaero quemadmodum hinnitus ille formetur; quomodo cursus excitetur, quae sit applicatio internae virtutis ad organa, et quorsum ex tali applicatione talis effectus consequatur […]“. Gassendi, Ex. 2.5.2; III 183b, 67 – 184a, 21: „Exempli causa quaeram quid sit homo? ac esto proinde homo definitum; tu definiens statim respondebis pro

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Menschen zumindest die spezifische Differenz, nmlich „vernunftbegabt“, dann spricht er zwar von einer Fhigkeit des Menschen, aber nicht von einem Bestandteil seiner innersten Natur. Die Seele, die sich gerne rhmt, alles zu kennen, kennt also nicht einmal sich selbst.131 In diesem Zusammenhang verwendet Gassendi die von spteren Autoren bis hin zu Albrecht von Haller gern aufgenommene Fassaden- und Rindenmetapher. Wir erblicken nur die ußere Fassade der Dinge und kçnnen sogar das eine oder andere Werk der Natur rekonstruieren. Aber das, was wir dabei erkennen, ist weit von jenem Innersten entfernt, in dem die geheime gçttliche Kraft Wunderbares bewirkt. Der menschliche Geist ist so schwach, daß er durch Wahrnehmungsbilder zwar die ußere Schale, aber nicht die innerste Natur der Dinge und auch nicht die Notwendigkeit oder den Ablauf ihrer Wirkungen erkennen kann.132 B5d. Vorboten nominaler Wesenheiten. – Im Blick auf vergleichbare Sachverhalte bildet Locke im Essay den Ausdruck „nominal essence“, zu dem genere animal, non quiesco sed quaero rursus quid sit animal, vt enim antea hominis, sic iam Animalis intimam naturam perspectam non habeo, respondebis esse viuens; sed et rursus quaero quid sit viuens, neque enim eius naturam percipio, respondebis esse corpus; quaero etiam quid sit corpus, quoniam et eius natura est mihi incognita, respondebis esse substantiam, verum et ego hic quoque ignorantiam professus quaero quid sit substantia; respondebis esse ens, et quid sit Ens ex te quaero, neque enim intelligo. Tu vero iam quid hic facies? an non sudabis tanquam ad extremas redactus angustias? Entis quippe nullum potes assignare genus, cum nihil Ente agnoscas superius; nam si superius agnosceres in infinitum esset progrediendum. Non potest igitur clare et perfecte cognosci Ens, cum ipsius non possit perfecta tradi definitio.“ 131 Gassendi, Ex. 2.5.4; III 186a, 5 – 9, 22 – 31 und 61 – 63: „Dices non ignorare nos rerum omnium differentias, nam vnius saltem rei videlicet hominis differentiam cognoscimus, illa enim est, esse rationalem. […] Deinde vero putas illam esse hominis differentiam, qua natura hominis intima noscatur? Cedo primum quid sit aliud esse rationale, nisi posse ratiocinari, seu vti ratione? ista igitur rationalitas est tantum potentia seu facultas, et proprietas hominis, quemadmodum facultas ridendi, seu vt loquuntur risibilitas, et in equo proinde hinnibilitas, etc. quocirca nec esse naturae intima videtur pars […] bella ista Anima, quae rerum omnium cognitionem gloriabunda profitetur, seipsam prorsus nesciat.“ 132 Gassendi, Phys., prooem.; I 132a, 17 – 23: „Externam quidem rerum faciem contueri non-nihil propius licet, licet aliquovsque retexere nonnulla ex Naturae operibus; at si quid propterea introspicimus, id longissime tamen abest ab iis penetralibus, in quibus Divina, et secreta Virtus mirabilia adoperatur.“ – Phys. 3/ 2.9.4; II 456 b, 19 – 23: „[…] quod tales species referant solum quasi externos cortices rerum, non vero aut intimam naturam, aut quae ex illa profluunt, aut necessitatem modumque profluxus […]“.

B5. Wir erkennen nicht die wirkliche Wesenheit von Substanzen

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es bei Gassendi keine unmittelbare Entsprechung gibt, obgleich die eine oder andere Formulierung den Leser darauf vorbereitet. Die Disquisitio macht zum Beispiel klar, daß wir einen Namen auch dann verwenden kçnnen, wenn wir keine genaue Idee von dem Kçrper besitzen, fr den er steht. So steht der Name „Substanz“, wenn wir ihn verwenden, nicht fr eine adquate Idee, sondern fr unsere undeutliche und sehr allgemeine Vorstellung eines Trgers von Eigenschaften. Folglich bietet die Verwendung des Namens „Substanz“ keine Garantie dafr, daß der Sprecher ber eine adquate Substanzidee verfgt.133 In den Exercitationes und in der Disquisitio wird gezeigt, daß uns das scholastische Definitionsverfahren der Angabe von nchsthçherer Gattung und spezifischer Differenz bei Dingen, fr die wir den Namen „Substanz“ verwenden, nicht zur Erkenntnis der wirklichen Wesenheit fhrt; fr uns hat dieser Name nach wie vor nur die verworrene Bedeutung eines Subjekts der Eigenschaften.134 Nichtsdestoweniger benutzen wir unsere unvollkommenen Vorstellungen von Substanzen als implizite Definitionen, das heißt, als unausgesprochene Erklrungen der Wesenheit eines Definitums, mit deren Vollkommenheit die Qualitt unserer expliziten Definitionen steht und fllt.135 Bei der Erçrterung des cartesischen Wachsbeispiels136 betont Gassendi, daß man sowohl bei flchtiger als auch bei sorgfltiger Betrachtung eines Stckchens Wachs nicht dessen Substanz als solche, sondern lediglich Akzidentien und deren Vernderungen erkennt. Auf diese Weise kann man zwar erklren, welche Idee man mit dem Namen „Wachs“ verbindet, aber diese Idee 133 Gassendi, Disqu. 3.4.2; III 325b, 46 – 54: „[…] licet sub extensione, figura, colore, sapore, mollitie, aliisque accidentibus intelligamus latere, seu esse debere aliquod subiectum, quod nominamus substantiam, non habemus tamen propterea germanam illius Ideam, neque asseuerare possumus cuiusmodi sit; sed confuse solum, et sub generali quadam specie subiectorum concipimus […]“. 134 Ausfhrlich Gassendi, Ex. 2.5.2 – 4; III 183b, 34 – 187, 56. 135 Gassendi, Ph. Ep. p. 1, c. 3 (Druck: 2), can. 2; III 8b, 39 – 42: „Ex his autem fit, vt si requiratur, quid quaepiam res sit; illam definiamus, siue describamus, quatenus se habet, quam in Animo habemus illius anticipationem.“ – Inst. Log. p. 1, can. 15; I 97a, 63 – 97b 8: „Qualis Idea rei est, talis traditur rei Definitio. Quoties videlicet rogamur, aut declarare volumus quid, aut cuiusimodi res sit; statim ad eam, quam habemus eius ideam respectamus, et iuxta illam definimus, describimusve ipsam rem: adeo proinde, vt si Idea rem perfecte repraesentet, Definitio, hoc est Oratio, qua rei naturam essentiamve (seu quid, aut cuiusmodi sit) declaramus, accurata sit; sin minus perfecte, minus accurata.“ – Log. Orig. 7, can. 6; I 54b, 38 – 39 und 58 – 60: „Anticipatio est ipsa rei notio, siue definitio […] adeo proinde, vt Anticipatio nihil aliud sit; quam impressa quaedam Animo rei definitio.“ 136 Descartes, Meditationes, Secunda; AT VII, 30, 3 – 33, 29.

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

reprsentiert die verborgene Wachssubstanz nicht angemessen. Die innerste Natur bleibt fr uns immer ein nescio quid, das sich unter den Akzidentien verbirgt, obgleich es allen ihren Vernderungen zugrundeliegt.137 Locke wird sagen: Sie bleibt immer fr uns something I know not what. B5e. Mçglichkeit von Naturwissenschaft. – Eine wichtige Konsequenz aus der Annahme, daß wir die wirklichen Wesenheiten von Substanzen nicht erkennen, verbindet Gassendi mit Locke: Er schließt die Mçglichkeit von Naturwissenschaft im strengen Sinne aus. Wissenschaft im strengen Sinn als ein System von allgemeinen und notwendigen Aussagen ist die vornehmste Domne des Allgemeinen. Weil wir aber fast keine allgemeinen und notwendigen Aussagen ber Substanzen bilden kçnnen und daher keiner wirklichen Wissenschaft von Geistern und Kçrpern fhig sind, schlgt Gassendi als Ausweg eine Erscheinungswissenschaft (philosophia apparentialis) vor, die Lockes simple historic method hnlich ist. Wissen von den innersten Naturen und notwendigen Ursachen von Substanzen haben nur Engel und Gott, denn es vertrgt sich nicht mit der menschlichen Natur im Pilgerstand. Dagegen paßt zu unserem jetzigen Zustand eine Erfahrungs- oder Erscheinungswissenschaft;138 deren Verfahren hat Detel untersucht.139 Die Kargheit unserer Erkenntnis in diesem Leben wird 137 Gassendi, Disqu. 2.7.2; III 310a, 24 – 36: „Denique exceperam inspectionem illam cerae imperfectiorem, et perfectiorem, confusiorem, et distinctiorem, esse solum penes accidentia, mutationesque ipsius, non vero penes ipsam substantiam; quare et posse nos ex ipsis concipere, et explicare quid nomine cerae intelligatur, non autem nudam illam, vel potius occultatam semper manentem substantiam; vt quae sit semper nescio quid sub accidentibus latens, et mutationibus subiectum.“ 138 Gassendi, Ex. 2.6.7; III 207a, 30 – 39 und 52 – 55: „[…] quamdiu desiderant homines omnes scire plurima et per experientiam et quatenus illa apparent, verum est quod natura duce illa scire desiderant; at statim ac praeterea volunt et naturas intimas, et causas necessarias scire, iam hoc scientiae genus est quod Naturam Angelicam, vel etiam Diuinam attineat, nec homunciones deceat; quocirca et hoc desiderium dici non potest esse a natura. […] Deinde vero et illud dari consequenter potest esse causas scientiae, at scientiae tamen experimentalis, et vt sic dicam apparentialis.“ – HV 4; III 413a, 19 – 21: „[…] hanc siue veritatem, siue scientiam, quam dicere historicam, seu experimentalem soleo […]“. 139 Detel 1978 vergleicht Epikurs und Gassendis Fundamentaltheorie und Methodologie (22 – 70), untersucht Gassendis physikalische Methode (120 – 242) unter Bercksichtigung des Verhltnisses von Theorie und Erfahrung (164 – 196) und „zeigt, daß sowohl die Methodologie Gassendis als auch seine Einfhrung und Sicherung der Atomistik erheblich von derjenigen Epikurs abweicht und Anstze zu einer neuen Auffassung erkennen lßt, nach welcher theoretische Hypothesen

B5. Wir erkennen nicht die wirkliche Wesenheit von Substanzen

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hnlich wie bei Locke auf Gottes gtige Vorsorge zurckgefhrt. Er hat uns von den Dingen soviel wissen lassen, wie wir fr dieses Leben brauchen, denn er gab ihnen Eigenschaften, die sie erkennbar machen, und uns fnf Sinne zu ihrer Wahrnehmung und ein inneres Vermçgen zu ihrer Beurteilung. Weil es nicht nçtig ist, daß wir darber hinaus auch noch die innerste Natur der Dinge erkennen, wollte Gott, daß sie uns verborgen bleibt, wir selber aber wnschen und behaupten trotzdem aus Unersttlichkeit, sie zu erkennen.140 Im Rahmen einer Erfahrungs- oder Erscheinungswissenschaft kçnnen wir zwar durch weitere Erfahrungen oder durch Schlußfolgerungen, die von Erscheinungen besttigt werden, ber die Erfahrung hinausgelangen, doch dringen wir nie bis zur Natur der Dinge vor.141 Der Teilausdruck „Wissenschaft“ hat also in dem Ausdruck „Erfahrungswissenschaft“ nicht die Bedeutung ,System allgemeiner und notwendiger Urteile‘, aber trotzdem kçnnen wir ber Naturerscheinungen viel durch Erfahrung lernen, auch ist Demonstration, wenn man sie nicht zu eng bestimmt, auf vielerlei Weisen mçglich, zum Beispiel durch Zeigen mit dem Finger oder durch Mitteilung von Erfahrungen; man kann also ber die sichtbare Natur manche Einsicht gewinnen, auch wenn man nie zu durch empirische Daten nicht fundamentalistisch gerechtfertigt, sondern kritisch geprft werden sollten. […] Die Einfhrung der Atomistik bei Gassendi trgt demgegenber dem fundamentalen Charakter dieser Theorie Rechnung, denn Gassendi verzichtet auf den Versuch, sie deduktiv zu sichern. Allerdings fhrt auch er nichtempirische Argumente zugunsten der Atomistik an; sie bestehen jedoch in dem Hinweis, daß sie als tiefe Theorie zu vielfltiger Forschung anregen und mit den christlichen und philosophischen Doktrinen der Tradition weitgehend in Einklang gebracht werden kann. Das heißt, Gassendi versucht seine physikalischen Grundannahmen zunchst so weit wie mçglich in die bestehende Weltanschauung einzubetten, was methodologisch (und taktisch) durchaus vernnftig ist, statt wie Epikur den vergeblichen Versuch zu machen, sie fundamentalistisch zu sichern. Entsprechend erhlt andererseits aber der Nachweis der Erklrungskraft der Atomistik bei Gassendi ein viel strkeres Gewicht.“ (244 – 245) 140 Gassendi, Disqu. 2.8.2; III, 312b, 28 – 38: „[…] quicquid fuit nobis de re vnaquaque nosse necessarium, illud nobis apertum fecit [Deus], tribuendo rebus proprietates, per quas innotescerent, et nobis sensus varios, quibus illas apprehenderemus, ac facultatem interiorem, qua de iisdem iudicaremus. Quod ad internam vero naturam, et quasi scaturiginem, illam, vt nobis cognitu non necessariam, occultam voluit; et nos, cum nosse affectamus, aut praesumimus, intemperantia laboramus.“ 141 Gassendi, Ex. 2.6.7; III 207a, 67 – 207b, 7: „Quod si dicas posse Intellectum ex iis, quae cadunt in experientiam, aut apparent sensibus colligere alia multo interiora. Respondebo tamen non posse vlterius ratiocinando procedere quam ad ea, quae rursum liceat experiri, vel quorum exhiberi possit quaedam apparentia. Caeterum enim ad intimas vsque rerum naturas penetrare, hoc est quod imus inficias.“

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Kapitel B. Das Allgemeine bei Gassendi

demonstrativer Wissenschaft im Sinn der Aristoteliker gelangt.142 Die innerste Natur bleibt fr uns immer ein ungeheurer Tempel, in dessen Innerstem die Gottheit weilt und ihre unerschçpfliche Macht und Weisheit ausbt, und es ist uns kleinen Menschen nicht beschieden, bis dorthin vorzudringen.143 Wir mssen uns auf das konzentrieren, was uns vergçnnt ist. B5f. „Essentiale“ und „proprium“. – Von solchen berlegungen wird Gassendis Verwendung des Ausdrucks „essentialis“ kaum berhrt. Obgleich der Autor von der Unerkennbarkeit der Substanzwesenheiten berzeugt ist, bedeutet „essentialis“ weiterhin und ohne Vorbehalt „wesentlich“ oder „notwendig zur Wesenheit gehçrend“, whrend das Wort bei Locke zum Ausdruck fr etwas wird, das notwendig zur nominalen Wesenheit gehçrt.144 Dagegen hat die Bedeutung der Wçrter „proprium“ und „proprietas“ an Strenge verloren. Sie stehen in der Schulsprache in der Regel fr etwas, das nicht unmittelbar zur Wesenheit gehçrt, aber notwendig mit ihr verbunden ist. So heißt es in Burgersdijcks Logik, daß etwas, das nicht in der Wesenheit einer Substanz enthalten ist, aber trotzdem notwendigerweise von ihr ausgesagt wird, ein proprium ist; und Combach gebraucht in einem Passus, der einem Text von Gassendi gleicht, statt „proprium“ das

142 Gassendi, Ex. 2.6.1; III 192a, 49 – 54: „Si satis constanter tueretis Scientiam esse alicuius rei certam, euidentem et per necessariam causam, seu Demonstratione habitam notitiam; hac enim ratione illa experimentalis seu apparentium notitia nomine Scientiae non veniret.“ – Ex. 2.6.7; III 207a, 55 – 67: „Siquidem Intellectus noster scit, cognoscit-ve experiundo multa apparentia. Demonstratio vero fieri quoque potest multiplex, seu digito indicando, seu oratione erudiendo, aut alio modo simili. At neque scit tamen quidpiam Intellectus modo illo Aristoteleo, neque propterea datur demonstratio qualem depingit Aristoteles. Hinc et admitti quoque potest dari multas res scibiles; at non tamen quae sciri valeant scientia illa Aristotelea, sed experimentaliter solum vel secundum apparentiam.“ 143 Gassendi, Phys., Prooem; I 132a, 11 – 17: „Videlicet Natura haec rerum ingens est quoddam, sacrumque Templum, in cuius adyto habitat, potentiamque, et sapientiam suam inexhaustam explicat, exercetque Divinum Numen; at nobis Homuncionibus, non eo usque ingredi, penetrareque conceditur.“ 144 Fr andere Verwendungen s. zum Beispiel Gassendi, Ex. 2.2.7; III 162b, 57 – 59: „[…] adeo vt album quoque v.c. dici possit essentiale cygno cum de illo praedicatur, provt sic coloratus est […]“. – Inst. Log. p. 1, can. 16; I 98a, 56 – 62: „Quod tale autem Totum Integrum vocetur, non modo fit ad discrimen Generis, quod aliqui dicunt Totum potentiale (vti et species parteis subiectas) sed ad discrimen etiam speciei, quam dici audias Totum essentiale, quasi compositum ex partibus vocatis essentialibus […]“.

B5. Wir erkennen nicht die wirkliche Wesenheit von Substanzen

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nicht ungewçhnliche Synonym „inseparabile“. 145 Gassendi verwendet „proprium“ so wenig eindeutig146 wie Locke dessen englische Entsprechungen. Bei Stellen, an denen er zeigt, daß die Schulphilosophie dieses und hnliche Wçrter ohne Kriterien verwendet, darf man vermuten, daß er sich an die schulphilosophische Bedeutung hlt. Doch treten auch schwchere Verwendungen auf, bei denen die genannten Ausdrcke nicht mehr bedeuten als unser heutiges Wort „Eigenschaft“; in solchen Fllen wird „proprium“ oder „proprietas“ hnlich wie manchmal „property“ bei Locke zum bloßen Synonym von „adiunctum“, „accidens“ oder „qualitas“. 147

145 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 29, comm.; 284: „Separabile illud dicimus, quod indifferens est ad inesse et non inesse, ut ambulare in Socrate, potest enim aeque ac non potest ambulare. – Inseparabile vero illud dicimus, quod tametsi ad essentiam non attinet, tamen ob specialem materiae dispositionem actu non separatur, ut est nigredo in corvo.“ 146 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 16; I 98b, 25 – 29, 30 – 34: [Qualitatem] „Insitam autem, inseparabilemque esse aut propriam, aut communem, et propriam esse, quae vni tantum alicuius generis speciei competit, vt homini facultas ratiocinandi, aut ridendi […] (haec est autem, quae dici solet et Proprietas, et Differentia maxime propria, tanquam sola praestans vt specierum vna differat ab omnibus aliis) […]“. – Phys. 3/2.9.4; II 458b, 44 – 49: [Der Verstand] „deprehendit rem vniuersalem, vniuerseve spectatam, tanto esse absolutiorem, quanto intelligitur esse a specialibus singularium notis, proprietatibusve, et, vt appellant, differentiis indiuidualibus secretior.“ 147 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 7; I 95b, 12 – 13: „Nota et suas quoque esse adiunctorum, seu proprietatum, qualitatumque ideas […]“.

Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A C1. Einfache und zusammengesetzte Ideen C1a. bersicht. – Nach dem Blick auf eine schulphilosophische und eine anti-schulphilosophische Universalienlehre im Umfeld Lockes beginnt jetzt die Erçrterung der beiden Drafts und des Essay. Lockes frher Entwurf von 1671, den er als Enddreißiger verfaßte und der heute als Draft A bezeichnet wird, enthlt Skizzen zu einer Lehre vom Allgemeinen, bei denen die Annahme kompositiver Abstraktion bei komplexen Ideen, die Deutung komplexer Ideen als impliziter Urteile und die Substanzlehre an Gassendi erinnern. Locke glaubt, daß seine Ideen- und Wçrterlehre neuartig ist, und rechtfertigt damit ihre ausfhrliche Behandlung.1 Im Gegensatz zu Gassendi und in bereinstimmung mit Surez nimmt schon Draft A eine begriffsorientierte Zuweisung zu Arten an, bei der der Einordnung von Individuen unter Artnamen die berprfung ihrer hnlichkeit mit der Artidee vorausgeht. Whrend sich in Gassendis Institutio logica die Zugehçrigkeit zu einer Art aufgrund der hnlichkeit von Individuen sozusagen von selbst ergibt, setzt sie bei Locke schon in Draft A das Vorhandensein einer abstrakten Artidee voraus. Auch in der Abstraktionsund Artlehre erweist sich so die erstaunliche Kontinuitt von Lockes Philosophie, die G. A. J. Rogers hervorgehoben hat.2 Noch fehlen allerdings detaillierte Mitteilungen ber die condicio humana, mit der nach Meinung des Essay unser Bedarf an generellen Ideen und Wçrtern zusammenhngt. Das Interesse an sprachlichen Phnomenen ist groß; der Text rechnet mit unterschiedlichen Situationen von Sprecher und Hçrer, auch findet sich die Unterscheidung zwischen der Sprache der Leute und 1

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Bei meinen Zeilenangaben fr DRA und DRB, die das Auffinden der Texte erleichtern sollen, zhle ich die Leerzeilen nicht mit. Auf eine Seite entfallen knapp vierzig Zeilen. – DRA § 7; 16, 26 – 30: „And thus much for the Ideas of things simple or compounded that the understanding of man hath or can have & the words by which men expresse them wherein I have been something the longer because not haveing met with it any where I though soe new a notion & something out of the way ought to be made plaine.“ Rogers 2008; 141 und 142 – 145.

C1. Einfache und zusammengesetzte Ideen

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der Sprache der Wissenschaft, fr die Locke spter die Ausdrcke „brgerliche Unterhaltung“ und „wissenschaftliche Kommunikation“ verwendet. Es gibt noch keine Bezugnahme auf eine bestimmte Individuationslehre, Locke geht jedoch wie spter davon aus, daß das Allgemeine das Individuelle voraussetzt. Daß wir nach seiner Meinung singulre Ideen frher bekommen als generelle, zeigt schon die Bemerkung, daß unser Wissen letztlich auf den Sinnen beruht und daß sich die Sinne ausschließlich mit Einzeldingen beschftigen.3 Daß bereits nach Lockes damaliger Meinung alles, was wir erfahren, individuell ist, ergibt sich ferner aus der Bemerkung, daß wir keine Ideen von generellen Dingen bekommen.4 Wenn aber generelle Ideen und Namen nicht gegeben sind, dann mssen sie hergestellt werden, und zwar von Menschen, die Ttigkeiten mit Absichten verbinden. Sie werden nicht auf gut Glck, sondern nach Zwecken gebildet; solche Hinweise sind unter Schulphilosophen nicht blich. § 8 erwhnt, daß generelle Namen die Verwaltung der eigenen Ideen, die Erinnerung an frhere Gedanken und Beobachtungen und deren Mitteilung an andere Menschen erleichtern, denn sie geben dem Verstand die Mçglichkeit, große Mengen von Einzeldingen mit einem einzigen Wort zu bezeichnen.5 Die Sprache ist also schon fr Draft A nicht nur ein Mittel zur Kommunikation, sondern auch ein Mittel zur Verwaltung eigener Gedanken. Das Interesse an den Zwecken der Verallgemeinerung von Ideen teilt Locke mit Gassendi, doch geht er eigene Wege. C1b. Die beiden Quellen einfacher Ideen. – Draft A behandelt einerseits das Allgemeine der Ideen und Wçrter, das bei Surez absolutes Allgemeines hieß, und andererseits das Allgemeine der Gattungen und Arten, das bei Surez relatives Allgemeines hieß. Grundeinheiten des Allgemeinen der Ideen sind einfache Ideen. Lockes Deutung von „einfache Ideen“ bringt neue Aspekte in die Diskussion. Der Text unterscheidet einfache Ideen der inneren Sinnlichkeit von einfachen Ideen der ußeren Sinne. Die ußere Sinnlichkeit heißt hier noch „sense“, die innere „sensation“;6 sie wird als 3 4 5 6

DRA § 45; 82, 25 – 26: „[…] our senses, which are conversant only about particular things.“ DRA § 2; 9, 4 – 5: „[…] I thinke I may say we have noe notion of generall things […]“. DRA § 8; 19, 6 – 9: „The minde for the conveniency of marshalling its owne Ideas, recording its owne thoughts & observations & signifying them to others being apt to make general words to expresse a great number of particular things […].“ Das trifft noch nicht zu fr DRA § 1; 1, 5 – 8: „I imagin that all knowledg is founded on & ultimately derives its self from sense, or something analogous to it &

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

Erfahrung von inneren Ttigkeiten des Geistes charakterisiert. „Ttigkeit“ darf nicht eng verstanden werden, denn auch Ideen sind Ttigkeiten. Lockes spterer Gebrauch von „reflection“ wird in Draft A schon vorbereitet: Nach § 4 bezeichnet „sensation“ die Ttigkeiten unseres Geistes „as reflected on by us“. Wenige Zeilen vor dem Abbruch des Entwurfs wird mitgeteilt, daß wir durch „sense and reflection“ in den Besitz einfacher Ideen gelangen.7 Einfache Ideen der ußeren Wahrnehmung werden ursprnglich von Qualitten der Kçrper durch Affizierung erzeugt;8 wegen des engen Zusammenhangs von Ideen und Qualitten verwendet Locke schon in Draft A bisweilen „Ideen“ statt „Qualitten“, entschuldigt sich aber gegen Ende des Textes dafr.9 C1c. Es gibt singulre und generelle einfache Ideen. – Locke verwendet in Draft A noch nicht den Ausdruck „general Idea“, geht aber davon aus, daß es partikulre und generelle einfache Ideen gibt. In der Regel teilt er nicht mit, ob er gerade von den einen oder den anderen spricht, aber meistens zeigt es der Kontext. Die sptere Lehre von der sinnlichen Gewißheit kndigt sich durch den Hinweis an, daß wir nicht nur praktisch hinreichende, sondern die grçßte menschenmçgliche Gewißheit von der Existenz der Qualitten haben, die einfache Ideen in uns erzeugen; weil nur individuelle Qualitten existieren kçnnen, muß hier von singulren einfachen Ideen die Rede sein.10 Andere Stellen handeln von generellen einfachen Ideen. Werden innere Ttigkeiten des Geistes oft genug wiederholt, dann bilden wir von ihnen Ideen wie ,denken‘, ,glauben‘, ,zustimmen‘, ,zweifeln‘, ,wnschen‘,

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may be cald sensation which is donne by our senses conversant about particular objects which give us the simple Ideas or Images of things […]“. DRA § 4; 12, 19 – 21: „[…] sensation (by which word for brevitys sake I would for the future be understood to meane the operations of our minds as reflected on by us) […]“. – DRA § 45; 83, 13: „By sense & reflection we come to have simple Ideas“. DRA § 1; 1, 9 – 12: „[…] thus we come to have Ideas of heat & light, hard & soft which are noe thing but the reviveing again in our mindes those imaginations which those objects when they affected our senses caused in us whether by motion or otherwise it matters not here to consider […]“. DRA § 45; 82, 27 – 32: „When I speak of simple Ideas as existing in things I would be understood to mean. such a constitution of that thing which produces that Idea in our mindes. soe that Idea when it is spoken of as being in our understanding is the very perception or thought we have there, when it is spoken of as existing without is the cause of that perception. & is supposed to be resembled by it. & this also I call quality.“ DRA § 10; 20, 28 – 21, 28.

C1. Einfache und zusammengesetzte Ideen

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,lieben‘, ,frchten‘, ,hoffen‘ und ,hassen‘;11 es muß sich hier um generelle Ideen handeln, denn um berhaupt Ideen von Ttigkeiten des Geistes zu bekommen, braucht man keine wiederholte Erfahrung. In § 2 und § 4 gibt es allgemeine Hinweise, nach denen wir generelle Ideen nicht bilden, bevor uns mehrere Individuen einer Art begegnet sind; eine hnliche Meinung vertrat Gassendi.12 Als Beispiele fr generelle einfache Ideen beider Sinnesvermçgen dienen die Ideen ,eins‘ und ,zwei‘. Auf den Begriff der Einheit bringen uns alle Gegenstnde der ußeren Sinne und alle geistigen Akte, sobald wir sie fr sich allein betrachten, ohne sie mit anderen zu verbinden oder auf andere zu beziehen. Wenn wir dagegen Außendinge oder geistige Ttigkeiten mit irgend etwas anderem in Verbindung bringen, dann bekommen wir den Begriff ,zwei‘.13 Der Text macht klar, daß von generellen Ideen die Rede ist, denn jedes Außending und jede geistige Ttigkeit ruft den Begriff ,eins‘ in uns hervor (vielleicht denkt Locke an die schulphilosophische unitas individualis oder numerica); ein so vielfach hervorgerufener Begriff muß generell sein, denn er steht fr viele Einzelinstanzen. An anderen Stellen spricht Locke von partikulren einfachen Ideen:14 Materieteilchen konstituieren partikulre einfache Ideen,15 und Relationen 11 DRA § 2; 7, 13 – 18: „The other fountaine of all our knowledg though it be not sense, yet is some thing very like it & may properly enough be called sensation & is noething but the experience of the operations of our owne mindes within of which very operations being often repeated we frame certaine Ideas such are Thinkeing Beleiveing or to Thinke beleive assent doubt desire love feare hope hate etc […].“ 12 DRA § 2; 7, 16 – 17: „[…] of which very operations [of our owne mindes] being often repeated we frame certaine Ideas […].“ – Vgl. Gassendi, Disqu. 5.1.5; III 379a, 44 – 55: „[…] viso vno solo vnius generis animalium indiuiduo, non aliam in nobis haberi, excitarive illius ideam experimur, quam qualis ab huiusmodi indiuiduo deducta est: Et cum aliud deinde, ac plura eiusdem generis indiuidua vidimus, tunc ideam specialem variamus, et pro vna duas, plureisve habemus: ac si post ipsas habitas generalem quoque habeamus, illa erit plane, quam ex singularibus eliciemus, abiicientes discrimina, et retinentes id, quod erit omnibus commune.“ 13 DRA § 12; 24, 27 – 33: „Now the notion of one being suggested by every object of sense & also every act or operation of the minde, which is noething but the consideration of that thing alone without joyning or reference to any other, the notion of two is but the joyning in our thoughts such another one to the former, & then these precise seperate things or conceptions thus put or referd togeather we call two […]“. 14 DRA § 8; 20, 1 – 3: „[…] the notion of Being or Ens comprehends noe thing in it but the particular simple Ideas we have got by sense & sensation […]“. 15 DRA § 16; 31, 32 – 32, 1: „When a thing is made up of particles which did all of them before exist, but that very thing soe constituted of preexisting particles which

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

kçnnen partikulre einfache Ideen zu Relaten haben.16 Andererseits spricht Draft A von Sorten einfacher Ideen.17 C1d. Bildung genereller einfacher Ideen. – In einem schwierigen Text von § 20 ist von Ideen die Rede, die man an sich selbst, schlechthin (simply) oder, wie man in der Schulphilosophie sagt, in abstracto betrachtetet.18 Die Stelle deutet knapp an, wie aus einer partikulren einfachen Idee eine generelle wird: Man muß sie an sich selbst oder schlechthin als solche betrachten; und das schließt etwas ein, das Locke durch die Verwendung von „in abstracto“ andeutet: Man man sie von den Umstnden trennen, unter denen sie in uns der Wahrnehmung oder in der Vorstellung erschienen ist. Dieses Vorgehen entspricht der bisweilen mit Trennungsvokabeln wie „separare“ dargestellten przisiven Abstraktion der Schulphilosophen, bei der man die Bestimmungen einer Idee betrachtet, die sie mit anderen Ideen gemeinsam hat, ohne zugleich die individuierenden Bestimmungen zu beachten, oder bei der man in Gedanken die einen von den anderen abtrennt. Von einfachen Ideen als solchen kann man nichts abtrennen, denn sie sind einfach, doch kann man sie von den sie ursprnglich begleitenden ußeren Umstnden lçsen, um sie generell zu machen. Einfache Ideen entstehen dadurch, daß uns Qualitten zu ihnen affizieren; jede einzelne dieser Ideen ist eine individuelle Erfahrung des Geistes. Sieht man jedoch von ihren individuellen Umstnden wie Existenz, Zeit, Ort und Nachbarschaft ab, dann hat man eine generelle einfache Idee. Mackie bemerkt, daß die Annahme einer solchen Abstraktion, die er als „paying selective attention“ charakterisiert, am ehesten zu einfachen Ideen paßt und sich nicht ohne weiteres auf andere Ideentypen bertragen lßt,19 und das scheint in der Tat Lockes Meinung gewesen zu sein. In der Universalienlehre von Draft A spielen, wenn man von der Angabe „in abstracto“ absieht, nicht nur das Wort „abstraction“ selbst, sondern auch andere Bildungen mit

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considerd altogeather constitute or make up soe many particular simple Ideas had not any existence before, as an eg a rose a cherry.“ DRA § 19; 35, 12 – 14: „[…] because those [relations] that are founded in particular simple Ideas lye all in haveing a greater & lesse or equall proportion of that simple Idea wherein they are compard as whiter, longer wiser.“ Zum Beispiel DRA § 12; 23, 18. DRA § 20; 35, 29 – 36, 1: „Simple Ideas the greatest part whereof being capable of more & lesse or degrees are thereby in them selves (considerd simply or as it is cald in abstracto) or else doe make the subjects in which they inhaere or exist fit to be compard & soe related to one an other […]“. Mackie 1976; 112.

C1. Einfache und zusammengesetzte Ideen

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„abstract*“ noch keine Rolle. Die Mitteilung im ersten Punkt von Draft A, § 27, nach welcher der Verstand abstrahieren kann,20 bleibt allgemein; dasselbe gilt fr schwierige Wendungen wie „things abstracted from words“. 21 Mit der Floskel „considerd […] in abstracto“ kommt also im Zusammenhang mit der Gewinnung genereller Ideen nur ein einziges Mal ein Wort mit „abstract*“ vor, das spter im Essay zum herrschenden Ausdruck wird. C1e. Jonathan Walmsleys erstes Relikt einer hobbesianischen Universalienlehre bei Locke. – Walmsley vermutet in seinem Aufsatz „The development of Lockean abstraction“, der hilfreiche Informationen enthlt, daß Locke an einigen Stellen von Draft A noch eine hobbesianische Universalienlehre vertritt, nach welcher Wçrter die einzigen Universalien sind. Walmsley bezieht sich vor allem auf eine Stelle aus Draft A, § 2: Wenn wir von Einzeldingen zu substantiellen Universalien oder Arten oder vielmehr zu generellen Wçrtern bergehen (denn ich denke, ich kann sagen, daß wir keinen Begriff von generellen Dingen haben) und wenn wir solche Wçrter zum Gegenstand unseres Verstandes oder Wissens machen, ohne sie zu definieren, dann denken, folgern oder disputieren wir ber Wçrter und nicht ber Dinge;22 Lockes Anspielung auf generelle Dinge steht in Parenthese. Auffllig ist, daß in Draft A der Ausdruck „general Idea“ noch nicht verwendet wird, obgleich dort nicht selten von dem die Rede ist, was Locke spter so nennt. In dem von Walmsley zitierten Text werden Arten zu generellen Wçrtern erklrt; diese Meinung vertritt Locke im Essay immer noch. „Notion of generall things“ steht nach Walmsley, wenn ich ihn richtig verstehe, fr das, was Locke spter als generelle Idee bezeichnet. Es spricht jedoch wenig dafr, daß „notion of generall Things“ dasselbe bedeutet wie „generall notion“. Der „generall things“ hnliche Ausdruck „res universalis“ findet sich auch bei konzeptualistischen Schulautoren, zum Beispiel bei Burgersdijck, und steht dort nicht fr dasselbe wie „conceptus universalis“, sondern fr etwas in wirklichen Dingen, welches unter dem Gesichtspunkt betrachtet wird, daß es in hnlicher Weise auch in anderen Dingen vorkommt: Der Verstand bemerkt durch Vergleichung, was mehreren Indi20 DRA § 27; 42, 13 – 14: „It hath a power to abstract“. 21 DRA § 1; 4, 25 – 26. – DRA § 43; 75, 13 – 14. 22 DRA § 2; 9, 2 – 6: „[…] when we leave particulars & make universals sustantia1 or species or rather generall words (for I thinke I may say we have noe notion of generall things) the object of our understandings or knowledg, which words are not definde, we think reason or dispute about words & not things […].“

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

viduen gemeinsam ist, und sofern er bei seinen Abstraktionen nur dies erfaßt, sagt man, daß er den Begriff eines allgemeinen Dinges bildet.23 Scheibler spricht von der Definition allgemeiner Dinge und kann den Ausdruck „allgemeine Dinge“ durch „gemeinsame Dinge“ ersetzen.24 Er schreibt, daß Universalien nicht bloß gemeinsame Namen sind, sondern daß sie auch gemeinsame Dinge bezeichnen, denn wenn man etwas Allgemeines von etwas Individuellem prdiziert, zum Beispiel „Mensch“ von Peter, dann bezeichnet „Mensch“ eine Natur, die nicht ausschließlich an Peter gebunden ist, sondern die als solche genau so gut in Paul oder in irgend einem anderen Individuum existieren kann. In solchen Fllen lasse sich das Wort „Mensch“ durch die Definition des Menschen ersetzen, und eine Definition bezeichne eben ein Ding25 (diese Meinung wird Locke nicht mehr teilen). Nach solchen Stellen ist eine res universalis etwas mehreren Dingen Gemeinsames, sofern es in einem Individuum existiert; es handelt sich um das, was Surez mit einem umstrittenen Ausdruck als universale physicum bezeichnete. Scheibler betont, daß es solche Dinge nur durch den Verstand gibt.26 Auch bei Gassendi kommt „res universalis“ vor: Ein allgemeines Ding ist ein individuelles Ding, das der Verstand unter dem Gesichtspunkt des Allgemeinen betrachtet.27 Wenn Arten fr Locke

23 Zum Beispiel Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, d. 25, th. I, n. 10; 66: „Species rerum universalium ipse intellectus sibi format abstractione, comparatis inter se primum singularibus.“ – Burgersdijck, Collegium physicum, Oxford 1664, d. 30, th. 4; 326: „In hac collatione deprehendens, quid singulis individuis proprium sit, ac peculiare, quid omnibus commune, proprietatibus rejectis id solum apprehendit, in quo omnia singularia conveniunt, atque ita universalis rei notionem ac conceptum formare dicitur.“ 24 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, t. 6, n. 92; 99: „De rei universalis definitione“. 25 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, tit. 7, a. 2, n. 117; 102: „Caeterum universalia non solum esse nomina communia, sed etiam significare res communes, apparet: quia cum universale praedicatur de singulari, veluti homo de Petro, tunc homo significat naturam talem, quae ex se non est astricta ad Petrum, sed quae ex se est indifferens, an sit in Petro an in Paulo vel alio individuo. Indeque pro voce illa homo, potest substitui ejus definitio. Nempe Petrus est animal rationale. Definitio autem rem significat.“ 26 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, t. 6, a. 1, n. 101; 100 […] praescindendo ab omni operatione intellectus, nullam rem habere unitatem universalem in re […]. 27 Z. B. Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 458b, 44 – 45: Der Verstand „deprehendit rem vniuersalem, vniuerseve spectatam […]. – Phys. 3/2.9.5; II 462a, 52 – 53: „[…] res vniuersalis , seu mauis, vniuerse spectata […]“. – Phys. 3/2.9.5; II 462b, 10 – 12:

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generelle Wçrter sind, dann sind sie Erzeugnisse des Verstandes; sie sind also keine gegebenen Dinge, denn wir bekommen keine Wahrnehmungsidee von ihnen. Das kann man so paraphrasieren: Wir haben keine Wahrnehmungsidee von etwas Allgemeinem, das in den Dingen irgendwie vorhanden ist. ber dieses berichtet § 27 von Draft A. Manche Schulphilosophen behaupten, daß es in den Dingen allgemeine Wesenheiten gibt, die deren Arten konstituieren; das kçnnten, wenn man davon ausgeht, daß „notion of generall things“ etwas anderes bedeutet als „generall notion“, am ehesten die generellen Dinge sein, von denen Locke behauptet, daß wir keine Vorstellung von ihnen haben. Man darf nur von wahrgenommenen Dingen behaupten, daß sie existieren, und alles, was existiert, ist individuell; aber die Wesenheit mehrerer Dinge, die angeblich außerhalb unseres Verstandes existiert, ist etwas, „of which we have had noe cognizance by our senses“. 28 Man muß also aus § 2 von Draft A nicht wie Walmsley schließen: „Locke was saying that generality pertained to words alone.“29 Gesagt hat er nicht anders als spter auch, daß Arten generelle Wçrter sind und nicht auf irgend eine Weise als generelle Dinge existieren; und in der Parenthese hat er vermutlich gesagt, daß wir keine Wahrnehmungsvorstellung von allgemeinen Wesenheiten bekommen, die sozusagen berindividuell in Dingen existieren und deren Arten konstituieren. Fr den Fall, daß unsere Gedanken, Schlußfolgerungen oder Dispute tatschlich Wçrter und nicht Dinge betreffen, nennt der Text eine spezielle Bedingung: „[…] we think reason or dispute about words & not things […]“ immer dann, wenn wir uns nicht die Mhe machen, die Bedeutung von Wçrtern, die wir beim Nachdenken, Folgern und Disputieren verwenden, korrekt zu bestimmen; in diesem Fall wre das der Ausdruck „Arten“. Darber, ob wir generelle Ideen haben oder nicht, sagt der Text, soweit ich sehe, nichts. C1f. Walmsleys zweites Relikt einer hobbesianischen Universalienlehre bei Locke. – Walmsleys zweiter Beleg hngt inhaltlich mit dem ersten zuDie gemeinsamen Eigenschaften von Dingen sind „numero paucae, et tanto pauciores; quanto res habentur vniuersaliores“. 28 DRA § 27; 49, 29 – 50, 5: „which Idea [die Idee, fr die der Artname steht] is thought to conteine the essence or formality of something existing without us & indeed as it is more or less accurately drawn from a carefull observation of many particulars of things existing without us may be more or lesse agreeable to things existing without us, but can never assure us that that is the essence of a number of things existing without us of which we have had noe cognizance by our senses.“ 29 Walmsley 2000; 400.

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sammen; es handelt sich um einen spteren Einschub Lockes in § 8, den Walmsley ebenfalls fr einen Rckfall des Autors in seinen ursprnglichen Hobbesianismus hlt. Die Stelle besagt: „Entity“, „Being“, „Something“ und „Existing“ sind universelle Wçrter, die eine große Anzahl partikulrer Ideen ausdrcken und gleichermaßen zu jeder von ihnen gehçren. Als dingliche Korrelate solcher Wçrter fungieren nicht irgend welche Universalien, sondern jedes sinnlich wahrgenommene Individuum. Das bedeutet, daß Locke „Entity“, „Being“, „Something“ und „Existing“ strikt extensional interpretiert: Sie stehen nicht fr etwas irgendwie Allgemeines, sondern fr Individuen, sind aber, wie Locke hinzufgt, nur bei solchen singulren Ideen angemessen, die wir aus der ußeren oder inneren Sinnlichkeit gesammelt haben, und daher handelt es sich nicht um neue Begriffe und auch nicht um angeborene Ideen, sondern nur um eine sehr generelle Benennung fr partikulre Ideen, die wir durch Beobachtung gewonnen haben.30 Schulphilosophen erklren Ausdrcke wie „Existenz“ oder „Entitt“ in der Regel explizit, whrend Locke sich hier mit impliziten Erklrungen begngt. Fr die Deutung von „entity“ ist „Entity or being“ hilfreich, fr „being“, daß man es von Substanzen, Relationen und Modi aussagen kann, daß es ferner gleichbedeutend mit „ens“ und kontradiktorisch zu „non ens“ ist und daß „being“ als Substantiv etwas hnliches bedeutet wie „thing“ (thing or being)31 und „Existierendes“.32 Der erste Teil der von Walmsley zitierten Stelle teilt mit, daß die universellen Wçrter „entity“ (gleichbedeutend mit „being“), „being“ (hnlich wie „something“ verwendbar bei Substanzen, Relationen und Modi) und „existing“ Ausdrcke fr eine große Anzahl partikulrer Ideen sind und zu jeder von ihnen passen. Der zweite Teil luft, wenn ich ihn richtig deute, auf Folgendes hinaus: Man muß beachten, daß der Begriff ,Being‘ (the notion of Being), fr den das Wort 30 DRA § 8; 19, 6 – 16: „The minde for the conveniency of marshalling its owne Ideas, recording its owne thoughts & observations & signifying them to others being apt to make general words to expresse a great number of particular things, doth for the same reason make some universal words for all its Ideas which shall equally belong to each of them such are Entity Being Something Existing & that the notion of Being is but coadequate to the particular Ideas we have gatherd from sense or sensation & can be extended noe farther then they & soe is noe new notion nor an innate Idea but a general appellation of those particular ones that we have got by observation.“ 31 Zum Beispiel DRA § 8; 19, 28 – 29, und ebd. 20, 2. 32 DRA § 16; 31, 28 – 32: „Now the begining of any thing may be considerd 2 ways 188 when the thing is wholy made de novo i.e noe part there of did ever exist before as when a new particle of matter, doth begin to exist in rerum natural [sic] which had before noe being & this we cal Creation.“

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„Being“ steht, nur bei solchen Sammlungen von Ideen angemessen ist („coadequate“ bedeutet hier anscheinend dasselbe wie „adequate“),33 die wir der ußeren Sinnlichkeit oder der Reflexion verdanken. Denn wenn wir etwas sinnlich wahrgenommen haben, dann wissen wir mit Sicherheit, daß es ist. Daher ist ,Being‘ kein neuer Begriff, denn es verbindet sich mit jeder Sinneswahrnehmung, und es ist schon gar nicht eine angeborene Idee, denn Gott braucht sich nicht die Mhe zu machen, uns eine Idee, die wir ohnehin mit jeder Wahrnehmung bekommen, außerdem noch vor unserer Geburt in die Seele einzuritzen. Hier geht es schon um das, was Locke spter als sinnliche Gewißheit bezeichnet. Was daraus folgt, daß sich mit singulren Wahrnehmungsideen stets die Idee ,seiend‘ verbindet, zeigt ein anderer Passus aus § 8: Der Begriff ,ens‘ umfaßt alle einzelnen einfachen Ideen, die wir durch Sinnlichkeit und Reflexion bekommen, und weil er diese und außerdem noch alle Krfte zu ihrer Vernderung oder Hervorbringung umfaßt, mßten wir dann, wenn wir ,ens‘ negieren wollten, zugleich auch alle unsere Einzelideen negieren; „er umfaßt alle Einzelideen“ bedeutet so viel wie „man kann alle Einzelideen unter ihn subsumieren“.34 Es handelt sich bei der von Walmsley zitierten Stelle aus Draft A, § 8 nicht um „an explict denial of a general idea of Being“,35 sondern um eine knappe Bemerkung zu Besonderheiten des Seinsbegriffs mit Hinweisen, die Locke auch an anderen Stellen ußert. Bei dieser wie bei Walmsleys Deutung bleibt die Schwierigkeit, daß die Bezeichnung des Begriffs ,Being‘ als „general appellation“ Probleme macht, weil Locke „appellation“, einen der Ausdrcke fr „Benennung“, in § 3 zumindest beilufig fr Wçrter vorsieht.36 Doch ist es insgesamt nicht sehr wahrscheinlich, daß jemand, der unterstellt, daß wir eine „notion of Being“ haben, zugleich bestreitet, daß es die generelle Vorstellung ,Being‘ gibt. C1g. Operationen des Verstandes an einfachen Ideen. – Schon in Draft A ist die oberste Einteilung der Ideen die in einfache und zusammengesetzte; 33 Das zeigt die Parallelstelle DRB § 93; 199, 28 – 29: „And that the notion of Being or Something is but adequate to the Ideas we have gatherd from sense or reflection […]“. 34 DRA § 8; 19, 30 – 20, 3: „[…] for haveing comprehended in the Notion of ens all the particular Ideas we have & all the powers of any way altering or produceing them we must necessarily when we deny Ens deny all those our Notion of Ens belonging to them. & that the notion of Being or Ens comprehends noe thing in it but the particular simple ideas we have got by sense & sensation […]“. 35 Walmsley 2000; 404. 36 DRA § 3; 11, 14 – 15.

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zusammengesetzte Ideen werden aus einfachen Ideen zusammengesetzt. Am Anfang von § 6 ist außer von einfachen Ideen von Sammelideen (collected Ideas) die Rede, und zwar von Substanzideen, Relationsideen und Modusideen; als Beispiele dienen generelle Ideen wie ,Pferd‘ und ,Freundschaft‘.37 ber die Bildung zusammengesetzter Ideen teilt § 27 allgemein mit, daß der Verstand durch Erfahrung oder Beobachtung eine Anzahl einfacher Ideen in sich aufnehmen, behalten und wiederbeleben (erinnern) kann, und zwar sowohl Ideen von Ttigkeiten des Geistes wie Denken und Wollen als auch Ideen von Außendingen, die auf uns einwirken und dadurch in uns verschiedene Sinnesideen erwecken. Aus solchen einfachen Ideen der inneren oder ußeren Sinnlichkeit bestehen alle Gegenstnde unseres Verstandes. Er nimmt sie in Verbindung mit anderen, vermischt mit anderen oder koexistierend mit anderen Ideen (united, mixed or coexistent) in sich auf. Mengen von ihnen kann er miteinander vereinigen (unite), kombinieren (combine), vergrçßern (inlarge) und vergleichen (compare) und dadurch neue Ideen bilden, die komplex sind; oder er kann sie als Ideen, die auf solche Weise vereinigt und vermischt sind oder koexistieren, von wahrgenommenen Außendingen empfangen.38 Von den Ausdrcken fr Operationen an einfachen Ideen erinnert Lockes „inlarge“, das wahrscheinlich fr ein Verfahren zur Bildung von Modusideen steht, an Gassendis „ampliatio“. 39 „Compare“ steht wie Gassendis „comparare“ fr die Verstandesttigkeit, durch die Relationen entstehen. Der Verstand, an den Locke denkt, ist also weniger ein anschauender als ein ttiger Verstand, der seine zusammengesetzten Vorstellungen selber herstellt. Gassendi legte noch keine ausgeprgte Lehre von den einfachen Ideen vor; das. was der 37 DRA § 6; 16, 6 – 12: „Now these collected Ideas are either of beings either conceived to subsist by them selves in destinct ranks & sorts cald species of substance as man horse egle whale lead Iron, or else of the reference & relation two of these things are conceived to have to one an other which relation is sometimes cald by a name destinct as freindship or by a name that signifies both the relation & the thing soe compard or related to an other as freind, father. Or modes.“ 38 DRA § 27; 42, 7 – 11 und 15 – 19: „18 That the understanding is capable of receiveing reteineing & reviveing in its self a certeine number of simple Ideas, gatherd only by experiment & observation either of the actions of our owne mindes within us when it thinks wills etc Or else from things without us operateing upon & causeing severall Ideas in us by our senses […] 28 That the minde can unite, combine, inlarge compare etc these simple Ideas togeather & thereof make new complex ones or receive them soe united mixd or coexistent from things without & under these two is comprehended all the materia substrata, or all that can be any ways the object of our knowledg or understandings […]“. 39 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 3; I 93 a, 26 – 29.

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Verstand bei ihm vereinigte, waren ohne nhere Bestimmung Ideen gemeinsamer Eigenschaften. Lockes nun zu behandelnder kompositiver Ansatz hngt vermutlich mit dem Interesse korpuskularistischer Philosophen an unteilbaren Teilchen und ihrer Zusammensetzung zu sichtbaren Kçrpern zusammen, geht aber ber Gassendis Anstze hinaus. C1h. Zusammenstellen und Vereinigen. – Die Einheit komplexer Ideen stiftet der Verstand. Manchmal erwhnt Draft A nur den Akt des Zusammenstellens: Man stellt im Geist aus einfachen Ideen die Idee eines Menschen zusammen (put togeather), oder man stellt alle Umstnde einer Handlung zusammen und vergleicht sie mit einer Regel.40 Andere Stellen sprechen von der Verbindung mehrerer einfacher Ideen zu einer neuen Idee und von der Verknpfung (connection) einer Anzahl einfacher Ideen, oder sie erklren, daß der Verstand aus miteinander verbundenen (joynd togeather) einfachen Ideen zusammengesetzte (compound) Ideen bildet.41 Bei Kçrpern wird manchmal als Anlaß der Vereinigung einer Sammlung einfacher Ideen die Substanz erwhnt, in der die affizierenden Qualitten vereinigt sind (united, put togeather, connected),42 aber auch dann geht deren Vereinigung zu Substanzideen auf eine Vermutung des Verstandes zurck: Wenn mehrere einfache Ideen bestndig zusammen erscheinen, dann vermutet er, daß sie zu einem und demselben Ding gehçren.43 Manchmal 40 DRA § 13; 28, 20 – 22: „[..] I am far from such certainty, when instructed by the observation of my senses I have framd the Idea of a man i.e have put togeather these following Ideas […]“. – DRA § 23; 37, 3 – 8: „[…] v. a mans holding a gun in his hand & pulling downe the triger may be either Rebellion Parricide. Murther. Homicide. Duty, Justice. Valor or recreation. & be thus variously diversified when all the circumstances put togeather are compard to a rule, though the simple action of holding the gun & pulling the triger may be exactly the same.“ 41 DRA § 9; 20, 21 – 24: „[…] when I say the minde is furnishd with these simple Ideas, & hath out of these joynd togeather made also compound Ideas as of star man horse eg king brother virtue temperance theft etc.“ 42 DRA § 1; 2, 22 – 28: „[…] a farther familiarity of the senses findes weight joynd with shineing yellow, farther examination flexibility then malleable nesse, then fusibility, then fixednesse, then aptnesse to be dissolvd in a certaine sort of liquor etc & soe at last to a perfect collection of all the simple Ideas united in that one subject which is cald gold, an enumeration whereof is a definition of that word.“ – DRA § 13; 27, 3 – 7: „In such propositions wherin simple Ideas are predicated of subjects i.e of a collection of simple Ideas put togeather as connected in that subject we have noe farther knowledg then our senses conversant about those particulars doe or have informd us.“ 43 DRA § 1; 1, 16 – 20: „The senses by frequent conversation with certain objects finde that a certaine number of those simple Ideas goe constanly togeather

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erwhnt der Text sowohl den Akt des Sammelns von Ideen als auch den Akt ihrer Vereinigung durch den Verstand: Die Idee von Gold ist eine Sammlung (collection) einfacher Ideen, die in der Substanz Gold enthalten sind; und wer alle diese miteinander vereinigt (unites), der hat eine deutliche Idee von Gold. Durch Sammeln (collecting) und Verbinden (joyning) einer bestimmten Anzahl einfacher Ideen bildet der Geist die komplexe Idee einer Art.44 Auch sie ist eine zusammengesetzte Idee und besteht aus einer Ansammlung (aggregation, das an Gassendis „aggregare“ und „aggeries“ erinnert) miteinander vereinigter (united togeather) einfacher Ideen. Singulre wie generelle Substanz-, Modus- und Relationsideen bestehen aus einer Anzahl einfacher Ideen, die in verschiedenen Verhltnissen zueinander zusammengesetzt (compounded) und miteinander vereinigt (united) wurden.45 An der Meinung, daß Mengen einfacher Ideen erst vom Verstand zu komplexen Ideen vereinigt werden, hlt Locke von Draft A bis hin zum Essay fest. Sie ist fr das Verstndnis des neuzeitlichen Empirismus, aber auch fr die Interpretation Lockescher Texte von Bedeutung, weil ohne sie die Mçglichkeit entfllt, Ideenmengen von komplexen Ideen zu unterscheiden; Interpreten, die das nicht bercksichtigen, neigen dazu, Lockes einschlgige Texte fr inkonsistent zu halten. In Wirklichkeit ist, wie Losonsky betont, eine komplexe Idee keine bloße Anhufung einfacher Ideen: Wenn aus einer solchen Sammlung eine komplexe Idee gebildet wird, dann tritt zu der Sammlung etwas Neues hinzu;46 es ist nicht unplausibel, daß Losonsky im Blick auf die vereinigende Ttigkeit des Verstandes auf Kant verweist.47 which therefor the understanding takes to belong to one thing & therefor words following our apprehensions are called soe united in one subject by one name […]“. 44 DRA § 7; 17, 12 – 17: „He that frames an Idea consisting of such a collection of simple Ideas as are in that & belong not to any other subject hath a destinct knowledg, soe he that unites all these simple Ideas: bright yellow, weighty which is a comparison of motion downwards compard with bulke, fusibility, ductility, solubility in aq regia hath a destinct knowledg or Idea of gold.“ – DRA § 2; 10, 5 – 8: „After the same rate that the minde doth in sensible subjects which are cald material by collecting a certaine number of simple Ideas & joyning them to geather make the compound Idea of a species to which it gives or applyes one common name […]“. 45 DRA § 7; 17, 7 – 8: „[…] the compound Ideas being made up of an aggregation of simple Ideas united togeather.“ – DRA § 27; 49, 22 – 26: „But the complex Ideas of things we call substances & also modes & relations as I have above shewn being made up of a great number of these simple ones in divers proportions compounded & united togeather […]“. 46 Losonsky 1989; 40.

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C1i. Vereinigung zu komplexen Ideen und Vereinigung zu Urteilen. – M. A. Stewart macht darauf aufmerksam, daß einige von Lockes Bezeichnungen fr die Zusammenfgung einfacher Ideen zu komplexen, zum Beispiel „put togeather“, „joyn“ und „unite“, an anderen Stellen fr das Zusammenstellen von Termini zu Urteilen stehen;48 Draft A kennt also beide Arten der Vereinigung, die man spter sowohl im Blick auf Begriffe als auch im Blick auf Urteile mit dem gelehrteren Ausdruck „Synthesis“ bezeichnet. § 8 von Draft A weist auf ein Kriterium hin, mit dessen Hilfe man die Zusammensetzung zu Begriffen von der Zusammensetzung zu Urteilen unterscheiden kann. Weil zusammengesetzte Begriffe unter einem einzigen Namen bekannt sind und vom Verstand als Einheiten angesehen werden, kann man sie als einfache Apprehensionen betrachten.49 Der Ausdruck „simple apprehension“, den Locke auch in Draft B und im Essay verwendet, bezeichnet in der Regel die erste Ttigkeit des Verstandes, die weder im Urteilen noch im Schließen, sondern im bloßen Vorstellen besteht. Das entsprechende Wort wird in der Schullogik,50 aber auch in der lateinischen Logik von Port-Royal und bei Gassendi, fr das bloße Vorstellen einer Idee ohne jede Bejahung oder Verneinung verwendet.51 Wenn der Verstand das 47 Losonsky 1989; 44 48 Stewart 1979; 73. Belegstellen Lockes z. B. DRA § 13; 27, 4 – 5, und DRA § 13; 28, 21 – 22: „put togeather. – Zu „joyn“ s. zum Beispiel DRA § 9; 20, 22. – DRA § 31; 61, 7, hat „conjoynd“. – Zu „unite“ s. zum Beispiel DRA § 7; 17, 14, und DRA § 27; 42, 17. 49 DRA § 8; 18, 5 – 10: Ideas „whereof though none be purely simple but those originall ones of the sense or operations of our minde, but are all the rest compounded & soe are a kinde of affirmation, though the whole compounded Idea being knowne under one name & taken altogeather considerd as one thing as man horse water lead etc. they may be treated of as simple apprehensions […]“. 50 Zum Beispiel S´miglecki, Oxford 1634, p. 1, d. 3, qu. 7; 116: „Ex quo patet abstractionem formaliter esse actum primae operationis intellectus. Ratio est, quia fit simplici apprehensione, sine ulla affirmatione et negatione […].“ – Sanderson, Physicae scientiae compendium, Oxford 1671, l. 4, c. 12, p. 3; 114: „Intellectiva facultas describitur secundum triplicem actum; quorum primus est simplex, reliqui compositi. Primus actus dicitur Apprehensio rerum simplicium, qua simplices rerum notiones cognoscuntur.“ 51 Ars Cogitandi, London 1677; 1: „Apprehensionem dicimus simplicem rerum, quae Menti sistuntur, contemplationem; sic terram, solem, arborem, rotundum, quadratum, cogitationem, ens consideramus, nihil expresse de illis pronuntiantes. Forma autem, sub qua haec considerantur, Idea dicitur.“ Das Original verwendet allerdings nicht den Ausdruck „simple appr hension“, sondern „simple vee“; s. L’art de penser, Paris 1662; 23: „On appelle conceuoir la simple veu que nous avons des choses qui se presentent ntre esprit, comme lors que nous nous representons vn Soleil, vne terre, vn arbre, vn rond, vn quarr : la pens e, l’estre, et la forme par

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

Ergebnis einer Zusammenstellung im Sinn von § 8 als Einheit betrachtet, dann erhlt er eine zusammengesetzte Idee und kein Urteil, denn es ist unter einem einzigen Namen bekannt und wird insgesamt als ein einziges Ding betrachtet („taken altogeather considerd as one thing“). § 9 fhrt den Gedanken fort und berichtet, daß der Geist zwar einige der einfachen Ideen, mit denen ihn die Sinne versehen, zu generellen zusammengesetzten Ideen wie ,Pferd‘, ,Tugend‘ und ,Diebstahl‘ vereinigt, daß er aber genau so gut einige der genannten Teilideen aus der von ihm gestifteten Vereinigung wieder herauslçsen und sie als etwas von ihr Verschiedenes betrachten kann, um beide danach noch einmal miteinander zu verbinden oder voneinander zu trennen, aber diesmal nicht durch Vereinigung zu einer Idee, sondern durch Vereinigung zu etwas Komplexerem mit Hilfe von Bejahung oder Verneinung; und wenn das in Worten („ist“ oder „ist nicht“) seinen Ausdruck findet, so redet man von einem Urteil.52 Man kann zum Beispiel einerseits eine Anzahl von Pferdeeigenschaftsideen, darunter ,des Wieherns fhig‘, zu der zusammengesetzten Idee ,Pferd‘ vereinigen; dann betrachtet man ,Pferd‘ und ,des Wieherns fhig‘ als Einheit. Man kann aber andererseits die Teilidee ,des Wieherns fhig‘ aus der vom Verstand gestifteten Einheit ,Pferd‘ wieder herauslçsen, also ,Pferd‘ und ,des Wieherns fhig‘ als zwei Dinge betrachten, um sie danach in einem affirmativen Urteil wie „Ein Pferd jistj des Wieherns fhig“ auf eine hçhere Weise von Vereinigung von neuem mit ,Pferd‘ zu verbinden. Ebenso kann man aus der Einheit einer Idee wie ,Diebstahl‘ die Teilidee ,verboten‘ herausnehmen, um sie durch ein Urteil wie „Diebstahl jistj verboten“ auf eine neue Weise mit ,Diebstahl‘ zu verbinden. Indem man solche Teilideen aus der Einheit ihrer komplexen Ideen herauslçst, betrachtet man sie als etwas von diesen

laquelle nous nous representons ces choses s’appelle ide.“ – Gassendi, Inst. Log. p. 1, prooem.; 92a, 16 – 21: „Dicitur autem Imaginatio, (ac etiam Conceptio, Apprehensio, Intellectio, Notio rei) simplex, quod, vt iam innui, rem per ipsam simpliciter imaginemur, nec de ea quidquam pronunciemus, quod propositionem, perfectumve sensum efficiat.“ – Entsprechend FranÅois Bernier, Abreg de la philosophie de Gassendi, Logique I; I 25, 16 – 18: Mit der imagination oder apprhension simple „nous imaginons simplement la chose, et sans en rien prononcer qui fasse une proposition, ou un sens parfait […].“ 52 DRA § 9; 20, 21 – 27: „[…] when I say the minde is furnishd with these simple Ideas, & hath out of these joynd togeather made also compound Ideas as of star man horse eg king brother virtue temperance theft etc. The next thing it doth is to joyne two of these Ideas considerd as destinct togeather or seperate them one from an other by way of affirmation or negation, which when it comes to be expressed in words is cald proposition & in this lies all truth & falshood.“

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Verschiedenes, und das ist die Voraussetzung dafr, daß beim Verbinden ein Urteil und kein zusammengesetzter Begriff entsteht. C1j. Gassendis Annahme einer virtuellen Copula. Rezeptionsvermutung. – Das erinnert an Gassendis Mitteilung ber die virtuelle Copula, die auch Tieren eine Art von Urteilen erlaubt. Gassendi verweist bei hnlichen berlegungen auf das gleiche Kriterium wie Locke: Man kann die in einer Ideensammlung enthaltenen Ideen als Einheit oder als Vielheit betrachten. Der Verstand vereinigt Ideen, aus denen er komplexe Ideen herstellen will, dadurch zu zusammengesetzten Vorstellungen, daß er sie alle als Einheit betrachtet. Wenn er sie dagegen nicht als Einheit, sondern als etwas betrachtet, das voneinander verschieden ist, dann kann er sie immer noch miteinander verbinden oder voneinander trennen, und zwar durch explizite oder implizite Bejahung oder Verneinung; in solchen Fllen entstehen Urteile. Das erçrtert Gassendi in seiner Lehre von den Urteilen der Einbildungskraft. Wenn die Einbildungskraft mehrere Vorstellungen anschaut und als Einheit auffaßt, dann entsteht kein wirkliches Urteil, sondern eine zusammengesetzte Vorstellung mit einer nur virtuellen Copula. Wenn dagegen die Einbildungskraft zwei Vorstellungen als voneinander verschieden betrachtet, dann kann der Verstand durch deren Verbindung mit Hilfe einer expliziten Copula ein Urteil bilden. In diesem spielen die beteiligten Vorstellungen zwar verschiedene syntaktische Rollen, denn die eine erscheint als Subjekt und die andere als Prdikat; doch sind sie nun auf eine neue Weise miteinander verbunden. Das erlutert Gassendi durch einen Vergleich von Mann und Hund. Wenn ein Hund einen Mann sieht, den er fr seinen Herrn hlt, dann erfaßt er ihn in einer einzigen Vorstellung zusammen mit der Eigenschaft, der Herr zu sein (,Mannherr‘); dabei bleibt die Copula im Zustand der Virtualitt. Menschen, die einen Verstand besitzen und deshalb abstrahieren kçnnen, bilden dagegen den Einzelbegriff ,Herr‘ (herus), unterscheiden ihn vom Begriff des Menschen, der den Hund besitzt, und verbinden schließlich beide Begriffe durch eine explizite Copula miteinander: „Dieser Mann jistj der Herr“ [des Hundes].53 Vor diesem Gassendischen Hintergrund bekommen Lockes Kriterien „considerd as one thing“ und „considerd as destinct“ in Draft A, § 8 und § 9 einen guten Sinn.54 Allerdings sagt Draft A nicht wie Gassendi, daß eine

53 Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 411a, 16 – 38. Text s. S. 114, Anm. 47. 54 Das bekrftigt DRA § 27; 42, 20 – 23: „[…] truth & falsehood which is to be found only in uniteing or seperateing in our mindes these simple or complex Ideas

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zusammengesetzte Idee unter Umstnden eine virtuelle Copula enthlt, und erst im Essay findet sich die Formulierung, daß Ideen virtually ein mentales Urteil enthalten kçnnen,55 die freilich eher an die Logik Arnaulds als an Gassendi erinnert, denn auch nach Arnauld enthalten bisweilen komplexe Ideen ein virtuelles Urteil.56 Andererseits finde ich die von Gassendi und Locke verwendete Faustregel „als ein Ding/als verschiedene Dinge betrachten“ weder bei den hier bercksichtigten Schulphilosophen noch in der Logik von Port Royal. Sie ist nicht sehr komplex, aber fr eine begrndete Rezeptionsvermutung hinreichend signifikant. Ob sie in mir nicht bekannten scholastischen Copula-Lehren erscheint, die fr Locke erreichbar waren, kann ich nicht sagen, aber auch dann, wenn sie das tut, kann sie als selten gelten. Draft A treibt in § 1 den Gedanken des impliziten Urteils auf die Spitze, wenn er sagt, daß unsere zusammengesetzten Ideen materieller Gegenstnde unsere ersten Bejahungen und Verneinungen sind, das heißt, unsere ersten Urteile, denn mit der Bildung genereller zusammengesetzter Ideen von solchen Gegenstnden behaupten wir implizit, daß da, wo sich einige der in ihnen vereinigten einfachen Ideen befinden, auch die anderen sind.57 C1k. Verschiedene Bedeutungen von „einfache Apprehension“. – In Draft A hat „simple apprehension“ verschiedene Bedeutungen. § 1 erklrt im Blick auf generelle Substanzideen, daß wir aus Unachtsamkeit in Gefahr geraten, Apprehensionen, die wir als Einheiten betrachten, kurzerhand fr einfache which are mentall propositions or in affirmation or negation which are verball propositions.“ 55 Essay 2.32.26; 394, 4 – 7: „[…] though in propriety of Speech, Truth, or Falshood, will, I think, scarce agree to them, but as they, some way or other, virtually contain in them some mental Proposition.“ 56 L’art de penser, Paris 1662, p. 2. c. 5; 120: „On demande donc si cette fausset ne se rencontre que dans les propositions, et dans les jugements. On r pond ordinairement que non, et cela a sa verit ; mais cela n’empesche pas qu’il n’y ait quelquefois de la fausset , non dans les id es simples, mais dansles termes complexes; parce qu’il suffit pour cela qu’il y ait quelque iugement, et quelque affirmation ou expresse ou virtuelle.“ 57 DRA § 1; 4, 27 – 31: „[…] the first affirmation or negation of our mindes are about these materiall objects in the frameing of our Ideas of them which is noe more but this that where there are some of these simple Ideas there are others […]“. – DRA § 1; 6, 3 – 8: „[…] the first affirmations of our minde is in collecting many simple Ideas for the makeing one Idea of some sensible material or as we call it substantiall object & these affirmations are grounded upon the repeated exercise of our senses about that object which we call experience observation.“

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Ideen zu halten, auch wenn sie in Wirklichkeit nichts anderes als Verquickungen von einfachen Ideen sind.58 Deshalb erklrt § 5, daß einfache Ideen die wirklichen einfachen Apprehensionen sind;59 dagegen sind zusammengesetzte Ideen nur im bertragenen Sinn einfache Apprehensionen, denn sie sind Vielheiten, die der Verstand als Einheiten betrachtet. Diese Bemerkung hngt mit Lockes neuer Verwendung von „simple Idea“ zusammen. „Simplex“ in „simplex apprehensio“ soll klarmachen, daß von einem unzusammengesetzten Terminus insofern die Rede ist, als er nicht mit einem anderen Terminus zu einem Urteil zusammengesetzt ist; dagegen weist „simple“ in Lockes Ausdruck „simple Idea“ darauf hin, daß die betreffende Idee nicht mit anderen einfachen Ideen zu einer komplexen Idee zusammengesetzt ist. Neben dieser neuen Bedeutung hlt sich aber auch die bliche, nach der „apprehensio“ bloße Vorstellungen ohne irgend eine Bejahung oder Verneinung bezeichnet. Wenn man in zusammengesetzten Ideen eine implizite Copula vermutet,60 dann werden komplexe Apprehensionen sozusagen zu verkappten Urteilen. Wohl im Gedanken daran lßt Locke auf den zitierten Passus aus § 8, nach dem man auch zusammengesetzte Begriffe als einfache Apprehensionen betrachten kann, die Bemerkung folgen, daß zusammengesetzte generelle Ideen nicht im strengen Sinne wahr oder falsch sein kçnnen, weil Wahrheit und Falschheit nicht Eigenschaften von Begriffen, sondern von Urteilen sind.

C2. Sammelideen von Modi und Relationen C2a. Bildung genereller komplexer Ideen. – Da uns die Wahrnehmung nur mit singulren Ideen versieht, muß der Autor klren, wie komplexe Ideen allgemein werden. Schon nach der Darstellung in Draft A werden nur einfache Ideen, aber nicht komplexe Ideen, unmittelbar durch partielle 58 DRA § 1; 1, 16 – 22: „The senses by frequent conversation with certain objects finde that a certaine number of those simple Ideas goe constanly togeather which therefor the understanding takes to belong to one thing & therefor words following our apprehensions are called soe united in one subject by one name, which by inadvertency we are apt afterwards to talke of & consider as one simple Idea, which is indeed a complication of many simple Ideas togeather […]“. 59 DRA § 5; 15, 22 – 23: „[…] these [einfache Ideen] are properly simple apprehensions […]“. 60 Gassendis These in Phys. 3/2.8.4; II 411a, 50 – 53 lautet: „[…] quotiescumque vna res duabus apprehensionibus concipitur, ibi compositio, aut diuisio fit, et copula Est tacite, siue virtute continetur.“

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Betrachtung (przisive Abstraktion) generell. Wenn wir eine generelle zusammengesetzte Idee herstellen wollen, dann sammeln wir zunchst eine Anzahl einfacher Ideen; dabei wird als selbstverstndlich angenommen, daß aufgesammelte einfache Ideen generell sind, denn um sie zu sammeln, muß man sie aus ihrer ursprnglichen Umgebung herauslçsen.61 Wenn der Verstand die Ideen, die er braucht, gesammelt hat, dann vereinigt er sie zu einer neuen Idee, die ebenfalls generell ist, weil sie nur aus generellen einfachen Ideen besteht. Diese entstammen dem eigenen Ideenvorrat; aus dort verwahrten Ideen von Individuen lçst man in Gedanken Ideen solcher Eigenschaften heraus, die ihnen allen gemeinsam sind.62 Der Verstand abstrahiert mithin die erforderlichen einfachen Ideen przisiv und stellt sie danach zu einer zusammengesetzten Idee zusammen. Locke verwendet hier fr die Bildung genereller zusammengesetzter Ideen den Ausdruck „frame“, der vielleicht Gassendis „facere“ entspricht, doch kennt Draft A auch genauere Ausdrcke, zum Beispiel „collect“, „connect“, „joyne“, „compound“, „put togeather“, „unite“ und „combine“. Das Vokabular fr die Ergebnisse des Zusammenstellens und Vereinigens hat in Draft A seine sptere Gestalt noch nicht erreicht. Der Ausdruck „complex Idea“ ist schon hufig, aber manchmal steht auch „compound (compounded) Idea“, und zwar fr zu-

61 Dazu Saporiti 2006; 121: Die Prozesse bei der Bildung abstrakter komplexer Ideen nehmen „ihren Ausgang sicher nicht allein von partikulren Ideen, denn das, was von den Ideen einzelner Dinge jeweils zurckbehalten wird, sind bereits allgemeine Ideen wie z. B. die Ideen des Kçrpers, des Lebendigseins, der Empfindungsfhigkeit und der selbstttigen Bewegung als Bestandteile der Idee des Tieres. Sie setzen deshalb die Abstraktionsleistung voraus, die uns zu diesen allgemeinen Ideen verhilft.“ 62 DRA § 4; 14, 5 – 8: [Der Verstand] „which can only come to have true notions by considering & collecting the number of simple Ideas it findes constantly in several particular things & by that means frame a specific notion […]“. DRA § 5; 15, 26 – 31: „That out of these Ideas we collect such a number as we have observd or doe thinke belong to one sort of things which presently becomes the Idea of a substantial species & the name we give to it the name of a species or a sort of being or certaine number of simple Ideas wherein a great many particular things doe agree & equaly partake & soe come to have one notion & one name.“ DRA § 25; 39, 29 – 32: „The Idea we have of this or that species consists in a number of simple Ideas always concurreing in that species which if we have not sufficiently & with care collected we are apt to frame wrong or imperfect Ideas of things […]“. – DRA § 45; 83, 14 – 16: „By our senses we come to observe that severall of these simple Ideas are often in things without united togeather & soe we come to collect & get the trick of makeing complex Ideas“.

C2. Sammelideen von Modi und Relationen

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sammengesetzte generelle Ideen;63 „general Idea“ kommt dagegen in Draft A noch nicht vor. Fr Gruppen von Ideen kann „complication of Ideas“ und „set of Ideas“ stehen.64 Weil komplexe Ideen aus eingesammelten einfachen Ideen bestehen, bezeichnet Draft A sie manchmal als Sammelideen (collective oder collected Ideas).65 Sammelideen sind nach § 6 entweder Ideen von Dingen, die wir als Substanzen bezeichnen beziehungsweise von denen wir annehmen, daß sie in unterschiedlichen Substanzarten subsistieren; oder sie sind Ideen von Relationen, von denen wir meinen, daß sie zwischen zwei subsistierenden Dingen bestehen; oder sie sind Ideen von Modi.66 Der lakonische Hinweis „and modes“ ist bezeichnend, denn die Moduslehre, die spter zu einem der interessantesten Kapitel von Lockes Philosophie wird, ist hier kaum ausgebildet, auch ist nur selten von Modi oder Modifikationen die Rede.67 Immerhin wird die Zusammensetzung von Modusideen erwhnt.68

63 DRA § 2; 10, 14 – 15: „[…] that one compound Idea which he signifies by that word which is used for that species […]“. – DRA § 5; 15, 31 – 32: „[…] this collection of simple Ideas into one compound specific Idea […]“. – DRA § 7; 17, 7 – 8. Text s. S. 162, Anm. 45. – DRA § 9; 20, 22 – 24. Text s. S. 184, Anm. 119. – „Compounded Idea“: DRA § 8; 18, 7 und 8 sowie DRA § 27; 49, 25. 64 „Complication of Ideas“ erscheint zum Beispiel in DRA § 1; 1, 22 und 6, 19. – DRA § 4 hat in 12, 29: „connexion or complication of simple Ideas“. – „Set of Ideas“: DRA § 27; 50, 5 – 6. 65 DRA § 2; 10,10: „collective Idea“. Hufiger ist „collected Idea“, zum Beispiel DRA § 4; 13, 1, 3 und 11, und DRA § 5; 16, 2. 66 DRA § 6; 16, 6 – 12: „Now these collected Ideas are either of beings either conceived to subsist by them selves in destinct ranks & sorts cald species of substance as man horse egle whale lead Iron, or else of the reference & relation two of these things are conceived to have to one an other which relation is sometimes cald by a name destinct as freindship or by a name that signifies both the relation & the thing soe compard or related to an other as freind, father. Or modes.“ 67 Modifikationen unwahrnehmbarer Kçrper: DRA § 38; 65, 32 – 33. – Zahlenmodus: DRA § 45; 81, 26 – 27. 68 DRA §27; 49, 22 – 26: „But the complex Ideas of things we call substances & also modes & relations as I have above shewn being made up of a great number of these simple ones in divers proportions compounded & united togeather […]“. – Modi des Denkens: DRA § 9; 20, 17 und § 38; 66, 15. – Modifikationen einfacher Ideen: DRA § 13; 27, 10. – Komplexe Modusideen: DRA § 27; 49, 23 – 27: „[…] being made up of a great number of these simple ones in divers proportions compounded & united togeather, we are apt to collect a certain number of those simple Ideas put togeather after a certain manner, & give that precise Idea soe collected a name which we will have to belong to a whole species […]“.

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

C2b. Generelle Modus- und Relationsideen. – Im einzelnen kçnnen generelle Sammelideen Substanzideen, aber auch Modusideen oder Ideen von Relationen sein, die wir zwischen zwei Dingen denken.69 Im Zusammenhang mit der Bildung genereller Substanzideen werde ich zeigen, daß Lockes Darstellung der Vereinigung einfacher Ideen zu abstrakten komplexen Ideen im Prinzip dem Verfahren der kompositiven Abstraktion entspricht, das Gassendi in der „Institutio logica“ als Verfahren abstrahendo vorschlgt; bei ihm ist eine abstrahierte komplexe Idee nicht der Rest, der nach der przisiven Abstraktion der individuierenden Merkmale von einer singulren Idee brig bleibt, sondern die gemeinsamen Merkmale singulrer Ideen werden przisiv abstrahiert und danach zu einer neuen Idee zusammengesetzt. Das gilt auch schon fr Modi und Relationsideen. Generelle Modusideen erwhnt Draft A nur beilufig. § 20 gibt eine Explikation von „Relation“, mit der sich im Essay ein allgemeinerer Sinn verbindet: Relation ist das bereinstimmen oder Nichtbereinstimmen zweier oder mehrerer Dinge, und zwar in jeder beliebigen Weise, in der man sie miteinander vergleichen kann;70 „comparare“ war Gassendis Ausdruck fr die Bildung von Relationen. Aus Bildungen wie „relations of things“ ist nicht zu schließen, daß Draft A nur Relationen zwischen Substanzen annimmt, denn „thing“ kann die Bedeutung ,irgend etwas‘ haben. Dinge beliebiger Art geraten dann in eine Relation, wenn wir sie in Hinsicht auf eine oder mehrere einfache Ideen vergleichen und finden, daß sie in dieser Hinsicht miteinander bereinstimmen oder nicht.71 Der Ausdruck „Relation“ bezieht sich bei Locke in der Regel auf zweistellige Relationen. Die Textbeispiele zeigen, daß er manchmal nur das bezeichnet, was die Relate miteinander verbindet, zum Beispiel „Freundschaft“ („R“, Relation im engeren Sinn); manchmal steht er aber auch fr dieses Ver69 DRA § 6; 16, 6 – 9 und 12: „Now these collected Ideas are either of beings either conceived to subsist by them selves in destinct ranks & sorts cald species of substance as man horse egle whale lead Iron, or else of the reference & relation two of these things are conceived to have to one an other […]. Or modes.“ 70 DRA § 20; 35, 23 – 25: „Relation therefor I thinke is the Agreeing or disagreeing of two or more thing one with an other in any way wherein they are capeable of being compared.“ Das entspricht nicht der Meinung Gassendis, fr den convenientia und discrepantia nur die hufigsten Titel fr Relationen sind. S. Inst. Log. p. 1, can. 17; I 99a, 18 – 20: „Sunt autem praeterea multa capita, ex quibus Relationes sumuntur; communissimum vero est Conuenientia, et Discrepantia.“ Auf diese fhrt Gassendi hnlichkeit, Gleichheit, halb, doppelt und dreifach zurck. 71 DRA § 27; 43, 4 – 6: „That two things compard togeather in one or more of these particular Ideas doe agree or disagree in them. which is that they are related“.

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bindende zusammen mit den Relaten, zum Beispiel „Freundschaft zwischen x und y“ („R{x,y}“, Relation im weiteren Sinn). Daß Relationen im engeren Sinn generell sind, darf man annehmen, weil man mit ihnen unterschiedliche Paare von Relaten verbinden kann; Locke geht jedoch auf dieses Detail nicht ein. Dagegen spricht er wiederholt vom Anlaß, Grund oder Fundament einer Relation: Obgleich fr jede Relation gewçhnlich nur ein einziges Wort steht, heißt es in § 20, schließt sie die beiden verglichenen Dinge (sie hießen frher Relat und Korrelat) sowie den Anlaß (occasion) oder Grund (ground) ihrer Vergleichung mit ein;72 die Relation ,schwrzer als‘ hat zum Beispiel das Fundament ,Schwrze‘.73 Ein Mensch ist so vieler Relationen fhig, wie es Anlsse geben kann, ihn mit anderen Dingen zu vergleichen,74 und fr Vergleichungen gibt es immer einen Anlaß oder Grund.75 Locke unterscheidet vier Sorten von Relationen, die jeweils einen anderen Grund haben; Verben fr dessen Funktion sind „ground“ und „found“. 76 C2c. Schulphilosophische Relationsdistinktionen. – In der Schulphilosophie steht das Relationsfundament in einem Netz von Distinktionen; im Vergleich dazu erweckt die Darstellung in Draft A den Eindruck großer Einfachheit. Das paßt zu einer Meinung, die Locke spter im Conduct ußert: Es ist nicht der richtige Weg zum Wissen, daß man sich den Kopf mit einer Unmenge scholastischer Distinktionen fllt, von denen die Schriften gelehrter Mnner oft voll sind; ihr Gegenstand ist manchmal so aufgeteilt und unterteilt, daß der Leser die bersicht verliert, und das hat hçchstwahrscheinlich auch der Autor selbst bereits getan.“77 Eine ver72 DRA § 20; 35, 25 – 28: „In all relation then though there be but one word commonly used to expresse it there is included the two things which are compard one with an other & the occasion or ground of that comparison.“ 73 S. DRB § 100; 223, 17 – 24. 74 DRA § 18; 33, 27 – 29. – DRA § 20; 35, 27 – 28 und 28 – 29. – DRA §21; 36, 9, und § 22; 36, 17 und § 23, 36, 32. 75 DRA § 18; 33, 26 – 30: „[…] Taller Biger, Lesse, &c, Older, Younger, contemporary, Like Unlike &c. To an almost infinite number. He being capable of as many relations as there can be occasions of compareing him to other things with which he may agree or disagree or have any respect. i.e can any way be compard.“ 76 Zum Beispiel DRA § 24; 39, 2 und 5, und DRB § 154; 265, 16 und 19. 77 Locke, Conduct § 31; Works III 261, 37 – 262, 7: „It is not, therefore, the right way to knowledge, to hunt after & fill the head with abundance of artificial & scholastic distinctions, wherewith learned men’s writings are often filled: we sometimes find what they treat of so divided & subdivided, that the mind of the most attentive reader loses the sight of it, as it is more than probable the writer himself did; for in

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zweigte Systematik findet sich bei Du Trieu, nach dem man bei Relationen nicht weniger als sieben Dinge unterscheiden muß: 1. Das Subjekt oder das, was auf etwas anderes bezogen wird, 2. den Terminus oder das, worauf das Subjekt bezogen wird, 3. das Fundament, vermittelst dessen sich das Subjekt auf den Terminus bezieht, 4. die dreifache Fundierungsweise (ratio fundandi) oder die Bedingung dafr, daß auf dem Fundament eine Relation entstehen kann, nmlich Einheit und Vielheit, Tun und Leiden oder Mensurabilitt (zum Beispiel das Verhltnis der Wissenschaft zum Wißbaren, des Verstandes zum Erkennbaren und des Sehvermçgens zum Sichtbaren), 5. die Relation selbst oder die Beziehung des Subjekts zum Terminus, 6. das Relat, das heißt, das Subjekt zusammen mit der Relation („Vater Anchises“) und 7. das Korrelat, das heißt, der Terminus zusammen mit der umgekehrten Relation („Sohn Aeneas“).78 S´miglecki erklrt, daß jede Relation ein Fundament braucht, das ihre ratio und sozusagen ihre Ursache ist;79 Fundament und ratio fundandi werden hier zu einer einzigen Instanz vereinigt. blich ist, „occasio et fundamentum“ zu schreiben,80 so wie Locke es tut; nichtsdestoweniger formuliert S´miglecki korrekt, wenn er „quasi causa“ schreibt, denn eine occasio ist eine causa per accidens. Auf der ratio ,Einheit‘ grnden nach ihm Identitt, Gleichheit, hnlichkeit, Nhe und Koexistenz, auf der ratio ,Vielheit‘ Verschiedenheit, Ungleichheit, things crumbled into dust it is in vain to affect or pretend order, or expect clearness.“ 78 Du Trieu, Manuductio, Oxford 1678, p. 1, t. 3, c. 2, a. 4; 71 – 72: „Q. 1. Quot in Relatione consideranda sunt? R. Septem, sc. Subjectum, terminus, fundamentum, ratio fundandi, relatio ipsa, relatum et correlatum. 1 Subjectum est id, quod refertur ad aliud: ut, Anchises, qui refertur ad Aeneam, ut pater, est subjectum paternitatis. 2 Terminus est id, ad quod subjectum refertur: ut Aeneas, ad quem refertur Anchises, ut pater, est terminus paternitatis. 3 Fundamentum est id, quo mediante subjectum ad terminum refertur: ut Potentia generandi in Anchise; […] 4 Ratio fundandi est conditio, sine qua relatio non sequitur fundamentum. Estque triplex (1) vnitas et multitudo: […] (2) Actio et passio: […] (3) Mensurabilitas, quae est ratio fundandi relationem Mensurabilis ad Mensuram: ut Scientiae ad scibile, intelligentiae ad intelligibile, visionis ad visibile, etc. 5 Relatio ipsa est respectus subjecti ad terminum: ut Paternitas, quae est respectus Anchisae ad Aeneam; Similitudo, respectus vnius ovi ad alterum. 6 Relatum est subjectum cum relatione: ut Anchises spectatus cum paternitate, ut Pater, est relatum. 7 Correlatum est terminus cum relatione opposita: ut Aeneas cum filiatione spectatus, ut Filius, dicitur correlatum.“ 79 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 10, q. 4; 339: „Certum est relationem praedicamentalem egere fundamento, quod sit ratio et quasi causa relationis: Non enim relatio temere competit subjecto, sed ob aliquam rationem et causam.“ 80 Zum Beispiel Surez, DM 6.6.5; 225b, 9 – 18.

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Unhnlichkeit, Abstand, bermaß und Mangel. Andere Relationen grnden auf der ratio ,actio-passio‘, zum Beispiel alle Ursache-WirkungRelationen, und wieder andere auf den rationes ,Meßbarsein‘, ,Wißbarsein‘ und ,Erkennbarsein‘. S´miglecki weist darauf hin, daß dasselbe Fundament unter verschiedenen rationes fundandi in demselben Relationssubjekt verschiedene Relationen begrnden kann; zum Beispiel begrndet Weiß sowohl die hnlichkeit mit anderen weißen Dingen als auch die Unhnlichkeit mit Schwarz.81 Es liegt nahe, davon auszugehen, daß Locke in seiner Formulierung „in any way wherein they are capeable of being compared“ (Draft A, § 20) von der ratio fundandi spricht. Britische Schulautoren haben die Tendenz, das Lehrstck zu vereinfachen. Nach Smith sind nicht sieben, sondern vor allem drei Dinge fr eine Relation erforderlich: Ein Fundament, auf dem sie grndet, ein Relat und ein Korrelat als Termini und eine Relation oder Beziehung zwischen beiden. In seinem Beispielfall dient die Vorstellung ,Mensch‘ als Fundament, ,Vater‘ und ,Sohn‘ fungieren als Relat und Korrelat, und ,Vaterschaft‘ und ,Sohnschaft‘ sind Relationen zwischen beiden.82 Auch Brerewood lßt die ratio fundandi mit dem Fundament zusammenfallen: Man unterscheidet zwischen dem entfernten Fundament, das bei allen Relationen die Substanz ist, und dem nchsten Fundament, das dreifach ist, nmlich 1. Quantitt (,gleich‘ und ,ungleich‘, ,groß‘ und ,klein‘ und alle arithmetischen und 81 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 10, q. 4; 339: „Porro fundamentum, ut fundet relationem, accipi debet sub certa ratione fundandi: unum enim et idem fundamentum sub diversis rationibus fundandi fundat diversas relationes; albedo verbi gratia, fundat similitudinem ad aliud album quatenus est unum in albedine cum ipso, dissimilitudinem vero ad nigrum, quatenus est diversum. Fundamentum igitur est res, vel forma fundans relationem, ratio vero fundandi, est modus et ratio sub qua fundatur relatio. […] In unitate fundantur relationes identitatis, aequalitatis, similitudinis, propinquitatis, coexistentiae, etc. si enim fuerit unitas duorum in essentia, erit identitas, si in quantitate erit aequalitas, si in qualitate erit similitudo, si in loco erit propinquitas, si in tempore, erit coexistentia. In multitudine vero fundantur relationes diversitatis, inaequalitatis, dissimilitudinis, distantiae, excessus, defectus, et aliae similes; per has enim relationes idcirco res ad se referuntur, quia non sunt unum, sed multa, secundum aliquam rationem et formam. – Aliae rationes fundantur in actione, et passione: quales sunt omnes relationes inter causam et causatum; quarum relationum fundamentum est potentia activa et passiva, ratio vero fundandi est actio vel passio […].“ 82 Smith, Aditus, Oxford 1656, l. 1, c. 11, De Relatione; 44: „Ad relationem tria praecipue requiruntur. 1. Fundamentum, cui relatio innititur. 2. Terminus duplex, Relatum et Correlatum. 3. Relatio seu respectus quidam inter illos terminos. Sic, homo est fundamentum, pater et filius sunt duo termini relativi; paternitas et filiatio sunt relationes inter duos terminos.“

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geometrischen Proportionen), 2. Qualitt (,hnlich‘ und ,unhnlich‘) und 3. actio und passio (,Ursache‘ und ,Wirkung‘, ,Vater‘ und ,Sohn‘ u. dgl.).83 Crakanthorpe ußert sich besonders knapp und verschmolzen: Das Fundament aller Relationen ist ein absolutes (nichtrelatives) Seiendes, aber nicht alle Relationen grnden auf demselben. Denn einige grnden auf der Quantitt, andere auf der Qualitt, andere auf der actio und wieder andere auf anderen Dingen.84 C2d. Fundamente von Relationen in Draft A. – Der Begriff ,Fundament‘, der aus der Schulphilosophie stammt, hat in Draft A die Aufgabe, Lockes Katalog der Relationen zu strukturieren. In diesem kommt die Kausalrelation noch nicht vor; Ursachen und Wirkungen werden in §§ 14 – 16 zwar behandelt, aber noch nicht als Relationen bezeichnet. Dasselbe gilt fr Zeit und Ort; dagegen spricht schon wenige Monate spter Draft B von den „three grand relations time, place, causality“. 85 Schließlich fehlt bis zur zweiten Auflage des Essay die Relation der Identitt. Als wichtigste Fundamente fr Vergleichungen nennt Locke die einfachen Ideen, die laut Text zumeist intensivierbar oder abschwchbar sind, also Grade haben kçnnen; man kann entweder sie selbst in abstracto oder die Substanzen, denen sie inhrieren, in Hinsicht auf ihre Intensitt miteinander vergleichen; und so entstehen proportionale Relationen, zum Beispiel „Honig ist sßer als Lakritz“ oder „Die Helligkeit in der Sonne ist grçßer als die im Mond“.86

83 Brerewood, Tractatus, Oxford 1659, tr. 9, De Relatis, s. 8; 287: „Fundamenta autem relationum triplicia sunt, aut enim est ejus fundamentum, 1 Remotum, et illud omnium relationum substantia est. 2 Proximum, et illud (ut dixi) triplex est, nempe aut 1 Quantitas, supra quam fundatur aequale et inaequale, magnum, parvum et omnes proportiones Arithmeticae, et Geometricae. 2 Qualitas, supra quam fundatur simile, dissimile, etc. 3 Actio et passio, supra quam fundatur causa, effectus, pater, filius, etc.“ 84 Crakanthorpe, Logica, London 1641, l. 2, c. 12; 97: „Fundamentum omnium Relationum est aliquod Ens absolutum: omnes autem Relationes non in uno, aut non similiter fundantur. Quaedam fundantur in Quantitate, aliae in Qualitate, aliae in Actione, aliae in aliis rebus: ut ex diligenti ponderatione percipi potest.“ 85 DRB § 145; 260, 15 – 16. 86 DRA § 20; 35, 25 – 36, 2: „In all relation then though there be but one word commonly used to expresse it there is included the two things which are compard one with an other & the occasion or ground of that comparison. The cheife of which grounds or occasions of comparison are those hinted at above viz 18 Simple Ideas the gratest part whereof being capable of more & lesse or degrees are thereby in them selves (considerd simply or as it is cald in abstracto) or else doe make the subjects in which they inhaere or exist fit to be compard & soe related to one an

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Solche Beispiele fallen bei Schulphilosophen unter die Fundierungsweise ,Qualitt‘, neben der gewçhnlich auch die Fundierungsweise ,Quantitt‘ genannt wird; diese trgt Locke aber erst im Essay nach. Beim zweiten Glied der Aufzhlung bezieht er sich nicht unmittelbar auf Relationen, sondern auf Wçrter wie „Vater“ und „Sohn“, die Relationen mitbedeuten (relatives): Das Fundament der zweiten Sorte relativer Wçrter (natrliche Relationen) sind die Umstnde von jemandes Ursprung oder Geburt.87 Das und die Erwhnung von „Sohn“, „Vater“ und „Mutter“ fiele in der Schulphilosophie unter die Fundierungsweise actio-passio, aber Locke entwickelt eine andere Systematik. Der herkçmmlichen Zuordnung zu actio-passio begegnet man erst in § 24: Das Fundament der Relation ,Brder‘ ist dieselbe Ttigkeit (operation) derselben Frau bei beiden Geburten; die Bemerkung, daß dabei die nheren Umstnde, das heißt, die individuierenden Bestimmungen, keine Rolle spielen, macht deutlich, daß von einer generellen Relation die Rede ist.88 Bei der dritten und vierten Art von Fundamenten ist eine Anknpfung an die Fundamente der Schulphilosophen nicht mçglich, weil sie dort nicht vorgesehen sind: Das Fundament instituierter oder willentlicher Relationen ist nach § 22 ein Akt, der jemandem das Recht, die Gewalt, den Willen oder die Pflicht verleiht, etwas zu tun,89 und nach § 23 ist das Fundament moralischer Relationen eine Sammlung mehrerer einfacher Ideen und Relationen, die zusammen eine Handlung oder deren Umstnde ausmachen und deshalb allesamt mit einer Regel verglichen werden.90 Wer Lust hat, kann nach Locke zu diesen

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other v.g. hony is sweeter then Liquorish & the brightnesse in the Sunn is greater then that in the moone.“ DRA § 21; 36, 9 – 16: „The Foundation of the 2d sort of Relatives are the Circumstances of any ones Origin or birth, which being not afterwards to be alterd make all the relations depending there on as durable as the substances to which they belong v.g an Englishman is he who is borne within such a tract of ground a sonne is he that is borne or hath a father, or mother a Cosin German is he who in the second discent came from the same person &c. & these therefor I call Natural relations.“ DRA § 24; 39, 6 – 8: „The foundation of the relation being the same operation of the same woman to both their births let the manner be what it will.“ DRA § 22; 36, 17 – 19: „The foundation of the 38 Sort of relation is Some act whereby any one comes by a right power, will, or obligation to doe some thing.“ DRA § 23; 36, 32 – 37, 3: „The 48 Sort of relation hath for its foundation. A collection of several, simple Ideas, & also several of the formentiond relations all which togeather concur to the makeing up or circumstantiateing any action, & soe taken togeather are compard to a rule.“

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

vier Arten von Relationen noch eine fnfte hinzufgen, nmlich die potentiellen Relationen; was unter potentiellen Relationen zu verstehen ist, erklrt aber erst Draft B. 91 Die Stellen legen die Vermutung nahe, daß Locke die schulphilosophische Vorstellung des Relationsfundaments beibehlt und daß er in den Text Erinnerungen an frhere rationes fundandi einfließen lßt, daß er sich aber fr eine neue Systematik der Relationen, fr ihre Struktur und fr ihre sprachliche Darstellung interessiert. C2e. Relationsideen sind besonders zahlreich und besonders klar und deutlich. – Die Relationslehre von Draft A ist vergleichsweise detailliert, behandelt aber kaum die Herstellung genereller Relationsideen. Vergleichen ist die Ttigkeit, mit der man Relationen im weiteren Sinn erzeugt.92 „bereinstimmung“ und „Nichtbereinstimmung“ (agreement, disagreement) stehen nach Meinung Lockes fr einfache Ideen und ermçglichen speziellere Relationen wie ,Freund von‘ oder ,Bruder von‘.93 Diese sind generelle Ideen; besondere Relationen, zum Beispiel ,Vater von A‘ oder ,Kçnig ber Israel‘, sind partikulre Ideen, weil sie partikulre Relate enthalten. In jedem Fall beruhen Relationen zumindest mittelbar auf einfachen Ideen, unser Wissen von ihnen hat also denselben Ursprung wie unser Wissen von Substanzen, obgleich es durch eine andere Ttigkeit entsteht, nmlich durch Vergleichen und nicht durch Zusammensetzen.94 Unser Relationswissen ist ausgedehnter als das von anderen Dingen, denn der weitaus grçßte Teil aller Wçrter, Ideen und Urteile betrifft nicht positive Dinge, sondern Relationen.95 Auch sind Relationsideen klarer und deutlicher als Ideen von anderen Dingen, wenn man von einfachen Ideen absieht.96 Die 91 DRA § 19; 35, 21 – 22: „To which he that pleases may adde 58 Potential“. 92 DRA § 3; 11, 29 – 30: „Those names of relation depending upon comparisons made by our owne minds […]“. – DRA § 18; 33, 27 – 30: „He being capable of as many relations as there can be occasions of compareing him to other things with which he may agree or disagree or have any respect. i.e can any way be compard.“ 93 DRA § 24; 37, 16 – 18: „That we have as cleare a notion of relation as we have of those simple Ideas agreement or disagreement […]“. 94 DRA § 24; 37, 11 – 12 und 14 – 16: „That all Relacion terminates in & is ultimately founded upon those simple Ideas I before mentiond […] And therefor all our knowledg of these severall relations hath the same rise with that of other things & is but the different way of considering those simple Ideas.“ 95 DRA § 17; 33, 14 – 16: „I now purpose to treat of relation the knowledg whereof is of far greater extent, & the words Ideas & propositions depending on relation are far more then of positive things“. 96 DRA § 18; 33, 30 – 34,1: „But though these relations be very many & the great part of words we use in speech stand for relations or are relatives yet the notions we

C2. Sammelideen von Modi und Relationen

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Annahme, daß ihre Klarheit an die von einfachen Ideen heranreicht, begrndet Locke damit, daß wir von den einfachen Ideen ,bereinstimmung‘ und ,Nichtbereinstimmung‘ genau so klare Vorstellungen haben wie von irgend etwas anderem. Hinzu kommt, daß als Relate hufig vertraute einfache Ideen oder ihre Grade dienen. Wer beispielsweise eine klare Idee von Sße, Licht oder Ausdehnung hat, der hat sie auch von mehr oder weniger davon.97 Die Stelle lßt sich am ehesten im Rckgriff auf konzeptualistische Annahmen ber die intensio qualitatum interpretieren, nach denen die Intensivierung oder Abschwchung von Qualitten, Lockisch gesprochen, auf die Hinzufgung oder Entfernung einfacher Ideen derselben Art zurckzufhren ist.98 C2f. Relationen zwischen Substanzen. – Einen besonderen Aspekt von Relationen zwischen Substanzen erwhnt § 3. Der Geist kann nicht nur bloße Substanzbegriffe herstellen, sondern auch Begriffe, in denen mehr vorkommt als das, was erforderlich ist, um ein Ding zu einer Substanzart gehçren zu lassen. Locke denkt an Vorstellungen, in denen Ideen von Substanzen um Relationsideen bereichert werden; zum Beispiel geht der Inhalt des Begriffs ,Vater‘ ber den Inhalt des generellen Substanzbegriffs ,Mensch‘ hinaus. In hnlicher Weise bercksichtigt von den Begriffen ,Pferd‘ und ,Hengst‘ der eine das Pferd bloß seiner Natur nach, der andere das Pferd auch seiner Verwendung nach.99 Solche Kombinationen von Substanz- und Relationsbegriffen sind schon nach Draft A leichter zu denken als bloße Substanzbegriffe. Bei ,Bruder‘ braucht man zum Beispiel nur an die Abstammung mehrerer wie auch immer beschaffener Menschen have of them are generally clearer & more destinct, (though not then simple Ideas) yet certainly then of those positive substances […]“. 97 DRA § 24; 37, 16 – 23: „That we have as cleare a notion of relation as we have of those simple Ideas agreement or disagreement being things whereof we have as cleare Ideas as of any other whatsoever it being but the destinguishing simple Ideas or their degrees one from another without which we could have noe destinct knowledg at all. for if I have a cleare Idea of sweetness light, or extension I have too of more or lesse of each of these.“ 98 S. Vf. 1996; 291 – 308. 99 DRA § 3; 11, 22 – 29: „The minde being furnishd with the Ideas of several things which if not perfect yet serveing for the common use of life, begins to frame other conceptions of them besides what necessarily goe to the makeing them be this thing & that is in compareing & considering them with reference to some other for the notion of man is one thing, the notion of father an other & soe a horse & a stallion are but names of the same thing the one considerd barely in his owne nature the other appropriated to some use.“

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von derselben Person zu denken, ohne sich um die nheren Umstnde zu kmmern, denn hier dient die gleiche Ttigkeit derselben Frau, nmlich ihr Gebren, als Grundlage der Relation.100 Die Formulierung „let the manner be what it will“ deutet darauf hin, daß es sich bei Relationen wie „Brder“ um generelle Begriffe handelt. C2g. Moralische Relationen. – Draft A bercksichtigt nicht nur Relationen von Substanzen und Modi, sondern auch Relationen von Ttigkeiten. Die moralische Relation ,Rechtheit von Handlungen‘ besteht in der bereinstimmung von Handlungen mit einer Regel; „conformity“ in § 4 ist synonym mit dem von Locke hufig verwendeten Ausdruck „agreement“. Wenn eine Handlung mit einer Handlungsregel bereinstimmt, dann sprechen wir von moralischer Gte; Urteile ber Gte oder Schlechtigkeit von Handlungen beruhen auf dem Vergleich von Handlungen mit einer Regel.101 Daß man bei dieser Art des Vergleichens anders vorgeht als bei der berprfung von Kçrperideen an Dingen, erklrt bereits Draft A. Whrend hier etwas Dingliches, nmlich die reale Existenz eines Dings, so wie es ist, als Maßstab fr Wahrheit und Irrtum dient, dienen im Bereich der Tugendmoral Begriffe von Tugenden und Lastern als Maßstbe, also generelle Ideen, die wir gut kennen, weil wir sie selbst gebildet haben. Dagegen geben uns im Bereich des Wissens von der Natur die Dinge selbst und ihre realen Konstitutionen die Standards vor. Deswegen fllt uns Wissen aus dem Bereich der Tugendmoral leichter als Wissen ber Naturdinge, zu denen wir keinen so bequemen Zugang haben wie zu eigenen Begriffen.102 Einen Teil unseres generellen Wissens ber moralische Re100 DRA § 24; 39, 3 – 8: „The comparing them therefor in their discent from the same person without knowing the particular circumstances of that discending is enough to found my notion of their haveing or not haveing the relation of brothers. The foundation of the relation being the same operation of the same woman to both their births let the manner be what it will.“ 101 DRA § 4; 12, 11 – 15: „Besides those notions or Ideas of severall kindes there is yet another sort which the minde hath which is of the rectitude of actions which is noething but the relation or conformity of the actions of men to some rule & this is that which we call moral goodnesse & badnesse. & the judgment about this is a compareing the action with the rule […]“. 102 DRA § 25; 40, 27 – 35: „[…] in the knowledg we have of this kinde of Morality men first frame notions of Virtues & vices & takeing their rise from thence examin afterwards their actions by those notions & accordingly denominate them soe that the measure of truth or error & the standards whereby we are to judg in these are our Ideas or notions, as in natural knowledg the things them selves are, & the real constitution of their being, And therefor our knowledg of this kinde of Morality is

C3. Sammelideen von Substanzen und ihre Unvollkommenheit

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lationen entnehmen wir dem Konsens unseres Landes oder unserer Sprachgemeinschaft. Aber das luft nur darauf hinaus, daß wir Definitionen bernehmen, die die Sprachgemeinschaft akzeptiert hat. In Wirklichkeit verhilft uns solches Wissen bloß dazu, richtig zu sprechen und zu erkennen, was mit gebruchlichen moralischen Wçrtern gemeint ist; mit dem moralischen Wissensstoff, den man in den Schulen lernt, verhlt es sich nicht anders.103 Damit gibt Locke zu verstehen, daß Vertrautheit mit sozialen Gepflogenheiten etwas anderes ist als moralisches Wissen aus Einsicht.

C3. Sammelideen von Substanzen und ihre Unvollkommenheit C3a. Die vorgestellte Idee eines Subjekts der Eigenschaften und Ttigkeiten. – In der Substanzlehre vertritt Draft A schon zu Anfang mit an Gassendi erinnernden Akzenten die peripatetische Meinung, daß wir zwar Eigenschaften von Kçrpern wahrnehmen, aber nicht die Substanz als solche. Wenn jemand die Sprache versteht und Wçrter wie „Mensch“, „Pferd“, „Sonne“, „Wasser“ oder „Eisen“ hçrt, dann erwachen in seiner Einbildungskraft sogleich die damit verbundenen einfachen Ideen, aber weil er nicht begreifen kann, wie diese fr sich allein subsistieren kçnnen, unterstellt er, daß sie in einem gemeinsamen Subjekt vereinigt sind, das sozusagen ihre Unterlage bildet und das er als Substanz oder Materie bezeichnet, obgleich er keine andere Vorstellung von ihm hat als die Vermutung, daß ihm Sinnesqualitten inhrieren.104 Der Ausdruck much easier, & it is our faults if our discourses about it be not much clearer then about natural things […]“. 103 DRA § 25; 40, 13 – 21: „But all the knowledg of particular virtues & vices which a man atteind to this way, would amount to noe more, then takeing the diffinitions or significations of words of any language either from the men skild in that language or the common usage of the country, to know how to apply them & call particular actions in that country by their right names, & soe in effect would be noe more then the skill how to speake properly without any great improvement of our knowledg more then what men meant by such words & this is the knowledg of the common ethicks of the schooles.“ 104 DRA § 1; 1, 22 – 2, 3: „& soe are all Ideas of substances as man, horse sun water Iron, upon the heareing of which words every one who understands the language presently frames in his imagination the severall simple Ideas which are the immediate objects of his sense, which because he cannot apprehend how they should subsist alone he supposes they rest & are united in some fit & common subject which being as it were the support of those sensible qualitys he cals substance or

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

„Subjekt“ bezeichnet in der Schulsprache die Substanz, sofern ihr Eigenschaften inhrieren, aber die Vorstellung eines Subjekts der Inhrenz bekommen wir nach Locke nicht durch Erfahrung, sondern nur durch Annahme oder Vermutung, und zwar von der Einbildungskraft. Deshalb haben wir vom Wesen einer geistigen Substanz keine klarere Idee als von dem einer kçrperlichen: Die eine halten wir ohne genaueres Wissen fr das Substrat der einfachen Ideen, die wir von den ußeren Sinnen bekommen, und die andere, von der wir genau so wenig wissen, fr das Substrat der Ttigkeiten, die wir in uns selbst erfahren.105 So luft unser Begriff einer kçrperlichen Substanz am Ende auf nicht mehr hinaus als auf Ideen zweier Vermçgen, und zwar des Vermçgens, eine Anzahl von Qualitten zu haben, und des Vermçgens, Qualitten in anderen Wesen hervorzurufen oder zu verndern.106 Wissen von beiden bekommen wir nur in dem Maß, in dem uns unsere Sinne informieren.107 C3b. Kenneys Hinweise. – Kenney zeigt in seinem Substanzkapitel, daß Oxforder Schulbcher aus Lockes Zeit die Bedeutung von „Substanz“ auf das Subsistenz-Inhrenz-Verhltnis verengen, und weist darauf hin, daß einige Schulphilosophen zu hnlichen Vorstellungen von der vorgestellten Idee eines Subjekts der Eigenschaften gelangen wie Locke.108 Das Motiv der

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mater, though it be certain that he hath noe other idea of that matter but what he hath barely of those sensible qualitys supposd to be inhaerent in it.“ DRA § 2; 7, 24 – 30: „[…] we have as clear a notion of the essence of a spirit as any one hath of the essence of body, the one being supposed to be without knowing what it is the substratum to those simple Ideas that we receive from without & the other supposd (with a like ignorance of what it is) to be the substatum to those actions we experiment in our selves within. but this by the by.“ DRA § 8; 20, 4 – 11: „[…] not withstanding all the bussel we keepe about entyty or Being & the certein knowledg we are thought to have thereof, yet we are not thereby helpd to the least discovery nor come not neare any notion of the Substance or Substratum of either extended or thinkeing beings, all the notion we have of substance amounting at last to noe more then the Ideas of certain powers i.e either of susteining in its self several simple Ideas or else altering or produceing other simple Ideas in other Beings.“ DRA § 13; 27, 3 – 7: „In such propositions wherin simple Ideas are predicated of subjects i.e of a collection of simple Ideas put togeather as connected in that subject we have noe farther knowledg then our senses conversant about those particulars doe or have informd us.“ Exemplarisch die Stelle aus Du Trieus Manuductio, Oxford 1678, p. 45, die Kenney auf S. 220 zitiert (in der von mir benutzten Ausgabe p. 1, tr. 3, c. 2, a. 1: De Substantia; 59:) „Substantia est ens per se existens, ut homo, lapis, etc. – Illud dicitur per se existere quod ad sui existentiam non requirit sub-

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Unbekanntheit der Substanz als solcher findet er schon im Manuskript eines unbekannten Oxforder Verfassers und in einer Stelle aus S´migleckis Logica. Die eher zurckhaltende Manuskriptnotiz lautet nach Kenneys Lesung so: „Jedes Akzidens ist uns besser bekannt als sein Subjekt, und zwar in Hinsicht auf die Sinne, nicht auf den Verstand. Denn unsere Substanzerkenntnis geht ganz auf sinnlich wahrnehmbare Akzidentien zurck, auch besagt ein Axiom, daß alles, was in der Potenz ist, durch ein Agens in den Akt versetzt wird, und zwar durch eins, das schon vorher in dem gleichen Akte war. Weil also die Substanz erst durch das Akzidens aktuell erkennbar wird, muß dieses frher erkennbar sein.“109 S´miglecki behandelt das Thema unverblmter: Wenn wir einen Menschen sehen, dann sehen wir nicht unmittelbar seine Wesenheit, sondern nur seine Akzidentien, und denken uns vermittelst dieser die Wesenheit als etwas, das unter den Akzidentien verborgen liegt. Daraus ist zu schließen, daß wir unmittelbar und unter ihrem eigenen Begriff nur wahrnehmbare Akzidentien erfassen, denn unsere Erkenntnis geht immer von der Sinnlichkeit aus. Wenn also unsere Sinne unmittelbar nur Akzidentien perzipieren, dann kçnnen wir eben nur Akzidentien unmittelbar und unter ihrem eigenen Begriff perzipieren.110 jectum inhaesionis. – Substantiae opponitur accidens, quod sic definitur. – Accidens est ens in alio existens; id est, quod ad sui existentiam requirit subjectum inhaesionis: ut, albedo, nigredo, lumen, etc. […] At substantia non requirit ullum subjectum in quo sit; imo accidentia omnia sunt in substantia tanquam in subjecto; et idcirco vocatur substantia; quia scilicet ipsa omnibus caeteris rebus, nempe accidentibus, substat velut eorum basis ac fundamentum.“ – In der von mir benutzten Ausgabe hat der Herausgeber das Adjektiv „naturalem“, das einen papistischen Vorbehalt ausdrckt, zweimal entfernt. 109 Zitiert bei Kenney 1960; 262, Anm. 89, nach Bodl. MS, Rawl. D 1429, fol. 49 r8: „Omne accidens notius est nobis suo subjecto, notius quoad sensum non quoad intellectum. Ratio, quia omnis nostra cognitio substantiae oritur a sensibilibus accidentibus, et illud axioma, quod est in potentia reducitur ad actum per illud quo[d] est in actu tali prius. Ergo cum Substantia est cognoscibile actu per accidens, illud accidens est prius [?] magis cognoscibile.“ Kenney bemerkt, daß die grammatikalische Konstruktion der Stelle zu wnschen brig lßt und daß seine bersetzung nur eine der mçglichen Rekonstruktionen darstellt. 110 Zitiert bei Kenney 1960; 243 f., Anm. 38, unter Logica, Oxford 1658, p. 100 – 101. – In der von mir verwendeten Ausgabe von 1634 steht der Text unter d. 3, q. 1; ebenfalls 100 – 101: „Neque enim cum hominem videmus essentiam hominis immediate videmus, sed tantum accidentia et medijs acidentibus essentiam tanquam quid sub accidentibus latens. Ex quo infero solum accidentia sensibilia a nobis immediate et proprio conceptu apprehendi, quia omnis nostra cognitio fit mediante sensu. Quare cum sola accidentia sensibus immediate percipiuntur, sola etiam immediate et proprio conceptu apprehendi possunt.“

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Aus diesen Belegen schließt Kenney, daß Locke in der Substanzlehre nicht mehr tat, als Annahmen schulphilosophischer Lehrbcher deutlicher und expliziter zu machen, indem er den Primat der Erfahrung und die Unerfahrbarkeit der Substanz hervorhob und die Substanztheorie konsequent an die Erfordernisse der Akzidentien anpaßte.111 Von Kenneys Belegen spricht allerdings nur das S´miglecki-Zitat die Unerfahrbarkeit der Substanz als solcher deutlich aus, und zwar mit einer Hrte, die unter Schulphilosophen nicht blich ist. Ich wrde bei entsprechenden ußerungen von Draft A am ehesten an Gassendi denken, dessen Grundannahmen zur Substanztheorie schon in den Fnften Entgegnungen zu Descartes’ Meditationen erschienen: Wir bilden den Begriff eines Subjekts, das die Akzidentien trgt, wissen aber nicht, was es ist und wie es beschaffen ist, denn es bleibt uns immer verborgen; allein aufgrund von Vermutung glauben wir, es msse etwas sein, das unter den Akzidentien liegt.112 Kenneys berlegungen bleiben plausibel, wenn man an Gassendi als Bezugsautor denkt, beziehen sich aber dann auf etwas Indirekteres. C3c. Generelle Substanzideen entstehen durch kompositive Abstraktion. – Substanzideen bestehen aus Sammlungen einfacher Ideen, die aus der Erfahrung stammen, und aus der Vorstellung eines sie tragenden Substrats, die wir der Einbildungskraft verdanken. Auf die Bildung genereller Substanzideen geht Draft A hufig ein. Am Anfang ist unser Geist wahrscheinlich eine tabula rasa;113 spter verwendet Locke statt des lateinischen Ausdrucks die moderne bersetzung „white Paper, void of all Characters“ (Essay 2.1.2), die Gassendis „charta munda“ entspricht (Phys. 3/2.8.3). „Tabula rasa“ wird auch von Schulphilosophen im Umfeld Lockes verwendet, zum Beispiel von Burgersdijck und Magirus, der nicht nur auf das anfngliche Fehlen von Ideen, sondern auch auf die Fhigkeit der tabula hinweist, beliebig viele verschiedene Ideen in sich aufzunehmen.114 Die 111 Kenney 1960; 266 und 267. 112 S. Descartes: Meditationen, Fnfte Entgegnungen, Zur Zweiten Meditation; AT 7; 271, 21 – 272, 19. Dem entspricht in den Opera Omnia von Gassendis Disquisitio, die zuerst 1644 erschien: In Meditationem II, dub. 7; III 307b, 53 – 308a, 38. Im Rest der Dubitatio wird das Thema ausfhrlicher erçrtert. 113 DRA § 2; 8, 4 – 6: „When the minde which at first tis probable to me is rasa tabula, hath by repeated exercise got the remebrance [sic] of severall of these simple Ideas […].“ 114 Magirus, Physiologia, Cambridge 1642, l. 6, c. 19, n. 26 – 27; 399: „Hic [patiens intellectus] a Latinis Capax, Materialis, Possibilis et Potentialis appellatur, quia omnium specierum intelligibilium imagines sive formas capere et apprehendere potest. –

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Bildung komplexer genereller Ideen von Kçrpern erfolgt durch eine Ttigkeit, die Locke erst im Essay als Abstraktion bezeichnet, des nheren durch kompositive Abstraktion, die in Draft A wie bei Gassendi in dem Zusammenspiel von przisiver Abstraktion und Zusammensetzung besteht; mit ihr reagiert der Verstand auf die wiederholte Erfahrung des gemeinsamen Auftretens mehrerer einfacher Ideen. Dabei unterscheidet Draft A drei Schritte: (1) Man nimmt wahr, daß mehrere einfache Ideen bestndig zusammen erscheinen, und abstrahiert jede von ihnen; (2) diese abstrahierten einfachen Ideen betrachtet man als Einheit, das heißt, man denkt sie unter einem einzigen Begriff; und schließlich benennt man sie (3) mit einem einzigen Namen. Das Vorgehen entspricht strukturell bis auf die Konzeption der Namengebung Gassendis Verfahren „secundo modo, abstrahendo“; generelle Substanzideen sind nicht der Restbestand, der nach der przisiven Abstraktion der individuierenden Merkmale noch brig bleibt, sondern werden durch Zusammenstellung neuer Ideen aus bereits abstrahierten einfachen Ideen gebildet; dagegen entstehen generelle einfache Ideen bloß durch przisive Abstraktion. Von den genannten drei Schritten ist in vielen Texten die Rede. C3d. Textbeispiele. – Wenn die Sinne bestimmten Gegenstnden çfter begegnet sind, erklrt § 1, dann bemerken sie, (1) daß mehrere einfache Ideen bestndig zusammen auftreten. Deshalb (2) unterstellt der Verstand, daß sie zu demselben Ding gehçren, und (3) benennt sie mit einem einzigen Namen, denn man spricht so, wie man denkt.115 Nach § 2 (1) sammelt der Verstand bei wahrnehmbaren Kçrpern eine Anzahl einfacher Ideen (collecting), (2) verbindet sie miteinander, macht daraus die zusammengesetzte Idee einer Kçrperart und (3) erfindet oder bernimmt fr diese einen gemeinsamen Namen.116 Ein weiterer Hinweis in § 2 ist knapper: Wenn sich der Verstand nach wiederholter Erfahrung daran erinnert, (1) daß mehrere einfache Ideen bisher bestndig zusammen erNudus enim accedit, et est similis tabulae rasae, in qua nihil adhuc exstat depictum, omnium tamen formarum et notionum capax.“ – Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, d. 25, th. 1, n. 2; 64: „Intellectus ex se est mera potentia in genere rerum intelligibilium, et veluti tabula rasa. Conimb. lib. 3 de anima c. 8. qu. 1. art. 3.“ 115 DRA § 1; 1, 16 – 20. Text s. S. 161, Anm. 43. 116 DRA § 2; 10, 5 – 8: „After the same rate that the minde doth in sensible subjects which are cald material by collecting a certaine number of simple Ideas & joyning them to geather make the compound Idea of a species to which it gives or applyes one common name […]“.

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schienen sind, (2) dann betrachtet er sie mit der Zeit als Eigenschaften eines einzigen Dings, (3) das er schon in der Kindheit mit einem einzigen Namen zu bezeichnen gelernt hat.117 Wahre Begriffe bekommt der Geist nur, wenn er (1) die einfachen Ideen, die er bestndig in mehreren Einzeldingen vorfindet, betrachtet und (2) sammelt, um daraus einen Artbegriff zu bilden.118 Der Verstand, sagt § 9, macht (1) aus einfachen Ideen, (2) die miteinander verbunden sind, zusammengesetzte Ideen.119 § 14 nennt zwei Beispiele: Die Idee ,Mensch‘ wird aus abstrakten Ideen wie ,des Lachens fhig‘, ,vernunftbegabt‘ und ,des Sprechens mchtig‘ und die Idee ,Gold‘ aus abstrakten Ideen wie ,schmelzbar‘, ,biegsam‘ und ,schmiedbar‘ zusammengesetzt.120 Wir beobachten nach und nach, (1) daß mehrere einfache Ideen in Außendingen oft miteinander vereinigt sind, und (2) dadurch kommen wir dazu, diese Ideen zusammenzustellen, und lernen den Kunstgriff, aus ihnen komplexe Ideen zu bilden.121 Bei Artefakten verfhrt der Geist nicht anders, doch kann er Artefakte leichter erkennen, weil er sie selber macht.122 Die Texte sprechen eine klare Sprache, und daran

117 DRA § 2; 8, 4 – 9: „When the minde which at first tis probable to me is rasa tabula, hath by repeated exercise got the remembrance of severall of these simple Ideas & observd that a certaine number of them are joynd constantly togeather it comes as I have said before to looke on them as the marks affections or concomitants of that one thing, which the child is taught to call by one name.“ 118 DRA § 4; 14, 5 – 8. Text s. S. 168, Anm. 62. 119 DRA § 9; 20, 22 – 24: Der Geist „[…] hath out of these [simple Ideas] joynd togeather made also compound Ideas as of star man horse eg king brother virtue temperance theft &c […]“. 120 DRA § 14; 29, 11 – 17: „Amongst the simple Ideas I have spoken of the powers of produceing or receiveing them have been mentioned because there is scarse any one subject in which some one or more of them are not considerd as makeing up the complex specific Idea of that subject, as risible, rational, the power of speakeing in man, fusible flexible ductil &c in gold which active or passive capacitys are by men considering them lookd on as qualitys or Ideas actualy existing in those subjects.“ 121 DRA § 45; 83, 14 – 16. Text s. S. 168, Anm. 62. 122 DRA § 2; 11, 9 – 21: „[…] for artificial things are as much ranked into sorts & have Ideas to which if they agree we apply the names as much destinct one from another as natural substances. v.g. a watch & a pistol are as destinct species one from an other as a man & a horse or a sparrow & a swallow, & green glasse & white as much several species as a diamond & an emrald they being expressed in our mindes by destinct Ideas & to others by destinct appellations. I say therefor that in names belonging to the species of artificial things there is generally lesse confusion & uncertainty then in natural, because that which makes the artificial thing being something that is a production of ours which the artificer designd & therefor well knows the Idea of, that artificial thing is easier knowne to us & consequently easily

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ndert sich auch in Draft B und im Essay nichts. Walmsley lehnt die Annahme, daß man nach Locke komplexe Ideen kompositiv abstrahiert, eher heftig ab und erklrt es in seiner Auseinandersetzung mit Yasujiko Tomida fr ein bloßes Mißgeschick, daß Locke in diesem Zusammenhang das mißverstndliche „put together“ verwendet, obgleich er wiederholt und deutlich erklrt habe, abstrakte Ideen entstnden durch die Trennung eines Teils einer Idee von dessen Begleitideen.123 Allerdings erscheint „put together“ in Draft A und in Lockes spteren Schriften so oft und so bestndig, daß es sich kaum um ein Versehen handeln kann. Walmsley glaubt, es gebe keine Rechtfertigung fr die Annahme verschiedener Verfahren zur Herstellung genereller einfacher und komplexer Ideen und keinen Hinweis darauf, daß sich Lockes Beschreibung der Abstraktion in Essay 2.11.9 speziell auf einfache Ideen bezieht; das Beispiel der weißen Farbe, das Locke dort verwende, sei nicht mehr als eben ein Beispiel;124 die Frage ist, ein Beispiel wofr. Die Annahme kompositiver Abstraktion fhrt nach Walmsley zum genauen Gegenteil dessen, was Locke gemeint hat, er habe nmlich gemeint, daß Abstraktion ein Prozeß des Entfernens ist: Wir haben eine Idee, von der wir verschiedene Elemente beseitigen, und das, was brig bleibt, ist die abstrakte Idee.125 Dagegen lßt sich einwenden, daß man nur anhand der Texte entscheiden kann, was ein Autor gemeint hat, den man nicht mehr fragen kann. C3e. Bildung genereller Ideen von anderen Geistern. – Bei der Bildung genereller Ideen von anderen Geistern hlt sich der Verstand an das Verfahren der kompositiven Abstraktion, doch geht er anders vor als bei der Bildung genereller Ideen von Kçrpern, denn Sammelideen geistiger Substanzen bestehen nicht aus Ideen der ußeren Wahrnehmung. Weil wir von Ttigkeiten anderer Geister keine natrliche Erfahrung bekommen, mssen wir zu Notbehelfen greifen. Nachdem wir die inneren Ttigkeiten unseres eigenen Geistes wiederholt wahrgenommen, generelle Ideen wie ,Denken‘ oder ,Glauben‘ gebildet und diese in Gedanken in einer Substanz namens Geist vereinigt haben, verfertigen wir generelle Begriffe von anderen Geistern dadurch, daß wir unter Absehung von jeglicher Materie aus unserem Ideenvorrat abstrakte Ideen der eigenen geistigen Ttigkeiten understood & certainly expressed by the name with lesse obscurity doubt or æquivocation.“ 123 Walmsley 2007; 193. 124 Walmsley 2007; 200. 125 Walmsley 2007; 203 – 204.

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heraussuchen, sie Arten anderer Geister zuschreiben und zu Begriffen von diesen vereinigen.126 Denn weil wir von Ttigkeiten anderer Geister, die ber unsere menschlichen Fhigkeiten hinausgehen, keine Vorstellung haben, kçnnen wir bei ihnen spezifische Differenzen nur dadurch erzielen, daß wir ihnen unsere eigenen Ttigkeiten und Vermçgen in hçherem oder geringerem Grade zuschreiben.127 Auch hier vertritt Locke Meinungen, an denen er noch im Essay festhlt. C3f. Fehlen der Vorstellung einer kompositiven Abstraktion in Stanleys „History“ und in Gassendis „Syntagma philosophiae Epicuri“. – Die Vorstellung einer kompositiven Abstraktion ist eine komplexe und signifikante Figur, die ich nur bei Bernier und Gassendi finde; das schließt zwar nicht aus, daß man sie auch bei anderen Autoren finden kçnnte, legt aber beim jetzigen Stand der Dinge die Vermutung eines Rezeptionszusammenhangs nahe. Sollte ein solcher Zusammenhang bestehen, dann kann nicht Stanley, den Kroll fr den wichtigsten Vermittler hlt, der Bezugsautor sein. Er verwendet zwar ,composition‘ im Zusammenhang mit Ideen, denkt aber dabei an etwas anderes als an die Bildung genereller Ideen, denn er teilt mit, daß jede Antizipation oder Praenotion von den Sinnen abhngt, und zwar durch Eindringen, Proportion, hnlichkeit oder Zusammensetzung. Durch Eindringen, wenn etwas unmittelbar und von selbst in den Sinn eindringt, zum Beispiel dann, wenn ein Mensch direkt vor unseren Augen erscheint; durch Proportion, wenn man einen Begriff unter Beibehaltung der Anzahl, Lage und Gestalt seiner Teile vergrçßert oder verkleinert (Beispiele: Riese, Zwerg); durch hnlichkeit, wenn man sich nach dem Vorbild eines perzipierten Dings ein anderes ausdenkt, das diesem gleicht (Beispiel: die Vorstellung einer Stadt, die man noch nie gesehen hat), und schließlich durch Zusammensetzung, wenn man mehrere Sinnesvorstellungen zu einer einzigen zusammenfgt (Beispiel: Zusammensetzung der Sinnesvorstellungen ,Pferd‘ und ,Mensch‘ zu ,Zentaur‘).128 Die Stelle be126 DRA § 2; 10, 17 – 21: „[…] the minde haveing noe Ideas from without but material ones & none from within but of its owne operations which may belong to spirit it hath nor can have noe other notion of spirit but by att[r]ibuteing all those operations it findes in its self to such beings without consideration of matter.“ 127 DRA § 2; 10, 34 – 11, 3: „[…] we can noe otherwise destinguish in our conceptions the severall species of spirits one from another but by attributeing those operations & powers we finde in our selves to them in a higher or lower degree.“ 128 Stanley 1701, p. 13, l. 1, c. 3, can. 1; 552b: „All Anticipation or Praenotion, which is in the Mind, depends on the Senses, either by Incursion, or Proportion, or Similitude, or Composition […]. Lastly, by Composition, when we put as it were into one the

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ruht auf Gassendis Syntagma Philosophiae Epicuri,129 das ebenfalls aus Mangel an einschlgigen Stellen als Bezugstext fr Lockes Annahme einer kompositiven oder zusammengesetzten Abstraktion nicht in Frage kommt. C3g. Beschreibungen der Abstraktion bei Schulautoren der Gruppe a. – Auch keiner der Schulautoren der Gruppe a vertritt das Verfahren der kompositiven Abstraktion. Combach nimmt ohne Einschrnkung fr alle Flle przisive Abstraktion an: Einige bezeichnen die Abstraktion des apprehendierenden Verstandes als przisive Abstraktion; bei dieser betrachten wir von Dingen, die dem Sein nach vereint sind, das Gemeinsame, aber nicht das Individuelle.130 Burgersdijcks ußerung in der Idea philosophiae naturalis ist knapp: Der Verstand bildet seine Vorstellungen allgemeiner Dinge durch Abstraktion, nachdem er zuvor singulre Dinge miteinander verglichen hat.131 Etwas ausfhrlicher ist ein Text in Burgersdijcks Institutiones metaphysicae: Allgemeine Einheit entsteht durch eine Ttigkeit des anschauenden und nicht des urteilenden Verstandes, mit der er die Naturen der Dinge von ihren individuierenden Differenzen abstrahiert; er kann jedoch nur deshalb all dasjenige vernachlssigen, worin sich Individuen unterscheiden, und das erkennen, worin sie bereinstimmen, weil er sie vorher miteinander vergleicht.132 Die Stelle wre grundstzlich auch mit einem kompositiven Konzept vereinbar, denn „relictis differentiis“ paßt mehr oder weniger zu beiden Verfahren. Ein etwas frherer Text spricht aber fr die Vermutung, daß Burgersdijck an przisive Abstraktion denkt:

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distinct Notions which we have of two or more things; as when we so unite the Notions of a Horse & a Man, as that the Notion of a Centaure ariseth out them, but not without some assistence of Ratiocination.“ Gassendi, Ph. Ep. p. 1, c. 3 (Druck: 2), can. 1; III 8a, 35 – 8b, 4. Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 10, comm. n. 7; 119: „Abstractio intellectualis, quae et Intentionalis a quibusdam dicitur duplex est […] Una quae fit per primam mentis operationem. Ea dicitur quibusdam Abstractio praecisiva, vel praecisionis, quibusdam etiam abstractio per modum simplicis et absolutae considerationis. Ea est quando eorum quae sunt adunata secundum esse consideramus unum non considerando aliud.“ Burgersdijck: Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, d. 25, thes. 10; 66: „Species rerum universalium ipse intellectus sibi format per abstractionem, comparatis inter se primum singularibus.“ Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 13, Thes. 12; 81: „Unitas universalis fit per actionem intellectus absolutam quae naturas rerum abstrahit a differentiis individuantibus: sed non absque praevia comparatione: non potest enim fieri, ut mens nostra concipiat id, in quo individua conveniunt, relictis propriis eorum differentiis, nisi prius ea inter sese comparet; nam absque comparatione non apparet, in quo conveniant, et in quo differant.“

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

Man erkennt die gemeinsame Natur, indem man die individuierenden Differenzen bersieht (absque intuitu differentiarum individuantium).133 Auch Scheibler hlt sich an das bliche Verfahren: Allgemeine Begriffe entstehen durch przisive Abstraktion, denn die Natur eines Sinneswesens ist mit vielerlei Differenzen verbunden, zum Beispiel ,fliegendes Wesen‘, ,schwimmendes Wesen‘, ,Wesen, das wiehern kann‘, ,vernunftbegabtes Wesen‘. Wenn man ,Sinneswesen‘ von diesen Differenzen abtrennt, dann erfaßt man die Natur der Sinneswesen, denn mit der Entfernung der Differenzen geht die Vorstellung ,Sinneswesen‘ in den Zustand des aktuell Allgemeinen ber.134 Zwei Autoren der Gruppe a ußern sich nicht zur Abstraktion: Du Trieu erklrt zwar, was ein abstrakter Terminus ist, sagt aber nicht, wie er entsteht,135 und Sanderson sagt das ebenfalls nicht; auch finde ich keinen Hinweis darauf, daß einer von beiden an ein kompositives Verfahren denkt. C3h. Beschreibungen der Abstraktion bei anderen Schulautoren im Umfeld Lockes. Rezeptionsvermutung. – Nach Surez entsteht das absolute Allgemeine durch przisive Abstraktion. Marcin S´miglecki vertritt eine etwas kompliziertere These, nach der der empfangende Verstand mit seiner direkten Ttigkeit das Allgemeine durch przisive Abstraktion zwar hervorbringt, aber nicht erkennt; erkennen kann er es erst im Rahmen der vergleichenden Verstandeserkenntnis,136 durch die das Allgemeine der 133 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 13, thes. 6; 77 – 78: „Quia tamen humanitas Petri et humanitas Pauli absque intuitu differentiarum individuantium, inter se ita similes sunt, ut nihil una includat, quod non includat altera; mens apprehendit utramque, imo omnium hominum humanitates, unico conceptu […]“. 134 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, a. 4, n. 138; 105: „Igitur relinquitur abstractio praecisiva quae faciendis universalibus convenit, nempe animalis natura conjuncta est cum variis differentiis, cum esse volatili, cum esse Natatili, hinnibili, rationali. Ab his differentiis cum praescindendo animal naturam apprehendo animalis, tum dimissis omnibus istis differentiis, animal provehitur in statum universalis actu.“ 135 Du Trieu, Manuductio, Oxford 1678, p. 1, tr. 1, c. 1, a. 5; 11. 136 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 4, q. 8; 166 – 167: „Dico secundo, vniversale fit quidem per notitiam abstractivam, vero non cognoscitur nisi per comparativam. Pro quo nota, aliud esse naturam fieri vniversalem, aliud cognosci vniversalem. Fit enim natura vniversalis cum habet illam triplicem negationem Abstractionis, vnitatis, et non repugnantiae: hac enim triplici negatione posita nihil deest ad essentiam vniversalis. […] Quod autem non possit cognosci natura vniversalis nisi per notitiam comparativam, patet. Quia de essentia vniversalis est habere se ad multa siue negative per non repugnantiam, sive positive per relationem. Ergo non

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Gattungen und Arten entsteht. Auch Rubio glaubt, daß generelle Begriffe auf przisive Abstraktion zurckgehen, gehçrt aber zu den von Surez erwhnten Autoren, die nur das relative Allgemeine und nicht das absolute Allgemeine fr wirklich allgemein halten.137 Ein Text von Magirus lßt sich am ehesten auf przisive Abstraktion beziehen: Man erkennt das Allgemeine, wenn man nach der Abstraktion von Zeit, Ort und den brigen Umstnden nur noch die Form eines Dings anschaut;138 bei dieser Formulierung legt nichts den Gedanken an kompositive Abstraktion nahe. Fr Fonseca bleibt nach der Widerlegung mehrerer Alternativen nur die Mçglichkeit, daß man das Allgemeine durch przisive Abstraktion gewinnt.139 Baron versteht die Einheit des allgemeinen Begriffs als Einheit der Przision, durch die die Natur aus der Vielheit der Individuen in die Einheit bergeht.140 Crakanthorpe verwendet nicht den Ausdruck „przisive Abstraktion“, sein Text mit „intuetur“ gleicht aber den blichen Beschreibungen.141 Die Aufstellung zeigt, daß es bei keinem der hier

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potest intellectus cognoscere vniversale vtrovis modo, nisi in ordine ad multa, quod est comparative cognoscere.“ Rubio, Commentarii, London 1641, p. 1, c. 1, q. 5, n. 58; 37b – 38a: „Sed tertio est notandum, quod intellectus possibilis duplicem habet operationem: unam per quam cognoscit objectum, ut praesentatum in specie, sine conditionibus: et haec propriissime dicitur abstractio; quia est cognitio naturae, non cognitis individuis […]“. Magirus, Physiologia, Cambridge 1642, l. 6, c. 19, 22; 399: „Vniversalia cognosci omnes fatentur, et cognoscuntur abstractione temporis, loci, tum aliarum circumstantiarum, postquam ratio et forma rei contemplationi subjecta reliqua est.“ Fonseca 1964, l. 5, c. 28, qu. 6, s. 1; I. 2, 999d: „Abstractio praecisionis tum fit, cum e duobus coniunctis inter se vnum apprehendimus, alterum relinquimus; vt cum aspectu apprehendimus colorem lactis non apprehensa eius figura.“ – Ebd. 1001a: „Ergo superest, vt vniuersalia abstrahantur a suis particularibus abstractione praecisionis […].“ Baron, Metaphysica, London 1657, s. 3, n. 13; 20: „Haec Vnitas intentionalis appellatur a Scholasticis Vnitas praecisionis; idque quia est unitas quaedam conveniens rebus, cum ab Intellectu abstrahuntur et praescinduntur a differentiis individualibus: v. c. Natura humana per differentias individuales in singularibus suis divisa est, multiplicata est et facta multae humanitates; Intellectus vero humanus concipiens hanc naturam humanam quae est in omnibus hominibus, abstrahit eam a conditionibus individuantibus, eamque multiplicantibus, abstrahit, inquam, concipiendo eam per se sine differentiis individualibus, et per hanc abstractionem efficit ut ea natura quae prius erat plures, jam sit simpliciter una.“ Crakanthorpe, Logicae libri quinque, London 1641, l. 1, c. 1; 2: „Universalia nullo sensu percipi possunt sed solo intellectu. Sensus enim, ut docet Arist. 1. demonst. c. 15. et l. 2. de Anima c.5., nihil percipit nisi singularia: Intellectus vero et singularia

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

konsultierten Schulautoren im Umfeld Lockes, der sich zur Abstraktion ußert, eine Entsprechung zu Lockes Verfahren der kompositiven Abstraktion gibt. Auch die Logique de Port-Royal, die zuerst 1662 erschien, hlt sich an die przisive Abstraktion; sie hat sogar anstelle der zu erwartenden Formulierung „connoistre par abstraction precisive“ die Gleichsetzung „connoistre par abstraction ou precision“,142 die ich bei Schulphilosophen nicht finde. Diese Stichproben bestrken vorerst die Vermutung, daß Locke die seltene und komplizierte Figur der kompositiven Abstraktion komplexer Ideen von Gassendi rezipiert hat; er modifiziert sie allerdings insofern, als der Verstand die abstrakten einfachen Ideen, die er zur Zusammenstellung der neuen generellen Idee bençtigt, nicht einer Gassendischen aggeries oder Anhufung singulrer Substanzideen entnimmt, sondern unmittelbar singulren komplexen Ideen. Weil es keine stringenten Beweise fr eine Rezeption gibt, handelt es sich hier um eine Rezeptionsvermutung, die sich mit der Komplexitt und Seltenheit dieser Position begrnden lßt. Im brigen kçnnten auch Anregungen aus der schulphilosophischen Definitionslehre bei Gassendis und Lockes Konzeption eine Rolle spielten, ber die spter zu sprechen ist. C3i. Boyles Meinung ber schulphilosophische Substanzvorstellungen. – Das mehreren Individuen Gemeinsame erscheint in Draft A nicht als gemeinsame Artform, die sich in allen Artexemplaren konkretisiert, sondern als eine Anzahl gemeinsamer einfacher Ideen; diese Entwicklung deutete sich bei Gassendi schon an und war durch die peripatetische These vorbereitet, daß wir von Substanzen bloß Akzidentien und Wirkungen wahrnehmen. Mit der Unterstellung, daß gemeinsame Naturen nur Sammlungen gemeinsamer Eigenschaften sind, steht Locke in der Nhe Boyles, mit dem er 1671 schon acht Jahre lang zusammengearbeitet hat. Boyles Arbeit „The Origin of forms and qualities“ erschien 1666, die Zweitauflage 1667. Weil man bemerkte, heißt es dort, daß sich in mehreren Kçrpern bestimmte Akzidentien zueinandergesellen (associate) und daß es weitere Zusammentreffen (conventions) dieser Akzidentien in anderen Kçrpern gibt, faßte man zur grçßeren Bequemlichkeit und zur schnelleren bermittlung der Gedanken die bereinkunft, Kçrper in percipit, et in ipsis (abstrahendo ab eis Individuantes proprietates quae existentiam consequuntur) Universalia ipsa intuetur et discernit.“ 142 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 4, berschrift; 45: „Des ides consideres selon leur composition ou simplicit. O il est parl de la maniere de connoistre par abstraction ou precision.“

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verschiedene Sorten einzuteilen, die man je nach dem, ob es sich um eine umfangreiche Sorte von Kçrpern oder um eine begrenzte Art beziehungsweise um Individuen handelte, als Gattungen oder Arten bezeichnete.143 In diesem Zusammenhang, sagt Boyle, nehmen die meisten Physiker außer der gemeinsamen Materie noch etwas anderes an, das Kçrper voneinander unterscheidet und sie zu dem macht, was sie sind, und das bezeichnen sie als Form. Weil sie meinen, daß alle Eigenschaften der Kçrper von dieser Form abhngen, halten sie sie fr so etwas wie eine Substanz, und zwar im Grund fr eine Art von Seele, die sich mit der Materie vereinigt und zusammen mit ihr den Kçrper bildet. In diesem wirkt die Form angeblich durch Qualitten, die man dem betreffenden Kçrper zuschreibt.144 Auffllig ist allerdings, daß bei Antworten auf die Frage, was ein bestimmter Kçrper ist, die Form gewçhnlich nicht erwhnt wird. Sobald man zum Beispiel jemanden fragt, was Gold ist, antwortet er nicht mit Mitteilungen ber die substantielle Form von Gold, sondern mit einer Aufzhlung von Qualitten: Gold ist sehr schwer und schmied- und formbar, es lßt sich schmelzen, ist aber feuerfest und hat eine gelbliche Farbe.145 Unbekmmert um das, was man in der Theorie ber substantielle Formen erzhlt, orientiert man sich also bei der Unterscheidung von Kçrpern nicht an substantiellen Formen, sondern an Sammlungen wahrnehmbarer

143 Boyle 1772: The origin of forms and qualities, An Excursion, VII; Works III 27, 13 – 19: „[…] men having taken notice that certain conspicuous accidents were to be found associated in some bodies, and other conventions of accidents in other bodies, they did for conveniency, and for the more expeditious expression of their conceptions, agree to distinguish them into several sorts, which they call genders or species, according as they referred them, either upwards to a more comprehensive sort of bodies, or downward to a narrower species, or to individuals […]“. 144 Boyle 1772: The origin of forms and qualities, An excursion, VII; III 27, 26 – 32: „[…] most of the writers of physicks have been apt to think, that besides the common matter of all bodies, there is but one thing that discriminates it from other kinds, and makes it what it is, and this, for brevity’s sake, they call a form: which, because all the qualities and other accidents of the body must depend on it, they also imagine to be a very substance, and indeed a kind of soul, which, united to the gross matter, composes with it a natural body, and acts in it by the several qualities to be found therein, which men are wont to ascribe to the creature so composed.“ 145 Boyle 1772: The origin of forms and qualities, An excursion, VII; III 27, 32 – 36: „But as to this affair I observe, that if (for instance) you ask a man what gold is; if he cannot shew you a piece of gold, and tell you this is gold, he will describe it to you as a body that is extremely ponderous, very malleable and ductile, fusible, and yet fixed in the fire, and of a yellowish colour […]“.

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Eigenschaften.146 Diese lassen sich grundstzlich auf ihre Ursachen zurckfhren. Aggregate wahrnehmbarer Qualitten, die ausreichen, um ein Stck Materie zu dem zu machen, was es ist, beruhen auf primren Qualitten, und deshalb darf man annehmen, daß die Form eines kçrperlichen Subjekts, in dem diese Qualitten vereinigt sind, in demjenigen Zusammentreffen primrer Qualitten besteht, das in der Lage ist, einen Kçrper der betreffenden Art zu konstituieren.147 Indem Boyle Sammlungen wahrnehmbarer Qualitten von den sie verursachenden primren Qualitten unterscheidet, streift er den Sachverhalt, der spter Locke zur Unterscheidung zwischen realen und nominalen Wesenheiten veranlaßt. C3j. Form, Wesenheit, Formalitt. – Boyle verwendet in diesem Zusammenhang die schulphilosophische Bezeichnung „Form“, whrend Locke den Ausdruck „Wesenheit“ vorzieht;148 daß dies mit seiner frhen Beschftigung mit den Bedeutungen von „Natur“, „Quidditt“, „Wesenheit“ und „Form“ in Combachs Metaphysica 149 zusammenhngt, kann man nicht behaupten, aber auch nicht ausschließen. Combach versteht, wie es blich ist, unter „Form“ eine der beiden inneren Ursachen (Materie und

146 Boyle1772: The origin of forms and qualities, An excursion, VII; III 27, 41 – 46: „[…] you may clearly perceive, that whatever men talk in theory of substantial forms, yet that upon whose account they really distinguish any one body from others, and refer it to this or that species of bodies, is nothing but an aggregate or convention of such accidents as most men do by a kind of agreement (for the thing is more arbitrary than we are aware of ) think necessary or sufficient to make a portion of the universal matter belong to this or that determinate genus or species of natural bodies.“ 147 Boyle 1772: The origin of forms and qualities, An excursion, VII; III 28, 35 – 42: „[..] since an aggregate or convention of qualities is enough to make the portion of matter it is found in what it is, and denominate it of this or that determinate sort of bodies; and since those qualities, as we have seen already, do themselves proceed from those more primary and catholick affections of matter, bulk, shape, motion, or rest, and the texture thence resulting, why may we not say that the form of a body being made up of those qualities united in one subject, doth likewise consist in such a convention of those newly named mechanical affections of matter as is necessary to constitute a body of that determinate kind.“ 148 DRA § 27; 49, 29 – 31: „[…] which Idea is thought to conteine the essence or formality of something existing without us[…]“. 149 Kenney 1960; 104: „The other extant note which Locke has transcribed from Combach [in MS Locke e. 6] deals with the meanings of „nature“, „quiddity“, „essence,“ and „form“. Since this note is not compleat due to a tear in the page, we give the text as it is found in Combach“.

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Form).150 Was der Ausdruck „essentia“ (Wesenheit) bedeutet, lßt sich nach seiner Meinung, bei der er sich auf Surez beruft, nur dann faßlich erklren, wenn man sich entweder auf Wirkungen der Wesenheit oder auf unsere Weise zu denken und zu sprechen bezieht;151 auch hier deutet sich eine Gabelung von ,essentia‘ in eine gegenstandsorientierte und eine subjektorientierte Variante an. Sofern die Wesenheit das Prinzip der Befindlichkeiten von etwas ist, darf man sie als Form bezeichnen.152 Man darf sie aber zweitens auch als Quidditt bezeichnen, wenn man unsere Weise zu denken und zu sprechen vor Augen hat, denn die Quidditt ist nichts anderes als die Wesenheit, sofern sie in der Definition zum Ausdruck kommt.153 Nach Combachs Explikation ist Boyles Verwendung von „Form“ korrekt, denn sie bezieht sich auf Auswirkungen der Wesenheit, nmlich auf wahrnehmbare Qualitten. Sofern Locke „essence“ ohne nhere Bestimmung verwendet, hlt er sich beide Bedeutungen offen, doch tendiert er an der zitierten Stelle aus § 27, wie „formality“ zeigt, wohl eher zu „Form“; in hnlicher Funktion erscheint „formality“ in einem weiteren Passus von Draft A und in Draft B. 154 Die lateinische Entsprechung „formalitas“, die manchmal als Synonym von „realitas“ verwendet wird, stammt vermutlich aus dem Wortschatz der Scotisten und bezeichnet laut HWPh in der Regel nicht dasselbe wie „Form“, sondern eine Entitt, die der Verstand als etwas von einem Objekt Verschiedenes begreift, die er aber trotzdem bei dessen Definition bercksichtigt; von dem Objekt, in dem sie erkannt wird, ist eine solche 150 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 19, n. 34; 223: „Forma est causa, quae est altera compositi pars, per quam res est id quod est: et hinc a caeteris rebus distinguitur, operationesque suas obtinet.“ 151 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 2, comm.; 23: „Cum vero, docente Fr. Suarez. Disp. Metaph. 2. s. 4 n. 5. non possit a nobis commode explicari quid sit essentia, nisi vel in ordine ad effectus, vel passiones re[i] vel in ordine ad nostrum modum concipiendi et loquendi […]“. 152 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 2, comm.; 24: „Prout vero edit passiones, Forma bene dicitur: ad hoc enim subjecti principium ut plurimum passiones reducere solemus utpote a quo per emanationem, sine motu et conatu ullo, proficiscuntur.“ 153 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 2, comm.; 24: „Quoad vero nostrum concipiendi modum spectamus, eatenus bene dicitur quidditas. Est enim quidditas nihil aliud quam essentia per definitionem expressa […]“. 154 hnlich DRA § 17; 33, 3 – 5, und DRB § 96; 216, 1 – 7: „And the greatest part of mankinde who never perplex their thoughts to examin wherein the nature of that thing consists which when they looke on they call white, & perceive the same sensation in them selves as a philosopher doth, have perfectly the same Idea of white that a philosopher hath who thinkes he hath found but the essence nature or formality thereof, or the way whereby it produces such a sensation in him.“

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Formalitt nicht bloß dem Gedanken nach, sondern formaliter verschieden („Formalunterschied“).155 Bei Schulautoren in Lockes Umfeld spielt der Ausdruck terminologisch keine große Rolle; Combach verwendet ihn gelegentlich ohne Explikation an einer Stelle, an der er synonym mit „forma“ zu sein scheint,156 auch hat er einen Verweis im Sachregister („122“), dem allerdings kein Text mit „formalitas“ entspricht. Fonseca erwhnt, daß Scotisten meinen, Negationen htten ihre eigene Formalitt,157 und S´miglecki berhrt das Thema differenziert unter einem anderen Stichwort, ohne „formalitas“ zu verwenden.158 Vielleicht hat Locke dieses Wort in zwanglosen Gesprchen als Beispiel fr die Freude scotistischer Autoren an Quisquilien kennen gelernt und angenommen, es bedeute etwas hnliches wie „forma“. Vielleicht hat er aber auch absichtlich statt „forme“ den schwierigen und dunklen Ausdruck „formality“ eingesetzt, um im Leser den Verdacht zu wecken, daß substantielle Formen etwas so Dunkles und Schwieriges sind wie Formalitten. Im Conduct of the understanding teilt er spter mit, daß man bei Wçrtern wie „forma substantialis“ und „species intentionalis“ mit Recht den Verdacht hegen kann, sie seien Ausdrcke ohne Bedeutung; zumindest bedeuten sie fr jemanden, der sich keine bestimmte Idee von dem bilden kann, fr das sie stehen, berhaupt nichts, und was er ber sie zu wissen glaubt, das ist fr ihn Wissen von nichts und bestenfalls gelehrte Unwissenheit. Auch nimmt man nicht ohne Grund an, daß bei einigen gelehrten Autoren viele leere Ausdrcke dieser Art zu finden sind, mit denen sie ihr System immer dann illustrieren, wenn ihr Verstand ihnen keine Begriffe liefern kann, die etwas mit den Dingen selbst zu schaffen haben.159 C3k. Unsere Substanzideen sind unvollkommen: Die Sinne sind begrenzt und brauchen viel Zeit. – Schon fr Draft A ist es klar, daß die Fhigkeit, generelle Ideen zu bilden, kein Zeichen fr die Vollkommenheit unseres 155 S. HWPh 2 (1972), Art. „Formaliter (Formalitt)“ (D. Schlter); 971 a, und HWPh 8 (1992), Art. „Realitas“ (J.-F. Courtine); 178b – 179a. 156 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 10, comm. n. 7; 120: „Nam quum alia et alia sit temporis et motus formalitas, […]“. 157 Die Combach-Stelle spielt auf den Formalunterschied an und verwendet dabei zwar „formalis“ und „formaliter“, aber nicht „formalitas“: Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 22, comm.; 250. – Die Fonseca-Stelle: Fonseca 1964, In 4 Metaph., c. 7, explan. m; I.1 917. 158 „Ratio formalis“: S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 5, qu. 1; 170, ferner d. 6, qu. 3; 232, d. 10, qu. 7; 358 – 359, und d. 17, qu. 1; 687. 159 Locke, Conduct § 29; Works III 258, 8 – 20.

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Geistes ist, denn unsere generellen Substanzideen sind grundstzlich defizient. Sie werden nie vollkommen, obgleich sie in der Regel fr den tglichen Gebrauch ausreichen und berprfbar sind, denn unsere Sinne kçnnen sich Auskunft darber verschaffen, ob eine Idee dem von ihr reprsentierten Kçrper gleichfçrmig ist oder nicht.160 Dafr, daß Kçrperideen immer unvollkommen bleiben, nennt Draft A drei Grnde. Der erste ist sozusagen strukturell und unbehebbar. Zwar gibt es in dieser frhen Schrift noch keine ausfhrlichen Mitteilungen ber die condicio humana, der Text macht aber klar, daß wir wegen der Besonderheit unserer Sinnesausstattung die Feinstruktur von Kçrpern nicht wahrnehmen kçnnen.161 Informierten uns unsere Sinne zum Beispiel ber Gestalt, Bewegung und Anordnung von Wasserteilchen und ber das, was beim Gefrieren von Wasser mit diesen geschieht, dann wßten wir ber den Grund der Entstehung von Eis genau so gut Bescheid wie jetzt ber die Verbindung der Teile von Mçbeln mit Dbeln und Ngeln, auch kçnnten wir tierische Bewegungen genau so gut erklren wie jetzt die Zeigerbewegungen einer Uhr. Weil uns die Sinne bei der Entdeckung der feinsten Materieteilchen im Stich lassen, bleibt unser Verstand hier unausweichlich im Finstern.162 Auch wird unsere Erkenntnis von Kçrpern nicht nur durch die geringe Reichweite unserer Sinne, sondern auch durch ihre Zeitauf160 DRA § 25; 39, 33 – 40, 2: „For those substantial beings or species I here mention being things that doe realy exist & come within the examination of our senses we may by imploying them about those objects know whether our Ideas are conformable to them or noe.“ 161 DRA § 15; 31, 1 – 10: „[…] in many nay most of these I have noe knowledg of the modus operandi, the way how these effects are produced i.e how these simple Ideas viz motion in the iron, fluidity in the gold & consistence in the water are in those several subjects produced. because these alterations being made by particles soe small & minute that they come not within the observation of my senses I cannot get any knowledg how they operate, but only am informd by my senses that the alterations are indeed made. from whence by the by we may take a litle light how much in the information of our understandings we are beholding to our senses.“ 162 DRA § 15; 31, 10 – 20: „For had we but senses that could discover to us the particles of water their figure site motion &c when it is fluid. And also the different postures of those very particles, or the addition or seperation of some particles &c when the water was frozen i.e hardend, we should as well know the very modus or way whereby cold produces hardness & consistency in water, as we doe the way how a joyner puts several peices of wood togeather to make a box or table which by tenants nails & pins we well enough perceive how it hangs togeather. And the motions of an animal would be as intelligible to us as those of a watch, But our senses faileing us in the discovery of those fine & insensible particles our understandings are unavoidably in the darke.“

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wendigkeit beeintrchtigt: Sie entdecken uns nur ganz allmhlich, wie viele einfache Ideen in einer kçrperlichen Substanz bestndig vereinigt sind.163 C3l. Wir neigen zur Ungenauigkeit, auch gibt es keine verbindlichen Absprachen ber Wortbedeutungen. – Als zweiter Grund fr die Unvollkommenheit unserer Substanzerkenntnis, der im Prinzip behebbar wre, wird unsere Neigung zur Ungenauigkeit genannt. Es hngt von uns ab, wie viele einfache Ideen wir bei der Bildung einer komplexen Idee einsetzen, und Forschungsdrang, Aufmerksamkeit und Beobachtungsgabe sind von Mensch zu Mensch und sogar bei demselben Menschen von Zeitpunkt zu Zeitpunkt verschieden.164 Wenn man die einfachen Ideen, die in einer Substanzart stets zusammen erscheinen, nur unvollstndig und ohne Sorgfalt zusammensucht, dann luft man Gefahr, falsche oder unvollkommene Substanzideen zu bilden und Dingen unpassende Namen zu geben.165 Auf einer solchen Grundlage entsteht kein vollkommenes Wissen und keine zuverlssige Kommunikation. Wie weit man damit gelangt, sieht man daran: Ein kleines Kind weiß vom Menschen nur, daß er weiß ist und daß seine ußere Erscheinung zum Teil aus Kçrperteilen und zum Teil aus Kleidungsstcken besteht.166 Als dritten Grund fr die Unvollkommenheit unserer Kçrperideen, der ebenfalls grundstzlich behebbar wre, nennt Draft A Informationsprobleme. Es ist schon deshalb schwer, die genaue Anzahl der einfachen Ideen zu kennen, die zu einer Art gehçren, weil sie fast niemals genau festgelegt wurde oder Gegenstand einer Absprache war.

163 DRA § 1; 2, 10 – 15: „[…] because our senses doe not quickly discover to us how many of these simple Ideas or qualitys are constantly united in one subject therefor our Ideas of Substantiall or materiall objects comeing under determinate names & consequently our definitions of such words are often very imperfect & therefor the foundations of great errors & disputes […]“. 164 DRA § 5; 15, 31 – 16, 1: „Now this collection of simple Ideas into one compound specific Idea depending upon us, enquiry attention & observation is different in one man from an other, & different in the same man at different times […]“. 165 DRA § 25; 39, 29 – 33: „The Idea we have of this or that species consists in a number of simple Ideas always concurreing in that species which if we have not sufficiently & with care collected we are apt to frame wrong or imperfect Ideas of things & call them consequently by improper names.“ 166 DRA § 7; 17, 8 – 12: „[…] he that frames an Idea out of a partial collection of those simple Ideas that belong to it & leaves out several, hath an imperfect knowledg. as a child that hath noe other Idea of a man but a white colour & his shape made up of clothes & parts togeather.“

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Deswegen werden Substanznamen in der Regel nicht definiert,167 auch ist die Zahl der wahrnehmbaren Qualitten, die wegen ihres bestndigen gemeinsamen Auftretens mit einem einzigen Namen bezeichnet werden, an keiner Stelle zuverlssig festgelegt.168 Doch geben wir Dingen zur leichteren Verstndigung, aus Bequemlichkeit und zur unkomplizierteren Erledigung von Alltagsgeschften trotzdem voll Zuversicht Namen oder bernehmen die, welche die Sprachgemeinschaft undeutlich verwendet, und tun so, als wren sie deutlich.169 C3m. Wir erkennen nicht die Wesenheit von Substanzen. – Aus diesen Grnden erfassen unsere generellen Substanzideen nicht das Wesentliche. Es wird zwar behauptet, daß sie die Wesenheit reprsentieren, aber im besten Fall reprsentieren sie gemeinsame Eigenschaften bisher beobachteter Individuen. Unsere Allaussagen ber Individuen sind nur durch die Flle gedeckt, die wir bisher beobachtet haben; wir drfen nicht davon ausgehen, daß sie auch bei solchen Außendingen zutreffen, denen wir bislang noch nicht begegnet sind.170 Weil wir nie sicher sein kçnnen, daß wir alle Flle erfassen, bekommen wir nur bei partikulren Erfahrungsaussagen Gewißheit, und damit hngt es wiederum zusammen, daß uns bei Kçrpern Wissenschaft im strengen Sinn versagt bleibt, denn wissenschaftliches Wissen ist allgemein.171 Außer „essence“ verwendet Draft A „nature“, gelegentlich auch „formality“; „forme“, das in Draft B gebruchlicher wird, kommt in Draft A nur einmal vor.172 Der Text vermittelt noch 167 DRA § 2; 8, 21 – 24: „[…] the certain precise number of these simple Ideas which belong to any species being hard to be knowne & never almost set downe or agreed on & soe no definitions of the words made.“ 168 DRA § 2; 9, 7 – 9: „[…] not haveing determind what the precise number of sensible qualitys or active or passive capacitys which relate also to sensible qualitys are, which constantly goeing togeather are signified by that name.“ 169 DRA § 2; 9, 23 – 26: „ […] for discourse & our ease sake & to serve the common affairs of life we confidently give them [Dingen] names or receive the names commonly given though confusedly as if they were destinguishd […]“. 170 DRA § 27; 49, 29 – 50, 5. Text s. S. 157, Anm. 28. 171 DRA § 27; 43, 12 – 19: „That a man can certanly know the existence of particular things without him about which his senses are or have bin conversant, & noe farther excepting only the existence of a 1st cause. soe that all a man can certainly know of things existing without him is only particular propositions, for which he hath demonstration by his senses the best ground of science he can have or expect & what soe comes to his understanding, he receives as certain knowledg & demonstration.“ 172 DRA § 38; 66, 2. – „Forma“ in § 27; 51, letzte Zeile, ist Teil eines Referats.

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

nicht das Pathos des Nichtwissens, das fr Gassendi charakteristisch war, und die Formulierungen wirken im Vergleich zu denen Gassendis und auch zu spteren ußerungen Lockes zurckhaltend. Immerhin wird die experimentalphilosophische berzeugung vertreten, daß man nur dann verlßliche Artbeschreibungen gewinnen und zutreffende Prognosen ber Artexemplare aufstellen kann, wenn man viel Erfahrung mit Einzelinstanzen hat. Im Text wird die constitution oder real constitution von Kçrpern ohne nhere Erluterung erwhnt,173 doch lßt Locke wie Gassendi keinen Zweifel daran, daß fr uns die Wesenheit geistiger wie kçrperlicher Substanzen unerkennbar ist.174 Zwar schlgt er in den frhen Drafts noch nicht die Unterscheidung von realer und nominaler Wesenheit vor, doch faßt er in einem Passus von § 27 schon einen der Sachverhalte ins Auge, die ihn spter zu dieser Unterscheidung veranlassen: Selbst dann, wenn die Entscheidung darber, ob Babies, Wechselblge und Verrckte Menschen sind, nur eine Frage der Wortwahl oder der Benennung wre, fiele es uns nicht leicht zu bestimmen, worin der genaue Wesensunterschied zwischen einem Menschen und einem Tier besteht.175 C3n. Die Vernunft hilft uns in diesem Fall nicht weiter. – Die Erkenntnis der Wesenheit von Kçrpern durch die Sinne ist uns versagt, und die Mçglichkeit des Verstandes, uns hier weiterzuhelfen, wird in Draft A genau so pessimistisch beurteilt wie bei Gassendi. Grundstzlich kçnnen wir Erkenntnis sowohl durch die Sinne als auch durch den Verstand erwerben, aber bei der Erkenntnis von Substanzwesenheiten, bei der die Sinnlichkeit 173 DRA § 25; 40, 30 – 33: „[…] so that the measure of truth or error & the standards whereby we are to judg in these are our Ideas or notions, as in natural knowledg the things them selves are, & the real constitution of their being […]“. – DRA § 25; 41, 7 – 8: „[…] inquire into the whole nature constitution & particular Ideas of a thing existing without me.“ – DRA § 34; 63, 23 – 24: „[…] the setled constitutions & propertys of natural things […]“. – DRA § 45; 82, 27 – 29: „When I speak of simple Ideas as existing in things I would be understood to mean. such a constitution of that thing which produces that Idea in our mindes.“ 174 DRA § 1; 2, 3 – 7: „[…] I thinke I may take notice that the Idea of matter is as remote from our understandings & apprehensions as that of spirit & therefor from our not haveing any notion of the essence of one we can noe more conclude its non existence then we can of the other.“ – DRA § 17; 33, 3 – 5: Ein Philosoph, „who thinkes he hath found out the very essence nature or formality thereof or the way whereby it produces such a sensation in him.“ 175 DRA § 27; 49, 2 – 5: „[…] nor if this were a question of any thinge more then words or barely the names of things would it be very easy to determin wherein lyes the essentiall precise difference between a man & a beast […]“.

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versagt, hilft er uns nicht weiter. Er kann uns keine Gewißheit darber verschaffen, ob dieselbe Anzahl einfacher Ideen, die wir bisher bei Artindividuen beobachtet haben, auch bei bislang noch nicht beobachteten Exemplaren in der gleichen Anordnung erscheinen wird. Denn weil uns Substanzwesenheiten verborgen sind, erkennen wir in der Koexistenz ihrer Eigenschaften keine Notwendigkeit; nach unseren Beurteilungsmçglichkeiten kçnnten genau so gut andere Eigenschaften in ihnen koexistieren, ohne daß ein Widerspruch entstnde. Im Bereich der Vernunftschlsse gelangen wir dadurch zu Schlußfolgerungen, daß wir notwendige Verknpfungen erkennen, die aber spren wir bei Kçrpern nur selten auf. Wir kçnnen zwar ber sie reden und beweisen, welche Wçrter bei ihnen von welchen Wçrtern prdiziert werden drfen, aber dadurch bekommen wir kein Wissen ber die Natur, den Bau und die Existenz von Dingen, das ber unsere bisherige Erfahrung hinausgeht. Prognosen ber Eigenschaften bisher nicht wahrgenommener Individuen kçnnen wahrscheinlich sein, doch sind sie nie gewiß.176 Sobald der Verstand bei der Erforschung von Außendingen die Grenzen der Erfahrung berschreitet, gelangt er nur zu Vermutung, Glauben und berzeugung, aber nicht zu sicherem Wissen.177 C3o. Bildung genereller Namen. – Schon nach Draft A sind generelle Ideen die Voraussetzung dafr, daß es generelle Namen geben kann; das gilt sowohl fr einfache als auch fr komplexe Ideen. Namen, die wir vergeben, richten sich nach unseren Vorstellungen;178 es ist ihre Aufgabe, diese zum 176 DRA § 27; 50, 3 – 14: Unsere Artidee „can never assure us that that is the essence of a number of things existing without us of which we have had noe cognizance by our senses. For though I have constantly observd such a particular set of simple Ideas to be constantly united in a great number of sensible objects which I therefore rankd into one kinde or species, yet I cannot be sure or certainly know (though it be higly probable) but only by my owne senses that the same number of simple Ideas are in the same manner united in other subjects that I have not seen nor imployd my senses about. Because such a connection of such a number of simple Ideas (though it be ordinary) yet is not in its owne nature necessary. & it is noe contradiction that it should be other wise.“ 177 DRA § 27; 46, 28 – 47, 3: „[…] which way also of demonstrations may shew the connection or disagreement of words stedly used for the same Ideas & soe demonstrat words one of another when they stand for certain Ideas. But cannot discover or prove to us the least knowledg of the nature of things as they are framd & exist without us any farther then grounded on experience.“ – DRA § 31; 61, 15 – 18: „[…] in all these things that exist without us all that our understandings can attein to in the enquire into their existence nature & operations, is but praesumption beleif, conjecture, & confidence but not certein knowledg […]“. 178 DRA § 1; 1, 19: „[…] words following our apprehensions […]“.

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

Ausdruck zu bringen. Eine hnliche Meinung findet sich bei Stanley: Zusammengesetzte Kçrper werden durch Artvorstellungen als etwas Ungeteiltes begriffen und erhalten die Benennung eines Kçrpers, der zu der betreffenden Dingart gerechnet wird.179 Locke erklrt, daß der Verstand einer generellen zusammengesetzten Idee, die er gebildet hat, einen generellen Namen gibt.180 In diesem Zusammenhang erwhnt Draft A vor allem Ideen von Naturdingen. Diese kçnnen einen Namen bekommen, sobald der Verstand eine Anzahl einfacher Ideen, die in der bisherigen Wahrnehmung bestndig zusammen erschienen sind, als Einheit denkt.181 Bei der Verwendung von Namen versucht der Verstand, sich an den Sprachgebrauch zu halten und mçglichst solche Namen zu verwenden, die in der Sprachgemeinschaft fr hnliche Begriffe stehen.182 Er kann aber niemals sicher sein, daß andere Menschen beim Sprechen und Hçren mit dem betreffenden Wort die gleiche Idee verbinden wie er, denn er hat bloß Zugang zu den eigenen Ideen und kann ber Ideen anderer nur Vermutungen hegen.183 Außerdem kann er nur Namen rezipieren, ber die die Sprachgemeinschaft schon verfgt;184 fr neue Ideen, die noch keinen

179 Stanley 1701, p. 13, l. 2, s. 1, c. 18; 569b: „[…] of all these joined together, & by this conjunction differencing it from others, it [ein Kçrper] possesses a nature proper to itself, & distinct from any other. – All these are comprehended by certain special Notions & Conceptions, but so, that still the Body, which results out of them as a certain whole, & is not divided in itself, but conceived as one undivided thing, obtains the denomination of a Body, which is reckon’d up in such a certain kind of things.“ – Die Stelle paraphrasiert Ph. Ep. p. 2, s. 1, c. 18 in Gasssendi, Opera; III 26a, 52 – 61. 180 DRA § 2; 10, 6 – 8: „[…] collecting a certaine number of simple Ideas & joyning them to geather make the compound Idea of a species to which it gives or applyes one common name […]“. 181 DRA § 1; 1, 17 – 20: „[…] a certaine number of those simple Ideas goe constanly togeather which therefor the understanding takes to belong to one thing & therefor words following our apprehensions are called soe united in one subject by one name […]“. 182 DRA § 4; 14, 7 – 9: „[…] frame a specific notion & to it give that name which vulgar use applys commonly to notions most agreeable to his.“ 183 DRA § 4; 13, 21 – 26: „[…] the greatest part of men take the sounds of words for the notions of things or else very carelesly & loosely apply them to their imperfect & inconstant notions, presumeing yet that in the use of these common received sounds they understand others & are understood by them i. e. have the same notions which yet is very seldome & almost never soe.“ 184 DRA § 45; 83, 17 – 18: „To these complex Ideas we give names such as we guesse other people give to the like complex Ideas.“

C4. Gattungen und Arten

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Namen haben, muß er neue erfinden und gegebenenfalls definieren.185 Die Mçglichkeit, große Mengen von Einzeldingen mit einem einzigen Wort auszudrcken, schçpft der Verstand bis zur Neige aus, wenn er allgemeinste Wçrter als Ausdrcke fr solche Ideen bildet, die wie „Entitt“, „Seiendes“, „Etwas“ und „Existierendes“ fr alles stehen kçnnen.186

C4. Gattungen und Arten C4a. „Species“ steht in Draft A fr Arten im intensionalen und extensionalen Sinn. – Der Ausdruck „Art“ bezeichnet in Draft A manchmal Arten im intensionalen und manchmal Arten im extensionalen Sinn. In § 25 erklrt Locke Arten zu etwas real Existierendem: Substantielle Seiende oder Arten sind Dinge, die wirklich existieren und die man beobachten kann;187 hier steht „species“ im extensionalen Sinn fr Arten existierender Dinge. An anderen Stellen wird „Gattung“ oder „Art“ im intensionalen Sinn verwendet, zum Beispiel in einem weiteren Passus aus § 2: Wenn wir den Bereich der Individuen verlassen, dann machen wir Substanzuniversalien oder Arten oder vielmehr generelle Wçrter zum Gegenstand unseres Verstandes.188 In manchen Passus wird die Absicht des Autors nicht deutlich. Zum Beispiel beobachtet der Geist, daß eine bestimmte Anzahl einfacher Ideen bei mehreren Einzeldingen erscheint; diese Einzeldinge ordnet (ranks) er unter einem einzigen generellen Namen zusammen, und das / diesen nennen wir eine Art und, wenn es/er einen grçßeren Umfang hat, eine Gattung.189 Wenn sich „which“, wie man wegen der Umformulierung

185 DRA § 7; 17, 29 – 18, 1: „[…] others haveing made noe old names for their new Ideas & therefor they must finde new names for their new productions, which when they have made they may define according to the notions to which they apply them.“ 186 DRA § 8; 19, 10 – 12: The minde „doth for the same reason make some universal words for all its Ideas which shall equally belong to each of them such are Entity Being Something Existing […]“. 187 DRA § 25; 39, 33 – 35: „For those substantial beings or species I here mention being things that do realy exist & come within the observation of our senses […]“. 188 DRA § 2; 9, 2 – 5: „[…] when we leave particulars & make universals sustantial or species or rather generall words (for I thinke I may say we have noe notion of generall things) the object of our understandings or knowledg […]“. 189 DRA § 2; 8, 17 – 21: „[…] but the minde or the man comeing to observe a certeine number of these simple Ideas to be found in several particular subjects ranks them togeather or else findes them ranked togeather by others under one general name,

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

der Stelle in Draft B vermuten darf,190 auf die Ttigkeit des Einordnens bezieht, dann ist von extensionalen Gattungen oder Arten die Rede; wenn es sich dagegen auf „name“ bezieht, dann bietet der Passus ein Beispiel fr die Verwendung von „Gattung“ beziehungsweise „Art“ im intensionalen Sinn und gibt zu erkennen, daß intensionale Gattungen und generelle Wçrter dasselbe sind. Als Ideenphilosoph verwandelt Locke das, was Boyle als „conventions of accidents“ bezeichnete, in „certaine number of simple Ideas“. Boyle sprach von Mengen von Akzidentien, die mehreren Kçrpern gemeinsam sind; Locke redet von Mengen einfacher Ideen, an denen mehrere Kçrper gleichermaßen teilhaben. Dadurch, daß „simple Idea“ bei Locke sowohl eine Vorstellung als auch eine Qualitt bezeichnen kann, ergeben sich manchmal Interpretationsschwierigkeiten. C4b. Bei einigen Stellen in Draft A wird nicht klar, ob Locke an begriffsorientierte oder an gegenstandsorientierte Artzuweisung denkt. – Nach Gassendis gegenstandsorientiertem Verfahren des Aggregierens gibt bei der Artzuweisung die hnlichkeit oder Unhnlichkeit eines Individuums mit den bereits bekannten Artexemplaren den Ausschlag dafr, ob man es einer Art zuweist oder nicht. Locke vertritt dagegen zumindest in spteren Schriften die Meinung, daß man sich bei der Artzuweisung nicht an Individuen, sondern an abstrakten Ideen orientiert: Ein Individuum, das mit dem Begriff einer Art bereinstimmt, kann dieser zugewiesen werden. Die Frage ist, ob Locke diese Meinung schon in Draft A vertritt. Dort gibt es nicht viele Mitteilungen ber die Zuweisung von Individuen zu Arten, und nicht jede davon vermittelt ein so deutliches Bild, daß klar wird, an welches Verfahren Locke denkt. Zum Beispiel heißt es in § 2, daß der Verstand Individuen, bei denen eine bestimmte Anzahl einfacher Ideen beobachtet wurde, zusammen unter einen generellen Namen einordnet.191 Mit „Ideen“ which we cal a species & if more comprehensive a genus or in plaine English a sort or kinde […]“. 190 DRB § 62; 166, 7 – 13: „[..] we give such aggregations of simple Ideas wheresoever found one common name or make use of that name which we observe others to call them by which name as it is more or lesse comprehensive is that which we call a species or genus or in plain English a sort or kinde, under which generall names we ranke particular things supposed to agree in a like aggregation & number of simple Ideas & active & passive Capacitys.“ 191 DRA § 2; 8, 17 – 21: „[…] but the minde or the man comeing to observe a certeine number of these simple Ideas to be found in several particular subjects ranks them togeather or else findes them ranked togeather by others under one general name, which we cal a species & if more comprehensive a genus or in plaine English a sort or kinde […]“.

C4. Gattungen und Arten

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kçnnen Qualitten oder Vorstellungen gemeint sein. Im zweiten Fall kçnnte die abstrakte Sammelidee gemeint sein, weil aber hier ber deren Rolle bei der Artzuweisung nichts mitgeteilt wird, trgt der Text nicht viel zur Entscheidung der Frage bei. An einer spteren Stelle von § 2 wird erklrt, daß der Geist bei Kçrpern durch Sammeln und Vereinigen einer bestimmten Anzahl einfacher Ideen die zusammengesetzte Idee einer Art herstellt und daß er einen einzigen gemeinsamen Namen fr sie erfindet oder verwendet.192 Dieser Text erwhnt die Herstellung der Artidee und ihre Benennung, teilt aber nichts Genaues ber das Verfahren bei der Artzuweisung mit. In § 5 wird gesagt, daß wir alle einfachen Ideen sammeln, die nach unseren Informationen oder nach unserer Meinung zu einer Sorte von Dingen gehçren; und diese Sammlung wird sogleich zur Idee einer Substanzart und ihr Name zum Namen einer extensionalen Art oder zum Namen einer bestimmten Anzahl eingesammelter einfacher Ideen, in denen viele Einzeldinge miteinander bereinstimmen und an denen sie gleichermaßen Anteil haben. Deshalb bekommen sie einen einzigen Begriff und einen einzigen Namen.193 Die Stelle spricht von der Bildung der Artidee aus einfachen Ideen, in denen viele Einzeldinge miteinander bereinstimmen, vermittelt aber keine deutliche Information ber die Artzuweisung; auch die Formulierung, daß die betreffenden Einzeldinge nicht mit, sondern in bestimmten einfachen Ideen bereinstimmen, hilft nicht weiter. Nach § 10 besteht eine Artidee aus einer Anzahl einfacher Ideen, die in der betreffenden Art stets gemeinsam auftreten;194 die Stelle enthlt lediglich eine Information ber den Inhalt der Artidee. § 27 teilt mit, daß wir eine Anzahl einfacher Ideen sammeln und in einer bestimmten Weise zusammenstellen; auch kçnnen wir der so entstandenen abstrakten Idee einen Namen geben, der zu einer ganzen Art gehçren soll.195 Der Passus erwhnt die Bildung und Benennung der Artidee und deutet die bertragung des Artnamens auf die Artexemplare an, ußert sich aber nicht ber das Verfahren bei der Artzuweisung. hnliches gilt fr eine weitere Stelle in § 27: Man beobachtet, daß ein bestimmter Satz von einfachen

192 DRA § 2; 10, 5 – 8. Text s. S. 162, Anm. 44. 193 DRA § 5; 15, 26 – 31. Text s. S. 168, Anm. 62. 194 DRA § 25; 39, 29 – 30: „The Idea we have of this or that species consists in a number of simple Ideas always concurreing in that species […]“. 195 DRA § 27; 49, 26 – 28: „[…] we are apt to collect a certain number of those simple Ideas put togeather after a certain manner, & give that precise Idea soe collected a name which we will have to belong to a whole species […]“.

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

Ideen in vielen wahrnehmbaren Gegenstnden bestndig vereinigt ist, und ordnet daraufhin diese Gegenstnde in eine Art ein.196 C4c. Stellen, nach denen sich der Verstand bei der Artzuweisung an abstrakten Begriffen orientiert. – Daneben gibt es Stellen, die zeigen, daß Locke schon in Draft A der auch von Surez vertretenen Ansicht war, man orientiere sich bei der Artzuweisung an Artideen; nach ihnen werden Individuen nicht mit den brigen Artexemplaren, sondern mit der Artidee verglichen und daraufhin gegebenenfalls in die betreffende Art eingeordnet. Diese Einordnung wird nach spteren Schriften Lockes durch die Benennung vollendet, das heißt, durch die bertragung des Namens der Artidee auf Individuen. § 2 teilt zunchst mit, daß es schwer ist, die genaue Zahl der einfachen Ideen festzustellen, die so notwendig an der Bildung einer Art beteiligt sind, daß beim Fehlen auch nur einer einzigen von ihnen ein Ding nicht mehr zu der betreffenden Art gehçrt.197 Danach erklrt § 2, daß Artefakte genau so in Sorten eingeordnet werden und Ideen haben wie natrliche Substanzen; wenn sie mit diesen Ideen bereinstimmen, dann verwenden wir ihre Namen genau so eindeutig wie Namen natrlicher Arten.198 Mit dem Ausdruck „have Ideas“ sind vermutlich spezifische Sammelideen gemeint; wenn Artefakte mit diesen bereinstimmen, dann werden sie mit dem Namen der betreffenden Idee benannt. Nach § 4 kann man bei einem Ding ganz sicher sein, daß es existiert, ohne zu wissen, in welche Art man es einordnen und welchen Artnamen man ihm geben soll; in solchen Fllen hat man vielleicht noch keine Idee von der betreffenden Art gebildet, weil man bisher nur diesem einzigen Individuum begegnet ist.199 Das lßt sich so interpretieren: Wre die Sammelidee bekannt, die als Kriterium bei der Artzuweisung dient, oder verwiese der Name auf sie, 196 DRA § 27; 50, 5 – 7: „For though I have constantly observd such a particular set of simple Ideas to be constantly united in a great number of sensible objects which I therefore rankd into one kinde or species […]“. 197 DRA § 2; 9, 26 – 29: „[…] it is very hard to set downe or collect that precise number of simple Ideas which doe necessarily goe to the makeing up any one species of which if any one be wanting the thing where in it is wanting ceases to be of that species or kinde […]“. 198 DRA § 2;11, 9 – 11: „[…] for artificial things are as much ranked into sorts & have Ideas to which if they agree we apply the names as much destinct one from another as natural substances.“ 199 DRA § 4; 12, 29 – 13, 1: „Now as in the notion of substances I may see a thing to be & be well assured that it doth exist without knowing what species to ranke it in & consequently what specific name to give it haveing yet perhaps noe collected Idea of that species […]“.

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dann bestnde keine Unklarheit darber, zu welcher Art ein bestimmtes Ding gehçrt. Die Texte zeigen, daß begriffsorientierte Artzuweisung in Draft A noch kein Thema ist, dem Locke besondere Aufmerksamkeit schenkt; aus einigen Stellen geht aber hervor, daß er schon hier die Artidee fr das Kriterium hlt, mit dem man feststellt, ob Individuen zu einer bestimmten Art gehçren oder nicht. C4d. Schulphilosophische Gegenmeinungen im Umfeld Lockes. – Die Annahme einer begriffsorientierten Artzuweisung stellt eine enge Verbindung zwischen dem absoluten und dem relativen Allgemeinen her und steht der Position von Surez nahe, obgleich Locke mçglicherweise nie einen Text von Surez gelesen hat. Die meisten Autoren ußern sich gar nicht ber die Zuweisung zu Gattungen und Arten, zum Beispiel Combach, Du Trieu und Sanderson, oder sie vertreten eine andere Meinung. Combach legt im ersten Buch seiner Metaphysica eine Systematik zugrunde, bei der die Vergleichung einzuordnender Individuen mit Artexemplaren oder mit der Artidee keine Rolle spielt; er nennt sogleich nach der przisiven Abstraktion die im folgenden Kapitel zu erwhnende divisive oder negative, die ein Werk der Urteilskraft ist.200 Nach Scheibler sind die Gelehrten bei der Antwort auf die Frage, durch welche Verstandesttigkeit das Allgemeine entsteht, nicht einer Meinung. Die einen sagen, es entstehe durch Abstraktion, die anderen, es entstehe durch Vergleichung, weil Menschen nur durch Vergleichung entdecken kçnnen, ob mehrere Dinge in ihren Wesensprdikaten miteinander bereinstimmen oder nicht. Scheibler nimmt an, daß man guten Mutes beides sagen kann, wie schon Surez in disp. 6, s. [6,] n. 10, erklre; denn es gehçre zur Fruchtbarkeit des Verstandes, daß er durch unterschiedliche Ttigkeiten dasselbe erreichen kann.201 Surez sagt allerdings in Wirklichkeit nicht, daß man durch przisive Abstraktion und durch Vergleichung dasselbe erreichen kann, sondern nur, daß es nicht widersprchlich ist, die Herstellung des absoluten Allgemeinen durch Abstraktion und zugleich die Herstellung des relativen Allgemeinen durch 200 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 10, comm. n. 7; 119. 201 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, t. 7, a. 4, n. 131 – 132; 104: „131. Variant hic Doctores, quorum alii volunt: universale fieri actu universale, per abstractionem a differentiis contrahentibus. Alii ajunt, fieri actu universale per comparationem, in quantum per comparationem plurium invenitur convenientia, vel similitudo eorum in praedicatis essentialibus. – 132. Ego in hac re existimo, utrumque non incommode dici posse, prout et Suaretz docet disp. 6. s. [6]. nu. 10. pertinetque hoc ad foecunditatem intellectus, quod eandem rem per diversos modos facere potest. […]“

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

Vergleichung anzunehmen.202 In der frhen Epitome metaphysica erklrt es Scheibler fr gleichgltig, ob man sagt, Allgemeinheit entstehe durch Abstraktion oder durch Vergleichung, doch halte er es fr wahrscheinlicher, daß sie durch Abstraktion entsteht;203 nhere Erklrungen fehlen. Immerhin kann der Verstand nach Scheiblers Metaphysik auch durch Vergleichung etwas Allgemeines erzeugen. Er schaut verschiedene Dinge an, vergleicht das eine mit dem anderen und entdeckt, daß beide sich in einigem unterscheiden, in anderen Hinsichten aber miteinander bereinstimmen. Den gemeinsamen Eigenschaften gibt er einen gemeinsamen Namen, und dieser bezeichnet nun die gemeinsame Natur, die der Verstand in den Einzeldingen entdeckt hat; die Gleichsetzung von gemeinsamen Eigenschaften und gemeinsamer Natur deutet sich also auch in der zeitgençssischen Schulphilosophie an. Wenn der Verstand zum Beispiel einen Menschen, einen Widder, einen Stier, einen Lçwen und einen Fisch miteinander vergleicht, dann bemerkt er, daß sie alle ber Sinnes- und Bewegungsvermçgen verfgen, und deshalb benennt er jeden von ihnen mit dem gemeinsamen Namen „Sinneswesen“, der ihre gemeinsame Natur bezeichnet.204 Bei Scheibler wird das absolute Allgemeine nur schwach vom relativen abgesetzt. Gemeinsame Eigenschaften begrnden die Artzugehçrigkeit, und der Verstand entdeckt sie, indem er mehrere Individuen miteinander vergleicht; es handelt sich anscheinend um gegenstandsorientierte Artzuweisung. C4e. Zustimmende schulphilosophische Meinungen im Umfeld Lockes. Rezeptionsvermutung. – Auf der anderen Seite gibt es in Lockes schulphilosophischem Umfeld Autoren, deren Meinung ber die Artzuweisung der von Surez entspricht. Burgersdijck ist der einzige Autor der Gruppe a, der 202 Surez, DM 6.6.10; 228a, 17 – 24: „Quia nihil obstat quod eidem naturae possit per intellectum convenire duplex ratio universalitatis, absoluta, scilicet, et respectiva, et quod illae per diversas operationes intellectus fabricentur, et quod una, scilicet, quae absoluta est, sit proximum fundamentum alterius, scilicet, relativae.“ 203 Scheibler, Epitome metaphysica, Gießen 1618, l. 1, d. 7, s, 5, n. 29; 99: „Fit igitur universalitas per operationem mentis, ubi sive dicatur fieri per abstractionem an per comparationem intellectus, qui distincta universalia in attributis similibus comparet (prout variant sententiae) perinde est. Probabiliorem tamen censeo priorem sententiam.“ 204 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, t. 7, a. 4, (n. 133); 104 – 105: „[…] intuetur intellectus hominem, ar[ie]tem, bovem, leonem, piscem, aliaque. In his omnibus invenit conferendo res eas ad invicem, quod sentiant, quodque se moveant. Hinc ergo imponit eis commune nomen ut scilicet singulum eorum dicatur Animal. Animal igitur tunc est quid universale.“

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in der Frage der Artzuweisung hnlich denkt wie Locke; doch ußert er sich eher implizit. Seine „Institutiones logicae“ gehen auf das Verfahren bei der Bildung von Gattungen und Arten nicht ein, doch eine Stelle in den „Institutiones metaphysicae“ teilt mit, daß es keine Allgemeinheit gibt, bevor der Verstand sie hervorbringt. Er spricht Dingen durch ußere Benennung Allgemeinheit zu, aber das, was ihn dazu bewegt, sie alle mit demselben Namen zu benennen, ist die Einheit des Begriffs, der jedes einzelne von ihnen gleichermaßen in der formalen Einheit seiner Wesenheit reprsentiert.205 Die Bildung des Begriffs, dessen Einheit die Zuweisung von Individuen zu Arten veranlaßt, beschreibt Burgersdijck ausfhrlich.206 Auch S´miglecki, ein Autor der Gruppe b, versteht unter „comparatio“ wie Surez die Vergleichung von Individuen mit einer abstrakten Idee und nicht den Vergleich von Individuen miteinander: Vergleichende Erkenntnis ist Erkenntnis einer Natur im Blick auf mehrere Individuen; nur durch vergleichende Erkenntnis kann der Verstand ermitteln, ob eine Natur allgemein ist.207 Daß hier mit „Natur“ die abstrakte Natur gemeint ist, besttigt ein Blick in S´migleckis Wilnaer Organonvorlesung von 1586/87, die in einer studentischen Mitschrift erhalten ist und 1987 von Ludwik Nowak herausgegeben wurde.208 Dort wird die auch von Surez erçrterte Frage erwhnt, ob das Allgemeine bereits durch Abstraktion oder erst durch die Vergleichung eines Individuums mit einer abstrakten Vorstellung entsteht; im ersten Fall wre schon das absolute Allgemeine wirklich allgemein, im zweiten Fall dagegen nicht. S´miglecki erklrt, daß unter Vergleichung diejenige Ttigkeit des Verstandes zu verstehen ist, durch die er die ab205 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 13, th. 5; 77: „Vnitas universalis non est in rebus ante mentis operationem, sed per mentis operationem fit, rebusque tribuitur per denominationem externam, quae sumpta est ab unitate conceptus, plura individua ejusdem speciei in unitate formali, id est, abstracta a differentia individuali, repraesentantis.“ 206 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 13, th. 6; 77 – 78. 207 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 4, qu. 8; 167: „ Quod autem non possit cognosci natura vniversalis nisi per notitiam comparativam, patet. Quia de essentia vniversalis est habere se ad multa sive negative per non repugnantiam, sive positive per relationem. Ergo non potest intellectus cognoscere vniversale vtrovis modo, nisi in ordine ad multa, quod est comparative cognoscere.“ 208 S´miglecki 1987, Wste˛p; 15: „Jest nim notatnik z wykładw prowadzonych przez Marcina S´migleckiego. Spisał go Stanisław Beden´ski w latach 1586/7, a opatrzył tytułem: „Commentaria in Organum Aristotelis sub insigni doctrina, pietate et integritate, clarissimo viro Martini [sic] Smiglecio, in celeberrima Vilnensi Academia Philosophiae Professore, scripta per me Stanislaum B[edensky]. Anno Domini 1586. Finita Anno Domini 1587.“

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

strakte Natur mit unter ihr stehenden Individuen vergleicht; das geschieht zum Beispiel dann, wenn er erkennt, daß die menschliche Natur gleichermaßen Petrus, Johannes und Andreas mitgeteilt wurde.209 Auch Rubio, ein Autor der Gruppe c, der ebenfalls Jesuit ist, beschreibt die Artzuweisung hnlich wie Surez. Wenn der empfangende Verstand einen vorgestellten Gegenstand ohne seine individuierenden Differenzen erkennt, dann bezeichnet man diese Ttigkeit als Abstraktion im eigentlichen Sinn, denn sie besteht in der Erkenntnis der Artnatur bei Nichterkenntnis des Individuellen. Mit einer weiteren Ttigkeit erkennt aber der Verstand die Natur, die er bereits bei der Abstraktion erkannt hat, noch einmal, doch diesmal zusammen mit Individuen, mit denen er sie vergleicht; und diese zweite Ttigkeit bezeichnet man als Vergleichung.210 Die Stelle zeigt, daß auch nach Rubio die Zuweisung eines Individuums zu einer Art die Abstraktion einer Artidee voraussetzt, mit der man es vergleichen kann. Damit, daß das Abstrakte etwas Gedachtes ist, hngt es zusammen, daß Arten fr Rubio etwas Gedachtes (ens rationis) sind, allerdings etwas Gedachtes mit einer Grundlage in der Sache.211 Von den hier konsultierten Schulautoren im Umkreis Lockes sind also nur Burgersdijck und drei Jesuiten der Meinung, daß bei der Zuweisung von Individuen zu Arten Begriffe als Kriterien 209 S´miglecki, Commentaria, Warschau 1947, Ms. 28 – 29; I 48: „Nona dubitatio. An universale fiat per notitiam comparativam An vero per abstractivam. – Notitia comparativa est ille actus intellectus quo naturam abstractam comparat suis inferioribus v.g. cum natura[m] humana[m] cognoscit esse communicabilem Petro Joanni et Andreae. Notitia abstractiva est actus intellectus quo tantum abstrahit naturam a conditionibus singularibus. Sensus ergo quaestionis est, an statim atque intellectus abstrahit naturam illa natura fiat universali[s] an vero ultra hoc opus sit ut eam sic abstractam comparet inferioribus ut non nisi ad illam comparationem sequatur relatio universalitatis.“ 210 Rubio, Commentarii, London 1641, p. 1, c. 1, q.5; 37b-38a: „[…] est notandum quod intellectus possibilis duplicem habet operationem: unam per quam cognoscit objectum, ut praesentatum in specie, sine conditionibus: et haec propriissime dicitur abstractio; quia est cognitio naturae, non cognitis individuis: alia est operatio intellectus, per quam eadem natura cognita, non cognitis singularibus, iterum cognoscitur eisdem simul cognitis, et ad ea comparatur: et ideo vocatur comparatio […].“ 211 Rubio, Commentarii, London 1641, p. 1, Tract. de natura entis rationis, dub. 4; 55b: „[…] Ens rationis habens fundamentum, est denominatio illa, quae attribuitur ab intellectu rebus tali modo ab eo cognitis, quam denominationem petit natura earum, ut tali modo cognita. Verbi gratia, dum cognoscit intellectus naturam humanam abstractam ab individuis, et eam comparat cum eis, [natura] petit ut ita cognita, denominationem speciei: et ideo talis denominatio est Ens rationis, habens fundamentum in re.“

C4. Gattungen und Arten

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dienen, whrend die Mehrzahl der Autoren nicht anders als Gassendi davon ausgeht, daß man Individuen wegen ihrer hnlichkeit mit den vorhandenen Artexemplaren einer Art zuschlgt. Weil dieser Sachverhalt verhltnismßig kompliziert ist und weil sich Locke fr eine Position entscheidet, die sehr selten ist, legt sich auch hier eine Rezeptionsvermutung nahe, die begrndet ist. Allerdings ist die Lage noch so undurchsichtig, daß ich keinen bestimmten Autor nennen kçnnte, aus dessen Texten Locke seine Konstruktion vermutlich rezipiert hat. Der Kreis der mçglichen Bezugsautoren ist nach Lage der Dinge offen, doch gehçren zu ihnen Burgersdijck, bei dem die Konstruktion zumindest implizit vorkommt, und die genannten Jesuiten. C4f. Recht auf den Namen. – Durch die Benennung werden generelle Wçrter, die ursprnglich nur Zeichen fr Artideen sind, zugleich zu Zeichen fr Artexemplare, denn der Verstand bertrgt den Namen der Artidee auf Individuen, die mit ihr bereinstimmen. Schon in Draft A besteht die Tendenz, das Verhltnis von Dingen und Artnamen als rechtshnliches Verhltnis zu interpretieren.212 Wohl die schwchste Formulierung in diesem Zusammenhang ist „the proper specific name it is to be cald by“. 213 Die weitergehende Annahme, daß Artexemplare einen Anspruch auf den Artnamen haben, kommt in unterschiedlichen Nuancen zur Sprache. An einer Stelle wird erklrt: „[…] the name man belongs not to that thing“;214 das kann man sowohl mit „Der Name Mensch gehçrt nicht zu diesem Ding“ als auch mit „Der Name Mensch gehçrt nicht diesem Ding“ bersetzen. Nach § 24 kann es vorkommen, daß man eine Handlung als bescheiden bezeichnet, die gar kein Recht auf diesen Namen hat; der Passus wird wçrtlich nach Draft B bernommen.215 In § 27 ist schließlich vom Recht der generellen Idee auf ihren Namen die Rede: „[…] which name doth of right belong to that Idea in our mindes […]“.216 Hier handelt es sich um ein anderes Rechtssubjekt; zwar steht der Artname nach unserem Willen fr die ganze Art, „von Rechts wegen“ gehçrt er aber der Artidee. 212 Lenz 2010; 155 – 157 sieht einen Zusammenhang zwischen der Annahme eines rechtshnlichen Verhltnisses zwischen Dingen und Artnamen und Lockes bezeugter Lektre von Texten Samuel Pufendorfs. 213 DRA § 4; 13, 12 – 13. 214 DRA § 29; 55, 25. 215 DRA § 24; 39, 19 – 21: „[…] measureing by a wrong rule I shall thereby be brought to give it a wrong denomination & call that Just or Modest which hath not a right to that name.“. 216 DRA § 27; 49, 22 – 29.

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

Den Gedanken an ein rechtshnliches Verhltnis zwischen Artidee und Artnamen nimmt Locke in spteren Abhandlungen nicht wieder auf. C4g. Essentials und properties. – § 2 macht klar, daß Artmerkmale diejenigen einfachen Ideen sind, die man bei der Zusammenstellung einer Artidee bercksichtigt hat; von diesen darf einem Ding, das der betreffenden Art oder Gattung angehçren soll, keine einzige fehlen.217 Solche Qualitten bezeichnet Draft A als „essential“;218 einen hnlichen Wortgebrauch gab es bei Boyle.219 Weil wir die innere Wesenheit von Dingen nicht kennen, fllt es uns schwer, die genaue Anzahl von Eigenschaften festzustellen, die durch das Wort „Mensch“ so notwendig bezeichnet wird, daß man zum Beispiel fr einen Kçrper beim Fehlen auch nur einer einzigen Menscheneigenschaft den Namen „Mensch“ nicht verwenden darf.220 „Essentiale“ kann in der Schulphilosophie fr Eigenschaften stehen, die einen Teil der Wesenheit von Dingen bilden, whrend „proprium“, „proprietas“ in der Regel fr Eigenschaften steht, die zwar nicht unmittelbar zur Wesenheit gehçren, sie aber bestndig begleiten. In Draft A bezeichnet „essential“ unabtrennbare Bestandteile von Artideen, aber auch unabtrennbare Eigenschaften von Artexemplaren. § 13 weist darauf hin, daß wir die fr eine Art essentiellen Ideen nur durch Erfahrung ermitteln kçnnen.221 Aber solche essentials sind essentials fr uns; wir bestimmen sie

217 DRA § 2; 9, 26 – 29: „[…] it is very hard to set downe or collect that precise number of simple Ideas which doe necessarily goe to the makeing up any one species of which if any one be wanting the thing where in it is wanting ceases to be of that species or kinde […]“. 218 DRA § 13; 27, 17 – 19: „[…] when I certainly know the specific essentiall Ideas that belong to every particular individual of any species […]“. – DRA § 30; 57, 23 – 25: „[…] a simple Idea is praedicated of a Complex whereof it makes up an essential part, as a man is liveing […]“. 219 Boyle 1772: The origin of forms & qualities, An excursion, VII; III 28, 11 – 15 „And indeed since to every determinate species of bodies there doth belong more than one quality, & for the most part a concurrence of many is so essential to that sort of bodies, that the want of any one of them is sufficient to exclude it from belonging to that species; there needs no more to discriminate sufficiently any one kind of bodies from all the bodies in the world that are not of that kind […]“. 220 DRA § 2; 10, 1 – 5: „[…] it is but very uncertainely or insignificantly yet determind what those number of qualitys are which togeather are signified by the word man, whereof when any of them are wanting the thing wherein they are wanting is not to be cald man.“ 221 DRA § 13; 27, 17 – 20: „Unlesse it be when I certainly know the specific essentiall Ideas that belong to every particular individual of any species, (which can be had

C4. Gattungen und Arten

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im Blick auf unsere eigenen Artideen, obgleich auch das nicht einfach ist. Denn selbst dann, wenn man die Frage nach dem genauen Wesensunterschied (essentiall precise difference) zwischen Mensch und Tier bloß auf unsere alltglichen Begriffe und deren Namen bezçge, wren wir nach § 27 noch immer in einer schwierigen Lage, obgleich es in diesem Fall nur darum ginge zu bestimmen, welche Ideensammlung mit dem Namen „Mensch“ und welche mit dem Namen „Tier“ zu bezeichnen ist.222 Hier wird einer der Ansatzpunkte fr Lockes sptere Theorie der nominalen Wesenheiten berhrt. Den Ausdruck „property“ (proprium, Eigentmlichkeit, schulphilosophisch: Eigenschaft, die nicht zur Wesenheit gehçrt, sie aber notwendigerweise begleitet) verwendet Draft A gelegentlich zur Bezeichnung bestndiger Eigenschaften geometrischer Figuren, die sowohl diesen selbst als auch unseren Ideen von ihnen zukommen und von ihnen unabtrennbar sind.223 In § 29 begegnet die monstrçs klingende Bildung „essentiall property“, die am ehesten dann einen Sinn ergibt, wenn sie dazu dienen soll, notwendige Eigenschaften einer Substanz von ihren bloßen Eigenschaften zu unterscheiden.224 Ein hnlich befremdlicher Ausdruck findet sich in Charletons „Physiologia“, und zwar in der berschrift des vierten Kapitels des Zweiten Buchs: „The Essential Proprieties of Atoms“. 225

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only by the testimony of my owne senses & observation & soe seldom happens) […]“. DRA § 27; 49, 2 – 7: „[…] nor if this were a question of anything more than words or barely the names of things would it be very easy to determin wherein lyes the essentiall precise difference between a man & a beast nor speakeing according to our ordinary notions is it very easy, but this being indeed only what precise collection of Ideas shall be cald man & what beast […].“ DRA § 12; 26, 12 – 17: „But it is to be observed that all this knowledg which we atteine soe perfect & fully is of proportions of numbers & extensions which are soe ex necessitate rei, i. e. are inseperable propertys of the angles or figures where we finde them, as it is the inseperable property of a triangle to have 3 angles equal to two right ones […]“. – S. auch DRA § 12; 26, 29 – 30: „[…] the certainty that quantity & number existing have the same propertys & relations that their Ideas have one to an other […]“. – DRA § 43; 74, 30 – 75, 1: „[…] it is the property of all numbers to be even or od […]“. – DRA § 34; 63, 23 – 25: „[…] all the setled constitutions & propertys of natural things & the regular proceedings of causes & effects in the ordinary course of nature.“ DRA § 29; 56, 22 – 25: „[…] Noe more then if he should say, all Palfrys i. e. Romance ambleing white horses that caryed Ladys, would kneele downe to take them up. this kneeling downe being not an essentiall property or part of the definition of a Palfry.“ Charleton 1654, b. 2, c. 4; 111.

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

C5. Schwierigkeiten mit Wçrtern C5a. Generelle Wçrter sind Zeichen fr generelle Ideen. – In diesem Zusammenhang bedarf es keiner eingehenden Analyse von Lockes Sprachphilosophie. Es gengt, einige ußerungen von Locke zu erwhnen, die einen Eindruck davon vermitteln, wie eng schon in Draft A die Lehre vom Allgemeinen mit der Lehre von der Sprache zusammenhngt. Locke selbst deutet an, daß er erst allmhlich den engen Zusammenhang zwischen Ideen und Wçrtern bemerkt hat.226 Schon der Text von Draft A erçrtert die Entstehung von Wçrtern und ihre Rezeption durch die Sprachgemeinschaft, ihren privaten und çffentlichen Gebrauch, die unterschiedlichen Rollen von Sprechern und Hçrern, das Verstehensproblem, das dadurch entsteht, daß der Hçrer unmittelbaren Zugriff nur auf die eigenen und nicht auf die Ideen des Sprechers hat, und das Lernen von Wçrtern und deren Verwendung auf unterschiedlichen Kommunikationsniveaus. Lockes Position erscheint oft nur in Parenthesen; zum Beispiel findet sich die Unterscheidung von privatem und çffentlichem Gebrauch der Sprache in einer Darstellung der Entstehung allgemeinster Wçrter.227 Doch tritt die Grundannahme klar hervor: Wçrter sind willentlich eingesetzte Zeichen fr Ideen, deren einfache Grundbestandteile nichtwillentliche Zeichen fr etwas Dingliches sind, und generelle Wçrter sind willentlich eingesetzte Zeichen fr generelle Ideen. Durch Wçrter bringen wir unsere Ideen fr andere Menschen zum Ausdruck, aber wir verwenden sie auch intern zur Erleichterung des Umgangs mit den eigenen Ideen.228 Unmittelbaren Zugang haben wir nur zu diesen.229 Ein Thema, das schon bei Gassendi und in der Logik von Port-Royal zur Sprache kam,230 beschftigt auch Draft A: Wir bestimmen nur, was wir selber sagen, und nicht, was andere sagen. Jeder hat das Recht, sich einen eigenen Wortschatz anzulegen, aber der gilt nur fr ihn und nicht fr andere. 226 S. Lenz 2010 II.3: Lockes Wende zur Sprache; 157 – 162 und 162 – 213. 227 DRA § 8; 19, 6 – 9. Text s. S. 151, Anm. 5. 228 DRA § 2; 11, 13 – 15: „[…] several species as a diamond & an emrald they being expressed in our mindes by destinct Ideas & to others by destinct appellations.“ – DRA § 1; 4, 18 – 21: „[…] men conveying their imaginations knowledg & reasoning to one an other almost only by words & most commonly fixing their owne thoughts within them upon words when they would thinke of things [..]“. 229 DRA § 4; 13, 21 – 26. Text s. S. 200, Anm. 183. 230 L’art de penser, Paris 1662, l. 1. c. 12; 91: „Mais comme les hommes ne sont maistres que de leur langage, & non pas de celuy des autres, chacun a bien droit de faire vn Dictionnaire pour soy, mais on n’a pas droit d’en faire pour les autres, ny d’expliquer leurs paroles par les significations particulieres qu’on aura attach es aux mots.“

C5. Schwierigkeiten mit Wçrtern

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Deshalb darf man den ußerungen anderer nicht die Bedeutungen unterlegen, die man selbst nach Lust und Laune bestimmten Namen gegeben hat. Lockes Interesse an Komplikationen, die auf Mißverstndnisse dieser Art zurckgehen, ist betrchtlich und nimmt bei seinen berlegungen zur Sprache einen großen Raum ein. Mit der ursprnglichen Benennung beschftigt sich schon Draft A. Der Stifter einer Sprache kann Dingen nach Gutdnken Namen verleihen, whrend die Angehçrigen einer Sprachgemeinschaft sie in der Regel aus dem vorhandenen Wortschatz bernehmen mssen. Locke unterscheidet in § 2 zwischen der freien Vergabe von Namen und ihrer bernahme durch Benutzer einer Sprache;231 fr das Verhltnis dieser beiden Vorgnge interessierte sich schon S´miglecki.232 In zivilisierten Gesellschaften steht Sprechern von vornherein eine Menge fertiger Artnamen zur Verfgung, aber die zugehçrigen Ideen muß jeder beim Erlernen und Verwenden von Wçrtern selbst rekonstruieren.233 C5b. Kinder lernen zuerst die Laute und verbinden erst spter Bedeutungen mit ihnen. – Kinder, die anfangs noch unvollkommene Begriffe haben, lernen zuerst die Lautgestalt von Wçrtern und verbinden nachtrglich Ideen mit ihr. Sie verwenden Wçrter auf gut Glck, ohne lange darber nachzudenken, und kommen im Alltag gut damit zurecht. Doch wirkt sich die Unvollkommenheit ihrer Begriffe auf ihre Subsumptionen aus. Wenn zum Beispiel ein Kind die Idee bildet, die es mit dem Ausdruck „Mensch“ bezeichnet, dann gleicht sie vermutlich dem Bild, das ein Maler von der sichtbaren Erscheinung eines Menschen entwirft. Bei englischen Kindern gehçrt ,weiß‘ zu den Teilideen von ,Mensch‘, und deshalb kçnnen sie beweisen, daß Neger keine Menschen sind, denn sie sind nicht weiß; auch kann man Kindern nicht beweisen, daß Menschen eine Seele haben, denn ihr Begriff ,Mensch‘ enthlt noch nicht die Teilidee ,Seele‘.234 Manche 231 DRA § 2; 10, 7 – 8: „[…] make the compound Idea of a species to which it gives or applyes one common name […]“. 232 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 12, q. 3; 440: „An vocis significatio sumi debeat ex conceptu imponentis vel ex conceptu audientis?“ 233 DRA § 4; 12, 32 – 13, 6: „[…] haveing yet perhaps noe collected Idea of that species haveing yet met but with that one particular thing or else have not yet received from others the knowne & vulgar name of that collected Idea. which later seldome happens to men borne in societys where men have specific names made in abundance to their hands but must them selves make the Ideas which they will ranke under & expresse by those names.“ 234 DRA § 27; 48, 3 – 12 und 17 – 19: „First a child haveing framd the Idea of a man it is probable that his Ideas is just like that picture which a painter draws of the visible

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

Personen gehen dann, wenn sie erwachsen sind, mit Wçrtern fr zusammengesetzte Begriffe noch immer um wie Kinder, denn es macht weniger Arbeit, eine bloße Lautfolge zu lernen, als genau zu bestimmen, aus welchen einfachen Ideen der Begriff besteht, der zu vergegenwrtigen ist, wenn man ein bestimmtes Wort versteht oder ausspricht.235 C5c. Sprecher setzen beim gedachten, Hçrer beim gesprochenen Allgemeinen an. Oft wird derselbe Name mit verschiedenen Bedeutungen verwendet. – Draft A bercksichtigt die unterschiedlichen Situationen von Sprechern und Hçrern. Der Sprecher drckt seine Ideen durch Wçrter aus, und wenn der Hçrer diese vernimmt, vergegenwrtigt er sich mit seiner Einbildungskraft die Ideen, die er selbst mit den betreffenden Wçrtern verbindet.236 Er kennt die Bedeutung eines Wortes dann, wenn er in der Lage ist, die Idee zu rekonstruieren, die anscheinend in der Sprachgemeinschaft mit ihm verbunden wird. Aber das klingt leichter, als es ist. Bei eingefhrten Wçrtern nimmt man zwar gern an, daß man andere Menschen versteht und daß man auch von ihnen verstanden wird; in Wirklichkeit trifft das aber ußerst selten und beinahe niemals zu. Zwar vertut sich der Verstand bei Wçrtern fr einfache Ideen nie,237 aber bei zusammengesetzten Ideen gebraucht man oft den gleichen Namen in verschiedenen Bedeutungen;

appearances, joynd togeather & such a complexion of Ideas togeather in his understanding makes up the single complex Idea which he calls Man. wherof white or flesh colour in England being one, the child can demonstrate to you that a Negro is not a man because a white colour was one of the constituent simple Ideas of the complex Idea he calls Man. & therefor he can demonstrate it by the principle Impossibile est idem esse et non esse, that a Negro is not a man […] & to this child or any one who hath such an Idea which he Calls man can you never demonstrate that a man hath a soule because his Idea of man includes noe such notion or Idea in it […]“. 235 DRA § 4; 13, 17 – 21: „[…] indeed it is far easier to learne the sound Gratitude then to collect & precisely determin the certain number of simple Ideas that goe to make up the notion of gratitude, & is to be conceived when ever I heare or speake or at least dispute about the word gratitude […]“. 236 DRA § 1; 1, 23 – 26: „[…] upon the heareing of which words every one who understands the language presently frames in his imagination the severall simple Ideas which are the immediate objects of his sense […]“. 237 DRA § 4; 13, 24 – 26: „[…] presumeing yet that in the use of these common received sounds they understand others & are understood by them i. e. have the same notions which yet is very seldome & almost never soe.“ – DRA § 7; 16, 33 – 17, 1: „That those simple Ideas are soe cleare & destinct & perfect in the understanding that it never mistakes one for an other“

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dann steht er bei dem einen fr dies und bei dem anderen fr jenes.238 Gerade bei Wçrtern fr Arten natrlicher Kçrper ergeben sich betrchtliche Unsicherheiten, weil die genaue Anzahl der Ideen, die zu einer Artidee gehçren, nirgends festgelegt wurde.239 C5d. Definitionen. – Als Mittel gegen die Unsicherheit von Wortbedeutungen, die manchmal zu schweren Wortdisputen fhren, empfiehlt Draft A verbale Definitionen. Schon hier vertritt Locke Meinungen, an denen er noch im Essay festhlt; zu einigen davon gibt es schulphilosophische Analogien, zum Beispiel zu der These, daß man Namen einfacher Ideen nicht definieren kann.240 Bei komplexen Ideen verwendet man am besten kompositive Definitionen, das heißt, man definiert ein Wort fr eine zusammengesetzte Idee, indem man aufzhlt, welche einfachen Ideen die von ihm bezeichnete Ideensammlung enthlt;241 die vollkommene Defi-

238 DRA § 2; 10, 8 – 15: „[…] which name though it be the same in every mans mouth through a whole country speakeing the same language, yet the collective Idea which a man thinkes on or intends to expresse when he hears or names that word is in men useing the same language very different, soe that to one man it stands for one thing & to another man for an other, as he has collected more or less simple Ideas into that one compound Idea which he signifies by that word which is used for that species […]“. 239 DRA § 2; 8, 21 – 25: „[…] the certain precise number of these simple Ideas which belong to any species being hard to be knowne & never almost set downe or agreed on & soe no definitions of the words made. words necessarily come to have a very uncertaine signification […]“. 240 DRA § 1; 6, 15 – 19: „Agreeable to this it is very observable that simple Ideas the immediate objects of sense or rather the words expresseing their Ideas have not nor are not capable of any definitons, but those things or rather words only which are used to expresse a complication of many Ideas togeather […]“. – Vgl. S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 18, qu 4; 740: „Tertio quaeri potest. An id quod est simpliciter simplex possit definiri […]. Dico igitur. Tale ens definiri non posse; quia cum sit simpliciter simplex, non continet in se virtualiter plures perfectiones, ratione quarum possit fundare conceptus generis et differentiae. Cum enim genus verum sit extra rationem differentiae, et differentia extra rationem generis, necesse est in ea re, quae fundat conceptum generis et differentiae, contineri virtualiter plures rationes aut perfectiones quae distingui et praescindi possint ab invicem.“ 241 DRA § 1; 6, 20 – 22: „[…] v.g. by enumerateing all the simple Ideas we have observd in that thing we call the sun we define the sun or determine the signification of that word […]“. – DRA § 2; 9, 5 – 9: „[…] which words are not definde, we think reason or dispute about words & not things, not haveing determind what the precise number of sensible qualitys or active or passive capacitys which relate

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

nition eines Substanznamens bestnde in der vollstndigen Aufzhlung der Eigenschaften, deren Ideen die von ihm bezeichnete Substanzidee in sich vereinigt.242 Nach der damals blichen Annahme, ber die sich Locke schon in Draft A hinwegsetzt, sind Dinge die ursprnglichen Gegenstnde von Definitionen. Er hlt die nach seiner Meinung bisher vernachlssigte Unterscheidung zwischen Sachwissen und Wortwissen fr wichtig und versucht in Draft B, ihr durch seine Explikation von Deskription und Definition gerecht zu werden: „Ich denke, Definitionen gehçren eher zu Wçrtern als zu Dingen und sollen deren Bedeutung erklren. Denn das, was zu Dingen gehçrt, kann man meines Erachtens passender als Deskription bezeichnen, obgleich ich nicht darber disputieren mçchte.“243 Wenn aber Wçrter und nicht mehr Dinge die Gegenstnde von Definitionen sind, whrend Dinge zu Gegenstnden von Deskriptionen werden, dann verwandeln sich alle Definitionen in Nominaldefinitionen. Wçrter mit „defin*“ sind in Draft A ungleich hufiger als Wçrter mit „descri*“. Die zitierte Mitteilung Lockes steht zwar erst in Draft B, aber schon Draft A hlt sich an einige der wenige Monate spter dort niedergelegten Regeln: Ob jeder Mensch einen Begriff von Gott hat, kann man nur durch Erfahrung und Untersuchung von Einzelfllen und nicht durch Definitionen herausbekommen, denn diese betreffen nur Wçrter oder diejenigen Ideen von uns, fr die wir sie stehen lassen.244 An einer Stelle von Draft A, an der Locke in den Wortgebrauch der Schulen zurckfllt, korrigiert er sich sogleich: „Wir definieren die Sonne, das heißt, wir bestimmen die Bedeutung des Wortes Sonne“. 245 C5e. Beim Sprachenlernen geht man von der Lautgestalt oder von der Bedeutung aus. – § 4 macht klar, daß ein Sprecher Namen erst dann richtig

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also to sensible qualitys are, which constantly goeing togeather are signified by that name.“ DRA § 1; 2, 26 – 28: „[…] a perfect collection of all the simple Ideas united in that one subject which is cald gold, an enumeration whereof is a definition of that word.“ DRB § 75; 181, 17 – 20: „[…] for I thinke definitions belong to words rather then things to determin their signification, for that which belongs to things may I suppose more properly be cald description though of this I will not dispute […]“. DRA § 29; 56, 19 – 22: „[…] This being to be knowne & made out by history & enquiry into particulars which is the foundation of knowled of things & not by definitions which only concerne words or our owne Ideas which we make them stand for […]“. DRA § 1; 6, 21 – 22: „[…] we define the sun or determine the signification of that word […]“.

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verwendet, wenn er nicht nur die Lautfolgen kennt, sondern außerdem weiß, mit welchen Ideen der gewçhnliche Sprachgebrauch sie verbindet. Beides muß man lernen, und die Zahl der Lernsituationen ist groß. Manchmal nimmt man ein Einzelding wahr und ist von seiner Existenz berzeugt, kennt aber seinen Namen nicht. Dann hat man vielleicht noch nicht die entsprechende Sammelidee gebildet und kann deswegen ihren Namen nicht angemessen verwenden. Manchmal hat man dagegen die Sammelidee schon gebildet, aber noch nicht den zugehçrigen Namen gelernt.246 Bei der Betrachtung von Handlungen kann es geschehen, daß man deren bereinstimmung oder Nichtbereinstimmung mit einer moralischen Regel bemerkt, aber den passenden Namen nicht kennt; vielleicht hat man dann noch keine hinreichend deutliche Sammelidee von der betreffenden Tugend oder dem betreffenden Laster, obgleich man den zugehçrigen Namen schon gehçrt hat. Oder man hat zwar die Sammelidee einer besonderen Art von Handlungen, kennt aber noch nicht den Artnamen, mit dem sie zu benennen ist.247 C5f. Man muß verschiedene Arten von Kommunikation unterscheiden, nmlich alltgliche, wissenschaftliche und scheinwissenschaftliche. – Draft A geht noch davon aus, daß man nach und nach die Ideen aller wahrnehmbaren Eigenschaften von Substanzen in die Bedeutung ihrer Namen aufnehmen kann,248 gibt aber zu verstehen, daß wir im Augenblick von diesem Stadium noch weit entfernt sind. Unsere jetzigen Artnamen taugen dazu, alltgliche Vorstellungen, Meinungen und Absichten verstndlich zu machen, kçnnen aber kein sicheres Wissen vermitteln und eignen sich 246 DRA § 4; 12, 29 – 13, 3: „Now as in the notion of substances I may see a thing to be & be well assured that it doth exist without knowing what species to ranke it in & consequently what specific name to give it haveing yet perhaps noe collected Idea of that species haveing yet met but with that one particular thing or else have not yet received from others the knowne & vulgar name of that collected Idea […].“ 247 DRA § 4; 13, 6 – 13: „Soe also in actions I may know that it hath a conformity or disagreement with that rule which I think ought to regulate it, & yet not know what name to call that action by, haveing not yet made sufficent destinct Ideas of the particular virtues & vices though perhaps I know the names very well or else if I have the collected Idea of some particular sort of actions I doe not know the proper specific name it is to be cald by […]“. 248 DRA § 1; 2, 22 – 27: „[…] a farther familiarity of the senses findes weight joynd with shineing yellow, farther examination flexibility then malleable nesse, then fusibility, then fixednesse, then aptnesse to be dissolvd in a certaine sort of liquor &c & soe at last to a perfect collection of all the simple Ideas united in that one subject which is cald gold […]“.

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Kapitel C. Das Allgemeine in Lockes Draft A

nicht dazu, als Termini in wissenschaftlichen Mitteilungen oder in Beweisen ber Naturgegenstnde zu dienen.249 Damit tritt die Unterscheidung von Kommunikationsniveaus ins Blickfeld, von denen Locke in Draft A drei erwhnt: alltgliche, wissenschaftliche und scheinwissenschaftliche. Scheinwissenschaftler machen sich Mehrdeutigkeiten zunutze, legen geschickt und absichtsvoll die Bedeutung von Wçrtern fest und ußern daraufhin Behauptungen, die zwar vçllig gewiß sind, aber unser Sachwissen nicht im geringsten vermehren. Auf diese Weise erspart man sich die mhsame Beobachtung von Einzelfllen.250 Mit den Mitteln der Scheinwissenschaft kann man unter Umstnden sogar beweisen, daß Schwarz Weiß ist, aber dadurch zerstçrt man die Instrumente der Kommunikation, richtet Unheil bei den Wortbedeutungen an und beeintrchtigt die Ntzlichkeit der Sprache.251 Bei der alltglichen Kommunikation gibt es solche Komplikationen nicht. Bei ihr reichen die vorhandenen generellen Artnamen in der Regel aus, um bei der Erledigung alltglicher Angelegenheiten die Ansichten, Vorstellungen und Bestrebungen der Beteiligten hinreichend deutlich zu machen.252 Doch ist der Alltagswortschatz fr den Gedankenaustausch im Rahmen der Wissenschaft nicht geeignet, weil es 249 DRA § 27; 54, 4 – 9: „Whereas even general specific words will serve well enough (when men have a minde to doe it) to make men understand one anothers apprehensions meanings & wills in the management of the common affairs of life though yet they are utterly uncapeable to produce infallible knowledg of things or to make demonstrations of reall beings existing in rerum natur .“ 250 DRA § 27; 51, 18 – 29: „I doe not deny but that we may have a certain knowledg of the connection & consequence of words, to which haveing affixed constant & defind signification, which signification soe by choise or consent being setled & being in some larger or more comprehensive in others narrower & in some coincident & in others partly the same, we may with great certainty joyn them negatively or affirmatively in propositions as their definitions happen to make them fit to be soe joynd & with the same certainty deduce them one from an other & all this without any knowledg of things existing without us; by this means makeing demonstrations & certein undoubted propositions in words & yet thereby ariveing at noe one jot of the knowledg of the truth of things.“ 251 DRA § 4; 14, 29 – 34: „[…] there were philosophers found who had learnig & subtilty enough to prove that snow was black whereby they had the advantage to destroy the instruments & meanes of discourse conversation & instruction, whilst with great art & ostentation they did noe more but perplex & confound the signification of words, & thereby render language more uselesse, a gift which the illiterate had not atteind to.“ 252 DRA § 27; 54, 4 – 7: „ Whereas even general specific words will serve well enough (when men have a minde to doe it) to make men understand one anothers apprehensions meanings & wills in the management of the common affairs of life […]“.

C5. Schwierigkeiten mit Wçrtern

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bei diesem darauf ankommt, daß mçglichst alle einfachen Ideen eines Dings bercksichtigt werden.253

253 DRA § 7; 17, 17 – 20 und 27 – 28: „He that frames an Idea that consists of a collection of all those simple Ideas which are in any thing hath a perfect knowledg of that thing but of this I must forbeare an instance till I can finde one […] The 3d sort may speak proper & define perfectly & scientifically […]“.

Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen D1a. Ideen und ihr Ursprung. – Lockes zweiter frher Draft, der im Herbst 1671 wenige Monate nach dem ersten entstand und heute als Draft B bezeichnet wird, ist zweimal so umfangreich wie Draft A und enthlt unter anderem eine Substitutionsregel fr das Wort „Idee“: Es steht fr alles, was Gegenstand des Verstandes beim Denken ist und fr das andere Autoren Wçrter wie „notio“, „phantosme“ oder „species“ verwenden.1 „Notio“ bedeutet in der Regel so viel wie „Begriff“, „phantosme“ steht vermutlich fr „phantasma“, das „Einbildungsvorstellung“, aber auch „Sinnesvorstellung“ bedeuten kann, „species“ bezeichnet als „species intelligibilis“ Verstandesvorstellungen und als „species sensibilis“ Sinnesvorstellungen. Durch Lockes Mitteilung, die sich ber die hergebrachte Unterscheidung zwischen Verstandes- und Sinnesvorstellungen hinwegsetzt, wird die Orientierung des Lesers erleichtert, aber die Schwierigkeit, daß Locke den Ausdruck „Idee“ nicht expliziert, bleibt bestehen.2 Er geht auch in Draft B davon aus, daß wir Ideen ursprnglich nur durch Erfahrung erwerben. Vorher ist unser Geist eine tabula rasa, Locke fgt jedoch hinzu, daß der Geist die angeborene Fhigkeit hat, Ideen zu empfangen, und darauf beruhe unser ganzes Wissen;3 etwas hnliches findet man auch in der Schulphilosophie.4 Ideen

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DRB § 3; 103, 17 – 21: „[…] in this following discourse I shall use the word Idea for whatsoever is the object of the understanding when a man thinks & by it expresse all that is meant by Notion phantosme species, or what ever else the minde can be imploid about in thinkeing.“ Kemmerling 2006; 17: „Locke sagt uns nicht, was Ideen in seinem Verstndnis sind. Er sagt uns vielerlei darber, was sie tun und erleiden, und wie sie in mannigfache Kategorien unterteilt und unterunterteilt werden kçnnen. Er sagt uns jedoch nicht, was sie sind – weder mit Hilfe einer expliziten Definition, noch wenigstens mit Hilfe einer allgemeinen Erluterung der Beziehung, in der ein Geisteszustand zu irgendeiner Entitt x stehen muß, um eine Idee von x zu sein.“ DRB § 17; 128, 16 – 21: „[…] It being then probable to me that there is noe notion, Idea or knowledg of any thing origaly in the soule, but that at first it is perfectly rasa tabula, quite void but altogether capable of those characters notions

D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen

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will Draft B unter dem Aspekt ihres originall und unter dem Aspekt der Wege untersuchen, auf denen sie in den Verstand gelangen;5 „originall“ kann soviel wie „Quelle“ oder „Ursprung“, aber auch „Verursachung“ bedeuten. Der Kontext zeigt, daß es um die beiden Sinnesvermçgen geht, die Locke nach Anstzen in Draft A 6 nun in Draft B, §§ 18 und 19, als „sensation“ und „reflection“ bezeichnet. Fr den Ursprung und die Wege von Ideen interessieren sich auch Schulphilosophen. Nach Scheibler begegnet der Sinnlichkeit draußen etwas, das beispielsweise dem Auge sein Sinnesbild einprgt. Das Auge sendet es durch die Sehnerven zum Gemeinsinn, der es einstuft, und dadurch entsteht in der Einbildungskraft das sogenannte phantasma impressum. Dieses reinigt der ttige Verstand von den individuierenden Bestimmungen, die es in der Sinnlichkeit hat, und bergibt es dem empfangenden Verstand.7 Daß der Weg bei Locke etwas einfacher geworden ist, zeigt Essay 2.3.1.

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or Ideas which are the proper objects of our understandgs wherein our knowledg consists, & beyond which we have not any knowledg at all.“ Z. B. Magirus, Physiologia, Cambridge 1642, l. 6, c. 19, n. 26 – 27; 399: „Hic [patiens intellectus] a Latinis Capax, Materialis, Possibilis et Potentialis appellatur, quia omnium specierum intelligibilium imagines sive formas capere et apprehendere potest. – Nudus enim accedit, et est similis tabulae rasae, in qua nihil adhuc exstat depictum, omnium tamen formarum et notionum capax.“ – Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, d. 25, th. 1, n. 2; 64: „Intellectus ex se est mera potentia in genere rerum intelligibilium, et veluti tabula rasa. Conimb. lib. 3 de anima c. 8. qu. 1. art. 3.“ DRB § 3; 102, 30 – 103, 3: „I shall enquire into the originall of those Ideas Notions or what ever else you please to call them which a man observes & is conscious to him self he hath in his minde & the ways whereby the understanding comes to be furnishd with them“. DRA § 4; 12, 19 – 21: „[…] sensation (by which word for brevitys sake I would for the future be understood to meane the operations of our minds as reflected on by us) […]“. – DRA § 45; 83, 13: „By sense & reflection we come to have simple Ideas“. Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, tit. 7, a.4, n. 139; 105: „Porro actus in mente hoc modo se consequuntur. Primum extrinsece aliquid offertur sensui, quod sui speciem imprimit v.g. oculo. Oculus per nervos opticos eam speciem transmittit ad sensum communem, qui eam speciem dijudicat, hinc resultat Phantasma impressum quod vocant, in Phantasia. Hactenus nihil adhuc universale est. Porro igitur intellectus agens depurat istud impressum Phantasma, et id offert intellectui possibili, qui sine conditionibus singularibus, quae in sensitivis potentiis erant, potest rem illam apprehendere. Eodemque modo deinceps progredi potest in faciendis magis universalibus, prolixe hac de re disserunt Coll. Con. Praef. In Porphyr. q.5.a.2 et Suaretz in Met.disp.6.sect.6.n.seqq.„

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

D1b. Bezeichnungen fr zusammengesetzte Ideen. Einfache Apprehension. – Ideen haben die Aufgabe zu reprsentieren; wie in Draft A kann „representation“ synonym mit „Idea“ verwendet werden.8 Bei den Bezeichnungen fr komplexe generelle Ideen ist inzwischen der Ausdruck „compound Idea“ in den Hintergrund getreten.9 Fr Ideensammlungen stehen weiterhin „collection“ und „complication“, neuerdings auch „aggregate“, das vielleicht auf Gassendis „aggeries“-Modell zurckweist; Draft A hatte in § 7; 17, 7, „aggregation“. Generelle zusammengesetzte Ideen werden nur noch selten als collected Ideas bezeichnet; hufiger ist „complex Idea“, das gleichbedeutend mit „compound Idea“ ist. An einigen Stellen bedeutet „collective Idea“ noch dasselbe wie „complex Idea“, obgleich das Wort in § 61 als Bezeichnung fr etwas Spezielleres eingefhrt wird, nmlich fr Ideen von Substanzaggregaten. Hufig ist „specific Idea“, immer noch selten „general Idea“10 ; „general names“ und „general words“ erscheinen oft. Der Unterschied zwischen der alten und der neuen Bedeutung von „simple“ im Zusammenhang mit Vorstellungen (nicht mit einem anderen Term zu einem Urteil zusammengesetzt – nicht mit anderen einfachen Ideen zu einer komplexen Idee zusammengesetzt) veranlaßt Locke zu der Bemerkung, daß man komplexe Ideen, weil sie Einheiten bilden, als einfache Apprehensionen und ihre Namen als einfache Termini (simple terms) bezeichnet, obgleich sie in Wirklichkeit nicht einfach, sondern komplex sind; und deshalb wre es richtiger, sie nicht als einfache Apprehensionen, sondern als Einzeltermini (single terms) zu bezeichnen.11 Diesen terminologischen Vorschlag machte Draft A noch nicht; der Essay verwendet an 8 Zum Beispiel DRB § 80; 187, 23, und DRB § 93i; 205, 27. Fr DRA s. § 8; 18, 12. 9 „Compound Idea“ kommt in DRB in §§ 79 und 93i vor; eine der Stellen wurde gegenber DRA leicht modifiziert. Es handelt sich um § 79; 186, 17 – 18: „as he hath collected more or lesse the same or other simple Ideas into that one compound Idea“ und um § 93i; 207, 11 – 12: [Complex Ideas] „being each of them soe considerd but as one entire compound Idea“. 10 Zum Beispiel DRB § 19; 130, 1: „complication or collection“. – DRB § 87; 193, 27 sowie § 96; 216, 20 und § 153; 264, 14: „aggregate“. – „Collected Idea“: DRB, Contents; 92, 4, sowie DRB § 68; 172, 16. – „Collective Idea“: Einfhrung des Ausdrucks in DRB § 61; 165, 12 – 21, Beispiel: „Army“. Doch wird das Wort auch noch wie frher weniger speziell verwendet, s. DRB § 79; 186, 13 – 14: „the complex collective Idea“. – „Generall Idea“: DRB § 73; 179, 12. – „Generall notions“: DRB § 86; 193, 17. – „Generall representation“: DRB § 80; 187, 23). 11 DRB § 63; 166, 21 – 24: „[…] which Ideas though they are commonly called simple apprhensions & the names of them simple termes yet in effect are complex or compounded & might more properly be caled single termes.“

D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen

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einigen Stellen „single Idea“, aber nicht „single term“. 12 Draft B rechnet also mit zwei Bedeutungen von „simple apprehension“. Zunchst steht der Ausdruck fr etwas hnliches wie „simple Ideas“, doch hat er darber hinaus die in der Schulphilosophie, bei Gassendi und in der lateinischen Logik von Port Royal verwendete Bedeutung ,bloße Vorstellung eines Dings ohne irgend eine Bejahung oder Verneinung‘. Es heißt zwar vorbehaltlich einer spteren Erçrterung, die komplexe Idee ,Schwan‘ sei eine Art von Behauptung des Inhalts, daß alle in ihr enthaltenen einfachen Ideen koexistieren. Aber der schon aus Draft A bekannte Vorbehalt, daß komplexe Ideen keine Urteile im strengen Sinne sind, wird jetzt ausfhrlicher formuliert: Solange man eine komplexe Idee als Einheit aus mehreren einfachen Ideen betrachtet, ist sie eine einfache Apprehension, die streng genommen keiner Wahrheit oder Falschheit fhig ist, denn Wahrheit oder Falschheit gibt es nur bei Urteilen.13 Hier findet sich wie in Draft A das von Gassendi her bekannte Kriterium: Solange man eine komplexe Idee als Einheit betrachtet, ist sie eine einfache Apprehension, also weder wahr noch falsch. D1c. Bedarf an generellen Wçrtern. – Auch Draft B geht von dem Grundsatz aus, daß Wçrter von Menschen eingesetzte Zeichen fr Ideen sind („voluntary signes“14 entspricht „signa ad placitum“). hnlich wie Draft A przisiert Draft B diesen Grundsatz in einer bei Gassendi vorgezeichneten Weise: Wçrter sind nicht Zeichen fr Ideen berhaupt, sondern Zeichen 12 Die Vorkommen von „single Idea“ in Essay 2.14.13; 186, 8 und 13, Essay 3.9.18; 487, 1 – 2 (perception) haben nicht die Bedeutung, die Locke hier vorsieht. Der Ausdruck hat am ehesten in Essay 2.12.6; 165, 33 – 166, 2, in Essay 2.24.3; 318, 23 – 28 und in Essay 4.7.16; 606, 4 eine zu Lockes Vorchlag in Draft B passende Bedeutung. 13 DRB § 63; 167, 4 – 7: „[…] which complex Idea of a Swan is a kinde of affirmation that where such a kinde of shape colour bignesse with such a necke & legs doth exist there also whole feet are joynd with them or such a kinde of voice as that of a swan is.“ – § 93i; 207, 5 – 6 und 8 – 14, formuliert den frheren Vorbehalt aus DRA ausfhrlicher: „[…] all the complex Ideas we have though they be made by the uniteing of a great many simple Ideas togeather, […] are a kinde of affirmation. yet when these complex Ideas are considerd in them selves as an aggregate of soe many simple Ideas they are then but simple apprehensions & being each of them soe considerd but as one entire compound Idea haveing also one name are not capable of truth or falshood which properly belongs to propositions which simple apprehensions or simple termes cannot be.“ – DRB § 32; 141, 25 – 27: „[…] the proper object of knowledge being truth, which lies wholy in affirmation or negation, i. e. preposition either mentall or verball […]“. 14 DRB § 90; 198, 3.

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

fr Ideen des Menschen, der sie gerade verwendet;15 die Behauptung, daß Wçrter Zeichen fr die innerste Wesenheit von Dingen sind, ist falsch und schdlich.16 Daß Wçrter eine doppelte Funktion ausben, nmlich eine çffentliche und eine private, teilt Draft B ausfhrlich mit: Einerseits erleichtern sie die wechselseitige Mitteilung von Gedanken, die in der Regel durch Wçrter erfolgt, und andererseits verwendet man sie bei der Speicherung und Vergegenwrtigung von Ideen.17 Die Sprache besteht nach Locke zum grçßten Teil aus generellen Wçrtern,18 und insoweit fllt sie unter die Lehre vom Allgemeinen. Draft B, der wie Draft A noch keine eigene Individuationslehre skizziert, geht davon aus, daß alles, was existiert, individuell ist, und zwar auch allgemeine Ideen und Wçrter als solche; sie sind nicht ihrem Sein nach, sondern nur ihrer Reprsentation nach generell, denn sie stehen fr mehrere Einzeldinge;19 die Unterscheidung zwischen „dem Sein nach partikulr“ und „der Reprsentation nach generell“ ist schulphilosophischer Herkunft und findet sich zum Beispiel bei Surez und Scheibler.20 Zu den Anlssen des Verallgemeinerns von Wçr15 DRB § 73; 178, 24 – 25 und 28 – 30: „[…] words being the inventions of men they […] have made use of them as signes of their owne Ideas to which Ideas alone however imperfect or faulty they could be applyd by every man that made use of them […]“. 16 DRB § 90; 197, 33 – 198, 3: „[…] if these two viz names & things are not well & carefully destinguishd our understandings will be apt to be puzzled about them, & take them for the constant regular markes of the natures of things when they are noe more but the voluntary signes of our owne Ideas.“ 17 DRB § 62; 166, 1 – 3: „[…] we make use of words both to record our owne observations & to recount them to others, & commonly also even to thinke upon things which we would consider again […]“. – DRB § 73; 178, 26 – 28: Worterfinder achteten auf „the convenience of communicateing their thoughts to one another or recording them for the assistance of their memorys […]“. 18 DRB § 90; 197, 31 – 32: „[…] words which being all most all generall […]“. 19 DRB, Contents; 90, 35 – 91, 2: „Ideas & words in their existence particulars in their representation universals“. – DRB § 86; 193, 18 – 23: „[…] universals which are only signes i e either Ideas or words (for I thinke I may say we have noe notion of generall things) neither are our Ideas or words any other then particular things in their owne existence but generall only in their signification, either as they are thought to represent, or made to stand for many particular things […]“. 20 Surez, DM 6.8.2; 232a, 19 – 28: „Idemque dicendum est de universali in significando seu repraesentando, sive illud sumatur in nominibus quae a dialecticis termini communes vocantur, sive in speciebus intelligibilibus, sive in conceptibus formalibus, sive denique in quavis imagine, quacunque ratione fingatur repraesentans uniformiter plura; quicquid enim sit hujusmodi repraesentans, in se unum singulare individuum est, et solum ex parte objecti vocatur universale, quia significat vel repraesentat plura.“ – Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7,

D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen

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tern gehçrt es nach Draft B, daß nicht alle Dinge einen Eigennamen bekommen kçnnen; in Draft A finde ich keinen entsprechenden Passus.21 Nicht jedes Einzelding ist fr uns so wichtig, daß wir ihm einen eigenen Namen geben; auch kçnnten wir so viele Namen gar nicht behalten. Durch die Bildung genereller Namen umgehen wir die Schwierigkeiten, die mit einer Sprache aus Eigennamen verbunden wren.22 Den Nutzen genereller Namen bei der Kommunikation und beim Umgang mit den eigenen Ideen23 hlt der Autor fr so bedeutend, daß er unter der Formulierung „in order to nameing“ andeutet, wir bildeten generelle Ideen deshalb, weil wir generelle Namen brauchen.24 D1d. Generellere und weniger generelle Wçrter. – Weil Wçrter eo ipso generell sind, wenn man sie als Zeichen fr generelle Ideen verwendet, gibt es in Draft B keine eigenstndige Lehre von der Verallgemeinerung von Wçrtern. Nach einer Stelle in § 69 wchst die Extension von Ideen mit ihrer Armut an Bestimmungen: Ein generelleres Wort ist der Name fr eine komplexe Idee, die bloß einige der Teilideen einer komplexeren Idee enthlt, fr die ein weniger generelles Wort steht.25 Das Wort „Metall“ steht

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Tit. 5, n. 89; 99: „Dicitur autem illa species universalis, non in se, sed propter repraesentationem. Repraesentat rem universalem, sed tamen in se est singularis.“ Entfernt hnlich ist allenfalls DRA § 12; 25, 12 – 15. DRB § 73; 178, 15 – 20: „But because all particulars in other kindes are not sufficiently considerd to have destinct Ideas made of them, nor could the memory well retein names imposd on those Ideas, nor doth the concernment of men much require that all particular things should have particular names to be knowne by, therefor it hath sufficed […]“, [generelle Wçrter zu verwenden]. Z. B. DRB § 62; 166, 2: „[…] to recount them [our owne observations] to others […]“. – DRB § 73; 178, 28 – 29: „ […] have made use of them as signes of their owne Ideas […]“ – DRB § 73; 178, 22: „[…] to give names to them [Sammlungen einfacher Ideen, in denen viele Individuen bereinstimmen] for discourse […]“. DRB § 73; 178, 26 – 27: „[…] the convenience of communicateing their thoughts to one another or recording them […]“. – DRB § 91; 198, 7: „[…] recordeing its owne thoughts & signifying them to others […]“. – DRB § 96; 216, 25 – 26: „[…] for the conveniency of communication with other men as well as discourseing within its self to avoid long repetitions […]“. DRB, Contents; 91, 32 – 34: „Destinction of species is noething but certain collections of simple Ideas in order to nameing“. – DRB, Contents; 92, 3 – 4: „Distinction into species noething but collected complex Ideas in order to nameing“. – Etwas eingeschrnkt DRB § 75; 183, 1 – 3: „[…] one reason of collections of simple Ideas which make up that complex one is in order to nameing […]“. DRB § 69; 173, 10 – 12: „[…] a more Generall word is but a name of a complex Idea which is but a part of that complex Idea which a lesse generall word or Specific

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

zum Beispiel fr eine Idee, die aus ,Schmelzbarkeit‘, ,Schmiedbarkeit‘, ,Schwere‘ sowie aus denjenigen Ideen zusammengesetzt ist, fr die das Wort „Kçrper“ steht. Dieses bezeichnet eine Sammlung von weniger Ideen als das Wort „Metall“ und hat deswegen eine grçßere Extension oder generellere Verwendung.26 Individuen bezeichnet Locke nicht nach ramistischem Brauch als unterste Arten; ein Wort wie „Pferd“ gehçrt fr ihn zu den am wenigsten generellen Namen, die fr die unterste Einteilung von Dingen in kleinste Verbnde stehen.27 Das Verfahren bei der Bildung sehr genereller Wçrter wie „Lebewesen“ beschreibt Draft B ausfhrlich. Man sammelt die Ideen, die zu Wçrtern wie „vegetatives Vermçgen“ und „Wachstum“ gehçren, und bezeichnet sie mit einem einzigen Namen als Lebewesen (liveing, vivens). Dieser Name kann sowohl fr das Pflanzengeschlecht als auch fr die Geschlechter der Tiere und Menschen stehen und bezeichnet daher mehr Exemplare als der Name „Sinneswesen“ (animal); die komplexe Idee, fr die dieser Name steht, enthlt eine grçßere Anzahl von Teilideen,28 nmlich zustzlich zu ,der Nahrungsaufnahme fhig‘, ,wachstumsfhig‘ und ,reproduktionsfhig‘ auch noch ,sinnesbegabt‘ und ,bewegungsfhig‘. Erzeugt man weiterhin eine komplexe Idee, die nur noch aus den Teilideen ,Ausdehnung‘ und ,Undurchdringlichkeit‘ besteht, und bezeichnet sie mit dem Namen „Kçrper“, dann hat man wiederum ein generelleres Wort. Schließlich stellt man sich die unbekannte und unvername stands for […]“. – DRB § 69, 173, 4 – 7: „[…] where more generall ords or those of a more lax & comprehensive signification are predicated of words of a narrower or lesse comprehensive signification […]“. 26 DRB § 80; 188, 5 – 8: „[…] which word metall stands yet for an Idea made up of fusibility malleablenesse gravity & those belonging to the word body which yet stands for a collection of fewer simple Ideas & soe is of a more generall extension or application […]“. 27 DRB § 91; 198, 15 – 18: „[…] the Ideas of the outward shapes & the power of neighing put togeather have the name horse. & thus the least generall names belonging to the first devision of things into smallest congregations therefor called species are made.“ 28 DRB § 92; 198, 29 – 199, 9: „Again man & horse & severall other species being found to agree in power of motion & sense a complex Idea is made thereof & a name animal given to it, which is a more generall word then man or horse &c because the complex Idea it stands for consisting of a collection of fewer simple Ideas & but a part of those which made up the complex Idea of man or horse or swan &c. doth represent more particular things & soe the name is more generall i e stands for a greater number & more sorts of particular things. After the same manner the yet more generall word liveing is made, by collecting the complex Ideas belonging to nourishment & grouth, in which Idea vegetables as well as animals agreeing the word liveing is more generall as signifying more particular things.“

D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen

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nderliche Ursache der Vereinigung mehrerer einfacher Ideen vor und benennt sie mit dem noch allgemeineren Namen „Substanz“, der sowohl fr Kçrper als auch fr Geister stehen kann. Er lßt sich fr jedes Ding verwenden, von dessen Qualitten man annimmt, daß sie nicht ohne etwas existieren kçnnen, das sie trgt.29 So viele Details erwhnte Draft A noch nicht, doch wird im brigen die Bildung genereller Ausdrcke hnlich beschrieben wie dort. Das gilt auch fr die Spitzen der Hierarchie genereller Wçrter: Aus demselben Grund, sagt § 93, aus dem wir generelle Wçrter fr viele Individuen stehen lassen, bilden wir allgemeinste Wçrter wie „Ding“, „Seiendes“ und „Entitt“, die fr alle unsere Ideen stehen kçnnen.30 D1e. Einfache Ideen und ihre Ursachen. Aktuelle und potentielle Qualitten. – Zur Vermeidung von Mißverstndnissen weist Locke (hnlich wie vorher in Draft A)31 darauf hin, daß er von einfachen Ideen manchmal wie von etwas im Verstand und manchmal wie von etwas in den Dingen redet. Wenn er von der Idee ,heiß‘ in einem Feuer oder von der Idee ,rot‘ in einer Kirsche spricht, dann meint er eine Qualitt, die im Verstand die Ideen ,heiß‘ oder ,rot‘ verursachen kann. Wenn er dagegen von einfachen Ideen im Verstande spricht, dann meint er dort erzeugte Perzeptionen, deren Ursachen er als Qualitten bezeichnet.32 Die Bedeutung von „quality“ wird

29 DRB § 92; 199, 9 – 19: „And soe a complex Idea being made of extension & impenitrability & called body a more generall word is yet made belonging not only to all particular liveing things but also to a great number of other particulars that have noe nourishment sense nor life. And lastly when we imagin some unknowne but steady unchangble cause of the union or existence of severall of our simple Ideas which we thinke are fleeting shifting things we call that by yet a more generall name Substance, which is applicable to any thing where we finde any of our simple Ideas out of a supposition I say that they could not exist without some such support.“ 30 DRB § 93; 199, 23 – 28: „For the same reason that generall words are made to stand for many particular things as they are ranked into severall tribbes & sorts under severall complex Ideas, for the same reason I say men have made some universall words to stand for all the Ideas they have which shall equally belong to each of them. Such are Thing, Being. Entity.“ 31 DRA § 45; 82, 27 – 32. Text s. S. 152, Anm. 9. 32 DRB § 61; 164, 15 – 22: „Also when I speake of simple Ideas as existing in things v.g heat in the fire & red in a cherry I would be understood to meane such a constitution of that thing as produces that Idea in our mindes. Soe that, by Idea when it is spoken of as being in our understandings, the very thought & perception we have there, when it is spoken of as existing without us I meane the cause of that

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

im Blick auf Kçrper und Geister differenziert: Eine Qualitt im Bereich der Reflexion ist eine innere Ttigkeit unseres Geistes, die in uns eine Idee von sich verursacht; eine Qualitt im Bereich der ußeren Sinnlichkeit ist dagegen etwas in einem Außending, das unsere ußeren Sinne affiziert und dadurch Ideen in uns hervorruft.33 Bei den einfachen Ideen, die Locke spter sekundre Qualitten nennt, besteht zwischen Qualitten und Ideen kein Verhltnis der hnlichkeit, sondern ein Verhltnis der Kausalitt: Qualitten und Erscheinungen entsprechen einander nicht so wie Gegenstand und Abbild, sondern so wie bestndige Ursachen und Wirkungen.34 Die Vorgnge, die uns zu einfachen Ideen affizieren, sind vielfltig und erfordern differenzierte Benennungen und Beschreibungen. Die Sonne macht Wachs, das gelb ist, weiß und pfel, die grn sind, rot; weil die Krfte zur Erzeugung solcher Vernderungen bereits gegebene einfache Ideen durch neue ersetzen, kann man auch sie als einfache Ideen bezeichnen.35 Zu den Qualitten, die einfache Ideen in einer Einzelsubstanz verursachen, muß man also aktive Krfte oder Krfte, etwas zu bewirken, und passive Fhigkeiten oder Fhigkeiten, etwas zu erleiden, hinzurechnen. Diese nennt Locke hier gelegentlich potentialitys; im Essay, der sich fr einen anderen Ausdruck entscheidet, erscheint dieses Wort nur noch einmal.36 § 2 von Draft B erwhnt aktive und passive powers, § 14 aktive und passive capacitys sowie passive potentialitys und § 45 aktuelle und

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perception & is vulgarly supposd to be resembled by it & this cause I call also quality […].“ DRB § 61; 164, 22 – 27: „[…] this cause I call also quality, whereby I meane any thing which produces or causes any simple Idea in us whether it be the operation of our owne mindes within which being perceived by us cause in us the Ideas of those operations, or else any thing existing without us which affecting our senses cause in us any sensible simple Ideas these all I say I call qualitys.“ DRB § 35; 142, 31 – 144, 6: „[…] from the produceing constantly that Idea in our mindes we give it a name as of a destinct quality answering & as we commonly judg resembling though in truth only causeing that Idea, which is noe more but that it produces such an Idea, or rather when any object produces any Idea in us we denominate it as if that Idea were the image of that quality which whether it be or noe matters not soe the Idea by the object affecting my senses be produced in me constantly & regularly […]“. DRB § 61; 164, 3 – 8: „[…] all these powers terminateing only in the alteration of some sensible qualitys in those subjects & soe makeing them exhibit to us new sensible Ideas therefor it is that these powers though in them selves properly relations are recond up amongst those simple Ideas which make the complex Idea of any of those things we call substances. & in this sense I would crave leave to call these potentialitys simple Ideas […]“. Essay 2.23.7; 300, 1.

D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen

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potentielle Qualitten. Aktuelle Qualitten affizieren Sinne, potentielle kçnnen Vernderungen an einfachen Ideen erzeugen oder erleiden;37 die einen sind Ursachen bestehender einfacher Ideen in einem Ding, zum Beispiel Weichheit, Farbe und Geruch; die anderen haben die Fhigkeit, einfache Ideen in einem anderen Ding zu verndern oder Vernderungen eigener einfacher Ideen durch ein anderes Ding zu erleiden.38 Die Unterscheidung gleicht der spteren von sekundren Qualitten und einer dritten Art (Essay 2.8.10). D1f. Bei der Entstehung einfacher Ideen kçnnen relationale Elemente im Spiel sein. Passivitt des Verstandes bei der Rezeption einfacher Ideen. – Wahrscheinlich sind die affizierenden Ursachen ußerer Wahrnehmungen in den Kçrpern, in denen wir sie vermuten, nichts anderes als unterschiedliche Massen und Gestalten von Materieteilchen, und die sinnlichen Erscheinungen, unter denen wir sie wahrnehmen, sind vermutlich nur Auswirkungen des Aufpralls von Materieteilchen unterschiedlicher Gestalt und Bewegung auf unsere Sinnesorgane.39 Wenn aber einfache Ideen, wie die Korpuskularisten glauben, wirklich von Materieteilchen bestimmter Gestalt und Grçße verursacht werden, dann sind bei ihrer Entstehung relationale Elemente im Spiel. Das kommt jedoch in den einfachen Ideen, die wir empfangen, nicht zum Ausdruck; wir nehmen sie als unzusammengesetzte Einheiten wahr, wie komplex der Vorgang ihrer Erzeugung auch sein mag, und betrachten sie als etwas Positives, das heißt hier: als 37 Aktive und passive powers: DRA § 2; 8, 11 – 16. – Aktive und passive capacitys: DRA § 14; 29, 16. – Passive potentialitys: § 14; 29, 23. – Aktuelle und potentielle Qualitten: DRA § 45; 83, 5 – 12. 38 DRB § 61; 163, 21 – 26: „[…] those simple Ideas, or rather qualitys which are causes of these simple Ideas which doe exist in it, among which are to be recond its active powers & passive capacitys i e not only those qualitys which doe actualy exist in it, but such as are apt to be alterd in it, or that thing is apt to alter in any other subject upon a due application of them togeather.“ – DRB § 61; 164, 31 – 165, 3: I „destinguish qualitys into actuall & potential. By actuall qualitys I meane all those simple Ideas or to speake righter the causes of them that are in any thing. v.g the taste colour smell & tangible qualitys of all the component parts of a cherry. By potentiall qualitys I meane the fitnesse it hath to change the simple Ideas of any other thing or to have its owne simple Ideas changed by any other thing.“ 39 DRB § 94; 209, 21 – 27: „[…] all the other sensible qualitys in bodys as heate cold colours smels tasts & all the objects of sense & the Ideas thereof produced in us are probably in the bodys wherein we imagin they reside noe thing but different bulke & figure & in us those appeareances or sensations of them are noe thing but the effects of various impulses made upon our organs by particles or little masses of bodys of different sise figure & motio.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

etwas Nichtrelatives. So vorzugehen, ist in einer Schrift wie Draft B durch die Zielsetzung gerechtfertigt: Man braucht die Ursachen der physikalischen Vernderungen in den Sensorien, die unsere sinnliche Wahrnehmung veranlassen, nicht zu erforschen, solange es nicht um Kçrperphysik, sondern um Ideen und darum geht, welche Gegenstnde uns zu ihnen affizieren.40 Der Verstand ist gegenber einfachen Ideen insofern passiv, als er es nicht in der Hand hat, ob er sie bekommt oder nicht. Er kann sie weder zurckweisen oder verndern noch auswechseln oder mit anderen Mitteln als mit der ußeren Sinnlichkeit beziehungsweise mit der Reflexion erzeugen.41 Ebenso, wie wir in der Welt, in der wir leben, zwar vorgefundenes Material verarbeiten, aber keine neue Materie erschaffen kçnnen, kçnnen wir in der kleinen Welt unseres eigenen Verstandes zwar mit einfachen Ideen operieren, aber keine neuen einfachen Ideen erschaffen;42 die schçne Metapher „this little world of his owne understanding“, die in den Essay bernommen wird, kam in Draft A noch nicht vor. Lockes Hinweise auf die Passivitt des Verstandes bei der Wahrnehmung sind auch in Draft B weniger differenziert als die Gassendis. D1g. Singulre und generelle einfache Ideen. – Die Frage, wie einfache Ideen generell werden, wird auch hier nicht ausfhrlich behandelt. Obgleich Ideen wie ,blau‘ oder ,bitter‘ als solche etwas Individuelles in irgend einem Verstande sind („one single numericall thing“), kçnnen sie trotzdem 40 DRB § 96; 215, 26 – 216, 1: „[…] the Idea of white or sweet &c being produced in us & reteind in us as barely such a representation or sensation without any relative consideration at all, but as one simple positive Idea, we ought to consider them as positive things, the unknowne philosophicall cause of such a sensation in us being not in the Ideas we receive considerd, nor necessary to be enquired into, but only the Idea its self & the sensible object that produces it.“ 41 DRB, Contents; 88, 26 – 27: „In reception of simple Ideas the understanding is passive“ – DRB § 21; 132, 28 – 133, 5: „[…] in this part the understanding is mearly passive, & whether or noe it will have these beginings & as it were materialls of knowledg is not in its owne power, for the objects of our senses & operations within obtrude their particular ideas upon our mindes whether we will or noe which the understanding can noe more refuse to have, nor alter when they are imprinted, nor make new ones to its self nor naturaly receive new ones into its self any other way then by Sensation or Reflection […].“ 42 DRB § 20; 131, 17 – 23: „The dominion of man in this little world of his owne understanding being much what the same as it is in the great world of visible things, wherein his power however managd by art & skill reaches noe farther then to compound & divide the materialls that are made to his hand, but can doe noething towards the makeing the least particle of new matter, or destroying one attome of what is already in being.“

D1. Ideen und Namen. Einfache Ideen

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generell reprsentieren, weil sie allen Qualitten ihrer Art an allen mçglichen Orten entsprechen. Deswegen kann man sie zugleich als Artideen und ihre Namen als Artnamen betrachten, denn sie passen zu vielen Einzeldingen. Die Idee ,weiß‘, die fr jedes Weiß steht, das irgendwo existiert, und das Wort „weiß“, das fr diese Idee steht, sind zwar als solche individuell, aber ihrer Reprsentation nach allgemein.43 Die Stelle ist knapp. Einfache Ideen existieren in unserem Verstand, wenn wir sie wahrnehmen oder uns an ihre Wahrnehmung erinnern; aber dann sind sie Teilideen eines singulren Ideenkomplexes. Wenn der Verstand vom Wahrnehmungsakt und von dem singulren Ideenkomplex absieht und eine in ihm enthaltene einfache Idee isoliert fr sich betrachtet, dann wird sie generell und reprsentiert smtliche Qualitten derselben Art. Man bringt sie in diese Funktion, indem man von den Umstnden ihrer Wahrnehmung und von den sonstigen Ideen absieht, die sie in dem wahrgenommenen Ideenkomplex begleiteten, in dem man sie ursprnglich wahrnahm, denn dann betrachtet man sie fr sich allein. Fr diese Deutung spricht ein kurzer Passus in § 57: „Und das ist alles, was wir ber einfache Ideen wissen, betrachtet einzeln an sich selbst und ohne weitere Zusammensetzung.“44 Sie sind nicht selbst zusammengesetzt, erscheinen aber in der Wahrnehmung als Teilideen zusammengesetzter Ideen, aus denen der Verstand sie herauslçsen kann. Dadurch gewinnt er beispielsweise eine einfache Farbidee, die nur eine einzige ungemischte Farbe enthlt, oder eine einfache Geschmacksidee, die nur einen einzigen ungemischten Geschmack enthlt. Solche Ideen erscheinen uns bei Wahrnehmungs- und Erinnerungsvorgngen mit unterschiedlichen Nuancen und Intensitten; auch befinden sie sich in der Nachbarschaft sonstiger individuierender Bestimmungen, die sie sozusagen berschatten. Sobald sie aber der Verstand aus ihrer empirischen Umgebung herausnimmt, verlieren sie ihre Beziehung zu bestimmten Wahrnehmungs- und Erinnerungsvorgngen sowie zu singulren komplexen Ideen und reprsentieren generell. Sie sind nicht immer schon abstrakt, sie werden aber abstrakt, wenn der Verstand sie aus den singulren Ideenverbnden herauslçst, in denen sie bei Wahrnehmung und Erinnerung erscheinen. Draft B vermittelt zu diesem Thema 43 DRB § 59; 161, 31 – 162, 5: „[…] though that Idea v.g of blew or bitter which exists in any ones understanding, be but one single numericall thing, yet as it agrees to & represents all the qualitys of that kinde where soever existing it may be considerd as a Specific Idea & the word that stands for it a Specific word comprehending many particular things.“ 44 DRB § 57; 161, 2 – 4: „And this in short is all the knowledg we have of or by Simple Ideas considerd singly in themselves without any further composition.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

kaum mehr Informationen als Draft A, und wenn die hier skizzierte Deutung richtig ist, dann handelt es sich um eine schwierige Theorie. Der Rckgriff von Draft A, § 20, auf den Schulausdruck „in abstracto“ wird in Draft B nicht wieder aufgenommen.

D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen D2a. Operationen des Verstandes mit seinen einfachen Ideen. – Der Geist kann nach Belieben komplexe Ideen bilden;45 das ist eine seiner rechtmßigen Operationen an seinen einfachen Ideen. Er hat die Befugnis, ber seine einfachen Ideen zu walten (marshalling), sie zusammenzulegen (puting togeather) und sie nach Belieben auf verschiedene Weisen zu betrachten (consider).46 „Consider as“ bedeutet hier: „eine Idee als dies oder als jenes betrachten“; zum Beispiel bestehen kollektive Substanzideen aus Ideen vieler Einzelsubstanzen, aber der Verstand betrachtet sie wegen ihrer Verknpfung (joynd togeather) als jeweils eine einzige.47 Er hat die angeborene Fhigkeit, seine eigenen einfachen Ideen miteinander zu vereinigen oder zu wiederholen (uniteing or repeating) und sie zueinander zu addieren,48 auch hat er die Befugnis, sie miteinander zu verbinden (joyne togeather), sie zu erweitern (enlarge), miteinander zu vergleichen (compare) und unter Bezugnahme auf andere zu betrachten (consider).49 Kinder werden schon frh geschickt darin, Ideen von Sinnesgegenstnden zu behalten (retaine), zusammenzubringen (compound), zu erweitern (inlarge)

45 DRB § 20; 131, 14: „[…] make at pleasure new complex Ideas […]“. 46 DRB § 96; 216, 22 – 25: „[…] by the power it had of marshalling & puting togeather the simple Ideas it hath & considering them divers ways at pleasure & then giveing such collections one name for the conveniency of communication […]“. 47 DRB § 61; 165, 12 – 16: „Besides these complex Ideas of severall single Substances the minde hath also complex Collective Ideas of Substances which I soe call because such Ideas are made up of many particular substances collected & considerd togeather makeing up that one Idea & which soe joynd togeather are considerd as one.“ 48 DRB § 123; 248, 6 – 9: „[…] which Ideas of unites, periodicall motions or stated measures, we took at first from our senses, & afterwards added togeather by that innate faculty which the minde hath of uniteing or repeating its owne Ideas. & addeing them one to an other.“ 49 DRB § 20; 131, 10 – 13: „[…] which when the understanding is stored with it hath the power & faculty to joyne togeather enlarge compare one with an other & consider them with reference to others. which is but a sort of compareing […]“.

D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen

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und auf verschiedene Weise zusammenzustellen (put togeather).50 Dieses Einordnen (rangeing), Zusammenstellen (compounding) und Erweitern (enlargeing) einfacher Ideen gibt unserem Wissen den Anschein der Unendlichkeit;51 in Wirklichkeit kçnnen wir aber bloß einfache Ideen der ußeren Sinne und der Reflexion, die uns bereits gegeben wurden, ausdehnen (extend), erweitern (enlarge), wiederholen (repeat) und miteinander verbinden (joyn togeather).52 Einfache Ideen, die in einer Einzelsubstanz existieren, kçnnen wir sammeln (gather) und zusammenstellen (put togeather) – ein Seitenblick auf die kompositive Abstraktion;53 zum Beispiel besteht eine generelle Substanzidee aus einer Sammlung derjenigen einfachen Ideen, die in der betreffenden Dingart kombiniert (combined) sind.54 Ein Passus mit „arbitrary amasseing or puting togeather“, der die Bildung von Modi betrifft,55 weist sozusagen auf Bernier voraus, der Gassendis „aggeries“ mit „amas“ bersetzt;56 „amasseing“, „Anhufen“, kommt in den frhen Drafts nur an dieser Stelle vor und erscheint im Essay bloß noch einmal.57 Eine wichtige Ttigkeit des Verstandes ist die Bildung genereller Ideen, aber Wçrter wie „abstract“ und „abstraction“ spielen auch in Draft B noch keine Rolle. Gelegentlich verwendet Locke in anderen Zusammenhngen Ausdrcke wie „reason abstract from revelation“, „knowledg […] abstracted from words“, „things abstracted from words“ und

50 DRB § 16; 127, 17 – 19: „[…] as they come to be acquainted with more sensible objects to reteine the Ideas of them in their memorys & to get the trick to compound inlarge & differently put them togeather.“ 51 DRB § 25; 136, 23 – 26: „[…] all its future knowledg which is still limited to these simple Ideas though in the rangeing compounding & enlargeing these it seemes to be of a very large & almost infinite extent […].“. 52 DRB § 94; 211, 35 – 212, 2: „[…] those simple Ideas we have from Sensation & reflection (which we can in our whole extent of knowledg & imagination only extend enlarge repeat & joyn togeather) […]“. 53 DRB § 61; 163, 19 – 22: „For he hath the perfectest Idea most of any particular substance, who hath gatherd & put togeather most of those simple Ideas, or rather qualitys which are causes of these simple Ideas which doe exist in it […]“. 54 DRB § 93b; 201, 29 – 31: „He that frames an Idea out of a partiall & scanty collection of those simple Ideas which doe realy exist & are combined in one sort of things […]“. 55 DRB § 79; 186, 8 – 12: „[…] these complex Ideas depend very much upon our owne thoughts & our more arbitrary amasseing or puting togeather such a number of simple Ideas which the specific or generall word v.g modesty or gratitude shall stand for […]“. 56 Bernier, Logique I, regle IV; I 31, 1 – 17. 57 Essay 2.17.15; 217, 38.

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„remote and abstracted notions“,58 doch setzt er Bildungen mit „abstract*“ noch nicht bei seinen Beschreibungen der Verallgemeinerung von Ideen ein. D2b. „Put togeather“, „unite“, „compound“, „joyn“, „combine“ und „connect“. – Schon nach Stellen von Draft A werden generelle komplexe Ideen nicht unmittelbar durch przisive Abstraktion aus individuellen komplexen Ideen gebildet, sondern der Verstand setzt sie unter Rckgriff auf abstrahierte einfache Ideen neu zusammen, indem er Ideen gemeinsamer Eigenschaften miteinander verknpft und als Einheit betrachtet. Die Konnotation der Einheitsstiftung durch den Verstand steht bei „put togeather“ nicht im Vordergrund; das Verb drckt eher aus, daß man Ideen, die man eingesammelt hat, sozusagen auf einen Haufen legt. Komplexe Ideen entstehen durch Sammlung (collecting) und Zusammenstellung (puting togeather) einfacher Ideen;59 zum Beispiel ist die komplexe Idee ,Kçrper‘ eine Aggregatidee, die aus zusammengestellten einfachen Ideen besteht.60 Bei „unite“ steht die Konnotation der Einheit dagegen im Vordergrund; es bezeichnet zum Beispiel bei Substanzen eine Ttigkeit des Verstandes, die durch die Annahme (supposd) veranlaßt wird, daß die betreffenden einfachen Ideen in einem einzigen Ding vereinigt sind.61 Davon ist mehrmals auch ohne Verweis auf den Verstand die Rede: Eine Substanzidee ist eine Sammlung derjenigen einfachen Ideen und aktiven

58 DRB § 5; 107, 5 – 6. – DRB § 6; 114,1. – DRB § 71; 175, 20. – DRB § 93 f; 203, 12. 59 DRB § 64; 167, 27 – 29: „[…] these complex Ideas depending upon our collecting & puting togeather of a certain number of simple Ideas […]“. 60 DRB § 93 g; 203, 29 – 204, 1: „That all complex Ideas of materiall things, (such as are all the Ideas of those things we call materiall substances are noe thing else, but an aggregate Idea of a great many simple Ideas put togeather.“ – DRB § 91; 198, 12 – 16: „[…] v.g. observeing many particular things to agree in shape the power of laughter, & of speech i e the use of significant sounds or universall signes, that Idea is made of it & the name man applied to that Idea, & soe the Ideas of the outward shapes & the power of neighing put togeather have the name horse.“ – DRB § 94; 209, 4 – 7: „[…] of whose [von Geistern] essence by puting togeather Ideas of thinkeing perceiveing & power of moveing them selves & other things we have as cleare a perception & notion of their essence as we have of the essence of body […]“. 61 Allgemein DRB § 71; 175, 5 – 6: „But did this imperfect or unaccurate collection of the simple Ideas supposd all to be united in a thing which hath one certain name […]“.

D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen

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oder passiven Krfte, die in einer Substanz vereinigt sind.62 „Compound“ erscheint bei Aufzhlungen der Leistungen des Verstandes;63 § 63 erwhnt dessen compounding faculty. 64 Nach § 93 g bekommen wir komplexe Ideen durch eigene Beobachtung, durch Berichte anderer oder durch die Einbildungskraft, die einfache Ideen nach Belieben zusammenfgt (compounding) und dabei von der Gewalt des Verstandes ber sie Gebrauch macht;65 hier erscheint der Verstand sozusagen unter dem Namen einer Einbildungskraft. „Joyn“ steht in § 20 und § 94 bei Aufzhlungen von Fhigkeiten des Verstandes66 und dient in § 93c als Ausdruck fr jemandes Ttigkeit der Verbindung mehrerer einfacher Ideen zu einer einzigen komplexen.67 Eine hnliche Bedeutung hat „combine“, das vornehmlich im Partizip erscheint.68 Auch das nicht hufige „connect“ bringt die Vereini62 DRB § 67; 171, 17 – 19: „All which are noe thing but a collection of the simple Ideas united in that subject, or the powers of that subject active or passive […]“. 63 DRB § 16; 127, 17 – 19. Text s. S. 233, Anm. 50. 64 DRB § 63; 166,14 – 17: „In short then the Ideas of substances are noething else but a collection of a certain number of simple Ideas received from our senses or reflection upon the operations of our owne minde or made by the Compounding faculty of our owne understandings […]“. 65 DRB § 93 g; 204, 1 – 5: „[…] which complex Ideas are taken & brough into our understandings either by the observation of our owne senses, or the reports & descriptions of others, or made there by our owne imaginations. compounding those simple Ideas it hath according to its owne pleasure, which is a power the minde hath over its simple Ideas“. – Auf die Tragweite dieses Details hat Reinhard Brandt mehrmals hingewiesen, z. B. Brandt/Klemme 1997; 173: „Zieht man eine Analogie zur Rechts- und Eigentumstheorie im Second Treatise of Government, so befinden wir uns bei den einfachen Ideen sowohl der primren wie auch der sekundren Qualitten noch im Bereich der Natur, die allen als Gemeinbesitz gegeben ist. Es ist daher nicht mçglich, Wahrnehmung (Sensation) mit Arbeit (labour) in eine Analogie zu setzen (vgl. dagegen Peters 1989, 395). Erst die komplexen Ideen sind Produkte der privaten Aneignung; in der ußeren Natur geschieht dies durch kçrperliche Arbeit, hier durch „Industry and Labour of Thought“ (IV.iii.6).“ 66 DRB § 20; 131, 10 – 12: „[…] which when the understanding is stored with it hath the power & faculty to joyne togeather enlarge compare one with an other & consider them with reference to others.“ – DRB § 94; 211, 35 – 212, 2. Text s. S. 233, Anm. 52. 67 DRB § 93c; 202, 14 – 17: „[…] soe he that joynes togeather these simple Ideas, yellownesse, great weight i.e great motion downeward compard with bulke fusibility, ductility fixednesse hath a destinct Idea of that sort of things cald gold.“ 68 DRB § 93b; 201, 29 – 31. Text s. S. 233, Anm. 54. – DRB § 95; 215, 18 – 21: „And those are all the notions I suppose we have of positive things, such as are the operations of our mindes & the objects of our senses & the substances wherein these are combined in a great or lesse number.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

gung einfacher Ideen zu einer komplexen zum Ausdruck: Komplexe Ideen von sinnlich wahrnehmbaren Substanzen bekommt man dadurch, daß man einfache Sinnesideen sammelt und miteinander verknpft.69 Auf den Unterschied zwischen der Bildung genereller einfacher und genereller komplexer Ideen weist Reinhard Brandt hin: „Die Ideen sind entweder partikulr (in einzelnen Wahrnehmungen konkret gegeben) oder allgemein (general, universal, abstract). Die letzteren entstehen durch Abstraktion und gegebenenfalls durch die Kombination von Teilstcken in partikulren Ideen.“70 D2c. Generelle Modusideen. – ber Modi, die zu den komplexen Ideen gehçren, wird in Draft B nur wenig mitgeteilt. § 94 erwhnt Modi des Kçrpers und Modi des Denkens, und § 150 fhrt dieselben Modi zusammen mit Modifikationen der Bewegung auf. Modusideen kçnnen wir einerseits durch Erfahrung und andererseits dadurch bekommen, daß wir einfache Ideen so zusammenstellen, wie wir mçchten.71 Einige Texte erklren, daß Modi von uns nach Gutdnken zusammengestellt werden, doch das bedarf anscheinend einer Einschrnkung: Wir stellen Gruppen einfacher Ideen, aus denen wir Modusideen bilden, nur insoweit nach Gutdnken zusammen, als sie uns nicht durch Erfahrung vorgegeben sind; diese gibt uns beispielsweise farbige Naturgestalten vor. Andere Modusideen bildet der Geist in eigener Vollmacht aufgrund seiner Gewalt, die eigenen einfachen Ideen zu verwalten und zusammenzustellen und nach Gutdnken auf unterschiedliche Weise zu betrachten;72 er darf mit seinen einfachen Ideen nach Belieben operieren, weil sie seine sind. Die freie Zusammenstellung solcher Modi erfolgt in drei Phasen: (1) Sammlung mehrerer abstrakter einfacher Ideen, die zu dem Vorhaben des Verstandes passen; (2) ihre Vereinigung zu einer einzigen komplexen Idee durch den 69 DRB § 94; 208, 23 – 26: „Besides the complex Ideas we have of sensible substances by connecting collections of simple Ideas received from our senses, which all we call by the name of material things of which I have last spoken […]“. 70 Ue17, 3; 661. 71 DRB § 98; 217, 24 – 27: „[…] haveing also by the observation of the senses or the report of others & sometimes too by its owne voluntary composition framed the complex Ideas of modes & substances […]“. 72 DRB § 96; 216, 20 – 24: „Devotion“, „Modesty“, „Cuning“ und „Revenge“ „stand for modes or relations & in all are aggregates of simple Ideas quite destinct from the collective Ideas of Substances being at first made by the minde of man, by the power it had of marshalling & puting togeather the simple Ideas it hath & considering them divers ways at pleasure […]“.

D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen

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Verstand; (3) deren Benennung. Draft B lßt keinen Zweifel daran, daß der Verstand bei der Bildung komplexer genereller Modusideen kompositiv vorgeht, indem er gemeinsame Eigenschaften singulrer Ideen przisiv abstrahiert und zu einer neuen Idee zusammenstellt, die generell ist. Nach § 79 (1) stellen wir mehrere einfache Ideen (2) zu derjenigen komplexen Idee zusammen, (3) fr die das generelle Wort „Bescheidenheit“ oder „Dankbarkeit“ stehen soll.73 Weil man einfache Ideen erst dann zu einer neuen Idee zusammenstellen kann, wenn man sie aus ihren Erfahrungszusammenhngen herausgelçst hat (spter sagt Locke: wenn man sie abstrahiert hat), sind die einfachen Ideen, die man zusammensetzt, generelle Ideen. Dagegen ist zu vermuten, daß Modi, die wir durch Erfahrung bekommen, zunchst singulr sind und eines neuen Akts kompositiver Abstraktion bedrfen, um allgemein zu werden; nhere Angaben finde ich aber nicht. In dieser knappen Moduslehre bleibt vieles ungeklrt; die Unterscheidung zwischen einfachen und gemischten Modi ist noch nicht entwickelt. D2d. Relationen. – „Relation“ verwendet Locke auch in Draft B in einer engeren Bedeutung als der heute blichen. Der Ausdruck steht fr zweistellige konverse Relationen wie ,Eltern-Kinder‘, ,grçßer-kleiner‘ und ,Vorgesetzter-Untergebener‘. Solche Ideen bekommt man nach Locke nicht von den Dingen, so wie sie an sich sind, sondern von den Dingen, sofern wir sie miteinander vergleichen.74 Relationen bestehen aus einem zweistelligen Prdikat (,R‘), das generell ist, und zwei Relaten (Argumenten: ,x‘, ,y‘), die sowohl generell als auch singulr sein kçnnen („Geben ist seliger denn Nehmen“, „Peter ist grçßer als Paul“). Auch in Draft B steht „relation“ manchmal fr das zweistellige Prdikat allein (,R‘) und manchmal fr das Prdikat zusammen mit den Relaten (,R{x,y}‘). Die Fundamente (Grnde, Anlsse) von Relationen kommen auch in Draft B zur Sprache: Fr eine Relation bedarf es zweier Dinge oder Ideen, die wirklich voneinander getrennt sind oder als verschieden betrachtet werden, 73 DRB § 79; 186, 10 – 12: „[…] puting togeather such a number of simple Ideas which the specific or generall word v.g modesty or gratitude shall stand for […]“. 74 DRB § 79; 186, 5 – 12: Wçrter fr Modi und Relationen, besonders fr moralische, „are names of complex Ideas gatherd not from things as they are in them selves but as they are related one to another which being but ways of our considering them & compareing them one to an other, these complex Ideas depend very much upon our owne thoughts & our more arbitrary amasseing or puting togeather such a number of simple Ideas which the specific or generall word v.g modesty or gratitude shall stand for […]“.

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und außerdem eines Grundes oder Anlasses fr ihre Vergleichung beziehungsweise einer Qualitt, in der sie bereinstimmen oder nicht; doch einen solchen Grund findet man immer, denn alles, was außen existiert, und jede Idee in unserem Geist lßt sich auf irgend eine Weise mit etwas anderem vergleichen und dadurch in Relation zu ihm setzen. Das kann man mit Beispielen von Dingen und Ideen jeder Art wie Substanzen, Modi und sogar Relationen belegen.75 Relative Wçrter, die Adjektive sind, bezeichnen unmittelbar das Fundament einer Relation, verweisen aber zugleich auf Relat und Korrelat; Locke nennt Beispiele, darunter die Relation „schwrzer als“, die ,Schwrze‘ zum Fundament hat. Diese paßt nicht nur zu einer sichtbaren Qualitt, sondern auch zu Dingen wie einem Gagat und einem Neger oder zu beliebigen anderen Substanzen, die eine solche Farbe haben kçnnen.76 D2e. Arten von Relationen. – In Draft B wchst der Katalog der Relationen an, doch wirken die Umstnde noch improvisiert. „Identitt“ und „Verschiedenheit“ treten noch nicht als Relationen auf; auch verwendet Draft B die Wçrter „Identity“ und „identical“ nicht. Die Zeit wird in § 101 unter dem Sammeltitel „Relationen“ behandelt, aber erst in § 145 als Relation bezeichnet, und zwar zusammen mit „Ort“ und „Kausalitt“;77 in § 141 wird der Ort noch einmal als Relation genannt.78 In § 106 erscheint auch die Dauer unter der berschrift „Relation“,79 und am Ende von § 130 wird „Ursache / Wirkung“ als allgemeine Relation eingefhrt, denn sie betrifft 75 DRB § 98; 218, 33 – 219, 8: „Soe that to Relation it is necessary that there should be two things or Ideas either in them selves realy seperate or considerd as destinct & then some ground or occasion for their comparisons, or quality wherein they agree or differ, which therefor belongs to every thing there being noe thing either realy existing in rerum natura nor any Idea in our minde which is not capable some way or other of being compared with any other thing & soe be capeable of relation to it. – It were easy to give instances in all the sorts of things & Ideas before mentioned. v g. simple Ideas. Substances. Modes & even Relations them selves. & shew in each the foundation of the Relation.“ 76 DRB § 100; 223, 17 – 21: „The words of relation when adjectives signifie immediately the foundation of the relation with the intimation of the existence of two other thing. v.g. blacker blacknesse is the foundation with the intimation of jet & a negro, or some other two substances capeable of colour.“ 77 DRB § 145; 260, 15 – 16: „[…] the three Grand relations of Time, place & Causality […]“ 78 DRB § 141; 259, 1 – 2: „Another very common & comprehensive relation is that of place.“ In Zeile 11 – 12 folgt die Erluterung: „[…] we consider the thing placed to bear relation & have some reason to observe its distance.“ 79 DRB § 106; 231, 1: „Relation. Haveing thus got the Idea of duration […]“.

D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen

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nicht nur einige, sondern alle Dinge, die existieren oder existieren kçnnen.80 §§ 98 und 145 erklren pauschal, daß alle Relationen letztlich einfache Ideen zu Fundamenten haben,81 doch werden diese Fundamente bei der Einfhrung der neu hinzugetretenen Arten von Relationen nicht mehr genauer spezifiziert. Diese Arten erscheinen als Grand relations, whrend die Relationen des lteren Katalogs von Draft A nun zu „more particular relations“ herabgestuft werden.82 Nach § 146 kçnnen zahlreiche Grnde (Fundamente, Anlsse) dazu fhren, Relationen zu bilden und zu benennen.83 Der erste Grund ist eine einfache Idee, die intensivierbar ist und in mehreren Substanzen vorkommt; sie veranlaßt die Vergleichung dieser Substanzen in Hinsicht auf ihre Grade („A wrmer als B“ – proportionale Relation).84 Das Beispiel fllt unter das schulphilosophische Fundament Qualitt, doch fllt auf, daß Locke im Gegensatz zu Schulbchern auch hier noch kein Beispiel fr das benachbarte Fundament Quantitt erwhnt, das er spter im Essay bercksichtigt. Ein weiterer Anlaß zur Bildung von Relationen sind die Umstnde des Ursprungs oder Beginns, die sich nicht ndern lassen; deshalb sind die betreffenden Relationen so dauerhaft wie die Substanzen, denen sie inhrieren („A Bruder von B“ – natrliche Relation).85 Bei der neuartigen Klasse der instituierten Relationen ist das Fundament ein Akt, durch den jemand das Recht, die 80 DRB § 130; 253, 19 – 20: „[…] of this relation viz of Cause & Effect I shall speake in the next place“. Eine Zeile spter (§ 131; 253, 21) wird ,Kausalitt‘ als allgemeine Relation bezeichnet: „The next universall relation where in all things that do or can exist are concerned is that of Cause & Effect.“ 81 DRB § 98; 218, 12 – 15: „All which relations how far soever they may seeme removed from sense terminate at last & are founded in those simple Ideas which we have received either from sense or reflection […]“. – Auch § 145; 260, 15 – 17. 82 DRB § 145; 260, 15 – 20: „Haveing spoken of the three Grand relations of Time place & Causality & showd how they depend on those simple Ideas we have received from Sensation or Reflection, I shall now proceed to the enumeration of some more particular relations […] which more immediately belong to men, & espetialy their actions […]“. 83 DRB § 146; 260, 28 – 30: „[…] according to the severall grounds & occasions which make severall things be compared or considerd togeather & from that comparison have names given them.“ 84 DRB § 147; 261, 1 – 4: „The first ground I shall name is some one simple Idea, which being capeable of degrees & being in severall subjects gives occasion of their being considerd togeather in respect of that simple Idea.“ 85 DRB § 148; 261, 11 – 14: „28 Another occasion of compareing or considering things togeather is the circumstances of their origen or begining which being not afterwards to be altered make all the relations depending thereon as dureable as the substances to which they belong.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

Gewalt, den Willen oder die Verpflichtung erhlt, etwas zu tun („Kçnig von England“).86 An dieser Stelle werden die in Draft A nur erwhnten, aber nicht explizierten potentiellen Relationen eingeschoben: Ein weiteres Fundament sind Krfte in Dingen, die manchmal zu den einfachen Ideen gerechnet werden, die aber in Wirklichkeit als Relationen zu gelten haben, denn sie sind zur Einwirkung auf andere Substanzen bestimmt. Zum Beispiel ist die Kraft des Magneten, Eisen zu bewegen, etwas Relatives.87 Als letzte werden wieder die moralischen Relationen genannt; sie haben eine Sammlung mehrerer einfacher Ideen und ferner einige Relationen zum Fundament, die gemeinsam eine Handlung oder deren Umstnde ausmachen und die allesamt mit einer Regel verglichen werden.88 Darauf, daß er mit diesen Erwhnungen keinen vollstndigen Katalog aller mçglichen Relationen entwickeln mçchte, weist Locke ausdrcklich hin.89 D2f. Besonderheiten von Relationen. – Relationen bilden den grçßten Teil unserer Ideen, denn weil man jedes Ding in zahllose Beziehungen zu anderen Dingen setzen kann, gibt es viel mehr Relationsideen als Ideen positiver (nichtrelativer) Dinge.90 Wir kçnnen Relationsideen deutlicher, 86 DRB § 149; 261, 18 – 20: „38 Sometimes the Foundation of considering things with reference to one an other is some act whereby any one comes by a right power will or obligation to doe something.“ 87 DRB § 150; 262, 7 – 14: „An other occasion of considering things togeather & with reference one to an other are those powers before mentiond which being recond there among those simple Ideas that make up the complex Idea of any substance yet when considerd properly by them selves are in truth relations when these powers are determind to certain operations upon subjects without the thing its self. v.g the power to move Iron in the load stone is a relation for were there in the world noe Iron to be moved the load stone in its self would be still the same.“ 88 DRB § 151; 263, 21 – 24: „This [morall] sort of Relation hath for its foundation a collection of severall simple Ideas & also severall of the forementioned relations all which togeather concur to the makeing up or circumstantiateing any action & soe taken togeather are compard to a rule […]“. 89 DRB § 152; 263, 31 – 264, 2: „There may perhaps be other sorts of relations which I shall not here mention, it sufficeing to our present purpose to shew by these what the Ideas are we have of this comprehensive thing Relation & the words used to expresse it“. 90 DRB, Contents; 94, 15 – 17: „Relation makes up the greatest part of Ideas because the same thing is capeable of many way of being considerd.“ – DRB § 98; 219, 16 – 20: „That there is noe one thing whether simple Idea, substance Ideas them selves or names of them which is not capeable of almost an infinite number of considerations in reference to other things & therefor the notions ariseing from relations & the words standing for them are far more then those of positive beings […]“.

D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen

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klarer und vollkommener erkennen als Substanzideen, weil ihre Relate oft aus nur einer einzigen Handlung oder einer einzigen einfachen Idee bestehen und weil viele von ihnen Menschenwerk sind.91 Draft B macht das unter anderem am Beispiel der Ideen und Namen von Tugenden und Lastern klar.92 Eins der Relate oder beide kçnnen eine besondere Benennung erhalten;93 das zeigt sich bei Ideenpaaren wie ,Mensch‘ und ,Vater‘ oder ,Pferd‘ und ,Hengst‘, bei denen das erste den Gegenstand in Hinsicht auf seine Natur und das zweite denselben Gegenstand in Hinsicht auf seine Verwendung bezeichnet;94 einen knapperen Hinweis gab es schon in § 3 von Draft A. 95 Lockes ußerungen ber den ontologischen Status von Relationen klingen riskant: Weil Relationen Hervorbringungen des Verstandes sind, der sie zu den Relaten hinzudenkt, sind sie fr die Relate etwas ußerliches. Sobald man eins von ihnen entfernt, erlischt die Relation zusammen mit ihrer Benennung, whrend das brig gebliebene frhere Relat keine reale Vernderung erleidet;96 solche Annahmen sind schon in der Schulphilosophie gelufig.97

91 DRB, Contents; 94, 18 – 24: „The Ideas of relations capable of being more destinct & cleare & perfect knowne then those of substances 188 because one act or simple Idea often is the foundation of a relation. 28 many of these relations are of mans owne makeing.“ 92 Zum Beispiel DRB § 157; 267, 7 – 25 und DRB § 158; 268, 14 – 19. 93 DRB § 98; 218, 19 – 22: „The nature therefor of Relation consists in the refering or compareing to positive Ideas or Things togeather in which compareing or as it were seting togeather consists the Relation from which one or both comes to be denominated […]“. 94 DRB § 98; 218, 4 – 7: „[…] the Idea of a man is one thing the Idea of father an other a horse & stalion are both names belonging to the same thing the one considerd barely in his owne nature the other as designed to some use […]“. 95 DRA § 3; 11, 26 – 29. 96 DRB § 98; 218, 22 – 25: „[…] if either of these positive Ideas or Things be removed or cease to be the Relation ceases & the denomination consequent to it Though the other positive Idea or Thing receive in its self noe alteration at all.“ 97 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 10, q. 3; 335: „[…] sufficit essentialis illa determinatio relationis ad terminum, ita vt poni non possit, nisi posito termino. Exemplum manifestum est in Magnete, qui natura determinatus est ad dirigendum ferrum ad polum, seu ad stellam polarem, etiamsi tanto intervallo distet: quod si non esset stella polaris, vel transferretur in aliam caeli partem, motus quoque Magneticus stellam sequeretur sine vlla cognitione, per solum naturae ductum: quo etiam modo heliotropion sequitur solem. Ex quo etiam patet, quomodo deficiente termino deficiat relatio; nimirum quia deest id, sine quo essentia relationis consistere non potest […]“.

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

D2g. Schulphilosophen ber die ußerlichkeit und Vergnglichkeit von Relationen. – Auch im schulphilosophischen Umfeld Lockes wird die Meinung vertreten, daß Relationen bloße ußere Benennungen sind; sie entspricht Lockes Ansicht, daß Relationen fr die Relate etwas ußerliches sind. S´miglecki vertritt diese These nicht,98 berichtet aber ber sie und nennt Beispiele: Etwas Weißes verndert sich als solches nicht dadurch, daß es etwas anderem Weißen hnlich ist, aber auch nicht dadurch, daß es aufhçrt, ihm hnlich zu sein. Weil sich in derartigen Fllen das brig gebliebene frhere Relat nicht an sich selbst verndert, muß man schließen, daß die Relation an ihm nichts Innerliches bewirkt hat.99 Die Meinung, daß eine Relation erlischt, sobald eins ihrer Relate zu existieren aufhçrt, und daß das weiterexistierende frhere Relat dadurch keine Vernderung an sich selbst erleidet, ist verbreitet. Crakanthorpe gliedert drei Flle auf, in denen Relationen erlçschen: Sie vergehen erstens dann, wenn das Subjekt (das erste Relat) der Relation vergeht: Wenn Sokrates, der ein Vater ist, verstirbt, dann sterben zugleich auch alle seine Vaterschaften. Zweitens sterben zugleich in seinen Sçhnen deren auf ihn bezogene Sohnrelationen. Drittens kann das Fundament, der Grund oder Anlaß der Relation vergehen, ohne daß die bisherigen ersten und zweiten Relate dadurch Schaden nehmen. Wenn beispielsweise die Wrme des Wassers vergeht, dann vergeht auch seine Unhnlichkeit mit der Erde und mit allem brigen Kalten.100 Wenn eine Relation vergeht, dann vergeht nach S´miglecki kein Ding und auch kein nichtrelativer realer Modus, sondern nur ein relativer. Dieselbe Wesenheit, die sich zuvor zu etwas anderem relativ verhielt, verhlt sich fortan nicht mehr relativ zu ihm, ohne dadurch an sich selbst 98 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 10, q. 2; 330: „Cur relatio non possit esse mera denominatio extrinseca a termino.“ 99 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 10, q. 2; 329: „An Relatio sit quid intrinsecum rei relatae, an vero sit extrinseca denominatio? […] Fundamentum huius sententiae est: Quia relatio advenit rei sine vlla ipsius mutatione, vt cum Aristotele in 5. Phys. omnes docent; neque enim album per hoc quod sit alteri albo simile vllo modo mutatur: pari ratione cum cessat esse simile: Ergo signum est relationem nihil intrinsecum ponere in re relata; alioqui per receptionem novi Entis realis res relata mutaretur.“ 100 Crakanthorpe, Logica, London 1641, l. 2, c. 12; 99: „Relationes sicut oriuntur, ita moriuntur, occidunt, seu desinunt esse, tribus contrariis modis. Primo, per interitum Subjecti, ut moriente Socrate qui pater est, moriuntur omnes paternitates quae in ipso sunt. Secundo, per interitum Correlati, ut moriente Socrate patre, desinunt Relationes filiationis quae sunt in ejus filiis. Tertio, per interitum sui Fundamenti, etiamsi subjectum tam Relati quam Correlati salvum sit: ut intereunte calore aquae, interit dissimilitudo aquae ad terram, et omnia alia frigida.“

D2. Bildung genereller Modus- und Relationsideen

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eine Vernderung zu erleiden. Wenn zum Beispiel eine Substanz, die weiß ist, vergeht, dann hçrt das Weiße auf, sie weiß zu machen, aber nicht deshalb, weil es sich verndert htte, sondern deshalb, weil die betreffende Substanz sich verndert hat.101 Diese Meinung entspricht der Gewohnheit, das „ist“ in Stzen wie „Peter ist Vater von Paul“ und „Paul ist Sohn von Peter“ in einem weiten Sinn als Existenzprdikat zu deuten: „Peter existiert als Vater des existierenden Pauls“ und „Paul existiert als Sohn des existierenden Peters“. Nach Scheibler setzen sich Relate gleichzeitig, bewirken aber auch gleichzeitig ihr Vergehen. Wenn jemand Vater ist, dann hat er notwendigerweise ein Kind, aber wenn er aufhçrt, Vater zu sein, dann hçrt das Kind auch auf, sein Kind zu sein.102 Wenn Paul nicht mehr existiert, dann ist Peter nicht mehr sein Vater, obgleich er frher sein Vater war, und wenn Peter nicht mehr existiert, dann ist Paul nicht mehr sein Sohn, obgleich er frher sein Sohn war. Scheibler betont jedoch, daß sich diese Vernderung nur auf die Einbindung von etwas in eine Relation bezieht, aber nicht auf sein Sein als solches. Denn wenn jemand aufhçrt, ein Vater zu sein, dann hçrt sein Kind deshalb nicht auf, ein Mensch zu sein; es hçrt nur auf, sein Kind zu sein.103 Die Vergnglichkeit von Relationen nimmt Crakanthorpe zum Anlaß fr eine fast elegische Notiz: Relationen entstehen so leicht und haben eine so flchtige Abhngigkeit von ihren Trgern, daß ohne eigene Vernderung allein durch das Hinzutreten von etwas Nichtrelativem beinahe unendlich viele Relationen entstehen und vergehen. Man wird also zugeben mssen, daß die verbreitete Meinung richtig ist, nach welcher Relationen nur ber eine minimale Entitt verfgen.104 101 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 10, q. 3; 337: „Simili ratione explicari potest et illa difficultas, quomodo deperdatur relatio. Non enim deperditur aliqua res, vel modus realis absolutus, sed solum respectivus; hoc est, sublato termino, desinit res esse talis non absolute, sed respectu termini, et eadem essentia fit ex respectiva, non respectiva, sine ulla sui mutatione, propter solam mutationem termini, sicut subtracto subjecto, desinit albedo facere illud album, propter subjecti non propter suam mutationem.“ 102 Scheibler, Commentaria topica, Oxford 1653, c. 11, can. 4, n. 20; 282: „Relata se simul ponunt et tollunt. […] Unde si aliquis sit pater, necessario habebit filium; Et si desinat esse pater, desinat etiam filius.“ 103 Scheibler, Commentaria topica, Oxford 1653, c. 11, can. 4, n. 20; 282: „Repetendumque hoc est, quod ad prius dictum est, illud […] intelligi de esse relativo, non de esse absoluto. Neque enim si aliquis desinat esse pater, filius desinet esse homo. Solum desinet esse filius.“ 104 Crakanthorpe, Logica, London 1641, l. 2, c. 12; 99: „Cum Relationes tam facile et oriantur et intereant, cumque tam levem habeant dependentiam a subjectis quibus

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

D2h. Generelle Relationsideen. – ber generelle Relationsideen lßt sich Draft B etwas mehr entnehmen als ber generelle Modusideen. Wenn fr mindestens eins der Relate ein singulrer Ausdruck steht, zum Beispiel ,Peter‘, dann ist die Relation als ganze singulr (,Peter jSohnj eines Anwalts‘); wenn beide Relate generell sind, dann ist die Relation als ganze generell (,Elefanten jschwerer alsj Muse‘). Aber selbst dann, wenn man fr eine Relation im weiteren Sinn nur singulre Relate annimmt, bleibt die Relation im engeren Sinn (,R‘) generell, und das gehçrt nach Locke zu den Vorzgen von Relationsideen. Genau deshalb kann man sie nmlich leichter behalten als Substanzideen, bei denen man zahlreiche Umstnde mitbercksichtigen muß. Ein Begriff wie ,Vater‘ ist um vieles klarer und deutlicher als ein Begriff wie ,Mensch‘, weil hier die Kenntnis einer einzigen Ttigkeit (seinesgleichen gezeugt zu haben) gengt, um eine genaue Vorstellung von der Relation ,R‘ zu vermitteln, whrend man sich beim Hçren der Ausdrcke fr Substanzideen wie ,Mensch‘ eine Sammlung vieler Ideen in der richtigen Anordnung vergegenwrtigen muß.105 hnlich argumentiert ein etwas spterer Passus: Wenn man zwei Mnner in Hinsicht auf einen gemeinsamen Elternteil vergleicht, dann ist es leicht, die Idee ,Brder‘ zu bilden, auch wenn man von den betreffenden Individuen nur unvollkommene Ideen hat. Denn wenn man sie bloß in Hinsicht auf ihren familiren Status vergleicht, dann kommt man mit einer sehr ungenauen Idee von ihnen aus106 („Pauls Kinder sind mir nicht bekannt“). Der Hinweis auf die Nichtbeachtung der Umstnde schließt ein, daß

insunt, ut sine ulla mutatione in illis facta (per accessum nempe ullius absoluti) et oriantur infinitae fere Relationes in illis, et intereant, fatendum est, id esse verum quod vulgo dicitur: Relationes esse minimae entitatis.“ 105 DRB § 99; 220, 5 – 13: „[…] as the notion we have of a father or brother is a great deale clearer & more destinct then that we have of a man. or if you will Patriety is a thing where of tis easier to have a cleare Idea then of humanity, & I can much easier conceive what a friend is then what god. The reasons whereof I conceive to be these 18 Because the knowledg of one action or one simple Idea is oftentimes sufficient to give me the notion of a relation but to the knowing of any substantiall being an accurate collection of Sundry Ideas is necessary to give me a notion of the thing.“ 106 DRB § 99; 220, 23 – 30: „[…] it is hard to know all the simple Ideas which are realy in any substance, but very easy to know the simple Ideas that make up any relation that I thinke on or have a name for v.g compareing two men in reference to one common parent it is very easy to frame the Idea of Brothers without haveing yet the perfect Idea of a man, i e a collection of all those simple Ideas which are to be found in either of the brothers, a very grosse one of those being sufficient if I doe but compare them togeather in reference to their originall.“

D3. Generelle Substanzideen

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Relationsideen im engeren Sinn keine singulren Ideen sind, denn Nichtbeachtung der Umstnde macht allgemein.

D3. Generelle Substanzideen D3a. Die Einheit von Substanzideen hat ihren mittelbaren Grund in den Dingen und ihren unmittelbaren Grund im Verstand. – Generelle Substanzideen werden kompositiv abstrahiert; sie bestehen aus einfachen Ideen, die mehreren singulren Ideen gemeinsam sind und die der Verstand przisiv abstrahiert hat, bilden aber trotzdem eine Einheit. Das fhrt der Text manchmal darauf zurck, daß die von ihnen reprsentierten Qualitten miteinander vereinigt sind und einander begleiten.107 Solche Stellen heben die Rolle der Erfahrung hervor: Substanzen sind Sammlungen von einfachen Ideen, bei denen wir durch die Sinne beobachtet haben, daß sie miteinander vereinigt sind.108 Andere Stellen bercksichtigen nicht nur die Erfahrung, sondern auch die Ttigkeit des Verstandes, die zur Vereinigung vieler einfacher Ideen in einer einzigen komplexen fhrt: Wenn mehrere einfache Ideen in der Erfahrung bestndig zusammen erscheinen, dann vermutet man, daß sie zu einem einzigen Ding gehçren.109 In einer Stelle aus § 93c ist nur von der vereinigenden Ttigkeit des Geistes die Rede: Wer die einfachen Ideen ,Gelbheit‘, ,großes Gewicht‘, ,Schmelzbarkeit‘, ,Schmiedbarkeit‘ und ,Festigkeit‘ miteinander verbindet (joynes), der hat 107 DRB § 61; 164, 12 – 13: „And this in short is the true notion of Substance viz a collection of severall simple Ideas which are united togeather […]“. – DRB § 62; 166, 5 – 7: „[…] findeing that a great many particular things doe constantly agree in a certain collection of simple Ideas united togeather & accompanying one another“. – DRB § 67; 171, 17 – 19. Text s. S. 235, Anm. 62. 108 DRB § 93j; 207, 29 – 31: „We have certain knowledg that some substances i.e such collections of simple Ideas as we have observed by our senses to be united togeather doe realy exist togeather […]“. – DRB § 95; 215, 16 – 18: „We have also complex Ideas made up of aggregates of these simple Ideas which we finde also by our senses doe coexist & are united togeather.“ – „Aggregate“, das an Gassendis „aggregare“ erinnert, erscheint in § 93 h als „aggrigate“ und in § 93 g als Adjektiv: DRB § 93 h; 204, 18: „[…] one aggrigate of complex Ideas […]“, und DRB § 93 g; 203, 29 – 204, 1: „[…] all complex Ideas of materiall things, (such as are all the Ideas of those things we cal materiall substances) are noe thing else, but an aggregate Idea of a great many simple Ideas put togeather.“ 109 DRB § 60; 162, 13 – 15: Der Geist „takes notice also that a certain number of these simple Ideas goe constantly togeather, which being presumed to belong to one thing […]“. – hnlich DRB § 63; 166, 18 – 19: „[…] which collection of simple Ideas considerd as united in one thing makes the complex Idea of that substance.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

eine deutliche Idee von derjenigen Dingart, die man als Gold bezeichnet.110 Die Formulierung ist insofern angemessen, als uns die Einheit von Substanzideen zunchst zwar von den Dingen vorgegeben wird, aber unmittelbar auf die Ttigkeit des Verstandes zurckgeht: Man bildet aus einer Sammlung einfacher Ideen eine Substanzidee, indem man die fr sie vorgesehenen einfachen Ideen, die man von den Sinnen empfangen hat, im Geist zu einer einzigen komplexen Idee vereinigt oder verknpft.111 Locke denkt anscheinend nicht nur bei Artbegriffen, sondern auch bei Wahrnehmungsvorstellungen an etwas, das man spter als Synthesis bezeichnet. Der Akt der Vereinigung durch den Verstand wird mit „consider as“ beziehungsweise mit „look on as“ umschrieben: Komplexe Artideen bestehen aus vielen einfachen Ideen, die in unserem Geist miteinander vereinigt (united) sind und dort als eine einzige Idee betrachtet (looked on) werden.112 Die Herstellung unserer Ideen von anderen endlichen Geistern wird hnlich beschrieben wie in Draft A. 113 Wir bekommen sie nicht unmittelbar durch Erfahrung, sondern durch freie Zusammensetzung einfacher Ideen oder durch Offenbarung. Eigene Ideen von anderen Geistern bilden wir, indem wir Ideen menschlicher geistiger Ttigkeiten zu Sammelideen zusammenstellen und als in einem Subjekt vereinigt denken;114 solche Ideen vermitteln uns aber im Gegensatz zu Ideen von Geistern, die wir der Offenbarung entnehmen, keine Gewißheit der Existenz.115 ber unsere

110 DRB § 93c; 202, 14 – 17. Text s, S. 233, Anm. 67. 111 DRB § 93i; 207, 20 – 23: „if he thinkes that several individuals existing doe partake in a certain number of simple Ideas which he hath united into one complex Idea in his minde […]“. 112 DRB § 68; 172, 9 – 13: „Adde to this that specific complex Ideas consisting of a great number of simple Ideas united togeather in our minde & there looked on as one Idea consisting of all those in conjunction the collection of those many simple Ideas into one complex specific Idea depends upon us & our care […]“. 113 DRB § 19; 130, 10 – 23, und § 81; 188, 11 – 189, 21. 114 DRB § 19; 130, 10 – 19: „The same happens concerning the operations of our minde viz reasoning hopeing feareing &c, which we concludeing not to subsist of them selves, nor apprehending how body can produce them, are apt to thinke these the actions of some other substance which we call spirit, where by yet it is evident that haveing noe other Idea or notion of body but something wherein those many sensible qualitys which affect our senses doe subsist, by supposeing a substance wherein thinkeing knowing doubting fearing & a power of moveing &c doe subsist, we have as cleare a notion of the essence of a spirit as any one hath of the essence of body.“ 115 DRB § 94; 213, 28 – 32: „But though we have these Ideas in our mindes & know that we have them there, the haveing these Ideas doth not make us know that any

D3. Generelle Substanzideen

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Mçglichkeiten bei der Bildung spezifischer Differenzen von Geistern ußert sich § 81 von Draft B hnlich wie frher Draft A: Wir kçnnen die verschiedenen Arten von Geistern nur dadurch voneinander unterscheiden, daß wir ihnen unsere eigenen geistigen Ttigkeiten und Krfte in hçherem oder geringerem Grade zuschreiben.116 Draft B ußert keine ausdrcklichen Vorbehalte gegen philosophische Spekulationen ber Engel, whrend in Lockes schulphilosophischem Umfeld zum Beispiel Caspar Bartholinus schreibt, in der Metaphysik werde vieles gelehrt, das eigentlich dort nicht hingehçre, weil es mit dem natrlichen Licht nicht erkennbar ist; was wßte man zum Beispiel ber Engel ohne das geoffenbarte Wort der Heiligen Schrift?117 Lockes implizite Kritik an philosophischen Engelspekulationen ist trotzdem betrchtlich, denn er insinuiert, daß unsere philosophischen Vorstellungen von Geistern auf willkrlichen Ideenkombinationen beruhen. Außer Ideen kçrperlicher und geistiger Substanzen haben wir schließlich noch Ideen von kollektiven Substanzen wie ,Armee‘ oder ,Blumenstrauß‘, in denen nicht Ideen von Eigenschaften, sondern Ideen von Einzelsubstanzen vereinigt sind; die große kollektive Substanzidee, die alle Kçrper umfaßt, ist ,Welt‘. Auch eine kollektive Idee bildet deshalb eine Einheit, weil sie vom Geist als Einheit betrachtet wird (which soe joynd togeather are considerd as one).118 Die Konstruktion erinnert

such things doe exist without us, nor can we be assurd that any other seperate spirits besides god doe exist but only by revelation […]“. 116 DRB § 81; 189, 1 – 4: „[…] we can noe otherwise destinguish in our conceptions the severall species of spirits one from an other, but by attributeing those operations & powers we finde in our selves to them in a higher or lower degree […]“. 117 C. Bartholinus, Monita generalia 3 (beigedruckt zu Magirus’ Physiologia, Cambridge 1642); a r8: „Multa ex recepta Philosophorum consuetudine doceri in Metaphysicis, quae docenda non essent tanquam lumini mere naturali incognita, ut De potentia Dei, De peccato, cujus essentiam seu naturam et indolem utinam satis ex genuinis fundamentis, sacris nimirum monumentis, intelligerent plerique Theologi, adeo non intelligunt hujus seculi sapientes. Sic de Deo, Angelis seu nunciis Dei, etc. quid intelliges sine verbo revelato?“ – Zu Bartholin s. C. H. Koch in Ue17, 4; 1249. 118 DRB § 61; 165, 12 – 21 und 23 – 25: „Besides these complex Ideas of severall single Substances the minde hath also complex Collective Ideas of Substances which I soe call because such Ideas are made up of many particular substances collected & considerd togeather makeing up that one Idea & which soe joynd togeather are considerd as one. v.g. The Idea which a man hath of such a collection of a number of men which is called Army though made up of a great number of particular substances i e men, as much one Idea as the Idea of a man made up of a great many simple Ideas put into that complex one knowne to us by the name man. […]

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

an Gassendis Annahme allgemeiner Ideen, die durch das Aggregieren singulrer Substanzideen entstehen. D3b. Wir haben keine angemessenen Substanzideen. – Eigenschaften inhrieren Subjekten, und „Subjekt“ ist in der Schulsprache der Name fr eine Substanz, sofern ihr Akzidentien inhrieren; Locke verwendet ihn oft. § 61 erklrt, daß der wahre Begriff einer Substanz eine Sammlung einfacher Ideen ist, die miteinander vereinigt sind, und daß wir unter dem Subjekt, dem sie nach unserer Vorstellung inhrieren, nichts anderes verstehen als die unbekannte Ursache ihrer Vereinigung und Koexistenz.119 Ideen materieller Substanzen wie ,Mensch‘, ,Pferd‘ und ,Stein‘ sind bloß Sammlungen der einfachen Ideen, die wir in den entsprechenden Sinnesgegenstnden gefunden haben; aber weil wir nicht begreifen, wie sie fr sich allein oder ineinander subsistieren kçnnen, vermuten wir, daß sie in einem geeigneten gemeinsamen Subjekt subsistieren. Dieses bezeichnen wir als Substanz oder Materie und nehmen an, daß es den Qualitten als Unterlage dient.120 Zur Bildung der Idee eines Trgers kçrperlicher Eigenschaften veranlaßt uns also nicht mehr als eine Vermutung. Bei Ttigkeiten unseres Geistes wie Schlußfolgern, Hoffen und Frchten verfahren wir nicht anders: Wir denken, daß sie nicht aus eigener Kraft subsistieren, kçnnen uns nicht vorstellen, wie sie ein Kçrper hervorbringen kann, und halten sie deshalb fr Ttigkeiten einer Substanz, die wir als Geist bezeichnen. In Wirklichkeit haben wir von der Wesenheit eines

And soe that great collective Idea of all bodys what soever signified by the Name World is as much one Idea as the Idea of any the least particle of matter in it.“ 119 DRB § 61; 164, 12 – 15: „And this in short is the true notion of Substance viz a collection of severall simple Ideas which are united togeather, & by Subject where in we thinke they inhaere we meane noething else but the unknowne cause of their union & coexistence.“ 120 DRB § 19; 129, 32 – 130, 10: „Because when we talke of or thinke on those things which we call material substances as man horse stone the Idea we have of either of them is but the complication or collection of those particular simple Ideas of sensible qualitys which we use to finde united in the thing cald horse or stone (as I shall hereafter shew more at large) & which are the immediate objects of our sense which because we cannot apprehend how they should subsist alone or one in an other we suppose they subsist & are united in some fit & common subject, which being as we suppose the support of those sensible qualitys we call substance or matter, though it be certeine we have noe other Idea of that matter or substane but what we have barely of those sensible qualitys supposed to inhaere in it.“

D3. Generelle Substanzideen

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Geistes und eines Kçrpers gleich unklare Ideen.121 hnlich wie „Relation“ kann auch „Substanz“ zwei verschiedene Bedeutungen haben. Die Vorstellung des Subjekts zusammen mit den von ihm getragenen Qualitten kann man als Substanzbegriff im weiteren Sinn bezeichnen, die Vorstellung des Subjekts allein als Substanzbegriff im engeren Sinn. Der Trger, die Substanz im engeren Sinn, ist auf irgend eine Weise das Subjekt der Inhrenz; wir bilden sie uns als unbekannte, aber bestndige und unvernderliche Ursache der Koexistenz von einfachen Ideen ein.122 § 60, der das Thema aufgreift, vermittelt einen Eindruck davon, wie Locke Stellen aus Draft A vor der bernahme nach Draft B bearbeitet. § 94 erçrtert die Unzulnglichkeit unserer Begriffe von kçrperlichen und geistigen Substanzen unter verschiedenen Aspekten.123 D3c. S´migleckis ußerung ber unsere Substanzerkenntnis. – Die berzeugung von der Unerkennbarkeit der Wesenheit von Substanzen gehçrt zur konzeptualistischen Tradition.124 Auch Schulphilosophen im Umfeld Lockes betonen die Unzulnglichkeit unserer Substanzerkenntnis, ziehen aber weniger radikale Konsequenzen als Locke. S´miglecki arbeitet dabei mit dem Ausdruck „connotare“; „,x‘ konnotiert ,y‘“ bedeutet so viel wie „Die Bedeutung des Wortes ,x‘ lenkt mich zu der Vorstellung ,y‘“. Der Autor teilt mit, daß wir die Wesenheiten von Dingen nicht so erkennen, wie sie an sich sind; wir verbinden mit dem Ausdruck „Substanzwesenheit“ 121 DRB § 19; 130, 19 – 24: „The one [body] being supposd to be without knowing what it is, the substratum to those simple Ideas we have from without, & the other [spirit] supposd, (with a like ignorance of what it is) to be the substratum to those actions or workings which we experiment in our selves within. Tis plain then that the Idea of matter is as remote from our understandings & apprehensions as that of Spirit.“ 122 DRB § 92; 199, 13 – 22: „And lastly when we imagin some unknowne but steady unchangble cause of the union or [co]existence of severall of our simple Ideas which we thinke are fleeting shifting things we call that by yet a more generall name Substance, which is applicable to any thing where we finde any of our simple Ideas out of a supposition I say that they could not exist without some such support. & soe by a supposition would seeme to make an Idea of substance destinct from all our simple Ideas though in reality we have noe such Idea, but only of a supposed unknowne cause of the coexistence of the simple Ideas we meet with“. 123 DRB § 60; 162, 19 – 163, 18 (hnlich DRA § 1; 1, 22 – 2, 3), und DRB § 94; 208, 19 – 215, 11. – Die Stelle DRB § 93; 200, 24 – 31, ist eine bloße Wiedergabe von DRA § 8; 20, 4 – 11; zu diesem Passus wird aber nun als Resmee § 93; 200, 31 – 201, 2 hinzugefgt. 124 Hochstetter 1927, Kap. IV: Das Substanzproblem; 139 – 143. – S. auch Dreiling 1913, III. Teil, II. Abschnitt, §§ 14 – 15; 129 – 137.

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zwar Konnotationen wie ,Substrat der Akzidentien‘ und ,Prinzip der Ttigkeiten‘, wissen aber bloß, daß solche Wesenheiten bestimmte Akzidentien und Wirkungen konnotieren, und erkennen nur sehr implizit und verworren, was sie an sich sind. Bei der blichen Definition des Menschen wissen wir zum Beispiel nur, daß ein Sinneswesen etwas ist, von dem Sinnesttigkeiten ausgehen, und daß ein vernnftiges Wesen etwas ist, von dem berlegung und Vernunft ausgehen; aber die betreffenden Wesenheiten als solche kennen wir nicht. Das gilt nach S´miglecki ebenso fr Akzidentien: Auch ihre Wesenheiten erkennen wir nur unter dem Gesichtspunkt ihrer Beziehung zu den Sinnen, die sie affizieren, und der Wirkungen, die sie verursachen.125 Die Konsequenzen, die S´miglecki zieht, sind weniger einschneidend als die Lockes, der nur in der historischen Methode einen Ausweg sieht. S´miglecki hebt die Wichtigkeit von Wirkungen und Qualitten fr die Substanzerkenntnis hervor, macht aber keine Vorschlge zur Verbesserung von Verfahren zu ihrer Ermittlung. Auch hlt er trotz allem, ohne ins Detail zu gehen, eine vollkommene Wissenschaft von der Natur fr mçglich. Sie werde zwar niemals absolut vollkommen, aber doch in dem Maße, das der menschliche Verstand unter natrlichen Bedingungen erreichen kann. Er erkennt zwar die Dinge nicht in der Vollkommenheit, in der sie grundstzlich erkennbar wren, aber immerhin in der Vollkommenheit, die ihm Sinne, Wirkungen und Akzidentien erlauben. Unsere Substanzerkenntnis kann nmlich die wesentliche Vollkommenheit von Wissenschaft erreichen, die darin besteht, Dinge zuverlssig aus ihren Ursachen zu erkennen („scientia ex causis“). Wir erkennen die Ursache zwar nur durch die Konnotation ihrer Wirkungen und nicht so vollkommen, wie sie an sich ist; aber wir erkennen sie 125 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 16, qu.2; 617: „[…] rerum essentiae a nobis non cognoscuntur vt sunt in se, sed tantum quoad connotationes accidentium, vel effectuum, vt disputat. 14. quaest. vlt. dictum est; nihil enim aliud scimus de essentiis rerum, nisi quod sint quiddam connotans talia accidentia vel tales effectus: quid vero sint in se seclusa connotatione, non scimus explicite, sed valde implicite et confuse: ex confusa autem rei cognitione non generatur scientia absolute perfecta. Exemplo sit hominis trita definitio, Animal rationale: de terminis huius definitionis nihil scitur nisi quod animal sit quiddam a quo procedit sensus, rationale vero a quo procedit discursus vel ratio; quid vero sit in se illud a quo procedit sensus vel ratio, nescimus. Hoc autem verum est de definitionibus tam substantiarum quam accidentium; nam essentiae substantiarum sunt nobis in se ignotae, et non cognoscuntur nisi sub inuolucro accidentium, accidentium vero essentiae non cognoscuntur a nobis nisi per habitudines quasdam ad sensus, quos afficiunt, vel ad effectus, quos causant, essentias vero ipsas accidentium secundum se non cognoscimus.“

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trotzdem auf irgend eine Weise als Ursache, und damit erkennen wir ihre Wirkungen aus ihr.126 Eine solche Zielsetzung ist fr einen Experimentalphilosophen zu bescheiden; ihn interessiert die vergleichsweise mhelose Erkenntnis, daß etwas berhaupt eine Ursache ist, viel weniger als die Erkenntnis des modus operandi, das heißt, des Verfahrens, mit dem es seine Wirkung hervorbringt. D3d. Verallgemeinern von Substanzideen. – Fr die Verallgemeinerung von Substanzideen sieht auch Draft B hnlich wie Gassendi das Zusammenspiel von Abstraktion und Zusammensetzung vor, das ich als kompositive Abstraktion bezeichne und fr das ich im vorigen Kapitel eine Rezeptionsvermutung geußert habe: Man gewinnt durch przisive Abstraktion generelle einfache Ideen und stellt aus ihnen und der Substanzidee im engeren Sinn generelle komplexe Ideen zusammen. Diese entstehen nicht dadurch, daß man durch przisive Abstraktion die individuierenden Bestandteile singulrer Substanzideen abtrennt und den danach verbleibenden Rest als Universal bewahrt, sondern dadurch, daß man diejenigen einfachen Ideen abstrahiert, deren gemeinsames Auftreten man mehrmals beobachtet hat, und sie zu einer neuen Idee vereinigt. Wie Textbeispiele zeigen, geht Locke auch in Draft B davon aus, daß die Bildung genereller Ideen und Namen von kçrperlichen Substanzen in drei Phasen erfolgt: (1) Erfahrung des hufigen gemeinsamen Auftretens mehrerer einfacher Ideen; (2) deren Abstraktion und ihre Zusammensetzung mit der Idee eines Trgers zu einer neuen komplexen Idee, die der Verstand als Einheit betrachtet; (3) Benennung dieser neuen Idee mit einem generellen Namen. Zum Beispiel erklrt § 60, daß der Geist von den Sinnen und der Reflexion zahlreiche einfache Ideen empfngt. (1) Er bemerkt, daß einige davon bestndig zusammen auftreten, (2) nimmt an, daß sie zu einem einzigen Ding gehçren, denkt sie als in einer einzigen Substanz vereinigt (3) und gibt ihnen

126 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 16, qu.2; 617: „Dico secundo. Dari nihilominus scientiam perfectam, non absolute, sed ea perfectione quae in intellectum humanum naturaliter conuenire potest; humanus enim intellectus non ea perfectione res cognoscit, qua sunt res cognoscibiles, sed ea quam ex sensibus, effectibus, accidentibus, colligere potest: quae tamen cognitio potest esse ita perfecta, vt essentialem perfectionem scientiae in se habeat, quae in eo est posita, vt sit cognitio rei per propriam causam, propter quam res est, et quod non contingat aliter se habere. Quamuis autem non cognoscatur causa perfecte vt est in se, sed tantum per connotationem effectus, tamen simpliciter cognoscitur vt causa, et ex causa sic cognita, cognoscitur propter quid effectus.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

daraufhin einen einzigen Namen.127 § 73 erinnert an die von Boyle her bekannte Umdeutung der gemeinsamen Natur in eine Ideensammlung, denn er teilt mit, daß dem Autor die spezifische Konstitution und Differenz von Dingen nichts anderes zu sein scheint als (2) das Sammeln einer Anzahl einfacher Ideen, (1) die wiederholt bei gemeinsamen Auftritten beobachtet wurden; (3) solche Sammlungen veranstaltet man, damit man die Dinge benennen kann, in denen wir die betreffenden einfachen Ideen vereinigt finden.128 „Constitution“ steht hier fr eine abstrakte Idee und nicht fr eine reale Konstitution; die Erwhnung der spezifischen Differenz und das Attribut „specific“ beugen aber Mißverstndnissen vor. Laut § 80 beruhen unsere Klassifikationen bloß auf komplexen Ideen. Diese bestehen (2) aus Sammlungen einfacher Ideen, (1) die wir von Außendingen durch die ußeren Sinne oder von Ttigkeiten des Geistes durch die Reflexion empfangen, (3) und solche Ideen sind die unmittelbaren Trger des Artnamens.129 Wenn der Geist zur Erleichterung der Verwaltung seiner eigenen Gedanken, zur Erinnerung an sie und zu ihrer Mitteilung generelle Wçrter bilden mçchte, dann (1) beobachtet er sehr hnliche Dinge, (2) sucht sich die einfachen Ideen zusammen, in denen sie bereinstimmen, (3) und gibt dieser Sammlung einen Namen, der fortan der Name einer Art ist. Wenn er zum Beispiel (1) beobachtet, daß viele Individuen in einer bestimmten Gestalt bereinstimmen und gleichermaßen lachen und sprechen kçnnen, (2) dann bildet er aus diesen Eigenschaften eine komplexe Idee (3) und gibt ihr den Namen „Mensch“. hnlich verfhrt er (2) mit der Ideensammlung, die aus einer bestimmten ußeren Gestalt und der 127 DRB § 60; 162, 10 – 17: „The minde being as I have declared furnishd with a great number of these simple Ideas, conveyd in by the senses as they are found in exterior things or by reflection on its owne operations takes notice also that a certain number of these simple Ideas goe constantly togeather, which being presumed to belong to one thing, & words being suited to vulgar apprehension & made use of for quick dispatch are called soe united in one subject by one name.“ 128 DRB § 73; 177, 27 – 31: „[…] to me the specific constitution & difference of things seemes to be noe thing else, but collecting a certein number of simple Ideas, which usualy have been observed to goe togeather, in order to the nameing of the things in which they are found soe united […].“ 129 DRB § 80; 187, 17 – 25: „But to convince us that our destinguishing of things into species or rankeing them into sorts & kindes is noe thing else but frameing complex Ideas out of a certain collection of those simple Ideas which we have got either from exterior things by our senses or from the operations of our owne mindes by reflecting on them which complex Idea so framed in our understandings is to us the very notion or characterisme or generall representation of that species, & the immediate subject which that name stands for which is the specific name.“

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Fhigkeit zu wiehern besteht, (3) und gibt ihr den Namen Pferd.130 Die zweite Phase tritt in Draft B nicht immer deutlich hervor, ist aber wichtig, weil mehrere einfache Ideen erst dann eine Einheit bilden, wenn der Verstand sie als Einheit betrachtet.131 D3e. Hierarchien genereller Ideen. – Draft B geht ausfhrlicher als Draft A auf Hierarchien genereller Ideen ein; die Beispiele stammen aus dem Bereich der Substanzen. Ausdrcke von hçherer Allgemeinheit entstehen dadurch, daß man bestimmte Bestandteile zusammengesetzter genereller Ideen vernachlssigt. Eine generellere komplexe Idee, sagt § 69, besteht aus nur einem Teil der Bestimmungen einer weniger generellen. Zum Beispiel enthlt die Idee, fr die das Wort „Sinneswesen“ steht, nur die Bestimmungen ,Sinnesvermçgen‘ und ,Bewegungsvermçgen‘, beide gedacht als etwas, das sich in einem Kçrper befindet. Diese Bestimmungen kamen aber auch schon in den Ideen ,Mensch‘ und ,Pferd‘ vor, die einzelne Arten der Gattung ,Sinneswesen‘ reprsentieren, allerdings zusammen mit zustzlichen anderen.132 Von den allgemeinsten Ideen, die fr alle Dinge stehen kçnnen, ist die einfachste, dem Geist vertrauteste und in der Anwendung allgemeinste die Idee der Zahl, denn jeder individuelle Sinnesgegenstand und jede Ttigkeit des Geistes vermittelt uns den Begriff ,eins‘.133 Einige 130 DRB § 91; 198, 6 – 16: „The minde for the conveniency of marshalling its owne Ideas, recording its owne thoughts & signifying them to others being apt to make generall words to expresse a great many particular things. The first thing then I thinke is to observe those things which have the greatest likenesse one with an other & by collecting the simple Ideas wherin they agree give that a name which is from thence the name of a species. v.g. observeing many particular things to agree in shape the power of laughter, & of speech i e the use of significant sounds or universall signes, that Idea is made of it & the name man applied to that Idea, & soe the Ideas of the outward shapes & the power of neighing put togeather have the name horse.“ 131 DRB § 61; 165, 25 – 27: „It sufficeing to the unity of any Idea that it be considerd as one representation or picture though made up of never soe any particulars“. 132 DRB § 69; 173, 10 – 17: „ […] a more Generall word is but a name of a complex Idea which is but a part of that complex Idea which a lesse generall word or Specific name stands for. v.g. The Idea signifid by the word animal is but the power of sense an motion in a body or joynd with extension. but the Idea of Man or Horse which are species of animal have besides extension, Sense & Motion other simple Ideas as the ingredients of the complex Ideas we have of them.“ 133 DRB, Contents; 90, 24 – 25: „Number the simplest & most universal Idea.“ – DRB § 50; 156, 20 – 23: „Now as the notion of one (which is suggested by every individuall object of sense or action of the minde) is noe thing but the conside-

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

Texte lassen keinen Zweifel daran, daß auch generellere komplexe Ideen nicht durch przisive, sondern durch kompositive Abstraktion entstehen: Ein Wort wie „Metall“ steht fr eine Idee „made up of fusibility malleablenesse gravity“; und aus ,Bewegungsfhigkeit‘ und ,Sinnesvermçgen‘, die Teilideen von ,Mensch‘ und ,Pferd‘ sind, wird die neue komplexe Idee ,Sinneswesen‘ gebildet. Das noch generellere Wort „Lebewesen“ entsteht dadurch, daß man die komplexen Ideen sammelt, die zu ,Ernhrungsvermçgen‘ und ,Wachstum‘ gehçren.134 D3f. Darstellungen von Definition und Deskription in Lockes Umfeld. – Daß Locke fr die Verallgemeinerung komplexer Ideen kein przisives, sondern ein kompositives Verfahren vorschlgt, ist nicht selbstverstndlich. Im vorigen Kapitel wurde die Vermutung geußert, daß Locke bei dieser Konstruktion Gassendis Verfahren abstrahendo rezipiert hat, bei dem man die einfachen Ideen, die mehreren singulren Ideen gemeinsam sind, przisiv abstrahiert und zu eine neuen generellen Idee zusammenstellt. Mçglicherweise spielt bei Lockes Entscheidung auch die ursprngliche Freude des Korpuskularphilosophen am Zusammensetzen einfacher Elemente eine Rolle; Belege dafr nennt M. A. Stewart.135 Darber hinaus kçnnten bestimmte Ausprgungen der Definitionslehre im Spiel sein; das vermutete schon vor zwanzig Jahren Michael R. Ayers.136 Samuel Smith, ein Autor der Gruppe b, erwhnt zwei Arten von Realdefinitionen: Die wesentliche (essentialis), die im eigentlichen Sinn Definition heißt, expliziert die Wesenheit eines Dinges dadurch, daß sie die nchsthçhere Gattung und die konstituierende (spezifische) Differenz angibt. Dagegen enthlt die akzidentelle (accidentalis) Definition die Gattung und ein Proprium oder andernfalls die Gattung und mehrere gemeinsame Akzidentien; sie wird gewçhnlich als Beschreibung (descriptio) bezeichnet.137

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ration of that thing alone precisely in its self without consideration of parts or reference to any thing else.“ DRB § 80; 188, 5 – 8. Text s. S. 226, Anm. 26. – DRB § 92; 198, 29 – 199, 9. Text s. S. 226, Anm. 28. Stewart 1979; 66 – 67. Stewarts Seitenangaben zu Boyle beziehen sich auf: Selected philosophical papers of Robert Boyle, hrsg. von M. A. Stewart. Manchester (University Press) 1979. Ayers 1991; II 68: „The distinction between nominal & real essence derived, of course, from the Aristotelian distinction between nominal & real definition.“ Smith, Aditus, Oxford 1656, l. 2, c. 2; 63 – 64: „Realis definitio est, quae rei Essentiam et naturam declarat, de qua hoc loco potissimum agitur. – Realis haec definitio est duplex: Germana et essentialis quae proprie Definitio dicitur. Accidentalis, quae vulgo Descriptio appellatur. – Essentialis definitio est, quae ex genere

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Schon diese strikte Explikation lßt also bei bestimmten Definitionsweisen die Aufzhlung gemeinsamer Eigenschaften zu. Sanderson, der zur Gruppe a gehçrt, bestimmt die Deskription hnlich. Außer der wesentlichen Definition, die in der Nennung von Gattung und Differenz besteht, gibt es die uneigentliche und beschreibende, die Deskription heißt und aus der Angabe einer Gattung und einer Eigentmlichkeit oder aus der Angabe einer Gattung und einer Sammlung von Akzidentien besteht.138 Sanderson versucht, der Deskription den Anschein des Minderen zu nehmen: Deskriptionen sind nicht nur ntzlich, sondern oft auch notwendig, nmlich dann, wenn wir es mit Dingen zu tun haben, bei denen eine vollkommene Definition nicht mçglich ist (Transzendentalien, oberste Gattungen, Entia rationis, Individuen) oder wenn es uns an den wirklichen Differenzen oder an Wçrtern fr sie gebricht; beides kommt hufig vor.139 Nach Du Trieu aus der Gruppe a operiert die Deskription mit etwas, das fr das Definierte nicht wesentlich ist; so sagt man, der Mensch sei ein des Lachens fhiges Sinneswesen. Sofern eine Deskription nicht auf ußere Ursachen verweist („kausale Deskription“), nennt sie die Gattung sowie ein Proprium des Definitums („Der Mensch ist ein des Lachens fhiges Sinneswesen“) oder aber die Gattung und mehrere Akzidentien des Definitums („Der Mensch ist ein zweibeiniges ungefiedertes Sinneswesen.“).140 Fr die bisher geproximo, et differentia constitutiva conflatur, ut Homo est animal rationale, Animal est corpus animatum sensibile. […] Definitio accidentalis, seu descriptio est, quae ex proprietatibus aut accidentibus cum genere unitis conflatur: ut, Homo est animal bipes, loquendi potentia imbutum.“ 138 Sanderson, Logica, Oxford 1664, l. 1, c. 2, § 4; 5: „Cognitio Praedicabilium, (et consequenter introductio Porphyriana) conducit ad quatuor; sc: ad 1 Definitionem; quae semper est Speciei: constatque, si sit propria et essentialis, ex Genere et Differentia; sin impropria et descriptiva ex genere et proprio, vel cumulo Accidentium.“ 139 Sanderson, Logica, Oxford 1664, p. 1, c. 17, § 6; 64: „Descriptionum usus, cum alias utilis, tum etiam saepe est necessarius. Quoties sc. aut res explicandae occurrunt, quae non sunt capaces perfectarum definitionum, qualia sunt Transcendentia, Genera generalissima, Entia Rationis, Singularia, etc. aut ipsi inopia laboramus, aut verarum differentiarum, aut verborum, quibus eas exprimamus: quorum utrumque ex eo saepissime contingit, quod et rerum naturae atque essentiae sunt nobis plerumque parum satis cognitae: neque suppetunt usque dictiones exprimendis animi conceptionibus satis idoneae, praesertim in rebus extra usum quotidianum et forensem positis.“ 140 Du Trieu, Manuductio, Oxford 1678, p. 2, tr. 2, c. 1, a. 1; 136 – 137: „Descriptio est, quae datur per aliquid, quod non est essentiale definito: ut si dicas, Homo est animal risibile. […] Descriptio non causalis est etiam duplex: una datur per genus et proprietatem convertibilem cum Definito: ut si dicas, Homo est animal risibile.

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

nannten Autoren ist selbst bei Deskriptionen („akzidentellen Definitionen“) die Angabe der nchsthçheren Gattung erforderlich, aber nach Airay, der zur Gruppe d gehçrt, darf man auch sie ersetzen: Die Realdefinition, die entweder akzidentell oder wesentlich sein kann, macht klar, was ein Ding ist. Die akzidentelle oder beschreibende Definition erklrt die Natur eines Dings durch seine Akzidentien; sie besteht einerseits aus der Gattung oder aus dem, was an die Stelle der Gattung tritt, und andererseits aus Proprien oder gemeinsamen Akzidentien, die die Stelle der Differenz einnehmen. Weil unsere Erkenntnis bei den Akzidentien beginnt, wird die Deskription von allen sehr oft verwendet.141 Fr Airay sind also im Bereich der Realdefinitionen, zu denen die Deskription gehçrt, sowohl fr die Gattung als auch fr die Differenz Substitutionen zulssig. Dasselbe nimmt die Logik von Port-Royal an: Die weniger genaue Art zu definieren, die auch Deskription heißt, macht ein Ding durch seine Proprien bekannt und bestimmt es so, daß wir uns eine unverwechselbare Idee von ihm bilden kçnnen. Zum Beispiel werden Pflanzen, Frchte oder Sinneswesen durch Gestalt, Grçße, Farbe und hnliche Akzidentien beschrieben. Von solcher Natur sind die Beschreibungen der Dichter und Redner;142 im Blick auf Kreise wie den Boyles htte man hinzufgen kçnnen, daß auch die Deskriptionen der Experimentalphilosophen von solcher Natur sind. Auffllig ist an dieser Stelle die Nichterwhnung von Gattung und Differenz: Man beschreibt ein Ding nicht durch direkten oder indirekten Rekurs auf diese, sondern durch die bloße Aufzhlung von Eigenschaften, die es von anderen Dingen hinreichend unterscheiden. Diese Darstellung der Logik

Altera datur per genus et plura accidentia, quae simul collecta cum Definito convertuntur, ut si dicas, Homo est animal bipes implume.“ 141 Airay, Praecepta, Oxford 1660, l. 2, De definitione appendix; 87: „Realis [Definitio], quae ostendit quid res sit, estque vel Accidentalis vel Essentialis. – 1. Accidentalis seu descriptiva, quae rei naturam explicat per terminos quosdam accidentales, et constat ex genere, vel eo quod supplet locum generis; et accidentibus propriis vel communibus, quae supplent locum differentiae: ut homo est animal risibile, bipes, implume: et quia cognitio nostra incipit ab accidentibus, ideo hujus descriptionis maximus est apud omnes usus. „ 142 L’art de penser, Paris 1662, p. 2, c. 12; 155: „La definition moins exacte qu’on appelle description, est celle qui donne quelque connoissance d’vne chose par les accidens qui luy sont propres, et qui la determinent assez pour en donner quelque id e qui la discerne des autres. – C’est en cette maniere qu’on d crit les herbes, les fruits, les animaux par leur figure, par leur grandeur, par leur couleur, et autres semblables accidens. C’est de cette nature que sont les descriptions des Potes et des Orateurs.“

D3. Generelle Substanzideen

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von Port-Royal entspricht am ehesten Lockes Vorstellung von der besten Art zu definieren. D3g. Nach Locke sind Wçrter der Gegenstand von Definitionen und Dinge der Gegenstand von Deskriptionen. – Fr die hier konsultierten Schulphilosophen und auch fr die Logik von Port-Royal sind Realdefinitionen Aussagen, die die Wesenheit eines Dings explizieren.143 Locke geht wie Gassendi schon in Draft A davon aus, daß uns die Wesenheit von Substanzen verborgen ist, und dadurch verlieren schulphilosophische Realdefinitionen fr ihn an Interesse. Er entscheidet sich fr ein Verfahren der Definition, das dem in der Logik von Port-Royal fr Deskriptionen vorgesehenen gleicht, und damit steht der Ausdruck „Deskription“ fr eine neue Verwendung zur Verfgung. Whrend frhere Philosophen annahmen, daß der Gegenstand von Definitionen Dinge sind, versucht Locke, mit einer neuen Explikation der Unterscheidung zwischen Sachwissen und Wortwissen gerecht zu werden: „Ich denke, Definitionen gehçren eher zu Wçrtern als zu Dingen und sollen deren Bedeutung erklren. Denn das, was zu Dingen gehçrt, kann man meines Erachtens passender als Deskription bezeichnen, obgleich ich darber nicht disputieren mçchte.“144 Diese Meinung wird zwar erst in Draft B formuliert, aber schon Draft A hlt sich an einige der neuen Regelungen. Ob irgend eine der angefhrten schulphilosophischen Unterscheidungen fr Locke von Bedeutung gewesen ist, lßt sich abgesehen davon, daß wir die mçglichen Vermittlungswege nicht kennen, unter anderem deshalb schwer bestimmen, weil man von Fall zu Fall entscheiden mßte, welcher Lockesche Ausdruck dem Terminus „definitio“ oder „descriptio“ bei diesem oder jenem Schulphilosophen entspricht. Es ist aber auch deshalb schwer zu bestimmen, weil Texte Lockes in der Regel auch ohne Rekurs auf Schulphilosophen einen Sinn ergeben. Daß Locke den Gegenstand von Definitionen neu bestimmt, drften Zeitgenossen wahrgenommen haben; Morell wundert sich noch mehr als hundert Jahre spter darber.145 Im Essay wird die hergebrachte 143 Smith, Aditus, Oxford 1656, l. 2, c. 2; 63 – 64: „Realis definitio est, quae rei Essentiam et naturam declarat […]“. – Airay, Praecepta, Oxford 1669, l. 2, De definitione appendix; 87: „Realis [Definitio], quae ostendit quid res sit […]“. 144 DRB § 75; 181, 17 – 20. Text s. S. 216, Anm. 243. 145 Morell 1794 zu Essay 3.4.6; 422, 4 – 5 („§ 6, page 455“); 86: „This definition is the definition of a word, not a thing, that is a substance or a mode of it. Definition is usually reckoned the name of a proposition, in which the property or properties of a thing is so set forth as to distinguish it from every thing else; or in shewing the essence of that thing, or the genus and differentia, which is much the same.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

Alternative nicht erwhnt. Ich kenne keinen Autor in Lockes Umfeld, der fr diese Neuerung, durch die alle Definitionen zu Nominaldefinitionen werden, als Bezugsautor in Frage kommt; das schließt allerdings nicht aus, daß es einen solchen Autor gibt. Nach den von mir konsultierten Schulbchern definiert man Dinge oder Gegenstnde; bei Charleton und Boyle ist es nicht anders. Boyle erwhnt zwar gelegentlich die Definition von Ideen, denkt aber dabei an gedachte Gegenstnde wie mentale Dreiecke und Kreise.146 D3h. Divisives und kompositives Verfahren. Verwandtschaft von Definition, Deskription und komplexer Idee. – Fr die Gewinnung von Definitionen nimmt man unter Schulphilosophen zwei Verfahren an. Zum Beispiel erwhnt Powell, der sich auf Zabarella beruft, die kompositive Methode, die im Sammeln und Zusammenstellen (collectio et compositio) der wesentlichen Prdikate eines Definitums besteht, und die divisive Methode (Dihairesis), mit der Platon Definitionen aufzuspren versuchte.147 Scheibler, der zur Gruppe a gehçrt, beschreibt ausfhrlich beide Verfahren. Die divisive Methode liegt vor, wenn man bei einer entfernten Gattung des Definiendums beginnt und diese so lange unterteilt, bis man auf eine Differenz stçßt, die nur beim Definiendum vorkommt. Dann erkennt man, daß man dessen spezifische Differenz gefunden hat und daß deren nchsthçhere Gattung die passende Gattung ist.148 Dagegen setzt man bei 146 Z. B. Boyle: Appendix to the first part of the Christian Virtuoso; Works VI 709, 35 – 37: „And to this sort of primary truths may be referred the definitions of our more simple mental ideas, such as the clear conceptions we have of a triangle, a square, a circle, a cube, a cylinder, etc.“ 147 Powell, Analysis, Oxford 1631, l. 2, c. 14, scholia, a; 219 – 220: „DVplex (inquit Zabarella) statuitur methodus indagandi definitiones: vna compositiua, quae nihil aliud est, quam collectio et compositio praedicatorum essentialium, quae competunt alicui definito [..]. Et per hanc methodum Aristoteles asserit nos posse alicuius definitionem venari: altera divisiua, quae diuisione fit, per quam Plato omnes definitiones indagare solebat; eam Arist: hoc in capite non tam methodum, quam methodi ministram esse innuit.“ Als Bezugsstelle s. Zabarella (1597) 1966, De Methodis l. 4, c. 13; 304B-F. 148 Scheibler, Commentaria topica, Oxford 1653, c. 30, n. 75 – 76; 533 – 534: „Duplex via solet esse investigandi definitionem quarum alteram Plato in sophista, alteram Arist. 2. post. c. 12 tradit. Prima vocatur divisiva, altera compositiva. – De via divisiva. – Igitur via divisiva est, cum sumimus aliquod remotum genus ejus rei, quam definiri volumus, et illud tam diu dividimus, donec offendamus differentiam, quae non pateat extra rem, quam definire volumus. Hoc enim facto colligimus, nos habere differentiam specificam nostri definiti, genusque, quod supra illam speciem est proxime, esse verum genus.“

D3. Generelle Substanzideen

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der kompositiven Methode die Definition aus wesentlichen Prdikaten des Definiendums zusammen.149 Auf diese Weise verfhrt man im Prinzip auch bei der von Locke empfohlenen Art zu definieren, doch tut man es darber hinaus auch bei der von ihm vorgesehenen Art, abstrakte komplexe Ideen zu bilden. Im ersten Fall bergeht man die nichtgemeinsamen Teilideen mehrerer Individuen oder Arten, sammelt die gemeinsamen Teilideen und zhlt sie in der Definition auf. Im zweiten Fall bergeht man die nichtgemeinsamen Teilideen mehrerer Individuen oder Arten, sammelt ihre gemeinsamen Teilideen und vereinigt sie zur komplexen Idee einer Art oder Gattung. Die hnlichkeit der beiden Ttigkeiten ist nicht zufllig, denn zwischen komplexen Ideen und Definitionen besteht ein Zusammenhang, auf den bereits Gassendi mehrmals hinwies, der allerdings noch davon ausging, daß man nicht Wçrter, sondern Dinge definiert: Wenn jemand fragt, was ein bestimmtes Ding ist, dann definieren oder beschreiben wir es nach Maßgabe seiner Idee (anticipatio) in unserem Geist; die Idee eines Dings dient also als Vorlage fr seine Definition. Diesen Gedanken greift Stanley auf: „[…] if it be demanded what any thing is, we define or describe it in such manner as it is, according to the anticipation thereof which we have in our Mind;“150 „anticipatio“ (pq|kgxir) dient in der lateinischen EpikurTradition als Synonym fr Wçrter wie „conceptus“ und „notio“. In der berschrift zu diesem Canon geht Stanley fast so weit, Begriff und Definition zu identifizieren: „Anticipation is the very Notion, and (as it were) Definition of the Thing […]“.151 Die Definition eines Dings entspricht seiner Idee, denn an ihr orientieren wir uns, sooft wir es definieren oder beschreiben.152 Sobald sich aber Definitionen in sprachliche Darstellungen des Inhalts einer Idee verwandeln, rcken Definition und Idee so eng 149 Scheibler, Commentaria topica, Oxford 1653, c. 30, n. 81; 535: „Via compositiva est, quando ex aggregatione praedicatorum essentialium, quae definito competunt, colligitur definitio.“ 150 Stanley 31701, p. 13, I, c. 3, can. 2; 553a, 33 – 36. Der Text beruht auf Gassendis Ph. Ep. s. 1, c.3, can. 2; III 8b, 39 – 42: „Ex his autem fit, vt si requiratur, quid quaepiam res sit; illam definiamus, siue describamus, quatenus se habet, quam in Animo habemus illius anticipationem.“ 151 Stanley 1701, p. 13, 1, c. 3, can 2, berschrift; 553a. – Die Stelle ist eine Paraphrase von Ph. Ep. s. 1, c.3, can. 2; III 8b, 6 – 7. 152 Gassendi, Inst. Log. 1, can. 15; I 97a, 63 – 97b, 8: „Qualis Idea rei est, talis traditur rei Definitio. Quoties videlicet rogamur, aut declarare volumus quid, aut cuiusmodi res sit; statim ad eam, quam habemus eius ideam respectamus, et iuxta illam definimus, describimusve ipsam rem: adeo proinde, vt si Idea rem perfecte repraesentet, Definitio, hoc est Oratio, qua rei naturam essentiamve (seu quid, aut cuiusmodi sit) declaramus, accurata sit; sin minus perfecte, minus accurata.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

zusammen, daß Gassendi sie geradezu identifiziert: Der Begriff eines Dings ist seine dem Geist eingeprgte Definition.153 Wenn man auf diese Weise die komplexe Idee als mentale und die Definition als verbale Definition versteht, dann legt sich leicht auch der Gedanke nahe, daß beide nach derselben Methode gebildet werden: Mentale wie verbale Definitionen entstehen kompositiv. In den frhen Drafts findet man nicht so pointierte ußerungen ber das Verhltnis von komplexer Idee und Definition wie bei Gassendi, aber auch sie machen klar, daß beide Phnomene eng zusammenhngen: Die Gte der Definition eines Wortes hngt von der Gte der Idee ab, die seine Bedeutung ist. Weil unsere Ideen von Substanzen mit bestimmten Namen oft unvollkommen sind, sind es unsere Definitionen der entsprechenden Wçrter auch.154 Die Zusammensetzung der Definition entspricht der Zusammensetzung der Idee, die durch das zu definierende Wort bezeichnet wird, und wenn man bestndig nach weiteren Eigenschaften von Gold sucht, dann gelangt man am Ende zu einer komplexen Idee, die eine vollkommene Sammlung aller einfachen Ideen ist, welche in der Substanz namens Gold vereinigt sind; und in der Aufzhlung dieser Ideen besteht die Definition des Wortes „Gold“.155 Eine allgemeiner gehaltene Stelle aus Draft B deutet eine gute komplexe Idee als Deskription: Wenn man alle Eigenschaften eines Dings ausfindig macht und in einer komplexen Idee versammelt, dann hat man eine wahre Deskription dieses Dings, und das Aufzeichnen der einfachen Ideen, aus denen seine komplexe Idee besteht, ist die Definition seines Namens.156 Andere Stellen erwhnen die Nhe von Definition und komplexer Idee noch unmittelbarer; § 15 von Draft A spricht von aktiven oder passiven Krften, die in der Definition 153 Gassendi, Log. Orig., c. 7, can. 6; I 54b, 38 – 39 und 57 – 59: „Anticipatio est ipsa rei notio, siue definitio […] adeo proinde, vt Anticipatio nihil aliud sit, quam impressa quaedam Animo rei definitio.“ 154 DRA § 1; 2, 12 – 14: „[…] our Ideas of Substantiall or materiall objects comeing under determinate names & consequently our definitions of such words are often very imperfect […]“. 155 DRA § 1; 2, 22 – 28: „[…] a farther familiarity of the senses findes weight joynd with shineing yellow, farther examination flexibility then malleable nesse, then fusibility, then fixednesse, then aptnesse to be dissolvd in a certaine sort of liquor &c & soe at last to a perfect collection of all the simple Ideas united in that one subject which is cald gold, an enumeration whereof is a definition of that word.“ 156 DRB § 72; 176, 20 – 24: „[…] the other requires a laborious & exact scrutiny into the nature of the things & a searching out all their qualitys & propertys which being collected into one complex Idea is a true description of that thing, & the seting downe the particular simple Ideas makeing up that complex Idea is the definition of the name of that thing.“

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eines Wortes oder in der Idee, fr die es steht, enthalten sind.157 In der Deskription stellt man gemeinsame Eigenschaften von Dingen zusammen, in der Definition zhlt man die Ideen auf, unter denen wir uns diese Eigenschaften vorstellen, und in der komplexen Idee vereinigt man sie. So rcken komplexe Ideen in unmittelbare Nhe von Deskription und Definition.

D4. Gattungen und Arten D4a. Gattungen und Arten im intensionalen und extensionalen Sinn. – Das Allgemeine der Gattungen und Arten unterscheidet sich bei Locke vom Allgemeinen der Ideen und Wçrter, setzt es aber voraus; beide werden mit verschiedenen Verfahren hergestellt. Eine (intensionale) Gattung oder Art ist nach Draft B ein generelles Wort, unter das man Individuen einordnen kann. Eine (extensionale) Gattung oder Art ist eine Menge von Individuen, die unter ein generelles Wort eingeordnet werden oder eingeordnet werden kçnnen. Manche Stellen ergnzen, daß man die Sammlung einfacher Ideen, fr die das generelle Wort steht, zu einer komplexen Idee vereinigt hat, die nun als Maßstab dafr dient, ob man ein Ding zu einer Art rechnen darf oder nicht. In diesem Sinn ist das Allgemeine der Ideen und Wçrter die Grundlage des Allgemeinen der Gattungen und Arten. Generelle Ideen konstituieren (extensionale) Gattungen und Arten, denn sie sind Kriterien fr die Zuweisung von Individuen zu Arten, und die Wçrter, die fr solche abstrakten Ideen stehen, sind diejenigen (intensionalen) Gattungen und Arten, unter die man Dinge einordnet; weil aber die Einordnung von Dingen unter Wçrter Prdikationsmçglichkeiten erçffnet, setzt § 69 Dispute, die etwas mit Gattung und Art zu tun haben, mit Disputen ber die Prdikation generellerer Wçrter von weniger generellen gleich.158 Blickt man auf die schulphilosophische Unterscheidung zwischen absolutem und relativem Allgemeinen zurck, dann fallen bei Locke generelle Ideen und Wçrter als solche unter das absolute Allgemeine; sobald man aber die 157 DRA § 15; 30, 23 – 30: „[…] Excepting still those powers whether active or passive which are included in the definion of the word or the Idea of the thing meant by that word in the proposition […]“. 158 DRB § 69; 173, 1 – 7: „[…] whether gold be a mettall or a fungus a plant &c are perfect disputes about the signification of words & soe are all disputes where the question hath any thing to doe with genus & species i.e where more generall ords or those of a more lax & comprehensive signification are predicated of words of a narrower or lesse comprehensive signification […]“.

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Mçglichkeit ins Auge faßt, Individuen nach Maßgabe genereller Ideen unter generelle Namen einzuordnen und generelle Namen von ihnen zu prdizieren, geht man zum relativen Allgemeinen ber, und generelle Wçrter verwandeln sich in Gattungen und Arten im intensionalen Sinn. Locke glaubt, daß man bei der Bildung des Allgemeinen den Zweck verfolgt, die sprachliche Kommunikation zu erleichtern. Fr mich, heißt es in § 73, bestehen Wesenheit und spezifische Differenz von Dingen bloß im Sammeln einer bestimmten Anzahl einfacher Ideen, von denen wir gewçhnlich beobachtet haben, daß sie zusammen auftreten. Diese sammeln wir deshalb, weil wir die Dinge benennen mçchten, in denen sie vereinigt sind, und das bedeutet, daß wir sie sammeln, damit wir uns bequemer erinnern und unterhalten kçnnen. Abstrakte komplexe Ideen sind eine Erfindung des Verstandes, der Dinge nach Maßgabe der einfachen Ideen, in denen sie erfahrungsgemß bereinstimmen, unter Namen einordnet. Dabei bringt er sie je nach Beschaffenheit unter die richtige Flagge und in die passende Gesellschaft;159 „under due ensignes“ weist auf eine eindrucksvolle Stelle in Essay 3.6.36 voraus. Locke weiß, daß er durch seine Verwendung von Ausdrcken wie „Art“ und „Gattung“ Mehrdeutigkeiten in Kauf nimmt; er erklrt zum Beispiel, daß ein Wort wie „Vater“ sowohl fr eine Art als auch fr eine komplexe Idee und schließlich fr eine Substanz stehen kann,160 denn es kann 1. eine Art im extensionalen Sinn (die Klasse der Vter), 2. die Artidee und 3. einen bestimmten Vater bezeichnen. Manchmal versucht Locke, solche Unklarheiten zu vermeiden, indem er die extensionale Bedeutung durch Beifgungen mit „von“ kenntlich macht. So spricht er von verschiedenen Arten von Dingen, von Arten und Gattungen von Dingen oder von Qualitten, die einer Sorte oder Art von Dingen inhrieren.161 Als Synonyma von „species“ treten neben „sort“ und „kinde“ auch „ranke“ und „tribbe“ auf.162 159 DRB § 73; 177, 27 – 178, 2: „[…] to me the specific constitution & difference of things seemes to be noe thing else, but collecting a certein number of simple Ideas, which usualy have been observed to goe togeather, in order to the nameing of the things in which they are found soe united for the conveniency of memory & discourse, & soe is an invention of man rankeing things under names according to the qualitys or simple Ideas where in they found them agreed […]“. – DRB § 75; 181, 27 – 28: „[…] marshall things rightly into fit company according to their ranks & under due ensignes […]“. 160 DRB § 153; 264, 16 – 18: „[…] when the word Father is mentioned 18 there is meant that particular species or substance or collective Idea signified by the word man […]“. 161 DRB § 73; 177, 23: „[…] the severall species of things […]“. – DRB § 75; 181, 16 – 17: „[…] species & genus of things & specific differences […]“.

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D4b. Undeutliche Stellen zum Verfahren bei der Artzuweisung. – In seiner Theorie der Zuweisung von Individuen zu Arten hatte sich Surez fr ein Verfahren entschieden, bei dem man sich an Begriffen orientiert: Man weist ein Individuum einer Art zu, wenn es mit deren abstraktem Begriff bereinstimmt. Nach Gassendi weist man dagegen ein Individuum einer Art zu, wenn es den bereits bekannten Artexemplaren hnlich ist, denn man orientiert sich bei der Artzuweisung nicht an Begriffen, sondern an Gegenstnden. Beides kann die Umgangssprache nachvollziehen: Ich weise ein Individuum einer Art zu, weil es meiner Vorstellung von ihr entspricht; oder ich weise es einer Art zu, weil es den mir bekannten Artexemplaren hnlich ist. Einige Stellen von Draft B, zum Beispiel § 83, sagen nicht ausdrcklich, daß man sich bei der Artzuweisung an Ideen orientiert: Obgleich die Natur viele Einzeldinge hervorbringt, die in vielen Qualitten oder einfachen Ideen miteinander bereinstimmen, sind es doch Menschen, die diese bereinstimmungen zum Anlaß nehmen, Dinge zum Zweck ihrer Benennung nach Arten zu unterscheiden.163 Der Text erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, daß bei der Artzuweisung hnlichkeiten von Individuen den Ausschlag geben. Er erwhnt die Artidee nicht und erklrt, daß Einzeldinge in (und nicht: mit) mehreren einfachen Ideen bereinstimmen. Doch ist der Passus interpretierbar, weil die Formulierung „in vielen Qualitten oder einfachen Ideen miteinander bereinstimmen“ auf die betreffende Sammelidee zielen kann und weil Draft B auch an zweifellos begriffsorientierten Stellen erklrt, Einzeldinge stimmten in (nicht: mit) einer komplexen Idee berein.164 Aus nicht ganz klaren Texten dieser Art folgt nicht, daß Locke bei der Abfassung von Draft B noch unsicher war und zwischen dem von Gassendi und dem von Surez vorgesehenen Verfahren schwankte; plausibler ist die Annahme, daß er wie die meisten Autoren nicht immer vollstndig formuliert. Noch nach einer sechs Jahre jngeren Tagebucheintragung sind Gattungen und Arten in Bezug auf uns Dinge, die wir zum Zweck ihrer Benennung in Klassen 162 DRB § 28; 138, 15 – 16: „[…] those kinde of objects […]“. – DRB § 63; 167, 3: „[…] those kinde of birds […]“. – DRB § 75; 181, 24: „[…] the rankes of things […]“. – DRB § 80; 187, 17 – 18: „[…] our destinguishing things into species or ranking them into sorts & kindes […]“. – DRB § 93; 199, 24 – 25: „[…] many particular things as they are ranked into severall tribbes & sorts […]“. 163 DRB § 83; 190, 24 – 27: „[…] though nature make many particular things which doe agree one with an other in many qualitys or simple Ideas, yet it is men who takeing occasion from those qualitys wherein they finde them to agree that destinguish them into species […]“. 164 Zum Beispiel DRB § 62; 166, 6.

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eingeordnet haben, weil sie in einigen von uns fr wesentlich erachteten Ideen miteinander bereinstimmen.165 Auch das kçnnte man, weil Locke in Formulierungen nicht scharf zwischen Ideen und Qualitten unterscheidet, zunchst auf gegenstandsorientierte Artzuweisung beziehen; weil allerdings nicht von einfachen Ideen berhaupt die Rede ist, sondern von einfachen Ideen, die man fr wesentlich erklrt hat, spricht mehr fr eine andere Deutung. D4c. Deutliche Stellen zum Verfahren bei der Artzuweisung. – An anderen Stellen von Draft B wird die Artzuweisung so deutlich wie spter im Essay als etwas beschrieben, bei dem man sich an Begriffen orientiert; ich habe im vorigen Kapitel die Vermutung ausgesprochen, daß Locke diese Konstruktion von einer Autorengruppe rezipiert hat, der Burgersdijck, Surez, S´miglecki und Rubio angehçren. Wir geben Sammlungen von einfachen Ideen, die wir wiederholt bei mehreren Einzeldingen beobachtet haben, einen gemeinsamen Namen, und dieser ist je nach dem, ob er mehr oder weniger umfassend ist, eine Art oder Gattung. Unter solche generelle Namen ordnen wir Dinge ein, von denen wir annehmen, daß sie in der betreffenden Anhufung und Anzahl einfacher Ideen sowie aktiver oder passiver Krfte miteinander bereinstimmen.166 Die Stelle macht klar, daß Locke Gattungen oder Arten fr generelle Namen hlt und daß uns die von ihnen bezeichneten Sammelideen, Ideenaggregate oder Ideenmengen bei der Zuweisung von Individuen zu Gattungen oder Arten als Kriterien dienen. Wenn ein Einzelding, sagt § 73, der Artidee entspricht, die ein Mensch in seinem Geiste hat, dann denkt er, daß diesem Ding mit Recht der Name der betreffenden Art zukommt, und deshalb nennt er es vollkommenes Gold und wahres Metall oder auch vollkommene Liebe und wahre Dankbarkeit; es entspricht nmlich der komplexen Idee, fr die er diese Namen zu verwenden pflegt.167 Aus dem Text geht hervor, daß Einzeldinge mit der Artidee verglichen und, wenn sie ihr entsprechen, der 165 Aaron 1936, 1677, Frid. Nov. 19; 99, 8 – 11: „[…] soe that species, in respect of us, are but things ranked into orders because of their agreement in some ideas which we have made essentiall in order to our naming them.“ – Entsprechend King: 1677 – SPECIES; King 329, 18 – 21. 166 DRB § 62; 166, 7 – 13. Text s. S. 202, Anm. 190. 167 DRB § 73; 179, 23 – 27: „[…] to which specific Idea that a man hath in his minde, when any particular thing answers, he thinks the name of that species belongs truly to that thing, & hence he calls it true or perfect gold & true mettall, perfect charity & true gratitude when the thing he names soe, answers that complex Idea to which he uses to apply that name.“

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Art fr den Akt der Benennung zugewiesen werden. Nach § 83 erteilt man Einzeldingen gemeinsame Namen im Blick auf komplexe Ideen, denn diese reprsentieren Sammlungen einfacher Ideen, in welchen Einzeldinge miteinander bereinstimmen. Bei der Artzuweisung orientiert man sich an einer abstrakten Idee, und zwar an einer komplexen, zu deren Bildung man Ideen gemeinsamer Eigenschaften von Einzeldingen gesammelt und miteinander verbunden hat. Wie § 83 weiter erklrt, werden die Namen solcher komplexer Ideen deshalb zu generellen Wçrtern, Benennungen (appellations) oder allgemeinen Zeichen, weil sie Namen fr mehrere Einzeldinge sind; das sind sie nach der Artzuweisung in der Tat, nur wird in diesem Passus nicht erwhnt, daß sie ursprnglich fr generelle Ideen stehen. Danach heißt es in § 83 weiter, daß Einzeldinge, denen ein genereller Name zukommt, in eine Art eingeordnet werden, weil sie der betreffenden komplexen Idee entsprechen.168 Nach § 93i denkt jemand, daß mehrere existierende Individuen an einer bestimmten Anzahl einfacher Ideen Anteil haben, die er in seinem Geist zu einer einzigen komplexen Idee vereinigt hat; in ihr stimmen alle diese Individuen berein, und durch sie werden sie von anderen Dingen oder Arten unterschieden.169 D4d. Bedeutungen von „bereinstimmung“. – Kriterium bei der Artzuweisung ist die bereinstimmung eines Einzeldings mit der Artidee, doch die Bedeutung von „bereinstimmung“ variiert von Ideenklasse zu Ideenklasse. Ich finde in Draft B keine nhere Angabe zur bereinstimmung von Ideen primrer Qualitten mit ihren dinglichen Korrelaten. Eine Stelle in § 35 lßt sich am ehesten auf das beziehen, was Locke im Essay sekundre Qualitten nennt: Wenn etwas bestndig eine bestimmte einfache Idee in uns erzeugt, dann geben wir ihm den Namen der Qualitt, die dieser Idee entspricht, und pflegen davon auszugehen, daß die betreffende einfache Idee der sie hervorbringenden Qualitt gleicht oder sogar ihr Abbild ist; es kommt aber lediglich darauf an, daß das affizierende 168 DRB § 83; 190, 28 – 191, 3: „[…] tis in regard only of those complex Ideas supposd to represent the congeries of those simple Ideas wherin they are observed or beleived to agree that they come to have common names given them which thereby are generall words or appellations or universall signes & the individualls or particular things to which those generall or common appellations belong are sorted into rankes or kindes as corresponding to or answering those complex Ideas.“ 169 DRB § 93i; 207, 20 – 24: „[…] if he thinkes that several individuals existing doe partake in a certain number of simple Ideas which he hath united into one complex Idea in his minde in which complex Idea all those Individuals do agree & by which they are distinguished from other things or ranks […]“.

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Objekt sie bestndig und regelmßig in uns hervorbringt.170 Whrend hier Qualitt und Idee insofern miteinander bereinstimmen, als sie in einem verlßlichen Kausalverhltnis stehen, bedeutet „bereinstimmung“ im Zusammenhang mit Substanzideen, daß Einzeldinge die Qualitten enthalten, deren Ideen in der komplexen Idee vereinigt sind, welche der generelle Name bezeichnet: Generelle Substanzideen sind dann exakte Reprsentationen, wenn sie eine Sammlung der einfachen Ideen enthalten, die in den betreffenden Dingen koexistieren.171 Als Ausdrcke fr bereinstimmung werden Bildungen von resembl* verwendet, und zwar fr bereinstimmungen von Dingen mit Ideen und von Ideen mit Dingen.172 Hufig kommen auch Bildungen von agree* vor, und zwar çfter an Stellen, nach denen Ideen mit Dingen bereinstimmen, als an Stellen, nach denen Dinge mit Ideen bereinstimmen.173 Auch Bildungen von answer* sind nicht selten, werden aber çfter fr Entsprechungen von Dingen mit Ideen als fr Entsprechungen von Ideen mit Dingen eingesetzt.174 „Conform*“ ist selten.175

170 DRB § 35; 142, 30 – 144, 6: „[…] that some thing doth exist at that time without us which causes that Idea in us, & from the produceing constantly that Idea in our mindes we give it a name as of a destinct quality answering & as we commonly judg resembling though in truth only causeing that Idea, which is noe more but that it produces such an Idea, or rather when any object produces any Idea in us we denominate it as if that Idea were the image of that quality which whether it be or noe matters not soe the Idea by the object affecting my senses be produced in me constantly & regularly […]“. 171 DRB § 93i; 205; 25 – 27: „[…] these representations if they have noe thing in them but such a collection of simple Ideas as doe exist in things as they are, are exact representations […]“. – § 79; 185, 25 – 186, 3: „[…] it is certainly much more difficult for men to agree in the collection of those simple Ideas which (as I shall shew hereafter) morall words stands for, which is more arbitrary a great deale then in permanent sensible beings which being made by nature workeing regularly for the most part, are the standards whereby we may examin the agreeablenesse & resemblance of our complex Ideas to them.“ 172 Zum Beispiel DRB § 31; 141, 15. – DRB § 61; 164, 22. – DRB § 79; 186, 3. – DRB § 159; 268, 27. 173 Zum Beispiel DRB § 49; 156, 7. – DRB § 59; 162, 2. – DRB § 79; 186, 2 – 3. – DRB § 93a; 201, 26. – DRB § 93i; 205, 23 – 24, 27 – 28. 174 Zum Beispiel DRB § 51; 159, 2. – DRB § 52; 159, 34. – DRB § 73; 179, 24 und 27. – DRB § 75; 183, 6. – DRB § 83; 191, 3. – DRB § 93i; 206, 2 und 22. – DRB § 93i; 207, 19. – DRB § 94; 214, 16. – DRB § 94; 215, 2. 175 DRB § 156; 266, 32.

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D4e. Generelle Ideen sind artkonstituierend. – Generelle Ideen als die Standards, nach denen wir ber Artzugehçrigkeiten entscheiden, werden nicht von der Natur, sondern vom Verstand gemacht. Insofern ist der Verstand die Instanz, die Arten herstellt. Der Text weist mit „the specific constitution and difference“ bereits auf Formulierungen des Essay voraus, nach denen generelle Ideen, sofern sie bei der Artzuweisung als Kriterien dienen, artkonstituierend sind,176 also das vollziehen, was in der Schulphilosophie die Aufgabe von Formen oder Wesenheiten (essentiae) war. Das kommt schon in Draft B in einer Anzahl von Texten zum Ausdruck. § 77 erwhnt die Sammlung derjenigen einfachen Ideen, die eine Art konstituieren, § 78 das Aggregat von Qualitten, die, wenn sie zusammen auftreten, „make any species“, und das Aggregat derjenigen Qualitten, die zusammen die menschliche Art bilden (make up).177 Die artkonstituierenden Ideen von Draft B, denen im Essay die artkonstituierenden Wesenheiten entsprechen, sind von Menschen gemacht. Der schwierige § 75 von Draft B spricht allerdings von Dingen, „as they are made into different sorts by nature“; vergleichbare Texte lassen vermuten, daß Locke hier an natrliche hnlichkeiten von Dingen denkt, denn der Passus knpft bei der Feststellung an, daß unsere Wçrter den Dingen someway entsprechen mssen;178 Locke hegt anscheinend noch die Zuversicht, daß sich unsere Vorstellungen den Dingen, so wie sie wirklich sind, zumindest annhern kçnnen. An anderen Stellen fhrt die Erwhnung von Sorten, die nicht der Verstand, sondern die Natur gemacht hat, zu keiner Schwierigkeit, denn sie richtet sich gegen Theorien, die Locke nicht teilt: Es ist schwer, wenn nicht unmçglich, die Bedeutung von Wçrtern aufgrund der Wesenheit von Dingen zu bestimmen, die die Natur angeblich in Individuen derselben Art

176 DRB § 73; 177, 27 – 28 und 177, 31 – 178, 2: „[…] to me the specific constitution & difference of things […] is an invention of man rankeing things under names according to the qualitys or simple Ideas where in they found them agreed […]“. 177 DRB § 77; 184, 21 – 23: „[…] what that precise collection of qualitys or simple Ideas are which are soe united as always to goe togeather & soe constitute any species of things […]“. – DRB § 78; 185, 6 – 7 und 12 – 16: „[…] that precise aggregate of qualitys which being all togeather make any species […] it is far yet from being certainly determined what those qualitys or simple Ideas are […] which togeather make up that species whereof we are individuals & which we commonly call man […].“ 178 DRB § 75; 183, 4 – 8: „[…] our words will not serve to conversation & the ordinary affairs of life, if the Ideas they stand for be not someway answering to the common appeareances & agreement of things as they are made into different sorts by nature.“

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als genau die gleiche erschaffen hat.179 § 87 fordert den Mitunterredner zu dem vergeblichen Versuch auf, die Dinge so zu betrachten, als wrden sie nicht von ihm, sondern von der Natur in Sorten eingereiht.180 Zwar gehen bereinstimmungen von Dingen auf die Natur zurck, doch gelangen wir mit ihnen nicht weiter als bis zur Artenbildung nach unserer Weise.181 D4f. Die Erleichterung des Benennens von Dingen gehçrt zu den Zwecken der Bildung genereller Ideen. – Arten machen es mçglich, mehrere Dinge mit einem gemeinsamen Namen zu bezeichnen. Dinge nach Arten zu unterscheiden, bedeutet nach § 73, daß man zuerst die bereinstimmung vieler Einzeldinge in bestimmten einfachen Ideen beobachtet und danach aus diesen komplexe Ideen bildet, damit man den betreffenden Einzeldingen bei Gesprchen und anderen Verwendungen der Sprache einen gemeinsamen Namen geben kann.182 In der Inhaltsangabe zu Draft B wird gesagt: „Unterscheidung von Arten ist nichts anderes als gewisse Sammlungen von einfachen Ideen zum Zweck des Benennens“.183 Wir bilden generelle Ideen um unserer selbst willen, weil wir generelle Wçrter brauchen, denn unser einziges Wissen von etwas betrifft die einfachen Ideen, die in ihm sind.184 Komplexe singulre Ideen bestehen teils aus individuellen Merkmalen und teils aus Sammlungen einfacher Ideen, in denen mehrere Individuen bereinstimmen, und weil wir nicht fr jedes Einzelding einen Eigennamen bilden kçnnen, setzen wir die gemeinsamen Teilideen zu einer einzigen abstrakten Idee zusammen und geben ihr einen Namen.185 Etwas 179 DRB § 75; 181, 21 – 23: […] it is not easy. if possible to determin the signification of words according to the essense of things supposd to be made by nature in the individuals of the same species exactly the same.“ 180 DRB § 78; 185, 9 – 11: „Considering things as rankd into sorts by nature let us examin that which we may be supposed to know best of all & call man […]“. 181 DRB § 83; 190, 24 – 28: „[…] that though nature make many particular things which doe agree one with an other in many qualitys or simple Ideas, yet it is men who takeing occasion from those qualitys wherein they finde them to agree that destinguish them into species in order to their nameing […]“. 182 DRB § 73; 178, 20 – 24: „[…] to observe certeine simple Ideas where in many particulars doe agree & makeing complex Ideas of such collections to give names to them for discourse & all the other uses of language. Which is all that we do when we distinguish things into species.“ 183 DRB, Contents; 92, 3 – 4. Text s. S. 225, Anm. 24. 184 DRB § 75; 183, 16 – 18: „[…] we devide them into species in respect of our selves, that we may the better name them for haveing noe other knowledg of any thing but the simple Ideas that are in it […]“. 185 DRB § 73; 177, 27 – 178, 2 und 178, 20 – 22: Weil wir nicht fr alle Einzeldinge einen Namen haben kçnnen, „[…] it hath sufficed to observe certeine simple Ideas

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hnliches erklren zeitlich benachbarte Texte. Nach der zitierten Tagebucheintragung von 1677 bezeichnen wir einige gemeinsame Eigenschaften von Dingen deshalb als wesentlich, weil wir mit generellen Namen arbeiten mçchten; dadurch, daß wir Arten bilden, wenn es uns hilfreich erscheint, bekommen wir gemeinsame Namen fr Dinge, ber die wir çfter reden mssen, weil es die Lebenspraxis erfordert oder weil sie Gegenstnde allgemeiner Beobachtung sind.186 Bei der alltglichen Bestimmung von Arten geht es weniger um wissenschaftliche Einsichten als um die Erleichterung der verbalen Verstndigung im Alltag. D4g. „Denomination“ und „appellation“. Anspruch auf den Art- oder Gattungsnamen. – Generelle Namen kommen ursprnglich generellen Ideen zu; sie sind Laute, die Menschen als Merkzeichen fr bestimmte Sammelideen (collective Ideas) in ihrem Geist verwenden.187 Die sptere Vergabe solcher Wçrter an Einzeldinge kann man als sekundre Namengebung bezeichnen; sie verknpft die betreffenden Einzeldinge im Angesicht der Sprachgemeinschaft mit dieser oder jener Art- oder Gattungsidee. Im Essay wird die sekundre Namengebung manchmal mit Bildungen von „denominat*“ bezeichnet; diese stehen in Draft B sowohl fr die Benennung einfacher Ideen und Relationen als auch fr die Benennung von Substanzen.188 Die bereinstimmung eines Dings mit einer generellen Idee ist nicht nur das Kriterium fr die Angemessenheit seiner Aufnahme in eine Gattung oder Art, sondern verleiht ihm auch das Recht auf den Artoder Gattungsnamen. Daß zwischen dieser bereinstimmung und der Fhrung des Artnamens ein rechtshnliches Verhltnis besteht, deutet sich in Draft B hnlich wie vorher in Draft A schon im Zusammenhang mit where in many particulars doe agree & makeing complex Ideas of such collections to give names to them for discourse & all the other uses of language. which is all that we doe when we destinguish things into species.“ 186 Aaron 1936, 1677. Frid. Nov 19; 98, 20 – 23: „The species of things are distinguishd and made by chance in order to nameing and names imposd on those things which either the conveniencys of life or common observation brings into discourse.“ – Entsprechend: 1677. – SPECIES; King 328, 32 – 36. – Aaron 1936; 99, 8 – 11: „[…] soe that species in respect of us are but things ranked into orders because of their agreement in some ideas which we have made essentiall in order to our naming them. – Entsprechend 1677. – SPECIES; King 329, 18 – 21. 187 DRB § 82; 189, 22 – 24: „But that the names or species of things or generall words are but sounds made use of by men to stand as markes for certain collective Ideas they have in their mindes […]“. 188 DRB § 35; 144, 3. – DRB § 84; 191, 33 – 34. – DRB § 98; 218, 22. – DRB § 132; 254, 20. – DRB § 136; 255, 20. – DRB § 156; 267, 3.

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

„belong“ an: Wenn jemand in seinem Geist eine Artidee hat und wenn ein Einzelding dieser Artidee entspricht, dann denkt er, daß der Artname in Wahrheit zu diesem Einzelding gehçrt, beziehungsweise: daß er diesem Einzelding gehçrt.189 Besonders deutlich kommt das Recht des Artexemplars auf den Artnamen in § 155 zur Geltung: Gegebenenfalls bezeichnet man etwas als gerecht oder bescheiden, das gar kein Recht auf diesen Namen hat.190 In schulphilosophischen Relationslehren bezeichnet „denominatio“ sogenannte ußere Relationen (relationes extrinsecae),191 und daran finden sich Erinnerungen in Draft B, zum Beispiel bei der Mitteilung, daß die Ideen aller Relationen fr das „thing related or denominated“ etwas ußerliches sind.192 Wenn man sich klarmacht, daß das relative Allgemeine auch selbst auf einer ußeren Relation beruht, dann erkennt man die Tragweite der Verwendung von „denomination“ in diesem Zusammenhang. Als Bezeichnung fr die sekundre Benennung, die bertragung des Artnamens von der Artidee auf Artexemplare, verwendet Draft B auch „appellation“, das im Essay nur zweimal gebraucht wird193 und das in 189 DRB § 73; 179, 23 – 25: „[…] to which specific Idea that a man hath in his minde, when any particular thing answers, he thinks the name of that species belongs truly to that thing […]“. – DRB § 83; 190, 32 – 191, 3: „[…] the individualls or particular things to which those generall or common appellations belong are sorted into rankes or kindes as corresponding to or answering those complex Ideas.“ 190 DRB § 155; 266, 10 – 12: „[…] to give it a wrong denomination & call that just or modest which hath not a right to that name […]“. 191 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 4 (Druck: 1), th. 7; 29: „Denominatio externa, est attributum, denotans id quod in subjecto non est; ad illud ordinatum esse. Eaque petitur, vel ab Objecto; veluti cum Politia dicitur civilis vel ecclesiastica; vel a Subjecto, veluti cum bonum dicitur appetibile, color visibilis; vel ab Actione, veluti cum ignis, dicitur urere; vel a Relationis termino, veluti cum quis dicitur uxoratus; vel a loco sive Ubi, veluti cum animalia dicuntur terrestria vel aquatilia, ut homines Europaei vel Afri, etc. vel a tempore sive Quando,veluti cum flores dicuntur verni vel aestivi; vel ab Habitu, veluti cum miles dicitur armatus, etc. Denominatio externa non est nuda vox, sed aliquid quod per vocem significatur. Quod vero per vocem illam significatur, non est res ipsa, quae ad subjectum refertur, sed ordo potius, aut quicquid illud sit, quod inter rem illam, et subjectum intercedit.“ 192 DRB, Contents; 94, 25 – 28: „The Ideas of all relations are but collections of simple Ideas. & some thing extrinsecal to the thing related or denominated.“ – DRB § 100; 223, 1 – 6: „That relation being the considering of one thing with an other which is not conteind in the thing or Idea of the thing which is soe denominated but something else extrinsecall to it, it is evident that all words that necessarily infer & lead the minde to any other ideas then doe realy exist in that thing to which the word is applyd are relative words.“ 193 Essay 2.25.7; 322, 10 und 3.6.41; 465, 12.

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der Schulphilosophie die Versehung eines Einzeldings mit einem generellen Namen bezeichnen kann. Zum Beispiel ußert der Text den Gedanken, daß sogar Artefakte Sorten bilden, weil sie dem Geist durch deutliche Ideen und anderen Menschen durch deutliche Appellationen gegenwrtig werden; auch ist die Rede von rezipierten gemeinsamen Ideen mit ihren Appellationen oder generellen Namen. „Seiendes“ und „etwas“ sind Appellationen fr durch Erfahrung bekannte Individuen; aufgrund von Vergleichung bekommt bei unterschiedlichen weißen Gegenstnden eins der Relate die Appellation „weißer“, und wenn man mit einem falschen Maßstab mißt, dann gibt man unter Umstnden einer Handlung eine falsche Appellation.194 D4h. „Essential“ und „property“. – Zur Bedeutung von „essentiall“ erklrt § 73, daß fr eine durch einen Namen ausgedrckte Art nur dasjenige wesentlich ist, was zu der von uns gebildeten komplexen Idee gehçrt, zu deren Bezeichnung der Sprachgebrauch oder eine Definition den Artnamen eingesetzt hat.195 Auch in einer Tagebucheintragung von 1677 begegnet „essential“ in dieser Bedeutung: Bei der Einordnung von Dingen in Arten sttzen wir uns auf ihre bereinstimmung in einigen Ideen, die wir vorher fr wesentlich erklrt haben;196 die Annahme, etwas sei von Natur aus wesentlich, wird in gewhlter Ausdrucksweise fr undiskutabel erklrt. Der benachbarte Ausdruck „property“, der in der Schulphilosophie Ei194 DRB § 82; 190, 7 – 11: „[…] why should we not thinke a watch & a pistoll as destinct species one from an other as a horse, & a dog, & the Ruby Antimony & white glasse as much severall species as a diamond & a Garnet they being expressed in our mindes by destinc Ideas, & to others by destinct appellations.“ – DRB § 85; 192, 18 – 20: „[…] soe stated & setled complex Ideas with their proper appellations or generall names affixed to them agreed on & received.“ – DRB § 93; 199, 28 und 200, 1 – 2: „[…] the notion of Being or Something is […] only a generall appellation of those particular ones that we have got by our owne experience or observation […]“. – DRB § 155; 266, 10 – 11 und 13 – 14: „Though measureing by a wrong rule I shall thereby be brought to give it a wrong denomination […] mistakeing the rule have given the action a wrong appellation […]“. 195 DRB § 73; 179, 28 – 31: „That therefor & that only is properly essential to any species expressed by any name, which is one of those simple Ideas that always goes to the makeing up that complex Idea which either common usage or a definition hath applyd that specific name to.“ 196 Aaron 1936, 1677. Frid. Nov 19; AGI 99, 8 – 13: „[…] soe that species in respect of us are but things ranked into orders because of their agreement in some ideas which we have made essentiall in order to our nameing them. Though what it is to be essentially belong[ing] to any species in reference to nature be hard to determin.“ – Entsprechend King, 1677.– SPECIES; King 329, 19 – 23.

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

genschaften bezeichnet, welche zwar nicht zur Wesenheit gehçren, sie aber stndig begleiten (propria), wird in Draft B weniger streng verwendet. Er kann fr Eigenschaften mathematischer Figuren stehen, die ihnen unabhngig davon zukommen, ob man sie nur denkt oder ob sie existieren.197 Als properties der Sonne nennt der Text ihre Fhigkeit, die Haut zu brunen, grne pfel zu rçten und Wachs zu bleichen;198 an solchen Stellen kann man „property“ schlicht mit „Eigenschaft“ bersetzen. Als primre Qualitten oder Proprien von Kçrpern werden Ausdehnung und Kohsion genannt; primre Qualitten oder Proprien von Geistern sind dagegen Wissen und Bewegungsvermçgen; hier bernimmt „property“ mehr oder weniger die Rolle des schulphilosophischen Ausdrucks „proprium“ oder „inseparabile“ und lßt sich am ehesten mit „Eigentmlichkeit“ bersetzen. Draft B verwendet zwar Ausdrcke wie „properly essential“ und „properly and essentially“,199 nimmt aber die monstrçse Bildung „essentiall property“ nicht wieder auf.

D5. Unvollkommenheit unserer Erkenntnis D5a. Die Angemessenheit genereller Ideen hngt unter anderem von der Ideenklasse ab. – Die Angemessenheit genereller Ideen hngt unter anderem davon ab, zu welcher Ideenklasse sie gehçren. Artnamen einfacher Ideen geben keinen Anlaß zu Zweifeln, sind leicht verstndlich und wecken weder beim Sprecher noch beim Hçrer Unsicherheit. Wir haben die von ihnen bezeichneten Ideen klar und deutlich im Geist, und sie verndern sich so wenig wie ihre Namen, die dadurch hinreichend bestimmt sind, daß sich die von ihnen bezeichneten Ideen in unserem Geist befinden und daß wir sie anderen durch Zeigen bekannt machen kçnnen.200 Auch von Re197 DRB § 44; 152, 13 – 16 und 20 – 25: „[…] when or where soever that line angle or figure &c doth realy exist it must needs have all the propertys it hath in the minde when it is only there, in Idea […] I cannot but be sure that wherever that figure exists it will always have all the same propertys it had when I contemplated it in my owne understanding there being noe difference in the propertys of the same angle or figure whether it be drawn upon paper, carvd in marble, or only phansyd in my understanding.“ 198 DRB § 61; 163, 26 – 28: „Thus it is a property of the sun by shineing long on a fair face to make it swarthy on a green apple to make it red, & on yellow wax to make it white […]“. 199 DRB § 73; 179, 28, und § 127; 251, 4. 200 DRB, Contents; 93, 5 – 7: „Specific names of simple Ideas not liable to doubt. but of complex Ideas liable […]“. – DRB § 63; 167, 14 – 16: „For as the names that

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lationen kçnnen wir klare Ideen und gewisse Erkenntnisse bekommen; das wird in § 154 erklrt.201 Dagegen sind uns angemessene Substanzideen sowohl bei Geistern als auch bei Kçrpern versagt. In Draft B sind bei solchen Erwgungen „essence“ und „nature“ gebruchliche Ausdrcke fr die Wesenheit; „forme“ tritt gelegentlich auf, und das in Draft A verwendete schwierige „formality“ erscheint nur noch einmal.202 Unsere Kçrperideen bestehen bloß aus Ideen wahrnehmbarer Qualitten, von denen wir meinen, daß sie den betreffenden Kçrpern inhrieren, und Ideen von anderen endlichen Geistern bilden wir dadurch, daß wir auf eigene Faust Ideen eigener geistiger Ttigkeiten wie Schlußfolgern oder Hoffen aus der Selbsterfahrung auf angenommene Substanzen bertragen.203 Von der Existenz anderer endlicher Geister haben wir keine natrliche Erfahrung,204 whrend wir bei Kçrpern zumindest Gewißheit der Existenz bekommen kçnnen.205 Aber ber die Ursache der Koexistenz ihrer einfachen Ideen wissen wir nichts Sicheres und kçnnen bloß Vermutungen darber anstellen. Letzten Endes ist also unsere Situation bei der Erkenntnis kçrperlicher Substanzen nicht besser als bei der Erkenntnis anderer endlicher Geister.206 Mehr Informationen als ein paar oberflchliche Ideen der Sinnlichkeit oder der Reflexion bekommen wir von keiner Substanz, und

201 202 203

204 205 206

stand for simple Ideas, are plainly & easily understood, & breed noe confusion or doubt in the speaker or hearer […].“ – DRB § 93a; 201,11 – 14: „It is only the names of simple Ideas as blew hot hard &c that are free from doubt & uncertain signification, because the Ideas are cleare & destinc in our mindes & as constantly the same as the names they are called by.“ – DRB § 67; 170, 24 – 26: „The names then of simple Ideas being determind sufficiently by our haveing those Ideas in our minde & explaind to others by shewing the object.“ DRB, § 154; 264, 32 – 265, 33. DRB § 96; 216, 6. DRB, Contents; 88, 20 – 21: „Essences of things unknowne spirit as well knowne as body“. – DRB § 19; 130, 7 – 11: „[…] though it be certeine we have noe other Idea of that matter or substane but what we have barely of those sensible qualitys supposed to inhaere in it. The same happens concerning the operations of our minde viz reasoning hopeing feareing &c […]“. DRB § 94; 213, 30 – 32: „[…] nor can we be assurd that any other seperate spirits besides god doe exist but only by revelation […]“. DRB § 35; 142, 29 – 31: „By the actuall receiveing in of these Ideas we have a certain knowledg. that some thing doth exist at that time without us which causes that Idea in us […]“. DRB § 94; 210, 11 – 12: „The essence of Spirit is unknowne to us & soe is the essence of body equaly unknowne to us.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

deshalb erkennen wir keine Wesenheiten von Substanzen.207 Die Kenntnis von Wortbedeutungen hilft uns hier nicht. Wenn wir zum Beispiel erfahren, daß ein uns vorher unbekannter Vogel Kasuar heißt, dann kçnnen wir mit diesem Namen zwar alle Eigenschaften bezeichnen, die wir bei der Bildung der komplexen Idee des betreffenden Vogels bercksichtigt haben, aber dadurch erfahren wir von seiner spezifischen Natur oder Konstitution nicht mehr, als wir schon vorher wußten.208 D5b. Konstitutionelle Grnde fr die Unangemessenheit von Substanzideen. – Generelle Ideen, die unvollkommen sind, vermitteln nur unvollkommenes Wissen. Ein Aspekt der condicio humana, den der Essay oft erwhnt, wird hier wie frher in Draft A nur knapp berhrt: Vernderungen, die Ideen wie Flssigkeit, Bewegung und Konsistenz in uns hervorbringen, gehen ebenso wie die Entstehung der Tiere auf Materieteilchen zurck, die so klein sind, daß wir sie nicht beobachten kçnnen. Wir erkennen nicht, wie sie wirken, und unsere Sinne informieren uns lediglich darber, daß sich an dem einen oder anderen Kçrper etwas verndert.209 Lockes Konsequenzen in Draft B entsprechen denen, die schon Draft A zog. Wenn wir Sinne htten, mit denen wir Gestalt, Lage und Bewegung der Teilchen von flssigem Wasser, aber auch ihre Stellungen, Verbindungen und Trennungen beim Gefrieren entdecken kçnnten, dann wßten wir genau so gut, wie Klte in Wasser die Eigenschaften Hrte und Konsistenz erzeugt, wie wir jetzt wissen, auf welche Weise ein Schreiner Hçlzer mit Leim, Ngeln und Dbeln zusammenfgt. Wenn unsere Augen scharf genug wren, dann kçnnten wir tierische Bewegungen genau so gut erkennen wie Bewegungen in einem Uhrwerk; beide Beispiele fanden sich schon in Draft A. Aber weil unsere Sensorien sehr langsam arbeiten und feinste Materieteilchen nicht 207 DRB § 94; 211, 17 – 20: „[…] haveing but some few superficial Ideas of things discoverd to us only by Sensation or Reflection. we have noe knowled beyond that much lesse of the essence of things being destitute of facultys to atteine it.“ 208 DRB § 76; 184, 3 – 8: „[…] when I am told that the name of it [des betreffenden Vogels] is Casuaeris I may then use that word to stand in discourse for my complex Idea of all those simple Ideas mentiond in the description, though by that word which is now become a specific name I know noe more of the specific nature or constitution of that sort of animalls then I did before.“ 209 DRB § 136; 256, 5 – 10: „[…] because those alterations wherby those simple Ideas of Fluidity Motion & Consistence are produced. as also the generation of animals being brought about by particles soe small & minute that they come not within the observation of my senses I can not get any knowledg how they operate, but only am informed by my senses that the alterations are indeed made“.

D5. Unvollkommenheit unserer Erkenntnis

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wahrnehmen kçnnen, bleibt unser Verstand hier unausweichlich im Dunkeln.210 In einer anderen berlegung weist Locke darauf hin, daß Menschen gut daran tun, sich auf Gegenstnde zu konzentrieren, fr deren Erkenntnis sie geeignet sind; welche das sind, lasse sich der Konstitution der menschlichen Natur und den Fhigkeiten des menschlichen Geistes leicht entnehmen.211 Der Essay wird bei der Bestimmung solcher Erkenntnisgegenstnde mehr ins Einzelne gehen. D5c. Vermeidbare Grnde fr die Unangemessenheit von Ideen. – Außer den strukturellen Problemen unserer Sinnlichkeit haben wir noch ein weiteres, fr das wir selbst verantwortlich sind; die Darstellung gleicht auch hier der in Draft A. Grundstzlich wren wir fhig, zumindest genaue Sammlungen der einfachen Ideen zusammenzustellen, die Menschen bei allen Exemplaren einer Art beobachten kçnnen. In Wirklichkeit geraten uns aber solche Ideen nur selten oder nie vollstndig.212 Erstens hngt ihre Vollkommenheit oder Unvollkommenheit von uns und unserer Sorgfalt ab, aber Forschungsdrang, Aufmerksamkeit und Beobachtungsgabe sind von Mensch zu Mensch und bei demselben Menschen von Tag zu Tag verschieden.213 Wir mßten sorgfltig Versuchsergebnisse und Beobachtun210 DRB § 137; 256, 13 – 24: „For had we but senses that could discover to us the particles of water with their figure site motion &c when it is fluid, & also the different postures of those very particles or the addition or separation of some particles &c when the water was frozen, we should as well know the very maner or way whereby cold produces hardnesse & consistency in water as we doe the way how a joyner puts severall peices of wood togeather to make a box or table, which by tenants nailes & pins we well enough perceive how it is made to hang togeather. And I doubt not but the motions of an animall would be as intelligible to us as those of a watch were our eyes sharp sighted enough to perceive them. But our organs faileing us in the discovery of those fine & insensible particles our understandings are unavoidably in the darke“. – Auf die Langsamkeit unserer Sinne, die schon am Anfang von DRA zur Sprache kam (DRA § 1; 2, 10 – 11), weist § 67 von DRB hin: 170, 28 – 171, 3. – Vgl. DRA § 15; 31, 10 – 19. 211 DRB § 13; 121, 21 – 23: „But the consideration of the constitution of humane nature, & of the facultys of the minde adapted to those discoverys which it is fit for man to make […]“. 212 DRB, Contents; 92; 6 – 7: „Names stand for our imperfect collections of simple Ideas“. – DRB § 77; 184, 23 – 24: Menschen „have commonly very imperfect collections of them […]“ (nmlich von den einfachen Ideen, die in einer Art stets zusammen auftreten). – DRB § 156; 266, 22 – 23: „[…] we are apt to frame imperfect Ideas of things […]“. 213 DRB § 68; 172, 11 – 15: „[…] the collection of those many simple Ideas into one complex specific Idea depends upon us & our care […] but enquiry attention &

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

gen sammeln, sind aber oft zu ungeduldig, nachlssig und ungenau, auch fehlt es uns bisweilen an Erfahrung.214 Zweitens sind wir hufig auf rasche Kommunikation mit anderen Menschen angewiesen, und dann ist es nicht mçglich, gegebenenfalls mit der Bildung eines Namens so lange zu warten, bis wir die genauen Grenzen der betreffenden Art erkennen. In solchen Fllen teilen wir Dinge kurzerhand und notgedrungen entsprechend unseren Bedrfnissen in Arten ein.215 Deshalb sind manchmal Substanzen, die wir derselben Art zurechnen, von anderen Exemplaren derselben Art und des gleichen Namens genau so verschieden wie Substanzen, die wir verschiedenen Arten zugeschlagen haben.216 Denn die einzigen Substanzarten, die wir kennen, beruhen auf den Ideensammlungen, ber die wir bis auf weiteres verfgen. D5d. Allgemeine Ideen und Wirklichkeit. – In bereinstimmung mit konzeptualistischen berlieferungen vertritt Draft B realistische Ansichten ber den Sachbezug des Allgemeinen. Zwar stellen wir selbst die Ideen und Wçrter her, die das komplexe absolute Allgemeine bilden und auf denen das relative Allgemeine beruht. Aber unsere Ideen von Kçrpern haben etwas mit der Wirklichkeit zu tun, weil wir die Sammlungen einfacher Ideen, die in ihnen vereinigt sind, von der Natur durch Erfahrung empfangen. Nur deswegen kçnnen generelle Substanzideen individuelle Substanzen reprsentieren, und nur deswegen haben wir die Chance, Individuen, die einander hnlich sind, unter generelle Wçrter einzuordnen. Die Natur arbeitet meistens regelmßig und gleichfçrmig und bringt deswegen viele Individuen hervor, die in mehreren Qualitten miteinander berobservation being different in one man from an other & different in the same man at different times […].“ 214 DRB § 64; 167, 27 – 31: „[…] these complex Ideas depending upon our collecting & puting togeather of a certain number of simple Ideas, which collection is often very perfunctorily & heedlesly taken up & seldome or never perfectly made […]“. – DRB § 75; 183, 18 – 21: „[…] haveing observed severall particular things to agree with others in a collection of simple Ideas we make one complex Idea sometimes more sometimes lesse accurate […]“. 215 DRB § 75; 183, 13 – 17: „[…] because we seldom know the precise bounds where one ends & the other begins & where the destinction is made between them, & yet haveing need of names in the meane time, we devide them into species in respect of our selves, that we may the better name them […]“. 216 DRB § 83; 191, 5 – 9: „[…] many of those Individuals which are ranked into one sort, & soe cald by one common name […] have yet qualitys as far differing from others of that species & name, as they have from other things from which they are accounted to differ specifically.“

D5. Unvollkommenheit unserer Erkenntnis

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einstimmen.217 Unsere Klassifikationen haben also eine Grundlage in der Natur. Wenige Jahre spter geht Locke noch einmal auf die vorgefundenen hnlichkeiten von Dingen ein. Er hlt es fr wahrscheinlich, daß sich die Natur bei der Bildung der Arten von Tieren bestndiger und genauer als bei anderen Kçrpern an die Ideen hlt, nach denen sie Arten bildet und voneinander verschieden macht, und zwar wahrscheinlich deshalb, weil Tiere besonders kunstvolle Maschinen sind; daher bedarf es bei ihrer Fortpflanzung und Erhaltung grçßerer Genauigkeit als bei der Reproduktion und Erhaltung anderer Substanzen.218 Locke spricht hier eher nachlssig, denn nach seinen bisherigen Angaben sind wir es, die Arten bilden; gegebenenfalls wre zu paraphrasieren: „daß sich die Natur bei der Bildung der hnlichkeiten von Tieren, die fr uns zum Anlaß der Bildung von Arten werden …“. In jedem Fall sind uns die Bedeutungen von Wçrtern besser bekannt als die Dinge selbst. Draft B legt Wert auf die Beachtung des Unterschieds zwischen beidem und warnt vor der Annahme einer zu engen Verknpfung. Die Begrndung klingt wie eine Polemik gegen Sprachphilosophen der Renaissance, die Stelle richtet sich aber vor allem dagegen, daß Schulphilosophen angeblich Naturen von Dingen mit Bedeutungen genereller Wçrter, das heißt, mit abstrakten Ideen, verwechseln; dies gehçrt zu den Motiven fr Lockes sptere Unterscheidung zwischen nominalen und realen Wesenheiten. Wer eine solche Verwechslung begeht, der verfllt leicht in den Irrtum zu meinen, daß Wçrter in einer besonders engen Verbindung mit den Dingen selber stehen und sie genau zum Ausdruck bringen. In Wirklichkeit sind Wçrter nicht Zeichen fr Dingnaturen, sondern Zeichen fr unsere eigenen Ideen, die wir nach Belieben mit Lauten verbinden kçnnen.219

217 DRB § 77; 184, 17 – 20: „Not that I doubt but that nature workeing regularly & uniformly for the most part doth produce great numbers of Individuals agreeing in qualitys one with an other & that are constantly soe […]“. – DRB § 79; 186, 1 – 2: „[…] nature workeing regularly for the most part […]“. 218 Aaron 1936, 1677. Frid. Nov 19; 98, 32 – 99, 4: „[…] the Idea of nature by which she formes and destinguishes them [species], which in animals she seems to me to keepe to with more constancy and exactnesse than in other bodys and species of things which being curious engines doe perhaps require a greater accuratenesse for their propagation and continuation of their race, for in vegetables we finde that severall sorts come from the seeds of one and the same individuall as much different species as those that are allowed to be soe by philosophers.“ Entsprechend 1677. – SPECIES; King 329, 6 – 14. 219 DRB § 90; 197, 33 – 198, 3: „[…] if these two viz names & things are not well & carefully destinguishd our understandings will be apt to be puzzled about them, &

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

D5e. Vorboten von Lockes spterer Konzeption nominaler Wesenheiten. – Draft B verwendet noch nicht die Unterscheidung zwischen realer und nominaler Wesenheit, sie kndigt sich aber in der Trennung von Wortwissen und Sachwissen schon an. Auf die Bedeutung von „nominal essence“ weist eine Mitteilung voraus, nach der niemand die genaue Sammlung von Qualitten kennt, deren vollstndiges Vorliegen eine Art ausmacht, es sei denn, er bezçge sich nur auf den Artnamen; und daß es fr den Ausdruck „Gold“ bloß dann wesentlich ist, fr eine komplexe Idee mit der Bestimmung „Schmiedbarkeit“ zu stehen, wenn der Sprachgebrauch oder eine Definition seine Bedeutung so festgelegt hat.220 In dieselbe Richtung weist in einem jngeren Text eine die Abendmahlslehre betreffende Unterscheidung von Wissen ber Namen und Wissen ber Dinge, die unter Namen eingeordnet werden. Weil Namen ganz von unserem Willen abhngen, kçnnen wir wissen, welche Ideen wir mit welchen Namen bezeichnen. Aber wenn wir dem einen Ding den Namen „Weizen“ und dem anderen den Namen „Brot“ geben, dann achten wir nur auf wahrnehmbare Qualitten und kmmern uns nicht darum, ob in beiden dieselbe Substanz ist oder nicht. Die Wesenheit von Dingen, fgt ein noch jngerer Text hinzu, ihr erster Ursprung und ihre verborgene Art zu wirken bersteigt wahrscheinlich unsere Fhigkeiten und Bedrfnisse bei weitem.221 Mçglicherweise wurde Lockes bergang zur Unterscheidung zweier Arten von Wesenheiten dadurch erleichtert, daß einige Autoren dazu neigten, in ihren take them for the constant regular markes of the natures of things when they are noe more but the voluntary signes of our owne Ideas.“ 220 DRB § 78; 185, 5 – 9: „[…] any one knows & can set downe that precise aggregate of qualitys which being all togeather make any species otherwise then in respect of the common name we & where any one of them being away it ceases to be of that species or kinde.“ – DRB § 73; 179, 13 – 15: „[…] it not being essentiall to the word gold to stand for a Complex Idea wherein malleablenesse was included unlesse publique use or definition had soe establishd its meaneing.“ 221 Locke, Faith and reason, 27. Aug. 1676; in: von Leyden 1958; 278, 37 – 279, 7: „There is the knowledge of names, and of things as ranged under them: thus we know a man from a horse. Names of things being perfectly voluntary, we do, or may, know what ideas (for we signify nothing else) we signify by certain names. (p. 425) Wherein I shall be bold to say we never regard nor include a particular substance, which we neither do, nor can, know, but only particular ideas, which we do know. So when with others we call one thing wheat and others bread, we neither regard, nor mark, anything but sensible qualities, without considering whether the same substance be in them both or no.“ – Aaron 1936, 1677. Mund. Feb 8; 85, 21 – 24: „[…] though perhaps the essence of things their first originall, their secret way of workeing and the whole extent of corporeall beings be as far beyond our capacity as it is besides our use […]“.

D6. Sprechenlernen, Hçren und Sprechen

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Formulierungen Definition und Wesenheit gleichsetzten. Zum Beispiel ist nach Brerewood die Wesenheit von Weiß nichts anderes als seine Definition durch nchsthçhere Gattung und Differenz, und Crakanthorpe erklrt, die Intensivierung von Qualitten gehe keineswegs auf eine Intensivierung der Wesenheit oder Definition zurck.222 Auch S´miglecki spricht von der „essentia, seu definitio subiecti“, und zwar nicht ohne Grund, denn nach seiner Meinung kennen wir von der Wesenheit letztlich nicht mehr als unsere Definition von ihr. Wir erkennen sie nicht vollkommen, sondern nur unter dem Aspekt ihrer Akzidentien oder Wirkungen; was sie aber abgesehen davon als solche ist, das wissen wir nur ungenau. Zum Beispiel sagt die bliche Definition des Menschen, daß er ein vernunftbegabtes Sinneswesen ist, und daraus lernen wir zwar, daß er ein Sinneswesen ist, von dem Sinnesttigkeit und Denken ausgehen; was aber dieses Sinneswesen an sich selber ist, wissen wir nicht.223

D6. Sprechenlernen, Hçren und Sprechen D6a. Weil die meisten Wçrter generell sind, ist Sprechen Operieren mit Universalien– Auch hier geht es nicht um eine Analyse von Lockes Sprachphilosophie, sondern bloß um die Erwhnung von ußerungen aus Draft B zur Sprache, die zeigen, wie eng die Lehre vom Allgemeinen mit der Lehre von der Sprache zusammenhngt. Generelle Ideen sind sprachrele222 Brerewood, Tractatus, Oxford 1659, tr. 9, De Qualitate, s. 29; 327: „Essentia qualitatis est duplex, aut conflata 1 Ex partibus diversarum rationum, ut essentia albedinis sic est nihil aliud, quam definitio ex genere et differentia constituta, et haec in indivisibili consistit, et magis et minus recipere non potest. – 2 Ex partibus eiusdem rationis, quales sunt partes graduales formae, quae omnes eiusdem sunt speciei, et hanc non est inconveniens, magis et minus capere […].“ – Crakanthorpe, Logica, London 1641, l. 2, c. 13, De Qualitate; 108: „Respondeo, neque figuram, neque calorem, neque quidquam suscipere magis, et minus per intentionem essentiae, aut definitionis, in uno magis quam in alio […]“. 223 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 16, qu. 2: 617: „[…] rerum essentiae a nobis non cognoscuntur vt sunt in se, sed tantum quoad connotationes accidentium, vel effectuum, vt disputat. 14. quaest. vlt. dictum est; nihil enim aliud scimus de essentiis rerum, nisi quod sint quiddam connotans talia accidentia vel tales effectus: quid vero sint in se seclusa connotatione, non scimus explicite, sed valde implicite et confuse: ex confusa autem rei cognitione non generatur scientia absolute perfecta. Exemplo sit hominis trita definitio, Animal rationale: de terminis huius definitionis nihil scitur nisi quod animal sit quiddam a quo procedit sensus, rationale vero a quo procedit discursus vel ratio; quid vero sit in se illud a quo procedit sensus vel ratio, nescimus.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

vant, weil sie zu Bedeutungen genereller Wçrter werden kçnnen.224 Generelle Wçrter kçnnen sich in intensionale Arten oder Gattungen verwandeln, die ebenfalls sprachrelevant sind, weil sie die Verwendung eines einzigen Namens fr mehrere Individuen ermçglichen. Weil es so viele generelle Namen gibt, beruhen Reden und Verstehen weitgehend auf der Vergegenwrtigung genereller Ideen;225 auch operiert man beim Aussprechen und Verstehen fast aller Urteile mit Universalien. Die Sprachphilosophie des Essay wird sich vor allem fr semantische Aspekte interessieren und syntaktische Elemente nur im Vorbergehen erwhnen. Auch schon Draft A konzentrierte sich auf das Lernen und Verwenden von Wçrtern. Wçrterlernen besteht weitgehend im Erlernen genereller Ausdrcke, und seine Gegenstnde sind sowohl Lautfolgen als auch die mit ihnen verbundenen Ideen oder Bedeutungen. Wenn dieselben wahrnehmbaren Qualitten oft erscheinen, dann wird der Geist mit den einfachen Ideen, die sie in uns erwecken, leicht vertraut, und Gewohnheit und hufige Wiederholung prgen sie dem Gedchtnis ein. Wenn man die Namen lernt, die fr solche Ideen stehen, dann kann man mit ihrer Hilfe anderen Menschen die eigenen Gedanken vermitteln. Durch Gewohnheit und bestndigen Gebrauch lernt schon ein Kind, daß sprachliche Zeichen im Hçrer die ihnen zugeordneten Ideen in der Regel genau so zuverlssig wecken wie Affizierungen der Sinnesorgane. Weil sich Wçrter bei hufigem Gebrauch gut einprgen und weil man sich schneller an sie als an manche einfache Idee und zuverlssiger und deutlicher als an fast alle komplexen Ideen erinnert, hlt man sich beim Denken und Nachdenken gewçhnlich lieber an Namen als an Dinge.226

224 DRB § 90; 197, 31 – 32: „[…] words which being all most all generall […]“. 225 DRB § 71; 175, 22 – 25: „[…] we understand words right when we know what that simple or complex Idea is which he who uses the word makes it stand for, & frame the same complex Idea that the Speaker hath in his minde […]“. 226 DRB § 25; 135, 30 – 136, 12: „When the minde by the frequent occurrence of the same sensible qualitys hath got a familiar acquaintance with the simple Ideas they suggest & excite, & that they come by custome & frequent repetition to be well fixed in the memory, the next thing it doth is to learne the signes or names which stand for them which serve men to expresse to others those Ideas they have in their owne apprehensions. who upon heareing of sounds which custome & constant use hath made to stand for such or such Ideas which they know are wont to excite in their owne mindes those very Ideas as constantly as if the objects which first producd them did realy affect their senses. And because by familiar use we come to learne words very perfectly. & have them in our memorys more readily then some simple Ideas, & more certaine & destinct then almost all complex Ideas hence it

D6. Sprechenlernen, Hçren und Sprechen

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D6b. Wçrter lernen. – Kinder beginnen, Wçrter zu lernen und mit Ideen zu verbinden, sobald sie mit Lautideen vertraut genug sind, um Laute nachzuahmen; in dieser Zeit machen sie die Erfahrung, daß viele Laute mit Ideen verknpft sind.227 Manchmal lernen sie zuerst eine generelle Idee und erst danach deren Namen, aber manchmal ist die Reihenfolge auch umgekehrt, so daß sie zuerst den Namen und erst danach die Bedeutung lernen.228 Wçrter fr einfache Ideen wie „hell“ und „heiß“, „kalt“ und „flssig“ oder „wohl oder bel schmeckend“ kann man nicht verbal explizieren, sie lassen sich aber durch Zeigen oder Fhlen leicht verstndlich machen.229 Die Bedeutung des Namens einer komplexen Idee kann man sich gegebenenfalls durch Zeigen ihres dinglichen Korrelats und immer durch die Aufzhlung der einfachen Ideen erklren lassen, die in ihr enthalten sind. Wenn man jedoch einen Namen verwendet, bevor man die Ideen kennt, fr die er steht, dann hat das nachteilige Folgen, zu denen Fehler bei der Artzuweisung gehçren. Nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene sprechen Wçrter, die sie oft hçren, gegebenenfalls wie Papageien nach und kmmern sich wenig um die mit ihnen verbundenen Ideen.230 Ohnehin ist ein Lernender stets in Gefahr, die einem Namen zugeordnete komplexe Idee nur unvollstndig zu erfassen. Ein Kind, dem man ein glnzend gelbes Ding zeigt und dabei sagt, daß es Gold heißt, meint unter Umstnden, die Qualitt ,glnzend gelb‘ genge schon, um

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comes to passe that men in ruminateing & thinkeing doe more usualy thinke of names then things.“ DRB § 25; 136, 12 – 17: „And this learning of names & affixeing them to certein Ideas begins to be donne in children as soon as their acquaintance with & memory of the Ideas of severall sounds is sufficient to apply their organs of speech to the imitation of those sounds, & also to observe that such sounds are constantly annexd to & made use of to stand for such Ideas.“ DRB § 15; 126, 13 – 17: „188 A child gets Ideas simple or complex· 28 names for those Ideas. or else by explication of the names which perhaps he sometimes heares first & shewing what kinde of Idea it stands for, he comes to know its signification i.e that it stands for such an Idea […]“. DRB § 65; 168, 12 – 19: „[…] v.g by enumerateing all those simple Ideas we have observed in that thing we call the sun or water we define the sun or water & determin the signification of that word but light or heat of the one, the cold fluidity or tast of the other when we would have the words. that stand for them understood we shew or apply the thing wherein they are to the proper sense by which it is conveyd to the understanding but these words we doe not define […]“. DRB § 25; 136, 17 – 21: „Tis true many words are learnt before the Ideas are knowne for which they stand, & therefor some not only children but men speake severall words noe other wise then parrets doe only because they have learnt & have been accustomed to those sounds […].“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

etwas zu Gold zu machen, und bezeichnet daraufhin Messing und leuchtende Pfauenfedern als Gold.231 Das Pfauenbeispiel ist neu; in Draft A wurde der gleiche Gedanke noch mit den Beispielen brasse und gilded peice of corke illustriert. „Brasse“ erscheint auch noch in Draft B, aber vergoldeter Kork wird nicht mehr erwhnt.232 D6c. Wçrter definieren. – Vor Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten von Wçrtern und den sich daraus ergebenden Irrtmern bei Berichten, Gesprchen und Argumentationen schtzen Definitionen; Lockes Meinungen ber das Definieren, das in Draft B ausdrcklicher behandelt wird als in Draft A, weisen auf die entsprechenden Positionen des Essay voraus. Draft B fhrt explizit die Neuerung ein, daß man nicht Dinge, sondern Wçrter definiert; Dinge definiert man nicht, sondern beschreibt sie. Wçrter fr einfache Ideen kann man nicht definieren, weil einfache Ideen einfach sind; als Beispiel fr den mißglckten Versuch, sie trotzdem zu definieren, wird schon in Draft B das Beispiel des Blinden genannt, der „Scharlachrot“ definieren wollte.233 Definitionen sollen nach Mçglichkeit vollstndig sein, doch macht sich Draft B in dieser Hinsicht keine Illusionen. Wer aus allen einfachen Ideen, die zu einer Art gehçren, eine komplexe Idee zusammenstellt, der hat eine vollkommene Idee von dieser Art; er spricht richtig, macht vollstndige Definitionen und kann erschçpfend ber die Artnatur Rechenschaft geben. Ein Beispiel dafr kann der Autor aber erst nennen, wenn er eins gefunden hat.234 Wir mssen damit rechnen, daß unsere Definitionen unvollkommen sind, und Wçrter, 231 DRB § 70; 173, 23 – 174, 1: „For when a child thinkes that shineing yellow in a pecocks feather to be gold he thinkes that shineing yellow in the feather to be the same colour which he saw before in a peice of gold, & then he erres not, that colour being all the notion or the only Idea he had of that thing which he cald gold, & soe he erres not in calling it by the same name the Ideas of both being the same, but yet he speakes improperly not calling it by the same name that other people doe who have another sort of Idea of that feather consisting of severall other simple Ideas besides that yellownesse.“ 232 DRA § 1; 2, 18 – 22. 233 DRB § 66; 170, 1 – 3: „[…] an ingenious & learned blinde man bragging that he knew colours being asked what he thought scarlet was like? answerd the sound of a trumpet.“ 234 DRB § 93d; 202, 21 – 26: „He that frames in his minde a Complex Idea of all those simple Ideas which are in any sort of things, hath a perfect notion of that sort of things, but of this I must forbeare an instance till I can finde one. And such a man may speake properly, define perfectly & scientifically & by defineing give a perfect account of the nature of that sort of things“.

D6. Sprechenlernen, Hçren und Sprechen

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die fr unvollkommene Ideen stehen oder zu denen keine Deskription oder Definition vorliegt, fhren leicht zu Streit und Irrtum.235 Bedeutungen von Relations- und Modusnamen und besonders Bedeutungen von Namen fr moralische Gegenstnde hngen mehr vom Gutdnken ab als Bedeutungen von Substanznamen, bei denen man sich unmittelbar an der Wirklichkeit orientieren kann, und deshalb ist es besonders schwer, sich ber sie zu verstndigen. Sie stehen fr komplexe Ideen, deren Inhalt weitgehend davon abhngt, was jemand denkt und wie er seine einfachen Ideen zusammenstellt. Definitionen kçnnen uns davor bewahren, daß ein Wort bei dem einen diese und bei dem anderen jene Idee zum Ausdruck bringt, und gerade bei Relations- und Modusnamen lßt sich durch die genaue Feststellung der Wortbedeutungen viel Klarheit erreichen.236 Besonders schwer ist das Verstehen moralischer Wçrter aus anderen Sprachen, denn viele moralische Ideen sind so kulturabhngig, daß ihre Namen sich nicht direkt bersetzen, sondern nur umschreiben lassen; Menschen aus anderen Lndern haben nmlich aufgrund ihrer Erziehung, Gebruche und Lebensumstnde keinen Anlaß, die gleichen Sammlungen einfacher Ideen zu bilden und zu benennen wie wir.237 D6d. Sprecher und Hçrer. – Draft B enthlt schon Grundzge der Meinungen ber Kommunikation, die spter der Essay ausfhrlicher entwickelt. Sobald ein Wort verwendet wird, verbindet sich im Regelfall mit ihm im Geist von Sprecher und Hçrer die Idee, fr die es nach ihrer Meinung

235 DRB § 70; 173, 18 – 22: „[…] imperfect Ideas & consequently words ad libitum by every particular man made use of for signs of those Ideas are when he doth not describe those complex Ideas or enumerate the simple Ideas of which they consist i e define the words causes of great disputes & errors […]“. 236 DRB § 79; 185, 25 – 186, 1 und 186, 19 – 22: „[…] it is certainly much more difficult for men to agree in the collection of those simple Ideas which (as I shall shew hereafter) morall words stands for, which is more arbitrary a great deale then in permanent sensible beings […] though in these words used to expresse morall things men if they could but agree to define their termes they might establish more certain significations then in substances […]“. 237 DRB § 96; 216, 28 – 33: „[…] the words of different languages doe very often not answer one an other & are impossible to be translated but by a periphrasis, because the men of one country had not been lead by their education customs & other circumstances of their lives to frame such collections of simple Ideas which in other countrys other men had donne & therefor they had noe names for them.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

steht;238 beim Sprecher geht sie dem Aussprechen des Worts voraus, beim Hçrer folgt sie auf den Hçrakt. Dem Sprecher soll beim Aussprechen eines Worts die diesem zugeordnete Idee, die in den meisten Fllen generell ist, prsent sein, und der Hçrer soll die ebenfalls meist generelle Idee rekonstruieren, die der Sprecher vermutlich mit ihm verbindet. Das versucht er in der Regel auch, aber weil es bei komplexen Ideen zu einer schweren Arbeit werden kann, tun Sprecher und Hçrer gut daran, sich vor einer Diskussion ber die wichtigsten Wortbedeutungen zu verstndigen.239 Dadurch bekommen sie Anhaltspunkte fr die Rekonstruktion der Bedeutungen beim Hçren. Der Hçrer kann ein Wort genau verstehen, wenn ihn eine Definition darber informiert, fr welche Idee es beim Sprecher steht. Wenn nicht, dann muß er sich bis auf weiteres mit der Hoffnung begngen, daß sich der Sprecher an die blichen Wortbedeutungen hlt.240 Erst wenn alle wichtigen Wçrter definiert sind, beziehen sich Sprecher und Hçrer nicht nur auf dieselbe Lautfolge, sondern verbinden sie auch mit der gleichen Idee.241 Sprecher und Hçrer bezeichnen nmlich oft ihre Idee von einer bestimmten Substanz mit dem gleichen Wort, obgleich die komplexe Idee des einen hufig nicht aus den gleichen einfachen Ideen besteht wie die des anderen. In solchen Fllen bleibt die Mçglichkeit, die bereinstimmung von Wort und dinglichem Korrelat unmittelbar an der Substanz zu berprfen.242

238 DRB § 80; 187, 25 – 28: „[…] we need but reflect on what those notions are which we have in our mindes when we hear or speak any of those words as man dog animal […]“. 239 DRB § 86; 193, 6 – 9: „[…] which notion or complex Idea if it be not agreed on between the speaker & the hearer i e the word defined soe that that word shall alway stand for it & be applyed to it, the dispute is always about words & not things […]“. 240 DRB § 71; 175, 22 – 27: „[…] we understand words right when we know what that simple or complex Idea is which he who uses the word makes it stand for, & frame the same complex Idea that the Speaker hath in his minde which we can hardly doe unlesse he tell us & then he defines that word, as to his owne use of it or else we presume he uses the word in the common acceptation.“ 241 DRB § 85; 192, 20 – 26: „The last remedy against the aequivocation of words & the mistakes that follow from thence in history discourse & argumentation, is for men where they make use of words for precise notions & in reasonings about truths, to define their words & let those they would either instruct or convince know what it is that they would have understood by those words about which the stresse of the question is […].“ 242 DRB § 79; 185, 28 – 186, 3: Verstndigung ber Wçrter fr Modi und Relationen ist schwieriger als Verstndigung ber Wçrter fr „permanent sensible beings which being made by nature workeing regularly for the most part, are the standards

D6. Sprechenlernen, Hçren und Sprechen

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D6e. Kommunikationsniveaus. – Im Essay unterscheidet Locke mit den Ausdrcken „civil conversation“ und „philosophical communication“ zwei Kommunikationsniveaus mit unterschiedlichen Genauigkeitsstandards. Draft B verwendet diese Wçrter noch nicht, geht aber wie Draft A auf die Sache ein. Von dem, was spter civil conversation heißt, ist an Stellen wie § 68 und § 87 die Rede.243 Auf diesem Niveau muß man Wçrter nur so genau explizieren, wie es die Situation erfordert, und viele Wortbedeutungen drfen vage bleiben; das hat jedoch Konsequenzen fr die Wissenschaftstauglichkeit von Arten, die fr Alltagszwecke gebildet wurden. Denn beim wissenschaftlichen Gedankenaustausch muß man mit einem Maß an Genauigkeit vorgehen, das sorgfltige Beobachtungen und genaue Definitionen voraussetzt. Sobald man hier auf Beobachtungen und Definitionen verzichtet, weil sie mhsam sind, verfngt man sich in Diskussionen ber Bedeutungen, verliert viel Zeit, die man eigentlich auf die Entdeckung ntzlicher Wahrheiten verwenden mßte, und erzielt fast keinen Fortschritt bei der Erkenntnis der Dinge so, wie sie an sich sind.244 Weil nach damaliger berzeugung Aussagen der Wissenschaft nicht nur notwendig, das heißt: bewiesen, sondern auch allgemein sein mssen, darf man davon ausgehen, daß fr Locke generelle Begriffe und Wçrter als Terme wissenschaftlicher Aussagen die unmittelbaren Gegenstnde der Wissenschaft sind, denn alles Dingliche ist individuell. Das schließt jedoch nicht aus, daß Wissenschaften etwas mit den Dingen zu tun haben, denn unter generelle Begriffe fallen Einzeldinge.245 Wie bei Draft A kçnnte man whereby we may examin the agreeablenesse & resemblance of our complex Ideas to them.“ 243 DRB § 68; 172, 2 – 5: „[…] make use of words applied to very imperfect notions of things, which though they be not accurately defined yet serve them well enough in the common affairs of life & conversation […]“. – hnlich DRB § 87; 194, 3 – 7. 244 DRB § 86; 193, 3 – 5 und 6 – 9: „[…] all generall words, except only those which stand for simple Ideas are supposd to be signes or names for one common setled notion […] which notion or complex Idea if it be not agreed on between the speaker & the hearer i e the word defined soe that that word shall alway stand for it & be applyed to it, the dispute is always about words & not things […]“. – DRB § 87; 194, 14 – 19: „[…] they fall into endlesse & commonly senselesse disputes & by their argueing one with another make but small progresse in the discovery of usefull truths & the knowledg of things as they are to be found in themselves & not in our imaginations & it matters not much for the improvement of our knowledg how they are called […]“. 245 DRB § 69; 173, 7 – 10: „[…] generall or universall concerns only words as names of many particular things or our Ideas supposd to represent many particular things. but universality belongs not to the things them selves which are all particulars.“

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Kapitel D. Das Allgemeine in Lockes Draft B

ein drittes Kommunikationsniveau erwhnen, das der Scheinwissenschaft, der § 88 gewidmet ist246 und das Locke in Draft B gern im Zusammenhang mit Bildungen von „philosoph*“ erwhnt. Eins der Kennzeichen von Scheinwissenschaft ist die Verwendung von Wçrtern mit wechselnden Bedeutungen. Demgegenber ist Draft B der Ansicht, daß sich bei disziplinierter Wortverwendung zahlreiche Bcher und Dispute erbrigten und viele Werke von Philosophen und Dichtern in eine Nußschale paßten.247

246 Zum Beispiel DRB § 88; 194, 20 – 197, 16. 247 DRB § 89; 197, 24 – 28: „[…] many of those great volumes swolne with ambiguous words now used in one sence & by & by in an other would shrinke into a very narrow compasse, & many of the philosophers to mention noe other as well as the Poets works might be conteined in a nutshell.“

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay E1. Allgemeine Ideen und Wçrter E1a. Kriterien. – Wenn man von der Offenbarung und vom Augenschein absieht, dann kannte die Schulphilosophie nur weiche Kriterien zur Ermittlung der Verlßlichkeit von Tatsachenaussagen: Alltagserfahrung, verstndiges Urteil und Autoritt. Die Alltagserfahrung geht nicht systematisch auf Umstnde der Erscheinungen und des Beobachters ein und ist zwar alltagstauglich, aber nicht als Grundlage fr Wissenschaft geeignet. Das verstndige Urteil neigt zu Toleranz, vermittelt gern und fhrt meist nicht zu strikten Ja-Nein-Entscheidungen. Autorittentexte, die die Ansicht von Fachleuten aus verschiedenen Epochen in Exzerpten berliefern, sind oft nicht eindeutig und lassen außerhalb ihrer Kontexte in der Regel mehrere Interpretationen zu. Weil Experimentalphilosophen an anwendbaren mechanischen Theorien interessiert sind, mssen ihre Informationen genauer sein. Deshalb entwickeln sie ein neues Gefge von Wahrheitskriterien. Das Autorittskriterium tritt in den Hintergrund, das Kriterium der Alltagserfahrung wird durch das Empiriekriterium ersetzt, und an die Stelle des verstndigen Urteils der Schulphysik tritt die Vernunft als Vermçgen zur Kontrolle und Interpretation von Wahrnehmungen. In diesem Sinn lautet das experimentalphilosophische Wahrheitskriterium von Gassendi bis Boyle: Sinneserfahrung mit Vernunft.1 Es soll eine zuver-

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Detel 1978; 70, macht klar, daß schon Gassendi, den Lockes Freund Boyle schtzte, mit seinen Meinungen ber die Funktion des Verstandes bei der empirischen Erkenntnis weit ber Vorgaben Epikurs hinausgeht: „Die Rolle des Verstandes bei der Sicherung der empirischen Basis, die logischen Beziehungen zwischen theoretischen und empirischen Stzen, der Wahrheitsgehalt theoretischer Aussagen erfahren eine andere Bewertung. Probabilistische Hypothesen und deren berprfung mit empirischen Mitteln, nicht die fundamentalistische Sicherung des Wissens auf empirischer Basis, machen nach dieser Methodologie den Kern der scientia physica aus. […] die Abweichungen und Zustze gegenber der epikureischen Kanonik ermçglichen nicht nur eine Antwort auf Fragen, die bei Epikur selbst offen bleiben, sondern reprsentieren auch den Ansatz zu einer neuen Methodologie, die auf sicher fundiertes Wissen verzichtet, aber im Interesse des

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

lssige Erfahrungswissenschaft ermçglichen, bei deren Etablierung sich grundstzliche Probleme stellen.2 Nach den geltenden Standards mssen wissenschaftliche Aussagen gewiß, allgemein und notwendig sein. Sie sind allgemein, wenn sie fr alle Individuen einer Art oder Gattung gelten; darauf beruht die Bedeutung der Lehre vom Allgemeinen fr die Wissenschaft. Aber Gattungen und Arten von Substanzen sind meist unberschaubar; wir kçnnen nur selten alle Art- oder Gattungsexemplare beobachten und drfen nicht sicher sein, daß fr noch nicht beobachtete Flle dasselbe gilt wie fr bereits beobachtete; Allaussagen auf der Grundlage unvollstndiger Induktion sind keine Wissenschaftsaussagen, sondern Vermutungen, denn sie sind nicht mit Gewißheit allgemein. Wissenschaftliche Allaussagen mssen zweitens notwendig sein. Sie sind notwendig, wenn sie aus gesicherten Prmissen folgen. Das wre in der Naturwissenschaft der Fall, wenn wir Aussagen ber Zustnde von Substanzen aus gesicherten Aussagen ber deren Ursachen ableiten kçnnten. Im 17. Jahrhundert setzt sich die auch von Locke geteilte Meinung durch, daß Kçrper Systeme von unwahrnehmbar kleinen Materieteilchen sind. Unsere Sinnesorgane empfangen Signale, von denen wir annehmen, daß sie kausal mit unwahrnehmbaren Teilchen zusammenhngen. Aber solche Annahmen beruhen auf Vermutungen und sind keine Schlußfolgerungen aus gesicherten Prmissen. Beides spricht dafr, daß eine auf Erfahrung beruhende strenge Wissenschaft von der Natur, deren Aussagen allgemein und notwendig sind, fr Menschen nicht mçglich ist. Daraus ergeben sich Konsequenzen fr die Mçglichkeiten von Verallgemeinerung und Klassifikation. E1b. Induktion. – Man kann sich das am Beispiel schulphilosophischer Induktionslehren klarmachen. Induktion ist fr die Schulphilosophie ein syllogismushnliches Verfahren zur Herstellung von Allgemeinheit durch Erfahrung. Nach Brerewood ist Induktion eine Argumentation, die von hinreichend vielen Einzelfllen zum Allgemeinen bergeht, zum Beispiel: Sokrates ist vernunftbegabt, Plato ist vernunftbegabt und die brigen

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Wissenschaftsfortschrittes freie Theorienbildung erlaubt und deren empirische Prfung fordert.“ Locke: Education § 190; Works IX 182, 39 – 46: „Natural philosophy, as a speculative science, I imagine, we have none; and perhaps I may think I have reason to say, we never shall be able to make a science of it. The works of nature are contrived by a wisdom, and operate by ways, too far surpassing our faculties to discover, or capacities to conceive, for us ever to be able to reduce them into a science.“

E1. Allgemeine Ideen und Wçrter

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Menschen ebenso; folglich ist jeder Mensch vernunftbegabt.3 Zur Funktion von Floskeln wie „und die brigen ebenso“ erklrt Smith: Wenn bei einer Induktion die Aufzhlung der Einzelnen oder der Teile sehr langwierig wrde, muß man fachbliche Formeln einfgen, zum Beispiel „und ebenso bei allen anderen“, „ein abweichendes Beispiel liegt nicht vor“ oder „die brigen ebenso“. Als Beispiel fr den bergang vom Einzelnen zum Allgemeinen fhrt Smith an: „Dionysus nahm ein schlimmes Ende, Phalaris ein schlimmes, Nero ein schlimmes, Caligula ein schlimmes, und es gibt kein abweichendes Beispiel; folglich nahmen alle Tyrannen ein schlimmes Ende.“ Smiths zweites Beispiel illustriert den Schluß von den Teilen auf das Ganze: „Die rçmische Plebs denkt sehr gut ber Milo, die Ritterschaft denkt sehr gut ber ihn, und dasselbe gilt fr die brigen Brger; folglich denkt das ganze rçmische Volk sehr gut ber Milo.“4 Nach Crakanthorpe wird bei der Induktion aufgrund der vollstndigen Aufzhlung aller Individuen, denen ein bestimmtes Prdikat zukommt, die Schlußfolgerung gezogen, daß dieses Prdikat smtlichen Exemplaren der betreffenden Art zukommt. Zum Beispiel ist Sokrates des Lachens fhig und ebenso Plato, Aristoteles und jeder Mensch, den es gibt; folglich ist jeder Mensch des Lachens fhig. Crakanthorpes Beispiel fr den bergang von den Teilen zum Ganzen lautet so: Kopf, Brust, Schenkel, Schienbein und alle brigen Kçrperteile sind gesund; folglich ist jeder Teil des Kçrpers gesund. Crakanthorpe ist daran interessiert, einem mçglichem Mißbrauch des Verfahrens zuvorzukommen. Er betont, daß die Aufzhlung der Einzelflle vollstndig sein muß, denn sobald man auch nur einen einzigen auslßt, ist die Induktion nicht mehr schlssig. Ferner weist er darauf hin, daß keine Induktion Beweiskraft hat, solange nicht durch Augenschein oder Evidenz gesichert ist, daß das Prdikat, von dem beweisen werden soll, 3 4

Brerewood, Elementa, Oxford 1657, s. 28; 103: „Inductio est argumentatio procedens a singularibus sufficienter enumeratis ad universale: ut, Socrates est rationalis, Plato est rationalis, et sic de caeteris: ergo omnis homo est rationalis.“ Smith, Aditus, Oxford 1656, l. 3, c 8, s. 1; 111: „Quod si singularium aut partium enumeratio sit valde prolixa, addenda est aliqua forma solennis, ut sunt, sic in aliis, non datur aliquid dissimile, sic in caeteris. – A singularibus ad universale. Male periit Dionysus, male Phalaris, male Nero, male Caligula, nec datur aliquod dissimile exemplum, ergo omnes tyranni male perierunt. – A partibus ad totum. Plebs Romana optime de Milone sentit, equestris ordo optime sentit, Senatus optime sentit, idem de caeteris civibus est dicendum, Ergo totus populus Romanus optime de Milone sentit.“ – Das Tyrannenargument erwhnt auch Costello 1958; 49 – 50: „[…] the example alleged by the tutor is a „moral universal,“ that is, a conclusion which involves the element of free will and human conduct. That Dionysius, Phalaris, Nero, and Caligula died violently suggests the conclusion that all tyrants die violent deaths.“

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

daß es allen zukommt, auch wirklich jedem einzelnen zukommt.5 Als Beispiel fr eine unzulssige Induktion fhrt er an: „Dieser Wurm hat Geschmackssinn und jener ebenso und auch alle brigen Wrmer; folglich hat jeder Wurm Geschmackssinn.“ Crakanthorpe erklrt, bei dieser Induktion werde nirgendwo nachgewiesen, daß tatschlich irgend ein Wurm Geschmackssinn hat; der Argumentierende kçnne also genau so schlssig sagen: „Jeder Wurm hat Geschmackssinn; folglich hat jeder Wurm Geschmackssinn.“6 Gegen das verwendete Verallgemeinerungsverfahren als solches erhebt Crakanthorpe keine Einwendungen. Es handelt sich um Vorlagen aus angesehenen Schulbchern, die Zwecken der brgerlichen Historie, der Rhetorik insgesamt und der Moralphilosophie in der Regel gengen; vergleichbaren Argumenten begegnet man noch heute. Dagegen waren sie unzureichend fr Autoren, die begannen, sich in der Weise der historischen Methode mit der Natur zu beschftigen. Denn an Stellen wie den zitierten wurde die Vollstndigkeit, obgleich man ihre Unabdingbarkeit betonte, nicht durch Beobachtung hergestellt, sondern mit Formeln wie „und ebenso alle brigen“ symbolisch beschworen. Locke entscheidet sich fr eine Lçsung, bei der das Problem der absoluten 5

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Crakanthorpe, Logica, London 1641, l. 3, c. 20; 288 – 289: „Secunda Species [argumentationis] est Inductio. Ea sic definitur: Inductio est Argumentatio imperfecta, in qua ex plena enumeratione singularium omnium quibus Praedicatum aliquod convenit, (quod fit in una Praemissa) concluditur idem Praedicatum universaliter convenire Speciei illorum Individuorum: ut, Socrates est risibilis, itemque Plato, Aristoteles, Et caeteri quotquot extant homines: Ergo omnis homo est risibilis. – Fit etiam Inductio, ex plena enumeratione Specierum unius Generis, et Partium integralium unius Totius; Nam par est ratio arguendi ab omnibus Speciebus ad Genus, et ab omnibus Partibus ad Totum, atque ab omnibus Individuis ad Speciem. Quare hae legitimae inductiones sunt: Homo est vivens, itemque brutum, Ergo omne animal est vivens. Et haec: Caput, pectus, femora, tibiae, et reliquae partes Corporis sunt sana [sic], Ergo omnis pars Corporis est sana. – De Inductione tria observanda sunt. Primum hoc est, ut in Inductione fiat plena et perfecta enumeratio omnium particularium. Nam si vel unum tantum omittitur, Inductio est invalida et inconsequens. […] Secundum est hoc, Nulla Inductio unquam probat aliquid nisi quando vel sensu, vel aliqua evidentia liquet Praedicatum illud inesse singularibus omnibus, quod inesse universali probare volumus.“ Crakanthorpe, Logica, London 1641, l. 3, c. 20; 289: „Ut si mihi nescienti omnem vermen [sic] habere gustum, tu ita arguas: Hic vermis, itemque ille, et caeteri omnes habent gustum, ergo omnis vermis gustum habet: petis plane principium. Etenim non accipitur hic ullum medium notum, quo probes gustum vermi ulli inesse, sed inducis omnes vermes, de quibus affirmas quod habent gustum, quos tamen omnes gustum habere, aeque mihi ignotum est, ac omnem vermem habere gustum; estque ac si arguas, Omnis vermis habet gustum, ergo omnis vermis habet gustum.“

E1. Allgemeine Ideen und Wçrter

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Vollstndigkeit in den Hintergrund treten kann, weil Arten nicht vorgegeben sind, sondern von Menschen nach Zwecken gebildet werden; wenn wir die Artbegriffe sachgerecht gebildet haben, dann erlauben sie uns die zweifelsfreie Zuweisung von Individuen zu Arten. Gewisse und informative Urteile bildet man unter diesen Umstnden nicht ber alle mçglichen Kandidaten fr die Zuweisung zu einer Art, sondern nur ber diejenigen Individuen, die ihr nach korrekter berprfung am Artbegriff zugewiesen wurden. E1c. Anlsse der Ablehnung universalienrealistischer Theorien. – Der Essay verwendet das Wort „universal“ gewçhnlich in der blichen weiten Bedeutung „allgemein“; mit dem Ausdruck „universal terms“ (allgemeinste Ausdrcke) sind Ideen oder Wçrter wie „Seiendes“ und „Ding“ gemeint.7 Hufiger erscheint der Ausdruck „general“. Im Deutschen kann man „universal“ mit „allgemein“ und „general“ mit „generell“ bersetzen. Daß Locke „general“ zur Bezeichnung von Artideen und Artnamen verwendet, obgleich es auf den Ausdruck „genus“ (Gattung) zurckgeht, kann mit Gassendis Meinung zusammenhngen, daß alles, was von mehreren Subjekten ausgesagt wird, als generell bezeichnet werden darf, und zwar auch Art und Differenz.8 Ausdrcke wie „specifick“ (auch „specific“) und „common“9 sind im Essay nicht hufig. Lockes Lehre von den generellen Ideen ist in vieler Hinsicht schulphilosophisch geprgt; Ausdrcke wie „School“ und „Schoolmen“ setzt er aber, sofern es nicht um selbstzufriedenes und autoritres Lehrverhalten geht, vor allem gegen angenommene universalienrealistische Theorien polemisch ein, also gegen Theorien, nach denen es etwas Allgemeines gibt, das dem Sein nach und nicht bloß der 7 8

9

Zum Beispiel Essay 3.3.9; 412, 25 – 27: „[…] by the same way the Mind proceeds to Body, Substance, and at last to Being, Thing, and such universal terms, which stand for any of our Ideas whatsoever.“ Gassendi, Ex. 2.2.6; III 161b, 10 – 16: „[…] quod a genere generale dicitur, idem est cum vniuersali, quemadmodum etiam nihil aliud est vniuersaliter dici, quam dici generaliter: Quod si vel species, vel differentia, vel aliud quidpiam censeatur nomine vniuersalis, ea ipsa ratione erit etiam genus seu generale aliquid.“ „Common name“ findet sich in einschlgiger Bedeutung in Essay 2.32.5; 385, 18, und tritt in Buch III nicht selten auf. Essay 2.13.18; 174, 20, hat „common nature“, Essay 3.6.1; 439, 2, „common Conception“. – In den frhen Drafts spielt „common“ eine grçßere Rolle. Die Vorkommen von „common notion“ in DRB § 6; 112, 14 und 114, 5 gehçren ebenso wie die in Essay 1.3.15; 77, 18, und Essay 1.3.19; 79, 38, nicht unmittelbar in diesen Zusammenhang, sondern beziehen sich auf Herbert von Cherbury und erinnern an Descartes’ Verwendung von „notio communis“.

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Reprsentation nach allgemein ist.10 In der Chemie beeindruckt ihn die Erfahrung, daß an Substanzen, die man derselben Art zuschlgt und die denselben Artnamen tragen, manchmal bei nherer Untersuchung sehr unterschiedliche Qualitten zum Vorschein kommen.11 Sein Freund Sydenham denkt ber medizinische Klassifikationen nach und berichtet, daß Krankheiten unter Umstnden ganz verschiedene Therapien erfordern, obgleich man sie mit demselben Namen bezeichnet.12 Mit der Kenntnis von Artnamen und einigen Artmerkmalen ist es also nicht getan. Durch genaue Beobachtung von Einzelfllen muß man die Bedeutung vorhandener Artnamen berichtigen und ergnzen. Universalienlehren, die behaupten, daß uns die Abstraktion die innersten Wesenheiten von Dingen enthllt, schwchen das Interesse an der Beobachtung von Einzelfllen.13 Fr jemanden, der glaubt, daß die Betrachtung schon eines einzigen Individuums ihn bis zur Artwesenheit vordringen lßt, liegt es nahe, sich die Mhsal von Beobachtung und Experiment zu ersparen und sich fr den Weg zu entscheiden, den Lockes Freund Boyle als „lazy Aristotelian way“ bezeichnet.14 In Wirklichkeit wird bei Naturgegenstnden die Anzahl der 10 Essay 4.4.16; 573, 4 – 8: „So necessary is it to quit the common notion of Species and Essences if we will truly look into the Nature of Things, and examine them, by what our Faculties can discover in them as they exist, and not by groundless Fancies, that have been taken up about them.“ 11 Essay 3.6.8; 443, 23 – 31: „[…] so Chymists especially are often, by sad Experience, convinced of it, when they, sometimes in vain, seek for the same Qualities in one parcel of Sulphur, Antimony, or Vitriol, which they have found in others. For though they are Bodies of the same Species, having the same nominal Essence, under the same Name; yet do they often, upon severe ways of examination, betray Qualities so different one from another, as to frustrate the Expectation and Labour of very wary Chymists.“ 12 Zum Beispiel Sydenham: Opera Universa, Leiden 1741; Febres Intermittentes Annorum 1661, 62, 63, 64, Londini; 78 – 92. 13 Michael 1990; 387: Locke „[…] wrote, in Draft B of the Essay, that the opinion that the specific constitution and difference of things have depended on a form impedes a laborious and exact scrutiny into the nature of things, and a searching out of all their qualities and properties (Section 72). Such a form, Locke asserts, can be known only by its sensible properties, by the sensible simple ideas that are supposed to flow from it (Section 72).“ 14 Boyle 1772: Considerations and Experiments touching the Origin of Qualitites and Forms. The Historical Part, Advertisements about the ensuing Section II; III 75, 18 – 25 und 27 – 29: „[…] the cultivators of the Particularian philosophy [Korpuskularphilosophie] being obliged by the nature of their hypothesis and their way of reasoning, to give the particular accounts of particular phenomena of nature, are also obliged, not only to know the general laws and course of nature, but to inquire into the particular structure of the bodies they are conversant with as that

E1. Allgemeine Ideen und Wçrter

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Individuen, ber die begrndete Tatsachenaussagen mçglich sind, durch Beobachtung und Erfahrung bestimmt. E1d. Gedachtes und sprachliches Allgemeines. – Locke bereichert die konzeptualistische Lehre vom gedachten Allgemeinen, die er weitgehend bernimmt, durch Anstze zu einer Lehre vom sprachlichen Allgemeinen. Bei ihm spielen auf beiden Stufen des Allgemeinen nicht nur generelle Ideen, sondern auch generelle Namen eine wichtige Rolle. Der Gebrauch der Attribute „verbal-mental“ empfiehlt sich bei Lockes Unterscheidung von sprachlichen und gedachten allgemeinen Termini aber nicht, weil sie der Essay im Zusammenhang mit Urteilen verwendet;15 deshalb sind Ausdrcke wie „gedachtes Allgemeines“ und „sprachliches Allgemeines“ vorzuziehen. Das gedachte Allgemeine ist grundstzlich frher als das sprachliche und setzt das Vorhandensein singulrer Ideen voraus. Die biographische Abfolge beim Erwerb genereller Ideen umreißt Locke (vermutlich unzutreffend) so: Zuerst haben wir Ideen von Einzeldingen, aber nach und nach gelangt der Verstand zu generellen Ideen, und zwar zuerst zu weniger generellen oder spezifischen, die singulren Ideen noch sehr nahe stehen.16 Diese durch Aristoteles angeregte Meinung wird auch von peripatetischen Schulphilosophen vertreten; so schreibt Burgersdijck, daß man vom Allgemeinen zuerst das erkennt, was dem Singulren am nchsten ist, denn es lßt sich leichter abstrahieren;17 der Verstand erkennt zuerst das Singulre und erst danach das Allgemeine, und zwar das Spewherein, for the most part, their power of acting and disposition to be acted on does depend […]; by which means […] innumerable particulars are discovered and observed which in the lazy Aristotelian way of philosophizing would not be heeded.“ 15 Essay 4.5.2; 574, 10 – 12: „So that Truth properly belongs only to Propositions: whereof there are two sorts, viz. Mental and Verbal; as there are two sorts of Signs commonly made use of, viz. Ideas and Words.“ 16 Essay 4.7.9; 595, 25 – 29: „[…] the Ideas first in the Mind, ’tis evident, are those of particular Things, from whence, by slow degrees, the Understanding proceeds to some few general ones; which being taken from the ordinary and familiar Objects of Sense, are settled in the Mind, with general Names to them.“ 17 Burgersdijck, Idea Philosophiae naturalis, Oxford 1667, d. 25, th. 1, n. 5; 65: „Singularia prius cognoscuntur ab intellectu quam universalia. Quin universalia cognosci nequeunt, nisi cognitis primum singularibus. Conimb. lib. 1. Phys. cap. 1 quaest. 4. Tol. lib. de anima, qu. 16. Zab. de ordin. intell. Cap. 4.“ – Ebd. th. 1, n. 7; 65: „Ex universalibus ea prius intelliguntur, quae singularibus sunt viciniora, quia horum facilior est abstractio. Conim. lib. 1 Phys. cap. I. qu. 3. Tol. ibid. qu. 3. Contra Zab. de ord. intel . Cap. 12.“

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

zifische vor dem Generischen.18 Wie Gassendi und die Logik von PortRoyal hebt Locke hervor, daß andere Menschen keinen unmittelbaren Zugang zu meinen generellen Ideen haben; ich kann sie ihnen aber durch Zeichen signalisieren. Es gibt viele Arten von Zeichen, aber sprachliche Zeichen spielen bei der Kommunikation unter Menschen die wichtigste Rolle. Die meisten davon sind Zeichen fr generelle Ideen und werden grundstzlich von jedem verstanden, der die verwendete Sprache beherrscht und die betreffenden Zeichen hçren oder lesen kann. Beim bergang von der Stufe des Allgemeinen der Ideen und Wçrter zum Allgemeinen der Gattungen und Arten, das bei Surez relatives Allgemeines hieß, spielen gedachtes und sprachliches Allgemeines eng zusammen: Gattungen und Arten beruhen auf der Einordnung von Individuen, die mit einer generellen Idee bereinstimmen, unter den Namen dieser Idee; das wird der Sprachgemeinschaft durch die Verleihung dieses Namens auch an das eingeordnete Individuum mitgeteilt. E1e. Umgestaltung der Kriterien fr Ideen: Bestimmte und determinierte Ideen. – Locke ist davon berzeugt, daß man bei der Beurteilung der Qualitt von Ideen auch deren Beziehung zu Wçrtern bercksichtigen muß. Descartes bernahm zur Beurteilung von Ideen die Kriterien Klarheit und Deutlichkeit: Eine Idee ist klar, wenn sie dem Geist, der sie betrachtet, gegenwrtig und voll sichtbar ist; und sie ist deutlich, wenn sie klar und zugleich von allen anderen Ideen so abgesetzt ist, daß sie nur Klares in sich enthlt.19 Diese Explikation bezieht sich auf Eigenschaften von Ideen. Locke nimmt sie grundstzlich auf, denn er erklrt die Ausdrcke „klar und deutlich“ auch seinerseits mit dem Hinweis auf Eigenschaften von Ideen: Einfache Ideen sind klar, wenn sie so sind, wie sie die Gegenstnde, von denen sie stammen, in einer wohlgeordneten Wahrnehmung oder Vor18 Burgersdijck, Collegium physicum, Oxford 1664; d. 30, th. 4; 326: „Cum autem de prima intellectione loquimur, mens prius singularia cognoscit, quam universalia: universalium enim notiones et conceptus omnibus individuis communes, non potest efformare, nisi collatis primum inter se singularibus. […] Inter universalia prius species cognoscit, quam genus, et omnino quo quidque proprius est individuis, ita quoque prius cognoscitur. Nam ut ad species se habent individua, ita species se habent ad genera.“ 19 Descartes, Principia Philosophiae p. 1, § 45; AT VIII/1 22, 3 – 9: „Claram voco illam [perceptionem], quae menti attendenti praesens et aperta est: sicut ea clare a nobis videri dicimus, quae oculo intuenti praesentia, satis fortiter et aperte illum movent. Distinctam autem illam, quae, cum clara sit, ab omnibus aliis ita sejuncta est et praecisa, ut nihil plane aliud, quam quod clarum est, in se contineat.“

E1. Allgemeine Ideen und Wçrter

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stellung in uns hervorrufen oder hervorrufen kçnnen. Sie bleiben klar, solange sie das Gedchtnis in diesem Zustand bewahrt und dem Geist vorstellen kann.20 Die Verwitterung von Ideen, durch die sie ihre ursprngliche Genauigkeit und Frische verlieren und sich in dunkle Ideen verwandeln, erwhnt Locke in schçnen Essay-Texten.21 Komplexe Ideen sind klar, wenn die einfachen Ideen, aus denen sie bestehen, klar sind und wenn zugleich deren Anzahl und Anordnung bestimmt und sicher ist.22 Komplexe Ideen sind deutlich, wenn sie der Geist als solche wahrnimmt, die sich von allen anderen unterscheiden.23 Als Gegenterminus zu „deutlich“ dient bei Locke wie bei Descartes „verworren“. Im Zusammenhang mit einer Erklrung dieses Ausdrucks, die aus der Vierten Auflage stammt, bringt Locke aber nicht nur Eigenschaften von Ideen, sondern auch ihre Beziehung zu Namen ins Spiel: Ideen sind verworren, wenn sie ungewiß und unbestimmt sind, das heißt, wenn derselbe Ausdruck einmal fr diese und einmal fr jene Idee steht.24 Weil Wçrter bei Locke nicht nur als 20 Essay 2.29.2; 363, 17 – 25: „[…] our simple Ideas are clear, when they are such as the Objects themselves, from whence they were taken, did or might, in a wellordered Sensation or Perception, present them. Whilst the Memory retains them thus, and can produce them to the Mind, when-ever it has occasion to consider them, they are clear Ideas. So far as they either want any thing of that original Exactness, or have lost any of their first Freshness, and are, as it were, faded or tarnished by Time, so far are they obscure.“ 21 Essay 2.10.4; 151, 10 – 13: „[…] Ideas in the Mind quickly fade, and often vanish quite out of the Understanding, leaving no more footsteps or remaining Characters of themselves, than Shadows do flying over Fields of Corn; and the Mind is as void of them, as if they never had been there.“ – Essay 2.10.5; 151, 31 – 152, 3: : „[…] the Ideas, as well as Children, of our Youth, often die before us: And our Minds represent to us those Tombs, to which we are approaching; where though the Brass and Marble remain, yet the Inscriptions are effaced by time, and the Imagery moulders away. The Pictures drawn in our Minds, are laid in fading Colours; and if not sometimes refreshed, vanish and disappear.“ 22 Essay 2.29.2; 363, 25 – 28: „Complex Ideas, as they are made up of Simple ones; so they are clear, when the Ideas that go to their Composition, are clear; and the Number and Order of those Simple Ideas, that are the Ingredients of any Complex one, is determinate and certain.“ 23 Essay 2.29.4; 364, 7 – 8: „[…] a distinct Idea is that wherein the Mind perceives a difference from all other […]“. 24 Essay 2.29.9; 366, 21 – 26: „[…] A third defect that frequently gives the name of Confused, to our Ideas, is when any one of them is uncertain, and undetermined. Thus we may observe Men, who not forbearing to use the ordinary Words of their Language, till they have learn’d their precise signification, change the Idea, they make this or that term stand for, almost as often as they use it.“ – Vorher hat Locke „confused“ ohne Bezugnahme auf Namen expliziert; s. Essay 2.29.4; 364, 8 – 10:

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Kommunikationsmittel, sondern auch als Hilfsmittel fr das eigene Denken gelten, beeintrchtigt diese Art von Verworrenheit nicht nur die Genauigkeit der verbalen Kommunikation, sondern auch die Genauigkeit des Denkens.25 Es gengt nicht, daß man klare und deutliche Ideen im Sinn von Descartes hat. Man muß im Interesse der Kommunikation und des eigenen Denkens außerdem berprfen, ob sie nicht nur klar und deutlich, sondern auch bestndig mit denselben Ausdrcken verbunden sind.26 Wenn das bei einfachen Ideen zutrifft, dann erhalten sie die Qualifikation „determiniert“ (determinate[d]), und wenn es bei komplexen Ideen zutrifft, dann erhalten sie die Qualifikation „bestimmt“ (determined), die die Erfllung der cartesischen Kriterien miteinschließt.27 Nach einer hnlichen Explikation bezeichnet man Ideen als bestimmt oder determiniert, wenn man mitteilen mçchte, daß der Geist sie einerseits wahrnimmt und daß er sie andererseits bestndig mit einem bestimmten Namen verbindet.28

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„[…] a confused Idea is such an one, as is not sufficiently distinguishable from another, from which it ought to be different.“ Essay 2.29.12; 368, 16 – 23: „Some Ideas are so complex, and made up of so many parts, that the Memory does not easily retain the very same precise Combination of simple Ideas, under one Name: much less are we able constantly to divine for what precise complex Idea such a Name stands in another Man’s use of it. From the first of these, follows confusion in a Man’s own Reasonings and Opinions within himself; from the latter, frequent confusion in discoursing and arguing with others.“ Essay, The Epistle to the Reader; 13, 23 – 31: „I know there are not Words enough in any Language to answer all the variety of Ideas, that enter into Men’s discourses and reasonings. But this hinders not, but that when any one uses any term, he may have in his Mind a determined Idea, which he makes it the sign of, and to which he should keep it steadily annex’d during that present discourse. Where he does not, or cannot do this, he in vain pretends to clear or distinct Ideas: ’Tis plain his are not so: and therefore there can be expected nothing but obscurity and confusion, where such terms are made use of, which have not such a precise determination.“ Essay, The Epistle to the Reader; 13, 11 – 18: „To explain this a little more particularly. By determinate, when applied to a simple Idea, I mean that simple appearance, which the Mind has in its view, or perceives in it self, when that Idea is said to be in it: By determined, when applied to a complex Idea, I mean such an one as consists of a determinate number of certain simple or less complex Ideas, joyn’d in such a proportion and situation, as the Mind has before its view, and sees in it self when that Idea is present in it, or should be present in it, when a Man gives a name to it.“ Essay, The Epistle to the Reader; 13, 38 – 14, 5: „I have made choice of these terms to signifie, 1. Some immediate object of the Mind, which it perceives and has before it distinct from the sound it uses as a sign of it. 2. That this Idea thus determined, i. e. which the Mind has in it self, and knows, and sees there be determined without any change to that name, and that name determined to that precise Idea.“

E1. Allgemeine Ideen und Wçrter

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E1f. Das sprachliche Allgemeine als Denkhilfe und Kommunikationsmittel. – Schon wegen der Bercksichtigung sprachlicher Kriterien bei der Qualifikation von Ideen liegt es fr Locke nahe, sich nicht mit der Behandlung des gedachten Allgemeinen zu begngen. Daß er außer einer Theorie des gedachten Allgemeinen auch Skizzen zu einer Theorie des sprachlichen Allgemeinen vorlegt, ist einer der Vorzge dieses Teils der Lockeschen Philosophie, der umfangreich, aber ber viele Kapitel verstreut ist. Weil die Sprache zum grçßten Teil aus generellen Wçrtern besteht,29 sind viele von Lockes sprachtheoretischen ußerungen zugleich auch ußerungen ber das Allgemeine. Entsprechende Anstze des Essay sind reich an Informationen, aber nicht schulmßig strukturiert. Whrend das gedachte Allgemeine intramental ist, kann das sprachliche Allgemeine auch çffentlich sein. Nur darf man es nicht ohne Einschrnkung als çffentlich bezeichnen, weil Wçrter nach Locke nicht nur Funktionen der Mitteilung, sondern als Denk- und Gedchtnishilfen auch interne Funktionen erfllen. Wenn man eigene Gedanken mit Hilfe von Wçrtern im Gedchtnis bewahren will, dann darf man sich (anders als bei Mitteilungen an andere Menschen) beliebiger Wçrter bedienen, denn man redet im Grunde mit sich selbst und muß nur darauf achten, daß man stets dasselbe Wort fr dieselbe Idee verwendet.30 Daß das eigene Denken durch generelle sprachliche Merkzeichen nicht nur bequemer wird, sondern bei bestimmten Aufgaben auch gar nicht auf sie verzichten kann, zeigt Locke am Beispiel des Rechnens mit großen Zahlen.31 Fr ihn ist nach einigen Stellen die Erleichterung des Denkens der erste, der Austausch von Gedanken der zweite Zweck der Sprache. Wie przise Formulierungen beim sprachlichen Austausch sein mssen, lßt sich nicht allgemein bestimmen, sondern hngt von der Si29 Essay 3.3.1; 409, 4 – 5: „The far greatest part of Words, that make all Languages, are general Terms […]“. 30 Essay 3.9.2; 476, 11 – 18: „As to the first [use] of these [words], for the recording our own Thoughts for the help of our own Memories, whereby, as it were, we talk to our selves, any Words will serve the turn. For since Sounds are voluntary and indifferent signs of any Ideas, a Man may use what Words he pleases, to signify his own Ideas to himself: and there will be no imperfection in them, if he constantly use the same sign for the same Idea: for then he cannot fail of having his meaning understood, wherein consists the right use and perfection of Language.“ 31 Essay 2.16.5; 207, 1 – 5: „For without such Names or Marks, we can hardly well make use of Numbers in reckoning, especially where the Combination is made up of any great multitude of Unites, which put together without a name or Mark, to distinguish that precise Collection, will hardly be kept from being a heap in Confusion.“ – Das zeigt Locke ebd., Z. 6 – 16, am Beispiel von Indianern, mit denen er sich unterhalten hat.

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

tuation ab. Der Essay unterscheidet vor allem zwei Verstndigungsniveaus, nmlich brgerliche und wissenschaftliche Kommunikation. Bei brgerlicher Kommunikation kann man sich mit Wçrtern begngen, die fr alltgliche Unterhaltungen und gewçhnliche Lebenserfordernisse genau genug sind. Aber wissenschaftliche Kommunikation, die der bermittlung deutlicher Begriffe und verlßlicher Aussagen dient, muß genauer sein.32 Klassifikationen, die fr die Anforderungen des Alltags gut geeignet sind, kann man nicht ohne weiteres auch im Rahmen der Wissenschaft verwenden.

E2. Zweck des Allgemeinen. Wrdigung E2a. Eine Sprache aus Eigennamen fhrte zu keiner angemessenen Verstndigung. – Der Verstand bildet generelle Ideen und Wçrter nicht um ihrer selber willen, sondern deshalb, weil er Lçsungen fr Probleme braucht. Das erste Problem besteht darin, daß Sprachen erst durch generelle Ausdrcke zu leistungsfhigen Kommunikationsmitteln werden. Alle Dinge, die existieren, sind individuell,33 und zwar auch generelle Ideen und Wçrter. Diese sind zwar nach einer auch von Locke verwendeten schulphilosophischen Unterscheidung der Reprsentation nach generell, denn sie reprsentieren mehrere Individuen auf einmal; aber physisch gesehen sind sie individuelle psychische Akte beziehungsweise individuelle akustische oder graphische Phnomene.34 Wenn Wçrter wirklich den Dingen, fr die sie 32 Essay 3.9.3; 476, 19 – 32: „Secondly, As to communication by Words, that too has a double use. I. Civil. II. Philosophical. First, By their civil Use, I mean such a communication of Thoughts and Ideas by Words, as may serve for the upholding common Conversation and Commerce, about the ordinary Affairs and Conveniencies of civil Life, in the Societies of Men, one amongst another. Secondly, By the Philosophical Use of Words, I mean such an use of them, as may serve to convey the precise Notions of Things, and to express, in general Propositions, certain and undoubted Truths, which the Mind may rest upon, and be satisfied with, in its search after true Knowledge. These two Uses are very distinct; and a great deal less exactness will serve in the one, than in the other, as we shall see in what follows.“ 33 Zum Beispiel Essay 3.3.1; 409, 1: „ALL Things, that exist, being Particulars, […]“; hnlich Abstr. 3.3; King 379, 29. – Essay 3.3.6; 410, 34: „For since all things that exist are only particulars […]“. 34 Zum Beispiel Surez, DM 6.8.2; 232a, 19 – 29: „Idemque dicendum est de universali in significando seu repraesentando, sive illud sumatur in nominibus quae a dialecticis termini communes vocantur, sive in speciebus intelligibilibus, sive in conceptibus formalibus, sive denique in quavis imagine, quacunque ratione fingatur repraesentans uniformiter plura; quicquid enim sit hujusmodi reprae-

E2. Zweck des Allgemeinen. Wrdigung

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stehen, so hnlich wie mçglich wren, dann bezeichneten sie nur Individuen, denn alle Dinge sind individuell; in Wirklichkeit sind aber in allen Sprachen weitaus die meisten Wçrter generell.35 Ideen, denen Wçrter als Zeichen zugeordnet wurden, sind fr Locke Bedeutungen.36 Man versteht ein Wort, wenn man weiß, welche Bedeutung es hat, das heißt, wenn man weiß, welcher Idee es zugeordnet ist. Gbe es fr jedes Individuum ein besonderes Wort, dann mßte jeder Sprecher und Hçrer von jedem Einzelding erstens eine singulre Idee besitzen und zweitens deren Eigennamen kennen. Beides ist nicht mçglich, denn es gibt unendlich viele Einzeldinge, kein Mensch erfhrt davon dieselben wie ein anderer, und unsere Wahrnehmungs- und Merkfhigkeit ist begrenzt.37 In einer Sprache ohne generelle Wçrter hufte man Eigennamen auf Eigennamen und kçnnte trotzdem seine Gedanken nicht angemessen mitteilen, denn Verstndigung bedeutet, daß das akustische Zeichen, das der Sprecher benutzt, aufgrund von Gewçhnung oder Vereinbarung im Geist des Hçrers diejenige Idee erweckt, die sich auch im Geist des Sprechers damit verbindet. Damit, daß Sprecher und Hçrer durchweg die gleichen Eigennamen von Dingen kennen, darf man schon deshalb nicht rechnen, weil jeder Mensch nur eine kleine Zahl von Individuen als Individuen zur Kenntnis nimmt. Weil im Bereich einer Sprache ohne generelle Namen Sprecher und Hçrer nicht durchweg dieselben Einzeldinge kennten und weil sie darber hinaus nicht die gleichen Ideen mit den gleichen Eigennamen verbnden, htten

sentans, in se unum singulare individuum est, et solum ex parte objecti vocatur universale, quia significat vel repraesentat plura.“ – S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 4, q. 4; 147: „Conceptus formalis est solum vniversalis in repraesentando, non vero in essendo […].“ 35 Essay 3.3.1; 409, 1 – 6: „ALLThings, that exist, being Particulars, it may perhaps be thought reasonable, that Words, which ought to be conformed to Things, should be so too, I mean in their Signification: but yet we find the quite contrary. The far greatest part of Words, that make all Languages, are general Terms: which has not been the Effect of Neglect, or Chance, but of Reason, and Necessity.“ 36 Essay 3.4.6; 422, 6 – 7: „The meaning of Words, being only the Ideas that they are made to stand for by him that uses them […]“. 37 Essay 3.3.2; 409, 7 – 15: „First, It is impossible, that every particular Thing should have a distinct peculiar Name. For the signification and use of Words, depending on that connexion, which the Mind makes between its Ideas, and the Sounds it uses as Signs of them, it is necessary, in the Application of Names to things, that the Mind should have distinct Ideas of the Things, and retain also the particular Name that belongs to every one, with its peculiar appropriation to that Idea. But it is beyond the Power of humane Capacity to frame and retain distinct Ideas of all the particular Things we meet with […].“

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sie nur geringe Verstndigungschancen.38 Anders als Gassendi erwhnt Locke nicht, daß man bereits zur Bildung nichttautologischer Urteile generelle Ausdrcke braucht. E2b. Generelle Wçrter erleichtern die Kommunikation und ermçglichen generelles Wissen. Ihre Bildung ist situationsabhngig. – Mit abstrakten Ideen, Wesenheiten, Gattungen und Arten erschafft sich der Verstand Instrumente, die es ihm erstens ermçglichen, Gruppen einfacher Ideen, die er oft erwhnen muß, nicht immer wieder aufzuzhlen, sondern mit einer einzigen generellen Idee zu vergegenwrtigen und anderen Menschen bequem mit einem einzigen generellen Ausdruck mitzuteilen. Zweitens ermçglichen es diese Instrumente, viele Individuen auf einen Schlag mit einer einzigen generellen Idee zu erfassen, ohne mhsam jedes einzelne mit einem Eigennamen erwhnen zu mssen.39 Das ist die Wohltat der Prdikation, die Mhe und Zeit erspart. Wer ber einen Vorrat von mehr oder weniger umfassenden generellen Wçrtern verfgt, der ist fr Kommunikation besser gerstet als jemand, der nur wenige kennt; darauf wies schon Gassendi hin.40 Der Mensch hat aber nicht nur eine natrliche Neigung zur Kommunikation, sondern auch einen natrlichen Drang zum Wissen, das seine große Aufgabe ist.41 Erst die Verallgemeinerung von Ideen ermçglicht 38 Essay 3.3.3; 409, 24 – 410, 4: „Secondly, If it were possible, it would yet be useless; because it would not serve to the chief end of Language. Men would in vain heap up Names of particular Things, that would not serve them to communicate their Thoughts. Men learn Names, and use them in Talk with others, only that they may be understood: which is then only done, when by Use or Consent, the Sound I make by the Organs of Speech, excites in another Man’s Mind, who hears it, the Idea I apply it to in mine, when I speak it. This cannot be done by Names, applied to particular Things, whereof I alone having the Ideas in my mind, the Names of them could not be significant, or intelligible to another, who was not acquainted with all those very particular Things, which had fallen under my Notice.“ 39 Essay 3.5.9; 434, 1 – 6: „[…] they [Genera, and Species] appear, upon a more wary survey, to be nothing else but an Artifice of the Understanding, for the easier signifying such Collections of Ideas, as it should often have occasion to communicate by one general term; under which, divers particulars, as far forth as they agreed to that abstract Idea, might be comprehended.“ 40 Essay 3.6.30; 458, 9 – 11: „[…] we our selves divide them [Things], by certain obvious appearances, into Species, that we may the easier, under general names, communicate our thoughts about them.“ – Das erklrte schon Gassendi: Inst. Log. p. 1, can. 6; I 94a, 13 – 95b, 45. 41 Essay 2.32.6; 385, 32: „[…] the natural tendency of the Mind being towards Knowledge […]“. – Essay 4.7.9; 596, 12 – 14: „[…] for the conveniency of Communication, and Enlargement of Knowledge; to both which, it [the Mind] is

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und befçrdert allgemeines Wissen, das fr alle Individuen zutrifft, die einer Art oder Gattung zugeordnet sind.42 Weil Wissenschaft nach den fr Locke gltigen Standards aus allgemeinen und notwendigen (bewiesenen) Aussagen besteht, kçnnte man ohne generelle Wçrter berhaupt keine Wissenschaft betreiben. Betrfen unsere Gedanken und Mitteilungen immer nur einzelne Individuen, dann nhme unser Weg zu generellem Wissen nie ein Ende, denn wir kçnnen fast nie alle Einzelflle durchlaufen. Jetzt aber ist es mçglich, gleich bndelweise ber Dinge nachzudenken und zu sprechen, und das erleichtert und beschleunigt die Verbesserung des Wissens. Was wir bei irgend einem Individuum als Arteigenschaft erfahren, das kçnnen wir auf alle brigen Individuen seiner Art bertragen, denn die Informationen, die eine abstrakte Artidee enthlt, treffen fr alle mit ihr bereinstimmenden Individuen zu.43 Lockes Zuversicht ist nicht erstaunlich, denn nach seinen Vorgaben darf man Individuen erst dann in Arten einordnen, wenn man festgestellt hat, daß sie ber die von der Artidee reprsentierten Eigenschaften verfgen. Grundstzlich dient das Allgemeine dazu, Kommunikation und Wissen zu ermçglichen oder zu erleichtern, aber was Menschen mitteilen und wissen, wird weitgehend durch Situationen bestimmt, denn Kommunikation und Streben nach Wissen erfolgen im Rahmen der Lebenspraxis. Welche Art- und Gattungsnamen wir bilden, hngt nicht nur von der Fassungskraft unseres

naturally very much enclined.“ – Essay 2.32.6; 386, 6 – 8: „[…] and so advance by larger steps in that, which is its [the Mind’s] great Business, Knowledge.“ 42 Essay 3.3.4; 410, 5 – 10: „Thirdly, But yet granting this also feasible; (which I think is not,) yet a distinct Name for every particular Thing, would not be of any great use for the improvement of Knowledge: which though founded in particular Things, enlarges it self by general Views; to which, Things reduced into sorts under general Names, are properly subservient.“ – Essay 4.6.16; 591, 4 – 5: „’Tis the contemplation of our own abstract Ideas, that alone is able to afford us general Knowledge.“ – Abstr. 3.3; King 379, 39 – 40: „[…] our progress to knowledge being by generals, we have need of general terms.“ 43 Essay 3.3.20; 420, 19 – 25: „[…] That Men making abstract Ideas, and settling them in their Minds, with names annexed to them, do thereby enable themselves to consider Things, and discourse of them, as it were in bundles, for the easier and readier improvement, and communication of their Knowledge, which would advance but slowly, were their Words and Thoughts confined only to Particulars.“ – Essay 4.3.31; 562, 6 – 9: „For what is known of such general Ideas, will be true of every particular thing, in whom that Essence, i. e. that abstract Idea is to be found: and what is once known of such Ideas, will be perpetually, and for ever true.“

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Geistes, sondern auch von unseren Bedrfnissen ab.44 Universalien, fr die kein Bedarf besteht, werden nicht gebildet, man richtet sich vielmehr in jedem Land nach Aufgaben, die das Leben dort stellt, oder nach Erfordernissen des Augenblicks. Besonders Ideen und Namen gemischter Modi bildet man nur, wenn es die Situation erfordert.45 Auf der anderen Seite werden auch Eigennamen nur nach Bedarf gebildet; man verwendet sie fr Personen, gegebenenfalls aber auch fr Lnder, Stdte, Flsse und Berge, ber die man hufig reden muß.46 E2c. Das Vermçgen zur Verallgemeinerung von Ideen heißt im Essay Abstraktionsvermçgen und gilt als Menschen vorbehalten. – Die Fhigkeit, fr mehrere Individuen zu stehen, verdanken generelle Wçrter dem menschlichen Verstand, der ihnen die Rolle des universale in repraesentando zuweist. Dadurch, daß sie diese Rolle bernehmen, verndern sie sich nicht physisch; das einzige, was neu entsteht, ist eine Relation, die der Verstand zu ihnen hinzudenkt, nmlich die Relation zu mehreren Individuen.47 Im Essay wird anders als in den frhen Drafts die Ttigkeit des Verallgemeinerns von Ideen konsequent als Abstraktion bezeichnet; deren Ausbung steht dem Menschen aufgrund der Verfgungsgewalt ber seine einfachen Ideen zu.48 Die Fhigkeit zur Abstraktion ist nach Locke eine Besonderheit 44 Essay 3.3.4; 410, 10 – 12: „These [sorts], with the Names belonging to them, come within some compass, and do not multiply every Moment, beyond what, either the Mind can contain, or Use requires.“ 45 Essay 3.6.30; 457, 14 – 17: Die meisten Menschen „content themselves with some few obvious, and outward appearances of Things, thereby readily to distinguish and sort them for the common Affairs of Life […]“. – Essay 3.5.7; 432, 14 – 17: „[…] Men make and name so many complex Ideas of these mixed Modes, as they find they have occasion to have names for, in the ordinary occurrence of their Affairs.“ – Essay 3.5.8; 432, 36 – 433, 3: „[…] those of one Country, by their customs and manner of Life, have found occasion to make several complex Ideas, and give names to them, which others never collected into specifick Ideas.“ 46 Essay 3.3.4; 410, 12 – 15: „And therefore in these [general Names] Men have for the most part stopp’d: but yet not so, as to hinder themselves from distinguishing particular Things, by appropriated Names, where Convenience demands it.“ – Essay 3.3.5; 410, 20 – 24: „Besides Persons, Countries also, Cities, Rivers, Mountains, and other the like Distinctions of Place, have usually found peculiar Names, and that for the same Reason; they being such as Men have often an Occasion to mark particularly, and, as it were, set before others in their Discourses with them.“ 47 Essay 3.3.11; 414, 11 – 16. Text s. S. 83, Anm. 81. 48 Essay 2.12.1; 163, 20 – 29: „The Acts of the Mind wherein it exerts its Power over its simple Ideas are chiefly these three, 1. Combining several simple Ideas into one

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der menschlichen Gattung. Selbst wenn ein Mensch infolge eines organischen Defekts nicht sprechen kann, ist er im Unterschied zu Tieren trotzdem in der Lage, generelle Ideen durch nichtsprachliche Zeichen zum Ausdruck zu bringen. Er unterscheidet sich auf jeden Fall von Tieren dadurch, daß er abstrahieren und mit generellen Ideen operieren kann.49 Wer glaubt, daß Tiere nicht nur Maschinen sind, sondern daß sie auch irgendwelche Ideen haben, der muß ihnen zwar ein gewisses Maß an Vernunft zugestehen, denn einige von ihnen kçnnen anscheinend Schlsse ziehen, freilich nur auf der Grundlage singulrer Wahrnehmungsideen. Aber selbst die gescheitesten Tiere kommen ber diese engen Grenzen nicht hinaus und haben anscheinend nicht die Fhigkeit, sie durch irgend eine Art von Abstraktion zu erweitern. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß sie abstrahieren kçnnen, und deshalb darf man annehmen, daß sie weder Wçrter noch andere generelle Zeichen verwenden.50 Hier geht Locke hinter Gassendis Position zurck, obgleich es nicht leicht zu verstehen ist, wie man Schlußfolgerungen ziehen kann, ohne ber generelle Ausdrcke zu verfgen.51 Fraser verweist auf eine Leibniz-Stelle, nach der Tiere von einer singulren Vorstellung zur anderen bergehen, weil sie beider Verbindung zu einem frheren Zeitpunkt wahrgenommen haben. Dabei compound one, and thus all Complex Ideas are made. 2. The 2d. is bringing two Ideas, whether simple or complex, together; and setting them by one another, so as to take a view of them at once, without uniting them into one; by which way it gets all its Ideas of Relations. 3. The 3d. is separating them from all other Ideas that accompany them in their real existence; this is called Abstraction: And thus all its General Ideas are made.“ 49 Essay 2.11.11; 160, 9 – 12: „And on the other side, Men, who through some defect in the Organs, want words, yet fail not to express their universal Ideas by signs, which serve them instead of general words, a faculty which we see Beasts come short in.“ – Essay 2.11.10; 159, 31 – 34: „This, I think, I may be positive in, That the power of Abstracting is not at all in them; and that the having of general Ideas, is that which puts a perfect distinction betwixt Man and Brutes […]“. 50 Essay 2.11.11; 160, 15 – 22: „For if they have any Ideas at all, and are not bare Machins (as some would have them) we cannot deny them to have some Reason. It seems as evident to me, that they do some of them in certain Instances reason, as that they have sence; but it is only in particular Ideas, just as they receiv’d them from their Senses. They are the best of them tied up within those narrow bounds, and have not (as I think) the faculty to enlarge them by any kind of Abstraction.“ – Essay 2.11,10; 159, 35 – 160, 4: „[…] we observe no foot-steps in them, of making use of general signs for universal Ideas; from which we have reason to imagine, that they have not the faculty of abstracting, or making general Ideas, since they have no use of Words, or any other general Signs.“ 51 Locke ußert sich zu dieser Frage in Essay 4.17.8; 680, 24 – 681, 29.

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scheint Leibniz an eine Art von Assoziation zu denken; er empfiehlt, in solchen Fllen nicht den Ausdruck raisonnement zu verwenden.52 Locke, dessen ußerung auf den ersten Blick cartesianisch wirkt, tritt nicht unmittelbar in Gegenposition zu Gassendi, der ebenfalls Tieren das Abstraktionsvermçgen abspricht; er spricht ihnen aber ein anders Vermçgen der Verallgemeinerung zu, nmlich die Bildung von aggeries durch die Einbildungskraft. E2d. Eine mçgliche Bezugnahme auf Gassendis Hundebeispiel. – In einem Text, auf den Losonsky aufmerksam macht53 und der sich vielleicht auf Gassendis Annahmen ber die Einbildungskraft von Hunden bezieht, schreibt Locke, daß Tiere mçglicherweise verschiedene Kombinationen einfacher Ideen rezipieren und behalten kçnnen; so kçnne die Idee eines Hundes von seinem Herrn aus dessen Gestalt, Geruch und Stimme bestehen; diese kçnnten als Merkmale dienen, mit deren Hilfe er seinen Herrn erkennt.54 Locke fgt jedoch hinzu, er glaube nicht, daß Tiere von sich aus fhig seien, solche Merkmale zusammenzustellen, um aus ihnen komplexe Ideen zu bilden. In Fllen, in denen wir meinen, sie kçnnten es, handle es sich vielleicht nur um eine einzige einfache Idee, die ihnen die Identifizierung mehrerer Dinge ermçglicht; doch unterscheiden sie Dinge mçglicherweise weniger mit dem Gesichtssinn, als wir uns einbilden.55 Gassendi hatte erklrt, daß ein Hund einen Menschen und dessen Eigenschaft, der Herr zu sein, als Einheit (vnitim, seu tanquam quid vnum) erfaßt.56 In den frhen Drafts arbeitet Locke wie Gassendi bei zusam52 Fraser 1959 zu Essay 2.11.11; I 208a – 209b, Anm. 4. – Die Leibnizstelle findet sich in Nouveaux Essais 2.11.11; GP 5, S. 130, Z. 15 – 16, 20 – 27. 53 Losonsky 1989; 42. 54 Essay 2.11.7; 158, 15 – 19: „In this also, I suppose, Brutes come far short of Men. For though they take in, and retain together several Combinations of simple Ideas, as possibly the Shape, Smell, and Voice of his Master, make up the complex Idea a Dog has of him; or rather are so many distinct Marks whereby he knows him: […]“. 55 Essay 2.11.7; 158, 19 – 24: „[…] yet, I do not think they do of themselves ever compound them, and make complex Ideas. And perhaps even where we think they have complex Ideas, ’tis only one simple one that directs them in the knowledge of several things, which possibly they distinguish less by their Sight, than we imagine.“ 56 Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 411a, 26 – 38: „Sic enim, dum canis v.g. videns hominem accedentem, herum esse existimat, nihil aliud videtur, quam apprehendere hominem cum herilitate; non quod Phantasia herilitatem vt abstractum percipiat (hoc enim munus est Intellectus) sed quod hominem; eiusque adiunctum, herilitatem puta non modo concrete, sed etiam vnitim, seu tanquam quid vnum

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mengesetzten Ideen implizit mit der Annahme einer virtuellen Copula, und das lebt im Essay in der Lehre von den mentalen Urteilen fort: Wahrheit und Falschheit kommen Ideen insofern zu, als sie virtuell (virtually) ein mentales Urteil enthalten;57 bei Gassendi stand in einem hnlichen Zusammenhang der Ausdruck „virtute“. Mentale Urteile sind bloße Anschauungen von Ideen, so wie sie, der Namen entblçßt, in unserem Geiste sind; bei Anschauungen, die Locke als mentale Urteile bezeichnet, werden solche Ideen ohne Verwendung von Wçrtern dadurch zusammengestellt oder getrennt, daß der Geist ihre bereinstimmung oder Nichtbereinstimmung bemerkt oder beurteilt.58 Damit bietet der Essay nicht anders als die frhen Drafts einen Teil des theoretischen Instrumentariums, mit dessen Hilfe Gassendi den Tieren hçhere kognitive Vermçgen zusprach. Das will aber Locke anscheinend nicht tun. Bei seiner Bezugnahme auf den Gesichtssinn des Hundes fllt auf, daß sie durch den Kontext von Essay 2.11.7 nicht veranlaßt sein kann; sie ließe sich gegebenenfalls als Bezugnahme auf Gassendis „canis v.g. videns hominem accedentem“59 deuten. E2e. Die Meinung, daß nur Menschen abstrahieren kçnnen, wird auch in der Schulphilosophie vertreten. – Lockes Position lßt sich nach Meinung Bonnos, der sich auf Leonora C. Rosenfield beruft, am ehesten auf seine Kenntnis des „Discours de la connoissance des bestes“ von Ignace-Gaston Pardies zurckfhren, der 1672 erschien.60 Zugleich entspricht sie der Meinung der meisten Schulphilosophen. Zum Beispiel werden im Metaphysikkommentar von Pedro de Fonseca außer den fnf ußeren Sinnen

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apprehendat. Vnde et copula, seu Est verbum, diserte quidem effertur a nobis, qui subiectum, et attributum vt duo quaedam discernimus; at in enunciatione canis, contineri solum videtur virtute, quatenus subiectum, et attributum apprehendit vt vnum; et perinde est illi imaginari hominem herum, ac enunciare hominem esse herum.“ Essay 2.32.26; 394, 4 – 7: „[…] though in propriety of Speech, Truth, or Falshood, will, I think, scarce agree to them [Ideen], but as they, some way or other, virtually contain in them some mental Proposition.“ Essay 4.5.3; 574, 18 – 20: „For a mental Proposition being nothing but a bare consideration of the Ideas, as they are in our Minds stripp’d of Names, they lose the Nature of purely mental Propositions, as soon as they are put into Words.“ – Essay 4.5.5; 575, 33 – 37: „We must, I say, observe two sorts of Propositions, that we are capable of making. First, Mental, wherein the Ideas in our Understandings are without the use of Words put together […].“ Gassendi, Phys. 3/2.8.4; II 411a, 16 – 38. Text s. S. 114, Anm. 47. Bonno 1955; 102.

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und dem sensus communis drei weitere apprehensive Vermçgen genannt, nmlich Phantasie, Einschtzungsvermçgen (vis aestimativa) und Verstand, der nur beim Menschen vorkommt. Die Phantasie oder Einbildungskraft, ber die auch Tiere verfgen und die ihren Sitz im zweiten Gehirnventrikel hat, bewahrt Vorstellungen von wahrgenommenen Gegenstnden auf und kann aus ihnen neue Vorstellungen zusammenzusetzen oder Teile von ihnen in andere Vorstellungen verpflanzen.61 Obgleich die Einbildungskraft schon des Zergliederns von Ideen fhig ist, lçst sie doch niemals gemeinsame Naturen aus singulren Vorstellungen heraus, sondern verharrt stets beim Singulren;62 das entspricht im Prinzip der Meinung Lockes. Im dritten Gehirnventrikel befindet sich etwas, das man bei Tieren als Einschtzungsvermçgen und bei Menschen als partikulres Schlußvermçgen bezeichnet, um es vom Verstand als dem eigentlichen Schlußvermçgen zu unterscheiden. Es hat bei allen Sinneswesen die Aufgabe, aufgrund von Wahrgenommenem Nichtwahrgenommenes vorzustellen: Gegebene Vorstellungen lçsen weitere Vorstellungen aus, obgleich die von diesen reprsentierten Dinge nicht Gegenstnde der aktuellen Wahrnehmung sind; in solchen Fllen spricht man heute mit einem durch Locke eingefhrten Ausdruck von Assoziation. Schafe fliehen, sobald sie die Gestalt eines Wolfs erblicken, vor ihm als ihrem Feind, und sobald sie ein schdliches Kraut verkosten, speien sie es wieder aus; das kçnnen sie deshalb tun, weil die Vorstellung von Gestalt und Geschmack solcher Pflanzen sogleich die Vorstellungen ,feindlich‘ und ,schdlich‘ in ihnen auslçst.63 Zwischen Menschen und Tieren besteht nach Fonseca der Unterschied, daß Tieren dies nur aus natrlichem Instinkt und ohne denkenden bergang von einem Gedanken zum anderen passiert. Dagegen tun es Menschen, obgleich auch sie bei plçtzlichen Vernderungen von dem, was sie wahrgenommen haben, aus natrlichem Instinkt zu etwas 61 Fonseca 1964, l. 5, c. 28, q. 6, s. 2; I 2, 1002 E – 1003 A. 62 Fonseca 1964, l. 5, c. 28, q. 6, s. 2; I 2, 1003 A: „Quanquam vero hic iam sensus diuidat, ac ex vno multa faciat, non secernit tamen vnquam naturam communem a singularibus differentiis, neque vllam eandem in plures eiusdem rationis multiplicat: sed semper in ipsis singularibus versatur […].“ 63 Fonseca 1964, l. 5, c. 28, q. 6, s. 2; I 2, 1003 B-C: „Huius peculiare officium in omnibus animalibus est, ex sensatis insensata percipere, h.e. ex speciebus, quibus sensibilia per se a superioribus tribus facultatibus percepta sunt, species eorum, quae per se sub sensum non cadunt, elicere: quo pacto oues figura lupi conspecta, illum vt inimicum fugiunt, et degustata herba noxia, eam vt noxiam abiiciunt: quod non facerent, nisi ex speciebus figurae ac saporis inimicitiae ac nocumenti species elicerent.“

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Unwahrgenommenem bergehen, fast nie ganz ohne wirkliche Schlsse und ohne denkenden bergang von einem Gedanken zum andern.64 Nach Fonseca ist es ein Irrtum zu meinen, daß das tierische Einschtzungsvermçgen gelegentlich aus singulren Sinnesvorstellungen Universalien abstrahiert. Weil es ein materielles Vermçgen ist und einem kçrperlichen Organ inhriert, kann es nur Singulres an singulrer Materie perzipieren. Das gilt fr alle sinnlichen Vermçgen und wird von allen Autoren als beinahe evidente These akzeptiert.65 Gewiß akzeptiert es auch Gassendi, nur findet er einen Weg, wie man sogar auf dieser Grundlage durch Aggregieren zu etwas Allgemeinem gelangen kann. Unbeschadet der Unterschiede im Detail stimmt Fonseca mit Locke in den zwei maßgeblichen Punkten berein: 1. Tiere kçnnen nicht abstrahieren und auch nicht auf andere Weise generelle Begriffe bilden; sie gelangen nie ber singulre Vorstellungen hinaus. 2. Sie kçnnen zwar in einem eingeschrnkten Sinn Schlußfolgerungen ziehen, und zwar mit einem Verfahren, das man heute als Assoziation bezeichnen wrde, aber auch dabei kommen sie nicht ber Singulres hinaus. E2f. Die Unvollkommenheit des Abstraktionsvermçgens zeigt sich deutlich bei gemischten Modi und bei Substanzideen. – Obwohl nach Locke das Abstraktionsvermçgen etwas ausschließlich Menschliches ist, hlt er es nicht fr einen Ausweis von Vollkommenheit, sondern fr ein Zeichen unserer Schwche. Gott hat uns nur wenig gewisses Wissen vergçnnt, damit wir einen Vorgeschmack von dem bekommen, was fr verstandesbegabte Geschçpfe mçglich ist, und damit wir uns nach einem Zustand sehnen, der besser ist als dieses irdische Leben. Wegen unserer bertriebenen Zuversicht und berheblichkeit belßt er uns meistens im Zwielicht der Wahrscheinlichkeit und erinnert uns tglich daran, daß wir kurzsichtig und fehlbar sind, damit wir uns auf unserer Pilgerreise Mhe geben und nicht 64 Fonseca 1964, l. 5, c. 28, q. 6, s. 2; I 2, 1003 C-D: „Sed hoc interest inter homines et bruta animantia, quod id ex quodam naturae instinctu, et sine vllo discursu brutis animantibus contingit: homines vero etsi in primis ac repentinis motibus multa insensata ex sensatis naturae instinctu percipiunt: fere tamen ratiocinatione quadam et discursu id faciunt.“ 65 Fonseca 1964, l. 5, c. 28, q. 6, s. 2; I 2, 1003 D-E: „Huic facultati dicat aliquis, posse contingere, vt vniuersalia, quae insensata sunt, a sensibus particularibus abstrahat: sed non ita res habet. Cum enim adhuc sit materialis potentia, h.e. organo corporeo inhaerens, nihil nisi vt singulare, addictumque singulari materiae percipere potest, quae ratio eadem valet in omnes potentias sensitiuas, et ab omnibus Philosophis vt communis, et quasi per se nota sententia recipitur.“

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den Weg zu einem Zustand grçßerer Vollkommenheit verfehlen.66 Zu dieser bergangssituation passen abstrakte Ideen, auf die wir fr die Dauer des irdischen Lebens angewiesen sind. Sie sind verstmmelte singulre Ideen, die bloß deshalb mehrere Individuen zugleich reprsentieren, weil sie nur einen Teil ihrer Eigenschaften erfassen, nmlich die gemeinsamen.67 Die Unvollkommenheit abstrakter Ideen zeigt sich besonders bei zwei Ideenklassen, nmlich bei gemischten Modi und Substanzideen. Fr den Bereich der gemischten Modi nennt Locke als Beispiel die generelle Idee eines Dreiecks. Ihr Gegenstand darf einerseits weder schiefwinklig noch rechtwinklig, weder gleichschenklig noch gleichseitig oder ungleichseitig sein; doch muß er andererseits dieses alles zugleich und auch wieder nichts davon sein. Deshalb ist die generelle Idee eines Dreiecks so unvollkommen, daß sie kein unmittelbares dingliches Korrelat haben kann, denn wir setzen sie aus gemeinsamen Bestandteilen miteinander unvereinbarer individueller Dreiecksideen zusammen.68 An dieser Stelle hat Berkeley Anstoß 66 Essay 4.14.2; 652, 12 – 25: „Therefore as God has set some Things in broad daylight; as he has given us some certain Knowledge, though limited to a few Things in comparison, probably, as a Taste of what intellectual Creatures are capable of, to excite in us a Desire and Endeavour after a better State: So in the greatest part of our Concernment, he has afforded us only the twilight, as I may so say, of Probability, suitable, I presume, to that State of Mediocrity and Probationership, he has been pleased to place us in here; wherein to check our over-confidence and presumption, we might by every day’s Experience be made sensible of our short-sightedness and liableness to Error; the Sense whereof might be a constant Admonition to us, to spend the days of this our Pilgrimage with Industry and Care, in the search, and following of that way, which might lead us to a State of greater Perfection.“ – Derartige ußerungen Lockes erinnern an Texte Gassendis, z. B. Disqu. 2.8.2; III, 312b, 28 – 38: „[…] quicquid fuit nobis de re vnaquaque nosse necessarium, illud nobis apertum fecit [Deus], tribuendo rebus proprietates, per quas innotescerent, et nobis sensus varios, quibus illas apprehenderemus, ac facultatem interiorem, qua de iisdem iudicaremus. Quod ad internam vero naturam, et quasi scaturiginem, illam, vt nobis cognitu non necessariam, occultam voluit; et nos, cum nosse affectamus, aut praesumimus, intemperantia laboramus.“ 67 Essay 4.7.9; 596, 11 – 12: „‘Tis true, the Mind in this imperfect state, has need of such Ideas […]“. – Essay 3.6.32; 459, 7 – 8: „These are complex Ideas designedly imperfect […]“. – Essay 3.6.32; 460, 5 – 7: „[…] the Genus, or more comprehensive, is but a partial Conception of what is in the Species, and the Species, but a partial Idea of what is to be found in each individual.“ 68 Essay 4.7.9; 596, 4 – 11: „For example, Does it not require some pains and skill to form the general Idea of a Triangle, (which is yet none of the most abstract, comprehensive, and difficult,) for it must be neither Oblique, nor Rectangle, neither Equilateral, Equicrural, nor Scalenon; but all and none of these at once. In effect, it is something imperfect, that cannot exist; an Idea wherein some parts of

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genommen, obgleich Lockes Formulierung eher auf rhetorische als auf theoretische Effekte zielt, denn ihm drfte klar gewesen sein, daß es nicht um Eigenschaften bestimmter, sondern um Eigenschaftsalternativen mçglicher Dreiecke geht. Bei abstrakten Ideen kçrperlicher Substanzen gelangt man nach Locke zu noch unangenehmeren Ergebnissen, denn hier behindern uns außer der Begrenztheit unseres Verstandes und unserer Sinnlichkeit noch weitere Probleme, die wir unserer Neigung zur Lssigkeit und Unaufmerksamkeit verdanken. Wir vereinigen zwar bei der Bildung abstrakter Ideen von Kçrpern nur solche Teilideen miteinander, die dort wirklich oder vermeintlich koexistieren; aber deren Anzahl hngt weniger von den Dingen selbst als von der Fassungskraft, Sorgfalt und Phantasie des Menschen ab, der solche Substanzideen bildet. Niemand kann sagen, mit welchem Recht er einige der Qualitten, die in der Natur bestndig miteinander vereinigt sind, in seine abstrakte Substanzidee aufnimmt und andere nicht. Die Folge ist, daß Artgrenzen, die wir festlegen, mit Artgrenzen in der Natur nicht zusammenfallen,69 denn unsere Artideen von Substanzen sind bloße Sammlungen von Qualitten, deren Koexistenz in einem uns unbekannten Substrat wir in der Regel mehr oder weniger zufllig beobachtet haben.70 Qualitten, die wir nicht beobachten, berseveral different and inconsistent Ideas are put together.“ – Gassendi hatte das gleiche Problem mit einem anderen Beispiel illustriert: „ Gassendi, Phys. 3/2.9.4; II 459a, 18 – 32: „Et rarum est quidem, nisi forte impossibile, vt cum cogitamus, dicimusve vniuerse hominem, non obuersetur nobis multitudo quaedam hominum, seu species quaedam hominis aliquibus notis singularitatis affecti; cogitatur scilicet Homo cum aliqua magnitudine, aliquo colore, consimilibusque adiunctis, quae si attendamus, non reperientur in omnibus. At cum istud nobis contingat ob satellitium Phantasiae, sufficit tamen, vt Intellectus haec quoque, si aliqua sunt, seposita velit, seponendave subintelligat; neque ipsa de Homine vniuerse spectato affirmanda censeat. Quod idem est et de Animali, et de caeteris proportione interpretandum.“ S. Puster 1991; 97 – 98. 69 Essay 3.9.13; 483, 20 – 28: „Each has his Standard in Nature, which he appeals to, and with Reason thinks he has the same right to put into his complex Idea, signified by the word Gold, those Qualities, which upon Trial he has found united; as another, who has not so well examined, has to leave them out; or a third, who has made other Trials, has to put in others. For the Union in Nature of these Qualities, being the true Ground of their Union in one complex Idea, Who can say, one of them has more reason to be put in, or left out, than another?“ – Essay 3.6.30; 458, 5 – 6: „[…] our Boundaries of Species, are not exactly conformable to those in Nature.“ 70 Essay 4.6.7; 582, 13 – 16: „The complex Ideas, that our Names of the Species of Substances properly stand for, are Collections of such Qualities, as have been observed to co-exist in an unknown Substratum which we call Substance […]“.

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

gehen wir kurzerhand. Sogar von Kçrpern, die uns ganz vertraut sind, haben wir keine vollstndigen und adquaten Ideen, ja wir verfgen nicht einmal ber eine angemessene Idee von uns selbst.71

E3. Verallgemeinerung von Ideen E3a. Prinzip der Individuation ist die Existenz, und deren Umstnde sind Zeit und Ort. – Die Lehre des Essay vom gedachten und sprachlichen Allgemeinen befaßt sich zunchst mit der Entindividuierung von Ideen und knpft dabei an die Individuationslehre an, die Locke seit der zweiten Auflage von 1694 in Kapitel 27 des Zweiten Buchs angedeutet hat. Dort finden sich unter dem Titel „Identity and diversity“ Mitteilungen ber das Prinzip der Individuation, bei denen Locke davon ausgeht, daß alles, was existiert, durch seine bloße Existenz, das heißt, von selbst, individuell ist.72 „Identity“, das Locke erst 1694 in den Essay einfhrt, bezeichnet die Fortdauer der Individualitt in der Zeit.73 Dem Ausdruck „individuell“ entsprechen im Essay „particular“ und „individual“. Dinge sind dadurch, daß sie existieren, auf Ort- und Zeitbestimmungen festgelegt, an denen zu demselben Zeitpunkt kein zweites Individuum derselben Art teilhaben kann. Whrend die Existenz das Prinzip der Individuation ist, sind zeitliche und çrtliche Bestimmtheit deren Umstnde (circumstances).74 Leibniz rennt mit der Bemerkung, daß man bei der Erklrung der Individuation

71 Essay 4.3.26; 556, 33 – 557, 1: „[…] we want perfect and adequate Ideas of those very Bodies, which are nearest to us, and most under our Command.“ – Essay 3.6.27; 455, 10 – 12: „And so far are we from certainly knowing what a Man is; though, perhaps, it will be judged great Ignorance to make any doubt about it.“ 72 Eine Darstellung von Lockes Individuationstheorie in ihrem historischen Kontext gibt Thiel 1998a; I 233 – 244. Zur Rolle der Existenz in verschiedenen Individuationslehren s. dort S. 217, 222 und 233 – 234. 73 Dazu Thiel 1983. Einen ideengeschichtlichen Abriß der Identittslehre bietet Thiel 1998b; darin zu Locke S. 888 – 899. 74 Locke, Essay 2.27.3; 330, 1 – 5: „From what has been said, ’tis easy to discover, what is so much enquired after, the principium Individuationis, and that ’tis plain is Existence it self, which determines a Being of any sort to a particular time and place incommunicable to two Beings of the same kind.“ – Daß Locke Zeit und Ort nicht fr das Individuationsprinzip selbst, sondern fr Umstnde der Individuation hlt, zeigt auch das Vorkommen von „circumstance“ in Essay 2.11.9; 159, 13 – 15: „[…] separate from all other Existences, and the circumstances of real Existence, as Time, Place, or any other concomitant Ideas.“

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mit Zeit- und Ortsangaben nicht auskommt,75 sozusagen offene Tren ein, denn Locke betrachtet Zeit und Ort nicht als Prinzipien, sondern nur als Umstnde der Individuation. Als Individuationsprinzipien kçnnten sie gelten, wenn man wie Surez sowohl das ontologische Prinzip, das Individuen zu Individuen macht, als auch das gnoseologische Prinzip, das Individuen als Individuen erkennbar macht, als Individuationsprinzip bezeichnete.76 Auch das hat Locke getan, allerdings auf andere Weise. Wie Udo Thiel gezeigt hat, verschiebt sich Lockes Interesse von der bloßen Individualitt, die sich fr ihn sozusagen von selbst versteht, auf die Grnde dafr, daß man ein zusammengesetztes Ding trotz aller Vernderungen ber die Zeit hinweg als dasselbe („identische“) Individuum erkennt. In diesem Zusammenhang setzt er gnoseologische Prinzipien ein, nmlich die nominalen Wesenheiten zusammengesetzter Dinge: Es hngt von der Artzugehçrigkeit komplexer Individuen und damit von ihrer nominalen Wesenheit ab, welche Bedingungen erfllt sein mssen, damit man sie zu verschiedenen Zeitpunkten als numerisch dieselben ansehen darf.77 Einerseits prgt also Lockes Individuationslehre seine Lehre vom Allgemeinen, aber andererseits prgt seine Lehre vom Allgemeinen die Lehre vom berdauern der Individualitt zusammengesetzter Substanzen,78 deren Wirkungsgeschichte betrchtlich ist. Demgegenber wirkt Lockes Lehre vom Individuationsprinzip konventionell. Zum Beispiel geht der Jesuit William Ayleworth, der in der zweiten Hlfte des 17. Jahrhunderts in Lçwen lehrt, viel weiter und bezeichnet die Umstnde des Ortes und der Zeit oder andere Eigenschaften, die dem Subjekt inhrieren und es zu numerisch dieser Form disponieren, als Individuationsprinzipien.79 Wenn Locke dagegen die Existenz zum Prinzip der Individuation und Zeit und Ort zu deren maßgeblichen Umstnden erklrt, dann muß in seinen Augen das Absehen von Existenz, Zeit und Ort die Individuation zumindest in 75 Leibniz, NE 2.27.1; AA 6.6, 230, 1 – 5: „Il faut toujours qu’outre la difference du temps et du lieu, il y ait un p r i n c i p e interne de d i s t i n c t i o n , et quoiqu’il y ait plusieurs choses de mÞme espece; il est pourtant vrai qu’il n’y en a jamais de parfaitement semblables: ainsi quoique le temps et le lieu (c’est dire le rapport au dehors) nous servent distinguer les choses, que nous ne distinguons pas bien par elles mÞmes, les choses ne laissent pas d’etre distinguables en soi.“ – Entspr. GP V 213. 76 Surez, DM 5.3.28; 172a, 29 – 46. 77 Thiel 1997; 149 – 168; zu Lockes Vernderung der Fragestellung s. dort v. a. 150 – 152 und 157 – 159. – Ferner Thiel 1998a; I 235 – 241. 78 Thiel 1983, S. 33 und 37, und Thiel 1997, 159 – 160. 79 Ayleworth 1675, tr. 6, d. 4, c. 1, n. 2; 433.

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Gedanken rckgngig machen. Dadurch erscheint Verallgemeinerung unmittelbar als Entindividuierung, und das ist ein Vorzug, denn ußerungen wie die Gassendis und Berniers, nach denen Verallgemeinerung in der Entfernung des Unhnlichen besteht, wirken zwar plausibel, haben aber den Nachteil, daß „unhnlich“ kein unmittelbarer Gegenbegriff zu „allgemein“ ist.80 Die gemßigte Position, die Locke vertritt, wurde auch unter Schulphilosophen diskutiert. Surez lehnt die Behauptung, daß die Existenz das Prinzip der Individuation ist, grundstzlich ab, hlt sie aber fr richtig, wenn sie nur den Sinn haben soll, daß jedes existierende Ding von selbst individuell ist. Zeit und Ort akzeptiert er hnlich wie Locke als Umstnde, aber nicht als Prinzipien der Individuation, denn die Zeit als ußere Bestimmung der Dauer und der Ort als ußere Bestimmung der Position kann nach seiner Meinung nichts bewirken, das so tief ins Innere der Substanz eingreift wie die Individuation.81 Udo Thiel weist darauf hin, daß sich „Ort“ und „Zeit“ bei Locke auf die Korpuskeln beziehen, die einen existierenden Kçrper zusammensetzen. Locke selbst ußert sich kaum zu Details. Bei Thiel findet sich eine Skizze der einschlgigen Kritiken von Stillingfleet und Sergeant an diesem Teil von Lockes Philosophie.82 E3b. „Circumstances“. – Lockes Verwendung von „circumstances“, das man im Deutschen durch „Umstnde“ wiedergibt, ist konventionell. Der Ausdruck „circumstantiae“ spielt vor Lockes Zeit vor allem in der Jurisprudenz und Medizin eine Rolle. In der Schulphilosophie erscheint er 80 Zum Beispiel Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 4; I 93b, 5 – 15. – hnlich Bernier, Logique I, r gle 4; I 31, 18 – 26. 81 Zum Beispiel Surez, DM 5.5: „Utrum principium individuationis sit existentia rei singularis“; 25; 177b – 180a. – DM 5.5.2; 25, 177b, 30 – 31, teilt mit, daß die bejahende These allgemein als falsch und unwahrscheinlich verworfen wird. Aber ebd.; 177b, 32 – 43, macht Surez klar, in welchem Sinn sie trotzdem akzeptabel ist; s. dort Z. 39 – 41: „[…] unamquamque rem individuari se ipsa, nulloque alio principio individuationis indigere, praeter entitatem suam […]“. – Die ber Lockes Position hinausgehende Meinung, daß die Zeit nicht nur ein Umstand, sondern das Prinzip der Individuation ist, erwhnt Surez bei der Behandlung der These, ob die Form das Individuationsprinzip ist; vgl. DM 5.3.34; 25, 174b, 35 – 38: „[…] si attente res consideretur, omnia reducuntur ad circumstantiam temporis, quae videtur valde extrinseca, ut ab ea possit haec determinatio provenire“; dasselbe in Hinsicht auf Akzidentien berhaupt: DM 5.9.5; 25, 198b, 30 – 199a, 32. – Entsprechendes kommt fr den Ort bei der Erçrterung der These zur Sprache, daß die Materie das Individuationsprinzip ist; s. DM 5.3.15; 25, 167a, 55 – 167b, 3 und 15 – 18. 82 Zur der Korpuskeln bestimmenden Funktion von Zeit und Ort s. Thiel 1998a; 234 – 235. Zu den Kritiken von Stillingfleet und Sergeant s. ebd. 241 – 244.

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regelmßig in der Moralphilosophie, in der er individuelle und situative Aspekte von Handlungen zur Geltung bringt. In anderen Disziplinen tritt er seltener auf, zum Beispiel in Physik und Metaphysik in Listen der causae per accidens. 83 In der Rhetorik werden die Umstnde unter den Topoi behandelt. Sie wirken individuierend, whrend man durch Abstraktion von ihnen zum Allgemeinen gelangt. Dieser Verwendung steht Lockes Gebrauch von „circumstances“ im Essay nicht ferne; in einem sachlich benachbarten Zusammenhang sprechen beide frhen Drafts von „particular circumstances“. 84 Der Schulkatalog der Umstnde lautet: „Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando“. Mit „time“ und „place“ bezieht sich Locke anscheinend auf „quando“ und „ubi“. „Zeit“ (time) ist im Essay der Name fr einen einfachen Modus der Dauer, nmlich fr die Dauer, sofern sie in Abschnitte eingeteilt und durch Maßeinheiten bestimmt wird. „Ubi“ (place) ist im Essay der Name fr einen einfachen Modus des Raums, nmlich fr den Abstand zwischen einem Ding und zwei oder mehreren Punkten, die voneinander den gleichen Abstand wahren und deshalb als ruhend betrachtet werden. Man sagt, daß etwas an seinem Platz geblieben ist, wenn es noch immer denselben Abstand von mehreren seither unbewegten Punkten hat wie frher.85 Wenn Locke unterstellt, daß Individuen 83 Zur Verwendung von „circumstantiae“ in schulphilosophischen Texten s. Vf. 1971, 4c: Cirumstantiae; 249 – 250. 84 Zur individuierenden Rolle der „circumstantiae“ in der Rhetorik s. G. Bien: Art. „circumstantia“, HWPh I 1021, 2 – 11: „In der rhetorisch-topischen Methodenlehre spielt die C.-Lehre eine Rolle im Zusammenhang der Unterscheidung zwischen thesis und hypothesis, propositum und causa, causa infinita und causa finita. Ein allgemeines philosophisch-juristisches Problem, eine thesis, wird demnach gewonnen durch Abstraktion von den persçnlichen und sonstigen Bedingtheiten (peqist\seir) eines konkreten Falles, mit dem allein es der Redner in einem Rechtsstreit zu tun hat“. – Zu „particular circumstances“ in Lockes frhen Drafts s. DRA § 24; 39, 5, und DRB § 154; 265, 24 – 25. 85 Fr „Zeit“ s. zum Beispiel Essay 2.14.17; 187, 15 – 17: „This Consideration of Duration, as set out by certain Periods, and marked by certain Measures or Epochs, is that, I think, which most properly we call Time.“ – Fr „Ort“ s. zum Beispiel Essay 2.13.7; 169, 15 – 22: „[…] in our Idea of Place, we consider the relation of Distance betwixt any thing, and any two or more Points, which are considered, as keeping the same distance one with another, and so considered as at rest; for when we find any thing at the same distance now, which it was Yesterday from any two or more Points, which have not since changed their distance one with another, and with which we then compared it, we say it hath kept the same Place […]“. – Zur Erluterung whlt Locke in Essay 2.13.8; 169, 29 – 170, 16, das Beispiel der Schachfiguren, die noch auf denselben Feldern des Schachbretts stehen wie frher, auch wenn es jemand inzwischen in ein anderes Zimmer getragen hat.

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fr uns durch Zeit- und Ortsbestimmungen identifizierbar sind, dann nimmt er ein hnliches Identifikationsverfahren an wie das, welches heute noch bei der Identifikation von Personen blich ist.86 Die Verbindung der Individuation mit dem Ubi und nicht mit dem Raum hat tiefe Bedeutung. E3c. Andere schulphilosophische Meinungen ber das Individuationsprinzip. – Schulphilosophen im Umfeld Lockes nennen unterschiedliche Individuationsprinzipien. S´miglecki, der mit seiner Deutung numerischer Differenzen87 eine eigene Lçsung vorschlgt, berichtet von Autoren, die der gleichen Meinung sind wie Locke, und begrndet sie hnlich wie dieser, obgleich er sie nicht vertritt: Außer der Wesenheit gengt nur die Existenz dem Begriff des Seienden; weil sie aus sich zum Hier (Ort) und Jetzt (Zeit) bestimmt ist, wird sie zum Prinzip der Individuation und macht die Wesenheit, zu der sie hinzutritt und mit der sie verschmilzt, zu dieser bestimmten, denn sie kann nur individuell sein.88 Baron lehnt die Existenzthese ab: Die Behauptung, die Existenz sei das Individuationsprinzip, lßt sich leicht widerlegen, denn wenn man die individuelle Wesenheit als solche und ohne die Existenz begreift, dann ist sie immer noch individuell. Folglich kann die Existenz nicht die Ursache der Individuation sein; als Vollendung der individuellen Natur oder Wesenheit setzt sie vielmehr die Individuation voraus.89 Die Gegenangebote sind vielfltig. Combach nennt in einem Musterbeispiel irenischer Argumentation die Bedingungen, unter denen einander scheinbar widerstreitende Thesen richtig sind: Es hngt vom jeweiligen Gesichtspunkt ab, ob man sagen darf, die gezeichnete Materie, die haecceitas, die Form oder irgend welche Akzidentien

86 87 88

S. Lbbe 1977, S. 146 – 147. S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 5, q. 3; 184: „Dari differentias numericas.“ S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 5, q. 3; 183: „Alii dicunt. Differentiam numericam, esse ipsam existentiam; cum quia extra essentiam nihil aliud est complens rationem Entis nisi existentia; tum quia existentia ex se facit id, quod facit differentia individualis. Nam existentia ex se est quid determinatum ad hic, et nunc; quare facit essentiam cui advenit determinate hanc, et quia non potest dari existentia nisi singularis; ideo naturam cui identificatur, facit esse hanc, et singularem.“ 89 Baron, Metaphysica generalis, London 1657, s. 15, n. 17; 413: „Exsistentia non est individuationis principium. Quod si quis propter haec argumenta dicat nihil horum esse individuationis principium, sed exsistentiam esse individuationis principium, illud facile refutari poterit: idque quia essentia singularis a nobis concepta quatenus est essentia singularis, atque adeo concepta sine exsistentia, adhuc suam singularitatem retinet; ergo exsistentia non efficit naturam singularem, sed eam potius praesupponit, quia est actus naturae singularis.“

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seien das Prinzip der Individuation.90 Nach Crakanthorpe sind Akzidentien berhaupt nicht zu Individuationsprinzipien geeignet, denn sie inhrieren Substanzen, die bereits individuell sind. Das wahre Individuationsprinzip ist vielmehr bei Dingen, die eine Form haben, die partikulre Form, und bei Dingen, die keine Form haben, dasjenige, was der partikulren Form entspricht.91 Baron entscheidet sich dagegen fr die haecceitas. 92 E3d. Meinungen Scheiblers und Burgersdijcks. – Scheibler, der deutsche Surez, vertritt die suaristische Meinung, daß Materie und Form durch ihre eigene Wesenheit individuell werden. Die Form ist einfach und bezieht ihre Einheit nicht von etwas anderem, und auch die Materie wird durch sich selbst individuell und nicht erst durch ihre Vereinigung mit der Form, die spter ist als sie selbst. Sie wird auch nicht durch ihre Akzidentien individuell, denn auch diese sind spter als sie, weil sie ihr inhrieren; und schließlich wird sie nicht durch die substantielle Form individuell, die ebenfalls spter ist als die Materie, denn die Materie nimmt sie in sich auf.93 Auf den ersten Blick ermuntern Stellen, nach denen zwischen Wesenheit und Existenz kein Realunterschied besteht, zu Substitutionen wie „Die 90 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1. c. 21, comm.; 238 – 242. 91 Crakanthorpe, Log., l. 1, c. 4; 13, sol.: „Respondeo, Impossibile est ut Accidens ullum sit principium Individuationis aut Individui: Nam Accidentium omnium subjecta, sunt ipsa Individua. Subjectum autem Natura prius est eo quod ei inhaeret, et accidit: […] Sed verum principium Individui, id est, proxima causa quare unumquodque Individuum est indivisum a se [sic], et divisum a quolibet alio, est ipsa forma particularis in iis quae habent formam, in aliis vero quae formam non habent, est illud quod formae respondet.“ 92 Baron, Metaphysica generalis, London 1657, s. 15, n. 18; 414: „Haecceitas est princip. individuationis.“ 93 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, tit. 4, a. 3 und 4; 95 – 96: „61. Est igitur Forma Substantialis una numero, per propriam suam essentiam. Neque dandum est aliquid distinctum ab illa, quod det esse individuale illi. Nam forma est res simplex. Sicut igitur non habet essentiam per aliud; Ita etiam non habebit unitatem per aliud. […] – 62. Eodem modo, quo de forma, Philosophandum est de materia singulari. Igitur haec etiam individuatur per se ipsam, et non per aliud, quia Entitatem non habet, per aliud, sed quia simplex est, habet Entitatem per se ipsam removendo omne aliud, quod intra essentiam materiae non continetur. – 63. Ergo materia non individuatur per compositum, quia hoc ista est posterius. Indeque 2. nec per accidentia, eodem argumento. 3. Non etiam per formam substantialem, quia haec materia, ordine naturae est posterior, cum sit subjectum formae, Vnde etiam eadem numero manet materia, variata forma, sicut viventis et mortui materia est eadem, forma diversa.“

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Existenz ist das Prinzip der Individuation“ fr „Die Wesenheit ist das Prinzip der Individuation“, und damit wre man bei Lockes Individuationsthese angelangt, doch hlt Scheibler die Meinung, fr die sich Locke entscheidet, fr nicht vertretbar. Die Existenz kann den Kçrper nicht individuieren, denn Individuen sind unabhngig davon individuell, ob sie existieren oder nur mçglich sind. Man hlt Sokrates fr etwas Individuelles, gleichgltig, ob er schon existiert oder noch nicht, denn mçgliche Dinge sind auch dann individuell, wenn ihnen keine Existenz zukommt.94 Auf der anderen Seite erklrt Scheibler, daß sich Wesenheit und Existenz nicht real voneinander trennen lassen,95 und rumt ein, daß beide dem Wortsinn nach dasselbe sind. Doch diese Behauptung schrnkt er sogleich wieder ein: Ebenso, wie man von mçglicher und aktueller Wesenheit spricht, kçnnte man grundstzlich auch davon sprechen, daß etwas aktuell oder der Mçglichkeit nach existiert; aber die Metaphysiker verwenden den Ausdruck „Existenz“ anders, denn sie gebrauchen ihn nur fr aktuell und nicht fr mçglicherweise Seiendes, und dazu paßt die von einigen Autoren vertretene Etymologie, nach der „existere“ soviel bedeutet wie „extra sistere“, „aus den Ursachen heraustreten“.96 Abgesehen davon ist die Existenz insofern nicht dasselbe wie die Wesenheit, als sie ebenso wie Einfachheit und Singularitt nur ein Modus der Wesenheit ist.97 Nach Burgersdijck besteht 94 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, t. 4, a. 5, n. 73; 97: „Existentia corporis non potest individuare corpus. Ita patet, quia esse individui praescindit ab esse actuali et possibili. Unde Socrates dicitur simpliciter esse res singularis, sive sit producibilis, sive productus. At existentia non convenit rebus possibilibus.“ 95 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 15, t. 4, n. 40; 184: „An existentia et essentia sint separabiles? Respondeo non esse separabiles. Et patet clare ex probata identitate essentiae et existentiae. Nam separari dicuntur quae ante fuerunt unita. At quae dicuntur unita, non sunt realiter idem. Haec enim simpliciter unum dicuntur. Unde unio supponit terminorum unibilium distinctionem.“ 96 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 15, t. 1, n.2; 178: „Existentia ex vi vocis videtur idem esse, quod essentia; unde sicut essentia dicitur possibilis vel actualis, ita etiam dici ex vi nominis potest aliquid actu existere, et aliquid posse existere. Sed ita Metaphysici non usurpant vocem existentiae. Existentia enim in Metaphysicis solum tribuitur entibus actualibus, ut entibus potestate non conveniat existentia, sed existentia sit hoc ipsum, per quod ens actu distinguitur contra ens potestate. […] Congruitque huic significationi Etymologia quorundam quibus existere dicitur tanquam extra sistere, quia per existentiam sistitur aliqua res extra causas.“ 97 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 15, t. 2, a. 4, n. 11; 180: „Quidnam est quod significat existentia praeter essentiam? 11. Existentia est modus. Respondeo: addit aliquem modum. Ita enim vocantur omnes determinatae rationes entitatis, ut supra dictum est.“

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zwischen Existenz und Wesenheit nur ein gedachter Unterschied mit einer Grundlage in der Sache: Von der Wesenheit spricht man bei der Antwort auf die Frage, was etwas ist, und von der Existenz bei der Antwort auf die Frage, ob es ist. Aber die Wesenheit kommt dem, was aktuell ist, und dem, was aktuell nicht ist, aber sein kçnnte, gleichermaßen zu, whrend die Existenz nur dem zukommt, was aktuell ist.98 Sie ist kein Ding und auch kein von der Wesenheit verschiedener Modus, sondern eben die Wesenheit selbst, sofern sie außerhalb ihrer Ursachen besteht. Wenn sie ein Ding wre, dann htte sie auch ihrerseits eine Wesenheit und eine Existenz und so fort bis ins Unendliche. Wenn sie dagegen ein Modus wre, der zu der Wesenheit hinzutritt, dann kçnnte man die Wesenheit auch ohne die Existenz begreifen, aber in Wirklichkeit kann man sie nur denken, wenn man die Existenz mitdenkt, denn eine potentielle Wesenheit lßt sich nur dadurch von einer aktuellen unterscheiden, daß man sich auf die Existenz bezieht.99 Fr Autoren wie Scheibler und Burgersdijck ist die Existenz die ußerste Vervollkommnung der Wesenheit, und deshalb geraten sie durch eine bloße Substitution von Termini nicht auf Lockes Seite. E3e. Lockes Beschreibung der Abstraktion in Essay 2.11.9. – Schon in Draft C von 1685 haben sich fr das Verallgemeinern von Ideen Ausdrcke mit „abstract*“ durchgesetzt.100 Die allgemeinen Darstellungen betreffen auch im Essay das, was Schulphilosophen als przisive Abstraktion bezeichnen, beziehen sich aber unmittelbar auf einfache Ideen; dagegen werden abstrakte komplexe Ideen durch kompositive Abstraktion aus abstrakten 98 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 8 (Druck: 5), th. 11; 55: „Distinctio inter Essentiam et Existentiam est distinctio rationis ratiocinatae: cuius fundamentum et occasio est, quod Essentia pertineat ad quaestionem, quid sit; Existentia ad quaestionem, an sit, ut ante diximus: quodque Essentia conveniat pariter iis quae actu et quae potentia sunt; Existentia, tantum iis quae actu sunt, et non etiam quae potentia.“ 99 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 8, th. 10; 54 – 55: „Existentia non est res, aut modus, ab Essentia distinctus, eique adjectus, sed ipsa Essentia extra causas suas constituta: Si enim res esset, haberet Essentiam et Existentiam, ac illa rursus suam, atque ita in infinitum: Si modus esset Essentiae adjectus, posset Essentia concipi sine Existentia; atqui hoc fieri non potest […] quamavis Essentia potentialis rebus tribuitur, quae non existunt, non tamen iis tribuitur sine respectu ad Existentiam. Ut enim quaestio quid sit, praesupponit quaestionem an sit, ita omnis Essentia, quae spectat ad quaestionem, quid sit, praesupponit Existentiam, ita ut nihil omnino dici queat vel Ens esse, vel essentiam habere, nisi quatenus Existentiam habet, vel habere praesupponitur.“ 100 S. Aaron 1963; 65

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einfachen Ideen gebildet, und zwar in einem hnlichen Zusammenspiel von Abstraktion und Zusammensetzung wie bei Gassendis Verfahren abstrahendo: Man abstrahiert aus singulren komplexen Ideen przisiv die einfachen Ideen, die ihnen gemeinsam sind, und bildet aus ihnen eine neue komplexe Idee, die generell ist, weil sie nur abstrakte Teilideen enthlt. Im Essay finden sich Erinnerungen an die schulphilosophische notitia abstractiva (im Gegensatz zur notitia intuitiva), deren Gegenstnde nicht Dinge, sondern Vorstellungen sind; diesem Sinn nhert sich „abstract Ideas“ vor allem in Texten, in denen Locke erklrt, daß man Vorstellungen bei der Abstraktion als bloße Ideen im Geist betrachtet.101 Der Essay enthlt mehrere Beschreibungen der Abstraktion, die schon an frher Stelle erwhnt wird: Zuerst lassen die Sinne partikulre Ideen ein, die das noch leere Kabinett mçblieren; wenn der Geist mit einigen von ihnen vertraut geworden ist, bringt er sie im Gedchtnis unter und gibt ihnen Namen; danach abstrahiert sie der Verstand und lernt, mit generellen Namen umzugehen.102 An einer spteren Stelle heißt es: Wenn der Geist eine neue Idee bekommt, von der er annimmt, daß er sie beim Nachdenken oder bei Unterhaltungen benutzen kann, dann abstrahiert er sie, versieht sie mit einem Namen und bewahrt Idee und Namen in der Vorratskammer seines Gedchtnisses auf.103 Nach Essay 4.9.1 betrachtet der Geist bei der Abstraktion Ideen unter keiner anderen Existenz als der, die sie im Geiste haben;104 er betrachtet sie zum Beispiel nicht als Darstellungen von etwas, das außerhalb seiner existiert. Essay 2.11.9 teilt mit, daß der Geist singulre 101 Sehr deutlich Essay 3.9.1; 618, 1 – 6: „HITHERTO we have only considered the Essences of Things, which being only abstract Ideas, and thereby removed in our Thoughts from particular Existence, (that being the proper Operation of the Mind, in Abstraction, to consider an Idea under no other Existence, but what it has in the Understanding,) gives us no Knowledge of real Existence at all.“ 102 Essay 1.2.15; 55, 3 – 9: „The Senses at first let in particular Ideas, and furnish the yet empty Cabinet: And the Mind by degrees growing familiar with some of them, they are lodged in the Memory, and Names got to them. Afterwards the Mind proceeding farther, abstracts them, and by Degrees learns the use of general Names.“ 103 Essay 2.32.7; 386, 13 – 18: „[…] the Mind having got any Idea, which it thinks it may have use of, either in Contemplation or Discourse, the first Thing it does, is to abstract it, and then get a Name to it; and so lay it up in its Store-house, the Memory, as containing the Essence of a sort of Things, of which that Name is always to be the Mark.“ 104 Essay 4.9.1; 618, 3 – 5: „[…] that being the proper Operation of the Mind, in Abstraction, to consider an Idea under no other Existence, but what it has in the Understanding […]“.

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Ideen, die er von Einzelgegenstnden bekommt, generell werden lßt, indem er sie als bloße Erscheinungen im Geist betrachtet, losgetrennt von allen anderen Existenzen und von den Umstnden realer Existenz wie Zeit und Ort sowie von allen sonstigen begleitenden Ideen. Das nennt man Abstraktion, und durch diese werden Ideen individueller Dinge zu generellen Reprsentanten aller Ideen derselben Art, und ihre Namen werden zu generellen Namen, die man fr alles verwenden kann, was mit solchen abstrakten Ideen bereinstimmt. Abstrahierte nackte Erscheinungen im Geist hebt der Verstand gewçhnlich mitsamt einem Namen als Standards fr die Einordnung existierender Dinge in Arten auf, und zwar ohne Rcksicht darauf, wie, woher und mit welchen sonstigen Ideen sie seinerzeit dort angekommen sind.105 Lockes Katalog dessen, von dem zu abstrahieren ist, „all other Existences, and the circumstances of real Existence, as Time, Place, or any other concomitant Ideas“, ist vollstndiger als beispielsweise der von Magirus: „abstractione temporis, loci, tum aliarum circumstantiarum“. 106 Die Beschreibung des Abstraktionsvorgangs, die mit einem Ausblick auf das Allgemeine der Gattungen und Arten und auf die begriffsorientierte Zuweisung zu Arten endet, bezieht sich auf die Abstraktion einfacher Ideen und wird mit dem Beispiel der einfachen Idee ,weiß‘ illustriert; erst am Anfang des folgenden Paragraphen kommen komplexe Ideen zur Sprache, und zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob auch Tiere „to any degree“ Ideen „that way“ erweitern oder zusammensetzen kçnnen.107 „Erweitern“ bezeichnet im Essay an anderen Stellen die Bildung einfacher Modi, „zusammensetzen“ die Bildung von gemischten Modi oder Substanzideen. Man vermutet zunchst, daß sich „that 105 Essay 2.11.9; 159, 10 – 23: „[…] the Mind makes the particular Ideas, received from particular Objects, to become general; which is done by considering them as they are in the Mind such Appearances, separate from all other Existences, and the circumstances of real Existence, as Time, Place, or any other concomitant Ideas. This is called ABSTRACTION, whereby Ideas taken from particular Beings, become general Representatives of all of the same kind; and their Names general Names, applicable to whatever exists conformable to such abstract Ideas. Such precise, naked Appearances in the Mind, without considering, how, whence or with what others they came there, the Understanding lays up (with Names commonly annexed to them) as the Standards to rank real Existences into sorts, as they agree with these Patterns, and to denominate them accordingly.“ 106 Magirus, Physiologia, Cambridge 1642, l. 6, c. 19, n. 22; 399: „Vniversalia cognosci omnes fatentur, et cognoscuntur abstractione temporis, loci, tum aliarum circumstantiarum, postquam ratio et forma rei contemplatione subjecta reliqua est.“ 107 Essay 2.11.10; 159, 30 – 31: „[…] Whether Beasts compound and enlarge their Ideas that way, to any degree […]“.

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way“ auf Darlegungen in § 9 desselben Kapitels bezieht, aber dort werden Erweitern und Zusammensetzen noch gar nicht erwhnt. Man kann deshalb den Passus mit „That way“ so paraphrasieren: Die Frage ist, ob auch Tiere in irgend einem Maß generelle einfache Modi, gemischte Modi, Relationen oder Substanzideen dadurch bilden kçnnen, daß sie abstrakte einfache Ideen, die sie auf die soeben geschilderte Weise erworben haben, zu einfachen Modi erweitern beziehungsweise zu gemischten Modi, Relationen oder Substanzen zusammensetzen. E3f. Lockes Beschreibung der Abstraktion in Essay 3.3.6 und an weiteren Stellen. – Eine weitere Darstellung der Abstraktion findet sich in Essay 3.3.6. Sie ist knapper als die von Essay 2.11.9 und schließt ebenfalls mit einem Ausblick auf das Allgemeine der Gattungen und Arten und auf die begriffsorientierte Artzuweisung: Ideen werden generell, indem man die Umstnde von Zeit und Ort und alle anderen Ideen von ihnen abtrennt, die sie zu dieser oder jener individuellen Existenz bestimmen kçnnten; durch dieses Verfahren der Abstraktion werden sie fhig, mehr als ein Individuum zu reprsentieren.108 Daß man derartige Ideen bloß so betrachten muß, wie sie im Geiste sind, wird an dieser Stelle nicht gesagt, bei spteren Gelegenheiten aber weiterhin erwhnt. Lockes Charakterisierungen der Abstraktion verwenden Ausdrcke wie „abtrennen von“ (separate from) und „auslassen“ (leave out).109 Die Darstellungen der Verallgemeinerung von Ideen in den „Elements of Natural Philosophy“ und im „Abstract“ sind hnlich knapp wie die in Essay 3.3.6, und in beiden ist von Abtrennung die Rede. Im „Abstract“ findet sich der anschauliche Passus „Abtrennung von einigen Besonderheiten, die an Ideen angehngt sind und sie individuell machen“;110 etwas, das angehngt ist, kann man auch wieder 108 Essay 3.3.6; 411, 1 – 5: „[…] Ideas become general, by separating from them the circumstances of Time, and Place, and any other Ideas, that may determine them to this or that particular Existence. By this way of abstraction they are made capable of representing more Individuals than one; each of which, having in it a conformity to that abstract Idea, is (as we call it) of that sort“. 109 Zum Beispiel Essay 3.3.6; 411, 1 – 2: „[…] by separating from them […]“. – Essay 3.6.32; 459, 10 – 13: „For as the Mind, to make general Ideas, comprehending several particulars, leaves out those of Time, and Place, and such other, that make them incommunicable to more than one Individual […]“. 110 Locke, Abstr. 3.3; King 380, 1 – 5: „[…] ideas become general only by being abstracted from time and place and other particularities, that make them the representatives only of individuals, by which separation of some ideas which annexed to them make them particular, they are made capable of agreeing to several particulars […]“.

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abhngen. Nach den Elements ist eine generelle Idee eine Idee, die man im Geist als abgetrennt von Zeit und Ort betrachtet und die deswegen fhig ist, jedes Einzelding zu reprsentieren, das mit ihr bereinstimmt;111 „im Geist“ macht deutlich, daß es nicht um physische Abtrennung, sondern um Nichtbeachtung individuierender Bestimmungen geht. Keine der erwhnten Beschreibungen betrachtet die Abstraktion als Erschließung verborgener Wesenheiten; es handelt sich vielmehr um einen attentionalen Akt, bei dem die Aufmerksamkeit so gelenkt wird, daß sie die individuierenden Bestimmungen bersieht. Die zitierten Essay-Stellen sind allgemeine Beschreibungen der Abstraktion von einfachen Ideen. Das deutet Locke durch die Wahl seiner Beispiele an, doch gibt er seine Position vor allem dadurch erkennen, daß er bei Beschreibungen der Verallgemeinerung komplexer Ideen ein anderes Verfahren darstellt.

E4. Bildung genereller einfacher Ideen E4a. Aarons Darstellung von Lockes Abstraktionslehre. – Die Darstellung der Abstraktionslehre des Essay bei Richard Aaron, der sich um die Interpretation und Erforschung von Lockes Philosophie verdient gemacht hat,112 war einflußreich.113 Er entdeckt bei Locke drei verschiedene Positionen, die der Autor seiner Meinung nach nie miteinander in Einklang gebracht hat. Die erste Position habe Locke vertreten, bevor er sich ernsthaft mit dem Problem der Abstraktion befaßte: Ein Universal ist eine partikulre Idee, die viele Einzeldinge reprsentiert. Als Beleg dient Essay 2.11.9: „Ideen, die von Einzeldingen genommen sind, werden zu gene111 Elements of natural philosophy, c. 12; Works III 329, 26 – 29: „A general idea is an idea in the mind, considered there as separated from time and place; and so capable to represent any particular being that is conformable to it.“ – Es gibt hier deutliche Unterschiede gegenber der gassendistischen Konstruktion; s. zum Beispiel Bernier, De l’entendement, c.1; VI 197, 32 – 35: „[…] la nature des Universaux est d’estre abstraits ou depoillez de toutes conditions materielles, et differences de singularit , telle qu’est la grandeur, la figure, la couleur, etc. […]“; in diesem Text ist von Zeit und Ort nicht die Rede. 112 S. den Nachruf von G. A. J. Rogers: Professor Richard I. Aaron. In: The Locke Newsletter 20 (1989); 11 – 13. 113 Zum Beispiel bernahm W. L. Reese Aarons Darstellung von Lockes Abstraktionslehre; er unterstellte, daß Lockes Texte ihr entsprechen (Reese 1961; 492 – 493), akzeptierte Aarons zweite Position als Lockes Standardlçsung und zog den Schluß, daß Berkeleys Einwendungen gegen Lockes Abstraktionstheorie berechtigt sind. Dagegen s. Ayers 2008; 66.

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rellen Reprsentanten aller Ideen derselben Art“; eine genauere Formulierung dieses Sachverhalts findet Aaron bei Berkeley, der glaubt, eine Idee, die an sich selbst betrachtet partikulr ist, werde dadurch generell, daß man sie alle anderen partikulren Ideen derselben Art reprsentieren oder fr sie stehen lßt.114 Essay 2.11.9 sttzt aber diese Auslegung nicht; „Ideas taken from particulars“ bedeutet nicht dasselbe wie „singulre Ideen“, sondern teilt mit, daß die betreffenden Ideen singulren Ideen entnommen wurden und dort ihren Ursprung haben. Nach Aarons zweiter Position ist das Allgemeine fr Locke das Ergebnis eines Eliminierungsprozesses, den der Verstand unter Anleitung der Erfahrung vollzieht; so steht der generelle Ausdruck „Mensch“ fr das, was brig bleibt, wenn man diejenigen Qualitten menschlicher Individuen eliminiert, die nicht allen, sondern nur einigen Menschen zukommen. Anscheinend denkt Aaron hier an die przisive Abstraktion komplexer Ideen; er beruft sich dafr auf einen Passus aus Essay 3.3.7, der so offen formuliert ist, daß man ihn in der Tat zunchst als Beschreibung dieser Abstraktionsart deuten kçnnte. Doch zeigt der unmittelbar folgende Paragraph, daß Locke in Wirklichkeit von kompositiver Abstraktion spricht.115 Auch diese Stelle belegt nicht Aarons Interpretation. Das Allgemeine der dritten Position besteht aus einer Gruppe von Merkmalen, an denen Individuen derselben Sorte teilhaben;116 ein unmittelbarer Bezugstext wird nicht genannt, doch drfte von der kompositiven Abstraktion komplexer Ideen die Rede sein. Aaron zieht den Schluß, daß es im Essay keine konsistente Universalientheorie gibt.117 Wenn man sich aber klar macht, daß Aarons erste Position nur Ursprung und Funktion genereller Ideen skizziert und daß die zweite und dritte bestenfalls Einzelphasen herausgreift, dann fllt es leicht zu glauben, daß treffendere Interpretationen mçglich sind.

114 Aaron 1963; 197 – 198. 115 Aaron 1967; 199 – 201. – Die Stelle Essay 3.3.7; 411, 17 – 27 ist bei Autoren beliebt, nach denen Locke an die przisive Abstraktion komplexer Ideen glaubt. Daß diese Deutung nicht paßt, zeigt Essay 3.3.8; 411, das in Z. 28 einen Rckbezug auf § 7 herstellt („By the same way“) und danach in Z. 30 – 34 einen kompositiven Abstraktionsvorgang beschreibt: Kinder behalten nur die Ideen, in denen mehrere Dinge miteinander bereinstimmen, „and uniting them into one Idea, they have again another and more general Idea […]“. Locke spricht schon in § 7 von einer neuen („another“) Idee, in der die Kinder gesammelte gemeinsame Ideen miteinander vereinigen, und nicht, wie Aaron annimmt, vom berrest einer partikulren Idee, der den abstraktiven Eliminierungsvorgang berstanden hat. 116 Aaron 1963; 201 – 202. 117 Aaron 1963; 202.

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E4b. Einfache Ideen sind abstrahierbar, aber auf andere Weise als komplexe Ideen. – Locke zweifelt nicht daran, daß einfache Ideen abstrahierbar sind. Er teilt zum Beispiel in Essay 2.31.12 mit, daß der Geist ber drei Arten abstrakter Ideen verfgt, und zwar erstens ber abstrakte einfache Ideen.118 Lockes Ansicht, daß einfache Ideen nicht von Natur aus abstrakt sind, daß man sie aber abstrahieren kann, wird in der Literatur bisweilen bergangen oder mißbilligt; dagegen akzeptiert Reinhard Brandt in seiner LockeDoxographie im Neuen Ueberweg den Doppelcharakter einfacher Ideen: „Die einfache Idee wird durch Abstraktion, d. h. durch Konzentration der Aufmerksamkeit auf gleiche Elemente in Wahrnehmungskomplexen und Nichtbeachtung der variierenden partikulren Umstnde gewonnen. Sie ist somit ein bestimmtes Dies-da und zugleich eine Idee von hoher Allgemeinheit; sie kann zugleich als Sinnesdatum und als Produkt einer Abstraktionsttigkeit begriffen werden.“119 Essay 2.11.9 stellt die Abstraktion einer einfachen Idee an einem Beispiel vor. Der Geist beobachtet heute an Kalk oder Schnee die gleiche Farbe, die er gestern von Milch bekam; diese Erscheinung betrachtet er fr sich allein und macht sie zum Reprsentanten aller Exemplare derselben Art. Nachdem er ihr den Namen „weiß“ gegeben hat, bezeichnet er mit dieser Lautfolge dieselbe Qualitt, wo immer er sie wahrnimmt oder sich vorstellt.120 Einfache Ideen erscheinen in Gesellschaft anderer Ideen, bestehen aber nur aus einem einzigen Element, denn sie sind nicht zusammengesetzt.121 Man kann aus ihnen keine individuierenden Teilideen entfernen, denn sie enthalten keine. Daß man sie fr sich allein betrachtet, kann also nur bedeuten, daß man die Wahrnehmungszusammenhnge bersieht, in denen sie ursprnglich erschienen sind; weil es dadurch einfacher wird, sie zu perzipieren, erkennt man sie nunmehr „auf einen Schlag“.122 Eine Wahrnehmung ist eine individuelle Erleidung des Verstandes; man abstrahiert, indem man sie von den Umstnden, unter 118 Essay 2.31.12; 382, 35 – 383,1: „[…] the Mind has three sorts of abstract Ideas, or nominal Essences: First, Simple Ideas […]“. 119 Brandt, Ue17, 3, § 29; 660. 120 Essay 2.11.9; 159, 23 – 29: „Thus the same Colour being observed to day in Chalk or Snow, which the Mind yesterday received from Milk, it considers that Appearance alone, makes it a representative of all of that kind; and having given it the name Whiteness, it by that sound signifies the same quality wheresoever to be imagin’d or met with […]“. 121 Essay 3.2.1; 119, 18 – 20: „[…] which [einfache Ideen] being each in it self uncompounded, contains in it nothing but one uniform Appearance, or Conception in the mind, and is not distinguishable into different Ideas.“ 122 Essay 2.4.15; 427, 24 – 26: „But on the contrary, in simple Ideas the whole signification of the Name is known at once, and consists not of parts […]“.

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denen sie sich ereignet hat, und von den sonstigen Ideen trennt, die sie bei ihrer ursprnglichen Wahrnehmung begleiteten. E4c. Trennung von Einzeldaten und Herauslçsung einfacher Ideen aus Datenpaketen. – Locke berichtet, daß die Qualitten, die unsere Sinne affizieren und dadurch unsere einfachen Ideen verursachen, in den Dingen so miteinander verquickt sind, daß es zwischen ihnen keine Trennung oder Entfernung gibt. Trotzdem treffen die Ideen, die sie durch Affizierung in uns hervorrufen, einfach und unvermischt bei uns ein. Augen und Hnde nehmen zu demselben Zeitpunkt mehrere einfache Ideen von demselben Gegenstand auf, zum Beispiel von demselben Stck Wachs Bewegung und Farbe einerseits und Weichheit und Wrme andererseits. Obgleich die Qualitten, die in uns einfache Ideen erzeugen, in den Gegenstnden miteinander verquickt sind, kçnnen wir Vorstellungen wie Bewegung, Farbe, Weichheit und Wrme genau voneinander unterscheiden, denn sie treffen am Ende unvermischt bei uns ein.123 Die Sinnlichkeit vollzieht also nach Locke so etwas wie eine Vorabstraktion, denn sie macht einzelne Wahrnehmungen in gegenstndlichen Komplexen unterscheidbar. Dank dieser Vorarbeit erhlt der Verstand deutlich abgegrenzte Sinnesdaten. Daß sie bndelweise eintreffen, geht aus Stellen wie Essay 2.1.3 hervor. Die Sinnlichkeit richtet sich auf wahrnehmbare individuelle Gegenstnde und befçrdert je nach dem, welche Sinne bei der Wahrnehmung affiziert werden, verschiedene Perzeptionen in den Geist, die auf dem Weg ber die Nerven ins Gehirn als den Audienzraum des Geistes gelangen; genau genommen liefern uns die Sinne allerdings keine fertigen Perzeptionen, sondern nur etwas, das im Geist Perzeptionen erzeugt.124 Weil Dinge

123 Essay 2.2.1; 119, 5 – 13: „Though the Qualities that affect our Senses, are, in the things themselves, so united and blended, that there is no separation, no distance between them; yet ’tis plain, the Ideas they produce in the Mind, enter by the Senses simple and unmixed. For though the Sight and Touch often take in from the same Object, at the same time, different Ideas; as a Man sees at once Motion and Colour; the Hand feels Softness and Warmth in the same piece of Wax: Yet the simple Ideas thus united in the same Subject, are as perfectly distinct, as those that come in by different Senses.“ 124 Essay 2.2.3; 121, 22 – 24: „[…] the Nerves which are the Conduits, to convey them [wahrnehmbare Qualitten] from without to their Audience in the Brain, the mind’s Presence-room (as I may so call it) […]“. – Essay 2.1.3; 105, 1 – 4 und 6 – 8: „[…] Our Senses, conversant about particular sensible Objects, do convey into the Mind, several distinct Perceptions of things, according to those various ways, wherein those Objects do affect them: […] which when I say the senses convey into

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mehrere Sinne zugleich affizieren, treffen Qualitten paketweise bei uns ein.125 Solche Wahrnehmungspakete enthalten außer sonstigen Informationen auch individuierende Bestimmungen wie Zeit- und Ortsangaben. Weil diese keine Bestandteile einfacher Ideen sind, denn einfache Ideen haben keine Bestandteile, mssen sie ihnen ußerlich sein. Daß einfache Ideen von rumlich und zeitlich benachbarten Ideen sozusagen durch berschattung von außen zu einer partikulren Existenz bestimmt werden, sagt der Text nicht ausdrcklich. Er sagt nur, daß der Verstand einfache Ideen abstrahiert, und das bedeutet anscheinend, daß er sie in Gedanken aus den Datenpaketen herauslçst, in denen sie bei ihm angekommen sind. E4d. Herauslçsung einfacher Ideen aus einfachen Modi. – Dabei dringt er nicht immer sogleich bis zu einfachen Ideen vor, sondern zunchst zu Modi.126 Daher muß er einfache Ideen nicht nur in dem Paket von Sinnesdaten aufspren, in dem sie angeliefert werden, sondern er muß sie auch aus ihren Modifikationen herauslçsen. Einfache Modi entstehen nach Locke durch Erweiterung (enlarging) bzw. durch Wiederholung (repetition) oder Addition. Erweiterung besteht im Hinzufgen von Exemplaren der in einem einfachen Modus wiederholten oder zu wiederholenden einfachen Idee.127 Weil einige einfache Ideen kontinuierliche oder diskrete Quantitten und andere intensivierbare Qualitten bilden, muß man verschiedene Arten der Erweiterung annehmen, zum Beispiel diskret-quantitative Erweiterung, kontinuierlich-quantitative Erweiterung und Intensivierung the mind, I mean, they from external Objects convey into the mind what produces there those Perceptions.“ 125 Essay 2.23.1; 295, 7 – 8: Der Geist „[…] takes notice also, that a certain number of these simple Ideas go constantly together […]“. – Essay 2.31.6; 379, 4 – 6: „The complex Ideas we have of Substances, are, as it has been shewn, certain Collections of simple Ideas, that have been observed or supposed constantly to exist together.“ 126 Letter; Works IV 17, 19 – 26: „But speaking in that place of the ideas of distinct substances, such as man, horse, gold, &c. I say they are made up of certain combinations of simple ideas; which combinations are looked upon, each of them, as one simple idea, though they are many; and we call it by one name of substance, though made up of modes, from the custom of supposing a substratum, wherein that combination does subsist.“ 127 Essay 2.11.6; 158, 8 – 14: „Under this [Operation] of Composition, may be reckon’d also that of ENLARGING; wherein though the Composition does not so much appear as in more complex ones, yet it is nevertheless a putting several Ideas together, though of the same kind. Thus by adding several Unites together, we make the Idea of a dozen; and putting together the repeated Ideas of several Perches, we frame that of Furlong“.

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oder Abschwchung.128 Diskrete Quantitten sind Gesellschaften von einzelnen einfachen Ideen und lassen sich durch Zugabe oder Fortnahme weiterer Einheiten derselben Art vergrçßern oder verkleinern. Zum Beispiel betrachtet Locke ,drei‘ als eine Gesellschaft von drei Einheiten oder Einsen, die man durch Hinzufgung zweier weiterer Einheiten oder Einsen zu ,fnf‘ erweitern kann.129 Sowohl ,drei‘ als auch ,fnf‘ sind fr Locke einfache Modi von ,eins‘. Wer aus diesen die einfache Idee ,eins‘ abstrahieren will, der muß sich eines ihrer Vorkommen, anstatt es zu der diskreten Quantitt hinzuzufgen oder von ihr fortzunehmen, fr sich allein vornehmen; einen solchen Vorgang kann man sich verhltnismßig leicht vorstellen. Schwieriger ist das bei kontinuierlichen Quantitten, denn sie bestehen aus kontinuierlich verbundenen Teilen derselben Art, und Locke betrachtet auch sie als einfache Modi. Man kann sie durch Hinzufgung oder Fortnahme von Teilen kontinuierlich vergrçßern oder verkleinern; das gilt fr Linien, Flchen, Kçrper und Zeitabschnitte. Wer die einfache Idee abstrahieren mçchte, die sich in einem kontinuierlichen einfachen Modus wiederholt, der muß ein einziges Vorkommen von ihr fr sich allein betrachten, aber dabei stçßt er auf Probleme. E4e. Schwierigkeiten bei einfachen Modi der Ausdehnung. – Locke erklrt, daß ,Raum‘ und ,Dauer‘ mit Recht als einfache Ideen gelten, obwohl sie in gewisser Hinsicht zusammengesetzt sind, denn Raum und Dauer sind Kontinuen, das heißt, sie bestehen aus kontinuierlich verbundenen Teilen

128 Essay 2.17.1; 209, 25 – 28: „[…] those things, which have parts, and are capable of increase or diminution, by the addition or subtraction of any the least part: and such are the Ideas of Space, Duration, and Number […]“. – Essay 4.2.11; 535, 18 – 19: „But in other simple Ideas, whose Modes and Differences are made, and counted by degrees, and not quantity […]“. – Die Unterscheidung zwischen teilbaren und intensivierbaren Qualitten wird routinemßig verwendet, zum Beispiel Essay 2.28.1; 349, 1 – 2: „[…] some one simple Idea; which being capable of Parts or Degrees […]“. 129 Essay 2.17.6; 213, 14 – 15: „[…] Space, Duration, and Number, being capable of increase by repetition […]“. – Ebd. 2.15.1; 196, 27 – 31: „In both these, (viz.) Expansion and Duration, the Mind has this common Idea of continued Lengths, capable of greater, or less quantities: For a Man has as clear an Idea of the difference of the length of an Hour, and a Day, as of an Inch and a Foot.“ – Essay 2.16.2; 205, 11 – 13: „By repeating this Idea [Zahl] in our Minds, and adding the Repetitions together, we come by the complex Ideas of the Modes of it. Thus by adding one to one, we have the complex Idea of a Couple […]“.

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derselben Art.130 Die Kenntnis der Bedeutung von „kontinuierlich verbunden“ setzt Locke im Essay voraus, aber Coste berichtet in der 2. Auflage seiner Essay-bersetzung von einer Stellungnahme Lockes zu Schwierigkeiten bei der Erkenntnis von Kontinuen, die Peter H. Nidditch in den Apparat der Clarendon-Ausgabe aufgenommen hat.131 Auf den Einwand, die Raumidee sei keine einfache Idee, weil einfache Ideen nach Essay 2.2.1 keine weiteren Ideen enthalten drfen,132 erwidert Locke, das gelte nur fr artverschiedene (different) Ideen, aber nicht fr Ideen derselben Art, die etwas reprsentieren, das aus gleichartigen Teilen besteht.133 Es gelte zum Beispiel nicht fr Ideen von Kontinuen, bei denen wir nie bis zu ganz unzusammengesetzten Teilen vordringen.134 Locke spricht von einfachen Modi der Idee des Raums wie ,Abstand‘, ,Ausdehnung / Expansion‘ und ,Lnge / Breite / Tiefe‘ oder von einfachen Modi der Zeit, bei denen unsere Vorstellungskraft gegenber der in ihnen wiederholten Idee des kleinsten mçglichen Abstands versagt.135 Wenn aber eine solche Idee tatschlich unterhalb unserer Vorstellungsmçglichkeiten liegt, dann stellt sich die Frage, wieso wir einfache Raummodi aus einer einfachen Idee herstellen kçnnen, die wir weder klar noch deutlich erkennen. Locke gibt darauf eine 130 Essay 2.15.9; 201, 7 – 202, 3: „There is one thing more, wherein Space and Duration have a great Conformity, and that is, though they are justly reckoned amongst our simple Ideas: Yet none of the distinct Ideas we have of either is without all manner of Composition, it is the very nature of both of them to consist of Parts: But their Parts being all of the same kind, and without the mixture of any other Idea, hinder them not from having a Place amongst simple Ideas.“ 131 Essay 2.15.9, Anm. zu Z. 5; 201 – 202. 132 Essay 2.2.1; 119, 16 – 20: „And there is nothing can be plainer to a Man, than the clear and distinct Perception he has of those simple Ideas; which being each in it self uncompounded, contains in it nothing but one uniform Appearance, or Conception in the mind, and is not distinguishable into different Ideas.“ 133 Anm. zu Essay 2.15.9, Z. 5; 201: „So that, if the Idea of Extension consists in having Partes extra Partes, (as the Schools speak,) ’tis always, in the Sense of Mr. Locke, a Simple Idea; because the Idea of having Partes extra Partes, cannot be resolved into two other Ideas.“ 134 Anm. zu Essay 2.15.9, Z. 5; 201: „[…] that Composition which he [Mr. Locke] designed to exclude in that Definition, was a Composition of different Ideas in the Mind, and not a Composition of the same kind in a Thing whose Essence consists in having Parts of the same kind, where you can never come to a Part intirely exempted from this Composition.“ 135 Essay 2.15.9; 202, 3 – 7: „Could the Mind, as in Number, come to so small a part of Extension or Duration, as excluded Divisibility, that would be, as it were, the indivisible Unite, or Idea; by repetition of which, it would make its more inlarged Ideas of Extension and Duration.“

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Antwort, die zu weiteren Fragen fhrt. Was wir fr einfache Raumideen zu halten pflegen, das sind in Wirklichkeit schon einfache Modi des Raums, die wir erfahrenen Ideensammlungen entnehmen. Obgleich wir die in ihnen wiederholte einfache Idee als solche weder klar noch deutlich erkennen, vermitteln sie uns dennoch ein angemessenes Bild von Raum oder Dauer, denn „jeder Teil der Dauer ist ebenfalls Dauer, jeder Teil der Ausdehnung ist Ausdehnung, und beide sind unendlich vergrçßerbar oder teilbar.“136 Das bedeutet: Was Ausdehnung ist, erfhrt man durch große Ausdehnungen nicht schlechter als durch minimale. Außer Modi des Raums, die wir erfahren, gibt es aber auch solche, die wir mit unserem Vorstellungsvermçgen selbst erzeugen, denn wir kçnnen einfache Ideen spontan zu einfachen Modi erweitern, indem wir in Gedanken einfache Ideen derselben Art zu ihnen hinzufgen.137 Weil wir im Fall des Raums ber keine klaren und deutlichen einfachen Ideen verfgen, verwenden wir zur Bildung einfacher Kontinuumsmodi kleine einfache Modi derselben Art, und zwar in der Regel vertraute landesbliche Maßeinheiten.138 Bei diesem Vorgehen entsteht der gewnschte einfache Modus, nur sind die verwendeten Module grçßer, als sie sein sollten, aber das ist nicht schlimm. Weil sie immer nur Teilideen derselben Art enthalten, entsteht kein anderes Resultat als das, welches auch bei Verwendung kleinerer Module entstnde. Das kann man sich mit einem Beispiel aus dem Bereich der diskreten Quantitten plausibel machen. Niemand nimmt Anstoß daran, daß man mit drei einfachen Modi ,drei‘ den einfachen Modus ,neun‘ genau so korrekt erzeugen kann wie mit neun einfachen Ideen ,eins‘. Gegebenenfalls 136 Essay 2.15.9; 202, 24 – 26: „Every part of Duration is Duration too; and every part of Extension is Extension, both of them capable of addition or division in infinitum.“ – Eine hnliche Redeweise findet sich bei Brerewood, nmlich Tractatus, London 1659, tr. 9, De Qualitate, s. 29; 328: „[..] omnis gradus albedinis est albedo, omnis gradus caloris est calor, etc.“ 137 Essay 2.12.5; 165, 12 – 16: „[…] There are some [Modes] which are only variations, or different combinations of the same simple Idea, without the mixture of any other, as a dozen, or score; which are nothing but the Ideas of so many distinct Unites added together, and these I call simple Modes, as being contained within the bounds of one simple Idea.“ 138 Essay 2.15.9, 202, 7 – 12: „But since the Mind is not able to frame an Idea of any Space, without Parts; instead thereof it makes use of the common Measures, which by familiar use, in each Country, have imprinted themselves on the Memory (as Inches, and Feet; or Cubits, and Parasangs; and so Seconds, Minutes, Hours, Days, and Years in Duration:) […].“ – Essay 2.15.9; 202, 16 – 17: „On the other side, the ordinary smallest measure we have of either, is look’d on as an Unite in Number […].“

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lßt sich die Abweichung vom Idealverfahren so klein wie mçglich halten, zum Beispiel dadurch, daß man bei der Bildung einfacher Modi des Raums nicht grobe landesbliche Maßeinheiten, sondern Ideen der kleinsten fr uns noch deutlich wahrnehmbaren oder vorstellbaren Raumteile einsetzt, die Locke metaphorisch als „sensible points“ bezeichnet.139 Aber auch solche minima sensibilia sind keine einfachen Ideen, sondern einfache Modi, allerdings die kleinsten ihrer Art, die wir uns vorstellen kçnnen. E4f. Herauslçsung einfacher Ideen aus Intensitten. – Drittens gibt es bei Qualitten etwas, das den Quantitten nahesteht und manchmal als Quantitt der Qualitt bezeichnet wird: Klte kann schwach oder stark sein, Liebe heftig oder lau.140 Die Intensitt von Qualitten lßt sich erhçhen oder absenken, intensivieren oder abschwchen. Intensivierbar sind nach Meinung von Schulphilosophen Fertigkeiten, Neigungen, Zustnde wie flssig/fest und wahrnehmbare Qualitten wie Farben oder Gerche; andere einfache Ideen sind nicht intensivierbar, zum Beispiel ,Gleichheit‘. Die Strke oder Schwche einer Intensitt wird in der Schulphilosophie in Graden angegeben; auch Locke bezeichnet Intensitten als degrees (Gradmengen) und betrachtet sie als einfache Modi.141 Bei Aussagen ber Denken und Lust greift er auf schulphilosophische Ausdrcke wie „intensio“ und „remissio“ („Verstrkung“ und „Abschwchung“) zurck, buchstabiert sie aber falsch, denn er schreibt nicht „intension“, sondern „intention“;142 zu beachten ist, daß sich der gleiche Fehler bei Brerewood und Crakanthorpe findet.143 Bei sekundren Qualitten verwendet Locke Ausdrcke wie „degrees“ fr die Intensitt und „mehr“ oder „weniger“ fr Vernderungen der Intensitt; „recipere magis et minus“ bedeutet in der 139 Essay 2.15.9; 203, 3 – 5: „The other, wanting a proper Name, I know not whether I may be allowed to call a sensible Point, meaning thereby the least Particle of Matter or Space we can discern […].“ 140 Essay 2.28.1; 349, 1 – 3: „The first I shall name, is some one simple Idea; which being capable of Parts or Degrees, affords an occasion of comparing the Subjects wherein it is to one another, in respect of that simple Idea […]“. 141 Essay 2.18.4; 224, 20 – 22: Die einfachen Modi „of Colours are also very various: Some we take notice of, as the different degrees, or as they are termed, Shades of the same Colour.“ – Essay 2.18.6; 224, 33 – 34: „[…] those simple Modes, which are considered but as different degrees of the same simple Idea […]“. 142 Zum Beispiel Essay 2.19.4; 228; 14 und 229, 1. 143 Brerewood, Tractatus, Oxford 1659, tr. 9, De Qualitate, s. 28; 326: „[…] unde est eadem penitus comparatio intentionis et remissions.“ – Crakanthorpe, Logica, London 1641, l. 2, c. 13; 108: „Respondeo, neque figuram, neque calorem, neque quidquam suscipere magis, et minus per intentionem essentiae […]“.

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Sprache der Schulphilosophie dasselbe wie „intendi et remitti“, und statt „intensio/remissio“ kann man auch „magis/minus“ verwenden. Locke kennt die einschlgigen Redeweisen schon bei der Abfassung von Draft A.144 Er weiß, daß in der Physik der Ausdruck „degree“ wegen des Auseinanderdriftens von korpuskularer Außenwelt und qualitativer Erscheinungswelt problematisch geworden ist, denn in mechanischen Zusammenhngen spricht er nicht von Graden, sondern verwendet Ausdrcke der auch von ihm vertretenen Korpuskularphilosophie.145 Bei geistigen Ttigkeiten und sekundren Qualitten, auf die die Mechanik noch keinen Zugriff hat, verwendet er dagegen berkommene Termini; vermutlich hat er sie jener Version der schulphilosophischen Intensittenlehre entnommen, die u. a. von Surez, Du Trieu, Brerewood und Crakanthorpe vertreten wurde. Wir erfahren Farben in verschiedenen Graden oder Nuancen (shades), aber auch in Mischungen wie Grn, Scharlach, Purpur oder Seegrn.146 Mischfarben sind Modi, und weil sie aus Ideen nur einer einzigen Art, nmlich aus Farbideen, bestehen, hlt Locke sie nicht fr gemischte, sondern fr einfache Modi.147 Einfache Farbideen, die man abstrahieren mçchte, sind sowohl bei Mischfarben als auch bei Farbintensitten aus ihren einfachen Modi herauszulçsen. Der Text enthlt Grnde fr die Annahme, daß fr Locke wie fr einige konzeptualistische Scholastiker, darunter Ockham, jeder Einzelgrad einer Farbe wie ,weiß‘ nichts anderes ist als eine einfache Einheit ,weiß‘;148 im Fall des Essay ist das wichtigste Argument fr diese Annahme, daß sich in einem einfachen Modus nur dieselbe einfache Idee wiederholt, deren Modus er ist. Grundstzlich ist also anzunehmen, daß man dann, wenn man einen Einzelgrad nicht zu einer gegebenen Intensitt 144 DRA § 20; 35, 29 – 30: „Simple Ideas the gratest part whereof being capable of more & lesse or degrees […]“. 145 Zum Beispiel Essay 4.2.11 und 12; 535, 18 – 536, 23. 146 Essay 2.3.1; 121, 17 – 20: „Thus Light and Colours, as white, red, yellow, blue; with their several Degrees or Shades, and Mixtures, as Green, Scarlet, Purple, Seagreen, and the rest […]“. 147 Essay 2.22.1; 288, 6 – 9: „[…] which consisting of several Combinations of simple Ideas of different kinds, I have called Mixed Modes, to distinguish them from the more simple Modes, which consist only of simple Ideas of the same kind.“ 148 Vf. 1996; 302 – 306. – In Lockes schulphilosophischem Umfeld wird diese Position, wie gesagt, von Surez, Brerewood und Crakanthorpe vertreten, s. Brerewood, Tractatus, Oxford 1659, tr. 9, De Qualitate, s. 29; 328: „[..] omnis gradus albedinis est albedo, omnis gradus caloris est calor, etc.“ – Entsprechend Ockham 1637, p. 3, c. 21; 55b (sic, in Wirklichkeit 75b): „[…] ille gradus est vera albedo, quia si sit aliquod oportet, quod sit qualitas, siue gradus, et non nisi albedo, igitur est vera albedo […] Et eodem modo gradus nigredinis est vera nigredo.“

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hinzufgt oder von ihr fortnimmt, sondern ihn fr sich allein betrachtet, die einfache Idee abstrahiert, die sich in dem betreffenden einfachen Modus wiederholt, denn bei der Abstraktion trennt man einfache Ideen nicht nur von andersartigen einfachen Ideen, sondern auch von Grçßenund Intensittsbestimmungen, die unter Umstnden ihre Zuordnung zu Individuen erlauben. Was es bedeutet, einfache Ideen zu einfachen Modi hinzuzufgen, sie aus ihnen zu entfernen oder sie in einfachen Modi fr sich allein zu betrachten, lßt sich wohl nur bei diskreten Quantitten verhltnismßig leicht verstehen. Dafr, daß Locke sich nicht zu Einzelheiten ußert, gibt es einen plausiblen Grund: Er verwendet „intensio“ und „remissio“ und benachbarte Ausdrcke nicht mehr als physikalische Termini, sondern als metaphorische Ausdrcke zur nichtmechanischen Beschreibung von Zustnden phnomenaler Qualitten, und erklrt dabei sachliche Details nicht genauer als die Schulphilosophen, von denen er die Termini vermutlich bernommen hat. Weil es die ihm verfgbare Meßtechnik nicht gestattet, einfache Einheiten oder Einzelgrade intensivierbarer Qualitten eindeutig festzulegen, erledigt sich mçglicherweise bei ihm das Problem der Herauslçsung von Graden aus Intensitten hnlich wie das der Herauslçsung von Teilen aus einfachen Modi der Ausdehnung oder der Dauer, und zwar in Analogie zu der Regel „Jeder Grad von Ausdehnung ist ebenfalls ausgedehnt“. Beweisbar ist das aber nicht, denn Locke behauptet nicht explizit, daß jeder Grad von Weiße ebenfalls weiß oder daß jeder Grad von Wrme ebenfalls warm ist. E4g. Schulphilosophische Meinungen zur Intensivierung und Abschwchung von Qualitten. Rezeptionsvermutung. – Schulphilosophen in Umfeld Lockes fhren das Phnomen der Intensivierung oder Abschwchung von Qualitten auf unterschiedliche Ursachen zurck: 1. Beimischung oder Entfernung einer gegenstzlichen Qualitt; 2. strkere oder geringere Einwurzelung einer Qualitt in der sie tragenden Substanz; 3. vollstndige oder weniger vollstndige Herausfhrung einer Qualitt aus der Potenz ihrer Substanz; und 4. Hinzufgung oder Fortnahme von Graden einer Qualitt; die Abgrenzungen sind nicht in allen Fllen undurchlssig. Locke spricht wie ein Vertreter der vierten Position, whrend sich Burgersdijck fr die erste entscheidet: Qualitten werden durch gegenstzliche Qualitten oder durch die Beschaffenheit der Materie, der sie inhrieren, intensiviert oder abgeschwcht. Wenn man zum Beispiel Wrme mit Klte vermischt, dann wird sie schwcher; beim Licht, das zu den affizierenden Qualitten gehçrt, aber keinen Gegensatz hat, hngen dagegen Intensivierung oder

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Abschwchung von der Beschaffenheit der Substanz ab, auf die es fllt.149 Der friedliebende Scheibler whlt die dritte Position, versucht jedoch, auch der zweiten und vierten gerecht zu werden, denn nach ihm besteht Intensivierung darin, daß die Form einer Qualitt aus der Potenz der sie tragenden Substanz vollstndiger herausgefhrt wird; dadurch verbessert sich zugleich ihre Einwurzelung in dieser, weil die betreffende Substanz nun zustzliche Grade der Form der Qualitt aufnimmt.150 Du Trieu, der schon die Ausdehnung einer intensivierbaren Qualitt in einem Subjekt von ihrer Intensitt unterscheidet, whlt wie spter Locke die vierte Position. Einige Qualitten kçnnen zunehmen oder abnehmen, weil sie verschiedene Intensittsgrade haben, von denen jeweils derselbe Teil einer Substanz eine kleinere oder grçßere Anzahl aufnehmen kann; und das bezeichnet man als Intensivierung und Abschwchung.151 Brerewood vertritt eine hnliche Meinung: Manche Qualitten haben nicht nur ex149 Burgersdijck, Institutiones logicae, London 1651, l. 1, c. 6, th. 12, 2; 26: „Qualitas recipit magis et minus. 1. Hoc est, intenditur et remittitur: Nam aliud alio calidius est aut minus calidum, frigidius aut minus frigidum. Haec qualitatum affectio, sive nota, vel oritur ex contrarietate, vel ex dispositione materiae. Habitus, et qualitates patibiles recipiunt magis et minus a contrarietate: remittuntur enim cum miscentur cum contrario; et intenduntur,cum a contrario liberantur. Excipitur lux, quae, etsi sit qualitas patibilis, intenditur tamen aut remittitur propter inaequalem dispositionem subjecti, quia non habet contrarium. Eodem modo intenduntur & remittuntur potentiae naturales, quibus nihil contrarium est, cum quo misceri possunt.“ 150 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 2, c. 8, t. 9, a. 2, p. 3, n. 204; 778: „Intensio formaliter consistit in eo, quod est ejusdem formae, eductio ulterior e potentia subjecti, et consequenter est per majorem radicationem ejusdem formae in eodem subjecto, quae major radicatio fit, per unionem plurium graduum ejusdem formae in subjecto. Atque ita in intensione concurrunt et additio aliqua (non novae esssentiae simpliciter, ut prius visum est, sed) gradus ad illam essentiam praeexistentem. Est etiam eductio aliqua, quia intensio illa fit dependenter e subjecto. Id autem significat illa vox eductionis de potentia subjecti. Denique et major radicatio, quia qualitas, quae plures habet gradus in subjecto, quod est in intensione, plenius et perfectius est in subjecto, quam antea, unde etiam tum subjectum perfectius, secundum ejusmodi qualitatem operari potest, ac prius poterat.“ 151 Du Trieu, Manuductio, Oxford 1678, p. 1, tr. 3, c. 4, a. 3, n. 2; 100 – 101: „Qualia suscipiunt magis et minus; Id est, concreta qualitatis praedicari possunt cum adverbiis magis et minus: ut, unum album dicitur magis album, quam alterum. Ratio est, quia Qualitates habent Gradus Intensionis, e quibus eadem pars subjecti potest plures vel pauciores recipere: ut eadem pars aquae potest nunc plus caloris, sive plures gradus caloris habere, et tunc dicitur Magis calida; nunc minus caloris, sive pauciores gradus, et dicitur Minus calida. […]. Et hoc est proprie Suscipere magis et minus, sive, Intendi et remitti; quod non convenit omni Qualitati, ut Figurae.“

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tensive, sondern auch intensive Teile, die man manchmal graduelle Teile nennt. Zum Beispiel kann Weiß sich einerseits ber eine Flche erstrecken, die teilbar ist, aber andererseits auch mehr oder weniger weiß sein. Graduelle Teile sind zustzliche Teile derselben Qualitt in demselben Teil des Subjekts, die die betreffende Qualitt verstrken. Wenn man zum Beispiel mit der Hand nher an ein Feuer herankommt, dann fhlt man, daß die Wrme strker wird. Dies geschieht durch das Hinzutreten weiterer Wrmen, die man als graduelle Teile der Gesamtwrme bezeichnet.152 Dabei ist jeder Grad von Weiß Weiß und jeder Grad von Wrme Wrme.153 Crakanthorpe betont, daß bei der Intensivierung beispielsweise von Wrme nicht deren Wesenheit intensiviert, sondern nur die Menge ihrer Grade vermehrt wird. Jede Intensivierung oder Abschwchung einer Qualitt erfolgt durch Grade, die zu der Wesenheit hinzutreten oder sie verlassen. Zum Beispiel hat jede von zwei Wrmen im gleichen Maß die Wesenheit von Wrme, denn die Wesenheit selbst ist nicht intensivierbar. Aber die eine Wrme kann Wrme im vierten Grad sein und die andere Wrme im ersten. In solchen Fllen sagt man von der Substanz mit vier Grad Wrme zu Recht, daß sie wrmer ist, und von der Wrme mit mehr graduellen Teilen, daß sie intensiviert worden ist.154 Die Stellen zeigen, daß es unter Schulphilosophen des 17. Jahrhunderts nicht unblich war, im Zusammenhang mit der Intensivierung und Abschwchung von Qualitten hnliche Ausdrcke und Vorstellungen zu verwenden wie Locke. In der Literatur wurde gelegentlich erklrt, man habe zu Lockes Lebzeiten das 152 Brerewood, Tractatus, Oxford 1659, tr. 9, De Qualitate, s. 28; 326: „Nota quod aliqua qualitas habet duplices partes, nimirum 1 Extensivas, secundum extensionem subjecti, et habet has a Quantitate. 2 Intensivas, sive graduales, quae sunt nihil aliud quam aliae partes ejusdem rationis in eadem parte subjecti, quibus illa qualitas sit fortior, ut cum ego meam manum igni admoveam, sentio calorem factum fortiorem; intellige hoc fieri per additionem alterius caloris, qui totius caloris pars gradualis dicitur, et has omnes ex sua natura habet.“ 153 Brerewood, Tractatus, Oxford 1659, tr. 9, De Qualitate, s. 29; 328. Text s. S. 334, Anm. 152. – hnlich Essay 2.15.9; 202, 24 – 26: „Every part of Duration is Duration too; and every part of Extension is Extension, both of them capable of addition or division in infinitum.“ 154 Crakanthorpe, Logicae libri quinque, London 1641, l. 2, c. 13; 108: „Respondeo, neque figuram, neque calorem, neque quidquam suscipere magis, et minus per intentionem essentiae, aut definitionis, in uno magis quam in alio: Sed omnis susceptio magis, et minus, est per gradus individuales superadditos essentiae: ut cum duo calida sunt, essentia caloris est aequaliter in utroque, nam intendi non potest. Sed tamen in uno calor potest esse in quarto, in altero solum in primo gradu: illud autem subjectum calidius vere dicitur et calor in eo intendi, in quo sunt plures partes, aut graduales partes (ut nonnulli vocant).“

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Verfahren, intensiven Qualitten numerische Werte zu geben, im allgemeinen nicht mehr verstanden, und daher gebe es keinen Grund fr die Annahme, Locke sei durch es beeinflußt worden oder habe sich von ihm verleiten lassen.155 Es hat aber eher den Anschein, daß es keinen guten Grund fr die Annahme gibt, Locke habe eine auch damals noch verbreitete konzeptualistische Theorie, die einigermaßen komplex ist, in sachlich und terminologisch korrekter Reproduktion noch einmal erfunden, und daher gibt es hier verhltnismßig starke Grnde fr eine Rezeptionsvermutung. Andererseits lßt sich auch hier bislang kein bestimmter Schulphilosoph als Bezugsautor identifizieren; die Hoffnung, das Problem mit Hilfe des bei Locke wie bei Brerewood auftretenden Orthographiefehlers zu lçsen, hat sich zerschlagen. Bisher kann man durch keinen mir bekannten Beleg von Lockes Hand oder durch ein anderes Zeugnis beweisen, daß hier scholastisches Gut rezipiert worden ist. Trotzdem ist angesichts der Textmerkmale die Vermutung einer Rezeption die einleuchtendste Lçsung. E4h. Vertrglichkeit von Lockes Annahmen ber die Abstraktion einfacher Ideen mit seinen allgemeinen Beschreibungen der Abstraktion.– Lockes Darstellung der Abstraktion von einfachen Ideen setzt voraus, daß der Verstand nicht Bestandteile ihrer selbst von ihnen abtrennt, sondern daß er sie, ohne sie als solche zu verndern, aus dem Komplex der sie umgebenden Ideen herauslçst. Das vertrgt sich mit Lockes allgemeinen Beschreibungen der Abstraktion. Essay 2.11.9 verlangt, daß man Ideen, die man abstrahieren mçchte, abgetrennt von allen anderen Existenzen und von den Umstnden realer Existenz wie Zeit, Ort oder sonstigen begleitenden Ideen anschaut, um sie als bloße Erscheinungen im Geist zu betrachten.156 Der Wortlaut sagt nicht, daß die abzutrennenden Ideen Bestandteile der zu abstrahierenden Idee sein mssen; er macht nur klar, daß man Ideen, die man abstrahieren will, von den Ideen der Existenz und ihrer Umstnde sowie von allen sie begleitenden Ideen anderer Art abtrennen muß; daß Locke bei der allgemeinen Beschreibung der Abstraktion eine einfache Idee als Beispiel whlt, ist ein Indiz dafr, daß er von der Verallgemeinerung 155 Stewart 1980; 39. 156 Essay 2.11.9; 159, 10 – 15: „[…] the Mind makes the particular Ideas, received from particular Objects, to become general; which is done by considering them as they are in the Mind such Appearances, separate from all other Existences, and the circumstances of real Existence, as Time, Place, or any other concomitant Ideas.“ – Ebd. Z. 18 – 20: „Such precise, naked Appearances in the Mind, without considering, how, whence or with what others they came there […]“.

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einfacher Ideen redet. Nach der Beschreibung in Essay 3.3.6 macht man Ideen generell, indem man sie von den Umstnden der Zeit und des Orts und von sonstigen individuierenden Umstnden abtrennt;157 auch in diesem Passus sagt der Wortlaut nicht, daß die abzutrennenden Ideen Bestandteile der zu abstrahierenden einfachen Idee sein mssen; daß es im Text nicht heißt „by leaving out of them“, sondern „by separating from them“, ist ein Hinweis. Nach Abstract 3.3 werden Ideen generell, indem man sie von Raum und Zeit und anderen individuierenden Umstnden abtrennt. Die abzutrennenden Ideen werden als angehngte Ideen charakterisiert, und das paßt zum Verfahren bei der Abstraktion einfacher Ideen, bei der man die individuierenden Bestimmungen sozusagen abhngt. Die Elements of Natural Philosophy verlangen, daß man eine Idee, die man abstrahieren mçchte, als abgetrennt von Zeit und Ort betrachtet;158 auch dieser Text vertrgt sich mit den Besonderheiten der Abstraktion von einfachen Ideen. E4i. Stufen hçherer Allgemeinheit bei einfachen Ideen. Namen einfacher Ideen. – Daraus, daß man aus einfachen Ideen nichts auslassen kann, ergibt sich eine Schwierigkeit beim bergang zu hçheren Stufen der Abstraktion: Weil einfache Ideen einfach sind, lassen sich bei ihnen keine spezifischen Differenzen ermitteln, durch deren Vernachlssigung man zu nchsthçheren Gattungen und generelleren Namen aufsteigen kann.159 Wenn der Verstand eine einfache Idee wie ,weiß‘ oder ,rot‘ mit einem einzigen generellen Namen erfassen mçchte, dann behilft er sich faute de mieux mit einem Ausdruck, der lediglich den Weg bezeichnet, auf dem sie in den Geist hineingekommen ist. Wenn er zum Beispiel Ideen unter der Gattung 157 Essay 3.3.6; 411, 1 – 4: „[…] Ideas become general, by separating from them the circumstances of Time, and Place, and any other Ideas, that may determine them to this or that particular Existence.“ 158 Abstr. 3.3; King 380, 1 – 3: „[…] ideas become general only by being abstracted from time and place and other particularities, that make them the representatives only of individuals […]“ – Elements of Natural Philosophy; Works III; 329, 26 – 27: „A general idea is an idea in the mind, considered there as separated from time and place […]“. 159 Essay 3.4.16; 427, 27 – 428, 1: „This farther may be observed, concerning simple Ideas, and their Names, that they have but few Ascents in linea praedicamentali, (as they call it,) from the lowest Species, to the summum Genus. The reason whereof is, that the lowest Species being but one simple Idea, nothing can be left out of it, that so the difference being taken away, it may agree with some other thing in one Idea common to them both; which having one Name, is the Genus of the other two: v.g. There is nothing can be left out of the Idea of White and Red, to make them agree in one common appearance, and so have one general name […]“.

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oder dem gemeinsamen Namen „Farbe“ erfaßt, so bedeutet das nur, daß er sie durch Vermittlung der Augen bekommen hat (Lockes Freund Boyle berichtet allerdings von Blinden, die Farben mit den Fingerspitzen wahrnehmen konnten).160 Der generellere Ausdruck „Qualitt“ teilt mit, daß die unter ihn zu subsumierenden Ideen ber jeweils einen einzigen Sinn in den Geist gelangten; es handelt sich dabei um Farben, Tçne, Geschmcke, Gerche und tastbare Qualitten im Unterschied zu Ausdehnung, Zahl, Bewegung, Lust und Schmerz, deren Ideen man ber mehr als einen Sinn empfngt.161 Weil einfache Ideen bei der Abstraktion aus ihrem empirischen Zusammenhang herausgelçst werden, als solche aber unverndert bleiben, ist es plausibel, daß sie sowohl abstrakte als auch konkrete Namen bekommen, von denen die einen Substantive und die anderen Adjektive sind, zum Beispiel „Weiße“/„weiß“ und „Sße“/ „sß“.162 Die Verwendung von Adjektiven ist angemessen, weil Qualitten, die von einfachen Ideen reprsentiert werden, zunchst Substanzen inhrieren. Aber wenn man Ideen solcher Qualitten aus ihrer wahrgenommenen Umgebung herauslçst und sie zu generellen Standards macht, dann werden sie so unabhngig, daß sie absolut, unvermischt und in sich selbst (in themselves) vollkommen sind;163 deshalb ist die Verwendung substan160 Boyle 1772: The experimental history of colours c. 3; I 680 – 682. S. auch Oldenburg an Boyle. 10. Oktober 1665; VI 201. 161 Essay 3.4.16; 428, 3 – 18: „And therefore when to avoid unpleasant enumerations, Men would comprehend both White and Red, and several other such simple Ideas, under one general name; they have been fain to do it by a Word, which denotes only the way they get into the Mind. For when White, Red, and Yellow, are all comprehended under the Genus or name Colour, it signifies no more, but such Ideas, as are produced in the Mind only by the Sight, and have entrance only through the Eyes. And when they would frame yet a more general term, to comprehend both Colours and Sounds, and the like simple Ideas, they do it by a Word, that signifies all such as come into the Mind only by one Sense: And so the general term Quality, in its ordinary acception, comprehends Colours, Sounds, Tastes, Smells, and tangible Qualities, with distinction from Extension, Number, Motion, Pleasure, and Pain, which make impressions on the Mind, and introduce their Ideas by more Senses than one.“ 162 Essay 3.8.2; 473, 28 – 31: „[…] our simple Ideas have all abstract, as well as concrete Names: The one whereof is (to speak the Language of Grammarians) a Substantive, the other an Adjective; as Whiteness, White; Sweetness, Sweet.“ 163 A Defense of Mr. Locke’s Opinion concerning Personal Identity; Works III 186, 13 – 18: „Thus qualities of a certain kind, when abstracted, or taken apart from nature, and set up for common standards, are so far independent as to become absolute, unmixed, or perfect in themselves, however different they may be found in their respective concretes.“

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tivischer Namen ebenfalls angemessen. Schon Gassendi bemerkte, daß Qualittsideen immer dann mit abstrakten Namen ausgedrckt werden, wenn man sie unter Absehung von den Substanzen betrachtet, denen sie inhrieren; wir bezeichnen sie einerseits mit Adjektiven wie „weiß“ und „gerecht“ und andererseits mit Substantiven wie „Weiße“ und „Gerechtigkeit“.164 Auf Namen einfacher Ideen geht Locke nur knapp ein. Sie bezeichnen wie alle Namen unmittelbar Ideen im Geist und mittelbar Arten und Artexemplare,165 auch legen sie hnlich wie Substanznamen die Annahme nahe, daß ihnen etwas entspricht, das außerhalb des Geistes existiert.166 Obgleich man Namen einfacher Ideen wegen der Einfachheit ihrer Bedeutungen nicht definieren kann,167 sind sie doch weniger mehrdeutig und ungewiß als andere Namen, denn sie stehen nur fr eine einzige Idee, ber deren Bedeutung man sich durch Zeigen leicht einigen kann, whrend man die komplexen Bedeutungen von Namen zusammengesetzter Ideen mhsam verbal explizieren muß.168

E5. Partielle Betrachtung und Trennung E5a. Michael Ayers’ Verstndnis von Abstraktion. – Nach Michael Ayers versteht Locke unter abstrakten Ideen nicht berdauernde Paradigmen, mit denen man die Realitt vergleicht, um das jeweils passende Prdikat zu finden; fr Locke sei vielmehr eine abstrakte Idee nichts anderes als das 164 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 7; I 95b, 12 – 19: „Nota et suas quoque esse adiunctorum, seu proprietatum, qualitatumque ideas, provt illae quidem abstractis exprimuntur nominibus, dum spectantur, quasi secretae a suius subiectis, quae nominibus concretis vulgo exprimuntur. Ita non modo ideam candidi subiecti habemus, sed seorim quoque candoris; non modo iusti, sed seorsim quoque iustitiae […]“. 165 Essay 3.4.1; 420, 27 – 28: „THOUGH all Words, as I have shewn, signify nothing immediately, but the Ideas in the Mind of the Speaker […]“ 166 Essay 3.4.2; 421, 3 – 5: „[…] The Names of simple Ideas and Substances, with the abstract Ideas in the Mind, which they immediately signify, intimate also some real Existence […]“. 167 Essay 3.4.4; 421, 14 – 15: „[…] The Names of simple Ideas are not capable of any definitions […]“. 168 Essay 3.4.15; 427, 9 – 15: „ […] though the Names of simple Ideas, have not the help of Definition to determine their signification; yet that hinders not but that they are generally less doubtful and uncertain, than those of mixed Modes and Substances. Because they standing only for one simple Perception, Men, for the most part, easily and perfectly agree in their signification: And there is little room for mistake and wrangling about their meaning.“

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Einzelphnomen, mit dem sich der Geist gerade beschftigt, denn es reprsentiere alle Einzeldinge, die ihm in derjenigen Hinsicht gleichen, auf die sich der Geist bei der Abstraktion konzentriert hat.169 Abstrakte Ideen sind fr Ayers lediglich die fr den abstrahierenden Geist relevanten Aspekte partikulrer Ideen. Jedes beliebige Artexemplar kann alle Instanzen desselben Typs reprsentieren, und bei der Betrachtung eines generellen Attributs macht man lediglich eine singulre Idee zum Reprsentanten aller brigen Exemplare derselben Art. Abstrakte Ideen sind nicht wirklich von singulren Ideen getrennt, sondern nur deren Aspekte, und zwar jeweils verschiedene Instanzen (tokens) desselben Typs.170 Nach Ayers sagt Locke in Essay 4.17.8,171 daß eine abstrakte Idee im Geist bloß eine partikulre token-Idee ist; die unmittelbaren Objekte unseres Wissens sind immer partikulr, und Allgemeinheit spielt dabei keine große Rolle, denn sie besteht nur darin, daß einer partikulren Idee mehrere partikulre Dinge entsprechen kçnnen. Gegen Ayers vertritt Jonathan Walmsley die Thesen, daß abstrakte Ideen von partikulren Ideen real verschieden und nicht nur deren Aspekte sind, und daß „Abstraktion“ im Essay nicht mehr „partielle Betrachtung“, sondern „Trennung“ bedeutet. Soweit ich sehe, trifft Walmsleys erste These zu. Die zweite trifft fr das Ergebnis der Abstraktion zwar zu, lßt sich aber mit den Texten, auf die sich Walmsley sttzt, nicht belegen. Aus ihnen geht nicht hervor, daß „Abstraktion“ im Essay nicht mehr „partielle Betrachtung“, sondern nur noch „Trennung einer Eigenschaft von einem Objekt“ bedeutet. Dabei ist zu bedenken, daß „Trennung“ weder in Lockes Umgebung noch bei Locke selbst ein eindeutiger Ausdruck ist. Ayers’ Meinung, daß Locke auch im Essay an der Deutung von „Abstraktion“ als partieller Betrachtung festhlt, trifft fr alle Phasen 169 Ayers 1991; I 248 – 249. Die Grundgedanken enthlt schon Ayers 1981. 170 Ayers 1991; I 250 – 253. 171 Essay 4.17.8; 680, 30 – 681, 9: „Whereas, in truth, the Matter rightly considered, the immediate Object of all our Reasoning and Knowledge, is nothing but Particulars. Every Man’s Reasoning and Knowledge, is only about the Ideas existing in his own Mind, which are truly, every one of them, particular Existences: and our Knowledge and Reasoning about other Things, is only as they correspond with those our particular Ideas. So that the Perception of the Agreement, or Disagreement of our particular Ideas, is the whole and utmost of all our Knowledge. Universality is but accidental to it, and consists only in this, That the particular Ideas, about which it is, are such, as more than one particular Thing can correspond with, and be represented by. But the Perception of the Agreement, or Disagreement of any two Ideas, and consequently, our Knowledge, is equally clear and certain, whether either, or both, or neither of those Ideas be capable of representing more real Beings than one, or no.“

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des Abstraktionsvorgangs bis auf die letzte zu, in der die Speicherung abstrahierter Ideen erfolgt. Deshalb ist Ayers’ Behauptung, daß abstrakte Ideen bloß auf besondere Weise betrachtete singulre Ideen sind, nur teilweise richtig; Walmsley entgegnet mit Recht, Locke sage nicht, daß eine abstrakte Idee die Idee eines Einzeldings ist, sondern nur, daß eine Idee, die ihrem Sein nach partikulr, aber ihrer Bedeutung nach generell ist, mehrere Dinge zugleich reprsentieren kann.172 E5b. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Zabarella, Combach, Burgersdijck und Scheibler. – Der Gebrauch von Ausdrcken wie „Abstraktion“ und „Trennung“ ist Schulphilosophen vertraut. Zabarella erklrt allgemein, Abstraktion sei nichts anderes als die Trennung des einen von den anderen und die Annahme des einen bei Nichtannahme der anderen. Er kennt eine Abstraktion secundum esse, der bei anderen Autoren die reale Abstraktion oder Trennung entspricht, und eine Abstraktion secundum considerationem solum, die er an anderer Stelle als mentale Abstraktion bezeichnet und der bei anderen Autoren die przisive Abstraktion entspricht.173 Combach unterscheidet zwischen realer Abstraktion und Verstandesabstraktion. Reale Abstraktion ist die Absonderung (secretio) einer Natur von einer anderen in Hinsicht auf die Substanz, und Combach meint mit Thomas von Aquin, daß man sie besser nicht als Abstraktion, sondern als Trennung (separatio) bezeichnet, weil man bei ihr die Termini der Abstraktion als getrennt ansieht.174 „Secundum substantiam“ weist 172 Walmsley 1999; 127. 173 Zabarella 1606/7, De mente agente, c. 6; 1017, B: „[…] nihil aliud est abstractio, quam separatio vnius ab aliis, et acceptio vnius non acceptis aliis […] „. – Ebd. De anima l. 2; 250, C: „Abstractio enim, de qua loquitur [Aristoteles], non est secundum considerationem solum, sed secundum esse; non enim dicit, si vnum tantum consideretur, non consideratis aliis; sed dicit, si vnum solum insit absque aliis, res dicitur viuere, at hoc est impossibile praeter gradum vegetalem, eorum enim nullus esse potest sine vegetali, imo neque per abstractionem considerari, quia id, quod natura posterius est, non potest abstrahi a suo priore […].“ – Zabarella 1597, De propositionibus necessariis, l. 1, c. 4; 352 EF: „[…] at extra animam nulla datur substantia, nisi indiuidua […] quia licet [substantia vniuersalis] non existat nisi singularis, eadem tamen a nobis per solam mentalem abstractionem redditur vniuersalis.“ 174 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 10, comm. 3; 115: „Hinc jam duplex abstractio nascitur: Una est realis, alia intellectualis, ut docet Petrus de Aquilia in 1. d. 3. q. 1. art. 1. Abstractio realis est secretio secundum substantiam unius naturae ab altera. Hinc separationem potius quam abstractionem dicere voluerunt: eo quod extrema abstractionis separata ponantur, ut videtur apud

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darauf hin, daß es sich bei dem Getrennten um verschiedene Substanzen handelt; die Gegenstnde dieser Art von Abstraktion mssen also real voneinander verschieden und real voneinander trennbar sein. Bei der Verstandesabstraktion unterscheidet Combach zwischen przisiver und divisiver Abstraktion.175 Die przisive Abstraktion, die man auch als Abstraktion durch Anschauen bezeichnet, ist eine Ttigkeit des ersten Verstandesvermçgens, der einfachen Apprehension, und liegt dann vor, wenn man von Dingen, die dem Sein nach vereinigt sind, das eine betrachtet und das andere nicht;176 Locke wird dafr den bequemeren Ausdruck „partielle Betrachtung“ (partial consideration) verwenden. Dagegen ist die divisive Abstraktion eine Ttigkeit des zweiten Verstandesvermçgens, der Urteilskraft, denn sie erfolgt durch Zusammensetzung und Teilung (Zusammensetzung von Subjekt und Prdikat und beider Teilung/Trennung durch die negative Copula) und liegt dann vor, wenn wir (zu Recht oder zu Unrecht) urteilen, daß etwas nicht in einem anderen ist. Bewegung kann man zum Beispiel ohne Zeit nicht denken, weil aber beide trotzdem verschieden sind, kann man durch przisive Abstraktion Bewegung ohne Zeit betrachten; wenn man dagegen bei divisiver Abstraktion erklrt, es gebe Bewegung ohne Zeit, also beide voneinander trennt, obgleich sie stets miteinander verbunden sind, dann behauptet man etwas, und zwar etwas Falsches.177 Burgersdijck faßt sich krzer. Er sagt in einer seiner physikaThom. Opusc. 70 […] ubi dicit: in his quae possunt esse divisa secundum esse, magis habet locum separatio, quam abstractio.“ 175 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 10, n. 7; 112: „Abstractio intellectualis: alia praecisiva, alia divisiva.“ 176 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 10, comm. 7; 119: „Abstractio intellectualis, quae et intentionis a quibusdam dicitur duplex est, ut annotavit Thom. 1. p. q. 85. art. 1. ad 1. et Logicae de praedicabilibus cap. 1 et ex eo Anton. 1. p. Sum. Maj. Tit. 3c.II. {. 9. Una quae fit per primam mentis operationem. Ea dicitur quibusdam Abstractio praecisiva, vel praecisionis, quibusdam etiam abstractio per modum simplicis et absolutae considerationis. Ea est quando eorum quae sunt adunata secundum esse consideramus unum non considerando aliud, Hoc docet Aver. 12. Met com. 39. intellectus inquit, natus est dividere adunata in esse, in ea ex quibus componuntur, quamvis non dividantur in esse […]“. 177 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 10, comm. 7; 119 – 120: „Alia est abstractio quae fit secunda mentis operatione: ea contingit per modum compositionis et divisionis, sicut quum dicimus, aliquid non esse in alio. Hanc alii divisivam vocant, alii etiam negativam. Secundum hunc abstractionis modum dicit Aver. 12 Met. Com. 29. Tempus et motus aut sunt idem, aut tempus est aliqua passio ejus. Sine tempore enim impossibile est imaginari motum. Nam quum alia et alia sit temporis et motus formalitas, secundum abstractionem praecisivam motum contemplamur, omissa temporis ratione, ut dicebamus. Verum si per

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lischen Schriften, daß Vorstellungen von allgemeinen Dingen durch Abstraktion entstehen;178 bei dieser vergleicht der Verstand Individuen miteinander und erfhrt, welche Bestimmungen nur bei einigen von ihnen vorkommen und welche ihnen allen gemeinsam sind. Die nichtgemeinsamen verwirft er und erfaßt nur die, in denen sie alle bereinstimmen; auf diese Weise, sagt man, bildet er den Begriff eines allgemeinen Dings.179 Den mißverstndlichen Ausdruck „allgemeines Ding“, der fr eine Wesenheit steht, sofern sie sich in Individuen konkretisiert hat, verwenden auch benachbarte Autoren; er bezeichnet etwas Allgemeines, das in einem Individuum konkret geworden ist, zum Beispiel das Menschsein in Sokrates, Platon oder Aristoteles. Mit „das Nichtgemeinsame verwirft er“ kommt eine Trennungsvokabel ins Spiel, obgleich von przisiver Abstraktion die Rede ist, denn der Verstand betrachtet bei zwei in Wirklichkeit eng miteinander verbundenen Dingen nur das beiden Gemeinsame („id solum apprehendit“) und das andere (das nur von einem von ihnen Aussagbare) nicht. In den „Institutiones metyphysicae“ faßt sich Burgersdijck noch krzer: Individuen derselben Art sind einander in ihrer Natur sehr hnlich, wenn man sie unter Abstraktion von den individuierenden Differenzen betrachtet.180 Diese ußerung hlt sich an das Schema der partiellen Betrachtung (man betrachtet nur die Natur, aber nicht die individuierenden Differenzen), bei der Angeschautes und Nichtangeschautes dem Sein nach miteinander vereinigt sind, denn Burgersdijck lehrt, daß die Zusammensetzung von spezifischer Natur und individuierenden Diffe-

secundum [sic] mentis operationem dicere velimus, esse motum sine tempore, ut actuali negatione ea duo quae semper sunt conjuncta separare velimus, quod fieri non potest imaginabimur.“ 178 Burgersdijck, Idea philosophiae naturalis, Oxford 1667, d. 25, th. 10; 66: „Species rerum universalium ipse intellectus sibi format abstractione, comparatis inter se primum singularibus.“ 179 Burgersdijck, Collegium physicum, Oxford 1664, d. 30, th. 4; 326: „[…] universalium enim notiones et conceptus omnibus individuis communes, [intellectus] non potest efformare, nisi collatis primum inter se singularibus. In hac collatione deprehendens, quid singulis individuis proprium sit, ac peculiare, quid omnibus commune, proprietatibus rejectis id solum apprehendit, in quo omnia singularia conveniunt, atque ita universalis rei notionem ac conceptum formare dicitur.“ 180 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 14, th. 6; 77: „[…] observandum est individua ejusdem speciei sibi admodum esse similia quo ad naturam, si illa consideretur abstracta a differentiis individuantibus“.

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renzen nur etwas Gedachtes ist.181 Scheibler unterscheidet zwischen realer und intentionaler Abstraktion. Reale Abstraktion besteht in der aktuellen Trennung eines Dings von einem anderen, zum Beispiel der Seele vom Kçrper oder eines Zweiges vom Baum; es handelt sich um die Trennung real verschiedener trennbarer Dinge. Bei intentionaler Abstraktion erkennt man dagegen das eine ohne das andere, obgleich beide in Wirklichkeit aufs engste miteinander vereinigt sind,182 und von dieser Abstraktion gibt es zwei Arten. Bei negativer Abstraktion bilden wir zu Recht oder Unrecht das Urteil, daß dies nicht jenes ist; zum Beispiel abstrahieren wir vom Raben Schwrze oder Weiße, indem wir sagen, er sei nicht weiß oder er sei nicht schwarz. Weil es sich um die berechtigte oder unberechtigte Trennung zweier Termini durch die negative Copula und damit um eine Sache des Urteilsvermçgens handelt, entspricht Scheiblers negative Abstraktion der divisiven Abstraktion von Combach. Przisive Abstraktion liegt dagegen nach Scheibler vor, wenn der Geist fr seine Erkenntnis etwas abschneidet, ohne den Rest anzuschauen und ohne dabei zu urteilen, es sei nicht dies oder habe nicht jenes,183 und so entstehen Universalien.184 Auch hier ist der Sache nach von partieller Betrachtung die Rede („naturam apprehendo animalis“), obgleich „abschneidet“ (praescindit) eine Trennungsvokabel ist; in Wirklichkeit bildet das Abgeschnittene mit dem nicht Angeschauten eine Einheit, und durch den Hinweis darauf, daß durch przisive Ab-

181 Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 12, th. 9; 69: „Ex quo sequitur, compositionem ex natura individuanda et differentia individuante, esse compositionem rationis.“ 182 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, a. 4, n. 134; 105: „Igitur abstractio est realis vel intentionalis. Illa fit per actualem separationem rei a re, veluti animae a corpore, surculi ab arbore. Intentionalis autem abstractio est, quando unum intelligimus, non intellecto alio, ut maxime a parte rei sint ea maxime unita.“ 183 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, a. 4, n. 135; 105: „Haec iterum duplex est, negativa et praecisiva. Negativa abstractio est, qua dicimus hoc non esse illud, vere sit id an falso, nihil interest. Hoc modo abstrahimus a corvo nigredinem, vel albedinem, cum dicimus, corvum non esse nigrum, vel non esse album. Praecisiva autem abstractio est, qua mens nostra praescindit aliquid sibi ad intellectionem suam, non cognoscendo aliud, nec tamen dicendo, hoc non esse illud, aut hoc non habere illud.“ 184 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, a. 4, n. 138; 105: „Igitur relinquitur abstractio praecisiva quae faciendis universalibus congruit, nempe animalis natura conjuncta est cum variis differentiis, cum esse volatili, cum esse Natatili, latratili, hinnibili, rationali. Ab his differentiis cum praescindendo animal naturam apprehendo animalis, tum dimissis omnibus istis differentiis, animal provehitur in statum universalis actu.“

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straktion kein Urteil entsteht, wird klar, daß von der ersten und nicht von der zweiten Verstandesttigkeit die Rede ist. E5c. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Fonseca, Surez, Rubio und S´miglecki. – Auch Fonseca verwendet Trennungsvokabeln: „Abstrahieren“ bedeutet, daß man etwas, das zuvor sozusagen in einer Hlle verborgen war oder ihr nicht entnommen wurde, aus ihr herauszieht und ans Licht bringt; beim Abstrahieren trennt man also auf irgend eine Weise etwas von etwas anderem.185 Man kann drei Arten von Abstraktion unterscheiden, nmlich reale, negative und przisive. Reale Abstraktion liegt vor, wenn man etwas von etwas anderem tatschlich abtrennt; so abstrahieren wir Gold von der Erde und Fische vom Fluß. Negative Abstraktion liegt vor, wenn man eins vom anderen negiert; sie ist entweder wahr, zum Beispiel dann, wenn man Weiße vom Raben negiert, oder falsch, zum Beispiel dann, wenn man sie vom Schwan negiert. Przisive Abstraktion liegt vor, wenn man von zwei miteinander verbundenen Dingen das eine erfaßt und das andere beiseite lßt; das ist zum Beispiel der Fall, wenn man in der Anschauung die Farbe eines Steins erfaßt, ohne auf seine Gestalt zu achten.186 Fonsecas Beispiel, das mit der Trennungsvokabel „beiseitelassen“ arbeitet, erfllt die Bedingungen der przisiven Abstraktion: partielle Betrachtung bei enger Verbundenheit der Abstraktionsgegenstnde. Universalien abstrahiert man weder durch reale noch durch negative, sondern durch przisive Abstraktion.187 Nach Surez entsteht das 185 Fonseca 1964, In 6 Metaph., c. 1, q. 6; II.1, 59b E: „[…] abstrahere enim nihil est aliud, quam ab aliquo quasi inuolucro trahere, ac proferre in lucem id, quod in eo latebat, aut ex eo non colligebatur.“ 186 Fonseca 1964; In 5 Metaph., c. 28, q. 6, s. 1; I.2, 999 B-D: „Cum autem multiplex sit abstractio, satis erit, si trifariam, quoad rem praesentem attinet, distinguatur: in realem, negationis, & praecisionis. Realis abstractio est, cum aliquid ab aliquo re ipsa separamus, quo pacto aurum e terra, & pisces ex fluuio abstrahimus. […] Abstractio negationis est, cum vnum de altero negamus, quae proinde aut vera abstractio est, vt cum negamus albedinem de coruo, aut falsa, vt cum eandem negamus de cygno. Abstractio praecisionis tum fit, cum e duobus coniunctis inter se vnum apprehendimus, alterum relinquimus: vt cum aspectu apprehendimus colorem lapis non apprehensa eius figura.“ 187 Fonseca 1964; In 5 Metaph., c. 28, q. 6, s. 1; I.2, 1000 A: „Vniuersalia igitur non abstrahuntur a suis particularibus abstractione reali: quia genera, species, et differentiae sunt omnino idem re cum suis particularibus […]“. – Auch nicht durch negative Abstraktion: Fonseca 1964; In 5 Metaph., q. 6, s. 1; I.2, 1000 A-D. – Fonseca 1964; In 5 Metaph., q. 6, s. 1; I.2 1001 A: „Ergo superest, vt vniuersalia abstrahantur a suis particularib. abstractione praecisionis, quae simplex quoque

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Allgemeine durch den empfangenden Verstand, und zwar durch dessen direkte Ttigkeit, mit der er sich auf Dinge und nicht auf Vorstellungen richtet. Er erkennt ihre Form und Wesenheit, ohne sich um die individuierenden Differenzen zu kmmern und ohne vorerst darauf einzugehen, daß die betreffende Natur mehreren Individuen gemeinsam ist.188 Diese Stelle, die keine Trennungsvokabeln verwendet, macht nicht nur durch „praecisam“, sondern auch der Sache nach klar, daß von przisiver Abstraktion die Rede ist, denn es handelt sich um die Betrachtung der gemeinsamen Natur bei Nichtbetrachtung der Individualdifferenz, die beide in Wirklichkeit eng miteinander verbunden sind. Rubio erwhnt nicht die reale Abstraktion. Die Ttigkeit, mit der der Verstand zwei Dinge trennt, erscheint nach ihm unter zwei Formen. Die erste nennt man einfache Abstraktion; bei ihr erkennt der Verstand das eine ohne das andere, ohne dabei ein Urteil zu fllen. Er erkennt zum Beispiel die Weiße an der Wand, ohne die Wand zu erkennen, streitet aber nicht ab, daß die Weiße an der Wand ist; auf diese Weise kann er ein Akzidens, das man in Wirklichkeit von seiner Substanz nicht trennen kann, in Gedanken dennoch von ihr trennen. Trotz der Verwendung von „Trennen“ fllt Rubios Beispiel unter das, was andere Autoren als przisive Abstraktion bezeichnen: die Gegenstnde der Abstraktion sind eng miteinander verbunden und werden in partieller Betrachtung erfaßt. Die zweite Form von Abstraktion nennt man nach Rubio zusammengesetzte Abstraktion, denn sie ist eine Abstraktion, bei der man Subjekt und Prdikat durch die negative Copula zusammenfgt; bei ihr erkennt man das eine ohne das andere und bestreitet zugleich, daß es in dem anderen ist. Zum Beispiel erkennt man die Weiße ohne die Wand und spricht sie der Wand zugleich ab, indem man Subjekt und Prdikat zusammensetzt und urteilt: „Die Wand ist nicht weiß“.189 apprehensio dicitur, quatenus nimirum apprehendatur non apprehensis vllis particularium differentiis.“ 188 Surez, DM 6, s. 5, n. 3; 25. 224, 40 – 49: „Secunda opinio est, universale non fieri ab intellectu agente, sed a possibili per operationem directam, qua cognoscit naturam communem secundum suam praecisam rationem formalem et essentialem, nihil de inferioribus rationibus, vel de individuis considerando, neque etiam formaliter et quasi in actu signato considerando communitatem ipsius naturae, sed solum essentiam, quae communis est.“ 189 Rubio, Commentarii, London 1641, p. 1, c. 5, q. 2, n. 7; 137b – 138a: „Annotanda est distinctio, quam tradit D. Thom. quaest. unica, de spiritualibus creaturis, art. ultimo ad 7, ubi ait. Duplicem esse operationem intellectus, per quam unum separat ab alio: Una est simplex abstractio, per quam illud unum sine alio cognoscit, sine affirmatione, et negatione: ut dum intelligimus albedinem, existentem in pariete, non intellecto pariete: non tamen negando, quod in eo sit.

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Das entspricht dem, was andere Autoren als divisive oder negative Abstraktion bezeichnen; es besteht nicht in einer einfachen Apprehension, sondern in einem Urteil. – Nach S´miglecki ist Abstraktion sozusagen die Trennung des einen vom andern. Wenn diese Trennung nur durch den Verstand erfolgt, heißt sie Verstandesabstraktion, aber diese ist nur mçglich, wenn das zu Trennende in Wirklichkeit miteinander verbunden ist; sie erfolgt durch partielle Betrachtung, denn man erkennt bei ihr das eine, ohne das andere zu erkennen.190 Von der Verstandesabstraktion, die bei anderen Autoren przisive Abstraktion heißt, unterscheidet S´miglecki die Negation, die nicht auf bloße Apprehension, sondern auf das Urteilsvermçgen zurckgeht. Ebenso, wie Nichteinschließen nicht dasselbe wie Ausschließen ist, ist Abstrahieren nicht dasselbe wie Negieren; beim Abstrahieren schließt man das andere nicht ein, dagegen schließt man es beim Negieren aus.191 S´migleckis Negation entspricht bei anderen Autoren die divisive oder negative Abstraktion. In den bisherigen Aufzhlungen erscheint die reale Abstraktion, bei der es um die Trennung von Dingen geht, die auch in Wirklichkeit trennbar sind, ferner die przisive Verstandesabstraktion, bei der der Verstand von zwei in Wirklichkeit eng miteinander verbundenen oder nur in Gedanken trennbaren Dingen das eine betrachtet und das andere nicht, ohne ein Urteil zu fllen, und schließlich die divisive oder negative Verstandesabstraktion, bei der man mit seinem Urteilsvermçgen zwei Dinge fr getrennt erklrt. E5d. Beschreibungen von Abstraktion und Trennung bei Baron, Magirus und Arnauld. – Nach Baron kommt die Einheit der Przision den Dingen zu, sofern sie der Verstand von ihren Individualdifferenzen abstrahiert und abtrennt. Zum Beispiel wird die menschliche Natur durch Individualdifferenzen in Individuen aufgeteilt und zu vielen humanitates vervielfltigt, Altera est abstractio composita, per quam unum sine alio intelligimus, illud de eo negando: ut si dum intelligimus albedinem sine pariete: negemus eam de pariete: dicentes, paries non est albus.“ 190 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 3, q. 7; 116: „Abstractio est separatio quaedam unius ab altero, quae cum mente fit, dicitur abstractio intellectualis: Porro nihil abstrahitur ab altero, nisi quod fuit ante illi conjunctum; non enim ea separantur a se quae nunquam fuerunt conjuncta […]. Fit autem abstractio per cognitionem, qua cognoscitur unum non cognito alio.“ 191 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 3, q. 7; 117: „[…] patet abstractionem distingui a negatione quae fit in secunda operatione intellectus: Nam sicut aliud est, non includere, aliud excludere, ita aliud abstrahere, aliud negare: abstrahendo enim solum non includimus aliud, negando vero excludimus positive.“

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aber der Verstand abstrahiert sie von den individuierenden Bedingungen, indem er sie ohne die Individualdifferenzen fr sich betrachtet. Durch diese Abstraktion bewirkt er, daß die Natur, die vorher viele war, nun schlechthin eine ist.192 Klar ist, daß Baron von partieller Betrachtung spricht, obgleich er erklrt, daß der Verstand die Individualdifferenzen von den Dingen abtrennt, denn der Text sagt, daß der Verstand die menschliche Natur allein betrachtet, ohne die Individualdifferenzen zu betrachten (concipiendo eam per se sine differentiis individualibus). In der terminologisch nicht spezifizierten Darstellung des Physikers Magirus wird Abstraktion besonders intensiv als Trennung dargestellt: Der ttige Verstand trennt bei sinnlichen Vorstellungen, in denen materielle und intelligible Komponenten miteinander vereinigt sind, die einen von den anderen. Er abstrahiert die von der Materie kontaminierten Sinnesvorstellungen, reinigt sie und entfernt die Hindernisse von Ort, Zeit, Gestalt, Quantitt, Farbe und sonstigen Akzidentien, die nicht zur Wesenheit des Dings gehçren und fr die Erkenntnis nicht wichtig sind. So bietet er dem empfangenden Verstand lichtvollere und reinere Phantasmata dar und bewirkt, daß Dinge, die vorher nur erkennbar waren, zu in der Tat erkannten werden.193 Bei dieser Stelle ist zu beachten, daß Magirus Phantasmata fr etwas prinzipiell anderes als Verstandesvorstellungen hlt; aber jemand, der diese Meinung nicht teilt, kçnnte ber przisive Abstraktion, bei deren Darstellung Trennungsvokabeln blich sind, genau so sprechen. Von den bisher beobachteten Positionen entfernt sich die Darstellung der Abstraktion in der Logik von Port-Royal trotz ihrer neuartigen Systematik nicht weit; in ihrer Kapitelberschrift erscheint die Formulierung „abstraction ou precision“. Unser Geist ist endlich und begrenzt und kann Dinge, die ein wenig zusammengesetzt sind, nur dann vollkommen begreifen, wenn er die ver192 Baron, Metaphysica, London 1657, p. 1, s. 3, n. 13; 20: „Haec Vnitas intentionalis appellatur a Scholasticis Vnitas praecisionis; idque quia est unitas quaedam conveniens rebus, cum ab Intellectu abstrahuntur et praescinduntur a differentiis individualibus: v. c. Natura humana per differentias individuales in singularibus suis divisa est, multiplicata est et facta multae humanitates; Intellectus vero humanus concipiens hanc naturam humanam quae est in omnibus hominibus, abstrahit eam a conditionibus individuantibus, eamque multiplicantibus, abstrahit, inquam, concipiendo eam per se sine differentiis individualibus, et per hanc abstractionem efficit ut ea natura quae prius erat plures, jam sit simpliciter una.“ 193 Magirus, Physiologia, Cambridge 1642, l. 6, c. 19, n. 39; 400: „Hoc praestat agens intellectus, qui species materiatas abstrahit, purificat, et obstacula loci, temporis, figurae, quantitatis, coloris, aliaque accidentia quae non sunt rei essentialia, neque ad intellectionem faciunt, removet, atque illustriora et puriora phantasmata possibili intellectui offert, et quae dum²lei mogt± erant, facit opere ipso mogt².“

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schiedenen Teile, in die man sie aufteilen kann, sozusagen einzeln betrachtet; das kann man allgemein als Erkennen durch Abstraktion bezeichnen.194 Abstraktion ist Erkenntnis durch Teile, aber Dinge sind auf unterschiedliche Weise zusammengesetzt, und einige von ihnen, zum Beispiel der menschliche Kçrper und die Teile einer Zahl, bestehen aus real verschiedenen Teilen, die man integrierende Teile nennt. Daher ist leicht zu begreifen, daß unser Verstand hier einen Teil ohne die anderen betrachten kann, und auf diesem Verfahren beruht die ganze Arithmetik, doch handelt es sich noch nicht um das, was man eigentlich Abstraktion nennt.195 Die zweite Art der Erkenntnis nach Teilen liegt vor, wenn man einen Modus betrachtet, ohne seine Substanz zu betrachten, oder wenn man von zwei Modi, die in einer und derselben Substanz vereinigt sind, jeden fr sich betrachtet, und darauf beruht das Verfahren der Geometer.196 Hier ist von cartesischen Modi die Rede, die von ihrer eigenen Substanz und deren brigen Modi modal verschieden sind; schulphilosophisch ließe sich das am ehesten als przisive Abstraktion klassifizieren, obgleich es sich um unterschiedliche Modus- und Akzidentienlehren handelt, denn ein Modus ist etwas an einer Substanz und nicht – wie ein realverschiedenes Akzidens – auch etwas fr sich. Auf der anderen Seite ist ein cartesischer Modus von einer anderen Substanz und deren Modi real verschieden.197 Die dritte Art, Dinge durch Abstraktion zu begreifen, liegt vor, wenn ein und dasselbe Ding verschiedene Attribute hat, von denen man das eine denkt, ohne das andere zu denken, obgleich zwischen beiden nur ein gedachter Unterschied

194 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 4; 45: „Nostre esprit estant fini et born ne peut comprendre parfaitement les choses vn peu compos es, qu’en les considerant par parties, et comme par les diverses faces qu’elles peuvent recevoir. C’est ce qu’on peut appeller generalement connotre par abstraction.“ 195 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 4; 45 – 46: „Mais comme les choses sont differemment compos es, & qu’il y en ait qui le sont de parties reellement distinctes, qu’on appelle parties integrantes, comme le corps humain, les diverses parties d’un nombre; il est bien facile alors de conceuoir que ntre esprit peut s’appliquer considerer vne partie sans l’autre, parce que ces parties sont reellement distinctes, et ce n’est pas mesme ce qu’on appelle abstraction. […] Toute l’Arithmetique est aussi fond e sur cela.“ 196 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 4; 46: „La 2. connoissance par parties; est quand on considere vn mode sans faire attention la substance, ou deux modes qui sont joints ensemble dans vne mesme substance, en les regardant chacun part. C’est ce qu’ont fait les Geometres […].“ 197 Descartes, Principia philosophiae, p. 1, § 61; ATVIII/1, 29, 16 – 30, 6.

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besteht.198 Das entspricht der schulphilosophischen abstractio praecisiva, die Arnauld ohne Trennungsvokabeln darstellt. Eine Entsprechung zur negativen Abstraktion der Schulphilosophen ist in der Logik von PortRoyal nicht vorgesehen. E5e. Harte und schwache Trennung. – Combach glaubt, daß der Ausdruck „Trennung“ zunchst zu dem paßt, was Schulphilosophen als abstractio realis bezeichnen; weil deren Termini real voneinander getrennt sind oder getrennt werden kçnnen, bezeichne ich diese Trennung als harte Trennung. Zur przisiven Abstraktion paßt „Trennung“ weniger gut, weil bei ihr das vom Verstand Getrennte in Wirklichkeit beieinander bleibt: Man schaut von eng miteinander verbundenen Dingen das eine an und das andere nicht, aber unabhngig davon bleiben beide miteinander verbunden. Man kann diese Art des Anschauens, bei der man das eine betrachtet und das andere nicht, in rhetorischer oder didaktischer Absicht so darstellen, als trennte man das eine vom andern, aber dann hat „trennen“ eine schwchere Bedeutung als bei realer Abstraktion: Nach deren harter Trennung sind die betreffenden Gegenstnde real getrennt, whrend sie bei przisiver Abstraktion nur in Gedanken getrennt sind. Zwar gilt die przisive Abstraktion nur als besondere Form der Anschauung, doch insinuieren gebruchliche Ausdrcke fr ihr Verfahren starke Aktivitt: Mit „abstrahere“ lßt sich die Bedeutung ,losreißen‘ und mit „praescindere“ die Bedeutung ,abschneiden‘ verbinden. Im einzelnen benutzt Zabarella „Trennung“ (separatio) und „aufgeben“ (dimissis), Scheibler „aufgeben“ (dimissis omnibus istis differentiis), Combach „verwerfen“ (proprietatibus rejectis) und Magirus „entfernen“ (removet), Combach verwendet „Teilung“, und die Logik von Port-Royal spricht allgemein von Erkenntnis durch Teile. Surez vermeidet solche Ausdrcke, aber Fonseca, S´miglecki, Rubio und Baron gebrauchen ebenfalls Wçrter wie „Trennung“; Fonseca whlt darber hinaus „herausziehen“ und „ans Licht ziehen“. Solche Vokabeln beleben die Darstellung, sind aber zweideutig, denn sie bedeuten bei realer Abstraktion etwas anderes als bei przisiver und prjudizieren daher in der Sache wenig. Allein daraus, daß ein schulphilosophischer Autor im Zusammenhang mit Beschreibungen der Abstraktion Trennungsvokabeln verwendet, kann man nicht schließen, daß er das Modell der partiellen Betrachtung verwirft; man 198 L’art de penser, Paris 1662, p. 1, c. 4; 47 – 48: „La troisi me maniere de concevoir les choses par abstraction, est quand vne mesme chose ayant divers attributs on pense l’vn sans penser l’autre, quoyqu’il n’y ait entr’eux qu’vne distinction de raison.“

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muß jeweils berprfen, ob die Kriterien fr reale oder fr przisive Abstraktion erfllt sind. Was die Interpretation einschlgiger Texte von Locke betrifft, so sind die Meinungen in der Literatur nicht einhellig. M. A. Stewart ist der Meinung, daß Locke in Draft C und im Essay genau zwischen gedachter und wirklicher Trennung unterscheidet.199 Walter Ott bemerkt, daß zwischen harter und schwacher Trennung ein Unterschied besteht, denn er macht darauf aufmerksam, daß „Trennung“ im Zusammenhang mit der Abstraktion etwas anderes bedeutet als im Zusammenhang mit Lockes mentaler Trennung, obgleich dies durch Lockes ungenaue Verwendung von „divide“ and „separate“ verdunkelt werde.200 Inzwischen hat sich gezeigt, daß solche ungenauen Verwendungen schon Schulphilosophen gelufig waren; Locke spricht in solchen Fllen nicht anders als andere Leute. Das, was ich schwache Trennung nenne, bezeichnet Yasuhiko Tomida als Quasi-Separation, nicht ohne einen Textbeleg beizufgen. E. und F. S. Michael bezeichnen es als collection. 201 E5f. Walmsleys zweite Phase von Lockes Abstraktionslehre in einer Tagebucheintragung von 1676 und in Draft C. – Walmsley vertritt in „The development of Lockean abstraction“ die Meinung, daß Draft A noch Spuren einer ursprnglich von Locke vertretenen hobbesianischen Universalienlehre enthlt, nach der generelle Wçrter die einzigen Universalien sind; diese Annahme wurde im Zusammenhang mit Draft A erçrtert. 1676 versucht Locke nach Walmsley einen neuen Ansatz, und zwar in einer Tagebucheintragung von 1676. Dort schreibt Locke, „aktuell teilen“ bedeute, etwas in Teile zu trennen, das vorher vereinigt und eines war, und dort zwei neue Oberflchen zu erzeugen, wo vorher Kontinuitt war. Das entspricht nur zum Teil der schulphilosophischen realen Abstraktion, bei der von der Erzeugung neuer Oberflchen nicht die Rede war. Danach fhrt Locke mit mentaler Teilung oder Trennung eine weitere Distinktion ein, denn er spricht von mentaler Trennung und bemerkt, daß diese nur bei Dingen mçglich ist, die der Geist als teilbar betrachtet beziehungsweise die 199 Stewart 1996; 125 – 126: „But once the abstracting mechanism is fully in place, in Draft C and the final text, Locke too sets limits to our powers of actual mental separation. A distinction is possible, through partial Consideration, between light and heat, but this should not be mistaken for separation; while motion cannot so much as be conceived without space, and yet, he says Motion is not Space, nor Space Motion (Essay, 2.13.13, 11).“ 200 Ott 2004; 60. 201 Tomida 2005; 43. Der Hinweis auf den Textbeleg Essay 2.13.11; 172, 2 – 6 und 15 – 17 findet sich ebd.; 42.

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fhig sind, getrennt zu werden und zustzliche Oberflchen zu erwerben. Mentales Teilen besteht also darin, daß man Dinge als getrennt betrachtet, die zur Zeit nicht getrennt, sondern miteinander vereinigt sind, und ihnen in Gedanken neue Oberflchen zuschreibt, die sie in Wirklichkeit noch nicht haben, die sie aber bekommen kçnnten;202 es handelt sich um eine nur vorgestellte aktuelle Teilung. In Hinsicht auf den Raum behauptet Locke entgegen cartesianischen Meinungen, daß eine Distanz sich weder real (ein anderer Ausdruck fr „aktuell“) noch mental teilen lßt, denn Distanz ist fr ihn eine Relation, und Relationen kann man im Gegensatz zu Kçrpern weder in Teile zerlegen noch mit Oberflchen versehen.203 Als Gegenstck zur realen und mentalen Trennung oder Teilung nennt Locke eine Art von Abstraktion, die der schulphilosophischen abstractio praecisiva entspricht, denn ihre Gegenstnde sind sowohl vor der Abstraktion als auch nach ihr real miteinander vereinigt: Wenn man von der Distanz zu einem Stern im Sternbild Stier nur soviel betrachtet, wie einem Yard entspricht, dann handelt es sich nicht um mentale Trennung, sondern um Abstraktion, denn mentale Trennung ist ohne die Vorstellung zweier Oberflchen genau so wenig mçglich wie reale Trennung ohne die Erzeugung zweier Oberflchen; auch sagt niemand, der das Licht in der Sonne von deren Hitze abstrahiert, daß er es von der Hitze trennt. Die Frage ist, was „trennen“ hier bedeutet. Zu vermuten ist, daß es „real trennen“ oder „mental trennen“ im Sinn von Lockes Definitionen bedeutet, die der Kontext erwhnt. In diesem Fall ist die Bemerkung unmittelbar einleuchtend und erçffnet keine neuen Aspekte. Wenn „trennen“ dagegen schwache Trennung im Sinn des schulphilosophischen Wortgebrauchs bedeutet, dann ist der Satz erstaunlich, denn sehr bekannte Schulphilosophen sagen das, was Locke zufolge niemand sagt. Spter modifiziert Locke die Stelle vielleicht gerade deshalb, um entsprechenden 202 Bodleian Library, Locke MS f. l; 292. Entsprechend Aaron 1936; 78. Text nach Walmsley 2000; 411: „[…] to divide actualy is as I thinke to separate or disjoyne into parts that which was before united & but one & make 2 new superficies wheretofor there was a continuity & to divide mentally (which can only be applyd to things which by the minde are considerd as divisible ie that are capeable of being separated & by separation of acquireing new destinct superficies) is only to consider things as separate which are not & to ascribe to them superficies which really they then have not but are capeable of.“ 203 Bodleian Library, Locke MS f.l; 292. Entsprechend Aaron 1936; 78 – 79. Text nach Walmsley 2000; 411: „[…] neither of these divisions whether real or mental is as I thinke compatible to distance which is a pure relation, for here is neither seperability nor a possible superficies both which belong to body, & neither to this relation.“

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Einwnden zuvorzukommen. Schließlich fhrt er Kriterien ein: Beim Abstrahieren handelt es sich um die partielle Betrachtung nur eines einzigen von zwei Objekten, die miteinander vereinigt sind, dagegen bei mentaler Trennung um die Betrachtung beider, verbunden mit der Annahme, daß sie getrennt voneinander existieren und dadurch neue Oberflchen bekommen haben.204 Die Deutung von „Abstraktion“ als „partial consideration“ in dieser Tagebucheintragung wird mit leichten Vernderungen durch Draft C von 1685 unter 2.16.15 bernommen.205 Dabei wird die unerwartete Bemerkung, daß niemand sagt, er trenne, wenn er abstrahiert, in die Mitteilung umgewandelt, daß man an der Sonne das Licht allein betrachten und von der Sonne abstrahieren kçnne, ohne dabei an Trennung zu denken. Die Kriterien zur Unterscheidung von Teilung/ Trennung und Abstraktion werden fast unverndert bernommen. E5g. Walmsleys dritte Phase von Lockes Abstraktionslehre in Draft C. – Die dritte Phase erreicht Lockes Abstraktionstheorie nach Walmsley mit dem Passus 2.13.6 von Draft C, der spter leicht verndert unter 2.11.9 in den Essay bernommen wird. Laut 2.13.6 von Draft C bekommt der Verstand von Papier, Lilien, Schnee und Kalk genau dieselbe Art von Ideen wie frher von Milch, macht aber, wenn er sie alle zugleich betrachten will, nur von einer einzigen von ihnen Gebrauch. Dadurch wird diese Idee sozusagen zum Reprsentanten aller partikulren Ideen, die mit ihr bereinstimmen, also zu einer generellen Idee, und deshalb ist der Name, den der 204 Bodleian Library, Locke MS f.l; 293, entsprechend Aaron 1936; 79. Text nach Walmsley 2000; 411 – 412: „[…] a man might have considerd as much of that distance from the star in Taurus as is answerable or commensurate to a yard without considering the rest which is abstraction but not soe much as mental division, since a man can noe more mentally divide without considering 2 superficies then he can actually divide without makeing 2 superficies· & I thinke noe body says that abstracting (i e considering light alone) light from heat in the sun is separateing light from heat, one is only a partial consideration of one only the other is a consideration of both & lookeing on them as existing separately.“ 205 Draft C 2.16.15, zitiert nach Walmsley 2000; 413: „Tis true a man may consider soe much of such a space as is answerable or commensurate to a foot without Considering the rest which is indeed a sort of abstraction or partiall Consideration but not soe much as mentall Separation or devision since a man can noe more mentally divide without considering two superficies then he can actually divide without makeing two superficies disjoynd one from the other. But abstracting is not divideing a man may Consider light alone in the Sun without its heat or mobility in body without its Extension which is abstracting one from the other without thinkeing of their separation One is only a partial Consideration of one alone & the other is a Consideration of both as Existing separately.“

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Verstand ihr gibt, ein genereller Name. Das nennt man Abstraktion; sie besteht im Betrachten einer Idee nackt und przis an ihr selbst, nachdem man sie aller ußeren Existenz und aller ußeren Umstnde entkleidet hat. Durch diese Betrachtungsweise werden Ideen, die man ursprnglich von Einzeldingen bezogen hat, allgemein; man denkt sie bloß noch als so oder so beschaffene Erscheinungen im Geist, ohne darauf zu achten (without considering), wie oder woher oder mit welchen anderen Ideen sie dorthin gelangten. Da weilen sie dann (gewçhnlich in Verbindung mit Namen) als Standards, nach denen man reale Existenzen in Sorten einordnet.206 Aus diesem Text schließt Walmsley, daß Locke jetzt Abstraktion schlechthin als Trennung und nicht mehr als partielle Betrachtung ansieht. Lockes neue Meinung sei, daß man von singulren Ideen etwas abtrennt, um es zum allgemeinen Reprsentanten zu machen. Diese Meinung, die durch den Ausdruck „taken from“ zum Ausdruck komme, sei mit dem im vorigen Absatz erçrterten Tagebuchtext von 1676 nicht mehr vereinbar, denn dieser lehne die Deutung von „Abstraktion“ als Trennung ab. Auch sei er mit der Bearbeitung der Tagebucheintragung in Draft C 2.16.15 von 1685 nicht vereinbar, und eines Tages werde sich Locke entweder fr die Position von Draft C 2.16.15 oder fr die von Draft C 2.13.9 entscheiden mssen. Unterstellt man, daß Locke, der in jungen Jahren in Oxford Schullogik gelernt und gelehrt hat, die schulphilosophische Art zu sprechen gelufig war, dann bemerkt man allerdings, daß er in Draft C 2.13.9 nicht nur den Ausdruck „precisely“ verwendet, sondern auch am Gedanken der partiellen Betrachtung festhlt: Von Einzeldingen empfangene Ideen werden innerlich bloß als so oder so beschaffene Erscheinungen im Geiste wahrgenommen (reflected on), ohne daß man betrachtet (without considering), wie oder woher und in welcher Gesellschaft sie dorthin gelangten; der Text luft nach wie vor darauf hinaus, daß man das eine betrachtet und das 206 Draft C 2.13.6, zitiert nach Walmsley 2000; 413: „[…] haveing received from paper lilys snow chalk & severall other substances the self same sort of Ideas which perfectly agree with that which it formerly received from milke it makes use but of one Idea to contemplate all existing of that kinde, whereby that one Idea becomes as it were a representative of all particulars that agree with it & soe is a generall Idea & the name that is given to it a generall name this is called abstraction, which is nothing else but the Considering any Idea barely & precisely in it self stripd of all Externall Existence & circumstances. By this way of considering them Ideas taken from particular things become universal being reflected on as nakedly such appearances as in the minde without considering how or whence or with what others they came there but lodgd there (with names commonly annexd to them) as standards to ranke real Existences into sorts as they agree with those patternes & to denominate them accordingly.“

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andere nicht. Auch muß man „taken from“ nicht so interpretieren wie Walmsley; Lockes Formulierung kçnnte zwar bedeuten, daß man die abstrahierte Idee aus Einzeldingen herausgenommen beziehungsweise herausgetrennt hat, aber sie kann auch bedeuten, daß man sie ursprnglich von Einzeldingen bezogen oder bekommen hat. Zwar liegt bei Walmsleys Deutung der Gedanke nahe, daß man nach Locke beim Abstrahieren Ideen aus Einzeldingen herausnimmt oder heraustrennt, aber fr die zweite Deutung spricht mehr. Erstens ist Abstraktion eine Operation an Ideen von Einzeldingen, whrend man dadurch, daß Einzeldinge die Sinne affizieren, Ideen bekommt oder bezieht. Sollte zweitens bei „taken from“ tatschlich von Trennen die Rede sein, dann mßte zunchst entschieden werden, ob Trennung im Sinn der Lockeschen Definitionen zu verstehen ist oder ob man eher an die schulphilosophische harte oder schwache Trennung zu denken hat. Bei schwacher Trennung betrachtet man das eine von zwei Dingen ohne das andere, trennt aber beide nicht wirklich; bei harter Trennung oder realer Abstraktion werden dagegen zwei voneinander trennbare Dinge tatschlich voneinander getrennt. Was Locke in Draft C 2.13.6 beschreibt, entspricht am ehesten der przisiven Abstraktion oder schwachen Trennung von ,Milch‘ und ,weiß‘, whrend die Annahme einer realen Trennung im Sinne Lockes207 zu Absurditten fhrt, denn der Geist nimmt bei Milch mit Sicherheit nicht an, er kçnne Weiß von ihr so trennen, daß zwischen Milch und Weiß zwei neue Oberflchen entstehen. Drittens fhrt die Annahme einer realen Trennung im Lockeschen wie im scholastischen Sinn zu textlichen Inkonsistenzen, denn sie vertrgt sich nicht damit, daß Lockes Darstellung auf partielle Betrachtung hinausluft. Das alles spricht dafr, „taken from“ nicht so zu deuten wie Walmsley208 und 207 Bodleian Library, Locke MS f.l; 292. Entsprechend Aaron 1936; 78. Text nach Walmsley 2000; 411: „[…] to divide actualy is as I thinke to separate or disjoyne into parts that which was before united & but one & make 2 new superficies wheretofor there was a continuity & to divide mentally (which can only be applyd to things which by the minde are considerd as divisible ie that are capeable of being separated & by separation of acquireing new destinct superficies) is only to consider things as separate which are not & to ascribe to them superficies which really they then have not but are capeable of.“ 208 S. Ayers 2008; 62 – 63: „Walmsley asserts that it is quite plain that Locke was not putting forward a partial consideration account here, and that Locke’s theory was one of mental separation. He bases this claim on the phrases separate from … any other concomitant Ideas, precise, naked Appearances, and even taken from. However, is it all so plain? What is plain, since the verb consider appears three times, is that Locke is putting forward a consideration account.“

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lieber anzunehmen, daß abstrakte einfache Ideen nach wie vor nach Meinung Lockes durch przisive Abstraktion gewonnen werden. E5h. Walmsleys dritte Phase von Lockes Abstraktionslehre im Essay. – Bei der bernahme von Draft C 2.16.15, das auf Lockes in Absatz E5 f erçrterte Tagebuchnotiz von 1676 zurckgeht, nach Essay 2.13.13209 tilgt Locke die beiden Vorkommen von „abstract*“; das ist in der Tat bemerkenswert und drfte Grnde haben, die ich nicht kenne. Dessenungeachtet spricht er weiterhin von partieller Betrachtung, ohne sie ausdrcklich als Abstraktion zu bezeichnen. Die frheren Lockeschen Kriterien zur Unterscheidung von aktueller oder mentaler Trennung und von partieller Betrachtung werden bernommen. Bei der Stelle Essay 2.11.9,210 die eine Bearbeitung der im vorigen Absatz erçrterten Weiß-Stelle aus Draft C 2.13.6 ist, geht es nach Walmsley nicht mehr um partielle Betrachtung, sondern um Trennung, wie Lockes Seitenblick auf verschiedene Weiß-Instanzen beweise; Entsprechendes gilt nach Walmsley auch fr Essay 3.3.6.211 Walmsleys weitere 209 Essay 2.13.13; 172, 35 – 173, 7: „’Tis true, a Man may consider so much of such a Space, as is answerable or commensurate to a Foot, without considering the rest; which is indeed a partial Consideration, but not so much as mental Separation, or Division; since a Man can no more mentally divide, without considering two Superficies, separate one from the other, than he can actually divide, without making two Superficies disjoin’d one from the other: But a partial consideration is not separating. A Man may consider Light in the Sun, without its Heat; or Mobility in Body without its Extension, without thinking of their separation. One is only a partial Consideration, terminating in one alone; and the other is a Consideration of both, as existing separately.“ 210 Essay 2.11.9; 159, 10 – 33: „[…] the Mind makes the particular Ideas, received from particular Objects, to become general; which is done by considering them as they are in the Mind such Appearances, separate from all other Existences, and the circumstances of real Existence, as Time, Place, or any other concomitant Ideas. This is called ABSTRACTION, whereby Ideas taken from particular Beings, become general Representatives of all of the same kind; and their Names general Names, applicable to whatever exists conformable to such abstract Ideas. Such precise, naked Appearances in the Mind, without considering, how, whence, or with what others they came there, the Understanding lays up (with Names commonly annexed to them) as the Standards to rank real Existences into sorts, as they agree with these Patterns, and to denominate them accordingly. Thus the same Colour being observed to day in Chalk or Snow, which the Mind yesterday received from Milk, it considers that Appearance alone, makes it a representative of all of that kind; and having given it the name Whiteness, it by that sound signifies the same quality wheresoever to be imagin’d or met with […].“ 211 Walmsley 2000; 414 – 415. – Essay 3.3.6; 411, 1 – 6: „[…] Ideas become general, by separating from them the circumstances of Time, and Place, and any other Ideas,

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Zitate beziehen sich auf die Bildung genereller komplexer Ideen, gehçren also nicht in diesen Zusammenhang.212 Soweit ich sehe, schafft Essay 2.13.13, das aus der Tagebuchnotiz von 1676 hervorgegangen ist, keine neue Lage; im Text kommt dreimal „partial consideration“ vor, und jeder, der Schullogik gelehrt oder gelernt hat, verbindet „considerare unum, non considerando aliud“ mit dem Gedanken an przisive Abstraktion. Bei seiner Beschreibung des Vorgangs hlt Locke auch in der Sache am Konzept der partiellen Betrachtung fest; „consider Light in the Sun, without its Heat“ bedeutet dasselbe wie „Licht in der Sonne zu betrachten, ohne ihre Hitze zu betrachten.“ Auch in Essay 2.11.9 bleibt es, soweit ich sehe, bei partieller Betrachtung: Eine Idee wird als bloße Erscheinung betrachtet, getrennt von allen anderen Einzeldingen und Umstnden; wenig spter fgt Locke hinzu: „ohne diese Umstnde zu betrachten“ (without considering). Mit Lockes Beispielen verhlt es sich nicht anders: „er betrachtet diese Erscheinung allein“ bedeutet: „er betrachtet sie, ohne das brige zu betrachten“. In Essay 3.3.6 ist explizit zwar nicht von partieller Betrachtung, sondern von Trennung die Rede, doch darf man annehmen, daß Locke hier wie ein Schulphilosoph von schwacher Trennung redet, denn die zu abstrahierende Idee und ihre Umstnde werden zwar in Gedanken voneinander getrennt, bleiben aber in Wirklichkeit miteinander verbunden. Von realer oder mentaler Trennung im Sinne Lockes kann nicht die Rede sein, denn weder lassen sich zwischen der betreffenden Idee und ihren Umstnden neue Oberflchen erzeugen, noch betrachtet man beide als etwas, das in der Wirklichkeit getrennt existieren kann. Die Alternative, reale Trennung im Sinn der scholastischen realen Abstraktion anzunehmen, wre ebenfalls nicht berzeugend, denn wie immer ich auch abstrahiere, eine Kirsche bleibt rot. E5i. Speicherung als Trennung?– Sofern Lockes bisher erçrterte Stellen das Vorgehen des Verstandes beim Abstrahieren beschreiben, lassen sie sich am ehesten so verstehen, daß Abstraktion fr Locke durchweg nicht reales Trennen, sondern partielle Betrachtung ist, bei der man einen Teil einer Vorstellung betrachtet und den anderen nicht, ohne beide real voneinander zu trennen. Wenn aber Locke Abstraktion tatschlich so verstanden hat, dann kann man einwenden, daß dem Verstand auf diese Weise wenig that may determine them to this or that particular Existence. By this way of abstraction they are made capable of representing more Individuals than one; each of which, having in it a conformity to that abstract Idea, is (as we call it) of that sort.“ 212 Walmsley 2000; 416.

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geholfen ist, denn anstatt von der Last der individuierenden Merkmale, dem „cumbersome load of Particulars“ (Essay 4.12.3), befreit zu werden, schleppt er sie bei Operationen mit generellen Ideen auch weiterhin mit sich. Wahrscheinlich dieser Gedanke hat Michael Ayers, einen Verfechter der Deutung von Abstraktion als partieller Betrachtung, zu einer Przisierung bewogen. Aus seiner Ablehnung der Ansicht, daß Locke im Essay Abstraktion fr Trennung hlt, kçnnte man zunchst den Schluß ziehen, daß der Verstand bei der Zusammensetzung abstrakter Ideen mit einer Anzahl von partiell betrachteten Ideenkomplexen arbeiten muß. Um beispielsweise die abstrakte Idee eines schwarzen Zwergschwans zu bilden, brauchte er die generelle Idee eines Schwans, die Idee ,mittelgroßer Vogel‘, die er aus der Idee eines Huhns oder einer Ente gewinnen kann, und die Idee ,schwarz‘, die er durch selektive Aufmerksamkeit beispielsweise von der Idee eines Raben bekommt. Er mßte die selektiv betrachtete Schwanidee mit der selektiv betrachteten Entenidee und mit der ebenfalls selektiv betrachteten Rabenidee kombinieren, und deshalb wre seine Idee eines schwarzen Zwergschwans ein kompliziertes Konglomerat aus Schwanidee, Entenidee und Rabenidee. Diese Position wirkt sonderbar, aber Ayers hat 2008 geklrt, daß seine ußerungen anders zu verstehen sind.213 In Wirklichkeit werde im Fall der Abstraktion eines Dreiecks im Gedchtnis nur „an idea of what is to be a triangle, and of nothing else“ gespeichert. Die Frage, ob diese gespeicherte nackte Dreieckigkeit ein Abbild ist, stelle sich gar nicht, denn es handle sich nicht um eine aktuelle Vorstellung, sondern bloß um die dispositionelle Erinnerung an eine frher wahrgenommene oder vorgestellte Eigenschaft. Abstrakte Ideen werden also nach Ayers im Gedchtnis ohne diejenigen Vorstellungen aufbewahrt, die sie ursprnglich in der Wahrnehmung oder Vorstellung begleitet haben, und in Hinsicht darauf ist der Ausdruck, daß sie von ihnen getrennt werden, nicht unangemessen. Ayers fgt hinzu, daß solche dispositionellen Erinnerungen bei ihrer Wiederbelebung oder Wiedererkennung durch den Verstand am Ende wieder zu derselben Art von Dingen werden wie vor der Speicherung, nmlich zu partiell betrachteten Teilen irgend einer bestimmten (determinate) Idee. Das lßt sich als Hinweis darauf deuten, daß man sich an Eigenschaften nicht ohne etwas erinnern kann, dem sie inhrieren. Aber auch dann trifft es zu, daß Eigenschaften bei der Speicherung von denjenigen Ideen getrennt werden, die sie ursprnglich in der Wahrnehmung begleiteten. Wenn ich die Auseinandersetzung richtig verstehe, dann nhert sich Ayers hier dem, was Walmsley zeigen wollte, 213 Ayers 2008; 66 – 68.

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obgleich es die von ihm gewhlten Stellen nicht belegen. Ott schildert den Sachverhalt, ohne die Rolle der Speicherung zu erwhnen: Generelle Ideen von Eigenschaften bekommt man nicht durch partielle Betrachtung, sondern durch Trennung; man kann sie aber von ihren Begleitideen nur trennen, wenn man sie vorher partiell betrachtet hat. Trotzdem ist der entscheidende Schritt die Trennung, bei der man einfache Ideen denkt, ohne die sie begleitenden Ideen mitzudenken.214 E5j. Speicherung abstrahierter Ideen nach Locke. – Lockes Darstellungen der Abstraktion unterscheiden sich von ihren frher zitierten schulphilosophischen Pendants unter anderem dadurch, daß sie nicht nur den Vorgang der Abstraktion beschreiben, sondern auch auf sein Ergebnis eingehen. Erst dieses kann man als etwas betrachten, das hart getrennt ist, weil die Ideen, die eine abstrahierte einfache Idee zunchst in der Wahrnehmung oder in der Vorstellung begleiteten, im Lagerhaus des Verstandes nicht mitgespeichert werden.215 Daß das Endergebnis der Abstraktion etwas im harten Sinn Getrenntes ist, geht aus Lockes Angaben ber die Speicherung abstrakter Ideen hervor, und diese harte Trennung, wie immer sie im einzelnen erfolgen mag, entspricht eher der schulphilosophischen abstractio realis als Lockes realer oder mentaler Trennung, denn sie hat mit der Erzeugung von Oberflchen nichts zu tun. Der Ausdruck „speichern“ klingt modern, ist aber nicht unangemessen, weil Locke (mit Vorbehalt) vom Gedchtnis als einem store-house spricht. Die Texte zeigen, daß abstrahierte Ideen bei ihrer Speicherung als Abstracta berdauern und daß der Verstand sie je nach Bedarf als Abstracta abrufen kann. Es heißt in Essay 2.11.9, daß er die przisen und nackten Erscheinungen aufbewahrt, die er durch Abstraktion gewonnen hat, ohne zu bercksichtigen, woher oder mit welchen anderen sie zu ihm kamen.216 Nach Essay 2.32.7 bewahrt die Erinnerung przise und nackte abstrakte Ideen auf: Wenn der Geist eine Idee bekommen hat, von der er denkt, daß er sie beim eigenen Denken oder bei Unterhaltungen gebrauchen kann, dann abstrahiert er sie und gibt ihr einen Namen; und so verwahrt er sie in der Erinnerung als seinem Lagerhaus, denn sie enthlt die Wesenheit einer Sorte von Dingen.217 Essay 214 Ott 2004; 58 – 59. 215 Ott 2004; 55, 64. 216 Essay 2.11.9; 159, 18 – 20: „Such precise, naked Appearances in the Mind, without considering, how, whence or with what others they came there, the Understanding lays up […].“ 217 Essay 2.32.7; 386, 13 – 18. Text s. S. 318, Anm. 103.

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4.12.3 erklrt, daß man abstrakte Ideen im eigenen Interesse mit besonderer Sorgfalt speichert: Es ist natrlich, daß der Geist generelle Begriffe am sorgsamsten aufbewahrt und den richtigen Gebrauch von ihnen macht, denn das verschafft ihm Entlastung von der beschwerlichen Brde der individuierenden Merkmale.218 Bei Lockes Beschreibungen der Abstraktion im Essay geschieht gegenber den zuvor erwhnten schulphilosophischen Mitteilungen, die sich auf den Vorgang der partiellen Betrachtung konzentrierten, insofern etwas Neues, als Locke nicht nur auf den Herstellungsvorgang, sondern explizit auch auf das Produkt der Abstraktion eingeht: Abstrahierte Ideen werden ohne die sie ursprnglich in der Wahrnehmung oder Vorstellung begleitenden Ideen im Gedchtnis aufbewahrt. Wenn sie aber ohne solche Ideen im Gedchtnis aufbewahrt werden, dann wurden diese durch die Speicherung real von ihnen getrennt. Das kann nicht in der Weise einer Lockeschen realen Trennung geschehen, sondern nur im Sinn einer schulphilosophischen realen Abstraktion. Erst zu diesem letzten Stadium und nicht zu einem frheren Stadium der Abstraktion paßt der Ausdruck „Trennung“ im harten Sinn; er weist darauf hin, daß bei der Speicherung abstrakter Ideen nur derjenige Teil des Ideenkomplexes erhalten bleibt, auf den sich die Aufmerksamkeit beim Akt der partiellen Betrachtung konzentrierte, whrend der bei ihr bersehene Rest verloren geht.

E6. Verbindung einfacher Ideen. Modi E6a. Der Verstand sammelt einfache Ideen und vereinigt sie zu einer komplexen: Kompositive Abstraktion. – Der Geist stellt einfache Ideen zusammen und kombiniert sie zu einer einzigen komplexen Idee.219 Auf der einen Seite bildet er Sammlungen einfacher Ideen, die ihrer Herkunft nach „scattered and independent“220 sein drfen, und auf der anderen Seite ver218 Essay 4.12.3; 640, 27 – 32: „But Knowledge began in the Mind, and was founded on particulars; though afterwards, perhaps, no notice be taken thereof: it being natural for the Mind (forward still to enlarge its Knowledge) most attentively to lay up those general Notions, and make the proper use of them, which is to disburden the Memory of the cumbersome load of Particulars.“ 219 Essay 2.11.6;158, 5 – 8: „The next Operation we may observe in the Mind about its Ideas, is COMPOSITION; whereby it puts together several of those simple ones it has received from Sensation and Reflection, and combines them into complex ones.“ 220 Essay 2.22.1; 288, 11 – 12.

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einigt er sie zu einer einzigen neuen Idee; das entspricht dem schon von Draft A und Draft B her bekannten Verfahren, das ich als kompositive Abstraktion bezeichnet habe. Die einheitstiftende Ttigkeit, durch die er eine Vielzahl abstrakter einfacher Ideen in die Einheit einer komplexen Idee berfhrt, wird auch im Essay nicht immer eigens erwhnt, ist aber zur Herstellung komplexer Ideen unumgnglich. Die Einheit der gesammelten und zusammengestellten Teilideen stiftet der Verstand dadurch, daß er sie alle zusammen als eine einzige Idee betrachtet.221 Bei der Zusammenstellung von Eigenschaften braucht er sich nicht nach Naturgegenstnden zu richten, sondern er kann sich ber sie hinwegsetzen; fr seine Befugnis, Ideen als miteinander vereinigt zu betrachten, ist es unerheblich, ob deren Korrelate bereits in ußeren Gegenstnden verbunden waren oder nicht.222 Das sieht man daran, daß unsere Ideen kçrperlicher Substanzen, von denen wir meinen, daß sie von ußeren Gegenstnden genommen sind, nicht selten von diesen abweichen; manchmal vereinigen wir sogar in Substanzideen mehr und andere Ideen, als in den Dingen selbst zu finden sind.223 Unsere grundstzliche Freiheit bei der Bildung gemischter Modi zeigt sich daran, daß wir komplexe Ideen bilden kçnnen, deren dingliche Korrelate wir nie erfahren haben.224 Whrend der Geist beim Empfangen einfacher Ideen passiv ist, ist er bei der Bildung zusammengesetzter Ideen ttig;225 auch das verschafft ihm Freiheit.226 Wie frei er sein kann, zeigen

221 Essay 2.24.1; 317, 30 – 318, 2: „[…] it sufficing, to the unity of any Idea, that it be considered as one Representation, or Picture, though made up of never so many Particulars.“ 222 Essay 2.12.1; 164, 5 – 9: „As simple Ideas are observed to exist in several Combinations united together; so the Mind has a power to consider several of them united together, as one Idea; and that not only as they are united in external Objects, but as it self has join’d them.“ 223 Essay 4.4.11; 568, 6 – 10: „Such are our Ideas of Substances, which consisting of a Collection of simple Ideas, supposed taken from the Works of Nature, may yet vary from them, by having more or different Ideas united in them, than are to be found united in the things themselves […]“. 224 Essay 2.12.2; 164, 25 – 28: „[…] but when it has once got these simple Ideas, it is not confined barely to Observation, and what offers it self from without; it can, by its own power, put together those Ideas it has, and make new complex ones, which it never received so united.“ 225 Essay 2.22.2; 288, 19 – 20: „The Mind often exercises an active Power in the making these several Combinations.“ 226 Essay 2.30.3; 373, 15 – 19: „Though the Mind be wholly passive, in respect of its simple Ideas: Yet, I think, we may say, it is not so, in respect of its complex Ideas: For those being Combinations of simple Ideas, put together, and united under one

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Ideen der Phantasie, Traumideen und Ideen geistig Gestçrter. Phantastische Ideen entstehen dadurch, daß man einfache Ideen zusammensetzt, die in der Realitt nicht miteinander verbunden sind, zum Beispiel die Vorstellung der Gestalt und Grçße eines Pferdes mit der Vorstellung von Bellenkçnnen.227 Komplexe Ideen, die man beim Trumen hat, bestehen aus denselben einfachen Ideen, ber die man auch beim Wachen verfgt, nur sind die Kombinationen meistens sonderbar.228 Verrckte stellen Ideen zusammen, die nicht zueinander passen, und bilden daraus falsche Aussagen, mit denen sie richtig argumentieren und aus denen sie formal korrekte Schlußfolgerungen ziehen.229 Dieses Verhalten tritt auch bei Personen auf, bei denen man es nicht erwartet. Jemand, der im brigen ganz vernnftig ist, kann trotzdem in einem bestimmten Punkt genau so verbohrt sein wie ein Irrer, bei dem Ideen, die normalerweise nicht zusammenhngen, durch einen plçtzlichen starken Eindruck oder durch allzu langes Hinstarren der Phantasie auf bestimmte Gedanken so miteinander verklebt sind, daß er sie nicht mehr auseinanderhalten kann.230 Die Freiheit des Verstandes bei der Bildung komplexer Ideen zeigt sich schließlich daran, daß er Ideenverbindungen nicht nur knpfen, sondern auch auflçsen kann. Er untersucht zum Beispiel seine eigenen Ideen so lange, bis er sie in die klaren und deutlichen Ideen aufgelçst hat (resolve), die sie enthalten.231 Er kann alle komplexen Ideen in die einfachen Ideen auflçsen,

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general Name; ’tis plain, that the Mind of Man uses some kind of Liberty, in forming those complex Ideas […].“ Essay 2.32.18; 391, 3 – 8: „When they put together simple Ideas, which in the real Existence of Things, have no union: as when to the Shape, and Size, that exist together in a Horse, is joined, in the same complex Idea, the power of Barking like a Dog: Which three Ideas, however put together into one in the Mind, were never united in Nature […]“. Essay 2.1.17; 113, 30 – 32: „The Dreams of sleeping Men, are, as I take it, all made up of the waking Man’s Ideas, though, for the most part, oddly put together.“ Essay 2.11.13; 161, 20 – 21: „That mad Men put wrong Ideas together, and so make wrong Propositions, but argue and reason right from them […]“. Essay 2.11.13; 161, 11 – 16: „Hence it comes to pass, that a Man, who is very sober, and of a right Understanding in all other things, may in one particular be as frantick, as any in Bedlam; if either by any sudden very strong impression, or long fixing his Fancy upon one sort of Thoughts, incoherent Ideas have been cemented together so powerfully, as to remain united.“ Essay 2.13.27; 181, 1 – 3: „[…] it requires pains and assiduity to examine its Ideas, till it resolves them into those clear and distinct simple ones, out of which they are compounded […]“.

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aus denen sie bestehen, und zwar auch dann, wenn ihre nchsten Bestandteile ebenfalls komplexe Ideen sind.232 E6b. Die Einheit komplexer Ideen geht unmittelbar auf einen einheitstiftenden Akt des Verstandes zurck. – Wenn sich der Verstand bei der Bildung einer Substanzidee an Vorgaben aus der Erfahrung hlt, dann kann man zwar sagen, daß er die Einheit dieser Idee von der Natur erborgt hat; aber auch dann geht sie unmittelbar auf eine Verstandesttigkeit zurck, denn wie viele einfache Ideen jemand in seine komplexe Substanzidee aufnimmt, hngt von seiner Sorgfalt, seinem Eifer und seiner Einbildungskraft ab.233 Die Stelle legt den Gedanken nahe, daß sogar die Einheit komplexer Wahrnehmungsideen auf einer Ttigkeit des Verstandes beruht.234 Bei der Bildung komplexer Ideen muß man am Anfang zwei Schritte unterscheiden: Erstens sucht der Verstand aus seinem Ideenvorrat eine Anzahl einfacher Ideen heraus, und zweitens verknpft er sie miteinander; die Meinung, daß die Stiftung einer solchen Einheit Sache des Verstandes ist, findet man auch in der Schulphilosophie,235 obgleich man unter dieser Voraussetzung die Leistungen des sensus communis neu zu bestimmen hat. Fr die Ttigkeit des Zusammenstellens stehen im Essay Ausdrcke wie „amas“,236 „collect“, „combine“, „compound“, „gather“,237 „join“, „put toge-

232 Essay 2.22.9; 292, 13 – 17: „For all our complex Ideas are ultimately resolvable into simple Ideas, of which they are compounded, and originally made up, though perhaps their immediate Ingredients, as I may so say, are also complex Ideas.“ 233 Essay 3.6.29; 456, 13 – 17: „Though the Mind of Man, in making its complex Ideas of Substances, never puts any together that do not really, or are not supposed to coexist; and so it truly borrows that Union from Nature: Yet the number it combines, depends upon the various Care, Industry, or Fancy of him that makes it.“ 234 Das deutet Losonsky an; s. Losonsky 1989; 41: „[…] Locke does not limit construction to general ideas. He states quite clearly that all complex ideas are made by combining several simple Ideas into one complex one (II.12.1). It is quite clear that he is not writing about general ideas here for he goes on to write that by abstraction … all … general Ideas are made.“ 235 Zum Beispiel S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 1, q. 2; 7: „Prior compositio [die von Termini zu Urteilen] est propria secundae operationis intellectus [der Urteilsbildung]; posterior convenit etiam primae operationi [der Bildung von Begriffen]. Nam si visu possumus cognoscere in vna imagine plures colores coniunctos: quid ni per intellectum possumus plura inter se coniuncta simul apprehendere?“ 236 Essay 2.17.15; 217, 38 – 218, 1: „All that we thus amass together in our Thoughts, is positive, and the assemblage of a great number of positive Ideas of Space or Duration.“

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ther“ oder „put into“238 und „unite“;239 „aggregate“, das wie „amas“ an Bernier erinnert, kommt nur noch als Substantiv vor.240 Die Bedeutungen der Verben sind nicht scharf voneinander abgegrenzt, doch tritt bei „combine“, „join“ und „unite“ die Konnotation des Vereinigens deutlich hervor. Zu den komplexen Ideen zhlen zunchst die einfachen Modi, denn Enlarging, die Ttigkeit, durch die sie entstehen, ist eine Art von Zusammensetzung,241 bei der der Verstand einfache Ideen derselben Art miteinander vereinigt. Der Essay nennt als Beispiele ,Dutzend‘ und ,Meile‘, an einer anderen Stelle ,Paar‘, ,Dutzend‘, ,Spielstand‘ und ,Million‘.242 Andere komplexe Ideen sind gemischte Modi, Relationen, Substanzideen und Ideen kollektiver Substanzen; der Text nennt ,Schçnheit‘ und ,Dankbarkeit‘ (gemischte Modi), ,Mensch‘ (Substanz), ,Armee‘ und ,Universum‘ (kollektive Substanzen).243 E6c. Generelle komplexe Ideen entstehen durch Zusammensetzung und Vereinigung. – Es gibt singulre und generelle komplexe Ideen. Der Essay erklrt, daß die Verallgemeinerung einfacher Ideen durch Abstraktion erfolgt, und behauptet zugleich ohne Einschrnkung, daß Universalien durch Abstraktion entstehen.244 Die Hufigkeit von Ausdrcken wie

237 Essay 2.23.7; 299, 5 – 7: „For he has the perfectest Idea of any of the particular sorts of Substance, who has gathered, and put together, most of those simple Ideas, which do exist in it […]“. 238 Essay 3.9.14; 483, 36 – 39: „[…] or can with any just Authority prescribe, which obvious or common Qualities are to be left out; or which more secret, or more particular, are to be put into the signification of the name of any Substance?“ – Essay 3.9.17; 486, 8 – 10: „Wherein no one can shew a Reason, why some of the inseparable Qualities, that are always united in nature, should be put into the nominal Essence, and others left out […]“. 239 Essay 2.2.2; 119, 25. – Essay 2.12.1; 164, 2. – Essay 2.24.1; 317, 25. 240 Essay 2.23.6; 298, 32. – Essay 2.24.2; 318, 6. – Essay 2.25.6; 321, 21. 241 Essay 2.11.6; 158, 8 – 14. Text s. S. 325, Anm. 127. 242 Essay 2.16.2; 205, 13 – 15: „Thus by adding one to one, we have the complex Idea of a Couple; by putting twelve Unites together, we have the complex Idea of a dozen; and so of a Score, or a Million, or any other Number.“ 243 Essay 2.12.1; 164, 5 – 11: „As simple Ideas are observed to exist in several Combinations united together; so the Mind has a power to consider several of them united together, as one Idea; and that not only as they are united in external Objects, but as it self has join’d them. Ideas thus made up of several simple ones put together, I call Complex; such as are Beauty, Gratitude, a Man, an Army, the Universe […]“. 244 Essay 2.11.9; 159, 28 – 29: „[…] and thus […] Universals are made.“

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„collect“ und „put together“245 in Beschreibungen der Abstraktion komplexer Ideen zeigt aber, daß dabei – anders als bei der Abstraktion einfacher Ideen – außer Ttigkeiten des Abtrennens (przisive Abstraktion) auch Akte des Zusammensetzens im Spiel sind, die Locke anscheinend ebenfalls zum Komplex der Abstraktionsttigkeiten rechnet. Die Bildung abstrakter komplexer Begriffe ist nicht eine Art von Resektion, bei der man die individuierenden Bestandteile singulrer Ideen entfernt und nur den Komplex derjenigen Eigenschaften behlt, der mehreren Individuen gemeinsam ist. Vielmehr entstehen generelle komplexe Ideen nach dem Essay ebenso wie nach den frhen Drafts durch eine Ttigkeit, die komplizierter ist: Man gewinnt beim Verfahren der kompositiven Abstraktion, das bei Gassendi Verfahren abstrahendo hieß, zunchst durch przisive Abstraktion diejenigen abstrakten einfachen Ideen, die man fr die gewnschte Ideensammlung braucht, stellt sie danach zusammen und vereinigt sie zu einer komplexen Idee. Es handelt sich um die selektive Rekonstruktion einer singulren Idee, bei der man nur einen Teil der in ihr enthaltenen Ideen nachbaut, denn man bergeht die individuierenden Bestimmungen. Schon Gassendi nahm an, daß abstrakte komplexe Begriffe durch kompositive Abstraktion entstehen: Der Verstand baut individuelle Ideen gewissermaßen nach, setzt aber dabei nur Ideen gemeinsamer Eigenschaften von singulren Ideen ein, die in seiner Ideen-aggeries enthalten sind, und lßt die individuierenden Bestimmungen beiseite. Das Ergebnis ist eine neue Idee und nicht der Restbestand einer alten. E6d. Bildung komplexer Ideen von hçherer Allgemeinheit. – Den bergang zu komplexen Ideen von hçherer Allgemeinheit beschreibt Essay 3.6.32 kurz und bndig: Um Ideen von hçherer Allgemeinheit zu bilden, lßt man die unterscheidenden Qualitten (die spezifischen Differenzen) aus und stellt in die neue Sammlung nur solche Ideen ein, die mehreren Arten 245 Essay 2.23.3; 296, 20 – 23: „An obscure and relative Idea of Substance in general being thus made, we come to have the Ideas of particular sorts of Substances, by collecting such Combinations of simple Ideas, as are by Experience and Observation of Men’s Senses taken notice of to exist together […]“. – Essay 2.23.15; 305, 26 – 29: „[…] and by putting together the Ideas of coherent solid parts, and a power of being moved, joined with Substance, of which likewise we have no positive Idea, we have the Idea of Matter. „. – Essay 2.31.14; 384, 3 – 6: „These [Modes and Relations] being such Collections of simple Ideas, that the Mind it self puts together, and such Collections, that each of them contains in it precisely all that the Mind intends it should, they are Archetypes and Essences of Modes that may exist […]“.

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gemeinsam sind.246 Beim bergang zu hçheren Abstraktionsstufen muß man also die mehreren Gattungen oder Arten gemeinsamen einfachen Ideen zusammensuchen und die brigen beiseitelassen; der Kontext beschreibt ausfhrlich Einzelaspekte der Art- und Gattungsbildung.247 Die Stellen machen deutlich, daß der Verstand nach Locke auch bei der Bildung komplexer Ideen von hçherer Allgemeinheit nicht przisiv, sondern kompositiv verfhrt: Er stellt eine kleinere Sammlung gemeinsamer einfacher Ideen als vorher zusammen und bildet daraus eine neue abstraktere Idee. Sein Material sind przisiv-abstrakte einfache Ideen, denn bevor er einfache Ideen in andere Komplexe einbauen kann, muß er sie aus der komplexen Vorstellung herauslçsen, in der er sie ursprnglich wahrgenommen oder vorgestellt hat. Die neue komplexe Idee, zu der der Verstand die von ihm gesammelten Ideen vereinigt, ist generell, weil sie aus generellen Teilideen besteht. Auf allen Stufen der Abstraktion verdankt der Geist die einfachen Ideen, mit denen er operiert, der przisiven Abstraktion, whrend er seine generellen komplexen Ideen der kompositiven Abstraktion verdankt, das heißt, dem Zusammenstellen zusammengesuchter abstrakter einfacher Ideen und ihrer Vereinigung zu einer neuen komplexen Idee. E6e. Einfache Modi entstehen durch Zusammensetzung einfacher Ideen einer einzigen Art. – Modi kçnnen einfach oder gemischt sein. Einfache Modi, die nach Essay 2.11.6 zu den komplexen Ideen gehçren, sind Modifikationen einer und derselben Idee,248 die der Geist durch eine Weise der Zusammensetzung herstellt, welche Locke – vielleicht in Erinnerung an Gassendis „ampliatio“249 – als Enlarging bezeichnet.250 Daneben erscheinen 246 Essay 3.6.32; 459, 13 – 16: „[…] to make other yet more general Ideas, that may comprehend different sorts, it leaves out those Qualities that distinguish them, and puts into its new Collection, only such Ideas, as are common to several sorts.“ 247 Essay 3.6.32; 459, 3 – 462, 25. 248 Essay 2.13.1; 166, 29 – 167, 2: „[…] examine those different Modifications of the same Idea; which the Mind either finds in things existing, or is able to make within it self, without the help of any extrinsical Object, or any foreign Suggestion.“ 249 Gassendi, Inst. Log. p. 1, can. 3; I 93a, 14 – 20: „[…] ex iis, quae per Sensum transierunt, ac in Mente sunt, variae variisque modis formantur: vt compositione, & quasi adunatione plurium, ampliatione, aut imminutione eiusdem; translatione, & accommodatione vnius ad aliam, quam illam, de qua sumpta est“. 250 Essay 2.11.6; 158, 8 – 12: „Under this of Composition, may be reckon’d also that of ENLARGING; wherein though the Composition does not so much appear as in more complex ones, yet it is nevertheless a putting several Ideas together, though of the same kind.“

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„repetition“,251 aber auch „addition“ und „add“, und zwar sowohl bei diskreten und kontinuierlichen Qualitten als auch bei intensivierbaren Qualitten.252 Auch im Essay wird ber die Verallgemeinerung einfacher Modi und ber die Verleihung von Namen an sie nur wenig mitgeteilt. Von der Sache her ist aber klar, daß sie aus Exemplaren einer einzigen abstrakten einfachen Idee gebildet werden. Zum Abschluß des Kapitels ber einfache Ideen heißt es lakonisch, daß sich Namen einfacher Modi nur wenig von denen einfacher Ideen unterscheiden; auch wird erwhnt, daß sie beinahe genau so unanfllig fr Zweifel oder Ungewißheit sind wie Namen einfacher Ideen.253 E6f. Gemischte Modi entstehen durch Zusammensetzung einfacher Ideen mehrerer Arten. – Die Lehre von den gemischten Modi ist einer von Lockes interessantesten Anstzen, denn zu ihren Gegenstnden gehçren Vorstellungen wie ,gçttliches Recht der Kçnige‘, ,Wohlverhalten‘ und ,Rechtglubigkeit‘, aber auch Ideen wie ,Parallelogramm‘, ,Dominante‘ und ,Regenbogen‘. Der Essay entwickelt noch keine differenzierte Klassifikation, auch geht er auf die Bildung genereller gemischter Modi nur beilufig ein, und zwar vor allem in Essay 2.22 („Of Mixed Modes“) und Essay 3.5 („Of the Names of mixed Modes and Relations“), das mehr Informationen ber gemischte Modi als ber deren Namen enthlt. Whrend einfache Modi aus einfachen Ideen derselben Art bestehen, sind gemischte Modi Kombinationen artverschiedener einfacher Ideen.254 Musikalische Akkorde und Mischungen verschiedener Farben, Geschmcke oder Dfte bestehen aus Qualitten derselben Art, nmlich aus Tonqualitten, Farbqualitten, Geschmacksqualitten oder Duftqualitten und gelten deshalb als einfache Modi. Aber Kombinationen von Qualitten verschiedener Arten wie 251 Zum Beispiel Essay 2.13.1; 167, 8 und Essay 2.17.5; 212, 32. Das zugehçrige Verbum ist „repeat“, zum Beispiel Essay 2.2.2; 119, 24, Essay 2.11.6; 158, 13, und Essay 2.13.4; 168, 1. 252 Zum Beispiel Essay 2.11.6; 158, 12, Essay 2.13.4; 168, 5, und Essay 2.17.6; 212, 37. 253 Essay 3.4.17; 428, 26: „The Names of simple Modes, differ little from those of simple Ideas.“ – Essay 3.9.19; 487, 27 – 29: „[…] the names of simple Modes are next to those of simple Ideas, least liable to Doubt or Uncertainty, especially those of Figure and Number, of which Men have so clear and distinct Ideas.“ 254 Essay 2.22.1; 288, 3 – 9: „[…] we are now in the next place to consider those we call Mixed Modes, such are the Complex Ideas, we mark by the names Obligation, Drunkenness, a Lye, etc. which consisting of several Combinations of simple Ideas of different kinds, I have called Mixed Modes, to distinguish them from the more simple Modes, which consist only of simple Ideas of the same kind.“

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Farben und Gestalten (malerische Sujets, Web- und Handarbeitsmuster, visuelle Schçnheit und Regenbçgen) sind gemischte Modi.255 Bei deren Bildung geht der Geist in mehreren Schritten vor. Erstens whlt er aus seinen abstrakten einfachen Ideen diejenigen aus, die er verwenden mçchte, zweitens verbindet er sie miteinander, um eine einzige Idee aus ihnen zu machen, und drittens verknotet er die so verbundenen Teilideen durch einen generellen Namen.256 Ideen gemischter Modi haben also sozusagen zwei Einheitsgrnde. Der erste ist wie bei allen komplexen Ideen die Ttigkeit, durch die der Geist die ausgewhlten einfachen Ideen zu einer Einheit verbindet. Der zweite Einheitsgrund, der in den frhen Drafts noch nicht deutlich erscheint, ist der Name, der bei gemischten Modi zwar nicht als erster Ursprung, aber doch als Vollendung und Merkzeichen der Einheit dient.257 Hier kommt also zu den blichen Ttigkeiten des Zusammenstellens und Vereinigens noch eine dritte hinzu: Der Geist bindet Einzelideen durch einen Namen zusammen.258 Ursprnglich bekommen gemischte Modi wie alle anderen komplexen Ideen ihre Einheit dadurch, daß der Verstand ihre einfachen Teilideen miteinander vereinigt; aber wegen der Vergnglichkeit solcher Kompositionen dient spter der Name, der ihnen bei ihrer Bildung verliehen wurde, der menschlichen Erinnerung als Merkzeichen fr die Einheit, die der Verstand zu einem frheren Zeitpunkt gestiftet hat. Ohne den Namen zerbrçselte die lockere Verbindung der Teilideen, und sie fielen auseinander. Die Sprache aber be255 Essay 2.18.4; 224, 20 – 27: „Those of Colours are also very various: Some we take notice of, as the different degrees, or as they are termed, Shades of the same Colour. But since we very seldom make assemblages of Colours, either for Use or Delight, but Figure is taken in also, and has its part in it, as in Painting, Weaving, Needleworks, etc. those which are taken notice of, do most commonly belong to mixed Modes, as being made up of Ideas of divers kinds, viz. Figure and Colour, such as Beauty, Rainbow, etc.“ 256 „Essay 3.5.4; 429, 31 – 36: „[…] we must consider wherein this making of these complex Ideas [of mixed modes] consists; and that is not in the making any new Idea, but putting together those which the Mind had before. Wherein the Mind does these three things: First, it chuses a certain Number. Secondly, it gives them connexion, and makes them into one Idea. Thirdly, it ties them together by a Name.“ – Eine anschauliche Darstellung der Bildung gemischter Modi findet sich bei Kraus 1966; 249 – 253; s. dort 253. 257 Essay 2.22.4; 289, 29 – 33: „[…] it [every mixed Mode] has its Unity from an Act of the Mind combining those several simple Ideas together, and considering them as one complex one, consisting of those parts; and the mark of this Union, or that which is looked on generally to compleat it, is one name given to that Combination.“ 258 Essay 3.5.4; 429, 31 – 36. Text s. S. 366, Anm. 256.

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wahrt die Namen gemischter Modi zusammen mit ihren Bedeutungen auf, und diese Namen sind sozusagen die Knoten, die die Teilideen dauerhaft zusammenhalten.259 Modusnamen leisten mehr als nur die Reprsentation abstrakter Ideen und die Etikettierung von Artexemplaren, doch haben sie den Nachteil, daß ihre genaue Bedeutung schwer festzulegen ist, denn in der Regel stehen sie nicht wie Namen von Substanzen fr allgemein zugngliche Erscheinungen. Deswegen muß man bei ihnen mit strkeren Bedeutungsschwankungen rechnen als bei Namen von Ideen anderer Klassen.260 E6g. Drei Weisen des Erwerbs gemischter Modi und deren Zusammensetzung. – Schon Draft C erklrt, daß man Modifikationen einfacher Ideen nicht nur im Geist, sondern auch in existierenden Dingen findet.261 Neben gemischten Modi, die der Verstand nach Gutdnken zusammensetzt, gibt es auch andere, die er durch Erfahrung erwirbt, und diese mssen anfangs singulre Ideen sein, denn durch Erfahrung bekommt man keine anderen. Laut Text empfngt man Ideen gemischter Modi sogar auf dreierlei Weise: durch Erfahrung, Erfindung und Explikation.262 Der Erwerb durch Explikation gehçrt in den Bereich des Wçrterlernens und der Verstndigung 259 Essay 3.5.10; 434, 18 – 22: „[…] the connexion between the loose parts of those complex Ideas [mixed Modes], being made by the Mind, this union, which has no particular foundation in Nature, would cease again, were there not something that did, as it were, hold it together, and keep the parts from scattering.“ – hnlich Essay 2.22.8; 291, 19 – 25, und Essay 3.5.11; 435, 5 – 11. 260 Essay 3.9.7; 478, 17 – 19: „Because the names of mixed Modes, for the most part, want Standards in Nature, whereby Men may rectify and adjust their significations; therefore they are very various and doubtful.“ 261 Fr Draft C s. Aaron 1963, 66. – Entsprechend Essay 2.22.2; 288, 26 – 289, 3: „[…] it sufficed, that the Mind put the parts of them together, and that they were consistent in the Understanding, without considering whether they had any real Being: though I do not deny, but several of them might be taken from Observation, and the Existence of several simple Ideas so combined, as they are put together in the Understanding.“ 262 Essay 2.22.9; 291, 34 – 292, 9: „There are therefore three ways whereby we get the complex Ideas of mixed Modes. 1. By Experience and Observation of things themselves. Thus by seeing two Men wrestle, or fence, we get the Idea of wrestling or fencing. 2. By Invention, or voluntary putting together of several simple Ideas in our own Minds: So he that first invented Printing, or Etching, had an Idea of it in his Mind, before it ever existed. 3. Which is the most usual way, by explaining the names of Actions we never saw, or Notions we cannot see; and by enumerating, and thereby, as it were, setting before our Imaginations all those Ideas which go to the making them up, and are the constituent parts of them.“

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von Sprecher und Hçrer. Um Erwerb durch Erfahrung handelt es sich bei gemischten Erfahrungsmodi wie ,naßkalt‘, ,Pepita-Muster‘ oder ,Regenbogen‘. Locke nennt als Beispiel einen komplizierteren Fall: Jemand sieht zwei Mnner ringen oder fechten und bildet daraufhin die Ideen ,Ringen‘ oder ,Fechten‘. Bei gemischten Modi, die man durch Erfindung erwirbt, stellt man die Ideenkombinationen, aus denen sie bestehen, nach Gutdnken zusammen, ohne sich um Vorbilder in der Natur zu kmmern; als Beispiele nennt Locke ,Buchdruck‘ und ,Kupferstich‘, deren Erfinder sich schon deshalb nicht nach Vorbildern richten konnten, weil es keine gab. Die Behauptung, daß die Teilideen gemischter Modi frei whlbar sind, erscheint in unterschiedlichen Formulierungen. Laut Text ist es eine Besonderheit gemischter Modi, daß ihre abstrakten Artideen vom Verstand gebildet werden. Das ist insofern mißverstndlich, als der Essay nicht selten betont, daß alle abstrakten Ideen Erzeugnisse des Verstandes sind, doch ist es klar, was mitgeteilt werden soll: Die Sammlungen einfacher Ideen, aus denen generelle Ideen gemischter Modi bestehen, stellt der Verstand nach Belieben zusammen.263 Das berzeugt jedoch bei gemischten Modi, die aus der Erfahrung stammen, nicht ohne weiteres, denn ihre Teilideen sind zumindest zum Teil durch Beobachtung vorgegeben.264 An einer anderen Stelle heißt es weniger pauschal, daß man bei erfahrenen Ideen gemischter Modi anders als bei Substanzideen „for the most part“ beim Kombinieren eine gewisse Freiheit hat.265 Ein weiterer Text teilt mit, daß der Geist in gemischte Modi alles hineinlegt, was ihm paßt, und andere Ideen bergeht, die in der Natur durchaus vereinigt sind, weil er sie nicht braucht.266 Am besten werden der Schwierigkeit zwei ußerungen Lockes gerecht: Der 263 Essay 3.5.2; 429, 5 – 10: „The first Particularity I shall observe in them is, that the abstract Ideas, or, if you please, the Essences of the several Species of mixed Modes are made by the Understanding, wherein they differ from those of simple Ideas: in which sort, the Mind has no power to make any one, but only receives such as are presented to it, by the real Existence of Things operating upon it.“ 264 Essay 2.22.2; 288, 29 – 289, 1: „[…] though I do not deny, but several of them might be taken from Observation […]“. 265 Essay 3.5.6; 431, 22 – 27: „And there is nothing more evident, than that for the most part, in the framing these Ideas, the Mind searches not its Patterns in Nature, nor refers the Ideas it makes to the real existence of Things; but puts such together, as may best serve its own Purposes, without tying it self to a precise imitation of any thing that really exists.“ 266 Essay 3.5.6; 431, 8 – 12: „Thus the Mind in mixed Modes arbitrarily unites into complex Ideas, such as it finds convenient; whilst others that have altogether as much union in Nature, are left loose, and never combined into one Idea, because they have no need of one name.“

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Geist nimmt sich bei gemischten Modi die Freiheit, sich nicht genau an Vorbilder aus der Natur zu halten, und seine Ideen gemischter Modi werden zwar mit großer Freiheit, aber nicht aufs Geratewohl und ohne alle Vernunft zusammengewrfelt.267 Bei gemischten Modi, fr die moralische Wçrter stehen, besteht ein großer Gestaltungsspielraum. Der Mensch, der zuerst die Idee ,Heuchelei‘ bildete, bekam sie vielleicht aus Anlaß der Beobachtung, daß jemand vorgab, er habe gute Eigenschaften, die er in Wirklichkeit nicht hatte; er kçnnte diese Idee aber auch ohne ußeres Vorbild in seinem Geist zusammengestellt haben.268 Solche moralischen Modi bestehen aus Teilen, die ursprnglich meistens verstreut und mit anderen vermischt sind; erst der Geist stellt sie zusammen und gibt ihnen die Einheit einer einzigen Idee.269 Dadurch hat er den Vorteil, daß er die Anordnung der von ihm zusammengesetzten Teilideen adquat erkennt, weil er sie selbst gemacht hat; und deshalb kann er hier zu gewissem Wissen gelangen. E6h. Gemischte Modi kçnnen aus singulren und generellen einfachen Ideen bestehen. – Wenn man ein Individuum als Hund erkennt, dann hat man auf eine in der Erinnerung verwahrte Artvorstellung zurckgegriffen und sie mit individuellen Bestimmungen angereichert; diesen Sachverhalt erwhnt Locke zumindest andeutungsweise.270 Vermutlich verfhrt man bei der Wahrnehmung individueller gemischter Modi nicht anders. Essay 3.5.4 erklrt, daß der Geist zur Erzeugung gemischter Modi Sammlungen von 267 Essay 3.5.3; 429, 11 – 18: „In the next place, these Essences of the Species of mixed Modes, are not only made by the Mind, but made very arbitrarily, made without Patterns, or reference to any real Existence. Wherein they differ from those of Substances, which carry with them the Supposition of some real Being, from which they are taken, and to which they are conformable. But in its complex Ideas of mixed Modes, the Mind takes a liberty not to follow the Existence of Things exactly.“ – Essay 3.5.7; 431, 28 – 31: „But though these complex Ideas, or Essences of mixed Modes, depend on the Mind, and are made by it with great liberty; yet they are not made at random, and jumbled together without any reason at all.“ 268 Essay 2.22.2; 289, 3 – 7: „For the Man who first framed the Idea of Hypocrisy, might have either taken it at first from the observation of one, who made shew of good Qualities which he had not; or else have framed that Idea in his Mind, without having any such pattern to fashion it by.“ 269 Essay 3.11.18; 518, 4 – 8: „For the Ideas they [Wçrter der Moral] stand for, being for the most part such, whose component Parts no where exist together, but scattered and mingled with others, it is the Mind alone that collects them, and gives them the Union of one Idea […]“. 270 S. zum Beispiel Essay 2.25.1; 319, 15 – 17. Text s. S. 396, Anm. 380.

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einfachen Ideen bildet („it chuses a certain number“).271 Bei gemischten Modi, die nicht unmittelbar aus der Erfahrung stammen, sammelt er abstrakte einfache Ideen, denn bevor man sie mit anderen zu einer neuen Sammlung zusammenzulegen kann, muß man sie aus ihren ursprnglichen Erfahrungszusammenhngen lçsen; die so entstehenden Modi sind generell, weil sie aus abstrakten Teilideen bestehen. Die Verallgemeinerung gemischter Modi, die der Erfahrung entstammen, erfordert einen grçßeren Aufwand, denn sie enthalten Ideen individuierender Umstnde, die zu abstrahieren sind; das kann man sich am Beispiel wahrgenommener Regenbçgen klarmachen, und etwas hnliches gilt fr erfahrene Modi aus dem Bereich der Moral. Bei den in Essay 3.5.5 erwhnten Beispielen ,Sakrileg‘ und ,Ehebruch‘272 lßt sich die Annahme, daß bei ihnen zunchst auch singulre Wahrnehmungsideen im Spiel sind, nicht mit Texten belegen. Aber die Lamech-Geschichte in Essay 3.6 erweckt den Eindruck, daß die Bildung des gemischten Modus ,Eifersucht‘ mit Erfahrungen Adams zusammenhing: Adah ist freundlich zu einem anderen Mann, und zwar, wie Adam glaubt, nach Meinung ihres Ehemanns Lamech zu freundlich. Darin erblickt Adam den Grund fr Lamechs Schwermut, die ihn zur Zusammenstellung des gemischten Modus ,ein neuer Seelenzustand Lamechs‘ veranlaßt.273 Bei diesem stammen einige Teilideen nicht unmittelbar aus der Erfahrung, aber andere tun es sicherlich und sind infolgedessen singulr. Wenn man aus dem singulren Modus ,ein ungewçhnlicher Seelenzustand Lamechs‘ den generellen Modus ,Eifersucht‘ bilden mçchte, dann muß man die erforderlichen Teilideen przisiv abstrahieren, bevor man sie in die neue Ideensammlung einbringt; erst danach kann man aus ihnen einen generellen gemischten Modus bilden.

271 Essay 3.5.4; 429, 34 – 35. 272 Essay 3.5.5; 430, 5 – 13: „Nobody can doubt, but that these Ideas of mixed Modes are made by a voluntary Collection of Ideas put together in the Mind, independent from any original Patterns in Nature, who will but reflect, that this sort of complex Ideas may be made, abstracted, and have names given them, and so a Species be constituted, before any one individual of that Species ever existed. Who can doubt, but the Ideas of Sacrilege, or Adultery, be framed in the Mind of Man, and have names given them; and so these Species of mixed Modes be constituted, before either of them was ever committed […]“. 273 Essay 3.6.44; 466, 21 – 467, 16.

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E7. Relationen und Substanzen E7a. Relationen. – Zusammen mit den Modi bezeichnet Essay 2.31.14 auch Relationen als komplexe Ideen;274 die Diskussionen, die sich darber in der Literatur entfachten, sind bekannt. Der Geist ist bei seiner Anschauung nicht auf ein einziges Ding beschrnkt. Er kann jede Idee ber sich selbst hinausfhren, sozusagen ber sie hinwegschauen und feststellen, ob sie einer anderen Idee gleichfçrmig ist oder nicht.275 Diese Fhigkeit ist fr die menschliche Erkenntnis wichtig, denn nach Locke besteht Wissen in der Perzeption bestimmter bereinstimmungen oder Nichtbereinstimmungen von Ideen, von denen der Essay vier Arten nennt: Identitt und Verschiedenheit, Relation, Koexistenz und reale Existenz; diese bilden fr Locke so etwas wie ein System der Kategorien.276 Weil sie alle, wie Locke glaubt, Relationen sind, ist die Fhigkeit, Relationen zu denken, die Voraussetzung dafr, daß wir berhaupt etwas wissen kçnnen.277 Der Verstand kann – nach einer der Lockeschen Explikationen von „Relation“ – zwei einfache oder komplexe Ideen nebeneinanderstellen und beide gleichzeitig anschauen, ohne sie miteinander zu vereinigen; dann entsteht dadurch, daß er den Blick zwischen beiden hin- und herschweifen lßt, eine Relation.278 Er braucht dazu zwei Ideen oder Dinge, die tatschlich voneinander verschieden sind oder die er als verschieden betrachtet, und außerdem einen Grund oder Anlaß, diese beiden miteinander zu verglei-

274 Essay 2.31.14; 384, 3 – 4: Modi und Relationen „being such Collections of simple Ideas, that the Mind it self puts together […]“. 275 Essay 2.25.1; 319, 3 – 6: „The Understanding, in the consideration of any thing, is not confined to that precise Object: It can carry any Idea, as it were, beyond it self, or, at least, look beyond it, to see how it stands in conformity to any other.“ 276 S. Kreimendahl 1994; 74. 277 Essay 4.1.2; 525, 5 – 7: „Knowledge then seems to me to be nothing but the perception of the connexion and agreement, or disagreement and repugnancy of any of our Ideas. In this alone it consists.“ – Essay 4.1.3; 525, 16 – 22: „But to understand a little more distinctly, wherein this agreement or disagreement consists, I think we may reduce it all to these four sorts:1. Identity, or Diversity. 2. Relation. 3. Coexistence, or necessary connexion. 4. Real Existence.“ 278 Essay 2.12.1; 163, 23 – 26: „The 2d. [Ttigkeit des Geistes an einfachen Ideen] is bringing two Ideas, whether simple or complex, together; and setting them by one another, so as to take a view of them at once, without uniting them into one; by which way it gets all its Ideas of Relations.“ – Essay 2.25.1; 319, 7 – 10: „When the Mind so considers one thing, that it does, as it were, bring it to, and set it by another, and carry its view from one to t’other: This is, as the Words import, Relation and Respect […].“

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chen.279 Gegenber Vorgaben aus der Erfahrung ist der Verstand auch bei der Bildung von Relationen sehr frei. Obgleich zum Beispiel zwischen den Ideen ,Vater‘ und ,Tçten‘ keine engere Verbindung besteht als zwischen den Ideen ,Sohn‘ oder ,Nachbar‘ und ,Tçten‘, vereinigt er zwar das eine Ideenpaar zu einem gemischten Modus mit dem Namen „Vatermord“, erklrt jedoch die brigen nicht zu besonderen Arten von Tçtungsdelikten.280 Die Vergnglichkeit von Relationen, auf die man schon unter Schulphilosophen hinwies, betont auch der Essay: Wenn eins der beiden Relate vergeht, dann vergeht zugleich die Relation und die relative Benennung, ohne daß das berlebende Relat dadurch eine wirkliche Vernderung erlitte. Wenn zum Beispiel Cajus heute Vater ist, sein Sohn aber morgen stirbt, dann hçrt er auf, der Vater dieses Sohns zu sein, obgleich er an sich selber keine Vernderung erfhrt.281 Locke bernimmt anscheinend von Schulphilosophen die Gewohnheit, Stze wie „Cajus jistj Vater von X“ als „Cajus jexistiert alsj Vater von X“ auszulegen. Der zitierte Passus ist scharf formuliert, aber die berschrift des Paragraphen schwcht die Hrte durch „may be“ etwas ab: „Change of Relation may be without any change in the Subject.“282 Der Text weist darauf hin, daß natrliche Relationen verhltnismßig dauerhaft sind, nmlich so dauerhaft wie die Substanzen, denen sie zukommen; aber auch sie vergehen, sobald die geeigneten Substanzen vergehen. E7b. Fundamente von Relationen. – In der Relationslehre des Essay gibt es gegenber den frhen Drafts betrchtliche Vernderungen, aber die schulphilosophische Vorstellung der Relationsfundamente spielt weiterhin 279 Essay 2.25.6; 321, 25 – 28: „[…] there can be no Relation, but betwixt two Things, considered as two Things. There must always be in relation two Ideas, or Things, either in themselves really separate, or considered as distinct, and then a ground or occasion for their comparison.“ 280 Essay 3.5.6; 430, 35 – 431, 4: „Or what Union is there in Nature, between the Idea of the Relation of a Father, with Killing, than that of a Son, or Neighbour; that those are combined into one complex Idea, and thereby made the Essence of the distinct Species Parricide, whilst the other make no distinct Species at all?“ 281 Essay 2.25.5; 321, 3 – 10: „The nature therefore of Relation, consists in the referring, or comparing two things, one to another; from which comparison, one or both comes to be denominated. And if either of those things be removed, or cease to be, the Relation ceases, and the Denomination consequent to it, though the other receive in it self no alteration at all. v.g. Cajus, whom I consider to day as a Father, ceases to be so to morrow, only by the death of his Son, without any alteration made in himself.“ 282 berschrift von Essay 2.25.5: 321, nach Z. 36.

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eine Rolle, und „Grund oder Anlaß der Vergleichung“ bleibt synonym mit „Fundament der Vergleichung“; als zugehçrige Verben dienen auch hier „ground“ und „found“. 283 Jede einfache oder komplexe Idee kann als Fundament einer Relation verwendet werden,284 und weil man jede Idee und jedes Ding in beinahe unendlich vielen Hinsichten mit anderen vergleichen kann, steht ein großer Teil unserer Gedanken und Wçrter fr Relationen.285 Derer kann es so viele geben, wie es mçgliche Fundamente gibt, und diesen ist es zu danken, daß man von Relationen verhltnismßig leicht eine klare Idee bekommt. Man weiß nmlich schon dann, fr welche Idee ein relativer Ausdruck steht, wenn man einen klaren Begriff vom Fundament der betreffenden Relation hat, den aber kann man haben, bevor man eine vollkommene Idee von den Relaten hat. Wer zum Beispiel begreift, daß einer der Vçgel das Ei gelegt hat, aus dem der andere ausgebrtet wurde, der hat selbst dann eine klare Idee von der Relation zwischen Glucke und Kken, wenn es sich um die Kasuare im St. James’sPark handelt, von denen er im brigen nur eine dunkle und unvollkommene Vorstellung hat.286 Auch im Essay hat Locke nicht die Absicht, smtliche Sorten von Relationen aufzuzhlen.287 Er konzentriert sich zu283 Zum Beispiel Essay 2.28.19; 361, 34 und Essay 2.28.14; 358, 11. 284 Essay 2.25.1; 319, 23 – 27: „And since any Idea, whether simple, or complex, may be the occasion, why the Mind thus brings two things together, and, as it were, takes a view of them at once, though still considered as distinct: therefore any of our Ideas, may be the foundation of Relation.“ 285 Essay 2.25.7; 321, 31 – 35: „[…] there is no one thing, whether simple Idea, Substance, Mode, or Relation, or Name of either of them, which is not capable of almost an infinite number of Considerations, in reference to other things: and therefore this makes no small part of Men’s Thoughts and Words.“ 286 Essay 2.25.8; 322, 34 – 323, 9: „For significant relative Words, as well as others, standing only for Ideas; and those being all either simple, or made up of simple ones, it suffices for the knowing the precise Idea the relative term stands for, to have a clear conception of that, which is the foundation of the Relation; which may be done without having a perfect and clear Idea of the thing it is attributed to. Thus having the Notion, that one laid the Egg, out of which the other was hatched, I have a clear Idea of the Relation of Dam and Chick, between the two Cassiowaries in St. James’s Park; though, perhaps, I have but a very obscure and imperfect Idea of those Birds themselves.“ 287 Essay 2.28.17; 360, 9 – 15: „’Twould make a Volume, to go over all sorts of Relations: ’tis not therefore to be expected, that I should here mention them all. It suffices to our present purpose, to shew by these, what the Ideas are, we have of this comprehensive Consideration, call’d Relation. Which is so various, and the Occasions of it so many, (as many as there can be of comparing things one to another,) that it is not very easy to reduce it to Rules, or under just Heads.“

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nchst auf die „großen“ Relationen ,Ursache-Wirkung‘, ,Zeit‘, ,Ort‘ und ,Identitt-Verschiedenheit‘,288 die Locke als umfassend bezeichnet, weil sie alle Geschçpfe betreffen;289 ihnen stehen die schon aus den frhen Drafts bekannten partikulren Relationen gegenber, in denen nur einige Dinge stehen. Identitt und Verschiedenheit, deren Behandlung bei Locke Udo Thiel vor allem unter dem Gesichtspunkt der persçnlichen Identitt untersucht hat, wurden in den frhen Drafts noch gar nicht erwhnt, und erst Draft B fhrte Zeit, Ort und Kausalitt sogleich ausdrcklich als Relationen ein. Der Essay systematisiert partikulre Relationen nicht anders als die frhen Drafts unter Bezugnahme auf ein bestimmtes Fundament, whrend bei den allgemeinen Relationen das Fundament nur fr die Relation von Identitt und Verschiedenheit genauer bestimmt wird;290 bei den brigen nennt der Text als Fundamente ohne nhere Angaben einfache Ideen. Von den partikulren Relationen werden wie frher zuerst die proportionalen genannt; als Fundamente werden aber jetzt außer intensivierbaren Qualitten auch Quantitten erwhnt (capable of parts),291 so wie es in den Schulbchern blich war. An zweiter Stelle erscheinen natrliche und an dritter Stelle instituierte Relationen.292 Zuletzt werden 288 Essay 2.26.1 – 2; 324, 7 – 325, 33. – Essay 2.26.3 – 4; 325, 34 – 327, 4. – Essay 2.26.5; 327, 5 – 21. – Essay 2.27.1 – 29; 328, 3 – 348, 24. 289 Zum Beispiel Essay 2.25.11; 324, 1 – 4: „I shall begin with the most comprehensive Relation, wherein all things that do, or can exist, are concerned, and that is the Relation of Cause and Effect.“ – Essay 2.26.3; 325, 34 – 35: „Time and Place are also the Foundations of very large Relations, and all finite Beings at least are concerned in them.“ 290 Essay 2.27.1; 328, 3 – 6: „ANOTHER occasion, the mind often takes of comparing, is the very Being of things, when considering any thing as existing at any determin’d time and place, we compare it with it self existing at another time, and thereon form the Ideas of Identity and Diversity.“ 291 Essay 2.28.1; 349, 1 – 6: „First, The first I shall name, is some one simple Idea; which being capable of Parts or Degrees, affords an occasion of comparing the Subjects wherein it is to one another, in respect of that simple Idea, v.g. Whiter, Sweeter, Bigger, Equal, More, etc. These Relations depending on the Equality and Excess of the same simple Idea, in several Subjects, may be called, if one will, Proportional […].“ 292 Essay 2.28.2; 349, 10 – 18: „Another occasion of comparing Things together, or considering one thing, so as to include in that Consideration some other thing, is the Circumstances of their origin or beginning; which being not afterwards to be altered, make the Relations, depending thereon, as lasting as the Subjects to which they belong; v.g. Father and Son, Brothers, Cousin-Germans, etc. which have their Relations by one Community of Blood, wherein they partake in several degrees; Country-men, i. e. those who were born in the same Country, or Tract of Ground; and these I call natural Relations […]“. – Essay 2.28.3; 350, 11 – 16: „Sometimes

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moralische Relationen genannt;293 potentielle Relationen werden nicht mehr erwhnt, wahrscheinlich deshalb, weil ihre Abgrenzung von Kausalrelationen schwierig ist. E7c. Allgemeinheit bei Relationen. Relative Ausdrcke. – Im fnften Kapitel des Dritten Buchs, das allgemeine Relationsideen und Relationsnamen behandelt,294 und auch in den brigen Teilen des Essay gibt es kaum ußerungen ber die Allgemeinheit von Relationen. Die Relation im engeren Sinn („R“) ist grundstzlich eine generelle Idee, denn sie kann nicht nur ein bestimmtes Paar, sondern mehrere Paare von Relaten verbinden, und man kann sie angemessen erkennen, ohne die nheren Umstnde zu kennen295 – ein Hinweis darauf, daß von generellen Vorstellungen die Rede ist, denn abstrakte Ideen sind abstrakt, weil man bei ihnen die nheren Umstnde vernachlssigt. Das geht auch aus der Stelle Essay 3.10.33 hervor, nach der Relationen sozusagen Muster im Gedchtnis sind, mit deren Namen man Ttigkeiten und Relationen benennen kann.296 Wenn aber die Relation im engeren Sinn grundstzlich etwas Generelles ist, dann muß die Partikularitt oder Allgemeinheit von Relationen im weiteren Sinn („R{x,y}“) von der Partikularitt oder Allgemeinheit der Relate abhngen. Das zeigt sich einerseits an Stellen, in denen Personen wie Sempronia, Cajus und Titus als Relate fungieren, und andererseits an Texten, die sich ber die Ursachen des Flssigwerdens von Wachs beziehungsweise von Jungsein und Altsein bei

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the foundation of considering Things, with reference to one another, is some act, whereby any one comes by a Moral Right, Power, or Obligation to do something. Thus a General is one, that hath power to command an Army; and an Army under a General, is a Collection of armed Men, obliged to obey one Man.“ Essay 2.28.4; 350, 34 – 37: „Fourthly, There is another sort of Relation, which is the Conformity, or Disagreement, Men’s voluntary Actions have to a Rule, to which they are referred, and by which they are judged of: which, I think, may be called Moral Relation […]“. Essay 3.5.16; 437, 26 – 28: „What has been said here of mixed Modes, is with very little difference applicable also to Relations; which since every Man himself may observe, I may spare my self the Pains to enlarge on […]“. Zum Beispiel Essay 2.28.19; 361, 26 – 35, und Essay 2.25.4; 320, 32 – 321, 2. Essay 3.10.33; 507, 27 – 34: „[…] Relation being but my way of considering, or comparing two Things together, and so also an Idea of my own making, these Ideas can scarce be found to disagree with any Thing existing; since they are not in the Mind, as the Copies of Things regularly made by Nature, nor as Properties inseparably flowing from the internal Constitution or Essence of any Substance; but, as it were, Patterns lodg’d in my Memory, with names annexed to them, to denominate Actions and Relations by, as they come to exist.“

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Menschen und bei verschiedenen Tierarten ußern.297 Ein Satz wie „Sempronia ist die Mutter von Titus und Cajus“ bringt eine partikulre und ein Satz wie „Menschen werden grçßer als Muse“ eine generelle Relation zum Ausdruck. Die Verknpfung von „relation“ und „denomination“ ist so eng, daß im Text die Formulierung „Denomination, or Relation“ vorkommt;298 selbst die Zuordnung eines Dings zu einer Art wird als Benennung bezeichnet, und das ist eins der Indizien dafr, daß Locke die Artzugehçrigkeit als ußere Relation versteht. Benennungen wie „Vater“ oder „Herr“, die das Denken ber die von ihnen benannte Substanz hinaus zu etwas von ihr Verschiedenem hinlenken (hier: zu Kindern oder zu Knechten), heißen relative Wçrter.299 Deren Bedeutung kann bei verschiedenen Menschen auch dann die gleiche sein, wenn diese nicht die gleichen Ideen von den Relaten haben; zum Beispiel kçnnen Personen, die sehr verschiedene Ideen davon haben, was ein Mensch ist, trotzdem den gleichen Begriff ,Vater‘ haben, denn bei ,Vater‘ ist auf ,Mensch‘ noch ein Begriff aufgesetzt, der eine erfolgreiche Zeugungsttigkeit reprsentiert, was immer „Mensch“ im brigen bedeuten mag.300 Ein Kind, das so wie viele andere Kinder glaubt, Sempronia sei deshalb die Mutter von Titus und Cajus, weil sie die beiden aus dem Petersilienbeet gescharrt hat, verfgt ber einen genau so klaren Begriff von der Relation ,Brder‘ wie eine Hebamme, denn diese Relation grndet darauf, daß dieselbe Frau auf die gleiche Weise an beider Geburt beteiligt war.301 297 Zum Beispiel Essay 2.26.1 und 4; 324, 7 – 28 und 326, 15 – 327, 4. 298 Essay 2.25.1; 319, 29. 299 Essay 2.25.1; 319, 9 – 13: „[…] the Denominations given to positive Things, intimating that Respect, and serving as Marks to lead the Thoughts beyond the Subject it self denominated, to something distinct from it, are what we call Relatives; and the Things so brought together, Related.“ 300 Essay 2.25.4; 320, 32 – 321, 2: „This farther may be observed, That the Ideas of Relation, may be the same in Men, who have far different Ideas of the Things that are related, or that are thus compared. v.g. Those who have far different Ideas of a Man, may yet agree in the notion of a Father: which is a notion superinduced to the Substance, or Man, and refers only to an act of that thing called Man; whereby he contributed to the Generation of one of his own kind, let Man be what it will.“ 301 Essay 2.28.19; 361, 26 – 35: „For if I believed, that Sempronia digged Titus out of the Parsley-Bed, (as they use to tell Children,) and thereby became his Mother; and that afterwards in the same manner, she digged Cajus out of the Parsley-Bed, I had as clear a Notion of the Relation of Brothers between them, as if I had all the Skill of a Midwife; the Notion that the same Woman contributed, as Mother, equally to their Births, (though I were ignorant or mistaken in the manner of it,) being that on which I grounded the Relation; and that they agreed in that Circumstance of Birth, let it be what it will.“

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E7d. Substanzideen. – Zuletzt behandelt der Text Substanzideen, bei denen die verworrene Idee einer Substanz als solcher, die die Eigenschaften zusammenhlt, die erste und wichtigste Teilidee ist.302 Substanzideen sind Kombinationen einfacher Ideen, die in einer uns unbekannten Ursache ihrer Vereinigung existieren, und diese Ursache bewirkt, daß das Ganze durch sich selbst subsistiert.303 „Subsistieren“ ist ein schulphilosophischer Ausdruck fr „existieren als Substanz“. Unsere Idee ,Subsistenz‘ bekommen wir nicht durch Erfahrung, sondern durch Vermutung;304 sie steht fr einen angenommenen Trger von Qualitten, doch haben wir keine deutliche Vorstellung davon, wie Qualitten getragen werden.305 Trotzdem mssen wir, wenn wir berhaupt zu Substanzideen gelangen wollen, die Trgeridee mit Sammlungen einfacher Ideen zusammendenken, denn sonst erhalten wir statt einer Substanzidee einen Modus.306 Sofern wir uns auf die undeutliche Trgeridee einlassen, bekommen wir Ideen wirklicher Substanzarten dadurch, daß wir Kombinationen einfacher Ideen zusam302 Essay 2.12.6; 165, 24 – 27: „The Ideas of Substances are such combinations of simple Ideas, as are taken to represent distinct particular things subsisting by themselves; in which the supposed, or confused Idea of Substance, such as it is, is always the first and chief.“ 303 Essay 2.23.6; 298, 12 – 17: „[…] all the Ideas we have of particular distinct sorts of Substances, are nothing but several Combinations of simple Ideas, coexisting in such, though unknown, Cause of their Union, as makes the whole subsist of itself. ’Tis by such Combinations of simple Ideas and nothing else, that we represent particular sorts of Substances to our selves […]“. 304 Essay 2.23.6; 298, 11 – 15 und 26 – 31: „Whatever therefore be the secret and abstract Nature of Substance in general, all the Ideas we have of particular distinct sorts of Substances, are nothing but several Combinations of simple Ideas, coexisting in such, though unknown, Cause of their Union, as makes the whole subsist of itself. […] he has no other Idea of any Substance, v.g. let it be Gold, Horse, Iron, Man, Vitriol, Bread, but what he has barely of those sensible Qualities, which he supposes to inhere, with a supposition of such a Substratum, as gives as it were a support to those Qualities, or simple Ideas, which he has observed to exist united together.“ 305 Essay 2.23.2; 295, 21 – 296, 2: „If any one should be asked, what is the subject wherein Colour or Weight inheres, he would have nothing to say, but the solid extended parts: And if he were demanded, what is it, that that Solidity and Extension inhere in, he would not be in a much better case, than the Indian before mentioned […]“. 306 Essay 2.22.1; 288, 9 – 13: „These mixed Modes being also such Combinations of simple Ideas, as are not looked upon to be the characteristical Marks of any real Beings that have a steady existence, but scattered and independent Ideas, put together by the Mind, are thereby distinguished from the complex Ideas of Substances.“

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mensuchen, von denen wir durch tgliche Erfahrung oder durch Beobachtung wissen, daß sie in mehreren Individuen koexistieren.307 Daß letztlich wir selbst diese einfachen Ideen miteinander vereinigen, bercksichtigt ein an Stillingfleet gerichteter Passus, nach dem die Vorstellung ,Mensch‘ eine Sammlung mehrerer Ideen ist, die man zu einer einzigen komplexen Idee kombiniert hat.308 Manchmal erwhnt der Essay nur die Ttigkeiten des Sammelns oder Zusammenstellens, aber nicht die einheitstiftende Ttigkeit des Verstandes, fr deren Beschreibung Ausdrcke wie „combine“ und „combination“ charakteristisch sind. Ideensammlungen, aus denen der Verstand Substanzideen bildet, whlt er bei erfahrenen Substanzen insofern nicht selber aus, als sie ihm durch Erfahrung gegeben werden; Locke glaubt jedoch, daß man sie trotzdem in einem bestimmten Sinne selber auswhlt, denn Erfahrungsideen von Substanzen kçnnen von Mensch zu Mensch verschieden sein: Je nach Genauigkeit, Erfahrung oder Beobachtungsgabe lßt der eine bestimmte einfache Ideen aus, die der andere in seine Sammlung aufnimmt.309 Normalerweise stellt man zur Gewinnung von Ideen existierender Substanzarten nur solche einfachen Ideen zusammen, von denen man beobachtet hat oder annimmt, daß sie koexistieren;310 Ideen fiktiver Substanzarten entstehen dagegen ohne unmittelbare Vorgaben der Natur aus Sammlungen einfacher Ideen, die allein der Geist zusammenstellt.311

307 Essay 2.23.3; 296, 20 – 23. Text s. S. 363, Anm. 245. 308 Letter; Works IV, 74, 4 – 8: „My apprehension concerning the nature of man, or the common nature of man, if your lordship will, upon this occasion, give me leave to trouble your lordship with it, is, in short, this; that it is a collection of several ideas, combined into one complex, abstract idea […]“. 309 Essay 3.6.31; 458, 22 – 28 und 458, 34 – 459, 2: „But however, these Species of Substances pass well enough in ordinary Conversation, it is plain, that this complex Idea, wherein they observe several Individuals to agree, is, by different Men, made very differently; by some more, and others less accurately. In some, this complex Idea contains a greater, and in others a smaller number of Qualities; and so is apparently such as the Mind makes it. […] different Men leaving out, or putting in several simple Ideas, which others do not, according to their various Examination, Skill, or Observation of that subject, have different Essences of Gold; which must therefore be of their own, and not of Nature’s making.“ 310 Essay 3.6.29; 456, 13 – 15: „Though the Mind of Man, in making its complex Ideas of Substances, never puts any together that do not really, or are not supposed to coexist […]“. 311 Essay 2.32.22; 392, 16 – 17: „[…] When it having a complex Idea made up of such a Collection of simple ones, as Nature never puts together […]“.

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E7e. Zusammensetzung einfacher Ideen zu Ideen bestimmter Substanzarten. – Einfache Ideen, die aus der ußeren oder inneren Erfahrung stammen, werden vom Verstand zu einer einzigen Idee vereinigt. Wenn man die Eigenschaften zusammenstellt, die man gewçhnlich bei Eisen oder Diamanten beobachtet, dann erhlt man die wahre komplexe Idee dieser Substanzen;312 und wenn man die Ideen ,gelb‘, ,sehr schwer‘, ,schmelzbar‘, ,fest‘, ,dehnbar‘ und ,lçslich in Aqua Regia‘ zusammenstellt, dann bekommt man die landlufige komplexe Idee von Gold.313 Wenn man dagegen die Ideen ,kohrente raumfllende Materieteilchen‘, ,Vermçgen, bewegt zu werden‘ und ,Substanz‘ zusammenstellt, dann bekommt man die Idee ,Materie‘. Mit geistigen Ttigkeiten wie Denken, Schlußfolgern und Frchten verfhrt der Verstand nicht anders: Er nimmt an, daß solche Ttigkeiten weder aus eigener Kraft subsistieren noch von der Materie herrhren kçnnen, und hlt sie deshalb fr Akte einer andersartigen Substanz, die er als Geist bezeichnet. Wenn er daraufhin die Ideen ,Denken‘, ,Perzeption‘, ,Freiheit‘ und ,Vermçgen, sich selbst und andere Dinge zu bewegen‘, zusammenstellt, dann bekommt er den Begriff ,immaterielle Substanz‘ oder ,Geist‘. Dagegen besteht der landlufige Begriff ,Mensch‘ aus der Kombination einer bestimmten Gestalt und des Vermçgens, sich selbst und andere Dinge zu bewegen, zu denken und Schlsse zu ziehen, mit dem allgemeinen Begriff einer Substanz.314

312 Essay 2.23.3; 296, 29 – 31: „’Tis the ordinary Qualities, observable in Iron, or a Diamond, put together, that make the true complex Idea of those Substances […]“. 313 Essay 2.31.9; 382, 3 – 7: „Another, is Ductility, and Solubility in Aqua Regia, two other Powers, relating to the operation of other Bodies, in changing its outward Figure or Separation of it, into insensible Parts. These, or part of these, put together, usually make the complex Idea in Men’s Minds, of that sort of Body we call Gold.“ 314 Essay 2.23.5; 297, 24 – 33: „The same happens concerning the Operations of the Mind, viz. Thinking, Reasoning, Fearing, etc. which we concluding not to subsist of themselves, nor apprehending how they can belong to Body, or be produced by it, we are apt to think these the Actions of some other Substance, which we call Spirit; whereby yet it is evident, that having no other Idea or Notion, of Matter, but something wherein those many sensible Qualities, which affect our Senses, do subsist; by supposing a Substance, wherein Thinking, Knowing, Doubting, and a power of Moving, etc. do subsist, We have as clear a Notion of the Substance of Spirit, as we have of Body […]“. – Essay 2.12.6; 165, 30 – 32: „[…] a combination of the Ideas of a certain sort of Figure, with the powers of Motion, Thought, and Reasoning, joined to Substance, make the ordinary Idea of a Man.“

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E7f. Bildung generellerer Substanzideen. – Ideen von Substanzarten entstehen dadurch, daß der Verstand im Rahmen des kompositiven Verfahrens eine Anzahl einfacher Ideen zusammensucht und als in einem Ding vereinigt betrachtetet.315 Manchmal weist der Text nicht eigens darauf hin, daß man bei der Verallgemeinerung einer partikulren Substanzidee nicht etwa die individuierenden Bestimmungen aus dieser herausschneidet und den verbleibenden Rest als generelle Idee verwendet, sondern daß man die erforderlichen Teilideen ermittelt, zusammenstellt und miteinander verbindet. Das Wechselspiel von Zusammensetzung und Vereinigung abstrakter einfacher Ideen, durch das generelle komplexe Ideen entstehen, wiederholt sich auf jeder Stufe der Abstraktion. Wenn Kinder sich die generelle Idee und Bezeichnung „Mensch“ angeeignet haben, dann schreiten sie zu generelleren Wçrtern und Begriffen fort. Sie beobachten, daß Dinge, die ihrer eigenen Idee ,Mensch‘ nicht entsprechen und die sie deshalb nicht unter dem Namen „Mensch“ begreifen, trotzdem gewisse Eigenschaften mit Menschen gemeinsam haben. Wenn sie daraufhin nur die Ideen dieser gemeinsamen Eigenschaften sammeln und zu einer einzigen Idee vereinigen, dann bekommen sie eine neue Idee, die genereller ist, denn mit dem Namen „Sinneswesen“ (animal), den sie ihr geben, lassen sich mehr Individuen bezeichnen als mit dem Wort „Mensch“.316 Obgleich hier von der Entstehung neuer komplexer Ideen die Rede ist, bemerkt Locke eine Zeile spter, daß dabei keine „new addition“ entsteht; das ist mißverstndlich und am ehesten so zu deuten, daß die Komponenten der neuen komplexen Idee nicht neu sind, sondern einer bereits bestehenden weniger generellen Idee entnommen wurden.317 Die Angaben des Essay ber die Gewinnung von Substanzideen hçherer Allgemeinheit gleichen denen, die schon die frhen Drafts entwickelten. Allgemeinere Ideen sind unvollstndige Versionen von weniger allgemeinen.318 Wenn man zum 315 Essay 2.23.14; 305, 2 – 4: „[…] our specifick Ideas of Substances are nothing else but a Collection of a certain number of simple Ideas, considered as united in one thing.“ – Anschaulich Kraus 1966; 292 – 293. 316 Essay 3.3.8; 411, 28 – 35: „By the same way, that they come by the general Name and Idea of Man, they easily advance to more general Names and Notions. For observing, that several Things that differ from their Idea of Man, and cannot therefore be comprehended under that Name, have yet certain Qualities, wherein they agree with Man, by retaining only those Qualities, and uniting them into one Idea, they have again another and a more general Idea; to which having given a Name, they make a term of a more comprehensive extension […]“. 317 Dazu Ott 2004; 55 und 67. 318 Essay 3.6.32; 460, 4 – 7 und 18 – 21: „So that in this whole business of Genera and Species, the Genus, or more comprehensive, is but a partial Conception of what is in

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Beispiel bei der abstrakten Idee ,Sinneswesen‘ die Bestimmungen ,sinnesbegabt‘ und ,spontane Bewegung‘ bergeht und nur die Bestimmungen ,Kçrper‘, ,Leben‘ und ,vegetatives Vermçgen‘ zusammenstellt, dann bekommt man eine Idee von noch grçßerem Umfang, mit der der Name „Lebewesen“ (vivens) verbunden ist. Allgemeinere Ideen stehen fr mehr Individuen als weniger allgemeine, weil sie rmer an Bestimmungen sind und sozusagen grçber filtern.319 Wenn man bei sehr allgemeinen Ideen noch mehr auslßt, dann erhlt man noch rmere und zugleich umfassendere Ideen. bergeht man zum Beispiel bei ,Lebewesen‘ die Bestimmungen ,lebendig‘, ,sinnesbegabt‘ und ,vegetativ‘, dann kann man die Idee ,materielle Substanz‘ oder ,Kçrper‘ zusammenstellen. bergeht man bei dieser wiederum ,materiell‘, dann gelangt man zu der Idee ,Substanz‘, die nicht allein fr Kçrper, sondern auch fr Geister steht. Abstrahiert man bis zur letzten Mçglichkeit, dann erhlt man allgemeinste Ausdrcke wie ,Seiendes‘ oder ,Ding‘, die fr beliebige Ideen stehen kçnnen. Fr den allgemeinsten und unserem Denken vertrautesten generellen Terminus hlt Locke auch im Essay die Idee ,eins‘, die zu allen existierenden oder vorstellbaren Dingen paßt,320 denn Individualitt ist eine Form von Einheit, und alle Dinge sind gleichermaßen individuell. the Species, and the Species, but a partial Idea of what is to be found in each individual. […] In all which, we may observe, that the more general term, is always the name of a less complex Idea; and that each Genus is but a partial conception of the Species comprehended under it.“ – hnlich Abstr. 3.6; King 383, 4 – 8: „[…] it is much more evident that the more comprehensive classes, called genera by the masters of logic, are so, which are complex ideas designedly imperfect, out of which are purposely left several of those qualities that are to be found constantly in the things themselves as they exist […]“. – Abstr. 3.6; King 383, 15 – 18, entspricht dem Text von Essay 3.6.32; 460, 4 – 7. 319 Essay 3.3.9; 412, 21 – 24: „Leave out of the Idea of Animal, Sense and spontaneous Motion, and the remaining complex Idea, made up of the remaining simple ones of Body, Life, and Nourishment, becomes a more general one, under the more comprehensive term, Vivens“. – Essay 3.6.32; 459, 7 – 10: „These are complex Ideas designedly imperfect: And ’tis visible at first sight, that several of those Qualities, that are to be found in the Things themselves, are purposely left out of generical Ideas.“ – Der Ausdruck „generical“ ist im Essay selten; er kommt außer an dieser Stelle nur in 3.6.39; 464, 2 und 9, vor. 320 Essay 3.3.9; 412, 25 – 27. Text s. S. 291, Anm. 7. – Essay 2.16.1; 205, 6 – 10: „And therefore it [die Idee der Zahl] is the most intimate to our Thoughts, as well as it is, in its Agreement to all other things, the most universal Idea we have. For Number applies it self to Men, Angels, Actions, Thoughts, every thing that either doth exist, or can be imagined.“ – „Universal“ ist bei Locke nicht hufig. In Essay 2.11.9; 159, 28, hat es nicht den Sinn „ganz allgemein“, sondern den heute blichen Sinn von

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E7g. Geach und Gallie. – Lockes Darstellung der Verallgemeinerung komplexer Substanzideen bereitet vor allem dann Schwierigkeiten,321 wenn man bersieht, daß dabei von einem kompositiven Vorgang die Rede ist. Peter Geach wandte sich 1957 gegen eine Meinung, die er als Abstraktionismus bezeichnete: Man erwirbt einen Begriff, indem man ein durch unmittelbare Erfahrung gegebenes Merkmal attentional aussondert („abstrahiert“) und die brigen gleichzeitig gegebenen Merkmale ignoriert („von ihnen abstrahiert“). Begriffe wahrnehmbarer Dinge bildet man, indem man mehrere solcher unmittelbar durch die Sinneserfahrung gegebener Merkmale heraussucht; aber dadurch entstehen weder eigene Begriffe von Substanzarten wie Gold oder Wasser noch von Substanzen, sondern nur Begriffe, in denen man charakteristische Merkmale zusammenstellt und miteinander vereinigt. Auf hnliche Weise bildet man Begriffe der Reflexion aus Informationen eines Quasisinns fr psychische Ereignisse, indem man einige von deren Komponenten betrachtet und die brigen bersieht; dadurch bekommt man Begriffe wie „Urteilen“ oder „Wnschen“. Es handelt sich um eine lockere Beschreibung der kompositiven Abstraktion, doch hlt es Geach fr ein Zeichen grober Ignoranz, Locke zum Begrnder dieser Konstruktion zu ernennen; „in his day it was the commonest scholastic claptrap, and this bad tradition still survives in certain quarters.“322 In Wirklichkeit schlgt allerdings von den in dieser Arbeit zitierten Scholastikern kein einziger ein kompositives Verfahren vor; ich finde es nur bei Gassendi, Bernier und Locke. In seiner Kritik an Geach zeigt Gallie, daß Locke zumindest in einigen Texten ein kompositives Verfahren zur Herstellung komplexer abstrakter Ideen skizziert; an anderen Stellen verfahre er jedoch przisiv. Als Beispiel nennt auch Gallie Essay 3.3.7: Kinder lassen bei der Bildung ihrer generellen Idee ,Mensch‘ aus ihren Ideen von Peter und James, Mary und Jane dasjenige aus, was nur einzelnen Personen eigentmlich ist, behalten aber das, was ihnen allen gemeinsam ist.323 Diese beliebte Stelle, mit der Locke die Behandlung genereller komplexer Ideen einleitet, lßt sich in der Tat zunchst so „Universalien“. An der Stelle „Remarks upon some of Mr. Norris’s Books“; Works X 250, 21, ist „universality“ synonym mit dem ebenfalls seltenen „generality“. 321 Schon Morell 1794; 87 zu Essay 3.5.2: „The author seems to confound making of complex ideas with abstracting them; for the abstracting of complex ideas is as much the work of the understanding, as the abstracting of simple ones, though making is not.“ 322 Peter Geach, Mental acts, London (Routledge) 1957; 18 – 21, referiert nach Gallie 1978; 63 – 65. 323 Gallie 1978; 68 – 69. – Essay 3.3.7; 411, 21 – 27.

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deuten, als wre in ihr von przisiver Abstraktion die Rede; doch ist im nchsten Paragraphen, der mit „by the same way“ an den vorhergehenden Text anknpft, zweifellos von einer kompositiven Ttigkeit die Rede: Kinder behalten nur die Eigenschaften, die Menschen und anderen Dingen gemeinsam sind, und vereinigen sie zu einer einzigen neuen Idee.324 Zumindest aus diesem von Gallie zitierten Text folgt also nicht, daß Locke an manchen Stellen generelle komplexe Ideen durch przisive Abstraktion entstehen lßt. E7h. In welchem Sinn entstehen generelle Substanzideen durch Abstraktion?– Im Briefwechsel mit Stillingfleet325 geht Locke auf Einwendungen des Bischofs gegen seine Substanzlehre ein; dadurch besitzen wir eine verhltnismßig detaillierte Darstellung der kompositiven Abstraktion von Substanzideen und zustzliche Information darber, wie Locke sich deren Bildung vorstellt. Er zeigt zunchst, daß in den von Stillingfleet kritisierten Paragraphen des Essay nicht von Substanzen, sondern von Substanzideen die Rede ist, und daß man zwischen der allgemeinen Idee einer Substanz berhaupt und Ideen bestimmter Substanzarten wie ,Mensch‘, ,Pferd‘ oder ,Gold‘ unterscheiden muß.326 Stillingfleet behauptet, daß nach Locke die generelle Substanzidee nicht durch Abstraktion und Erweiterung (enlarging), sondern durch complication zahlreicher einfacher Ideen entsteht.327 324 Essay 3.3.8; 411, 28 – 34: „By the same way, that they come by the general Name and Idea of Man, they easily advance to more general Names and Notions. For observing that several Things that differ from their Idea of Man, and cannot therefore be comprehended under that name, have yet certain Qualities, wherein they agree with Man, by retaining only those Qualities, and uniting them into one Idea, they have again another and a more general Idea […]“. 325 Zu Stillingfleets Wrdigung s. Lennon 1993, VII 26: The polemic with Stilligfleet, und Rogers 1998: Stillingfleet, Locke and the Trinity; 143 – 156. 326 Letter; Works IV 18, 4 – 7: „To which I beg leave to say, that I ground not the being, but the idea of substance, on our accustoming ourselves to suppose some substratum; for it is of the idea alone I speak there, and not of the being of substance.“ – Letter; Works IV, 17, 38 – 18, 5: „And these two I plainly distinguish all along, particularly where I say, whatever therefore be the secret and abstract nature of substance in general, all the ideas we have of particular distinct substances are nothing but several combinations of simple ideas, co-existing in such, though unknown, cause of their union, as makes the whole subsist of itself.“ 327 Letter; Works IV 16, 17 – 23: „Herein your lordship seems to charge me with two faults: one, that I make the general idea of substance to be framed, not by abstracting and enlarging simple ideas, but by a complication of many simple ideas together the other, as if I had said, the being of substance had no other foundation but the fancies of men.“

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„Complication“ hat hier die in den frhen Drafts und im Essay noch gelufige Bedeutung ,Kombination‘ oder ,Verknpfung‘. Der Ausdruck „enlarging“ ist nicht gut gewhlt, denn er gehçrt in die Lehre von den einfachen Modi. Anscheinend versteht Stillingfleet unter „generelle Substanzidee“ (the general Idea of substance) nicht wie Locke die Idee eines Trgers, sondern Ideen von Substanzarten wie ,Gold‘ oder ,Mensch‘; Locke bezieht sich dagegen auf die Trgeridee, das heißt, auf den Begriff einer Substanz berhaupt, und schreibt, er habe weder bestritten, daß dieser Begriff durch Abstraktion entsteht, noch habe er behauptet, daß man ihn durch Kombinieren einfacher Ideen gewinnt. Dagegen bilde man Ideen bestimmter Substanzarten wie ,Mensch‘, ,Pferd‘ oder ,Gold‘ dadurch, daß man mehre einfache Ideen kombiniere und mit einem einzigen Substanznamen benenne, obgleich sie aus mehreren Modi bestehen, denn man denke sich zugleich ein Substrat, das diese Kombination zusammenhlt.328 Ein solches Substrat denkt man sich aber deshalb, weil man keinen wahren Begriff von Modi oder Akzidentien haben kann, ohne zugleich an ein Subjekt zu denken, in dem sie sind, denn sie kçnnen aus eigener Kraft nicht existieren; und so entdeckt der Geist die notwendige Verknpfung von Modusideen oder Akzidentien mit der Idee ,Inhrenz‘ oder ,Getragenwerden‘.329 Zur Erklrung erwhnt Locke Stze wie „Etwas jtrgtj eine Qualitt“ oder „Eine Qualitt jinhriertj in etwas“. Die in ihnen thematisierte Vorstellung ,Inhrenz‘ beziehungsweise ,being supported durch einen supporter‘ ist keine einfache Idee der Sinnlichkeit oder der Reflexion, der Verstand kombiniert sie vielmehr aus der abstrakten Idee ,irgend etwas‘ und der relativen Idee ,Trger‘ (von Akzidentien).330 Mit der vagen Ab328 Letter; Works IV 17, 11 – 26: „In which words, I do not observe any that deny the general idea of substance to be made by abstraction; nor any that say, it is made by a complication of many simple ideas together. But speaking in that place of the ideas of distinct substances, such as man, horse, gold, &c. I say they are made up of certain combinations of simple ideas; which combinations are looked upon, each of them, as one simple idea, though they are many; and we call it by one name of substance, though made up of modes, from the custom of supposing a substratum, wherein that combination does subsist.“ 329 Letter; Works IV 21, 19 – 24: „[…] we find that we can have no true conception of any modes or accidents, but we must conceive a substratum or subject, wherein they are; i. e. that they cannot exist or subsist of themselves. Hence the mind perceives their necessary connexion with inherence or being supported […]“. 330 Letter; Works IV 19, 23 – 31: „[…] I never said that the general idea of substance comes in by sensation and reflection; or, that it is a simple idea of sensation or reflection, though it be ultimately founded in them: for it is a complex idea, made up of the general idea of something, or being, with the relation of a support to

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straktion ,irgend etwas‘ muß er sich deshalb begngen, weil er keine klare und deutliche Idee davon hat, wie etwas beschaffen ist, das Akzidentien trgt.331 Wenn nun jemand Ideen bestimmter Substanzarten wie ,Mensch‘ oder ,Gold‘ bilden mçchte, dann braucht er Sammlungen gemeinsamer Eigenschaften, die er wie alle komplexen Ideen als Einheiten betrachtet; doch denkt er sie im Fall von Substanzideen außerdem in Relation zu etwas, das sie trgt.332 Durch Lockes Erwiderung wird klar, was die unspezifizierte Mitteilung „Substanzideen wie ,Mensch‘ oder ,Gold‘ entstehen durch Abstraktion“ bedeutet. Die relative Idee einer Substanz berhaupt, die Eigenschaften trgt, entsteht durch mehrere Abstraktionen; die einfachen Ideen, deren Kombination der Verstand wie alle komplexen Ideen als Einheit betrachtet, sind schon vor ihrer Zusammensetzung abstrakt; beide gehen auf Abstraktion zurck, und zwar die Trgeridee unmittelbar und die Ideensammlung mittelbar. Am Ende aber bildet der Verstand aus der einen wie den anderen Substanzideen wie ,Mensch‘ oder ,Gold‘, indem er die genannten Eigenschaften zusammen mit ihrem Trger denkt. E7i. „Kollektive Substanzidee“ bedeutet im Essay etwas anderes als „generelle komplexe Idee“. – Der Verstand kann nicht nur singulre und generelle, sondern auch kollektive Substanzideen bilden, deren Teilideen nicht Eigenschaften, sondern Individuen reprsentieren. Mit dieser Erklrung nhert sich Locke der Konstruktion, die Gassendi als „aggeries“ und Bernier als „amas“ bezeichnete. Auch solche Ideen bildet der Geist mit seinem Vermçgen, einfache oder komplexe Ideen zu einer einzigen Idee zu ver-

accidents. For general ideas come not into the mind by sensation or reflection, but are the creatures or inventions of the understanding, as, I think, I have shown […]“. 331 Letter; Works IV 21, 29 – 22,2: „But because a relation cannot be founded in nothing, or be the relation of nothing, and the thing here related as a supporter or support is not represented to the mind by any clear and distinct idea; therefore the obscure, indistinct, vague idea of thing or something, is all that is left to be the positive idea, which has the relation of a support or substratum to modes or accidents; and that general indetermined idea of something, is, by the abstraction of the mind, derived also from the simple ideas of sensation and reflection: and thus the mind, from the positive, simple ideas got by sensation or reflection, comes to the general relative idea of substance; which, without the positive simple ideas, it would never have.“ 332 Letter; Works IV 21, 23 – 27: „Hence the mind perceives their [der Akzidentien und Modi] necessary connexion with inherence or being supported which being a relative idea superadded to the red colour in a cherry, or to thinking in a man, the mind frames the correlative idea of a support.“

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einigen.333 Als Beispiele nennt Locke ,Armee‘, ,Truppe‘, ,Schwarm‘, ,Stadt‘ und ,Flotte‘; die kollektive Idee, die alle Kçrper zugleich umfaßt, ist ,Welt‘. Im Blick auf Schwierigkeiten dieser Konzeption bemerkt Locke, daß die Einheit einer Idee immer dann gegeben ist, wenn sie der Geist ohne Rcksicht auf die Menge der in ihr enthaltenen Individuen als Einheit betrachtet.334 Auch kollektive Ideen bildet er mit seinem Vermçgen der Zusammensetzung, denn Ideen von Einzelsubstanzen darf er nicht weniger zu neuen Einheiten zusammensetzen als einfache Ideen.335 Die so entstehenden Ideen sind Kunstgriffe des Verstandes, die ihm die Betrachtung und Besprechung mehrerer weit voneinander entfernter und voneinander unabhngiger Dinge erleichtern, und zwar dadurch, daß sie alle in einer einzigen Idee vereinigt sind und nur mit einem einzigen Namen bezeichnet werden.336 In dieser Zweckbestimmung und in der Entstehung durch Zusammensetzung gleichen kollektive Ideen generellen Substanzideen, doch bestehen zwischen beiden betrchtliche Unterschiede: Kollektive Substanzideen sind nicht wie generelle Substanzideen Zusammensetzungen von einfachen Ideen, sondern von Substanzideen, und nicht Zusammensetzungen von abstrakten, sondern von partikulren Ideen; auch 333 Essay 2.24.2; 318, 3 – 4: „These collective Ideas of Substances, the Mind makes by its power of Composition […]“. 334 Essay 2.24.1; 317, 21 – 318, 2: „BESIDES these complex Ideas of several single Substances, as of Man, Horse, Gold, Violet, Apple, etc. the Mind hath also complex collective Ideas of Substances; which I so call, because such Ideas are made up of many particular Substances considered together, as united into one Idea, and which so joined, are looked on as one; v.g. the Idea of such a collection of Men as make an Army, though consisting of a great number of distinct Substances, is as much one Idea, as the Idea of a Man: And the great collective Idea of all Bodies whatsoever signified by the name World, is as much one Idea, as the Idea of any the least Particle of Matter in it; it sufficing, to the unity of any Idea, that it be considered as one Representation, or Picture, though made up of never so many Particulars.“ 335 Essay 2.24.2; 318, 3 – 4 und 9 – 13: „These collective Ideas of Substances, the Mind makes by its power of Composition […]. So by putting together several particular Substances, it makes collective Ideas of Substances, as a Troop, an Army, a Swarm, a City, a Fleet; each of which, every one finds, that he represents to his own Mind, by one Idea, in one view […].“ 336 Essay 2.24.3; 318, 21 – 28: „Amongst such kind of collective Ideas, are to be counted most part of artificial Things, at least such of them as are made up of distinct Substances: And, in truth, if we consider all these collective Ideas aright, as ARMY, Constellation, Universe; as they are united into so many single Ideas, they are but the artificial Draughts of the Mind, bringing things very remote, and independent on one another, into one view, the better to contemplate, and discourse of them, united into one conception, and signified by one name.“

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werden sie nicht durch Abstraktion, sondern durch unbestimmte Addition gewonnen. Lockes Darstellung ist weniger knapp als die Gassendis bei der Beschreibung des Verfahrens aggregando und lßt keinen Zweifel daran, daß er kollektive Substanzideen nicht fr Unterarten genereller Substanzideen hlt.

E8. Gattungen und Arten E8a. Locke bezeichnet Gattungen oder Arten im Essay nur selten als generelle Ideen. – Locke hlt den schulphilosophischen Ausdruck „Art“ fr uneindeutig,337 verwendet ihn aber auch selbst mit mehreren Bedeutungen. Eine Stelle, in der ein Stck Materie als Art bezeichnet wird,338 bereitet kein Problem, denn der Kontext zeigt, daß es sich um eine zu knapp geratene Formulierung handelt. Dagegen erwecken manche Texte den Eindruck, daß Locke Ideen selbst fr Gattungen und Arten hlt. Essay 3.6.32 erklrt, daß die Gattung nur eine partielle Konzeption von dem ist, was die Art enthlt,339 und „Conception“ kann synonym mit „Idea“ sein. Texte ber gemischte Modi lassen sich wegen der Sonderrolle, die bei dieser Art von Ideen die Namen spielen, nicht ohne weiteres auch auf andere Ideenklassen beziehen, doch gibt es eine Mitteilung ber Substanznamen, aus der hervorgeht, daß generelle Namen nicht fr das Sein, sondern nur fr die Vollendung und Akzeptierung von Arten erforderlich sind;340 das kçnnte implizieren, daß schon abstrakte Ideen ohne Namen Arten sind, daß aber der Name die Art insofern vollendet, als er sie auch anderen Menschen bekannt macht.341 An einer weiteren Stelle heißt es, daß wir fr uns selbst Substanzarten durch abstrakte Ideen denken, sie aber fr andere Menschen mit generellen Namen bezeichnen.342 Auch das lßt sich so interpretieren, 337 Essay 3.5.9; 434, 6 – 8: „And if the doubtful signification of the word Species, may make it sound harsh to some, that I say, that the Species of mixed Modes are made by the Understanding […]“. 338 Essay 3.6.47; 468, 34 – 469, 1: „This piece of Matter, thus denominated Zahab by Adam, being quite different from any he had seen before, no Body, I think, will deny to be a distinct Species, and to have its peculiar Essence […]“. 339 Essay 3.6.32; 460, 4 – 7. Text s. S. 380, Anm. 318. 340 Essay 3.6.39; 463, 15 – 17: „[…] how much general Names are necessary, if not to the Being, yet at least to the completing of a Species, and making it pass for such, will appear […]“. 341 Essay 3.5.9; 434, 1 – 6. Text s. S. 300, Anm. 39. 342 Essay 2.23.6; 298, 15 – 19: „’Tis by such Combinations of simple Ideas and nothing else, that we represent particular sorts of Substances to our selves; such are the

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

daß schon abstrakte Ideen Substanzarten sind. Texte, die Gattungen und Arten nicht mit Namen oder Wçrtern, sondern mit generellen Termini gleichsetzen, sind nicht eindeutig, weil nicht nur verbale, sondern auch mentale Urteile Termini haben; die einen sind generelle Wçrter, die anderen generelle Ideen. Die Mitteilung, daß Gattungen und Arten Zeichen sind,343 ist ebenfalls nicht eindeutig, denn sowohl Ideen als auch Wçrter sind Zeichen .344 Sollte Locke an einigen Stellen tatschlich Gattungen und Arten fr generelle Ideen halten, so wre das nicht vçllig berraschend, denn weil akustische Erscheinungen nach der Erklrung in Essay 3.3.6 nur dann zu generellen Namen werden, wenn sie fr generelle Ideen stehen, sind generelle Ideen bei generellen Namen immer mit im Spiel. E8b. Zweite Explikation: Eine Art oder Gattung ist ein genereller Name. Dritte Explikation: Eine Art ist ein genereller Name, verbunden mit einer Idee. – Die zweite Explikation ist deutlicher belegt, weil Locke Arten und Gattungen mehrmals ausdrcklich als Namen bezeichnet, zum Beispiel in dem Text „the Genus or name Colour“. 345 hnlich heißt es in Essay 3.3.10, daß eine Gattung das nchsthçhere generelle Wort ist, unter das sich das zu definierende generelle Wort subsumieren lßt;346 umfassendere Wçrter heißen nmlich Gattungen, und weniger umfassende Wçrter heißen Arten.347 Nach der dritten Explikation sind Gattungen beziehungsweise Arten Ideen mitsamt den an sie angehngten Namen; auch dadurch wrden Stellen, an denen Locke vielleicht Ideen als Gattungen und Arten bezeichnet, weniger schwierig. Laut Essay 3.3.9 erschçpft sich das ganze Mysterium der Gattungen und Arten in mehr oder weniger umfassenden Ideen mit Namen, die an sie angehngt sind. Eine ebenfalls an Gassendi erinnernde etwas sptere Stelle besttigt das: All das große Geschrei ber

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Ideas we have of their several species in our Minds; and such only do we, by their specifick Names, signify to others, v.g. Man, Horse, Sun, Water, Iron […]“. Essay 4.8.4; 612, 15 – 17: „Such are all Propositions wherein the Genus is predicated of the Species, or more comprehensive of less comprehensive Terms […]“. Essay 3.6.32; 460, 13 – 15: „But if we would rightly consider what is done, in all these Genera and Species, or Sorts, we should find, that there is no new Thing made, but only more or less comprehensive signs […]“. Essay 3.4.16; 428, 8. Essay 3.3.10; 412, 34 – 36: „This may shew us the reason, why, in the defining of Words,which is nothing but declaring their signification, we make use of the Genus, or next general Word that comprehends it.“ Essay 4.8.13; 617, 12 – 15: „[…] all Propositions, wherein more comprehensive Words, called Genera, are affirmed of subordinate, or less comprehensive, called Species, or Individuals, are barely verbal.“

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Gattungen und Arten luft bloß darauf hinaus, daß Menschen abstrakte Ideen bilden und sich einprgen, und zwar zusammen mit den Namen, die an sie angehngt sind.348 Nach einem weiteren Text, der sich auf Substanzen bezieht, sind unsere verschiedenen Arten nichts anderes als komplexe Ideen mit Namen, die an sie angehngt sind;349 jede abstrakte Idee, die einen eigenen Namen hat, bildet eine eigene Art.350 Diese drei Bedeutungen von „Gattung“ oder „Art“ beziehen sich auf Gattungen oder Arten im intensionalen Sinn. Locke schreibt im Blick auf sie, daß gemeinsame Namen von Substanzen, die man zu Zeichen fr abstrakte Ideen eingesetzt hat, nicht auf eine bestimmte Anzahl von Artexemplaren angewiesen sind, um Sorten zu sein; zum Beispiel sei der Name „Sonne“ eine Sorte, und zwar unabhngig davon, ob es eine oder unzhlige Sonnen gibt; das Sonnenbeispiel findet sich in hnlichen Zusammenhngen auch bei Scheibler und Burgersdijck. Aus der Formulierung „might agree“ geht hervor, daß der Name fr eine konsistente generelle Idee schon dann eine Art sein kann, wenn berhaupt kein Individuum mit ihr bereinstimmt, denn er ist bereits dadurch eine Art, daß Individuen mit ihr bereinstimmen kçnnten. 351 In diesen Zusammenhang gehçrt auch eine Mitteilung aus Essay 3.6: Die nominale Wesenheit ist zwar nicht die reale Wesenheit irgend einer Substanz, die existiert, aber sie ist die einzige uns zugngliche Artwesenheit, zu der der von uns verwendete Name gehçrt, und mit ihm konvertibel.352 348 Essay 3.3.9; 412, 27 – 31. Text s. S. 101, Anm. 8. 349 Essay 3.6.13; 448, 7 – 8: „[…] ’tis plain, that our distinct Species, are nothing but distinct complex Ideas, with distinct Names annexed to them.“ 350 Essay 3.6.38; 462, 35 – 463, 2: „One thing, I doubt not, but will seem very strange in this Doctrine; which is, that from what hath been said, it will follow, that each abstract Idea, with a name to it, makes a distinct Species.“ 351 Essay 3.6.1; 438, 28 – 439, 6: „The common Names of Substances, as well as other general Terms, stand for Sorts: which is nothing else but the being made signs of such complex Ideas, wherein several particular Substances do, or might agree, by virtue of which, they are capable to be comprehended in one common Conception, and be signified by one Name. I say, do or might agree: for though there be but one Sun existing in the World, yet the Idea of it being abstracted, so that more Substances (if there were several) might each agree in it; it is as much a Sort, as if there were as many Suns, as there are Stars.“ – Schulphilosophische Stellen entsprechenden Inhalts, die die Sonne als Beispiel whlen, sind Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 7, tit. 6, a. 2, n. 109; 101, und Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 13, th. 2; 75 – 76. 352 Essay 3.6.21; 450, 1 – 4: „Which though it be not the real Essence of any Substance that exists, is yet the specifick Essence, to which our Name belongs, and is convertible with it; by which we may at least try the Truth of these nominal Essences.“

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

E8c. Vierte Explikation: Eine Art ist eine Menge von Individuen, die unter einen generellen Namen eingeordnet werden. – Die vierte Explikation weist in eine andere Richtung. Wenn man ber abstrakte Ideen und ihre Namen verfgt, dann kann man ber Dinge bndelweise nachdenken und reden.353 Deswegen hebt der Verstand abstrakte Ideen mit ihren Namen auf, damit sie ihm bei der Einreihung von Individuen in Gattungen und Arten sowie bei ihrer Benennung als Richtschnur dienen.354 Das Ergebnis solcher Einreihungen heißt ebenfalls „Gattung“ oder „Art“, aber hier sind Gattungen beziehungsweise Arten weder Namen noch Ideen mit Namen, sondern Mengen von Individuen, die der Verstand unter dem Namen einer abstrakten Idee einordnet. Solche Mengen von Individuen unter Namen sind Arten oder Gattungen im extensionalen Sinn. Locke macht sie gelegentlich durch Hinzufgung von „of“-Attributen kenntlich. Er spricht zum Beispiel von „sorts of Animals“, in denen es Einzeltiere gibt, und von „all the Species of Animals“, in denen man Monstren, Wechselblgen und anderen sonderbaren Geschçpfen von menschlicher Geburt begegnet;355 auch die Stelle, nach der der Autor eine neue Sorte von Vçgeln kennen lernte, als er im St. James’s Park zum ersten Mal Kasuare sah, gehçrt hierher.356 Gott hat den Menschen den Schmerz von Hunger und Durst gegeben, um sie zur Erhaltung ihrer selbst und zur Fortpflanzung ihrer Art zu motivieren;357 auch hier wird „Art“ im extensionalen Sinn verwendet, denn weder die Idee ,Mensch‘ noch der Name „Mensch“ pflanzt sich fort. Wenn es keine solchen Kennzeichnungen gibt, dann hilft in der Regel der Kontext bei der Bestimmung der Bedeutung, zum Beispiel an der Stelle Essay 3.6.8, die davon ausgeht, daß man sich bei der Zuweisung eines Individuums zu einer Art an einem Begriff orientiert: Arten von Dingen fr uns bestehen in nichts anderem als in der Einordnung von Dingen unter Namen, die wir 353 Essay 3.3.20; 420, 19 – 22: „[…] Men making abstract Ideas, and settling them in their Minds, with names annexed to them, do thereby enable themselves to consider Things, and discourse of them, as it were in bundles […]“. 354 Essay 2.11.9; 159, 18 – 23: Text s. S. 319, Anm. 105. 355 Essay 3.3.17; 418, 13 – 15: „The frequent Productions of Monsters, in all the Species of Animals, and of Changelings, and other strange Issues of humane Birth […].“ 356 Essay 3.6.34; 461, 6 – 7: „Were I to talk with any one, of a Sort of Birds, I lately saw in St. James’s Park, about three or four Foot high […]“. 357 Essay 2.21.34; 252, 14 – 19: „[…] our Allwise Maker, suitable to our constitution and frame, and knowing what it is that determines the Will, has put into Man the uneasiness of hunger and thirst, and other natural desires, that return at their Seasons, to move and determine their Wills, for the preservation of themselves, and the continuation of their Species.“

E8. Gattungen und Arten

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nach Maßgabe komplexer Ideen vornehmen;358 oder sie bestehen in nichts anderem als in der Einsortierung von Dingen unter generelle Namen nach Maßgabe ihrer bereinstimmung mit den abstrakten Ideen, als deren Zeichen wir diese Namen verwenden.359 Auch in Essay 4.6 setzt Locke Arten nicht mit Ideen oder Namen, sondern mit der Einsortierung von Dingen gleich, erinnert allerdings an die Mehrdeutigkeit von „Gattung“ und „Art“: Der Geist bezieht Substanzideen entweder auf Substanzen selbst oder auf die Bedeutung ihrer Namen, also auf die abstrakten Ideen, fr die sie stehen.360 Bei der ersten Beziehung geht es um Arten im extensionalen Sinn oder um Artexemplare, bei der zweiten um Arten im intensionalen Sinn. E8d. Bei der Einordnung von Individuen in Gattungen oder Arten orientiert man sich an abstrakten Ideen. – Die Einordnung von Individuen in Arten, die der Essay an vielen Stellen beschreibt, erfolgt in drei Phasen. Zuerst wird in einem Akt der Vergleichung berprft, ob das einzuordnende Individuum mit der abstrakten Idee der Art bereinstimmt. Auch der Essay entscheidet sich nicht wie Gassendi fr eine gegenstandsorientierte, sondern wie Surez und andere Jesuitenautoren fr eine begriffsorientierte Artzuweisung. Ein Kandidat fr die Aufnahme in eine Gattung oder Art wird nicht mit den brigen Gattungs- oder Artexemplaren, sondern mit dem Gattungs- oder Artbegriff verglichen. Man berprft nicht, ob das aufzunehmende Individuum den brigen Artindividuen hnlich ist, sondern ob es dem abstrakten Begriff entspricht, der als Idee der Art fungiert. Bei Locke entfllt der Vergleich von Individuen miteinander zwar nicht, rckt aber an eine andere Stelle, denn er geht der Bildung abstrakter Ideen voraus: Generelle Substanzideen bestehen aus Sammlungen von Ideen gemeinsamer Eigenschaften von Individuen, und um solche Eigenschaften zu ermitteln, vergleicht man Individuen miteinander; die Zuweisung von Individuen zu Arten ist aber eine sptere Ttigkeit. Wenn der Vergleich eines Individuums mit der Artidee positiv ausfllt, dann wird der Name der Artidee auf es bertragen (denomination); Implikationen dieses Vorgangs, 358 Essay 3.6.8; 443, 15 – 16: „[…] the Species of Things to us, are nothing but the ranking them under distinct Names, according to the complex Ideas in us […]“. 359 Essay 4.6.4; 581, 4 – 7: „To suppose, that the Species of Things are any thing, but the sorting of them under general Names, according as they agree to several abstract Ideas, of which we make those Names the Signs, is to confound Truth […]“. 360 Essay 3.6.43; 466, 13 – 16: „Give me leave also to shew how the Mind always refers its Ideas of Substances, either to the Substances themselves, or to the signification of their Names, as to the Archetypes […]“.

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

auf den Surez nur flchtig eingeht, werden bei Locke ausfhrlicher erçrtert. Durch die Benennung mit dem Namen der Artidee werden Individuen çffentlich „as being of one Species“ akzeptiert und gelten fortan als Artexemplare.361 „Von derselben Art sein“ bedeutet fr den Essay dasselbe wie „dieselbe Benennung haben“ oder „in dieselbe Klasse hineingestellt sein“.362 Individuen, die mit einer abstrakten Idee bereinstimmen, stellt man unter deren Namen wie Soldaten unter eine Regimentsfahne. Bei Soldaten sagt man dann: Der ist vom roten, der vom blauen Regiment, und hnlich sagt man beim Sortieren von Individuen: Das ist ein Mensch und das ein Pavian. Die Ermçglichung solcher sprachlicher Klassifikationen ist der Zweck, den der Verstand bei der Bildung von Gattungen und Arten verfolgt.363 E8e. Topologie der Einordnung. – Die Einordnung von Einzeldingen in Arten ist kein physischer Eingriff, sondern setzt Individuen in Beziehung zu gedachten Klassifikationssystemen. Lockes Topologie der Gattungsbildung wird in Wendungen wie „range into sorts under names“ erkennbar: Gattungen und Arten sind so etwas wie Fcher, in die man Individuen hineinstellen kann; diese Fcher sind oben mit einem generellen Namen, einer berschrift (title) oder einem Symbol (emblem, sign, ensign) versehen. Indem man Individuen in sie hineinstellt, stellt man sie unter diesen Namen, diese berschrift oder dieses Symbol; hier assoziiert man die Subsumptionsmetapher, nach der das Individuum unter der Art steht. Ein Individuum unter einen Namen zu stellen, bedeutet der Sache nach nichts anderes, als es in eine Art hineinzuordnen;364 nur wird die Art bei solchen Formulierungen als Behltnis verstanden, in das man Individuen hinein361 Essay 3.6.8; 443, 18 – 20: „[…] many of the Individuals that are ranked into one Sort, called by one common Name, and so received as being of one Species […]“. 362 Essay 3.3.13; 415, 23 – 24: „[…] they come to be of that Species, have that Denomination, or are put into that Classis“. 363 Essay 3.6.36; 462, 17 – 25: „[…] ’tis Men, who, taking occasion from the Qualities they find united in them, and wherein, they observe often several individuals to agree, range them into Sorts, in order to their naming, for the convenience of comprehensive signs; under which individuals, according to their conformity to this or that abstract Idea, come to be ranked as under Ensigns: so that this is of the Blue, that the Red Regiment; this is a Man, that a Drill: And in this, I think, consists the whole business of Genus and Species.“ – Ich verwende in der bersetzung „Pavian“, weil das Wort „Drill“, das bei uns noch in „Mandrill“ vorkommt, nicht mehr verstanden wird. 364 Essay 3.6.13; 448, 11 – 12: „[…] the ranking of Things into Species, which is nothing but sorting them under several Titles […]“.

E8. Gattungen und Arten

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stellt. Einige Essay-Stellen heben die Einordnung unter den Artnamen365 und andere die Einreihung in (into) die Art366 hervor; manchmal wird sowohl die Einreihung in die Art als auch die Einordnung unter den Namen erwhnt.367 Die Wendung „in einen Namen einordnen“ kommt nicht vor, wohl aber „unter eine Art einordnen“;368 das ist nicht anstçßig, weil die Art ein Name ist. Ziel der Operationen des Einordnens unter Namen oder des Einreihens in Sorten ist die Besetzung von Arten, die bestndig mit denselben Namen verbunden sind,369 beziehungsweise von Arten, deren Exemplare unter fr sie reservierten Namen stehen.370 365 Essay 3.3.12; 414, 26 – 27: Existierende Dinge „come to be ranked under that name; or, which is all one, be of that sort.“ Essay 3.3.13; 415, 18: „[…] the sorting of them under Names […]“. Essay 4.6.4; 580, 11 – 12: „[…] what Things are comprehended under each Term […]“. Essay 3.6.8; 443, 15 – 16: „[…] the Species of Things to us, are nothing but the ranking them under distinct Names, according to the complex Ideas in us […]“. 366 Essay 2.11.9; 159, 21 – 22: „[…] to rank real Existences into sorts […]“. Essay 2.32.6; 386, 4 – 5: „[…] to bind them into Bundles, and rank them so into sorts […]“. Essay 3.3.13; 415, 23 – 24: „[…] so they come to be of that Species, have that Denomination, or are put into that Classis.“ Essay 3.6.7; 443, 2: „[…] Substances are determined into Sorts, or Species […]“. Essay 3.6.8; 443, 18 – 19: „[…] Individuals that are ranked into one Sort […]“. Essay 3.6.36; 462, 16 – 17: „[…] ’tis not this real Essence that distinguishes them into Species […]“. Essay 3.6.36; 462, 19 – 20: „[…] range them into Sorts […]“. 367 Essay 3.3.4; 410.9: „[…] Things reduced into sorts under general Names […]“. Essay 3.3.15; 417, 21 – 22: „[…] Things are ranked under Names into sorts or Species […]“. Essay 3.6.9; 444, 34 – 35: „[…] to range Things into sorts, and dispose them into certain Classes, under Names […]“. Essay 3. 6.13; 448, 11 – 12: „[…] the ranking of Things into Species, which is nothing but sorting them under several Titles […]“. Essay 3.6.36; 462, 19 – 23: „[…] range them [particular Things] into Sorts, in order to their naming, for the convenience of comprehensive signs; under which individuals, according to their conformity to this or that abstract Idea, come to be ranked as under Ensigns […]“. 368 Essay 3.6.4; 441, 12 – 15: „[…] whatever particular Thing, has not in it those Qualities, which are contained in the abstract Idea, which any general Term stands for, cannot be ranked under that Species, nor be called by that name […]“. Essay 3.6.4; 441, 8 – 10: „[…] as it is essential to this thing I write on, to contain words, if I will give it the name Treatise, and rank it under that Species.“ 369 Essay 3.6.30; 458, 1 – 2: „[…] the sorting of Things by us, or the making of determinate Species […]“.

394

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

E8f. Sprachliche und gedachte Einordnung. – Der Essay hebt die sprachliche Einordnung durch den Akt der Benennung hervor, legt aber die Vermutung nahe, daß es auch eine gedachte Einordnung gibt, die der sprachlichen vorausgeht.371 Das entspricht Lockes Annahmen ber das Verhltnis von Ideen und Wçrtern: Wçrter als sprachliche Ttigkeiten setzen Ideen als geistige Ttigkeiten voraus. Zwar enthalten Essay-Texte wie 3.6.4 keinen Hinweis darauf, daß der Benennung eine gedachte Einordnung vorausgeht: Ein Ding wird mit dem Namen „Abhandlung“ versehen und dadurch in die Art „Abhandlung“ eingeordnet.372 Aber andere Stellen erwhnen zuerst eine gedachte und erst danach die sprachliche Einordnung; zum Beispiel teilt Essay 3.6.25 mit, daß in allen Sprachen ungelehrte Leute die Dinge nach den wahrnehmbaren Qualitten, die sie an ihnen fanden, 1. sortierten und 2. benannten. Essay 3.6.4 setzt den Fall, daß man ein bestimmtes Individuum 1. der Sorte Mensch zurechnet und 2. mit dem Namen „Mensch“ bezeichnet. Nach Essay 3.6.30 begngen sich die meisten Menschen mit einigen ins Auge fallenden ußeren Merkmalen, damit sie 1. Dinge im Alltag schnell sortieren und 2. ihnen Namen geben kçnnen, ohne jedes fr sich untersuchen zu mssen.373 Daß die Benennung durch den Sprachstifter eine gedachte Einordnung voraussetzt, zeigen Stellen, nach denen die Einordnung von Dingen den Zweck hat, ihre Benennung zu ermçglichen; dabei handelt es sich sozusagen um vorsprachliche Arten. Menschen ordnen Dinge in Sorten ein, um sie benennen zu kçnnen; Benennung ist der Zweck der Einsortierung, denn wir sortieren Dinge,

370 Essay 3.6.8; 443, 15 – 16: „[…] the Species of Things to us, are nothing but the ranking them under distinct Names, according to the complex Ideas in us […]“. 371 S. den Hinweis von Michael Ayers in Ayers 1991; I 255: „Thus his view seems to have been that abstraction and general thought can in principle occur without language, but would probably never have arisen without the need for general words.“ 372 Essay 3.6.4; 441, 8 – 10: „[…] as it is essential to this thing I write on, to contain words, if I will give it the name Treatise, and rank it under that Species.“ 373 Essay 3.6.25; 452, 33 – 453, 2: „But those, more or less comprehensive terms, have, for the most part, in all Languages, received their Birth and Signification, from ignorant and illiterate People, who sorted and denominated Things, by those sensible Qualities they found in them […]“. – Essay 3.6.30; 457, 14 – 18: Die meisten Menschen „content themselves with some few obvious, and outward appearances of Things, thereby readily to distinguish and sort them for the common Affairs of Life: And so, without farther examination, give them names, or take up the Names already in use.“

E8. Gattungen und Arten

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damit wir sie mit generellen Wçrtern benennen kçnnen.374 Nach solchen Texten geht der Benennung von Individuen mit Artnamen eine Art gedachter Einordnung voraus. E8g. Mit der Benennung wird der Name und die Erkennbarkeit der Artidee auf Individuen bertragen. – Mit der Benennung wird nicht nur der Name, sondern auch die Erkennbarkeit der Artidee auf das Artexemplar bertragen. Komplexe generelle Ideen ermçglichen ohne zustzliche Erfahrung gewisses, gleichfçrmiges und allgemeines Wissen375, das fr alle Individuen zutrifft, die korrekt unter einen Artnamen eingeordnet wurden. Weil abstrakte Ideen als Kriterien dafr dienen, ob ein Artname zu einem Individuum paßt oder nicht, sind sie Vermittler zwischen Dingen und Namen, die Mitte, die beide miteinander vereinigt, oder das Band, das sie miteinander verknpft.376 Sie sind aber zugleich auch Maßstbe, mit denen wir die Bedeutung von Namen berprfen kçnnen und auf denen die Angemessenheit unseres Wissens und die Korrektheit unseres Sprechens beruht.377 Allaussagen ber Artexemplare sind im Grunde Aussagen ber den

374 Essay 3.6.36; 462, 17 – 20: „[…] ’tis Men, who, taking occasion from the Qualities they find united in them, and wherein they observe often several individuals to agree, range them into Sorts, in order to their naming […]“. – Essay 3.6.30; 458, 1 – 3: „But the sorting of Things by us, or the making of determinate Species, being in order to naming and comprehending them under general terms […]“. 375 Essay 4.3.31; 562, 12 – 14: „Truths belonging to Essences of Things, (that is, to abstract Ideas) are eternal, and are to be found out by the contemplation only of those Essences: as the Existence of Things is to be known only from Experience.“ – A Defense of Mr. Locke’s Opinion concerning Personal Identity; Works III 186, 11 – 13: „Abstract, general ideas (of which this [personality] is an eminent one) are alone productive of certain, uniform, and universal knowledge.“ 376 Essay 2.32.8; 386, 24 – 25: „[…] this abstract Idea, being something in the Mind between the thing that exists, and the name that is given to it […]“. – Essay 3.3.13; 415, 30 – 34: „[…] which [those abstract Ideas in the mind] are, as it were, the bonds between particular Things that exist and the Names they are to be ranked under? And when general Names have any connexion with particular Beings, these abstract Ideas are the Medium that unites them […]“. 377 Essay 3.9.13; 482, 16 – 20: „[…] The simple Ideas that are found to co-exist in Substances, being that which their Names immediately signify, these, as united in the several Sorts of Things, are the proper Standards to which their Names are referred, and by which their Significations may best be rectified.“ – Essay 2.32.8; 386, 25 – 27: „[…] it is in our Ideas, that both the Rightness of our Knowledge, and the Propriety or Intelligibleness of our Speaking consists.“

396

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Inhalt von Artideen;378 Eigenschaften, deren Ideen in der Artidee enthalten sind, darf man allen Artexemplaren zuschreiben, denn deren Gleichfçrmigkeit mit der Artidee wurde vor der Aufnahme in die Art berprft. Hier nhert sich Locke einer berzeugung der nominales, die Surez kritisiert: Gegenstand der Wissenschaft sind generelle Vorstellungen und generelle Wçrter. Locke hlt sich mit starken Behauptungen zurck, doch seine Position ist erkennbar;379 er weist zum Beispiel darauf hin, daß Individuen, die man nicht als Individuen, sondern als Artexemplare betrachtet, nicht unter ihrer eigenen Idee, sondern unter der Idee ihrer Art begriffen werden.380 E8h. Vergleichung und Benennung. Recht auf den Artnamen. – Nach Surez, der in den Disputationes metaphysicae keine Theorie des sprachlichen Allgemeinen entwickelt, entsteht das relative Allgemeine dadurch, daß der Verstand Individuen mit einer abstrakten Idee vergleicht (comparare). Aber auch der Benennung, durch die nach Locke die Einordnung von Individuen in eine Art vollzogen wird, geht eine Vergleichung voraus, denn ehe man ein Individuum benennen kann, muß man prfen, ob es mit der generellen Idee bereinstimmt, deren Namen es tragen soll. Vielleicht hebt Locke diesen Aspekt deshalb nicht stark hervor, weil „compar(ar)e“ bei ihm wie bei Gassendi als allgemeiner Ausdruck fr die Bildung von Relationen dient. Seine Konstruktion mit „Benennung“ bringt charakteristische Akzente ins Spiel, denn die sprachliche Anerkennung als Artmitglied ist auch fr den Essay ein rechtshnlicher Akt; der Text spricht vom Recht der Artexemplare auf ihren Artnamen und von der Berechtigung, diesen

378 Essay 4.3.31; 562, 6 – 9: „For what is known of such general Ideas, will be true of every particular thing, in whom that Essence, i. e. that abstract Idea is to be found: and what is once known of such Ideas, will be perpetually, and for ever true.“ 379 Essay 4.6.16; 591, 1 – 5: „Whence we may take notice, that general Certainty is never to be found but in our Ideas. Whenever we go to seek it elsewhere in Experiment, or Observations without us, our Knowledge goes not beyond particulars. ’Tis the contemplation of our own abstract Ideas, that alone is able to afford us general Knowledge.“ – Am weitesten geht Locke in dieser Hinsicht wohl in Essay 4.6.13; 588, 19 – 24: „For all general Knowledge lies only in our own Thoughts, and consists barely in the contemplation of our own abstract Ideas. Wherever we perceive any agreement or disagreement amongst them, there we have general Knowledge; and by putting the Names of those Ideas together accordingly in Propositions, can with certainty pronounce general Truths.“ 380 Essay 2.25.1; 319, 15 – 17: „[…] when I consider him [Cajus], as a Man, I have nothing in my Mind, but the complex Idea of the Species, Man.“

E8. Gattungen und Arten

397

Namen zu fhren.381 Der Name einer generellen Idee wird Einzeldingen auf hnliche Weise zugesprochen wie der Name von Adoptiveltern adoptierten Kindern. Durch Andeutungen, die in diese Richtung zielen, teilt Locke dem Leser einerseits mit, daß das Verhltnis von Individuen und Arten nicht naturgegeben ist, sondern auf Einsetzung beruht; Menschen bilden und benennen die abstrakten Ideen, die Arten konstituieren und gegen alle anderen Arten abgrenzen.382 Andererseits wird durch die Bestimmung des Verhltnisses von Artnamen und Individuen als eines rechtshnlichen Verhltnisses mitgeteilt, daß ein Individuum durch seine bereinstimmung mit einer generellen Idee einen Anspruch auf deren Namen erwirbt und daß die Regeln des richtigen Sprechens verlangen, es mit gerade diesem Namen zu bezeichnen. Im Brief an Stillingfleet verwendet Locke „X ist ein Mensch“ und „Der Name Mensch gehçrt (zu) X“ als gleichbedeutende Ausdrcke und fgt boshaft hinzu, daß fr Bobaks dasselbe gilt.383 381 Essay 3.3.12; 414, 30 – 33: „For the having the Essence of any Species, being that which makes any thing to be of that Species, and the conformity to the Idea, to which the name is annexed, being that which gives a right to that name […].“ – Essay 3.6.5; 441, 20 – 23: „That therefore, and that alone is considered as essential, which makes a part of the complex Idea the name of a Sort stands for, without which, no particular Thing can be reckoned of that Sort, nor be intituled to that name.“ 382 Essay 3.6.37; 462, 28 – 34: „But I think it is nevertheless true, that the boundaries of the Species, whereby Men sort them, are made by Men; since the Essences of the Species, distinguished by different Names, are, as has been proved, of Man’s making, and seldom adequate to the internal Nature of the Things they are taken from. So that we may truly say, such a manner of sorting of Things, is the Workmanship of Men.“ 383 Letter; Works IV 85, 11 – 16: „Peter, James, and John are all true and real men. Answer. Without doubt, supposing them to be men, they are true and real men, i. e. supposing the name of that species belongs to them. And so three bobaques are all true and real bobaques, supposing the name of that species of animals belongs to them.“ – Locke kannte Bobaks (Steppenmurmeltiere, Marmota bobak), die wegen ihrer komplexen Sozialorganisation als intelligente Wesen galten, vermutlich aus Guillaume Le Vasseur De Beauplans „Description d’Vkranie“, Rouen (Cailloue) 1660, die er besaß (Harrison-Laslett Nr. 245; 82). Das Werk berichtet auf S. 80 – 81: „[…] entre lesquelles riuieres [Sula und Supoy] se trouuent de petits animaux qu’ils appellent en leurs langues Bobaques, qui approchent de la forme & hauteur des lapins de Barbarie qui n’ont que quatre dents, sÅauoir deux en haut & deux en bas, de poil & couleur de blereau, ils se retirent dans terre comme les lapins, & au mois d’Octobre ils font leurs retraites dans leurs taniers, dont ils ne sortent qu’ la fin d’Auril, auquel temps ils courent la campagne pour chercher leur vie, & passent ainsi l’Hyuer dans terre & mangent ce que ils ont amass l’Est , ils dorment long temps, & sont fort œconomes, ayant vn certain instinct de faire leurs prouisions; en

398

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

E9. bereinstimmung von Ideen und Dingen E9a. Fr die bereinstimmung zwischen Ideen und Dingen verwendet Locke mehrere Ausdrcke. – Bedenken gegen Lockes Annahme, daß Dinge mit Artideen bereinstimmen kçnnen, finden einen frhen Ausdruck in Berkeleys Einwand, daß eine Idee nur einer Idee hnlich sein kann. Berkeleys Text erweckt den Eindruck, daß „hnlich“ in diesem Zusammenhang Lockes maßgeblicher Ausdruck ist. Aber da, wo Schulphilosophen von hnlichkeit sprachen, redet Locke in der Regel differenzierter und verwendet Wçrter wie „entsprechen“ und „bereinstimmen“, die bei einfachen Ideen etwas anderes bedeuten als bei komplexen und bei Ideen primrer Qualitten etwas anderes als bei Ideen sekundrer Qualitten. Surez bezeichnete in seiner Lehre vom Allgemeinen bereinstimmungen jeder Art mit den Ausdrcken „similitudo/similis“ bzw. „convenientia/convenire“; beide Wortpaare bezogen sich sowohl auf hnlichkeiten zwischen Dingen als auch auf hnlichkeiten zwischen Vorstellungen und Dingen; nicht anders gebrauchte Gassendi „similitudo/similis“ und „convenire“. Im Essay sind Bildungen mit „simil*“ selten; „similitude“ erscheint im Bereich der Universalienlehre nur zweimal, nmlich in Essay 2.8.13 fr die hnlichkeit zwischen einer Idee und einem Ding und in Essay 3.3.13 fr hnlichkeiten zwischen Dingen beziehungsweise Eigenschaften. Der Sasorte que l’on diroit qu’ils ont des esclaues parmy eux, car ceux qui sont paresseux ils les font coucher sur le dos, & leurs chargent sur le ventre vne grande poign e d’herbe seche que le Bobaque tient embrass e de ses pattes, & pour plus proprement parler de ses mains, car ces animaux s’en aident presques comme les singes des leurs, puis les autres la trainent par la queue iusques l’entr e de leur tanier, & ainsi cet animal leur sert de traineau, & de l luy font porter l’herbe dans leurs cachettes: ie les ay veus plusieurs fois faire ce mesnage, & me suis arrest par curiosit les contempler des iourn es entieres & mesme i’ay fait fouyr iusques dans leurs tanieres pour voir leurs appartemens, & i’ay trouu force trous, separez comme par petites chambrettes, les vnes sont leurs magazins, d’autres leurs seruent de cimetiere & de sepulchres o ils retirent leurs morts, & les autres sont appliquez

quelque vsage particulier: ils logent huit ou dix mesnages ensemble, & ont chacun leur demeure part o ils viuent auec grande police, & leur republique ne cede en rien celle des mouches & des fourmis dont on a tant escrit. I’adiousteray que ces animaux sont tous Hermaphrodites & estans pris ieune au mois de May sont faciles

appriuoiser, ils ne coudent pas plus au march d’vn sol ou six liarts, i’en ay nourry plusieurs, & sont iolis dans la maison & donnent autant de plaisir que feroit vn singe ou vn escureul, & mangent mesme pasture & mesme sorte de nourriture.“ (Zitiert nach URL = http://litopys.org.ua/boplan/bop07.htm; 15. 05. 2011. Der Urheber der Website hat die Wiedergabe von Le Vasseurs Text nicht korrigiert, aber der zitierte Passus scheint korrekt zu sein.)

E9. bereinstimmung von Ideen und Dingen

399

che nach erwhnt Locke erstens die bereinstimmung von Dingen beziehungsweise Eigenschaften, zweitens das Abbildverhltnis zwischen einfachen Ideen und primren Qualitten, drittens die kausale Entsprechung zwischen Ideen sekundrer Qualitten und den sie verursachenden primren Qualitten und viertens die Gleichfçrmigkeit komplexer Ideen mit ihren Korrelaten beziehungsweise der Korrelate mit ihren komplexen Ideen. „Agree“ und „convenience“, das auf „convenire“ zurckgeht, kçnnen fr alle diese bereinstimmungen stehen. „Answer“ sowie „correspond*“, das mit „respondere“ zusammenhngt, bezeichnen sowohl die kausale Entsprechung sekundrer Qualitten mit ihren Ursachen als auch die Gleichfçrmigkeit zwischen komplexen Ideen und ihren Korrelaten. Daneben gibt es Ausdrcke wie das romanisierte „resembl*“, das bei Abbildlichkeit, und „conform*“, das bei Gleichfçrmigkeiten zwischen komplexen Ideen und ihren Korrelaten steht. Die folgenden Tabellen enthalten Textbeispiele. E9b. bereinstimmung von Dingen beziehungsweise Eigenschaften Stelle Ausdrcke

Text

3.3.13 similitude

415, 18 – 20: „[…] the Understanding, taking occasion from the similitude it observes among them [things], to make abstract general Ideas […]“.

3.6.30 agreement, likeness

457, 36 – 458, 1: „[…] many particular Substances are so made by Nature, that they have agreement and likeness one with another, and so afford a Foundation of being ranked into sorts.“

3.6.30 agree

458, 13 – 15: „[…] observing several particular Things to agree with others, in several of those simple Ideas, we make that collection our specifick Idea, and give it a general name […]“.

3.6.32 convenience

459, 16 – 20: „The same Convenience that made Men express several parcels of yellow Matter coming from Guiny and Peru, under one name, sets them also upon making of one name, that may comprehend both Gold, and Silver, and some other Bodies of different sorts.“

3.6.36 agree

462, 14 – 16: „Nature makes many particular Things, which do agree one with another, in many sensible Qualities, and probably too, in their internal frame and Constitution[…].“

400

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Bei Locke ist der hufigste Ausdruck zur Bezeichnung dieser bereinstimmung „agree“, doch finden sich auch das seltene „similitude“ sowie „likeness“ und „convenience“. Die Stelle Essay 3.3.13 und der zweite Passus aus Essay 3.6.30 teilen mit, daß bereinstimmung in diesem Sinn der Anlaß zur Bildung genereller Ideen ist, whrend der erste Passus aus Essay 3.6.30 darauf hinweist, daß sie das Einordnen von Dingen in Arten rechtfertigt. E9c. bereinstimmung von einfachen Ideen und ihren Korrelaten. – Die Beispiele betreffen einfache Ideen der ußeren Sinnlichkeit. Entsprechende Stellen ber einfache Reflexionsideen finde ich nicht. E9ca. Ideen primrer Qualitten: Abbildlichkeit Stelle Ausdrcke

Text

2.8.7

image, resemblance, likeness

134, 11 – 15: „[…] we may not think […] that they [Ideas in our Minds] are exactly the Images and Resemblances of something inherent in the subject, most of those of Sensation being in the Mind no more the likeness of something existing without us, than the Names, that stand for them, are the likeness of our Ideas […]“.

2.8.15 resemblance

137, 10 – 13: „[…] the Ideas of primary Qualities of Bodies, are Resemblances of them, and their Patterns do really exist in the Bodies themselves; but the Ideas, produced in us by these Secondary Qualities, have no resemblance of them at all.“

2.8.22 resemblance

140, 15 – 17: „[…] whereby we also may come to know what Ideas are, and what are not Resemblances of something really existing in the Bodies, we denominate from them.“

2.30.2 agree, image, representation

372, 19 – 22: „[…] Our simple Ideas are all real, all agree to the reality of things. Not that they are all of them the Images, or Representations of what does exist […].“

In der Schulphilosophie bestand die Neigung, zwischen Vorstellungen einerseits und Dingen oder Eigenschaften andererseits Abbildlichkeit zu unterstellen. Das lßt der Essay nur noch bei primren Qualitten zu: Nur ihre Ideen sind genaue Abbilder von Kçrpereigenschaften. E9cb. Ideen sekundrer Qualitten: Kausale Entsprechung

E9. bereinstimmung von Ideen und Dingen

401

Stelle Ausdrcke

Text

2.8.13 similitude, resemblance

136, 30 – 137, 2: „It being no more impossible, to conceive, that God should annex such Ideas to such Motions, with which they have no similitude; than that he should annex the Idea of Pain to the motion of a piece of Steel dividing our Flesh, with which that Idea hath no resemblance.“

2.8.25 unlikeness, no resemblance 142, 28 – 34: „[…] our Senses, not being able to discover any unlikeness between the Idea produced in us, and the Quality of the Object producing it, we are apt to imagine, that our Ideas are resemblances of something in the Objects, and not the Effects of certain Powers, placed in the Modification of their primary Qualities, with which primary Qualities the Ideas produced in us have no resemblance.“ 2.30.2 agree, correspon-dence, 372, 22 – 373, 11: „But though Whiteness answer, answer as to causes and Coldness are no more in Snow, than Pain is; yet those Ideas of Whiteness, and Coldness, Pain, etc. being in us the Effects of Powers in Things without us, ordained by our Maker, to produce in us such Sensations; they are real Ideas in us, whereby we distinguish the Qualities, that are really in things themselves […] the reality lying in that steady correspondence, they have with the distinct Constitutions of real Beings. But whether they answer to those Constitutions, as to Causes, or Patterns, it matters not; it suffices, that they are constantly produced by them. And thus our simple Ideas are all real and true, because they answer and agree to those Powers of Things, which produce them in our Minds […]“.

402

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Stelle Ausdrcke

Text

2.31.2 answer

375, 12 – 19: „For if Sugar produce in us the Ideas, which we call Whiteness, and Sweetness, we are sure there is a power in Sugar to produce those Ideas in our Minds, or else they could not have been produced by it. And so each Sensation answering the Power, that operates on any of our Senses, the Idea so produced, is a real Idea […] and cannot but be adequate, since it ought only to answer that power […]“.

4.4.4

564, 6 – 16: Einfache Ideen „carry with them all the conformity which is intended; or which our state requires […] the Idea of Whiteness, or Bitterness, as it is in the Mind, exactly answering that Power which is in any Body to produce it there, has all the real conformity it can, or ought to have, with Things without us. And this conformity between our simple Ideas, and the existence of Things, is sufficient for real Knowledge.“

conformity, answer

In der Schulphilosophie konnte man fast ohne Einschrnkung sagen, daß Vorstellungen von Qualitten Qualitten hnlich sind. In den unter E9ca und E9cb genannten Stellen verwendet Locke, der ein guter Kenner franzçsischer Cartesianer war, eine neue Unterscheidung: Primre Qualitten bilden ihre gegenstndlichen Korrelate ab, whrend sekundre Qualitten diesen so entsprechen wie zuverlssige Wirkungen ihren Ursachen: Sie gehen auf Krfte in den Dingen zurck, die sie auf bestndige Weise in uns erzeugen, und wir kçnnen uns auf sie verlassen, weil sie bestndige Wirkungen der Konstitutionen wirklicher Dinge sind.384 Ideen wie ,Weiß‘ oder ,Bitter‘ entsprechen nach Gottes Ratschluß als Wirkungen genau den Krften, die ein Kçrper zu ihrer Hervorbringung hat. Bei einfachen Ideen kann man also immer sicher sein, daß sie mit ihren dinglichen Korrelaten bereinstimmen, und zwar entweder in der Weise der Abbildlichkeit oder in der Weise zuverlssiger Kausalitt. Dafr ver384 Zur Sache Alexander 1985; 189 – 203. – Wie komplex die ontologischen, physikalischen und epistemologischen Probleme sind, die ein Vertreter dieser Position zu lçsen hat, zeigt Kemmerling 2008. S. Kemmerlings Lçsungsvorschlag ebd.; 226 – 231.

E9. bereinstimmung von Ideen und Dingen

403

wendet der Essay „correspondence“, „agree“ und „answer“, das einmal zu „answer as to causes“ erweitert wird. Locke nimmt wie Descartes und dessen Schler zwischen Teilchenzustnden und sekundren Sinnesqualitten nur eine willkrliche Beziehung an: Gott setzt Sinnesdaten nach Wohlgefallen als Zeichen fr Bewegungen von Materieteilchen ein, denen sie nicht hnlicher sind als sprachliche Zeichen den Gegenstnden, die sie bezeichnen. Weil uns seine Ratschlsse verborgen sind, gelangen wir auf der Grundlage von Sinneswahrnehmungen nicht unmittelbar zu Schlssen auf die physikalische Beschaffenheit von Dingen. Leibniz hlt solche Annahmen fr abwegig; nach ihm ist es vernnftiger, anzunehmen, daß zwischen Ursachen und Wirkungen auch eine sachliche Entsprechung besteht, und zwar selbst dann, wenn die Ursachen Materieteilchen und die Wirkungen Sinneswahrnehmungen sind. Er hlt ußerungen Descartes’ und Lockes, die diese Annahme verwerfen, fr voreilig, denn bisher wissen wir ber Sinneswahrnehmungen und Teilchenbewegungen fast nichts Genaues.385 Auch hlt er solche Meinungen fr philosophisch schwach begrndet, denn wenn man davon ausgeht, daß der Schçpfer vernnftig ist, dann liegt es nher zu vermuten, daß zwischen Sinneswahrnehmungen und Teilchenbewegungen keine willkrliche, sondern eine vernnftige Beziehung besteht, zum Beispiel eine Ordnungsbeziehung wie zwischen Kreis und Kreisprojektionen.386 Unter dieser Voraussetzung sind Sinneswahrnehmungen auf hnliche Weise undeutlich wie Wahrnehmungen von Kçrpern 385 NE 2.8.15; AA 6.6, 131, 26 – 132, 1: „Il est bien raisonnable que l’effect r ponde sa cause; et comment ausseurer le contraire? Puisqu’on ne connoist point distinctement ny la sensation du bleu (par exemple) ny les mouvemens qui la produisent.“ (GP V 119) 386 NE 2.8.13; AA 6.6, 131, 14 – 19: „Je dirois plustost qu’il y a une maniere de ressemblance, non pas entiere et pour ainsi dire in terminis, mais expressive ou de rapport d’ordre, comme une Ellipse, et mÞme une Parabole ou Hyperbole ressemblent en quelque faÅon au cercle dont elles sont la projection sur le plan: puisqu’il y a un certain rapport exact et naturel entre ce qui est p r o j e t t et la projection qui s’en fait, chaque point de l’un r pondant suivant une certaine relation chaque point de l’autre.“ (GP V 118) – Ebd. Preface; AA 6.6, 56, 7 – 14: „Ce sont aussi les parties insensibles de nos perceptions sensibles, qui font, qu’il y a un rapport entre ces perceptions des couleurs, des chaleurs, et autres qualit s sensibles, et entre les mouvemens dans les corps qui y repondent; au lieu que les Cartesiens avec nostre auteur, tout penetrant qu’il est, conÅoivent les perceptions, que nous avons de ces qualit s, comme arbitraires, c’est dire, comme si Dieu les avoit donn es l’ame suivant son bon plaisir, sans avoir gard aucun rapport essentiel entre les perceptions et leur objects: sentiment qui me surprend et qui me paroit peu digne de la sagesse de l’auteur des choses, qui ne fait rien sans harmonie et sans raison.“ (GP V 49)

404

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

unter bestimmten Gesichtspunkten und aus großer Ferne, aber diese Undeutlichkeit folgt aus Gesetzen der Natur. Beide Autoren wissen, daß sie das Verhltnis von Sinnesdaten und Teilchenbewegungen weder durch Erfahrung noch durch Schlußfolgerung genau bestimmen kçnnen387 und daß sie optieren mssen. Leibniz entscheidet sich fr eine vorsichtige Lçsung und Locke fr eine radikale Position, die die Chancen selbst der berprften Wahrnehmung und der schließenden Vernunft bei der Erkenntnis der wirklichen Natur fr so gering hlt, daß sie sich mit der historischen Methode begngt. E9d. Komplexe Ideen E9da. Gleichfçrmigkeit komplexer Ideen mit dinglichen Korrelaten Stelle

Ausdrcke

Text

2.11.9

conformable

159, 15 – 18: „This is called ABSTRACTION, whereby Ideas taken from particular Beings, become general Representatives of all of the same kind; and their Names general Names, applicable to whatever exists conformable to such abstract Ideas.“

2.28.14 conformity, correspond

358, 7 – 10: „This Rule being nothing but a Collection of several simple Ideas, the Conformity thereto is but so ordering the Action, that the simple Ideas, belonging to it, may correspond to those, which the Law requires.“

2.30.1

conformity

372, 12 – 14: „[…] By real Ideas, I mean such as have a Foundation in Nature; such as have a Conformity with the real Being, and Existence of Things, or with their Archetypes.“

2.30.4

conformable

373, 27 – 30: Bei gemischten Modi und Relationen „[…] there is nothing more required to those kind of Ideas, to make them real, but that they be so framed, that there be a possibility of existing conformable to them.“

387 NE 4.6.7; AA 6.6, 403, 8 – 11: „[…] ces i d e s s e n s i t i v e s dependent du detail des figures et mouvemens et les expriment exactement, quoique nous ne puissions pas y demÞler ce detail dans la confusion d’une trop grande multitude et petitesse des actions mechaniques qui frappent nos sens.“ (GP V 383 – 384)

E9. bereinstimmung von Ideen und Dingen

405

Stelle

Ausdrcke

Text

2.30.5

being made in reference to

374, 15 – 19: „[…] Our complex Ideas of Substances, being made all of them in reference to Things existing without us, and intended to be Representations of Substances, as they really are, are no farther real, than as they are such Combinations of simple Ideas, as are really united, and co-exist in Things without us.“

2.31.14 conformable, 383, 35 – 384, 9: „Complex Ideas of Modes and answer, conformity Relations […] are not Copies, nor made after the Pattern of any real Existence, to which the Mind intends them to be conformable, and exactly to answer […] and belong only to such Modes, as when they do exist, have an exact conformity with those complex Ideas.“ 2.31.4

conformity

385, 11 – 14: „When-ever the Mind refers any of its Ideas to any thing extraneous to them […] [it] makes a tacit Supposition of their Conformity to that Thing […]“.

2.32.8

conformity, agree

386, 28 – 34: „[..] Men are so forward to suppose, that the abstract Ideas they have in their Minds, are such, as agree to the Things existing without them, to which they are referr’d; and are the same also, to which the Names they give them, do by the Use and Propriety of that Language belong. For without this double Conformity of their Ideas, they find, they should both think amiss of Things in themselves, and talk of them unintelligibly to others.“

3.5.3

conformable

429, 14 – 16: Substanzideen „[…] carry with them the Supposition of some real Being, from which they are taken, and to which they are conformable.“

3.6.51

conform

470, 29 – 33: „And the same necessity of conforming his Ideas of Substances to Things without him, as to Archetypes made by Nature, that Adam was under, if he would not wilfully impose upon himself, the same are all Men ever since under too.“

406

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Stelle

Ausdrcke

Text

3.9.11

conformable

481, 23 – 25: „[…] the Names of Substances are of a doubtful signification, […] because the Ideas, they stand for, are supposed conformable to the reality of Things […]“.

3.10.33 (disagree)

507, 24 – 26: „But in Modes and Relations, I cannot have Ideas disagreeing to the Existence of Things […]“.

3.11.17 correspond

517, 23 – 26: [Discourses in Morality] „are about Ideas in the Mind, which are none of them false or disproportionate; they having no external Beings for Archetypes which they are referr’d to, and must correspond with.“

4.4.3

conformity, agree

563, 28 – 30: „Our Knowledge therefore is real, only so far as there is a conformity between our Ideas and the reality of Things.“

4.4.5

conformity

564, 20: Alle unsere komplexen Ideen außer denen von Substanzen „cannot want any conformity necessary to real Knowledge.“

4.4.11

conformable

568, 6 – 12: „[…] our Ideas of Substances, which consisting of a Collection of simple Ideas, supposed taken from the Works of Nature, may yet vary from them, by having more or different Ideas united in them, than are to be found united in the things themselves: From whence it comes to pass, that they may, and often do fail of being exactly conformable to Things themselves.“

Die Adquatheit komplexer abstrakter Ideen hngt nicht vom Grad ihrer hnlichkeit mit den Objekten ab, die sie reprsentieren, sondern von dem Grad, in dem sie die erfahrene Koexistenz der in ihnen enthaltenen einfachen Ideen festhalten. Charakteristische Ausdrcke sind „conformity/ conformable/conform“. In Essay 2.32.8 spricht Locke von einer doppelten conformity, nmlich der von Ideen mit Dingen und der von Namen mit dem blichen Wortgebrauch. Außer „conformity“ erscheinen „correspondence/correspond“, „made in reference to“, „agree“ und „answer“.

E9. bereinstimmung von Ideen und Dingen

407

E9db. Gleichfçrmigkeit dinglicher Korrelate mit komplexen Ideen Stelle

Ausdruck

Text

3.3.6

conformity

411, 4 – 6: „By this way of abstraction they are made capable of representing more Individuals than one; each of which, having in it a conformity to that abstract Idea, is (as we call it) of that sort.“

3.3.12

agree

414, 23 – 27: „That then which General Words signify, is a sort of Things; and each of them does that, by being a sign of an abstract Idea in the mind, to which Idea, as Things existing are found to agree, so they come to be ranked under that name […]“.

3.3.12

conformity

414, 30 – 34: „[…] the having the Essence of any Species, being that which makes any thing to be of that Species, and the conformity to the Idea, to which the name is annexed, being that which gives a right to that name, the having the Essence, and the having that Conformity, must needs be the same thing […]“.

3.3.13

agree

415, 20 – 24: „[…] to make abstract general Ideas, and set them up in the mind, with Names annexed to them, as Patterns, or Forms, (for in that sence the word Form has a very proper signification,) to which, as particular Things existing are found to agree, so they come to be of that Species […]“.

3.3.13

agree

415, 25 – 28: „For when we say, this is […] a Watch, that a Jack; what do we else but rank Things under different specifick Names, as agreeing to those abstract Ideas, of which we have made those Names the signs?“

3.3.15

agree

417, 21 – 23: „[…] Things are ranked under Names into sorts or Species, only as they agree to certain abstract Ideas, to which we have annexed those Names […]“.

3.3.18

conformity

419, 9 – 11: „Since nothing can be call’d Gold, but what has a Conformity of Qualities to that abstract complex Idea, to which that Name is annexed.“

408

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Stelle

Ausdruck

Text

3.6.7

agree

443, 8 – 12: „Why do we say, This is a Horse, and that a Mule; this is an Animal, that an Herb? How comes any particular Thing to be of this or that Sort, but because it has that nominal Essence, Or, which is all one, agrees to that abstract Idea, that name is annexed to?“

3.6.39

agreement (disagreement)

464, 18 – 21: „But whether one, or both these differences be essential, or specifical, is only to be known to us, by their agreement, or disagreement with the complex Idea that the name Man stands for […]“.

3.10.21 agree

502, 19 – 22: „When a Man asks, whether this or that thing he sees […] be a Man, or no; ’tis evident, the Question is not, Whether that particular thing agree to his complex Idea, expressed by the name Man […]“

4.2.14

correspond

537, 9 – 12: „But whether there be any thing more than barely that Idea in our Minds, whether we can thence certainly inferr the existence of any thing without us, which corresponds to that Idea, is that, whereof some Men think there may be a question made […]“.

4.4.5

conformable

564, 27 – 29: „[…] in all these sorts [All our complex Ideas, except those of Substances] the Ideas themselves are considered as the Archetypes, and Things no otherwise regarded, but as they are conformable to them.“

4.6.4

conformity

580, 10 – 13: Bei einfachen Ideen und bei Modi „[…] there can be no doubt, how far the Species extends, or what Things are comprehended under each Term: which, ’tis evident, are all, that have an exact conformity with the Idea it stands for, and no other.“

4.17.8

correspond

680, 34 – 681, 6: „[…] our Knowledge and Reasoning about other Things, is only as they correspond with those our particular Ideas. […] Universality is but accidental to it, and consists only in this, That the particular Ideas, about which it is, are such, as more than one particular Thing can correspond with, and be represented by.“

E10. Reale und nominale Wesenheit. Reale Konstitution

409

Eine generelle Idee ist so beschaffen, daß ihr mehr als ein Einzelding entsprechen kann. Sie reprsentiert Individuen, die ihr gleichfçrmig sind und deren Gleichfçrmigkeit ihnen das Recht gibt, den Namen der generellen Idee zu tragen. Locke teilt nur gelegentlich mit, worin diese Gleichfçrmigkeit besteht, nmlich darin, daß die betreffenden Einzeldinge mit genau den Qualitten erscheinen, deren Ideen in der Artidee vereinigt sind. An einer Stelle aus der Korrespondenz mit Stillingfleet heißt es: Eine wirkliche Sonne ist etwas, von dem man in einem wahren Urteil den Namen „Sonne“ aussagen kann, beziehungsweise etwas, in dem die wahrnehmbaren Qualitten vereinigt sind, deren Ideen die generelle Idee ,Sonne‘ enthlt.388

E10. Reale und nominale Wesenheit. Reale Konstitution E10a. Probleme bei der Erkenntnis der Wesenheiten von Kçrpern. – Bei der Erkenntnis von Kçrpern haben wir mindestens drei Probleme. Erstens ist die Fassungskraft unseres Verstandes so begrenzt, daß wir uns nicht beliebig viele Individuen als Individuen vorstellen kçnnen, sondern uns mit Abstraktionen behelfen mssen. Zweitens hat Gott unsere Sinne im Interesse unseres berlebens so spezialisiert, daß sie sowohl sehr große Gegenstnde als auch atomare Konstitutionen von Einzelsubstanzen nicht wahrnehmen kçnnen; gerade deren Erkenntnis wre aber fr die Erarbeitung angemessener Substanzideen wichtig. Gegen diese konstitutionellen Behinderungen unserer Substanzerkenntnis kçnnen wir nichts tun, doch lassen wir es drittens bei der Beobachtung von Kçrpern oft an der erforderlichen Sorgfalt fehlen, und das ist eine moralische Schwche, die wir beheben kçnnten. Gelegentlich spielt Locke mit der zu seiner Zeit beliebten Annahme, daß eins der konstitutionellen Probleme sich lçsen ließe, wenn wir auf Sinne umgerstet wrden, die sich je nach Bedarf auf Mikro- oder Makroskopie umstellen lassen.389 Aber damit wre fr die Lçsung des ersten und dritten Problems wenig erreicht, denn unsere Sorgfalt bei der Substanzerkenntnis ließe weiterhin zu wnschen brig, auch kçnnten wir 388 Letter; Works IV 84, 5 – 12: „In my sense of them, any thing will be a true sun, to which the name sun may be truly and properly applied; and to that substance or thing, the name sun may be truly and properly applied, which has united in it that combination of sensible qualities, by which any thing else that is called sun is distinguished from other substances, i. e. by the nominal essence […]“. 389 Essay 2.23.11 – 13; 301, 22 – 304, 39.

410

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

nach wie vor nicht beliebig viele Individuen als Individuen erkennen, denn Verbesserungen unserer Sinnesausstattung nderten nichts an der Begrenztheit unseres Verstandes.390 E10b. Abstrakte Ideen sind Wesenheiten fr uns. – In dieser Situation mssen wir nach einem Notbehelf suchen. In der Schulsprache bezeichnet man als Wesenheit (essentia) dasjenige, dem es ein Ding verdankt, daß es ist, was es ist; das wird in der Regel so verstanden, daß ein Ding durch seine Wesenheit zu der Art gehçrt, zu der es gehçrt. Nach Lockes Theorie der begriffsorientierten Artzuweisung ist die bereinstimmung eines Dings mit einer abstrakten Idee die Bedingung fr seine Aufnahme in eine Art, und deshalb erklrt Locke faute de mieux abstrakte Artideen zu Wesenheiten von Arten:391 Als Kriterien bestimmen sie Individuen zu dieser oder jener Art und zu diesem oder jenem generellen Namen.392 Weil Dinge, die nicht mit der abstrakten Artidee bereinstimmen, von der Art ausgeschlossen sind, bestimmen abstrakte Ideen oder Wesenheiten zugleich die Grenzen der Art.393 „Wesenheit“ ist ein schulsprachlicher Ausdruck aus dem Bereich des relativen Allgemeinen; seine Bedeutung grenzt an die des Terminus „gemeinsame Natur“, der schon bei Boyle fr Sammlungen gemeinsamer Eigenschaften und nicht mehr fr das innerste Wesen von Dingen stand. Im Essay dienen „gemeinsame Natur“ (nur ein Vorkommen: 2.13.18) und „generelle Natur“ als weitere Bezeichnungen fr komplexe abstrakte Ideen, deren Teilideen Eigenschaften mehrerer Dinge reprsentieren; auch sie gehen auf Ideen von Einzeldingen zurck und haben ihre

390 Dazu Danaher 1992; 96 – 97: „But even at that level of observation we would still only observe sense qualities which produce in us a variety of simple ideas. In order for those simple ideas to form the complex ideas of something like microscopic substances, we would have to decide which simple ideas should be joined, and which we should refrain from joining. In other words, we could observe a variety of shapes, textures, colours or movements, but what is it that we are observing?“ 391 Essay 3.3.12; 414, 30 – 34: „[…] the having the Essence of any Species […] and the conformity to the Idea, to which the name is annexed, being that which gives a right to that name, the having the Essence, and the having that Conformity, must needs be the same thing […]“. 392 Essay 3.6.8; 443, 35 – 444, 1: „That is properly the Essence to us, which determines every particular to this or that Classis; or, which is the same Thing, to this or that general Name […]“. 393 Essay 3.3.14; 416, 12 – 14: „[…] these Essences, or abstract Ideas, (which are the measures of Names, and the boundaries of Species) are the Workmanship of the Understanding […]“.

E10. Reale und nominale Wesenheit. Reale Konstitution

411

ursprngliche Umgebung durch Abstraktion verloren.394 Daß der Essay strker als die frhen Drafts auf die Schulsprache zurckgreift, ist auffllig, denn auf der anderen Seite versucht Locke, Fachtermini durch alltagssprachliche Wçrter wie „Sorte“ (sort), „Klasse“ (class), „Stamm“ (tribe), Gruppe (band)395 und „Geschlecht“ (kind) zu ersetzen. Er erklrt dazu, daß er Schulausdrcke wie „Wesenheit“ (essence) und „Form“ (form) nicht deshalb verwendet, weil sie besondere Vorzge haben; man kçnne Menschen, die von scholastischer Gelehrsamkeit noch nicht verdorben sind, das Allgemeine mit besseren Mitteln verstndlich machen als mit scholastischen Fachausdrcken. Doch msse man die Schulphilosophie mit ihren eigenen Waffen schlagen und mit den falschen Begriffen von Wesenheit und Art aufrumen, die sich durch den scholastischen Unterricht in vielen Kçpfen eingenistet haben.396 E10c. Nominale Wesenheiten. – Abstrakte Ideen sind die einzigen Artwesenheiten, die wir begreifen und benennen kçnnen,397 denn weil unsere 394 Essay 3.3.9; 412, 7 – 10: „And he that thinks general Natures or Notions, are any thing else but such abstract and partial Ideas of more complex ones, taken at first from particular Existences, will, I fear, be at a loss where to find them.“ – Essay 3.3.11; 414, 11 – 14: „When therefore we quit Particulars, the Generals that rest, are only Creatures of our own making, their general Nature being nothing but the Capacity they are put into by the Understanding, of signifying or representing many particulars.“ – Abstr. 3.3; King 379, 40 – 41: „[…] the general natures general terms stand for, are only general ideas […]“. 395 „Tribe“ ist selten; s. Essay 2.11.4; 157, 25: „[…] that large tribe of Ideas, comprehended under Relation […]“, Essay 2.13.7; 169, 13 – 14: „Another Idea coming under this Head, and belonging to this Tribe […]“, und Essay 3.6.23; 451, 21: „[…] the Tribes of Animals and Vegetables […]“. – „Band“ findet sich in Essay 3.3.19; 419, 20. 396 Essay 4.6.4; 580, 35 – 581, 4 und 581, 9 – 16: „I have chose to explain this uncertainty of propositions in this scholastick way, and have made use of the Terms of Essences and Species, on purpose to shew the absurdity and inconvenience there is to think of them, as of any other sort of Realities, than barely abstract Ideas with Names to them. […] these Things might, to People not possessed with scholastick Learning, be perhaps treated of, in a better and clearer way: yet those wrong Notions of Essences and Species, having got root in most Peoples Minds, who have received any tincture from the Learning, which has prevailed in this part of the World, are to be discovered and removed, to make way for that use of Words, which should convey certainty with it.“ 397 Essay 3.3.13; 415, 34 – 416, 6: „[…] so that the Essences of Species, as distinguished and denominated by us, neither are, nor can be any thing but those precise abstract Ideas we have in our minds. And therefore the supposed real Essences of Substances, if different from our abstract Ideas, cannot be the Essences of the

412

Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Sinne bei der Entdeckung der Grçße, Textur und Gestalt kleinster Materieteilchen versagen, mssen wir uns bei der Unterscheidung von Kçrpern mit Sammlungen wahrnehmbarer Qualitten begngen.398 Mit ihrer Hilfe bestimmen wir die Artzugehçrigkeit von Substanzen, aber selbst dann, wenn wir mit grçßter Sorgfalt und Genauigkeit vorgehen, sind unsere Sammlungen noch weit von den inneren Konstitutionen der Kçrper entfernt.399 Wir kommen zwar mit ihnen der Wahrheit nher als jemand, der glaubt, er kenne reale Artwesenheiten, gelangen aber trotzdem nicht zu adquaten Substanzideen.400 In landlufige Artideen gehen nur wenige der Eigenschaften von Kçrpern ein; wer hufig forscht und experimentiert, der kennt viel mehr davon als jemand, der das nicht tut, aber selbst der erfahrenste Mensch berblickt nur einen kleinen Teil der Eigenschaften, die wirklich in einem Kçrper sind.401 Solche unvollkommenen abstrakten

398

399

400

401

Species we rank Things into. For two Species may be one, as rationally, as two different Essences be the Essence of one Species: And I demand, what are the alterations may, or may not be made in a Horse, or Lead, without making either of them to be of another Species?“ Essay 2.23.8; 300, 10 – 15: „For our Senses failing us, in the discovery of the Bulk, Texture, and Figure of the minute parts of Bodies, on which their real Constitutions and Differences depend, we are fain to make use of their secondary Qualities, as the characteristical Notes and Marks, whereby to frame Ideas of them in our Minds, and distinguish them one from another.“ Essay 3.6.9; 444, 5 – 14: „Nor indeed can we rank, and sort Things, and consequently (which is the end of sorting) denominate them by their real Essences, because we know them not. Our Faculties carry us no farther towards the knowledge and distinction of Substances, than a Collection of those sensible Ideas, which we observe in them; which however made with the greatest diligence and exactness, we are capable of, yet is more remote from the true internal Constitution, from which those Qualities flow, than, as I said, a Countryman’s Idea is from the inward contrivance of that famous Clock at Strasburg, whereof he only sees the outward Figure and Motions.“ Essay 2.31.8; 380, 35 – 381, 7: „Secondly, Those who, neglecting that useless Supposition of unknown real Essences, whereby they are distinguished, endeavour to copy the Substances, that exist in the World, by putting together the Ideas of those sensible Qualities, which are found co-existing in them, though they come much nearer a likeness of them, than those who imagine, they know not what real specifick Essences: yet they arrive not at perfectly adequate Ideas of those Substances, they would thus copy into their Minds: nor do those Copies, exactly, and fully, contain all that is to be found in their Archetypes.“ Essay 2.32.24; 392, 29 – 393, 7: „I say, only some few of those Properties; for those Properties consisting mostly in the active and passive Powers, it has, in reference to other Things, all that are vulgarly known of any one Body, and of which the complex Idea of that kind of Things is usually made, are but a very few, in comparison of what a Man, that has several ways tried and examined it, knows of

E10. Reale und nominale Wesenheit. Reale Konstitution

413

Ideensammlungen, die einzigen uns bekannten Wesenheiten natrlicher Substanzen, nennt Locke nominale Wesenheiten, um sie von der realen Konstitution der Individuen zu unterscheiden, die er hufig als reale Wesenheit bezeichnet.402 Nominale Wesenheiten sind Wesenheiten fr uns, die Species of Things to us konstituieren; reale Substanzwesenheiten sind Wesenheiten an sich, die Dinge, as they are in themselves, konstituieren, die wir aber nicht kennen. In der Literatur ist es blich, die schulphilosophische Distinktion von Nominal- und Realdefinition als Vorbild fr Lockes Unterscheidung zwischen realer und nominaler Wesenheit anzusehen. Diese hat ihren ursprnglichen Ort wahrscheinlich in der Substanzlehre, doch wird sie auch auf andere Ideenklassen bertragen. Bei einfachen Ideen fallen – anders als bei Substanzen – beide Wesenheiten zusammen; wir erkennen sie adquat, weil einfache Ideen teils Abbilder und teils bestndige Wirkungen von Krften ußerer Dinge sind. Ideen einfacher Modi verhalten sich hnlich: Ihre Namen bezeichnen sowohl die reale als auch die nominale Wesenheit.403 Ferner fallen bei gemischten Modi reale und nominale Wesenheit zusammen,404 denn ihre Namen stehen fr Ideen, deren Inhalt und Aufbau wir kennen, weil wir sie selbst nach Gutdnken zusammengestellt haben.405 Schließlich darf man an-

402

403 404

405

that one sort of Things; and all that the most expert Man knows, are but few, in comparison of what are really in that Body, and depend on its internal or essential Constitution.“ Essay 3.6.2; 439, 20 – 25: „This, though it be all the Essence of natural Substances, that we know, or by which we distinguish them into Sorts; yet I call it by a peculiar name, the nominal Essence, to distinguish it from that real Constitution of Substances, upon which depends this nominal Essence, and all the Properties of that Sort; which therefore, as has been said, may be called the real Essence […]“. Essay 3.4.3; 421, 9 – 10: „[…] the Names of simple Ideas and Modes, signify always the real, as well as nominal Essence of their Species.“ Essay 3.10.19; 501, 3 – 5: „The Reason whereof is, because the complex Idea signified by that name [den Namen eines gemischten Modus], is the real, as well as nominal Essence; and there is no secret reference of that name to any other Essence, but that.“ Essay 3.5.14; 436, 28 – 437, 2: „[…] the Names of mixed Modes always signifie (when they have any determined Signification) the real Essences of their Species. For these abstract Ideas, being the Workmanship of the Mind, and not referred to the real Existence of Things, there is no supposition of any thing more signified by that Name, but barely that complex Idea, the Mind it self has formed, which is all it would have express’d by it; and is that, on which all the properties of the Species depend, and from which alone they all flow: and so in these the real and nominal Essence is the same […].“

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

nehmen, daß bei Relationen die nominale Wesenheit der realen entspricht, denn unser Verstand bringt auch sie nach Gutdnken und Bedarf hervor.406 E10d. Jede nominale Wesenheit konstituiert eine Art, die wie sie selbst unvernderlich ist. – Dinge verndern sich stndig, aber Locke lehnt die Meinung ab, daß sich auch Artwesenheiten verndern. Daß jede mit einem Namen verbundene abstrakte Idee eine Art konstituiert, bleibt in seinen Augen so lange die einzige vertretbare Meinung, bis man Arten findet, die sich nicht durch abstrakte Ideen und generelle Namen, sondern durch angemessenere Kriterien voneinander unterscheiden lassen, und bis der Nachweis gefhrt ist, daß generelle Termini noch etwas anderes bezeichnen als abstrakte Ideen.407 Da aber jede abstrakte Idee eine Art konstituiert, erhlt man bei Vernderungen an ihr keine verbesserte oder verschlechterte, sondern eine neue abstrakte Idee, die eine neue Art konstituiert.408 Selbst dann, wenn diese nur wenig von der vorigen abweicht, ist sie von jeder anderen Art essentiell verschieden.409 Das hngt mit Lockes Annahme zusammen, daß generelle komplexe Begriffe durch kompositive Abstraktion entstehen. Wenn der Verstand eine nominale Wesenheit nicht mehr fr angemessen hlt und verbessern mçchte, dann gelingt ihm das nicht, denn dadurch, daß er einen vernderten Bestand an Komponenten zusammenstellt und als Einheit betrachtet, entsteht eine neue Idee, die von der verbesserungsbedrftigen Idee verschieden ist. Bei jeder scheinbaren Vernderung einer nominalen Wesenheit bildet man in Wirklichkeit eine neue Ideensammlung und verbindet sie zu einer neuen Einheit. Dabei entstehen keine vernderten, sondern neue Artideen, die auch ihrerseits wieder unvernderlich sind. Diese Konsequenz aus Lockes Abstraktionslehre eignet sich als Argument bei Kontroversen ber die schçpfungs406 Essay 3.5.16; 437, 26 – 28. Text s. S. 375, Anm. 294. 407 Essay 3.6.38; 462, 35 – 463, 6: „One thing, I doubt not, but will seem very strange in this Doctrine; which is, that from what hath been said, it will follow, that each abstract Idea, with a name to it, makes a distinct Species. But who can help it, if Truth will have it so? For so it must remain, till some body can shew us the Species of Things, limited and distinguished by something else; and let us see, that general terms signify not our abstract Ideas, but something different from them.“ 408 Letter; Works IV 90, 34 – 37: „But yet it is true, that the change of ideas to which we annex them, can and does alter the signification of their names, and thereby alter the kinds, which by these names we rank and sort them into.“ 409 Essay 3.3.14; 416, 34 – 417, 2: „[…] any two abstract Ideas, that in any part vary one from another, with two distinct names annexed to them, constitute two distinct sorts, or, if you please, Species, as essentially different, as any two the most remote, or opposite in the World.“

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theologisch belangreiche Lehre von der Konstanz der Arten, die auch in Lockes Auseinandersetzung mit Stillingfleeet eine Rolle spielt; sie galt als so fundamental, daß das Vertreten phylogenetischer Ansichten noch im 19. Jahrhundert unangenehme Folgen haben konnte. Der Sache nach setzt Locke sich von ihr ab, weil er an gleitende bergnge zwischen Substanzarten glaubt,410 doch argumentiert er auch ausdrcklich gegen sie, zum Beispiel in Essay 4.4.16 („the Imaginations of setled and fixed Species in Nature“) und im Zusammenhang mit der These, daß die figura humana ein sicheres Indiz fr das Vorhandensein einer menschlichen Seele ist. Dafr, daß solche Behauptungen wahr sind, wird es nach Locke berhaupt keine sicheren Indizien geben, solange man sich einbildet, daß die Natur bestndige und unvernderliche Arten hervorbringt.411 Sobald man aber die Gltigkeit der Lehre von der Konstanz der Arten auf nominale Wesenheiten beschrnkt, hçrt sie auf, Erforscher der Natur zu gefhrden. E10e. Schulphilosophische Meinungen ber die Ewigkeit von Arten. – Unvernderliche nominale Wesenheiten gehçren zu Lockes Universalien, und die Annahme, daß Universalien unvergnglich sind, wurde unter Gelehrten gern erçrtert. Surez und Gassendi nahmen das Thema auf, und auch Schulphilosophen im Umfeld Lockes erwhnen es. S´miglecki glaubt, daß man Universalien insofern Ewigkeit zuschreiben darf, als analytische Urteile ber sie ewig wahr sind;412 das erinnert an Lockes Mitteilung, daß Urteile ber Wesenheiten von Dingen ewig wahr sind.413 Combach behandelt das Thema im Hinblick auf die Allgemeinheit und Notwendigkeit 410 Essay 3.6.12; 446, 25 – 447, 29. – Essay 4.16.12; 665, 7 – 667, 2. 411 Essay 4.4.16; 572, 29 – 34: „What sort of outside is the certain sign that there is, or is not such an Inhabitant within? For till that be done, we talk at random of Man: and shall always, I fear, do so, as long as we give our selves up to certain Sounds, and the Imaginations of setled and fixed Species in Nature, we know not what.“ 412 S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 4, q. 1; 133 – 134: „Sunt igitur et dicuntur essentiae rerum aeternae in ordine solum ad intellectum; qui potest semper de illis formare propositiones, quas dicimus sempiternae veritatis. Porro harum propositionum fundamentum, non est existentia sed continentia praedicati in subjecto, ita ut in conceptu subjecti, contineatur praedicatum, ut supra dictum est. Patet autem ad id non requiri existentiam realem; quia tales propositiones possunt etiam fieri de iis quae existere non possunt; ut cum dicitur nihil esse nihil, item de impossibilibus, ut cum dicitur Hircocervum esse ex Hirco et cervo compositum; Hae enim propositiones sunt sempiternae veritatis, licet sint de rebus, quae non existunt nec existere possunt.“ 413 Essay 4.3.31; 562, 12 – 13: „Truths belonging to Essences of Things, (that is, to abstract Ideas) are eternal […]“.

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der Wissenschaft. Ein Physiker kann keine Wissenschaft von Dingen mit individueller Materie betreiben, weil diese nicht berdauern, sondern dem Entstehen und Vergehen unterliegen und daher nicht wissenschaftsfhig sind. Deshalb abstrahiert man in der Physik von der individuellen Materie und behandelt nur die allgemeine, damit die Thesen dieser Wissenschaft auch dann notwendig und unvernderlich bleiben, wenn sie materielle Dinge behandelt; denn Allgemeinheit schenkt perpetuitatem. „Perpetuitas“ bedeutet nicht dasselbe wie „aeternitas“, sondern steht fr „berdauern rebus sic stantibus“. Combach whlt diesen Ausdruck mit Bedacht: Per accidens sind Universalien vergnglich, denn sie kçnnen in der Tat vergehen, aber erst dann, wenn alle ihre Exemplare untergegangen sind; abgesehen davon sind sie unvergnglich, denn sie verharren immer in demselben Zustand, solange auch nur ein einziges Individuum unter ihnen steht.414 Auch Scheibler geht auf die bedingte Unvergnglichkeit der Universalien ein; sie gelten nach ihm unter anderem deshalb als ewig, weil sie nicht von sich aus, sondern erst dann vergehen, wenn alle ihre Individuen vergangen sind. Das gilt fr Universalien wie ,Mensch‘, ,Sinneswesen‘ und ,Vogel‘. Allerdings hat Scheibler den Eindruck, daß jemand, der Universalien und andere Dinge fr unvergnglich erklrt, das Wort „unvergnglich“ in einer Sonderbedeutung verwendet.415 Fr ihn sind Un414 Combach, Metaphysica, Oxford 1662, l. 1, c. 10, comm., n. 20; 133: Physicus „non potest scientiam habere de ijs, quae sunt in materia signata seu singulari: ea enim quum sint quotidianis corruptionibus obnoxia, scientiam facere nequeunt. Abstrahendo ergo a materia singulari de universali materia disserit; ut de materialibus disserendo, scientia incorruptibilitatem obtineat. – Nam ita materia communis dat rationem qua materialia ab immaterialibus sunt discreta: Universalitas vero perpetuitatem largitur. Tametsi enim universalia sint corruptibilia per accidens, quod corruptis singularibus ipsa desinunt esse: quod apud Arist. docetur his verbis in Categ. Cap. de substantia, sublatis substantiis primis, nihil remanet reliquorum. De se tamen incorruptibilia sunt, et in eodem statu semper permanent.“ 415 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 18, tit. 1, a. 2, n. 10; 223: „Denique [ens] incorruptibile vocatur, quod per se non est corruptibile, etsi alias ad corruptionem aliorum amittat entitatem. Hoc modo universalia dicuntur aeterna et incorruptibilia, veluti homo, animal, avis. Haec enim non corrumpuntur per se, imo nec dempto aliquo singulari, ut sunt universalia, corrumpuntur; Sed corrumpuntur solum; demptis omnibus singularibus, per Arist.lib.Categor.c.4. Quanquam alii, inter quos est Monlorius in tract. de univ. c.1.a.10) [sic] existiment universalia dici incorruptibilia et aeterna quod in quibus sunt et quando sunt: semper habeant unam et eandem rationem constantem et immutabilem. Sed quidquid sit; Apparet tamen peculiarem significationem esse, qua universalia, et qua aliae res dicuntur incorruptibiles […]“.

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versalien etwas Kontingentes. Aristoteles meint zwar, daß sie immer sind, aber da irrt er sich; und selbst dann, wenn sie wirklich alle zeitlichen Wechselflle berstnden, schlçsse das ihre Kontingenz nicht aus, denn zur Kontingenz gengt es, daß etwas nicht sein kçnnte, selbst wenn es de facto immer ist.416 Notwendig sind Universalien nur mit Rcksicht auf das berdauern und die Unvernderlichkeit, die ihnen zukommen, solange sie sind. Bei Individuen gibt es Mannigfaltigkeit; verstirbt ein Mensch mit starken individuellen Merkmalen, dann entsteht nicht sogleich ein neuer Mensch, der gerade so beschaffen ist wie er. Dagegen entsteht die Natur des Menschen unabhngig von den individuierenden Bedingungen stets mit denselben Wesensbestimmungen von neuem.417 Obgleich sich Argumente und Interessen solcher Autoren von denen Lockes unterscheiden, stimmen Annahmen Scheiblers verbal mit Meinungen des Essay berein: Universalien (nmlich nominale) sind einerseits etwas berdauerndes und andererseits (nmlich konkretisierte) etwas Vergngliches. E10f. Lockes reale Wesenheiten. – Die Artwesenheiten, die wir unterscheiden und benennen, sind bloß abstrakte Ideen in unserem Geist.418 Unabhngig davon haben alle Dinge eine reale, uns unbekannte Konstitution ihrer unwahrnehmbaren Materieteilchen, der ihre wahrnehmbaren Qualitten entspringen; mit deren Hilfe unterscheiden wir Dinge faute de

416 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, l. 1, c. 18, tit. 3, a. 5, p. 5, n. 63; 232: „Aristoteles quidem existimat universalia esse Entia necessaria, sed in eo errat. 2. Si maxime universalia semper sint, hoc est, per omnis temporis differentias, nihilominus adhuc possunt esse Entia contingentia, quia ad contingentiam sufficit, si, quod est, possit non esse, etiamsi alias de facto semper sit, ut constat ex tradita definitione contingentis. Quanquam 3. etiam ita potest juxta Dd. interpretationes explicari illa universalium sempiternitas, ut tandem inde non sequatur, ea esse Entia necessaria.“ 417 Scheibler, Metaphysica, Oxford 1665, c. 18, tit. 3, a. 5, punct. 5, n. 66; 233: „Universalia sunt entia necessaria, nempe intuendo per perpetuitatem et immutabilitatem rationis sive essentiae quam habent, cum sunt. Hoc est in singularibus, v.g. hominibus, est varietas. Neque enim si nunc sit homo lata et rubicunda facie, mediocri statura, subruffa barba, diviso mento, habens cicatricem in manu, statim renascitur, isto mortuo, alius iisdem conditionibus, quae singulares sunt et contingentes. At natura hominis semper renascitur ejusdem rationis, sive sit sub his conditionibus individuantibus, sive sub aliis.“ 418 Essay 3.3.13; 415, 34 – 416, 1: „[…] so that the Essences of Species, as distinguished and denominated by us, neither are, nor can be any thing but those precise abstract Ideas we have in our minds.“

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mieux unter gemeinsamen Benennungen nach Arten.419 Bei ußerungen ber die Unerkennbarkeit realer Wesenheiten kommt Locke berzeugungen Gassendis besonders nahe. Wenn man die reale Wesenheit einer kçrperlichen Substanz untersuchen will, dann stellt man fest, daß man sie nicht entdecken kann; denn daß sie in der Gestalt, Grçße und Verbindung der festen Materieteilchen des betreffenden Kçrpers besteht, ist nur eine Vermutung, fr die allerdings manches spricht.420 Die reale Wesenheit ist die Grundlage der Eigenschaften, die in der nominalen Wesenheit eines Dings vereinigt sind und mit ihr koexistieren; sie ist die individuelle Konstitution, die jedes Ding in sich selber trgt und die von nichts außerhalb seiner abhngt.421 Mit dieser Bemerkung ist auf den ersten Blick Lockes Mitteilung schwer vereinbar, daß wir die Bewegungen und Impulse nicht kennen, die andere Kçrper einem Ding erteilen und von denen der grçßte Teil der wahrnehmbaren Qualitten abhngt, aus denen unsere komplexen Substanzideen bestehen,422 doch ist die Stelle vermutlich kontextvertrglich, denn in welchem Maß ein Kçrper auf einen anderen einwirken kann, hngt von dessen passiven Krften ab. Locke erklrt in diesem Zusammenhang mehrmals, daß die in der nominalen Wesenheit enthaltenen Qualitten der realen Wesenheit entspringen. Das wird bei mehreren Autoren so verstanden, als entsprngen der realen Wesenheit oder einer Spezialform von ihr nur diese Qualitten; das schlçsse gewis-

419 Essay 3.3.17; 418, 4 – 9: „The other, and more rational Opinion, is of those, who look on all natural Things to have a real, but unknown Constitution of their insensible Parts, from which flow those sensible Qualities, which serve us to distinguish them one from another, according as we have Occasion to rank them into sorts, under common Denominations.“ 420 Essay 2.31.6; 379, 28 – 34: „This Essence, from which all these Properties flow, when I enquire into it, and search after it, I plainly perceive I cannot discover: the farthest I can go, is only to presume, that it being nothing but Body, its real Essence, or internal Constitution, on which these Qualities depend, can be nothing but the Figure, Size, and Connexion of its solid Parts […]“. 421 Essay 3.6.6; 442, 12 – 16: „By this real Essence, I mean that real constitution of any Thing, which is the foundation of all those Properties, that are combined in, and constantly found to co-exist with the nominal Essence; that particular constitution, which every Thing has within it self, without any relation to anything without it.“ 422 Essay 4.6.12; 587, 34 – 588, 4: „We cannot discover so much as that size, figure, and texture of their minute and active Parts, which is really in them; much less the different Motions and Impulses made in and upon them by Bodies from without, upon which depends, and by which is formed the greatest and most remarkable part of those Qualities we observe in them, and of which our complex Ideas of them are made up.“

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sermaßen ein, daß die reale Wesenheit von der nominalen abhngt, und darauf ist spter einzugehen. E10g. Reale Wesenheiten von Schulphilosophen. – Im Essay kann „reale Wesenheit“ noch eine zweite Bedeutung haben, die nach Lockes Meinung unter Schulphilosophen verbreitet ist: Es gibt nichtindividuelle Wesenheiten, nach denen die Natur alle Einzeldinge bildet; durch sie unterscheiden sich Einzeldinge nach Arten. An dieser Meinung ist nach Locke wahr, daß alle Dinge eine reale Konstitution besitzen, durch die sie sind, was sie sind, und von der ihre wahrnehmbaren Qualitten abhngen; aber weder unsere Unterscheidung von Arten noch unsere Zuweisung von Individuen zu Arten geht auf solche Konstitutionen zurck.423 Fr Schulphilosophen, die die genannte Meinung vertreten, bedeutet der Ausdruck „reale Wesenheit“ etwas, das Arten konstituiert, whrend er in Lockes Verwendung etwas bedeutet, das Individuen konstituiert. Schulphilosophen fhren die Artzugehçrigkeit auf ein inneres Prinzip in den Dingen zurck, dem angeblich ihre Artmerkmale zu danken sind und das gewçhnlich substantielle Form heißt;424 diese Einschtzung der realen Wesenheit lehnt Locke ab.425 Wir kçnnen keine realen Wesenheiten erkennen, und deshalb hat jemand, der annimmt, daß die Natur und nicht der Mensch Substanzarten hervorbringt, und zwar mit Hilfe artspezifischer Wesenheiten, die in den Dingen existieren, und daß unsere Artnamen fr diese stehen, am Ende nur den Namen in der Hand, denn die angeblichen

423 Essay 3.10.21; 502, 26 – 32: „That there are certain precise Essences, according to which Nature makes all particular Things, and by which they are distinguished into Species. That every Thing has a real Constitution, whereby it is what it is, and on which its sensible Qualities depend, is past doubt: But I think it has been proved, that this makes not the distinction of Species, as we rank them; nor the boundaries of their names.“ 424 Essay 3.10. 20; 502, 10 – 13: Derartige Wortverwendungen „cause a great deal of Uncertainty in Men’s Discourses; especially in those, who have throughly imbibed the Doctrine of substantial Forms, whereby they firmly imagine the several Species of Things to be determined and distinguished.“ 425 Z. B. Essay 2.31.6; 378, 24 – 32: „That Men (especially such as have been bred up in the Learning taught in this part of the World) do suppose certain specifick Essences of Substances, which each Individual in its several kind is made conformable to, and partakes of, is so far from needing proof, that it will be thought strange, if any one should do otherwise. And thus they ordinarily apply the specifick Names, they rank particular Substances under, to Things, as distinguished by such specifick real Essences.“

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Artwesenheiten sind ihm verborgen;426 und selbst der Name, den er noch hat, wird ihm ungewiß, denn weil er keine realen Artwesenheiten kennt, kann er nicht mit Sicherheit behaupten, daß etwas zu dieser oder jener Art gehçrt.427 Darunter, daß Schulautoren ihre angeblichen Artwesenheiten sozusagen fr Gußformen oder Modeln hielten, mit deren Hilfe die Natur Artexemplare herstellt, hat nach Locke das Wissen von der Natur wahrscheinlich sehr gelitten, auch spricht die hufige Entstehung von Monstren, Wechselblgen und sonderbaren Hervorbringungen von menschlicher Geburt gegen diese Annahme. Selbst wenn es nicht so wre, bliebe der Einwand bestehen, daß die Annahme realer Artwesenheiten, die man nicht erkennen kann, fr alle Teilbereiche des Wissens unntz und unergiebig ist.428 426 Essay 3.6.49; 469, 34 – 470, 8: „To avoid this therefore, they have supposed a real Essence belonging to every Species, from which these Properties all flow, and would have their name of the Species stand for that. But they not having any Idea of that real Essence in Substances, and their Words signifying nothing but the Ideas they have, that which is done by this Attempt, is only to put the name or sound, in the place and stead of the thing having that real Essence, without knowing what the real Essence is; and this is that which Men do, when they speak of Species of Things, as supposing them made by Nature, and distinguished by real Essences.“ 427 Essay 4.6.4; 580, 13 – 19: „But in Substances, wherein a real Essence, distinct from the nominal, is supposed to constitute, determine, and bound the Species, the extent of the general Word is very uncertain: because not knowing this real Essence, we cannot know what is, or is not of that Species; and consequently what may, or may not with certainty be affirmed of it.“ – Essay 3.9.12; 482, 7 – 13: „But this real Constitution, or (as it is apt to be called) Essence, being utterly unknown to us, any Sound that is put to stand for it, must be very uncertain in its application; and it will be impossible to know, what Things are, or ought to be called an Horse, or Antimony, when those Words are put for real Essences, that we have no Ideas of at all.“ 428 Essay 3.3.17; 417, 34 – 418, 24: „Concerning the real Essences of corporeal Substances, (to mention those only,) there are, if I mistake not, two Opinions. The one is of those, who using the Word Essence, for they know not what, suppose a certain number of those Essences, according to which, all natural things are made, and wherein they do exactly every one of them partake, and so become of this or that Species. The other, and more rational Opinion, is of those, who look on all natural Things to have a real, but unknown Constitution of their insensible Parts, from which flow those sensible Qualities, which serve us to distinguish them one from another, according as we have Occasion to rank them into sorts, under common Denominations. The former of these Opinions, which supposes these Essences, as a certain number of Forms or Molds, wherein all natural Things, that exist, are cast, and do equally partake, has, I imagine, very much perplexed the Knowledge of natural Things. The frequent Productions of Monsters, in all the Species of Animals, and of Changelings, and other strange Issues of humane Birth,

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E10h. Schwierigkeiten gebildeter Leser mit Lockes Verwendung von „Wesenheit“. – Der Einbau von „essence/essentia“ in eine korpuskularistische Philosophie bereitet Schulphilosophen grundstzlich keine neuen Probleme, denn einige von ihnen nahmen an, daß die Materie aus Teilchen besteht.429 Daß dagegen Lockes Unterscheidung von realer und nominaler Wesenheit fr schulphilosophisch ausgebildete Leser zu Schwierigkeiten fhrt, zeigt ein Blick auf die Texte. Nach Burgersdijck ist die Wesenheit das, was in der Definition zum Ausdruck kommt, beziehungsweise das, wodurch erstens ein Ding berhaupt ist oder existiert und wodurch es zweitens das ist, was es ist, nmlich etwas, das innerhalb seiner Art so oder so beschaffen ist.430 Daß in der Definition die Wesenheit zum Ausdruck kommt, trifft laut Essay nur fr die nominale Wesenheit zu; sie macht ein Ding zu dem, was es ist, allerdings nicht aus eigener Kraft, sondern deshalb, weil der Verstand sie als Kriterium bei der Artzuweisung verwendet. Von Lockes realer Wesenheit, die man nicht beschreiben kann, weil man sie nicht kennt, darf man dagegen im vollen Sinn behaupten, daß sie ein Ding zu dem macht, was es ist; doch bewirkt sie nach Locke nicht Artzugehçrigkeit, sondern nur Individualitt. Nach Scheiblers Philosophia compendiosa ist die Wesenheit dasjenige, durch das ein Seiendes ist, was es ist; zum Beispiel ist Menschsein (humanitas) das, wodurch ein Mensch ein Mensch ist;431 dieser Merksatz paßt am ehesten zu Lockes nominaler Wesenheit. Nach Baron ist ein Seiendes etwas, das eine reale Wesenheit hat; sie ist das ursprnglichste und innerlichste Prinzip seiner Ttigkeiten und Proprien und das, was man von einem Ding als erstes begreift. Zum Beispiel kann man den Menschen als etwas begreifen, das zur Schiffahrt oder zum Philosophieren taugt; aber weil er ein Mensch ist, begreift man als Erstes von ihm, daß er ein vernunftbegabtes Sinneswesen ist.432 Die Annahme, daß die Wesenheit das

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carry with them difficulties, not possible to consist with this Hypothesis […] But were there no other reason against it, yet the supposition of Essences, that cannot be known; and the making them nevertheless to be that, which distinguishes the Species of Things, is so wholly useless, and unserviceable to any part of our Knowledge, that that alone were sufficient, to make us lay it by […]“ S. Vf. 1997; 21 – 45. Burgersdijck, Institutiones metaphysicae, London 1653, l. 1, c. 8, th. 3; 50 – 51: „Essentia ergo nihil aliud est, quam id quod definitione exprimitur, vel quo res, et est, et est id quod est.“ Scheibler, Philosophia Compendiosa, Oxford 1671, Compendium metaphysicum, s. 1, c. 3; 32: „Essentia est id, per quod ens est id, quod est; h.e. per quod est ens. Sic Humanitas est illud, per quod Homo est Homo.“ Baron, Metaphysica Generalis, London 1657, p. 1, s. 6, n. 12; 74: „Ens nomen sic definitur, est Id quod habet essentiam realem. Ubi duo consideranda sunt: primo, in

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Prinzip der Ttigkeiten und Eigentmlichkeiten eines Dings ist, paßt zu Lockes realer Wesenheit; die Mitteilung, daß man von einem Ding zuerst seine Artzugehçrigkeit erkennt, gilt dagegen hçchstens fr Lockes nominale Wesenheit. Baron teilt mit, worauf das Realsein einer Wesenheit beruht: Negativ gesehen darauf, daß sie weder einen Widerstreit in sich selbst enthlt noch vom Verstand erdacht ist; positiv gesehen a priori darauf, daß Gott sie real erschaffen kann, und a posteriori darauf, daß sie das Prinzip der realen Eigentmlichkeiten oder Ttigkeiten eines Dinges ist;433 das alles lßt sich nur von Lockes realen Wesenheiten sagen. Fr scholastisch gebildete Leser drfte es schwer gewesen sein, bei so vielem Mehrdeutigkeiten den berblick zu behalten. Locke hoffte, durch die bernahme schulphilosophischer Ausdrcke seine Leser von der Haltlosigkeit bestimmter scholastischer Annahmen zu berzeugen, zahlte aber dafr den Preis, daß der Zugang zu seiner Philosophie fr scholastisch gebildete Leser noch schwieriger wurde. E10i. An einer Wesenheit Anteil haben. Prdikation abstrakter Ausdrcke. – Der Name „Gold“ ist ein Artname, kommt aber zugleich auch allen Dingen zu, die an der von ihm bezeichneten abstrakten Wesenheit Anteil haben.434 Eine Lockesche Substitutionsregel fr den hergebrachten Ausdruck „an einer Wesenheit Anteil haben“ finde ich nicht, doch bedeutet er wahrscheinlich etwas hnliches wie „eine Wesenheit besitzen“. Essay 3.3.12 quo sit posita ratio essentiae; secundo, in quo consistat quod reale sit. Quod ad prius attinet, tenendum est, Essentiam rei esse id quod est primum et radicale ac intimum principium omnium actionum et proprietatum quae rei conveniunt; vel, ut alii loquuntur, Essentia est illud quod primo in aliqua re qua talis est concipitur: verbi causa, possumus concipere hominem quatenus est aptus ad navigandum aut philosophandum, verum haec non primo insunt homini qua homo est, potest enim a nobis aliquid in Homine concipi iis prius, scil. quod sit animal rationale; hoc autem ita se habet, ut nihil eo prius in homine concipi possit.“ 433 Baron, Metaphysica Generalis, London 1657, p. 1, s. 6, n. 15; 75: „[…] possumus docere in quo consistat realitas Essentiae, aut jat’ %qsim i. e. negative, aut jat± h´sim i. e. affirmative. Jat’ %qsim declaramus ejus realitatem, dicentes Essentiam eam esse realem, quae neque in se involvit aliquam repugnantiam, neque est conficta per Intellectum: […] Jata h]sim declaramus realitatem Essentiae duobus modis, scil. a priori, vel a posteriori. A priori declarare possumus realitatem Essentiae Creaturarum, dicentes eas Creaturas habere realem Essentiam quae habent essentiam realiter a Deo producibilem: a posteriori vero declarare possumus realitatem Essentiae, dicentes eam Essentiam esse realem quae est principium aut radix realium proprietatum aut realium actionum […]“. 434 Essay 3.6.47; 469, 1 – 2: „[…] the Name Zahab is the mark of the Species, and a Name belonging to all Things partaking in that Essence.“

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teilt mit, daß der Besitz der Wesenheit ein Ding zu einer Art gehçren lßt, und Essay 3.6.7 legt eine weitere Substitution nahe: Ein Ding fllt unter diese oder jene Art, weil es die entsprechende Wesenheit hat oder weil es, was dasselbe ist, mit der abstrakten Idee bereinstimmt, fr die der betreffende Artname steht.435 Mit der Gleichsetzung von abstrakten Ideen und Wesenheiten hngt es zusammen, daß Locke die identifizierende Prdikation abstrakter Termini von anderen abstrakten Termini nur bedingt zulßt. Weil jede abstrakte Idee oder nominale Wesenheit von jeder anderen verschieden ist und eine eigene Art konstituiert, ist keine von ihnen mit irgend einer anderen identisch. Sofern ein Urteil wie „Gtigkeit ist Menschlichkeit“ wahr ist, kann es also nicht den Sinn haben, daß die durch Subjekt und Prdikat bezeichneten abstrakten Ideen miteinander identisch sind. Bejahende Urteile, in denen die Namen abstrakter Ideen durch eine Copula verbunden werden, enthalten keine neuen Sachinformationen, sind aber auch nicht nutzlos, weil sie Auskunft ber die Bedeutung artikulierter Laute geben kçnnen. Denn dadurch, daß der Name eines abstrakten Begriffs als Prdikat fr einen anderen generellen Namen dient, erhlt man in gnstigen Fllen die Information, daß der betreffende Begriff mit beiden Namen benannt werden darf. Solange man nur das mitteilen mçchte, ist es statthaft zu sagen: „Sparsamkeit ist Frugalitt“, „Dankbarkeit ist Gerechtigkeit“ oder „Gengsamkeit ist Mßigkeit“.436

435 Essay 3.3.12; 414, 30 – 415, 1: „For the having the Essence of any Species, being that which makes any thing to be of that Species, and the conformity to the Idea, to which the name is annexed, being that which gives a right to that name, the having the Essence, and the having that Conformity, must needs be the same thing: Since to be of any Species, and to have a right to the name of that Species, is all one.“ – Essay 3.6.7; 443, 9 – 12: „How comes any particular Thing to be of this or that Sort, but because it has that nominal Essence, Or, which is all one, agrees to that abstract Idea, that name is annexed to?“ 436 Essay 4.8.12; 616, 33 – 617, 9: „[…] All Propositions, wherein two abstract Terms are affirmed one of another, are barely about the signification of Sounds. For since no abstract Idea can be the same with any other but it self, when its abstract Name is affirmed of any other Term, it can signify no more but this, that it may, or ought to be called by that Name; or that these two Names signify the same Idea. Thus should any one say, that Parsimony is Frugality, that Gratitude is Justice; that this or that Action is, or is not Temperance: However specious these and the like Propositions may at first sight seem, yet when we come to press them, and examine nicely what they contain, we shall find, that it all amounts to nothing, but the signification of those Terms.“

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E10j. „Essential“ und „property“. – Mit der Knappheit an Informationen ber notwendige Koexistenz hngen unsere Schwierigkeiten bei der Entscheidung darber zusammen, welche Eigenschaften von Substanzen unabtrennbar sind. Nach Meinung der Schulphilosophie kçnnen Eigenschaften auf zweierlei Weise von Substanzen unabtrennbar sein. Fr die erste steht der Schulausdruck „essentialis“; er bezeichnet Eigenschaften, die Bestandteile von Wesenheiten sind. Im Essay steht „essential“ fr solche Eigenschaften, deren Ideen unverzichtbare Bestandteile nominaler Wesenheiten sind; Locke betont, daß die Verwendung des Ausdrucks „essential“ nur im Zusammenhang mit Arten sinnvoll ist.437 Es gibt aber noch eine zweite Klasse von Eigenschaften, die von Wesenheiten unabtrennbar sind. Der schulphilosophische Ausdruck fr Bestimmungen, die zwar nicht Bestandteile der Artwesenheit sind, sie aber bestndig begleiten, ist „proprium“. An dessen herkçmmliche Bedeutung hlt sich Locke gelegentlich bei der Verwendung des Ausdrucks „property“ (Proprium, Eigentmlichkeit); aber nachdem nun die hergebrachte Unterscheidung zwischen property und essential im Rahmen der zweifachen Wesenheitslehre im Grunde funktionslos geworden ist, tendiert die Bedeutung von „property“ dazu, mit der von „essential“ zu verschmelzen oder in die allgemeinere Bedeutung ,Eigenschaft‘ abzugleiten. Wohl deshalb bemerkt Yolton: „Locke’s use of this term is rather curious, unsystematic, but of some importance“. 438 Locke setzt Proprien insofern mit essentials gleich, als er beide an nominale Artwesenheiten bindet, doch wegen der Knappheit unseres Wissens ber reale Wesenheiten ist bei der Einstufung von Eigenschaften als Bestandteilen (essential) oder Proprien von Wesenheiten (property) stets Willkr im Spiel.439 Proprien gibt es nicht in Peter oder James, sofern sie

437 Essay 3.6.4; 440, 30 – 32: „None of these [Faculties] are essential to the one, or the other, or to any Individual whatsoever, till the Mind refers it to some Sort or Species of things […]“. – Essay 3.6.5; 441, 20 – 23. Text s. S. 397, Anm. 381. – Essay 3.6.6; 442, 31 – 33: „But take away the consideration of its [a parcel of Matter] being ranked under the name of some abstract Idea, and then there is nothing necessary to it, nothing inseparable from it.“ – In der Sprache der Schulphilosophie kann man „inseparabile“ als Synonym von „proprium“ verwenden. 438 Yolton 1993; 178. 439 Essay 3.9.17; 486, 17 – 26: „For by what right is it, that Fusibility comes to be a part of the Essence, signified by the Word Gold, and Solubility but a property of it? Or why is its Colour part of the Essence, and its Malleableness but a property? That which I mean, is this, that these being all but Properties, depending on its real Constitution; and nothing but Powers, either active or passive, in reference to other Bodies, no one has Authority to determine the signification of the word Gold, (as

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Individuen sind, sondern nur, sofern sie unter der abstrakten Artnatur stehen, unter die man Peter und James im Blick auf ihre angenommene Gleichfçrmigkeit eingeordnet hat.440 E10k. Innere oder reale Konstitutionen. – „Innere Konstitution“ oder „reale Konstitution“ sind Wçrter aus dem korpuskularistischen Milieu, die ebenfalls in Lockes Substanzlehre verwendet werden. Locke macht oft deutlich, daß er „reale Konstitution“ und „reale Wesenheit“ als Synonyma gebraucht; allerdings hat „reale Konstitution“ nicht den Nachteil, Assoziationen mit ,Art‘ auszulçsen. hnliche Ausdrcke sind „particular constitution“, „peculiar constitution“, „formal constitution“, „radical constitution“ und „the nature and inward constitution of things“. 441 Jede kçrperliche Substanz hat ihre individuelle Konstitution, von der vermutlich nicht nur ihre wahrnehmbaren Qualitten und Krfte, sondern auch die durch sie verursachbaren Vernderungen der Grçße, Gestalt, Textur und Bewegung anderer Kçrper abhngen.442 Auch die Ideen gemeinsamer Qualitten, die wir zur Bildung abstrakter Artideen sammeln, hngen von den inneren Konstitutionen existierender Individuen ab; das ndert aber nichts daran, daß wir selbst es sind, die Artideen und Arten herstellen.443 Zwar sind viele Einzeldinge in ihren wahrnehmbaren Eigenschaften und wahrscheinlich auch in ihrer inneren Konstitution einander hnlich, aber nicht die innere

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referr’d to such a Body existing in Nature) more to one Collection of Ideas to be found in that Body, than to another.“ 2nd reply; Works IV 433, 34 – 434, 2: „Those properties, with submission, do not, as your lordship supposes, exist in Peter and James: those qualities indeed may exist in them, which your lordship calls properties; but they are not properties in either of them, but are properties only of that specific abstract nature, which Peter and James, for their supposed conformity to it, are ranked under. For example, rationality, as much a property as it is of a man, is no property of Peter.“ Essay 3.11.22; 520, 9. – Essay 3.11.23; 520, 22. – Essay 4.3.6; 543, 18. Essay 3.6.13; 448, 9 – 11: „[…] every Substance that exists, has its peculiar Constitution, whereon depend those sensible Qualities, and Powers, we observe in it […]“. – Essay 2.8.23; 140, 25 – 29: „Thirdly, The Power that is in any Body, by Reason of the particular Constitution of its primary Qualities, to make such a change in the Bulk, Figure, Texture, and Motion of another Body, as to make it operate on our Senses, differently from what it did before.“ Essay 3.10.21; 502, 28 – 32: „That every Thing has a real Constitution, whereby it is what it is, and on which its sensible Qualities depend, is past doubt: But I think it has been proved, that this makes not the distinction of Species, as we rank them; nor the boundaries of their names.“

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Konstitution, sondern der Mensch bringt Individuen in Arten.444 Fragen wie die, ob sich die inneren Konstitutionen mehrerer Geschçpfe spezifisch unterscheiden, kçnnen wir nicht beantworten, denn unsere Artideen geben uns darber keine Auskunft; doch haben wir Grund zu der Annahme, daß da, wo Fhigkeiten oder ußere Gestalt weit auseinanderliegen, auch die innere Konstitution nicht ganz dieselbe ist.445 Damit, daß fr Locke reale Konstitutionen individuell sind, hngt es zusammen, daß er sie im Gegensatz zu nominalen Wesenheiten fr vergnglich hlt. Sie entstehen und vergehen zusammen mit den von ihnen konstituierten Dingen; wenn zum Beispiel etwas, das heute Gras ist, morgen zu Lammfleisch und nach der Mahlzeit zum Bestandteil eines Menschen wird, dann muß zugleich mit den Eigenschaften von Gras oder Lamm auch die reale Konstitution vergangen sein, der sie entsprangen.446 Das klingt fr Schulphilosophen nicht unbedingt befremdlich, denn nach der verbreiteteren Meinung wird bei substantiellen Vernderungen (generatio und corruptio) die frhere Form von der neuen aus der von ihr besetzten Materie verjagt; zumindest im Ergebnis steht das Lockes Meinung ber reale Wesenheiten nicht ferne. E10l. Besonderheiten nominaler Wesenheiten und innerer Konstitutionen. – Schon deshalb, weil der eine Beobachter diese und der andere jene er444 Essay 3.6.36; 462, 14 – 17: „Nature makes many particular Things, which do agree one with another, in many sensible Qualities, and probably too, in their internal frame and Constitution: but ’tis not this real Essence that distinguishes them into Species; ’tis Men […].“ 445 Essay 3.6.22; 450, 35 – 451, 8: „But if the Enquiry be made concerning the supposed real Essence; and whether the internal Constitution and Frame of these several Creatures be specifically different, it is wholly impossible for us to answer, no part of that going into our specifick Idea: only we have Reason to think, that where the Faculties, or outward Frame so much differs, the internal Constitution is not exactly the same: But, what difference in the internal real Constitution makes a specifick difference, it is in vain to enquire; whilst our measures of Species be, as they are, only our abstract Ideas, which we know; and not that internal Constitution, which makes no part of them.“ 446 Essay 3.3.19; 419, 16 – 25: Abstrakte Ideen mit eigenen Namen „are all ingenerable and incorruptible. Which cannot be true of the real Constitutions of Things, which begin and perish with them. All Things that exist, besides their Author, are all liable to Change; especially those Things we are acquainted with, and have ranked into Bands, under distinct Names or Ensigns. Thus that which was Grass to Day, is to Morrow the Flesh of a Sheep; and within a few days after becomes part of a Man: In all which, and the like Changes, it is evident their real Essence, i. e. that constitution, whereon the Properties of these several things depended, is destroyed, and perishes with them.“

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scheinende Qualitt fr wichtig hlt, ist es schwer, sich ber nominale Substanzwesenheiten zu verstndigen, und deshalb sind die Grenzen zwischen Substanzarten strittig und unbestimmt. Bei Arten von Lebewesen kommt hinzu, daß man sie meist nicht nach der Abstammung, sondern nach ußeren Merkmalen bestimmt;447 aber Tiere und Pflanzen kmmern sich bei ihrer Fortpflanzung nur wenig um Artgrenzen, die ihnen Menschen ziehen. Die zweite Schwche nominaler Wesenheiten besteht darin, daß sie uns keine notwendige Verknpfung zwischen den in ihnen vereinigten einfachen Ideen erkennen lassen; auch entdecken sie uns fast nie eine notwendige Verknpfung zwischen diesen Teilideen und den brigen Qualitten der Subjekte. Sie informieren uns zwar ber faktische Koexistenzen, aber nicht ber deren Notwendigkeit; deshalb drfen wir zum Beispiel nicht mit Gewißheit behaupten, daß alle Menschen hin und wieder schlafen oder daß Schierling allen Menschen schadet; das trifft zwar nach dem Ausweis der Erfahrung fr die bisher beobachteten Exemplare zu, doch gelegentliche Erfahrungen erlauben keine zuverlssigen Allaussagen.448 Trotz ihrer Inadquatheit und trotz der Verborgenheit realer Substanzwesenheiten konstituieren aber nominale Wesenheiten die einzigen uns bekannten Arten von Substanzen und erlauben es uns, die Wahrheit unserer Aussagen ber Artexemplare zu berprfen.449 R. Brandt und H.F. Klemme weisen darauf hin, daß sich in ihnen darber hinaus der jeweilige Wissensstand niederschlgt.450 Bei der Behandlung der realen Konstitution bekennt sich der Essay zu der von Boyle als korpuskularistisch bezeichneten Meinung, daß Kçrper als solche Systeme von unwahrnehmbaren Materieteilchen sind; diese Meinung beruht nicht auf Erfahrung, sondern auf Vermutungen ber die Beschaffenheit der Materie und 447 Essay 3.6.26; 453, 24 – 25: „ […] how far Men determine of the sorts of Animals, rather by their Shape, than Descent, is very visible […]“. – Essay 3.6.23; 451, 17 – 19: „Nor let any one say, that the power of propagation in animals by the mixture of Male and Female, and in Plants by Seeds, keeps the supposed real Species distinct and entire.“ 448 Essay 4.6.15; 590, 3 – 13: „Because not knowing the real Constitution on which Sensation, power of Motion, and Reasoning, with that peculiar Shape, depend, and whereby they are united together in the same Subject, there are very few other Qualities, with which we can perceive them to have a necessary connexion: and therefore we cannot with Certainty affirm, That all Men sleep by intervals; That no Man can be nourished by Wood or Stones; That all Men will be poisoned by Hemlock: because these Ideas have no connexion or repugnancy with this or that nominal Essence of Man, with this abstract Idea that Name stands for.“ 449 Essay 3.6.21; 450, 1 – 4. Text s. S. 389, Anm. 352. 450 Brandt/Klemme in: Thiel 1997; 174

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ber die Bedingungen der menschlichen Erkenntnis. Sie bewegt Locke wie Gassendi zu der wirkungsgeschichtlich folgenreichen berzeugung, daß wir schon infolge unserer Sinnesorganisation nichts Genaues ber die innere Natur von Kçrpern wissen kçnnen, weil wir immer nur deren ußere Rinde erblicken; immerhin glaubt Locke anders als spter Kant, daß Kçrper an sich (as they are in themselves) unter dieselben Kategorien wie Erfahrungsgegenstnde fallen. Indem Locke auf die Hypothese zurckgreift, die man inzwischen als Atomismus bezeichnet, nimmt er eine ungesicherte physikalische („naturphilosophische“) Theorie in seine Lehre von den Bedingungen der menschlichen Erkenntnis auf, macht aber zugleich dem Leser klar, daß sie ungesichert ist und gegebenenfalls durch eine bessere ersetzt werden muß. Fr sicher hlt er nur, daß sie von allen derzeit verfgbaren Theorien das Vorhandensein wahrnehmbarer Qualitten am besten erklrt und daß es schwer sein wird, sie durch eine bessere zu ersetzen. Bislang kçnne man aber durch sie noch nicht ermitteln, welche Qualitten und Krfte notwendig in Substanzen koexistieren, und ehe das geklrt ist, nimmt unser Wissen von der Natur durch kein System entscheidend zu.451 E10m. Annahme von Substanzarten, die in Kenntnis realer Wesenheiten gebildet wrden. – Locke schreibt an Stillingfleet, daß wir da, wo wir bei Individuen ausnahmslos die gleichen Eigenschaften finden, Grund zu der Schlußfolgerung haben, daß sie einer sehr hnlichen realen Konstitution entspringen.452 Den Begriff ,sameness‘ hlt Locke fr verhltnismßig un451 Essay 4.3.16; 547, 29 – 548, 10: „I have here instanced in the corpuscularian Hypothesis, as that which is thought to go farthest in an intelligible Explication of the Qualities of Bodies; and I fear the Weakness of humane Understanding is scarce able to substitute another, which will afford us a fuller and clearer discovery of the necessary Connexion, and Co-existence, of the Powers, which are to be observed united in several sorts of them. This at least is certain, that which ever Hypothesis be clearest and truest, (for of that it is not my business to determine,) our Knowledge concerning corporeal Substances, will be very little advanced by any of them, till we are made see, what Qualities and Powers of Bodies have a necessary Connexion or Repugnancy one with another; which in the present State of Philosophy, I think, we know but to a very small degree: And, I doubt, whether with those Faculties we have, we shall ever be able to carry our general Knowledge (I say not particular Experience) in this part much farther. Experience is that, which in this part we must depend on.“ 452 Letter, Works 4; 91, 6 – 15: „[…] where we find all the same properties, we have reason to conclude there is the same real, internal constitution, from which those properties flow.“

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klar, verwendet aber „same“ auch selbst sowohl zur Bezeichnung von etwas, das unter Schulphilosophen als spezifische Identitt bezeichnet wird, als auch zur Bezeichnung numerischer Identitt.453 Spezifische Identitt be453 Beispiele: Essay 2.4.5; 126, 27 – 29: „[…] I know not, how Men, who have the same Idea, under different Names, or different Ideas, under the same Name, can, in that case, talk with one another […]“ Der Ausdruck „the same Idea“ kann nicht „numerisch-dieselbe Idee“ bedeuten, denn man hat nur Zugang zu den eigenen Ideen und nicht zu den Ideen anderer. Das htte man aber, wenn eine eigene Idee mit einer Idee eines anderen Menschen numerisch-identisch wre. Entsprechendes gilt fr Essay 2.25.4: 320, 32 – 35, Essay 2.32.21; 392, 10 – 13, Essay 3.2.8; 408, 24 – 30, Essay 3.9.6; 478, 1 – 5, und Essay 3.9.9; 480, 19 – 24. Essay 2.32.14; 388, 32 – 35: „For that Texture in the Object, by a regular and constant operation, producing the same Idea of Blue in us, it serves us to distinguish, by our Eyes, that from any other Thing […]“. Der Ausdruck „the same Idea of Blue“ kann auch dann, wenn er auf denselben Wahrnehmenden bezogen wird, nicht „numerisch dieselbe Blau-Idee“ bedeuten, denn die Existenz einer individuellen Idee ist an die des sie hervorbringenden Denkakts gebunden. Essay 3.2.3; 406, 15 – 19: „A Child having taken notice of nothing in the Metal he hears called Gold, but the bright shining yellow colour, he applies the Word Gold only to his own Idea of that Colour, and nothing else; and therefore calls the same Colour in a Peacocks Tail, Gold.“ Bei „the same Colour in a Peacocks Tail“ kann es sich nicht um numerisch-dieselbe Farbidee handeln wie bei „the bright shining yellow colour“ von Gold, denn weder die beide veranlassenden Konstitutionen noch die beide vermittelnden Wahrnehmungen sind numerisch-identisch. Essay 3.6.8; 443, 22 – 31: „This, as it is easy to be observed by all, who have to do with natural Bodies; so Chymists especially are often, by sad Experience, convinced of it, when they, sometimes in vain, seek for the same Qualities in one parcel of Sulphur, Antimony, or Vitriol, which they have found in others. For though they are Bodies of the same Species, having the same nominal Essence, under the same Name; yet do they often, upon severe ways of examination, betray Qualities so different one from another, as to frustrate the Expectation and Labour of very wary Chymists.“ Locke kann mit „the same Qualities“ nicht meinen, daß sich bei frheren Erfahrungen in einem Stck Schwefel, einem Stck Antimon und einer Probe Vitriol numerisch-dieselben Qualitten befanden. Die Vermutung, daß er an spezifische Identitt denkt, legt im Text der Ausdruck „Bodies of the same Species“ nahe. Essay 3.6.45; 467, 18 – 20: „Adam’s Children had the same Faculties, and thereby the same Power that he had […]“. Locke meint nicht, daß Adams Kinder numerisch-dieselben Fhigkeiten wie Adam besaßen, denn dann mßte ihr Geist nach Essay 2.21.6; 236, 28 – 237, 4, mit dem Geist Adams numerisch-identisch sein. Entsprechendes gilt fr Essay 3.6.51; 470, 27 – 29.

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steht zwischen Individuen derselben Art; zum Beispiel sind die Vernunften Peters und Pauls numerisch-verschieden, aber spezifisch-identisch oder spezifisch dasselbe. Bei der soeben zitierten Mitteilung an Stillingfleet empfiehlt es sich, von dieser Interpretationsmçglichkeit Gebrauch zu machen: Man darf annehmen, daß Individuen mit hnlichen Eigenschaften spezifisch-identische innere Konstitutionen haben, das heißt, Konstitutionen, die einander sehr hnlich sind.454 Wenn uns eines Tages individuelle reale Substanzwesenheiten zugnglich wrden, dann kçnnten wir ihre gemeinsamen Eigenschaften erkennen und abstrakte Ideen aus ihnen bilden, die wir fortan als Kriterien fr die Artzuweisung verwenden kçnnten. Dieser Gedanke steht im Hintergrund einer Briefstelle an Molyneux, der Locke geschrieben hatte, man kçnne genau so wenig daran zweifeln, daß ein Sperling ein Vogel und ein Pferd ein Tier ist, wie daran, daß diese Farbe weiß und jene schwarz ist. Locke erwidert, das bedeute nur, daß die Verbindung einfacher Ideen, fr die das Wort „Vogel“ steht, in dem besonderen Ding zu finden ist, das wir als Sperling bezeichnen. Daraus folge aber nicht, daß es in der Natur keine Arten wie Vçgel gibt. Es gebe vielmehr in den Dingen individuelle reale Konstitutionen, und diese erzeugen die einfachen Ideen, die wir an den Dingen beobachten. Zwischen solchen Konstitutionen gebe es reale Unterschiede und Differenzen, durch die sie unabhngig von unserem Denken und Sprechen voneinander verschieden sind.“455 Die realen Unterschiede und Differenzen, durch die sich individuelle reale Substanzkonstitutionen numerisch voneinander unter454 Sonst gert man in hnliche Schwierigkeiten wie Kaufman 2007; 520: „The real essence in this passage must be the n-relative real essence. Otherwise we run the risk of attributing to Locke the view that all members of a kind have the same individual real essence; but that would entail independent natural kinds. Moreover, the real essence here is called the ,real essence of a species’; but species are determined by nominal essences. Finally, if real essences in the passage were individual real essences, then this passage would contradict Locke’s explicit position that not all members of a kind have the same individual real essence.“ 455 Brief Nr. 1592: Locke an W. Molyneux, 20. Januar 1693; Correspondence IV (1979), 626: „This I do say, that there are real constitutions in things from whence these simple ideas flow, which we observ’d combined in them. And this I farther say, that there are real distinctions and differences in those real constitutions one from another; whereby they are distinguished one from another, whether we think of them or name them or no. But that whereby we distinguish and rank particular substances into sorts or genera and species, are not those real essences or internal constitutions, but such combinations of simple ideas as we observe in them.“ – ltere Fundstelle: Mr. Locke to Mr. Molyneux, Oates, Jan. 20, 1692/3. Works IX 305, 28 – 306, 11.

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scheiden, sind ihre nichtgemeinsamen Krfte und Eigenschaften. Durch deren bersehen gelangten wir, wenn wir reale Wesenheiten wahrnehmen kçnnten, zu besseren abstrakten Ideen und wren in der Lage, nicht nur auf der Grundlage nominaler, sondern auch auf der Grundlage realer Substanzwesenheiten Arten zu bilden. Aber selbst dann wren individuelle reale Substanzwesenheiten schon vor den Substanzarten da, und diese wren nicht weniger von Menschen gemacht als jetzige Arten; auch wre die Bedeutung des Artnamens nach wie vor eine abstrakte Idee, bei deren Bildung wir viele Krfte von Individuen absichtlich vernachlssigten. Eine solche Idee enthielte zwar bessere Informationen als unsere jetzigen Artideen, wre aber andererseits wegen ihrer Abstraktheit informationsrmer als die singulren Ideen, die ihr zugrunde liegen. Daß Locke die Annahme von Substanzarten, die in Kenntnis realer Wesenheiten gebildet wrden, nicht fr abwegig hlt, zeigt sich an Stellen, an denen er sich auf solche Arten bezieht. Er erklrt mehrmals, daß es schon heute Arten gibt, die wir in Kenntnis realer Wesenheiten bilden, und zwar bei einfachen Ideen, bei einfachen und gemischten Modi und bei Relationen. Er sagt auch nicht, daß die Annahme von Substanzarten, die auf realen Wesenheiten beruhen, als solche unsinnig wre; sein Problem ist, daß es uns an Informationen fehlt. Zum Beispiel sagt er, daß wir auf die Frage, ob die realen Wesenheiten und inneren Strukturen von Menschen und menschenhnlichen Wesen spezifisch verschieden sind, keine Antwort wissen, weil uns die erforderlichen Informationen fehlen, und daß wir nicht wissen kçnnen, ob eine bestimmte Qualitt oder Idee notwendig mit einer uns unbekannten realen Wesenheit verknpft ist oder nicht, weil in unserer Artidee davon nichts vorkommt.456 Wir kennen nur unsere eigenen abstrakten Ideen, und wenn die reale Wesenheit der Sonne tatschlich in einem weiteren Fixstern vorkme, dann drften wir diesen nur unter der Bedingung als Sonne bezeichnen, daß er unserer komplexen Idee ,Sonne‘ entsprche.457 Auch hier sagt Locke nicht, 456 Essay 3.6.22; 450, 35 – 451, 2: „But if the Enquiry be made concerning the supposed real Essence; and whether the internal Constitution and Frame of these several Creatures be specifically different, it is wholly impossible for us to answer, no part of that going into our specifick Idea […]“. – Essay 4.6.5; 581, 35 – 582, 3: „[…] it is impossible for us to know, that this or that quality or Idea has a necessary connexion with a real Essence, of which we have no Idea at all, whatever Species that supposed real Essence may be imagined to constitute.“ 457 Letter; IV 84, 34 – 38: „For should it be true (as is now believed by astronomers) that the real essence of the sun were in any of the fixed stars, yet such a star could not for that be by us called a sun, whilst it answers not our complex idea or nominal essence of a sun.“

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daß die Annahme spezifischer Differenzen in abstrakten realen Substanzwesenheiten unsinnig ist, sondern nur, daß es uns an den Informationen fehlt, die wir fr eine begrndete Antwort brauchten. Kçnnte sich dagegen unser Verstand bei seinen Sammlungen gemeinsamer Eigenschaften an realen Wesenheiten orientieren, dann verfgte er nicht wie jetzt nur ber unvollstndige Qualittssammlungen, sondern ber Sammlungen der Ideen gemeinsamer Krfte von individuellen realen Wesenheiten, doch bliebe ihm nach wie vor das Problem zu entscheiden, welche von diesen Krften wesentlich sind. Es empfiehlt sich nicht, Substanzarten, die auf einer solchen Grundlage gebildet wrden, als reale Arten zu bezeichnen, denn der Essay verwendet diesen Ausdruck bei der Erwhnung scholastischer Meinungen, nach denen jedes Artindividuum an derselben realen Wesenheit Anteil hat.458 Hier ist dagegen von Arten die Rede, die zwar in Kenntnis realer Substanzkonstitutionen gebildet wrden, deren Artwesenheiten aber nicht anders als die uns heute bekannten Artwesenheiten Hervorbringungen des menschlichen Verstandes wren; im Blick auf sie spielt Locke mit dem Gedanken an Umformungen unserer Sinnesausstattung, die es uns erlaubten, reale Wesenheiten zu erkennen. Das vernderte von Grund auf unser Leben. Kennten wir die innere Konstitution des Menschen, auf der sein Bewegungsvermçgen, seine Sinnlichkeit, seine Vernunft, seine brigen Fhigkeiten und seine Gestalt beruhen, so gut, wie sie mçglicherweise Engel kennen und wie sie Gott mit Sicherheit kennt, dann wren unsere Ideen von menschlichen Individuen von denen, ber die wir jetzt verfgen, so weit entfernt wie die Idee, die ein erfahrener Mechaniker von der Straßburger Uhr hat, von der entsprechenden Idee eines Landmanns, der nur ein wenig von der ußeren Erscheinung dieses Kunstwerks wahrnimmt.459

458 Essay 3.6.23; 451, 19 und 23. 459 Essay 3.6.3; 440, 4 – 15: „And had we such a Knowledge of that Constitution of Man, from which his Faculties of Moving, Sensation, and Reasoning, and other Powers flow; and on which his so regular shape depends, as ’tis possible Angels have, and ’tis certain his Maker has, we should have a quite other Idea of his Essence, than what now is contained in our Definition of that Species, be it what it will: And our Idea of any individal Man would be as far different from what it now is, as is his, who knows all the Springs and Wheels, and other contrivances within, of the famous Clock at Strasburg, from that which a gazing Country-man has of it, who barely sees the motion of the Hand, and hears the Clock strike, and observes only some of the outward appearances.“

E11. Neuere Interpretationen von „reale Wesenheit“

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E11. Neuere Interpretationen von „reale Wesenheit“ E11a. Beispiele. – Seit einigen Jahrzehnten versuchen Interpreten, Lockes Konzeption realer Wesenheiten weiter zu differenzieren; dadurch bekommt der Ausdruck „reale Wesenheit“ zustzliche Bedeutungen. Erstens bezeichne er manchmal die individuelle korpuskulare Struktur von Einzeldingen unabhngig von ihrer Einordnung in Arten; aber manchmal bezeichne er auch etwas anderes, nmlich die Menge derjenigen korpuskularen Eigenschaften individueller realer Wesenheiten, die die in einer nominalen Wesenheit vereinigten Artmerkmale verursachen. Im ersten Fall sei die reale Wesenheit dasselbe wie die individuelle reale Konstitution der Substanz, im zweiten dagegen eine reale Artwesenheit, die von der nominalen Wesenheit abhngt (n-relativ ist).460 Andere Autoren gehen weiter. Zum Beispiel schreibt Jean-Michel Vienne, daß sich der Ausdruck „reale Wesenheit“ bei Locke stets auf von Menschen gebildete Arten bezieht und die Annahme nominaler Wesenheiten voraussetzt; dagegen sei die unbekannte innere Konstitution von Substanzen etwas Individuelles.461 Gegenber Stillingfleet erklre Locke zwar mehrmals, daß reale Wesenheit und innere Konstitution dasselbe sind, doch passe er sich in solchen Fllen Stillingfleets Paraphrasen Lockescher Texte an, die er gegebenenfalls stillschweigend korrigiere; im brigen lege er lediglich Wert auf die These, daß es keine prexistierenden substantiellen Formen gibt.462 Damit ist allerdings noch nicht die Schwierigkeit behoben, daß Locke auch schon im Essay, in dem er noch nicht auf Stillingfleet Rcksicht nehmen muß, reale Wesenheit und innere Konstitution fr dasselbe erklrt. Nach Law besteht die reale Wesenheit einer Art in mikrostrukturellen Merkmalen, die jedes Mitglied einer Art besitzt und die die in der nominalen Wesenheit der Art erfaßten makroskopischen Qualitten verursachen. Reale Wesenheiten sind also immer von nominalen Wesenheiten abhngig, und Einzeldinge haben keine andere reale Wesenheit als die spezifische, die ihre Subsumption unter eine bestimmte nominale Wesenheit veranlaßt.463 Gegen solche starke Interpretationen wendet sich Pauline Phemister; sie konze460 461 462 463

Kaufman 2007; 514 und 517. Vienne 1993; 142, 324. Vienne 1993; 151 – 153, 333 – 335. Law 1995; 75 und 76. Der Autor beruft sich auf M. R. Ayers. Tatschlich findet man gelegentlich Angaben dieser Art schon in Ayers 1991; zum Beispiel II 42: „These expressions [’nominal essence’ und ,real essence’] are employed only with respect to the sorts or species of substances, and were reserved, as we shall see, for a very particular anti-Aristotelean purpose.“

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diert jedoch, daß Locke gelegentlich reale Artwesenheiten akzeptiert:464 Wenn wir entscheiden, daß die Art „Mensch“ aus Individuen mit einer bestimmten Gestalt bestehen soll, dann ist die reale Wesenheit der Art „Mensch“ diejenige Anordnung der unwahrnehmbaren Materieteilchen, die bei jedem Menschen diese Gestalt bewirkt; sie ist bei allen Artexemplaren dieselbe.465 Daraus folgt nach Phemister aber nicht, daß die individuelle reale Wesenheit die nominale voraussetzt; die reale ist vielmehr logisch und zeitlich frher als die nominale, und solange man ihr die Prioritt einrumt, die ihr zusteht, erweist sich die reale Artwesenheit als etwas, das seinerseits von individuellen realen Wesenheiten abhngt.466 Mit dieser Position kann man leben, doch gibt es Grnde fr die Annahme, daß Lockes Texte Phemisters Konzession, Locke akzeptiere an einigen Stellen reale Artwesenheiten, nicht erforderlich machen. E11b. Bei dem Ausdruck „Wesenheit“ assoziiert man ,Arten‘. – Daß Locke den Ausdruck „Wesenheit“ verwendet, ist in einem etwas komplizierten Sinn ein Entgegenkommen fr akademisch gebildete Leser; er nimmt dabei den Nachteil in Kauf, daß diese bei „Wesenheit“ ,Art‘ assoziieren; Ausdrcke wie „innere Konstitution“ oder „reale Konstitution“ sind weniger mißverstndlich. Aber die Grnde fr die Verknpfung von „Wesenheit“ und ,Art‘, die der Essay erwhnt, sind nicht logischer oder ontologischer, sondern historischer Natur; Locke nennt, soweit ich sehe, keine anderen. Der erste Grund: Man hat in der Schulphilosophie so lange ber Gattungen und Arten spekuliert, daß „essentia“ seine ursprngliche Bedeutung beinahe verloren hat; statt fr die reale Konstitution von Einzeldingen steht es mittlerweile fast nur noch fr die knstliche Konstitution von Gattungen und Arten durch den Verstand.467 Das ist allerdings kein Verhngnis und lßt sich dadurch beheben, daß man sich vom Gedanken

464 Phemister 1990; 27. Auch ebd. 35: „I do not wish to deny that Locke at times introduces the notion of a nominal-essence-dependent real essence of a species.“ Dabei verweist Pauline Phemister auf eine an Stillingfleet gerichtete Stelle in Works IV 90 – 91, die allerdings wohl anders zu deuten ist (S. unten E11 f ). 465 Phemister 1990; 36. 466 Phemister 1990; 39 und 35. 467 Essay 3.3.15; 417, 14 – 17: „Secondly, The Learning and Disputes of the Schools, having been much busied about Genus and Species, the Word Essence has almost lost its primary signification; and instead of the real Constitution of things, has been almost wholly applied to the artificial Constitution of Genus and Species.“

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an reale Artwesenheiten lçst.468 Das Wort „essentia“ verwendet man nach Locke auch heute noch in seiner ursprnglichen Bedeutung ,Seiendes‘, sooft man ber die Wesenheit von Einzeldingen spricht, ohne sie zu benennen;469 erst durch Benennung wird ein Ding zum Artexemplar. Zweitens ist in der Schulsprache der Ausdruck „Proprium“ untrennbar mit dem Artbegriff verknpft: Ein Proprium ist etwas, das von seiner Art und von den unter sie fallenden Individuen ausgesagt wird. Weil man nicht an Proprien denken kann, ohne zugleich an Arten zu denken, gibt es eine weitere Verknpfung von „Wesenheit“ mit dem Artbegriff: Sobald man die Wesenheit fr die reale Konstitution hlt, von der die Proprien abhngen, setzt man notwendigerweise eine Art voraus, denn Proprien gibt es nur bei Arten und nicht bei Individuen.470 In Wirklichkeit, fgt Locke hinzu, ist aber keine Qualitt so eng mit einem individuellen Materiepaket verbunden, daß sie fr es wesentlich oder von ihm untrennbar wre. Proprien als wesentliche Eigenschaften von Arten gibt es erst dann, wenn der Verstand ein Ding einer Art zuordnet; das Ding als solches schert sich aber nicht darum, denn fr es selbst ist gar nichts notwendig oder unabtrennbar – es ist so, wie es ist.471 Die historisch veranlaßte Verknpfung von „We468 Essay 3.6.4; 440, 16 – 22: „That Essence, in the ordinary use of the word, relates to Sorts, and that it is considered in particular Beings, no farther than as they are ranked into Sorts, appears from hence: That take but away the abstract Ideas, by which we sort Individuals, and rank them under common Names, and then the thought of any thing essential to any of them, instantly vanishes: we have no notion of the one, without the other […]“. 469 Essay 3.3.15; 417, 7 – 13: „And thus the real internal, but generally in Substances, unknown Constitution of Things, whereon their discoverable Qualities depend, may be called their Essence. This is the proper original signification of the Word, as is evident from the formation of it; Essentia, in its primary notation signifying properly Being. And in this sense it is still used, when we speak of the Essence of particular things, without giving them any Name.“ 470 Essay 3.6.6; 442, 12 – 20: „By this real Essence, I mean, that real constitution of any Thing, which is the foundation of all those Properties, that are combined in, and are constantly found to co-exist with the nominal Essence; that particular constitution, which every Thing has within it self, without any relation to any thing without it. But Essence, even in this sense, relates to a Sort, and supposes a Species: For being that real Constitution, on which the Properties depend, it necessarily supposes a sort of Things, Properties belonging only to Species, and not to Individuals […]“. 471 Essay 3.6.10; 440, 22 – 24: „’Tis necessary for me to be as I am; GOD and Nature has made me so: But there is nothing I have, is essential to me.“ – Der Gedanke, daß fr ein Individuum nichts wesentlich ist, begegnet mit einer etwas anderen Pointe auch in der Schulphilosophie; s. S´miglecki, Logica, Oxford 1634, d. 18, qu. 4; 743: „Dices. Ergo singulari nihil necessario potest convenire. Resp.

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senheit“ und „Proprium“ mit ,Art‘ hat zu folgender Situation gefhrt: Wer seine eigenen Gedanken berprft, der wird finden, daß ihm der Gedanke an eine Art oder an deren komplexe Idee und ihren generellen Namen in den Sinn kommt, sobald er die Vorstellung ,wesentlich‘ denkt oder das Wort „wesentlich“ verwendet; denn nur mit Bezug auf diese sagt man von einer Qualitt, daß sie wesentlich ist.472 Ich finde kein textliches Anzeichen dafr, daß Locke in dieser Verknpfung der Begriffe den Ansatzpunkt zu einer systematischen Bereicherung seiner Substanzlehre erblickt. Was er beschreibt, gleicht am ehesten dem pathologischen Phnomen, das er seit der vierten Auflage mit einer wirkungsgeschichtlich folgenreichen Wortwahl als association bezeichnet: Einige unserer Ideen sind von Natur aus miteinander verknpft, daneben gibt es aber auch eine Art von Verknpfung, die ganz auf Zufall oder Gewohnheit beruht: Ideen, die nicht als solche miteinander verbunden sind, vereinigen sich im Verstande nach und nach so eng, daß man sie kaum noch auseinanderhalten kann, und sobald jemandem die eine in den Sinn kommt, erscheint zugleich auch ihr Gefhrte.473 Locke nennt ein Mittel gegen die hier zur Rede stehende imperfection von Wçrtern: Wenn man die abstrakten Ideen bersieht, mit deren Hilfe wir Individuen sortieren, dann ist man von dem Gedanken geheilt, irgend etwas kçnne fr ein Individuum wesentlich sein.474 Selbst dann bleibt allerdings die Lage mißlich. Man kann den bergang des Quatenus singulare est, nihil illi necessario competit: quia cum possit desinere esse singulare, desinet quoque illa omnia habere quae illi existenti conveniebant […]“. 472 Essay 3.6.4: 440, 34 – 441, 2: „Let any one examine his own Thoughts, and he will find, that as soon as he supposes or speaks of Essential, the consideration of some Species, or the complex Idea, signified by some general name, comes into his Mind: And ’tis in reference to that, that this or that Quality is said to be essential.“ 473 Essay 2.33.5; 395, 26 – 36: „Some of our Ideas have a natural Correspondence and Connexion one with another: It is the Office and Excellency of our Reason to trace these, and hold them together in that Union and Correspondence which is founded in their peculiar Beings. Besides this there is another Connexion of Ideas wholly owing to Chance or Custom; Ideas that in themselves are not at all of kin, come to be so united in some Mens Minds, that ’tis very hard to separate them, they always keep in company, and the one no sooner at any time comes into the Understanding but its Associate appears with it; and if they are more than two which are thus united, the whole gang always inseparable shew themselves together.“ 474 Essay 3.6.4; 440, 16 – 22: „That Essence, in the ordinary use of the word, relates to Sorts, and that it is considered in particular Beings, no farther than as they are ranked into Sorts, appears from hence: That take but away the abstract Ideas, by which we sort Individuals, and rank them under common Names, and then the thought of any thing essential to any of them, instantly vanishes: we have no notion of the one, without the other: which plainly shews their relation.“

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Verstandes zur Artidee zwar verhindern, indem man einen Satz wie „Die reale Wesenheit von Gold ist uns unbekannt“ nicht auf alle Exemplare der Art „Gold“, sondern nur auf das bestimmte Stck Materie bezieht, das man gerade vor Augen hat;475 das luft jedoch darauf hinaus, daß man einen Artnamen wie einen Eigennamen verwendet, und vermittelt zugleich einen Eindruck davon, wie schwer es ist, der Unvollkommenheit von Wçrtern mit Wçrtern abzuhelfen.476 E11c. Reale Wesenheiten bewirken nicht nur die Proprien nominaler. – Zum Beleg dafr, daß Locke reale Artwesenheiten annimmt, wird angefhrt, fr ihn sei die real essence nicht mehr als die Ursache der Proprien nominaler Artwesenheiten. Aber diese Annahme vertrgt sich nicht mit den Texten. Zwar bezeichnet Locke die reale Wesenheit an mehreren Stellen als Prinzip der Eigenschaften, die in der nominalen Wesenheit gesammelt sind, der Grund dafr scheint aber zu sein, daß es ihm um die Beziehung zwischen realer und nominaler Wesenheit geht; zum Beispiel spricht er von der realen Konstitution der Substanzen, von der die nominale Wesenheit mit ihren Proprien abhngt.477 Schon drei Zeilen spter ußert er sich vollstndiger: Die reale Wesenheit ist die Konstitution der unwahrnehmbaren Teilchen beispielsweise von Gold, von der die Qualitten, die in der nominalen Wesenheit enthalten sind, und alle anderen Eigenschaften von Gold abhngen;478 oder er schreibt: Alle Eigenschaften von Dingen entspringen ihrer realen Konstitution und sind in ihr zentriert, die nominale Wesenheit bercksichtigt aber nur wenige davon.479 Diese sind abzhlbar, 475 Essay 3.6.19; 449, 22 – 26: „By the Word Gold here, I must be understood to design a particular piece of Matter; v.g. the last Guinea that was coin’d. For if it should stand here in its ordinary Signification for that complex Idea, which I, or any one else calls Gold; i. e. for the nominal Essence of Gold, it would be Jargon […]“. 476 Essay 3.6.19; 449, 26 – 28: „[…] so hard is it, to shew the various meaning and imperfection of Words, when we have nothing else but Words to do it by.“ 477 Essay 3.6.2; 439, 20 – 25: „This, though it be all the Essence of natural Substances, that we know, or by which we distinguish them into Sorts; yet I call it by a peculiar name, the nominal Essence, to distinguish it from that real Constitution of Substances, upon which depends this nominal Essence, and all the Properties of that Sort; which therefore, as has been said, may be called the real Essence […].“ 478 Essay 3.6.2; 439, 28 – 30: „But the real Essence is the constitution of the insensible parts of that Body, on which those Qualities [die in der nominalen Wesenheit enthalten sind], and all the other Properties of Gold depend.“ 479 Essay 2.32.24; 392, 29 – 32: „[…] The Mistake is yet greater, when I judge, that this complex Idea [die Artidee], contains in it the real Essence of any Body existing; when at

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obgleich realen Substanzwesenheiten unzhlige Eigenschaften entspringen;480 wir kçnnen zwar wissen, wieviele Eigenschaften in einer nominalen Wesenheit enthalten sind, aber die genaue Zahl der Eigenschaften, die der realen Wesenheit entspringen, bleibt uns auf immer verborgen.481 Wenn man sich trotz solcher Stellen dazu entschließt, die Entitten im Bereich der Wesenheiten um eine n-relative reale Wesenheit zu vermehren, dann muß man konsequenterweise auch eine n-relative reale Konstitution annehmen, denn von den Auswirkungen der inneren Konstitution erwhnt der Essay ebenfalls manchmal nur solche, die die nominale Wesenheit betreffen.482 E11d. Essay-Stellen, die reale Wesenheiten von Substanzen erwhnen. – Wenn Locke reale Artwesenheiten, die von der nominalen Wesenheit abhngen, fr eine besondere Gruppe von Wesenheiten hielte oder wenn seine Texte deren Annahme implizierten, dann drfte man erwarten, daß sich in Essay-Stellen mit „real essence“ Hinweise darauf finden. Die von mir gelesenen Stellen richten sich aber außer einer nur gegen die schulphilosophische Annahme genereller realer Artwesenheiten. Das gilt bereits fr die erste Textgruppe, nach der es schon deshalb unangebracht ist, Namen von Dingen auf angenommene reale generelle Wesenheiten von Arten zu beziehen, weil wir von keiner Substanzart eine solche Wesenheit kennen. Essay 2.31.6; 378, 13 – 15: „Sometimes they [Substanzideen] are referred to a supposed real Essence of each Species of Things.“ Essay 2.31.6; 378, 20 – 36: „First, It is usual for Men to make the Names of Substances, stand for Things, as supposed to have certain real Essences, whereby they are of this or that Species: And Names standing for nothing but the Ideas, that are in Men’s Minds, they must consequently referr their Ideas to such real Essences, as to their Archetypes. That Men (especially such as have been bred up in the Learning taught in this part of the World) do suppose least it contains but some few of those Properties, which flow from its real Essence and Constitution.“ 480 Essay 2.32.24; 393, 11 – 13: „So I imagine it is in Substances, their real Essences lie in a little compass; though the Properties flowing from that internal Constitution, are endless.“ 481 Essay 3.6.19; 449, 13 – 19: „[…] being ignorant of the real Essence it self, it is impossible to know all those Properties, that flow from it […] We can never know what are the precise number of Properties depending on the real Essence of Gold […]“. 482 Zum Beispiel Essay 3.6.2; 439, 23 – 24: „[…] that real Constitution of Substances, upon which depends this nominal Essence, and all the Properties of that Sort […].“ – Essay 3.6.6; 442, 12 – 15: „By this real Essence, I mean, that real constitution of any Thing, which is the foundation of all those Properties, that are combined in, and are constantly found to co-exist with the nominal Essence […]“.

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certain specifick Essences of Substances, which each Individual in its several kind is made conformable to, and partakes of, is so far from needing proof, that it will be thought strange, if any one should do otherwise. And thus they ordinarily apply the specifick Names, they rank particular Substances under, to Things, as distinguished by such specifick real Essences. Who is there almost, who would not take it amiss, if it should be doubted, whether he call’d himself Man, with any other meaning, than as having the real Essence of a Man? And yet if you demand, what those real Essences are, ’tis plain Men are ignorant, and know them not.“ Essay 3.10.21; 502, 29 – 503, 3: „When a Man asks, whether this or that thing he sees, let it be a Drill, or a monstrous Foetus, be a Man, or no; ’tis evident, the Question is not, Whether that particular thing agree to his complex Idea, expressed by the name Man: But whether it has in it the real Essence of a Species of Things, which he supposes his name Man to stand for. In which way of using the names of Substances, there are these false suppositions contained. First, That there are certain precise Essences, according to which Nature makes all particular Things, and by which they are distinguished into Species. […] Secondly, This tacitly also insinuates, as if we had Ideas of these proposed Essences. For to what purpose else is it, to enquire whether this or that thing have the real Essence of the Species Man, if we did not suppose that there were such a specifick Essence known? Which yet is utterly false: And therefore such Application of names, as would make them stand for Ideas which we have not, must needs cause great Disorder in Discourses and Reasonings about them, and be a great inconvenience in our Communication by Words.“ Essay 3.6.27; 454, 25 – 26: „The real Essence of that, or any other sort of Substances, ’tis evident we know not […]“. Essay 3.6.19; 449, 17 – 21: „We can never know what are the precise number of Properties depending on the real Essence of Gold, any one of which failing, the real Essence of Gold, and consequently Gold, would not be there, unless we knew the real Essence of Gold it self, and by that determined that Species.“

Eine andere Gruppe von Stellen weist darauf hin, daß man Ideen oder Namen von Substanzen nutzlos macht, wenn man sie fr die angebliche reale Wesenheit von Substanzarten und nicht fr die nominale Wesenheit stehen lßt. Essay 3.6.50; 470, 13 – 26: „Or else it [Gold is fixed] means, that Fixedness not being a part of the definition of the Word Gold, is a Property of that Substance it self: in which case, it is plain, that the Word Gold stands in the place of a Substance, having the real Essence of a Species of Things, made by Nature. In

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which way of Substitution, it has so confused and uncertain a signification, that though this Proposition, Gold is fixed, be in that sense an Affirmation of something real; yet ’tis a Truth will always fail us in its particular Application, and so is of no real Use nor Certainty. For let it be never so true, that all Gold, i. e. all that has the real Essence of Gold, is fixed, What serves this for, whilst we know not in this sense, what is or is not Gold? For if we know not the real Essence of Gold, ’tis impossible we should know what parcel of Matter has that Essence, and so whether it be true Gold or no.“ Essay 3.10.19; 501, 16 – 24: „But this reference of the name to a thing, whereof we have not the Idea, is so far from helping at all, that it only serves the more to involve us in Difficulties. For by this tacit reference to the real Essence of that Species of Bodies, the Word Gold (which by standing for a more or less perfect Collection of simple Ideas, serves to design that sort of Body well enough in civil Discourse) comes to have no signification at all, being put for somewhat, whereof we have no Idea at all, and so can signify nothing at all, when the Body it self is away.“ Essay 4.6.5; 581, 23 – 28: „Since in this way of speaking nothing is Gold, but what partakes of an Essence, which we not knowing, cannot know where it is, or is not, and so cannot be sure, that any parcel of Matter in the World is or is not in this sense Gold; being incurably ignorant, whether it has or has not that which makes any thing to be called Gold, i. e. that real Essence of Gold whereof we have no Idea at all.“ Essay 4.6.5; 581, 31 – 582, 3: „Or if we could (which is impossible) certainly know where a real Essence, which we know not, is, v.g. in what parcels of matter the real Essence of Gold is, yet could we not be sure, that this or that quality could with truth be affirm’d of Gold; since it is impossible for us to know, that this or that quality or Idea has a necessary connexion with a real Essence, of which we have no Idea at all, whatever Species that supposed real Essence may be imagined to constitute.“ Essay 3.10.17; 499, 27 – 500, 5: „Fifthly, Another Abuse of Words, is the setting them in the place of Things, which they do or can by no means signify. We may observe, that in the general names of Substances, whereof the nominal Essences are only known to us, when we put them into Propositions, and affirm or deny any thing about them, we do most commonly tacitly suppose, or intend, they should stand for the real Essence of a certain sort of Substances. For when a Man says Gold is Malleable, he means and would insinuate something more than this, that what I call Gold is malleable, (though truly it amounts to no more) but would have this understood, viz. that Gold; i. e. what has the real Essence of Gold is malleable, which amounts to thus much, that Malleableness depends on, and is inseparable from the real Essence of Gold. But a Man, not knowing wherein that real Essence consists, the connexion in his Mind of Malleableness, is not truly with an Essence he knows not, but only with the Sound Gold he puts for it.“

Als Wesenheit einer Gattung oder Art von Substanzen kommt nur die nominale Wesenheit in Frage. Aber durch diese bekommt man keine Kenntnis von der realen Wesenheit irgend einer Art von Kçrpern.

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Essay 3.3.15; 417, 18 – 26: „’Tis true, there is ordinarily supposed a real Constitution of the sorts of Things; and ’tis past doubt, there must be some real Constitution, on which any Collection of simple Ideas co-existing, must depend. But it being evident, that Things are ranked under Names into sorts or Species, only as they agree to certain abstract Ideas, to which we have annexed those Names, the Essence of each Genus, or Sort, comes to be nothing but that abstract Idea, which the General, or Sortal (if I may have leave so to call it from Sort, as I do General from Genus,) Name stands for.“ Essay 4.12.9; 645, 2 – 12: „For upon Trial, having found that particular piece (and all others of that Colour, Weight, and Fusibility, that I ever tried) malleable, that also makes now perhaps, a part of my complex Idea, part of my nominal Essence of Gold: Whereby though I make my complex Idea, to which I affix the Name Gold, to consist of more simple Ideas than before: yet still, it not containing the real Essence of any Species of Bodies, it helps me not certainly to know (I say to know, perhaps, it may to conjecture) the other remaining Properties of that Body, farther than they have a visible connexion, with some or all of the simple Ideas, that make up my nominal Essence.“

Bei einfachen Ideen, Modi und Relationen fallen nominale und reale Wesenheit zusammen. Es ergbe aber wenig Sinn, die betreffenden realen Wesenheiten deshalb als „n-relativ“ zu bezeichnen. Essay 3.11.15; 516, 14 – 16: „For since the precise signification of the names of mixed Modes, or which is all one, the real Essence of each Species, is to be known, they being not of Nature’s, but Man’s making […]:“

E11e. Stellen aus der Korrespondenz mit Stillingfleet, die reale Wesenheiten von Substanzen erwhnen. – Auch in der Korrespondenz mit Stillingfleet rechtfertigen Stellen, in denen von realen Artwesenheiten die Rede ist, nicht die Annahme, Locke fhre besondere reale Artwesenheiten ein, die von der nominalen Wesenheit abhngig sind.483 Der Autor macht klar, daß wir Dinge nicht nach realen, sondern nach nominalen Wesenheiten unterscheiden, daß Artnamen vom Gutdnken des Namengebers abhngen und daß wir unabhngig von der Beschaffenheit realer Wesenheiten nur solchen Einzeldingen Artnamen verleihen, die mit der nominalen Wesenheit beziehungsweise mit der abstrakten Artidee bereinstimmen. Diese hat kein reales Sein außerhalb des Verstandes, dient aber zur Rechtfertigung der Verleihung des Artnamens an Dinge. Letter; Works IV 89, 3 – 14: „The mistake I spoke of, I humbly suppose is this, that things are here taken to be distinguished by their real essences; when by the very way of speaking of them, it is clear, that they are already distinguished 483 Einzelheiten der Kontroverse, die das relative Allgemeine betreffen, erçrtert Lennon 1993; 361 – 366.

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by their nominal essences, and are so taken to be. For what, I beseech your lordship, does your lordship mean, when you say, the real essence of a man, and a horse, and a tree; but that there are such kinds already set out by the signification of these names, man, horse, tree? And what, I beseech your lordship, is the signification of each of these specific names, but the complex idea it stands for? And that complex idea is the nominal essence, and nothing else.“ 2nd reply; Works IV 437, 37 – 438, 12: „To your lordship’s many questions concerning men and drills, in the paragraph where you begin to explain what my friend and I found difficult in your discourse concerning person; I answer, that these two names, man and drill, are perfectly arbitrary, whether founded on real distinct properties or no: so perfectly arbitrary that, if men had pleased, drill might have stood for what man now does, and vice versa. I answer farther, that these two names stand for two abstract ideas, which are (to those who know what they mean by these two names) the distinct essences of two distinct kinds; and as particular existences, or things existing are found by men (who know what they mean by these names) to agree to either of those ideas, which these names stand for; these names respectively are applied to those particular things, and the things said to be of that kind.“ Letter; Works IV 84, 29 – 33: „Your lordship will then argue, that that real essence is in the second sun, and makes the second sun. I grant it, when the second sun comes to exist, so as to be perceived by us to have all the ideas contained in our complex idea, i. e. in our nominal essence of a sun. For should it be true (as is now believed by astronomers) that the real essence of the sun were in any of the fixed stars, yet such a star could not for that be by us called a sun, whilst it answers not our complex idea or nominal essence of a sun.“ Letter; Works IV 83, 31 – 35: „This, my lord, as I understand it, is to prove, that the abstract, general essence of any sort of things, or things of the same denomination, v. g. of man or marigold, hath a real being out of the understanding; which I confess, my lord, I am not able to conceive.“

Die Botschaft auch dieser Texte ist, daß wir Dinge nicht nach realen Artwesenheiten, sondern nach nominalen Wesenheiten unterscheiden, also nach komplexen Ideen, die außerhalb des Verstandes kein reales Sein besitzen. Dagegen sind die realen Wesenheiten, die wir nicht kennen, Wesenheiten von Individuen und hngen nicht von menschlichen Entscheidungen, sondern vom Willen des Schçpfers ab. Letter; Works IV 26, 38 – 27, 2: „That which your lordship seems to me principally to drive at, in this and the foregoing paragraph, is, to assert, that the general substance of man, and so of any other species, is that which makes the real being of that species abstractly from the individuals of that species.“ Reply; Works IV 176, 32 – 36: „For to speak truly and precisely of this matter, as in reality it is, there is no such thing as one and the same common nature in several individuals; for all that in truth is in them is particular, and can be nothing but particular.“ Letter; Works IV 91, 25 – 29: „It is true, the real constitutions or essences of particular things existing, do not depend on the ideas of men, but on the will

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of the Creator; but their being ranked into sorts, under such and such names, does depend, and wholly depend, upon the ideas of men.“ Letter; Works IV 25, 10 – 18: „If your lordship means by this, (as the words seem to me to import) that we can have as clear and distinct an idea of the general substance, or nature, or essence of the species man, as we have of the particular colour and figure of a man when we look on him, or of his voice when we hear him speak, I must crave leave to dissent from your lordship. Because the idea we have of the substance, wherein the properties of a man do inhere, is a very obscure idea […]“.

Nominale Wesenheiten kçnnen sich verndern, ohne daß die realen Wesenheiten sich mitverndern. Letter; Works IV 90, 21 – 27: „[…] and yet it is as plain that man, as standing for all these distinct, complex ideas, cannot be supposed to have the same internal constitution, i. e. the same real essence. The truth is, every distinct, abstract idea, with a name to it, makes a real, distinct kind, whatever the real essence (which we know not of any of them) be.“ Letter; Works IV 89, 15 – 25: „So that taking man, as your lordship does here, to stand for a kind or sort of individuals; all which agree in that common, complex idea, which that specific name stands for; it is certain that the real essence of all the individuals, comprehended under the specific name man, in your use of it, would be just the same, let others leave out or put into their complex idea of man what they please; because the real essence on which that unaltered complex idea, i. e. those properties depend, must necessarily be concluded to be the same.“

E11f. Eine schwierigere Stelle. – Keine der bisher genannten Stellen erklrt oder deutet an, daß Locke eine besondere Art realer Wesenheiten annimmt, die von nominalen Wesenheiten abhngig sind. Grçßere Schwierigkeiten bereitet ein Text, der in der Literatur gelegentlich als Beleg dafr herangezogen wird, daß Locke n-relative reale Artwesenheiten konzediert hat. Aber gegen diese Interpretation spricht nicht nur der Kontext. Letter; Works IV 90, 38 – 91, 15: „And these real essences are unchangeable, i. e. the internal constitutions are unchangeable. Of what, I beseech your lordship, are the internal constitutions unchangeable? Not of any thing that exists, but of God alone; for they may be changed all as easily by that hand that made them, as the internal frame of a watch. What then is it that is unchangeable? The internal constitution or real essence of a species: which, in plain English, is no more but this, whilst the same specific name, v. g. of man, horse, or tree, is annexed to, or made the sign of the same abstract, complex idea, under which I rank several individuals, it is impossible but the real constitution on which that unaltered complex idea, or nominal essence, depends, must be the same: i. e. in other words, where we find all the same properties, we have reason to conclude there is the same real, internal constitution, from which those properties flow.“

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Locke hat im bisherigen Verlauf der Auseinandersetzung keinen Zweifel daran gelassen, daß Stillingfleets Annahme realer Artwesenheiten fr ihn nicht akzeptabel ist und daß er die Behauptung, reale Wesenheiten seien unvernderlich, fr falsch hlt. Stillingfleet erklrt dagegen, daß reale Wesenheiten auch bei Vernderungen der nominalen Wesenheiten dieselben bleiben, und verschrft diese Position theologisch: Reale Artwesenheiten sind unvernderlich, weil sie auf den Willen des Schçpfers zurckgehen, der alle Arten erschaffen hat.484 Von Stillingfleets Annahmen akzeptiert Locke nur die, daß reale Wesenheiten durch Vernderungen an den entsprechenden nominalen Wesenheiten nicht mitverndert werden,485 doch schrnkt er diese Annahme auf reale Konstitutionen existierender (das heißt: individueller) Dinge ein, weil er keine realen Artwesenheiten akzeptiert.486 Die Behauptung, daß reale Artkonstitutionen unvernderlich sind, lehnt er fast beschwçrend ab („I beseech your lordship […]“). Fr unvernderlich hlt er nur die reale Konstitution Gottes; aber Gott kann die realen Konstitutionen von Geschçpfen genau so leicht verndern wie ein Uhrmacher die innere Konstitution einer Uhr.487 Damit stellt sich die Frage, was berhaupt an Geschçpfen unvernderlich ist. 484 Letter; Works IV, 89, 15 – 90, 11. – Dazu Stillingfleet 1697; 258 – 259: „[…] when we see so many Individuals, that have the same Powers and Properties, we thence infer, that there must be something common to all, which makes them of one kind: and if the difference of Kinds be real, that which makes them of one kind and not of another, must not be a Nominal, but Real Essence. And this difference doth not depend upon the complex Ideas of Substance, whereby Men arbitrarily joyn Modes together in their Minds; for let them mistake in the Complication of their Ideas, either in leaving out, or putting in what doth not belong to them, and let their Ideas be what they please; the Real Essence of a Man, and a Horse, and a Tree, are just what they were: and let their Nominal Essences differ never so much, the Real common Essence, or Nature of the several Kinds are not at all alter’d by them. And these Real Essences are unchangeable: For, however there may happen some variety in Individuals, by particular Accidents, yet the Essences of Men, and Horses, and Trees remain always the same; because they do not depend on the Ideas of Men, but on the Will of the Creator, who hath made several sorts of Beings.“ 485 Letter; Works IV, 90, 12 – 36. 486 Letter, Works IV; 91, 25 – 29: „It is true, the real constitutions or essences of particular things existing, do not depend on the ideas of men, but on the will of the Creator; but their being ranked into sorts, under such and such names, does depend, and wholly depend, upon the ideas of men.“ 487 Letter; Works IV 90, 39 – 91, 4: „Of what, I beseech your lordship, are the internal constitutions unchangeable? Not of any thing that exists, but of God alone; for they may be changed all as easily by that hand that made them, as the internal frame of a watch.“

E11. Neuere Interpretationen von „reale Wesenheit“

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Lockes Antwort berrascht: Unvernderlich ist bei Geschçpfen „the internal constitution or real essence of a species“. Der Leser befrchtet zunchst, Locke habe vergessen, daß er bisher die Annahme realer Artwesenheiten immer verworfen hat, wird aber bald eines Besseren belehrt, denn Lockes Explikation des Passus beginnt mit den Worten: „[…] which, in plain English, is no more but this […]“. Das ist eine Distanzierungsphrase, die er gelegentlich verwendet, um sonderbare oder irrige Formulierungen zurechtzurcken.488 Die Stelle, an der Locke plçtzlich unvernderliche reale Artwesenheiten zu akzeptieren scheint, greift in Wirklichkeit nur die zitierte ußerung Stillingfleets auf: Mçgen die nominalen Wesenheiten auch noch so verschieden sein, die reale gemeinsame Wesenheit oder Natur der mannigfaltigen Arten verndert sich dadurch nicht, denn sie ist unvernderlich. Locke, der sein Gegenangebot als bersetzung von Stillingfleets Meinung in schlichtes Englisch ausgibt, behauptet, in schlichtem Englisch bedeute das, was Stillingfleet in schulphilosophischer Formulierung ausgedrckt habe, lediglich dies: Solange derselbe Artname mit derselben abstrakten Idee verbunden ist, bleibt die reale Konstitution, von der die nominale Wesenheit abhngt, notwendigerweise dieselbe. „Dieselbe“ ist, wie gesagt, kein eindeutiger Ausdruck, denn er kann sowohl numerische als auch spezifische Identitt bezeichnen, und nur die zweite Mçglichkeit ist hier kontextvertrglich. Diese bersetzung in schlichtes Englisch kommt der Meinung Lockes nher als Stillingfleets schulphilosophische Vorgabe, ist aber unverfroren, denn sie unterschiebt Stillingfleet etwas, das er nicht meint: An die Stelle des harten „unvernderlich“ tritt etwas Schwcheres, nmlich die Mitteilung, daß die betreffende Wesenheit bis auf weiteres unverndert bleibt, nmlich nur so lange, wie derselbe Artname mit derselben abstrakten Idee verbunden bleibt. Mit dieser Fassung ist Locke aber noch nicht zufrieden, denn die Behauptung, daß die reale Wesenheit notwendigerweise dieselbe bleibt, solange man den Artnamen mit derselben abstrakten komplexen Idee verbindet, lßt sich mit seinen Prmissen nicht rechtfertigen. Deshalb leitet er mit der Floskel „i. e. in other words“, mit der er Stillingfleet seine eigene Meinung in den Mund legt, eine zweite Substitution von dessen These ein, bei der an die Stelle von „notwendigerweise“ ein schwcherer Ausdruck tritt, nmlich: „Man hat Grund zu folgern, daß …“489 Durch diese großzgigen Substitutionen gelangt Locke am Ende zu einer fr ihn voll akzeptablen These: Wo wir ganz dieselben 488 Zum Beispiel Essay 2.9.1; 143, 14 – 18, Essay 2.13.20; 175, 26 – 30, Essay 2.23.2; 296, 13 – 19, und Essay 2.23.21; 307, 19 – 27. 489 Letter; Works IV 90, 38 – 91, 15.

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Eigenschaften finden, da haben wir Grund zu der Schlußfolgerung, daß dort dieselbe reale Konstitution vorliegt, der diese Eigenschaften entfließen; „dieselbe“ steht fr spezifische Identitt und bedeutet „eine sehr hnliche“. Ein Gegenstck zu dieser These findet sich im Essay: Wo die Fhigkeiten oder die ußere Gestalt so verschieden sind, da haben wir Grund zu der Annahme, daß die innere Konstitution nicht genau dieselbe ist.490

E12. Klassifikation von Lockes Ansichten ber das Allgemeine E12a. Unerkennbarkeit der realen Wesenheit von Substanzen. – Hinter Lockes Unterscheidung von realer und nominaler Wesenheit, in der die konzeptualistische berzeugung von der Unerkennbarkeit der Wesenheit von Substanzen fortlebt,491 verbirgt sich der Glaube, daß wir auf unserer irdischen Pilgerfahrt die Dinge nicht so erkennen, wie sie an sich sind. Zwar sind die Atomkonfigurationen, in denen nach Lockes Vermutung die realen Wesenheiten der Dinge bestehen, kategorial und daher prinzipiell erkennbar, aber die menschliche Sinnlichkeit, die aus Grnden des berlebens der Art auf den mittleren Bereich zwischen dem sehr Kleinen und dem sehr Großen eingestellt ist, erkennt sie nicht. Deswegen ist die Natur, die wir erfahren, eine Natur aus Erscheinungen und nominalen Wesenheiten. Die berzeugung von der Verborgenheit des An-sich, die durch Erfahrungen der neuen Wissenschaft bestrkt wird, bestimmte schon Gassendis Konzeption der Philosophie. Auch Locke glaubt, daß Menschen die Frage nach der inneren Beschaffenheit realer Wesenheiten nicht beantworten kçnnen, betont jedoch, daß der Verstand sachliche bereinstimmungen zwischen Substanzen nicht selber herstellt, sondern vorfindet, und daß er sie zum Anlaß nimmt, generelle Ideen zu bilden, mit Namen zu versehen und als Muster fr die provisorische Einordnung von Individuen in Arten zu verwenden. hnlichkeiten, die unabhngig von unserem Denken sind, bewegen uns dazu, uns Dinge, die ebenfalls unabhngig von unserem Denken sind, als etwas vorzustellen, das in Bndeln erfaßbar ist; aber das Schnren solcher Bndel geht nicht auf die Natur, sondern auf uns zurck. 490 Essay 3.6.22; 451, 3 – 5: „[…] we have Reason to think, that where the Faculties, or outward Frame so much differs, the internal Constitution is not exactly the same […]“. 491 S. Hochstetter 1927: Das Substanz-Problem; 139 – 143.

E12. Klassifikation von Lockes Ansichten ber das Allgemeine

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E12b. Arten werden von Menschen gemacht. – Des Nheren werden Arten nach Locke vom menschlichen Verstand gemacht. Weil wir die Wesenheit von Substanzen nicht kennen, obgleich wir ber Substanzen sprechen mssen, haben die generellen Namen, die wir verwenden, weniger eine Beziehung zu den Substanzen selbst als zu unserem Bedrfnis, ber sie zu reden.492 Sorten sind von uns veranstaltete Einordnungen von Dingen unter Namen nach Maßgabe unserer eigenen komplexen Ideen und nicht nach Maßgabe realer Dingwesenheiten.493 Diese Meinung wird bei gemischten Modi, bei denen der Artname sowohl die reale als auch die nominale Wesenheit bezeichnet, ohne Bedenken akzeptiert; sie wirkt zum Beispiel bei der Unterteilung von Tçtungsarten in zufllige Tçtung, Totschlag, Mord und Vatermord plausibel.494 Bei Substanzen nimmt man sie aber nicht ohne weiteres hin, sondern zieht es vor, generelle Substanznamen auf unbekannte reale Artwesenheiten zu beziehen.495 Das ndert fr Locke nichts daran, daß auch Substanzsorten von Menschen abhngen; nicht die Natur hat sie geschaffen, und sie entsprechen ihr nur selten.496 Weil sich unsere abstrakten Ideen zunchst an unseren Bedrf492 Essay 3.6.8; 443, 35 – 444, 4: „That is properly the Essence to us, which determines every particular to this or that Classis; or, which is the same Thing, to this or that general Name: And what can that be else, but that abstract Idea, to which that name is annexed? and so has, in truth, a reference, not so much to the being of particular Things, as to their general Denominations.“ 493 Essay 3.6.8; 443, 15 – 17: „[…] the Species of Things to us, are nothing but the ranking them under distinct Names, according to the complex Ideas in us; and not according to precise, distinct, real Essences in them […]“. 494 Essay 3.10.19; 500, 36 – 501, 3: „This shews us the Reason, Why in mixed Modes any of the Ideas that make the Composition of the complex one, being left out, or changed, it is allowed to be another thing, i. e. to be of another Species, as is plain in Chance-medly, Man-slaughter, Murther, Parricide, etc.“. 495 Essay 3.10.19; 501, 5 – 16: „But in Substances it is not so. For though in that called Gold, one puts into his complex Idea, what another leaves out; and Vice Vers : yet Men do not usually think, that therefore the Species is changed: Because they secretly in their Minds referr that name, and suppose it annexed to a real immutable Essence of a thing existing, on which those Properties depend. He that adds to his complex Idea of Gold, that of Fixedness or Solubility in Aqua Regia, which he put not in it before, is not thought to have changed the Species; but only to have a more perfect Idea, by adding another simple Idea, which is always in fact, joined with those other, of which his former complex Idea consisted.“ 496 Essay 3.6.1; 439, 10 – 13: „[…] the Sorts, or, if you please, Genera and Species of Things (for those Latin Terms signify to me, no more than the English word Sort) depend on such Collections of Ideas, as Men have made; and not on the real Nature of Things […]“. – Essay 3.6.37; 462, 28 – 33: „But I think it is nevertheless true, that the boundaries of the Species, whereby Men sort them, are made by Men; since the

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nissen orientieren, ist ihr Nutzen fr die Kommunikation betrchtlicher als ihr Ertrag fr die Erforschung der Natur. Daß sich Gottes Gte bei der Unterscheidung von Geschçpfen nicht nach Arten richtet, die Menschen zu Verstndigungszwecken erfunden haben, ist unter dem Gesichtspunkt mißglckter menschlicher Geburten sogar trçstlich.497 Weil man abstrakte Ideen oder nominale Wesenheiten nicht verndern, sondern allenfalls ersetzen kann, sind Arten, die man nach ihrer Maßgabe bildet, bestndig und dauerhaft und bleiben sogar dann bestehen, wenn kein einziges unter sie subsumierbares Individuum mehr existiert.498 In der Natur hat es nie Geschçpfe wie Einhçrner oder Meerjungfrauen gegeben, aber trotzdem ist die Wesenheit ,Meerjungfrau‘ genau so intelligibel wie die Wesenheit ,Mensch‘, und die Idee ,Einhorn‘ ist nicht weniger bestndig und dauerhaft als die Idee ,Pferd‘.499 Aus diesen Meinungen folgt zum Beispiel, daß „Gold“ fr einen Hndler eine andere Art bezeichnet als fr einen Chemiker. Indem Locke nominale Wesenheiten so konzipiert, daß sie Wissensstnde reprsentieren, stellt er ein Instrument zur Erfassung von Vernderungen an Kultur- und Wissensstadien zur Verfgung und deutet zugleich an, daß es normal ist, vergangene Wissensstnde durch neue zu ersetzten. E12c. Locke ist kein Nominalist im strengen Sinn. – Der Text des Essay enthlt Hinweise darauf, wie man die dort vertretenen Meinungen ber die Entstehung von Begriffen, Wçrtern, Gattungen und Arten auf vertretbare Essences of the Species, distinguished by different Names, are, as has been proved, of Man’s making, and seldom adequate to the internal Nature of the Things they are taken from.“ 497 Essay 4.4.14; 570, 10 – 14: „They [Changelings] are in the hands of a faithful Creator and a bountiful Father, who disposes not of his Creatures according to our narrow Thoughts or Opinions, nor distinguishes them according to Names and Species of our Contrivance.“ 498 Zum Beispiel Essay 3.3.19; 419, 25 – 28 und 33 – 35: „But Essences being taken for Ideas, established in the Mind, with Names annexed to them, they are supposed to remain steadily the same, whatever mutations the particular Substances are liable to. […] By this means the Essence of a Species rests safe and entire, without the existence of so much as one Individual of that kind.“ 499 Essay 3.3.19; 420, 6 – 13: „And though there neither were nor had been in Nature such a Beast as an Unicorn, or such a Fish as a Mermaid; yet supposing those Names to stand for complex abstract Ideas that contained no inconsistency in them; the Essence of a Mermaid is as intelligible as that of a Man; and the Idea of an Unicorn as certain, steady, and permanent, as that of a Horse. From what has been said, it is evident, that the Doctrine of the immutability of Essences proves them to be only abstract Ideas […]“.

E12. Klassifikation von Lockes Ansichten ber das Allgemeine

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Weise klassifizieren kann. Stellen, die erklren, daß das Allgemeine ein genereller Name ist, bringen Lockes Position nur teilweise zum Ausdruck,500 aber auch ein Satz wie „Das Allgemeine ist eine generelle Idee“ erfaßt sie nicht angemessen, denn er bercksichtigt zwar Lockes konzeptualistische Wurzeln, aber nicht seine sprachtheoretischen Bemhungen. Daß Locke seine Theorie auf der Grundlage des berlieferten Konzeptualismus entwickelt, zeigt der Text: Ideen sind das ursprngliche Allgemeine, und Namen werden dadurch generell, daß man sie fr generelle Ideen stehen lßt. Auch gibt es Hinweise darauf, daß Locke bei der Bildung des relativen Allgemeinen die erste Phase der Zuordnung von Individuen zu abstrakten Ideen fr nichtsprachlich hlt; insofern erfolgt mit der Benennung nicht die ursprngliche Einordnung, sondern nur ihre Publikation fr die Sprachgemeinschaft.501 Die Anerkennung des Primats genereller Ideen vor generellen Namen verbindet sich aber mit der Annahme, daß generelle Ideen um genereller Namen willen gebildet werden; das hebt die konzeptualistische Grundposition nicht auf, veranlaßt Locke jedoch dazu, die Lehre vom gedachten Allgemeinen durch Skizzen zu einer Lehre vom sprachlichen Allgemeinen zu bereichern. Generelle Namen sind nicht zur Entstehung, sondern zur Akzeptierung von Arten durch die Sprachgemeinschaft erforderlich, und zwar deshalb, weil generelle Ideen und private Zuordnungen von Individuen zu Arten gedachte Akte sind, zu denen andere Menschen erst mit Hilfe der Benennung Zugang finden. Erst mit dem bergang zur Sprachlichkeit verwandelt sich das Allgemeine in ein çffentliches Phnomen. Eine so differenzierte Theorie kann man nicht als nominalistisch im strengen Sinn bezeichnen. E12d. Locke ist kein Idealist. Sein Konzeptualismus ist realistisch. – Lockes Ansichten ber das Allgemeine sind nicht „idealistisch“. Zwar vertritt er die These, daß das Allgemeine eine Hervorbringung des Verstandes ist,502 und das bereitet bei gemischten Modi wie „Biedermeier“ auch heutigen Lesern keine Schwierigkeit, denn solche Modi sind kulturabhngig und schon insofern Erfindungen des Verstandes, der sie ohne unmittelbares Vorbild in 500 Das hat James Gibson schon vor hundert Jahren betont; s. Gibson 1968; 202. 501 Essay 3.6.39; 463, 15 – 17. Text s. S. 387, Anm. 340. 502 Locke operiert mit bersetzungen des konzeptualistischen Grundsatzes „Universale est figmentum [beziehungsweise: fictio] intellectus“, zum Beispiel: Essay 3.3.11; 414, 3: „Inventions and Creatures of the Understanding“. Essay 3.3.12; 415, 12: „the Workmanship of the Understanding“. Essay 3.5.9; 434, 2 – 3: „an Artifice of the Understanding“. Essay 4.7.9; 596, 2 – 3: „Fictions and Contrivances of the Mind“.

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

der Natur nach Gutdnken fr seine Zwecke herstellt. Doch stellt der Geist nach Locke darber hinaus auch Artwesenheiten von Substanzen und damit Arten natrlicher Kçrper her. Das schließt ein, daß fr Locke wie fr Gassendi sogar bei Naturdingen nicht die Dinge selbst, sondern unsere Vorstellungen von ihnen die Abgrenzung von Arten und die Klassifikation von Individuen begrnden.503 Aber das ist nur die eine Seite der Angelegenheit, und man darf sie nicht berschtzen. Schon Fraser weist darauf hin, daß es im Dritten Buch des Essay zwar Stellen gibt, die nach extremem Nominalismus klingen, doch msse man bercksichtigen, daß nach demselben Autor Koexistenzvermutungen, die lediglich auf Erfahrung beruhen, erfolgreiche Operationen an wirklichen Dingen ermçglichen.504 Der menschliche Verstand stellt weder Substanzen noch hnlichkeiten zwischen ihnen her, und die Qualitten, die in Substanzen erfahrungsgemß miteinander vereinigt sind, entspringen deren realer Konstitution, die nicht der menschliche Verstand erschaffen hat. Reale Konstitutionen, die unabhngig von unserem Denken und Sprechen sind, bringen wahrnehmbare Qualitten hervor, aber weil sie uns verborgen sind, klassifizieren wir Einzeldinge nicht im Blick auf sie, sondern im Blick auf abstrakte Aggregate wahrnehmbarer Ideen, deren Koexistenz wir beobachtet haben oder beobachtet zu haben glauben. Solche Aggregate bilden wir selbst, sie dienen uns als Artideen, und wer Artideen bildet, der legt zugleich Artgrenzen fest. In diesem Sinn ist die Einordnung von Dingen unter Namen das Werk von Menschen,505 doch hat sie eine Grundlage in der Wirklichkeit, denn die Dinge, auf die sich unsere Wahrnehmung bezieht, und ihre hnlichkeiten sind kein Menschenwerk, sondern Hervorbringungen der Natur, die nicht stndig einander unhnliche Individuen erschafft, sondern dafr sorgt, daß sie bereits vorhandenen gleichen. Das zeigt sich am deutlichsten bei Tier- und Pflanzenrassen.506 503 Essay 3.6.1; 439, 9 – 14: „[…] which, by the way, may shew us how much the Sorts, or, if you please, Genera and Species of Things (for those Latin Terms signify to me, no more than the English word Sort) depend on such Collections of Ideas, as Men have made […].“ 504 Fraser 1959, Essay 3.6.51; 2, 97a-b. 505 Essay 3.6.37; 462, 28 – 34. Text s. S. 397, Anm. 382. – Auch Letter; Works IV 91, 25 – 29: „It is true, the real constitutions or essences of particular things existing, do not depend on the ideas of men, but on the will of the Creator; but their being ranked into sorts, under such and such names, does depend, and wholly depend, upon the ideas of men.“ 506 Essay 3.3.13; 415, 14 – 17: „I would not here be thought to forget, much less to deny, that Nature in the Production of Things, makes several of them alike: there is

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E12e. Ttigkeiten des Verstandes und Vorgaben der Natur. – Weil hnlichkeiten zwischen Dingen nicht auf den menschlichen Verstand, sondern auf reale Konstitutionen zurckgehen, gelten sie im Essay nicht nur als Anlsse dafr, daß der Verstand Arten und Gattungen bildet, sondern geben zugleich naturhistorischen Klassifikationen eine sachliche Grundlage. Denn die gemeinsamen Eigenschaften, anlßlich derer wir generelle Ideen von kçrperlichen Substanzen bilden, wurzeln in der realen Konstitution der unwahrnehmbaren Materieteilchen von Kçrpern und hngen insofern mit den Dingen selbst zusammen,507 auch wenn uns dieser Zusammenhang im einzelnen verborgen bleibt. Bei aller Betonung der Ttigkeiten des Verstandes vertritt Locke eine Position, die Philotheus Boehner im Blick auf Ockham als realistischen Konzeptualismus bezeichnet.508 Leibniz hat ihr durch Philal the eine Przisierung gegeben, die er gegen Locke ausspielt, obgleich sie zu Lockes berzeugungen paßt: Wenn ich an einen Kçrper denke, der gleichzeitig gelb und schmelzbar ist und nicht oxydiert, dann denke ich an einen Kçrper, dessen mir unbekannter Wesenheit diese Qualitten entspringen, so daß sie sich dadurch zumindest undeutlich zu erkennen gibt.509 Wo Leibniz den Ausdruck „undeutlich erkennen“ verwendet, zieht Locke das Wort „vermuten“ vor, und an die Stelle dessen, was Leibniz als Artwesenheit bezeichnet, setzt Locke die realen Wesenheiten, denen wir die Teilideen unserer nominalen Wesenheiten verdanken. Locke besteht einerseits auf der condicio humana: Wir kçnnen in diesem Leben keine realen Wesenheiten erkennen, und unsere Erkenntnis durch allgemeine Ideen ist unzulnglich. Aber der Grund fr ihre Unzulnglichkeit liegt nicht bei den Außendingen, sondern bei uns. Wir machen unsere Erkenntnis, aber Gott macht die Welt.

nothing more obvious, especially in the Races of Animals, and all Things propagated by Seed.“ – Abstr. 3.6; King 382, 28 – 30: „I do not say the substances themselves are made by men, nor the likeness and agreement that is to be found in them […]“. 507 Essay 3.6.30; 457, 35 – 458, 1: „’Tis true, that many particular Substances are so made by Nature, that they have agreement and likeness one with another, and so afford a Foundation of being ranked into sorts.“ 508 Boehner 1958; 156 – 174: The Realistic Conceptualism of William Ockham. 509 NE 405, 3 – 6: „Quand je pense un corps qui est en mÞme temps jaune, fusible et resistant la coupelle, je pense un corps dont l’essence specifique, quoique inconnu [ moy] dans son interieur, fait emaner ces qualitez de son fonds, et se fait connoitre, confusement au moins, par elles.“ – Entsprechend GP 385, 33 – 36.

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

E13. Wçrter lernen und verstehen E13a. Neue Darstellungen von Lockes Sprachphilosophie. – Schon deshalb, weil die meisten Wçrter generelle Ausdrcke sind und weil man zum Urteilen und Klassifizieren Art- oder Gattungsnamen braucht, gehçrt fr Locke die Sprache, die die erlebte Welt des Menschen strukturiert,510 zu den Gegenstnden der Lehre vom Allgemeinen. Doch ist die Interpretation und Wrdigung seiner Sprachtheorie umstritten, und ein angemessener Bericht ber die einschlgigen Probleme und Diskussionen erforderte, um mit Ott zu sprechen,511 eine weitere Monographie. Ich werde mich damit begngen, drei neue Anstze zur Interpretation von Lockes Sprachphilosophie zu skizzieren, damit der Leser einen Eindruck von Mçglichkeiten ihrer sprachphilosophischen Wrdigung bekommt, und mich im brigen auch hier mit der Erwhnung von Stellen begngen, die zeigen, wie eng Lockes Meinungen ber die Sprache mit seiner Lehre vom Allgemeinen zusammenhngen. Die Untersuchung „Locke’s philosophy of language“ von Walter R. Ott, die 2004 als Onlinepublikation und 2007 im Druck erschien, bezweifelt zunchst die Angemessenheit von Jennifer Ashworths in der Einleitung erwhntem Versuch, Lockes Signifikationsbegriff unter Verwendung sptscholastischer Vorbilder zu klren. Ott zieht demgegenber den Rckgriff auf eine stoische und empirische Tradition vor, der in der Neuzeit Autoren wie Gassendi und Hobbes folgten („hellenistische Tradition“) und die bereits zu Lockes Unterscheidung zwischen der Kommunikations- und Erinnerungsfunktion von Wçrtern besser paßt. Im Licht dieser Tradition referieren Wçrter nach Ott weder auf Ideen noch drcken sie Ideen aus, sondern sie sind, sofern sie als Kommunikationsmittel dienen, indikatorische Zeichen fr Ideen im Geist des Sprechers. Zweitens wendet sich Ott gegen den Versuch, Lockes Theorie der Sprache deshalb zu verwerfen, weil sie nicht den linguistischen Vorstellungen entspricht, die Autoren wie Putnam und Kripke vertreten. Solchen Arbeiten sei es gemeinsam, daß sie zum Ansatz Lockes nicht passen und seine Texte gewaltsam interpretieren. Nach Ott vertritt Locke einen semiotischen Empirismus, nach dem jedes kategorematische Wort, das eine Bedeutung hat, eine Idee im Geist des Sprechers bezeichnet, die entweder in der ußeren Sinnlichkeit oder in der Reflexion gegeben ist oder die aus so gegebenen Ideen gebildet wurde. Sofern die Grenzen von Sinn mit den Grenzen der Erfahrung zusammenfallen, wird die Referenz von Wçrtern 510 Dazu Arndt 1979. 511 Ott 2007; 114.

E13. Wçrter lernen und verstehen

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durch psychische Zustnde von Individuen festgelegt, denn Wçrter stehen, wie Locke selbst mitteilt, in ihrer primren oder unmittelbaren Bedeutung nur fr Ideen im Geiste dessen, der sie verwendet. Drittens versucht Ott zu zeigen, daß Lockes linguistische Position, die sich durch Putnams Argument einer Zwillingswelt nicht widerlegen lasse, bei der Begrndung der antiaristotelischen Thesen des Essay eine zentrale Rolle spielt. Der aristotelische Essentialismus beruht nach Locke auf einem Mißverstndnis der Funktion von Wçrtern. Weil diese bei Locke nicht Zeichen fr extramentale Dinge oder Wesenheiten, sondern fr abstrakte Ideen sind, tritt nun sozusagen an die Stelle der aristotelischen Intentionalittslehre die Abstraktionstheorie: Unter eine Art zu fallen, bedeutet, mit einer bestimmten abstrakten Idee oder nominalen Wesenheit bereinzustimmen. Sofern bei deren Bildung nicht nur Prferenzen des Subjekts, sondern auch korpuskular bedingte objektive hnlichkeiten im Spiel sind, erlauben sprachliche ußerungen sowohl Vermutungen ber psychische Zustnde des Sprechers als auch Vermutungen ber Zustnde von Objekten; insofern bleibt ein Fenster zum Extramentalen offen. Die Unvollstndigkeit von Lockes linguistischer Theorie hngt nach Ott damit zusammen, daß sie sich auf Bereiche der Sprache konzentriert, die fr Lockes Erkenntnislehre und Metaphysik belangreich sind. Nichtsdestoweniger erçffne sie einen vernnftigen Weg zur Anerkennung der Rolle des Subjekts bei der vortheoretischen Erfassung der Welt, ohne die Grenzen zu berschreiten, die unseren Begriffen durch die Realitt gesetzt sind. – Die Arbeit „Locke, language and early-modern philosophy“ von Hannah Dawson, die reiches Quellenmaterial enthlt, geht im ersten Teil auf alte Lehrbcher fr Grammatik, Logik und Rhetorik ein, die vom Vertrauen in die Zuverlssigkeit der Sprache geprgt sind. Im zweiten Teil untersucht sie klassische Werke der neuzeitlichen Philosophie, in denen ein wachsendes Mißtrauen gegen die Leistungsfhigkeit und Zuverlssigkeit der Sprache erkennbar wird. Dieses entspringt nach Dawson der Befrchtung, daß die Beziehung zwischen Wçrtern, Begriffen und Dingen so zerbrechlich geworden ist, daß die Sprache ihre verbindende Kraft zu verlieren droht. Der dritte Teil beschftigt sich vor allem mit Auswirkungen von Lockes unoptimistischer Sprachtheorie auf seine Ethik und politische Philosophie. Nach Dawsons Meinung vertritt Locke einen semantischen Individualismus, der freilich mit seiner Annahme eines stillschweigenden „semantischen Vertrags“ der Sprachgemeinschaft nicht vereinbar ist; Lenz wird dagegen einwenden, daß Dawson ohne nhere Rechtfertigung eine sprachtheoretische Einzelthese Lockes zur Hauptthese erklrt. Auf aktuelle sprachphilosophische Diskussionen und detaillierte fachliche Beurteilungen geht Dawson nicht

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

sehr ausfhrlich ein, und Rezensenten ußern den Eindruck, daß sie sich mehr fr das Scheitern als fr das Gelingen von Kommunikation und mehr fr die Entdeckung als fr die Auflçsung von Widersprchen interessiert. Das Problem liegt vermutlich darin, daß Dawson eine Geschichte erzhlt, und zwar die Geschichte einer wichtigen Nuance in der Sprachwahrnehmung des 17. Jahrhunderts, und daß sie gut erzhlen kann. Das Genus der Geschichten folgt anderen literarischen Regeln als das Genus philosophischer Untersuchungen im engen Sinn. Geschichten leben von Spannung, und damit lassen sich Dawsons starke Akzentuierungen erklren. Sie haben außer den bekannten Nachteilen den Vorzug, dem Leser wichtige Aspekte sehr intensiv einzuprgen, und wirken auch nicht immer einseitig, denn wie es in Geschichten oft geschieht, tritt irgendwann der einen Position die andere unvermittelt gegenber.512 – Martin Lenz’ Untersuchung „Lockes Sprachkonzeption“, die sehr viele sprachphilosophische Phnomene des Mittelalters und der frhen Neuzeit bercksichtigt, erschien 2010. Gegenber in der Literatur verbreiteten Bedenken geht Lenz davon aus, daß Lockes Theorie der Sprache mit seinen metaphysischen und erkenntnistheoretischen Annahmen in Einklang steht; sie lasse sich ohne Hrte so interpretieren, daß die Konsistenz von Lockes Philosophie gewahrt bleibt und daß sie unerachtet der Zweifel von Interpreten als ein plausibler Ansatz erscheint. Unter Hinweis auf Texte bestreitet Lenz im Blick auf Ott die Berechtigung sowohl des Ausschlusses sptscholastischer Bezugsautoren als auch der Interpretation von Lockes Signifikationslehre als einer bloßen Indikationstheorie. Auch entwickle Locke nicht, wie manchmal in der Literatur behauptet wird, eine subjektivistische Semantik, denn er vertrete nicht nur die Meinung, daß Wçrter unmittelbar Ideen im Geist des Sprechers bezeichnen, sondern behaupte auch, daß die Bedeutung von Wçrtern durch die Sprachgemeinschaft fixiert wird. Zu klren, wie diese beiden Thesen miteinander zu vereinbaren sind, ist das Ziel von Lenz’ Untersuchung. Der Verstand des erkennenden und handelnden 512 Zum Beispiel Dawson 2007; 293: Lockes Bedeutungstheorie ist nicht kompromißlos individualistisch. Manchmal ebnet er die Grenzen ein, die Menschen voneinander trennen. Indem man das erwhnt, kritisiert man die Behauptung, daß Lockes semantische Theorie individualistisch ist. – Ebd.; 290: Einerseits behauptet Locke, daß Individuen Bedeutungen machen, und zwar verschiedene, aber andererseits berichtet er ber den Austausch von Bedeutungen in der Sprachgemeinschaft. Aus diesen konkurrierenden – oder komplementren? – Darstellungen ergeben sich zweierlei Konsequenzen. Die erste macht Lockes brgerliche Gesellschaft scheinbar logisch unmçglich, die zweite verweist auf eine relativ kohsive Gesellschaft.

E13. Wçrter lernen und verstehen

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Individuums gibt Ideen und Dingen Namen, aber ber deren Chancen und Leistungsfhigkeit entscheidet ihre Akzeptanz in der Sprachgemeinschaft. Menschliche Individuen leben von Anfang an unter Sprechern, bringen von ihnen selbst erteilte Namen in die Sprachgemeinschaft ein und regulieren sich im Austausch gegenseitig. So entsteht der gewçhnliche Sprachgebrauch, der nach Locke grundstzlich (Essay 3.9.8) als Maßstab fr richtiges Sprechen im Alltag dienen kann. Lenz bezeichnet diese Position als sozialen Externalismus; sie unterscheidet sich von physischem Externalismus dadurch, daß sie die Außenbeziehung des Individuums nicht an physische Objekte, sondern an die Sprachgemeinschaft bindet. Diese fixiert durch ihre Akzeptanz die Bedeutung von Ausdrcken, doch obgleich die Bedingungen der Akzeptanz kultur- und moralabhngig sind, bleibt Lockes Theorie der Sprache universalistisch: Er hlt an der prinzipiellen bersetzbarkeit von Zeugnissen aus unterschiedlichen Sprachgemeinschaften fest. Damit richtet sich Lenz gegen Dawsons Interpretation des Anfangs von Essay 2.22.6, der nicht die bersetzbarkeit sprachlicher Zeugnisse aus unterschiedlichen Kulturen bestreitet, sondern darauf hinweist, daß sich bestimmte fremdsprachliche Wçrter nur mit Hilfe von Paraphrasen bertragen lassen. Begrndet wird Lockes sprachtheoretischer Universalismus nach Lenz aber nicht durch die „aristotelische“ These, daß alle Menschen gleichermaßen erkennenden Zugang zu den Wesenheiten der Dinge haben, sondern durch eine teleologische Annahme: Gott hat die kognitive Ausstattung aller Menschen so an die menschlichen Lebensbedingungen angepaßt, daß uns zwar die Erkenntnis realer Wesenheiten versagt bleibt, daß aber uns allen gleichermaßen untrgliche einfache Ideen einen artgemßen Zugang zur Welt erlauben. E13b. Allgemeine Annahmen des Essay ber die Sprache. – Lockes Sprachphilosophie steht in engem Zusammenhang mit seiner Lehre vom Allgemeinen. Essay 3.3.1 teilt mit, daß in allen Sprachen der weitaus grçßte Teil der Wçrter generell ist,513 und insofern operiert man beim Sprechen mit Universalien. Daß Locke im Essay nicht nur eine Theorie des gedachten Allgemeinen, sondern auch Anstze zu einer Lehre vom sprachlichen Allgemeinen skizziert, gehçrt zu den Vorzgen seiner Philosophie. Aber diese Anstze sind ber viele Kapitel verteilt und enthalten, wie es bei damaligen Logiken blich ist, sehr praxisnahe Passus, die man heute allenfalls als didaktisch bezeichnen wrde; die folgende Skizze bercksichtigt 513 Essay 3.3.1; 409, 4 – 5: „The far greatest part of Words, that make all Languages, are general Terms […]“.

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auch solche Stellen. Locke interessiert sich grundstzlich fr semantische Aspekte; er nimmt an, daß Ideen Zeichen fr Gegenstnde und Wçrter willentlich eingesetzte Zeichen fr Ideen sind, und dadurch sind sie indirekt auch Zeichen fr Gegenstnde; die Meinung, daß hier Anregungen von Schulphilosophen im Spiel sind, hat E. Jennifer Ashworth empfohlen.514 Wçrter transportieren Vorstellungen nicht so wie Wagen Waren, sondern stiften den Hçrer zur Vergegenwrtigung der Ideen an, die er mit den jeweiligen Lautfolgen verbindet.515 Physikalisch gesehen sind Wçrter Abfolgen artikulierter Laute und kçnnten aus eigener Kraft nur Lautideen erwecken. Aber nach ihrer willentlichen Verknpfung mit jeweils einer Idee und nach ihrer bernahme durch die Sprachgemeinschaft erwecken sie im sprachkundigen Hçrer außerdem die ihnen als Bedeutung zugeordnete Idee.516 Durch stndige Gewohnheit entsteht zwischen artikulierten Lauten und den Ideen, fr die sie infolge willentlicher Einsetzung stehen, eine besonders enge Verknpfung; deshalb erwecken Laute die ihnen jeweils zugeordneten Ideen fast genau so schnell und zuverlssig wie aktuelle Sinnesaffektionen.517 Whrend Ideen grundstzlich etwas Privates sind, kçnnen Wçrter çffentlich sein, doch erfllen sie als Denk- und Gedchtnishilfen auch interne Funktionen.518 Die Universalienlehren in Oxford geschtzter Scholastiker beschrnkten sich in der Regel auf die Beschreibung der Entstehung genereller Ideen und erwhnten manchmal knapp auch deren Benennung, behandelten aber allenfalls am Rand so hufige Formen des Umgangs mit allgemeinen Zeichen wie Wçrterlernen, Sprechen und Verstehen. E13c. Wçrter lernen. – Locke betont, daß die Zeit der Sprachentstehung vorbei ist und daß beim gegebenen Stand der Zivilisation Wortneubil514 Ashworth 1981; 325 – 326. 515 Essay 3.4.11; 425, 2 – 3: „[…] exciting in us other simple Ideas, by their known Names […]“. 516 Essay 3.4.11; 424, 26 – 30: „For Words being Sounds, can produce in us no other simple Ideas, than of those very Sounds; nor excite any in us, but by that voluntary connexion, which is known to be between them, and those simple Ideas, which common Use has made them Signs of.“ 517 Essay 3.2.6; 407, 23 – 27: „[…] there comes by constant use, to be such a Connexion between certain Sounds, and the Ideas they stand for, that the Names heard, almost as readily excite certain Ideas, as if the Objects themselves, which are apt to produce them, did actually affect the Senses.“ – Essay 3.2.8; 408, 10 – 12: „Words by long and familiar use, as has been said, come to excite in Men certain Ideas, so constantly and readily, that they are apt to suppose a natural connexion between them.“ 518 Essay 3.9.2; 476, 11 – 18. Text s. S. 297, Anm. 30.

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dungen nicht mehr die Regel sind, denn in den bestehenden Sprachen ist man mit Wçrtern fr Ideen fast immer gut versorgt.519 Man versucht, sich an diese zu halten, und erfindet nicht bestndig neue, denn wo Namen schon lange Ideen zugeordnet sind, da wirken eigenwillige Wortverwendungen lcherlich.520 Damit, daß man in allen Sprachgemeinschaften generelle Wçrter in der Regel nicht mehr erfindet, sondern erlernt, finden sich allerdings Kinder, wenn sie zu sprechen beginnen, nicht einfach ab. Wenn sie Dinge mehrmals wahrgenommen und sich deren Ideen eingeprgt haben, dann lernen sie allmhlich den Gebrauch von Zeichen, und sobald sie mit ihren Sprechorganen artikulierte Laute bilden kçnnen, fangen sie an, zur Mitteilung ihrer Ideen Wçrter zu verwenden. Dabei benutzen sie Ausdrcke, die ihnen andere vorgesagt haben, aber auch selbstgemachte Wçrter, und dadurch bekommen manche Dinge neue und ungewçhnliche Namen.521 Das ist aber nicht von Dauer. Zwar ist es bei Selbstgesprchen gleichgltig, auf welche Wçrter man zurckgreift, vorausgesetzt, man gebraucht sie immer mit derselben Bedeutung. Aber wenn jemand den Angehçrigen einer Sprachgemeinschaft seine Gedanken mitteilen mçchte, dann hat er keine andere Wahl als zu lernen, fr welche Ideen dort welche Wçrter stehen.522 Fragen nach den Namen von Gegenstnden, auf die man zeigt oder die man beschreibt, sind beim Lernen ein wichtiges Verfahren, doch fhrt es nicht immer zum gewnschten Erfolg, denn viele Menschen interessieren sich nur fr die Namen und meinen, wenn sie diese kennten, dann wßten sie ber Arten und We-

519 Essay 3.5.15; 437, 16 – 18: „But this concerns not Languages made, which have generally pretty well provided for Ideas, which Men have frequent Occasion to have, and communicate […]“. Die Stelle bezieht sich auf gemischte Modi. 520 Essay 3.6.51; 471, 2 – 5: „[…] Men being furnished already with Names for their Ideas, and common Use having appropriated known names to certain Ideas, an affected misapplication of them cannot but be very ridiculous.“ 521 Essay 2.11.8; 158, 34 – 159, 6: „When Children have, by repeated Sensations, got Ideas fixed in their Memories, they begin, by degrees, to learn the use of Signs. And when they have got the skill to apply the Organs of Speech to the framing of articulate Sounds, they begin to make Use of Words, to signifie their Ideas to others: These verbal Signs they sometimes borrow from others, and sometimes make themselves, as one may observe among the new and unusual Names Children often give to things in their first use of Language.“ 522 Essay 3.9.5; 477, 12 – 15: „Words having naturally no signification, the Idea which each stands for, must be learned and retained by those, who would exchange Thoughts, and hold intelligible Discourse with others, in any Language.“

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senheiten genug.523 In Wirklichkeit muß jemand, der Wçrter lernen will, versuchen, außer der Lautgestalt auch die Bedeutungen zu lernen, die blicherweise mit ihr verbunden sind. Locke spricht oft darber, daß Hçrer die Bedeutung eines Namens falsch rekonstruieren. Dann haben sie zwar dieselben Laute im Sinn wie der Sprecher, verbinden sie aber mit anderen oder mit unpassenden Ideen.524 Hufig geht das auf Mngel bei der Vermittlung von Wortbedeutungen zurck: Wenn man jemanden nach der Bedeutung eines Wortes fragt, das man noch nicht versteht, dann erhlt man nicht selten nur unzulngliche verbale Explikationen oder gar keine Antwort. Das nach Lockes Meinung beste Verfahren zur Vermittlung von Wortbedeutungen ist die kompositive Definition, bei der man die Teilideen komplexer Ideen aufzhlt. Dadurch erhlt man zwar keinen Zugang zu realen Wesenheiten, wohl aber Informationen ber die Bedeutung, die ein Sprecher mit seinem Wort verbindet. Zwar ist es in den Schulen blich, bei Definitionen das nchsthçhere Genus zusammen mit der spezifischen Differenz anzugeben, aber dieses Vorgehen ist weder klar noch sachlich erforderlich, und man verwendet es vor allem deshalb, weil es bequem ist.525 Mit Sicherheit ist es nicht das beste mçgliche Verfahren, denn manchmal verstehen Hçrer die Bedeutung der definierenden Ausdrcke, die ihnen ein generelles Wort erklren sollen, genau so wenig wie dieses Wort selbst.526

523 Essay 2.32.7; 386, 18 – 22: „[…] we may often observe, that when any one sees a new Thing of a kind that he knows not, he presently asks, what it is, meaning by that Enquiry nothing but the Name. As if the Name carried with it the Knowledge of the Species, or the Essence of it […].“ 524 Zum Beispiel Essay 2.31.4; 377, 26 – 33: „[…] another coming after, and in Conversation learning from him the word Courage, may make an Idea, to which he gives that name Courage, different from what the first Author applied it to, and has in his Mind, when he uses it. And in this case, if he designs, that his Idea in Thinking, should be conformable to the other’s Idea, as the Name he uses in speaking, is conformable in sound to his, from whom he learned it, his Idea may be very wrong and inadequate.“ 525 Essay 3.3.10; 413, 9 – 15: „For Definition being nothing but making another understand by Words, what Idea, the term defined stands for, a definition is best made by enumerating those simple Ideas that are combined in the signification of the term Defined: and if instead of such an enumeration, Men have accustomed themselves to use the next general term, it has not been out of necessity, or for greater clearness; but for quickness and dispatch sake.“ 526 Essay 3.4.4; 421, 20 – 25: „[…] and others think, they ought to rest satisfied, in an Explication made by a more general Word, and its Restriction, (or to speak in Terms of Art by a Genus and Difference,) when even after such Definition made

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E13d. Lernen von Wortbedeutungen bei einfachen Ideen, einfachen Modi und gemischten Modi. – Whrend bei der Neubildung genereller Wçrter das gedachte Allgemeine dem sprachlichen vorausgeht, hngt es beim Lernen genereller Namen nicht zuletzt von der Situation ab, ob man mit dem einen oder dem anderen beginnt. Die Vermittlung sowohl der Idee als auch des Namens kann durch Zeigen und Vorsagen erfolgen: Man zeigt einem Kind ein Ding und sagt ihm dessen Namen vor.527 Manchmal verfgt der Lernende schon ber die Idee und muß nur noch den Namen lernen, oder er kennt nur den Namen und lßt sich den zugeordneten Gegenstand zeigen oder beschreiben. Bei einfachen Ideen sind Zeigeakte unentbehrlich, weil hier Vermittlung durch verbale Explikation nicht mçglich ist. Aber schon ein einfacher Modus ist im Gegensatz zu einer einfachen Ideen zusammengesetzt und erlaubt verbale Explikationen, sofern der Lernende die in ihm wiederholte einfache Idee und deren Namen kennt. Namen und Ideen gemischter Modi kçnnen durch Vorsagen des Namens und darauf folgende verbale Explikation vermittelt werden; jemand kann aber auch den Namen hçren und fragen, fr welche Idee er steht. Kinder lernen bei gemischten Modi in der Regel zuerst die Namen. Wenn sie wissen mçchten, fr welche Ideen diese stehen, dann finden sie, wenn sie Glck haben, einen Menschen, der es ihnen erklrt,528 indem er ihnen die einfachen Ideen aufzhlt, aus denen sich der betreffende Modus zusammensetzt.529 In solchen Fllen wird die Wortbedeutung mit Hilfe schon gelernter Namen einfacher Ideen bermittelt. Schwierig wird es, wenn man anderen Menschen eine Vorstellung vom Geschmack einer ihnen unbekannten und im Augenblick nicht verfgbaren Frucht vermitteln soll; man wird dann einige einfache according to rule, those who hear it, have often no more a clear Conception of the meaning of the Word, than they had before.“ 527 Essay 3.9.9; 479, 37 – 480, 5: „For if we will observe how Children learn Languages, we shall find, that to make them understand what the names of simple Ideas, or Substances, stand for, People ordinarily shew them the thing, whereof they would have them have the Idea; and then repeat to them the name that stands for it, as White, Sweet, Milk, Sugar, Cat, Dog.“ 528 Essay 3.9.9; 480, 5 – 9: „But as for mixed Modes, especially the most material of them, moral Words, the Sounds are usually learn’d first, and then to know what complex Ideas they stand for, they are either beholden to the explication of others, or (which happens for the most part) are left to their own Observation and industry […]“. 529 Essay 2.22.9; 292, 5 – 9: „Which is the most usual way, by explaining the names of Actions we never saw, or Notions we cannot see; and by enumerating, and thereby, as it were, setting before our Imaginations all those Ideas which go to the making them up, and are the constituent parts of them […].“

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Ideen aufzhlen, von denen man meint, daß sie passend sind, aber die Vorstellung, die der Hçrer dadurch bekommt, ist wahrscheinlich von dem wirklichen Geschmack ziemlich verschieden.530 Bei der Rekonstruktion der Bedeutung von Modusnamen werden Lernende besonders oft alleingelassen. Wenn ihre eigenen Bemhungen erfolglos bleiben, dann sind fr sie vor allem Wçrter aus dem Bereich der Moral oft wenig mehr als bloße Laute. Sofern sie berhaupt eine Bedeutung mit ihnen verbinden, ist sie meist dunkel und verworren.531 Zu falschen Deutungen kommt es besonders leicht bei Wçrtern, die fr sehr abstrakte Ideen stehen. Kinder kçnnen deren Lautgestalt genau so mhelos erlernen wie die von Wçrtern fr leichter faßbare Dinge, aber bis sie die genaue Bedeutung erfassen, vergeht viel Zeit. Davon, wie sich Lernende die Bedeutung von Namen gemischter Modi ohne Hilfe von außen erarbeiten, berichtet Locke in der Lamech-Geschichte. Als sich Adams Neubildungen „Eifersucht“ und „Ehebruch“ in der Sprachgemeinschaft durchgesetzt hatten, kamen sie auch Adams Kindern zu Ohren. Weil es sich anscheinend um gebruchliche Wçrter handelte, gingen sie davon aus, daß „Eifersucht“ und „Ehebruch“ irgend etwas bedeuten, und versuchten, die komplexen Ideen nachzubilden, die die Sprecher ihrer Meinung nach damit verbanden.532 Wenn diese Rekonstruktionen den Ideen der Sprecher am Anfang noch nicht entsprachen, dann konnten Adams Kinder nachfragen und ihre Deutungen allmhlich korrigieren.533 Auch Erwachsene lernen bei ge530 Essay 3.4.11; 425, 2 – 4: Eine solche Aufzhlung einfacher Ideen „is not giving us that Idea by a Definition, but exciting in us other simple Ideas, by their known Names; which will be still very different from the true taste of that Fruit it self.“. 531 Essay 3.9.9; 480, 8 – 14: Beim Lernen der Wçrter fr gemischte Modi werden Kinder meistens „[…] left to their own Observation and industry; which being little laid out in the search of the true and precise meaning of Names, these moral Words are, in most Men’s mouths, little more than bare Sounds; or when they have any, ’tis for the most part but a very loose and undetermined, and consequently obscure and confused signification.“ 532 Essay 3.6.45; 467, 25 – 35: „Those therefore of Adam’s Children, that found these two Words, Kinneah and Niouph, in familiar use, could not take them for insignificant sounds: but must needs conclude, they stood for something, for certain Ideas, abstract Ideas, they being general Names, which abstract Ideas were the Essences of the Species distinguished by those Names. If therefore they would use these Words, as Names of Species already establish’d and agreed on, they were obliged to conform the Ideas, in their Minds, signified by these Names, to the Ideas, that they stood for in other Men’s Minds, as to their Patterns and Archetypes […]“. 533 Essay 3.6.45; 467, 35 – 468, 3: „[…] and then indeed their Ideas of these complex Modes were liable to be inadequate, as being very apt (especially those that consisted of Combinations of many simple Ideas) not to be exactly conformable to

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mischten Modi in der Regel zuerst das sprachliche Allgemeine, denn weil niemand ein Interesse daran hat, seinen Kopf mit abstrakten Ideen anzufllen, mit denen er spter nichts anfangen kann, nimmt man in der Regel nur solche Modusarten zur Kenntnis, fr die es bereits einen Namen gibt, und macht sich erst danach die Mhe, die diesem Namen zugeordnete komplexe Idee zu erlernen.534 Daher kommt es, daß kaum jemand abstrakte Ideen wie ,Ruhm‘ oder ,Ehrgeiz‘ bildet, bevor er die zugehçrigen Namen hçrt.535 E13e. Lernen der Bedeutungen von Substanznamen. – Ideen kçrperlicher Substanzen und ihre Namen kçnnen erstens durch Zeigen und Vorsagen und zweitens durch verbale Explikation vermittelt werden. Kinder lernen Substanznamen oft dadurch, daß ihnen jemand durch Zeigen die zugeordnete Idee vermittelt und ihnen danach den entsprechenden Namen vorsagt.536 Aber sie kçnnen auch nach der Wahrnehmung einer Substanz deren Namen erfragen; ferner kçnnen sie sich im Anschluß an das Hçren eines Substanznamens nach der zugeordneten Idee erkundigen oder sie selbstndig rekonstruieren. Ein Beispiel gibt Lockes Bericht ber seine Begegnung mit einer vorher unbekannten Vogelart, in dem er Einzelideen nennt, aus denen sich die komplexe Idee der neuen Art zusammensetzt. Sobald er erfhrt, daß man sie als Kasuare bezeichnet, bernimmt er diesen Ausdruck als Namen fr seine neue Artidee.537 In anderen Fllen wird

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the Ideas in other Men’s Minds, using the same Names; though for this, there be usually a Remedy at Hand, which is, to ask the meaning of any word, we understand not, of him that uses it […]“. Essay 3.5.15; 437, 6 – 13: „Because there being no Species of these [mixed Modes] ordinarily taken notice of, but what have Names; and those Species, or rather their Essences, being abstract complex Ideas made arbitrarily by the Mind, it is convenient, if not necessary, to know the Names, before one endeavour to frame these complex Ideas: unless a Man will fill his Head with a Company of abstract complex Ideas, which others having no Names for, he has nothing to do with, but to lay by, and forget again.“ Essay 3.5.15; 437, 18 – 22: „And in such [Languages made], I ask, whether it be not the ordinary Method, that Children learn the Names of mixed Modes, before they have their Ideas? What one of a thousand ever frames the abstract Idea of Glory or Ambition, before he has heard the Names of them.“ Essay 3.9.9; 479, 37 – 480, 5. Text s. S. 459, Anm. 528. Essay 3.6.34; 461, 6 – 15: „Were I to talk with any one, of a Sort of Birds, I lately saw in St. James’s Park, about three or four Foot high, with a Covering of something between Feathers and Hair, of a dark brown colour, without Wings, but in the place thereof, two or three little Branches, coming down like sprigs of Spanish Broom; long great Legs, with Feet only of three Claws, and without a Tail; I must make this

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zunchst der generelle Name und erst danach die generelle Idee erlernt.538 Doch fhrt das Lernen der Namen von Kçrpern und ihren Bedeutungen grundstzlich nicht zu angemessenen Ergebnissen, weil abgesehen von der Schwche unserer Sinne auch unsere Aufmerksamkeit und Beobachtungsgabe zu wnschen brig lßt. Wenn ein Kind von dem Metall, fr das man ihm den Namen „Gold“ vorsagt, nur die leuchtendgelbe Farbe registriert, dann steht bei ihm der Ausdruck „Gold“ fr alle Kçrper mit dieser Farbe, zum Beispiel auch fr Schweife von Goldfasanen. Wenn aber ein anderes Kind, das besser beobachtet, bei Gold nicht nur ,leuchtendgelb‘, sondern auch ,sehr schwer‘ wahrnimmt, dann steht das Wort „Gold“ in seinem Mund fr eine reichere Idee.539 Weil bei der Vermittlung der Ideen und Namen unkçrperlicher Substanzen oder Geister keine Zeigehandlungen mçglich sind, ist man hier ganz auf verbale Explikationen angewiesen. Gottes Existenz kann man durch Schlußfolgerung beweisen, aber von Engeln wissen wir weder durch Vernunftschluß noch durch Erfahrung, sondern nur durch die Heilige Schrift etwas Gewisses.540 Allerdings ist das Erlernen der Gottesidee auch um vieles wichtiger als die Vermittlung von Engelideen. Wrde auf einer einsamen Insel eine Kolonie kleiner Kinder gegrndet, dann htten diese zunchst weder einen Begriff von Gott noch einen Namen fr ihn. Wenn aber spter eins davon auf den Gedanken kme, ernsthaft ber Natur und Ursache der Welt nachzudenken, dann gelangte es zum Gottesbegriff, und wenn es diesen durch verbale ExpliDescription of it, and so may make others understand me: But when I am told, that the name of it is Cassuaris, I may then use that word to stand in discourse for all my complex Idea mentioned in that description […]“. 538 Essay 3.5.15; 437, 22 – 25: „In simple Ideas and Substances, I grant it is otherwise; which being such Ideas, as have a real Existence and Union in Nature, the Ideas, or Names, are got one before the other, as it happens.“ – Essay 4.11.4; 632, 13 – 14: „[…] nobody gets the relish of a Pine-apple, till he goes to the Indies, where it is, and tastes it.“ 539 Essay 3.2.3; 406, 15 – 22: „A Child having taken notice of nothing in the Metal he hears called Gold, but the bright shining yellow colour, he applies the Word Gold only to his own Idea of that Colour, and nothing else; and therefore calls the same Colour in a Peacocks Tail, Gold. Another that hath better observed, adds to shining yellow, great Weight: And then the Sound Gold, when he uses it, stands for a complex Idea of a shining Yellow and very weighty Substance.“ 540 Essay 4.3.27; 557, 34 – 558, 6: „For bating some very few, and those, if I may so call them, superficial Ideas of Spirit,which by reflection we get of our own, and from thence, the best we can, collect, of the Father of all Spirits, the eternal independent Author of them and us and all Things, we have no certain information, so much as of the Existence of other Spirits, but by revelation. Angels of all sorts are naturally beyond our discovery […]“.

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kation auch seinen Gefhrten mitteilte, dann verbreitete er sich wahrscheinlich schnell und nachhaltig, weil er der Vernunft und der natrlichen Neigung des Denkens so sehr gemß ist.541 E13f. Beim Wçrterlernen lernt man zugleich alltagssprachliche Klassifikationen. – Beim Lernen von Namen erlernt man nicht nur Wçrter und ihre Bedeutungen, sondern zugleich auch die mit ihnen verbundenen Klassifikationen, und zwar unabhngig davon, ob sie angemessen sind oder nicht. Zum Beispiel gehçrt zur Explikation von „Kasuar“ die Bestimmung „Vogel“ und zur Alltags-Explikation von „Fledermaus“ eine der Bestimmungen „Sugetier“ oder „Vogel“. Locke ist geneigt, das in Kauf zu nehmen, weil es nach seiner berzeugung unvermeidlich ist. Man kann die Bedeutung von Wçrtern nur dann explizieren, wenn man auf Differenzen und Arten zurckgreift, die der Sprachgebrauch bereithlt, obgleich sie hufig unzulnglich oder falsch sind. Man vermittelt also dem Hçrer bei verbalen Explikation auch problematische alltagssprachliche Subsumptionen, weil man sonst berhaupt nicht verbal explizieren kçnnte.542 Am Beispiel der Frage, ob ein bestimmter Organismus ein Mensch ist oder nicht, zeigt Locke, daß man dadurch in Schwierigkeiten geraten kann.543 E13g. Verstndigung ist grundstzlich schwierig. – Der erste Zweck der sprachlichen Kommunikation besteht darin, anderen die eigenen Gedanken bekannt zu machen, der zweite darin, es mçglichst leicht und

541 Essay 1.4.11; 90, 18 – 28: „I doubt not, but if a Colony of young Children should be placed in an Island, where no Fire was, they would certainly neither have any Notion of such a thing, nor Name for it, how generally soever it were received, and known in all the World besides; and, perhaps too, their Apprehensions would be as far removed from any Name, or Notion of a God, till some one amongst them had imployed his Thoughts, to enquire into the Constitution and Causes of things, which would easily lead him to the Notion of a God; which having once taught to others, Reason, and the natural Propensity of their own Thoughts, would afterwards propagate, and continue amongst them.“ 542 Essay 3.6.43; 465, 24 – 30: „But I desire, it may be considered, how difficult it is, to lead another by Words into the Thoughts of Things, stripp’d of those specifical differences we give them: Which Things, if I name not, I say nothing; and if I do name them, I thereby rank them into some sort, or other, and suggest to the Mind the usual abstract Idea of that Species; and so cross my purpose.“ – Das Fledermausbeispiel befindet sich in Essay 3.11.7; 511, 7 – 29. 543 Zum Beispiel Essay 3.6.22; 450, 23 – 451, 16. – Essay 3.6.39; 464, 15 – 22. – Essay 3.11.16; 516, 31 – 517, 6.

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schnell zu tun, und der dritte darin, Sachinformationen zu bermitteln.544 Verstndigung wird dann erreicht, wenn ein Wort beim Hçrer die gleiche Idee erweckt wie beim Sprecher. Lockes Text macht klar, daß mit „die gleiche Idee“ oft nur „eine hinreichend hnliche Idee“ gemeint ist, und daß das erforderliche Maß an Genauigkeit der bereinstimmung von Sprecheridee und Hçreridee vom Kommunikationszweck abhngt, das heißt, davon, in welchem Maß die Kommunikation alltglich oder wissenschaftlich ist. Wenn keine bereinstimmung zwischen Sprecher- und Hçrerbedeutung erreicht wird, dann hat man bei alltglicher wie wissenschaftlicher Kommunikation den ersten Zweck der Sprache verfehlt.545 Zu den Voraussetzungen sprachlicher Verstndigung gehçrt es, daß Sprecher und Hçrer die verwendete Sprache gut genug beherrschen, um einigermaßen zu wissen, fr welche Ideen welche Namen stehen. Das Problem dabei ist aber, daß beide nicht an numerisch derselben Idee teilhaben, sondern daß gesprochene Wçrter nur Ideen im Geist des Sprechers und gehçrte Wçrter nur Ideen im Geist des Hçrers bezeichnen,546 und dadurch kçnnen sich große Divergenzen ergeben. Bei der privaten Verwendung von Wçrtern als Denk- und Gedchtnishilfen ist man frei; hier kommt es nur darauf an, daß man die eigenen Stze versteht. Bei sprachlicher Kommunikation tut man dagegen gut daran, sich an die eingefhrten Namen zu halten, sofern man mçchte, daß andere Menschen die eigenen Mitteilungen verstehen. Doch muß man bercksichtigen, daß jeder Mensch auch dann, wenn er die Konventionen der Sprachgemeinschaft respektiert, sozusagen sein eigenes Allgemeines hat, denn weil nicht alle Menschen beim Abstrahieren dieselben Eigenschaften fr wichtig halten, stehen bei verschiedenen Menschen die gleichen Wçrter fr mehr oder weniger verschiedene Ideen. Nur die Stifter von Sprachen, deren Ttigkeit wir uns

544 Essay 3.10.23; 504, 24 – 30: „To conclude this Consideration of the Imperfection, and Abuse of Language; the ends of Language in our Discourse with others, being chiefly these three: First, To make known one Man’s Thoughts or Ideas to another. Secondly, To do it with as much ease and quickness, as is possible; and Thirdly, Thereby to convey the Knowledge of Things. Language is either abused, or deficient, when it fails in any of these Three.“ 545 Essay 3.9.4; 476, 33 – 477, 1: „The chief End of Language in Communication being to be understood, Words serve not well for that end, neither in civil, nor philosophical Discourse, when any Word does not excite in the Hearer, the same Idea which it stands for in the Mind of the Speaker.“ 546 Essay 3.4.1; 420, 26 – 27: „[…] all Words, as I have shewn, signify nothing immediately, but the Ideas in the Mind of the Speaker […]“.

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nach Locke kaum mehr vorstellen kçnnen, brauchen sich bei ihrer Wortwahl nicht um Ideen anderer zu kmmern. E13h. Wortwahl und Korrektive. – Dieselbe Freiheit hat im Grund auch heute noch jeder, nur ist es schwierig, in eingefhrten Sprachen neue Wçrter und Wortbedeutungen durchzusetzen. Menschen, die heute noch neue Begriffe bilden und neue Namen fr sie erfinden, machen zwar lediglich von ihrer natrlichen Freiheit Gebrauch; sie drfen aber nicht sicher sein, daß die Sprachgemeinschaft ihre Angebote annimmt.547 Bei Nichtverstehen oder bei Mißverstndnissen kommt es gelegentlich zu Bemhungen um die Angleichung der Ideen von Sprecher und Hçrer, bei denen Zeigehandlungen und verbale Explikationen freundliche und berredung und Zwang unfreundliche Verfahren sind. Das Hçren eines generellen Namens soll im Hçrer die bei den Angehçrigen der Sprachgemeinschaft mit ihm verbundene generelle Idee erwecken. Locke hlt das Erreichen dieses Ziels fr schwierig und ußert pessimistische Prognosen ber das Gelingen von Kommunikation. Es ist nicht selbstverstndlich, daß Hçrer und Sprecher die gleiche Idee im Sinn haben, wenn sie das gleiche Wort verwenden,548 und meistens haben sie das nach Meinung Lockes auch nicht. Als Korrektiv fr Alltagsußerungen eignet sich der bliche Sprachgebrauch verhltnismßig gut; weil aber niemand die Autoritt hat, die genaue Bedeutung von Wçrtern festzulegen oder zu bestimmen, mit welchem Wort man welche Bedeutung zu verbinden hat, ist dieses Korrektiv zumindest nicht in der Lage, auch wissenschaftliche Kommunikation zu regeln. Ohnehin haben fast alle Namen komplexer Ideen ein so breites Spektrum von Bedeutungen, daß sie selbst bei Wahrung der Regeln des richtigen Sprechens als Zeichen fr sehr verschiedene Ideen dienen kçnnen, auch sind diese Regeln nirgends verbindlich festgelegt, und

547 Essay 3.6.51; 470, 33 – 35 und 471, 5 – 8: „The same Liberty also, that Adam had of affixing any new name to any Idea; the same has any one still, (especially the beginners of Languages, if we can imagine any such,) […] He that hath new Notions, will, perhaps, venture sometimes on the coining new Terms to express them: But Men think it a Boldness, and ’tis uncertain, whether common Use will ever make them pass for currant.“ 548 Essay 2.32.5; 385, 17 – 20: „When the Mind supposes any Idea it has, conformable to that in other Men’s Minds called by the same common Name; v.g. when the Mind intends, or judges its Ideas of Justice, Temperance, Religion, to be the same, with what other Men give those Names to.“

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deshalb ist es oft strittig, ob dieser oder jener Wortgebrauch angemessen ist oder nicht.549 E13i. Verstehen von Namen einfacher Ideen und einfacher und gemischter Modi. – Verstndigung ber einfache Ideen und einfache Modi ist verhltnismßig leicht. Zwar kann man einfache Ideen nicht definieren, aber ihre Bedeutung ist von Natur aus weniger zweifelhaft und unbestndig als die von Namen gemischter Modi und Substanzen, denn sie stehen fr einfache Wahrnehmungen, die man in Zweifelsfllen meist reproduzieren kann. Dadurch, daß der Hçrer, um sie zu verstehen, nicht zahlreiche einfache Ideen in der richtigen Anordnung zusammenstellen muß, bleiben ihm viele Unsicherheiten erspart; auch kann bei einfachen Ideen anders als bei Substanzideen kein Streit ber die Anzahl der durch den Namen bezeichneten Eigenschaften entbrennen, und schließlich kommt man bei ihnen nicht in Versuchung, sie flschlich auf unbekannte reale Wesenheiten zu beziehen.550 hnliche Vorzge haben Namen einfacher Modi.551 Dagegen geben Namen gemischter Modi oft Anlaß zu Mißverstndnissen. Erstens haben die Sprachstifter die Ideen, fr die solche Namen stehen, 549 Essay 3.9.8; 479, 13 – 26: „’Tis true, common Use, that is the Rule of Propriety, may be supposed here to afford some aid, to settle the signification of Language; and it cannot be denied, but that in some measure it does. Common use regulates the meaning of Words pretty well for common Conversation; but no body having an Authority to establish the precise signification of Words, nor determine to what Ideas any one shall annex them, common Use is not sufficient to adjust them to philosophical Discourses; there being scarce any Name, of any very complex Idea, (to say nothing of others,) which, in common Use, has not a great latitude, and which keeping within the bounds of Propriety, may not be made the sign of far different Ideas. Besides, the rule and measure of Propriety it self being no where established, it is often matter of dispute, whether this or that way of using a Word, be propriety of Speech, or no.“ 550 Essay 3.4.15; 427, 9 – 15 und 19 – 24: „[…] though the Names of simple Ideas, have not the help of Definition to determine their signification; yet that hinders not but that they are generally less doubtful and uncertain, than those of mixed Modes and Substances. Because they standing only for one simple Perception, Men, for the most part, easily and perfectly agree in their signification: And there is little room for mistake and wrangling about their meaning. […] There is neither a multiplicity of simple Ideas to be put together, which makes the doubtfulness in the Names of mixed Modes; nor a supposed, but an unknown real Essence, with properties depending thereon, the precise number whereof are also unknown, which makes the difficulty in the Names of Substances.“ 551 Essay 3.4.17; 428, 26: „The Names of simple Modes, differ little from those of simple Ideas.“

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ohne ußeres Vorbild nach Gutdnken gebildet, so daß es keinen ußeren Standard gibt, an dem man den Wortgebrauch berprfen kann.552 Zweitens sind gemischte Modi zeitgebunden; weil der Bedarf an Wçrtern nicht konstant ist, verndern sich Sprachen bestndig, entwickeln neue Ausdrcke und geben andere auf. Der Wandel von Gewohnheiten und Ansichten macht neue Ideenkombinationen und neue Namen erforderlich, und so entstehen neue Arten gemischter Modi.553 Weil drittens viele gemischte Modi nur bei bestimmten Nationen vorkommen, gibt es in jeder Sprache Wçrter, die man anderswo nur mit Paraphrasen wiedergeben kann; weil jede Nation ihre eigenen Moden, Gewohnheiten und Umgangsformen hat, entwickelt sie gemischte Modi, die sich ein anderes Volk nie ausgedacht htte.554 bersetzungen und Wçrterbcher nennen zwar Ausdrcke, die solchen Namen angeblich entsprechen, doch drften hçchstens zehn Prozent davon fr genau die gleichen Modusideen stehen wie ihre fremdsprachlichen Gegenstcke.555 Ferner sind viele gemischte Modi so komplex, daß es schon fr den Sprecher schwer ist, sich die genaue Kombination der Teilideen zu merken; noch weniger kann der Hçrer zuverlssig erraten, fr welche komplexe Idee der Sprecher seinen Modusnamen einsetzt.556 Besonders schwierig ist die Verstndigung ber Namen gemischter Modi aus den Bereichen der Moral, der Religion und 552 Essay 3.5.3; 429, 11 – 13: „[…] these Essences of the Species of mixed Modes, are not only made by the Mind, but made very arbitrarily, made without Patterns, or reference to any real Existence.“ 553 Essay 2.22.7; 291, 7 – 12: „Hence also we may see the Reason, Why Languages constantly change, take up new, and lay by old terms. Because change of Customs and Opinions bringing with it new Combinations of Ideas, which it is necessary frequently to think on, and talk about, new names, to avoid long descriptions, are annexed to them; and so they become new Species of complex Modes.“ 554 Essay 2.22.6; 290, 24 – 28: „This shews us how it comes to pass that there are in every Language many particular words, which cannot be rendred by any one single word of another. For the several Fashions, Customs, and Manners of one Nation, making several Combinations of Ideas familiar and necessary in one, which another people have had never any occasion to make […].“ 555 Essay 3.5.8; 433, 13 – 18: Wenn wir „exactly compare different Languages, we shall find, that though they have Words, which in Translations and Dictionaries, are supposed to answer one another; yet there is scarce one of ten, amongst the names of complex Ideas, especially of mixed Modes, that stands for the same precise Idea, which the Word does that in Dictionaries it is rendred by.“ 556 Essay 2.29.12; 368, 16 – 21: „Some Ideas are so complex, and made up of so many parts, that the Memory does not easily retain the very same precise Combination of simple Ideas, under one Name: much less are we able constantly to divine for what precise complex Idea such a Name stands in another Man’s use of it.“

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des Rechts; weil Meinungsverschiedenheiten hier leicht zu Konflikten fhren, glaubt Locke, dem Frieden einen Dienst zu erweisen, wenn er Sprechern und Hçrern beim Umgang mit solchen Wçrtern zu besonderem Nachdenken rt.557 Bei Namen moralischer Modi ist es schon wegen der berschneidung von Wortbedeutungen schwer zu entscheiden, ob man zum Beispiel eine Handlung besser als gerecht oder als grausam, als freigiebig oder als verschwenderisch bezeichnet.558 Solche Schwierigkeiten hufen sich bei Texten aus vergangenen Epochen. Zwar braucht man sich um die meisten davon nicht zu kmmern, aber bei Texten, die Glaubensstze vorschreiben oder geltende Gesetze berliefern, tut man gut daran, sich die Mhe einer sorgfltigen Interpretation zu machen, denn wenn man solche Zeugnisse mißversteht oder bertritt, kommt es leicht zu Unannehmlichkeiten.559 E13j. Verstehen von Substanznamen. – hnliche Schwierigkeiten wie bei Namen gemischter Modi gibt es trotz des Vorhandenseins ußerer Standards beim Sprechen und Hçren von Substanznamen. Schon der Schulausdruck „Substanz“ wird nach Meinung Lockes von Schulphilosophen in drei verschiedenen Bedeutungen verwendet, ohne daß es jemanden stçrt: Erstens kann er fr Gott, zweitens fr endliche Geister und drittens fr Kçrper stehen.560 Um bei Unterredungen ber Substanzen die Zahl der 557 Essay 3.5.16; 438, 17 – 20: „I shall imagine I have done some Service to Truth, Peace, and Learning, if, by any enlargement on this Subject, I can make Men reflect on their own Use of Language […]“. 558 Essay 2.32.10; 387, 19 – 22: „But in mixed Modes, we are much more uncertain, it being not so easy to determine of several Actions; whether they are to be called Justice, or Cruelty; Liberality, or Prodigality.“ 559 Essay 3.9.10; 481, 3 – 11: „[…] the numerous Volumes of learned Men, employing their Thoughts that way, are proofs more than enough, to shew what Attention, Study, Sagacity, and Reasoning is required, to find out the true meaning of ancient Authors. But there being no Writings we have any great concernment to be very sollicitous about the meaning of, but those that contain either Truths we are required to believe, or Laws we are to obey, and draw inconveniences on us, when we mistake or transgress, we may be less anxious about the sense of other Authors […]“. 560 Essay 2.13.18; 174, 22 – 32: „If they say, That they apply it [„Substance“] to God, finite Spirits, and Matter, in three different significations, and that it stands for one Idea, when GOD is said to be a Substance; for another, when the Soul is called Substance; and for a third, when a Body is called so. If the name Substance, stands for three several distinct Ideas, they would do well to make known those distinct Ideas, or at least to give three distinct names to them, to prevent in so important a Notion, the Confusion and Errors, that will naturally follow from the promiscuous

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Fehlerquellen gering zu halten, mssen Sprecher und Hçrer sich mçglichst genau an die blichen Wortbedeutungen halten; wenn das nicht mçglich ist, mssen sie darauf aufmerksam machen, daß sie das betreffende Wort nicht in der blichen Bedeutung verwenden.561 Das erspart ihnen aber nicht die Schwierigkeiten, die mit der Komplexitt von Substanzen und mit unterschiedlich guten Beobachtungsgaben zusammenhngen. Substanzen haben unzhlige Eigenschaften und werden von verschiedenen Menschen im Maß ihrer Sachkenntnis, ihrer Aufmerksamkeit und ihres Verfahrens verschieden wahrgenommen. Deshalb entstehen unterschiedliche generelle Ideen von derselben Substanz und machen die Bedeutung ihres Namens schwankend und ungewiß. Substanzideen werden aus einfachen Ideen gebildet, von denen man annimmt, daß sie in der Natur koexistieren, aber jedermann hat das Recht, seine komplexen Ideen aus denjenigen einfachen Teilideen zu bilden, die er selbst als koexistierend wahrnimmt.562 Schwierigkeiten bei der Verstndigung entstehen also nicht nur durch konstitutionelle Probleme und durch menschliche Lssigkeit, sondern auch dadurch, daß Menschen von ihrem Recht Gebrauch machen, Wçrter so zu verwenden, wie sie es fr richtig halten. Daß ferner auch Unterschiede im Sachverstand zu Unterschieden im sprachlichen Ausdruck fhren, macht Locke an Beispielen wie Taschenuhr (watch) und Schlaguhr (clock) klar,563 die im Deutschen Namen fr Unterarten von „Uhr“ sind. Eine watch und eine clock sind nicht nur technisch verschieden, sondern gehçren auch zu zwei verschiedenen Arten. Wer nicht genug Sachverstand hat, bezeichnet beide gleichermaßen mit dem Ausdruck „watch“ und hlt sie fr Individuen derselben Art. Das kann sogar auch ein Kenner tun, denn „watch“ erlaubt die Differenzierung in Unterarten wie „silent watch“ und use of so doubtful a term; which is so far from being suspected to have three distinct, that in ordinary use it has scarce one clear distinct signification […]“. 561 Essay 3.6.51; 471, 9 – 13: „[…] in Communication with others, it is necessary, that we conform the Ideas we make the vulgar Words of any Language stand for, to their known proper Significations, (which I have explain’d at large already,) or else to make known that new Signification, we apply them to.“ 562 Essay 3.9.13; 483, 3 – 11: „They [die einfachen Ideen] being therefore at least so many, that no Man can know the precise and definite number, they are differently discovered by different Men, according to their various skill, attention, and ways of handling; who therefore cannot chuse but have different Ideas of the same Substance, and therefore make the signification of its common Name very various and uncertain. For the complex Ideas of Substances, being made up of such simple ones as are supposed to co-exist in Nature, every one has a right to put into his complex Idea, those Qualities he has found to be united together.“ 563 Essay 3.6.39; 463, 14 – 464, 19.

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„striking watch“. Wenn aber jemand die eine Uhrenart mit dem Ausdruck „watch“ und die andere mit dem Ausdruck „clock“ bezeichnet, dann behandelt er sie als Exemplare verschiedener Arten.

Rckblick In der Einleitung zeigte sich, weshalb Locke Anlaß hatte, trotz seines Interesses an Beobachtung und Experiment ber Schulthemen wie abstrakte Ideen, generelle Wçrter und Klassen nachzudenken. Seine Texte ber das Allgemeine der Ideen und ber das Allgemeine der Gattungen und Arten gleichen in mancher Hinsicht schulphilosophischen Darstellungen, aber auch dann, wenn sich Locke an solchem Gut zu orientieren scheint, vereinfacht er Terminologie und Darstellung. In der Einleitung zeigte sich ferner, wie gering die Beweischancen fr Rezeptionsbehauptungen aus Anlaß von hnlichkeiten Lockescher ußerungen mit schulphilosophischen oder gassendistischen Texten sind. Daraus folgt nicht, daß hier bloß willkrliche Rezeptionsvermutungen mçglich sind, sondern nur, daß man die degrees of assent sparsam bemessen muß. Zu diesem Zweck habe ich einen Vorschlag von Rolf W. Puster aufgegriffen. Es wre ein Fehler, begrndete Rezeptionsvermutungen aus Mangel an Beweisen nicht zu erwhnen, denn dadurch beraubte man Landschaften ihres Horizonts. Im zweiten Kapitel wurde Surez’ und im dritten Gassendis Lehre vom Allgemeinen skizziert; diese Abschnitte sollten dem Leser einen Eindruck von der schulphilosophischen Universaliendiskussion im 16. und 17. Jahrhundert und von einer beachteten Alternative zu ihr vermitteln. Surez’ Universalienlehre war fr Autoren des spten 16. und des 17. Jahrhunderts ein wichtiger Orientierungspunkt. Gassendis alternative Universalienlehre unterscheidet sich in vielen Punkten von derjenigen Lockes, gleicht ihr aber unter anderem in der Einschtzung der Rolle der Ideen bei der menschlichen Erkenntnis und im Interesse an den Zwecken, die der Verstand mit der Verallgemeinerung von Ideen und Wçrtern verbindet. Gassendis Annahmen ber die condicio humana, die sich vor allem in der Substanzlehre finden, erinnern an hnliche Meinungen Lockes, die in der Literatur nicht immer zur Geltung kommen; es handelt sich um ußerungen ber die Erkenntnis des Menschen im Pilgerstand, die noch den Geist der devotio moderna atmen. Die Belange der Sprache bercksichtigt Gassendi strker, als es bei den hier erwhnten Schulphilosophen blich ist.

Rckblick

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Bei der Erçrterung von Draft A, Draft B und von Lockes Essay stellte sich erstens die Aufgabe, nach Mçglichkeit zu ermitteln, was Locke ber die Vorgnge bei Abstraktion und Benennung, ber den Verlauf der Klassenbildung und ber Wesenheiten wirklich gesagt hat. Lockes ußerungen ber das Allgemeine der Ideen und Wçrter und ber das Allgemeine der Gattungen und Arten zeigen von den frhen Drafts bis hin zum Essay eine erstaunliche Kontinuitt und Konsistenz. Schon die frhen Drafts erklren, daß der Verstand aufgrund seiner Gewalt ber seine eigenen einfachen Ideen nach Gutdnken ber diese verfgen darf; er darf sie nicht nur abstrahieren, sondern auch zu komplexen Ideen zusammensetzen. Schon hier lßt Locke keinen Zweifel daran, daß komplexe Ideen ihre Einheit der einheitstiftenden Ttigkeit des Verstandes verdanken. Der Ausdruck „Abstraktion“ spielt in den frhen Texten noch keine Rolle, sie vertreten aber der Sache nach schon das Verfahren der przisiven Abstraktion fr einfache und der kompositiven Abstraktion fr komplexe Ideen. Dagegen wird erst im Essay klar, welche Probleme sich bei der Abstraktion von einfachen Ideen aus kontinuierlichen und intensivierbaren Modi ergeben. In den frhen Drafts gibt es bereits eine durchgegliederte Relationslehre, aber noch keine Systematik der Modi und der Wesenheiten; dagegen dienen in allen drei Schriften Artideen als Kriterien bei der Zuweisung von Individuen zu Arten. Ein Individuum erhlt durch die Feststellung, daß es der abstrakten Idee einer Art entspricht, das Recht, den Namen dieser Idee zu tragen, und tut es hnlich wie ein adoptiertes Kind. Diese zunchst befremdliche Konstruktion, nach der der Artname primr der Artidee und erst in zweiter Linie den Artexemplaren zusteht, erhlt unter anderem dadurch einen Sinn, daß Allaussagen ber Artexemplare fr Locke im Grunde Aussagen ber die Artidee sind. Diese ist wegen ihrer Kriterienfunktion artkonstituierend, und Locke bezeichnet sie deshalb im Essay als nominale Wesenheit und stellt sie der unerkennbaren realen Wesenheit gegenber. Bei unserer Erkenntnis im Pilgerstand fungiert die nominale Wesenheit als Wesenheit fr uns, whrend uns die realen Wesenheiten oder realen Konstitutionen der Dinge an sich verborgen sind. Neuere Versuche, die Unzugnglichkeit realer Konstitutionen zu akzeptieren, aber reale Wesenheiten als etwas zu deuten, das von den nominalen Wesenheiten abhngt, erwiesen sich als textlich nicht berzeugend. Lockes Hinweise darauf, daß Artgrenzen bei Substanzen provisorisch sind, weil uns das innerste Wesen von Kçrpern und Geistern verborgen ist, bercksichtigen Interessen der Experimentalphilosophie: Bei neuen Entdeckungen der Naturhistorie muß man gegebenenfalls die Grenzen von Substanzarten durch Bildung besserer Artideen beseitigen, erweitern oder verschieben.

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Kapitel E. Das Allgemeine in Lockes Essay

Von Anfang an tritt bei Locke das sprachliche Allgemeine an die Seite des bei Schulphilosophen vor allem bercksichtigten gedachten Allgemeinen; seine Bedeutung fr die Lehre vom Allgemeinen beruht darauf, daß der Verstand Ideen, die er abstrahiert hat, einen Namen gibt. Weil man solche Namen als Prdikate verwendet, operiert man beim Sprechen mit Universalien; das wird bei Lockes Unterscheidung der Funktionen des Sprechers von denen des Hçrers und bei seiner Beschreibung der Vorgnge beim Verstehen, Sprechenlernen und Sprachenlernen sehr deutlich. Die zweite Aufgabe war, bei der Klrung Lockescher Wortverwendungen und Teilkonstruktionen schulphilosophische Texte und Texte aus Gassendis Umfeld zu konsultieren; das hatte den Nebeneffekt, daß Lockes literarischer Hintergrund an Konturen gewann. Nachweislich hat sich Locke mit nur zwei der in dieser Arbeit erwhnten schulphilosophischen Titel und gelegentlich mit Gassendi beschftigt; zu den brigen hier konsultierten Texten konnte er mhelos Zugang bekommen, wenn er das wollte, aber niemand weiß, ob er es wollte. Im Rahmen dieser Aufgabenstellung, bei der einerseits zur Ermittlung des blichen Wortgebrauchs Lockesche Texte vor allem mit schulphilosophischen zu vergleichen waren, wurden zeitgençssische Stellen mit Ausdrcken wie „abstractio“, „similitudo/convenientia“, „ens“, „definitio“, „divisio“, „res universalis“ und „simplex apprehensio“ auf Stellen Lockes bezogen, in denen entsprechende englische Wçrter eine Rolle spielen. Dabei ergaben sich Argumente dafr, daß die Annahme, zwei Passus aus Draft A seien Relikte aus Lockes hobbesianischer Phase, anscheinend nicht haltbar ist, und daß sich beim gegenwrtigen Streit ber die Deutung der Abstraktion als partieller Betrachtung oder als Trennung die Aspekte verschieben, sobald man den zeitgençssischen Wortgebrauch in die berlegungen einbezieht. Ferner wurde klarer, welche Merkmale der Lockeschen Lehre vom Allgemeinen unter dem Aspekt des hier bercksichtigten literarischen Hintergrunds blich und welche ungewçhnlich sind; durch solche Besonderheiten gewinnt fr uns Lockes Universalienlehre individuelle Zge. Hier stechen unter den durchgehenden Merkmalen das Interesse an den Zwecken der Bildung des Allgemeinen und am sprachlichen Allgemeinen und unter den spezielleren Merkmalen die Faustregel zur Unterscheidung komplexer Ideen von Urteilen in den frhen Drafts, die Entscheidung fr die kompositive Abstraktion komplexer Ideen, die Hervorhebung der einheitstiftenden Ttigkeit des Verstandes, die Annahme einer begriffsorientierten Zuweisung von Individuen zu Arten mit nachfolgender sprachlicher Benennung sowie die Spaltung der Wesenheit in eine nominale und eine reale hervor. Bemerkenswert ist ferner eine Vernderung in der Definitionslehre, die schon

Rckblick

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in Draft A erkennbar wird. Weil Sprecher und Hçrer grundstzlich nur wissen, welchen Namen sie selbst mit einer Idee oder Bedeutung verbinden, kann Kommunikation leicht scheitern; eine Mçglichkeit, sie davor zu bewahren, bieten Definitionen. Das meinen damals nicht wenige Autoren, aber Locke gibt darber hinaus schon in den frhen Drafts die bliche Meinung auf, man definiere Dinge, und erklrt stattdessen, daß man Wçrter definiert und Dinge beschreibt; dadurch werden alle Definitionen zu Nominaldefinitionen, die nicht die wirkliche Wesenheit zum Ausdruck bringen. Die dritte Aufgabe bestand darin, bei hnlichkeiten schulphilosophischer und Gassendischer Texte mit Stellen Lockes zu berlegen, ob es gute Grnde fr Rezeptionsvermutungen gibt. Manche Analogien sind vermutlich weniger auf unmittelbare Rezeption als auf Lockes allgemeine Kenntnis der Meinungen und des Sprachgebrauchs der Gelehrten zurckzufhren. Bei anderen Stellen liegt es aber nher, mit einer direkteren Rezeption zu rechnen. Von diesen habe ich nur wenige hervorgehoben; so entstand eine Liste von vier bisher nicht endgltig aufgeklrten Fllen starken Verdachts. In zwei davon konnte ich keinen Einzelautor als mutmaßliche Rezeptionsquelle benennen, doch ließen sich in Lockes Umfeld kleine Gruppen von Autoren ausmachen, die sich bereits vor Locke fr eine hnliche Lçsung entschieden haben. Weil wegen des Fehlens stringenter Belege nach wie vor die Mçglichkeit besteht, daß der Autor die betreffenden Lçsungen selbst erfunden oder anderen Quellen als den hier bercksichtigten entnommen hat, laufen solche begrndete Rezeptionsvermutungen letzten Endes auf die Empfehlung hinaus, so komplexe und signifikante Analogien ernstzunehmen und sie bis zur endgltigen Klrung des Vorgangs im Auge zu behalten. Von den hier bercksichtigten Autoren vermitteln nur Gassendi und Bernier die Faustregel „als eins betrachten/als Verschiedenes betrachten“ zur Unterscheidung von einfachen Apprehensionen und Urteilen, auf die sich Locke in den frhen Drafts bezieht; bei den hier konsultierten Schulphilosophen finde ich sie nicht. Ob sie in anderen Locke zugnglichen Copula-Lehren erscheint, kann ich nicht sagen, doch drfte sie auch dann in Lockes Umgebung selten sein. Bei seinen nichtkorpuskularistischen Darstellungen der Intensivierung und Abschwchung von Qualitten verwendet Locke die komplexe Figur des Hinzutretens oder Entfallens von Qualittsgraden; damit entscheidet er sich fr eine der vier seinerzeit unter Schulphilosophen blichen Erklrungweisen. Von den hier erwhnten Autoren vertreten sie (mehr oder weniger rein) nur Surez, Du Trieu, Brerewood und Crakanthorpe. Dafr, daß Locke Surez gelesen hat, gibt es keine Belege, doch besaß er Du Trieus

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Manuductio. Fr einen Rezeptionszusammenhang spricht einerseits Lockes Verwendung englischer Ausdrcke, die den scholastischen Termini „intensio-remissio“ und „recipere magis et minus“ entsprechen. Andererseits schreibt Locke statt „intension“, das zu erwarten wre, „intention“; derselbe Orthographiefehler findet sich in diesem Zusammenhang bei Brerewood und Crakanthorpe. Die beiden folgenden Flle sind fr die Lehre vom Allgemeinen sehr wichtig. Die komplexe Figur der kompositiven Abstraktion, fr die sich Locke entscheidet, ist unblich; ich finde sie bei keinem der hier bercksichtigten Scholastiker und auch nicht bei Stanley und Charleton, doch erscheint sie sowohl bei Gassendi als auch bei Bernier. Bernier kommt als Bezugsautor kaum in Frage, weil Locke die Annahme der kompositiven Abstraktion komplexer Ideen schon in den frhen Drafts vertritt. Weil diese Annahme sowohl systematisch komplex als auch selten ist, besteht Anlaß zu der Vermutung, daß Gassendi als Rezeptionsquelle in Frage kommt. Auch die komplexe und seltene Figur der begriffsorientierten Zuweisung von Individuen zu Arten ist ungewçhnlich; sie erscheint nicht bei Gassendi und Bernier, und von den hier erwhnten Schulphilosophen vertreten sie, wenn man von einer impliziten Mitteilung Burgersdijcks absieht, nur wenige Jesuitenautoren, nmlich Surez, S´miglecki und Rubio. Das spricht dafr, daß sie Locke – auf welchen Wegen auch immer – von Angehçrigen dieser Autorengruppe bezogen hat. Die Antwort auf die Frage, was ein Autor wirklich gesagt hat, ist das Ergebnis einer bescheidenen Form der Suche nach Wahrheit, von der Locke glaubt, sie sei „a sort of Hawking and Hunting, wherein the very pursuit makes a great part of the Pleasure“. Weil eins der elementarsten Ergebnisse dieser Untersuchung die Erwartung ist, daß noch viel Arbeit bleibt, braucht man nicht zu befrchten, daß dieser Quell der Freude bald versiegt.

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Besuchte Websites werden auf S. 25, Anm. 66, genannt.

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Personenregister Aaron, Richard I. 34f., 264, 269, 271, 277f., 317, 321f., 350f., 353, 367 Airay, Christopher 18, 31, 256 Alexander, Peter 384 Aristoteles 13, 25, 29f., 52, 72, 141, 293, 417 Arndt, Hans-Werner 31, 452 Ashworth, E. Jennifer 11, 17–19, 21, 25f., 30, 52, 141, 452, 456 Attig, John C. 2, 25 Ayers, Michael R. 254, 321, 337–339, 353, 356, 394, 433 Ayleworth, Guilelmus 311 Bacon, Francis 24, 37 Baeumker, Clemens 7, 34 Barlow, Thomas 18, 22, 26, 30, 42 Baron(ius), Robertus 24, 31f., 85, 189, 314f., 345f., 348, 421f. Bartholinus, Caspar 247 Berkeley, George 308, 321f., 398 Bernier, FranÅois 34–37, 39f., 43–45, 120, 128, 164, 186, 233, 312, 321, 362, 382, 385, 473f. Biel, Gabriel 8 Bloch, Olivier 37, 39, 43, 99f. Boehner, Philoteus 20, 96, 451 Bonno, Gabriel 10, 35f., 305 Boyle, Robert 3f., 35–39, 43, 56, 99, 131, 190–193, 202, 210, 252, 254, 256, 258, 287, 292, 336, 410, 427 Brandt, Reinhard 35, 39, 235f., 323, 427 Brerewood, Edward 9, 11, 18, 32f., 173f., 279, 288f., 328–330, 332–334, 473f. Burgersdijck, Franco 12, 15f., 18f., 21, 26f., 29, 57, 59–63, 65, 77f., 106f., 117, 148, 155f., 182f., 187f., 206–209, 221, 264, 270,

293f., 315–317, 331f., 339–342, 389, 421, 474 Burnett, Thomas 24 Carpenter, Nathanael 9, 31–33, 57–60 Charleton, Walter 34f., 38, 45, 211, 258, 474 Combach, Johannes 11–13, 22–24, 26f., 29f., 33, 53–55, 148f., 187, 192–194, 205, 314f., 339f., 342, 348, 415f. Conimbricenses 13, 18, 30 Coste, Pierre 327 Costello, William T. 115, 289 Crakanthorpe, Richard 9, 11, 18f., 24, 32, 174, 189, 242f., 279, 289f., 315, 329f., 333, 473f. Danaher, James P. 410 Descartes, Ren 16, 24f., 37f., 41f., 99, 113, 145, 182, 291, 294–296, 347, 403 Detel, Wolfgang 100, 146, 287 Dilthey, Wilhelm 24 Diogenes Laertius 38f. Dominicus von Flandern 13, 30 Dreiling, Raymundus, O.F.M. 100, 249 Driscoll, Edward A. 35–37, 109 Du Trieu, Philippe 12f., 18, 22f., 26–30, 33, 42, 62, 172, 180, 188, 205, 255, 330, 332, 473 Epikur 35, 38–40, 43, 45, 99f., 104f., 108, 146f., 259, 287 Flavel, Johannes

12f., 29f.

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Personenregister

Fonseca, Pedro de 13, 16, 30, 189, 194, 305–307, 343, 348 Fraser, Alexander C. 303f., 450 Gallie, Roger 382f. Gassendi, Petrus 1–3, 6, 10, 16, 33–46, 48, 56, 58, 60, 64, 70, 81f., 99–151, 153, 156, 160–168, 170, 179, 182f., 186f., 190, 198, 202, 209, 212, 222f., 230, 233, 248, 251, 254, 257, 259f., 263, 287, 291, 294, 300, 303–305, 307–309, 312, 318, 337, 363f., 382, 385, 387f., 391, 396, 398, 415, 418, 428, 446, 450, 452, 470, 472–474 Geach, Peter T. 382 Gibson, James 8, 449 Glisson, Francis 37, 52 Grotius, Hugo 12, 22 Halton, Timothy 12f., 26, 30, 52, 87f. Heereboord, Adrian 15, 106f. Hochstetter, Erich 20, 249, 446 Hurtado de Mendoza, Pedro 13 Kant, Immanuel 162, 428 Keckermann, Bartholomaeus 9, 25, 107 Kemmerling, Andreas 220, 402 Kenney, W. Henry 2, 10–14, 16, 18, 22, 25, 27–30, 52f., 58, 88, 180–182, 192 Klemme, Heiner 235, 427 Klemmt, Alfred 35, 139 Koch, Carl H. 247 Krakowski, douard 7f. Kraus, John L. 366, 380 Kreimendahl, Lothar 371 Kroll, Richard W. F. 35, 38–40, 99, 186 Lamech 370, 460 Laud, William 28 Law, Stephen 433 Leibniz, Gottfried Wilhelm 24, 34, 85, 303f., 310f., 403f., 451

Lennon, Thomas M. 35–38, 40, 45, 383, 441 Lenz, Martin 17, 209, 212, 453–455 Leyden, Wolfgang v. 9f., 12, 22, 25, 28, 278 Locke, John 1–13, 16–19, 21–28, 30, 33–46, 48–52, 54–56, 58–60, 62–65, 67, 70, 72, 77, 79–81, 83–86, 90, 92, 95f., 99–103, 105–107, 109–111, 113f., 117–119, 121f., 124f., 128–133, 135, 139–141, 144, 146-149, 150470 Losonsky, Michael 162f., 304, 361 Lukrez 35, 38, 41 Magirus, Johannes, d. . 13, 30–33, 58, 61, 182, 189, 221, 247, 319, 345f., 348 Martini, Jacobus und Cornelius 13, 30 Michael, Fred S. und Emily 40f., 99, 118, 131, 292, 349 Milton, John 9 Milton, John R. 8, 10–12, 19–24, 33, 39, 41–44, 52 Molyneux, William 96, 430 Morell, Thomas 257, 382 Nidditch, Peter H. 327 Nowak, Ludwik 29, 207 Ott, Walter R. 452–454

349, 357, 380,

Petrus Aureolus 100 Phemister, Pauline 433f. Platon 71f., 258 Porphyrius 132f. Powell, Griffith 12f., 29f., 119, 258 Pufendorf, Samuel 209 Puster, Rolf W. 33–35, 45–49, 104, 309, 470 Risse, Wilhelm 18 Rçd, Wolfgang 34 Rogers, G. A. J. 2, 10, 25, 150, 321, 383

Personenregister

Rubio, Antonio 13, 18, 30f., 113, 189, 208, 264, 343f., 348, 474 Saint-Paul, Eustache de 24f. Sanderson, Robert 9, 11f., 18, 21, 23, 26, 28f., 60f., 163, 188, 205, 255 Saporiti, Katia 168 Scheibler, Christoph 12f., 16, 21, 23–26, 28–30, 53, 78, 92, 132f., 156, 188, 205f., 221, 224, 243, 258, 315–317, 332, 339, 342, 348, 389, 416f., 421 Seton, John 9, 55, 132 S´miglecki, Marcin 9, 11–13, 16, 18, 29f., 69, 92, 172f., 181f., 188, 194, 207f., 213, 242f., 249, 264, 279, 299, 314, 343, 345, 348, 415, 435, 474 Smith, Samuel 12, 18, 29, 173, 254, 257, 289 Soncinas, Paulus 13, 30 Sorbi re, Samuel 35 Stanley, Thomas 35, 38–40, 45, 100, 136, 186, 200, 259, 474 Stewart, Michael A. 163, 254, 334, 349 Stillingfleet, Edward 21, 41, 312, 378, 383f., 397, 409, 415, 428, 430, 433f., 441, 444f.

485

Surez, Francisco 2, 6, 8f., 13, 16, 23, 28–31, 33, 51–98, 102, 112, 122, 124f., 127–129, 133, 135, 137, 150f., 156, 188f., 193, 204–208, 224, 263f., 294, 311f., 315, 330, 343f., 348, 391f., 396, 398, 415, 470, 474f. Sydenham, Thomas 3f., 292 Tellkamp, August 7–9 Thiel, Udo 51f., 310–312, 374, 427 Thomas von Aquin 9, 21f., 30, 339 Toledo, Francisco de 13, 18, 30f. Tomida, Yasuhiko 118, 185, 349 Tyrrell, James 28 Vallius, Paulus (Paolo Valla) Vienne, Jean-Michel 433

13, 30

Walmsley, Jonathan C. 155, 157–159, 185, 338f., 349–356 Wilhelm von Ockham 8f., 20f., 58, 330, 451 Wollgast, Siegfried 28 Zabarella, Jacobus 8, 12–14, 16, 22, 29f., 32, 59, 119, 258, 339, 348 Zamojski, Jan 29

Sachregister Abstraktion, abstrakt 3–6, 40f., 64f., 67, 69f., 74, 113, 118–120, 127–130, 139, 154, 156, 167f., 182–190, 205–208, 234, 236f., 292, 302f., 317, 321–326, 331, 334–335, 359–364, 380–385, 409, 410–414, 422 – Kompositive Abstraktion 125, 127–130, 170, 182f., 185–190, 237, 251, 254, 258f., 317, 322, 358–364, 380–383, 414 – Mentale Abstraktion 339, 349, 354f., 357 – Negative, divisive Abstraktion 205, 340, 342–345 – Przisive Abstraktion 67f., 339–349, 353–355 – Betrachtung, partielle 67, 77, 338, 340f., 344, 348, 351–357, 382 – Reale Abstraktion 348–350, 355, 358 Aggregation, aggregieren 118–124, 130, 202, 307 hnlichkeit, hnlich 48, 55f., 69f., 79f., 93–95, 98, 103f., 113, 118, 121f., 131, 150, 174, 228, 276f., 341, 391, 398f. Akzidens 82, 88, 91, 129, 181, 344, 347 Allaussage 197, 288, 395, 427, 471 Allgemeinheit, allgemein 1, 3–7, 20, 45, 51–55, 61, 65, 68, 71–74, 91–94, 101–103, 449 – Absolutes Allgemeines (Allgemeines der Begriffe und Wçrter) 56, 63f., 66, 71f., 82–85, 93, 98, 125, 188f., 205f. – Relatives Allgemeines (Allgemeines der Gattungen und Arten) 56,

69f., 70f., 74, 84, 94, 98, 124, 189, 205f., 276, 396, 410 – Gedachtes Allgemeines 105, 214, 293f., 297, 449 , 455 – Sprachliches Allgemeines 293f., 297–298, 449, 459,461 – Physisches Allemeines 89 – Zweck des Allgemeinen 103f., 223–225, 298–300 Apprehension 113f., 163, 166f., 218, 222f., 340, 345, 463 Art 74f., 124f., 131, 201f., 261, 267, 387–391, 428–432 – Ewigkeit und Konstanz von Arten 72–74, 137f., 415–417 – Art im extensionalen Sinn 81f., 124, 201f., 261f., 390f. – Art im intensionalen Sinn 81, 91, 124, 130, 201f., 262, 389, 390f. – Artbegriff, Artidee 69, 79, 124, 130, 133, 150, 184, 203–205, 209f., 215, 246, 291, 301, 309, 395f., 410 – Artexemplar 56, 81, 90, 92f., 98, 130, 190, 198, 202–205, 209f., 270, 367, 389, 392, 395f., 427, 434f. – Artwesenheit, Artnatur 57, 63, 81, 96, 135, 208, 282, 292, 389, 411f., 414, 417, 420, 424f., 432–435, 437f., 441–445, 447, 450f. – Artzuweisung, begriffsorientierte 79–81, 202–205, 263, 319f., 391, 410, 421, 430 – Artzuweisung, gegenstandsorientierte 79, 122, 124, 264, 391 Assoziation 304, 306f., 425

488

Sachregister

Bedeutung 214f., 260, 278, 280, 299, 391, 431, 454, 456 – Rekonstruktion von Bedeutungen 119, 213f., 284, 458, 460f. Benennung 62, 64, 78, 80, 82, 84, 86, 97f., 183, 198, 200, 204, 207, 209, 242, 252, 263f., 268, 270, 376, 390, 392, 394–396, 418, 449, 456 Betrachten als 56, 163–166, 232, 236, 334, 359 Bewegung, bewegen 140, 229, 236, 240, 272, 274, 324, 336, 340, 379, 381, 403f., 418, 425 Bobak 397 Cartesianer, cartes(ian)isch 27, 36f., 39, 145, 296, 304, 347, 350, 402 Copula 74, 114, 129, 138, 165–167, 340, 342, 344, 423 – virtuelle 114, 165f., 305 Definition, definieren 68, 72, 76–77, 92, 95–97, 108, 119, 127, 132f., 137, 143, 145, 179, 193, 215f., 250, 254–261, 271, 282–285, 388, 421, 432, 439, 458, 466 – Divisive Definition 258 – Kompositive Definition 258–260, 458 – Nominaldefinition 216, 254, 258 – Realdefinition 254, 256f., 413 Deskription 216, 254–258, 260f., 283 Differenz 55, 57, 63, 68, 77f., 81f., 91, 96, 102, 133, 136, 139, 141, 144f., 186–188, 208, 247, 252, 254–256, 258, 262, 279, 291, 314, 335, 363, 430, 432, 458, 463 Ding, allgemeines 155–157 Eigenschaft, denkabhngige 61f., 83 – Gemeinsame Eigenschaft 56f., 67, 69f., 127f., 131, 137–139, 157, 161, 168, 170, 190, 197, 202, 206, 234, 237, 254–256, 261, 265, 269, 308, 363f., 380, 385, 391, 418, 425, 430–432, 451

– Individuierende Eigenschaft 68, 84, 92, 154, 170, 175, 183, 187f., 208, 221, 231, 251, 313, 321, 323, 325, 335, 346, 356, 358, 363, 370, 380, 417 Einbildungskraft 60, 103, 109–115, 117, 121–124, 129, 165, 179f., 182, 214, 221, 235, 304, 306, 361 Einheit 51, 56f., 62f., 64, 72, 76, 114, 119, 122, 126, 129, 153, 161, 163–167, 172, 183, 200, 222f., 229, 234, 245–247, 251, 253, 304, 326, 330f., 342, 345, 359, 361, 366, 369, 381, 385f., 414 – Allgemeine Einheit 62, 75–78, 93, 187 – Formale Einheit 68–71, 74, 76–78, 90 – Numerische oder individuelle Einheit 75–78, 90, 93 Einordnung, einordnen 79, 81, 83f., 150, 202, 204, 233, 261f., 271, 294, 301, 319, 352, 390–396, 400, 433, 446f., 449f. Entitt 66, 85, 87f., 130, 158, 193, 201, 220, 227, 243, 438 Entsprechung, kausale 228, 266, 288, 399f. Erfahrung 66, 96, 142, 147, 152f., 160, 180, 182f., 185, 197–199, 210, 216, 220, 236f., 245f., 271, 273, 276, 288, 361, 367f., 370, 372, 377–379, 395, 404, 427, 462 – Erfahrungswissenschaft 146f., 288 Erinnerung, Erinnerungsvermçgen 110, 151, 231, 252, 356f., 369 Erkenntnis, erkennen 59f., 61, 66, 102, 111, 141, 144–147, 184, 196–199, 241, 249–251, 256, 272–277, 285, 293, 311, 327f., 409, 427f., 430, 446 Erscheinung 142, 147, 196, 213, 228f., 287, 319, 323, 334, 352, 355, 357, 367, 388, 432 Erweiterung, erweitern 233, 319f., 325f., 328, 383, 403

Sachregister

Essential 148, 210, 271f., 424 Ewigkeit von Universalien, ewig 72f., 137f., 415f. Existenz, existieren 85, 138, 152, 154, 156, 158, 178, 199, 201, 224, 227, 239, 242f., 246, 272f., 310–312, 314–320, 351f., 371f., 377, 384, 448, 462 Experimentalphilosophie, experimentalphilosophisch 5, 23, 198, 287, 471 Form 56, 62, 68, 75–77, 99, 189, 191–194, 267, 273, 311, 315, 332, 344, 397, 407, 411, 419, 426, 433 – Formalitt (formality) 192–194 Gassendisten, gassendistisch 2, 35, 37f., 41, 44f. Gattung 74f., 81f., 91–94, 125, 131–132, 261f., 387–391 – Gattungsbegriff, Gattungsidee 69, 96, 124, 130, 269 – Gattungsname 96, 104, 125, 269, 301, 452 – Nchsthçhere Gattung 96, 132, 143, 145, 254, 256, 258, 279, 335, 388, 458 Gedchtnis 111, 280, 295, 297, 318, 356–358, 375 Geist, geistig 66, 115, 144, 146, 180, 185f., 198, 227f., 246–249, 272f., 330, 346f., 360, 379, 381, 394, 462, 468 Gewißheit, gewiß 141, 152, 159, 197, 199, 218, 246, 273, 288, 427 Gleichfçrmigkeit, gleichfçrmig 195, 276, 371, 395f., 399, 404, 407, 409, 425 Gott 66, 72, 104, 111, 137f., 140, 146–148, 159, 216, 307, 390, 402f., 409, 422, 432, 444, 448, 451, 455, 462, 468 Grad 103, 174, 177, 186, 239, 247, 329–333 Hobbesianismus, hobbesianisch 157f., 349

155,

489

Hçrer, hçren 14, 104–107, 150, 212, 214, 272, 280, 283f., 299, 368, 456, 458, 460, 463–469, 472f. Hund 112, 114f., 117, 122, 143, 165, 304f., 369 Idee 19, 35, 105–107, 113, 118, 131, 139, 141, 151f., 214, 216f., 220f., 256, 258–261, 293f., 297, 299, 303, 306, 398, 436, 452–458, 462, 464–466 – Bestimmte, determinierte Idee 294–296 – Einfache Idee 150–155, 220, 227–232, 320–331, 334–337, 354, 357–371, 373f., 377–380, 383–386, 398–400, 402, 406, 413, 427, 431, 441, 455, 459, 466 – Komplexe Idee 163–165, 167–179, 179–187, 222f., 230–232, 234–238, 358–370, 371–387, 404–410, 414, 418, 431, 442, 447, 458, 460f., 465, 467, 469 – Ideensammlung 112, 117, 123, 129f., 165, 211, 215, 222, 252, 276, 328, 363, 370, 378, 385, 413f. – Abstrakte Idee, abstrakte Vorstellung 63f., 70f., 73–75, 170, 184f., 202f., 207, 231, 236, 259, 262f., 265, 300f., 308f., 323, 337–339, 356–359, 363–368, 382, 384, 387–392, 395, 397, 406, 410–412, 417, 423, 430f., 441, 445, 447f., 461 – Generelle Idee, generelle Vorstellung 112, 118, 123f., 128–131, 136, 155, 157, 209, 212, 222, 225, 230f., 261f., 264f., 267–269, 272f., 279f., 293f., 298, 300, 303, 308, 375, 380f., 389, 395, 409, 446, 449, 456, 465, 469 – Kollektive Idee 121, 232, 247, 362, 385–387 – Ideenklasse 265, 272, 308, 387, 413

490

Sachregister

Identitt, numerische und spezifische 55f., 89, 115, 126, 172, 174, 238, 310f., 371, 374, 423, 429f., 445f. Individuum, individuell 53f., 55f., 61, 63–70, 72–86, 89–98, 102, 112f., 118, 122–129, 132f., 135, 137, 139, 151, 156, 158, 189f., 199, 202, 207f., 209f., 224, 226, 230f., 253, 263, 276, 280, 285, 292f., 294, 299, 300f., 310, 356, 358, 369, 389–392, 416, 448, 455, 469 – Individuationsprinzip 311f., 314f. Induktion 142, 288–290 Inhrenz, inhrieren 88, 180, 249, 384 Intensitt, Intensivierung 174, 177, 231, 279, 325, 329–333 Kind 196, 213f., 232, 237, 243f., 280, 322, 376, 380, 382f., 397, 457, 459–461 Klassifikation, klassifizieren 252, 277, 288, 292, 298, 365, 392, 450–452, 463 Koexistenz, koexistieren 160, 172, 199, 223, 248f., 266, 273, 309, 371, 378, 406, 418, 424, 427f., 450, 469 Kommunikation 131, 151, 196, 217f., 225, 262, 276, 283, 294, 296, 300f., 448, 452, 463–465 – Kommunikationsniveau 212, 218, 285f. Konstitution, konstitutiv, konstituieren 125, 252, 274f., 402 – Konstitution, reale, innere 178, 252, 409, 412f., 417–419, 425–428, 430, 432–435, 437f., 444–446, 450f. Konzeptualismus, konzeptualistisch 3f., 20, 51f., 56, 93f., 98, 100, 108, 135f., 155, 177, 249, 276, 293, 330, 334, 446, 449, 451 Kçrper, kçrperlich 66, 91, 104, 111, 123, 129f., 141–143, 145f., 152, 179f., 190–192, 195f., 197–200, 210, 215, 226–229, 247–249,

272–274, 277, 312, 359, 386, 402f., 409, 412, 418, 425, 427f., 450f., 462 Korpuskularist, korpuskularistisch 99, 161, 229, 421, 425, 427 Kraft 143f., 159, 228, 235, 240, 247, 260, 402, 413, 418, 425, 428, 431f. Kriterium 48f., 79f., 81, 125, 149, 163, 165, 204f., 208, 223, 261, 264f., 267, 269, 287, 294, 296f., 349, 351, 354, 395, 410, 414, 421 Laut, Lautfolge, Lautgestalt 213f., 216f., 269, 277, 280f., 284, 323, 423, 456–458, 460 Lovelace–Collection 9–12, 18, 22, 28 Materie, materiell 59, 61, 65, 111, 179, 185, 191f., 230, 248, 307, 312, 315, 331, 346, 379, 416, 421, 427, 437 – Materieteilchen 110, 140, 153, 195, 229, 274, 288, 379, 403, 412, 417f., 427, 434, 451 Metaphysik, metaphysisch 6, 10, 13, 15f., 24f., 51–53, 56, 91, 96, 247, 313, 453, 454 Mikroskopie 140, 409 Modus, Modusidee 87f., 94, 158, 160, 162, 169f., 178, 233, 236f., 242, 244, 302, 308, 316f., 325f., 328, 330f., 347, 369, 371f., 377, 384, 441, 467 – Einfacher Modus 313, 319f, 325–331, 362, 364f., 384, 413, 441, 459, 466 – Gemischter Modus 237, 302, 307f., 319f., 330, 359, 365–370, 372, 387, 404, 413, 431, 447, 449, 459f., 466–468 – Modusname 283, 367, 460, 467 – Modus operandi 193, 251 Name 101, 103f., 106, 108f., 121f., 125, 127, 131, 133–136, 139, 145, 151, 163f., 196–201, 209–211, 213–217, 225–227, 231, 241,

Sachregister

251–253, 260, 264–266, 268–272, 274, 276, 278, 280f., 283, 292–296, 299, 302, 305, 318f., 323, 335–337, 351f., 354, 357, 365–368, 372, 375, 380f., 386–397, 406, 409f., 413f., 419f., 423, 436, 438f., 446f., 449, 455, 457–469 – Eigenname 103f., 125, 135, 225, 268, 298–300, 302, 437 – Artname 80, 133, 150, 203, 209f., 213, 218, 231, 252, 269–272, 278, 291f., 393, 395–397, 419, 422f., 437, 441, 445, 447 – Gemeinsamer Name 53, 121f., 133f., 156, 183, 203, 206, 264f., 268f., 336, 389 Natur (von Dingen) 59, 68f., 70–72, 75–77, 79, 81–86, 92f., 97, 109, 125f., 137, 141, 143f., 146–148, 156, 178, 187, 189, 192, 199, 207f., 256, 267f., 274f., 277, 314, 339, 341, 345f., 415, 417, 428, 445, 462 – Natur, gemeinsame 55f., 67, 69f., 75f., 79, 81, 83, 89f., 92–94, 125, 131, 135, 137–139, 188, 190, 206, 252, 306, 344, 410, 445 – Die Natur 250, 263, 276, 277, 288, 290, 309, 361, 368f., 404, 415, 419f., 428, 430, 446–448, 450, 469 Naturphilosophie (Naturwissenschaft), naturphilosophisch 25, 146, 250, 428 Nominalismus, Nominalisten (nominales), nominalistisch 9, 19–21, 72, 98, 135f., 396, , 449f. Notwendigkeit, notwendig 72, 74, 136, 138, 141f., 144, 146–148, 199, 204, 210f., 243, 255, 285, 288, 301, 384, 415–417, 424, 427f., 431, 435, 445 Oberflche 349–351, 353, 355, 357 Offenbarung 246, 287

Ort

491 73, 154, 174, 189, 231, 238, 310–314, 319–321, 334f., 346, 374, 413

Passivitt, passiv 110, 228–230, 235, 260, 264, 359, 418 Phantasie 109f., 113, 306, 360 Phantasma 59–61, 65, 67, 110–113, 117, 139f., 220f., 346 Pneumatologie, pneumatologisch 6, 13, 45 Port–Royal, Logik von 18, 106, 131, 163, 190, 212, 256f., 294, 346, 348 Prdikabilien 55, 82 Prdikat, Prdikation, prdizieren 54–56, 70, 111, 114, 125, 156, 165, 199, 237, 258f., 261f., 289, 300, 337, 340, 344, 348, 422f. Proprium (property) 51, 55, 82, 88, 103, 148f., 156, 210f., 254f., 271f., 341, 424, 435f., 439–444, 447 Qualitt 88, 104, 141, 152, 154, 161, 174f., 180, 191–193, 197, 202f., 210, 227–229, 231, 235, 238f., 245, 248–250, 262–267, 273, 276, 278, 280f., 309, 322–324, 331, 336, 363, 365, 377, 384, 394, 402, 409, 412, 417–419, 425, 427–429, 431, 433, 435–437, 450f. – Primre Qualitt 192, 265, 272, 398–400, 402 – Sekundre Qualitt 228f., 265, 329f., 398–400, 402f. – Intensivierbare Qualitt 174, 239, 325, 329, 331, 333, 365, 374 Quantitt 87f., 104, 173–175, 239, 325f., 328f., 331, 346, 374 Realitt, real 66, 78, 81, 83–91, 93, 96, 104, 127, 136, 178, 237, 241f., 316, 319, 337–340, 343–345, 347–350, 352f., 355, 358, 360, 371, 422, 430, 432, 442, 453

492

Sachregister

– Realismus, realistisch 94, 96, 276, 449, 451 Rechtshnlich 209f., 269, 396f. Reflexion 61, 102, 111, 159, 228, 230, 233, 251f., 273, 382, 384, 452 Relation 62, 70, 74f., 80f., 83f., 93, 119, 153, 158, 160, 162, 167, 169–178, 237–244, 249, 269f., 283, 302, 320, 350, 362, 371–376, 385, 396, 403–406, 414, 431, 441 – Fundament der Relation 171f., 173–176, 237–240, 242, 372–374 – Natrliche Relation 175, 239, 372 – Instituierte Relation 175, 239, 374 – Potentielle Relation 176, 240, 375 – Proportionale Relation 174, 239, 374 – Moralische Relation 175, 178f., 217, 240, 375 Reprsentation, reprsentieren 53f., 63, 67, 72, 124, 134, 197, 222, 224, 231, 253, 265f., 276, 292, 298, 308, 320–322, 327, 338f., 367, 385, 406, 410, 448 Rezeption, rezipieren 1, 7, 26f., 33–35, 41, 44–49, 51, 60, 190, 200, 209, 212, 229, 254, 264, 271, 304, 334 – Rezeptionsvermutung 6f., 25, 33, 43, 45f., 48f., 165f., 188, 190, 206, 209, 331, 334 Schlußfolgerung 103, 111, 114f., 117, 142, 147, 157, 199, 288f., 303, 307, 360, 404, 428, 446, 462 Schrift, Heilige 247, 462 Sensible points 329 Sinne 53, 65, 67, 110, 139–142, 146f., 151, 153, 164, 167, 180f., 183, 186, 194f., 198, 206, 223, 228f., 233, 245f., 250–252, 274, 305, 318, 324f., 353, 355, 378, 409, 412, 462 – Sinnlichkeit 65f., 102f., 109f., 139f., 141, 151, 158f., 160, 181, 198, 221, 228, 230, 273, 275, 309, 324, 384, 400, 432, 446, 452

– Sinnesvorstellung 65–67, 186, 220, 307, 346 – Sinneswesen (animal) 53, 57, 71–73, 77, 89, 96, 103f., 109–111, 123, 128–130, 132, 135, 138, 143, 188, 206, 226, 250, 253–256, 279, 306, 380f., 416, 421 Sorte 80, 154, 171, 175, 191, 203f., 262, 267f., 271, 322, 352, 357, 373, 389f., 393f., 411, 447 Speicherung, speichern 224, 339, 355–358 Sprache, sprachlich 62, 80, 85f., 104, 106, 108, 117, 122, 136, 150f., 176, 179, 184, 209, 212–218, 224f., 237, 259, 262, 268, 279–286, 293f. , 297–299, 310, 330, 366, 392, 394, 396, 403, 449, 452–470 – Sprachgebrauch 200, 217, 271, 278, 455, 463, 465 – Sprachgemeinschaft 50, 179, 197, 200, 212–214, 269, 294, 449, 453–457, 460, 464f. – Sprachphilosophie (Sprachtheorie) 212, 280, 452–455 – Sprachstifter 108, 394, 466 – Sprecher, sprechen 104–108, 113, 145, 150, 179, 193, 200, 212–214, 216, 252, 272, 279, 281, 283f., 299, 301, 303, 368, 395, 397, 430, 447, 450, 452–456f., 458, 460, 464–465, 467–469 – Sprechen lernen, Wçrter lernen 103, 184, 212–214, 216f., 280f., 459–463 Standard 80f., 178, 267, 288, 301, 319, 336, 352, 467 Subjekt (der Akzidentien) 145, 179, 180–182, 192, 242, 246, 248f., 311, 332f., 384, 427 Subsistenz, subsistieren 169, 179f., 248, 377, 379 Substanz 58, 63, 65, 69, 71, 87f., 91, 104, 118, 123, 128–130, 139–143, 145f., 148, 158, 161f., 169f., 173f., 176–178, 179–186,

Sachregister

– – –

– – –

190f., 197f., 204, 211, 217, 227, 234–236, 238–240, 243, 245–254, 257, 260, 262, 269, 273f., 276–278, 284, 288, 292, 309, 311f., 315, 320, 331–333, 336f., 339f., 344, 347, 359, 362, 367, 371f., 376–387, 389, 391, 412f., 418, 424f., 427f., 433, 437–441, 446f., 450f., 461f., 466, 468f. Substanz als Trger von Eigenschaften (s. a. Substrat) 145f., 179–182, 377, 383–385 Substanzart 169, 177, 196, 203, 276, 377–380, 382–385, 387f., 415, 419, 427f., 431f., 438f. Substanzidee (Substanzbegriff ) 120f., 128, 141, 145, 160f., 166, 170, 182f., 190, 194–197, 216, 232–234, 241, 244–248, 251, 266, 273f., 276, 307–309, 319f., 359, 361f., 368, 377f., 380, 382–387, 391, 409, 412, 418, 469 Substanzname 197, 216, 283, 337, 384, 387, 447, 461, 468 Substanzwesenheit 148, 198f., 249, 413, 427, 430–432, 438 Substrat 180, 182, 250, 309, 384

Tabula rasa 110, 182, 220 Tier, tierisch 72, 77, 109, 112–115, 117, 121f., 129, 139, 165, 195, 198, 211, 226, 274, 277, 303–307, 319f., 334f., 427, 430, 450 Trger (von Akzidentien) 145, 248f., 251f., 377, 384f. Transsubstantiation 87f. Trennung, (ab)trennen 76, 113f., 127, 154, 164f., 185, 188, 251, 274, 278, 305, 316, 320, 324, 331, 334, 337–340, 342f., 344–346, 348–358, 363, 472 bereinstimmung, bereinstimmen 55, 75, 77, 79–82, 90, 95, 112, 124, 127–129, 139, 150, 170, 176–178, 187, 202–206, 209, 217, 238, 252, 262f., 264–266,

493

268f., 271, 276, 284, 294, 301, 305, 319, 341, 351, 371, 389, 391f., 398–407, 446, 464 Unterschiede 85–89 Unvernderlichkeit, unvernderlich 72f., 90, 137, 249, 414–417, 444f. Ursache (der Koexistenz), verursachen 56, 58, 69f., 141, 192, 249, 273, 377, 433, 437 Vereinigung, vereinigen (von Ideen) 133, 160–166, 168, 170, 172, 179, 184–186, 192, 196, 203f., 216, 227, 232, 234–236, 245–248, 251f., 259–262, 265f., 276, 309, 315, 358f., 362–364, 366, 373, 377–380, 382f., 386, 409, 418, 427, 433, 436, 450 Vergleichung (comparatio), vergleichen 69f., 72, 74f., 79–84, 93f., 102, 119, 122, 124, 155, 160f., 165, 170f. 174, 176, 178, 187f., 205–208, 232, 237–239, 244, 271, 341, 373, 391, 396 Verstand 53, 56f., 62, 78, 80, 85f., 91, 94f., 101f., 109, 111, 115, 122, 126 134f., 139f., 142, 151, 159–161, 195, 199, 207, 209, 227, 229f., 232–234, 241, 250, 275, 287, 298, 300, 324, 359–362, 366, 386, 409f., 436, 446f., 450f., 454f. – Empfangender Verstand 56–67, 69, 75, 188, 208, 221, 344f. – Ttiger Verstand 56–60, 63–67, 160, 221 – Direkte Verstandesttigkeit 60–63, 66–68, 75, 102, 188, 344 – Reflexe Verstandesttigkeit 60–64, 66, 75, 81, 83, 93, 102 Verstndigung 197, 269, 299, 463–467, 469 Verstehen 98, 105, 179, 280, 283f., 456, 458, 464, 466, 468 Wahrnehmung, wahrnehmen 108, 110f., 118, 134, 140, 147, 152, 154, 159, 167, 179, 185, 190, 195,

494

Sachregister

200, 229–231, 235f., 275, 287, 294, 299, 306, 323f., 336, 356–358, 369, 403f., 409, 431, 450, 461, 466 Wesenheit 56f., 68f., 71, 73, 75–78, 81, 85, 89f., 93, 95, 131f., 137–141, 143, 145f, 148, 157, 181, 192f., 197f., 207, 210f., 224, 242, 248–250, 254, 257, 262, 267, 272–274, 278f., 292, 300, 314–317, 321, 333, 341, 344, 346, 357, 415, 419, 421–425, 434f., 438, 440, 447f., 451 – Nominale Wesenheit 56, 72, 81, 144, 148, 192, 198, 211, 277f., 311, 389, 409, 411–419, 421–424, 426f., 431, 433–448, 451, 453 – Reale Wesenheit 90, 141, 192, 198, 277f., 389, 412–414, 418, 421, 422, 424–426, 428, 430–434, 437–447, 451, 455, 458, 466 Wirkung, (be)wirken 69f., 143f., 173f., 190f., 193, 228, 238, 250f., 279, 312f., 346, 374, 377, 402f., 413, 421 Wissen, wissen 101f., 108, 141–143, 146f., 151, 155, 159, 171, 176, 178–180, 182, 194, 196f., 199, 204, 217, 220, 231, 233, 250, 268, 272–274, 278f., 300f., 307, 338,

369, 371, 378, 395, 403, 420, 424, 428, 431, 438, 459, 462, 464 – Sachwissen, Wortwissen 216, 218, 257, 278 – Wissensstand 427, 448 Wissenschaft, wissenschaftlich 72, 93, 96f., 127, 146–148, 151, 197, 217f., 250, 269, 285, 287f., 298, 301, 396, 416, 446, 464f. Wort 56f., 63f., 71f., 81, 96f., 101, 104–110, 113, 122, 125f., 135f., 148f., 150f., 154–159, 163f., 171, 175f., 179, 194, 199–202, 209f., 212–216, 218, 220, 222–226, 228, 231, 233, 237f., 247, 249, 252–255, 257, 259–262, 265, 267–269, 276–286, 291, 294–303, 305, 348f., 369, 373, 376, 380, 388, 392, 394–396, 398, 411, 416, 425, 430, 435–437, 445, 448, 451–460, 462–465, 467–469 – Wçrter lernen 212–214, 280f., 367, 456, 457–460, 463 Zeichen 53, 124, 134, 139, 194, 209, 212, 223–225, 265, 277, 280, 294, 299, 303, 307, 388f., 391, 403, 452f., 456f., 465 zeigen 147, 272, 281, 337, 356f., 459, 461

Stellenregister Draft A §1 §2 §3 §4 §5 §6 §7 §8 §9 § 10 § 12 § 13 § 14 § 15 § 16 § 17 § 18 § 19 § 20 § 21 § 22 § 23 § 24 § 25 § 27 § 29 § 31 § 34

151f., 155, 161, 166f., 169, 179, 183, 196, 198–200, 212, 214–217, 249, 260, 275, 282 151, 153, 155, 162, 169, 180, 182–184, 186, 197, 200–204, 210, 212f., 215, 229 159, 176f., 241 152, 168f., 178, 184, 200, 204, 209, 212–214, 217f., 221 167f., 169, 196, 203 160, 169f. 150, 162f., 169, 196, 201, 214, 219 151, 153, 158f., 163, 169, 180, 201, 212, 249 161, 163f., 169, 184 152 153, 154, 211, 225 161, 163, 169, 180, 210 184, 229 195, 261, 275 153, 158 176, 193, 198 171, 176 154, 176 154, 170f., 174, 330 171, 175 175 161, 175 171, 175–178, 209, 313 168, 178f., 195f., 198, 201, 203 155, 157, 160, 162f., 165, 169f., 192, 197–199, 203f., 209, 211, 213, 218 209, 211, 216 163, 199 198, 211

§ 38 § 43 § 45

169, 197 155, 211 151f., 168f., 184, 198, 200, 221, 227, 229

Draft B Contents 222, 224f., 230, 240f., 253, 268, 270, 272f., 275 §3 220f. §5 234 §6 234, 291 § 13 275 § 15 281 § 16 233, 235 § 17 220 § 19 222, 246, 248f., 273 § 20 230, 232, 235 § 21 230 § 25 233, 280f. § 28 263 § 31 266 § 32 223 § 35 228, 226, 269, 273 § 44 272 § 49 266 § 50 253 § 51 266 § 52 266 § 57 231 § 59 231, 266 § 60 245, 249, 252 § 61 222, 227–229, 232f., 245, 247f., 253, 266, 272 § 62 202, 224f., 245, 263f. § 63 222f., 235, 245, 263, 272 § 64 234, 276 § 65 281 § 66 282 § 67 235, 245, 273

496 § 68 § 69 § 70 § 71 § 72 § 73 § 75 § 76 § 77 § 78 § 79 § 80 § 81 § 82 § 83 § 84 § 85 § 86 § 87 § 88 § 89 § 90 § 91 § 92 § 93 § 93a § 93b § 93c § 93d § 93f § 93g § 93h § 93i § 93j § 94 § 95 § 96 § 98 § 99 § 100 § 106 § 123 § 136

Stellenregister

222, 246, 275, 285 225f., 253, 261, 285 282f. 234, 280, 284 260 222, 224f., 252, 262, 264, 266–268, 270–272, 278 216, 225, 257, 262f., 266–268, 276 274 267, 275, 277 267, 278 222, 233, 237, 266, 277, 283f. 222, 226, 252, 254, 263, 284 247 269, 271 263, 265f., 268, 270, 276 269 271, 284 222f., 284f. 222, 285 286 286 223f., 277, 280 225f., 234, 253 226, 249, 254 159, 227, 249, 263, 271 266, 273 233, 235 235, 246 282 234 234f., 245 245 222, 246, 265, 266 245 229, 233–236, 246, 249, 266, 273f. 235, 245 193, 225, 230, 232, 236, 273, 283 236, 238–241, 269 244 171, 238, 270 238 232 269, 274

§ 137 § 141 § 145 § 146 § 147 § 148 § 149 § 150 § 151 § 152 § 153 § 154 § 155 § 156 § 157 § 158 § 159

275 238 174, 238f. 239 239 239 240 240 240 240 262 171, 273, 313 270f. 266, 269, 275 241 241 266

Essay The Epistle; 13 296 1.2.15 318 1.3.15 291 1.3.19 291 1.4.11 463 2.1.3 324 2.1.17 360 2.2.1 324, 327 2.2.2 362, 365 2.3.1 221 2.4.5 429 2.8.7 400 2.8.13 398, 401, 403 2.8.15 400, 403 2.8.22 400 2.8.23 425 2.8.25 401 2.9.1 445 2.10.4 295 2.10.5 295 2.11.4 411 2.11.6 325, 358, 362, 364f. 2.11.7 304f. 2.11.8 457 2.11.9 80, 119, 185, 310, 317–319, 320–324, 351, 354f., 357, 362, 381, 390, 393, 404 2.11.10 117, 303, 319

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2.11.11 2.11.13 2.12.1 2.12.2 2.12.5 2.12.6 2.13.1 2.13.4 2.13.7 2.13.8 1.13.18 2.13.20 2.13.27 2.14.13 2.14.17 2.15.1 2.15.9 2.16.1 2.16.2 2.16.5 2.17.1 2.17.5 2.17.6 2.17.15 2.18.4 2.19.4 2.21.6 2.21.34 2.22.1 2.22.2 2.22.4 2.22,6 2.22.7 2.22.8 2.22.9 2.23.1 2.23.2 2.23.3 2.23.5 2.23.6 2.23.7 2.23.8 2.23.11 2.23.12 2.23.13 2.23.14 2.23.15 2.23.21

303f. 360 302, 359, 362, 371 359 328 223, 377, 379 364f. 365 313, 411 313 291, 410, 468 445 360 223 313 326 327–329, 333 381 326, 362 297 326 365 326, 365 233, 361 329, 366 329 429 390 330, 358, 365, 377 359, 367–369 366 455, 467 467 367 361, 367, 459 325 377, 445 363, 378 379 362, 377, 387 228, 362 412 409 409 409 380 363 445

2.24.1 2.24.2 2.24.3 2.25.1 2.25.4 2.25.5 2.25.6 2.25.7 2.25.8 2.25.11 2.26.1 2.26.3 2.26.4 2.26.5 2.27.1 2.27.3 2.27.13 2.28.1 2.28.2 2.28.3 2.28.4 2.28,14 2.28.17 2.28.19 2.29.2 2.29.4 2.29.9 2.29.12 2.30.1 2.30.2 2.30.3 2.30.4 2.30.5 2.31.2 2.31.4 2.31.6 2.31.8 2.31.9 2.31.12 2.31.14 2.32.2 2.32.5 2.32.6 2.32.7 2.32.8 2.32.10 2.32.14 2.32.18

497 359, 362, 386 362, 386 223, 386 369, 371, 373, 376, 396 375f., 429 372 362, 372 270, 373 373 374 374, 376 374 374 374 374 310 102 326, 329, 374 374 374 375 373, 404 373 373, 375f. 295 295 295 296, 467 404 400f. 359 404 405 402 405, 458 325, 418f., 438 412 412 323 363, 371, 405 13 291, 465 300f., 393 318, 357f. 395, 405f. 468 429 360

498 2.32.21 2.32.22 2.32.24 2.32.26 2.33.5 3.2.3 3.2.6 3.2.8 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6 3.3.8 3.3.9 3.3.10 3.3.11 3.3.12 3.3.13 3.3.14 3.3.15 3.3.17 3.3.18 3.3.19 3.3.20 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.6 3.4.11 3.4.15 3.4.16 3.4.17 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5 3.5.6 3.5.7 3.5.8 3.5.9 3.5.10

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429 378 412, 437f. 166, 305 436 429, 462 456 429, 456 297–299, 455 299 300 301f., 393 302 298, 320, 335, 354f., 388, 407 322, 380, 383 101, 130, 291, 381, 388f., 411 388, 458 83, 302, 411, 449 393, 397, 407, 410, 422f., 449 392f., 395, 398–400, 407, 411, 417, 450 410, 414 393, 407, 434f., 441 390, 418, 420 407 411, 426, 448 101, 301, 390 337, 464 337 413 337, 458 257, 299 456, 460 337, 466 335f., 388 365, 466 368, 382 369, 405, 467 366, 369f. 370 368, 372 302, 369 302, 467 81, 300, 387, 449 367

3.5.11 3.5.14 3.5.15 3.5.16 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6 3.6.7 3.6.8 3.6.9 3.6.10 3.6.12 3.6.13 3.6.19 3.6.21 3.6.22 3.6.23 3.6.25 3.6.26 3.6.27 3.6.29 3.6.30 3.6.31 3.6.32 3.6.34 3.6.36 3.6.37 3.6.38 3.6.39 3.6.41 3.6.43 3.6.44 3.6.45 3.6.47 3.6.49 3.6.50 3.6.51 3.8.2 3.9.2 3.9.3 3.9.4 3.9.5 3.9.6

367 413 457, 461f. 375, 414, 468 291, 389, 447, 450 413, 437f. 432 393f., 424, 435f. 397, 405, 424, 450 418, 424, 435, 438 393, 408, 423 292, 390–394, 410, 429, 447 393, 412 435 415 389, 392, 425 437–439 389, 427 426, 431, 446, 463 411, 427, 432 394 427 310, 439 361, 378 300, 302, 309, 393–395, 399f., 451 378 130, 308, 320, 363f., 380f., 387f., 399 390, 461 262, 392f., 395, 399, 426 397, 447, 450 389, 414 381, 387, 408, 449, 463, 469 270 391, 463 370 429, 460 387, 422 420 439 429, 450, 457, 465, 469, 405 336 297, 456 298 457 464 429

499

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3.9.7 3.9.8 3.9.9 3.9.10 3.9.11 3.9.12 3.9.13 3.9.14 3.9.17 3.9.18 3.9.19 3.10.2 3.10.17 3.10.19 3.10.21 3.10.23 3.10.33 3.11.7 3.11.15 3.11.16 3.11.17 3.11.18 3.11.22 3.11.23 4.1.2 4.1.3 4.2.11 4.2.14 4.3.6 4.3.16 4.3.26 4.3.27 4.3.31 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.11 4.4.14 4.4.16 4.5.2 4.5.3 4.6.4 4.6.5 4.6.7 4.6.12 4.6.13 4.6.15 4.6.16

367 455, 466 429, 459–461 468 406 420 309, 395, 469 362 362, 424 223 365 13 440 413, 440, 447 408, 419, 425, 439 464 375, 406 463 441 463 406 369 425 425 371 371 326, 330 408 425 428 310 462 301, 395f., 415 406 402 406, 408 359, 406 448 292, 415 293 305 391, 393, 408, 411, 420 431, 440 309 418 396 427 301, 396

4.7.9 4.7.16 4.8.4 4.8.9 4.8.12 4.8.13 4.9.1 4.12.3 4.12.9 4.14.2 4.16.12 4.17.8 4.21.2

293, 300, 308, 449 223 388 13 432 388 318 356, 358 441 46, 308 415 303, 338, 408 6, 13

Correspondence (De Beer IV, 626) An Molyneux, 20. 1. 1693 96, 430 Abstract (King 365–399) 3.3

320, 335

A Defense (Works III, 177–201) 186, 11–13 395 186, 13–18 336 Of the Conduct (Works III, 203–289) § 29 § 31

194 171

Elements (Works III, 301–330) 329, 26–27 320f., 335 Letter (Works IV, 1–96) 8, 24–28 21 16, 17–23 383 17, 11–26 384

500 17, 19–26 17, 38–18, 5 18, 4–7 19, 23–31 21, 19–24 21, 23–27 21, 29–22, 2 25, 10–18 26, 38–27, 2 74, 4–8 83, 31–35 84, 5–12 84, 29–33 84, 34–38 85, 11–16 89, 3–14 89, 15–25 89, 15–90, 11 90, 12–36 90, 21–27 90, 34–37 90, 38–91, 15 90, 39–91, 4 91, 6–15 91, 25–29

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325 283 383 384 384 385 385 443 442 378 442 409 442 431 397 441 443 444 444 443 414 443, 445 444 428 442

Reply (Works IV, 97–189) 176, 32–36

442

Second Reply (Works IV, 198–498) 420, 26 41 420, 26–27 464 421, 16 41 433, 34–434, 2 425 437, 37–438,12 442 449, 19–26 21 Concerning Education (Works IX, 1–205) § 94 § 166 § 190

21 2 13, 288

Some of Mr. Norris’s books (Works X, 247–259) 250, 21 382